Bundessozialgericht Urteil, 14. März 2018 - B 12 KR 12/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:140318UB12KR1217R0
14.03.2018

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. Oktober 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1. im Zeitraum vom 13.5.2008 bis 18.9.2009 in einer Tätigkeit als Datenbank-Administrator für die Klägerin, ein Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen im Bereich der IT, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- (GKV) und Rentenversicherung (GRV), sozialen Pflegeversicherung (sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Die Klägerin, die vormals unter J. GmbH firmierte, bietet Beratung und Dienstleistungen in der IT an. Der Beigeladene zu 1. bietet seit 2004 ebenfalls entsprechende Leistungen als Einzelunternehmer an. Für November 2004 wurde für ihn zuletzt ein Beitrag zur GRV gezahlt. Im streitbefangenen Zeitraum war er im Rahmen von zeitlich begrenzten Einsätzen in Drittunternehmen, den sog Endkunden, ausschließlich für die Klägerin tätig. Den Einsätzen lagen folgende schriftliche, als "Beauftragung" bezeichnete Einzelvereinbarungen zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. zugrunde:

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Zeitraum

Vertrag Einsatzort Umfang

13.5.2008 - 31.12.2008

5.5.2008

Deutsche Post Mainz

geplant 162 Tage, 1296 Projektstunden, storniert zum 15.8.2008

1.9.2008 - 31.12.2008

15.8.2008

IBM Deutschland Ingolstadt

geplant 640 Personenstunden, auf unbestimmte Zeit verschoben; für 1.9.2008 bis 3.9.2008 wurden 3 x 200 Euro vergütet

16.9.2008 - 30.6.2009

12.9.2008

Deutsches Patentamt München

200 Tage, 1600 Projektstunden

1.7.2009 - 31.8.2009

29.6.2009

Deutsches Patentamt München

44 Tage, 352 Projektstunden

1.9.2009 - 18.9.2009

1.9.2009

Deutsches Patentamt München

127 Projektstunden

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Die Vertragsbestimmungen waren jeweils im Wesentlichen identisch. Die Projektleitung oblag danach bei allen Aufträgen dem IT-Unternehmen IBM, mit dessen Betriebssystem die Endkunden ausgestattet waren. Der Beigeladene zu 1. war ausdrücklich als "freier Mitarbeiter" bezeichnet.

5

Am 20.5.2008 stellte der Beigeladene zu 1. bei der Beklagten den Antrag, im Hinblick auf seine bei der Klägerin ab 13.5.2008 ausgeübte Tätigkeit festzustellen, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Nach erfolgter Anhörung stellte die Beklagte gegenüber ihm und der Klägerin fest, dass die Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werde (Bescheide vom 11.5.2009). Die Widersprüche der Klägerin und des Beigeladenen zu 1. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 12.5.2010 zurück, die sich auf die Beurteilung der Tätigkeit "in der Zeit ab 13.5.2008 (Verträge JPL 40505081 und JPL 41209082)" bezogen. Sowohl der Beigeladene zu 1. als auch die Klägerin haben Klage erhoben. Die Klage des Beigeladenen zu 1. ruht (SG Halle Beschluss vom 4.4.2012 - S 4 KR 493/10). Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ihre Bescheide unter Hinweis auf § 96 Abs 1 SGG dahingehend abgeändert, dass in der durch den Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin vom 13.5.2008 bis 18.9.2009 ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der GKV, GRV und sPV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe (Bescheide vom 1.3.2012).

6

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beigeladene zu 1. seine Zustimmung zu einem späteren Versicherungsbeginn iS von § 7a Abs 6 SGB IV erklärt. Das SG ist davon ausgegangen, dass der an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 1.3.2012 nach § 96 SGG Verfahrensgegenstand geworden sei, und hat unter Abänderung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass im Zeitraum 13.5.2008 bis 14.5.2009 keine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der GKV, GRV und sPV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.1.2013). Der Beigeladene zu 1. sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden. Die Versicherungspflicht sei nach § 7a Abs 6 S 1 SGB IV jedoch erst mit Bekanntgabe der Bescheide vom 11.5.2009 eingetreten. Es sei nicht erforderlich, dass seine private Krankenversicherung (PKV) auch einen Anspruch auf Krankengeld (Krg) umfasse.

7

Gegen das Urteil haben die Klägerin und die Beklagte Berufung eingelegt. Das LSG hat das Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen (Urteil vom 26.10.2016). Für eine ausreichende Absicherung gegen das Risiko von Krankheit reiche es nicht aus, wenn der Schutz der PKV keinen Anspruch auf Krg umfasse.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs 1, § 7a Abs 6 SGB IV. Der Beigeladene zu 1. sei insbesondere nicht in ihren Betrieb eingegliedert gewesen, da er nicht an ihrem Betriebssitz, sondern beim Endkunden tätig gewesen sei. Die vertragliche Leistungsbeschreibung sei ausreichend und bedürfe keiner weiteren Konkretisierung. Eine gewisse Unbestimmtheit ergebe sich aus der Natur der Sache einer Beratungsleistung, die ein Spezialist erbringen solle. Ein etwaiges Weisungsrecht hätte mangels Vorliegen der erforderlichen Fachkenntnisse von der Klägerin gar nicht ausgeübt werden können. Es habe auch hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort nicht vorgelegen. Das LSG habe das Kriterium des unternehmerischen Risikos überbewertet. Bei Dienstleistungen sei das Fehlen größerer Investitionen kein gewichtiges Indiz. Zudem habe der Beigeladene zu 1. Kapital durch Nutzung des eigenen Büros und Laptops eingesetzt. Das Fehlen typischer Merkmale einer abhängigen Beschäftigung sei zu gering gewichtet. Die Honorarhöhe lasse bei einem Stundensatz von 65 Euro Eigenvorsorge zu. Der Wille der Vertragsparteien sei nicht in die Gesamtschau eingestellt worden. § 7a Abs 6 SGB IV sei verletzt, da sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, dass die Absicherung mit den Leistungen der GKV nicht deckungsgleich sein müsse. Ein ausreichender Schutz bestehe, wenn die PKV ein Krankentagegeld nicht umfasse.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. Oktober 2016 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Januar 2013 dahingehend abzuändern, dass der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2010 und des Änderungsbescheides vom 1. März 2012 aufgehoben und festgestellt wird, dass in dem Zeitraum 13. Mai 2008 bis 18. September 2009 keine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

11

Sie verteidigt das Urteil des LSG. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

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Soweit die Klage die Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1. vom 1. bis 3.9.2008 sowie ab 1.7.2009 betrifft, ist sie unzulässig (dazu 1.). Im Übrigen fehlen für eine abschließende Beurteilung der Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1. ausreichende Feststellungen (dazu 2.).

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1. Die Klage gegen die im Änderungsbescheid vom 1.3.2012 getroffene Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. für den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeiten bei der Klägerin (13.5.2008 bis 18.9.2009) ist nur teilweise zulässig. Der Beigeladene zu 1. ist jeweils auf Grundlage von Einzelverträgen für die Klägerin tätig geworden. Hinsichtlich der Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1. in den Zeiträumen 1.9.2008 bis 3.9.2008 und ab 1.7.2009 fehlt es an der nach § 78 Abs 1 S 1 SGG erforderlichen Durchführung eines Vorverfahrens. Diese Tätigkeiten waren nicht Gegenstand des Ausgangsbescheids vom 11.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.5.2010.

15

a) Der ursprüngliche Bescheid vom 11.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids traf eine unzulässige Elementenfeststellung über das Bestehen einer Beschäftigung. Während des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte daher den Bescheid vom 1.3.2012 erlassen und notwendige Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und zur Bezeichnung des Rechtsverhältnisses im Verfügungssatz "ergänzt" (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R - BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff). Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt, liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG)ersetzt (BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Der Durchführung eines Vorverfahrens für den nach § 96 Abs 1 SGG in das sozialgerichtliche Verfahren einbezogenen neuen Bescheid bedarf es nicht(Klein in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 96 RdNr 43 mwN).

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b) Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin in den Zeiträumen 1.9.2008 bis 3.9.2008 und ab 1.7.2009 sind die Voraussetzungen von § 96 Abs 1 SGG nicht erfüllt. Die Frage, ob die Tatsachengerichte die Voraussetzungen des § 96 Abs 1 SGG zu Recht angenommen haben, ist im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen(BSG Urteil vom 16.4.1998 - B 3 KR 5/97 R - BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 17); einer Verfahrensrüge der Beteiligten bedarf es insoweit nicht, weil das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt.

17

Nach § 96 Abs 1 SGG wird ein nach Klageerhebung ergangener neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er den mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Dies setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Dies ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn ein anderer Streitstoff oder veränderte Tatsachen umfasst sind (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 96 RdNr 4a). Dass zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ein Dauerrechtsverhältnis, etwa in Form eines Rahmenvertrages, bestand, hat das LSG nicht festgestellt. Eine hinreichend konkrete Rechtsbeziehung, die ihrerseits als Grundlage einer Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV in Betracht kommt, liegt damit immer erst in den durch Einzelverträge begründeten "Beauftragungen" des Beigeladenen zu 1.

18

Im Ausgangsbescheid vom 11.5.2009 hat die Beklagte ohne zeitliche Begrenzung das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin seit dem 13.5.2008 festgestellt, dies in den Gründen des Widerspruchsbescheides vom 12.5.2010 aber ausdrücklich auf die Vertragsverhältnisse mit den Auftragsnummern JPL 40505081 und JPL 41209082 bezogen. Hierbei handelt es sich um die Verträge, die den Tätigkeiten im Zeitraum 13.5.2008 bis 15.8.2008 und 16.9.2008 bis 30.6.2009 zugrunde lagen. Soweit die Beklagte im Änderungsbescheid eine Feststellung hinsichtlich der drei weiteren Beauftragungen des Beigeladenen zu 1. getroffen hat, geht dies über den vorherigen Streitstoff hinaus. Es ändert auch nichts, dass in der Beauftragung vom 12.9.2008 mit der Auftragsnummer JPL 41209082 neben dem ursprünglich geplanten Leistungszeitraum vom 16.9.2008 bis 30.6.2009 geregelt war, dass eine Option auf Verlängerung bestehe. Zwar ist es in der Folgezeit zu Verlängerungen dieser Beauftragung gekommen, dies jedoch auf Grundlage von neuen Einzelverträgen, die auch separat zu beurteilen sind.

19

c) Der Änderungsbescheid ist hinsichtlich der weiteren Beauftragungen auch nicht durch eine gewillkürte Klageänderung nach § 99 SGG zulässig zum Gegenstand des anhängigen Prozesses gemacht worden. In der erweiterten Antragstellung durch die Klägerin vor dem SG und der rügelosen Einlassung der Beklagten hierauf liegt zwar eine zulässige Klageänderung. Aber auch hinsichtlich der geänderten Klage muss die Prozessvoraussetzung eines Vorverfahrens vorliegen, wenn es um einen anderen Streitgegenstand geht. Die Voraussetzungen des § 78 Abs 1 S 2 SGG, bei deren Vorliegen es eines Vorverfahrens ausnahmsweise nicht bedarf, sind nicht erfüllt. Auch das Gericht kann unzulässige Klagen nicht als sachdienlich zulassen, sondern hat in der Regel das Verfahren analog § 114 SGG auszusetzen und den Beteiligten Gelegenheit zu geben, das Widerspruchsverfahren noch nachzuholen(BSG Beschluss vom 1.7.2014 - B 1 KR 99/13 B - Juris RdNr 12 mwN; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 78 RdNr 3a mwN).

20

d) Die Beklagte muss insoweit noch über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 1.3.2012 entscheiden, als sie in diesem Änderungsbescheid erstmals die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. auch wegen dessen für die Klägerin in den Zeiträumen vom 1. bis 3.9.2008 und ab 1.7.2009 ausgeübter Tätigkeiten festgestellt hat. Der Änderungsbescheid vom 1.3.2012 ist nicht bestandskräftig geworden. Die Klägerin hat im sozialgerichtlichen Verfahren hinreichend deutlich gemacht, dass sie gegen den Bescheid insgesamt vorgehen möchte. Dies ist bereits mit Schriftsatz vom 12.3.2012 und spätestens mit der erweiterten Antragstellung vor dem SG, die dieses seiner Entscheidung vom 16.1.2013 zugrunde gelegt hat, geschehen. Hierdurch hat die Klägerin die nach § 66 Abs 2 S 1 SGG aufgrund unterlassener Rechtsbehelfsbelehrung geltende Jahresfrist für den Widerspruch gewahrt(so bereits zu einer vergleichbaren Fallgestaltung BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 13/02 R - BSGE 90, 143, 146 = SozR 3-2500 § 37 Nr 5 S 30 f).

21

Es kann offenbleiben, ob eine Zurückverweisung an die Vorinstanz allein zum Zweck der Nachholung des Vorverfahrens erfolgen könnte (BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 7 ff; Röhl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 170 RdNr 35; aA BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 13/02 R - BSGE 90, 143, 145 f = SozR 3-2500 § 37 Nr 5 S 30 wenn hinsichtlich eines Teiles des Verfahrensgegenstandes im Revisionsverfahren durchentschieden werden kann). Jedenfalls dann, wenn die Zurückverweisung - wie hier - auch aus anderen Gründen erfolgt (dazu sogleich unter 2.), kann eine Heilung des Verstoßes gegen die Vorverfahrenspflicht auch noch im wiedereröffneten Berufungsverfahren erfolgen (vgl zur Nachholung einer Anhörung im aus anderen Gründen zurückverwiesenen Berufungsverfahren BSG Urteil vom 16.3.2017 - B 10 LW 1/15 R - BSGE , SozR 4-1300 § 41 Nr 3 RdNr 16 ff).

22

2. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen für eine abschließende Entscheidung über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. im Hinblick auf seine bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten im Zeitraum 13.5.2008 bis 15.8.2008 und 16.9.2008 bis 30.6.2009, hinsichtlich derer die Prozessvoraussetzungen gegeben sind, nicht aus. Das LSG ist im Ausgangspunkt von zutreffenden Prüfungsmaßstäben ausgegangen (hierzu unter a). Es fehlen jedoch Feststellungen; weiter lässt das angegriffene Urteil auch nicht durchgängig erkennen, von welchen Feststellungen das LSG selbst bei seiner Entscheidung ausgegangen ist (dazu b). Im Rahmen seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das LSG zudem zu beachten haben, dass neben den Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. auch diejenigen der Klägerin mit IBM und den Endkunden sowie deren Vertragsbeziehungen untereinander von Bedeutung für die Einordnung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sein können (dazu c).

23

a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der GKV, GRV und sPV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis(S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN, jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

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Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).

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b) Ob die Verhältnisse während der Durchführung der Aufträge eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in allen Zweigen der Sozialversicherung begründen, weil im Verhältnis zur Klägerin von einer Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV auszugehen ist, kann der Senat auf Grundlage der vom LSG getroffenen und für ihn bindenden(§ 163 SGG) Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

26

Das Urteil des LSG enthält keine ausreichenden Feststellungen und bietet damit keine geeignete Grundlage für die rechtliche Nachprüfung durch den Senat. Die Entscheidung gibt eine der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. bestehenden Einzelvereinbarungen auszugsweise wieder. Zwar ist es nicht erforderlich - und oft auch nicht angezeigt - im Urteil des LSG den gesamten schriftlichen Vertrag wörtlich wiederzugeben; es reicht die Darstellung des wesentlichen Inhalts, verbunden mit einer konkreten Bezugnahme auf den in den Verwaltungs- bzw SG-Akten befindlichen Vertragstext (§ 136 Abs 2 S 1 SGG). Dem Urteil des LSG sind allerdings keine Feststellungen zu den in Bezug genommenen AGB der Klägerin zu entnehmen und zu der Frage, ob eine Rahmenvereinbarung existiert hat.

27

Darüber hinaus beschränkt sich das LSG im Wesentlichen darauf, den Beteiligtenvortrag aus dem Verwaltungs- und erstinstanzlichen Gerichtsverfahren in indirekter Rede und die Entscheidungsgründe des SG vollständig wörtlich zu zitieren. Festgestellt sind aber nur Tatsachen, die das Gericht erkennbar für zutreffend erachtet, sich zu eigen macht und daher seiner rechtlichen Überzeugungsbildung zugrunde legt. Es liegen keine revisionsrechtlich verwertbaren Feststellungen vor, wenn das Berufungsgericht den Vortrag der Beteiligten lediglich inhaltlich referiert oder den Text der Entscheidungsgründe des SG wörtlich wiedergibt ("copy-and-paste"), sofern nicht erkennbar ist, welche Tatsachen es seiner Entscheidung aufgrund eigener Erkenntnis zugrunde gelegt hat (vgl BSG Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12; BSG Urteil vom 22.6.2005 - B 12 RA 14/04 R - Juris RdNr 12; BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 25/11 R - SozR 4-3500 § 35 Nr 3 RdNr 17).

28

Die wörtliche Übernahme des Textes der Entscheidungsgründe des SG lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, welche Tatsachen das Berufungsgericht für zutreffend hält. Denn der vom LSG unkommentiert wiedergegebene Vortrag der Klägerin und des Beigeladenen zu 1. weicht teilweise von den Tatsachen ab, die das SG bei seiner Entscheidung angenommen hat. Dies gilt etwa hinsichtlich der Angaben dazu, wie die Vergütung des Beigeladenen zu 1. erfolgte. So hat das LSG einerseits die Angaben der Klägerin zitiert, wonach der Beigeladene zu 1., wenn er mehr Zeit als veranschlagt benötige, den Mehraufwand nicht vergütet erhalte, es ihm aber zugutekomme, falls er einen geringeren zeitlichen Aufwand benötige. Andererseits hat es die Ausführungen des SG zitiert, wonach beides nicht der vertraglichen Gestaltung entsprochen habe. Auch referiert das LSG die Angabe der Klägerin, ihr obliege die Verantwortung der Projektkoordination im Rahmen der Projektleitung. Sie stimme sich dabei mit den Projektverantwortlichen des Endkunden ab. Das SG ist hingegen davon ausgegangen, dass die Projektleitung nicht durch die Klägerin, sondern durch IBM wahrgenommen wurde.

29

Der Senat kann ausreichende Feststellungen auch nicht daraus ableiten, dass das LSG hinsichtlich der Annahme von Versicherungspflicht teilweise auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG verwiesen und nur im Übrigen eigene Entscheidungsgründe dargelegt hat. Die für das Berufungsgericht bestehende Möglichkeit der Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nach § 153 Abs 2 SGG lässt es nicht zu, auf die Darstellung des Tatbestandes zu verzichten(Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 153 RdNr 34; Fock in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 153 RdNr 11).

30

Soweit das LSG schließlich im Tatbestand seines Urteils erwähnt, dass ihm die Verwaltungs- und Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen haben, hat auch dieser bloße Hinweis keine Feststellungswirkung. Das LSG hat nicht ausdrücklich auf den Akteninhalt Bezug genommen oder verwiesen. Eine pauschale Bezugnahme hätte jedenfalls bei mehrdeutigen oder unklaren tatsächlichen Angaben aber auch keine Feststellungswirkung (Röhl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 163 SGG RdNr 22).

31

c) Der Senat hält es für erforderlich, dass das LSG von Amts wegen (§ 103 SGG) vor einer erneuten Verhandlung und Entscheidung weitere Umstände aufklärt und im Rahmen seiner Gesamtabwägung berücksichtigt, namentlich zu den Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und IBM bzw den Endkunden sowie zwischen diesen untereinander. Eine entsprechende Pflicht zur Amtsermittlung trifft auch die Beklagte im Rahmen der nachzuholenden Vorverfahren (§ 7a Abs 2 SGB IV, § 20 SGB X ).

32

aa) Das LSG muss angesichts des Streitgegenstandes (Statusfeststellungsverfahren) zwar nur prüfen, ob ein Beschäftigungsverhältnis gerade zwischen dem Beigeladenen zu 1. und der Klägerin vorlag. Der Antrag auf Statusfeststellung kann nach § 7a Abs 1 S 1 SGB IV durch die am Auftragsverhältnis Beteiligten gestellt werden. Nach der Gesetzesbegründung sind Beteiligte die Partner der Beziehungen, in deren Rahmen die zu beurteilende Tätigkeit ausgeübt wird(BT-Drucks 14/1855 S 7). Der Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Statusfeststellung vom 20.5.2008 bezog sich auf seine ab 13.5.2008 ausgeübte Tätigkeit, der eine schriftliche Vereinbarung mit der Klägerin zugrunde lag.

33

bb) Diese Prüfung nach § 7a Abs 1 S 1 SGB V schließt es aber nicht aus, auch die weiteren Rechtsbeziehungen zu betrachten, die den projektbezogenen Einsatz des Beigeladenen zu 1. prägen. Wird eine vermeintlich selbstständige Tätigkeit im Rahmen weiterer Vertragsbeziehungen zwischen dem Auftraggeber und Dritten erbracht, sind im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens auch diese weiteren Vertragsbeziehungen zu berücksichtigen. In Betracht kommen vorliegend vertragliche Beziehungen zwischen der Klägerin und den Endkunden, der Klägerin und IBM sowie IBM und den Endkunden. Diese Rechtsverhältnisse haben sich insoweit auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ausgewirkt, als dieser unter Zwischenschaltung der Klägerin in den Betriebsstätten der Endkunden eingesetzt war und - jedenfalls nach den Annahmen des SG - mit den Mitarbeitern der Endkunden und Mitarbeitern von IBM im Rahmen der Aufträge zusammengearbeitet hat. Die Klägerin stand nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht in einer Vertragsbeziehung zu den Endkunden, sondern zu IBM, mit deren Betriebssystem die Endkunden ausgestattet waren. Nach der vom LSG wiedergegebenen schriftlichen vertraglichen Vereinbarung waren Basis für die Dienstleistung des Beigeladenen zu 1. die von der IBM-Projektleitung geplanten und terminierten Inhalte und Aktionen. Zwischen dem Beigeladenen zu 1. und dem Endkunden, in dessen Betrieb die eigentliche Tätigkeit ausgeübt wurde, war insoweit eine Kette von Vermittlern, nämlich einerseits die Klägerin und andererseits IBM, eingesetzt. Dabei ist bisher nicht geklärt, welche Verpflichtung die Klägerin gegenüber IBM hatte. Wäre die Klägerin gegenüber ihrem Vertragspartner lediglich dazu verpflichtet, einen selbstständigen Spezialisten für ein Projekt zur Verfügung zu stellen, hätte sie als "Headhunter" agiert. Wäre sie selbst gegenüber IBM zu einer Leistungserbringung im Rahmen des eigentlichen Projektes verpflichtet, wäre der Beigeladene zu 1. ggf als ihr Erfüllungsgehilfe anzusehen. In einer solchen Konstellation wäre auch eine Delegation von Weisungsbefugnissen der Klägerin denkbar. Auch das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung erscheint nicht gänzlich ausgeschlossen. Hätte die Klägerin in diesem Fall als Verleiherin nicht die nach § 1 Abs 1 S 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, würde aber ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. schon aus diesem Grund nicht bestehen. Denn nach § 9 Abs 1 Nr 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern in diesem Fall unwirksam. Rechtsfolge ist nach § 10 Abs 1 S 1 AÜG, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gilt.

34

cc) Die Auswirkungen der Leistungsbeziehungen innerhalb des Vertragsgeflechts auf das Rechtsverhältnis des Beigeladenen zu 1. und der Klägerin sind danach vom LSG auch im Hinblick darauf aufzuklären, ob und ggf welche Weisungen der Beigeladene zu 1. von der Klägerin bzw in deren Absprache mit deren Vertragspartner IBM von diesem erhalten oder ob die Klägerin ihr Weisungsrecht an IBM abgetreten hat. Denkbar ist auch eine Übertragung des Weisungsrechts über die Vertragskette der Vermittler auf den Endkunden. Insoweit ist zu beachten, dass sich das Weisungsrecht eines Arbeitgebers je nach den Umständen auch darauf erstrecken kann, dass der Beschäftigte zur Arbeitsleistung in die Betriebe von Endkunden entsandt wird, da die Dienstleistung auch dann fremdbestimmt bleibt (zur Beschäftigung in einem Dreiecksverhältnis vgl bereits BSG Urteil vom 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13, SozR 3-2200 § 441 Nr 2). Bei Leiharbeit kann das Weisungsrecht verabredungsgemäß vom Entleiher ausgeübt werden.

35

dd) Im Rahmen der Gesamtabwägung muss das LSG auf Grundlage entsprechender Ermittlungen und Feststellungen insbesondere auch berücksichtigen, wie die Projektleitung organisiert war. Denn hieraus ergeben sich Rückschlüsse im Hinblick auf eine Eingliederung und Weisungsunterworfenheit des Beigeladenen zu 1. Die bislang aus dem Urteil des LSG hierzu ersichtlichen Informationen sind mehrdeutig. Nach den vom LSG wiedergegebenen Angaben der Klägerin im Rahmen der Anhörung oblag ihr die Verantwortung der Projektkoordination im Rahmen der Projektleitung. Sie hat angegeben, sich in allen übergeordneten Belangen mit den Projektverantwortlichen des Endkunden abzustimmen. Mit dem Beigeladenen zu 1. stimme sie Arbeitspakete ab, die dieser ergebnisorientiert unter Berücksichtigung des gemeinsam geplanten Zeit- und Arbeitsrahmens abarbeite. In dem Text des vom LSG zitierten schriftlichen Vertrages zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ist vereinbart, dass letzterer seine Dienstleistung auf Basis der von der IBM-Projektleitung geplanten und terminierten Inhalte und Aktionen erbringt. Damit bestehen keine eindeutigen Erkenntnisse darüber, wer das Projekt definierte, wer die Projektverantwortung trug und wie die Projektleitung strukturiert war - ob es etwa in den streitbefangenen Tätigkeiten abweichend von der durch die Klägerin im Anhörungsverfahren geschilderten Praxis keinen Projektverantwortlichen bei ihr gab, sondern nur bei IBM und/oder beim Endkunden. Zu klären sein wird auch, ob der Beigeladene zu 1. mit der Projektleitung "auf Augenhöhe" zusammenarbeitete und die von ihm abzuarbeitenden Arbeitspakete inhaltlich als externer Spezialist mit gestalterischen Freiheiten mitbestimmte, oder ob er unter Regie der Projektleitung nach deren hierarchischen Vorgaben Beiträge im Projekt abzuleisten hatte. Hinsichtlich der Zusammenarbeit des Beigeladenen zu 1. mit Mitarbeitern von IBM und/oder der Klägerin in einem Team wird das LSG aufklären müssen, wer diesem Team angehört hat und welche konkreten Folgen sich aus der Teamstruktur für die Modalitäten der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. tatsächlich ergeben haben, ob und inwiefern sich hieraus etwa - wie vom SG offenbar angenommen - eine wesentliche Einschränkung des Gestaltungsspielraums des Beigeladenen zu 1. im Hinblick auf seine Anwesenheit im Betrieb des Endkunden und die Lage und Dauer seiner Arbeitszeiten ergab.

36

B. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

37

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 5 Versicherungspflicht


(1) Versicherungspflichtig sind1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht be

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

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(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7a Feststellung des Erwerbsstatus


(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsste

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(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 1 Beschäftigte


Versicherungspflichtig sind1.Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,2.behinderte Menschen, diea)in anerk

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(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werden zur Arbeit

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(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehene

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 117 Scheingeschäft


(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig. (2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdec

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 20 Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung


(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt be

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 9 Unwirksamkeit


(1) Unwirksam sind: 1. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwi

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 20 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. (2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 25 Beschäftigte


(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 66


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhalten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 114


(1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aussetzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß festgestellt worden ist. (2) Hängt die Entscheidung de

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(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.

2

Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.

3

Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.

4

Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

5

Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.

7

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.

11

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.

13

1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.

14

Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.

15

2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.

16

a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

17

b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").

18

c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

19

aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.

20

Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.

21

Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.

22

bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).

23

Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.

24

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.

25

cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.

26

Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.

27

Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.

28

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.

29

3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.

30

Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).

32

Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aussetzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß festgestellt worden ist.

(2) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, so kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen sei. Auf Antrag kann das Gericht die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2a) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ab von der Gültigkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Vorschrift, die nach § 22a Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, so kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Antragsverfahrens nach § 55a auszusetzen ist.

(3) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluß ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. August 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger war seit 16.6.2003 als Auslieferungsfahrer beschäftigt. Er bezog nach einem die Schulter betreffenden Arbeitsunfall (20.6.2003) zunächst Verletztengeld und später wegen unfallunabhängiger Schulterbeschwerden Krankengeld (Krg) bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer (17.12.2004). Er nahm am nächsten Tag die Arbeit wieder auf, stellte sie aber nach wenigen Stunden wegen Magenschmerzen wieder ein. Ein Arzt stellte bei ihm Arbeitsunfähigkeit (AU) vom 18.12.2004 bis 13.1.2005 fest (Bescheinigung vom 18.12.2004). Nach erneutem Arbeitsantritt am 14.1.2005 bescheinigte ihm ein Arzt wegen eines viralen Infekts AU vom 14. bis 24.1.2005. Die Beklagte stellte schriftlich fest, die Mitgliedschaft des Klägers habe mit Ablauf des 17.12.2004 geendet. Es bestehe ein nachgehender Leistungsanspruch für einen Monat (24.1.2005). Am 25.1.2005 trat der Kläger seine Arbeit nicht an. Ein Arzt attestierte ihm wegen schmerzhafter Schwellung seines linken Knies AU vom 25.1. bis 21.2.2005. Er erhielt am gleichen Tag ärztliche Behandlung (ua Punktion; Diagnose: aktivierte Gonarthrose und Adipositas) und vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. D in der Folgezeit AU-Bescheinigungen bis 31.7.2006. Der Kläger legte gegen die Aussteuerung Widerspruch ein (18.2.2005). Das Arbeitsgericht Wiesbaden verurteilte den Arbeitgeber aufgrund seiner Rücknahme der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsentgelt für die Zeit vom 18.12.2004 bis 7.3.2005 in Höhe von 7290 Euro brutto fortzuzahlen (Urteil vom 11.4.2005). Die Beklagte stellte fest, die Mitgliedschaft des Klägers bestehe über den 17.12.2004 hinaus fort. Anspruch auf Krg habe er jedoch nicht, weil er mit seinem Arbeitgeber bezüglich Schulterbeschwerden eine leidensgerechte Tätigkeit vereinbart habe (Bescheid vom 23.5.2005).

2

Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von Krg vom 8.3. bis 16.6.2005 verurteilt und insoweit seine Mitgliedschaft bei der Beklagten festgestellt, die weitergehende Klage auf Mitgliedschaftsfeststellung und Krg-Zahlung bis 1.8.2006 dagegen abgewiesen (Urteil vom 5.5.2010). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Klage auf Feststellung des Fortbestehens der Mitgliedschaft bis zum 1.8.2006 sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, die Klage auf Zahlung von Krg über den 16.6.2005 hinaus sei unbegründet. Das Fehlen eines Widerspruchsverfahrens stehe einem Sachurteil nicht entgegen. Für die Beurteilung der AU sei auf die Tätigkeit als Auslieferungsfahrer mit Tragen von Lasten und häufigerem Treppensteigen abzustellen. AU des Klägers für diese Tätigkeit ab 17.6.2005 sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für das LSG nicht nachvollziehbar. Es habe der vom Kläger beantragten Einvernahme nicht bedurft. Die Beurteilung der AU sei eine medizinische Frage, die die benannten nichtärztlichen Zeugen nicht verlässlich beantworten könnten. Dr. D habe sich bereits umfassend zum maßgeblichen Sachverhalt geäußert (im Schreiben vom 16.7.2009). Die weiteren Beweisthemen seien rechtlich unerheblich oder könnten als wahr unterstellt werden (Urteil vom 29.8.2013).

3

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

4

II. Soweit die Beschwerde des Klägers zulässig ist (dazu 1.), ist sie begründet (dazu 2.) mit der Folge, dass die Sache zurückzuverweisen ist (dazu 3.).

5

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil ist unzulässig, soweit er Divergenz, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Unrichtigkeit des LSG-Urteils und die Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG und des § 109 SGG als Verfahrensfehler rügt(dazu a), im Übrigen zulässig (dazu b).

6

a) Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil ist unzulässig, soweit er eine Divergenz insbesondere mit Blick auf die Feststellung des LSG zur Bekanntgabe des Bescheids vom 23.5.2005 rügt. Er legt eine Divergenz nicht ausreichend dar. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den Gesetzesanforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und im herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). An der Darlegung eines vom LSG bewusst abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatzes fehlt es.

7

Der Kläger legt auch die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). An der Darlegung eines Klärungsbedarfs trotz einschlägiger Rechtsprechung des BSG fehlt es.

8

Auch soweit sich der Kläger gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG wendet, insbesondere gegen die Ausführungen des LSG zur Mitwirkungsobliegenheit sowie zur Beweislastverteilung und Beweisvereitelung, ist die Beschwerde unzulässig. Die inhaltliche Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 22.11.2012 - B 1 KR 110/12 B - Juris RdNr 5 mwN; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

9

Schließlich ist die Rüge der Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG - wie hier im Kern bezüglich der Feststellung des LSG zur Bekanntgabe des Bescheids vom 23.5.2005 - und des § 109 SGG als Verfahrensfehler unzulässig. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

10

b) Dagegen rügt der Kläger zulässig als Verfahrensfehler, dass das LSG das Widerspruchsverfahren nicht nachgeholt und seinen Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Nach § 160a Abs 2 S 3 SGG muss der Verfahrensfehler bezeichnet werden. Der Kläger bezeichnet die genannten Verfahrensfehler hinreichend, indem er die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände beschreibt. Insbesondere legt der Kläger dar, dass er die in den vorbereitenden Schriftsätzen vom 23. bis 29.8.2010 gestellten Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung vom 29.8.2013 aufrechterhalten hat.

11

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das LSG-Urteil kann auf den Verfahrensmängeln beruhen, dass das LSG dem Kläger nicht die Möglichkeit gegeben hat, durch Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens (§ 114 Abs 2 SGG analog) das Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung nachzuholen (dazu a), und dass es Beweisanträgen des Klägers nicht entsprochen hat (dazu b).

12

a) Fehlt es - wie hier - an einem Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung, hat das LSG das gerichtliche Verfahren auszusetzen (§ 114 Abs 2 SGG analog), um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, das gebotene Vorverfahren (§ 78 SGG) nachzuholen (stRspr, vgl zB BSG SozR 1500 § 78 Nr 8 mwN; BSG SozR 3-5540 Anl 1 § 10 Nr 1; BSG Beschluss vom 4.3.2014 - B 1 KR 43/13 B - Juris RdNr 6 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3a mwN und Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, § 114 Anm 17a dd und 19 aa).

13

Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs 1 S 1 SGG). Der maßgebliche, vom Kläger angegriffene Verwaltungsakt (§ 31 SGB X)lag zunächst in der Feststellung der Beklagten, die Mitgliedschaft des Klägers habe mit Ablauf des 17.12.2004 geendet. Es bestehe ein nachgehender Leistungsanspruch für einen Monat (24.1.2005). Hiergegen wandte sich der Kläger fristgerecht mit seinem Widerspruch (Schreiben vom 17.2.2005). Die Beklagte änderte den angegriffenen Bescheid daraufhin dergestalt ab, dass die Mitgliedschaft des Klägers über den 17.12.2004 hinaus fortbestand, er aber weiterhin keinen Anspruch auf Krg hatte (Bescheid vom 23.5.2005). Diese Verfügungssätze wurden Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (§ 86 SGG). Die zuständige Stelle erteilte jedoch keinen Widerspruchsbescheid.

14

Es lag auch keiner der in § 78 Abs 1 S 2 SGG genannten Ausnahmefälle vor, die ein obligatorisches Vorverfahren entbehrlich machen. Die Beklagte holte entgegen der Ansicht des LSG das Vorverfahren nicht während des Klageverfahrens dadurch konkludent nach, dass sie der Klage entgegentrat. Die beklagte prozessführende Behörde ist nämlich mit der zur Entscheidung berufenen Widerspruchsbehörde (vgl § 85 Abs 2 S 1 Nr 2 SGG) nicht identisch (vgl dazu zB BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 13 f). Das LSG hat ohne das obligatorische Vorverfahren über den Krg-Anspruch in der Sache entschieden.

15

Es ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass unter Berücksichtigung weiterer Amtsermittlungen im Widerspruchsverfahren oder aufgrund weiterer Beweiserhebungen durch das LSG nach Abschluss des Vorverfahrens (dazu sogleich) ein Krg-Anspruch nach dem 16.6.2005 in Betracht kommen kann.

16

b) Der Kläger beruft sich zu Recht darauf, dass das LSG ohne hinreichenden Grund (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 iVm § 103 SGG) seinen in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gestellten Beweisanträgen nicht gefolgt ist, Beweis durch Einvernahme von Zeugen dazu zu erheben, dass er vom 15.6.2005 bis zum 1.8.2006 ein deutlich sichtbar geschwollenes und schmerzendes Knie gehabt habe. Das LSG konnte alle Anträge des in der mündlichen Verhandlung unvertretenen Klägers unter Berücksichtigung der Pflicht des Vorsitzenden, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 106 Abs 1 SGG), nur als Wiederholung der zuvor mit diesem Thema schriftsätzlich gestellten Beweisanträge verstehen, hierzu die näher bezeichneten Zeugen B, K, M, K, B, A und Dr. D zu vernehmen.

17

Das LSG ist den Beweisanträgen ohne hinreichenden Grund unabhängig davon nicht gefolgt, ob es seine Entscheidung - was unklar ist - darauf gestützt hat, es sei vom Fehlen der Voraussetzungen für AU im betroffenen Zeitraum überzeugt oder AU sei objektiv nicht erweislich. Soweit das LSG vom Fehlen der AU-Voraussetzungen überzeugt gewesen ist, ist nach den getroffenen Feststellungen des LSG nicht nachvollziehbar, warum - ohne vorweggenommene Würdigung der noch einzuholenden Zeugenaussagen - die am 15.6.2005 und danach fortlaufend von Dr. D festgestellte AU nicht bestanden haben kann. Es erläutert nicht die Gründe, auf die es seine Überzeugung stützt, sondern führt lediglich aus, die beim Kläger am 8.3.2005 (Untersuchung durch Prof. Dr. M) und am 10.3.2005 (Untersuchung durch Dr. F, MDK) erhobenen Befunde legten es nicht nahe, dass der Zustand des linken Knies des Klägers über den 16.6.2005 hinaus weitere AU habe auslösen können. Das LSG macht hiermit nicht deutlich, aufgrund welcher Befunde und welcher medizinischen Erfahrungssätze vom Wegfall der AU spätestens ab dem 17.6.2005 auszugehen ist. Denn Prof. Dr. M
äußerte sich zur voraussichtlichen Dauer der Kniebeschwerden nicht, sondern stellte nur als Nebenbefund ein linksseitiges Schonhinken fest. Dr. F bezeichnete zwar die von Dr. D bis 31.3.2005 festgestellte AU als nicht nachvollziehbar, empfahl aber gleichwohl zur exakten Diagnosestellung baldmöglichst eine MRT-Untersuchung bei ungeklärter Ursache eines Reizzustandes des linken Kniegelenks und meinte, dem Kläger sei aufgrund des Befundes am Untersuchungstag nur eine wenig kniebelastende, vorwiegend sitzende Tätigkeit zumutbar. Er schlug nicht vor, die AU zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden. Soweit das MDK-Gutachten vom 4.10.2010, auf das sich das LSG stützt, zusätzlich - neben der Bestätigung der Einschätzung von Dr. F in Einklang mit dem MDK-Gutachten vom 9.2.2010 die von Dr. D vorgelegte Dokumentation für unzureichend ansieht, hat das LSG daraus keine nachvollziehbaren Gründe abgeleitet, von der beantragten Beweisaufnahme abzusehen. Solche sind auch hinsichtlich der Einvernahme von Dr. D ansonsten nicht ersichtlich.

18

Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich des Antrags auf Einvernahme der nichtärztlichen Zeugen. Der Beweisantrag des Klägers zielt auf die Feststellung eines äußerlich sichtbaren Befundes, nämlich eines deutlich sichtbar geschwollenen Knies. Die Begründung des LSG, ob AU vorliege, sei eine medizinische Frage, die nur von Medizinern verlässlich beantwortet werden könne, trifft nicht den Kern des Beweisantrags. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Bestehen von AU in der Sache eine Rechtsfrage ist.

19

Sollte das LSG seine Entscheidung darauf gegründet haben wollen, AU sei objektiv nicht erweislich, hätte es eine solche Beweislastentscheidung nur nach Ausschöpfen der gebotenen Beweiserhebung treffen können. Auch für diesen Fall ist das LSG aus den bereits dargelegten Gründen den Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt.

20

3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Kläger auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz beruft (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG). Allerdings wäre es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats aus Gründen der Prozessökonomie und der Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, eine Sache trotz voraussichtlicher Zurückverweisung im Revisionsverfahren zu entscheiden und deshalb die Revision zuzulassen, wenn vom Revisionsverfahren die Klärung grundsätzlicher Fragen zu erwarten wäre, die sich auf die anschließend - nach Zurückverweisung - vorzunehmende Beweiserhebung auswirkt (BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 118/10 B - Juris RdNr 6, Abgrenzung zu BSG Beschluss vom 23.5.2006 - B 13 RJ 253/05 B - mwN). Die Grundsatz- und Divergenzrüge des Klägers sind indes unzulässig (vgl oben). Der Senat macht zum Zwecke der Beschleunigung des Verfahrens von der Möglichkeit der Zurückverweisung Gebrauch.

21

Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass das LSG, soweit es AU für einen Zeitraum nach dem 16.6.2005 bejahen sollte, auch zu prüfen haben wird, ob die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs auf Krg erfüllt sind. Hierbei wird es insbesondere die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Voraussetzungen der Aufrechterhaltung einer den Krg-Anspruch vermittelnden Beschäftigtenversicherung zu berücksichtigen haben (vgl zB BSG Urteil vom 4.3.2014 - B 1 KR 17/13 R - SozR 4-2500 § 192 Nr 6 RdNr 16 = Juris). So hat Dr. D AU nicht erneut vor Ablauf der bis zum 24.11.2005 bescheinigten AU festgestellt, sondern erst am 28.11.2005.

22

Auch liegt die Möglichkeit nicht völlig fern, dass der Kläger und sein damaliger Arbeitgeber, Dipl. Ing. M, in Wahrheit kein Beschäftigungsverhältnis begründen wollten, sondern kollusiv zusammenwirkten, um unrechtmäßig Krg-Zahlungen der Beklagten an den Kläger zu bewirken. Die Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung von 7290 Euro brutto steht dem nicht entgegen. Insoweit entfaltet das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden im Hinblick auf die Voraussetzungen über die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft keine Tatbestandswirkung. Auf ein kollusives Verhalten im Sinne einer Scheinbeschäftigung weist auch das frühere Verhalten des Klägers und des Dipl. Ing. M hin (vgl zum Sachverhalt BSG Beschluss vom 11.12.2006 - B 1 KR 69/06 B; Vorinstanz Hessisches LSG Urteil vom 30.3.2006 - L 8 KR 45/05).

23

4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

24

5. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Auskunft.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin beantragte, ihr Auskunft darüber zu erteilen, ob und welche über sie gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergegeben habe. Die Beklagte habe die betreffenden medizinischen Daten über das Internet versandt, medizinische Daten ohne Beziehung zum SGB IX an die Stadtverwaltung K. weitergegeben und Daten ohne Erlaubnis an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt (Schreiben vom 25.7.2005). Da die Beklagte nicht reagierte, hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beklagte lehnte daraufhin eine Verbescheidung und Auskunftserteilung ab (2.12.2005). Das SG hat die nun auf Erteilung der Auskunft gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31.7.2008). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die zulässige Leistungsklage sei nicht begründet. Der Auskunftsanspruch hinsichtlich der nicht automatisiert gespeicherten Daten scheitere daran, dass der erforderliche Verwaltungsaufwand der Beklagten in Abwägung mit dem Informationsinteresse der Klägerin unverhältnismäßig erscheine (§ 83 Abs 1 S 3 SGB X). Insoweit sei die Beklagte auch nicht zu einer Teilauskunft verpflichtet. Es sei Sache der Klägerin, ihr Auskunftsbegehren auf eine mit verhältnismäßigem Aufwand zu erteilende Auskunft zu beschränken. Das Auskunftsverlangen sei insgesamt rechtsmissbräuchlich (§ 83 Abs 4 Nr 1 SGB X). Die Klägerin nähre den Verdacht, die Beklagte durch eine Überflutung mit Anträgen schikanieren zu wollen, indem sie eine Spezifizierung des Auskunftsersuchens verweigere und eine Vielzahl von Auskunftsersuchen auch in Parallelverfahren mit ähnlicher Intensität geltend mache (Urteil vom 21.4.2011).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art 2 Abs 1 und Art 1 Abs 1 GG) und der §§ 83 bis 84a SGB X. Sie müsse ihren gesetzlich ausgeformten Auskunftsanspruch nicht näher konkretisieren, denn es gehe um einen Fall ihr nicht bekannter Datenweitergabe. Alle Anspruchsvoraussetzungen seien erfüllt. Es obliege der Beklagten, organisatorisch sicherzustellen, dass sie Auskunftsansprüche einfach erfüllen könne. Die Tatbestände der Weitergabe von Sozialdaten seien dokumentationspflichtig und damit leicht abrufbar. Insgesamt sei kein wesentlicher rechtserheblicher Aufwand für die Auskunftserteilung zu erwarten. Das LSG habe keine Feststellungen getroffen, die Schikane oder Rechtsmissbrauch belegten. Es hätte die Beklagte zumindest für den von ihm als begründet erachteten Teilbereich zur Erteilung einer Auskunft verurteilen müssen.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2011 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 31. Juli 2008 und die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 2. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob und ggf welche zu ihrer Person bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten an welche Empfänger mit welchen Medien weitergegeben wurden,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, damit die Beklagte im wieder eröffneten Berufungsverfahren das Verfahrenshindernis des Fehlens eines Vorverfahrens (dazu 1.) beseitigen kann, das einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch entgegensteht (vgl zu ergänzenden Hinweisen 2.).

8

1. Eine Entscheidung über die Klage ist in der Sache noch nicht zulässig. Die Klägerin begehrt nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 SGB X Auskunft darüber, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergab. Richtige Klageart für dieses Begehren ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG; dazu a). Gerichtlicher Rechtsschutz für dieses Begehren ist erst nach Durchführung eines Vorverfahrens zulässig (dazu b).

9

a) Maßgeblich für die statthafte Klageart einer Klage auf Erteilung einer Auskunft nach § 83 SGB X ist, ob über die Ablehnung der Auskunftserteilung ein Verwaltungsakt zu ergehen hat. Zwar kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (echte Leistungsklage, § 54 Abs 5 SGG). Hat die Behörde dagegen über die Ablehnung durch Verwaltungsakt zu entscheiden, ist die unechte Leistungsklage statthaft. In diesem Falle kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§ 54 Abs 4 SGG). Erteilt eine Behörde eine Auskunft, erfolgt dies durch Realakt. Steht allein die Erteilung einer Auskunft im Streit, kommt insoweit die isolierte Leistungsklage in Betracht (§ 54 Abs 5 SGG; vgl zB BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 41; Zeihe, SGG, Stand November 2010, Vor § 54 Anm B II 6).

10

Die vorliegend streitbefangene ablehnende Entscheidung über die Erteilung einer Auskunft nach § 83 SGB X hat durch Verwaltungsakt zu ergehen(vgl auch BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 2, 13; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 83 RdNr 9 und 19). Der anderslautenden Auffassung des Berufungsgerichts, das eine allgemeine Leistungsklage genügen lässt, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

11

§ 83 SGB X fordert, über die Ablehnung der Erteilung einer Auskunft durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Das folgt insbesondere aus § 83 Abs 5 SGB X im Zusammenspiel mit § 83 Abs 1 SGB X. Nach § 83 Abs 1 SGB X ist dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen über 1. die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, 2. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden, und 3. den Zweck der Speicherung. In dem Antrag soll die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die verantwortliche Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Abs 2 SGB X gilt entsprechend. § 83 Abs 2 bis 4 SGB X regelt Gründe, einen Auskunftsantrag nach § 83 Abs 1 SGB X abzulehnen.

12

Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf nach § 83 Abs 5 SGB X keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall ist der Betroffene darauf hinzuweisen, dass er sich, wenn die in § 35 SGB I genannten Stellen der Kontrolle des Bundesbeauftragten für den Datenschutz unterliegen, an diesen, sonst an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden kann. Die Einschränkung der Begründungspflicht nach § 83 Abs 5 S 1 SGB X spiegelt die Regel wider, dass die Ablehnung grundsätzlich durch einen zu begründenden Verwaltungsakt zu erfolgen hat. Im Übrigen ist innerhalb des Klagesystems des SGG, das im Verhältnis zwischen Bürger und öffentlich-rechtlichem Leistungsträger vom Verwaltungsakt als typischem Regelungsinstrument nach dem SGB X und der darauf aufbauenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ausgeht (§ 54 Abs 1, 2 SGG), die isolierte oder echte Leistungsklage des Bürgers gegen den öffentlich-rechtlichen Leistungsträger die Ausnahme (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 24).

13

b) Für die Zulässigkeit der Klage fehlt es an einem Vorverfahren. Zwar ist die Grundvoraussetzung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage erfüllt, dass die Behörde durch Verwaltungsakt entschieden hat. Denn die Beklagte lehnte es nach Erhebung der ursprünglichen Untätigkeitsklage ab, die beantragte Auskunft zu erteilen (vgl entsprechend zur Erledigung der Untätigkeitsklage und zulässigen Fortführung der Klage in solchen Fällen BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 23 f mwN). Diese Ablehnung des Antrags erfüllt sachlich alle Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes (§ 31 SGB X). Es ist unschädlich, dass diese Entscheidung der Beklagten nicht äußerlich in die Form eines Verwaltungsaktes gekleidet war. Hiergegen wandte sich die Klägerin auch unverzüglich und beharrte auf der Erfüllung ihres Anspruchs. Sie leitete damit das Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß ein.

14

Das LSG hat es insoweit - von seiner Rechtsauffassung her folgerichtig - unterlassen, das aus der Klageart erwachsende prozessuale Hindernis eines fehlenden Vorverfahrens zu beseitigen, das derzeit einer Sachentscheidung entgegensteht. Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind nämlich Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs 1 S 1 SGG). Das hiernach obligatorische Vorverfahren ist nicht entbehrlich, weil keiner der in § 78 Abs 1 S 2 SGG genannten Ausnahmefälle vorliegt. Das Vorverfahren konnte - unabhängig von der Möglichkeit im Übrigen - hier auch nicht während des Klageverfahrens dadurch konkludent nachgeholt werden, dass die Beklagte der Klage entgegengetreten ist und ihre Abweisung beantragt hat. Die beklagte prozessführende Behörde ist nämlich mit der zur Entscheidung berufenen Widerspruchsbehörde (vgl § 85 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht identisch (zur Kritik im Übrigen vgl zB BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 29 mwN; BSG SozR 3-5540 Anl 1 § 10 Nr 1 S 10 f).

15

Der Klägerin muss mit Blick auf diesen Verfahrensfehler Gelegenheit zur Nachholung des Vorverfahrens im Berufungsverfahren gegeben werden, bevor das LSG über ihre Klage abschließend entscheidet (vgl zB BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 30; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3a mwN; zu einer abweichenden Konzeption des § 88 SGG und der Notwendigkeit eines Vorverfahrens bei einem Sonderfall vgl BSGE 75, 262 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2).

16

2. Ergänzend weist der erkennende Senat für die weitere Sachbehandlung auf Folgendes hin:

a) Rechtsgrundlage des Auskunftsbegehrens ist § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1 SGB X. Danach ist - wie dargelegt - dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, und über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden. In dem Antrag soll die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die verantwortliche Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Abs 2 SGB X gilt entsprechend(§ 83 Abs 1 S 2 bis 5 SGB X). Für Sozialdaten, die nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, gilt Absatz 1 nicht, wenn eine Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 83 Abs 2 SGB X). Die Auskunftserteilung unterbleibt ua, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde, und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (§ 83 Abs 4 Nr 1 SGB X).

17

Es spricht viel dafür, dass der Auskunftsanspruch nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1 SGB X nicht nur die Auskunft darüber umfasst, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger weitergab. Über den Wortlaut der Regelung hinaus dürfte auch die Auskunft über das Übermittlungsmedium einzubeziehen sein, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere Rechte auf künftiges Unterlassen, Löschung und Schadensersatz verfolgen zu können, wenn nämlich der Übermittlungsweg den Zugriff unberechtigter Dritter eröffnet. Genau darauf beruft sich die Klägerin. Es ist Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 2 SGB X, den Betroffenen in die Lage zu versetzen, zu erfahren, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Dies dient dazu, die Rechte auf Löschung, Berichtigung, Sperrung und Schadensersatz (vgl §§ 82, 84 SGB X) effektiv geltend machen zu können. Der Auskunftsanspruch sichert hierdurch verfassungskonform das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG) ab (vgl grundlegend BVerfGE 65, 1, 43; Grundsatz der Transparenz; zur verfassungskonformen Konkretisierung der Parallelnorm des § 19 Bundesdatenschutzgesetz vgl BVerfGE 120, 351, 359 ff = Juris RdNr 53 ff).

18

Die Klägerin beruft sich gerade darauf, dass die Beklagte die Klägerin betreffende Sozialdaten ohne Schutz vor dem Zugriff unberechtigter Dritter übermittelt habe. Kenntnis über das Übermittlungsmedium kann insoweit zur Kenntnis über eine "unzulässige Verarbeitung" führen. Eine unzulässige Verarbeitung kann einen Schadensersatzanspruch nach § 82 SGB X(iVm § 7 bzw § 8 BDSG) auslösen und eine gegen die Anforderungen nach § 78a SGB X verstoßende Datenverarbeitung sein (zum Beispiel des Fehlens einer nach Nr 2 der Anlage zu § 78a SGB X einzurichtenden Zugangskontrolle vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 82 RdNr 21, Stand März 2002; derselbe ebenda, § 78a RdNr 35, Stand Mai 2011; so auch bzgl § 7 BDSG Wagner, MittLVA Württ 1991, 268, 270; Gabel in Taeger/Gabel, BDSG, 2010, § 7 RdNr 7; vgl auch Schultze-Melling, CR 2005, 73, 77; Klett/Lee, CR 2008, 644, 647). Dafür sprechen auch Art 23 und Art 17 Abs 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Richtlinie 95/46/EG, ABl EG Nr L 281/31 vom 23.11.1995; vgl auch Art 5 Richtlinie 95/46/EG).

19

b) Die Grundvoraussetzungen des geltend gemachten Auskunftanspruchs dürften erfüllt sein: Die Klägerin beantragte bei der Beklagten als "verantwortliche Stelle" (§ 67 Abs 9 S 2 SGB X, § 35 SGB I) die gewünschte Auskunft darüber, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten, noch nicht mitgeteilten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergab. Weder bedurfte es einer weiteren Konkretisierung des Antrags (zur bloßen Beschleunigungs-, nicht Ausschlussfunktion des § 83 Abs 1 S 2 SGB X vgl Entwurf der Bundesregierung zum BDSG, BT-Drucks 7/1027 S 26, Zu § 11; vgl auch Bericht des Innenausschusses zum BDSG, BT-Drucks 7/5277 S 7, Zu § 11, wonach die Vorschrift "im Interesse des Bürgers" in eine Sollvorschrift umgewandelt worden ist; s auch Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 83 RdNr 20, Stand Einzelkommentierung August 2002) noch der Darlegung eines schützenswerten Auskunftsinteresses (vgl BVerwGE 89, 14, 17 f; Knemeyer, JZ 1992, 348, 350).

20

c) Die Einwendungen der Beklagten dürften kaum durchgreifen. Unerheblich ist insoweit der Einwand der Beklagten hinsichtlich der telefonischen Weitergabe von Sozialdaten, dass sie nicht jedes Telefonat aktenkundig mache. Der Auskunftsanspruch nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB X erstreckt sich nämlich auch auf nicht gespeicherte Empfänger bzw die nicht dokumentierte Übermittlung von Sozialdaten(vgl auch Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 83 RdNr 8, Stand August 2002; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 83 RdNr 4; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl 2012, § 19 RdNr 6; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 26; Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 19 RdNr 3, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011; Mester in Taeger/Gabel, BDSG, 2010, § 19 RdNr 14). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet grundsätzlich, die Übermittlung personenbezogener Daten zu protokollieren, sodass der Betroffene von der Weitergabe seiner Daten Kenntnis erlangen und dagegen den Rechtsweg beschreiten kann (vgl BVerfGE 65, 1, 70; s auch Baumann, DVBl 1984, 612, 618; für eine "Speicherungspflicht" aufgrund des § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 BDSG auch: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 26).

21

Dem Auskunftsanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Auskunft, wenn die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert sind, nur erteilt wird, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht (§ 83 Abs 1 S 3 SGB X). Bei Prüfung dieser Voraussetzung ist zu beachten, dass mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Einschränkungen des Informationsrechts nur zulässig sind, wenn sie gegenläufigen Interessen von größerem Gewicht dienen. Gesetzliche Ausschlusstatbestände müssen sicherstellen, dass die betroffenen Interessen einander umfassend und auch mit Blick auf den Einzelfall zugeordnet werden (vgl BVerfG Beschluss vom 10.10.2000 - 1 BvR 586/90, 1 BvR 673/90 -, NVwZ 2001, 185, 186). Grundsätzlich kann die Sicherung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung staatlicher Stellen eine Einschränkung des Auskunftsrechts rechtfertigen. Ob im Einzelfall eine Auskunftserteilung ausgeschlossen werden darf oder nicht, richtet sich insbesondere nach der Bedeutung des Auskunftsrechts für die Grundrechte des Betroffenen, nach dem Gewicht der jeweiligen behördlichen Aufgabe und nach den Auswirkungen einer Auskunft auf die Aufgabenerfüllung (vgl BVerfGE 120, 351, 365 = Juris RdNr 77).

22

Die Klägerin hat Angaben gemacht, die das Auffinden der Daten (hinsichtlich der Empfänger) ermöglichen. Der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand steht nicht außer Verhältnis zu dem von ihr geltend gemachten Informationsinteresse. Das Informationsinteresse der Klägerin ergibt sich nicht nur allgemein aus ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie untermauert es mit dem Hinweis, die Beklagte habe die Klägerin betreffende medizinische Daten über das Internet versandt. Zudem habe sie medizinische Daten an die Stadtverwaltung K. ohne erkennbare Rechtfertigung (im Rahmen des SGB IX) weitergegeben. Schließlich habe sie ohne gesetzliche Grundlage Sozialdaten an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt.

23

Der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand ist zudem unter Berücksichtigung effizienter, kostensparender Verfahren zu bemessen. Um eine Auskunft zu ermöglichen, bestimmt die verantwortliche Stelle unter Berücksichtigung dieses Interesses das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung (vgl § 83 Abs 1 S 4 SGB X). In diesem Sinne ist es der Beklagten durchaus möglich, der Klägerin in einer Art und Weise Auskunft zu erteilen, die den organisatorischen Aufwand in Grenzen hält, beispielsweise in Form der Gewährung von Akteneinsicht. Die Beklagte hat es bei alledem in der Hand, die Aktenführung generell so zu gestalten, dass der Aufwand für die gesetzlichen Auskunftsrechte möglichst gering gehalten wird (vgl auch BVerfGK 7, 168, 184 = SozR 4-1300 § 25 Nr 1 RdNr 54).

24

Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Auskunftserteilung müsse unterbleiben, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde, und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (vgl § 83 Abs 4 Nr 1 SGB X). Wenn die Beklagte die begehrte Auskunft erteilt, gefährdet die gewünschte Information als solche nicht die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Beklagten (vgl zu diesem wortlautgetreuen Ansatz auch BVerwGE 89, 14, 18; BFHE 203, 227, 233; BFHE 202, 425, 428; s auch Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 84; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 3. Aufl 2010, § 19 RdNr 23). Selbst wenn man entgegen den verfassungs- und europarechtlichen Wertungen - über den Wortlaut hinaus - Rechtsmissbrauch durch die Regelung des § 83 Abs 4 Nr 1 SGB X abwehren könnte, griffe eine solche Folge zu Lasten der Klägerin nach den dargelegten Grundsätzen effektiver Auskunftsgestaltung nicht ein.

25

d) Sollten die Widerspruchsstelle im Vorverfahren und sodann das LSG dennoch nicht das gesamte Begehren für begründet erachten, bestehen Bedenken gegen die Rechtsauffassung des LSG, das Gericht müsse sich bei Ablehnung des Gesamtanspruchs nicht mit zu bejahenden Teilansprüchen befassen. Das LSG ist nach allgemeinen Grundsätzen bei teilbarem Streitgegenstand der Klage und unterschiedlichen Ergebnissen für Teile des Streitgegenstands zwecks Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) verpflichtet, hinsichtlich des erfolgreichen Klageteils der Klage stattzugeben, also bei der unechten Leistungsklage den angefochtenen Verwaltungsakt "abzuändern" (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) und den Beklagten zu der Teilleistung zu verurteilen, auf die Anspruch besteht (§ 54 Abs 4 SGG), soweit dies dem Klagebegehren entspricht. Bestehen Zweifel darüber, dass hilfsweise die zulässige Teilleistung begehrt wird, ist dies im Verfahren zu klären (§§ 92, 106, 123 SGG; vgl allgemein Hauck in Hennig, SGG, Stand September 2012, § 106 RdNr 7 ff). Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 S 1 iVm § 131 Abs 1 S 1 SGG und BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 38; BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07 - BFH/NV 2009, 1142; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; Hauck in Zeihe, SGG, Stand November 2010, § 131 Anm 3 mwN). Auskunftsbegehren, die sich - wie vorliegend - auf § 83 SGB X stützen, sind ihrer Art nach grundsätzlich teilbar. Das belegt die differenzierte Regelungsstruktur dieser Norm.

26

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten für das erneute Revisionsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme eines Rentenbescheides sowie die Erstattung der gezahlten Rente, insbesondere über die Frage, ob die Beklagte eine zunächst unterbliebene Anhörung der Klägerin wirksam nachgeholt hat.

2

Mit Bescheid vom 23.6.2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin nach der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen in Oberbayern ab 1.7.2000 vorzeitige Altersrente an Landwirte gemäß § 12 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Am 8.3.2007 erklärte der Ehemann der Klägerin gegenüber der Beklagten, die Klägerin sei noch Eigentümerin von circa 5 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen in Niederbayern. Diese seien teilweise verpachtet und teilweise selbst genutzt worden.

3

Mit Schreiben vom 9.8.2007 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.6.2000 an. Sie habe einen eigenen Betrieb in Niederbayern geführt, den sie nicht nach den Vorschriften des § 21 ALG abgegeben habe. Bis zur Abgabe dieses Betriebs bestehe kein Anspruch auf Rente.

4

Mit Bescheid vom 12.9.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 23.6.2000 gestützt auf § 45 Abs 1 und 2 SGB X für die Zeit ab dem 1.7.2000 auf. Die zu Unrecht erbrachte Leistung in Höhe von (noch nicht verrechneten) 14 191,77 Euro sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Die Klägerin habe bei der Beantragung der Rente die Frage verneint, ob neben den durch den Ehegatten nachgewiesenen Flächen noch weitere Grundstücke im Eigentum oder Miteigentum beider Ehegatten stünden. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008 zurück. Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 18.11.2008; Urteil des LSG vom 28.9.2011 - L 1 LW 3/09 -).

5

Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Urteil des LSG vom 28.9.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Es sei unklar, ob eine ordnungsgemäße Anhörung iS des § 24 Abs 1 SGB X vorliege oder eine Heilung eingetreten sei. Darüber hinaus fehlten ausreichende Feststellungen, welche die Beurteilung zuließen, dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 auf in wesentlicher Beziehung unrichtigen oder unvollständigen Angaben der Klägerin selbst beruhe und dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe.

6

Im Laufe des vom LSG fortgesetzten Verfahrens - L 1 LW 7/13 ZVW - hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10.5.2013 zu der fehlenden Abgabe des landschaftlichen Unternehmens, dem Fehlen von schutzwürdigen Vertrauen und der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung mit einer Frist zur Stellungnahme von sechs Wochen angehört. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu mit Schreiben vom 15.5.2013 Stellung genommen. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben an die Klägerin vom 18.5.2015 erklärt, sie halte nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung der vorsorglich nachgeholten Anhörung am bisher erlassenen Verwaltungsakt vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.1.2008 fest. Anschließend hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte habe die Anhörung der Klägerin ordnungsgemäß und mit heilender Wirkung nachgeholt. Die Nachholung der Anhörung sei auch noch im wiedereröffneten Berufungsverfahren möglich gewesen (Urteil vom 22.7.2015).

7

Mit ihrer erneuten Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Der angefochtene Rücknahme- und Erstattungsbescheid sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte die unterlassene Anhörung im wiedereröffneten Berufungsverfahren nicht mehr habe wirksam nachholen können.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 2015 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen. Sie ist zulässig, aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

12

1. Streitgegenstand bildet der Rentenrücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008. Die Klägerin wendet sich dagegen zulässigerweise mit einer reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 SGG; vgl BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 R 14/11 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 15; BSG Urteil vom 2.11.2015 - B 13 R 27/14 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 32).

13

2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet, denn die streitgegenständlichen Bescheide sind formell (dazu unter a.) und materiell rechtmäßig (dazu unter b.).

14

a. Wie das LSG zutreffend angenommen hat, ist der Bescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 formell rechtmäßig.

15

Zwar hatte die Beklagte die Klägerin nicht - wie es nach § 24 Abs 1 SGB X geboten gewesen wäre - vor Erlass des Bescheides vom 12.9.2007 im erforderlichen Umfang angehört und die Anhörung auch weder im Widerspruchsverfahren noch im Widerspruchsbescheid nachgeholt. Dies hat der erkennende Senat mit bindender Wirkung (§ 170 Abs 5 SGG) für die Beteiligten und das Gericht bereits entschieden (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1; zur Selbstbindung des Revisionsgerichts vgl BSG Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 19/90 - SozR 3-1500 SGG § 170 Nr 1).

16

Die Beklagte hat die erforderliche Anhörung aber nunmehr im wiedereröffneten Berufungsverfahren wirksam nachgeholt. Wie sich aus den tatsächlichen, mit durchgreifenden Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ergibt, hat die Beklagte im Laufe des wiedereröffneten Berufungsverfahrens das erforderliche Anhörungsverfahren mit Schreiben vom 10.5.2013 in Gang gesetzt und mit Schreiben vom 18.5.2015 abgeschlossen. Die rechtliche Beurteilung des LSG, damit habe die Beklagte in jeder Hinsicht den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, die an eine im Gerichtsverfahren nachgeholte Anhörung zu stellen sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu diesen Anforderungen vgl BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 LW 1/07 R - SozR 3-5868 § 3 Nr 3; BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2 RdNr 14 f). Diese Beurteilung wird insoweit auch von den Beteiligten nicht infrage gestellt.

17

Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Nachholung der Anhörung im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch in zeitlicher Hinsicht wirksam. Denn § 41 Abs 2 SGB X ist auch anwendbar, wenn das LSG die letzte Tatsacheninstanz zwar zunächst mit einer Endentscheidung abschließt, sich dieser Abschluss der Tatsacheninstanz aber nicht als dauerhaft erweist, sondern das Revisionsgericht die Sache (zumindest noch aus einem anderen Grund als dem der unterbliebenen Anhörung) an das LSG zurückverweist.

18

Dieses Ergebnis folgt aus Wortlaut (dazu unter aa.), Systematik (dazu unter bb.) und Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt (dazu unter cc.). Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen dieser Auslegung nicht entgegen (dazu unter dd.). Der Einleitung eines Verfahrens zur Vorlage an den Großen Senat bedarf es trotz der anderslautenden Rechtsansicht des 14. Senats des BSG nicht (dazu unter ee.).

19

aa. Der Wortlaut von § 41 Abs 2 SGB X ermöglicht es, eine Handlung nach § 41 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB X, also auch die erforderliche Anhörung eines Beteiligten(§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X), bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachzuholen. Die letzte Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist üblicherweise das Berufungsverfahren beim LSG, im Fall einer Sprungrevision ausnahmsweise das Klageverfahren beim SG. Sie endet regelmäßig mit dem die Instanz abschließenden Urteil des Berufungsgerichts. Indes steht jede gerichtliche Entscheidung, wenn und soweit ein Rechtsmittel gegeben ist, unter der Bedingung einer Bestätigung durch die höhere Instanz. Wird die gerichtliche Entscheidung von der höheren Instanz aufgehoben, so steht fest, dass die frühere Instanz rechtlich gesehen von Anfang an noch nicht abgeschlossen war. Eine Aufhebung des instanzbeendenden Berufungsurteils und eine Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) eröffnet daher die Berufungsinstanz nicht ganz neu, sondern ordnet die Fortsetzung des Verfahrens vor dem Berufungsgericht an (vgl schon RG Beschluss vom 27.9.1938 - VII B 10/38 - RGZ 158, 195, 196; BGH NJW 1967, 203; auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 170 SGG RdNr 9). Das frühere Verfahren vor dem Berufungsgericht bildet mit dem neuen Verfahren eine Einheit. Soweit das LSG keine Verfahrensfehler begangen hat, bleibt der bisherige Prozessstoff angefallen. In diesem verfahrensrechtlichen Kontext lässt sich dem Wortlaut von § 41 Abs 2 SGB X nichts dafür entnehmen, die Heilung eines Anhörungsmangels in der wiedereröffneten, dh fortgesetzten letzten Tatsacheninstanz auszuschließen.

20

bb. Systematische Erwägungen stehen einer Nachholung der Anhörung noch in der wiedereröffneten letzten Tatsacheninstanz nicht entgegen. Insbesondere ergeben sich aus § 114 Abs 2 S 2 SGG keine Hinderungsgründe. § 114 Abs 2 S 2 SGG ermöglicht es dem Gericht, auf Antrag die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern auszusetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist(vgl BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 37/00 R - SozR 3-2600 § 243 Nr 9 S 37 f; zuletzt BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - SozR 4-1500 § 114 Nr 2, vorgesehen für BSGE). § 114 Abs 2 S 2 SGG schließt eine Aussetzung in einem an das Berufungsgericht zurückverwiesenen Verfahren nicht aus. Die Norm ist weder nach ihrem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck auf das erstmals eröffnete Klage- oder Berufungsverfahren beschränkt; lediglich im Revisionsverfahren ist sie unanwendbar (vgl BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-1300 § 41 Nr 9). Zudem setzt die Heilung eines Anhörungsmangels im Tatgerichtsverfahren keine Aussetzung des Verfahrens voraus, sondern kann - im Rahmen eines "mehr oder minder förmlichen Verwaltungsverfahrens" (vgl BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R RdNr 15) - während des laufenden gerichtlichen Verfahrens erfolgen. Nichts anderes ergibt sich aus der Aufhebung der Parallelvorschrift des § 94 S 2 VwGO(durch Gesetz vom 20.12.2001, BGBl I 3987) zum 1.1.2002, denn der gleichlautende § 114 Abs 2 S 2 SGG ist weiterhin in Kraft geblieben. Nicht zuletzt ist in der Rechtsprechung des BSG aber auch anerkannt, dass eine Zurückverweisung auch der Aussetzung zum Zwecke der Nachholung von Verfahrens- und Prozesshandlungen dienen kann, wie der Durchführung eines fehlenden Vorverfahrens (BSG Beschluss vom 1.7.2014 - B 1 KR 99/13 B mwN).

21

cc. Der Sinn und Zweck der Regelung, wie er sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, spricht ebenfalls für die vom Senat befürwortete wortlautgetreue Auslegung des Begriffs der "letzten Tatsacheninstanz" in § 41 Abs 2 SGB X.

22

§ 41 SGB X ist Ausdruck der dienenden Funktion des Verfahrensrechts und der Verfahrenseffizienz. Die Vorschrift dient der Verwaltungsökonomie und der Rechtssicherheit. Deshalb eröffnet sie die Möglichkeit, bestimmte Form- und Verfahrensfehler nachträglich mit heilender Wirkung zu bereinigen und öffnet so den Weg für eine materielle Überprüfung des Verwaltungsakts im Klageverfahren. Die Norm befreit die Behörde zu Lasten des von dem - formell - rechtswidrigen Verwaltungsakt Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflicht, wegen ihr unterlaufender Verfahrensfehler ein neues fehlerfreies Verwaltungsverfahren durchzuführen und einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.1994 - GS 1/91 - SozR 3-1300 § 41 Nr 7 S 12; von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 41 RdNr 2). Wie die Gesetzesgeschichte zeigt, hat sich der Gesetzgeber bei der Lösung des Zielkonflikts zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag in den §§ 41, 42 SGB X dafür entschieden, die Anhörung nicht als absolutes Verfahrensrecht auszugestalten, sondern als relatives Versäumnis, das noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt und geheilt werden kann(vgl zur entsprechenden Regelung für das Verwaltungsverfahrensrecht Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 28 RdNr 66; Bonk, NVwZ 1997, 320, 324; Sodan, DVBl 1999, 729, 736 f). Die Möglichkeit, bestimmte Verfahrensfehler - zB eine fehlende Anhörung - durch Nachholung zu heilen, war bis 31.12.2000 auf die Dauer des Verwaltungsverfahrens, also bis zum Ende des Widerspruchsverfahrens mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheides, begrenzt. Das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) hat mit Wirkung ab 1.1.2001 die zeitliche Grenze für die Nachholung von Verfahrenshandlungen auf den Zeitraum bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hinausgeschoben. Eine Einschränkung auf den erstmaligen Abschluss der letzten Tatsacheninstanz erfolgte hingegen nicht.

23

Aus dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, die Regelung in § 41 Abs 2 SGB X der in § 45 Abs 2 VwVfG enthaltenen Regelung anzupassen(BR-Drucks 531/00 S 147; BT-Drucks 14/4375 S 58), kann eine maßgebliche Anlehnung an das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht und die dort verfolgten Regelungsabsichten gefolgert werden. Dieser Anpassungsprozess spricht maßgeblich für eine Nachholungsmöglichkeit im wiedereröffneten Berufungsverfahren. Im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht war die Heilung von Verfahrensfehlern wie die der unterlassenen Anhörung eines Beteiligten nach der Erstfassung des § 45 VwVfG zunächst ebenfalls auf den vorprozessualen Bereich beschränkt(vgl § 45 Abs 2 VwVfG idF vom 25.5.1976, BGBl I 1253). Das Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vom 12.9.1996 (GenBeschlG, BGBl I 1354) hat § 45 Abs 2 VwVfG mit Wirkung vom 19.9.1996 dann dahingehend geändert, dass ua die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden konnte (Art 1 Nr 3 GenBeschlG). Dieses Ergebnis wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfRÄndG) vom 21.8.2002 (BGBl I 3322) mit Wirkung vom 1.2.2003 korrigiert (Art 1 Nr 15 3. VwVfRÄndG). Wie § 41 Abs 2 SGB X eröffnet die Vorschrift die Nachholungsmöglichkeit nunmehr (nur noch) bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dies sollte systemkonform die zu weit geratene Fassung des § 45 Abs 2 VwVfG beschränken, die bis dahin entgegen § 137 Abs 2 VwGO die Berücksichtigung nachgeholter Verfahrenshandlungen - und damit tatsächlicher Entwicklungen - noch im Revisionsverfahren ermöglichte(s BR-Drucks 343/02 S 77, BT-Drucks 14/9000 S 34). Im Blick hatte der Gesetzgeber dabei insbesondere zeitintensive Zweitverfahren, die entstünden, wenn ein Verwaltungsakt lediglich wegen Verfahrens- oder Formfehlern aufgehoben werden und das Verfahren erneut beginnen müsste, obwohl in der Sache keine andere Entscheidung ergehen könnte (s BT-Plenarprot 13/116 S 10347 ; vgl auch Bonk, NVwZ 1997, 320, 324; Sodan, DVBl 1999, 729, 734). Den berechtigten Belangen des Klägers sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass das Gericht die erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgte Heilung bei der Kostenentscheidung berücksichtigt. Über die Kostenentscheidung sei nach wie vor der Druck auf die Behörden, verfahrensfehlerfrei zu arbeiten, gegeben (vgl BT-Drucks 13/5085 S 5). Wegen dieser Entstehungsgeschichte versteht die verwaltungsrechtliche Literatur § 45 Abs 2 VwVfG in seiner aktuellen Fassung überwiegend dahingehend, eine Nachholung der Anhörung sei (nur) im Revisionsverfahren ausgeschlossen(vgl Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 45 RdNr 108; Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl 2014, § 45 RdNr 62; Ramsauer in Ramsauer/Wysk, VwVfG, 17. Aufl 2016, § 45 RdNr 37). Für die maßgeblich an § 45 Abs 2 VwVfG angelehnte Vorschrift des § 41 Abs 2 SGB X kann nichts anderes gelten(vgl Mutschler in Kasseler Kommentar, § 24 SGB X RdNr 36; Franz in Schlegel-Voelzke, juris-PK, § 24 SGB X RdNr 67).

24

dd. § 41 Abs 2 SGB X in der vom Senat für richtig gehaltenen, eng am Wortlaut orientierten Begriffsauslegung entspricht Verfassungsrecht. Insbesondere widerspricht die aufgezeigte Heilungsmöglichkeit nicht den Anforderungen des Art 20 Abs 3 GG. Der Verpflichtung der Behörde zur Anhörung des Betroffenen (§ 24 Abs 1 SGB X) steht das Recht des Betroffenen, vor Erlass eines Eingriffsverwaltungsaktes angehört zu werden, gegenüber. Es leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) und dem darin enthaltenen Gebot eines fairen Verfahrens sowie der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG) ab (vgl BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 18 mwN; vgl auch Franz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 24 SGB X RdNr 10). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einschränkung dieses Rechts durch die Heilungsmöglichkeit in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz hat der Senat nicht. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schließt auch das Gebot ein, für effektives Verwaltungshandeln zu sorgen. Die Regelung des § 41 Abs 2 SGB X hat Verwaltungseffizienz, insbesondere die Funktionsfähigkeit der Verwaltung (vgl BVerfG Beschluss vom 8.7.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82, 116) einerseits und Rechtsschutzauftrag andererseits als zwei widerstreitende (Verfassungs-) Prinzipien zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht (vgl Bonk, NVwZ 1997, 320, 322). Sie erweist sich auch bei ihrer Anwendung im wiedereröffneten Berufungsverfahren als verhältnismäßig. Eine unangemessene Privilegierung fehlerhaften Verwaltungshandelns liegt darin insbesondere deshalb nicht, weil die Behörde nach Beseitigung eines Verfahrensfehlers und der Erledigung des Rechtsstreits im Regelfall mit den Kosten des Klägers belastet wird (vgl BT-Drucks 14/4375 S 58). Die Kosten eines wiedereröffneten Berufungsverfahrens sind davon nicht ausgenommen. Demgemäß hat auch die Vorinstanz die bis dahin entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin der Beklagten auferlegt.

25

Letztlich reduziert sich damit die Anhörungspflicht nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Kern auf die Gewährleistung eines dem Anspruch auf rechtliches Gehör im Gerichtsverfahren vergleichbaren Rechts, über die beabsichtigte Entscheidung informiert zu werden, sich zu den entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen äußern zu können und mit diesem Vorbringen gehört zu werden. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führt aber nicht zur Unwirksamkeit der getroffenen Entscheidung, solange der Betroffene die Möglichkeit hat, sich das Gehör im Rechtsweg zu verschaffen (so BSG Urteil vom 5.2.2008 - B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1 RdNr 16). Das war bei der Klägerin in ihrem über drei Instanzen geführten Rechtsstreit ersichtlich der Fall.

26

ee. Der Senat ist nicht gehalten, wegen Nichtübereinstimmung mit der Rechtsauffassung eines anderen Senats anzufragen, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält (§ 41 Abs 3 SGG). Eine Divergenz im Sinne des §41 Abs 2 SGG, die dazu zwingen würde, liegt nicht vor. Denn die Vorschrift bezieht sich allein auf Abweichungen in den die jeweilige Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssätzen (vgl BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 6/13 R - SozR 4-7945 § 3 Nr 1 RdNr 22 mwN). Eine dem aufgezeigten Rechtsstandpunkt des erkennenden Senats zuwider laufende Aussage, dass die Heilung einer unterbliebenen Anhörung (§ 41 Abs 2 SGB X) im Geltungsbereich des 4. Euro-Einführungsgesetzes (aaO) nach einer auch auf andere Gründe gestützten Zurückverweisung im Rahmen der wiedereröffneten Tatsacheninstanz nicht mehr möglich ist, wird bisher - soweit ersichtlich - von keinem anderen Senat des BSG in tragendem Zusammenhang vertreten.

27

Der 4. Senat hat seine ursprünglich anderweitige Auffassung (BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-8850 § 5 Nr 5; BSG Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 22 Juris RdNr 49 f) nicht weiterverfolgt, sondern im Revisionsverfahren eine Zurückverweisung auch zur Klärung der Frage für möglich gehalten, ob die im dortigen Verfahren "bisher nicht erfolgte Anhörung" im weiteren Berufungsverfahren wirksam durchgeführt werden könne (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - Juris RdNr 19; auch BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - Juris RdNr 27). Er hat die Heilung im wiedereröffneten Berufungsverfahren damit als möglich vorausgesetzt. Hiervon ist er später nicht abgerückt, sondern hat lediglich klargestellt, dass allein die noch mögliche Heilung eines Anhörungsfehlers das Berufungsgericht nicht zur Aussetzung verpflichtet (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - SozR 4-1500 § 114 Nr 2, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

28

Der 14. Senat vertritt in seinen Urteilen vom 7.7.2011 (= B 14 AS 144/10 R und B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2 RdNr 27 f)zwar die Auffassung, dass der Mangel einer unterbliebenen Anhörung nach einer Zurückverweisung in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz unter keinen Umständen mehr geheilt werden könne. Die zuerst genannte Entscheidung betraf indes mangels Zurückverweisungsgrundes eine Durchentscheidung wegen eines vom LSG verbindlich festgestellten Anhörungsmangels. Die zweite Entscheidung war eine Zurückverweisungsentscheidung, in der der 14. Senat seine Rechtsposition zur Heilung eines Anhörungsmangels in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz ausschließlich im Rahmen rechtlich nicht verbindlicher Hinweise an das LSG zur weiteren Sachbehandlung (sog "Segelanweisungen"; vgl BSG Urteil vom 17.3.1970 - 9 RV 328/68 - BSGE 31, 74 = SozR Nr 13 zu § 170 SGG)dargelegt hatte. Insoweit stand aber noch gar nicht fest, ob es auf die zu prüfenden Umstände überhaupt ankommen würde. In solchen Fällen zählen die entsprechenden Rechtsausführungen nicht zu den tragenden Gründen und sind kein unabdingbares Glied in der Gedankenkette der Entscheidung. Denn diese besteht in der Zurückverweisung der Sache an das LSG, weil das Tatsachengericht weitere Feststellungen zu treffen hat (vgl BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R - BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9 RdNr 36; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2 RdNr 18). Eine darüber hinausgehende mögliche Bindungswirkung (vgl BSG Großer Senat Beschluss vom 19.2.1992 - GS 1/89 - BSGE 70, 133 = SozR 3-1300 § 24 Nr 6)ist insoweit erkennbar ohne praktische Relevanz geblieben, unbeschadet des Umstands, dass es hierfür angesichts der Entscheidungen des 4. Senats vom 16.12.2008 und 21.6.2011 (aaO) ohnehin einer näheren Präzisierung bedurft hätte.

29

b. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 ist auch materiell rechtmäßig.

30

aa. Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Rentenbescheides vom 23.6.2000 ist § 45 Abs 1 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.

31

Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 über die Bewilligung der vorzeitigen Altersrente an die Klägerin sei rechtswidrig. Diese Beurteilung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die ihr ab 1.7.2000 zuerkannte vorzeitige Rente aus der Alterssicherung der Landwirte (AdL). Sie erfüllte bei Erlass des Rentenbescheides vom 23.6.2000 die Anspruchsvoraussetzungen des § 12 Abs 1 ALG iVm § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 ALG nicht, weil sie - wie der Senat bereits in seiner vorangehenden Revisionsentscheidung(BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1) ausgeführt hat - ihr Unternehmen der Landwirtschaft zu diesem Zeitpunkt nicht abgegeben hatte. Die zugrunde liegende, mit dem Bezug einer vorzeitigen Altersrente durch die Klägerin notwendig verknüpfte Pflicht zur Hofabgabe begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere verstößt sie weiterhin nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der erkennende Senat ist - ebenso wie das LSG (§ 170 Abs 5 SGG) - insoweit an sein Urteil vom 20.12.2012 gebunden (vgl zur Selbstbindung BSG Urteil vom 26.4.2007 - B 4 R 89/06 R - SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 42 f). Er hält hieran auch in der Sache fest (vgl zuletzt BSG Beschluss vom 7.9.2016 - B 10 LW 1/16 B - mwN). Eine Aussetzung bis zu einer Entscheidung der unter 1 BvR 97/14 und 1 BvR 2392/14 beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden zur Verfassungsmäßigkeit der Hofabgabeklausel ist nicht zuletzt mit Blick auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht angezeigt (vgl zur Aussetzung BSG Beschluss vom 1.4.1992 - 7 RAr 16/91 - SozR 3-1500 § 114 Nr 3 RdNr 8 f).

32

bb. Wie das LSG weiter zutreffend angenommen hat, stehen die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X der vollständigen Rücknahme des Rentenbescheides vom 23.6.2000 mit Wirkung für die Vergangenheit nicht entgegen.

33

Nach § 45 Abs 2 S 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs 2 S 2 SGB X ist das Vertrauen (des Begünstigten) in der Regel schutzwürdig, wenn er erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs 2 S 3 SGB X auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs 2 S 3 Nr 3 2. Halbs SGB X), dh wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es müssen einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden (vgl BSG Urteil vom 11.6.1987 - 7 RAr 105/85 - BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 71 Nr 2 mwN). Hierbei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen (stRspr, vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1997 - 11 RAr 89/96 - AuB 1997, 282 mwN).

34

Auf der Grundlage seiner für den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) ist das LSG fehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 beruhe auf Angaben, die die Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Zur Begründung hat sich das LSG maßgeblich auf die Umstände gestützt, die der Unterschrift der Klägerin auf dem Rentenantragsformular und auf ihrer Erklärung vom 16.6.2000 zugrunde liegen. Nach seinen Feststellungen hat der Klägerin der Antrag ihres Ehemanns, dem sie sich später angeschlossen hat, zu Hause mehrere Tage zur Durchsicht und Prüfung vorgelegen. Wie sie zudem selber angegeben hat, hat sich die Klägerin von der Beklagten bei der Rentenantragstellung beraten lassen und bei der Rentenantragstellung eigene Überlegungen angestellt. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Erklärung vom 16.6.2000 von ihr unterzeichnete Angaben zu den zurückbehaltenen Unternehmensteilen gemacht und die Wahrheit ihrer Angaben versichert, allerdings ohne dabei die anspruchsschädlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen in Niederbayern zu erwähnen. Infolgedessen kann sich die Klägerin - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht darauf berufen, auf den Bestand des Bescheides vom 23.6.2000 vertraut zu haben. Durchgreifende Revisionsangriffe gegen diese tatsächlichen Feststellungen und ihre stimmige Würdigung durch das LSG hat die Klägerin nicht geführt.

35

cc. Wie das LSG darüber hinaus zutreffend angenommen hat, hat die Beklagte bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 12.9.2007 die Fristen des § 45 Abs 3 und 4 SGB X eingehalten(vgl in dieser Sache bereits BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1).

36

dd. Die im wiedereröffneten Berufungsverfahren vervollständigten Tatsachenfeststellungen des LSG tragen nunmehr auch seinen Schluss, die Beklagte habe das ihr nach § 45 Abs 1 SGB X ("darf") eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das LSG hat die von den Beteiligten geschilderten Umstände der Rentenantragstellung überprüft und ist zu dem revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, die Beklagte sei sich jedenfalls nach dem Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 ihres Ermessensspielraums erkennbar bewusst und habe bei der Ausübung ihres Ermessens auch geprüft, ob die Rückforderung der Rentenleistung unter dem Gesichtspunkt der besonderen Härte ausgeschlossen war. Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft auf Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes und dem Interesse der Klägerin am Fortbestehen des Rentenbescheides hat die Beklagte ausgeführt, sie verkenne nicht die finanzielle Belastung der Klägerin durch die Rückforderung, was es aber nicht rechtfertige, von einer Rücknahme des Bewilligungsbescheides abzusehen. Diese Begründung ist ausreichend (vgl BSG Urteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 28/02 R - SozR 4-1300 § 24 Nr 1 RdNr 24 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 21.3.1990 - 7 RAr 112/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr 2). Es steht der Behörde in den Grenzen ihres Ermessens frei, auf welche Umstände sie abstellen will; diese Grenzen hat die Beklagte nicht überschritten. Wie das LSG ferner zutreffend festgestellt hat, hat die Klägerin im nachgeholten Anhörungsverfahren keine Einwendungen erhoben, die die Ermessensausübung der Beklagten berühren würden, ohne bereits im Widerspruchsbescheid berücksichtigt worden zu sein. Die Erwägung des Senats, auch die Gegebenheiten der Rentenantragstellung könnten im Rahmen der Ermessensentscheidung abzuwägen sein (vgl BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1), hat das LSG nunmehr tatrichterlich überprüft und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung verworfen.

37

ee. Nicht zu beanstanden ist schließlich die mit der Entscheidung über die Rücknahme verbundene - ihr rechtlich nachgeordnete -Erstattungsentscheidung der Beklagten nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Ist - wie hier - die Rücknahmeentscheidung sachlich richtig, beschränkt sich die Prüfung der Entscheidung über die Erstattung nur noch darauf, ob dem Erstattungsverlangen selbst Einwendungen entgegengesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 13 R 77/09 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 18 RdNr 61 f mwN). Dafür ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

38

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Heilung der in § 41 Abs 1 SGB X genannten formellen Mängel durch Nachholung(§ 41 Abs 2 SGB X) führt in aller Regel nach dem Rechtsgedanken des § 63 Abs 1 S 2 SGB X zu einer Kostentragung der Behörde(vgl Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2013, § 193 RdNr 4). Dies kann jedoch nur insoweit gelten als die Klage wegen der zunächst nicht ordnungsgemäßen Anhörung Aussicht auf Erfolg hatte. Dagegen wäre es unbillig, der Beklagten darüber hinaus die Kosten des zweiten Revisionsverfahrens aufzubürden, welches die Klägerin - nach erfolgter Heilung des Anhörungsmangels - auf eigenes Risiko angestrengt hat und damit unterlegen ist.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2016 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. August 2015 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 4/5 und die Klägerin zu 1/5, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2632,73 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) wegen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ihrem ehrenamtlichen Kreishandwerksmeister.

2

Die Klägerin ist die Kreishandwerkerschaft N., eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder die Handwerksinnungen des südlichen Teils des Landkreises N. sind. Sie hat insbesondere die Aufgabe, die Gesamtinteressen des selbstständigen Handwerks und des handwerksähnlichen Gewerbes sowie die gemeinsamen Interessen der Handwerksinnungen ihres Bezirks wahrzunehmen und diese bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Ihre Geschäfte führt ein von der Mitgliederversammlung gewählter Vorstand. Der Vorstand besteht aus dem Kreishandwerksmeister, dessen Stellvertreter und drei weiteren Mitgliedern. Die Aufgaben des Kreishandwerksmeisters (etwa Einladung zu den Sitzungen des Vorstands und zur Mitgliederversammlung) ergeben sich ua aus der Satzung der Kreishandwerkerschaft. Die Klägerin unterhält eine Geschäftsstelle und beschäftigt dort ua einen hauptamtlichen Geschäftsführer, dem die Aufgaben des laufenden Geschäfts übertragen sind. Der Beigeladene zu 1. war als selbstständiger Handwerker tätig und wurde von der Kreishandwerkerschaft zum ehrenamtlichen Kreishandwerksmeister gewählt. Er übte dieses Amt vom 1.1.2006 bis 30.9.2010 aus und erhielt dafür in den Jahren 2006 und 2007 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 6420 Euro jährlich und in den Jahren 2008 und 2009 von 6600 Euro jährlich.

3

Nach einer Betriebsprüfung forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund für die Zeit vom 1.1.2006 bis 31.12.2009 von der Klägerin ua pauschale Rentenversicherungsbeiträge wegen geringfügiger Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. in Höhe von insgesamt 2632,73 Euro nach. Der Beigeladene zu 1. sei als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister geringfügig beschäftigt gewesen, weil er für die Klägerin nicht nur repräsentative, sondern auch Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen gehabt habe und insoweit weisungsgebunden gewesen sei (Bescheid vom 7.7.2011). Die Klägerin beantragte im September 2011 die Rücknahme des inzwischen bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 7.7.2011, soweit er den Beigeladenen zu 1. betrifft; dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 17.11.2011, Widerspruchsbescheid vom 31.1.2012). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister stelle sich als abhängige Beschäftigung dar und sei als geringfügige Beschäftigung beitragspflichtig in der GRV gewesen.

4

Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 7.7.2011 insoweit zurückzunehmen, als damit das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. festgestellt und deshalb Beiträge zur Sozialversicherung erhoben worden sind. Zudem hat es antragsgemäß festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit als Kreishandwerksmeister für die Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 30.9.2010 nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag (Urteil vom 11.8.2015). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.2.2016): Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister sei als geringfügige Beschäftigung beitragspflichtig in der GRV gewesen. Obwohl ihm eine Reihe von Aufgaben oblegen habe, die der Repräsentation zuzurechnen seien, seien ihm darüber hinaus trotz der auf den Geschäftsführer übergegangenen und von diesem zu erledigenden Aufgaben Verwaltungsaufgaben verblieben und von ihm auch tatsächlich wahrgenommen worden, die zur Beurteilung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis führten. Diese Verwaltungsaufgaben in Form von Mitwirkungs-, Vertretungs- und Überwachungsfunktionen ergäben sich aus der Satzung der Klägerin und seien nicht vollkommen untergeordnet; sie seien vielmehr prägend für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. gewesen. Der Beigeladene zu 1. habe an der Spitze einer Hierarchie innerhalb der Klägerin gestanden, über die wiederum die Handwerkskammer Aufsicht ausgeübt habe. Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. sei wegen Geringfügigkeit iS von § 8 Abs 1 SGB IV versicherungsfrei, nicht jedoch beitragsfrei gewesen. Da der Beigeladene zu 1. privat krankenversichert gewesen sei, bestehe nur eine Beitragspflicht zur GRV.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 7 Abs 1 und 15 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe eine unzutreffende Gesamtwürdigung der Aufgaben des Beigeladenen zu 1. vorgenommen, denn bei der Tätigkeit des Kreishandwerksmeisters stünde die Wahrnehmung protokollarischer und organschaftlicher Repräsentationsaufgaben sowie die weisungsfreie Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im Vordergrund. Die laufenden Geschäfte der Verwaltung habe der zur Vertretung berechtigte Geschäftsführer wahrgenommen. Zudem handele es sich nicht um eine allgemein zugängliche Verwaltungstätigkeit. Der Beigeladene zu 1. habe kein Arbeitsentgelt erzielt, denn steuerrechtlich sei die Aufwandsentschädigung als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit angesehen worden. Auch unter Berücksichtigung allgemeiner Kriterien sei festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen sei und keine Weisungen erhalten habe. Er sei weiterhin als selbstständiger Handwerksmeister tätig gewesen; dies erfordere auch das Ehrenamt.

6

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.7.2017 die Feststellungsklage zurückgenommen und zuletzt nur noch beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2016
aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Schleswig vom 11. August 2015 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

9

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und keine Stellungnahmen abgegeben.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist, soweit der Rechtsstreit nicht durch Zurücknahme der Feststellungsklage seitens der Klägerin erledigt worden ist, begründet.

11

1. Das LSG hat zu Unrecht die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage abgewiesen und das Urteil des SG insoweit aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2012 ist rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, ihren Bescheid vom 7.7.2011 nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X zurückzunehmen, soweit in diesem die Entrichtung von Beiträgen zur GRV für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als Kreishandwerksmeister der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2009 gefordert wird.

12

Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 S 1 SGB X liegen vor. Der Bescheid der Beklagten vom 7.7.2011 ist rechtswidrig und die Beklagte erhebt zu Unrecht aufgrund dieses Bescheides Beiträge. Im Rahmen der Betriebsprüfung war der beklagte Rentenversicherungsträger gemäß § 28p Abs 1 S 5 SGB IV zwar befugt, über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin zu entscheiden. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Kreishandwerksmeister der klagenden Kreishandwerkerschaft begründete jedoch keine Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur GRV. Der beigeladende Kreishandwerksmeister war im streitigen Zeitraum nicht - auch nicht geringfügig - beschäftigt.

13

Gemäß § 172 Abs 3 S 1 SGB VI trugen im streitigen Zeitraum Arbeitgeber für Beschäftigte nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach § 5 Abs 4 SGB VI versicherungsfrei sind, einen Beitragsanteil in Höhe von 12 vom Hundert(Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004, BGBl I 1791) bzw 15 vom Hundert (Fassung des HBeglG 2006 vom 29.6.2006, BGBl I 1402 und des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007, BGBl I 554) des Arbeitsentgelts, das bei Versicherungspflicht der Beschäftigten beitragspflichtig gewesen wäre. Eine geringfügige Beschäftigung lag nach § 8 Abs 1 SGB IV in seiner hier noch gültigen alten Fassung(= Neufassung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 23.1.2006, BGBl I 86, Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008, BGBl I 2933 und Neufassung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 12.11.2009, BGBl I 3710) vor, wenn

1.    

das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht überstieg,

2.    

die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegte oder im Voraus vertraglich begrenzt war, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wurde und ihr Entgelt 400 Euro im Monat überstieg.

14

Das LSG ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beigeladene zu 1. eine geringfügig entlohnte Beschäftigung iS des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV ausgeübt hat. Es bestand weder ein Beschäftigungsverhältnis (dazu 2.) noch erhielt der Beigeladene zu 1. Arbeitsentgelt (dazu 3.).

15

2. Der beigeladene Kreishandwerksmeister war in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht abhängig beschäftigt.

16

a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Gemäß § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

17

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN). Diese von der Rechtsprechung formulierten Kriterien orientieren sich am Typus des Arbeitnehmers, der in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als normativer Regelfall abhängiger Beschäftigung genannt wird. Kennzeichnend für die persönliche Abhängigkeit Beschäftigter ist ebenfalls, dass Beschäftigte ihre Arbeitsleistung auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages oder Rechtsverhältnisses (insbesondere eines Arbeitsverhältnisses) erbringen, um als Gegenleistung dafür eine Entlohnung zu erhalten, sodass die Arbeitsleistung bei objektiver Betrachtung zu Erwerbszwecken erbracht wird (zur Rechtsfigur des Typus vgl BVerfG Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

18

b) Hieran fehlt es vorliegend. Weder unterlag der Beigeladene zu 1. Weisungen bezüglich Art, Zeit oder Ort seiner Tätigkeit noch war er einem Arbeitnehmer vergleichbar in die Arbeitsorganisation der Kreishandwerkerschaft eingebunden (aa); daran ändert es auch nichts, dass sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht auf reine Repräsentationsaufgaben beschränkte (bb). Ebenso wenig erbrachte er sein ehrenamtliches Engagement um einer finanziellen Gegenleistung willen (cc). Vielmehr zeichnete sich die Tätigkeit dadurch aus, dass sie - wie dies bei ehrenamtlichem Engagement typisch ist - nicht zu Erwerbszwecken oder auch nur in der Erwartung einer finanziellen Gegenleistung ausgeübt wurde.

19

aa) Der Beigeladene zu 1. unterlag in seinem Aufgabenbereich keinen Weisungen der Kreishandwerkerschaft oder deren Organen, wie sie in § 7 Abs 1 S 1 SGB IV als Anhaltspunkte abhängiger Beschäftigung genannt sind. Insbesondere führte die Erfüllung der ihn im Rahmen von § 87 Abs 1 Handwerksordnung (HwO) treffenden organschaftlichen Aufgaben nicht zu persönlicher Abhängigkeit, wie sie § 7 Abs 1 SGB IV umschreibt. Die Kreishandwerkerschaft hat danach aufgrund Bundesrechts die Aufgabe,

-       

die Gesamtinteressen des selbstständigen Handwerks und des handwerksähnlichen Gewerbes

-       

sowie die gemeinsamen Interessen der Handwerksinnungen ihres Bezirks wahrzunehmen,

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die Handwerksinnungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen,

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Einrichtungen zur Förderung und Vertretung der gewerblichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Mitglieder der Handwerksinnungen zu schaffen oder zu unterstützen,

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die Behörden bei den das selbstständige Handwerk und das handwerksähnliche Gewerbe ihres Bezirks berührenden Maßnahmen zu unterstützen und ihnen Anregungen, Auskünfte und Gutachten zu erteilen,

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die Geschäfte der Handwerksinnungen auf deren Ansuchen zu führen,

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die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen; die Handwerkskammer hat sich an den hierdurch entstehenden Kosten angemessen zu beteiligen.

20

Der Kreishandwerksmeister ist der Vorsitzende des Vorstands der Kreishandwerkerschaft. Der Vorstand führt die Geschäfte der Kreishandwerkerschaft, soweit sie nicht der Mitgliederversammlung obliegen oder dem Geschäftsführer übertragen sind. Die Klägerin unterhält eine Geschäftsstelle und beschäftigt dort ua einen hauptamtlichen Geschäftsführer, dem die Aufgaben des laufenden Geschäfts übertragen sind. Der Kreishandwerksmeister vertritt gemeinsam mit dem Geschäftsführer die Kreishandwerkerschaft in allen öffentlich- und zivilrechtlichen Angelegenheiten, sofern nicht Angelegenheiten der laufenden Geschäfte betroffen sind.

21

Vorrangige Aufgabe des beigeladenen Kreishandwerksmeisters war die Umsetzung der genannten Aufgaben der Klägerin als Kreishandwerkerschaft bei Führung der Geschäfte durch den Vorstand. Er übte dabei als Vorsitzender des Vorstands Repräsentationsaufgaben und organschaftliche Verwaltungsaufgaben aus. Die Verwaltungsaufgaben waren aufgrund normativer Vorgaben der HwO und der Satzung festgelegt, der Beigeladene zu 1. musste die ihm durch diese Regelungen zugewiesenen Aufgaben erfüllen, jedoch wurden dem Beigeladenen zu 1. darüber hinaus keine Weisungen zur Ausübung seiner Aufgaben erteilt: es gab keine Zeiterfassung, keine vorgeschriebenen Anwesenheitszeiten, zumal der Beigeladene zu 1. über kein Büro in der Geschäftsstelle verfügte. Auch über die Art der Ausführung der Tätigkeit erhielt der Beigeladene zu 1. von Dritten keine Weisungen.

22

Aus der Tatsache, dass er im Vorstand, einem Kollegialgremium, überstimmt werden konnte, ergibt sich rechtlich nichts für die Frage einer Weisungsgebundenheit iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Der Beigeladene zu 1. führte nämlich die Beschlüsse des Vorstands, soweit es die laufenden Geschäfte betrifft, nicht selbst aus, sondern der Geschäftsführer (s auch BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 33/76 - BSGE 47, 201 = SozR 2200 § 165 Nr 32, SozR 1500 § 96 Nr 14 - Verbandsvorsteher eines Wasser- und Bodenverbandes, dem alle den Verband betreffenden Geschäfte oblagen und der als "Verwaltungsorgan" tätig war).

23

Aber auch soweit die laufenden Geschäfte nicht betroffen sind, ergaben sich aus der Satzung und aus der HwO keine Aufgaben, die der Beigeladene zu 1. hätte ausführen müssen, deren Ausgestaltung sich wegen eines möglichen Vorstandsbeschlusses als weisungsgebunden darstellen würden. Gleiches gilt hinsichtlich der Beschlüsse der Mitgliederversammlung, die den Vorstand ggf binden. Solche Beschlüsse geben die Ausrichtung der Aktivitäten der Klägerin vor, es handelt sich aber nicht um eine Weisung iS des § 7 Abs 1 SGB IV. Ebenso übte die Handwerkskammer keine Fachaufsicht aus, die zu einer Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1. führen würde (s auch BVerwG Urteil vom 25.4.1972 - I C 3.70 - Juris). Der Vorstand ist zudem nach seiner Wahl nicht ohne Weiteres in einer Weise abberufbar, wie Arbeitnehmer regelmäßig kündbar sind. Der Widerruf der Bestellung des Vorstands oder einzelner seiner Mitglieder ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Die Satzung benennt als Beispiele für einen wichtigen Grund eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit. Letztlich führen auch die normativen Vorgaben durch die HwO und die Satzung an sich nicht zu einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit, denn in jedweder Tätigkeit sind solche rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Vielmehr ergibt sich hieraus, dass das Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum des Beigeladenen zu 1. vollständig seiner organschaftlichen Stellung als Vorsitzender des Vorstandes der Kreishandwerkerschaft entsprach.

24

bb) Dass das Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum des Ehrenamts nach der Satzung nicht nur Repräsentationsaufgaben umfasst, sondern zugleich auch Verwaltungsaufgaben, führt nicht zur Annahme abhängiger Beschäftigung.

25

Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass weder das Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches noch dessen Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall die Annahme eines versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses per se ausschließen (vgl BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 6 mwN). Er hat dabei zwischen Repräsentationstätigkeiten bzw Tätigkeiten aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung und allgemein zugänglicher (Verwaltungs-)Tätigkeit differenziert. Er hat damit die Besonderheiten ehrenamtlichen Engagements anerkannt und die mit einem Ehrenamt verbundenen Repräsentationsaufgaben als weisungsfreie, dem Grunde nach nicht versicherungspflichtige Tätigkeiten qualifiziert (BSG Urteil vom 27.3.1980 - 12 RK 56/78 - SozR 2200 § 165 Nr 44). Der Senat hat - trotz dieses Befundes - in einer Gesamtwürdigung jedoch insgesamt abhängige Beschäftigung dann angenommen, wenn ein ehrenamtlich Tätiger zugleich allgemein zugängliche Verwaltungsaufgaben übernommen und zudem für die Ausübung dieser Tätigkeiten eine Aufwandsentschädigung erhalten hat, die über den tatsächlichen Aufwänden lag (vgl BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 6 mwN). Weiter hat er ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in Fällen angenommen, in denen die Betätigung nicht allein aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung und wegen dieser Verpflichtung ohne Erwerbszweck für einen Verein ausgeübt wurde (BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16,98 = SozR Nr 5 zu § 160 RVO; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 mit Verweis auf die Rechtsprechung zur Beschäftigung gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII: BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27; s auch BSG Urteil vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - Juris).

26

Der Senat entwickelt diese Grundsätze seiner Rechtsprechung zur ehrenamtlichen Betätigung fort. Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und auch nicht für jedermann frei zugänglich sind, führen regelmäßig nicht zu der in § 7 Abs 1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit(dazu cc). Zudem ist ehrenamtliche Tätigkeit nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit (dazu dd).

27

cc) Einladungen zur und die Leitung der Sitzungen des Vorstands und der Mitgliederversammlung sowie die Mitzeichnung von Niederschriften durch den Kreishandwerksmeister gehören ebenso zum Aufgaben- und Tätigkeitsspektrum des Beigeladenen zu 1. als Vorsitzendem des Vorstandes der Kreishandwerkerschaft wie die Erstellung des Haushaltsplanes seitens des Vorstandes für das jeweils folgende Rechnungsjahr und einer Jahresrechnung für das abgelaufene Rechnungsjahr. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Verwaltungsaufgaben allesamt in der Funktion des ehrenamtlichen Kreishandwerksmeisters gründen und der Umsetzung seiner Aufgabe dienen. Sie sind nicht allgemein zugänglich, denn sie können nur vom gewählten Vorstand bzw Vorstandsvorsitzenden verrichtet werden. Zum Kreishandwerksmeister kann grundsätzlich nur einer der Vertreter der Mitgliedsinnungen, welche die Mitgliederversammlung bilden, gewählt werden, der zudem die Befugnis zum Ausbilden von handwerklichen Lehrlingen besitzt (§§ 88, 89 Abs 1 Nr 3 und 5, § 61 Abs 1 S 3, § 66 Abs 1 S 1 HwO iVm §§ 7, 11 Abs 1 und § 18 Abs 1 der Satzung der Klägerin).

28

Über das gesetzlich und satzungsrechtlich bestimmte Spektrum von Aufgaben hinaus hat der Beigeladene zu 1. keine überobligatorischen, sein Ehrenamt überschreitenden Aufgaben des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt. Etwas anderes würde gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass der Beigeladene zu 1. den Bereich des Ehrenamts verlassen und eine darüber hinausgehende Beschäftigung für die Klägerin ausgeübt hätte; dies wäre zB dann der Fall, wenn er die Aufgaben des Geschäftsführers mit übernommen hätte. Denn die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit schließt es nicht aus, dass bei einem die Grenzen der Organstellung überschreitenden, überobligatorischen Engagement zusätzlich und neben dem nicht zu abhängiger Beschäftigung und damit zur Versicherungspflicht führenden Ehrenamt ein Rechtsverhältnis vorliegt, das als abhängige Beschäftigung, idR als Arbeitsverhältnis oder Dienstvertrag, qualifiziert werden kann. Ein solches Beschäftigungsverhältnis entsteht dann zusätzlich zum Ehrenamt, steht neben diesem (s auch BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 3/08 R - Juris) und ändert nichts an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der ehrenamtlichen Betätigung als solcher sowie hierfür ggf gewährter Aufwandsentschädigung und Aufwendungsersatz. Nach den Feststellungen des LSG bestehen jedoch keine Anhaltspunkte für ein Tätigwerden des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin über das Ehrenamt hinaus.

29

dd) Ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch die Verfolgung ideeller Zwecke und Unentgeltlichkeit.

30

Ehrenamtliche Tätigkeit kommt im Bereich des Privatrechts aber auch im Bereich des öffentlichen Rechts vor. Sie knüpft teilweise an einen speziellen Status an, sodass sie von vornherein nur für bestimmte Personen in Betracht kommt. Die Ausübung von Aufgaben der Repräsentation im Rahmen ehrenamtlicher Betätigung ist möglich, jedoch nicht typischerweise kennzeichnend für eine ehrenamtliche Tätigkeit; viele ehrenamtliche Tätigkeiten beinhalten keinerlei Repräsentationsaufgaben. Trotzdem wird bei Ausübung einer solchen, nicht oder kaum mit Repräsentationsaufgaben verbundenen ehrenamtlichen Tätigkeit nicht in jedem Fall eine Beschäftigung ausgeübt, die bei wertender Betrachtung eine Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung, an welche die Sozialversicherungspflicht anknüpft, unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Sozialversicherung sinnvoll erscheinen lässt. Dies gilt auch dann, wenn sich der ehrenamtlich Tätige im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements bei seinem Einsatz, seiner "Arbeit" zB sachlichen oder fachlichen Weisungen Dritter fügt oder er sich in eine Organisation einordnet, weil in aller Regel nur auf diese Weise die Funktionsfähigkeit der Organisation gewährleistet ist.

31

Ehrenamtliche Tätigkeit erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit, nicht durch persönliche Abhängigkeit, wie sie für abhängige Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV typisch ist. Entgeltlichkeit ist zwar kein absolut zwingendes Kriterium abhängiger Beschäftigung, jedoch ist sie Typus bildend für die abhängige Beschäftigung, denn regelhaft liegt der Ausübung einer Beschäftigung ein Erwerbszweck zugrunde. Selbst in den Fällen, in denen es - wie zB bei Willensmängeln oder Verstoß gegen gesetzliche Verbote - an einem rechtswirksamen Arbeitsverhältnis fehlt und arbeitsrechtlich von einem fehlerhaften Arbeitsverhältnis und sozialversicherungsrechtlich von abhängiger Beschäftigung auszugehen ist (Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 25 RdNr 43 ff, Stand Einzelkommentierung Dezember 2014; Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 7 RdNr 49), wird idR eine Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährt (Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 7 RdNr 44 bis 46). Das Gesetz bezieht Beschäftigte im Sinne individueller Vorsorge einerseits und zum Schutz der Allgemeinheit vor mangelnder Eigenvorsoge des Einzelnen andererseits in die einzelnen Zweige der Sozialversicherung ein und ordnet dazu Versicherungs- und Beitragspflicht an (vgl BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 12 KR 21/98 R - BSGE 87, 53 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19; s auch BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 RE 17/14 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 22; Schlegel NZS 2000, 421, 427 f). Das Versicherungsverhältnis ist als Gegenleistungsverhältnis des Beschäftigten auf der einen Seite und der Solidargemeinschaft aller Versicherten eines Zweiges der Sozialversicherung auf der anderen Seite angelegt und erfordert, dass aus der Beschäftigung Erwerbseinkommen erzielt wird, aus dem sozial angemessene Beiträge zur Finanzierung des jeweiligen Systems geleistet werden können. Dass Versicherungsschutz auch Personengruppen in Tätigkeiten gewährt wird, die gemeinnütziger Ziele und nicht der Erzielung von Erwerbseinkommen wegen verrichtet werden, ist im System nicht angelegt und bedarf der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wie sie zB in § 2 Abs 1 Nr 9 und 10 SGB VII getroffen worden ist.

32

Dies lässt es zu, in Fällen, in denen eine Arbeitsleistung oder Tätigkeit nicht auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages, insbesondere eines Arbeitsvertrages, sondern auf sonstiger (Rechts-)Grundlage (zB familiäre Beistandspflichten, Vereinsmitgliedschaft) erbracht wird, dem Kriterium der fehlenden Entgeltlichkeit oder fehlenden Erwerbsabsicht erhebliches Gewicht beizumessen. Durch Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse ist zu prüfen, ob eine Arbeitnehmern im Wesentlichen vergleichbare Schutzbedürftigkeit vorliegt, die es zulässt, die betreffende Person noch dem Typus des abhängig Beschäftigten zuzurechnen. Der Senat knüpft insoweit an die von ihm zur familienhaften Mithilfe entwickelten Grundsätze an (vgl BSG Urteil vom 29.3.1962 - 3 RK 83/59 - BSGE 17, 1 = SozR Nr 3 zu § 1399 RVO; BSG Urteil vom 30.4.1968 - 3 RK 100/64 - SozR Nr 24 zu § 160 RVO)und entwickelt seine Rechtsprechung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung ehrenamtlicher Betätigung in diesem Sinne fort (zur Berücksichtigung der Höhe der Honoraransprüche bei der Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Entscheidung vgl auch die Entscheidung des Senats vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30).

33

Die Unentgeltlichkeit, die für diverse Ehrenämter auch von Gesetzes wegen angeordnet ist (s zB hier §§ 89 Abs 1 Nr 5, 66 Abs 4 HwO iVm § 18 Abs 4 der Satzung der Klägerin), ist Ausdruck dafür, dass bei der im Rahmen ideeller Zwecke "geleisteten Arbeit" keine maßgebliche Erwerbsabsicht im Vordergrund steht. Eine Gegenleistung für geleistete Arbeit wird nicht erbracht und regelmäßig auch nicht erwartet. Der Senat sieht sich insoweit in Einklang mit der Rechtsprechung des BAG. Dieses differenziert im Arbeitsrecht ebenfalls anhand einer Vergütungserwartung, wenn festzustellen ist, ob einer ehrenamtlichen Betätigung ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt. Mit einem Arbeitsverhältnis sei nämlich typischerweise die Vereinbarung oder jedenfalls die berechtigte Erwartung einer angemessenen Gegenleistung für die versprochenen Dienste verbunden. Ob eine berechtigte Vergütungserwartung besteht, richte sich nach der Art der Arbeit und nach den Umständen, unter denen sie geleistet werde (§ 612 Abs 1 BGB). Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft sei, spreche ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Denn typischerweise verfolge ein Arbeitnehmer das Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten. Dass neben diesem materiellen Interesse oftmals auch immaterielle Interessen eine Rolle spielen, schließe nicht aus, die Erwerbsabsicht als wesentliches Merkmal zur Abgrenzung von Tätigkeiten heranzuziehen, die vorwiegend auf ideellen Beweggründen beruhen (BAG Urteil vom 29.8.2012 - 10 AZR 499/11 - BAGE 143, 77).

34

Sofern finanzielle Zuwendungen erfolgen, schließen diese die Unentgeltlichkeit des ehrenamtlichen Engagements nicht prinzipiell aus. Sie sind unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdecken. Im Rahmen einer Aufwandsentschädigung kann auch ein pauschaler Ausgleich für die übernommene Verpflichtung gewährt werden (vgl Seewald, SGb 2006, 538). Finanzielle Zuwendungen können auch Ausfall für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall enthalten (vgl auch BFH Urteil vom 31.1.2017 - IX R 10/16 - BFHE 256, 250 - Zuwendungen für eine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter). Die Beurteilung der Erwerbsmäßigkeit erfolgt dabei nicht aus der subjektiven Sicht des Einzelnen; das ehrenamtliche Engagement ist objektiv abzugrenzen. Dazu ist zu klären, was vom ehrenamtlich Tätigen im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung - von Aufwandsentschädigung und Aufwendungsersatz abgesehen - ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann. Dabei sind - in Fällen wie dem vorliegenden - auch Körperschaften des öffentlichen Rechts hinsichtlich der Satzungsmacht Grenzen gesetzt. Die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht muss objektiv erkennbar vorliegen; die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen. Der vorliegende Fall bietet für eine solche Verschleierung jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

35

Der Beigeladene zu 1. übte die ehrenamtliche Tätigkeit neben seiner selbstständigen Tätigkeit als selbstständiger Handwerksmeister aus. Er tat dies unentgeltlich und ohne objektivierbare Erwerbsabsicht. Die Tätigkeit des Kreishandwerksmeisters knüpft daran an, dass der Amtsinhaber seine Tätigkeit als selbstständiger Handwerker nicht aufgibt, denn diese garantiert die erforderliche Praxisnähe zur Handwerkerschaft. Die Übernahme des Ehrenamts als Kreishandwerksmeister erfolgt somit nicht zu Erwerbszwecken, sondern zur Erfüllung einer gemeinnützigen Aufgabe. Da die Klägerin zudem eine Geschäftsstelle betreibt und einen hauptamtlichen Geschäftsführer beschäftigt, obliegen dem Kreishandwerksmeister auch keine Aufgaben, die bei objektiver Betrachtung nicht mehr vom Ehrenamt umfasst sind.

36

Auch die Höhe der gewährten Aufwandsentschädigung und des Aufwendungsersatzes - 6420 Euro bzw 6600 Euro jährlich, wobei das LSG keine Feststellungen zur Zusammensetzung der Beträge getroffen hat - gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass ein Erwerbszweck der Ausübung des Ehrenamts zugrunde liegen könnte. Die Tätigkeit wurde nicht in Erwartung einer Vergütung ausgeübt.

37

3. Mangels Vorliegens abhängiger Beschäftigung des beigeladenen Kreishandwerksmeisters scheidet damit auch die Einstufung der ihm gewährten finanziellen Zuwendungen als Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV aus.

38

4. Der Senat erlaubt sich den Hinweis, dass er es für wünschenswert hält, dass der Gesetzgeber hinsichtlich ehrenamtlichen Engagements durch gesetzliche Klarstellung weitergehende Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schafft. Der Gesetzgeber hat durch die Einsetzung einer Enquetekommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" im Jahr 1999 sowie aktuell eines Unterausschusses "Bürgerschaftliches Engagement" des Deutschen Bundestags der Bedeutung ehrenamtlichen Engagements für das gesellschaftliche Zusammenleben in organisatorischer Hinsicht Rechnung getragen. Bemühungen um eine weitere Klärung der sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage durch gesetzliche Regelungen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit vom 4.7.2000 - BT-Drucks 14/3778; Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit vom 14.8.2008 - BR-Drucks 597/08) sind bisher ohne Erfolg geblieben, könnten aber zur Stärkung ehrenamtlichen Engagements beitragen.

39

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 154 Abs 1 bis 3, 162 Abs 3 VwGO.

40

6. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 S 1, 52 Abs 1 und 3, 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. April 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1. in einer Tätigkeit als Erziehungsbeistand der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

2

Der klagende Landkreis ist Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Zur Erfüllung seiner Aufgaben schließt er Verträge mit freien Trägern sowie Einzelpersonen ab, die Leistungen der Jugendhilfe vor Ort in den Familien erbringen. Der Beigeladene zu 1. ist Heilpädagoge und im Hauptberuf in Vollzeit bei einem freien Träger beschäftigt. Daneben ist er seit August 2007 auch für den Kläger als Erziehungsbeistand tätig. Diese Tätigkeit umfasst etwa vier bis sieben Stunden wöchentlich, in denen der Beigeladene zu 1. im Monat durchschnittlich ein bis zwei Familien betreut. Die Erziehungsbeistandschaft wird hilfesuchenden Familien mit Bescheiden des Klägers bewilligt, in denen der Beigeladene zu 1. als Hilfeanbieter genannt ist. Zusätzlich werden zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. für jeden Einzelfall Honorarverträge und eine "Vereinbarung zur Sicherstellung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII" abgeschlossen. Darüber hinaus wird ein Hilfeplan erstellt, der regelmäßig gemeinschaftlich von der Familie, dem Beigeladenen zu 1. und einem Mitarbeiter des Klägers erarbeitet wird.

3

Der Beigeladene zu 1. beantragte am 4.4.2007 die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status in seiner Tätigkeit für den Kläger, nach dessen Anhörung die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund feststellte, dass die Tätigkeit seit dem 1.8.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde (Bescheid vom 22.6.2010). Auf den Widerspruch des Klägers stellte die Beklagte zusätzlich die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest und wies den Widerspruch sodann zurück (Änderungsbescheid vom 25.8.2010, Widerspruchsbescheid vom 2.12.2010).

4

Das SG hat diese Bescheide aufgehoben, weil der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für den Kläger nicht sozialversicherungspflichtig sei (Urteil vom 11.9.2013). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Abhängige Beschäftigung werde beim Kläger weder durch die Honorarverträge noch durch die Bescheide über die Bewilligung ambulanter Jugendhilfeleistungen noch durch andere Vereinbarungen oder die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit begründet. Der Beigeladene zu 1. sei weitgehend weisungsfrei und nicht in die Arbeitsorganisation des Beklagten eingegliedert. Er trage ein Unternehmerrisiko im Sinne eines Verdienstausfallrisikos. Dem entspreche die schriftliche Vereinbarung einer selbstständigen Tätigkeit ohne Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Demgegenüber träten das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte, wie auch die den Besonderheiten des SGB VIII geschuldete Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung und die Gesamtverantwortung des Klägers zurück.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte Verstöße des LSG gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) sowie eine Verletzung von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. In materiell-rechtlicher Hinsicht hält sie "eine gewisse Typisierung der Berufsgruppen" bei der Abgrenzungsentscheidung nach § 7 Abs 1 S 1 SGB IV für notwendig. Bei der Statusprüfung müsse eine Gewichtung aller für oder gegen Beschäftigung sprechenden Anhaltspunkte erfolgen und geprüft werden, ob ein Umstand für Beschäftigung oder Selbstständigkeit typisch sei. Sei ein Umstand für beide Tätigkeitsformen gleichermaßen typisch, sei er für die Statusabgrenzung irrelevant. Hiervon ausgehend unternimmt sie eine ausführliche Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und gelangt zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für den Kläger als Beschäftigung zu werten sei.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. April 2015 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 11. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Zwar sei der Beigeladene zu 1. nicht nur als Erziehungsbeistand (16 Fälle), sondern in zwei Fällen auch in der sozialpädagogischen Familienhilfe eingesetzt worden. Für die Statusfeststellung sei dies - wie auch die Qualifikation des Beigeladenen zu 1. - jedoch nicht relevant, da die Tätigkeitsinhalte sehr ähnlich seien.

9

Die zu 2. beigeladene Bundesagentur für Arbeit stellt keinen eigenen Antrag. Sie schließt sich der Revisionsbegründung der Beklagten an und vertritt die Auffassung, aufgrund der Gesamtverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 79 SGB VIII und seines Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII sei jedenfalls für Leistungen der Jugendhilfe nach § 31 SGB VIII (= Familienhilfe) zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung eine derart enge Anbindung der einzelnen Mitarbeiter erforderlich, dass diese in die betrieblichen Abläufe des Jugendhilfeträgers eingegliedert sein müssten und Tätigkeiten der Familienhilfe somit nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden könnten.

10

Auch die weiteren Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

12

Die von der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund erhobenen Rügen mehrerer Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sind teils unzulässig, teils unbegründet (hierzu A.). Soweit die Revision die Rüge der Verletzung materiellen Rechts betrifft, ist sie zulässig aber unbegründet (hierzu B.). Das LSG hat im Ergebnis zutreffend die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. im Bescheid vom 22.6.2010 in der Gestalt des Bescheids vom 25.8.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 2.12.2010 war rechtswidrig.

13

A. Die von der Beklagten erhobenen Rügen mehrerer Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) sind teils unzulässig, teils unbegründet.

14

1. Die Rüge eines Verfahrensmangels ist nur zulässig, wenn in der Revisionsbegründung neben der verletzten Rechtsnorm auch alle Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 S 3 SGG). Bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, muss der Revisionskläger die Tatsachen bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Hierzu gehört auch die Benennung konkreter Beweismittel, deren Erhebung sich dem LSG hätte aufdrängen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12a mwN). Es ist ferner darzulegen, zu welchem Ergebnis nach Auffassung des Revisionsklägers die für erforderlich gehaltenen Ermittlungen geführt hätten und dass hieraus die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachten Verfahrensfehler anders entschieden hätte (zum Ganzen vgl BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 12 AL 1/12 R - SozR 4-4300 § 28a Nr 7 RdNr 18). Diesen Anforderungen genügen die Aufklärungsrügen der Beklagten nicht.

15

2. Die Rüge der Beklagten, das LSG habe die tatsächliche Tätigkeit und Qualifikation des Beigeladenen zu 1. weiter aufklären müssen, ist unzulässig, weil die Beklagte nicht darlegt, dass der vereinzelte Einsatz des Beigeladenen zu 1. als sozialpädagogischer Familienhelfer aufgrund des dadurch erweiterten Einsatzspektrums zu einer anderen Statusbeurteilung hätte führen müssen. Die Beklagte zeigt keine Anhaltspunkte dafür auf, dass sich die statusrelevanten Umstände bei einem Einsatz als Familienhelfer wesentlich von denen beim Einsatz als Erziehungsbeistand unterscheiden.

16

3. Die Rüge der Beklagten, das LSG sei seiner Aufklärungspflicht bezüglich einer möglichen Kostenübernahmezusage des Klägers für den Fall der Teilnahme des Beigeladenen zu 1. an einer Supervision nicht ausreichend nachgekommen, ist unbegründet, denn das LSG hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Beigeladenen zu 1. und den Kläger zum Thema Supervisionen befragt, ohne dass sich Anhaltspunkte dafür ergaben, dass noch weitere Erkenntnisse zur Supervision und deren Honorierung gewonnen werden könnten.

17

4. Die Rüge eines Verstoßes des LSG gegen den Amtsermittlungsgrundsatz wegen ungenügender Sachaufklärung zu einer Erstattung von Fahrtkosten ist wegen ungenügender Begründung unzulässig. Nach Auffassung der Beklagten bestand Anlass zu weiteren Ermittlungen, weil entgegen den Angaben des Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung zwei der vorgelegten Honorarverträge eine pauschale Abgeltung von 10 Euro bei einer Entfernung von mehr als 18 km zwischen Büro und Klient vorsahen. Es sei nicht auszuschließen, dass das LSG in Kenntnis dieser und möglicher weiterer solcher Fälle das Unternehmerrisiko anders bewertet hätte und in seiner Gesamtabwägung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Die Beklagte hätte insoweit näher begründen müssen, wieso das geringe Gewicht, welches das LSG dem unternehmerischen Risiko des Beigeladenen zu 1. im Rahmen seiner Gesamtabwägung beigemessen hat, durch eine pauschale Abgeltung längerer Fahrten in weiteren Fällen soweit hätte verringert werden können, dass es das Abwägungsergebnis entscheidend beeinflusst. Hieran fehlt es.

18

5. Die Rüge, das LSG habe die Frage, ob die Vergütung in Abhängigkeit von der Schwierigkeit des jeweiligen Hilfefalles ausgehandelt wurde, nicht ausreichend aufgeklärt, ist unbegründet. Denn selbst wenn die Klägerin die Stundensätze einseitig angeboten und nicht weiter verhandelt hätte, änderte dies in Fällen wie dem vorliegenden nichts an der statusrechtlichen Bewertung (dazu unter B.).

19

B. Die Revision der Beklagten ist zulässig, soweit sie die Rüge der Verletzung materiellen Rechts betrifft. Insbesondere erfüllt die Revisionsbegründung die hierfür geltenden Anforderungen (vgl hierzu Urteil des Senats vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Sie ist jedoch unbegründet. Der Beigeladene zu 1. war in der Zeit vom 1.8.2007 bis 29.4.2015 (zum insoweit maßgebenden Endzeitpunkt - letzte mündliche Verhandlung beim LSG - vgl allgemein zB BSG Urteil vom 21.12.2011 - B 12 KR 22/09 R - BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 19; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21) nicht versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung, denn er war in seiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand nicht beim klagenden Landkreis (abhängig) beschäftigt.

20

Das LSG ist mit § 7 Abs 1 SGB IV und den durch die Rechtsprechung des BSG hierzu aufgestellten Grundsätzen vom richtigen Maßstab zur Beurteilung des Vorliegens von Beschäftigung ausgegangen(hierzu nachfolgend 1.). Aufgrund der von ihm festgestellten, nicht mit erfolgreichen Revisionsrügen angegriffenen (hierzu oben A.) Tatsachen ist es bezogen auf die jeweiligen Erziehungsbeistandschaften (hierzu nachfolgend 2.) nach einer im Wesentlichen zutreffenden Gesamtschau aller Umstände zu dem Schluss gelangt, dass der Beigeladene zu 1. bei dem Kläger nicht versicherungspflichtig beschäftigt war. Schon nach dem Inhalt der Honorarverträge und der Vereinbarungen zu § 8a SGB VIII unterlag der Beigeladene zu 1. weder Weisungen des Klägers von erheblichem Gewicht noch war er in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert (hierzu 3.). Die von der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. (Bundesagentur für Arbeit) hieran geübte Kritik ist unbegründet (hierzu 4.). Ebenso ist es im Ergebnis unschädlich, dass das LSG nicht alle in die Gesamtabwägung eingestellten Kriterien so gewertet hat, wie dies der Rechtsprechung des Senates entspricht (hierzu 5.).

21

1. In den Jahren 2007 bis 2015, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild prägen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Das kann bei manchen Tätigkeiten dazu führen, dass sie in Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden können (zB BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 17 ; BSG Urteil vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; vgl auch BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Die Beiträge Beilage 2016, 445 einerseits und anderseits BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25).

22

2. Das LSG hat die maßgeblichen Umstände zutreffend ermittelt. Es ist dabei zu Recht vom Inhalt der zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen schriftlichen Honorarverträge ausgegangen und hat nach Prüfung festgestellt, dass die dort getroffenen Vereinbarungen den tatsächlichen Verhältnissen bei der Durchführung der vom Beigeladenen zu 1. verrichteten Tätigkeit entsprachen, die Verträge also tatsächlich "gelebt" wurden (vgl zu diesem Vorgehen zB BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 17 ff). Dies gilt für den gesamten streitigen Zeitraum, denn das LSG hat festgestellt, dass Honorarverträge mit im Wesentlichen gleichem Inhalt während des gesamten streitigen Zeitraums geschlossen wurden, also auch im Zeitraum vor der ersten schriftlichen Fixierung des Honorarvertrages. Daher musste das LSG nicht zwischen den einzelnen Beistandschaften differenzieren, obwohl es im Übrigen zutreffend berücksichtigt hat, dass bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art - keine Rahmenvereinbarung mit einer Pflicht zur Übernahme einzelner Erziehungsbeistandschaften - für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 mwN).

23

3. Das Ergebnis der vom LSG vorgenommenen Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das LSG hat zu Recht angenommen, dass der Beigeladene zu 1. während der einzelnen Einsätze als Erziehungsbeistand für den Kläger nicht wegen abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig war. Denn nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der Honorarverträge sowie der Vereinbarungen zu § 8a SGB VIII unterlag der Beigeladene zu 1. weder Weisungen des Klägers von erheblichem Gewicht noch war er in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert.

24

a) In den zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen Honorarverträgen für selbstständige Fachkräfte in der Jugendhilfe ist im Wesentlichen folgendes vereinbart:

        

- Vertragsgegenstand ist die Gewährung ambulanter Jugendhilfeleistungen in Form einer Erziehungsbeistandschaft (§ 30 SGB VIII) die der Beigeladene zu 1. als Auftragnehmer für den Kläger im Rahmen eines selbstständigen freien Mitarbeiterverhältnisses erbringt.
- Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wird nicht begründet und ist nicht gewollt.
- Der Auftragnehmer hat die übernommenen Aufgaben selbstständig, eigenverantwortlich, mit unbedingter Sorgfalt und fachlich korrekt auszuführen.
- Er ist nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden.
- Er unterliegt keinem Weisungsrecht und ist in der Auftragsausführung, der Einteilung seiner Arbeitszeit und seines Arbeitsortes grundsätzlich frei, soweit sich nicht aus der Natur der Sache etwas anderes ergibt.
- Dem Auftragnehmer sind die zivilrechtlichen Konsequenzen (kein Anspruch auf Urlaub, Fortbildung, Kündigungs-, Mutter- und Schwerbehindertenschutz, keine Vergütung bei Urlaub oder Krankheit) sowie die öffentlich-rechtlichen Folgen (eigenverantwortliche Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, selbstständige Vornahme eventuell notwendiger behördlicher Anmeldungen bzw Einholung von Genehmigungen) bekannt.
- Der Auftragnehmer hat die Aufgabe, die im Hilfeplan (§ 36 SGB VIII) genannten Ziele zu realisieren.
- Je Fall wird eine Betreuungszeit zwischen 18 und 20 Stunden monatlich vereinbart.
- Eine gegebenenfalls erforderliche Änderung der Stundenzahl ist abzustimmen und schriftlich zu vereinbaren.
- Die Monatsstunden können flexibel erbracht werden.
- Das Honorar beträgt 40 Euro (in späteren Verträgen bis 41,50 Euro) je vereinbarter und geleisteter Betreuungsstunde. Zur Abrechnung kommt nur die Zeit, die direkt mit dem Hilfeempfänger und dessen sozialem Umfeld gearbeitet wird.
- Die übrige fallbezogene Tätigkeit, Fahrzeiten sowie sonstige Sach- und Nebenkosten sind mit dem Fachleistungsstundensatz abgegolten.
- Ein Wettbewerbsverbot besteht nicht.
- Zur Zielerreichung und Qualität der Aufgabenerledigung wird vereinbart, dass sich verändernde Aufgaben durch die Fortschreibung des Hilfeplans festgelegt werden.
- Der für den Einzelfall zuständige Sozialarbeiter erhält das Recht, sich nach dem Grad der Zielerreichung zu erkundigen.
- Die Auftragsausführung beinhaltet ein Auswertungsgespräch über die Erreichung der vereinbarten Ziele und den Verlauf des Hilfeprozesses. Grundlage des Auswertungsgespräches ist ein im Abstand von sechs Monaten zu fertigender schriftlicher Bericht.
- Über die Teilnahme des Auftragnehmers an der hauseigenen Supervision des Auftraggebers können im Einzelfall Absprachen getroffen werden. Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht nicht.
- Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB VIII zu erbringen; der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung ist entsprechend den Bestimmungen des § 8a SGB VIII wahrzunehmen.
- Das Auftragsverhältnis ist mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende ohne Angabe von Gründen oder aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündbar.

25

Zudem verpflichtete sich der Beigeladene zu 1. in einer jeweils gesondert getroffenen "Vereinbarung zur Sicherstellung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII":

        

- Bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung ist die Abschätzung des Gefährdungsrisikos unter Einbeziehung einer erfahrenen Fachkraft vorzunehmen.
- Der Auftragnehmer unterrichtet das Jugendamt, wenn die erforderlichen Jugendhilfeleistungen zur Abwendung des Gefährdungsrisikos von ihm selbst nicht angeboten werden, die Maßnahmen nicht ausreichen oder die Personensorgeberechtigten nicht in der Lage oder nicht bereit sind, sie in Anspruch zu nehmen.

26

Das LSG hat festgestellt, dass der Vertrag so auch praktiziert wurde.

27

b) Das LSG hat aus dem Gesamtbild dieser Umstände zu Recht den Schluss gezogen, dass der Beigeladene zu 1. beim Kläger nicht abhängig beschäftigt war.

28

Ein Weisungsrecht des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 1. hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit war in den Honorarverträgen ausdrücklich ausgeschlossen. Weisungen sind nach der zwischen den Vertragsparteien geübten Praxis während der einzelnen Beistandschaften auch tatsächlich nicht erteilt worden. Umstände, die eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsorganisation des Klägers nahelegen könnten, hat das LSG nicht festgestellt. Nach allem liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB IV nicht vor.

29

4. Die von der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. gegen die Bewertung einzelner Indizien durch das LSG erhobenen Einwände greifen nicht durch.

30

a) Die rechtliche Struktur des Leistungserbringerrechts der Kinder- und Jugendhilfe weist die Gesamtverantwortung für die Erbringung ua von Hilfen zur Erziehung nach dem SGB VIII und den besonderen Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII dem Träger der Jugendhilfe zu. Hieraus folgt - entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 2. - jedoch nicht, dass die zur Erfüllung dieser Aufgaben und Pflichten nötigen Tätigkeiten - und damit auch die für den Kläger erbrachten Leistungen des Beigeladenen zu 1. als Erziehungsbeistand - (rechtmäßig) nur in Beschäftigung ausgeübt werden können. Dies hat der Senat bereits in mehreren Urteilen deutlich gemacht (BSG Urteile vom 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 18 ff und - B 12 KR 14/10 R - RdNr 17 ff des Umdrucks; vgl zur allenfalls indiziellen Bedeutung leistungsrechtlicher Vorgaben des SGB V für den Status im Bereich der Heilmittelversorgung BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 26 ff) und wird selbst von der Beklagten nicht (mehr) bezweifelt.

31

b) Soweit der Beigeladene zu 1. in den an die Leistungsberechtigten gerichteten Bewilligungsbescheiden als Leistungserbringer benannt wird, kann hieraus nicht auf dessen abhängige Beschäftigung geschlossen werden.

32

Nach der Struktur des Leistungserbringerrechts des SGB VIII sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 4 Abs 2 SGB VIII gehalten, von eigenen Maßnahmen abzusehen, wenn ua geeignete Dienste durch anerkannte Träger der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können(vgl hierzu allg Luthe in JurisPK-SGB VIII § 4 RdNr 35 ff). Dies verdeutlicht, dass anstelle des Beigeladenen zu 1. grundsätzlich auch ein freier Träger mit der Wahrnahme von Erziehungsbeistandschaften beauftragt und im Leistungsbescheid als Leistungserbringer benannt werden könnte. Dass hieraus nicht auf einen Beschäftigtenstatus einer solchen Organisation im Verhältnis zum öffentlichen Träger geschlossen werden kann, liegt auf der Hand und gilt gleichermaßen für eine mit der Leistungserbringung beauftragte Einzelperson.

33

c) Am Fehlen eines Weisungsrechts des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 1. ändert auch dessen Verpflichtung auf die im Hilfeplan genannten Ziele nichts.

34

Aus den Hilfeplänen bzw aus deren Fortschreibung ergibt sich die aktuelle Situation in den Familien, ferner werden erreichte Ziele sowie neue, zusätzliche Ziele dargestellt und ergänzende Vereinbarungen dokumentiert. Konkrete Anweisungen zur Zielerreichung enthalten die Hilfepläne nicht. Die Arbeit an der Realisierung der im Hilfeplan vereinbarten Ziele war gerade die vom Beigeladenen zu 1. geschuldete Hauptleistungspflicht. Insofern erfolgte über den Hilfeplan lediglich eine Konkretisierung seiner vertraglichen Verpflichtungen, nicht jedoch eine Weisung hinsichtlich der Art und Weise ihrer Erfüllung. Dies gilt beispielsweise auch für das von der Beklagten angeführte Beispiel der "Anbindung" eines Jugendlichen an einen bestimmten Tischtennisverein. Zwar liegt hierin die Festlegung einer konkreten Maßnahme zur Verwirklichung des übergeordneten Ziels, den Betroffenen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen zu unterstützen und seine Verselbstständigung zu fördern (vgl § 30 SGB VIII). Dennoch blieb es dem Beigeladenen zu 1. überlassen, wie er den Betroffenen anspricht und motiviert, damit diese Maßnahme tatsächlich umgesetzt wird.

35

d) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt auch die Kündigungsfrist von (ordentlich) 14 Tagen zum Monatsende weder zu einer rechtlichen noch zu einer faktischen Weisungsunterworfenheit. Das subjektive Empfinden bzw die möglicherweise wirtschaftliche Abhängigkeit von Folgeaufträgen steht unter den vorliegenden Umständen einem objektiven Weisungsrecht des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 1. nicht gleich. Die Möglichkeit der Unterschreitung der Kündigungsfristen des § 622 BGB ist gerade eine Folge der Vereinbarung eines freien Dienstvertrags anstelle eines Arbeitsvertrags. Es wäre daher ein Zirkelschluss, jeden kurzfristig kündbaren freien Dienstvertrag als Arbeitsvertrag auszulegen.

36

e) Ein für die Statusfeststellung bedeutsames Weisungsrecht kann vorliegend auch nicht den - neben den Honorarverträgen jeweils geschlossenen - "Vereinbarungen zur Sicherstellung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII" entnommen werden.

37

Gegenstand dieser Vereinbarungen, die mit allen "Einrichtungen und Diensten", insbesondere auch der Träger der freien Jugendhilfe zu schließen sind (vgl Kößler in JurisPK-SGB VIII § 8a RdNr 59), waren die Pflichten des Beigeladenen zu 1. für den Fall gewichtiger, in einer Anlage näher bezeichneter Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung. Lagen solche Anhaltspunkte vor, hatte er unter Einbeziehung einer konkret benannten, erfahrenen und über bestimmte Qualifikationen verfügende Fachkraft eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos vorzunehmen und auf die Inanspruchnahme der - grundsätzlich von ihm selbst zu erbringenden - erforderlichen Maßnahmen bei den Personensorgeberechtigten hinzuwirken. Nur wenn er die erforderlichen Leistungen nicht selbst anbot, die Maßnahmen nicht ausreichten oder die Personensorgeberechtigten nicht in der Lage oder nicht bereit waren, sie in Anspruch zu nehmen, hatte er das Jugendamt zu unterrichten. Somit oblagen die Auswahl, Ausgestaltung und Durchführung von Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung entgegen der Auffassung der Beklagten in erster Linie dem Beigeladenen zu 1. Lediglich bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos hatte er eine "erfahrene Fachkraft" zu beteiligen. Hierbei muss es sich aber keineswegs um einen Mitarbeiter des Jugendamtes oder einer anderen Stelle des Klägers handeln, wie sich aus § 8a Abs 2 SGB VIII(idF vom 14.12.2006, BGBl I 3134) bzw für die Zeit ab 1.1.2012 aus § 8a Abs 4 SGB VIII(idF vom 11.9.2012, BGBl I 2022) ergibt (vgl auch Kößler in jurisPK-SGB VIII § 8a RdNr 57 f).

38

f) Auch für eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb bzw in die Arbeitsorganisation des Klägers finden sich ausgehend von den Honorarverträgen und den Schutzvereinbarungen keine gewichtigen Anhaltspunkte. Der Kläger bediente sich ua des Beigeladenen zu 1. zur Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung bezüglich Hilfen zur Erziehung (§ 2 Abs 2 Nr 4 iVm § 3 Abs 2 S 2 SGB VIII; vgl hierzu auch Stähr in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 10/06, K 27 SGB VIII RdNr 51). Er verzichtete insoweit auf die Einrichtung eines eigenen Betriebes bzw einer eigenen operativen Verwaltungseinheit. Und auch sonst fehlt es an Tatsachenfeststellungen, aus denen sich eine unmittelbare Einbindung in die übrigen betrieblichen Abläufe des Klägers ergeben könnten.

39

Bereits der Kontakt zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. beschränkte sich nach der Auftragserteilung - sofern nicht ausnahmsweise die Informationspflichten nach der Schutzvereinbarung griffen - regelmäßig allein auf ein Auswertungsgespräch über die Erreichung der vereinbarten Ziele und den Verlauf des Hilfeprozesses anhand von im Abstand von sechs Monaten zu fertigender schriftlicher Berichte. Diese zeitlich geringen Berichtspflichten, dienten der Umsetzung der allein den Kläger treffenden gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung des Hilfeplanverfahrens, das der Jugendhilfeträger nicht (vollständig) auf freie Träger oder eine Honorarkraft delegieren kann (vgl hierzu Stähr in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 10/06, K 27 SGB VIII RdNr 50 ff). Im Übrigen sind die Ergebnisberichte kein Spezifikum abhängiger Beschäftigung, sondern verbreitet auch eine Selbstverständlichkeit im Rahmen selbstständiger Dienstleistungen.

40

g) Gleiches gilt für die Klausel der Honorarverträge, wonach über die Teilnahme des Beigeladenen zu 1. an der hauseigenen Supervision des Klägers im Einzelfall Absprachen getroffen werden konnten. Bereits nach dem Wortlaut der Honorarverträge bestand keine Verpflichtung zur Teilnahme. Zudem hat das LSG festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. tatsächlich "weder an Supervisionen noch an kollegialen Beratungen" - also auch nicht etwa an Teambesprechungen (vgl zu deren möglicher Bedeutung BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 27) - teilgenommen hat.

41

5. An der Richtigkeit des vom LSG gefundenen Ergebnisses, wonach der Beigeladene zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für den Kläger nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt, ändert es auch nichts, dass das LSG nicht alle in die Gesamtabwägung eingestellten Kriterien so gewertet hat, wie dies der Rechtsprechung des Senates entspricht.

42

a) Dies gilt zunächst für die Frage eines - hier allenfalls sehr geringen - Unternehmerrisikos des Beigeladenen zu 1. Bei reinen Dienstleistungen, die - wie vorliegend - im Wesentlichen nur Know-how sowie Arbeitszeit- und Arbeitsaufwand voraussetzen, ist unternehmerisches Tätigwerden nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden. Das Fehlen solcher Investitionen ist damit bei reinen Dienstleistungen kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden.

43

Daher ist es unerheblich, dass der Beigeladene zu 1. sein Auto, seinen PC sowie sein Mobiltelefon, die er auch für seine Tätigkeit als Erziehungsbeistand einsetzte, nicht speziell und gerade im Hinblick auf diese Tätigkeit angeschafft hat. Deren Anschaffung speziell für die Tätigkeit als Erziehungsbeistand wäre nach der Rechtsprechung des BSG aber erforderlich, um diese Investitionen gegen Beschäftigung (und für selbstständige Tätigkeit) werten zu können; denn nur dann könnte das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder Ausbleiben weiterer Aufträge als verloren und damit als Realisierung eines unternehmerischen Investitionsrisikos angesehen werden (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 37).

44

b) Unerheblich für das Gesamtergebnis ist auch das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte. Dem Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte kommt für Beschäftigung und gegen selbstständige Tätigkeit indizielle Bedeutung in der Regel dann zu, wenn eine solche Betriebsstätte bei Tätigkeiten der fraglichen Art zu erwarten oder notwendig ist. Bei Tätigkeiten wie der vorliegenden, die - mit Ausnahme des Verfassens der Berichte und der Terminabstimmung - ausschließlich vor Ort in den Familien zu erbringen sind, ist zwar eine Arbeitsmöglichkeit im privaten Bereich, aber keine Betriebsstätte im engeren Sinne zu erwarten.

45

c) Ebenso ist die hier vereinbarte Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung nur dann als gewichtiges Indiz für abhängige Beschäftigung und gegen eine Selbstständigkeit zu sehen, wenn diese nicht den Eigenheiten und besonderen Erfordernissen der Erziehungsbeistandschaft geschuldet ist. Gerade bei Tätigkeiten, deren Erfolg ein besonderes Vertrauen über einen ggf längeren Zeitraum oder aber eine besondere Expertise voraussetzt, ist die Leistungserbringung durch eine bestimmte Person häufig als Vertragsinhalt anzusehen.

46

d) Gleichfalls spräche es nicht notwendig gegen die Selbstständigkeit (und für Beschäftigung) des Beigeladenen zu 1., sollte dieser - wie von der Beklagten behauptet und nach den vorliegenden Honorarverträgen naheliegend - tatsächlich in einzelnen Fällen Fahrtkostenerstattungen für längere Anfahrtswege erhalten haben. Denn solche Anfahrt- oder Wegepauschalen sind zB auch bei selbstständigen Handwerkern durchaus verbreitet.

47

e) Zwar hat das LSG entgegen der Rechtsprechung des BSG (hierzu BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 27 mwN) die Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie von Urlaubsgeld als Indiz für die selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. gewertet. Ist wie vorliegend selbstständige Tätigkeit vereinbart, entspräche die Gewährung von Entgeltfortzahlung und Urlaubsentgelt/Urlaubsgeld nicht dem gewollten Vertragstyp.

48

f) Schließlich spricht auch die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars nicht zwingend für abhängige Beschäftigung. Geht es wie vorliegend um reine Dienstleistungen, ist anders als bei der Erstellung zB eines materiellen Produkts - ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung nicht zu erwarten (trotz regelmäßig zeitabhängigen Entgelts Selbstständigkeit für nicht ausgeschlossen erachtet: BSG Urteil vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17, 30 ; vgl aber auch BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 31). Dies würde selbst dann gelten, wenn die Honorare für die jeweiligen Erziehungsbeistandschaften nicht frei ausgehandelt, sondern entsprechend beim Kläger gebräuchlicher Sätze festgelegt worden wären. Denn bei entsprechender Markt- und Verhandlungsmacht eines Auftraggebers ist die Vergabe von Dienstleistungen zu von ihm einseitig festgelegten Konditionen nicht unüblich. Andererseits kann ein freies Aushandeln der Vergütungshöhe auch bei der Anbahnung von Arbeitsverhältnissen außerhalb des Geltungsbereichs von Entgelttarifverträgen oder anderen rechtlichen Vorgaben stattfinden.

49

g) Das Fehlen eines Wettbewerbsverbots ist kein Indiz für die Selbstständigkeit des Beigeladenen zu 1., weil auch (teilzeitbeschäftigte) Arbeitnehmer mehrere Arbeitsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgebern in derselben Branche nebeneinander haben können. Allerdings könnte umgekehrt ein bestehendes Wettbewerbsverbot für einen höheren Grad an Abhängigkeit des vermeintlichen Auftragnehmers und deswegen uU auch für Beschäftigung sprechen.

50

h) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es nicht erforderlich, exakt zu ermitteln, was ein von freien Trägern ähnlich oder vergleichbar eingesetzter beschäftigter Erziehungsbeistand verdienen würde, um dieses Einkommen mit dem Einkommen des Beigeladenen zu 1. zu vergleichen und zu prüfen, ob daraus hinreichende Eigenvorsorge (Alter, Krankheit etc) finanziert werden kann. Die Vereinbarung von Entgelten ist - von gesetzlichen Vergütungsordnungen abgesehen - Sache der Vertragspartner und Teil der Privatautonomie. Liegt das vereinbarte Honorar wie hier deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und lässt es dadurch Eigenvorsorge zu, ist dies jedoch ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Allerdings handelt es sich auch bei der Honorarhöhe nur um eines von uU vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien, weshalb weder an die Vergleichbarkeit der betrachteten Tätigkeiten noch an den Vergleich der hieraus jeweils erzielten Entgelte bzw Honorare überspannte Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl etwa BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 29 f). Daher war ein solcher Vergleich entgegen der Auffassung des LSG vorliegend nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach dessen Feststellungen beim Kläger selbst keine Erziehungsbeistände beschäftigt sind und der Beigeladene zu 1. nach eigener Auskunft wegen seiner Qualifikation auch nicht bei einem freien Träger als Erziehungsbeistand beschäftigt sein könnte.

51

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

52

D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 4. wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. November 2010 geändert.

Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. November 2006 wird insgesamt aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in seiner in einem Unternehmen seiner Mutter (Beigeladene zu 3.) verrichteten Tätigkeit in der Zeit ab 24.6.2001 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV), der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der sozialen Pflegeversicherung (sPV) und im Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Die Beigeladene zu 3. betrieb über mehrere Jahre ein Ladengeschäft, in dem Lebensmittel und Getränke verkauft wurden und in dem der Kläger seit 1986 arbeitete. Am 6.2.1999 wurde in den Räumlichkeiten eine Weinprobierstube eröffnet. Am 23.6.2001 kam es zu einem Brand in dem Lebensmittelladen, der daraufhin geschlossen wurde. Seitdem betreibt die Beigeladene zu 3. ihr Unternehmen als Weinhandlung (Wert des Weinbestandes ca 15 000 bis 20 000 Euro) mit angeschlossener Gaststätte in einem Gebäude, das im Eigentum ihres Bruders und ihres Ehemanns steht. Nach den Feststellungen des LSG wurden die Kosten der Gaststätteneinrichtung (ca 250 000 bis 300 000 DM) größtenteils von den Eltern des Klägers getragen. In dem Unternehmen obliegen der Beigeladenen zu 3. im Wesentlichen die Zubereitung der Speisen und die rechnerische Kontrolle der buchmäßigen Abrechnung. Entsprechend dem früheren Übergang des Unternehmens vom Vater der Beigeladenen zu 3. auf diese im Jahr 1980 soll das Unternehmen zu einem nicht näher feststehenden Termin auf den Kläger übergehen.

3

Der 1966 geborene Kläger ist gelernter Wasser- und Gasinstallateur. Gemäß den Regelungen eines schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1.6.1991, der an die Stelle eines vorangegangenen schriftlichen Arbeitsvertrags trat, wurde der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen zu 3. als "Stellvertreter" eingestellt und war berechtigt, Waren zu bestellen und zu kaufen, sowie bei Abwesenheit der Beigeladenen zu 3. zuständig für Personalfragen. Ferner ist im Arbeitsvertrag ua bestimmt, dass der Kläger als Vollzeitkraft eingestellt wird, er alle ihm übertragenen Arbeiten gewissenhaft und sorgfältig auszuführen hat, Nebenbeschäftigungen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulässig sind, die Lage der Arbeitszeit vom Arbeitgeber festgesetzt wird und die Tarifverträge für den Einzelhandel in Sachsen gelten sollen. Es wurde ein monatliches Bruttogehalt von 1904 DM, ab 1.1.1993 von 2762 DM vereinbart. Entgegen dieser Orientierung am Tarifniveau wurde das Gehalt des Klägers faktisch von der Entwicklung der Löhne abgekoppelt und lag im Jahr 2010 bei ca 1500 Euro brutto monatlich. Hintergrund dafür war nach den Feststellungen des LSG die Rücksichtnahme des Klägers auf die Belastungen des Familienunternehmens durch eine hohe Miete, die ihrerseits ihre Ursache in den hohen Sanierungskosten für das im Familienbesitz stehende betriebliche Gebäude hatte. Der Kläger war zunächst im Getränkeladen tätig. Seit 24.6.2001 ist er für die Weinbestellung und -annahme, die Prüfung der Lieferantenrechnungen, die Präsentation der Weine, die Preiskalkulation, die Gestaltung der Wein- und Speisekarten sowie die Bedienung und Betreuung der Gäste zuständig. Nach den Feststellungen des LSG beglich der Kläger 2005 bzw 2006 einmalig eine Weinrechnung in Höhe von 5000 Euro aus eigenen Mitteln.

4

Auf den Antrag des Klägers zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung seines Status stellte die Beklagte als Einzugsstelle durch Bescheid vom 28.7.2004 und Widerspruchsbescheid vom 10.6.2005 fest, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3. ab 1.1.1991 der Versicherungspflicht in der GKV, sPV, RV und Arbeitslosenversicherung unterliege. Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verpflichtet festzustellen, dass der Kläger ab 1.1.1991 eine selbstständige Tätigkeit und keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe (Urteil vom 14.11.2006). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten geändert und festgestellt, dass der Kläger ab 24.6.2001 nicht der Versicherungspflicht in der GKV, sPV, RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe; im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen sowie die Klage abgewiesen: Insbesondere die Regelungen im Arbeitsvertrag vom 1.6.1991 über Gehalt, Arbeitszeit, Geltung von Tarifverträgen, Festlegung von Arbeitsaufgaben und Funktionen im Betrieb, ferner die Verbuchung der Personalausgaben als Betriebsausgaben, Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen und die Gehaltszahlung auf ein privates Konto des Klägers sprächen jedenfalls bis 23.6.2001 für eine (abhängige) Beschäftigung. Die Beigeladene zu 3. habe an der Rechtsform eines Einzelunternehmens festgehalten, dessen alleinige Inhaberin sie auch weiterhin sei. Daher habe ausschließlich die Beigeladene zu 3. die Rechtsmacht, an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens Änderungen vorzunehmen oder den Kläger von seinen Aufgaben wieder zu entbinden. Dagegen könne ab 24.06.2001 eine Unternehmerstellung des Klägers festgestellt werden, da tags zuvor ein "grundlegender Strukturwandel" im Familienunternehmen seinen Abschluss gefunden habe. Zwar sei nach wie vor die Beigeladene zu 3. alleinige Inhaberin des Unternehmens. Der Kläger habe aber seither rein faktisch eine Handhabe, der Beigeladenen zu 3. im Falle eines Dissenses seinen Willen hinsichtlich der Unternehmensführung aufzuzwingen und über die Geschicke des Unternehmens zu walten wie über ein eigenes. Ein "gewisses Unternehmerrisiko" sei in Gestalt des Gehaltsverzichts auszumachen. Die auch in der Zeit ab 24.6.2001 beibehaltenen äußeren Umstände (festes monatliches Gehalt, Verbuchung der Personalausgaben als Betriebsausgabe, Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, Überweisung des Gehalts auf ein privates Konto) seien dem Kläger "nicht vorzuwerfen". Immerhin habe er am 19.4.2004 die Beklagte um Überprüfung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung seiner Tätigkeit gebeten und damit seine Zweifel an der Richtigkeit der Fortführung der bisherigen Praxis zum Ausdruck gebracht (Urteil vom 10.11.2010).

5

Dagegen wenden sich die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle und der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 4.) mit ihren Revisionen. Die Beklagte rügt eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB XI, § 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III, die Beigeladene zu 4. sinngemäß eine Verletzung von § 28h SGB IV. Zurecht habe das LSG für den Zeitraum vom 1.1.1991 bis 23.6.2001 festgestellt, dass der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen zu 3. abhängig beschäftigt gewesen sei. Für die Zeit ab 24.6.2001 könne nichts anderes gelten. Eine rechtlich wirksame Unternehmensübergabe habe nicht stattgefunden. Für den Kläger habe die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens habe frei bewegen dürfen. Auch an der Rechtsmacht der Beigeladenen zu 3. habe sich nichts geändert. Ein relevantes Unternehmerrisiko sei beim Kläger nicht festzustellen. Vielmehr habe er ein festes monatliches Grundgehalt bezogen, das unabhängig von der Erreichung der unternehmerischen Ziele gewährt worden sei. Der Kläger trage auch kein eigenes Haftungsrisiko, dieses liege vielmehr allein bei der Beigeladenen zu 3.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. November 2010 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. November 2006 insgesamt aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Beigeladene zu 4. schließt sich dem Antrag der Beklagten mit der Maßgabe an, dass sich ihre Revision nur auf die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung richtet.

8

Der Kläger hat sich zu den Revisionen nicht geäußert.

9

Die Beigeladene zu 1. hat sich der Revisionsbegründung der Beigeladenen zu 4., die Beigeladene zu 2. den Revisionsbegründungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 4. angeschlossen. Die Beigeladene zu 3. hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten, die sich auf die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht des Klägers wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung in der Zeit ab 24.6.2001 bezieht, ist zulässig und begründet. Gleiches gilt für die ebenfalls auf diese Zeit und die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV beschränkte Revision der Beigeladenen zu 4. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem - dem Begehren des Klägers bislang entsprechenden - Umfang aufzuheben und das Urteil des SG ist auch insoweit unter Abweisung der Klage aufzuheben.

11

1. Zu Unrecht hat das LSG eine Versicherungspflicht des Klägers wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3. in der noch streitigen Zeit ab 24.6.2001 verneint und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG insoweit zurückgewiesen.

12

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von zu Versicherungspflicht führender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung der tatsächlichen Umstände gegenüber den für die Tätigkeit des Klägers im Unternehmen maßgebenden vertraglichen Vereinbarungen, welche hier nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigen können, verkannt (hierzu b). Der Status des Klägers als Selbstständiger lässt sich nicht mit dem LSG unter Hinweis darauf bejahen, dass bestimmte Umstände und Indizien des Einzelfalls gesamtschauend dafür sprächen (hierzu c).

13

a) Im streitigen Zeitraum ab 24.6.2001 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie im Recht der Arbeitsförderung (vgl § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 SGB III idF des Gesetzes vom 24.3.1997, BGBl I 594; § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; § 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 18.12.1989, BGBl I 2261, BGBl 1990 I 1337; § 20 S 1, 2 Nr 1 SGB XI idF des Gesetzes vom 26.5.1994, BGBl I 1014). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

14

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

15

b) Die dargestellten Grundsätze sind - trotz der in Fällen der vorliegenden Art jeweils mit in Rechnung zu stellenden engen familiären Bindungen - auch im vorliegenden Fall anzuwenden und gelten unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Senats fort, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen Unternehmen, sondern in einem fremden Unternehmen tätig.

16

aa) Alleinige Unternehmensinhaberin bzw Trägerin des Unternehmens war die Beigeladene zu 3., die nach den den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) das Unternehmen durchgehend und damit auch die im streitigen Zeitraum betriebene Weinhandlung mit Gaststätte als Einzelunternehmen führte. Lediglich sie war damit auch nur unmittelbar begünstigtes Rechtssubjekt für die sich aus dem Auftreten des Unternehmens im Geschäftsverkehr ergebenden Ansprüche und Rechte; umgekehrt war ebenso nur die Beigeladene zu 3. den Verpflichtungen hinsichtlich der aus dem Geschäftsbetrieb resultierenden Lasten ausgesetzt, indem sie für die über das Unternehmen eingegangenen Verbindlichkeiten als natürliche Person mit ihrem ganzen Vermögen haftete. Damit muss - auch unter dem Blickwinkel des Sozialversicherungsrechts - ohne besondere dokumentierte bzw von den Tatsacheninstanzen festgestellte Umstände die Annahme einer sich auf seinen Status als Erwerbstätiger auswirkenden Beteiligung des Klägers an der Führung des Einzelunternehmens ausscheiden. Für die Trägerschaft eines Unternehmens durch eine (natürliche) Einzelperson kann insoweit im Kern nichts anderes gelten als in den Fällen, in denen eine juristische Person des Privatrechts Unternehmensträger ist. In den letztgenannten Fällen erkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung aber auch seit jeher dann, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft - sei es auch eine Familiengesellschaft - hält, den Status als Selbstständiger nur an, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist; etwa durch ein seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und der Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl hierzu allgemein bereits zB BSGE 38, 53, 57 f = SozR 4600 § 56 Nr 1 S 5; BSGE 42, 1, 3 = SozR 2200 § 723 Nr 1 S 3 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25 mwN).

17

bb) Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist vor diesem Hintergrund vorliegend primär der zwischen ihm und der Beigeladenen zu 3. geschlossene, ausdrücklich so bezeichnete schriftliche "Arbeitsvertrag" vom 1.6.1991, der deren Rechtsverhältnis zueinander auch noch in dem im Revisionsverfahren streitigen Zeitraum ab 24.6.2001 ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG festgestellten Inhalt - ua festes monatliches Gehalt, Einstellung als Vollzeitkraft, Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers zu etwaigen Nebentätigkeiten, Festlegung der Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber - mit seinen typischen Arbeitnehmerrechten und -pflichten ein "Arbeitsverhältnis" iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Gegenstand. Damit aber kann das in dieser Norm besonders hervorgehobene Merkmal für das Vorliegen einer zur Versicherungspflicht des Klägers führenden Beschäftigung nicht in Abrede gestellt werden. Im Hinblick darauf, dass die Unternehmensträgerschaft bei der Mutter des Klägers (Beigeladene zu 3.) als Einzelunternehmerin lag, verfügte der Kläger auch nicht über eine rechtliche Handhabe, die ihm einen (mit)beherrschenden Einfluss auf die Unternehmensleitung sicherte. Zudem fehlen jegliche Hinweise darauf, dass die geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. wenigstens im Innenverhältnis als gesellschaftsrechtlich bedeutsame und hier zu beachtende Vereinbarung aufgefasst werden könnten. Weder hat der Kläger zwischen beiden das Bestehen einer - rechtlich wirksamen - sog Innengesellschaft (vgl dazu und zu deren Voraussetzungen schon BSGE 40, 161, 163 = SozR 2200 § 1266 Nr 3 S 17 mwN, BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 22 f mwN) behauptet, noch hat das LSG insoweit den Senat bindende positive Feststellungen (vgl § 163 SGG) getroffen. Unabhängig davon kann nicht angenommen werden, dass dem Kläger auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts darüber hinaus nennenswerte Rechtsmacht eingeräumt war, die es ihm (im Innenverhältnis) ermöglicht hätte bzw ermöglichen würde, die Geschäfte des Unternehmens gegen den Willen der Beigeladenen zu 3. zu betreiben.

18

Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 3. auch nach weiteren Feststellungen des LSG im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Der Kläger war ihr - seiner Arbeitgeberin - gegenüber weisungsunterworfen und in die von ihr vorgegebene Arbeitsorganisation ihres Unternehmens eingebunden. Nach der zutreffenden Bewertung des LSG hatte nämlich (allein) die Beigeladene zu 3. die Rechtsmacht (zu deren Bedeutung vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 31 f, ferner sogleich und unten 1. c ee), an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens Änderungen vorzunehmen oder den Kläger von seinen Aufgaben wieder zu entbinden.

19

cc) An dem Ausgangspunkt ändert die verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3. grundsätzlich nichts. Eine (abhängige) Beschäftigung wird nämlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass jemand für ein Familienmitglied tätig ist (vgl schon zu so genannten "Meistersöhnen" BSGE 3, 30, 39). Zu prüfen ist allerdings insbesondere, ob der Angehörige in einem Familienunternehmen als Beschäftigter, als Mitunternehmer oder Mitgesellschafter eines Angehörigen oder ob seine Tätigkeit lediglich als familienhafte Mithilfe anzusehen ist (vgl BSGE 74, 275, 276 = SozR 3-2500 § 5 Nr 17 S 57). Die Abgrenzung hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 37 S 127; BSGE 74, 275, 278 = SozR 3-2500 § 5 Nr 17 S 60). Die Beurteilung einer Erwerbstätigkeit, die im Unternehmen eines Familienangehörigen ausgeübt wird, der als natürliche Person Unternehmensinhaber bzw Träger des Unternehmens und mit seinem ganzen Vermögen dessen Haftungsobjekt ist, unterscheidet sich insoweit rechtlich gesehen nicht wesentlich von der Beurteilung einer Erwerbstätigkeit in einer Familiengesellschaft, zB in der Rechtsform einer GmbH, deren Kapital in Form von Gesellschaftsanteilen von Familienangehörigen gehalten wird. Die Rechtsprechung des BSG hat in der Vergangenheit allerdings abweichend von diesen Grundsätzen bei Tätigkeiten für eine Gesellschaft eine Selbstständigkeit des Betroffenen für möglich gehalten, wenn seine Tätigkeit durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war, auch wenn er nicht über eine Sperrminorität verfügte (vgl zum Ganzen ausführlich BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 31 f). Soweit darüber hinausgehend der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich erachtete (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1), hat der Senat in seiner jüngsten Rechtsprechung allerdings offengelassen, ob der vom 11. Senat des BSG vertretenen Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - aaO, RdNr 32). Hierauf kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger sei aufgrund einer "faktischen Machtposition", der derjenigen eines (Mit-)Inhabers gleichkomme, selbstständig gewesen, nicht überzeugen können.

20

c) Eine Selbstständigkeit des Klägers lässt sich schließlich nicht mit dem LSG unter Hinweis darauf begründen, dass - hinausgehend über die Darlegungen unter b) - sonstige Umstände und Indizien des Einzelfalls bei einer Gesamtschau für die Zeit ab 24.6.2001 gleichwohl für den von ihm beanspruchten Status sprächen.

21

Für die - mangels Revisionseinlegung des Klägers gegen den klageabweisenden Teil des LSG-Urteils - nicht (mehr) im Streit befindliche Zeit vom 1.1.1991 bis 23.6.2001 hat das LSG die Tätigkeit des Klägers als (abhängige) Beschäftigung qualifiziert. Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nach der inhaltlichen Neuausrichtung des von der Beigeladenen zu 3. betriebenen Unternehmens ab 24.6.2001 davon auszugehen, dass der Kläger weiterhin (abhängig) beschäftigt blieb.

22

aa) Das LSG hat hierzu zunächst zutreffend festgestellt, dass sämtliche Merkmale der "äußeren Abwicklung" der Erwerbstätigkeit des Klägers (= Arbeitsvertrag vom 1.6.1991, festes monatliches Arbeitsentgelt, Verbuchung der Personalkosten als Betriebsausgaben, Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, Überweisung des Entgelts auf ein privates Konto des Klägers) unverändert blieben. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung, die fehlende Veränderung könne dem Kläger nicht "vorgeworfen" werden, weil er am 19.4.2004 um die Überprüfung seines sozialversicherungsrechtlichen Status gebeten habe, rechtfertigt nicht schon die Schlussfolgerung, der Kläger sei selbst von einer Änderung zum 24.6.2001 ausgegangen: Zum Einen erfolgte der Antrag ohnehin erst ca drei Jahre nach der inhaltlichen Neuausrichtung des Unternehmens, zum Anderen stellte der Kläger selbst nicht nur die Zeit ab 24.6.2001, sondern den gesamten Tätigkeitszeitraum ab 1.1.1991 zur Überprüfung durch die Einzugsstelle.

23

bb) Die maßgebenden rechtlichen Rahmenbedingungen blieben auch ab 24.6.2001 unverändert. Der der Tätigkeit des Klägers zugrundeliegende Arbeitsvertrag vom 1.6.1991 wurde nicht geändert. Die Beigeladene zu 3. war nach wie vor Alleininhaberin bzw alleinige Trägerin des von ihr in der Form des Einzelunternehmens betriebenen Unternehmens.

24

cc) Der Kläger war auch ab dem 24.6.2001 nicht an dem Unternehmen, zB als Mitunternehmer, gleichberechtigter Partner neben der Beigeladenen zu 3. oder gar rechtlich allein maßgebender Unternehmensträger, beteiligt. Die einmalige Übernahme einer Weinrechnung in Höhe von 5000 Euro zu einem nicht konkret festgestellten Zeitpunkt im Jahr 2005 oder 2006 durch den Kläger rechtfertigt weder die Annahme, dass der Kläger hierdurch einen solchen Status erlangte, noch kann darin ein relevantes "Kapitalrisiko" des Klägers gesehen werden. Zwar hat das LSG keine näheren Feststellungen im Zusammenhang mit der Kostenübernahme getroffen. So ist ungeklärt, ob der Kläger der Beigeladenen zu 3. den Betrag darlehensweise überließ oder ihr den Betrag übereignete. Angesichts der verhältnismäßig geringen Höhe kommt allerdings auch in Betracht, dass es sich hierbei um eine Gefälligkeit des Klägers gehandelt haben könnte, die uU dadurch motiviert war, dass er eines Tages - der Familientradition folgend - das Unternehmen übernehmen würde. Die Höhe der übernommenen Kosten ist jedenfalls auf der Grundlage der Feststellungen des LSG im Verhältnis zu den Einrichtungskosten der Weinhandlung mit Gaststätte und zum Wert des Warenbestandes des Unternehmens als geringfügig anzusehen.

25

Soweit das LSG die einmalige Kostenübernahme als sehr geringes "Kapitalrisiko" des Klägers bewertet hat, ist nicht ersichtlich, worauf sich dieses Risiko beziehen sollte: Bei dem von der Beigeladenen zu 3. betriebenen Unternehmen handelt es sich um ein Einzelunternehmen, nicht um eine eigenständige juristische Person des Privatrechts, zB eine Kapitalgesellschaft. Ein Risiko wäre allenfalls gegeben, wenn der Kläger der Beigeladenen zu 3. den Betrag darlehensweise zur Verfügung gestellt hätte. Angesichts der verhältnismäßig geringen Höhe wäre aber auch das entsprechende Kreditausfallrisiko gering gewesen.

26

Die Kostenübernahme führte auch nicht zu einer "Mitunternehmerschaft" des Klägers an dem Unternehmen der Beigeladenen zu 3. Vielmehr hielt die Beigeladene zu 3. nach den Feststellungen des LSG durchgängig am Betrieb des Unternehmens als inhabergeführtes Einzelunternehmen fest. Demzufolge trug - wie bereits ausgeführt - ausschließlich die Beigeladene zu 3. als Inhaberin des Einzelunternehmens bzw Trägerin des Unternehmens ein Haftungsrisiko für dessen Verbindlichkeiten. Sie allein haftete mit ihrem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens. Demgegenüber traf den Kläger keinerlei Haftungsrisiko.

27

dd) Zu Unrecht hat das LSG angenommen, die fehlende regelmäßige Anpassung des Gehalts des Klägers spreche für dessen Selbstständigkeit im streitigen Zeitraum. Insoweit berücksichtigt das Berufungsgericht bereits nicht hinreichend, dass seine tatsächlichen Feststellungen nicht den Schluss zulassen, der Kläger habe insoweit bereits rechtswirksam auf einen entsprechenden Vergütungsanspruch verzichtet. Mangels eines ausdrücklichen Verzichts stünde einer Geltendmachung eines Anspruchs unter Durchsetzung der entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelungen über die regelmäßige Gehaltsanpassung allenfalls dessen Durchsetzbarkeit durch die möglicherweise geltend gemachte Verjährung entgegen. Insoweit trat jedoch auch keine Änderung der Verhältnisse zum 24.6.2001 ein. Vielmehr wurde das Entgelt des Klägers nach den Feststellungen des LSG "vor Jahren" von der Entwicklung der Löhne und Gehälter "abgekoppelt". Einen unmittelbaren Bezug zu der inhaltlichen Ausrichtung des Unternehmens zum 24.6.2001 hat es demgegenüber nicht festgestellt. Soweit das LSG die Nichtanpassung der Arbeitsvergütung als "Gehaltsverzicht" bewertet hat und darin ein gewisses "Unternehmerrisiko" des Klägers sieht, ist wiederum nicht ohne Weiteres ersichtlich, worauf sich dieses Risiko beziehen sollte. Zwar könnte man annehmen, sein Risiko habe darin bestanden, bereits im Vorgriff auf den späteren Übergang des Unternehmens auf die regelmäßige Anpassung seines Entgelts verzichtet zu haben, ohne eine hinsichtlich des Unternehmensübergangs gefestigte Rechtsposition erreicht zu haben. Einem derart angenommenen Risiko steht allerdings entgegen, dass der Kläger durchgehend eine feste Arbeitsvergütung bezog, deren Höhe einerseits deutlich über eine bloße Anerkennung oder ein Taschengeld hinausging und andererseits nicht vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig war. Darüber hinaus trug der Kläger - wie bereits dargelegt - kein rechtlich bedeutsames und auf der Grundlage der Feststellungen des LSG durch entsprechende äußere Umstände dokumentiertes Haftungsrisiko für Verbindlichkeiten des Unternehmens der Beigeladenen zu 3.

28

ee) Entgegen der Auffassung des LSG rechtfertigt schließlich eine vermeintliche "faktische Machtposition" des Klägers nicht die Annahme seiner Selbstständigkeit.

29

Auch geschuldete Dienste höherer Art werden im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen RV und im Recht der Arbeitsförderung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen. Ähnlich verhält es sich hier. Der Kläger war nämlich trotz seiner betrieblichen Befugnisse ununterbrochen in das Unternehmen der Beigeladenen zu 3. organisatorisch eingebunden. Nach den Regelungen des Arbeitsvertrags war er zwar berechtigt, Waren zu bestellen und zu kaufen. Ausdrücklich war er aber nicht umfassend mit gleichen Rechten wie die Beigeladene zu 3. ausgestattet, sondern nur als deren "Stellvertreter" eingesetzt und für Personalfragen nicht durchgehend, sondern nur ausnahmsweise - bei Abwesenheit der Beigeladenen zu 3. - zuständig. Die vom LSG gleichwohl angenommene "Machtposition" des Klägers leitet sich damit lediglich daraus ab, dass er auf die Unternehmenstätigkeit und deren Ausrichtung maßgeblichen Einfluss ausüben konnte, was sich letztlich in der im Sommer 2001 vollzogenen inhaltlichen Neuausrichtung des Unternehmens von einem Lebensmittel- und Getränkeverkauf hin zu einer Weinhandlung mit Gaststätte dokumentierte. Das LSG hat allerdings gleichwohl ausdrücklich festgestellt, dass die Beigeladene zu 3. - trotz Änderung der Geschäftsausrichtung weg von einem Lebensmittel- und Getränkeladen hin zu einer Weinhandlung mit Probierstube und Küchenbetrieb - durchgehend an dem von Beginn an bestehenden und über die Jahre hinweg auch so weitergeführten Form als Einzelunternehmen festhielt. Demzufolge hatte - nach der zutreffenden Bewertung durch das LSG - allein die Beigeladene zu 3. als Unternehmensinhaberin bzw Trägerin des Unternehmens die Rechtsmacht, Änderungen an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens vorzunehmen oder den Kläger von seinen Aufgaben zu entbinden. Daran änderte sich auch erkennbar nichts nach der inhaltlichen Neuausrichtung des Unternehmens zum 24.6.2001; denn die Beigeladene zu 3. hatte es nach wie vor in der Hand, etwa im Fall eines Zerwürfnisses den Kläger zu entlassen und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne dass der Kläger die Rechtsmacht besaß, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten (zur vorrangigen Bedeutung formell bestehender Rechtsmacht gegenüber dem Gesichtspunkt ihrer tatsächlichen Nichtausübung vgl bereits BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32). Anhaltspunkte dafür, dass allein der Kläger über ein derart hohes Fachwissen verfügte, dass nur er in der Lage war, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, hat das LSG nicht festgestellt und sind sonst nicht ersichtlich. Auch kann insoweit nicht eingewandt werden, dass eine fremde Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen möglicherweise nicht bereit gewesen wäre, zu denselben Konditionen tätig zu werden; insoweit handelt es sich lediglich um wirtschaftliche Überlegungen, die am grundsätzlichen Bestehen einer entsprechenden rechtlichen Möglichkeit nichts ändern. Darüber hinaus bezog sich die vom LSG angenommene "Machtposition" des Klägers allein auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens der Beigeladenen zu 3. Nur insoweit hatte der Kläger aufgrund seines geltend gemachten Fachwissens eine herausgehobene Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Eine wirtschaftlich beherrschende Stellung durch den Kläger war demgegenüber nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des BSG können derartige Einflussmöglichkeiten zwar beachtenswert sein, soweit sie einem Geschäftsführer einer GmbH selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). Wie dargestellt, betreibt die Beigeladene zu 3. das Unternehmen indessen nach wie vor als Einzelunternehmerin bzw alleinige Trägerin. Hinweise auf eine Mitunternehmerschaft bzw eine nennenswerte Kapitalbeteiligung des Klägers an dem Unternehmen verbunden mit einem damit korrespondierenden wesentlichen Einfluss auf dessen Bestand und Geschäftsbetrieb liegen nicht vor.

30

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig.

2

Der Kläger betrieb von 1994 bis 2004 ein Taxiunternehmen und verfügte zuletzt über 146 Konzessionen. Zumindest seit 1999 überließ er seine Taxis an Fahrer, die ihm dafür pauschal 80 DM, später 40 Euro pro Tag zahlten, im Gegenzug aber die erzielten Einnahmen behalten durften. Die Kraftstoffkosten trugen die Fahrer selbst, während der Kläger Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Fahrzeugen in seiner eigenen Werkstatt und auf eigene Kosten durchführen ließ. Um dieses sog "Mietmodell" zu verschleiern, führte der Kläger von 1999 bis 2004 Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung (sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die an dem "Mietmodell" beteiligten Fahrer auf der Grundlage eines tatsächlich nie gezahlten Arbeitslohns an die beklagte Einzugsstelle ab. Die laut Verdienstabrechnung zu zahlenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ließ sich der Kläger von den Taxifahrern wieder erstatten.

3

Mit Urteil des LG Hamburg vom 3.3.2005 (620 KLs 13/04) wurde der Kläger im Zusammenhang mit dem "Mietmodell" wegen vollendeter und versuchter Steuerhinterziehung in jeweils mehreren Fällen zu einer Freiheits- und Geldstrafe verurteilt. Seinen daraufhin gestellten Antrag, ihm die für die Jahre 1999 bis 2004 gezahlten Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten, weil die am "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer nach den Urteilsgründen des LG selbstständig tätig und damit nicht versicherungspflichtig gewesen seien, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2006; Widerspruchsbescheid vom 13.9.2006).

4

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG Hamburg vom 25.1.2011; Urteil des LSG Hamburg vom 18.12.2015). Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt: Es könne offenbleiben, ob die an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer als Beschäftigte versicherungspflichtig gewesen seien. Dem geltend gemachten Erstattungsanspruch stehe bereits der Einwand unzulässiger Rechtsausübung wegen Kenntnis der Nichtschuld nach § 814 BGB entgegen. Diese Vorschrift finde auf den Beitragserstattungsanspruch des § 26 Abs 2 SGB IV als Sonderfall des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs jedenfalls dann Anwendung, wenn gezielt über das Bestehen des Rechtsgrundes getäuscht werde. Ein solches Rechtsverständnis verstoße nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der einer Abwägung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben, gegen den der Kläger durch seine Täuschungshandlung verstoßen habe, zugänglich sei. Die Voraussetzungen des § 814 BGB seien erfüllt. Im Bewusstsein, die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich nicht zu schulden, sei es dem Kläger gerade darauf angekommen, durch die Meldung der an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer zur Sozialversicherung und die Entrichtung von Beiträgen den Anschein einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erwecken.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 26 Abs 2 SGB IV iVm § 814 BGB. Er habe sich zwar unredlich im Sinne des Personenbeförderungsrechts verhalten, aber nicht mit Täuschungs- und Schädigungsabsicht gegenüber der Beklagten gehandelt. Die Ablehnung des Erstattungsanspruchs widerspreche dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Hamburg vom 18.12.2015 und des SG Hamburg vom 25.1.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.9.2006 aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, an den Kläger 22 853 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

11

A. Die Sache ist bereits deshalb zurückzuverweisen, weil es das LSG versäumt hat, die zuständige Pflegekasse sowie die Taxifahrer, für die der Kläger Sozialversicherungsbeiträge an die Beklagte abgeführt hat, zum Verfahren beizuladen, obwohl dies nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG notwendig gewesen wäre. Danach sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen (sog echte notwendige Beiladung). Ein entsprechender Verfahrensfehler ist im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 15 mwN).

12

Die Pflegekasse ist beizuladen, weil der Kläger auch die Erstattung von Beiträgen zur sPV begehrt. Die mit der Feststellung oder Ablehnung des Erstattungsanspruchs einhergehende Entscheidung über die Beitragspflicht und Beitragshöhe (vgl BSG Urteil vom 15.8.1991 - 12 RK 25/89 - SozR 3-2400 § 26 Nr 4 S 12)betrifft die Rechte der Pflegekasse als Inhaberin des ihr zustehenden Teils der Beitragsforderung (vgl BSG Urteil vom 7.2.2002 - B 12 KR 12/01 R - BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4, mwN). Ob sich die Klage hinsichtlich der Beiträge zur sPV zutreffend gegen die beklagte Krankenkasse als für deren Erstattung zuständiger Versicherungsträger richtet (dazu B. 3.), ist für die Notwendigkeit der Beiladung ohne Belang (zum Beiladungserfordernis sogar bei evtl unzulässiger Berufung vgl BSG Beschluss vom 25.10.2012 - B 9 VJ 5/10 B - Juris RdNr 12).

13

Die an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer sind notwendig beizuladen, weil der Erstattungsanspruch von deren Einordnung als versicherungspflichtige Beschäftigte oder selbstständig Tätige abhängt. Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Versicherungsträger oder Einzugsstelle wegen Beitragsforderungen ist jedenfalls die Beiladung derjenigen (vermeintlich) Beschäftigten geboten, deren personenbezogene Versicherungspflicht die Beitragspflicht begründen soll (anders bei sog nicht personenbezogenen Summenbescheiden, vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 20 mwN). Dass mit der Klage nicht eine Beitragsforderung abgewendet, sondern eine Erstattungsforderung durchgesetzt werden soll, ist unschädlich, weil die Prüfung des Erstattungsanspruchs - wie bereits ausgeführt wurde - eine Entscheidung über Grund und Höhe der Beitragspflicht voraussetzt.

14

Eine Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren mit Zustimmung der Beizuladenden (§ 168 S 2 SGG),die in das Ermessen des Revisionsgerichts gestellt ist, war wegen notwendiger Zurückverweisung aus anderen Gründen nicht sachdienlich (vgl BSG Urteil vom 24.3.2009 - B 8 SO 29/07 R - BSGE 103, 39 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1, RdNr 14 mwN).

15

B. In der Sache erlauben die vom LSG getroffenen Feststellungen keine abschließende Beurteilung darüber, ob dem Kläger, und wenn ja, in welcher Höhe und durch wen Beiträge zu erstatten sind. Dem geltend gemachten Erstattungsanspruch steht nicht bereits der Einwand der Kenntnis der Nichtschuld entgegen (dazu 1.). Daher wird das LSG zu klären haben, welche der am "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer als abhängig Beschäftigte der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlagen, in welcher Höhe und ggf wann der Kläger Beiträge gezahlt hat, und ob ihm Beiträge von einem Dritten ersetzt worden sind (dazu 2.). Die Ablehnung der Erstattung von zur sPV entrichteten Beiträgen ist hingegen schon deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil die Beklagte hierüber nicht hätte entscheiden dürfen (dazu 3.).

16

1. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist nicht schon wegen des Einwands der Kenntnis der Nichtschuld nach § 814 Alt 1 BGB ausgeschlossen. Nach § 814 Alt 1 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Dieser Einwand würde den Erstattungsanspruch zwar ausschließen, weil der Kläger nach den Feststellungen des LSG die Beitragsleistung jedenfalls auch für den Fall einer fehlenden Beitragsschuld bewirken wollte (vgl BGH Urteil vom 13.5.2014 - XI ZR 170/13 - Juris RdNr 112). Er findet aber auf den speziellen Beitragserstattungsanspruch des § 26 Abs 2 SGB IV keine Anwendung(so zum allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247 = SozR 4-7610 § 812 Nr 7, RdNr 27; insoweit aA BSG Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R - BSGE 117, 82 = SozR 4-2500 § 109 Nr 40, RdNr 29 mwN). Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a), der Gesetzessystematik (dazu b) und der Entstehungsgeschichte des Beitragserstattungsrechts (dazu c). Der mit § 26 Abs 2 SGB IV verfolgte Zweck zwingt zu keinem anderen Ergebnis(dazu d). Auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl hierzu BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247 = SozR 4-7610 § 812 Nr 7, RdNr 27 mwN und OVG Rheinland-Pfalz Urteil vom 28.11.1991 - 1 A 10312/89 - Juris RdNr 24) kommt es infolgedessen nicht mehr an.

17

a) Gemäß § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Der Wortlaut dieser Vorschrift ordnet weder ausdrücklich noch über eine Verweisung auf § 814 BGB die Anwendbarkeit des Einwands der Kenntnis der Nichtschuld an. Die Regelung knüpft zudem nicht an ein vorwerfbares Verhalten eines am Beitragseinzug Beteiligten an, sondern bestimmt abschließend und ohne Schuldprüfung die Abwicklung einer unrechtmäßigen Beitragsentrichtung (so schon BSG Urteil vom 29.1.1998 - B 12 KR 11/97 R - SozR 3-2400 § 26 Nr 10 S 49).

18

b) Auch gesetzessystematische Erwägungen sprechen gegen eine Anwendung des § 814 Alt 1 BGB im Rahmen des § 26 Abs 2 SGB IV. Der Einwand der Kenntnis der Nichtschuld ist Ausdruck des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") und damit des Grundsatzes von Treu und Glauben (BGH Urteil vom 13.2.2008 - VIII ZR 208/07 - Juris RdNr 16 mwN). Der Beitragserstattungsanspruch wird hingegen durch andere Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben flankiert, während es an einer § 814 Alt 1 BGB entsprechenden Regelung fehlt. Zum einen ist nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ausgeschlossen, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund der zu erstattenden Beiträge oder für den Zeitraum, für den diese zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Auch in diesen Verfallsklauseln, die auf der Vorstellung einer wechselseitigen Abhängigkeit von Beiträgen und Leistungen beruhen (BSG Urteil vom 26.1.1988 - 2 RU 5/87 - BSGE 63, 18, 24 = SozR 1300 § 44 SGB X Nr 31 S 86) und die nachträgliche Beseitigung der finanziellen Beteiligung an den Aufwendungen der Versichertengemeinschaft verhindern sollen, hat der Grundsatz von Treu und Glauben in Gestalt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens seinen Niederschlag gefunden (vgl BSG Urteil vom 2.2.1999 - B 2 U 3/98 R - BSGE 83, 270, 277 = SozR 3-2400 § 26 Nr 11 S 57 mwN). Zum anderen sieht § 27 Abs 2 S 1 SGB IV vor, dass der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs verjährt, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Mit dieser Verjährungsvorschrift wird ebenfalls der Grundsatz von Treu und Glauben - nunmehr in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten - konkretisiert (BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 10). Die speziell den Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs 2 SGB IV betreffenden Sonderregelungen des § 26 Abs 2 Halbs 1 und § 27 Abs 2 S 1 SGB IV machen deutlich, dass der Grundsatz von Treu und Glauben im Zusammenhang mit dem Beitragserstattungsanspruch nicht umfassend, sondern nur in Gestalt bestimmter Ausprägungen Berücksichtigung finden soll.

19

Darüber hinaus ist gesetzessystematisch § 44 Abs 1 S 2 SGB X zu berücksichtigen, der für den Fall eines rechtswidrig erlassenen Beitragsbescheids eine mit den Rechtswirkungen des § 814 Alt 1 BGB vergleichbare Regelung enthält. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs 1 S 1 SGB X). Das gilt nach § 44 Abs 1 S 2 SGB X aber nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Ein solcher unlauter zustande gekommener und damit nicht zurücknehmbarer Verwaltungsakt bildet den Rechtsgrund für die Beitragsentrichtung und schließt die Beitragserstattung aus (vgl BSG Urteil vom 27.1.2000 - B 12 KR 10/99 R - SozR 3-2400 § 28h Nr 11 S 43 f). Hätte der Gesetzgeber einen entsprechenden Ausschluss wegen eines vorwerfbaren Verhaltens auch im Zusammenhang mit der Beitragserstattung nach § 26 Abs 2 SGB IV regeln wollen, wäre dies ebenfalls normativ zum Ausdruck gebracht worden.

20

c) Die Gesetzeshistorie bestätigt dieses Ergebnis. Nach der Gesetzesbegründung entspricht § 26 Abs 2 SGB IV (= § 27 des Gesetzentwurfs) zwar einem allgemeinen Rechtsgrundsatz(BT-Drucks 7/4122, S 34 zu §§ 22 bis 29). Der Annahme eines rechtsgrundsätzlichen generellen Ausschlusses von Erstattungsansprüchen bei Kenntnis des Leistenden von der Nichtschuld steht indes entgegen, dass der Gesetzgeber der §§ 812 ff BGB bewusst davon Abstand genommen hat, den Bereicherungsanspruch mit dem Irrtum über das Bestehen der Leistungspflicht zu verknüpfen(Mot II zum Entwurf eines BGB S 833).

21

Ungeachtet dessen legte § 1446 RVO(idF vom 19.7.1911 - RGBl I 509) für die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung des Vierten Buches der RVO Sonderregelungen für Beiträge fest, "die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht entrichtet worden" waren. Hierzu zählte ua die 10-jährige Rückforderungsfrist für Versicherte, sofern eine Rente nicht schon rechtskräftig bewilligt und die Verwendung der Beitragsmarken nicht in betrügerischer Absicht geschehen war (§ 1446 Abs 2 RVO). Daneben galt für andere, unabhängig von einem Irrtum über die Versicherungspflicht überzahlte Beiträge die für das Sozialversicherungsrecht der RVO allgemein maßgebende Vorschrift des § 29 Abs 2 RVO(idF vom 19.7.1911, aaO), wonach der Anspruch auf Rückerstattung von Beiträgen in sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs verjährte, in dem sie entrichtet worden sind, jedoch vorbehaltlich ua des § 1446 Abs 2 RVO(zur Reichweite dieses Vorbehalts vgl RVA vom 20.2.1915 - II 754/15 - AN 1915, 442, 443; RVA vom 10.3.1914 - II 1532/14 - AN 1914, 455; zum Anwendungsbereich des § 29 Abs 2 RVO vgl auch Stier-Somlo, Handkommentar zur RVO, 3. Aufl 1929, § 29 Anm 3; Hanow, Kommentar zur RVO Erstes Buch, 5. Aufl 1926, § 29 Anm 9a). Mit der Einführung des § 1445c RVO(durch das Gesetz über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21.12.1937 - RGBl I 1393), der die Rückforderung zu Unrecht entrichteter Beiträge binnen zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs der Entrichtung vorsah, sofern aus diesen Beiträgen nicht eine Leistung bewilligt worden war (Abs 1 und 3), ist § 1446 Abs 2 RVO weggefallen. Die Regelungen des § 1445c Abs 1 und 3 RVO sind zum 1.1.1957 durch das Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 23.2.1957 (BGBl I 45) in § 1424 RVO übernommen worden. Diese Vorschrift ist mit der Einführung des SGB IV vom 23.12.1976 (BGBl I 3845) zum 1.7.1977 gestrichen und durch § 26 Abs 2 SGB IV ersetzt worden. Der Gesetzgeber der RVO hat damit zwischen der irrtumsbedingten und irrtumsunabhängigen Beitragserstattung unterschieden. Dass er Beitragserstattungsansprüche auf Fälle einer irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht beschränken wollte, ist weder bei Einführung der §§ 1445c, 1424 RVO noch bei deren Ablösung durch § 26 Abs 2 SGB IV deutlich geworden. Vielmehr ist die dem Bereicherungsrecht der §§ 812 ff BGB zugrundeliegende Entscheidung für einen irrtumsunabhängigen Bereicherungsanspruch auf den Beitragserstattungsanspruch übertragen worden, ohne zugleich eine § 814 Alt 1 BGB entsprechende Ausschlussregelung zu treffen.

22

d) Eine andere Beurteilung ist auch nicht durch den mit § 26 Abs 2 SGB IV verfolgten Zweck geboten. Der Beitragserstattungsanspruch zielt darauf ab, eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung auszugleichen, die darauf beruht, dass Beiträge zur Sozialversicherung zu Unrecht entrichtet wurden (Waßer in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 26 SGB IV RdNr 25). Er dient der Abwicklung einer unrechtmäßigen Beitragsentrichtung, ohne an ein evtl vorwerfbares Verhalten eines am Beitragseinzug Beteiligten anzuknüpfen (vgl BSG Urteil vom 29.1.1998 - B 12 KR 11/97 R - SozR 3-2400 § 26 Nr 10 S 49).

23

2. Ob und ggf in welcher Höhe dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch zusteht, lässt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Sie erlauben keine Entscheidung, ob die an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer abhängig beschäftigt iS des § 7 Abs 1 SGB IV oder selbstständig tätig waren(dazu a). Unklar ist auch, in welcher Höhe der Kläger Beiträge entrichtet hat (dazu b). Zudem ist der Zeitpunkt der Beitragsentrichtung festzustellen, um prüfen zu können, welcher Leistungsträger für die Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung zuständig ist (dazu c). Schließlich ist für eine Beitragserstattung nur Raum, soweit dem Kläger Beiträge nicht bereits ersetzt worden sind (dazu d).

24

a) Beiträge sind zu Unrecht entrichtet, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Entrichtung mangels Versicherungs- und Beitragspflicht dem Grunde oder der Höhe nach ohne Rechtsgrund gezahlt worden sind (vgl BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 AL 4/13 R - BSGE 118, 213 = SozR 4-2400 § 27 Nr 6, RdNr 13). Ob die an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer als Beschäftigte der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlagen (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 25 Abs 1 S 1 SGB III, § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 1 Halbs 1 SGB XI), wird das LSG unter Anwendung der nach ständiger Rechtsprechung des BSG geltenden Grundsätze zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit zu klären haben. Der sozialversicherungsrechtliche Status richtet sich, ausgehend von den eine Beschäftigung einerseits und eine selbstständige Tätigkeit andererseits kennzeichnenden Umständen, nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden. Haben die Beteiligten eine rechtlich zulässige Vereinbarung getroffen, ist deren Inhalt konkret festzustellen und zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (statt vieler BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 13 f mwN).

25

Von einer abhängigen Beschäftigung der an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer kann nicht schon deshalb ausgegangen werden, weil sie nach den Feststellungen des LSG weder über eine Konzession noch über ein eigenes Taxi verfügten (anders Seewald in KassKomm, § 7 SGB IV RdNr 125, Stand Dez 2016, unter Verweis auf Anl 5 des Gemeinsamen Rundschreibens zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 13.4.2010). Hierbei handelt es sich lediglich um zwei gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte unter mehreren - noch festzustellenden - Indizien. Wer mit einem Taxi entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen befördert, muss im Besitz einer Genehmigung sein und ist Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG; §§ 2 Abs 1 S 1 Nr 4, S 2 iVm § 1 und §§ 46, 47 PBefG). Wer ohne die erforderliche Konzession Personen befördert, handelt zwar ordnungswidrig (§ 61 Abs 1 Nr 1 PBefG), verliert dadurch aber nicht seine Eigenschaft als Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts, die an die entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung und die im übrigen Geschäftsleben für die Unternehmereigenschaft maßgebenden Merkmale anknüpft (BVerwG Urteil vom 27.3.1992 - 7 C 26/91 - Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr 5). Die fehlende Genehmigung steht auch nicht zwingend einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts entgegen (vgl auch LSG Hamburg Urteil vom 4.12.2013 - L 2 R 116/12 - Juris RdNr 41 sowie LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14.12.2016 - L 9 KR 344/13 - Juris RdNr 78, das die personenbeförderungsrechtliche Konzession als "immaterielles Betriebsmittel" ansieht; zu einer Physiotherapeutin ohne Zulassung zur Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29). Dass die am "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer nicht Eigentümer der genutzten Fahrzeuge und damit nicht iS von § 903 S 1 BGB berechtigt waren, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, ist ebenfalls lediglich ein gegen selbstständige Tätigkeit sprechendes Indiz, steht dieser aber nicht von vornherein entgegen. Aufgrund anderer sachenrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (zB Vorbehaltseigentum oder Sicherungsübereignung) ist zumindest denkbar, dass ein Taxifahrer, ohne Eigentümer zu sein, gleichwohl die tatsächliche Herrschaft über das von ihm genutzte Fahrzeug und dieses jederzeit zur freien Verfügung hat.

26

Vor diesem Hintergrund wird das LSG sämtliche für und gegen eine abhängige Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Indizien, insbesondere zwischen dem Kläger und den Taxifahrern evtl getroffene Vereinbarungen, deren Weisungsgebundenheit sowie Verfügungsmöglichkeit über die Fahrzeuge und ihre Arbeitszeit aufzuklären haben. Von entsprechenden Ermittlungen kann nicht aufgrund des Strafurteils des LG Hamburg vom 3.3.2005 (620 KLs 13/04) abgesehen werden, wonach die Taxis zur selbstständigen Nutzung überlassen worden seien. Aufgrund des sowohl im Sozialverwaltungs- als auch sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§§ 20 ff SGB X, § 103 SGG) ist der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte sind grundsätzlich nicht an die Entscheidungen von Strafgerichten gebunden. Sie dürfen deren Einschätzung zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit weder vorschnell übernehmen noch im Hinblick auf Strafurteile von einer eigenen Beweiserhebung und Beweiswürdigung absehen.

27

b) Unabhängig vom Ergebnis der vom LSG vorzunehmenden Gesamtabwägung der das "Mietmodell" kennzeichnenden tatsächlichen Umstände wird das Berufungsgericht die Höhe der vom Kläger für die beteiligten Taxifahrer entrichteten Beiträge festzustellen haben. Im Falle einer versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung kommt ein Erstattungsanspruch nur in Höhe ggf zu viel entrichteter Beiträge in Betracht. Die evtl Nichtaufklärbarkeit der für die Beitragsbemessung maßgebenden Arbeitsentgelte und damit einer etwaigen Differenz zwischen zu zahlenden und tatsächlich entrichteten Beiträgen geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl hierzu BSG Urteil vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 30 f) zu Lasten des Klägers. Bei einer selbstständigen Tätigkeit der Taxifahrer deckt sich der Erstattungsanspruch mit der Summe der gezahlten Beiträge.

28

c) Soweit dem Kläger ein Erstattungsanspruch dem Grunde nach zusteht, wird das LSG weiter festzustellen haben, wann er die Beiträge entrichtet hat. Vom Zeitpunkt der Beitragszahlung hängt ab, ob sich der Anspruch auf Erstattung der Beiträge zur GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gegen die Beklagte oder gegen den jeweiligen Rentenversicherungsträger bzw die Agentur für Arbeit selbst richtet. Zur Erstattung ist derjenige Versicherungsträger verpflichtet, dem die entsprechenden Beiträge zugeflossen sind (BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 30/03 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 3 RdNr 14). Daher ist die beklagte Krankenkasse auch selbst für die Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zuständig und insoweit passivlegitimiert. Dagegen kommt eine entsprechende Sachentscheidungskompetenz für die GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung nur in den Grenzen der jeweiligen spezialgesetzlichen Ermächtigungen (§ 211 S 1 Nr 1 SGB VI, § 351 Abs 2 Nr 2 SGB III iVm den Gemeinsamen Grundsätzen der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung" vom 21.11.2006) in Betracht. Danach ist für die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Renten- oder Arbeitslosenversicherungsbeiträge ausschließlich der Rentenversicherungsträger oder die Agentur für Arbeit zuständig, wenn der Erstattungsanspruch ganz oder teilweise verjährt ist (Nr 4.3.2 Buchst d, Nr 4.3.3 Buchst b der Gemeinsamen Grundsätze). Inwieweit dies der Fall ist, wird das LSG zu prüfen haben. Hätte die Beklagte wegen (teilweise) verjährter Beiträge zur GRV und/oder nach dem Recht der Arbeitsförderung unzuständig anstelle des jeweiligen Rentenversicherungsträgers oder der Agentur für Arbeit über deren Erstattung entschieden, wäre der angefochtene Verwaltungsakt insoweit schon aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben (dazu 3.).

29

d) Zudem wird das LSG zu klären haben, ob ein evtl Erstattungsanspruch nach § 26 Abs 3 S 2 SGB IV ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift entfällt der Erstattungsanspruch, soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind. Ein Ersatz der Arbeitgeberbeiträge durch am "Mietmodell" beteiligte Taxifahrer, der nach den Feststellungen des LSG bislang nicht habe geklärt werden können, würde dem Erstattungsanspruch entgegenstehen.

30

3. Schließlich wird das LSG im wieder eröffneten Berufungsverfahren zu beachten haben, dass der angefochtene Verwaltungsakt aufzuheben ist, soweit die Beklagte auch die Erstattung der Beiträge zur sPV abgelehnt hat. Mangels einer § 211 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI oder § 351 Abs 2 Nr 2 SGB III vergleichbaren Grundlage ist die Beklagte nicht für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur sPV zuständig(BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 30/03 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 3 RdNr 5). Die sachliche Unzuständigkeit der Beklagten für die hierüber getroffene Entscheidung führt zur Rechtswidrigkeit und damit zur Aufhebung des insoweit angegriffenen Verwaltungsaktes (vgl BSG Urteil vom 5.5.1988 - 12 RK 42/87 - SozR 2200 § 1425 Nr 3 S 3).

31

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status aufgrund einer Tätigkeit im sog Rackjobbing.

2

Die Klägerin - eine GmbH - präsentierte sich im Zeitraum der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für sie vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 als Dienstleisterin auf dem Retailmarkt. Sie verstand sich als Bindeglied zwischen Herstellern und Retailern von Waren (Einzelhändlern und Wiederverkäufern) und bot ein integriertes Vertriebs-, Merchandising- und Logistikkonzept zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Belieferung von Großmärkten und Warenhäusern an. Teil ihres Angebots war sog Rackjobbing (= Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung). Dieses Angebot umfasste einen Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI (Electronic Data Interchange), die regelmäßige Betreuung der Retail-Filialen/Outlets, die regelmäßige Kontrolle der Bestände, die Regalpflege einschließlich der Regaloptimierung, die Layout-Erstellung für die jeweiligen Sortimente einschließlich der dazugehörigen Planung, Umsetzung und Optimierung jeweils nach Abverkaufszahlen, Neueinrichtungen und generelle Umbauten, fundierte Zahlen für zukünftige Strategien sowie die Steuerung der Sortimente nach Abverkaufszahlen.

3

Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin lag ein mehrseitiger schriftlicher Vertrag vom 1.11.1999 zugrunde, in dem ua - durch Einzelbestimmungen in zahlreichen §§ aufgegliedert - Folgendes vereinbart worden war: Der Beigeladene zu 1. solle als "freier Mitarbeiter" zur selbstständigen Warengestaltung und -darbietung bzw Merchandising tätig werden und werde insbesondere mit der Ausführung folgender Tätigkeiten in den Geschäftsräumen der Kunden der Klägerin beauftragt: Präsentation der Produkte der Klägerin und ihrer Vertragspartner, Sortimentüberwachung, Warendisposition, Warenplatzierung, Preisauszeichnung, Regalservice (Regalaufbauten/Regalumbauten), Layout-Prüfungen und Inventuren. Einzelheiten der Vertragsausführung seien dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1. in eigener Verantwortung auszuführen und dabei zugleich die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen. Er unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Klägerin, habe jedoch deren fachliche Vorgaben zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung zu beachten. Er sei nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet, sondern könne die Vertragspflichten auch durch Erfüllungsgehilfen erfüllen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt sei. Er habe das Recht, einzelne Aufträge ohne Begründung abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu werden; einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfe dies nur, sofern es sich dabei um Wettbewerber der Klägerin handele. Die Bestimmung des Orts der Tätigkeit erfolge in dem jeweiligen Einzelauftrag. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1. ein Stundenhonorar in Höhe von 24 DM zzgl Umsatzsteuer, die Abrechnung habe auf fünf Minuten genau zu erfolgen; die Auftragserfüllung sei wöchentlich auf besonderen Formularen nachzuweisen. Er habe die Kosten für Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und sonstige im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit anfallende Kosten zu tragen. Die Gewährung von Urlaub und Zahlung eines festen Lohns, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Überstunden bzw sonstige Sozialleistungen seien ausgeschlossen. Der Beigeladene zu 1. sei vielmehr verpflichtet, während Urlaub und Krankheit die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen bzw im Verhinderungsfall unverzüglich die Klägerin zu informieren. Für Schäden, die er bzw seine Mitarbeiter im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung der Klägerin zufügten, habe er zu haften. Der Beigeladene zu 1. bestätigte der Klägerin, dass er auch für andere Auftraggeber tätig sei und verpflichtete sich zur Mitteilung, falls dies nicht mehr zutreffe und die Klägerin seine einzige Auftraggeberin geworden sei. Weiter oblag es ihm, der Klägerin zu jedem Quartalsende den prozentualen Anteil der anderen Auftraggeber an seinem Gesamtgewinn mitzuteilen. Er verpflichtete sich des Weiteren, vor Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin eine Gewerbeanmeldung vorzulegen (bereits zum 29.1.1992 hatte er ein Gewerbe als selbstständiger Handelsvertreter angemeldet), seine Selbstständigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers nachzuweisen und seine Steuernummer für die Einkommen- und Umsatzsteuer mitzuteilen. Schließlich war der Beigeladene zu 1. verpflichtet, für den Fall, dass "Scheinselbständigkeit" durch den Sozialversicherungsträger oder die Finanzbehörden festgestellt werde, die daraus für die Klägerin resultierenden Nachforderungen unbeschränkt und zeitlich unbefristet auszugleichen. Ergänzungen und Änderungen des Vertrages bedurften der Schriftform.

4

Nach einem Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich "die Beklagte") mit gleichlautenden Bescheiden vom 18.8.2003 gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem Beigeladenen zu 1. fest, dass dieser seine Tätigkeit im Bereich Regalservice bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.1.2005).

5

Auf die Klage der Klägerin hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei (Urteil vom 20.10.2008). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die vorgenannten Bescheide geändert und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt (Bescheid vom 24.9.2012). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sprechenden Umstände. Anknüpfungspunkt sei zunächst der Vertrag vom 1.11.1999, der als Rahmenvertrag (im Folgenden: RV) die Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstelle und überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Regelungen enthalte. Dem hierin dokumentierten Willen der Vertragsparteien komme indizielle Bedeutung zu. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine formale Vereinbarung gehandelt habe, seien nicht ersichtlich. Tatsächlich sei der Beigeladene zu 1. schon vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin selbstständig und auch während dieser Zeit für mehrere andere Unternehmen tätig gewesen. Deshalb habe er nicht jeden Auftrag der Klägerin ausführen können und Auftragsübernahmen abgelehnt. Die Klägerin habe nicht jederzeit über seine Arbeitsleistung verfügen können, was gegen eine Eingliederung in deren Betrieb spreche. Zudem habe der Beigeladene zu 1. die Aufträge nicht höchstpersönlich ausführen müssen. Zwar habe er mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt, doch sei in zwei Parallelverfahren bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, wobei diese die Differenz zwischen dem ihnen von der Klägerin gewährten Vergütungssatz und dem von ihnen an ihre Subunternehmer bzw Arbeitnehmer gezahlten Entgelt als unternehmerische Vergütung hätten vereinnahmen können. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. habe es sich nicht um klassische Regalauffüllertätigkeiten gehandelt, die typischerweise in abhängiger Beschäftigung ausgeführt würden. Vielmehr seien diese durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente ergänzt worden. So hätten die Auftragnehmer der Klägerin - wie durch Zeugen in Parallelverfahren bestätigt worden sei - über das mechanische Ein- und Ausräumen von Produkten hinaus auch über die Präsentation der Produkte der Vertragspartner der Klägerin zu entscheiden, Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung vorzunehmen gehabt. Die zeitliche Abhängigkeit vom Warenwirtschaftsturnus und Warenabverkauf sei ebenso der Natur der Tätigkeit geschuldet und nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin, wie der Umstand, dass die Tätigkeit in den zu betreuenden Verbrauchermärkten zu erbringen sei. Für eine Beschäftigung spreche demgegenüber die Vergütung mittels Stundenhonorar bei einer auf fünf Minuten genauen Abrechnung sowie der Umstand, dass sich der Beigeladene zu 1. seine jeweiligen Tätigkeitszeiten von den Marktleitern bzw deren Vertretern habe bestätigen lassen müssen. Allerdings rechneten auch viele Selbstständige nach Stundensätzen ab und der Beigeladene zu 1. habe zumindest durch die Auswahl der von ihm zu betreuenden Märkte Einfluss auf die Höhe der Vergütung nehmen können, in dem er über die Anfahrtszeiten seine Vergütung optimiere. Im Ergebnis gehöre der Beigeladene zu 1. als sog Solo-Selbstständiger zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen, deren wirtschaftliche Situation in vielerlei Hinsicht der von Beschäftigten ähnele. Es bestehe zudem auch keine Versicherungspflicht als Solo-Selbstständiger in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, weil der Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei (Urteil vom 14.3.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bei seiner Gesamtwürdigung wesentliche Umstände, aus denen es auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen habe, in ihrer Tragweite verkannt. Insbesondere habe es den RV vom 1.11.1999 im Wortlaut herangezogen, ohne die dahinter liegende Bedeutung zu beachten. Die Möglichkeit, einzelne Aufträge abzulehnen, entspreche der Entschließungsfreiheit eines Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen oder nicht. Das BSG habe bereits klargestellt, dass stets die einzelnen "Einsatzaufträge" zu prüfen seien. Dem Ausschluss von Sozialleistungen als solchem komme eine indizielle Wirkung für eine Selbstständigkeit ebenso wenig zu, wie der Möglichkeit, auch für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Mit der vom LSG festgestellten Ergänzung der Tätigkeit des Regalauffüllers durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente werde die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten" beschrieben, der zumindest im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess fremdbestimmte Arbeit leiste; entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1. nach Annahme eines Einzelauftrags zu den Vertragspartnern der Klägerin gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach deren Vorgaben auszuführen. Zudem habe für ihn kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestanden, da eine Vergütung nach Stunden und keine Umsatzbeteiligung vereinbart gewesen sei. Die eingeräumte Delegationsbefugnis könne ebenfalls keine Selbstständigkeit begründen, da von ihr - anders als in Parallelverfahren - kein Gebrauch gemacht worden sei, weshalb die bloße Befugnis für das vorliegende Vertragsverhältnis nicht prägend gewesen sei.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe das LSG festgestellt, dass ein Auftragsverhältnis auf selbstständiger Basis zwischen dem Beigeladenen zu 1. und ihr (der Klägerin) nicht nur formal vereinbart worden sei. Dem im RV dokumentierten Willen, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme daher ausschlaggebende Bedeutung zu (Hinweis auf BSG Urteile vom 12.10.1979 - 12 RK 24/78 - und vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R). Der Beigeladene zu 1. sei - anders als von der Beklagten unterstellt - nicht als Rackjobber (Regalauffüller), sondern als Merchandiser tätig gewesen. Beide Tätigkeiten seien nicht einander vergleichbar, denn der Merchandiser benötige vielfältige qualifizierte Kenntnisse und habe weitreichende Entscheidungsbefugnisse.

10

Die Beigeladene zu 2. (Bundesagentur für Arbeit) schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass der Beigeladene zu 1. in den Arbeitsprozess der Klägerin eingebunden gewesen sei. Die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber Dienstleistungen zu erbringen, stehe dem nicht entgegen, zumal das LSG nicht festgestellt habe, dass der Beigeladene zu 1. hiervon tatsächlich und "im Wesentlichen" (Hinweis auf BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 15 RdNr 25) Gebrauch gemacht habe. Einen Antrag stellt weder sie, noch ein anderer Beigeladener.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 SGG)begründet.

12

Das Urteil des LSG weist revisionsrechtlich bedeutsame Fehler auf; der Senat kann jedoch nicht abschließend selbst entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das LSG die Berufung der Beklagten gegen das ihren Bescheid vom 18.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2005 vollständig aufhebende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen und den Bescheid vom 24.9.2012 aufgehoben hat, sowie ob und ggf in welchem Umfang diese Bescheide rechtmäßig sind. Das Berufungsgericht hat insbesondere zu Unrecht keine Konsequenzen daraus gezogen, dass eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zur Leistungserbringung überhaupt erst mit der Übernahme des jeweiligen Einzelauftrags entstand. Ob der Beigeladene zu 1. während der Abwicklung der jeweiligen Einzelaufträge versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war, lässt sich aufgrund insoweit fehlender entscheidungserheblicher Tatsachenfeststellungen des LSG derzeit noch nicht endgültig beurteilen.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 24.9.2012. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht bestand) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 24.9.2012 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).

14

2. Soweit das LSG - von den Beteiligten im Revisionsverfahren unbeanstandet gelassen - auch entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

15

3. Die Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) reichen nicht aus, um ausgehend von den dafür rechtlich maßgebenden Umständen und auf der Grundlage der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 bzw während einzelner Zeiträume innerhalb dieses Rahmens abschließend zu beurteilen. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen RV, wonach eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zu entgeltlichen Dienstleistungen für die Klägerin erst mit Annahme eines Einzelauftrags entstand, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Um über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge entscheiden zu können, sind weitere Tatsachenfeststellungen des LSG notwendig (hierzu c). Zugleich hat die vorliegende Vertragskonstruktion Auswirkungen auf die Gewichtung einzelner Umstände im Rahmen der vom LSG erneut vorzunehmenden Gesamtabwägung, was dieses Gericht nach § 170 Abs 5 SGG ebenso zu beachten haben wird, wie die weitere Beurteilung seiner rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Urteil durch den Senat(hierzu d).

16

a) In den Jahren 1999 und 2003, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

17

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - unter II.2.b, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

18

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das LSG - insoweit zutreffend - zunächst vom Inhalt des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. am 1.11.1999 geschlossenen schriftlichen Vertrags ausgegangen und hat geprüft, ob die dort getroffenen Vereinbarungen den tatsächlichen Verhältnissen bei der Durchführung der vom Beigeladenen zu 1. verrichteten Tätigkeit entsprachen. Dabei hat das LSG richtig erkannt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1.11.1999 um einen RV handelte, der die rechtliche Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstellte. Dies folgt insbesondere aus § 1 Abs 2, § 4 und § 6 RV, wonach die Einzelheiten der Vertragsdurchführung sowie die Bestimmung des Orts der Tätigkeit dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten blieben(§ 1 Abs 2, § 6 RV) und dem Beigeladenen zu 1. die - nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angefochtenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG nicht nur theoretische - Möglichkeit eingeräumt war, ihm von der Klägerin angebotene Aufträge ohne Begründung abzulehnen.

19

Nicht ausreichend berücksichtigt hat das LSG hingegen die Konsequenzen dieser Vertragsgestaltung für den Gegenstand der im Hinblick auf eine mögliche Versicherungspflicht vorzunehmenden Prüfung und die Gewichtung bestimmter Umstände hierbei (zum Letzteren unten d). Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht nämlich nicht auf den gesamten vom RV erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 35; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 24; BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27; vgl insbesondere auch das Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R -, das einen einzelnen Projektvertrag über eine Tätigkeit im Rackjobbing zum Gegenstand hatte; zur Bedeutung einer durchgehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19). Dies folgt aus dem Umstand, dass in den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. keinen Auftrag der Klägerin angenommen und durchzuführen hatte, schon keine - die Versicherungspflicht begründende - "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV bestand(zum Inhalt dieser Voraussetzung der Versicherungspflicht vgl BSGE 101, 273 = SozR 4-2400 § 7 Nr 10, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 ff): Vor Annahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1. traf diesen keine - auch keine latente - Verpflichtung, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben. Umgekehrt hatte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. kein Entgelt zu leisten. Ob die gegenseitigen Leistungspflichten jemals (wieder) in Vollzug gesetzt werden würden, war nach der Ausgestaltung des RV vollkommen ungewiss; denn weder war die Klägerin verpflichtet, dem Beigeladenen zu 1. überhaupt Aufträge anzubieten, noch bestand eine Pflicht des Beigeladenen zu 1., einen der ihm von der Klägerin angebotenen Aufträge anzunehmen. Schon hieraus folgt die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf Zeiträume ohne (entgeltliche) Beschäftigung. Die notwendigen Feststellungen dazu, in welchen Zeiträumen Einzelaufträge tatsächlich vorlagen und durchzuführen waren, hat das LSG - von seinem Ansatz her konsequent - jedoch nicht getroffen.

20

c) Ob die Verhältnisse während der Durchführung der einzelnen Aufträge tatsächlich die vom LSG für die gesamte Laufzeit des RV getroffene Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit insgesamt oder zumindest für Teilzeiträume rechtfertigen, kann der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen. Hierfür fehlen neben Feststellungen zu den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. tatsächlich für die Klägerin Einzelaufträge durchführte, auch die erforderlichen konkreten Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung dieser einzelnen Aufträge. Diese Einzelheiten waren nach § 1 Abs 2 des RV ausdrücklich erst den mit dem jeweiligen Einzelauftrag verbundenen Bestimmungen vorbehalten. Ob und ggf in welchem Umfang hierbei Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit (zB bzgl der Besuchshäufigkeit), Dauer (zB tolerierte Höchstdauer der Besuche) und Art der Ausführung (zB Richtlinien oder gar konkrete Anweisungen für die Bestückung einzelner Regale) durch die Klägerin gemacht wurden, hat das LSG im Einzelnen nicht festgestellt. Dies muss es im Rahmen der erneuten Verhandlung nachholen.

21

Zugleich hält es der Senat für geboten, dass das LSG bei dieser Gelegenheit von Amts wegen (vgl § 103 SGG) auch weitere Umstände aufklärt, die Bedeutung für die vorzunehmende Gesamtabwägung haben könnten:

22

So war der Beigeladene zu 1. zwar nach § 9 Abs 2 RV verpflichtet, bei Krankheit und Urlaub die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen, im Verhinderungsfall hatte er die Klägerin unverzüglich zu informieren. Jedoch begründet es Zweifel an der Verbindlichkeit bzw Ernsthaftigkeit der Sicherstellungsverpflichtung des Beigeladenen zu 1., wenn nach dessen - im angefochtenen Urteil wiedergegebenen - Angaben vor dem SG (in der mündlichen Verhandlung am 20.10.2008) die Konsequenz einer längeren Verhinderung lediglich darin bestand, dass der Händler die vorgesehenen Tätigkeiten selbst ausführen musste.

23

Ferner deutet die vom Beigeladenen zu 1. ebenfalls in der mündlichen Verhandlung beim SG gemachte Angabe, der RV sei ua deswegen gekündigt worden, weil er (der Beigeladene zu 1.) nach Auffassung der Klägerin "zu lange gebraucht (habe), um die Arbeiten auszuführen", auf eine zumindest konkludent verabredete zeitliche Vorgabe für die Durchführung eines Einzelauftrags sowie eine über die bloße Bestätigung von Anwesenheitszeiten durch die Marktleiter hinausgehende Überwachung der Auftragsausführung hin.

24

Schließlich wäre es im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, wenn zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1. auch der von der Klägerin angebotene Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI sowie die Erfassung oder Aufbereitung fundierter Zahlen für zukünftige Strategien der Kunden gehört hätten und die hierfür notwendigen Geräte oder Software-Programme ganz oder zumindest teilweise durch die Klägerin gestellt worden wären.

25

d) Die aus der festgestellten Vertragsgestaltung folgende Notwendigkeit einer Prüfung der jeweiligen Einzelaufträge hat zudem materiell-rechtliche Konsequenzen für die Bedeutung einzelner Umstände im Rahmen der - jedenfalls beim Vorliegen relevanter Unterschiede - für jedes Auftragsverhältnis gesondert vorzunehmenden Gesamtabwägung. Gleichzeitig vermag der Senat den rechtlichen Erwägungen des LSG auch aus anderen Gründen nicht in jeder Hinsicht zu folgen.

26

aa) Zutreffend ist das LSG in Würdigung der einzelnen Klauseln des RV zu dem Ergebnis gelangt, dieser dokumentiere den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Willen kommt - wie das LSG ebenfalls zutreffend ausführt - nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht dieses Indizes umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die indizielle Wirkung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr vgl BAG Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Juris RdNr 33).

27

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw zu vermeiden (zB Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen (vgl nämlich § 32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen - insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten - bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und - jedenfalls für das Sozialrecht - das Fehlen der unter II.3.a genannten, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (stRspr, vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 2400 § 2 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332).

28

bb) Nicht gerechtfertigt ist auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch das hohe Gewicht, welches das LSG in seiner auf den RV fokussierten Gesamtabwägung der dem Beigeladenen zu 1. eingeräumten Möglichkeit beigemessen hat, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Anknüpfungstatbestand für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist - wie oben unter II.3.b dargelegt - das einzelne angenommene Auftragsverhältnis. Daher stellte sich - wie von der Beklagten mit der Revision zu Recht geltend gemacht - für den Beigeladenen zu 1. die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Zugleich haben jedenfalls Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen. Ein Werben für seine Tätigkeit hatte der Beigeladene zu 1. aber - wie auch im Urteil des LSG wiedergegeben - im Verwaltungsverfahren gerade verneint.

29

cc) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit auf Selbstständigkeit hindeuten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bzgl der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren. Ob dies vorliegend der Fall ist, hängt in erster Linie vom Inhalt der jeweiligen Einzelaufträge und deren praktischer Durchführung ab, was vom LSG noch weiter aufzuklären ist.

30

Zwar ist die Auffassung des LSG, dass allein aus der zeitlichen und örtlichen Abhängigkeit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom Warenturnus und Warenabverkauf bzw der Belegenheit der zu befüllenden Regale in den jeweiligen Verbrauchermärkten nicht auf ein diesbezügliches einseitiges Direktionsrecht der Klägerin geschlossen werden kann, im Ansatz zutreffend. Allerdings spricht es auch nicht gegen das Vorliegen eines - ggf verfeinerten - Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" (zu diesem Topos vgl zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Die Beiträge Beilage 2004, 154 = USK 2004-25) ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (zB auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt.

31

Ebenso kommt der vom LSG ausführlich beschriebenen besonderen Qualität der Tätigkeit als solcher keine Indizfunktion im Sinne einer Selbstständigkeit zu. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit eines "klassischen" Regalauffüllers mit weiteren, verantwortungsvolleren Aufgaben angereichert und mit größeren Möglichkeiten eigenverantwortlicher Gestaltung bei der Umsetzung des Auftrags bzw der Arbeitsaufgabe versehen wird, spricht noch nicht gegen Beschäftigung. Insoweit vertritt das BSG in ständiger Rechtsprechung, dass allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse selbst eines "leitenden Angestellten" diesen nicht schon zum Selbstständigen machen, solange er in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt (vgl zB BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 20). Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt (vgl bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 16 mwN; BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig ist (zB von Umsatz- und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen, usw), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich - wie nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall - die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet (vgl bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr 32 S 40; BSG SozR 2200 § 165 Nr 51 S 73 f; andererseits für Beschäftigung trotz erfolgsabhängiger Vergütung zB BSG SozR 2200 § 165 Nr 63 S 87 f; BSG SozR Nr 10 zu § 2 AVG Aa 14).

32

Entgegen dem diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren spielt es insoweit keine Rolle, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. noch derjenigen eines Regalauffüllers entspricht, derjenigen eines kaufmännischen Angestellten angenähert ist oder entsprechend den Ausführungen des LSG zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen ("Solo-Selbstständigen") im Wirtschaftsleben ein völlig neues Berufsbild darstellt. Erst recht ist es ohne Belang, mit welchem "Etikett" die am Vertragsverhältnis Beteiligten einer Tätigkeit versehen (vorliegend etwa "Rackjobber" oder "Merchandiser"). Die für das Sozialversicherungsrecht maßgebende Abgrenzung von Versicherungspflicht auslösender Beschäftigung einerseits und Selbstständigkeit andererseits erfolgt vielmehr - wie dargelegt - anhand abstrakter Merkmale (vgl oben II.3.a) und auf Grundlage der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit im Einzelfall und nicht etwa anhand von Berufs- bzw Tätigkeitskatalogen (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20; vgl auch BSG Beschluss vom 27.8.2012 - B 12 R 4/12 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 12 KR 93/12 B - Juris RdNr 16, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Dementsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass bestimmte berufliche Tätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbstständigkeit wahrgenommen werden können und dass es für die Zuordnung insoweit auf die Gesamtschau der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl zB Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; Senatsurteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17, 30 ; Senatsurteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27 ).

33

dd) Dem LSG ist im Ansatz auch darin zuzustimmen, dass eine dem Beigeladenen zu 1. eingeräumte Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, gegen das Vorliegen von Beschäftigung spricht. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen von Beschäftigung typisch, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 22). Auch nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, auch wenn nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat(vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit im Rechtssinne. Sie stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 14; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17 f).

34

Im Rahmen der erneuten Würdigung des Sachverhalts wird das LSG auch zu beachten haben, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen tatsächlich keine Delegation erfolgt ist, die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen kann, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17). Dagegen spricht vorliegend die Feststellung des LSG, der Beigeladene zu 1. habe mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Zugleich kommt es auch hier auf die Verhältnisse während der jeweiligen Auftragsdurchführung an. Insoweit steht die Delegationsbefugnis sogar schon nach dem Vertragstext unter dem Vorbehalt, dass "der jeweilige Auftrag dies gestattet". Bereits aus diesem Grunde kann dem vom LSG gezogenen Schluss, in zwei - den Beigeladenen zu 1. nicht betreffenden - Parallelverfahren sei bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, weshalb auch der Beigeladene zu 1. Dritte habe tatsächlich einsetzen können, nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Vielmehr wird das LSG zu prüfen haben, ob dem Beigeladenen zu 1. nach den Bedingungen des ihm nach Angebotsannahme jeweils obliegenden Auftrags dessen Durchführung mittels Erfüllungsgehilfen gestattet und realistischerweise möglich war.

35

ee) Anlässlich der erneuten Verhandlung wird das LSG auch der Frage weiter nachzugehen haben, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. ein Unternehmerrisiko trug. Im Unterschied zu den vorgehend angesprochenen Umständen sind hierbei nicht nur die Verhältnisse bei Durchführung der einzelnen Aufträge in den Blick zu nehmen. Ein typisches unternehmerisches Risiko kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass vorgreiflich Investitionen (auch) im Hinblick auf eine ungewisse Vielzahl zukünftig am Markt noch einzuwerbender Aufträge getätigt werden.

36

Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl zB BSG SozR 2400 § 2 Nr 19 S 30; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Zudem wird angesichts zunehmender Freiheiten bzgl Arbeitsort und Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S 64 ff; hierzu zB Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331 ff) zu prüfen sein, ob Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft zukünftig nur dann als Indiz für Selbstständigkeit angesehen werden können, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen (zum Gesichtspunkt zeitabhängige versus erfolgsabhängige Honorierung vgl im Übrigen bereits oben cc).

37

Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1. im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt hat. Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im vorgenannten Sinne bestand dabei nicht, da er einen unbedingten Anspruch auf Vergütung seiner für die Durchführung der jeweiligen Aufträge aufgewandten - gegenüber der Klägerin engmaschig, nämlich fünf-Minuten-genau und in spezifischen Firmenvordrucken in bestimmter Weise zu dokumentierenden - Arbeitszeit hatte. Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrags- bzw Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise. Soweit der Beigeladene zu 1. - wie vom LSG im Sachverhalt des Urteils berichtet - gegenüber der Beklagten angegeben hat, für seine Tätigkeit nutze er seinen PKW, seinen Personal Computer sowie ein eigenes Telefax- und Handygerät, lässt dies ebenfalls nicht ohne Weiteres auf ein unternehmerisches Risiko schließen. Voraussetzung dafür wäre es, dass diese Gegenstände gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft, hierfür eingesetzt und das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen wäre. Dies kann jedenfalls bei Gegenständen, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, nicht ohne spezielle diesbezügliche Tatsachenfeststellungen unterstellt werden.

38

ff) Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das LSG ggf schließlich zu prüfen haben, ob trotz bestehender Beschäftigung während der Durchführung der jeweiligen Aufträge Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung iS des § 8 SGB IV vorlag(zu den insoweit zu beachtenden Konstellationen vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27 ff).

39

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

40

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2011 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Räumung der Wohnung.

2

Die 1920 geborene Klägerin bezog ab Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherung) nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Nach einem Klinikaufenthalt war sie nicht mehr in der Lage, allein in ihrer Wohnung zu leben. Am 27.1.2010 zog sie deshalb in ein Pflegeheim und erhält Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Im März 2010 beantragte sie ua erfolglos die Übernahme der Kosten für die Räumung der Wohnung, die allerdings erst im Oktober 2010 erfolgte (Bescheid vom 18.3.2010; Widerspruchsbescheid vom 8.9.2010).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin Räumungskosten in Höhe von 486,71 Euro zu gewähren (Urteil vom 23.8.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, es handle sich bei den geltend gemachten Kosten um solche der Unterkunft. Der Umzug in das Pflegeheim sei objektiv notwendig gewesen. Eine Verpflichtung, die Räumung der Wohnung selbst vorzunehmen, habe nicht bestanden. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Räumung durch Bekannte oder Freunde möglich gewesen wäre.

4

Mit seiner Sprungrevision macht der Beklagte eine Verletzung des § 29 SGB XII geltend. Sozialhilfe diene nur dazu, durch aktuelle existenzsichernde Leistungen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Sei die Unterkunft des Hilfebedürftigen - wie hier - infolge der Heimunterbringung bereits gesichert, bestehe daneben kein Anspruch mehr auf Übernahme weiterer Kosten der Unterkunft.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig. Unschädlich ist insbesondere, dass die Klägerin in ihrer Erklärung vom 21.9.2011, beim SG innerhalb der Antragsfrist (§ 161 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) am 22.9.2011 eingegangen, nicht ausdrücklich der Einlegung einer Sprungrevision, sondern nur pauschal einer Sprungrevision zugestimmt hat. Denn eine derartige Erklärung ist jedenfalls dann als Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision zu verstehen, wenn - wie vorliegend - im Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmungserklärung Tenor und schriftliche Entscheidungsgründe des SG-Urteils dem Erklärenden bekannt waren (vgl zuletzt BSGE 109, 56 ff RdNr 8 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

9

Die Sprungrevision ist auch im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 SGG). Für eine endgültige Entscheidung durch den Senat fehlen fast alle tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG). Festgestellt ist nur, dass Grundsicherungsleistungen bezogen worden sind, der Umzug notwendig war und in welcher Höhe im Oktober Kosten angefallen sind. Hingegen fehlen jegliche Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere zum Einkommen und Vermögen der Klägerin. Allerdings ist die Übernahme von Umzugskosten nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte bereits Heimkosten trägt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 18.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids (§ 95 SGG) vom 8.9.2010, bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat, iVm § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534), zulässigerweise beschränkt auf die Erstattung von Kosten der Räumung. Deren Übernahme hat der Beklagte in der Sache abgelehnt, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Verfügungssatz des angefochtenen Bescheids ausgesprochen ist.

11

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG). Einer zusätzlichen oder vorgeschalteten Klage auf Zusicherung hinsichtlich der Übernahme dieser Kosten (§ 29 Abs 1 Satz 7 und 8 SGB XII, hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) bedurfte es nicht (vgl in anderem Zusammenhang: BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 5 RdNr 10; BSGE 104, 83 ff RdNr 9 = SozR 4-4300 § 170 Nr 2; zur vergleichbaren Situation bei § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - BSGE 106, 135 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, und BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 49 RdNr 11). Es kann deshalb dahinstehen, ob die Regelung im Rahmen des vorliegend einschlägigen § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII(dazu später) überhaupt anwendbar ist.

12

Der Beklagte ist für die Klägerin, die im Zeitpunkt der Aufnahme in die Pflegeeinrichtung im Landkreis K ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zwar der sachlich und örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe (§ 97 Abs 1 und 4, § 98 Abs 2 SGB XII iVm § 1 Abs 1, § 2 AGSGB XII) und als derjenige, der den Bescheid erlassen hat, auch richtiger Klagegegner. Ob allerdings eine Heranziehung (vgl § 3 Abs 1 AGSGB XII) kreisangehöriger Gemeinden oder vereinbarter Verwaltungsgemeinschaften durch den Beklagten erfolgt ist (vgl dazu Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 13/11 R -, RdNr 10), wird noch durch das SG zu prüfen und ggf bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen sein (vgl dazu BSG, aaO).

13

Die Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Anspruchs bestimmt sich nach § 19 Abs 3 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 iVm § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670), (wohl) nicht, wovon das SG ausgegangen ist, unmittelbar nach § 29 Abs 1 Satz 7 SGB XII. Der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen umfasst den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt (§ 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII). Gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII beinhaltet dieser insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung, die wegen der fehlenden Verweisung in § 42 SGB XII als Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt, nicht als solche der Grundsicherung nach §§ 41 ff SGB XII, auch Grundsicherungsleistungsberechtigten gewährt werden können(vgl: Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 42 RdNr 18, Stand Ergänzungslieferung Februar 2010; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.10 RdNr 54 f, Stand Juni 2012; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 42 SGB XII RdNr 18; wohl auch Behrend in juris PraxisKommentar SGB XII, § 27b SGB XII RdNr 15; vgl im Übrigen auch, bezogen auf das bis zum 31.12.2004 maßgebliche Grundsicherungsgesetz, BT-Drucks 14/5150 S 49 zu § 3 Nr 1; angedeutet in BSG SozR 4-1500 § 77 Nr 1 RdNr 21). Dem steht § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht entgegen, wonach Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vorgehen, weil damit im Wesentlichen nur der Übergang von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 ff SGB XII zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als einer besonderen Sozialhilfe mit einem weitgehenden Ausschluss des Unterhaltsrückgriffs(vgl § 43 SGB XII) gestaltet (vgl in anderem Zusammenhang BSGE 104, 207 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1), nicht aber ein Leistungsausschluss geregelt werden soll. Die Vorschriften der §§ 27 ff SGB XII finden damit - unabhängig davon, ob (dem Grunde nach) Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung überhaupt besteht - Anwendung, soweit keine Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII zu erbringen sind(BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R -, RdNr 23; Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 42 SGB XII RdNr 34, und Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 44 f).

14

Mit dem weiteren notwendigen Lebensunterhalt im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen ist demnach grundsätzlich alles gemeint, was nicht bereits Teil des notwendigen Lebensunterhalts nach § 35 Abs 1 SGB XII in der Einrichtung und nicht vom Barbetrag zu decken ist; umfasst sind mithin alle aktuellen Bedarfe (zur Fälligkeit einer Forderung als maßgeblichem Zeitpunkt für den Bedarfsanfall BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), die ohne die stationäre Unterbringung als Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten wären und von der Einrichtung selbst nicht erbracht werden. Kleidung und angemessener Barbetrag, der nur dazu dient, die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, Aufwendungen für Körperpflege und Reinigung, für die Instandhaltung der Schuhe, Kleidung und Wäsche in kleinerem Umfang sowie die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert abzugelten (vgl BT-Drucks 9/1859 S 2 zu § 21 Abs 3 BSHG), sind in § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII nur regelbeispielhaft aufgeführt (vgl BSG SozR 4-3500 § 35 Nr 1 RdNr 10, 13).

15

Sollte die Klägerin im Zeitpunkt des Bedarfsanfalls (im Oktober 2010) nach den nachzuholenden Feststellungen des SG bedürftig im Sinne der Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt (dazu später) gewesen sein, läge deshalb auch kein Fall des § 34 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) vor, wonach Schulden nur übernommen werden können, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Denn ob Schulden vorliegen, beurteilt sich nicht anhand zivilrechtlicher Maßstäbe im Verhältnis zwischen Klägerin und Vermieter (so auch Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 36 SGB XII RdNr 4), sondern allein nach sozialhilferechtlichen Maßstäben, die ihrem Zweck entsprechend darauf abstellen, ob bei Eintritt der Fälligkeit ein Bedarf vorliegt (so für eine Heiz- und Betriebskostennachforderung: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 17; BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2).

16

Die Berücksichtigung bei der Klägerin eventuell vorhandenen Einkommens und Vermögens richtete sich dann allerdings nicht nach den für die Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff SGB XII geltenden Maßstäben, insbesondere den §§ 85 ff SGB XII oder § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII, sondern nach den allgemeinen Regeln der §§ 82 ff SGB XII, weil es sich bei dem weiteren notwendigen Lebensunterhalt, wie ausgeführt, um Hilfe zum Lebensunterhalt als ergänzende Leistung handelt(vgl: Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 27b RdNr 18, Stand Ergänzungslieferung Juli 2012; Behrend in jurisPK-SGB XII, § 27b SGB XII RdNr 25; im Ergebnis wohl auch Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.10 RdNr 61, Stand Juni 2012).

17

Ob der Klägerin allerdings Umzugskosten zustehen, kann durch den Senat nicht beurteilt werden. Zwar dürfte die Klägerin die Voraussetzungen des § 35 Abs 1 SGB XII erfüllen, weil sie nach Aktenlage im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung wohl in einer Einrichtung(§ 13 Abs 2 SGB XII) gelebt hat (zum Einrichtungsbegriff vgl BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2). Um welche Kosten es sich bei den geltend gemachten 486,71 Euro aber im Einzelnen genau handelt, ist nicht festgestellt und die Summe nur als Klägervortrag wiedergegeben. Es fehlen zudem Feststellungen, wem die Kosten überhaupt entstanden sind.

18

Zur Beantwortung der Frage, wie weit der Anspruch auf Erstattung von Umzugskosten als weiterer notwendiger Lebensunterhalt nach § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII tatsächlich reicht, wird das SG die in § 29 Abs 1 Satz 7 SGB XII normierten Maßstäbe heranzuziehen haben, die unabhängig davon zur Anwendung kommen, dass die Klägerin (wohl) in eine stationäre Einrichtung gezogen ist; denn es sind unter Berücksichtigung des Ziels des § 35 Abs 1 und 2 SGB XII, stationär Untergebrachte mit ambulant Versorgten gleichzustellen(vgl Behrend in jurisPK-SGB XII, § 27b SGB XII RdNr 25 f), keine Gründe ersichtlich, die einen Umzug in eine stationäre Einrichtung anderen Maßstäben unterwerfen. Danach können ua Umzugskosten bei vorheriger Zustimmung übernommen werden. Eine Zustimmung soll nach § 29 Abs 1 Satz 8 SGB XII erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

19

Der Erstattungsanspruch scheitert nicht daran, dass es sich beim Umzug ins Pflegeheim nicht um einen solchen iS des § 29 Abs 1 Satz 7 1. Halbsatz SGB XII handelt, wie der Beklagte meint. Denn unter Umzugskosten im Sinne der Norm sind alle Kosten zu verstehen, die durch das Ausräumen einer Wohnung und den Transport von Möbeln von einem zum anderen Ort anfallen, unabhängig davon, ob Umzugsziel eine neue Wohnung oder ein Pflegeheim ist (so auch Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 29 SGB XII RdNr 45). Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer Zusicherung Ermessen auszuüben hat (dies im Rahmen des § 22 SGB II grundsätzlich bejahend BSGE 106, 135 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37) und ob die Erteilung einer Zusicherung überhaupt materiellrechtlich Voraussetzung für die Kostenübernahme ist (vgl dazu Berlit in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 35 SGB XII RdNr 85 f, 87; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 35 RdNr 59 f, Stand Ergänzungslieferung Juli 2012; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 35 SGB XII RdNr 65 f). Denn der Umzug war nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des SG (§ 163 SGG) notwendig, weil die Klägerin nicht mehr in der Lage war, allein in ihrer Wohnung zu leben.

20

Zu den Umzugskosten zählen nicht die nur anlässlich des Umzugs anfallenden Kosten, sondern nur die unmittelbaren, wie etwa Transportkosten, Kosten für eine Hilfskraft bzw für erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und Kosten für Verpackungsmaterial (vgl zum SGB II: BSGE 102, 194 ff RdNr 15 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 12; SozR 4-4200 § 22 Nr 49),damit auch die Kosten, die durch die Entsorgung von Möbeln und anderen Gebrauchsgütern auf einer Deponie oder einer sonstigen Anlage zählen, wenn die Möbel und andere Gebrauchsgüter nicht in die neue Unterkunft mitgenommen werden können. Eine Aufteilung danach, ob einzelne Möbel ins Pflegeheim mitgenommen, andere aber entsorgt werden, wäre systematisch nicht nachvollziehbar.

21

Zu übernehmen sind allerdings nur die Kosten, die als angemessen zu beurteilen sind (BSGE 106, 135 ff RdNr 14 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37; vgl in anderem Zusammenhang auch BSGE 109, 61 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 74 Nr 2). Die Prüfung im Einzelnen wird sich daran zu orientieren haben, was üblicherweise auch von einem Nicht-Hilfebedürftigen, der seine Wohnung räumt und ins Pflegeheim umzieht, aufgebracht werden muss. Die Klägerin dürfte nicht in der Lage gewesen sein, den Umzug in Eigenregie durchzuführen, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen bleiben kann, ob die im SGB II bestehende Obliegenheit, seinen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (vgl BSGE 106, 135 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37), in der Sozialhilfe gleichermaßen gilt. Denn jedenfalls dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug selbst, sei es aus Altersgründen oder krankheitsbedingt, nicht vornehmen kann, kann auch die Übernahme der Kosten für einen gewerblichen Anbieter in Betracht kommen (BSG, aaO); Familienmitglieder, Angehörige oder Freunde sind jedenfalls grundsätzlich nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen.

22

Das SG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen. Die Überlassung und das Tätigwerdenlassen von Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer ist nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Überlassung von Arbeitnehmern ist vorübergehend bis zu einer Überlassungshöchstdauer nach Absatz 1b zulässig. Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren.

(1a) Die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft ist keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten und alle Mitglieder auf Grund des Arbeitsgemeinschaftsvertrages zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind. Für einen Arbeitgeber mit Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft auch dann keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn für ihn deutsche Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges wie für die anderen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft nicht gelten, er aber die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt.

(1b) Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen. In einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Satz 3 können abweichende tarifvertragliche Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Entleihers durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung übernommen werden. In einer auf Grund eines Tarifvertrages von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche getroffenen Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Können auf Grund eines Tarifvertrages nach Satz 5 abweichende Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung getroffen werden, kann auch in Betrieben eines nicht tarifgebundenen Entleihers bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 24 Monaten davon Gebrauch gemacht werden, soweit nicht durch diesen Tarifvertrag eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer für Betriebs- oder Dienstvereinbarungen festgelegt ist. Unterfällt der Betrieb des nicht tarifgebundenen Entleihers bei Abschluss einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung nach Satz 4 oder Satz 6 den Geltungsbereichen mehrerer Tarifverträge, ist auf den für die Branche des Entleihers repräsentativen Tarifvertrag abzustellen. Die Kirchen und die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften können von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauern in ihren Regelungen vorsehen.

(2) Werden Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlassen und übernimmt der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3), so wird vermutet, daß der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt.

(3) Dieses Gesetz ist mit Ausnahme des § 1b Satz 1, des § 16 Absatz 1 Nummer 1f und Absatz 2 bis 5 sowie der §§ 17 und 18 nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung

1.
zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen, wenn ein für den Entleiher und Verleiher geltender Tarifvertrag dies vorsieht,
2.
zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,
2a.
zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,
2b.
zwischen Arbeitgebern, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und auf Grund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes
a)
das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und
b)
die Arbeitsleistung zukünftig bei dem anderen Arbeitgeber erbracht wird,
2c.
zwischen Arbeitgebern, wenn diese juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes oder Regelungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften anwenden, oder
3.
in das Ausland, wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der Verleiher beteiligt ist.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.