Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2017 - 11 CS 17.2098

bei uns veröffentlicht am13.12.2017
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 7 S 17.1206, 19.09.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. September 2017 wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Zwangsgeldandrohung (Nrn. 1 und 3 des Bescheids des Landratsamts Neu-Ulm vom 8.5.2017) angeordnet.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Antragsgegner.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Sofortvollzug der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der Zwangsgeldandrohung für die nicht fristgerechte Ablieferung seines Führerscheins.

Aufgrund einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts, wonach der Antragsteller insgesamt acht Punkte im Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht habe, hörte das Landratsamt Neu-Ulm (im Folgenden: Landratsamt) ihn mit Schreiben vom 4. April 2017 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an und entzog ihm diese mit Bescheid vom 8. Mai 2017, verpflichtete ihn zur Ablieferung des Führerscheins und drohte ihm für den Fall nicht fristgerechter Ablieferung ein Zwangsgeld an. Sowohl die mit Postzustellungsurkunde zugestellte Anhörung als auch der ebenfalls mit Postzustellungsurkunde und gleichzeitig durch Aushang öffentlich zugestellte Bescheid waren an die Anschrift F* …str. 16, … Neu-Ulm adressiert. Während die Zustellungsurkunde zur Anhörung mit dem Vermerk ‚Empfänger unbekannt verzogen‘ an das Landratsamt zurückgeleitet wurde, hat der Postbedienstete in der Zustellungsurkunde zum Bescheid vermerkt, er habe das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt, weil die Übergabe des Schriftstücks nicht möglich gewesen sei.

Nachdem der Antragsteller den Führerschein trotz einer zwischenzeitlichen Zwangsgeldfestsetzung nicht abgegeben hatte, ersuchte das Landratsamt die Polizeiinspektion Neu-Ulm, den Führerschein sicherzustellen oder zu beschlagnahmen. Die Polizeiinspektion teilte dem Landratsamt mit Schreiben vom 10. Juli 2017 mit, sie habe den Antragsteller am 4. Juli 2017 telefonisch erreichen können. Mit Schreiben vom 6. Juli 2017 wandten sich die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers an das Landratsamt und baten um Akteneinsicht. Der rechtliche Hintergrund der Angelegenheit sei nicht bekannt, insbesondere liege dem Antragsteller kein Bescheid über die Entziehung der Fahrerlaubnis vor.

Mit Schreiben vom 7. August 2017 reichten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Klage gegen den durch Akteneinsicht bekannt gewordenen Bescheid ein und beantragten die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Antragsteller sei „Ende März 2016“ (gemeint wohl: 2017) aus der im Bescheid genannten Wohnung in Neu-Ulm ausgezogen. Zuvor habe er dort als Untermieter gewohnt und beabsichtigt, die Wohnung als Hauptmieter zu übernehmen. Die Eigentümerin habe jedoch ihre Zustimmung verweigert, weshalb er habe ausziehen müssen. Für den Umzug am 31. März 2017 nach M* … und damit die Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes in Neu-Ulm stünden eine Reihe Zeugen zur Verfügung. Von dem angefochtenen Bescheid, der ihm nicht an seinem aktuellen Wohnort zugestellt worden sei, habe er erst am 6. August 2017 über seine Prozessbevollmächtigten erfahren. Vorsorglich beantrage er hinsichtlich der Klagefrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg noch nicht entschieden. Mit Beschluss vom 19. September 2017 hat es den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Zwangsgeldandrohung abgelehnt. Nach summarischer Prüfung sei die Klage unzulässig, da sie nicht innerhalb der Klagefrist erhoben worden und auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Zwar habe das Landratsamt den Bescheid mangels Maßnahmen zur Adressermittlung nicht wirksam öffentlich zustellen können. Jedoch sei die Zustellung durch Einlegen in den vorhandenen Briefkasten wirksam. Hierfür liefere die Postzustellungsurkunde den vollen Beweis. Den möglichen Gegenbeweis eines anderen als des beurkundeten Geschehensablaufs habe der Antragsteller nicht erbracht. Hierfür sei die nicht schlüssige Behauptung, es sei kein Briefkasten mehr vorhanden gewesen, nicht ausreichend. Da der Antragsteller nicht dafür Sorge getragen habe, dass ihn Post erreichen könne, komme auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Zur Begründung lässt er unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen seiner Lebensgefährtin und einer ehemaligen Nachbarin über den Zeitpunkt des Auszugs aus der Wohnung im Wesentlichen ausführen, die Zustellungsurkunde erbringe lediglich den Beweis für den Einwurf in einen Briefkasten, nicht jedoch für das Vorhandensein eines Wohnsitzes. Der Antragsteller sei bereits Ende April 2017 und damit vor der Zustellung des Bescheids aus der Wohnung in Neu-Ulm ausgezogen und habe sich an seinem neuen Wohnsitz in M* … angemeldet. Der Briefkasten sei lediglich bis zum Tag des Auszugs mit seinem Namen versehen gewesen. Nahe liegend sei die Vermutung, dass der Zusteller den gewohnten Briefkasten genutzt habe, weil dort kein neuer oder anderer Name angebracht gewesen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach Aktenlage spricht viel dafür, dass der angefochtene Bescheid dem Antragsteller weder durch Einlegen in den Briefkasten noch durch öffentliche Zustellung wirksam bekannt gegeben wurde und die Klage daher jedenfalls nicht wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Ob der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt, hat das Verwaltungsgericht nicht geprüft. Diese Prüfung bleibt ebenso wie die abschließende Prüfung, ob die Klage rechtzeitig erhoben wurde, dem zunächst erstinstanzlich anhängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten.

1. Ist – wie hier (Art. 15 AGVwGO) – ein Widerspruchsverfahren nicht durchzuführen, muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Bei Bekanntgabe des Verwaltungsakts durch die Post mit Zustellungsurkunde gelten für die Ausführung der Zustellung die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend (Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG, Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwZVG).

Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen, kann das Schriftstück in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner zugestellt werden (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ist die Zustellung auf diesem Weg nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist (§ 180 Satz 1 ZPO). Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO).

Die Ersatzzustellung nach § 180 ZPO ist allerdings nur möglich in der Wohnung, die der Zustellungsadressat zur Zeit der Zustellung schon und noch bewohnt und die in diesem Zeitpunkt sein räumlicher Lebensmittelpunkt ist. Hat der Adressat die Nutzung der Räume aufgegeben, ist eine Zustellung an ihn dort nicht mehr möglich. Allerdings setzt die Aufgabe der Wohnung einen entsprechenden Willensentschluss voraus, der nach außen erkennbaren Ausdruck gefunden haben muss. Der Aufgabewille muss zwar nicht zwingend für den Absender des zuzustellenden Schriftstücks oder die mit der Zustellung betraute Person, wohl aber für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein. Dies setzt jedoch nicht voraus, dass der Zustellungsadressat alle Merkmale beseitigt, die den Anschein erwecken könnten, er nutze die Wohnräume auch weiterhin. Der bloße, ihm zurechenbare Rechtsschein, unter der jeweiligen Anschrift eine Wohnung zu unterhalten, genügt für eine ordnungsgemäße Zustellung nicht. Insbesondere ermöglicht allein die Existenz eines Namensschilds bei Aufgabe der Wohnung keine wirksame Zustellung, weil ansonsten die Erkennbarkeit für den konkreten Zusteller maßgeblich wäre. Ein Irrtum des Zustellers über das Vorliegen eines Wohnraums kann dem Zustellungsempfänger nicht zugerechnet werden. Auch auf die Möglichkeit des Zustellungsempfängers, sich Kenntnis vom Inhalt von Sendungen zu verschaffen, die ohne das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ersatzzustellung eingeworfen wurden, kommt es bei objektiv erkennbarer Wohnungsaufgabe nicht an (BGH, U.v. 16.6.2011 – III ZR 342/09 – BGHZ 190, 99 = juris Rn. 13 ff.; B.v. 22.10.2009 – IX ZB 248/08 – NJW-RR 2010, 489 = juris Rn. 14 ff.; U.v. 14.9.2014 – XI ZR 248/03 – NJW-RR 2005, 415 = juris Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 76. Auflage 2018, § 178 Rn. 4).

Zwar begründet die Zustellungsurkunde gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen, der nur durch den qualifizierten Gegenbeweis gemäß § 418 Abs. 2 ZPO widerlegt werden kann. Allerdings erstreckt sich die Beweiskraft der Zustellungsurkunde nicht darauf, dass der Zustellungsempfänger auch tatsächlich im Zeitpunkt der Zustellung unter der angegebenen Anschrift gewohnt hat. Eine dahingehende Prüfung ist nicht Aufgabe des Zustellers. Auch wenn die entsprechende Bestätigung des Zustellers als Beweisanzeichen für das Innehaben der Wohnung gewertet werden kann, beschränkt sich die Beweiskraft der Zustellungsurkunde auf den Einwurf in den Briefkasten. Der Zustellungsempfänger muss daher im Falle der Wohnungsaufgabe insoweit keinen qualifizierten Gegenbeweis gemäß § 418 Abs. 2 ZPO erbringen. Gleichwohl genügt jedoch seine schlichte Behauptung, die Wohnung aufgegeben zu haben, nicht. Vielmehr bedarf es insoweit einer schlüssigen und plausiblen Darlegung, aus der sich die Wohnungsaufgabe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung ergibt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 418 Rn. 7; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage 2017, § 418 Rn. 2; Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 182 Rn. 14; OVG NW, B.v. 26.9.2012 – 16 E 1300/11 – juris Rn. 4, jeweils m.w.N.).

2. Gemessen daran ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht von der Wirksamkeit der Zustellung ausgegangen, weil die Zustellungsurkunde vom 10. Mai 2017 beweise, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt die Wohnung noch nicht aufgegeben habe.

Auch wenn sowohl nach der Zustellungsurkunde vom 10. Mai 2017 als auch nach der Zustellungsurkunde über die Fälligstellung des Zwangsgelds vom 1. Juni 2017 das jeweilige Schriftstück unter der Adresse F* …straße 16, … Neu-Ulm in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt wurde, bestehen erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt noch in dieser Wohnung gewohnt hat. Er hat sich dahingehend eingelassen, dass er dort zunächst als Untermieter wohnhaft war und beabsichtigt hatte, die Wohnung als Hauptmieter zu übernehmen, dies jedoch am fehlenden Einverständnis der Vermieterin gescheitert sei. Für diese Einlassung spricht nicht nur die vorgelegte Meldebescheinigung der Stadt M* … über die – wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte – Meldung einer dortigen alleinigen Wohnung zum 1. April 2017, sondern auch die gescheiterte Zustellung der Anhörung vom 4. April 2017 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis mit dem Vermerk des Zustellers ‚Empfänger unbekannt verzogen‘. Des Weiteren hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren eine eidesstattliche Versicherung seiner Lebensgefährtin vorgelegt, wonach er am 30. April 2017 aus der Wohnung in Neu-Ulm ausgezogen sei, sie ihm dabei geholfen und auch das Namensschild am Briefkasten umgedreht habe. Auch einer ebenfalls vorgelegten eidesstattlichen Versicherung seiner ehemaligen Nachbarin zufolge sei der Antragsteller Ende April 2017 aus der Wohnung ausgezogen und habe sie Anfang Juni 2017 gebeten, seinen Namen an ihrem Briefkasten anbringen zu dürfen, damit ihn nach seinem Umzug wichtige Schriftstücke erreichen würden. Auch wenn der bestätigte Auszugszeitpunkt (30.4.2017) vom Zeitpunkt der Meldung seiner neuen Wohnung in M* … (1.4.2017) abweicht, hatte der Antragsteller – vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren – jedenfalls vor Erlass und Zustellungsversuch des angefochtenen Bescheids vom 8. Mai 2017 die Wohnung in Neu-Ulm für objektive Betrachter erkennbar aufgegeben. Dann wäre eine Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO unabhängig davon, ob an dem Briefkasten noch sein Name angebracht war oder nicht, nicht mehr möglich gewesen.

3. Das Verwaltungsgericht wird im Hauptsacheverfahren abschließend unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen und unter Berücksichtigung der vom Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen zu prüfen haben, ob ihm der Bescheid vom 8. Mai 2017 durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt werden konnte oder ob diese Art der Zustellung durch vorherige Aufgabe der Wohnung unmöglich war. Sollte die Zustellung am 10. Mai 2017, wofür vieles spricht, unwirksam gewesen sein, wäre dieser Zustellungsmangel erst durch Zugang des Bescheids an die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, also frühestens durch Zuleitung der Behördenakten mit Schreiben des Landratsamts vom 27. Juli 2017, geheilt (Art. 9 VwZVG) und die am 7. August 2017 eingereichte Klage noch innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 i.V.m. Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 178 Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen


(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden1.in der Wohnung einem erwachsenen Familienang

Zivilprozessordnung - ZPO | § 177 Ort der Zustellung


Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2009 - IX ZB 248/08

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2019 - 15 CS 18.2459

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wi

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(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 248/08
vom
22. Oktober 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei bereits aufgegebenen Geschäftsräumen kann eine Ersatzzustellung durch Einlegung
in den Briefkasten nicht erfolgen.
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 248/08 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 22. Oktober 2009

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten werden der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 27. August 2008 und der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 24. Juni 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren - an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Der Beklagte begehrt die Fortsetzung eines gegen ihn gerichteten Schadensersatzprozesses wegen behaupteter Verletzung seiner Pflichten aus einem Steuerberatervertrag. Gegen ihn erging Vollstreckungsbescheid. Er macht geltend , dieser sei nicht wirksam zugestellt worden, hilfsweise beantragt er Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist.
2
Der Beklagte betrieb sein Büro in einem mit der Hausnummer 5 gekennzeichneten Anbau des Wohnhauses mit der Hausnummer 3, in dem er mit seiner Ehefrau lebt. Die Büroräume hatte er bis zur Aufgabe seiner Tätigkeit am 31. Oktober 2007 von seiner Ehefrau gemietet. Nach Einstellung der Berufstätigkeit entfernte der Beklagte sein Kanzleischild sowie die Namensschilder von Klingel und Briefkasten (Briefschlitz in der Eingangstür). Dem für das Gebiet zuständigen Briefträger teilte er mit, dass er sein Büro geschlossen habe und dass für ihn bestimmte Post in den Briefkasten der Hausnummer 3 eingeworfen werden möge. Die ehemaligen Büroräume blieben in der Folge unbenutzt.
3
Der Kläger erwirkte zunächst den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten, der am 9. Januar 2008 in den Briefkasten des Anbaus mit der Hausnummer 5 eingelegt wurde. Am 5. Februar 2008 erging ein Vollstreckungsbescheid , der laut Aktenausdruck am 7. Februar 2008 in Hausnummer 5 zugestellt wurde. Auf der Zustellungsurkunde ist vermerkt: "Weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich war, habe ich das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt."
4
Am 9. Juni 2008 ging der mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Einspruch des Beklagten beim Amtsgericht - Mahnabteilung - ein. Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 24. Juni 2008 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde, mit der der Beklagte in erster Linie geltend machte, eine wirksame Zustellung des Vollstreckungsbescheides sei nicht erfolgt, hatte keinen Erfolg.
5
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Anliegen weiter.

II.


6
Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
7
Die 1. Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil sie das Beschwerdegericht zugelassen hat.
8
Nach der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung des § 341 Abs. 2 ZPO hätte das Landgericht über den Einspruch und die beantragte Wiedereinsetzung in die womöglich versäumte Einspruchsfrist allerdings durch Urteil entscheiden müssen, auch wenn es über die beantragte Wiedereinsetzung isoliert vorab und nicht zusammen mit der Entscheidung über den Einspruch entschieden hat (BGH, Versäumnisurteil v. 19. Juli 2007 - I ZR 136/05, NJW-RR 2008, 218 f Rn. 14 ff). Hätte das Landgericht über das Wiedereinsetzungsgesuch richtigerweise durch Urteil erkannt, hätte der Beklagte das die Wiedereinsetzung versagende Urteil mit der Berufung und das die Berufung zurückweisende Urteil gegebenenfalls mit der Revision anfechten können (BGH, aaO Rn. 18).
9
Umstand, Der dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft durch Beschluss entschieden hat, kann sich allerdings nicht zum Nachteil des Beklagten auswirken (BGH, aaO). Hat das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung gewählt, steht den Parteien nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben gewesen wäre (BGH, aaO Rn. 12). Demgemäß konnte der Beklagte auch gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sofortige Beschwerde einlegen und das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 ZPO zulassen , wie es andernfalls aus diesem Grund auch die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hätte zulassen können.
10
Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO).
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
12
Der a) Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist konnte von Anfang an bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass darüber erst und nur dann zu entscheiden ist, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagte die Einspruchsfrist gewahrt hat (BGH, Beschl. v. 27. Mai 2003 - VI ZB 77/02, NJW 2003, 2460; v. 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457, 1458 Rn. 12; v. 11. Oktober 2007 - VII ZB 31/07, WuM 2007, 712 Rn. 9). Dies hatten das Landgericht und das Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen (BGH, Beschl. v. 11. Oktober 2007 aaO Rn. 8).
13
b) Der Beklagte hat die Einspruchsfrist gewahrt. Da eine wirksame Zustellung des Vollstreckungsbescheides nicht erfolgt ist, hätte die Einspruchsfrist gemäß §§ 339, 700 ZPO frühestens mit einer möglichen Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO zu laufen beginnen können. Eine solche kommt erst mit der Kenntnisnahme des Beklagten von dem Vollstreckungsbescheid am 1. Juni 2008 in Betracht, an dem er nach seinem Vorbringen die Postsendung tatsächlich auffand. Deshalb war der am 9. Juni 2008 eingelegte Einspruch jedenfalls rechtzeitig.

14
Eine wirksame Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO liegt entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht vor. Diese setzt bei Geschäftsräumen voraus, dass eine Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht ausführbar war. Dann kann ein Schriftstück in einen zu dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück dann als zugestellt, § 180 Sätze 1 und 2 ZPO. Ein Geschäftsraum in diesem Sinne lag jedoch bei der Zustellung nicht vor.
15
aa) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO voraussetzt, dass die Räume von dem Adressaten tatsächlich als Geschäftsraum genutzt werden (BGH, Urt. v. 19. März 1998 - VII ZR 172/97, ZIP 1998, 862, 863; v. 2. Juli 2008 - IV ZB 5/08, ZIP 2008, 1747, 1748; für die vergleichbare Rechtslage bei der Wohnung vgl. etwa BGH, Urt. v. 14. September 2004 - XI ZR 248/03, NJW-RR 2005, 415).
16
Ein Geschäftslokal ist vorhanden, wenn ein dafür bestimmter Raum - und sei er auch nur zeitweilig besetzt - geschäftlicher Tätigkeit dient und der Empfänger dort erreichbar ist (BGH, Urt. v. 19. März 1998, aaO; Beschl. v. 2. Juli 2008 - IV ZB 5/08, ZIP 2008, 1747, 1748 Rn.7; für die vergleichbare Rechtslage bei der Wohnung vgl. z.B. BGH, Urt. v. 14. September 2004 aaO).
17
bb) Ebenfalls noch zutreffend hat das Beschwerdegericht gesehen, dass ein solcher Geschäftsraum nicht mehr vorliegt, wenn der vormalige Inhaber die Räumlichkeiten nicht mehr für seine Geschäftszwecke nutzt und Aufgabewille und Aufgabeakt erkennbar sind. Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist bislang allerdings bei Geschäftsräumen höchstrichterlich nicht geklärt.
18
cc) Bei der Frage, ob eine Wohnung mit der Folge aufgegeben worden ist, dass dort eine Zustellung nicht mehr vorgenommen werden kann, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allein auf die bloße Absicht des bisherigen Inhabers der Wohnung abzustellen, dort künftig nicht mehr wohnen zu wollen. Dieser Wille muss vielmehr, ähnlich wie bei der Aufhebung des Wohnsitzes nach § 7 Abs. 3 BGB, in seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen. Der Wille des Wohnungsinhabers zur Aufgabe der Wohnung muss also nach außen erkennbar und in seinem Verhalten Ausdruck gefunden haben. Zwar setzt die Aufgabe einer Wohnung nicht voraus, dass ihr Inhaber alle Merkmale beseitigt, die den Anschein erwecken könnten, er wohne dort auch weiterhin. Der Aufgabewille muss aber, wenn auch nicht gerade für den Absender eines zuzustellenden Schriftstückes oder die mit der Zustellung betraute Person, so doch jedenfalls für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein. Hierauf kann nicht verzichtet werden, weil sonst Möglichkeiten zur Manipulation eröffnet würden (BGH, Urt. v. 27. Oktober 1987 - VI ZR 268/86, NJW 1988, 713; v. 13. Oktober 1993 - XII ZR 120/92, NJW-RR 1994, 564, 565; Beschl. v. 19. Juni 1996 - XII ZB 89/96, NJW 1996, 2581; v. 14. September 2004 aaO).
19
dd) Das Beschwerdegericht meint, an die Erkennbarkeit von Aufgabewillen und Aufgabeakt seien bei einem Geschäftslokal strengere Anforderungen zu stellen, jedenfalls wenn die Räume anschließend leer stehen. Der bisherige Inhaber der Geschäftsräume müsse jedenfalls in diesem Fall sicherstellen, dass an ihn gerichteter Schriftverkehr nicht in den Briefkasten der leer stehenden Räume eingelegt werde. Deshalb müsse er nach den Umständen den Briefschlitz zukleben, ein Hinweisschild anbringen oder einen Nachsendeauftrag stellen. Unterblieben derartige Maßnahmen, spreche einiges dafür, dass der ehemalige Inhaber der Geschäftsräume es geradezu darauf anlege, an ihn ge- richtete Post nicht zu erhalten. Das bloße Entfernen des Namensschildes genüge nicht, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass der jeweils tätige Zusteller mit den bisherigen örtlichen Gegebenheiten vertraut sei.
20
ee) Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
21
Nach der Regelung der §§ 178 ff ZPO wird für die Ersatzzustellung vorausgesetzt , dass eine Wohnung oder ein Geschäftsraum tatsächlich vorhanden ist. In beiden Fällen kann es deshalb bei einer Aufgabe der Wohnung oder des Geschäftsraums nur darum gehen, möglichen Manipulationen vorzubeugen. Es muss der Wille, die Geschäftsräume aufzugeben, nach außen erkennbaren Ausdruck gefunden haben. Insoweit gilt nichts anderes als bei Wohnräumen. Aus §§ 178 ff ZPO ergibt sich auch bei Geschäftsräumen keine Verpflichtung des Inhabers, bei einer tatsächlichen, nach außen erkennbaren Aufgabe des Geschäftsraums zusätzliche Vorsorge dafür zu treffen, dass Sendungen nicht gleichwohl in den Briefkasten oder Briefschlitz eingeworfen werden. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, ein Schild anzubringen, auf dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Geschäftsräume aufgegeben sind. Damit würde dem Empfänger das Risiko der Wirksamkeit zweifelhafter Ersatzzustellungen auferlegt. Dies sieht § 180 ZPO nicht vor. Dem Zustellungsempfänger kann eine ungenaue oder sorglose Arbeit des Zustellers ebenso wenig zugerechnet werden wie dessen Irrtum über das Vorliegen eines Geschäfts- oder Wohnraums.
22
Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte unstreitig alle Kanzlei- und Namensschilder unmittelbar nach dem 31. Oktober 2007 entfernt und den Geschäftsraum geräumt. Mehr konnte von ihm nicht verlangt werden. Er hat damit für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter zweifelsfrei zum Aus- druck gebracht, dass er die Geschäftsräume aufgab. Für einen Zusteller, der mit den Gegebenheiten vor Ort nicht vertraut war, gab es danach auch keinen Anhaltspunkt mehr dafür, dass die Räume die Geschäftsräume des Beklagten sein könnten. Der üblicherweise zuständige Briefträger war über die Aufgabe der Geschäftsräume ohnehin ausdrücklich unterrichtet.
23
Dem Beschwerdegericht ist zwar darin zuzustimmen, dass es dem Beklagten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles wohl möglich gewesen wäre, sich gleichwohl Kenntnis von der Post zu verschaffen, die bei seinen ehemaligen Kanzleiräumen eingeworfen wurde. Das ändert aber nichts daran, dass die Voraussetzungen einer Ersatzzustellung nicht vorlagen. Auf die Möglichkeit des Zustellungsempfängers, sich Kenntnis von dem Inhalt von Sendungen zu verschaffen, die ohne das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ersatzzustellung eingeworfen wurden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
24
ff) Da die Einspruchsfrist somit nicht versäumt war, kam es auf den nur hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung nicht an. Das Landgericht wird nunmehr dem Rechtsstreit Fortgang zu geben haben.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 24.06.2008 - 12 O 1532/08 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 27.08.2008 - 6 W 77/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 248/03 Verkündet am:
14. September 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 181, 182; VerbrKrG § 9 Abs. 3 Satz 1;
BGB §§ 196 Abs. 1 Nr. 1 a.F., 242 (Cb)

a) Zu den Voraussetzungen eines Wohnungswechsels.

b) Beim finanzierten Kauf kann sich der Verbraucher gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1
VerbrKrG auch gegenüber der Darlehensrückzahlungsforderung der kreditgebenden
Bank auf die im Verhältnis zum Verkäufer geltende kurze Verjährungsfrist des
§ 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. berufen (Bestätigung von BGHZ 149, 43).

c) Die Berufung auf die Einrede der Verjährung ist treuwidrig, wenn der Schuldner
seine vertragliche Verpflichtung zur Mitteilung eines Wohnungswechsels schuldhaft
verletzt und dadurch eine wirksame Zustellung des Mahn- und Vollstrekkungsbescheids
vereitelt hat.
BGH, Urteil v. 14. September 2004 - XI ZR 248/03 - LG Magdeburg
AG Quedlinburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und
den Richter Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 30. Januar 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten hauptsächlich über die Verjä hrung eines Rückzahlungsanspruchs aus einem gekündigten Teilzahlungskredit. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Vertrag vom 20./22. April 1996 gewährte die kl agende Bank dem Beklagten zur Finanzierung des Erwerbs eines gebrauchten Mitsubishi Galant ein Darlehen über 13.099,02 DM, das in 36 Monatsraten, beginnend mit dem 15. August 1996, zu tilgen war. Nach direkter Auszahlung der Darlehenssumme an den Verkäufer wurde das Fahrzeug
dem Beklagten unter Vereinbarung von Sicherungseigentum zugunsten der Klägerin übergeben.
Als der Beklagte mit den Ratenzahlungen bis Novemb er 1996 in Verzug geraten war, forderte die Klägerin ihn am 3. Dezember 1996 erfolglos zur Zahlung von 1.482,20 DM unter Fristsetzung von ca. drei Wochen und Androhung der Fälligstellung der gesamten Restschuld auf. Am 3. Januar 1997 kündigte sie den Darlehensvertrag fristlos und verlangte die Herausgabe des von ihr finanzierten Fahrzeugs. Nach dessen Verkauf im Mai 1997 stellte sie unter Abzug des Verwertungserlöses eine Restforderung über 9.096,86 DM.
Über diesen Betrag zuzüglich Zinsen hat die Kläger in am 3. Juli 1997 einen Mahnbescheid und am 12. September 1997 einen Vollstrekkungsbescheid erwirkt. Beide Bescheide wurden dem Beklagten am 29. Juli 1997 bzw. am 25. September 1997 unter der Anschrift "A. .. in B. ", wo er ein möbliertes Einzelzimmer gemietet hatte, durch Niederlegung bei der Post zugestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 4. September 2001 hat der Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt.
Nach Darstellung des Beklagten hatte er seine Miet wohnung schon zum Zeitpunkt der Ersatzzustellung des Mahnbescheids aufgegeben und war zu seiner damaligen Freundin gezogen. Ferner hat er sich hinsichtlich der Darlehensrückzahlungsforderung der Klägerin auf die Einrede der Verjährung berufen.
Das Amtsgericht hat den Vollstreckungsbescheid auf gehoben, der Einzelrichter des Landgerichts ihn aufrechterhalten. Mit seiner vom Einzelrichter wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsurteil ist entgegen der Ansicht der R evision nicht wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufzuheben, weil der Einzelrichter über die Berufung der Klägerin entschieden hat, ohne den Rechtsstreit dem Berufungsgericht wegen der Grundsatzbedeutung der Sache zur Entscheidung über eine Übernahme vorzulegen. Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in denen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGHZ 154, 200, 202 ff.; BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900 f.), war der Einzelrichter hier der zur Entscheidung gesetzlich zuständige Richter, da ihm der Rechtsstreit gemäß § 526 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung übertragen worden ist. Zwar ist auch ein Einzelrichter im Berufungsverfahren zur Vorlage des Rechtsstreits unter anderem dann verpflichtet, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache ergibt (§ 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine derartige Änderung der Prozeßlage ist hier jedoch n icht eingetreten. Im übrigen schreibt § 526 Abs. 3 ZPO ausdrücklich vor, daß ein Rechtsmittel nicht auf eine unterlassene Vorlage (des Einzelrichters) gestützt werden kann. Ob in Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat (offengelassen in BGH, Urteil vom 16. Juni 2004 - VIII ZR 303/03, NJW 2004, 2301), bedarf hier keiner Entscheidung. Der von der Revision gerügte Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) liegt deshalb nicht vor.

II.


Der Einzelrichter des Landgerichts hat zur Begründ ung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Der Einspruch des Beklagten vom 4. September 2001 gegen den bei der Post niedergelegten Vollstreckungsbescheid vom 12. September 1997 sei fristgerecht eingelegt worden. Der Beklagte habe bewiesen, daß er sein Zimmer in der "A. .." schon bei der Ersatzzustellung des Mahnbescheides (§§ 181, 182 ZPO a.F.) nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt habe, so daß die für die Einlegung des Einspruchs geltende zweiwöchige Notfrist des § 339 Abs. 1 ZPO nicht in Gang gesetzt worden sei.
Der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Zahlung sanspruch in Höhe von 4.651,15 € (= 9.096,86 DM) zu. Der Darlehensvertrag sei von ihr nach § 12 Abs. 1 VerbrKrG wirksam gekündigt worden. Die daraus
resultierende Rückzahlungsforderung sei nicht verjährt. Im Gegensatz zum Anspruch des Kreditgebers aus dem durch Rücktritt vom Kreditvertrag begründeten Abwicklungsverhältnis, der innerhalb der kaufrechtlichen zweijährigen Frist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. analog verjährt wäre, unterliege der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens auch nach der Kündigung des Kreditvertrages der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F.. Die Gegenansicht, daß sich die Verjährung der Darlehensrückzahlungsforderung nach einer auf § 12 VerbrKrG gestützten Kündigung ausgehend von dem in § 9 Abs. 3 VerbrKrG geregelten Einwendungsdurchgriff nicht nach darlehensvertraglichen , sondern nach kaufrechtlichen Regelungen richte, überzeuge nicht. Die Einrede der Verjährung betreffe allein den Darlehensvertrag, nicht aber den Kaufvertrag; der Kaufpreisanspruch sei mit Auszahlung des Darlehens an den Verkäufer getilgt. Da die Trennung zwischen Kaufund Darlehensvertrag auch im Geltungsbereich des § 9 Abs. 3 VerbrKrG aufrechterhalten bleibe, unterlägen der Kaufpreisanspruch des Verkäufers und der Anspruch des Kreditgebers auf Rückzahlung des Darlehens unterschiedlichen Verjährungsfristen.

III.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem Punkt nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist, anders als die Klägerin m eint, allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Einspruch des Beklagten vom 4. September 2001 gegen den am 12. September 1997 erlassenen Voll-
streckungsbescheid mangels wirksamer Ersatzzustellung fristgerecht eingelegt worden ist.

a) Die Ersatzzustellung nach § 182 ZPO a.F. setzt voraus, daß der Adressat der zuzustellenden Sendung die Wohnung, in der der Zustellungsversuch unternommen wird, tatsächlich innehat, d.h. dort lebt und insbesondere auch schläft. Sie verliert ihre Eigenschaft als Wohnung, wenn der Zustellungsempfänger sie nicht mehr zu den vorgenannten Zwecken nutzt, sondern den räumlichen Mittelpunkt seines Lebens an einen anderen Aufenthaltsort verlagert. Dabei kann nicht allein auf die bloße Absicht des bisherigen Inhabers abgestellt werden, sondern sein Wille muß, ähnlich wie bei der Aufhebung des Wohnsitzes gemäß § 7 Abs. 3 BGB, in seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen. Aufgabewille und Aufgabeakt müssen, wenn auch nicht gerade für den Absender eines zuzustellenden Schriftstücks oder den mit der Zustellung beauftragten Postbediensteten, so doch jedenfalls für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1987 - VI ZR 268/86, VersR 1988, 415 m.w.Nachw.; BGH, Beschluß vom 19. Juni 1996 - XII ZB 89/96, NJW 1996, 2581). Sind diese strengen Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt, kommt weder der Nichtanzeige des Umzugs bei der Meldebehörde und/oder der unterbliebenen Beseitigung des Namensschildes an der alten Wohnung noch der Möglichkeit, sie weiterhin aufzusuchen und die dort eingegangene Post zur Kenntnis zu nehmen, als bloße Indiztatsachen (siehe BGH, Urteil vom 27. Oktober 1987, aaO S. 415 f.; vgl. auch MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl. § 181 Rdn. 3) eine entscheidende Bedeutung zu. Danach ist gegen die angefochtene Entscheidung insoweit nichts zu erinnern.


b) Die urkundliche Erklärung des Postbediensteten, der Beklagte sei "in der Wohnung" nicht angetroffen worden, begründet zwar ein beweiskräftiges Indiz, das nur durch eine plausible Gegendarstellung entkräftet werden kann (BGH, Beschluß vom 19. Juni 1996, aaO m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hält es aber - wie der Vorderrichter - aufgrund der Aussage seiner ehemaligen Freundin des Beklagten für erwiesen , daß er schon vor der Ersatzzustellung des Mahnbescheides am 29. Juli 1997 mit seinen wenigen persönlichen Sachen zu ihr gezogen war und sein möbliertes Zimmer in der "A. .." nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt hat. Diese unangegriffene und in der Revisionsinstanz ohnehin nur beschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung, die dem Umstand Rechnung trägt, daß der Vermieter des Beklagten das möblierte Zimmer nach Aussage der Zeugin bereits im Juli 1997 an eine andere Person vermietet hatte, stellt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung an den Verlust der Wohnungseigenschaft keine zu geringen Anforderungen. Zwar wollte der Beklagte nach seinen eigenen Angaben im Falle einer Trennung von der Zeugin in das möblierte Zimmer zurückkehren , weshalb er den Mietvertrag nicht sofort gekündigt hatte. Dies bedeutet aber bei lebensnaher Betrachtung nicht, daß ein echter Wohnungswechsel noch nicht stattgefunden hatte. Nach der anderweitigen Vermietung des möblierten Zimmers kam eine Rückkehr des Beklagten dorthin faktisch nicht mehr in Betracht.

c) Mangels wirksamer Ersatzzustellung des Vollstre ckungsbescheides gemäß § 182 ZPO a.F. ist die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO daher nicht in Gang gesetzt worden.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin verjährt.

a) Wie der erkennende Senat bereits in seinem vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 25. September 2001 (BGHZ 149, 43, 46 ff.) im einzelnen dargelegt hat, unterliegt die durch eine Kündigung des Darlehensvertrages nach § 12 VerbrKrG entstandene Rückzahlungsforderung bei einem finanzierten Kauf der kurzen zweijährigen kaufrechtlichen Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F., nicht aber der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F.. Nach dem Schutzzweck des § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG soll der Kunde gegenüber Zahlungsansprüchen des Darlehensgebers grundsätzlich genauso stehen wie er gegenüber der Kaufpreisforderung des Verkäufers stünde, wenn nur mit ihm kontrahiert worden wäre. Folgerichtig kann der Betreffende alle den Kaufpreisanspruch betreffenden rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen oder Einreden auch dem Darlehensgeber entgegenhalten. Dazu zählt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, auch die Einrede der Verjährung, da die bei Teilzahlungskrediten typische Auszahlung des Darlehens an den Verkäufer mit ihrer Erfüllungswirkung außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGHZ 149, 43, 47 f.).

b) Da der Kaufvertrag über den Gebrauchtwagen mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag, wovon das Berufungsgericht - von der Revisionserwiderung unbeanstandet - ohne weiteres ausgegangen ist, ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet, kann der Beklagte der Klägerin gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1
VerbrKrG auch entgegenhalten, bei einem normalen Teilzahlungskauf wäre der gesamte noch streitige Zahlungsanspruch nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. verjährt. Daß die kurze zweijährige Verjährung eine Einrede aus dem mit dem Kreditgeschäft rechtlich und wirtschaftlich verbundenen Kaufvertrag begründet, steht außer Frage.

c) Die Zweijahresfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. ist abgelaufen. Sie begann, da § 199 Satz 1 BGB a.F. wegen des dem Beklagten aus § 609 a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. zustehenden Kündigungsrecht keine Anwendung findet (vgl. Senatsurteil BGHZ 151, 47, 51 f. m.w.Nachw.), gemäß § 198 BGB a.F. erst mit Entstehung des Rückzahlungsanspruchs, also mit der auf § 12 Abs. 1 VerbrKrG gestützten und vom Berufungsgericht zu Recht für wirksam erachteten Kündigung des Darlehensvertrages am 3. Januar 1997 zu laufen. Mangels wirksamer Zustellung des Mahnbescheids im Jahre 1997 ist die Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und endete deshalb gemäß §§ 201, 198 BGB a.F. am 31. Dezember 1999. Auf die Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 187 ZPO a.F. durch Übersendung des Mahnbescheids an den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 21. August 2001 kann sich die Klägerin entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch unter Berücksichtigung des § 693 Abs. 2 ZPO a.F. nicht berufen. Die Einreichung des Mahnbescheidsantrags am 1. Juli 1997 und die Heilung des Zustellungsmangels am 21. August 2001 stehen nicht in einem Verhältnis zueinander, das einer der Einreichung folgenden demnächstigen Zustellung entspricht (vgl. BGHZ 24, 66, 76 f.). Verjährung ist daher eingetreten.

IV.


Das angefochtene Urteil stellt sich aber aus ander en Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Beklagte muß sich - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - wegen widersprüchlichen Verhaltens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als wenn die kurze zweijährige Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. durch das 1997 durchgeführte Mahnverfahren gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. unterbrochen worden und die Darlehensrückforderung der Klägerin mithin nicht verjährt wäre.
Widersprüchliches Verhalten ist rechtsmißbräuchlic h, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteile vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95, NJW 1997, 3377, 3379 f. m.w.Nachw. und vom 17. März 2004 - VIII ZR 161/03, WM 2004, 1219, 1221). So liegt es hier.
Dem Beklagten oblag nach Ziffer 12 Abs. 1 der Vert ragsinhalt gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin die Pflicht, einen Wechsel der Wohnungsadresse unverzüglich anzuzeigen. Obwohl der Beklagte nach seinen eigenen Angaben mit der alsbaldigen Einleitung eines Mahnverfahrens durch die Klägerin rechnete, hat er - indem er keinen Nachsendeauftrag stellte und sein Namensschild an seiner früheren Wohnung in der "A. .." in B. beließ sowie der Klägerin auch keinen der nachfolgenden Wohnungswechsel anzeigte, Zustellungen unter seinen neuen Wohnanschriften bewußt oder zumindest grob fahrlässig verhindert. Unter diesen Umständen durfte er die Klägerin, die
bis zum Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid im September 2001 auf dessen Wirksamkeit vertraute und deshalb von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen absah, mit der Einrede der Verjährung nicht überraschen. Der Beklagte verhält sich widersprüchlich, wenn er versucht, aus seinem schuldhaft vertragswidrigen Verhalten Vorteile zu ziehen (vgl. OLG Köln VersR 1989, 642 f.). Die Berufung auf die Einrede der Verjährung stellt sich daher angesichts seiner Schadensersatzhaftung für die schuldhafte Vertragsverletzung gegenüber der Klägerin als treuwidrige und gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung dar.

V.


Die Revision des Beklagten konnte demnach keinen E rfolg haben und war deshalb zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Richterin am Bundesgerichtshof Ellenberger Mayen ist wegen Urlaubs gehindert ihre Unterschrift beizufügen. Nobbe

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.