vorgehend
Landgericht Osnabrück, 12 O 1532/08, 24.06.2008
Oberlandesgericht Oldenburg, 6 W 77/08, 27.08.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 248/08
vom
22. Oktober 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei bereits aufgegebenen Geschäftsräumen kann eine Ersatzzustellung durch Einlegung
in den Briefkasten nicht erfolgen.
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 248/08 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 22. Oktober 2009

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten werden der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 27. August 2008 und der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 24. Juni 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren - an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Der Beklagte begehrt die Fortsetzung eines gegen ihn gerichteten Schadensersatzprozesses wegen behaupteter Verletzung seiner Pflichten aus einem Steuerberatervertrag. Gegen ihn erging Vollstreckungsbescheid. Er macht geltend , dieser sei nicht wirksam zugestellt worden, hilfsweise beantragt er Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist.
2
Der Beklagte betrieb sein Büro in einem mit der Hausnummer 5 gekennzeichneten Anbau des Wohnhauses mit der Hausnummer 3, in dem er mit seiner Ehefrau lebt. Die Büroräume hatte er bis zur Aufgabe seiner Tätigkeit am 31. Oktober 2007 von seiner Ehefrau gemietet. Nach Einstellung der Berufstätigkeit entfernte der Beklagte sein Kanzleischild sowie die Namensschilder von Klingel und Briefkasten (Briefschlitz in der Eingangstür). Dem für das Gebiet zuständigen Briefträger teilte er mit, dass er sein Büro geschlossen habe und dass für ihn bestimmte Post in den Briefkasten der Hausnummer 3 eingeworfen werden möge. Die ehemaligen Büroräume blieben in der Folge unbenutzt.
3
Der Kläger erwirkte zunächst den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten, der am 9. Januar 2008 in den Briefkasten des Anbaus mit der Hausnummer 5 eingelegt wurde. Am 5. Februar 2008 erging ein Vollstreckungsbescheid , der laut Aktenausdruck am 7. Februar 2008 in Hausnummer 5 zugestellt wurde. Auf der Zustellungsurkunde ist vermerkt: "Weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich war, habe ich das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt."
4
Am 9. Juni 2008 ging der mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Einspruch des Beklagten beim Amtsgericht - Mahnabteilung - ein. Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 24. Juni 2008 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde, mit der der Beklagte in erster Linie geltend machte, eine wirksame Zustellung des Vollstreckungsbescheides sei nicht erfolgt, hatte keinen Erfolg.
5
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Anliegen weiter.

II.


6
Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
7
Die 1. Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil sie das Beschwerdegericht zugelassen hat.
8
Nach der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung des § 341 Abs. 2 ZPO hätte das Landgericht über den Einspruch und die beantragte Wiedereinsetzung in die womöglich versäumte Einspruchsfrist allerdings durch Urteil entscheiden müssen, auch wenn es über die beantragte Wiedereinsetzung isoliert vorab und nicht zusammen mit der Entscheidung über den Einspruch entschieden hat (BGH, Versäumnisurteil v. 19. Juli 2007 - I ZR 136/05, NJW-RR 2008, 218 f Rn. 14 ff). Hätte das Landgericht über das Wiedereinsetzungsgesuch richtigerweise durch Urteil erkannt, hätte der Beklagte das die Wiedereinsetzung versagende Urteil mit der Berufung und das die Berufung zurückweisende Urteil gegebenenfalls mit der Revision anfechten können (BGH, aaO Rn. 18).
9
Umstand, Der dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft durch Beschluss entschieden hat, kann sich allerdings nicht zum Nachteil des Beklagten auswirken (BGH, aaO). Hat das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung gewählt, steht den Parteien nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben gewesen wäre (BGH, aaO Rn. 12). Demgemäß konnte der Beklagte auch gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sofortige Beschwerde einlegen und das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 ZPO zulassen , wie es andernfalls aus diesem Grund auch die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hätte zulassen können.
10
Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO).
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
12
Der a) Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist konnte von Anfang an bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass darüber erst und nur dann zu entscheiden ist, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagte die Einspruchsfrist gewahrt hat (BGH, Beschl. v. 27. Mai 2003 - VI ZB 77/02, NJW 2003, 2460; v. 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457, 1458 Rn. 12; v. 11. Oktober 2007 - VII ZB 31/07, WuM 2007, 712 Rn. 9). Dies hatten das Landgericht und das Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen (BGH, Beschl. v. 11. Oktober 2007 aaO Rn. 8).
13
b) Der Beklagte hat die Einspruchsfrist gewahrt. Da eine wirksame Zustellung des Vollstreckungsbescheides nicht erfolgt ist, hätte die Einspruchsfrist gemäß §§ 339, 700 ZPO frühestens mit einer möglichen Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO zu laufen beginnen können. Eine solche kommt erst mit der Kenntnisnahme des Beklagten von dem Vollstreckungsbescheid am 1. Juni 2008 in Betracht, an dem er nach seinem Vorbringen die Postsendung tatsächlich auffand. Deshalb war der am 9. Juni 2008 eingelegte Einspruch jedenfalls rechtzeitig.

14
Eine wirksame Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO liegt entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht vor. Diese setzt bei Geschäftsräumen voraus, dass eine Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht ausführbar war. Dann kann ein Schriftstück in einen zu dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück dann als zugestellt, § 180 Sätze 1 und 2 ZPO. Ein Geschäftsraum in diesem Sinne lag jedoch bei der Zustellung nicht vor.
15
aa) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO voraussetzt, dass die Räume von dem Adressaten tatsächlich als Geschäftsraum genutzt werden (BGH, Urt. v. 19. März 1998 - VII ZR 172/97, ZIP 1998, 862, 863; v. 2. Juli 2008 - IV ZB 5/08, ZIP 2008, 1747, 1748; für die vergleichbare Rechtslage bei der Wohnung vgl. etwa BGH, Urt. v. 14. September 2004 - XI ZR 248/03, NJW-RR 2005, 415).
16
Ein Geschäftslokal ist vorhanden, wenn ein dafür bestimmter Raum - und sei er auch nur zeitweilig besetzt - geschäftlicher Tätigkeit dient und der Empfänger dort erreichbar ist (BGH, Urt. v. 19. März 1998, aaO; Beschl. v. 2. Juli 2008 - IV ZB 5/08, ZIP 2008, 1747, 1748 Rn.7; für die vergleichbare Rechtslage bei der Wohnung vgl. z.B. BGH, Urt. v. 14. September 2004 aaO).
17
bb) Ebenfalls noch zutreffend hat das Beschwerdegericht gesehen, dass ein solcher Geschäftsraum nicht mehr vorliegt, wenn der vormalige Inhaber die Räumlichkeiten nicht mehr für seine Geschäftszwecke nutzt und Aufgabewille und Aufgabeakt erkennbar sind. Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist bislang allerdings bei Geschäftsräumen höchstrichterlich nicht geklärt.
18
cc) Bei der Frage, ob eine Wohnung mit der Folge aufgegeben worden ist, dass dort eine Zustellung nicht mehr vorgenommen werden kann, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allein auf die bloße Absicht des bisherigen Inhabers der Wohnung abzustellen, dort künftig nicht mehr wohnen zu wollen. Dieser Wille muss vielmehr, ähnlich wie bei der Aufhebung des Wohnsitzes nach § 7 Abs. 3 BGB, in seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen. Der Wille des Wohnungsinhabers zur Aufgabe der Wohnung muss also nach außen erkennbar und in seinem Verhalten Ausdruck gefunden haben. Zwar setzt die Aufgabe einer Wohnung nicht voraus, dass ihr Inhaber alle Merkmale beseitigt, die den Anschein erwecken könnten, er wohne dort auch weiterhin. Der Aufgabewille muss aber, wenn auch nicht gerade für den Absender eines zuzustellenden Schriftstückes oder die mit der Zustellung betraute Person, so doch jedenfalls für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein. Hierauf kann nicht verzichtet werden, weil sonst Möglichkeiten zur Manipulation eröffnet würden (BGH, Urt. v. 27. Oktober 1987 - VI ZR 268/86, NJW 1988, 713; v. 13. Oktober 1993 - XII ZR 120/92, NJW-RR 1994, 564, 565; Beschl. v. 19. Juni 1996 - XII ZB 89/96, NJW 1996, 2581; v. 14. September 2004 aaO).
19
dd) Das Beschwerdegericht meint, an die Erkennbarkeit von Aufgabewillen und Aufgabeakt seien bei einem Geschäftslokal strengere Anforderungen zu stellen, jedenfalls wenn die Räume anschließend leer stehen. Der bisherige Inhaber der Geschäftsräume müsse jedenfalls in diesem Fall sicherstellen, dass an ihn gerichteter Schriftverkehr nicht in den Briefkasten der leer stehenden Räume eingelegt werde. Deshalb müsse er nach den Umständen den Briefschlitz zukleben, ein Hinweisschild anbringen oder einen Nachsendeauftrag stellen. Unterblieben derartige Maßnahmen, spreche einiges dafür, dass der ehemalige Inhaber der Geschäftsräume es geradezu darauf anlege, an ihn ge- richtete Post nicht zu erhalten. Das bloße Entfernen des Namensschildes genüge nicht, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass der jeweils tätige Zusteller mit den bisherigen örtlichen Gegebenheiten vertraut sei.
20
ee) Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
21
Nach der Regelung der §§ 178 ff ZPO wird für die Ersatzzustellung vorausgesetzt , dass eine Wohnung oder ein Geschäftsraum tatsächlich vorhanden ist. In beiden Fällen kann es deshalb bei einer Aufgabe der Wohnung oder des Geschäftsraums nur darum gehen, möglichen Manipulationen vorzubeugen. Es muss der Wille, die Geschäftsräume aufzugeben, nach außen erkennbaren Ausdruck gefunden haben. Insoweit gilt nichts anderes als bei Wohnräumen. Aus §§ 178 ff ZPO ergibt sich auch bei Geschäftsräumen keine Verpflichtung des Inhabers, bei einer tatsächlichen, nach außen erkennbaren Aufgabe des Geschäftsraums zusätzliche Vorsorge dafür zu treffen, dass Sendungen nicht gleichwohl in den Briefkasten oder Briefschlitz eingeworfen werden. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, ein Schild anzubringen, auf dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Geschäftsräume aufgegeben sind. Damit würde dem Empfänger das Risiko der Wirksamkeit zweifelhafter Ersatzzustellungen auferlegt. Dies sieht § 180 ZPO nicht vor. Dem Zustellungsempfänger kann eine ungenaue oder sorglose Arbeit des Zustellers ebenso wenig zugerechnet werden wie dessen Irrtum über das Vorliegen eines Geschäfts- oder Wohnraums.
22
Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte unstreitig alle Kanzlei- und Namensschilder unmittelbar nach dem 31. Oktober 2007 entfernt und den Geschäftsraum geräumt. Mehr konnte von ihm nicht verlangt werden. Er hat damit für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter zweifelsfrei zum Aus- druck gebracht, dass er die Geschäftsräume aufgab. Für einen Zusteller, der mit den Gegebenheiten vor Ort nicht vertraut war, gab es danach auch keinen Anhaltspunkt mehr dafür, dass die Räume die Geschäftsräume des Beklagten sein könnten. Der üblicherweise zuständige Briefträger war über die Aufgabe der Geschäftsräume ohnehin ausdrücklich unterrichtet.
23
Dem Beschwerdegericht ist zwar darin zuzustimmen, dass es dem Beklagten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles wohl möglich gewesen wäre, sich gleichwohl Kenntnis von der Post zu verschaffen, die bei seinen ehemaligen Kanzleiräumen eingeworfen wurde. Das ändert aber nichts daran, dass die Voraussetzungen einer Ersatzzustellung nicht vorlagen. Auf die Möglichkeit des Zustellungsempfängers, sich Kenntnis von dem Inhalt von Sendungen zu verschaffen, die ohne das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ersatzzustellung eingeworfen wurden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
24
ff) Da die Einspruchsfrist somit nicht versäumt war, kam es auf den nur hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung nicht an. Das Landgericht wird nunmehr dem Rechtsstreit Fortgang zu geben haben.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 24.06.2008 - 12 O 1532/08 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 27.08.2008 - 6 W 77/08 -

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ZPO: BGH: Ersatzzustellung durch Einlegung in den Briefkasten

06.12.2009

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 77/02
vom
27. Mai 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Eines Wiedereinsetzungsantrags bedarf es nur dann, wenn eine der in § 233 ZPO
genannten Fristen versäumt wurde. Dies muß das Berufungsgericht klären, bevor es
über eine hilfsweise beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entscheidet.
BGH, Beschluß vom 27. Mai 2003 - VI ZB 77/02 - LG Erfurt
AG Gotha
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2003 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 9. September 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.088,21

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat die vom Kläger erhobene Klage durch Urteil vom 22. Mai 2002 abgewiesen. Die Zustellung dieses Urteils an den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers erfolgte mittels Empfangsbekenntnis gemäß § 212a ZPO a.F.. Das zu den Akten zurückgelangte, von dem Prozeßbevollmächtigten unterzeichnete Empfangsbekenntnis trägt das aufgestempelte Datum vom 1. Juni 2002; dabei handelte es sich um einen Samstag. Die Berufung des Klägers ist am 2. Juli 2002 beim Landgericht eingegangen und mit einem am 8. Juli 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet worden.
Auf den Hinweis des Landgerichts, die Berufungseinlegung dürfte verfristet sein, hat der Kläger vorgetragen, die Berufung sei nicht verfristet und hilfsweise beantragt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das amtsgerichtliche Urteil sei - wie auch in der Berufungsschrift angegeben - am 3. Juni 2002 zugestellt worden. Am Freitag, den 31. Mai 2002 habe eine Angestellte den Poststempel versehentlich auf den 1. Juni 2002 statt auf Montag, den 3. Juni 2002 umgestellt. Der das Empfangsbekenntnis unterzeichnende Rechtsanwalt habe das Versehen am Montag, den 3. Juni 2002, bei Vorlage der Akten mit der eingegangenen Tagespost nicht bemerkt. Das Landgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Das angefochtene Urteil sei dem Klägervertreter ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 1. Juni 2002 zugestellt worden. Wenn sich der Kläger nunmehr darauf berufe, dieses Datum sei versehentlich aufgestempelt worden, während die Zustellung tatsächlich erst am 3. Juni 2002 erfolgt sei, so vermöge dies den Wiedereinsetzungsantrag nicht hinreichend zu begründen. Die Fristversäumung sei gerade nicht ohne Verschulden im Sinne des § 233 ZPO erfolgt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, weil nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; NJW-RR 2002, 1004).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte nicht offenlassen, ob das Berufungsurteil dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers wie im Empfangsbekenntnis ausgewiesen bereits am 1. Juni 2002 oder - wie vom Kläger vorgetragen – tatsächlich erst am 3. Juni 2002 zugestellt worden ist. Eines Wiedereinsetzungsantrags bedarf es nur dann, wenn eine der in § 233 ZPO genannten Fristen versäumt wurde, hier also die Berufung verspätet eingelegt worden ist. Nur dann wäre über den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Wiedereinsetzung zu entscheiden. Der ergangene Beschluß ist demgemäß schon deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht insoweit keine Beweiswürdigung vorgenommen und keine Feststellungen getroffen hat. Die Auffassung des Berufungsgerichts, aus dem Versäumnis des Klägervertreters , das von seiner Angestellten versehentlich aufgestempelte Datum zu überprüfen, sei zu folgern, daß er das zugestellte Urteil mit dem Willen entgegengenommen habe, es als unter dem 1. Juni 2002 zugestellt gegen sich gelten zu lassen, ist bereits im Ansatz verfehlt. Die nach § 212a ZPO a.F. vorzunehmende Zustellung kann erst dann als bewirkt angesehen werden, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen und dies auch durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Zustellungsdatum ist also der Tag, an dem der Rechtsanwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegengenommen hat (vgl. Senatsurteil vom 6. November 1984 - VI ZR 2/83 - VersR 1985, 142, 143; BGH, Beschluß vom 15. Juli 1998 - XII ZB 37/98 - NJWRR 1998, 1442, 1443 und Urteil vom 28. September 1994 - XII ZR 250/93 - FamRZ 1995, 799). Hierzu hat der Kläger unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen dargelegt, daß die Zustellung tatsächlich erst am 3. Juni 2002 erfolgt sei.
Zwar erbringt das Empfangsbekenntnis grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit der Zustellung (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 24. April 2001 - VI ZR 258/00 - VersR 2001, 1262, 1263 und vom 18. Juni 2002 - VI ZR 448/01 - VersR 2002, 1171; BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 1996 - VII ZB 12/96 - NJW 1996, 2514, 2515 und vom 15. Juli 1998 - XII ZB 37/98 - aaO). Der Beweis der Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben ist jedoch zulässig. An ihn sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Er verlangt, daß die Beweiswirkung des § 212a ZPO a.F. vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, daß die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können; hingegen ist der Beweis des Gegenteils nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 24. April 2001 - VI ZR 258/00 - aaO und vom 18. Juni 2002 - VI ZR 448/01 - VersR 2002, 1171 f.). Bloße Zweifel an der Richtigkeit des Zustellungsdatums genügen nicht (BVerfG NJW 2001, 1563, 1564). Bei dieser Sachlage hatte das Berufungsgericht zu würdigen, ob der Kläger den Beweis für die Unrichtigkeit des im Empfangsbekenntnis angegebenen Zustellungsdatums geführt hat mit der Folge, daß in diesem Fall die Berufungsfrist nicht versäumt worden wäre. Diese Prüfung wird das Berufungsgericht nachzuholen und dabei folgendes zu beachten haben: Eidesstattliche Versicherungen können als Beweismittel berücksichtigt werden, da für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels - auch soweit es um die Rechtzeitigkeit der Einlegung und in diesem Rahmen um die Entkräftung des aus einem Empfangsbekenntnis ersichtlichen Zustellungsdatums geht - der sogenannte Freibeweis gilt. Ihr Beweiswert, der le-
diglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, wird aber zum Nachweis der Frist- wahrung regelmäßig nicht ausreichen. Insoweit muß dann auf die Vernehmung der Beweispersonen - etwa des Rechtsanwalts oder seines Personals - als Zeugen oder auf andere Beweismittel zurückgegriffen werden (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Dezember 1999 - VI ZB 30/99 - VersR 2000, 1129).
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
12
b) Den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten durfte das Berufungsgericht gleichfalls nicht verwerfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Verfahrensstand vor Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist bei verständiger Würdigung nur für den Fall der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt. Über den Wiedereinsetzungsantrag ist daher erst und nur dann zu entscheiden , wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte die Frist zur Begründung der Berufung gewahrt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003, aaO). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da noch ungeklärt ist, ob der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Berufungsbegründung noch am 2. Mai 2006 in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden eingeworfen hat.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.

(2) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden.

(3) Wird Einspruch eingelegt, so gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 5, § 697 Abs. 1, 4, § 698 gelten entsprechend. § 340 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.

(4) Bei Eingang der Anspruchsbegründung ist wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren, wenn der Einspruch nicht als unzulässig verworfen wird. § 276 Abs. 1 Satz 1, 3, Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(5) Geht die Anspruchsbegründung innerhalb der von der Geschäftsstelle gesetzten Frist nicht ein und wird der Einspruch auch nicht als unzulässig verworfen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich Termin; § 697 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Der Einspruch darf nach § 345 nur verworfen werden, soweit die Voraussetzungen des § 331 Abs. 1, 2 erster Halbsatz für ein Versäumnisurteil vorliegen; soweit die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 5/08
vom
2. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Geschäftsraumeigenschaft im Sinne der Zustellungsvorschriften der
§§ 178 Abs. 1 Nr. 2, 180 ZPO nach Inhaftierung des Geschäftsführers einer
GmbH.
BGH, Beschluss vom 2. Juli 2008 - IV ZB 5/08 - LG Düsseldorf
AG Neuss
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 2. Juli 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Januar 2008 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.
Streitwert: 825,14 €

Gründe:


1
I. Die erstinstanzlich anwaltlich nicht vertretene beklagte GmbH ist vom Amtsgericht zur Zahlung von 825,14 € verurteilt worden. Gegen das ausweislich der Zustellungsurkunde am 6. August 2007 durch Einlegung in den zu ihrem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten zugestellten Urteil hat ihr danach beauftragter Prozessbevollmächtigter am 30. November 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung der zugleich wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat sie darauf verwiesen, dass ihr Geschäftsführer vom 14. Juni bis 26. November 2007 in Untersuchungshaft gewesen sei und sie deswegen nicht für eine regelmäßige Leerung des Briefkastens habe sorgen können.
2
Landgericht Das hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Beklagte sei als ein am Wirtschaftsleben beteiligtes Unternehmen gehalten gewesen, für die Leerung des Briefkastens Vorsorge zu treffen, zumal sie mit einer Entscheidung des Gerichts habe rechnen müssen. Sie habe nicht einmal ansatzweise dargelegt, welche Anstrengungen sie diesbezüglich unternommen habe.
3
Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
II. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO statthafte und rechtzeitig erhobene Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Zulassungsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 574 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung unter Divergenzgesichtspunkten eine Entscheidung des Beschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
5
1. Die Beschwerde misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob die Inhaftierung des Geschäftsführers einer GmbH dazu führt, dass deren Räumlichkeiten die Eigenschaft als Geschäftsräume im Sinne der Zustellungsvorschriften der §§ 178 Abs. 1 Nr. 2, 180 ZPO verlieren entsprechend den für die Inhaftierung eines Wohnungsinhabers und seine Wohnung von der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen.
6
a) Grundsatzbedeutung hat eine Rechtssache indes nur, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288, 291 und ständig). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerde mit ihrer Fragestellung nicht darlegen können. Insoweit fehlt es bereits an den notwendigen Ausführungen, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BGH aaO).
7
b) Der von ihr allein in Bezug genommene Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Februar 1998 (7 W 6/98 - OLGR Düsseldorf 1998, 273 f. = juris Tz. 5) gibt dafür nichts her. Er befasst sich insbesondere nicht damit, inwieweit die Anerkennung einer Räumlichkeit als Geschäftslokal einer GmbH voraussetzt, dass - wie die Beschwerde annehmen möchte - ihr Geschäftsführer dort auch (stets) erreichbar sein muss. Vielmehr ist darin lediglich in Übereinstimmung mit der einhelligen Auffassung ausgeführt, dass ein besonderes Geschäftslokal vorhanden ist, wenn ein dafür bestimmter Raum - und sei er auch nur zeitweilig besetzt - geschäftlicher Tätigkeit dient und damit die GmbH dort erreichbar ist (OLG Düsseldorf aaO; vgl. ferner nur BGH, Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 172/97 - VersR 1999, 381 f.; MünchKomm-ZPO/Häublein, 3. Aufl. § 178 Rdn. 21; Zöller/Stöber, 26. Aufl. § 178 Rdn. 15, jeweils m.w.N.). Welcher Einfluss allein der zwischenzeitigen Inhaftierung eines Geschäftsführers auf die bis dahin von seiner Gesellschaft benutzten Geschäftsräume als Geschäftslokal im Sinne der Zustellungsvorschriften zukommen kann, wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf und auch sonst - soweit ersichtlich - nicht behandelt. Diese Fragestellung dürfte auch ei- ner näheren abstrakt-generellen Beantwortung kaum zugänglich sein. Sie betrifft eine weitgehend vom Tatrichter anhand der Einzelfallumstände vorzunehmende Abklärung nach den vorgenannten in Rechtsprechung und Rechtslehre nicht umstrittenen Voraussetzungen für ein Geschäftslokal.
8
Die von der Beschwerde herangezogenen Grundsätze zur Aufhebung der Wohnungseigenschaft, wenn der Wohnungsinhaber in Untersuchungshaft genommen wird (vgl. nur MünchKomm-ZPO/Häublein aaO Rdn. 8 m.N.), betreffen eine nicht vergleichbare Fallgestaltung. Der Verlust der Wohnungseigenschaft ist Folge einer Verlagerung des räumlichen Lebensmittelpunktes an einen anderen Ort (so bereits BGH, Urteil vom 24. November 1977 - II ZR 1/76 - NJW 1978, 1858 f. und ständig; vgl. MünchKomm-ZPO/Häublein aaO Rdn. 6 ff. m.w.N.), die mit dem Haftantritt - je nach Dauer - verbunden sein kann. Die Inhaftierung eines Geschäftsführers allein kann indes eine Verlagerung des Geschäftsortes seiner Gesellschaft nicht bewirken.
9
Dass hier die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit in den von ihr bis zur Verhaftung ihres Geschäftsführers genutzten Räumen vollständig eingestellt oder sie gar an einen anderen Ort verlagert haben könnte, um sie nach dessen Entlassung an alter Stelle wieder aufzunehmen, wird zudem nicht einmal von ihr selbst behauptet; dafür besteht auch sonst kein Anhalt.
10
Mit der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage ist mithin ein Zulassungsgrund insgesamt nicht dargetan.
11
2. Die Annahme des BG, die Beklagte habe für eine Leerung des Briefkastens Vorsorge treffen müssen, begründet keine Divergenzzulassung.
12
Vorkehrungen zu Fristwahrungen werden grundsätzlich auch verlangt , wenn die Abwesenheit nicht vorhersehbar war. Das gilt zumal für juristische Personen, die als Unternehmen - etwa bei Unglücksfällen oder gefährlichen Erkrankungen vertretungsberechtigter Personen - grundsätzlich Sorge tragen müssen, dass Posteingänge weiter bearbeitet werden, anderenfalls ihnen ein grobes Organisationsverschulden anzulasten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 1986 - VII ZB 11/86 - VersR 1987, 561; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 3. Aufl. § 233 Rdn. 37).
13
von Der der Beschwerde herangezogenen Rechtsprechung, die Erkrankungen von Prozessparteien betrifft, lässt sich - worauf bereits die Beschwerdeerwiderung zutreffend hinweist - ein Rechtssatz nicht entnehmen , dass bei unvorhersehbarer Abwesenheit keine entsprechenden Vorkehrungen verlangt werden können. Allenfalls in Ausnahmefällen ist bei nicht aus eigener Kraft behebbaren Erschwernissen im Verkehr mit der Außenwelt unverschuldete Behinderung denkbar (vgl. MünchKommZPO /Gehrlein aaO Rdn. 39). Dass die Beklagte durch die Inhaftierung ihres Geschäftsführers bei äußerster, nach Lage der Dinge zuzumutender Sorgfalt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1976 - VIII ZB 34/76 - VersR 1977, 257 f.) außerstande gewesen sein sollte, fristwahrende Vorkehrungen zu treffen, hat der Tatrichter indes in nicht zu beanstandender Weise verneint.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 31.07.2007 - 75 C 6927/05 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.01.2008 - 20 S 215/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 248/03 Verkündet am:
14. September 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 181, 182; VerbrKrG § 9 Abs. 3 Satz 1;
BGB §§ 196 Abs. 1 Nr. 1 a.F., 242 (Cb)

a) Zu den Voraussetzungen eines Wohnungswechsels.

b) Beim finanzierten Kauf kann sich der Verbraucher gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1
VerbrKrG auch gegenüber der Darlehensrückzahlungsforderung der kreditgebenden
Bank auf die im Verhältnis zum Verkäufer geltende kurze Verjährungsfrist des
§ 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. berufen (Bestätigung von BGHZ 149, 43).

c) Die Berufung auf die Einrede der Verjährung ist treuwidrig, wenn der Schuldner
seine vertragliche Verpflichtung zur Mitteilung eines Wohnungswechsels schuldhaft
verletzt und dadurch eine wirksame Zustellung des Mahn- und Vollstrekkungsbescheids
vereitelt hat.
BGH, Urteil v. 14. September 2004 - XI ZR 248/03 - LG Magdeburg
AG Quedlinburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und
den Richter Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 30. Januar 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten hauptsächlich über die Verjä hrung eines Rückzahlungsanspruchs aus einem gekündigten Teilzahlungskredit. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Vertrag vom 20./22. April 1996 gewährte die kl agende Bank dem Beklagten zur Finanzierung des Erwerbs eines gebrauchten Mitsubishi Galant ein Darlehen über 13.099,02 DM, das in 36 Monatsraten, beginnend mit dem 15. August 1996, zu tilgen war. Nach direkter Auszahlung der Darlehenssumme an den Verkäufer wurde das Fahrzeug
dem Beklagten unter Vereinbarung von Sicherungseigentum zugunsten der Klägerin übergeben.
Als der Beklagte mit den Ratenzahlungen bis Novemb er 1996 in Verzug geraten war, forderte die Klägerin ihn am 3. Dezember 1996 erfolglos zur Zahlung von 1.482,20 DM unter Fristsetzung von ca. drei Wochen und Androhung der Fälligstellung der gesamten Restschuld auf. Am 3. Januar 1997 kündigte sie den Darlehensvertrag fristlos und verlangte die Herausgabe des von ihr finanzierten Fahrzeugs. Nach dessen Verkauf im Mai 1997 stellte sie unter Abzug des Verwertungserlöses eine Restforderung über 9.096,86 DM.
Über diesen Betrag zuzüglich Zinsen hat die Kläger in am 3. Juli 1997 einen Mahnbescheid und am 12. September 1997 einen Vollstrekkungsbescheid erwirkt. Beide Bescheide wurden dem Beklagten am 29. Juli 1997 bzw. am 25. September 1997 unter der Anschrift "A. .. in B. ", wo er ein möbliertes Einzelzimmer gemietet hatte, durch Niederlegung bei der Post zugestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 4. September 2001 hat der Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt.
Nach Darstellung des Beklagten hatte er seine Miet wohnung schon zum Zeitpunkt der Ersatzzustellung des Mahnbescheids aufgegeben und war zu seiner damaligen Freundin gezogen. Ferner hat er sich hinsichtlich der Darlehensrückzahlungsforderung der Klägerin auf die Einrede der Verjährung berufen.
Das Amtsgericht hat den Vollstreckungsbescheid auf gehoben, der Einzelrichter des Landgerichts ihn aufrechterhalten. Mit seiner vom Einzelrichter wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsurteil ist entgegen der Ansicht der R evision nicht wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufzuheben, weil der Einzelrichter über die Berufung der Klägerin entschieden hat, ohne den Rechtsstreit dem Berufungsgericht wegen der Grundsatzbedeutung der Sache zur Entscheidung über eine Übernahme vorzulegen. Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in denen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGHZ 154, 200, 202 ff.; BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900 f.), war der Einzelrichter hier der zur Entscheidung gesetzlich zuständige Richter, da ihm der Rechtsstreit gemäß § 526 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung übertragen worden ist. Zwar ist auch ein Einzelrichter im Berufungsverfahren zur Vorlage des Rechtsstreits unter anderem dann verpflichtet, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache ergibt (§ 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine derartige Änderung der Prozeßlage ist hier jedoch n icht eingetreten. Im übrigen schreibt § 526 Abs. 3 ZPO ausdrücklich vor, daß ein Rechtsmittel nicht auf eine unterlassene Vorlage (des Einzelrichters) gestützt werden kann. Ob in Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat (offengelassen in BGH, Urteil vom 16. Juni 2004 - VIII ZR 303/03, NJW 2004, 2301), bedarf hier keiner Entscheidung. Der von der Revision gerügte Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) liegt deshalb nicht vor.

II.


Der Einzelrichter des Landgerichts hat zur Begründ ung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Der Einspruch des Beklagten vom 4. September 2001 gegen den bei der Post niedergelegten Vollstreckungsbescheid vom 12. September 1997 sei fristgerecht eingelegt worden. Der Beklagte habe bewiesen, daß er sein Zimmer in der "A. .." schon bei der Ersatzzustellung des Mahnbescheides (§§ 181, 182 ZPO a.F.) nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt habe, so daß die für die Einlegung des Einspruchs geltende zweiwöchige Notfrist des § 339 Abs. 1 ZPO nicht in Gang gesetzt worden sei.
Der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Zahlung sanspruch in Höhe von 4.651,15 € (= 9.096,86 DM) zu. Der Darlehensvertrag sei von ihr nach § 12 Abs. 1 VerbrKrG wirksam gekündigt worden. Die daraus
resultierende Rückzahlungsforderung sei nicht verjährt. Im Gegensatz zum Anspruch des Kreditgebers aus dem durch Rücktritt vom Kreditvertrag begründeten Abwicklungsverhältnis, der innerhalb der kaufrechtlichen zweijährigen Frist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. analog verjährt wäre, unterliege der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens auch nach der Kündigung des Kreditvertrages der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F.. Die Gegenansicht, daß sich die Verjährung der Darlehensrückzahlungsforderung nach einer auf § 12 VerbrKrG gestützten Kündigung ausgehend von dem in § 9 Abs. 3 VerbrKrG geregelten Einwendungsdurchgriff nicht nach darlehensvertraglichen , sondern nach kaufrechtlichen Regelungen richte, überzeuge nicht. Die Einrede der Verjährung betreffe allein den Darlehensvertrag, nicht aber den Kaufvertrag; der Kaufpreisanspruch sei mit Auszahlung des Darlehens an den Verkäufer getilgt. Da die Trennung zwischen Kaufund Darlehensvertrag auch im Geltungsbereich des § 9 Abs. 3 VerbrKrG aufrechterhalten bleibe, unterlägen der Kaufpreisanspruch des Verkäufers und der Anspruch des Kreditgebers auf Rückzahlung des Darlehens unterschiedlichen Verjährungsfristen.

III.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem Punkt nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist, anders als die Klägerin m eint, allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Einspruch des Beklagten vom 4. September 2001 gegen den am 12. September 1997 erlassenen Voll-
streckungsbescheid mangels wirksamer Ersatzzustellung fristgerecht eingelegt worden ist.

a) Die Ersatzzustellung nach § 182 ZPO a.F. setzt voraus, daß der Adressat der zuzustellenden Sendung die Wohnung, in der der Zustellungsversuch unternommen wird, tatsächlich innehat, d.h. dort lebt und insbesondere auch schläft. Sie verliert ihre Eigenschaft als Wohnung, wenn der Zustellungsempfänger sie nicht mehr zu den vorgenannten Zwecken nutzt, sondern den räumlichen Mittelpunkt seines Lebens an einen anderen Aufenthaltsort verlagert. Dabei kann nicht allein auf die bloße Absicht des bisherigen Inhabers abgestellt werden, sondern sein Wille muß, ähnlich wie bei der Aufhebung des Wohnsitzes gemäß § 7 Abs. 3 BGB, in seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen. Aufgabewille und Aufgabeakt müssen, wenn auch nicht gerade für den Absender eines zuzustellenden Schriftstücks oder den mit der Zustellung beauftragten Postbediensteten, so doch jedenfalls für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1987 - VI ZR 268/86, VersR 1988, 415 m.w.Nachw.; BGH, Beschluß vom 19. Juni 1996 - XII ZB 89/96, NJW 1996, 2581). Sind diese strengen Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt, kommt weder der Nichtanzeige des Umzugs bei der Meldebehörde und/oder der unterbliebenen Beseitigung des Namensschildes an der alten Wohnung noch der Möglichkeit, sie weiterhin aufzusuchen und die dort eingegangene Post zur Kenntnis zu nehmen, als bloße Indiztatsachen (siehe BGH, Urteil vom 27. Oktober 1987, aaO S. 415 f.; vgl. auch MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl. § 181 Rdn. 3) eine entscheidende Bedeutung zu. Danach ist gegen die angefochtene Entscheidung insoweit nichts zu erinnern.


b) Die urkundliche Erklärung des Postbediensteten, der Beklagte sei "in der Wohnung" nicht angetroffen worden, begründet zwar ein beweiskräftiges Indiz, das nur durch eine plausible Gegendarstellung entkräftet werden kann (BGH, Beschluß vom 19. Juni 1996, aaO m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hält es aber - wie der Vorderrichter - aufgrund der Aussage seiner ehemaligen Freundin des Beklagten für erwiesen , daß er schon vor der Ersatzzustellung des Mahnbescheides am 29. Juli 1997 mit seinen wenigen persönlichen Sachen zu ihr gezogen war und sein möbliertes Zimmer in der "A. .." nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt hat. Diese unangegriffene und in der Revisionsinstanz ohnehin nur beschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung, die dem Umstand Rechnung trägt, daß der Vermieter des Beklagten das möblierte Zimmer nach Aussage der Zeugin bereits im Juli 1997 an eine andere Person vermietet hatte, stellt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung an den Verlust der Wohnungseigenschaft keine zu geringen Anforderungen. Zwar wollte der Beklagte nach seinen eigenen Angaben im Falle einer Trennung von der Zeugin in das möblierte Zimmer zurückkehren , weshalb er den Mietvertrag nicht sofort gekündigt hatte. Dies bedeutet aber bei lebensnaher Betrachtung nicht, daß ein echter Wohnungswechsel noch nicht stattgefunden hatte. Nach der anderweitigen Vermietung des möblierten Zimmers kam eine Rückkehr des Beklagten dorthin faktisch nicht mehr in Betracht.

c) Mangels wirksamer Ersatzzustellung des Vollstre ckungsbescheides gemäß § 182 ZPO a.F. ist die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO daher nicht in Gang gesetzt worden.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin verjährt.

a) Wie der erkennende Senat bereits in seinem vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 25. September 2001 (BGHZ 149, 43, 46 ff.) im einzelnen dargelegt hat, unterliegt die durch eine Kündigung des Darlehensvertrages nach § 12 VerbrKrG entstandene Rückzahlungsforderung bei einem finanzierten Kauf der kurzen zweijährigen kaufrechtlichen Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F., nicht aber der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F.. Nach dem Schutzzweck des § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG soll der Kunde gegenüber Zahlungsansprüchen des Darlehensgebers grundsätzlich genauso stehen wie er gegenüber der Kaufpreisforderung des Verkäufers stünde, wenn nur mit ihm kontrahiert worden wäre. Folgerichtig kann der Betreffende alle den Kaufpreisanspruch betreffenden rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen oder Einreden auch dem Darlehensgeber entgegenhalten. Dazu zählt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, auch die Einrede der Verjährung, da die bei Teilzahlungskrediten typische Auszahlung des Darlehens an den Verkäufer mit ihrer Erfüllungswirkung außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGHZ 149, 43, 47 f.).

b) Da der Kaufvertrag über den Gebrauchtwagen mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag, wovon das Berufungsgericht - von der Revisionserwiderung unbeanstandet - ohne weiteres ausgegangen ist, ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet, kann der Beklagte der Klägerin gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1
VerbrKrG auch entgegenhalten, bei einem normalen Teilzahlungskauf wäre der gesamte noch streitige Zahlungsanspruch nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. verjährt. Daß die kurze zweijährige Verjährung eine Einrede aus dem mit dem Kreditgeschäft rechtlich und wirtschaftlich verbundenen Kaufvertrag begründet, steht außer Frage.

c) Die Zweijahresfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. ist abgelaufen. Sie begann, da § 199 Satz 1 BGB a.F. wegen des dem Beklagten aus § 609 a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. zustehenden Kündigungsrecht keine Anwendung findet (vgl. Senatsurteil BGHZ 151, 47, 51 f. m.w.Nachw.), gemäß § 198 BGB a.F. erst mit Entstehung des Rückzahlungsanspruchs, also mit der auf § 12 Abs. 1 VerbrKrG gestützten und vom Berufungsgericht zu Recht für wirksam erachteten Kündigung des Darlehensvertrages am 3. Januar 1997 zu laufen. Mangels wirksamer Zustellung des Mahnbescheids im Jahre 1997 ist die Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und endete deshalb gemäß §§ 201, 198 BGB a.F. am 31. Dezember 1999. Auf die Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 187 ZPO a.F. durch Übersendung des Mahnbescheids an den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 21. August 2001 kann sich die Klägerin entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch unter Berücksichtigung des § 693 Abs. 2 ZPO a.F. nicht berufen. Die Einreichung des Mahnbescheidsantrags am 1. Juli 1997 und die Heilung des Zustellungsmangels am 21. August 2001 stehen nicht in einem Verhältnis zueinander, das einer der Einreichung folgenden demnächstigen Zustellung entspricht (vgl. BGHZ 24, 66, 76 f.). Verjährung ist daher eingetreten.

IV.


Das angefochtene Urteil stellt sich aber aus ander en Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Beklagte muß sich - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - wegen widersprüchlichen Verhaltens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als wenn die kurze zweijährige Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. durch das 1997 durchgeführte Mahnverfahren gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. unterbrochen worden und die Darlehensrückforderung der Klägerin mithin nicht verjährt wäre.
Widersprüchliches Verhalten ist rechtsmißbräuchlic h, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteile vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95, NJW 1997, 3377, 3379 f. m.w.Nachw. und vom 17. März 2004 - VIII ZR 161/03, WM 2004, 1219, 1221). So liegt es hier.
Dem Beklagten oblag nach Ziffer 12 Abs. 1 der Vert ragsinhalt gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin die Pflicht, einen Wechsel der Wohnungsadresse unverzüglich anzuzeigen. Obwohl der Beklagte nach seinen eigenen Angaben mit der alsbaldigen Einleitung eines Mahnverfahrens durch die Klägerin rechnete, hat er - indem er keinen Nachsendeauftrag stellte und sein Namensschild an seiner früheren Wohnung in der "A. .." in B. beließ sowie der Klägerin auch keinen der nachfolgenden Wohnungswechsel anzeigte, Zustellungen unter seinen neuen Wohnanschriften bewußt oder zumindest grob fahrlässig verhindert. Unter diesen Umständen durfte er die Klägerin, die
bis zum Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid im September 2001 auf dessen Wirksamkeit vertraute und deshalb von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen absah, mit der Einrede der Verjährung nicht überraschen. Der Beklagte verhält sich widersprüchlich, wenn er versucht, aus seinem schuldhaft vertragswidrigen Verhalten Vorteile zu ziehen (vgl. OLG Köln VersR 1989, 642 f.). Die Berufung auf die Einrede der Verjährung stellt sich daher angesichts seiner Schadensersatzhaftung für die schuldhafte Vertragsverletzung gegenüber der Klägerin als treuwidrige und gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung dar.

V.


Die Revision des Beklagten konnte demnach keinen E rfolg haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Richterin am Bundesgerichtshof Ellenberger Mayen ist wegen Urlaubs gehindert ihre Unterschrift beizufügen. Nobbe

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 5/08
vom
2. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Geschäftsraumeigenschaft im Sinne der Zustellungsvorschriften der
§§ 178 Abs. 1 Nr. 2, 180 ZPO nach Inhaftierung des Geschäftsführers einer
GmbH.
BGH, Beschluss vom 2. Juli 2008 - IV ZB 5/08 - LG Düsseldorf
AG Neuss
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 2. Juli 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Januar 2008 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.
Streitwert: 825,14 €

Gründe:


1
I. Die erstinstanzlich anwaltlich nicht vertretene beklagte GmbH ist vom Amtsgericht zur Zahlung von 825,14 € verurteilt worden. Gegen das ausweislich der Zustellungsurkunde am 6. August 2007 durch Einlegung in den zu ihrem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten zugestellten Urteil hat ihr danach beauftragter Prozessbevollmächtigter am 30. November 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung der zugleich wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat sie darauf verwiesen, dass ihr Geschäftsführer vom 14. Juni bis 26. November 2007 in Untersuchungshaft gewesen sei und sie deswegen nicht für eine regelmäßige Leerung des Briefkastens habe sorgen können.
2
Landgericht Das hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Beklagte sei als ein am Wirtschaftsleben beteiligtes Unternehmen gehalten gewesen, für die Leerung des Briefkastens Vorsorge zu treffen, zumal sie mit einer Entscheidung des Gerichts habe rechnen müssen. Sie habe nicht einmal ansatzweise dargelegt, welche Anstrengungen sie diesbezüglich unternommen habe.
3
Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
II. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO statthafte und rechtzeitig erhobene Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Zulassungsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 574 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung unter Divergenzgesichtspunkten eine Entscheidung des Beschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
5
1. Die Beschwerde misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob die Inhaftierung des Geschäftsführers einer GmbH dazu führt, dass deren Räumlichkeiten die Eigenschaft als Geschäftsräume im Sinne der Zustellungsvorschriften der §§ 178 Abs. 1 Nr. 2, 180 ZPO verlieren entsprechend den für die Inhaftierung eines Wohnungsinhabers und seine Wohnung von der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen.
6
a) Grundsatzbedeutung hat eine Rechtssache indes nur, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288, 291 und ständig). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerde mit ihrer Fragestellung nicht darlegen können. Insoweit fehlt es bereits an den notwendigen Ausführungen, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BGH aaO).
7
b) Der von ihr allein in Bezug genommene Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Februar 1998 (7 W 6/98 - OLGR Düsseldorf 1998, 273 f. = juris Tz. 5) gibt dafür nichts her. Er befasst sich insbesondere nicht damit, inwieweit die Anerkennung einer Räumlichkeit als Geschäftslokal einer GmbH voraussetzt, dass - wie die Beschwerde annehmen möchte - ihr Geschäftsführer dort auch (stets) erreichbar sein muss. Vielmehr ist darin lediglich in Übereinstimmung mit der einhelligen Auffassung ausgeführt, dass ein besonderes Geschäftslokal vorhanden ist, wenn ein dafür bestimmter Raum - und sei er auch nur zeitweilig besetzt - geschäftlicher Tätigkeit dient und damit die GmbH dort erreichbar ist (OLG Düsseldorf aaO; vgl. ferner nur BGH, Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 172/97 - VersR 1999, 381 f.; MünchKomm-ZPO/Häublein, 3. Aufl. § 178 Rdn. 21; Zöller/Stöber, 26. Aufl. § 178 Rdn. 15, jeweils m.w.N.). Welcher Einfluss allein der zwischenzeitigen Inhaftierung eines Geschäftsführers auf die bis dahin von seiner Gesellschaft benutzten Geschäftsräume als Geschäftslokal im Sinne der Zustellungsvorschriften zukommen kann, wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf und auch sonst - soweit ersichtlich - nicht behandelt. Diese Fragestellung dürfte auch ei- ner näheren abstrakt-generellen Beantwortung kaum zugänglich sein. Sie betrifft eine weitgehend vom Tatrichter anhand der Einzelfallumstände vorzunehmende Abklärung nach den vorgenannten in Rechtsprechung und Rechtslehre nicht umstrittenen Voraussetzungen für ein Geschäftslokal.
8
Die von der Beschwerde herangezogenen Grundsätze zur Aufhebung der Wohnungseigenschaft, wenn der Wohnungsinhaber in Untersuchungshaft genommen wird (vgl. nur MünchKomm-ZPO/Häublein aaO Rdn. 8 m.N.), betreffen eine nicht vergleichbare Fallgestaltung. Der Verlust der Wohnungseigenschaft ist Folge einer Verlagerung des räumlichen Lebensmittelpunktes an einen anderen Ort (so bereits BGH, Urteil vom 24. November 1977 - II ZR 1/76 - NJW 1978, 1858 f. und ständig; vgl. MünchKomm-ZPO/Häublein aaO Rdn. 6 ff. m.w.N.), die mit dem Haftantritt - je nach Dauer - verbunden sein kann. Die Inhaftierung eines Geschäftsführers allein kann indes eine Verlagerung des Geschäftsortes seiner Gesellschaft nicht bewirken.
9
Dass hier die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit in den von ihr bis zur Verhaftung ihres Geschäftsführers genutzten Räumen vollständig eingestellt oder sie gar an einen anderen Ort verlagert haben könnte, um sie nach dessen Entlassung an alter Stelle wieder aufzunehmen, wird zudem nicht einmal von ihr selbst behauptet; dafür besteht auch sonst kein Anhalt.
10
Mit der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage ist mithin ein Zulassungsgrund insgesamt nicht dargetan.
11
2. Die Annahme des BG, die Beklagte habe für eine Leerung des Briefkastens Vorsorge treffen müssen, begründet keine Divergenzzulassung.
12
Vorkehrungen zu Fristwahrungen werden grundsätzlich auch verlangt , wenn die Abwesenheit nicht vorhersehbar war. Das gilt zumal für juristische Personen, die als Unternehmen - etwa bei Unglücksfällen oder gefährlichen Erkrankungen vertretungsberechtigter Personen - grundsätzlich Sorge tragen müssen, dass Posteingänge weiter bearbeitet werden, anderenfalls ihnen ein grobes Organisationsverschulden anzulasten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 1986 - VII ZB 11/86 - VersR 1987, 561; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 3. Aufl. § 233 Rdn. 37).
13
von Der der Beschwerde herangezogenen Rechtsprechung, die Erkrankungen von Prozessparteien betrifft, lässt sich - worauf bereits die Beschwerdeerwiderung zutreffend hinweist - ein Rechtssatz nicht entnehmen , dass bei unvorhersehbarer Abwesenheit keine entsprechenden Vorkehrungen verlangt werden können. Allenfalls in Ausnahmefällen ist bei nicht aus eigener Kraft behebbaren Erschwernissen im Verkehr mit der Außenwelt unverschuldete Behinderung denkbar (vgl. MünchKommZPO /Gehrlein aaO Rdn. 39). Dass die Beklagte durch die Inhaftierung ihres Geschäftsführers bei äußerster, nach Lage der Dinge zuzumutender Sorgfalt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1976 - VIII ZB 34/76 - VersR 1977, 257 f.) außerstande gewesen sein sollte, fristwahrende Vorkehrungen zu treffen, hat der Tatrichter indes in nicht zu beanstandender Weise verneint.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 31.07.2007 - 75 C 6927/05 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.01.2008 - 20 S 215/07 -

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.