Bundesgerichtshof Urteil, 10. Aug. 2016 - 2 StR 493/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:100816U2STR493.15.0
10.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 493/15
vom
10. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
wegen Verabredung eines Raubs u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:100816U2STR493.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 6. Juli 2016 in der Sitzung am 10. August 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Prof. Dr. Krehl, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Dr. Bartel,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof , bei der Verkündung, als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten V. ,
Rechtsanwältin , in der Verhandlung, als Verteidigerin des Angeklagten J. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung und bei der Verkündung, als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten Ve. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten Ke. ,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten Se. ,
Justizangestellte , in der Verhandlung, Justizangestellte , bei der Verkündung, als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 19. Dezember 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich des Angeklagten V. ;
b) hinsichtlich des Angeklagten J. , soweit er im Fall II. 1 der Urteilsgründe verurteilt und im Fall II. 7 der Urteilsgründe freigesprochen wurde, sowie im Gesamtstrafenausspruch ;
c) hinsichtlich des Angeklagten Ke. ;
d) hinsichtlich des Angeklagten D. , soweit er im Fall II. 7 der Urteilsgründe freigesprochen wurde;
e) hinsichtlich des Angeklagten Se. .
Im Übrigen werden die Revisionen der Staatsanwaltschaft verworfen.
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird die Entscheidung über die Gewährung einer Entschädigung für den Angeklagten S. für die in dieser Sache erlittene Strafverfolgungsmaßnahme aufgehoben.
Die Staatskasse hat die Kosten ihrer die Angeklagten S. , K. , P. und Ve. betreffenden Revisionen sowie die diesen Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten J. wird das vorgenannte Urteil - auch soweit es den nicht revidierenden Angeklagten D. betrifft - im Einzelstrafausspruch im Fall II. 2 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten J. sowie die Revision des Angeklagten V. werden verworfen.
Der Angeklagte V. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die insoweit entstandenen Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten V. unter Freisprechung im Übrigen wegen Verbrechensverabredung zum Raub und tateinheitlich zur schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten J. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen Verbrechensverabredung zum Raub und tateinheitlich zur schweren Körperverletzung, Verbrechensverabredung zum Raub, unerlaubten Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen versuchten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Verbrechensverabredung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten D. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen Verbrechensverabredung zum Raub, Besitzes von Arzneimitteln oder Wirkstoffen in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sport und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten S. , K. , P. , Ve. , Ke. und Se. hat das Landgericht freigesprochen und entschieden, dass den Angeklagten S. , K. und P. für die in dieser Sache erlittene Untersuchungshaft eine Entschädigung zusteht.
2
Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die sich gegen die Verurteilung der Angeklagten V. und J. und die Freisprechung der Angeklagten S. , K. , P. , D. , Ve. und Ke. im Fall II. 1 der Urteilsgründe sowie gegen die Freisprechung der Angeklagten V. , J. , D. und Se. im Fall II. 7 der Urteilsgründe richten, haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.
3
Die Revision des Angeklagten J. hat mit der Sachrüge in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Teilerfolg; im Übrigen ist sie, wie auch die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten V. , unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


4
1. Den Angeklagten V. , J. , D. , S. , K. , P. , Ve . und Ke. war mit zugelassener Anklage vorgeworfen worden, sich des versuchten schweren Raubs in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung, schwerer Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung schuldig gemacht zu haben (Fall II. 1 der Urteilsgründe). Sie sollen in der Zeit von Anfang Oktober bis 21. Oktober 2012 verabredet haben, der Zeugin R. und dem Zeugen Sch. einen Denkzettel zu verpassen. Konkret sei geplant gewesen, beide Zeugen körperlich zu misshandeln, dem Zeugen Sch. die Ohren abzuschneiden und mitzunehmen, Wertgegenstände aus der Wohnung zu entwenden und sodann die Wohnung in Brand zu setzen. Am 21. Oktober 2012 hätten sich die Angeklagten J. , S. , K. und P. zur Tatausführung zur Wohnanschrift des Zeugen Sch. begeben, wo sie beim Betreten des Hausflurs festgenommen worden seien.
5
Den Angeklagten Se. , J. , V. und D. war darüber hinaus die Verabredung eines Raubs vorgeworfen worden (Fall II. 7 der Urteilsgründe). Sie sollen ab dem 18. September 2012 verabredet haben, am 28. September 2012 in Su. bzw. näherer Umgebung einen dem Angeklagten Se. näher bekannten Antiquitätenhändler zu überfallen und ihn um mindestens 200.000 Euro zu berauben. Für letzte Absprachen hätten sich J. und D. mit dem Angeklagten Se. am 28. September 2012 gegen 22 Uhr in Su. treffen und im unmittelbaren Anschluss danach die Tat ausführen wollen. Zur Tatausführung sei es nicht gekommen, da sich das potentielle Tatopfer im Ausland aufgehalten habe.
6
2. Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
7
a) Fall II. 1 der Urteilsgründe
8
Der Angeklagte V. befand sich seit dem 27. Januar 2012 in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt . Ab 2010 hatte er eine Beziehung zur Zeugin R. unterhalten, die während seiner Haftzeit endete. Trotz seiner Inhaftierung war V. im Besitz eines Mobiltelefons, mit dem er im Kontakt zur Außenwelt stand. Im Oktober 2012 erfuhr er, dass der Zeuge Sch. eine Beziehung zur Zeugin R. unterhielt, woraufhin er am 6. Oktober 2012 mehrere SMS an den Zeugen Sch. sandte, in denen er ihn beschimpfte und in allgemeiner Form bedrohte.
9
Fortan schmiedete V. Rachepläne, weshalb er sich am 7. Oktober 2012 mit dem in Re. lebenden Mitangeklagten J. telefonisch in Verbindung setzte. V. schilderte J. seinen Ärger, nannte ihm Namen und Anschrift des Zeugen Sch. in W. und forderte J. auf, dem Zeugen die „Bude“ anzuzünden und alle Wertgegenstände wegzunehmen. J. sagte dies zu. Die Sache sei so gut wie erledigt. Er werde „die Bude kurz und klein machen“ und dafür die Mitangeklagten Ve. , S. , Ke. , D. sowie eine Person namens „T. “ mitnehmen. Die Aktion könne nach dem 19. Oktober 2012 stattfinden.
10
aa) In den folgenden Tagen verständigte sich V. mit J. ergänzend darauf, dass dem Zeugen Sch. die Ohren abgeschnitten und mitgenommen werden sollten, wobei V. wiederholt betonte, wie wichtig ihm dies sei. J. erklärte am 9. Oktober 2012, dass der Termin stehe, der Angeklagte Ve. Bescheid wisse und auch der Angeklagte D. zu 80 % dabei sei.
11
Dem Angeklagten Ve. erzählte J. am 9. Oktober 2012, dass er ein „paar gute Jungs“ brauche, um für V. eineSache zu klären. Man müsse in die Wohnung des Zeugen Sch. , dort alle Wertgegenstände mitnehmen und den Rest zerstören; dem Zeugen selbst solle aber „nichts groß passieren“, nur der „Hütte“ müsse „es schlecht gehen“. Er, der Angeklagte J. , brauche jemand , der ihn in Re. abhole, nach Su. fahre und am Sonntag, den 21. Oktober 2012 wieder zurückbringe; er werde auch S. und „T. “ einsammeln. Die Aktion in W. sei eine Sache von zwei Stunden. Der Angeklagte Ve. erklärte sich einverstanden, J. abzuholen.
12
Am 12. Oktober 2012 erklärte J. dem Angeklagten S. auf dessen Nachfrage, dass er am Freitag, den 19. Oktober 2012 nach Su. kommen wolle.
13
bb) An diesem Freitag erfolgten dann zahlreiche telefonische Absprachen , um die Abholung des J. in Re. zu organisieren. Letztlich holten ihn die Angeklagten S. , P. und K. ab. Im Einzelnen:
14
Am 19. Oktober 2012, gegen 14 Uhr rief V. den Angeklagten Ke. an und bat ihn, J. „um 12 Uhr“ in Re. abzuholen. Ke. sagte dies zu; wenn er es nicht einrichten könne, würden S. oder „H. “ fahren. Gegen 17 Uhr verabredete S. mit J. , dass er gegen „12 Uhr“ in Re. sein werde. Gegen 19 Uhr berichtete Ke. dem Angeklagten V. auf dessen Nachfrage, dass S. den J. heute rüber fahren werde. Kurze Zeit später erklärte J. dem Angeklagten D. auf dessen Nachfrage, dass die Sache mit V. stehe, woraufhin D. dem Angeklagten J. Vorhaltungen machte, dass das mit ihm nicht besprochen worden sei; er wäre vielleicht auch gerne dabei gewesen (UA S. 35). Nach 21 Uhr meldete sich J. bei S. , der ihm mitteilte, dass er zusammen mit dem Angeklagten K. und einer Person, die J. nicht kenne, gleich losfahre. Hiervon unterrichtete J. um kurz vor Mitternacht den Angeklagten V. und erklärte, da müsse man aufpassen, was man im Auto sage; im Übrigen träfe er sich noch mal mit D. .
15
cc) Am nächsten Tag, dem 20. Oktober 2012 gegen Mittag informierte Ke. den Angeklagten V. , dass J. angekommen sei und mit S. und Ve. zum Fußball gehe. Er denke, dass sie „das heute machen“. Kurz darauf rief V. auch J. selbst an, der bestätigte, in Su. angekommen zu sein, und mitteilte, dass sie gerade dabei seien, alles zu planen. J. ließ sich noch mal die Anschrift des Zeugen Sch. in W. geben und V. bekräftigte, dass er auf jeden Fall ein Ohr wolle.
16
Gegen 17 Uhr meldete sich V. erneut bei Ke. , der mitteilte, dass sich J. noch nicht bei ihm gemeldet habe. V. erklärte, dass J. heute noch hochfahren werde und dass J. und K. „das machen wollten“. Ke. erwiderte, dass S. noch mitgehen sollte. Anschließend erklärte ihm V. , wie man am besten ins Haus des Zeugen Sch. kommt, dass er vor allem sein Ohr haben wolle und dass J. plane, die Sache am nächsten Tag durchzuziehen.
17
dd) Am Morgen des 21. Oktober 2012 holte der Angeklagte P. mit seinem Fahrzeug zunächst J. und S. und dann den Angeklagten K. in Su. ab. Gegen 16.20 Uhr trafen sie in W. ein.
18
Der Angeklagte J. beabsichtigte, entsprechend der Absprache mit V. , dem Zeugen Sch. die Ohren abzuschneiden, ihn damit außer Gefecht zu setzen und ihm anschließend, dies ausnutzend, alle Wertgegenstände wegzunehmen. Die Mitangeklagten S. , P. und K. hatte er von diesem mit V. verabredeten Plan nicht in Kenntnis gesetzt. Auch hatte er nicht vor, wie ursprünglich verabredet, die Wohnung des Zeugen in Brand zu setzen.
19
Nachdem der Angeklagte P. sein Fahrzeug etwa 200 Meter von der Wohnanschrift des Zeugen Sch. entfernt geparkt hatte, begaben sich die vier Angeklagten in Richtung des Mehrfamilienhauses, in dem der Zeuge wohnte , wobei J. Quarzhandschuhe und S. Stoffhandschuhe sowie zwei Gasfeuerzeuge mit sich führte. Nach vergeblichem Klingeln an der Hauseingangstür öffneten die Angeklagten diese schließlich durch ein kräftiges Ziehen. Als sie den Flur des Mehrfamilienhauses betraten, erfolgte ihre Festnahme.
20
b) Fall II. 7 der Urteilsgründe
21
Im September 2012 befand sich der Angeklagte V. in Geldnot. Er plante daher gemeinsam mit den Angeklagten J. und D. , durch einen Überfall zu Geld zu kommen. Von dem Angeklagten Se. hatte er erfahren, dass es einen Antiquitätenhändler gebe, der über 200.000 Euro Schwarzgeld verfüge. In Absprache mit V. setzte sich J. mit Se. in Verbindung, der ihm aber weder Name noch Anschrift des Antiquitätenhändlers nannte. Sie vereinbarten ein Treffen gemeinsam mit D. für Freitag, den 28. September 2012 um 22 Uhr in Su. . Se. sagte jedoch das Treffen wieder ab. Als Grund hierfür nannte er, dass der Antiquitätenhändler in B. sei. Das Vorhaben wurde daher auf Dezember verschoben.
22
3. a) Das Landgericht hat die Angeklagten V. und J. im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen Verabredung eines Raubs und einer schweren Körperverletzung gemäß § 249 Abs. 1, § 226 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 30 Abs. 2 StGB verurteilt. Die ernsthafte Planung einer Brandstiftung sei dagegen nicht festzustellen. Zwar sei in dem Telefonat am 7. Oktober 2012 auch die Rede davon gewesen, „Benzin in die Bude“ zu gießen; dies sei aber in keinem der folgenden Gespräche, in denen die Tatausführung wiederholt besprochen wurde , noch einmal aufgegriffen worden. Bei der Festnahme der Angeklagten sei auch kein Benzinvorrat festgestellt worden.
23
Die übrigen wegen dieser Tat Angeklagten hat das Landgericht freigesprochen , weil es sich von ihrer Tatbeteiligung nicht zu überzeugen vermochte.
24
Die Angeklagten D. , Ke. und Ve. seien, obwohl im Vorfeld der Tat mehr oder weniger involviert, letztlich nicht mit zur Wohnung des Zeugen Sch. gefahren. Die Abreden im Vorfeld der Tat seien auch nicht auf einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag gerichtet gewesen; weder Tatinteresse noch Tatherrschaft seien insoweit erkennbar. Der Angeklagte D. habe zwar Kenntnis von der verabredeten Tat gehabt. Von seiner zunächst erteilten Zusage mitzumachen, sei er jedoch wieder abgerückt. Er habe sich allenfalls einen Beuteanteil erhofft, was aber für sich genommen noch keine Mittäterschaft begründe. Gleiches gelte im Ergebnis für Ke. , der lediglich in die Organisation des Abholens des J. eingebunden gewesen sei und sich in Kenntnis, dass dem Zeugen ein Ohr abgeschnitten werden sollte, mit J. , S. und K. am 20. Oktober 2012 besprechen wollte. Der Angeklagte Ve. habe J. nur zu einem frühen Zeitpunkt (9. Oktober 2012) zugesagt gehabt, ihn abzuholen, wozu es aber letztlich nicht gekommen sei.
25
In Bezug auf die Angeklagten S. , P. und K. konnte sich die Strafkammer nicht davon überzeugen, dass diese von dem geplanten Raub und der geplanten schweren Körperverletzung in Kenntnis gesetzt worden waren. So sei zwar insbesondere dem Angeklagten P. nach eigenen Angaben bekannt gewesen, dass dem Zeugen Sch. eine Lektion erteilt werden sollte. Feststellungen dazu, dass diese Lektion über eine einfache bzw. gefährliche Körperverletzung hinausgehen sollte, hat die Strafkammer indes nicht treffen können.
26
b) Das Landgericht hat die Angeklagten V. , J. , D. undSe. im Fall II. 7 der Urteilsgründe freigesprochen, weil es sich nicht davon zu überzeugen vermochte, dass die Angeklagten die Begehung eines Verbrechens in mittäterschaftlicher Begehungsweise bereits verabredet hatten. Die dafür erforderliche Konkretisierung der Tat nach Ort, Zeit und Art fehle. Aus dem Inhalt der überwachten Telefonate ergebe sich lediglich, dass die Angeklagten einem Antiquitätenhändler eine große Summe Bargeld entwenden wollten und sich zur näheren Besprechung mit dem Angeklagten Se. in Su. treffen wollten. Unklar sei aber schon gewesen, ob ein Raub oder aber nur ein Vergehen (Diebstahl bzw. Einbruchsdiebstahl, Erpressung) geplant gewesen sei. Auch das mögliche Opfer und dessen Wohnort seien, wenn überhaupt, nur dem Angeklagten Se. bekannt gewesen.

II.


27
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat teilweise Erfolg.
28
1. Die Verurteilung der Angeklagten V. und J. im Fall II. 1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Strafkammer den ihr durch die zugelassene Anklage unterbreiteten Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht vollständig erschöpft hat.
29
a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es jedoch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht nicht bereits eine Versuchsstrafbarkeit angenommen hat.
30
Zwar ist es dafür nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht hat. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden, die mithin - aus der Sicht des Täters das geschützte Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringen. Dementsprechend erstreckt sich das Versuchsstadium auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 mwN). Ein unmittelbares Ansetzen zu Eigentums- oder auch zu Körperverletzungsdelikten in der Wohnung eines Opfers liegt danach vor, wenn die Tat in der Wohnung dadurch ermöglicht werden soll, dass sich ein Täter unter einem Vorwand Einlass verschafft, um auf das Tatopfer einzuwirken bzw. es zu bestehlen. Der Angriff auf die körperliche Integrität und den fremden Gewahrsam beginnt in diesen Fällen bereits mit dem Begehren um Einlass (vgl. zum Diebstahl: Senat, Urteil vom 16. September 2015 - 2 StR 71/15; zum Raub vgl. Senat, 2. Juni 1993 - 2 StR 158/93, BGHSt 39, 236, 238; Urteil vom 11. Juli 1984 - 2 StR 249/84, NStZ 1984, 506). Gleiches gilt, wenn der Täter für seine Tat „das Überraschungsmoment ausnutzen" will, weil er davon ausgeht, dass das Tatopfer die Tür öffnen werde (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11, NStZ 2012, 85).
31
Nach diesem Maßstab haben die Angeklagten, als sie den Flur des Mehrfamilienhauses betraten, die Schwelle zum „jetzt geht es los“ noch nicht überschritten und hierdurch unmittelbar zur Verwirklichung ihres Vorhabens angesetzt. Denn um zu dem Zeugen Sch. zu gelangen, hätten die Täter noch die Treppen hoch zur Wohnung des Zeugen gehen und dort um Einlass bitten müssen. Sie rechneten daher nach Betreten des Hausflurs noch nicht damit, im ungestörten Fortgang unmittelbar mit der Gewalt gegen den Zeugen Sch. beginnen zu müssen (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juli 1984 - 2 StR 249/84, NStZ 1984, 506), weshalb das Vorhaben nach Vorstellung der Täter nicht ohne einen weiteren Zwischenakt „in einem Zug“ umsetzbar war.
32
b) Auch eine Verurteilung wegen Verabredung eines schweren Raubs kommt nicht in Betracht. Wenngleich es sich bei den von J. mitgeführten Quarzhandschuhen um ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB handeln könnte (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - 4 StR 51/12, NStZ 2012, 563), fehlt es nach den Feststellungen an einer entsprechenden Verabredung zwischen V. und J. in Hinblick auf die Mitnahme der Handschuhe. Die insoweit zugrundliegende Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
33
c) Das Landgericht hat es jedoch rechtsfehlerhaft versäumt, zu prüfen, ob sich die Angeklagten V. und J. nicht der Verabredung eines besonders schweren Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht haben könnten. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen sollte der Zeuge Sch. durch das Abschneiden seiner Ohren auch außer Gefecht gesetzt werden, um die beabsichtigte Wegnahmehandlung zu ermöglichen (UA S. 37, 38). Dies legt die Verwendung eines Messers oder sonstigen Schneidewerkzeugs nahe, mithin eines gefährlichen Werkzeuges im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Vor dem Hintergrund, dass sich in nahezu jedem Haushalt jedenfalls ein Messer befindet, spricht es nicht von vornherein gegen eine entspre- chende Verabredung, dass weder der Angeklagte J. noch seine Begleiter bei ihrer Festnahme ein Schneidewerkzeug mit sich geführt haben.
34
Eine Schuldspruchänderung kommt ungeachtet des § 265 StPO schon deshalb nicht in Betracht, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass in einer neuen Hauptverhandlung insoweit noch ergänzende Feststellungen zu Gunsten der Angeklagten getroffen werden können, zumal auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zu dem festgestellten Kausalzusammenhang zwischen dem geplanten Ohrenabschneiden und der Wegnahme im Hinblick auf die dafür erforderliche Tatsachengrundlage rechtlichen Bedenken unterliegt. Es ist nach den bisherigen Feststellungen nicht hinreichend belegt, dass das nachträglich als Racheaktion verabredete Abschneiden der Ohren auch der Wegnahme von Wertgegenständen dienen sollte.
35
2. Die angefochtenen Freisprüche der Angeklagten K. , S. und P. , D. und Ve. im Fall II. 1 der Urteilsgründe halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung noch stand.
36
a) Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 StR 136/14, juris Rn. 14 mwN). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzu- nehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN).
37
b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtwürdigung der be- und entlastenden Umstände in dem tatgegenständlichen Fall vorgenommen und sich mit den erhobenen Beweisen auseinandergesetzt. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen und Wertungen des Landgerichts sind möglich, lassen insoweit keine Rechtsfehler erkennen und halten sich im tatgerichtlichen Beurteilungsspielraum.
38
aa) Die dem Freispruch der Angeklagten K. , S. und P. zugrunde liegende Beweiswürdigung ist weder lückenhaft oder widersprüchlich noch ist erkennbar, dass das Landgericht überspannte Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt haben könnte.
39
Die Strafkammer hat sich mit allen Umständen auseinandergesetzt, insbesondere auch gewürdigt, dass sich aus den überwachten Telefonaten ergab, dass J. wiederholt darauf hinwies, dass eine Besprechung mit seinen potentiellen Mittätern geplant sei, wobei er allerdings einerseits - wie im übrigen auch Ke. - ein für nach dem Fußball bzw. nach dem Training geplantes Gespräch erwähnte, andererseits aber gegenüber V. erklärte, dass sie gerade dabei seien, alles zu planen und danach zum Fußball gingen. Wenn sich das Landgericht ungeachtet dessen letztlich nicht sicher davon überzeugen konnte, dass der Angeklagte J. mit den Angeklagten K. , S. und P. verabredet hatte, dem Zeugen Sch. zumindest ein Ohr abzuschneiden und ihn dadurch auch außer Gefecht zu setzen, um die Wegnahme von Wertgegenständen zu ermöglichen, gibt es dagegen auch vor dem Hinter- grund, dass keiner der Angeklagten ein Schneidewerkzeug dabei hatte und überdies das Fahrzeug des Angeklagten P. so voll war, dass jedenfalls größere Beute nicht hätte abtransportiert werden können, im Ergebnis nichts zu erinnern.
40
Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Angeklagte P. gegenüber der Ermittlungsrichterin zu erkennen gegeben hat, dass er offensichtlich „nichts Illegales“ darin sieht, einem anderen eine Lektion zu erteilen bzw. ein paar Ohrfeigen zu verpassen, denn dies ist kein Umstand, den das Gericht wegen Widersprüchlichkeit hätte hinterfragen müssen.
41
bb) Auch die dem Freispruch des Angeklagten D. zugrunde liegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung stand. Zwar weist die Beschwerdeführerin zu Recht darauf hin, dass sich das Landgericht nicht mit seiner für glaubhaft erachteten Einlassung auseinandergesetzt hat. Diese spricht aber gerade nicht dafür, dass D. mit V. und J. verabredet haben könnte, dem Zeugen Sch. die Ohren abzuschneiden und gewaltsam Wertgegenstände wegzunehmen. Aus der Einlassung, die durch den Inhalt mehrerer überwachter Telefonate bestätigt wird, ergibt sich nur, dass D. zwar zunächst „zu 80%“ zugesagt hatte, zusammen mit J. und anderen Beteiligten dem Zeugen Sch. „die Bude leer zu räumen“ und das Auto wegzunehmen, dass er aber von Anfang an dagegen war, dem Zeugen die Ohren abzuschneiden und dass er, als er bemerkte, dass J. es ernst damit meinte, seine Mitwirkung unter dem Vorwand einer Beinverletzung absagte. Vor diesem Hintergrund liegt unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten D. die Annahme einer von einem ernstlichen Willen getragenen Einigung mit J. , an der Verwirklichung einer schweren Körperverletzung oder eines (besonders schweren) Raubs mittäterschaftlich mitzuwirken (vgl. insoweit Fischer, StGB, 63. Aufl., § 30 Rn. 12), erst recht fern, weshalb sich das Landgericht damit nicht auseinandersetzen musste.
42
cc) Der Freispruch des Angeklagten Ve. hält ebenfalls rechtlicher Überprüfung stand. Der Angeklagte hatte zwar in Kenntnis dessen, dass dem Zeugen Sch. die Wohnung ausgeräumt und verwüstet werden sollte, zugesagt, J. in Re. abzuholen und nach Su. zu fahren. Gegen die Wertung des Gerichts, dass Ve. damit nur einen Tatbeitrag zugesagt hatte, der rechtlich als Beihilfe zu werten gewesen wäre, gibt es rechtlich indes nichts zu erinnern.
43
Auch wenn sich der Angeklagte Ve. damit nicht nach § 30 StGB strafbar gemacht hat, weil das bloße Versprechen einer Beihilfe insoweit nicht genügt, scheidet für ihn - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - eine Strafbarkeit wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten nach § 138 Abs. 1 Nr. 7 StGB von vornherein aus, weil für ihn das geplante Verbrechen wegen seiner den Mitangeklagten gegebenen Zusage kein völlig fremdes gewesen wäre. Die Pflicht zur Anzeige geplanter Straftaten (§ 138 Abs. 1 StGB) entfällt nicht nur für den, der (als Täter oder Teilnehmer) der Haupttat oder der Mitwirkung am Versuch der Beteiligung (§ 30 StGB) überführt oder einer strafbaren Beteiligung verdächtig ist (BGH, Urteil vom 29. November 1963 - 4 StR 390/63, NJW 1964, 731, 732, insoweit in BGHSt 19, 167 nicht abgedruckt). Von der Anzeigepflicht ist vielmehr auch derjenige frei, der bei der Planung der Tat lediglich beteiligt war, ohne dass es bei ihm zu mehr als einer straflosen Vorbereitung oder zu einer wegen Rücktritts straffreien Beteiligung gekommen wäre (BGH, Urteil vom 27. Januar 1982 - 3 StR 437/81, NStZ 1982, 244).
44
3. Der Freispruch des Angeklagten Ke. im Fall II. 1 der Urteilsgründe begegnet dagegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
45
In die Beweiswürdigung zu der Frage, ob Ke. mit V. einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag verabredet hatte, hat das Landgericht lediglich eingestellt , dass Ke. in die Organisation des Abholens des J. eingebunden war, dass er davon wusste, dass dem Zeugen Sch. ein Ohr abgeschnitten werden sollte und dass er sich mit J. , S. und K. am 20. Oktober 2012 besprechen wollte. Die Beweiswürdigung bleibt indes insoweit lückenhaft , als sich das Landgericht nicht damit auseinandergesetzt hat, dass V. dem Mitangeklagten Ke. im unmittelbaren Vorfeld der Tat telefonisch aus- führlich erläuterte, wie „sie“ in die Wohnung des Zeugen Sch. gelangen könnten, und ihm insbesondere mitteilte, dass die Hauseingangstüre immer offen sei, man müsse nur kräftig ziehen. Ke. stellte dabei aktiv Fragen zur Wohnsituation des Zeugen Sch. und begründete dies damit, dass er dies wissen wolle, „damit er weiß, was er mitnehmen“ müsse. Damit wie auch mit dem Umstand, dass Ke. in Aussicht stellte, V. Bescheid zu sagen, wenn alles vorbei sei, hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen, weil dies darauf hinweisen kann, dass Ke. nicht nur damit beauftragt war, diese Informationen im Vorfeld an die Mitangeklagten weiterzugeben, sondern sich auch an der Ausführung der Tat selbst mittäterschaftlich beteiligen wollte.
46
4. Die angefochtenen Freisprüche der Angeklagten Se. , J. , V. und D. vom Vorwurf der Verabredung eines Raubs im Fall II. 7 der Urteilsgründe halten ebenfalls sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
47
Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass die geplante Tat in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sein muss, ist es zwar von einem zutreffenden Maßstab ausgegangen. Seine Beweiswürdigung dahin, dass weder die Art der Straftat noch ihre „wesentlichen Grundzüge“ festgestanden hätten , ist indes lückenhaft.
48
Bei seiner Würdigung, dass anstatt eines geplanten Raubes insbesondere auch ein Vergehen des (Einbruch-)Diebstahls oder der Erpressung in Betracht gekommen wäre, hat sich das Landgericht nicht damit auseinandergesetzt , dass nach den - insbesondere auf der Einlassung des Angeklagten D. beruhenden - Feststellungen ein „Überfall“ auf den Antiquitätenhändler geplant war. Allein die Verwendung des Begriffs „Überfall“ könnte aber für einen geplanten Raub sprechen. Das Gericht hat es auch versäumt, in seine Würdigung einzustellen , dass J. , als er von Se. erfahren hatte, dass der Antiquitätenhändler sich in B. aufhielt, nachgefragt hatte, ob sie nicht auch „so reinkom- men“ könnten. Dies wurde von Se. negativ beschieden („das wird dir nichts bringen“) und das Vorhaben daraufhin auf die Zeit nach Rückkehr des Antiqui- tätenhändlers im Dezember verschoben, was zumindest gegen einen geplanten (Einbruch-)Diebstahl sprechen könnte. Soweit das Landgericht schließlich seine Wertung, dass die Straftat in ihren wesentlichen Grundzügen noch nicht festgestanden habe, darauf gestützt hat, dass nur der Angeklagte Se. das Tatopfer kannte und von daher die anderen die Tat nicht ohne ihn hätte begehen können (UA S. 118), steht diese Erwägung für sich genommen der Annahme einer Verbrechensverabredung nicht entgegen. Es bedarf unter Berücksichtigung all dieser Umstände einer neuen umfassenden Beweiswürdigung.
49
5. Die Aufhebung des Schuldspruchs zum Nachteil der Angeklagten V. und J. im Fall II. 1 der Urteilsgründe bedingt auch die Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen der tateinheitlich begangenen Verabredung einer schweren Körperverletzung. Die Aufhebung zieht bei dem Angeklagten J. den Wegfall des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
50
Um dem neuen Tatgericht in Hinblick auch auf die mögliche Tatbeteiligung des Angeklagten Ke. in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sieht der Senat davon ab, die bislang getroffenen Feststellungen zu Fall II. 1 der Urteilsgründe auch nur teilweise im Hinblick auf die Tatbeteiligung der Angeklagten V. und J. bestehen zu lassen und hebt die Feststellungen zu den Fällen II. 1 und 7 der Urteilsgründe vollumfänglich auf.

III.


51
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung über die Gewährung einer Entschädigung gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 3 StrEG für den Angeklagten S. ist gemäß § 8 Abs. 3 StrEG, § 311 Abs. 2 StPO zulässig und begründet.
52
Das Landgericht hat dem freigesprochenen Angeklagten gemäß § 2 Abs. 1 StrEG für die in der Zeit vom 12. Oktober 2012 bis 19. Dezember 2013 sowie vom 27. März 2014 bis 25. September 2014 erlittene Untersuchungshaft eine Entschädigung zugesprochen, ohne die Gründe für einen Ausschluss der Entschädigung (§ 5 StrEG) oder für ihre Versagung (§ 6 StrEG) auch nur in den Blick genommen zu haben. Da der Angeklagte - wie unter I. ausgeführt - zusammen mit drei Mitangeklagten unmittelbar nach dem Betreten des Mehrfamilienhauses , in dem der Zeuge Sch. wohnte, angetroffen wurde, liegt es nahe , dass er die erlittene Inhaftierung ab dem 12. Oktober 2012 gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG zumindest grob fahrlässig verursacht hat (vgl. Kunz, StrEG, 4. Aufl., § 5 Rn. 51), was gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG den Ausschluss einer Entschädigung nach sich ziehen könnte. Jedenfalls aber seine erneute Inhaftierung ab dem 27. März 2014 hat der Angeklagte schuldhaft dadurch verursacht, dass er den ihm auferlegten Anweisungen nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StPO nicht nachgekommen ist, weshalb der gegen ihn erlassene Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt worden war. Insoweit ist eine Entschädigung gemäß § 5 Abs. 3 StrEG ausgeschlossen.
53
Der Senat hebt daher die Entscheidung auf. Von einer eigenen Entscheidung gemäß § 8 Abs. 3 StrEG, § 309 Abs. 2 StPO wird jedoch abgesehen. Die Prüfung, ob eine Entschädigung zu gewähren ist, muss sich auf den gesamten Sachverhalt erstrecken, der die Strafverfolgungsmaßnahmen ausgelöst hat und der sie hat fortbestehen lassen. Die Beantwortung der hierbei noch klärungsbedürftigen Fragen stellt eine vorrangig tatrichterliche Aufgabe dar (vgl. auch Senat, Urteil vom 16. Januar 1991 - 2 StR 527/90, NJW 1991, 1839, 1840). Dies gilt hier jedenfalls für die Frage, ob und inwieweit der Angeklagte nach seiner zweimaligen Inhaftierung jeweils auch die Fortdauer der Untersuchungshaft (zum Teil auch während der vom 10. Oktober 2013 bis 19. Dezember 2014 laufenden Hauptverhandlung) zumindest grob fahrlässig verursacht haben kann.

IV.


54
Revisionen der Angeklagten V. und J.
55
1. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten J. im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
56
a) Der Schuldspruch im Fall II. 2 der Urteilsgründe begegnet indes keinen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat den Angeklagten zu Recht wegen Verabredung eines Verbrechens nach § 30 Abs. 2 StGB verurteilt, weil er mit anderen geplant hatte, den Zeugen H. in seiner Wohnung zu überfallen und ihm Drogen und Drogengeld unter Anwendung von Gewalt zu entwenden.
57
Soweit der Senat mit Beschluss vom 1. Juni 2016 in dem Verfahren 2 StR 335/15 bei den anderen Strafsenaten angefragt hat, ob auch der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln von dem durch §§ 253, 263 StGB ge- schützten Vermögen umfasst ist, kommt es darauf bei der hier abgeurteilten Verabredung zum Raub nach § 30 Abs. 2 StGB i.V.m. § 249 StGB nicht an.
58
b) Die Strafzumessung ist jedoch in einem wesentlichen Punkt lückenhaft. Das Landgericht hat nicht erkennbar bedacht, dass die polizeiliche Überwachung der Tat angesichts des damit verbundenen Wegfalls einer Gefahr für den Zeugen H. zugunsten des Angeklagten in die Strafzumessung einzustellen war (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Juni 2004 - 5 StR 173/04, NStZ 2004, 694 mwN). Es ist nicht auszuschließen, dass das Gericht, wenn es den genannten Umstand in die Erwägungen einbezogen hätte, zu einer günstigeren Einzelstrafe gekommen wäre.
59
Die Einzelstrafe und die Gesamtstrafe müssen demnach neu zugemessen werden. Da die Strafkammer die zur Aufhebung des Strafausspruchs führenden Erwägungen in gleicher Weise auch zu Gunsten des nicht revidierenden Mitangeklagten D. nicht berücksichtigt hat, führt dies gemäß § 357 StPO auch zur Aufhebung des ihn betreffenden Einzelstrafausspruch und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil es sich insoweit nur um einen Wertungsfehler handelt.
60
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten J. sowie die Revision des Angeklagten V. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat.
Fischer Appl Krehl
Ott Bartel

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1.
das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2.
ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3.
in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 346/12
vom
25. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober
2012, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Bender,
Dr. Quentin,
Reiter
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Nebenklägervertreter,
die Nebenklägerin in Person – in der Hauptverhandlung
–,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 17. Februar 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 2 a) der Urteilsgründe des versuchten Totschlags in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen. Er hat jedoch die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Bedrohung zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Sachrüge führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs im Fall II. 2 a) der Urteilsgründe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Fall II. 2 a)
4
Der Angeklagte und die Nebenklägerin waren seit Ende 2010 befreundet und empfanden „tiefe, intensive Gefühle“ füreinander. Da der Angeklagteje- doch von heftiger Eifersucht und starken Verlustängsten geplagt wurde, verlief die Beziehung konfliktgeladen und wurde schließlich von der Nebenklägerin in der zweiten Juni-Hälfte 2011 vorübergehend beendet. In der Folgezeit entwickelte der Angeklagte immer heftigere Rachegelüste und fand zunehmend Gefallen an einem englischsprachigen Liedtext eines Rappers, der von der Tötung einer Ex-Freundin handelte (UA S. 10, 14). Nachdem ihm eine Aussöhnung aussichtslos erschien, sann der Angeklagte darauf, „die Nebenklägerin fertig zu machen“ (UA S. 15). Zu diesem Zweck redete er immer wieder auf den Zeugen T. ein, ihm dabei behilflich zu sein, die Nebenklägerin bei passender Gelegenheit „abzufüllen“ und sie – entlang einer Straße gehend – vor sein Auto zu stoßen, damit es wie ein Unfall aussähe. Der Zeuge T. , der das wiederholte Ansinnen schließlich ernst nahm, ging darauf jedoch nicht ein. Im Verlauf des 29. Juni 2011 tauschte sich der Angeklagte mehrmals mit dem Zeugen T. über das Internet-Chat-Forum ICQ aus und äußerte, dass er kurz vor dem Ausrasten sei und die Nebenklägerin „am liebsten echt umbringen“ würde. Der Zeuge T. solle dies jedoch niemandem erzählen. Am Abend desselben Tages traf der Angeklagte auf der Geburtstagsfeier einer Bekannten erstmals nach der Trennung auf die Nebenklägerin. In den frühen Morgenstunden des 30. Juni 2011 entwickelte sich ein lautstarkes Wortgefecht, bei dem sich der Angeklagte und die Nebenklägerin wechselseitig anschrien. Dabei äußerte der Angeklagte gegenüber der Nebenklägerin, er werde sie „umbrin- gen“ (UA S. 17). Nachdem es den weiteren Partygästen gelungen war, den An- geklagten zu beruhigen, brachte ihn die Mutter der Gastgeberin nach Hause.
5
Am späten Abend des 30. Juni 2011 fuhr er sodann zwischen 23.00 und 24.00 Uhr mit dem VW Polo seines Stiefvaters in Begleitung der Zeugen P. und F. zu einer Diskothek in G. und stellte das Fahrzeug – vorwärts einparkend – im Parkflächenbereich in der ersten oder zweiten Haltebucht ab, die rechts neben der kombinierten Ein- und Ausfahrt liegt. Etwa ein bis zwei Fahrzeuglängen hinter den Parkbuchten verläuft ein ca. zehn Zentimeter breiter und ca. acht Zentimeter hoher Pflastersockel, der die Parkfläche von einem Fahrstreifen für einen Drive-in-Schnellimbiss abtrennt. Zur Straßenseite hin wird das Areal durch einen etwa zwei Meter breiten Grünstreifen begrenzt. Kurz nach Mitternacht traf der Angeklagte auf die Nebenklägerin, die die Diskothek in Begleitung des Zeugen T. verließ. In unmittelbarer Nähe des geparkten Fahrzeugs kam es zu einer erneuten Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin mit wechselseitigen Beschimpfungen und Beleidigungen. Schließlich versetzte die Nebenklägerin dem Angeklagten eine Ohrfeige und beschloss wegzugehen. Der Angeklagte setzte sich ans Steuer seines Fahrzeugs, in dem auch die Zeugen P. und F. Platz nahmen. Er beobachtete , wie sich die Nebenklägerin in Richtung der Ein-/Ausfahrt wandte. Voller Wut und Verzweiflung entschloss er sich in diesem Augenblick, die Nebenklägerin zu töten, was er gegenüber seinen Begleitern mit den Worten ankündigte „Ich fahrdie J. jetzt um“, „Ich bring sie um“, „Ich glaub, ich bring sie jetzt um“. Demgemäß starteteer – während die Nebenklägerin die ersten Schritte in Richtung der Ein-/Ausfahrt machte – den Motor und fuhr sogleich an, „um sie rückwärtsfahrend umzufahren und hierdurch zu Tode zu bringen“. Als der Zeuge P. dies erkannte, packte er den Angeklagten sofort mit den Worten „Bist du bescheuert? Du hast sie nicht mehr alle!“ so heftig und unvermittelt am Arm, dass er ihn hierdurch am Weiterfahren hinderte. Nach einem starken Ruckeln – vergleichbar einem Abwürgen des Motors bei laufender Fahrt – stand das Fahrzeug sogleich wieder still. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Fahrzeugheck – ohne Fahrtrichtungsänderung – „nur kurz hinter der Parkbucht“ (UA S. 20). Nunmehr trat der Zeuge T. an das stehende Fahrzeug heran und verwickelte den Angeklagten in ein Gespräch. In der Zwischenzeit hatte die Nebenklägerin über die Ein-/Ausfahrt bereits das Parkgelände verlassen und befand sich – für den Angeklagten nicht einsehbar – auf dem Bürgersteig. Durch die Büsche des Grünstreifens erblickte sie das stehende Fahrzeug und setzte ihren Weg fort. Auf der Rückfahrt machte der Angeklagte dem Zeugen P. wegen des Eingreifens beim Rückwärtsfahren Vorhaltungen und kündigte (vorübergehend) die Freundschaft auf; außerdem stellte er Überlegungen an, die Nebenklägerin bei anderer Gelegenheit mit tödlichem Ausgang zu überfahren. Im Verlauf des 1. Juli 2011 suchte er im Internet nach Methoden, die Nebenklägerin mittels Schreckschusspistole zu töten (UA S. 21).
6
Fall II. 2 b)
7
Am Nachmittag des 2. Juli 2011 begegnete der Angeklagte der Nebenklägerin auf der Kirmes in K. . Gegen 19.00 Uhr bat er sie um ein VierAugen -Gespräch abseits des Kirmes-Geländes. Der Angeklagte hatte auf der Kirmes dem Alkohol zugesprochen, ohne dass seine Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB herabgesetzt war. Es kam erneut zum Streit, wobei der Angeklagte die Nebenklägerin zunächst schubste und an den Händen packte. Gleichwohl gelang es ihr, den Angeklagten zu ohrfeigen. Daraufhin griff dieser noch fester zu, weshalb die Nebenklägerin versuchte, ihm in den Schritt zu treten. Voller Zorn beschloss der Angeklagte nunmehr, die Nebenklägerin an Ort und Stelle bis zum Tode zu würgen. Er brachte sie zu Fall, ergriff mit beiden Händen ihren Hals und drückte mit ganzer Kraft zu, so dass sie schließlich das Bewusstsein verlor. Als der Angeklagte glaubte, der Todeseintritt stehe unmittelbar bevor, schoss ihm plötzlich der Gedanke durch den Kopf, dass die Nebenklägerin neben seiner Mutter die wichtigste Frau in seinem Leben sei. Daraufhin konnte er die Tat nicht mehr „durchziehen“ und ließ von der Geschädigten ab, die bald darauf wieder zu Bewusstsein kam (UA S. 22).
8
Fall II. 2 c)
9
Als die Nebenklägerin dem Angeklagten anlässlich einer weiteren Aussprache am 13. Juli 2011 eröffnete, mit dem Zeugen T. eine intime Beziehung eingegangen zu sein, ergriff der Angeklagte aus Wut und Eifersucht ein Küchenmesser mit einer ca. 20 Zentimeter langen Klinge und stürmte mit dem lauten Ruf „Missgeburt, ich stech dich ab“ aus dem Haus in Richtung des Zeu- gen T. , um diesen einzuschüchtern und davon zu jagen (UA S. 29).

II.


10
Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Sie sind unzulässig. Die Sachrüge führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs.
11
1. Die Verurteilung wegen versuchten Totschlags (Fall II. 2 a der Urteilsgründe ) weist keinen Rechtsfehler auf.
12
a) Das Landgericht hat sich ohne Lücken, Denkfehler oder Widersprüche auf Grund einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände von der Ernsthaftigkeit der Tötungsabsicht des Angeklagten überzeugt. Es hat sich umfassend mit den Umständen des Tatgeschehens, der Persönlichkeit des Angeklagten, seiner psychischen Verfassung zum Tatzeitpunkt, seiner Tatmotivation und sowie seinem Vor- und Nachtatverhalten auseinandergesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, NStZ 2012, 1524, 1525 ff.). Insbesondere die nachhaltige Einwirkung auf den Zeugen T. vor dem 29. Juni 2011 („fingierter Verkehrsunfall“), der Verlauf der ICQ-ChatProtokolle vom 29. Juni 2011, die Todesdrohungen auf der Geburtstagsparty am 30. Juni 2011 und das Würgen der Geschädigten bis zur Bewusstlosigkeit am 2. Juli 2011 rechtfertigen die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte am 1. Juli 2011 in Tötungsabsicht handelte, als er „voller Wut und Ver- zweiflung“ das Überfahren der Nebenklägerin ankündigte und seinen Pkw star- tete. Das Gesamtverhalten des Angeklagten wurde von einem stets präsenten „intentionalen Spannungsbogen“ überwölbt, der Nebenklägerin nicht nur mit Worten zu drohen, sondern dies auch umzusetzen (UA S. 52).
13
b) Das Handeln des Angeklagten hat auch bereits die Schwelle zum Versuch (§§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) überschritten.
14
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Dafür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden, die mithin – aus der Sicht des Täters – das geschützte Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringen. Dementsprechend erstreckt sich das Versuchsstadium auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur tat- bestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 26. August 1986 – 1 StR 351/86, BGHR StGB § 22 Ansetzen 5; Beschluss vom 11. Juni 2003 – 2 StR 83/03, BGHR StGB § 22 Ansetzen 31; Beschluss vom 27. September 2011 – 4 StR 454/11, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Versuch 1; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 22 Rn. 10 mwN). Nach diesem Maßstab hat der Angeklagte , als er in Tötungsabsicht mit seinem Pkw rückwärts auf die Nebenklä- gerin zufuhr, die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten und hierdurch unmittelbar zur Verwirklichung seines Tötungsvorhabens angesetzt. Denn zwischen ihm und der Nebenklägerin befand sich kein Hindernis mehr, so dass er das Tatopfer nach seiner Vorstellung aus der Parkbucht heraus ohne weitere Zwischenakte „in einem Zug“ überfahren konnte.
15
c) Das Landgericht musste sich nicht zu der Prüfung gedrängt sehen, ob der Angeklagte vom Versuch des Totschlags gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB zurückgetreten ist. Hinsichtlich des Geschehens auf dem Parkplatz der Diskothek liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor, bei dem ein strafbefreiender Rücktritt von vorneherein ausscheidet (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 240). Davon ist auch das Landgericht ersichtlich ausgegangen (UA S. 3, 20, 45 f.).
16
Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263, 264; Urteil vom 8. Februar 2007 – 3 StR 470/06, NStZ 2007, 399; Beschluss vom 7. Februar 2008 – 5 StR 402/07; Beschluss vom 8. Oktober 2008 – 4 StR 233/08, NStZ 2009, 628; Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 240). Nach diesen Grundsätzen ist hier von einem Fehlschlagen des Versuchs auszugehen. Objektiv hat der festgestellte Geschehensablauf auf dem Parkplatzgelände durch das Eingreifen des Zeugen P. , das den abrupten Stillstand des Tatfahrzeugs zur Folge hatte und nach dem Hinzutreten des Zeugen T. dazu führte, dass die Nebenklägerin sich aus dem Sichtfeld des Angeklagten entfernen konnte, eine Zäsur erfahren. Durch das Eingreifen der Zeugen P. und T. war der Angeklagte gehindert, der Nebenklägerin nachzusetzen und den angestrebten Taterfolg ohne zeitliche Zäsur doch noch herbeizuführen.
17
2. Die Feststellungen des Landgerichts belegen nicht die für die Annahme einer Tat nach § 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 in Verbindung mit § 315 Abs. 3 Nr. 1 a StGB vorausgesetzte Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen kann der Angeklagte nur wegen Versuchs (§ 315 b Abs. 2 StGB) verurteilt werden.
18
Durch das Eingreifen des Zeugen P. kam das vom Angeklagten geführte Kraftfahrzeug unmittelbar nach dem Anfahren abrupt wieder zum Stillstand, während die Nebenklägerin „die ersten SchritteRichtung Ein-/Ausfahrt machte“ (UA S. 20). Bei seiner polizeilichen Vernehmung hat der Angeklagte angegeben , die Nebenklägerin sei etwa zehn Meter entfernt gewesen, als er losgefahren sei (UA S. 35, 47). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist somit der tatbestandliche Erfolg, nämlich eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB, nicht eingetreten. Dass der bewusst zweckwidrige Einsatz des Fahrzeugs bereits zu einer kritischen Situation im Sinne eines „Beinahe-Unfalls“ geführt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2010 – 4 StR 506/09, NStZ 2010, 572, 573, und vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BeckRS 2012, 07957 Tz. 12), ist durch die Feststellungen nicht belegt. Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch liegt auch hier nicht vor.
19
Der Senat kann den Schuldspruch von sich aus ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
20
Die gegen den Angeklagten verhängte Einheitsjugendstrafe wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht in Frage gestellt; der Erziehungsbedarf des Angeklagten besteht unabhängig von der rechtlichen Einordnung des ohnehin bloßen Gefährdungsdelikts als versuchte oder vollendete Tat, zumal der Unrechtsgehalt des strafbaren Verhaltens des Angeklagten durch den tateinheitlich verwirklichten Totschlagsversuch geprägt ist.

III.


21
Mutzbauer Cierniak Bender
Quentin Reiter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 7 1 / 1 5
vom
16. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. September
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. August 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte S. freigesprochen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Raubes, Diebstahls in sechs Fällen, zweifachen Betruges und wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen hatten sich u.a. der Angeklagte sowie seine Mitangeklagten St. und K. darauf spezialisiert, Trickdiebstähle nach der "Wasserwerker-Methode" zu begehen. Diese Methode zielt darauf ab, alleinstehende betagte Seniorinnen, die altersbedingt in ihrem Seh-, Hör-, Denkund /oder Gehvermögen eingeschränkt sind, in ihren Wohnungen zu bestehlen. Die älteren Damen wurden zuvor ausgespäht, wobei sich deren potentielle Op- fereigenschaft z.B. aus dem Angewiesensein auf einen Rollator als fahrbare Gehhilfe erschloss. Der Tatablauf gestaltete sich so, dass der Angeklagte S. und im Regelfall der Mitangeklagte St. , die beide ansonsten keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgingen und so ihren Lebensunterhalt bestritten, arbeitsteilig zusammenwirkten. Der Angeklagte S. übernahm die Rolle des "Ablenkers", indem er an der Wohnungstür klingelte und sich als Mitarbeiter der Wasserwerke ausgab. Zur Legitimation wurde den zumeist sehbehinderten Opfern irgendein kleiner "Ausweis" oder eine Plastikkarte kurz vorgehalten. Unter dem Vorwand, die Wasserleitungen überprüfen zu müssen, verschaffte sich der Angeklagte S. Zutritt zur Wohnung, ließ beim Betreten derselben die Wohnungstür offen stehen und lenkte das Tatopfer sodann ab, indem er Scheinarbeiten verrichtete. Währenddessen gelangte der Mittäter St. unbemerkt in die Wohnung und entwendete dort Bargeld sowie den Schmuck der alten Damen , darunter auch wertvolle Erbstücke. Die auf diese Weise bestohlenen Opfer litten in der Folgezeit sehr darunter, in ihrer eigenen Wohnung den Tätern hilf- und wehrlos ausgeliefert gewesen zu sein. Einige von ihnen unterließen es sogar aus Scham, Strafanzeige zu erstatten.
3
2. Soweit das Landgericht den Angeklagten S. in einem Fall aus rechtlichen Gründen freigesprochen hat, liegen dem folgende Feststellungen zugrunde:
4
Am 16. September 2013 klingelten S. und St. in der Kölner Südstadt an der Haustüre eines Mehrfamilienhauses bei der 74-jährigen H. , um einen Trickdiebstahl nach der "Wasserwerker-Methode" zu begehen. Nachdem diese ihnen die Hauseingangstür geöffnet hatte, gelangten sie ins Treppenhaus und so zur Wohnungseingangstür, wo S. sich gegenüber der Geschädigten als Wasserwerker ausgab und behauptete, etwas in der Wohnung überprüfen zu müssen. St. hielt sich derweil im Hintergrund, um nach Betreten der Wohnung durch seinen Mittäter diesem unbemerkt zu folgen. Hierzu kam es jedoch nicht, da die Geschädigte erklärte, niemanden in ihre Wohnung einzulassen und die Wohnungseingangstüre schloss, so dass die Angeklagten ihr Vorhaben abbrechen mussten.
5
3. Das Landgericht hat die Angeklagten insoweit von dem Vorwurf eines versuchten Diebstahls aus rechtlichen Gründen freigesprochen mit der Begründung , die Tat habe sich noch im (straflosen) Vorbereitungsstadium befunden. Ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung habe noch nicht stattgefunden, weil die Angeklagten keinen Zugang zu der Wohnung erlangt hätten und die Diebstahlsobjekte mangels Durchsuchung noch nicht näher konkretisiert gewesen seien.

II.

6
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan schon bei ungestörtem Fortgang unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Dies ist der Fall, wenn der Täter die Schwelle zum "Jetzt geht es los" überschreitet , es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestands übergeht. Nicht als Zwischenakte in diesem Sinne anzusehen sind Handlungen, die wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tathandlung nach dem Plan der Täter als deren Bestandteil erscheinen, weil sie an diese zeitlich und räumlich angrenzen und mit ihr im Falle der Ausführung eine natürliche Einheit bilden; dies kann auch für ein notwendiges Mitwirken des Opfers gelten (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - 4 StR 219/15 mwN). Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung im Einzelfall sind u.a. die Dichte des Tatplans und der Grad der Rechtsgutgefährdung (BGHR StGB § 22 Ansetzen 11; BGH NStZ 2002, 309).
8
Gemessen hieran ist die Würdigung des Landgerichts rechtlich fehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl vor, wenn ein Diebstahl aus der Wohnung eines Opfers dadurch ermöglicht werden soll, dass sich ein Täter unter einem Vorwand Einlass verschafft, um das Tatopfer abzulenken und dann zu bestehlen. Der Angriff auf den fremden Gewahrsam beginnt in diesen Fällen bereits mit dem Begehren um Einlass (BGH, Urteil vom 12. März 1985 - 5 StR 722/84; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - 3 StR 105/10). Nach der zuvor bereits bei anderen Opfern vielfach erfolgreich praktizierten Vorgehensweise hatten die Angeklagten hier die Schwelle zum "Jetzt geht es los" mit dem nicht unter einem Rücktrittsvorbehalt stehenden unmittelbaren Einwirken auf das zuvor bereits ausgespähte Tatopfer an der Wohnungstür überschritten. Zu diesem Zeitpunkt war auch eine konkrete Gefährdung des Opfervermögens bereits eingetreten. Dass das Gelingen und damit die Vollendung der Tat letztlich noch von dem Erfolg der Täuschung und von dem Auffinden von Wertgegenständen innerhalb der Wohnung abhängig war, und der Diebstahl hier "ohne Zutun" der Angeklagten gescheitert ist, hindert nicht den Eintritt ins Versuchsstadium. Fischer Appl Krehl Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 194/11
vom
9. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. August
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die von dem Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.

I.

2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
a) Spätestens im Februar bzw. März 2010 gelangte die Angeklagte zu der Überzeugung, ihre ehemalige Freundin und Arbeitskollegin R. versuche durch "legale Machenschaften" ihr Leben zu zerstören. Sie trug sich deshalb mit dem Gedanken, sich an R. zu rächen und sie "ggf." zu töten. Am 15. März 2010 rief sie, ohne ihren Namen zu nennen, bei R. an und teilte ihr mit: "Du bist tot." Im Anschluss daran bemühte sie sich darum, eine Schusswaffe zu erwerben, mit der sie R. erschießen wollte. Ihre Bemühungen scheiterten aber. Schließlich packte sie am 13. Mai 2010 (Christi Himmelfahrt) mehrere Messer und einen Teleskopschlagstock in ihre Tasche und fuhr zu R. , um gegen diese "eine erhebliche Gewalttat" zu verüben (UA S. 12) bzw. diese mit einem Messer anzugreifen und "unter Umständen lebensgefährlich" zu verletzen (UA S. 38).
4
Bewaffnet mit einem Brotmesser mit einer Klingenlänge von etwa 13 cm gelangte die Angeklagte unbemerkt in das Wohnhaus, in dem sich die Wohnung ihrer ehemaligen Freundin befand. Sie klingelte an der Wohnungstür. Nach ihrem Tatplan wollte sie das Überraschungsmoment ausnutzen und R. unmittelbar nach dem Öffnen der Tür angreifen (UA S. 34). Entgegen ihrer Erwartung wurde die Wohnungstür aber nicht von ihrer ehemaligen Freundin geöffnet, sondern von deren Lebensgefährten, dem Geschädigten H. . Die Angeklagte richtete ihr Messer gegen seinen Oberkörper, machte eine Stichbewegung und versuchte, sich an ihm vorbei in die Wohnung zu drängen. H. gelang es jedoch, die Angeklagte zu umklammern und festzuhalten. Um sich zu befreien, schnitt die Angeklagte ihm mit dem Messer in den linken Unterarm. Als er sie dennoch nicht losließ, biss sie ihm in den Arm. Daraufhin gelang es H. , die Angeklagte in das Treppenhaus zu schieben und die Tür hinter ihr zu verschließen.
5
b) Das Landgericht hat einen Tötungsvorsatz hinsichtlich des Geschädigten H. im Wesentlichen mit der Erwägung verneint, dass das eigentliche Angriffsziel der Angeklagten nicht der Geschädigte, sondern dessen Lebensgefährtin R. gewesen sei. Gegen diese habe sich die ganze Wut der Angeklagten ausschließlich gerichtet. An dem Geschädigten habe sich die Angeklagte zunächst nur vorbeidrängen wollen. Aus der Schnittverletzung lasse sich ebenfalls kein Rückschluss auf einen Tötungsvorsatz ziehen, da die Angeklagte sich habe befreien wollen und den Schnitt nur mit geringer Kraft ausgeführt habe. Das Landgericht hat das Tatgeschehen zum Nachteil des Geschädigten H. als gefährliche Körperverletzung gewertet. An einer Verurteilung der Angeklagten wegen des gegen die Zeugin R. gerichteten Tatgeschehens hat sich das Landgericht gehindert gesehen, weil dieses nach seiner Auffassung nicht angeklagt gewesen sei.
6
2. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, dass das Landgericht das festgestellte Tatgeschehen nicht erschöpfend gewürdigt habe. Insbesondere sei rechtsfehlerhaft nicht geprüft worden, ob sich die Angeklagte - neben der Tat zum Nachteil des Geschädigten H. - auch wegen versuchten Mordes betreffend R. strafbar gemacht habe.

II.

7
Die Revision ist begründet. Die Staatsanwaltschaft rügt zu Recht, dass das Landgericht das von ihm festgestellte Tatgeschehen in Bezug auf R. nicht in seine Urteilsfindung mit einbezogen, sondern isoliert nur unter dem Gesichtspunkt einer Tat zum Nachteil des Geschädigten H. gewürdigt hat.
8
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt in Bezug auf das Tatgeschehen betreffend R. eine wirksame Anklage vor. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
9
a) Die Anklageschrift hat gemäß § 200 Abs. 1 StPO die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen , dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen. Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll. Die begangene konkrete Tat muss vielmehr durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Angeklagten zur Last gelegt werden. Erfüllt die Anklage ihre Umgrenzungsfunktion nicht, so ist sie unwirksam (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05 und vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 mwN). Bei der Überprüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, dürfen die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung herangezogen werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2008 - 1 StR 596/07 und KK-Schneider, 6. Aufl., § 200 Rn. 30 jew. mwN).
10
b) An diesen Maßstäben gemessen wird die Anklage der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 11. August 2010 ihrer Umgrenzungsfunktion auch in Bezug auf das Tatgeschehen betreffend R. hinreichend gerecht.
11
Zwar wird der Angeklagten im abstrakten Anklagesatz lediglich ein Fall des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (zum Nachteil des H. ) zur Last gelegt. Im konkreten Anklagesatz teilt die Staatsanwaltschaft jedoch nicht nur den Angriff auf den Geschädigten mit, sondern auch, dass die mit dem Messer bewaffnete Angeklagte am Tattag auf dem Weg zu dessen Lebensgefährtin gewesen sei. Dies wird im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen weiter dahingehend konkretisiert, dass die Angeklagte im Ermittlungsverfahren zugegeben habe, dass sie nicht auf H. , sondern auf R. habe "losgehen wollen". Die Staatsanwaltschaft geht im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zudem davon aus, dass die Angeklagte die Absicht gehabt habe, ihre ehemalige Freundin aus Hass zu töten. Gestützt wird diese Annahme auf eine umfassende Beweiswürdigung zur Tatvorgeschichte, insbesondere auf die Bemühungen der Angeklagten, sich eine Schusswaffe zu besorgen, um "die (gemeint ist R. ) abzuknallen", sowie auf den Telefonanruf der Angeklagten bei ihrer ehemaligen Freundin mit den Worten "Du bist tot".
12
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist damit in der Anklage nicht nur die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt, sondern auch erkennbar , welche Tat gemeint ist und über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll. Aus den Schilderungen zur Motivation der Angeklagten wird deutlich, dass zu dem von der Anklage umrissenen Tatgeschehen nicht nur der Angriff der Angeklagten auf den Geschädigten gehört, sondern auch das Fehlverhalten der Angeklagten in Bezug auf R. , da diese am Tattag das eigentliche Ziel der Angeklagten gewe- sen ist und es letztlich nur deshalb nicht zu einem gegen diese gerichteten Angriff gekommen ist, weil zufällig der Geschädigte der Angeklagten die Tür geöffnet und sich ihr anschließend in den Weg gestellt hat. Die einzelnen Handlungen gehen hier nicht nur äußerlich ineinander über, sondern sind auch innerlich unmittelbar miteinander verknüpft. Der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung kann nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden. Ihre getrennte Würdigung und Aburteilung in verschiedenen Verfahren würde - worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hinweist - einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211 mwN).
13
2. Das Landgericht hat die angeklagte Tat, so wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt (§ 264 Abs. 1 StPO), nicht erschöpfend abgeurteilt.
14
a) Die Feststellungen des Landgerichts legen es nahe, dass sich die Angeklagte nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten H. , sondern auch wegen eines versuchten Mordes in Bezug auf R. strafbar gemacht hat. Die Tatvorgeschichte und die Motivation der Angeklagten deuten auf das Vorliegen eines entsprechenden Tatentschlusses hin. Die Angeklagte dürfte zudem unmittelbar zur Tat angesetzt haben, als sie an der Wohnungstür geklingelt hat. Nach dem vom Landgericht festgestellten Tatplan wollte die Angeklagte "für den geplanten Messereinsatz das Überraschungsmoment ausnutzen", da sie davon ausging, dass ihr R. und nicht deren Lebensgefährte nach dem Klingeln die Tür öffnen werde.
15
b) An der Aburteilung dieses Verhaltens war das Landgericht nicht dadurch gehindert, dass die im Eröffnungsbeschluss zugelassene Anklage nur http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rag/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE038001309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - den Vorwurf des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten H. erhob.
16
Nach § 264 StPO muss das Gericht die in der Anklage bezeichnete Tat so, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, unter allen rechtlichen Gesichtspunkten aburteilen. Es ist verpflichtet, den Unrechtsgehalt der "Tat" voll auszuschöpfen, sofern - wie hier - keine rechtlichen Hindernisse im Wege stehen (BGH, Beschluss vom 9. November 1972 - 4 StR 457/71, BGHSt 25, 72). Der Tatbegriff des § 264 Abs. 1 StPO entspricht dabei demjenigen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO (BGH, Beschluss vom 30. März 2011 - 4 StR 42/11).
17
Danach gehörte hier zur Tat nicht nur der Angriff auf den Geschädigten H. , in dessen Verlauf es zu dem Messerschnitt in den Unterarm kam, sondern das gesamte strafrechtlich relevante Verhalten der Angeklagten am Tattag , das auch die geplante Tötung von R. mit umfasste, zu der sie mit dem Klingeln an der Wohnungstür bereits unmittelbar angesetzt haben dürfte. Diese Tathandlungen - sowohl H. als auch R. betreffend - stellen aufgrund ihres engen zeitlichen, örtlichen und sachlichen Zusammenhanges einen einheitlichen Vorgang dar, unabhängig davon, ob sie sachlichrechtlich als eine Tat oder mehrere Taten angesehen werden (KK-Engelhardt, 6. Aufl., § 264 Rn. 3 mwN). Diesen Vorgang hatte das Landgericht - ggf. unter Erfüllung seiner Hinweispflicht nach § 265 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - 3 StR 222/02, BGHSt 48, 221, 223) - bei seiner Urteilsfindung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen. Dieser Pflicht ist das Landgericht vorliegend jedoch rechtsfehlerhaft nicht nachgekommen. Dies stellt nicht nur eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 264 StPO dar, sondern auch einen sachlich-rechtlichen Mangel, auf dem das Urteil beruht (vgl. BGH, Urteile vom 10. Dezember 1974 - 5 StR 578/74 und vom 16. Dezember 1982 - 4 StR 644/82, NStZ 1983, 174 mwN).
18
3. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils in vollem Umfang, da sich die - an sich rechtsfehlerfreien - Feststellungen hinsichtlich der Tathandlung zum Nachteil des Geschädigten H. nicht von den Feststellungen zum übrigen Tatgeschehen trennen lassen. Der neue Tatrichter wird unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - 3 StR 105/10 mwN) nähere Feststellungen zum Vorstellungsbild der Angeklagten zu treffen haben, um danach die Frage beurteilen zu können, ob die Angeklagte zur Tötung von R. unmittelbar angesetzt hat.

Nack Elf Graf Jäger Sander

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 51/12
vom
26. April 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. April
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten zu 1.,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten zu 2.,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten zu 3.,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin der Angeklagten zu 4.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 6. Oktober 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen verurteilt; bei den Angeklagten P. , W. und S. hat es die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen beanstandet die Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts insbesondere die Verneinung der Tatvarianten des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils saßen die Angeklagten mit B. am Abend des 6. April 2011 in der Wohnung der Angeklagten S. in G. zusammen. Der Angeklagte W. ärgerte sich über früheres Verhalten B. und entschloss sich gegen 23.15 Uhr, B. einen „Denkzettel“ zu verpassen. Er versetzte B. unvermittelt sechs oder sieben Faustschläge gegen Kopf und Oberkörper, warf eine halbgefüllte Bierflasche nach ihm, die B. verfehlte und an der Wand zerschellte und versetzte ihm zwei weitere Faustschläge gegen den Kopf. Die Angeklagte S. äußerte sich lautstark beifällig zu dem Geschehen. Angestachelt dadurch kamen alle vier Angeklagten stillschweigend überein, den „Denkzettel“ für B. zu intensivieren und ihm weitere Verletzungen zuzufü- gen.
3
Die Angeklagte S. versetzte B. eine Ohrfeige. Der Angeklagte P. schlug und stieß ihn mehrfach mit Fäusten und seinem Knie. Der Angeklagte W. schlug zweimal peitschenartig mit einer Hundeleine aus Nylongewebe zu, so dass B. von dem metallenen Karabinerhaken am Ende der Leine an Kopf und Rücken getroffen wurde. Der Angeklagte M. versetzte B. mehrere Faustschläge gegen den Kopf. B. rutschte infolgedessen vom Sofa. Die Angeklagte S. , die ihm gegenüber saß, stießihn mit der Ferse gegen die linke Gesichtshälfte. Auf ihre Aufforderung versuchte der völlig eingeschüchterte B. , sein auf Sofa und Fußboden getropftes Blut mit einem Handtuch aufzuwischen. Unter weiteren Beschimpfungen schlug ihm die Angeklagte S. eine gefüllte Bierflasche auf den Kopf. Der Angeklagte P. versetzte ihm mehrere Schläge, und der Angeklagte M. trat ihm mehrmals gegen den Kopf.
4
Der Angeklagte P. zog nun die Angeklagten M. und S. von B. weg und half ihm aufzustehen. B. begab sich ins Bad, wo ersich das Blut abwusch und um 23.55 Uhr per Handy die Polizei zur Hilfe rief. Als B. zurück ins Wohnzimmer ging, wurde er vom Angeklagten M. , der sich Quarzhandschuhe angezogen hatte, zweimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Gegen Mitternacht klingelten Polizeibeamte an der Wohnungstür. Aus Verärgerung stieß die Angeklagte S. B. heftig gegen eine Schrankwand. Sein Kopf prallte gegen die Schrankwand und schlug dann auf dem Boden auf. Er blieb auf dem Boden liegen und gab schnarchartige Geräusche von sich. Nach dem Eintreffen von Verstärkung verschafften sich die Polizeibeamten um 0.55 Uhr Zutritt zu der Wohnung, wo sie B. bewusstlos vorfanden und sofort Rettungsmaßnahmen einleiteten. B. erlitt durch die Tat eine ausgedehnte Blutung unter der Hirnhaut, einen Bruch der linken Augenhöhle , einen Rippenbruch und Hautunterblutungen im Gesicht und am Oberkörper. Im Universitätsklinikum H. wurde im Wege einer Notoperation die Schädeldecke eröffnet, um die Blutung unter der Hirnhaut zu entleeren. Ohne ärztliche Hilfe wäre es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer irreparablen Hirnschädigung, möglicherweise sogar zum Tod gekommen.
5
Das Landgericht hat alle Angeklagten einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB für schuldig befunden, die Angeklagten W. und S. darüber hinaus der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen der Verwendung der Hundeleine und der gefüllten Bierflasche. Die Verwendung dieser Gegenstände hat es den jeweils anderen Mitangeklagten nicht zugerechnet, weil dies vom gemeinsamen Tatentschluss nicht umfasst gewesen sei, es sich mithin um Exzesshandlungen einzelner Angeklagter gehandelt habe. Zu Gunsten des Angeklagten M. ist es davon ausgegangen, dass die - nicht sichergestellten - Quarzhandschuhe lediglich dem Passivschutz des Trägers dienten und deshalb nicht als gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen seien. Auch eine gefährliche Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB hat das Landgericht nicht festgestellt. Jeder der Angeklagten habe unwiderlegbar angegeben, die eigenen Tritte und Schläge nicht besonders kraftvoll ausgeführt und diejenigen der Mittäter nicht ununterbrochen beobachtet zu haben. Diejenigen Tathandlungen, die sie beobachtet hätten, hätten sie nicht als lebensgefährdend eingeschätzt. Aus diesen Erwägungen hat das Landgericht auch bei keinem der Angeklagten einen Tötungsvorsatz festgestellt.

II.


6
1. Die vom Landgericht zu § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB und zur subjektiven Tatseite des § 212 StGB getroffenen Feststellungen beruhen allein auf den Einlassungen der Angeklagten, die das Landgericht als glaubhaft angesehen hat. Diese Bewertung hält der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand.
7
Entlastende Angaben eines Angeklagten, für die keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen und deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, darf der Tatrichter nicht ohne weiteres seiner Entscheidung zugrunde legen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Die Zurückweisung einer Einlassung erfordert auch nicht, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt. Vielmehr muss sich der Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung bilden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. August 1995 - 2 StR 94/95, BGHR StPO § 261 Einlassung 6; Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 159/07, BGHSt 51, 324, 325; Urteil vom 14. Januar 2009 - 1 StR 158/08, BGHSt 53, 145, 163 Rn. 51). Dies gilt umso mehr, wenn objektive Beweisanzeichen festgestellt sind, die mit Gewicht gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen.
8
Die danach gebotene Gesamtwürdigung hat das Landgericht nicht vor- genommen. Die von ihm als „nachvollziehbar“ bezeichnete Darstellung aller Angeklagten, die Tätlichkeiten der jeweiligen Mittäter nicht ununterbrochen beobachtet zu haben, widerspricht dem Umstand, dass die Mitangeklagten nach den Urteilsausführungen die Tatbeiträge der Angeklagten S. stimmig übereinstimmend geschildert haben, worauf insoweit die Feststellungen auch beruhen. Im Übrigen hat der unbeteiligte Zeuge K. Pe. die Tatbeiträge der Angeklagten und die Reihenfolge der einzelnen Übergriffe glaubhaft bekundet. Dass Mitangeklagte, die sich in demselben Raum aufhielten, durch Fernseher oder Telefonate so vom Tatgeschehen abgelenkt wurden, dass sie anders als der Zeuge Verletzungshandlungen durch Mittäter nicht bemerkten, liegt nicht nahe und hätte vom Landgericht näher begründet werden müssen.
9
Das Landgericht hätte auch die Einlassung der Angeklagten, sie selbst hätten jeweils nicht kraftvoll zugeschlagen und die beobachteten Tathandlungen der Mittäter nicht für lebensgefährdend gehalten, einer näheren Prüfung unterziehen müssen. Das Tatopfer B. wurde mit einer gefüllten Bierflasche auf den Kopf geschlagen und gegen den Kopf getreten. Jedenfalls den Schlag der Angeklagten S. mit der Bierflasche haben die Mitangeklagten gesehen. Dass eine derartige Behandlung, wie auch Tritte gegen den Kopf, generell potentiell lebensgefährdend ist (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 224 Rn. 12b mwN), ist allgemein bekannt. Für die Massivität der Verletzungshandlungen insgesamt sprechen hier bereits die Knochenbrüche des Opfers. Darauf, dass B. dennoch weiter ansprechbar und handlungsfähig war, eine konkrete Lebensgefahr mithin möglicherweise noch nicht eingetreten war, kommt es nicht an (vgl. Fischer aaO Rn. 12 mwN).
10
Das Landgericht hat aus denselben fehlerhaften Erwägungen heraus auch einen Tötungsvorsatz der Angeklagten verneint. Aus diesem Grunde führt der Rechtsfehler zur Aufhebung des Schuldspruchs insgesamt.
11
2. Auch der vom Landgericht mit einer pauschalen Begründung bejahte Mittäterexzess der Angeklagten W. und S. in Bezug auf § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar kann einem Mittäter das Handeln eines anderen Mittäters, das über das gemeinsam Gewollte hinausgeht, nicht zugerechnet werden (BGH, Urteil vom 25. Juli 1989 - 1 StR 479/88, BGHSt 36, 231, 234; Fischer aaO § 25 Rn. 20 mwN). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Zurechnung keine ins Einzelne gehende Vorstellung von den Handlungen des anderen Tatbeteiligten erfordert. Regelmäßig werden die Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Falles gerechnet werden musste, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er sie sich nicht besonders vorgestellt hat (BGH, Urteil vom 1. September 1999 - 2 StR 94/99, NStZ 2000, 29 f.; BGH, Urteil vom 15. September 2004 - 2 StR 242/04, NStZ 2005, 261 f.). Dasselbe gilt, wenn ihm die Handlungsweise des Mittäters gleichgültig ist (BGH, Urteil vom 27. Mai 1998 - 3 StR 66/98, NStZ 1998, 511 f.; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09 Rn. 101).
12
Alle vier Angeklagten entschlossen sich hier, den „Denkzettel“ zu intensivieren , nachdem bereits der Angeklagte W. mit einer teilweise gefüllten Bierflasche nach B. geworfen hatte. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass sie mit der Verwendung vorgefundener Gegenstände gegen B. einverstanden waren oder ihnen dies zumindest gleichgültig war. Alle haben auch weiter selbst auf B. eingeschlagen, nachdem ihn W. mit der Hundeleine geschlagen hatte, ohne sich von dem Werkzeugeinsatz zu distanzieren. Auf der Grundlage der Feststellungen liegt die Annahme eines Mittäterexzesses daher eher fern. Jedenfalls hätten seine Bejahung näherer Begründung und der Ausschluss einer vom Schwurgericht nicht angesprochenen sukzessiven Mittäterschaft der Erörterung bedurft.
13
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
14
a) Quarzhandschuhe sind in der Regel gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Ein gefährliches Werkzeug ist ein solches, das nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen auszuführen. Eingenähter Sand in Handschuhen verstärkt deren Schlagwirkung und hat eine solche Wirkung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. September 1997 - 4 StR 438/97 und vom 10. Januar 2011 - 5 StR 515/10, NStZ-RR 2011, 111 f.; vgl. auch Urteil vom 13. Januar 2005 - 4 StR 469/04 zu mit Plastik verstärkten Bikerhandschuhen).
15
b) Der neue Tatrichter wird auch zu klären haben, ob das von den Angeklagten S. und M. bei ihren Tritten gegen den Kopf des Opfers getragene Schuhwerk als gefährliches Werkzeug zu bewerten ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. September 2010 - 2 StR 395/10).
16
c) Der Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Nr. 1 StGB setzt einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftaten verursachten Folgen gerichtet sein muss; das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch einer Einbeziehung des Opfers genügt nicht. Regelmäßig sind dazu Feststellungen erforderlich, wie sich das Opfer zu den Bemühungen des Täters gestellt hat und wie sicher die Erfüllung der über den bisher gezahlten Betrag hinausgehenden weiteren Schmerzensgeldzahlungsverpflichtung ist (vgl. BGH, Urteile vom 27. August 2002 - 1 StR 204/02, BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 6, und vom 9. September 2004 - 4 StR 199/04). Ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus, dass das Opfer die erbrachten Leistungen oder Bemühungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert. Dagegen könnte hier sprechen, dass eine Vereinbarung über den Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch nicht getroffen war und der Angeklagte P. die 200 € - die angesichts der schweren Verletzungen des Tatopfers zum Ausgleich des immateriellen Schadens völlig unzureichend sind - bei seiner Verteidigerin hinterlegt hat.
Ernemann Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

14
b) Die Staatsanwaltschaft rügt weiter die Ablehnung eines Beweisantrags , der auf die Vernehmung eines Sachverständigen und hilfsweise auf die Verlesung eines von ihm herrührenden Schreibens vom 12. November 2008 zum Beweis der Tatsachen gerichtet war, dass im Tatzeitraum bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung für ein in Deutschland zugelassenes Fertigarzneimittel dann eine sogenannte Rekonstitution – und keine Rezeptur – vorgelegen habe, wenn lediglich eine getrocknete Wirksubstanz in seine vom pharmazeutischen Unternehmer vorgegebene flüssige Form überführt worden sei, und dass eine abrechnungsfähige Rezeptur nur dann vorgelegen habe, wenn diese nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt und geprüft worden sei, zu ihrer Herstellung nur Ausgangsstoffe verwendet worden seien, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt worden sei, hierüber Aufzeichnungen gemacht worden seien und bei Verwendung importierter Arzneimittel als Ausgangsstoff wenigstens die Identität des Wirkstoffs festgestellt worden sei. Das Landgericht hat den Beweisantrag nach § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung abgelehnt, da die Beweisbehauptungen Be- stand und Auslegung des inländischen Rechts beträfen. Auch diese Ablehnung erfolgte zu Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 371/13
vom
5. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts des versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. Dezember
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 24. April 2013 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten durch dieses entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift legt dem Angeklagten fünf tateinheitlich zusammentreffende Fälle des versuchten Mordes, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zur Last, wobei es in einem Fall der gefährlichen Körperverletzung beim Versuch geblieben sei. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge, die sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet und insbesondere deren Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit geltend macht. Das Rechtsmittel hat jedoch keinen Erfolg.

I.


2
Der nicht vorbestrafte Angeklagte war als ausgebildeter Chemiker bei der Fa. F. GmbH in L. in der Qualitätssicherung angestellt. Am Morgen des 29. März 2010, einem Montag, tranken vier Mitarbeiter des Un- ternehmens Kaffee, den einer von ihnen nach 6.40 Uhr in einem Büro in einer von mehreren Angestellten genutzten Kaffeemaschine zubereitet hatte. Eine fünfte Mitarbeiterin hatte sich zwar von dem Kaffee eine Tasse eingeschenkt, kam aber nicht mehr dazu, davon zu trinken. Kurze Zeit nach dem Konsum des Kaffees litten die vier Mitarbeiter, die von dem Kaffee getrunken hatten, unter anderem an Schwindelanfällen, wurden bewusstlos und mussten notärztlich und anschließend in einem Krankenhaus versorgt werden.
3
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde in dem in den Tassen der fünf Mitarbeiter verbliebenen Kaffee sowie im Filterrückstand der Giftstoff Scopolamin festgestellt; auch im Blut und Urin der vier Geschädigten wurde Scopolamin gefunden.
4
Die zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legt dem Angeklagten zur Last, am Morgen des 29. März 2010 in den Wasserbehälter der Kaffeemaschine mindestens 193 mg Scopolamin geschüttet zu haben.
5
Zur Täterschaft hat das Schwurgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: - es ist "sehr wahrscheinlich", dass sich der Täter mit den Gegebenheiten in dem Unternehmen gut auskannte und deshalb aus dem Kreis dessen Mitarbeiter oder der dem Unternehmen nahe stehenden Personen kam; - der seit dem Jahr 2005 bei dem Unternehmen beschäftigte Angeklagte hatte ein Motiv dafür, den Mitarbeitern Schaden zuzufügen, denn er wurde unter anderem mit zwei Abmahnungen im Jahr 2009 massiv kritisiert und hegte einen "tiefen Groll" gegen den 2006 eingesetzten Geschäftsführer des Unternehmens; - der die Tatbegehung bestreitende Angeklagte hielt sich - was nicht ungewöhnlich war - am Tattag ab etwa 4.00 Uhr vorübergehend auf dem Betriebsgelände auf; zwei auf 5.50 und 5.53 Uhr dieses Tages datierte Messprotokolle aus dem Bereich der Qualitätssicherung, für die der Angeklagte zuständig ist, sind von ihm unterzeichnet; etwa ab 6.00 Uhr war er - anders als sonst - über mehrere Stunden hin telefonisch nicht mehr erreichbar; als sich eine Mitarbeiterin am späten Vormittag nach seinem Befinden erkundigte, benahm sich der Angeklagte aus deren Sicht ungewöhnlich (er habe "ironisch gelacht"); - in dem Büro, in dem die Kaffeemaschine stand, brannte etwa um 5.45 bzw. 5.50 Uhr Licht; kurze Zeit später war die Hoftür zu dem Büro abgeschlossen und es brannte in dem Büro kein Licht mehr; - der Angeklagte hatte Zugang zu dem Büro, in dem die Kaffeemaschine stand; - auf dem Wassertank an der Rückseite der Kaffeemaschine wurde ein Fingerabdruck des Angeklagten sichergestellt; - die Kaffeemaschine war von einer Reinigungskraft am Samstag, dem 27. März 2010, gereinigt worden, unter anderem hatte sie den Was- sertank feucht abgewischt; anschließend bereitete sich die Zeugin selbst Kaffee zu, ohne nach dessen Konsum zu erkranken; - auf der Festplatte des Computers eines in dem Unternehmen beschäftigten Praktikanten, den auch der Angeklagte benutzte, wurde ein am 18. September 2007 erstelltes "Browsercookie" aufgefunden, nach dem im Jahr 2007 unter dem Namen "k. " das Forum der Internetseite "www. .de" besucht wurde; in diesem Forum hatte ein (nicht ermittelter) Nutzer am 9. März 2007 nach der "Totalsynthese" , also der chemischen Zusammensetzung von Scopolamin gefragt; - an der Kaffeemaschine und der Kaffeekanne wurde DNA gesichert, die allerdings nicht für eine Typisierung ausreichte bzw. für die lediglich festgestellt werden konnte, dass sie von drei bzw. zwei Personen herrührt; - ein an einer anderen Stelle des Gehäuses der Kaffeemaschine gesicherter weiterer Fingerabdruck konnte keinem konkreten Verursacher zugeordnet werden; - in dem vom Angeklagten und seiner Ehefrau bewohnten Haus wurde eine Vielzahl chemischer Substanzen - aber kein Scopolamin - aufgefunden.
6
Aufgrund dieser Feststellungen vermochte sich das Landgericht nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen.

II.


7
Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei Brause, NStZ-RR 2010, 329, 330 f.; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 337 Rn. 26 ff.).
9
Schließlich unterliegt der revisionsgerichtlichen Überprüfung auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 StR 360/12, NStZ 2013, 180 mwN). Jedoch ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof als Maßstab seiner revisionsrechtlichen Kontrolle darauf abstellt, ob die vom Tatgericht gezogenen Schlussfolgerungen möglich sind (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2008 - 2 BvR 2067/07, Rn. 43). Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Überzeugungsbildung sogar dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise näher liegend gewesen wäre (BGH, Urteil vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89). Dies gilt unabhängig von der Bedeutung und dem Gewicht des strafrechtlichen Vorwurfs des jeweiligen Verfahrens; denn diese vermögen eine unterschiedliche Handhabung der Grundsätze revisionsgerichtlicher Rechtsprüfung nicht zu rechtfertigen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146).
10
2. Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer ausreichenden Gesamtschau der maßgeblichen objektiven und subjektiven Tatumstände.
11
a) Die Beweiswürdigung ist insbesondere nicht lückenhaft.
12
aa) Auch im Fall eines Freispruchs muss der Tatrichter die wesentlichen Gründe seiner Entscheidung in den schriftlichen Urteilsgründen darlegen (BGH, Urteile vom 2. April 2008 - 2 StR 19/08; vom 24. Januar 2006 - 5 StR 410/05). Indes kann eine Beweiswürdigung ihrer Natur nach nicht erschöpfend in dem Sinne sein, dass alle irgendwie denkbaren Gesichtspunkte und Würdigungsvarianten in den Urteilsgründen ausdrücklich abgehandelt werden. Dies ist von Rechts wegen auch nicht zu verlangen. Aus einzelnen Lücken kann daher nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, der Tatrichter habe nach den sonstigen Urteilsfeststellungen auf der Hand liegende Wertungsgesichtspunkte nicht bedacht (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 285/10, NStZ-RR 2011, 50; ähnlich Urteil vom 14. Dezember 2005 - 2 StR 375/05, NStZ-RR 2006, 82, 83).
13
Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung vielmehr namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (BGH, Urteil vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06). Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, ist es jedoch nicht Sache des Revisionsgerichts, Mutmaßungen darüber anzustellen, ob nicht naheliegend weitere Beweismittel zur Aufklärung der Tatvorwürfe zur Verfügung gestanden hätten oder weitere Beweise erhoben und im Urteil lediglich nicht gewürdigt worden sind. Schon gar nicht kann das Revisionsgericht aufgrund derartiger Mutmaßungen das Urteil auf die Sachrüge hin aufheben. Vielmehr ist es in solchen Fällen Sache der Staatsanwaltschaft, entweder durch Erhebung einer Aufklärungsrüge geltend zu machen, dass das Landgericht weitere mögliche Beweise zur Erforschung des Sachverhalts unter Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO nicht erhoben hat, oder zu beanstanden, dass es hierzu erhobene Beweise nicht in seine Würdigung einbezogen und daher zu seiner Überzeugungsbildung den Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft hat (§ 261 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 317/10, NStZ-RR 2011, 88 f.).
14
bb) Auf dieser Grundlage haben die Beanstandungen der Revisionsführerin und des Generalbundesanwalts zur Lückenhaftigkeit der tatrichterlichen Beweiswürdigung keinen Erfolg.
15
Sie erschöpfen sich zum einen in einer anderen Bewertung von Tatsachen , die das Landgericht in seine Würdigung einbezogen und ersichtlich bedacht hat, etwa dass der Angeklagte - insbesondere zeitlich und räumlich - Gelegenheit zur Tatbegehung hatte, er sich nach der Tat auffällig verhielt und keine konkreten Hinweise dafür vorliegen, welche andere Person Täter sein könnte. Es ist jedoch allein Sache des Tatrichters, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen Indizien zu bewerten; das Revisionsgericht kann nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsache in die Überzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen (BGH, Urteile vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89; vom 4. April 2013 - 3 StR 37/13; vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339).
16
Zum anderen sehen Revisionsführerin und Generalbundesanwalt Lücken in einer nicht hinreichenden Aufklärung etwa zu den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten oder zu der Frage, ob andere Firmenangehörige mit chemischen Kenntnissen Zugang zu dem Büro und ein ebenso starkes Motiv für die Vergiftung hatten. Da Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht allein das tatrichterliche Urteil ist, liegt hierin angesichts der im Übrigen getroffenen Feststellungen kein auf die Sachrüge hin zu beachtender Rechtsfehler, sondern ein Mangel, der mit einer Aufklärungsrüge gerügt werden musste (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 403; vom 8. August 2001 - 5 StR 252/01; zur Erforderlichkeit von Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen in einer anders gearteten Konstellation auch BGH, Urteil vom 21. November 2013 - 4 StR 242/13).
17
b) Die Beweiswürdigung in dem landgerichtlichen Urteil enthält auch keine einen Rechtsfehler darstellende Widersprüche.
18
Ein solcher die Sachrüge begründender Widerspruch kann nicht allein darin liegen, dass einzelne Beweismittel miteinander Unvereinbares ergeben haben. Ebenso wenig kann ein Widerspruch darin gesehen werden, dass das Gericht einer Zeugenaussage folgt (hier z.B. zur - gründlichen - Reinigung der Kaffeemaschine am 27. März), aber hieraus nicht die von der Staatsanwaltschaft gezogene Schlussfolgerung ziehen will (dass dann der Fingerabdruck des Angeklagten nicht am Tag zuvor an die Kaffeemaschine gelangt sein kann).
Vielmehr ist bei ambivalenten Beweisanzeichen, die dem Tatrichter im Einzelfall rechtlich zulässige Schlüsse sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten ermöglichen, eine rechtlich vertretbare tatrichterliche Entscheidung darüber , welche indizielle Bedeutung ein solcher Umstand im konkreten Fall entfaltet , vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339; vom 4. April 2013 - 3 StR 37/13; vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89).
19
c) Auch die Würdigung der Einlassung des Angeklagten lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
20
Zwar ist der Tatrichter nicht verpflichtet, einer Einlassung zu folgen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt, mittels derer die Behauptung sicher widerlegt werden kann. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten eines Angeklagten Sachverhalte zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. BGH, Urteile vom 2. September 2009 - 2 StR 229/09, NStZ 2010, 102; vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 402; ferner BVerfG, NStZ-RR 2007, 381, 382).
21
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Dass - wie der Generalbundesanwalt anführt - das Schwurgericht nach der im letzten Wort erfolgten Einlassung des bis dahin schweigenden Angeklagten weder Vorhalte gemacht noch Nachfragen gestellt oder erneut in die Beweisaufnahme eingetreten ist, ist auf die allein erhobene Sachrüge hin unbeachtlich.
22
d) Schließlich hat das Landgericht weder die gebotene Gesamtwürdigung der für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden Umstän- de unterlassen oder rechtsfehlerhaft vorgenommen, noch hat es überspannte Anforderungen an die entsprechende Überzeugungsbildung gestellt.
23
Eine Gesamtwürdigung hat das Schwurgericht vielmehr ausdrücklich vorgenommen. Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, dass die Strafkammer dabei die für ihre Überzeugungsbildung maßgeblichen Beweisanzeichen weiter gehend oder noch detaillierter hätte erörtern können. Sie hat aber auch angesichts der von ihr nicht verkannten, den Angeklagten belastenden Umstände weder nahe liegende andere Deutungsmöglichkeiten außer Acht gelassen , noch bloße Schlussfolgerungen zur Begründung von Zweifeln an der Täterschaft des Angeklagten angeführt, für die es nach der Beweisaufnahme entweder keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt oder die als eher fernliegend zu betrachten sind. Auch die Gesamtwürdigung weist daher keinen Rechtsfehler auf.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung

1.
(weggefallen)
2.
eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
3.
eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
4.
einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
5.
eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens der Aggression (§ 13 des Völkerstrafgesetzbuches),
6.
einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
7.
eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
8.
einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c
zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
2.
von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,
zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 gilt im Fall der Nummer 2 entsprechend.

(3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer durch den Vollzug der Untersuchungshaft oder einer anderen Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten hat, wird aus der Staatskasse entschädigt, soweit er freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird oder soweit das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn ablehnt.

(2) Andere Strafverfolgungsmaßnahmen sind

1.
die einstweilige Unterbringung und die Unterbringung zur Beobachtung nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 der Strafprozeßordnung,
3.
Maßnahmen des Richters, der den Vollzug des Haftbefehls aussetzt (§ 116 der Strafprozeßordnung),
4.
die Sicherstellung, die Beschlagnahme, der Vermögensarrest nach § 111e der Strafprozeßordnung und die Durchsuchung, soweit die Entschädigung nicht in anderen Gesetzen geregelt ist,
5.
die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis,
6.
das vorläufige Berufsverbot.

(3) Als Strafverfolgungsmaßnahmen im Sinne dieser Vorschrift gelten die Auslieferungshaft, die vorläufige Auslieferungshaft, die Sicherstellung, die Beschlagnahme und die Durchsuchung, die im Ausland auf Ersuchen einer deutschen Behörde angeordnet worden sind.

(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.

(2) Die Entscheidung muß die Art und gegebenenfalls den Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnen, für die Entschädigung zugesprochen wird.

(3) Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist auch im Falle der Unanfechtbarkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 464 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.

(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.

(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.

(1) Wer durch den Vollzug der Untersuchungshaft oder einer anderen Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten hat, wird aus der Staatskasse entschädigt, soweit er freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird oder soweit das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn ablehnt.

(2) Andere Strafverfolgungsmaßnahmen sind

1.
die einstweilige Unterbringung und die Unterbringung zur Beobachtung nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 der Strafprozeßordnung,
3.
Maßnahmen des Richters, der den Vollzug des Haftbefehls aussetzt (§ 116 der Strafprozeßordnung),
4.
die Sicherstellung, die Beschlagnahme, der Vermögensarrest nach § 111e der Strafprozeßordnung und die Durchsuchung, soweit die Entschädigung nicht in anderen Gesetzen geregelt ist,
5.
die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis,
6.
das vorläufige Berufsverbot.

(3) Als Strafverfolgungsmaßnahmen im Sinne dieser Vorschrift gelten die Auslieferungshaft, die vorläufige Auslieferungshaft, die Sicherstellung, die Beschlagnahme und die Durchsuchung, die im Ausland auf Ersuchen einer deutschen Behörde angeordnet worden sind.

(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen

1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,
2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist,
3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen,
4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.

(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.

(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.

(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte

1.
die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt worden ist, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrenshindernis bestand.

(2) Die Entschädigung für eine Freiheitsentziehung kann ferner ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften anwendet und hierbei eine erlittene Freiheitsentziehung berücksichtigt.

(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen

1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,
2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist,
3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen,
4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.

(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.

(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen

1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,
2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist,
3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen,
4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.

(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.

(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.

(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.

(2) Die Entscheidung muß die Art und gegebenenfalls den Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnen, für die Entschädigung zugesprochen wird.

(3) Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist auch im Falle der Unanfechtbarkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 464 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 335/15
vom
1. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:010616B2STR335.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. Juni 2016 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beschlossen:
Die Revisionshauptverhandlung wird unterbrochen. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung. Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob sie dem zustimmen oder an etwa entgegenstehender Rechtsprechung festhalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Angeklagte S. hat es wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen tätlicher Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen den Angeklagten B. hat es wegen Beihilfe zur besondersschweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, de- ren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge.

A.

2
Die drogensüchtigen Angeklagten D. und S. hatten nach den Feststellungen des Landgerichts am 10. Juni 2014 den Rest ihres Heroinvorrats konsumiert und befürchteten Entzugserscheinungen. Nachdem D. vergeblich versucht hatte, Heroin zu kaufen, erfuhr er, dass der Nebenkläger damit Handel treibt. Er beschloss, den Nebenkläger mit Gewalt zur Herausgabe von Heroin zu zwingen und weihte die Angeklagte S. in seinen Plan ein; diese erklärte sich damit einverstanden. Ferner gewann der Angeklagte D. den Angeklagten B. dafür, bei dem Überfall mitzuwirken. Die Angeklagten traten die Wohnungstür des Nebenklägers ein. D. fragte den Nebenkläger sogleich nach „Dope“, worauf dieser erwiderte , dass er keines besitze. Deshalb packte D. den Nebenkläger am Kragen und versetzte ihm Schläge mit der Aufforderung: „gib uns das Zeug raus“. Auch die Angeklagte S. schlug den Nebenkläger und verlangte die Herausgabe von Heroin. Der Angeklagte B. forderte ebenfalls: „gib den Stoff raus“. Die Angeklagte S. hielt dem Nebenkläger auch einen spitzen Gegenstand, eine Schere oder ein Messer, vor das Gesicht und bedrohte ihn damit, was die anderen Angeklagten billigten. Bei dem Versuch des Nebenklägers zu fliehen, wurde er von dem Angeklagten B. festgehalten. Nach weiteren Schlägen gab er drei Plomben Heroin mit der Bemerkung heraus: „hier, könnt ihr haben, mehr habe ich nicht“. Nach Hilferufen des Nebenklägers flohen die Angeklagten unter Mitnahme des Heroins (Fall II.2. der Urteilsgründe).

B.

3
Der Senat hält die Revisionen der Angeklagten für begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen Beteiligung an einer besonders schweren räuberischen Erpressung richten. Der Tatbestand der Erpressung setzt voraus, dass der Täter dem Vermögen eines Anderen einen Nachteil zufügt. Der Begriff des Vermögens entspricht hier demjenigen des Betrugstatbestands. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem Vermögen im Sinne der §§ 253, 263 StGB auch der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln zuzurechnen, weil der strafrechtliche Vermögensbegriff wirtschaftlich betrachtet werden soll. Daran will der Senat nicht festhalten. Er beabsichtigt zu entscheiden, dass die Nötigung zur Übertragung von unerlaubtem Besitz an Betäubungsmitteln nicht das strafrechtlich geschützte Vermögen betrifft. Er fragt deshalb wegen Divergenz und grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage bei den anderen Strafsenaten an, ob diese ihm folgen oder an der bisherigen Rechtsprechung festhalten.

I.

4
1. Das Reichsgericht hatte zuerst nur zivilrechtlich anerkannte Vermögensgegenstände dem vom Strafrecht geschützten Vermögen zugeordnet. Deshalb wurden Ansprüche auf Zahlung von Geldbeträgen, die aus Dirnenlohn herrührten (RG, Urteil vom 27. April 1889 – Rep. 694/89, RGSt 19, 186, 188 ff.; Urteil vom 20. Juni 1895 – Rep. 1877/95, RGSt 27, 300 f.), der Kaufpreis für gestohlene Banknoten (RG, Urteil vom 6. November 1890 – Rep. 2222/90, RGSt 21, 161 ff.) oder für unbrauchbare Mittel zur Durchführung eines strafbaren Schwangerschaftsabbruchs (RG, Urteil vom 3. Juli 1903 – Rep. 937/03, RGSt 36, 334, 343 ff.), das Entgelt für den Verkauf einer hehlerisch erlangten Sache (RG, Urteil vom 18. Dezember 1903 – Rep. 5722/03) oder der Lohn für Parteiverrat (RG, Urteil vom 3. Mai 1904 – Rep. 1851/04, RGSt 37, 161 f.) ebenso vom Begriff des strafrechtlich geschützten Vermögens aus- geklammert wie das Entgelt für den vorgetäuschten Verkauf von Falschgeld (RG, Urteil vom 24. Mai 1907 – 5 D 1062/06, GA Bd. 54 [1907], S. 418).
5
Von diesem Ansatz wichen die Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts in einem Fall ab, in dem es erneut um die Täuschung von Frauen über die Tauglichkeit eines an sie verkauften Mittels zur Herbeiführung eines Schwangerschaftsabbruchs ging (RG, Beschluss vom 14. Dezember 1910 – II 1214/10, RGSt 44, 230 ff. mit Anm. Binding DJZ 1911, Sp. 553 ff.).
6
Die Vereinigten Strafsenate führten aus, der Begriff des rechtlich geschützten Vermögens sei irreführend. Er erwecke die Vorstellung, als gebe es Vermögen, das rechtlich nicht geschützt sei. Jedoch sei die Auffassung unzutreffend , dass demjenigen, der eine Sache oder Forderung widerrechtlich erworben habe, diese nicht durch Vermögensdelikt entzogen werden könne. Einen Rechtssatz, der einen Straftäter mit Bezug auf sein Vermögen friedlos mache, habe das Reichsgericht nicht vertreten. Vermögen sei wirtschaftliche Macht, also alles, was für die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person einen Wert habe. Da jeder Wert in Geld ausgedrückt werden könne, gehe es letztlich um die Summe der geldwerten Güter einer Person.
7
2. Nach dem Krieg übernahm der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone diesen Ansatz (OGHBrZ, Urteil vom 11. Oktober 1949 – StS 160/49, OGHSt 2, 193, 201 f.).
8
3. Auch der Bundesgerichtshof folgte bald darauf der Entscheidung der Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts.
9
a) In seiner ersten Entscheidung zu dieser Frage führte er aus, auch die Forderung aus einem unsittlichen oder gesetzwidrigen Geschäft könne unter Umständen dem wirtschaftlichen Vermögen zugerechnet werden (BGH, Urteil vom 25. November 1951 – 4 StR 574/51, BGHSt 2, 364, 365 ff.). Die strafrechtliche Rechtsprechung habe sich im Streben nach befriedigenden Ergeb- nissen von der bürgerlich-rechtlichen Betrachtungsweise abgewendet und dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff zunehmend Geltung verschafft. Auch eine nichtige Forderung könne wirtschaftlichen Wert haben. Dabei sei in erster Linie an geschäftliche, verwandtschaftliche, freundschaftliche, sonstige gesellschaftliche oder andere Bindungen zu denken, die den Schuldner veranlassen könnten, die wegen Nichtigkeit nicht einklagbare Forderung dennoch zu begleichen , etwa auch, um Nachteile zu vermeiden, die sich aus der Verweigerung der Zahlung ergeben könnten. Die Einklagbarkeit sei bei wirtschaftlicher Betrachtung kein entscheidendes Merkmal für einen Vermögensgegenstand. Der Einwand, dass der widerrechtliche Erwerber einer Sache oder Forderung keines strafrechtlichen Schutzes würdig sei, greife nicht durch. Es komme in erster Linie darauf an, den vom Gesetzgeber mit dem Strafrecht verfolgten Zweck der Rechtssicherheit zu erreichen. Nicht allein dem Geschädigten werde die strafrechtliche Sühne als Genugtuung geschuldet, sondern auch der Allgemeinheit. Das Ergebnis, zu dem die bürgerlich-rechtliche Betrachtung des Vermögens führe, begegne rechtspolitischen Bedenken, insbesondere wenn die Straflosigkeit eines derartigen Verhaltens einen Anreiz für Verbrecher bilde, sich Opfer in Kreisen schwacher Personen zu suchen. Die Gegenansicht lasse die beim Täter zutage getretene Gefährlichkeit außer Betracht. In zahlreichen Fällen trete der Verstoß gegen das Gesetz oder die guten Sitten hinter der Verwerflichkeit des Handelnden, der sich einen solchen Sachverhalt wirtschaftlich zu Nutze mache, zurück.
10
Mit demselben rechtlichen Ansatz bewertete der Bundesgerichtshof die Nötigung zur Herausgabe eines rechtswidrig erlangten Besitzes als Vermögensdelikt (BGH, Urteil vom 16. August 1995 – 2 StR 303/95, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 1; Urteil vom 25. Februar 1997 – 1 StR 804/96, NStZ-RR 1997, 297 f.; Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, NStZ 2002, 33). Im Fall einer Täuschung bei einem Betäubungsmittelgeschäft ging er von Betrug wegen Lieferung von Schokolade statt Haschisch und bei der anschließenden Nötigung zur Unterlassung der Durchsetzung eines Rückgabeanspruchs von (räuberischer) Erpressung aus (BGH aaO NStZ 2002, 33; s.a. Beschluss vom 25. März 2003 – 1 StR 9/03, NStZ-RR 2003, 185).
11
b) Einschränkungen wurden später beim subjektiven Tatbestand gemacht. In einem Fall, in dem der Käufer von Rauschgift durch Täuschung zu einer Geldzahlung veranlasst wurde, ohne das Rauschgift zu erhalten, billigte der Bundesgerichtshof dem Verkäufer einen Schadensersatzanspruch zu und führte aus, dieser Anspruch könne der Absicht rechtswidriger Bereicherung entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 – 3 StR 4/02, NStZ 2003, 151, 152 f. mit Anm. Kindhäuser/Wallau = JR 2003, 163 f. mit Anm. Engländer). Mit Hinweis auf Besitzschutzansprüche, die auch einem Dieb gegen verbotene Eigenmacht zustünden, beanstandete er eine Verurteilung wegen (schwerer räuberischer) Erpressung, weil die Absicht rechtswidriger Bereicherung nicht belegt sei (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 – 4 StR 422/07, NStZ 2009, 37 mit Anm. Dehne-Niemann).
12
c) Beim Betrug zum Nachteil von Prostituierten wich die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes aber von diesem so genannten wirtschaftlichen Vermögensbegriff ab (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1953 – 2 StR 402/53, BGHSt 4, 373; Beschluss vom 28. April 1987 – 5 StR 566/86; NStZ 1987, 407; für die Rechtslage nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15, NStZ 2016, 283 ff.). Zwar könne auch die Möglichkeit, die eigene Arbeitskraft zur Erbringung von Dienstleistungen einzusetzen, zum Vermögen gehören. Das gelte aber nicht für Leistungen, die verbotenen oder unsittlichen Zwecken dienen. Das Strafrecht setze sich in Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung, wenn es im Rahmen eines Vermögensdelikts auch solchen Ansprüchen Schutz gewährte, die aus verbotenen oder unsittlichen Rechtsgeschäften hergeleitet werden.
13
d) Dagegen hat der Bundesgerichtshof die (qualifizierte) Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln als (schwere räuberische) Erpressung angesehen (BGH, Beschluss vom 26. Juli 1995 – 3 StR 694/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Sichverschaffen 2). Die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts seien nicht aus dem Schutzbereich des Vermögensdelikts auszuklammern. Ein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen kenne die Rechtsordnung nicht. Auch könne ein vermögensstrafrechtlich relevanter Schaden des Betäubungsmittelerwerbers und daran anknüpfend ein Ersatzanspruch gegen den Betrüger oder Erpresser nicht deswegen verneint werden, weil das Kaufgeld, das zu strafbaren Zwecken eingesetzt werde oder aus strafbarem Tun herrühre , der Einziehung oder dem Verfall unterliege. Einziehung und Verfall knüpften an das Vorliegen einer Straftat an. Für die Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermögensdelikte könnten diese Maßnahmen keine tauglichen Kriterien liefern.
14
In einem Fall, in dem Drogenhändler vom Abnehmer über dessen Zahlungsfähigkeit getäuscht wurden und nach der Übergabe der Betäubungsmittel mit Nötigungsmitteln die Herausgabe von Wertgegenständen als Surrogat für die Erfüllung der Kaufpreisforderung erzwungen hatten, hat der 3. Strafsenat die Frage, ob auch der unerlaubte Besitz an Betäubungsmitteln als Vermögensbestandteil zu bewerten sei, offen gelassen. Selbst wenn der Verlust des (unerlaubten) Besitzes von Betäubungsmitteln als Vermögenschaden zu bewerten wäre, habe den Tätern nämlich kein Anspruch auf dessen Ersatz zugestanden (BGH, Urteil vom 7. August 2003 – 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322, 326 ff. mit Aufs. Swoboda NStZ 2005, 476 ff.). Die Entscheidung für den umgekehrten Fall, dass der betrogene Käufer dem Betäubungsmittelhändler den betrügerisch erlangten Kaufpreis abpresst (BGH, Beschluss vom 12. März 2002 – 3 StR 4/02 mit Anm. Mitsch JuS 2003, 122 ff.), stehe dem nicht entgegen.
15
Der Senat hat in einer Entscheidung darauf hingewiesen, die Annahme, der Verlust des illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln sei ein vom Recht anerkannter Vermögensschaden, sei jedenfalls nicht unbestritten (Senat, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 2 StR 150/13, StraFo 2013, 480).

II.

16
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln ist kein Bestandteil des nach §§ 253, 263 StGB geschützten Vermögens.
17
1. Es gibt kein strafrechtlich schutzwürdiges Vermögen außerhalb des Rechts (vgl. Fischer in Fischer/Hoven/Huber/Raum/Rönnau/Saliger/Trüg [Hrsg.], Dogmatik und Praxis des strafrechtlichen Vermögensschadens, 2016, S. 51, 54) oder sogar im Widerspruch dazu. Auch der Besitz ist nur dann ein Bestandteil des geschützten Vermögens, wenn er auf einem Recht zum Besitz beruht (vgl. Gallas in Festschrift für Eb. Schmidt, 1961, S. 401, 408, 417, 426). Der strafbare Besitz von Betäubungsmitteln ist deshalb kein durch Strafrecht zu schützendes Rechtsgut. Vielmehr ist der Verlust dieses unerlaubten Besitzes gerade der rechtlich erwünschte Zustand (vgl. Mitsch JuS 2003, 122,

124).

18
Die gleichzeitige Strafdrohung gegen denjenigen, der unerlaubt Betäubungsmittel besitzt (§ 29 Abs. 1 Nr. 3, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) und gegen denjenigen, der dem Besitzer diesen unerlaubten Besitz durch Täuschung (§ 263 StGB) oder Nötigung (§§ 253, 255 StGB) entzieht, stellt einen offenkundigen Widerspruch dar. Zugleich fehlt es an einer Legitimation des Staates zur Bestrafung der auf die Entziehung eines seinerseits strafbaren Besitzes gerichteten Handlung unter dem speziellen Gesichtspunkt eines Vermögensdelikts (vgl. Hillenkamp in Festschrift für Achenbach, 2011, S. 189, 198 ff.).
19
Das Strafrecht wird als „ultima ratio“ des Rechtsgüterschutzes nur eingesetzt , wenn ein bestimmtes Verhalten über sein Verbotensein hinaus in be- sonderer Weise sozialschädlich und für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich, seine Verhinderung daher besonders dringlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 – 2 BvR 392/07, BVerfGE 120, 224, 239 f.). Der unerlaubte Besitz an Betäubungsmitteln ist, gemessen an dieser Anforderung, kein strafrechtlich schutzbedürftiges Rechtsgut, seine Entziehung ist nicht unerträglich, deren Verhinderung durch Strafrecht nicht geboten. Das Strafrecht darf nicht dazu dienen, strafbare Positionen zu schützen und insoweit eine „faktische Anerkennung des Unrechtsverkehrs“ vorzunehmen (vgl. Cramer JuS 1966, 472, 476); denn dies verstieße seinerseits gegen Wertentscheidungen der Verfassung (vgl. Zieschang in Festschrift für H. J. Hirsch, 1999, S. 831, 838 ff.).
20
Die Formel, dass es ein strafrechtlich nicht geschütztes Vermögen nicht gebe (krit. bereits Binding DJZ 1911, Sp. 553, 561 f.), ist tautologisch und mit Blick auf den strafbaren Besitz von Betäubungsmitteln jedenfalls unzutreffend.
21
2. Die Argumente, die bisher für die Anwendung der Vermögensdelikte auf die Entziehung unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes angeführt werden, sind nicht tragfähig.
22
a) Nicht die „Gefährlichkeit des Täters“ oder seine „kriminelle Gesin- nung“, sondern die Tatbestandsmäßigkeit seiner Handlung bestimmt im gel- tenden Tatstrafrecht die Strafbarkeit. Das von einem Täterstrafrecht geprägte Vorstellungsbild des Reichsgerichts ist überholt.
23
b) Die Strafbarkeit nach anderen Straftatbeständen als den Vermögensdelikten (§§ 29 ff. BtMG, §§ 240, 261 StGB u.a.) bleibt bei der Ausklammerung des unerlaubten Besitzes aus dem strafrechtlich geschützten Vermögen unberührt und verhindert, dass ein strafrechtsfreier Raum entsteht (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 109).
24
Aufgabe der spezifischen Vermögensdelikte ist es zudem nicht, zur Vermeidung einer sonst zu befürchtenden Strafbarkeitslücke den Rechtsfrieden zu bewahren (vgl. Gallas aaO, S. 426). Erst recht ist es nicht geboten, den Anwendungsbereich der Vermögensdelikte anhand von kriminalpolitischen Billigkeitserwägungen der Rechtsprechung auszudehnen (vgl. Zieschang aaO S. 841 ff.).
25
Die Annahme, den Vermögensdelikten komme die Aufgabe zu, über den Schutz des Rechtsguts „Vermögen“ hinaus die allgemeine Rechtsordnung zu schützen (krit. bereits Lenckner JZ 1967, 105, 107 f.), geht ferner daran vorbei, dass die Strafrechtsordnung heute eine Vielzahl von Auffangtatbeständen zur Schließung von Strafbarkeitslücken vorsieht. Für eine weite Auslegung der §§ 253, 263 StGB besteht daher kein Bedarf. Sie steht in Widerspruch zum Gebot der engen Auslegung des fragmentarischen Strafrechts nach dem ultima-ratio-Prinzip.
26
c) Das Argument, aus der Möglichkeit von Einziehung oder Verfall sei kein Grund zu der Annahme abzuleiten, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln nicht durch die §§ 253, 263 StGB geschützt werden müsse, geht ebenfalls fehl.
27
Strafbar ist unter anderem, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt , veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Auch Geld, das zur Bezahlung von Betäubungsmitteln verwendet wird, ist Tatmittel des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, solange der Austausch von Leistung und Gegenleistung nicht zur Ruhe gekommen ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162); anschließend ist es Objekt der Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. b StGB). Betäubungsmittel und Drogengeld unterliegen deshalb der Konfiskation durch Ein- ziehung (§ 33 Abs. 2 BtMG, § 74, § 261 Abs. 7 StGB) oder Verfall (§ 73 StGB). Auf die Vermögensdelikte kommt es insoweit nicht an (vgl. Fischer, StGB § 263 Rn. 108).
28
Das Strafrecht trachtet danach, den Betäubungsmitteln und dem bei Betäubungsmittelgeschäften eingesetzten Geld die Verkehrsfähigkeit abzuerkennen , indem nahezu jeder Umgang damit bei Strafe verboten wird (§§ 29 ff. BtMG, § 261 Abs. 1 und 2 StGB). Das Argument, der Straftäter dürfe „nicht friedlos gestellt“ werden, wird dadurch ebenfalls entwertet.
29
d) Die Besitzschutzregeln der §§ 858 ff. BGB, die bisweilen als Grund für die Forderung nach einem flankierenden strafrechtlichen Schutz des Besitzes angeführt werden, dienen nicht dem Schutz des Vermögensbestands (vgl. NK/Kindhäuser, StGB, 4. Aufl., § 263 Rn. 239) und besagen nichts über die Legitimität des Besitzes. Sie ändern deshalb nichts an der strafrechtlichen Bewertung des Vermögens (vgl. Cramer, Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht, 1969, S. 226 ff.; Gallas aaO S. 426). Ein Anspruch auf Einräumung des – strafbaren – Besitzes an Betäubungsmitteln kann daraus nicht hergeleitet werden (vgl. Dehne-Niemann NStZ 2009, 37 f.; Hillenkamp aaO S. 205; Zieschang aaO S. 837 ff.).
30
3. Drogen haben zwar auf dem Schwarzmarkt gerade wegen ihrer Illegalität hohen Wert, auf dem legalen Markt hingegen – solange keine Ausnahmegenehmigung vorliegt – gar keinen Wert. Auch mit Hinweis darauf wird in der Literatur angenommen, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln nicht zum strafrechtlich geschützten Vermögen zählt (vgl. Maier in Matt/Renzikowski, StGB, 2013, § 253 Rn. 23; Wittig in BeckOKStGB, 30. Edition, § 253 Rn. 9.1). Das ist zur Vermeidung einer faktischen Anerkennung des illegalen Markts und seiner in den Handelsstufen progressiven Wertsetzungen geboten. Schließlich erkennt die Rechtsordnung demjenigen, der unerlaubten Drogenbesitz durch ein Vermögensdelikt verliert, nicht nur keinen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch zu, sondern auch keinen solchen nach dem Wertgefüge des illegalen Markts.
31
4. Die Anwendung der Vermögensdelikte auf die Entziehung des Drogenbesitzes ist schließlich nicht deshalb geboten, weil in angrenzenden Fällen , in denen dem Opfer die Betäubungsmittel weggenommen werden, ein Eigentumsdelikt vorläge.
32
a) Divergenzen zwischen dem Schutz von Eigentum und Vermögen werden auch an anderer Stelle hingenommen und zwingen nicht dazu, die Auslegung des Merkmals „Vermögen“ auf illegal erworbene Rechtspositionen zu erstrecken (vgl. Kudlich JA 2006, 335, 336).
33
b) Der Schutz des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gegen Wegnahme durch Eigentumsdelikte erscheint zudem seinerseits nicht zwingend (abl. etwa Engel NStZ 1991, 520 ff.; MünchKomm/Schmitz, StGB, 2. Aufl., § 242 Rn. 17 f.; Wolters in Festschrift für Samson, 2010, S. 495 ff.; s.a. Fischer, StGB § 242 Rn. 5a; dafür aber BGH, Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, ZIS 2006, 36 f. mit Anm. Hauck; Marcelli NStZ 1992, 220 ff.; Vitt NStZ 1992, 221 ff.).
34
Werden Betäubungsmittel entgegen einem strafrechtlichen Verbot hergestellt , entsteht kraft bürgerlichen Rechts (§§ 950, 953 BGB) jedenfalls kein vollwertiges Eigentum. Die Eigentumsposition des Herstellers besteht praktisch nur aus Pflichten zur Ablieferung an die Behörden oder Vernichtung der Drogen, während seine Rechte gemäß §§ 903, 985 ff. BGB durch die Verbote nach § 29 BtMG ausgeschlossen werden. Das „Recht“ auf Eigentumsaufgabe oder Vernichtung (BGH aaO; Schramm JuS 2008, 678, 680) wird durch das Betäubungsmittelgesetz (§ 16 BtMG) zur Pflicht (vgl. MünchKomm/Schmitz, StGB § 242 Rn. 18). Nach allem kann das Strafrecht auch mit der Strafdrohung der §§ 242, 249 StGB gegen Wegnahme des – unerlaubten – Besitzes von Betäubungsmitteln keinen sinnvollen Rechtsgüterschutz darbieten (vgl. Otto in Festschrift für Beulke, 2015, S. 507, 520). Dies spricht vielmehr für eine teleologische Reduktion der Eigentumsdelikte.
35
Der Hersteller kann das kraft Gesetzes formal erworbene Eigentum an Drogen ohne behördliche Ausnahmegenehmigung nicht durch Rechtsgeschäft wirksam übertragen (§ 134 BGB, §§ 29 ff. BtMG). Er gibt es bei der Veräußerung der Drogen im illegalen Betäubungsmittelhandel preis und glaubt danach regelmäßig als Laie selbst an dessen Verlust (vgl. dazu Hauck ZIS 2006, 37, 39). Darin liegt zwar keine Dereliktion (§ 959 BGB). Jedoch erlangt der Erwerber nur einen Gewahrsam ohne eigenes Eigentum; sein Verwertungsinteresse an einem Eigenkonsum ist nicht derart schutzwürdig, dass deshalb das Straf- recht als „ultima ratio“ des Staates zu seiner Gewahrsamssicherung ange- wendet werden müsste. Beim formalen Eigentümer verbleibt eine Rechtsposition ohne Substanz; dieser kann insbesondere die Herausgabe (§ 985 BGB) nicht verlangen, weil ihr das Erwerbsverbot des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG entgegensteht; auch zum Schutz des Eigentümers ist der Einsatz der staatlichen „ultima ratio“ daher nicht geboten.
36
Ausländisches Sachenrecht, das gegebenenfalls für die dingliche Rechtslage an einem ausländischen Herstellungsort bestimmend ist (Art. 43 Abs. 1 EGBGB), wird im Inland nur in den Grenzen der deutschen öffentlichen Ordnung anerkannt (Art. 6 Satz 1, 43 Abs. 2 EGBGB). Daraus können keine weiter gehenden Eigentümerrechte im Inland hergleitet werden.
37
5. Rechtsvergleichend ist darauf hinzuweisen, dass auch das Schweizerische Bundesgericht die Zuordnung des unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes zum Vermögen als Rechtsgut im Sinne des Betrugstatbestands verneint hat (Kassationshof, Urteil vom 17. Mai 1991, BGE 117 IV, S. 139, 148). Mangels Verkehrsfähigkeit bestehe darüber hinaus kein fremdes Eigentum im Sinne des Diebstahlstatbestands (Kassationshof, Urteil vom 5. Juni 1996, BGE 122 IV, S. 179, 183 f.; bestätigt durch Urteil vom 3. April 1998, BGE 124 IV, S. 102, 104). Dies führe nicht zu einer Strafbarkeitslücke, weil jedenfalls eine Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelrecht verbleibe und ausreichend sei. Der Täter, der einem anderen den unerlaubten Besitz an Betäubungsmitteln entziehe, greife nicht in eine schutzwürdige Rechtsposition im Sinne des Diebstahlstatbestands ein, sondern schaffe „den von der Rechtsordnung ge- wünschten Zustand“ (Kassationshof aaO, BGE 122 IV S. 179, 184). Fischer RiBGH Prof. Dr. Krehl Eschelbach ist an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Zeng Bartel

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

5 StR 173/04

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. Juni 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juni 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Dezember 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Einsatzstrafe sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Einsatzstrafe: vier Jahre Freiheitsstrafe) und wegen illegaler Einreise in Tateinheit mit illegalem Aufenthalt (Einzelstrafe: sechs Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. April 2004 ausgeführten Gründen erfolglos, soweit der Schuldspruch angegriffen wird. Dagegen hält der Strafausspruch sachlichrechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erfolgte die Übernahme des Betäubungsmittels durch den als nicht überwachten Inlandskurier tätigen Angeklagten unter engmaschiger Überwachung durch den Zoll. Dem Zoll war es nämlich zuvor gelungen, die anderweitig verurteilte Zeugin K , welche das Rauschgift zuvor aus Ankara über München kommend nach Deutschland eingeführt hatte, zur Mitarbeit zu bewegen und so die weiteren Täter zu überführen.
2. Die Strafzumessung ist in einem wesentlichen Punkt lückenhaft. Zwar hat der Tatrichter zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, daß das Rauschgift sichergestellt werden konnte (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10). Er hat aber nicht ausdrücklich Bedacht darauf genommen, daß der vom Angeklagten durchgeführte Drogentransport unter so engmaschiger Überwachung durch den Zoll stattgefunden hat, daß eine tatsächliche Gefährdung durch das Rauschgift bei dessen Übernahme durch den Angeklagten ausgeschlossen war. Dieser Gesichtspunkt ist – neben der (späteren) Sicherstellung des Rauschgiftes – ein bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt , der im Rahmen der Strafzumessung zu erörtern gewesen wäre (vgl. BGH StV 2000, 555).
Die Einsatzstrafe und die Gesamtstrafe müssen demnach neu zugemessen werden. Der Senat schließt aus, daß die Bemessung der weiteren Einzelstrafe durch die aufgehobene Einsatzstrafe beeinflußt worden ist. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da es sich insoweit nur um einen Wertungsfehler handelt. Der neue Tatrichter wird erwägen können, ob auch die Nähe der Handlungen des Angeklagten zur Beihilfe die Anwendung eines minder schweren Falls nahelegt.
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.