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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 490/10
vom
8. Februar 2011
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Die Vorschrift des § 78b Abs. 4 StGB knüpft nicht an die rechtliche Bewertung
der Tat in der Anklage oder im Eröffnungsbeschluss an; maßgeblich
ist vielmehr, ob der vom Gericht der Verurteilung zugrunde gelegte
Straftatbestand eine abstrakte Strafschärfung für besonders schwere
Fälle vorsieht.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 490/10 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Vorteilsgewährung
zu 2.: Vorteilsannahme u.a.
zu 3.: Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten St. wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. März 2010, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) in den Fällen D. 3. Nr. 1 und 2 der Urteilsgründe (Zahlungen vom 15. Februar und 21. März 2000); das Verfahren wird insoweit eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten St. der Staatskasse zur Last;
b) in den Fällen A. 2. b (Nr. 30 - 55) und C. 2. a (Nr. 1 - 34) der Urteilsgründe und
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) in den Fällen A. 2. b (Nr. 30 - 55) der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
3. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, in den Fällen D. 3. Nr. 1 und 2 der Urteilsgründe (Zahlungen vom 15. Februar und 21. März 2000) aufgehoben; das Verfahren wird insoweit eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten D. der Staatskasse zur Last.
4. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.
5. Im Umfang der Aufhebung auf die Revisionen der Angeklagten St. und S. wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel dieser Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
6. Der Angeklagte D. hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten St. wegen Vorteilsgewährung in 171 Fällen, den Angeklagten S. wegen Vorteilsannahme in 55 Fällen und wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme in drei Fällen sowie den Angeklagten D. wegen Vorteilsannahme in 70 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Gegen den Angeklagten St. hat es - unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe - eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten, gegen den Angeklagten S. eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie gegen den Angeklagten D. eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten S. und D. verhängten Strafen hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt.
2
Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie sich gegen ihre Verurteilung wenden und dabei jeweils die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, haben den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg. Sie führen zu einer Teileinstellung des Verfahrens wegen Verjährung sowie - hinsichtlich der Angeklagten St. und S. - zur Aufhebung der Verurteilung bezüglich weiterer Taten und des Gesamtstrafenausspruchs und zur Zurückverweisung der Sache insoweit an eine andere Strafkammer des Landgerichts , da hinsichtlich dieser Taten mangels ausreichender tatrichterlicher Feststellungen dem Senat die Überprüfung des Verjährungsbeginns nicht möglich ist.
3
Im Übrigen sind die Revisionen der Angeklagten aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 10. September 2010 unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.

I.


4
Die Revisionen der Angeklagten St. und D. führen in den Fällen D. 3. Nr. 1 und 2 der Urteilsgründe zur Aufhebung des Urteils und Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung. Das Landgericht hat die Angeklagten St. und D. insoweit wegen Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme verurteilt. Nach den rechtsfehlerfrei vom Landgericht getroffenen Feststellungen erhielt der Angeklagte D. die von ihm zuvor geforderten Zahlungen im Fall D. 3. Nr. 1 der Urteilsgründe aber bereits am 15. Februar 2000 und im Fall D. 3. Nr. 2 der Urteilsgründe am 21. März 2000. Damit war hinsichtlich dieser Fälle wegen Ablaufs der doppelten Verjährungsfrist gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB vor Erlass des angefochtenen Urteils am 25. März 2010 Verfolgungsverjährung eingetreten.
5
1. Die Straftaten der Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) und der Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB) unterliegen gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB einer fünfjährigen Verjährungsfrist.
6
Für sie begann hier die Verfolgungsverjährung mit der mit dem jeweiligen Zahlungseingang beim Angeklagten D. eintretenden Tatbeendigung (§ 78a StGB), also am 15. Februar 2000 bzw. 21. März 2000.
7
2. Nach Ablauf von zehn Jahren war das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist erreicht. Deshalb konnten die im Laufe des Strafverfahrens vorgenommenen Unterbrechungshandlungen eine weitere Verlängerung der Verjährungsfrist nicht herbeiführen (vgl. § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB).
8
3. Auch die Eröffnung des Hauptverfahrens führte nicht zu einem Ruhen der Verjährung gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 78b Abs. 4 StGB.
9
Zwar ruht die Verjährung nach dieser Vorschrift ab Eröffnung des Hauptverfahrens für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren, wenn das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden ist und das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren androht. Dies ist hier indes nicht der Fall.
10
a) Die Angeklagten St. und S. wurden wegen Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB) bzw. Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) verurteilt. Diese Straftatbestände sehen keinen Sonderstrafrahmen für besonders schwere Fälle vor.
11
b) Der Umstand, dass die den Angeklagten bei Anklageerhebung und im Eröffnungsbeschluss zur Last liegenden Taten noch als Bestechung (§ 334 Abs. 1 StGB) bzw. Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB) gewertet worden waren , führt zu keinem anderen Ergebnis.
12
Zwar sieht die Vorschrift des § 335 Abs. 1 Nr. 1 StGB für besonders schwere Fälle von Bestechlichkeit und Bestechung einen erhöhten Strafrahmen von bis zu zehn Jahren vor. Die Vorschrift des § 78b Abs. 4 StGB knüpft aber nicht an die rechtliche Bewertung der Tat in der Anklage oder im Eröffnungsbeschluss an. Maßgeblich ist vielmehr, ob der vom Gericht der Verurteilung zugrunde gelegte Straftatbestand eine abstrakte Strafschärfung für besonders schwere Fälle vorsieht (vgl. Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/ Schröder, StGB, 28. Aufl., § 78b Rn. 14).
13
Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 78b Abs. 4 StGB. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass umfangreiche Strafverfahren, denen Taten von erheblichem Unrechtsgehalt zu Grunde liegen , für die das Gesetz in besonders schweren Fällen eine Strafschärfung bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe androht (vgl. z.B. § 263 Abs. 3, § 264 Abs. 2, § 266 Abs. 2 StGB) und die bei der Eröffnung noch nicht verjährt sind, wegen des Eintritts der absoluten Verjährung während laufender Hauptverhandlung nicht mehr mit einer Sachentscheidung enden können (BT-Drucks. 12/3832, S. 44; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 78b Rn. 12). Der Gesetzgeber hält ein Hinausschieben des Verjährungseintritts um weitere fünf Jahre auf maximal 15 Jahre nach Tatbeendigung nur für solche Fälle für erforderlich und zur Wahrung des Rechtsfriedens für geboten. Denn diese Konstellation kommt den Fällen nahe, in denen das Gesetz für Taten i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB eine Verjährungsfrist von zehn Jahren vorsieht, die absolute Verjährungsfrist des § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB für diese also zwanzig Jahre beträgt (BT-Drucks. aaO ). Damit stellt die Ruhensvorschrift des § 78b StGB einen Ausgleich dafür dar, dass es bei Straftatbeständen, bei denen das Gesetz für besonders schwere Fälle strafschärfend Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren androht, gleichwohl bei der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB bleibt. Andere Taten i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, die nach dem Gesetz keiner erweiterten Strafdrohung unterliegen, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers dagegen nicht von der Ruhensregelung des § 78b Abs. 4 StGB erfasst werden; für diese verbleibt es bei der fünfjährigen Verjährungsfrist und dem Eintritt der absoluten Verjährung nach zehn Jahren.
14
Der Umstand allein, dass die Tat bei vorläufiger Bewertung zum Zeitpunkt der Anklageerhebung oder der Eröffnung des Hauptverfahrens einen schwerer wiegenden Straftatbestand zu erfüllen scheint, kann demgegenüber die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 78b Abs. 4 StGB auf Straftatbestände , die keinen höheren Strafrahmen für besonders schwere Fälle vorsehen , nicht rechtfertigen. Zwar besteht dann bei Fällen wie hier, bei denen der angeklagte bzw. der im Eröffnungsbeschluss angenommene Straftatbestand die Voraussetzungen des § 78b Abs. 4 StGB erfüllt (hier: § 332 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 334 Abs. 1 StGB jew. i.V.m. § 335 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB), ein anderer, darin enthaltener Tatbestand aber nicht (hier: § 331 Abs. 1 bzw. § 333 Abs. 1 StGB), solange keine Gewissheit über den Zeitpunkt des Verjährungseintritts , bis feststeht, ob der Tatbestand mit der verschärften Strafdrohung für besonders schwere Fälle erfüllt ist. Insoweit besteht aber kein Unterschied zu sonstigen Straftatbeständen. Auch dort ist für den Eintritt der Strafverfolgungsverjährung stets maßgeblich, welches Delikt der Täter nach den Urteilsfeststellungen verwirklicht hat, und nicht, welcher Straftat er bei Eröffnung des Hauptverfahrens noch verdächtig war (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 3 StR 274/09 unter II. 1.b, BGHSt 55, 11).
15
c) Aus dem Beschluss des Senats vom 1. August 1995 (1 StR 275/95, BGHR StGB § 78b Abs. 4 Strafdrohung 1) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Dort wird lediglich klargestellt, dass es für die Geltung der Vorschrift des § 78b Abs. 4 StGB ohne Bedeutung ist, ob die für besonders schwere Fälle vorgesehene verschärfte Strafdrohung im konkreten Fall zur Anwendung kommt oder nicht.
16
In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden landgerichtlichen Urteil erfolgte eine Verurteilung wegen Betruges, für den das Gesetz auch damals schon in § 263 Abs. 3 StGB eine über fünf Jahre hinausreichende Strafdrohung für besonders schwere Fälle vorsah; auch die Anklage hatte sich schon auf den Verdacht des Betruges bezogen.
17
4. Der Senat stellt deshalb das Verfahren hinsichtlich der Fälle D. 3. Nr. 1 und 2 der Urteilsgründe wegen Verjährung ein.

II.


18
1. Die Verurteilung der Angeklagten St. und S. wegen Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme in den Fällen A. 2. b (Nr. 30 - 55) der Urteilsgründe und des Angeklagten St. in den Fällen C. 2. a (Nr. 1 - 34) der Urteilsgründe hat ebenfalls keinen Bestand.
19
Zwar begegnet auch in diesen Fällen die vom Landgericht vorgenommene Wertung der von den Angeklagten St. und S. begangenen Taten als Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme keinen rechtlichen Bedenken. Die Urteilsgründe enthalten jedoch insoweit keine ausreichenden Feststellungen zu den Tatzeitpunkten. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob nicht auch diese Taten - wegen Eintritts der absoluten Verjährung gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB - verjährt sind.
20
In den Urteilsgründen wird zu diesen Taten lediglich mitgeteilt, dass sie „im Jahr 2000“ (Fälle A. 2. b Nr. 30 - 55) bzw. „in den Jahren 2000 und 2001“ (Fälle C. 2. a Nr. 1 - 34) begangen worden sind. Dies kann hier nicht genügen; denn die vom Landgericht getroffenen Feststellungen lassen offen, ob die Taten vor dem 26. März 2000 beendet worden sind. Ist dies der Fall, sind die Taten wegen Erreichens der doppelten gesetzlichen Verjährungsfrist vor Urteilserlass gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB verjährt. Das Landgericht hätte daher so konkrete Feststellungen zu den Tatzeitpunkten treffen müssen, dass dem Senat die Prüfung der Verfolgungsverjährung möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - 2 StR 433/95, BGHSt 41, 305, 309; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10 mwN).
21
Der Umstand, dass das Revisionsgericht auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen hat, ob ein Prozesshindernis eingetreten ist, führt nicht dazu, dass es etwa im Wege des Freibeweises den für den Verjährungsbeginn bedeutsamen konkreten Tatzeitpunkt zu ermitteln hätte. Ob das Rechtsmittel Erfolg hat, ist auch bei der Frage des Verjährungseintritts vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils nach revisionsgerichtlichen Grundsätzen zu prüfen (vgl. auch BGH, Be- schluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09 mwN; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10).
22
Soweit hier die tatgerichtlichen Feststellungen zu den Tatzeitpunkten in den Urteilsgründen eine revisionsgerichtliche Überprüfung, ob Verjährung eingetreten ist, nicht zulassen, hebt der Senat daher die Verurteilung der Angeklagten St. und S. auf.
23
2. Die Aufhebung eines erheblichen Teils der Einzelstrafen bei den Angeklagten St. und S. zieht die Aufhebung der Aussprüche der gegen diese Angeklagten verhängten Gesamtstrafen nach sich.
24
3. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es - über die Verfahrenseinstellung hinaus - jedoch nicht; denn die Urteilsfeststellungen sind von dem Aufhebungsgrund nicht betroffen. Das neue Tatgericht hat, soweit die Urteilsaufhebung wegen unzureichender Feststellungen zum jeweiligen Tatzeitpunkt erfolgt ist, lediglich ergänzend die konkreten Tatzeitpunkte festzustellen; es kann weitere Feststellungen treffen, die mit den aufrechterhaltenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen.

III.


25
Die gegen den Angeklagten D. verhängte Gesamtstrafe hat auch im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens in den Fällen D. 3. Nr. 1 und 2 der Urteilsgründe Bestand. Angesichts der von der Teileinstellung unberührt gebliebenen Einsatzstrafe von neun Monaten Freiheitsstrafe, der Vielzahl der abgeurteilten Taten und der lediglich moderaten Erhöhung der Einsatzstrafe schließt der Senat aus, dass das Landgericht gegen den Angeklagten D. eine niedrigere als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt hätte, wenn es die wegen Verjährungseintritts gebotene Verfahrenseinstellung selbst vorgenommen hätte.

IV.


26
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg; sie sind unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
27
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften vom 10. September 2010 bemerkt der Senat:
28
Die Taten der Steuerhinterziehung sind nicht verjährt.
29
Die Unterbrechungswirkung von Untersuchungshandlungen erstreckt sich grundsätzlich auf alle verfahrensgegenständlichen Taten, wenn in einem Verfahren wegen mehrerer Taten im prozessualen Sinn ermittelt wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Verfolgungswille des tätig werdenden Strafverfolgungsorgans erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt ist. Für die Bestimmung des Verfolgungswillens der Strafverfolgungsorgane ist maßgeblich , was mit der jeweiligen Handlung bezweckt wird. Dabei sind neben dem Wortlaut der Verfügung auch der Sach- und der Verfahrenszusammenhang entscheidend. Sofern sich die Reichweite nicht aus der Handlung selbst ergibt, ist der sonstige Akteninhalt zur Auslegung heranzuziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2000 - 5 StR 226/99, wistra 2000, 219).
30
Im vorliegenden Fall erstreckte sich das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten D. auch auf den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung. Bereits dem von der Revision mitgeteilten Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 21. Mai 2004 lässt sich entnehmen, dass der Verfolgungswille der Ermittlungsbehörden nicht auf die Tatvorwürfe der Bestechlichkeit und des Betruges beschränkt war, sondern die Ermittlungen sich auch auf weitere mit dem Erhalt der Zuwendungen von dem Angeklagten St. zusammenhängende Straftaten erstrecken sollten. Mit Recht hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Gegenerklärung darauf hingewiesen, dass auch aus dem Protokoll der hierauf bei dem Angeklagten D. erfolgenden Durchsuchung erkennbar war, dass die Steuerfahndung hinzugezogen worden war.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

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Vorteilsannahme: Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung

11.02.2012

Ruhen der Verjährung-maßgeblich ist, ob der Straftatbestand eine abstrakte Strafschärfung für besonders schwere Fälle vorsieht-BGH vom 08.02.11-Az:1 StR 490/10
Verjährung

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Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.

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(1) In besonders schweren Fällen wird 1. eine Tat nach a) § 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, undb) § 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und2. ein

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(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.
bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

(1) In besonders schweren Fällen wird

1.
eine Tat nach
a)
§ 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und
b)
§ 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3,
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und
2.
eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren
bestraft.

(2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn

1.
die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht,
2.
der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder
3.
der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind,
2.
einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet,
3.
den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder
4.
in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht.

(3) § 263 Abs. 5 gilt entsprechend.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist der Versuch strafbar.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Nach den Absätzen 1 und 5 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die Subvention gewährt wird. Wird die Subvention ohne Zutun des Täters nicht gewährt, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Gewähren der Subvention zu verhindern.

(7) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den Absätzen 1 bis 3 kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2). Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden.

(8) Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil
a)
ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und
b)
der Förderung der Wirtschaft dienen soll;
2.
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Union, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird.
Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(9) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen,

1.
die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder
2.
von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 274/09
vom
28. Januar 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
AWG § 34 Abs. 1 Nr. 1
AWV § 5 Abs. 1 i. V. m. Position 0006 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste
1. Wird ein Gesetz, das für besonders schwere Fälle strafschärfend Freiheitsstrafe
von mehr als fünf Jahren vorsieht, nach Beendigung der Tat in der
Weise geändert, dass die Regelbeispiele für besonders schwere Fälle in
Qualifikationstatbestände umgewandelt werden, und hat der Täter nur den
Grundtatbestand erfüllt, so ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB die Neufassung des
Gesetzes anzuwenden, wenn auf deren Grundlage Strafverfolgungsverjährung
eingetreten ist, weil die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr
nach § 78 b Abs. 4 StGB zum Ruhen der Verjährung führen konnte.
2. Zu den Anforderungen an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit
und Ungeeignetheit des Beweismittels, wenn bei Auslandstaten
oder Taten mit einem starken Auslandsbezug ein im Ausland ansässiger
Entlastungszeuge nur zu einer kommissarischen oder audiovisuellen Vernehmung
zur Verfügung steht.
3. Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Bestandteile, besonders konstruiert
oder geändert für militärische Zwecke" im Sinne der Position 0006
des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste zum Außenwirtschaftsgesetz (nur
Hinweis).
BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 3 StR 274/09 - LG Dortmund -
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 28. Januar 2010 gemäß § 206 a
Abs. 1, § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 27. Juni 2008 wird,
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten in den Fällen B. II. und B. III. der Urteilsgründe (Taten vom 30. Mai 1997 und vom 26. Dezember 1997) verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Übrigen mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen "vorsätzlicher Ausfuhr von in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung ) genannten Waren ohne Genehmigung" verurteilt, den Angeklagten Dr. P. L. in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten M. L. in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Es hat beide Angeklagten ferner für eine überlange Verfahrensdauer entschädigt und eine Einziehungsanordnung getroffen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen.
2
Die Rechtsmittel haben Erfolg.
3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Die Angeklagten waren während des Tatzeitraums - in den Jahren 1996 bis 2000 - Geschäftsführer der Mo. GmbH (im Folgenden: Mo. GmbH), einem auf die Herstellung von Hydraulikzylindern spezialisierten Unternehmen mit Sitz in H. . Seit Anfang 1997 unterhielt die GmbH eine Niederlassung in Indien, die "Mo. India " (im Folgenden: Mo. India), die vom Zeugen R. geleitet wurde.
5
Im Zuge des Programms zur Entwicklung von - möglicherweise atomwaffenfähigen - militärischen Trägerraketen begann die indische Regierung in den achtziger Jahren mit Planungen der Mittelstreckenrakete "Agni II" sowie der Kurzstreckenrakete "Prithvi". Im indischen Verteidigungsministerium war für die Umsetzung des Programms die Abteilung mit der Bezeichnung "Defence Research and Development Organisation" (im Folgenden: DRDO) zuständig. Verantwortlicher Projektleiter war bis zum Jahre 2005 der Raumfahrtingenieur A. . Innerhalb des Projekts oblag die Konstruktion und Entwicklung der für den Abschuss der Raketen erforderlichen mobilen Bodensysteme ab Mitte 1995 einer Untereinrichtung der DRDO mit dem Namen "Research Development Establishment" (im Folgenden: R&DE) mit Sitz in Pune/Indien. Dieser Einrichtung gehörten neben dem Direktor J. und dem Projektleiter G. u. a. die Ingenieure Me. und S. an. Die Planungen sahen vor, die Mittelstreckenra- kete von einer auf einem Eisenbahnwaggon installierten Startrampe aus zu starten, während die Startplattform für die Kurzstreckenrakete auf dem Chassis eines Lkws montiert werden sollte. Um die Raketen auf der jeweiligen Startplattform aus einer horizontalen Transportposition in kürzester Zeit senkrecht zum Start aufrichten zu können, wurden Versuche mit unterschiedlichen Hydraulikzylindern durchgeführt.
6
Darüber hinaus entwickelte die R&DE im selben Zeitraum für die indischen Land- und Luftstreitkräfte ein mobiles Radarsystem für die Luftraumüberwachung. Es war beabsichtigt, diese Anlage auf den Ladeflächen zweier Lkws zu installieren, wobei ein Lkw mit einem mittels Hydraulikzylindern ausfahrbaren Antennenmast ausgestattet werden sollte. Auch für dieses Projekt wurden Hydraulikzylinder mehrerer Hersteller erprobt.
7
Im Rahmen dieser Projekte bestellten indische Beschaffungsstellen u. a. bei der Mo. GmbH, überwiegend über deren indische Niederlassung, in der Zeit ab 1997 in fünf Fällen verschiedene Hydraulikzylinder, die von der Mo. GmbH hergestellt und nach Indien ausgeliefert wurden. Für die Ausfuhren waren in drei Fällen beide Angeklagte, in zwei weiteren Fällen war der Angeklagte Dr. P. L. allein verantwortlich. Im Einzelnen:
8
a) Im Zuge der Entwicklung der Abschussrampe für die Agni II-Rakete trat der Projektleiter A. der DRDO erstmals im Januar 1996 an die Mo. GmbH heran und bat um die Abgabe eines Angebots für vier nach Länge und Hub näher beschriebene Hydraulikzylinder. Von deren Verwendungszweck erlangten die Angeklagten im Laufe der Vertragsverhandlungen Kenntnis, obwohl von den Auftraggebern zunächst wahrheitswidrig behauptet worden war, die Zylinder seien für den Einbau in ein militärisches Brückenlegefahrzeug vorgesehen. Hauptansprechpartner der Angeklagten - auch für technische Fra- gen - war auf indischer Seite der Projektleiter G. der R&DE, der im Mai 1996 die Produktionsstätte der Mo. GmbH in H. persönlich besichtigte. Nach Auftragserteilung (Auftragsvolumen ca. 93.500 DM) beantragte der Angeklagte M. L. im Februar 1997 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung für die Hydraulikzylinder nach Indien, wobei er im Einvernehmen mit dem Angeklagten Dr. P. L. wahrheitswidrig unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des G. vorgab, die Waren seien für den Einbau in einen Brückenlegepanzer bestimmt. Nach Einreichung eines weiteren, gleichlautenden und vom Direktor der R&DE unterzeichneten Endverbraucherzertifikats erteilte das BAFA im Vertrauen auf die Richtigkeit der Testate am 17. April 1997 die Genehmigung für die Ausfuhr der Hydraulikzylinder nach Indien. Entsprechende Genehmigungen hätte das BAFA nicht erteilt, wenn es Kenntnis vom tatsächlichen Verwendungszweck der auszuführenden Waren gehabt hätte. Die Ausfuhr der Hydraulikzylinder fand am 30. Mai 1997 statt. (Fall B. II. der Urteilsgründe )
9
b) Im Oktober 1997 bestellte G. im Auftrag der R&DE unter Zwischenschaltung der Mo. India als Vertragspartnerin zwei weitere, kleinere, ebenfalls durch Maßangaben näher beschriebene Zylinderpaare zum Preis von 11.200 DM für das Agni II-Projekt, die entsprechend einer zwischen dem Niederlassungsleiter R. und den Angeklagten getroffenen Vereinbarung im Werk der Mo. GmbH in H. produziert wurden. Die Vertragsverhandlungen mit dem Endkunden führte R. . Diese Hydraulikzylinder lieferten die Angeklagten in Kenntnis des Endabnehmers und des Verwendungszwecks, ohne zuvor beim BAFA eine Ausfuhrgenehmigung einzuholen, am 26. Dezember 1997 an die Mo. India aus. (Fall B. III. der Urteilsgründe)
10
c) Eine dritte Ausfuhr von zwei für die Startrampe der Agni II-Rakete bestimmten Zylinderpaaren, für die allein der Angeklagte Dr. P. L. verantwortlich war, erfolgte als Wiederholungslieferung des Auftrags vom Oktober 1997 am 3. November 1999. Eine Ausfuhrgenehmigung hatte der Angeklagte wiederum nicht beantragt. Auch in diesem Fall fungierte die Mo. India als Vertragspartnerin der R&DE. (Fall B. VI. der Urteilsgründe)
11
d) Für die Startvorrichtung der Kurzstreckenrakete Prithvi wurden bei der Mo. GmbH nach detaillierten, mehrfach modifizierten Vorgaben einer für die R&DE tätigen indischen Beschaffungsstelle insgesamt neun Hydraulikzylinder zum Kaufpreis von 26.940 DM hergestellt und auf Veranlassung beider Angeklagten im Wissen um die Endverwendung ohne Einholung einer Ausfuhrgenehmigung am 27. September 1998 nach Indien ausgeliefert. Obwohl der Kaufvertrag direkt mit der Mo. GmbH geschlossen wurde, war auch in diesem Fall der indische Niederlassungsleiter R. der maßgebliche Ansprechpartner des Endkunden, der auch dessen Konstruktionswünsche an die Mo. GmbH weiterleitete. (Fall B. VIII. der Urteilsgründe)
12
e) Bereits seit Mai 1997 war die Mo. India zudem mit dem Radarprojekt der R&DE befasst. R. betreute dieses Projekt in den folgenden Jahren weiter und übermittelte auch in diesem Fall bis zum Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages zwischen der indischen Beschaffungsstelle und der Mo. GmbH am 15. Januar 2000 die seitens der R&DE geäußerten Wünsche zur Beschaffenheit zweier Zylinder an die Mo. GmbH. Der vereinbarte Kaufpreis für die Zylinder, die im Werk der Mo. GmbH in H. gefertigt wurden, belief sich auf 190.000 DM. Für die Abwicklung des Auftrags war der Angeklagte Dr. P. L. verantwortlich, der spätestens seit einem Besuch bei der R&DE in Indien im Juni 1997 Kenntnis vom Verwendungszweck der bestellten Zylinder hatte. Die Außenrohre der beiden Zylinder wurden auf Wunsch des Endkunden mit einer Kunststoffbeschichtung versehen, um zu verhindern, dass die Kolbenstangen Sonnenlicht reflektieren und auf diese Weise "ihre Anwesenheit dem Feind mitteilen". Am 29. Juni und am 26. Juli 2000 wurde jeweils ein Zylinder nach Indien ausgeliefert. Ausfuhrgenehmigungen hatte der Angeklagte zuvor nicht eingeholt. (Fall B. IX. der Urteilsgründe)
13
2. Das Landgericht hat die Handlungen der Angeklagten, die den Tatvorwürfen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegengetreten sind, jeweils als Verstöße gegen § 34 Abs. 1 Nr. 1 AWG gewertet. Bei den von der Mo. GmbH hergestellten Hydraulikzylindern habe es sich in allen Fällen um Bestandteile gehandelt, die für den Einbau in Landfahrzeuge im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der nationalen Ausfuhrliste (Anlage AL zur AWV in den Fassungen vom 18. Dezember 1996 und vom 3. Juli 2000) bestimmt gewesen seien. Sie hätten zudem jeweils den Anforderungen genügt, die an das Merkmal "besonders konstruiert für militärische Zwecke" im Sinne dieser Position der Ausfuhrliste zu stellen seien. Denn die ausgeführten Gegenstände seien nicht nur nach den von den Kunden vorgegebenen Spezifikationen "als Unikate" hergestellt, sondern nach ihrer jeweiligen, den Angeklagten bekannten Zweckbestimmung gerade als Bestandteile für Rüstungsgüter konstruiert worden. Daher habe deren Ausfuhr gemäß § 5 Abs. 1 AWV der Genehmigung durch das BAFA bedurft. Eine solche sei von den Angeklagten trotz Kenntnis der Genehmigungsbedürftigkeit jedoch entweder nicht eingeholt oder - im Fall B. II. der Urteilsgründe - im Sinne von § 34 Abs. 8 Satz 1 AWG durch falsche Angaben erschlichen worden.
14
Einen besonders schweren Fall des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz aufgrund gewerbsmäßigen Handelns der Angeklagten im Sinne des § 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG (in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 11. Dezember 1996) hat das Landgericht verneint. Den Angeklagten sei bereits nicht nachzuweisen gewesen, dass ihr Handeln darauf gezielt habe, fortlaufend unter Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz Waren ins Ausland auszuführen ; sie hätten vielmehr von Fall zu Fall neu entschieden, ob Ausfuhrgenehmigungen einzuholen seien.
15
II. Das Urteil hat keinen Bestand.
16
Die den Angeklagten in den Fällen B. II. und III. der Urteilsgründe angelasteten Taten sind infolge eingetretener Verjährung nicht mehr verfolgbar; das Verfahren ist insoweit gemäß § 206 a Abs. 1 StPO einzustellen (unten II. 1.). Im Übrigen unterliegt das Urteil auf eine von beiden Angeklagten zulässig erhobene Beweisantragsrüge der Aufhebung (unten II. 2.).
17
1. In den Fällen B. II. und III. der Urteilsgründe besteht ein Verfolgungshindernis , da hinsichtlich der Ausfuhrhandlungen vom 30. Mai 1997 und vom 26. Dezember 1997 absolute Verjährung (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB) eingetreten ist. Gemäß § 78 c Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 78 Abs. 1 Nr. 4 StGB beträgt die doppelte und damit absolute Verjährungsfrist für Taten nach § 34 Abs. 1 AWG, wie sie hier in Rede stehen, zehn Jahre. Diese Frist war bei Zugrundelegung der neuen Fassung des § 34 AWG hinsichtlich der genannten Fälle am 29. Mai 2007 bzw. am 25. Dezember 2007, mithin bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils vom 27. Juni 2008 abgelaufen (§ 78 b Abs. 3 StGB). Im Einzelnen:
18
a) Wird zwischen Begehung und Aburteilung der Tat die materielle Strafandrohung geändert und kann dies als Fernwirkung Einfluss auf die Länge der Verjährungsfrist haben oder das Ruhen der Verjährung nach sich ziehen, so beurteilt sich trotz der grundsätzlichen Zuordnung der Verjährungsvorschriften zum Verfahrensrecht (BGHSt 50, 138, 139 f.; BGH NJW 2004, 693, 696) die Frage, welches Strafgesetz im Hinblick auf die Verfolgungsverjährung auf den festgestellten deliktischen Sachverhalt Anwendung findet, nach § 2 StGB (BGHSt 50, 138, 140; BGH NJW aaO; Schmid in LK 12. Aufl. vor § 78 Rdn. 11; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 78 Rdn. 11). Daher berechnet sich die Verjährungsfrist gemäß § 2 Abs. 3 StGB nach der Bestimmung, die bei einem Gesamtvergleich im konkreten Einzelfall nach dessen besonderen Umständen die dem Täter günstigste Beurteilung zulässt. Ergibt dieser Gesamtvergleich, dass ein Gesetz den Eintritt der Verjährung zur Folge hat, die Tat also bei Anwendung dieser gesetzlichen Regelung nicht mehr verfolgbar ist, so ist dieses Gesetz für den Täter günstiger und damit milder im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB (BGHSt aaO S. 141).
19
Deshalb hat eine nachträgliche Verschärfung der Höchststrafe für die Berechnung der Verjährungsfrist außer Betracht zu bleiben (BGHSt aaO S. 140). Ebenso kann sich aber auch die Umwandlung eines Verbrechenstatbestands in einen Vergehenstatbestand oder die Umwandlung eines Qualifikationstatbestands in ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall - selbst bei unverändertem Strafrahmen - auf die Dauer der Verjährung auswirken und ist deshalb eine im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB für die Verjährungsfrage zu beachtende Gesetzesänderung (BGHSt aaO S. 140 f.; BGH NStZ 1999, 556).
20
Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - nach Beendigung der Tat ein Regelbeispiel in einen Qualifikationstatbestand umgewandelt wird und diese Gesetzesänderung zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Verjährungsfrage für den Grundtatbestand führen kann, der im konkreten Fall die Grundlage für die Strafbarkeit bildet. Auch in einem solchen Fall ist durch einen Gesamtvergleich zu ermitteln, welches Gesetz sich unter Beachtung des Grundsatzes der strikten Alternativität (BGH NStZ 1997, 188) nach den festgestellten Umständen für die Beurteilung der Verjährungsfrage als günstiger für den Angeklagten erweist.
21
b) Danach ist nach den getroffenen Feststellungen für die Taten B. II. und III. der Urteilsgründe § 34 AWG in der seit der Novellierung des Gesetzes im Jahre 2006 (12. Änderungsgesetz zum AWG vom 28. März 2006 - BGBl I 574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. April 2009 - BGBl I 770) geltenden Fassung das mildere Recht im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB. Denn anders als bei Anwendung des Tatzeitrechts konnte nach der neuen Gesetzesfassung die für Verstöße gegen § 34 Abs. 1 AWG geltende absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren vor ihrem Ablauf nicht durch die Ruhensregelung des § 78 b Abs. 4 StGB zum Stillstand gebracht werden und deshalb Verfolgungsverjährung eintreten.
22
Nach dieser Vorschrift ruht die Verjährung ab Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht für die Dauer von fünf Jahren bei Gesetzesverletzungen , deren Höchststrafe im Grundtatbestand fünf Jahre beträgt, aber für besonders schwere Fälle darüber hinausreicht. Die Eröffnung des Hauptverfahrens unterbricht für Tatbestände, die einen solchen Sonderstrafrahmen für besonders schwere Fälle aufweisen - unabhängig davon, ob ein besonders schwerer Fall angeklagt oder das Hauptverfahren auch insoweit eröffnet worden ist (Fischer, StGB 57. Aufl. § 78 b Rdn. 12) - die Verjährung (§ 78 c Abs. 1 Nr. 7 StGB) und hält zugleich deren weiteren Lauf - auch den der absoluten Verjährung - an (§ 78 c Abs. 3 Satz 3 StGB; vgl. Schmid aaO § 78 b Rdn. 17). Diese Ruhensregelung war auf den Grundtatbestand des § 34 Abs. 1 AWG in der bis zum 7. April 2006 geltenden Fassung des AWG vom 11. Dezember 1996 anwendbar, da § 34 Abs. 6 AWG aF für besonders schwere Fälle des § 34 Abs. 1 AWG aF, etwa für gewerbsmäßiges Handeln, Freiheitsstrafen von zwei bis fünfzehn Jahren vorsah. Auf der Grundlage des zur Tatzeit geltenden Rechts wäre daher für die vorliegenden Tatvorwürfe durch die Eröffnung des Hauptverfahrens am 25. September 2006 nicht nur der Lauf der - zu diesem Zeitpunkt infolge rechtzeitiger Unterbrechungshandlungen noch offenen - einfa- chen (fünfjährigen) Verjährungsfrist, sondern auch derjenige der absoluten Verjährung für die Dauer von fünf Jahren zum Stillstand gekommen.
23
Anders verhält es sich indes auf Grundlage der neuen Fassung des § 34 AWG. Mit der Novellierung des AWG im Jahre 2006 wurden - bei gleichzeitiger Beibehaltung der Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für Taten nach dem Grundtatbestand des § 34 Abs. 1 AWG - die Regelbeispiele des § 34 Abs. 6 AWG aF abgeschafft und in Qualifikationstatbestände mit einem Strafrahmen von zwei bis fünfzehn Jahren umgewandelt (§ 34 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 AWG nF). Auf diese Gesetzeslage ist die Ruhensregelung des § 78 b Abs. 4 StGB damit nicht mehr anwendbar. Die gegenüber dem Grundtatbestand erhöhte Strafdrohung der Qualifikation wirkt sich vielmehr nur noch dann auf die Berechnung der Verjährungsfrist aus, wenn in der Hauptverhandlung über den Grundtatbestand hinaus auch die Voraussetzungen des selbständigen Qualifikationstatbestands festgestellt werden (vgl. BGHSt 13, 128, 129). Ist dies nicht der Fall, so richtet sich die Verjährungsfrist ausschließlich nach der Strafdrohung des Grundtatbestands.
24
Qualifizierende Umstände im Sinne des § 34 Abs. 6 (Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2) AWG nF hat das Landgericht indes nicht festgestellt. Vielmehr hat es mit rechtsfehlerfreien Erwägungen das hier allein in Betracht kommende qualifizierende Merkmal des gewerbsmäßigen Handelns gemäß § 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG nF den Angeklagten nicht nachzuweisen vermocht, so dass nicht die erhöhte Strafdrohung des Qualifikationstatbestands, sondern auch nach der neuen Fassung des Gesetzes der Strafrahmen des Grundtatbestands für die Beurteilung der Verjährungsfrage maßgeblich bleibt. Damit erweist sich jedoch § 34 Abs. 1 AWG in seiner neuen Fassung für die vorliegenden Fallgestaltungen gegenüber dem Tatzeitrecht als das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB, da bei Anwendung dieses Tatbestands die Ruhensregelung des § 78 b Abs. 4 i. V. m.
§ 78 c Abs. 3 Satz 3 StGB nicht eingreift, mithin hinsichtlich der Ausfuhrhandlungen vom 30. Mai 1997 und vom 26. Dezember 1997 ungehindert nach zehn Jahren absolute Verjährung eingetreten ist.
25
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen Beurteilung der Verjährungsfrage führen. Er stellt deshalb in den Fällen B. II. und III. der Urteilsgründe das Verfahren selbst gemäß § 206 a Abs. 1 StPO ein.
26
2. Im Übrigen führt die von beiden Angeklagten zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe durch die Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des indischen Zeugen R. gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO verstoßen, zur Aufhebung des Urteils.
27
a) Der Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
28
aa) Der Verteidiger des Angeklagten Dr. P. L. stellte am 15. Januar 2008 den Beweisantrag, den in Indien wohnhaften Zeugen R. zu vernehmen. Der Zeuge stehe zwar für eine Einvernahme vor dem erkennenden Gericht nicht zur Verfügung, sei aber bereit, sich in Indien im Wege der Rechtshilfe entweder kommissarisch oder audiovisuell vernehmen zu lassen. Dem Antrag schlossen sich die Verteidiger des Angeklagten M. L. an.
29
Der Antrag zielte darauf ab, die Einlassungen der Angeklagten zu belegen , von dem Verwendungszweck der nach Indien ausgelieferten Hydraulikzylinder keine Kenntnis gehabt zu haben, vielmehr aufgrund entsprechender Angaben der indischen Auftraggeber davon ausgegangen zu sein, dass die Güter für Brückenlegefahrzeuge bzw. - so der Angeklagte Dr. P. L. zu dem Vorwurf im Fall B. VIII. - für ein ihm nicht näher bekanntes militärisches Gerät bestimmt gewesen seien.
30
Der Beweisantrag enthielt die Behauptungen, der Zeuge, der in Indien für die Mo. GmbH tätig und in die verfahrensgegenständlichen Geschäfte eingebunden gewesen sei, habe den Angeklagten Dr. P. L. zu keinem Zeitpunkt darüber informiert, dass die von der Mo. GmbH gefertigten und nach Indien ausgeführten Hydraulikzylinder nicht für Brückenlegefahrzeuge sondern zum Einbau in Raketenabschussrampen vorgesehen gewesen seien; der Zeuge habe auch nicht wahrgenommen, dass der Angeklagte von anderen Personen, etwa bei gemeinsamen Besprechungen mit Kunden, über diesen Verwendungszweck in Kenntnis gesetzt worden sei.
31
bb) Mit Beschluss vom 3. Juni 2008 lehnte die Strafkammer den Beweisantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Zeuge sei für eine persönliche Vernehmung in der Hauptverhandlung in Dortmund unerreichbar. Der anwaltliche Beistand des Zeugen habe erklärt, dass der Zeuge nicht bereit sei, nach Dortmund zu reisen, er stehe nur für eine audiovisuelle oder kommissarische Vernehmung in Indien zur Verfügung. Hinsichtlich einer solchen Vernehmung sei der Zeuge als ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO anzusehen. Zwar handele es sich bei R. um einen zentralen Zeugen, da er als Vertreter der Mo. GmbH in Indien in sämtliche verfahrensgegenständliche Exportvorgänge eingebunden gewesen sei, den Angeklagten Dr. P. L. bei dessen Kundenbesuchen in Indien begleitet, aber auch allein und eigenverantwortlich mit den indischen Bestellern Verhandlungen und Gespräche geführt habe, über deren Inhalte er die Angeklagten informiert habe. Wegen dieser zentralen Bedeutung des Zeugen und seiner Nähe zum Angeklagten sei dessen Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage besonders kritisch zu überprüfen. Dies erfordere zum einen eine umfangreiche Befragung des Zeugen unter Vorhalt der Einlassungen der Angeklagten und des umfangreichen Schriftverkehrs, der zwischen den Angeklagten und dem Zeugen geführt worden sei. Eine diesen Anforderungen genügende Verneh- mung nehme daher mindestens vier bis fünf Tage in Anspruch. Zum anderen seien neben dem Inhalt der Aussage vor allem die non-verbalen Reaktionen des Zeugen für die Beurteilung des Wahrheitsgehalts der Aussage von hohem Interesse. All dies könne im Rahmen einer kommissarischen oder audiovisuellen Vernehmung nicht geleistet und festgestellt werden. Zudem sei es nicht realistisch , dass eine etwaige Falschaussage des Zeugen in Indien Konsequenzen hätte. Nach alledem sei eine mittels "Vernehmungssurrogaten" gewonnene Aussage des Zeugen für die Wahrheitsfindung wertlos, da ihr im Vergleich zu einer Aussage in der Hauptverhandlung nur ein deutlich verminderter Beweiswert zukomme.
32
b) Die Ablehnung des Beweisantrags begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Soweit die Strafkammer die Zurückweisung des Antrags darauf gestützt hat, der Zeuge sei ein völlig ungeeignetes Beweismittel, da er nur zu einer kommissarischen oder audiovisuellen Vernehmung zur Verfügung stehe , wird ihre Entscheidung den besonderen Umständen des vorliegenden Sachverhalts nicht gerecht.
33
aa) Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, dass der Aussage des Zeugen in dem Verfahren eine herausgehobene Beweisbedeutung zukommt und hat ersichtlich deshalb aus Gründen der Aufklärung dessen Vernehmung auch grundsätzlich für erforderlich gehalten. Denn es hat - anders als bei den übrigen von den Angeklagten benannten Entlastungszeugen aus dem Ausland - die Ablehnung des Beweisantrags nicht auf die sachlich vorrangige Vorschrift des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützt, sondern hat, was rechtlich grundsätzlich zulässig ist, auf den Ablehnungsgrund der Unerreichbarkeit bzw. Ungeeignetheit des Beweismittels im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO zurückgegriffen (BGHSt 45, 188, 189).
34
Nach dieser Vorschrift kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines im Ausland lebenden und für eine Vernehmung in der Hauptverhandlung unerreichbaren Zeugen auch dann zurückgewiesen werden, wenn der Zeuge zwar für eine im Wege der Rechtshilfe zu bewirkende und grundsätzlich mögliche kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung zur Verfügung steht, das Gericht aber aufgrund der besonderen Beweislage schon vorweg zu der Überzeugung gelangt, dass eine aus einer solchen Vernehmung gewonnene Aussage völlig untauglich ist, zur Sachaufklärung beizutragen und die Beweiswürdigung zu beeinflussen. In einem solchen Fall bleibt der Zeuge für die persönliche Vernehmung in der Hauptverhandlung unerreichbar, als nur kommissarisch oder audiovisuell vernehmbarer Zeuge ist er ein völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO (BGHSt 13, 300, 302; 22, 118, 122; BGH JR 1984, 129; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 14; BGH NStZ 2004, 347, 348).
35
Die Frage, ob nur eine Vernehmung des Zeugen vor dem erkennenden Gericht die nach Sach- und Rechtslage erforderliche Ausschöpfung des Beweismittels gewährleistet oder ob auch eine kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung zur Sachaufklärung tauglich ist, hat der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (BGH JR aaO; BGH StV 1992, 548; BGH NJW 2000, 443, 447). Diese Entscheidung, die eine gewisse Vorauswürdigung des Beweismittels erfordert (BGH GA 1971, 85, 86), unterliegt zwar nur in eingeschränktem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (BGH NJW aaO). Die für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Erwägungen müssen aber schlüssig ergeben, weshalb die kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung zur Sachaufklärung ungeeignet und daher ohne jeden Beweiswert ist (BGH JR aaO). Dies ist angesichts der Qualität des angebotenen Beweismittels und der Bedeutung des Beweisthemas vor dem Hintergrund der hier gegebenen besonderen Beweislage nicht in ausreichendem Maße dargetan.
36
bb) Den Nachweis der subjektiven Tatseite hat das Landgericht, materiellrechtlich rechtsfehlerfrei, maßgeblich auf eine Gesamtwürdigung des Inhalts einer Vielzahl den Angeklagten zugänglichen Schriftstücken, namentlich auf den Schriftwechsel, der zwischen der Mo. GmbH, dem Zeugen R. und den indischen Endkunden geführt wurde, sowie auf die Tatsache gestützt, dass es auch mehrere persönliche Kontakte des Angeklagten Dr. P. L. mit den Verantwortlichen der R&DE und Mitarbeitern anderer Beschaffungsstellen des indischen Verteidigungsministeriums gab. Das belastende Beweismaterial stammt mithin überwiegend aus dem Ausland oder weist zumindest einen starken Auslandsbezug auf. Die Angeklagten waren deshalb zum Beleg ihrer Einlassung , von Seiten der indischen Beschaffungsstellen nicht über den Verwendungszweck der Hydraulikzylinder informiert worden zu sein, hier in besonderem Maße auf die Benennung von Entlastungszeugen aus dem Ausland angewiesen , zumal eine zeugenschaftliche Vernehmung der in Indien ansässigen Urheber der Schreiben und Kontaktpersonen des Angeklagten zu keinem Zeitpunkt stattgefunden hat.
37
Diese besondere Beweislage durfte bei der Bescheidung des von den Angeklagten gestellten Beweisantrags nicht unbeachtet bleiben. Denn es darf einem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen, dass dem Verfahren eine Auslandstat zugrunde liegt oder die Tat jedenfalls - wie hier - einen starken Auslandsbezug aufweist und die Beweisführung infolge dessen im Wesentlichen auf ausländische Beweismittel zurückgreifen muss. In einem solchen Fall ist dem legitimen Anliegen eines Angeklagten, sich gegen die aus dem Ausland stammenden und ihn belastenden Beweismittel durch die Benennung von im Ausland ansässigen Entlastungszeugen zu verteidigen, in der Weise Rechnung zu tragen, dass an die Ablehnung eines solchen Beweisantrags strengere Maßstäbe anzulegen sind (vgl. für die Ablehnung eines Beweisantrags nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO: BGH wistra 2006, 426, 428; Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 213). Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit sowie völliger Ungeeignetheit eines offenkundig wichtigen Entlastungszeugen wird daher in diesen Fallkonstellationen allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Beweiswert einer lediglich kommissarischen oder audiovisuellen Vernehmung des Zeugen vor dem Hintergrund des Ergebnisses der bisherigen Beweisaufnahme und des zeitlichen und organisatorischen Aufwands der Ladung und Vernehmung mit den damit verbundenen Nachteilen durch die Verzögerung des Verfahrens in einer Weise zurücktritt, dass jeglicher Erkenntniswert für die Sachaufklärung sicher ausgeschlossen werden kann. Ein - etwa wegen des fehlenden persönlichen Eindrucks des Zeugen in der Hauptverhandlung oder wegen der eingeschränkten Möglichkeit, ihm Vorhalte zu machen - lediglich geminderter oder zweifelhafter Beweiswert einer so gewonnenen Aussage darf bei einer Sachverhaltsgestaltung wie der vorliegenden hingegen regelmäßig nicht mit einer völligen Untauglichkeit des Beweismittels gleichgesetzt werden. Die Beurteilung hat sich daher bei einer derartigen Fallgestaltung eher an den strengen Maßstäben auszurichten, die sonst allgemein für die Bewertung eines Beweismittels als völlig ungeeignet anerkannt sind (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 244 Rdn. 58 m. w. N.).
38
Diesen Anforderungen und den dargelegten Besonderheiten des Falles wird das Landgericht in seiner Entscheidung über die Ablehnung des Beweisantrags nicht gerecht. Insbesondere hat es in seine Würdigung auch nicht einbezogen , dass es auch die Einvernahme weiterer von den Angeklagten zur Entlastung benannten Auslandszeugen, etwa der Mitarbeiter der R&DE, abgelehnt hat, der Zeuge R. mithin der einzig verbleibende Entlastungszeuge war, der aus eigener Wahrnehmung zu den Exportgeschäften der Angeklagten Angaben machen und zur Entkräftung der aus dem Ausland stammenden Beweise beitragen konnte. Nicht zuletzt aus diesem Grund kam seiner Aussage ein besonderes Gewicht zu.
39
Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags kann das Urteil , soweit die Taten nicht bereits verjährt sind, beruhen, zumal einer Vernehmung des Zeugen im Ausland rechtliche Hindernisse grundsätzlich nicht entgegenstehen. Zwar erfolgt der sonstige Rechtshilfeverkehr mit Indien vertragslos, so dass die Regelungen der §§ 59 ff. IRG Anwendung finden. Die Bundesregierung hat aber ihre Bereitschaft gezeigt, die für die Anbringung eines Rechtshilfeersuchens erforderliche Gegenseitigkeitszusicherung (§ 76 IRG) abzugeben.
40
3. Das Urteil begegnet schließlich auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Da es hierauf entscheidungserheblich nicht mehr ankommt, weist der Senat für die neue Hauptverhandlung auf Folgendes hin:
41
a) Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen vermag der Senat der rechtlichen Wertung des Landgerichts, bei den von den Angeklagten nach Indien ausgeführten Hydraulikzylindern habe es sich um "für militärische Zwecke besonders konstruierte" Bestandteile für Landfahrzeuge im Sinne der Nummer 0006 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - (in den für die nicht verjährten Taten maßgeblichen Fassungen der 91. i. V. m. der 94. Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste vom 18. Dezember 1996 und vom 7. Mai 1998 - BAnz. Nr. 32 vom 15. Februar 1997, S. 1545 und Nr. 88 vom 13. Mai 1998, S. 6749 - und der 96. Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste vom 10. Juni 1999 - BAnz. Nr. 125 vom 9. Juli 1999, S. 11073) und damit um genehmigungspflichtige Waren gehandelt, die von der Strafvorschrift des § 34 Abs. 1 Nr. 1 AWG i. V. m. § 5 Abs. 1 AWV erfasst werden, nicht zu folgen.
42
Nicht zu beanstanden ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass sowohl die mobilen schienen- und fahrzeuggestützten Ra- ketenstartrampen als auch die fahrzeuggestützte mobile Radaranlage als militärische Landfahrzeuge und damit als Rüstungsgüter im Sinne der Position 0006 der nationalen Ausfuhrliste Teil I Abschnitt A einzustufen sind. Für die zu Startplattformen umgerüsteten Fahrzeuge ergibt sich dies unmittelbar aus der exemplarischen Aufzählung militärischer Fahrzeuge in Nr. 1 Buchst. a der technischen Anmerkung zur Listennummer 0006 der Ausfuhrliste; für die zum Zwecke der Installierung einer militärischen Radaranlage eigens umgebauten Lkws steht dies ebenfalls aufgrund der festgestellten objektiven Beschaffenheit der Fahrzeuge außer Frage. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht zudem davon ausgegangen, dass die nach Indien ausgelieferten Hydraulikzylinder zum Einbau in diese militärischen Fahrzeuge bestimmt, mithin Bestandteile im Sinne der Begriffsdefinition der Ausfuhrliste waren, da sie durch die Verbindung mit der übergeordneten Sache ihre Selbständigkeit verlieren sollten (Monreal AWPrax 2001, 154, 157). Für die Exportkontrolle ist dabei nicht maßgeblich, ob das Bestandteil zum Zeitpunkt der Ausfuhr bereits mit der Hauptsache verbunden ist (Monreal aaO). Problematisch ist hier allein, ob die ausgeführten Zylinder den Anforderungen des Tatbestandsmerkmals "besonders konstruiert für militärische Zwecke" genügten, das sich nach dem Wortlaut der Listenposition 0006 nicht nur auf die übergeordnete Sache, sondern gleichermaßen auf die hierfür bestimmten Bestandteile bezieht, und deshalb nicht nur als Dual-use-Güter, sondern als Rüstungsgüter zu klassifizieren waren. Insoweit teilt der Senat die Auffassung der Beschwerdeführer, dass die der rechtlichen Würdigung des Landgerichts zugrunde liegende rein subjektive, allein an der Zweckbestimmung des Herstellers orientierte Auslegung des Tatbestandsmerkmals mit der Systematik der hier maßgeblichen Vorschriften des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste nicht vereinbar ist. Im Einzelnen:
43
aa) Dem Tatbestandsmerkmal "besonders konstruiert (oder geändert) für militärische Zwecke" kommt in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste die Bedeutung zu, Rüstungsgüter, deren militärische Eigenschaft nicht offen auf der Hand liegt, von Dual-use-Gütern, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke Verwendung finden können, abzugrenzen. Für die beiden Güterkategorien gelten jedoch nicht nur unterschiedliche verwaltungsrechtliche Kontrollsysteme, sondern Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden auch in unterschiedlicher Weise strafrechtlich sanktioniert. Verstöße gegen Ausfuhrbeschränkungen unterfallen bei Rüstungsgütern des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste dem Straftatbestand des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG, hingegen werden Verstöße bei Dual-use-Gütern entweder als Ordnungswidrigkeiten nach § 33 AWG oder als Straftaten - von wenigen, gesetzlich abschließend geregelten Ausnahmefällen, die von § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG erfasst werden, abgesehen - nach § 34 Abs. 2 AWG geahndet. Das Tatbestandsmerkmal "besonders konstruiert (oder geändert) für militärische Zwecke" ist daher auch für die strafrechtliche Bewertung eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts von maßgeblicher Bedeutung (Bieneck in Wolffgang /Simonsen AWR, Bd. 3 § 34 Abs. 1 Rdn. 39; ders. wistra 2008, 451 f.; vgl. auch Monreal aaO 155).
44
bb) Die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ist allerdings umstritten. In der Literatur wird nahezu einhellig die Auffassung vertreten, das Tatbestandsmerkmal sei objektiv auszulegen und setze neben einer subjektiven Zweckvorstellung des Herstellers stets voraus, dass sich diese auch objektiv in der Konstruktion der Beschaffenheit des Gutes niedergeschlagen habe; die militärische Zwecksetzung der Ware müsse aus ihrer objektiven, etwa technischen Konstruktion erkennbar sein (Bieneck in Wolffgang/Simonsen aaO Rdn. 39 a; Schörner in Hohmann/John AWR, § 5 AWV Rdn. 13; Friedrich in Hocke /Berwald/Maurer/Friedrich, AWR Bd. 1 vor § 5 AWV Rdn. 54; Bieneck wistra 2008, 451 ff. und wistra 2010, 10 ff.; Monreal AW-Prax 2001, 234 ff. und 2003, 115 ff.). Diesem objektiven Auslegungsansatz hat sich - soweit ersichtlich - die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte angeschlossen (VG Frankfurt, Urt. vom 17. Februar 2005 - 1 E 7512/03 - juris - Rdn. 30 f.; Hess. VGH, Urt. vom 14. Oktober 2009 - 6 A 2113/08 - juris - Rdn. 47 ff.).
45
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, soweit sie sich mit dem hier in Rede stehenden Tatbestandsmerkmal befasst hat, hingegen nicht eindeutig. Während der 1. Strafsenat in einer Entscheidung, der die Lieferung einer Anlage zur Reinigung von Artilleriekartuschen an eine irakische Rüstungsfirma zugrunde lag, zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "besonders konstruiert" - im konkreten Fall für die Herstellung von Munition im Sinne der Position 0018 A der Ausfuhrliste - maßgeblich auf den Zweck abgestellt hat, dem die Anlage nach den Vorstellungen ihres Erbauers oder Lieferanten dienen sollte (BGHSt 41, 348, 350), hat sich der 5. Strafsenat bei der Prüfung, ob ein speziell umgerüstetes Geländefahrzeug im Sinne der Position 0006 A der Ausfuhrliste "für militärische Zwecke besonders konstruiert" war, anhand der Liste selbst und den sich hieraus ergebenden Beschreibungen des Rüstungsguts, mithin an eher objektiven Kriterien orientiert und hervorgehoben, dass es für die Bestimmung einer Ware als Rüstungsgut nicht auf eine alleinige Bewertung des individuellen Zwecks ankommen kann (BGHSt 51, 263, 266 ff.).
46
cc) Mit der Frage, welchen Anforderungen Warenbestandteile genügen müssen, um sie als Güter im Sinne des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste einzustufen , hat sich der Bundesgerichtshof bislang nicht befasst. Der Senat hält für die Erfassung eines Bestandteils als Rüstungsgut den von der Literatur vertretenen objektiven Ansatz zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "besonders konstruiert für militärische Zwecke" mit Blick auf die Systematik der Ausfuhrliste für zutreffend.
47
Die Ausfuhrliste enthält in Teil I Abschnitt A abgestufte Anforderungen für die Einstufung eines Bestandteils als Rüstungsgut. Mit Blick auf die Abgrenzung zu einem Dual-use-Gut wird allerdings stets vorausgesetzt, dass es sich um "besonders konstruierte" Bestandteile handelt, wofür nicht jede geringfügige Modifikation eines zivilen Gutes ausreichend ist; erforderlich sind vielmehr konstruktive Änderungen an wesentlichen Funktionsmerkmalen der Ware (Monreal AW-Prax 2001, 234, 235; Bieneck wistra 2008, 451, 455; ders. in Bieneck, Handbuch AWR § 28 Rdn. 20).
48
Hinsichtlich der weiteren Anforderungen unterscheidet die Ausfuhrliste danach, ob die Bestandteile für Hauptsachen mit speziell militärischer Ausrichtung , etwa für Bomben (Position 0004), bestimmt sind oder für weniger spezifisch militärisch ausgerichtete Güter mit Dual-use-Charakteristik, etwa - wie vorliegend - für Landfahrzeuge im Sinne der Listenposition 0006. Während im ersten Fall die Ausfuhrliste für die Bestandteilserfassung keine besondere Konstruktion für "militärische Zwecke" fordert, sondern mit der Formulierung "besonders konstruiert hierfür" lediglich eine besondere Konstruktion für den Einsatz in der als Rüstungsgut erfassten Hauptsache ausreichen lässt, werden nach dem Wortlaut ("Bestandteil hierfür, besonders konstruiert für militärische Zwecke") bei Gütern, die selbst ein weiteres Verwendungsspektrum aufweisen und Dual-use-Gütern nahe kommen, hierfür besonders konstruierte Bestandteile nur dann von der Rüstungsgüterliste erfasst, wenn sie selbst auf einen militärischen Zweck gerichtet sind (Bieneck wistra 2008 aaO; vgl. auch Monreal AWPrax 2003, 115 f.). Die abweichenden Formulierungen finden ihre Erklärung ersichtlich darin, dass der Verordnungsgeber bei offensichtlichen Rüstungsgütern mit Blick auf die durch die Listenpositionen geschützten Rechtsgüter der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, des Völkerfriedens und der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland eine weite Erfassungsvariante für Bestandteile für vertretbar gehalten, sich hingegen bei weniger mili- tärisch ausgerichteten Gütern bewusst für eine enge Bestandteilserfassung entschieden hat (Bieneck aaO 456). Durch das Erfordernis einer eigenen militärischen Zweckbestimmung des Bestandteils wird daher bei Gütern, die als Hauptsache lediglich eine geringere militärische Ausprägung haben, der Bestandteilsbegriff eingeschränkt. Diese Einschränkung kann jedoch nur dann die vom Verordnungsgeber vorgegebene Wirkung entfalten, wenn sich die militärische Zwecksetzung des Bestandteils auch objektiv in dessen Konstruktion oder Beschaffenheit niedergeschlagen hat. Denn eine lediglich subjektive Zweckbestimmung aus Sicht des Herstellers ließe dessen Kenntnis vom Einsatz des Bestandteils in einer militärischen Anlage für die Klassifizierung als Rüstungsgut ausreichen, so dass letztlich ein Unterschied zu dem weiten Bestandteilsbegriff, wie er nach den Regelungen der Ausfuhrliste nur bei offenkundigen Rüstungsgütern gilt, nicht mehr erkennbar wäre.
49
Dass Bestandteile, wie sie in Teil I Abschnitt A Position 0006 der Ausfuhrliste definiert sind, auch in objektiver Hinsicht einen militärischen Charakter aufweisen müssen, ergibt sich schließlich auch aus den Formulierungen in den Anmerkungen zu dieser Listennummer, die zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals heranzuziehen sind (BGHSt 51, 261, 267). So ist in der Anmerkung Nr. 4 der Position 0006 in der Fassung der 96. Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste vom 10. Juni 1999 nicht nur - ersichtlich güterbezogen - von "militärischen" Bestandteilen die Rede, sondern die zur Erläuterung dieses Begriffs aufgeführten Güter weisen aufgrund ihrer spezifischen Beschaffenheit auch ausnahmslos eine objektiv erkennbare militärische Zweckbestimmung auf.
50
b) Die Heranziehung objektiver Kriterien bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Bestandteile, besonders konstruiert für militärische Zwecke" im Sinne der Position 0006 hat für den vorliegenden Fall folgende Bedeutung:
51
aa) Nach den bisherigen Feststellungen wiesen die für die Raketenstartrampen bestimmten Hydraulikzylinder keine objektiv erkennbaren militärischen Konstruktionsmerkmale auf. Es handelte sich ausnahmslos um Modifikationen ziviler Güter entsprechend den Vorgaben der Besteller. Diese Änderungen genügten zwar den Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal "besonders konstruiert", ihre militärische Zwecksetzung bezogen die Hydraulikzylinder aber nur mittelbar über die Hauptsache, für die sie bestimmt waren. Dies reicht nach den oben dargelegten Grundsätzen für die Klassifizierung als Bestandteile im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste nicht aus.
52
Sollten in der neuen Hauptverhandlung weitergehende Erkenntnisse zur Konstruktion und einer hieraus folgenden objektiven militärischen Zweckbestimmung der für die Startvorrichtungen vorgesehenen Hydraulikzylinder nicht getroffen werden können, wird der neue Tatrichter allerdings zu erwägen haben , ob diese Güter als Bestandteile für Raketenzubehör oder Raketenausrüstung von der Listenposition 0004 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste erfasst werden mit der Folge, dass sie lediglich an dem weiten Bestandteilsbegriff ("besonders konstruiert hierfür") zu messen wären und für die Erfassung als Rüstungsgut keinen eigenständigen militärischen Charakter aufweisen müssten.
53
bb) Hingegen erscheint nach den Urteilsgründen bei den für die mobile Radaranlage gelieferten Hydraulikzylindern eine objektive militärische Zweckbestimmung und damit eine Bestandteilserfassung durch die Listenposition 0006 nicht von vorneherein ausgeschlossen. Denn diese Güter waren nach den Feststellungen entsprechend den Wünschen der Besteller mit einer besonderen Oberflächenbeschichtung versehen worden, um bei militärischen Einsätzen eine ausreichende Tarnung zu gewährleisten. Mit der Frage, ob dieses Konstruktionsmerkmal den nach Indien ausgeführten Zylindern eine eigene spezifisch militärische Zweckbestimmung verlieh, hat sich das Landgericht, nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig, bislang nicht auseinandergesetzt.
54
cc) Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass es sich bei den ausgeführten Waren nicht um Rüstungsgüter im Sinne des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste, sondern um Dual-use-Güter gehandelt hat, käme eine Strafbarkeit der Angeklagten nur nach § 34 Abs. 2 AWG in Betracht. Insoweit erscheint es jedoch nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht nahe liegend, dass die Handlungen der Angeklagten geeignet waren, die in § 34 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AWG aufgeführten Rechtsgüter erheblich zu gefährden (BGHSt 53, 128; 53, 238, 249). Becker RiBGH von Lienen befindet Sost-Scheible sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer Mayer

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 266/10
vom
19. Oktober 2010
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________
In einem Einstellungsurteil wegen Verjährung sind die tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses in einer revisionsrechtlich überprüfbaren
Weise festzustellen und zu begründen.
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10 - LG Bamberg
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es hat weiter angeordnet, dass von der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. Hinsichtlich zweier weiterer Taten hat es das Verfahren (wegen Verjährung) eingestellt.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Die Staatsanwaltschaft beanstandet insbesondere, dass das Landgericht, das zwar Bandenmitgliedschaft des Angeklagten angenommen hat, die gewerbsmäßige Begehungsweise des Betruges aber verneint und deshalb die Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB nicht bejaht hat. Dies hatte zur Folge, dass das Landgericht in zwei Fällen vom Eintritt der Verjährung ausgegangen ist und in den anderen Fällen nur einen Schuldspruch gemäß dem Grundtatbestand (§ 263 Abs. 1 StGB) zugrunde gelegt hat.
3
Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge , der ebenfalls Gewicht zukommt, nicht bedarf.
4
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte Mitglied einer Bande war, die sich zusammengeschlossen hatte, "um künftig auf Dauer in einer Vielzahl von Fällen unter Beteiligung weiterer Personen ... vorsätzlich KfzUnfälle herbeizuführen und diese fingierten Unfallschäden an den Fahrzeugen in betrügerischer Weise gegenüber den jeweiligen Versicherungsgesellschaften abzurechnen, indem sie diesen gegenüber wahrheitswidrig angaben, dass die Schäden bei Verkehrsunfällen verursacht worden waren" (UA S. 6). Chef der Bande war der Inhaber des Autohauses S. , bei dem der Angeklagte als "Geringverdiener" angestellt war. Das Landgericht hat zehn Fälle dargestellt, bei denen der Angeklagte als Bandenmitglied bei den Taten mitwirkte. Es hat jedoch eine gewerbsmäßige Begehungsweise durch ihn insbesondere deshalb verneint, weil der Verbleib der Versicherungsleistungen teilweise ungeklärt sei, der Angeklagte in einzelnen Fällen keine direkte Auszahlung erhalten habe, er von den Gutschriften auf seinem Firmenkonto (oder dem Konto seiner Freundin ) keine Kenntnis gehabt habe, sein Lohn und seine unregelmäßigen Prämienleistungen nicht aus den Versicherungsleistungen beglichen worden seien und die kostenlose Nutzung von Fahrzeugen nicht auf die Beteiligung am Versicherungsbetrug zurückzuführen sei. Von den unwiderlegbaren Angaben des glaubhaft geständigen Angeklagten sei insoweit auszugehen.
5
Hinsichtlich der beiden wegen Verjährung eingestellten Fälle teilt das Landgericht lediglich mit, dass diese am 5. Oktober 1998 bzw. am 20. Januar 2000 begangen wurden und, dass die obigen Ausführungen zur fehlenden Gewerbsmäßigkeit entsprechend gelten würden.
6
1. Die Einstellung in den Fällen 1. und 2. der Anklage hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat hier rechtsfehlerhaft keine hinreichenden Feststellungen getroffen, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , ob die Taten nicht nur bandenmäßig, sondern auch gewerbsmäßig begangen wurden, so dass sie entgegen der Ansicht des Gerichts nicht verjährt wären, da für § 263 Abs. 5 StGB anders als für § 263 Abs. 1 StGB eine zehnjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) gilt.
7
In einem Einstellungsurteil (§ 260 Abs. 3 StPO) wegen Verjährung sind die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses in einer revisionsrechtlich überprüfbaren Weise festzustellen und zu begründen.
8
Der Tatrichter ist verpflichtet, die Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen und grundsätzlich so darzulegen, dass sie vom Revisionsgericht nachgeprüft werden können. Soweit zu dieser Überprüfung eine dem Tatrichter obliegende Feststellung von Tatsachen erforderlich ist, hat er diese rechtsfehlerfrei zu treffen und (gegebenenfalls) zu würdigen. Dieser Begründungszwang ergibt sich sowohl aus § 34 StPO wie aus der Natur der Sache (vgl. RGSt 69, 157, 159; Meyer-Goßner StPO, 53. Aufl., Rn. 29 zu § 267 StPO; Löwe-RosenbergGollwitzer StPO, 25. Aufl., Rn. 158 zu § 267; Julius in HK-StPO, Rn. 32 zu § 267; KMR-Paulus StPO, Rn. 106 zu § 267; auch OLG Hamm MDR 1986, 778, mwN; OLG Köln NJW 1963, 1265). Würde man die pauschale, in tatsächlicher Hinsicht nicht näher belegte Angabe des Tatrichters, dass ein bestimmtes Verfahrenshindernis bestehe oder eine Verfahrensvoraussetzung fehle, für ausreichend erachten, so wäre der betreffende Verfahrensbeteiligte in Unkenntnis des vom Gericht als gegeben unterstellten, aber nicht mitgeteilten Sachverhalts in vielen Fällen gar nicht in der Lage, die Entscheidung sach- und formgerecht anzufechten. Ein derartiger sachlich-rechtlicher Mangel nötigt zur Aufhebung des Urteils und der ihm zugrunde liegenden Feststellungen (vgl. OLG Hamm aaO).
9
In den Urteilsgründen muss daher grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden , aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben (vgl. u.a. Meyer-Goßner/Appl Die Urteile in Strafsachen 28. Aufl., Rn. 644; KK-Engelhardt StPO 6. Aufl., Rn. 45 zu § 267 StPO; Löwe-Rosenberg-Gollwitzer aaO, Rn. 158 zu § 267; KMRPaulus aaO Rn. 106 zu § 267; E. Schmidt StPO, Rn. 38 zu § 267; auch BGH, Urteil vom 6. März 2002 - 2 StR 530/01, BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 13). Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses. Die angeführten Grundsätze gelten jedenfalls und vor allem dann, wenn - wie hier - das Verfahrenshindernis von der strafrechtlichen Würdigung der Sache abhängt und eine abschließende Beurteilung darüber, ob ein Verfahrenshindernis vorliegt, nur getroffen werden kann, wenn eine diesbezügliche Beweisaufnahme durchgeführt und entsprechende Feststellungen getroffen wurden. Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses , das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste , hinreichend festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 5. August 1997 - 5 StR 210/97, NStZ-RR 1997, 374, 375 mwN). Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgesche- hen erforderlich, bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - 2 StR 433/95, BGHSt 41, 305). An diesen Anforderungen ändert daher auch der Umstand nichts, dass das Revisionsgericht befugt ist, das Vorliegen von Verfahrensvoraussetzungen selbständig zu prüfen (vgl. u.a. OLG Hamm MDR 1986, 778 mwN; Löwe-Rosenberg-Gollwitzer aaO, Rn. 158 zu § 267). Es hat dieses Verfahrenshindernis vielmehr nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu überprüfen (vgl. auch Senatsurteil vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09 - Rn. 12 mwN). Der Senat könnte die für die Beurteilung des Eintritts der Verjährung maßgebliche Frage , ob der Angeklagte "gewerbsmäßig" gehandelt hat, nicht im Freibeweisverfahren klären; dies obliegt vielmehr dem Tatrichter im Strengbeweisverfahren.
10
Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil (Prozessurteil) wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Für beide eingestellten Fälle wird schon nicht mitgeteilt, ob ein eigenes Fahrzeug des Angeklagten bei der Fingierung der Unfälle beteiligt war, was ein finanzielles Eigeninteresse des Angeklagten belegen kann, noch wird festgestellt, an wen die Versicherungsleistungen ausbezahlt wurden und ob der Angeklagte hieran in irgendeiner Form partizipiert hat.
11
Die Einstellung in diesen beiden Fällen hat danach keinen Bestand.
12
Der Senat kann nicht ausschließen, dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 263 Abs. 5 StGB kommt. In diesem Zusammenhang weist der Senat auch daraufhin, dass der Tatrichter nicht gehalten ist, Behauptungen eines Angeklagten als unwiderlegbar hinzunehmen, wenn Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Angaben fehlen. Es erscheint nicht nahe liegend, dass der Angeklagte eine Vielzahl dieser Delikte - auch unter Verwendung eigener Fahrzeuge - begangen hat, ohne nennenswerten eigenen finanziellen Vorteil hieraus zu ziehen, was eine gewerbsmäßige Begehungsweise belegen könnte. Es ist weiter nicht nachvollziehbar, warum (was auch mit der Verfahrensrüge geltend gemacht wird) der Chef der Bande, S. , über den die gesamten Abwicklungen liefen, nicht als Zeuge vernommen wurde, obwohl er nahe liegend zur finanziellen Beteiligung des Angeklagten Angaben machen kann. Die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) drängte danach, ihn als Zeugen anzuhören, unabhängig davon, ob die Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung auf seine Vernehmung verzichtet haben sollten (vgl. auch BGH, Urteil vom 25. März 2010 - 4 StR 522/09 - Rn. 11, NStZ-RR 2010, 236, 237).
13
2. Die Aufhebung der eingestellten Fälle erfasst hier auch die übrigen Fälle, in denen Gewerbsmäßigkeit ebenfalls verneint wurde. Denn durch die rechtsfehlerhafte Einstellung zweier Fälle kann die Beweiswürdigung in den übrigen Fällen tangiert sein. Es ist nicht auszuschließen, dass der Tatrichter bei Feststellung, dass in den eingestellten Fällen Gewerbsmäßigkeit zu bejahen ist, auch bei den übrigen Taten hiervon ausgegangen wäre. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn das Überleben des Autohauses, das vom Angeklagten angestrebt wurde, nur durch diese Taten ermöglicht wurde und der Angeklagte sich dadurch seinen Nebenverdienst erhalten wollte oder, wenn die kostenlose Nutzung der Fahrzeuge durch den Angeklagten ohne seine Beteiligung an den Taten nicht gewährleistet war oder das Kundenkonto ihm doch bekannt war und für ihn einen finanziellen Vorteil darstellt oder wenn die im Urteil nicht genauer bezifferten Prämienzahlungen sehr wohl eine dauernde Einnahmequelle waren.
14
Der Senat hält es für möglich, dass insgesamt noch Feststellungen getroffen werden können, die in allen Fällen eine gewerbsmäßige Begehungsweise belegen.
15
Danach war das Urteil insgesamt aufzuheben.
Nack Rothfuß Elf Graf Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 587/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ravensburg vom 12. August 2009 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde im Rahmen einer Verfahrensabsprache wegen einer Reihe in der ersten Jahreshälfte 2008 begangener Verstöße gegen das BtMG unter Einbeziehung der Einzelstrafen eines Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 24. November 2008, dessen Feststellungen im Einzelnen mitgeteilt sind, zu einer (nachträglichen) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt , wie dies auch die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend beantragt hatten.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen und förmlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
3
Näher ist ausgeführt, wie dies auch schon wiederholt gegenüber der Strafkammer geltend gemacht worden war, dass im Blick auf den in dem einbezogenen Urteil abgeurteilten Sachverhalt ein Verfahrenshindernis wegen Strafklageverbrauchs bestehe. Sie macht weiter geltend, wegen unzulänglicher Hinweise gemäß § 265 StPO seien Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt worden, und ist nunmehr der Auffassung, die Strafkammer hätte die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anordnen müssen.
4
Die Revision bleibt erfolglos.
5
1. Gegenstand der hier abgeurteilten Taten waren insgesamt (jeweils mindestens ) 55 g Kokaingemisch, 1,2 kg Amphetamin und 1.200 Ecstasy-Tabletten. Das Rauschgift stammte - an einer Stelle der Urteilsgründe heißt es „überwiegend“ , an einer anderen Stelle, die sich allerdings nur auf Kokain und Amphetamin bezieht, ist diese Einschränkung nicht gemacht - von R. .
6
Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs bezieht sich der Kern des Vorbringens auf die im Urteil des Amtsgerichts getroffene Feststellung, dass der Angeklagte in der Diskothek "D. " in Ra. am 11. Mai 2008 61 EcstasyTabletten und 1,7 g Amphetamin gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Während das Amtsgericht hinsichtlich sämtlicher sonstiger von ihm abgeurteilter Taten R. als (möglichen) Lieferanten nennt, ist dies hinsichtlich des am 11. Mai 2008 sichergestellten Rauschgifts nicht der Fall.
7
Die Strafkammer erörtert im Anschluss an die Prüfung der Konkurrenzverhältnisse auch die Frage, ob die hier abgeurteilten Taten mit den vom Amtsgericht abgeurteilten Taten eine Bewertungseinheit mit der Folge des Strafklageverbrauchs (vgl. hierzu zusammenfassend Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rdn. 887 m.w.N.) bilden könnten. Die Strafkammer verneint dies. Der Angeklagte sei in vollem Umfang geständig, habe jedoch keine Angaben zur Herkunft des am 11. Mai 2008 im "D. " bei ihm sichergestellten Rauschgifts gemacht. Der Angeklagte habe nach seiner eigenen Einlassung im Tatzeitraum Rauschgift nicht allein von R. bezogen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung habe er sogar noch ausgesagt, er habe sein Rauschgift meist nicht direkt von R. , sondern von irgendwelchen anderen Leuten bekommen. Abschließend führt die Strafkammer aus und belegt, dass auch der Zweifelssatz nicht gebiete, ohne hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür, dass mehrere Fälle des unerlaubten Er- werbs, Besitzes und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, eine Bewertungseinheit anzunehmen.
8
Die Revision meint, die Strafkammer habe die polizeiliche Aussage des Angeklagten falsch ausgelegt. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass das Rauschgift, das Gegenstand der vom Amtsgericht abgeurteilten Tat gewesen sei, direkt von R. stamme, in anderen Fällen habe er nicht direkt von R. bezogen, sondern von Dritten, die als Boten bzw. Überbringer für R. tätig geworden seien. Auch im Übrigen sei die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe nicht sein ganzes Rauschgift von R. bezogen, wie die Revision im Einzelnen darlegt, rechtsfehlerhaft. Daher hätte die Strafkammer von einer Bewertungseinheit ausgehen müssen.
9
Dies ist nicht der Fall.
10
Bei wiederholtem Rauschgifterwerb sind die Handlungen des Käufers selbst dann nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat stammt (vgl. BGH NStZ 1997, 243; Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 43 jew. m.w.N.). Mehrere Rauschgiftgeschäfte sind dann im Sinne von Tateinheit in einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie in ein und demselben Güterumsatz in einem Handlungsteil, etwa beim Erwerb, bei der Lieferung oder bei der Bezahlung des Kaufpreises in einer Gesamtmenge oder in einem Geldbetrag zusammentreffen (Körner aaO Rdn. 846 f. m.w.N.). Selbst wenn, etwa im Blick auf einen einheitlichen Vorgang des Erwerbs durch den Verkäufer zum Zwecke gewinnbringenden Weiterverkaufs, die von diesem aus dem Vorrat vorgenommenen späteren Verkaufshandlungen in Bewertungseinheit verbunden sind, führte dies nicht dazu, dass diese Vorgänge auch auf Seiten des - immer identischen - Käufers als in Bewertungseinheit verbunden anzusehen wären.
11
Ein (jedenfalls teilweiser) Strafklageverbrauch hinsichtlich des Angeklagten käme allenfalls in Betracht, wenn davon auszugehen wäre, dass er im Rahmen desselben Erwerbsvorgangs - eine nach und nach erfolgte Aufstockung eines Vorrats würde nicht ausreichen ("Silotheorie"; vgl. hierzu Körner aaO Rdn. 857 m.w.N.) - sowohl die am 11. Mai 2008 sichergestellten und dem entsprechend vom Amtsgericht abgeurteilten Mengen als auch eine hier abgeurteilte Menge erworben hätte.
12
Der Senat hat dies nicht im Wege des Freibeweises zu überprüfen, also etwa durch Rekonstruktion des Ergebnisses der Beweisaufnahme und (oder) durch Abgleich der Urteilsgründe mit dem Akteninhalt, sondern nach revisionsrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGHSt 46, 349, 352, 353; BGH, Beschl. vom 16. November 2000 - 3 StR 457/00; in vergleichbarem Sinne BGHSt 22, 307, 309; BGH NStZ 2000, 388). Insoweit sind hier nur die Urteilsgründe maßgebend, da eine zulässige Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang nicht erhoben ist.
13
Es ist nicht ersichtlich, dass der Strafkammer ein Rechtsfehler unterlaufen wäre.
14
Aus den dargelegten Gründen kommt es schon nicht darauf an, ob der Angeklagte sein Rauschgift ausschließlich von R. bezogen hat (hiergegen können die in den Urteilsgründen dokumentierten Angaben des Angeklagten sprechen) oder gar aus einem einheitlichen Vorrat von R. (hiervon ist bei einer Mehrzahl festgestellter Einzelverkäufe nicht ohne Weiteres auszugehen, vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 12). Jedenfalls sind keine konkreten Anhaltspunkte für die dargelegte Möglichkeit eines einheitlichen Kaufs des am 11. Mai 2008 sichergestellten Rauschgifts und hier verfahrensgegenständlichen Rauschgifts ersichtlich. Der Angeklagte hat offenbar häufig Rauschgift bezogen, wobei ihm dies von unterschiedlichen Personen ausgehändigt wurde. Unter die- sen Umständen könnte, wenn überhaupt, allenfalls der Zweifelssatz zu der Annahme führen, dass mehrere unterschiedliche Mengen Teile einer einheitlichen Gesamtmenge waren. Wie auch die Strafkammer jedoch zutreffend dargelegt hat, ist der Zweifelssatz aber keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Bewertungseinheit (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Körner aaO Rdn. 855 m.w.N.).
15
2. Die Strafkammer gab im Laufe der Hauptverhandlung zwei rechtliche Hinweise gemäß § 265 StPO. Soweit hier von Interesse, lautete der erste Hinweis :
16
"Es wird darauf hingewiesen, dass bei den Taten 1, 13 u. 14 auch unerlaubter Besitz von Btm in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vors. unerlaubtem Handeltreiben mit Btm in Betracht kommt (§§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG, 52 StGB)".
17
Es folgen in demselben Hinweis Ausführungen zu weiteren Taten. Diesem Teil des Hinweises braucht der Senat nicht weiter nachzugehen, weil er von der Revision nicht angegriffen ist.
18
Der zweite Hinweis lautete:
19
"Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Tat Ziff. 1 auch unerl. Besitz von Btm in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerl. Handeltreiben von Btm in nicht geringer Menge in Betracht kommt".
20
Die Revision führt aus, dass "dieser Hinweis" in zweifacher Hinsicht fehlerhaft sei, wobei sie zur Begründung sowohl auf Elemente des ersten Hinweises als auch auf Elemente des zweiten Hinweises verweist. Der erste Hinweis verdeutliche nicht, welche neuen Tatsachen der veränderten rechtlichen Würdigung zu Grunde lägen. Darüber hinaus lasse der zweite Hinweis im Gegensatz zum ersten Hinweis die Schuldform des Handeltreibens "nach der nunmehr veränderten Sachlage" offen. Während zunächst noch von "vorsätzlichem" Handeltreiben die Rede gewesen sei, sei dies in dem zweiten Hinweis nicht mehr der Fall gewesen. Auch fehlte in dem zweiten Hinweis die Angabe der einschlägigen Paragraphen , sodass auch insoweit nicht zu erkennen gewesen wäre, ob die Strafkammer von vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeltreiben ausgegangen sei.
21
a) Die Rüge, es werde die veränderte Tatsachengrundlage des Hinweises nicht deutlich, geht schon im Ansatz fehl. Die Annahme, ein Hinweis gemäß § 265 StPO müsse aus Rechtsgründen stets auf neuen tatsächlichen Erkenntnissen beruhen, trifft so nicht zu. Freilich ist dies nach forensischer Erfahrung vielfach der Fall, jedoch ist ein Hinweis gemäß § 265 StPO auch dann geboten, wenn sich der Sachverhalt zwar nicht geändert hat, er aber nach Auffassung des Gerichts dennoch rechtlich anders als noch in der zugelassenen Anklage zu bewerten ist (vgl. Engelhardt in KK 6. Aufl. § 265 Rdn. 17). Allein mit der Behauptung , die geänderten tatsächlichen Grundlagen eines Hinweises gemäß § 265 StPO seien nicht mitgeteilt, ist daher ein Verfahrensverstoß nicht schlüssig dargetan.
22
Im Übrigen könnte eine auf unzulängliche tatsächliche Erläuterung eines Hinweises gemäß § 265 StPO gestützte Rüge schon im Ansatz nur dann Erfolg haben, wenn Urteil und zugelassene Anklage in tatsächlicher Hinsicht wesentlich voneinander abweichen würden. Derartige Differenzen sind von der Revision nicht einmal abstrakt behauptet (zur Maßgeblichkeit der "Angriffsrichtung" einer Verfahrensrüge vgl. BGH NStZ 2008, 229, 230; Sander/Cirener JR 2006, 300 jew. m.w.N.), erst recht nicht konkret ausgeführt (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 265 Rdn. 47 m.w.N.).
23
b) Dem Angeklagten lag im Fall 1 der Urteilsgründe vorsätzliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last, und er wurde wegen vorsätzlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die für Fahrlässigkeit maßgebliche Bestimmung, § 29 Abs. 4 BtMG, ist weder in der Anklage oder in den Hinweisen noch im Urteil genannt.
24
Auch wenn es im Übrigen grundsätzlich untunlich ist, identisches Geschehen in unterschiedlichen formalen Prozessvorgängen unterschiedlich (im ersten Hinweis als vorsätzliches Handeltreiben, im zweiten Hinweis als Handeltreiben) zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschl. vom 27. Juli 2006 - 1 StR 147/06), kommt schon deshalb ein Verstoß gegen § 265 StPO nicht in Betracht.
25
Das Vorbringen der Revision, das Unterbleiben des von ihr vermissten Hinweises habe (auch) deshalb besonders Gewicht, weil die Strafkammer von einer geänderten Sachlage ausgegangen sei, kann, wie dargelegt, schon im Ansatz der Prüfung des Revisionsvorbringens nicht zu Grunde gelegt werden.
26
Im Übrigen liegt es nahe, mehrere rechtliche Hinweise, die sich auf die nämliche Tat beziehen, nicht isoliert, sondern in einer Gesamtschau zu bewerten ; selbst die Revision spricht (teilweise) nur von einem Hinweis. Dann aber wird im Abgleich der beiden Teile dieses Hinweises mit noch hinlänglicher Klarheit deutlich, dass mit dem zweiten Hinweis lediglich die Unzulänglichkeit des ersten Hinweises insoweit beseitigt werden sollte, als dort hinsichtlich des Besitzes nicht auf die geringe Menge hingewiesen war, im Übrigen dessen Inhalt aber fortgelten sollte.
27
c) Ohne dass es darauf ankäme, dass hier eine Verfahrensabsprache vorliegt , könnte der Senat aber auch keine, nicht einmal eine entfernte, Möglichkeit erkennen, dass das gesamte in Rede stehende Verfahrensgeschehen irgend einen nachteiligen Einfluss auf Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten ge- habt haben könnte. Auch die Revision legt in ihren Ausführungen zum Beruhen des Urteils auf den geltend gemachten Mängeln nur - zutreffend, aber nur abstrakt - dar, dass eine andere Verteidigungsmöglichkeit nicht notwendigerweise nahe liegen muss.
28
In diesem Zusammenhang bemerkt der Senat: Von hier nicht einschlägigen Besonderheiten abgesehen, braucht eine Revisionsbegründung den ursächlichen Zusammenhang zwischen (behauptetem) Rechtsfehler und dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich darzulegen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Revisionsgerichts, die Beruhensfrage von sich aus zu prüfen. Dies sollte jedoch gerade in Fällen, in denen die Möglichkeit eines Beruhens nicht leicht zu erkennen ist, den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, konkret darzulegen, warum aus seiner Sicht hier ein Beruhen möglich erscheinen kann (vgl. zusammenfassend Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 65 m.w.N.). Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass das Revisionsgericht trotz seiner umfassenden Überprüfung der Beruhensfrage eine in diesem Zusammenhang (doch) in Betracht zu ziehende Möglichkeit nicht erkennt und daher auch nicht in seine Erwägungen einbezieht (BGH, Beschl. vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof gerade auch im Zusammenhang mit Rügen der Verletzung von § 265 StPO wiederholt darauf hingewiesen, dass auch dem Revisionsvorbringen nichts zu entnehmen ist, was das (negative) Ergebnis seiner Beruhensprüfung in Frage stellen könne (vgl. z.B. BGHR StPO § 265 Abs.1 Hinweispflicht 9, 12; BGH, Beschl. vom 19. Oktober 1994 - 2 StR 336/94; Beschl. vom 13. Juni 2007 - 2 StR 127/07).
29
3. Die auf Grund der Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat, auch über die im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Verfahrenshindernis vorgenommene Überprüfung hinaus, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Ebenso wenig stellt es den Bestand des Urteils in Frage, dass die Strafkammer davon abgesehen hat, den Angeklagten gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschwert es den Angeklagten grundsätzlich nicht, wenn keine Maßregel gemäß § 64 StGB gegen ihn verhängt wird (vgl. BGH NStZ 2009, 261 m.w.N.). Eine Fallgestaltung, bei der trotz fehlender Beschwer des Angeklagten auf seine Revision eine Aufhebung des Urteils wegen einer zu Unrecht unterlassenen Unterbringung gemäß § 64 StGB in Betracht kommen kann (BGHSt 37, 5, 9 f.), liegt nicht vor. Ebenso wie schon der hierzu gehörte Sachverständige hat auch die Strafkammer bei der Prüfung und Verneinung der Notwendigkeit einer Unterbringung keine unzutreffenden Maßstäbe zu Grunde gelegt , wie dies auch der Generalbundesanwalt im Einzelnen näher ausgeführt hat, ohne dass dies von der Erwiderung der Revision entkräftet wäre. Nack Wahl Graf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 266/10
vom
19. Oktober 2010
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________
In einem Einstellungsurteil wegen Verjährung sind die tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses in einer revisionsrechtlich überprüfbaren
Weise festzustellen und zu begründen.
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10 - LG Bamberg
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es hat weiter angeordnet, dass von der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. Hinsichtlich zweier weiterer Taten hat es das Verfahren (wegen Verjährung) eingestellt.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Die Staatsanwaltschaft beanstandet insbesondere, dass das Landgericht, das zwar Bandenmitgliedschaft des Angeklagten angenommen hat, die gewerbsmäßige Begehungsweise des Betruges aber verneint und deshalb die Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB nicht bejaht hat. Dies hatte zur Folge, dass das Landgericht in zwei Fällen vom Eintritt der Verjährung ausgegangen ist und in den anderen Fällen nur einen Schuldspruch gemäß dem Grundtatbestand (§ 263 Abs. 1 StGB) zugrunde gelegt hat.
3
Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge , der ebenfalls Gewicht zukommt, nicht bedarf.
4
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte Mitglied einer Bande war, die sich zusammengeschlossen hatte, "um künftig auf Dauer in einer Vielzahl von Fällen unter Beteiligung weiterer Personen ... vorsätzlich KfzUnfälle herbeizuführen und diese fingierten Unfallschäden an den Fahrzeugen in betrügerischer Weise gegenüber den jeweiligen Versicherungsgesellschaften abzurechnen, indem sie diesen gegenüber wahrheitswidrig angaben, dass die Schäden bei Verkehrsunfällen verursacht worden waren" (UA S. 6). Chef der Bande war der Inhaber des Autohauses S. , bei dem der Angeklagte als "Geringverdiener" angestellt war. Das Landgericht hat zehn Fälle dargestellt, bei denen der Angeklagte als Bandenmitglied bei den Taten mitwirkte. Es hat jedoch eine gewerbsmäßige Begehungsweise durch ihn insbesondere deshalb verneint, weil der Verbleib der Versicherungsleistungen teilweise ungeklärt sei, der Angeklagte in einzelnen Fällen keine direkte Auszahlung erhalten habe, er von den Gutschriften auf seinem Firmenkonto (oder dem Konto seiner Freundin ) keine Kenntnis gehabt habe, sein Lohn und seine unregelmäßigen Prämienleistungen nicht aus den Versicherungsleistungen beglichen worden seien und die kostenlose Nutzung von Fahrzeugen nicht auf die Beteiligung am Versicherungsbetrug zurückzuführen sei. Von den unwiderlegbaren Angaben des glaubhaft geständigen Angeklagten sei insoweit auszugehen.
5
Hinsichtlich der beiden wegen Verjährung eingestellten Fälle teilt das Landgericht lediglich mit, dass diese am 5. Oktober 1998 bzw. am 20. Januar 2000 begangen wurden und, dass die obigen Ausführungen zur fehlenden Gewerbsmäßigkeit entsprechend gelten würden.
6
1. Die Einstellung in den Fällen 1. und 2. der Anklage hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat hier rechtsfehlerhaft keine hinreichenden Feststellungen getroffen, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , ob die Taten nicht nur bandenmäßig, sondern auch gewerbsmäßig begangen wurden, so dass sie entgegen der Ansicht des Gerichts nicht verjährt wären, da für § 263 Abs. 5 StGB anders als für § 263 Abs. 1 StGB eine zehnjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) gilt.
7
In einem Einstellungsurteil (§ 260 Abs. 3 StPO) wegen Verjährung sind die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses in einer revisionsrechtlich überprüfbaren Weise festzustellen und zu begründen.
8
Der Tatrichter ist verpflichtet, die Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen und grundsätzlich so darzulegen, dass sie vom Revisionsgericht nachgeprüft werden können. Soweit zu dieser Überprüfung eine dem Tatrichter obliegende Feststellung von Tatsachen erforderlich ist, hat er diese rechtsfehlerfrei zu treffen und (gegebenenfalls) zu würdigen. Dieser Begründungszwang ergibt sich sowohl aus § 34 StPO wie aus der Natur der Sache (vgl. RGSt 69, 157, 159; Meyer-Goßner StPO, 53. Aufl., Rn. 29 zu § 267 StPO; Löwe-RosenbergGollwitzer StPO, 25. Aufl., Rn. 158 zu § 267; Julius in HK-StPO, Rn. 32 zu § 267; KMR-Paulus StPO, Rn. 106 zu § 267; auch OLG Hamm MDR 1986, 778, mwN; OLG Köln NJW 1963, 1265). Würde man die pauschale, in tatsächlicher Hinsicht nicht näher belegte Angabe des Tatrichters, dass ein bestimmtes Verfahrenshindernis bestehe oder eine Verfahrensvoraussetzung fehle, für ausreichend erachten, so wäre der betreffende Verfahrensbeteiligte in Unkenntnis des vom Gericht als gegeben unterstellten, aber nicht mitgeteilten Sachverhalts in vielen Fällen gar nicht in der Lage, die Entscheidung sach- und formgerecht anzufechten. Ein derartiger sachlich-rechtlicher Mangel nötigt zur Aufhebung des Urteils und der ihm zugrunde liegenden Feststellungen (vgl. OLG Hamm aaO).
9
In den Urteilsgründen muss daher grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden , aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben (vgl. u.a. Meyer-Goßner/Appl Die Urteile in Strafsachen 28. Aufl., Rn. 644; KK-Engelhardt StPO 6. Aufl., Rn. 45 zu § 267 StPO; Löwe-Rosenberg-Gollwitzer aaO, Rn. 158 zu § 267; KMRPaulus aaO Rn. 106 zu § 267; E. Schmidt StPO, Rn. 38 zu § 267; auch BGH, Urteil vom 6. März 2002 - 2 StR 530/01, BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 13). Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses. Die angeführten Grundsätze gelten jedenfalls und vor allem dann, wenn - wie hier - das Verfahrenshindernis von der strafrechtlichen Würdigung der Sache abhängt und eine abschließende Beurteilung darüber, ob ein Verfahrenshindernis vorliegt, nur getroffen werden kann, wenn eine diesbezügliche Beweisaufnahme durchgeführt und entsprechende Feststellungen getroffen wurden. Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses , das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste , hinreichend festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 5. August 1997 - 5 StR 210/97, NStZ-RR 1997, 374, 375 mwN). Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgesche- hen erforderlich, bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - 2 StR 433/95, BGHSt 41, 305). An diesen Anforderungen ändert daher auch der Umstand nichts, dass das Revisionsgericht befugt ist, das Vorliegen von Verfahrensvoraussetzungen selbständig zu prüfen (vgl. u.a. OLG Hamm MDR 1986, 778 mwN; Löwe-Rosenberg-Gollwitzer aaO, Rn. 158 zu § 267). Es hat dieses Verfahrenshindernis vielmehr nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu überprüfen (vgl. auch Senatsurteil vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09 - Rn. 12 mwN). Der Senat könnte die für die Beurteilung des Eintritts der Verjährung maßgebliche Frage , ob der Angeklagte "gewerbsmäßig" gehandelt hat, nicht im Freibeweisverfahren klären; dies obliegt vielmehr dem Tatrichter im Strengbeweisverfahren.
10
Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil (Prozessurteil) wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Für beide eingestellten Fälle wird schon nicht mitgeteilt, ob ein eigenes Fahrzeug des Angeklagten bei der Fingierung der Unfälle beteiligt war, was ein finanzielles Eigeninteresse des Angeklagten belegen kann, noch wird festgestellt, an wen die Versicherungsleistungen ausbezahlt wurden und ob der Angeklagte hieran in irgendeiner Form partizipiert hat.
11
Die Einstellung in diesen beiden Fällen hat danach keinen Bestand.
12
Der Senat kann nicht ausschließen, dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 263 Abs. 5 StGB kommt. In diesem Zusammenhang weist der Senat auch daraufhin, dass der Tatrichter nicht gehalten ist, Behauptungen eines Angeklagten als unwiderlegbar hinzunehmen, wenn Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Angaben fehlen. Es erscheint nicht nahe liegend, dass der Angeklagte eine Vielzahl dieser Delikte - auch unter Verwendung eigener Fahrzeuge - begangen hat, ohne nennenswerten eigenen finanziellen Vorteil hieraus zu ziehen, was eine gewerbsmäßige Begehungsweise belegen könnte. Es ist weiter nicht nachvollziehbar, warum (was auch mit der Verfahrensrüge geltend gemacht wird) der Chef der Bande, S. , über den die gesamten Abwicklungen liefen, nicht als Zeuge vernommen wurde, obwohl er nahe liegend zur finanziellen Beteiligung des Angeklagten Angaben machen kann. Die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) drängte danach, ihn als Zeugen anzuhören, unabhängig davon, ob die Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung auf seine Vernehmung verzichtet haben sollten (vgl. auch BGH, Urteil vom 25. März 2010 - 4 StR 522/09 - Rn. 11, NStZ-RR 2010, 236, 237).
13
2. Die Aufhebung der eingestellten Fälle erfasst hier auch die übrigen Fälle, in denen Gewerbsmäßigkeit ebenfalls verneint wurde. Denn durch die rechtsfehlerhafte Einstellung zweier Fälle kann die Beweiswürdigung in den übrigen Fällen tangiert sein. Es ist nicht auszuschließen, dass der Tatrichter bei Feststellung, dass in den eingestellten Fällen Gewerbsmäßigkeit zu bejahen ist, auch bei den übrigen Taten hiervon ausgegangen wäre. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn das Überleben des Autohauses, das vom Angeklagten angestrebt wurde, nur durch diese Taten ermöglicht wurde und der Angeklagte sich dadurch seinen Nebenverdienst erhalten wollte oder, wenn die kostenlose Nutzung der Fahrzeuge durch den Angeklagten ohne seine Beteiligung an den Taten nicht gewährleistet war oder das Kundenkonto ihm doch bekannt war und für ihn einen finanziellen Vorteil darstellt oder wenn die im Urteil nicht genauer bezifferten Prämienzahlungen sehr wohl eine dauernde Einnahmequelle waren.
14
Der Senat hält es für möglich, dass insgesamt noch Feststellungen getroffen werden können, die in allen Fällen eine gewerbsmäßige Begehungsweise belegen.
15
Danach war das Urteil insgesamt aufzuheben.
Nack Rothfuß Elf Graf Jäger

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 226/99

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 5. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. April 2000

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22. Dezember 1998 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben , 1. soweit der Angeklagte
a) wegen Hinterziehung von Körperschaftsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.1 Nrn. 1 und 6 der Urteilsgründe) sowie
b) wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 1 und 7 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist; in den genannten Fällen wird das Verfahren eingestellt. 2. mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen unterlassenen Steuerabzugs von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in vier Fällen (Fälle III.D.3 Nrn. 3, 14, 16 und 21 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist; insoweit bleiben die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung aufrechterhalten; 3. im Ausspruch über die Gesamtstrafe. II. Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in 19 Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 3 bis 6 und 8 bis 22 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, wird das Verfahren abgetrennt. III. Die weitergehende Revision gegen das oben bezeichnete Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
IV. Soweit das Verfahren eingestellt wird, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. V. Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren, soweit es nicht eingestellt wird, zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 58 Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen.
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.

I.


Der Angeklagte betrieb seit 1971 ein Konzertbüro für Popmusik- und später auch Klassikkonzerte. Anfang der neunziger Jahre wurde er zu einem der bedeutendsten Konzertveranstalter Deutschlands. Allein zwischen 1990 und 1994 veranstaltete der Angeklagte ca. 500 Konzerte mit einem Gesamtumsatz von ungefähr 200 Millionen DM. Seine Geschäftstätigkeit erstreckte sich außer auf die Veranstaltung von Konzerten auch auf den Vertrieb von Eintrittskarten. Die Geschäfte wickelte der Angeklagte im wesentlichen über folgende Firmen ab, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er im Tatzeitraum war:
- H GmbH (im folgenden: HoKo), gegründet am 21. Februar 1990, - C GmbH (im folgenden: CCC), gegründet am 24. April 1990, - R GmbH (im folgenden: RMV), gegründet am 22. Februar 1990, - M GmbH (im folgenden: MCD), ge- gründet am 1. Februar 1991.
Für die Angestellten der Firmen war der Angeklagte jeweils unmittelbarer Ansprechpartner und Weisungsgeber. In den Jahren 1992 bis 1997 trat der Angeklagte im wesentlichen als Veranstalter klassischer Konzerte auf. Bei diesen wurden vor allem Lieder und Opernarien dargeboten, bei denen jeweils der Einzelvortrag der auftretenden Sänger im Vordergrund stand.
1. Nach den Urteilsfeststellungen beging der Angeklagte im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit folgende Straftaten:

a) Zwischen 1990 und 1994 erfaßte der Angeklagte erhebliche Betriebseinnahmen der von ihm geleiteten Firmen HoKo, CCC und RMV, welche aus dem Verkauf von Eintrittskarten und Programmheften stammten, in der Buchhaltung nicht und vereinnahmte sie privat, ohne die Beträge der Körperschaftsteuer, Einkommensteuer oder Umsatzsteuer zu unterwerfen. Hierbei nutzte er vor allem die Gegebenheit aus, daß die Eintrittskarten überwiegend bar und von einer Vielzahl von Vorverkaufsstellen verkauft wurden und die Anzahl der bei den Konzerten jeweils anwesenden Zuschauer nur schwer nachprüfbar war. Soweit der Angeklagte die Buchungen in der Buchhaltung der Firmen nicht selbst vornahm, wies er seine Mitarbeiter hierzu entsprechend an. Die Betriebsausgaben wurden hingegen, auch soweit sie mit nicht verbuchten Einnahmen in Zusammenhang standen, vollständig erfaßt. Der Angeklagte hinterzog hierdurch zwischen 1990 und 1994 mehr
als 3,5 Millionen DM an Körperschaftsteuer und mehr als 2 Millionen DM an Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag.

b) Im Jahr 1993 täuschte der Angeklagte das Land BadenWürttemberg mit einer fingierten Abrechnung über die Zahl der verkauften Eintrittskarten eines am 31. Juli 1993 im Schloûgarten von Schwetzingen durchgeführten Konzerts. Hierdurch erreichte er, daû das vertraglich an die Besucherzahl gekoppelte Entgelt für die Überlassung der Parkanlage um 8.150 DM zu niedrig bemessen wurde.

c) Schlieûlich behielt der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts in erheblichem Umfang für die in den Jahren 1993 bis 1997 an ausländische Künstler gezahlten Gagen Einkommensteuern und Umsatzsteuern nicht ein, meldete diese – neben Umsätzen aus Kartenverkäufen – bei den Finanzbehörden nicht an und führte sie auch nicht ab. Dem Angeklagten war hierbei bekannt, daû er als Geschäftsführer der als Konzertveranstalter auftretenden vier Unternehmen gemäû § 50 a Abs. 4 EStG, § 73 EStDV und § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG, §§ 51 ff. UStDV zum Abzug, zur Anmeldung und zur Abführung anfallender Künstlereinkommen- und Künstlerumsatzsteuern verpflichtet war. Zur Verdeckung der Zahlung von Leistungsentgelten an die ausländischen Künstler ergriff der Angeklagte umfangreiche Maûnahmen:
aa) So wurden ab Beginn des Jahres 1993 im Ausland ansässige Konzertveranstalter zum Schein in die Vertragsabwicklung eingeschaltet, um die Verpflichtung zum Steuerabzug im Inland zu verschleiern. Zum Teil wurden bereits vollzogene Verträge mit den Künstlern nachträglich geändert. Der Angeklagte nutzte hierbei eine vom Bundesamt für Finanzen bis Ende 1995 angewendete und auf § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG beruhende Freistellungspraxis hinsichtlich des Steuerabzugs auf Zahlungen an ausländische Konzertveranstalter aus. Die Voraussetzungen für die Freistellung vom Steuerabzug in Form der Erbringung einer eigenen organisatorischen Leistung der aus-
ländischen Firmen und deren Beteiligung am wirtschaftlichen Risiko der Veranstaltungen lagen jedoch tatsächlich nicht vor.
bb) In einigen Fällen teilte der Angeklagte die an ausländische Künstler gezahlten Gagen in mehrere Teile auf, um jeweils nur ein Drittel dem Steuerabzug zu unterwerfen. Die restlichen Zahlungen wurden als Gegenleistung für die Planung und die Vorbereitung der Auftritte, das Studium des Repertoires oder Beratungsleistungen bezeichnet.
cc) Für die in den Jahren 1996 und 1997 vom Angeklagten veranstaltete weltweite Konzerttournee der drei Tenöre Luciano Pavarotti, Placido Domingo und José Carreras verwendete der Angeklagte schlieûlich eine schwer zu durchschauende Konstruktion von Verträgen und Geldflüssen zwischen einer Mehrzahl von in- und ausländischen Firmen, um die wahren Leistungsbeziehungen zwischen den von ihm geleiteten Firmen und den drei Tenören zu verschleiern und um sich seinen steuerlichen Verpflichtungen zu einem erheblichen Teil zu entziehen.
Von Beginn an war geplant, daû jeder der drei Tenöre bei der Konzertreihe von insgesamt zwölf Konzerten pro Auftritt eine Festgage von netto 1,5 Millionen US-Dollar erhalten sollte. Dem Tenor Placido Domingo sollte darüber hinaus jeweils noch eine Zusatzvergütung von 500.000 US-Dollar pro Auftritt gezahlt werden. Von den zwölf Konzerten der drei Tenöre fanden zwei in Deutschland statt, nämlich am 3. August 1996 in Düsseldorf und am 24. August 1996 in München. Zur Verschleierung der Höhe dieser Gagen und zur Vermeidung der „Künstlersteuer“ gemäû § 50a EStG in Form eines Steuerabzugs von den Gagen für inländische Konzerte wurden die Leistungsentgelte zu einem erheblichen Teil als Lizenzzahlungen bezeichnet.
Die vom Angeklagten gewählte rechtliche Konstruktion stellte sich im einzelnen wie folgt dar:
(1) Zum einen sollte eine Verlagerung des Gewinns nach Groûbritannien erfolgen, um einer Ertragsbesteuerung im Inland zu entgehen. Hierzu gründete der Angeklagte zum Schein die Firma T (im folgenden: TCP), eine Personengesellschaft englischen Rechts mit Sitz in London, die nach auûen als Konzertveranstalter der Tournee auftreten sollte. Tatsächlich wurde die Tourneeorganisation aber vom Angeklagten von Mannheim aus durchgeführt. Der zweite Gesellschafter der neu gegründeten Partnership hatte faktisch nur die Stellung eines Angestellten.
(2) Darüber hinaus wurden die Gagenzahlungen ± teilweise unter rückwirkender Abänderung bereits vollzogener Verträge ± zu einem erheblichen Teil als Lizenzzahlungen nach Irland deklariert, da solche nach Art. VIII des deutsch-irischen Doppelbesteuerungsabkommens vom Steuerabzug freigestellt werden konnten. Hierzu gründete der Angeklagte die Firma I Ltd. (im folgenden: IIPS) mit Sitz in Cork/Irland und setzte als Direktoren und Gesellschafter zwei Mitglieder einer irischen Anwaltskanzlei ein. Diese vom Angeklagten beherrschte Gesellschaft sollte den örtlichen Konzertveranstaltern gegen Zahlung von Lizenzgebühren die Möglichkeit der Verwendung des Logos „The-3-Tenors“ einräumen, eines graphisch aufbereiteten Schriftzuges. In Wirklichkeit handelte es sich bei den Lizenzgebühren aber weitgehend um verdeckte Gagenzahlungen. Um die Gewinne auch der irischen Ertragsbesteuerung zu entziehen, gründete und leitete der Angeklagte darüber hinaus die Firma Te (im folgenden: TTL) mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey, deren Inhaber die drei Tenöre waren. Diese Firma erwarb die Handelsmarke der drei Tenöre von der Firma W für 200.000 US-Dollar, übertrug die Rechte an dem Logo aber für knapp 40 Millionen US-Dollar an die Firma IIPS weiter.
Es fand dann plangemäû folgender Geldfluû statt: Pro Konzert zahlten die Konzertveranstalter 4,5 Millionen US-Dollar als vorgebliche Lizenzgebühren an die Firma IIPS. 1,5 Millionen US-Dollar hiervon erhielt der Angeklagte für „Beratungsleistungen“. Die jeweils verbleibenden 3 Millionen US-Dollar
der angeblichen Lizenzzahlungen stellten verdeckte Gagenzahlungen für die drei Tenöre dar, für jeden also 1 Million US-Dollar. In der Summe machten diese Beträge ungefähr die Lizenzzahlungen aus, welche die Firma IIPS an die für die drei Tenöre gegründete Firma TTL zu zahlen hatte. Die entsprechend der ursprünglich getroffenen Vereinbarungen noch auf 1,5 Millionen US-Dollar pro Auftritt und Tenor fehlenden 500.000 US-Dollar Gage erhielten die drei Tenöre von der Firma TCP in London, die nach auûen als Veranstalter der gesamten Konzerttournee auftrat. Tatsächlich wurden sämtliche eingeschalteten Firmen nur zur Vermeidung des Einkommensteuerabzugs auf die Künstlergagen vorgeschoben. In Wirklichkeit veranstaltete der Angeklagte die Konzerttournee über die bereits genannten und von ihm geleiteten, in Deutschland ansässigen Firmen, an die auch die drei Tenöre ihre Leistungen erbrachten. Nach den Feststellungen des Landgerichts hinterzog der Angeklagte insgesamt mehr als 9,1 Millionen DM an ¹Künstlereinkommensteuernª gemäû § 50a EStG und Solidaritätszuschlag sowie mehr als 2,7 Millionen DM an Umsatzsteuern auf Leistungsentgelte an die Künstler und auf Kartenverkäufe.
2. Aufgrund anonymer Anzeigen und der Erkenntnisse aus einer Betriebsprüfung bei einer anderen von dem Angeklagten in den Jahren 1989 und 1990 geführten Gesellschaft hatten sich bereits im Jahr 1994 erste Verdachtsmomente für ein strafbares Verhalten des Angeklagten ergeben. Es wurde daher am 30. November 1994 von der Steuerfahndungsstelle des zuständigen Finanzamts gegen den Angeklagten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Körperschaft-, Umsatz-, Gewerbe-, Vermögen- und Kapitalertragsteuer in ¹noch nicht rechtsverjährtem Zeitraumª eingeleitet, ohne daû ihm die Verfahrenseinleitung mitgeteilt wurde. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren am 3. März 1997 von der Steuerfahndung übernommen hatte, beantragte sie aufgrund der von der Steuerfahndung in einem Zwischenbericht vom 26. Februar 1997 niedergelegten Ermittlungsergebnisse einen Haftbefehl und mehrere Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten, die Ge-
schäftsräume der von ihm geleiteten Gesellschaften, die Kanzlei seines Steuerberaters sowie für verschiedene weitere Objekte. Die beantragten Beschlüsse wurden am 13. März 1997, ein weiterer am 21. Mai 1997, erlassen. Der Haftbefehl nannte als Tatvorwurf die Hinterziehung von Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer in den Jahren 1991, 1993 und 1994 sowie von Einkommensteuer in den Jahren 1988 bis 1994. Die Durchsuchungsanordnungen erstreckten sich, soweit sie Durchsuchungen bei Kreditinstituten betrafen , auf dieselben Steuerarten und -zeiträume, hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung allerdings nur auf die Jahre 1990 bis 1994. Die weiteren Durchsuchungsanordnungen nannten als Tatvorwurf die Hinterziehung von insgesamt 6,3 Millionen DM an Steuern, begangen durch die Abgabe von inhaltlich falschen Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1994. Sie beruhten auf Durchsuchungsanträgen der Staatsanwaltschaft, welche die betroffenen Steuerarten und Hinterziehungszeiträume konkret bezeichneten, hierbei aber Umsatz - und Körperschaftsteuer für die Jahre 1990 und 1992 nicht nannten. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten der Angeklagte und sein Steuerberater noch am 13. März 1997 aufgrund einer Indiskretion Kenntnis von dem eingeleiteten Strafverfahren erlangt. Am Tag danach richtete der Steuerberater ein Schreiben mit dem Zusatz ¹Irgendwelche Versäumnisse sind uns nicht bekanntª an den Angeklagten, in welchem zusammenfassend dargelegt wurde, welche Pflichten den Angeklagten im Hinblick auf die ¹Künstlereinkommensteuerª trafen und inwieweit diese nicht erfüllt worden waren.
Die Auswertung der aufgrund der Durchsuchungsanordnungen am 17. März 1997 beschlagnahmten Unterlagen, insbesondere von Kreditakten, durch eine Ermittlungsgruppe der Steuerfahndungsstelle führte am 25. März 1997 zu einer dem Angeklagten zunächst nicht mitgeteilten Erweiterung des Ermittlungsverfahrens auf den Verdacht der Hinterziehung von Künstlereinkommensteuer gemäû § 50a EStG für den Zeitraum 1995 und 1996 und am 26. März 1997 aufgrund weiterer Sichtung der sichergestellten
Beweismittel zu einer Erweiterung dieses Vorwurfs auf den Zeitraum 1990 bis 1994. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Ermittlungsbehörden aufgrund der Auswertung der sichergestellten Unterlagen spätestens am 25. März 1997 Kenntnis von den Vorgängen um die Tournee der ¹Drei Tenöreª und spätestens am Tag darauf Kenntnis davon, daû der Angeklagte auch im Zeitraum von 1990 bis 1994 durch die Einschaltung ausländischer Gesellschaften ¹Künstlersteuernª hinterzogen hatte. Zwischen 2. und 11. April 1997 gab der Angeklagte dann vier Steuererklärungen mit berichtigenden Angaben über die abzuführende Künstlereinkommensteuer für einzelne 1993 bis 1995 betreffende Besteuerungszeiträume ab. Die Verfahrenserweiterungen wurden dem Angeklagten, nachdem allerdings dessen Verteidiger bereits am 16. April 1997 Akteneinsicht erhalten hatte, formell erst am 22. Juli 1997 bekanntgegeben.
Am 17. Juli 1997 wurden vom Amtsgericht Mannheim weitere Durchsuchungsbeschlüsse erlassen, welche als Tatvorwurf die Abgabe von inhaltlich falschen Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen sowie die Nichtabgabe und/oder verspätete Abgabe von Steueranmeldungen gemäû § 50a EStG und eine zu Unrecht beim Bundesamt für Finanzen beantragte Freistellung gemäû § 50d EStG bezeichneten, wodurch für die Jahre 1990 bis 1996 Steuern in einer Gröûenordnung von 16 Millionen DM hinterzogen worden seien. Diese Durchsuchungsbeschlüsse beruhten auf Anträgen der Staatsanwaltschaft, welche zwar für die Einkommensteuerhinterziehung einen Tatzeitraum von 1990 bis 1996, für die Körper - bzw. Umsatzsteuerhinterziehung aber jeweils nur Tatzeiträume von 1991 bis 1994 bzw. bis 1996 bezeichnet hatten. Im Rahmen einer am 22. Juli 1997 durchgeführten zweiten Durchsuchungsaktion, bei der aufgrund dieser Durchsuchungsbeschlüsse erneut die Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten durchsucht wurden, erlangten die Ermittlungsbehörden Kenntnis von den Vorgängen um ein Konzert des Placido Domingo vom 30. Januar 1997, die am 23. August 1997 zu einer Verfahrenserweiterung hinsichtlich Umsatzsteuerhinterziehung auf das erste Quartal 1997 führte,
welche dem Angeklagten sofort bekanntgegeben wurde. Am 30. August 1997 gab der Angeklagte für die Firma MCD eine Steuererklärung mit berichtigenden Angaben über die Künstlereinkommensteuer für das erste Quartal 1997 ab.
Schlieûlich erlieû das Amtsgericht im Zeitraum vom 13. bis 28. August 1997 noch weitere Durchsuchungsbeschlüsse, die ohne Schilderung eines Sachverhaltes und ohne Bezeichnung eines Straftatbestandes oder einer Steuerart pauschal einen Tatzeitraum von 1990 bis 1996 nannten. Am 27. Juli 1998 wurde gegen den Angeklagten Anklage erhoben.

II.


Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Körperschaftsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.1 Nrn. 1 und 6 der Urteilsgründe) sowie wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 1 und 7 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, ist das Urteil des Landgerichts aufzuheben; das Verfahren ist insoweit einzustellen. Hinsichtlich dieser Taten wurden keine Handlungen vorgenommen, welche den Lauf der Verjährungsfrist wirksam unterbrochen haben. Dies gilt auch für die erlassenen Gerichtsbeschlüsse , deren verjährungsunterbrechende Wirkung diese Taten nicht erfaûte.
Zwar erstreckt sich die Unterbrechungswirkung von Untersuchungshandlungen grundsätzlich auf alle verfahrensgegenständlichen Taten, wenn in einem Verfahren wegen mehrerer Taten im prozessualen Sinn ermittelt wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Verfolgungswille des tätig werdenden Strafverfolgungsorgans erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt ist (BGHR StGB § 78c Abs. 1 ± Handlung 4 und § 78c Abs. 1 Nr. 1 ± Bekanntgabe 2; jeweils m.w.N.; Jähnke in LK 11. Aufl. § 78c Rdn. 8; G. Schäfer, Festschrift für Hanns Dünnebier, 1982, S. 541, 547). Der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden ist danach das entscheidende Kri-
terium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung (vgl. BGH wistra 2000, 17 m.w.N.). Für die Bestimmung des Verfolgungswillens der Strafverfolgungsorgane ist maûgeblich, was mit der jeweiligen richterlichen Handlung bezweckt wird. Dabei sind neben dem Wortlaut der Verfügung auch der Sach- und Verfahrenszusammenhang entscheidend. Sofern sich die Reichweite nicht aus der Handlung selbst ergibt, ist der sonstige Akteninhalt zur Auslegung heranzuziehen (vgl. BGHSt 16, 164). Bleiben dann immer noch Zweifel, ist davon auszugehen, daû die betreffende richterliche Handlung die Verjährung nicht unterbrochen hat (BGHSt 18, 274). Für die genannten Taten fehlte es bei Erlaû der Gerichtsbeschlüsse ± soweit diese überhaupt hinreichend konkret gefaût waren ± an einem entsprechenden Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörden.
1. Für die zugunsten der HoKo und der CCC begangenen Taten der Umsatzsteuerhinterziehung für 1990 (Fälle III.D.4 Nrn. 1 und 7 der Urteilsgründe ) ist mangels rechtzeitiger Unterbrechungshandlungen mit Ablauf des 29. April bzw. des 28. Juni 1997 (vgl. Jähnke aaO § 78 Rdn. 7) Verfolgungsverjährung eingetreten.
Die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 2 Nr. 4 StGB, § 370 AO). Sie beginnt gemäû § 78a StGB, sobald die jeweilige Tat beendet ist, d.h. bei Steuerstraftaten mit Eintritt des tatbestandlichen Erfolges (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 376 Rdn. 26).
Die Tatbeendigung tritt bei Fälligkeitssteuern ± wie hier bei der Umsatzsteuer ± bei Erstattungsanmeldungen mit der Zustimmung der Finanzbehörden zur geltend gemachten Steuererstattung ein (vgl. Kohlmann aaO § 376 AO Rdn. 38, Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 4. Aufl. § 376 Rdn. 22, 25). Zwar ist die Tat grundsätzlich bereits mit Eingang der unrichtigen Steuererklärung beendet, da diese als Steueranmeldung der Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO). Wenn allerdings ± wie hier ± Steuererstattungen geltend gemacht werden,
gilt diese Gleichstellung erst ab Zustimmung der Finanzbehörden (§ 168 Satz 2 AO), so daû die Beendigung der Tat erst zu diesem Zeitpunkt vorliegen kann.
Die Umsatzsteuerjahreserklärungen für das Jahr 1990 für die Firmen HoKo und CCC wurden bereits am 8. April bzw. am 9. Juni 1992 beim zuständigen Finanzamt eingereicht. Dennoch verlagerte sich der jeweilige Verjährungsbeginn auf den 30. April bzw. den 29. Juni 1992, da die Finanzbehörden den geltend gemachten Umsatzsteuererstattungen erst mit zu diesen Zeitpunkten erlassenen Umsatzsteuerbescheiden zustimmten.

a) Bis zur Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft am 3. März 1997 wurden keine verjährungsunterbrechenden Maûnahmen vorgenommen. Zwar erstreckte sich die Verfahrenseinleitung der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Mannheim vom 30. November 1994 auch auf die Umsatzsteuerhinterziehung ¹in noch nicht rechtsverjährtem Zeitraumª und damit auf das Jahr 1990. Diese Verfahrenseinleitung wurde dem Angeklagten aber nicht bekannt gegeben.

b) Auch hinsichtlich des am 13. März 1997 gegen den Angeklagten erlassenen Haftbefehls, der gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 5 StGB grundsätzlich eine Verjährungsunterbrechung bewirkt, erstreckte sich hier dessen sachliche Reichweite nicht auf die Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990. Der Haftbefehl war auf einzelne, nach Steuerart und Besteuerungszeitraum konkretisierte Taten beschränkt, nannte die Umsatzsteuerhinterziehung 1990 aber nicht. Die Einkommen- und die Umsatzsteuerhinterziehung 1990 stellen auch keine einheitliche Tat dar, was zu einer Erstreckung der Unterbrechungswirkung auf die Umsatzsteuerhinterziehung hätte führen können. Tateinheit mit der im Haftbefehl aufgeführten Einkommensteuerhinterziehung 1990 liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die Steuererklärungen nicht gleichzeitig und in den wesentlichen Punkten inhaltsgleich eingereicht wurden (vgl. hierzu BGHSt 33, 163; BGHR AO § 370 Abs. 1 ± Konkurrenzen 11).
Ebensowenig stellt die Abgabe verschiedener Steuererklärungen eine Tat im prozessualen Sinn dar.

c) Auch die ebenfalls am 13. März 1997 vom Amtsgericht Mannheim erlassenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen haben die Verfolgungsverjährung im Hinblick auf die Umsatzsteuerhinterziehung 1990 nicht gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB unterbrochen.
Soweit sie sich auf die Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten und der von ihm geleiteten Gesellschaften beziehen, erfaûten sie die Taten der Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990 nicht.
Zwar deckte der pauschal gehaltene Wortlaut der Durchsuchungsbeschlüsse (¹Abgabe von inhaltlich falschen ESt-, USt-, GewSt- und UStErklärungen 1990 ± 1994ª) an sich auch die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 ab. Es fehlte indessen insoweit am Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörden bei Erlaû der Anordnungen, obgleich ± wie sich bereits aus dem Einleitungsvermerk der Steuerfahndungsstelle ergibt ± auch die Taten der Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990 Gegenstand des Ermittlungsverfahrens waren.
Zur Auslegung des Verfolgungswillens und damit der sachlichen Reichweite der Verjährungsunterbrechung ist mangels anderer Anknüpfungspunkte auf die den gerichtlichen Anordnungen zugrunde liegenden Durchsuchungsanträge der Staatsanwaltschaft zurückzugreifen (vgl. G. Schäfer aaO S. 549). Ein Rückgriff auf diese Anträge zeigt, daû dort ± im Gegensatz zu den Durchsuchungsanordnungen ± die jeweiligen Hinterziehungszeiträume für die einzelnen Steuerarten konkret bezeichnet waren. Anders als bezüglich der Einkommensteuerhinterziehung war das Jahr 1990 nicht erfaût. Nach der insoweit eindeutigen Bezeichnung der Taten sind die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 vom den Durchsuchungsanordnungen zugrunde liegenden Verfolgungswillen mithin nicht umfaût. Die
Beschränkung des Verfolgungswillens der Staatsanwaltschaft ergibt sich auch aus der Bezugnahme des Durchsuchungsantrags auf den Zwischenbericht der Steuerfahndungsstelle vom 27. Februar 1997. Dort wurde der bestehende Tatverdacht hinsichtlich der einzelnen Steuerarten, Hinterziehungszeiträume und Hinterziehungsbeträge genau konkretisiert, wobei für das Jahr 1990 ausschlieûlich die Einkommensteuer aufgeführt wurde.
Die anders formulierten, aber gleichfalls am 13. März 1997 bezüglich mehrerer Kreditinstitute nach § 103 StPO erlassenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen erfaûten die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 ebenfalls nicht. Die Beschränkung des Verfolgungswillens manifestiert sich hier in der genauen Bezeichnung von Steuerarten und Hinterziehungszeiträumen , auf die sich die Untersuchungshandlungen erstrekken sollten. Der am 21. Mai 1997 erlassene Durchsuchungsbeschluû hatte keine weitergehende verjährungsunterbrechende Wirkung.

d) Auch sonst wurden vor Ablauf der Verfolgungsverjährung für diese Taten keine hinreichenden Unterbrechungshandlungen vorgenommen.
Die am 17. März 1997 durchgeführte Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten erstreckte sich lediglich auf die im Haftbefehl enthaltenen Tatvorwürfe. Sie unterbricht daher die Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 nicht gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Auch in der Akteneinsichtsgewährung an den Verteidiger des Angeklagten liegt keine wirksame Verjährungsunterbrechung bezüglich der Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990. Zwar kann in der Gewährung erster Akteneinsicht zugleich die Bekanntgabe einer Verfahrenseinleitung im Sinne von § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB liegen, soweit sie dem Angeklagten vorher noch nicht auf andere Weise bekannt gemacht wurde. Diese Bekanntgabe kann sogar über einen für den Beschuldigten tätigen Rechtsanwalt erfol-
gen, wenn ± wie hier ± aus den Umständen klar ersichtlich wird, daû die diesem gewährte Akteneinsicht zur Information des Beschuldigten über Existenz , Inhalt und Umfang des Ermittlungsverfahrens dienen soll und auch tatsächlich gedient hat (BGHR § 78c Abs. 1 Nr. 1 ± Bekanntgabe 2).
Die Reichweite einer derartigen Bekanntgabe erfaût dabei grundsätzlich den gesamten Verfahrensgegenstand, hier also den der Verfahrenseinleitung vom 30. November 1994. Sie ging jedoch nicht weiter als der zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Verfolgungswille, der in den Durchsuchungsanträgen zum Ausdruck kommt. Die Verjährung wurde daher nicht darüber hinausgehend unterbrochen. Die Staatsanwaltschaft hätte ausdrücklich darauf hinweisen müssen, wenn sie angesichts der sehr pauschalen Verfahrenseinleitung und der später im Vermerk der Steuerfahndung vom 26. Februar 1997 erfolgten Konkretisierung der Tatvorwürfe sowie der auf diese beschränkten Durchsuchungsbeschlüsse nun einen weiter gehenden Verfolgungswillen gehabt hätte.
2. Soweit dem Angeklagten Körperschaftsteuerhinterziehungen für 1990 zugunsten der HoKo und der CCC zur Last gelegt werden (Fälle III.D.1 Nrn. 1 und 6 der Urteilsgründe), ist die Verfolgungsverjährung am 30. August bzw. 8. November 1997 eingetreten.

a) Die für den Verjährungsbeginn maûgebliche Tatbeendigung tritt bei der Körperschaftsteuer als Veranlagungssteuer bei Steuernachzahlungen dann ein, wenn der unrichtige Steuerbescheid bekannt gemacht wird (vgl. Franzen/Gast/Joecks, aaO § 376 Rdn. 17, 18). Dies war hinsichtlich der Körperschaftsteuererklärungen 1990 für die CCC am 31. August 1992 und für die HoKo am 9. November 1992 der Fall. Soweit das Urteil für die CCC als Erlaûzeitpunkt des Körperschaftsteuerbescheides 1990 den 15. Oktober 1993 angibt, handelt es sich ± wie die Revision zutreffend feststellt ± um ein offensichtliches Schreibversehen. Die Tabelle im Urteil auf Seite 73 enthält zu Unrecht untereinander zweimal dasselbe Datum.

b) Da die Körperschaftsteuerhinterziehungen für 1990 in den oben genannten Handlungen der Strafverfolgungsorgane in derselben Weise behandelt wurden wie die Umsatzsteuerhinterziehungen für 1990, konnten die dort erwähnten Handlungen auch hier die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen.

c) Der Lauf der Verjährungsfrist wurde auch nicht durch die am 17. Juli 1997 erlassenen Durchsuchungsanordnungen gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB unterbrochen. Zwar deckte der mehrere Steuerarten umfassende Wortlaut der Durchsuchungsanordnungen ± wie bei den Durchsuchungsbeschlüssen vom 13. März 1997 ± auch die Körperschaftsteuerhinterziehungen für 1990 ab. Ein Rückgriff auf die Durchsuchungsanträge der Staatsanwaltschaft zeigt aber auch hier, daû das Jahr 1990 hinsichtlich der Körperschaftsteuer vom Verfolgungswillen ausgenommen war.

d) Schlieûlich konnten auch die am 13., 20. und 28. August 1997 vom Amtsgericht Mannheim erlassenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen. Diese Anordnungen nennen weder die dem Beschuldigten zur Last liegenden Taten, noch bezeichnen sie die beweiserheblichen Unterlagen hinreichend konkret, sondern sprechen nur von den Unterlagen, die zur Aufklärung des ± nicht näher bezeichneten ± Sachverhalts dienlich sind. Die Anordnungen sind inhaltlich zu unbestimmt und konnten daher die Verfolgungsverjährung nicht wirksam unterbrechen.
Zwar sind insoweit die Anforderungen an die Bestimmtheit der Tat nicht hoch, da ihre Einzelheiten durch die Untersuchung erst ermittelt werden sollen. Ein Anfangsverdacht genügt (vgl. Jähnke aaO § 78c Rdn. 5); die Taten brauchen in ihren Einzelheiten nicht festzustehen (BGH wistra 1991, 272, 273). Sie müssen lediglich so individualisiert sein, daû sie von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Vorkommnissen zu unterscheiden sind (vgl.
BGHSt 22, 375, 385; Jähnke aaO). Auch diesen Anforderungen wird die Anordnung aber nicht gerecht.
Da die Durchsuchungsanordnungen weder Straftatbestände noch Tatvorwürfe enthalten, vermag auch ein Rückgriff auf die Durchsuchungsanträge der Staatsanwaltschaft den Mangel nicht zu heilen. Zwar erwähnen diese Durchsuchungsanträge im Gegensatz zu den bisher beantragten und erlassenen Durchsuchungsanordnungen nun ausdrücklich die Körperschaftsteuerhinterziehung für 1990, nehmen auf Aktenvermerke der Steuerfahndungsstelle Bezug und bringen hierdurch den Verfolgungswillen für die Körperschaftsteuerhinterziehung für 1990 zum Ausdruck. Die zum Zwecke der Auslegung der sachlichen Reichweite der Verjährungsunterbrechung grundsätzlich mögliche Heranziehung des Inhaltes der Ermittlungsakten und des Durchsuchungsantrages (vgl. o. II. vor 1. und II.1.c) kann jedoch dann keine Verjährungsunterbrechung mehr bewirken, wenn die jeweilige Durchsuchungsanordnung selbst den verfassungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen nicht standhält. Danach müssen derartige schwerwiegende Eingriffe in die Lebenssphäre der Betroffenen meûbar und kontrollierbar sein. Diesen Anforderungen wird aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält, jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Angaben nach dem Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (BVerfGE 42, 212, 219 f.; 96, 44, 51 f.; BVerfG wistra 1999, 257; vgl. auch Kleinknecht/ Meyer-Goûner, StPO 44. Aufl. § 105 Rdn. 5 m.w.N.). Die Durchsuchungsund Beschlagnahmeanordnungen des Amtsgerichts Mannheim vom 13., 20. und 28. August 1997 nennen lediglich die Durchsuchungsorte sowie zum Teil die Namen der Firmen, deren ¹Schriftstücke und sonstige Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein könnenª für den Zeitraum 1990 bis 1996 im Rahmen der Durchsuchungen aufgefunden werden sollten. Eine Schilderung der Tatvorwürfe enthalten die Anordnungen ebensowenig wie die Angabe von Strafvorschriften. Zumindest die Bezeichnung des Straftat-
bestandes und der Steuerarten wäre aber im vorliegenden Fall neben der Nennung des Hinterziehungszeitraumes geboten gewesen. Dieser Mangel ist so schwerwiegend, daû die Durchsuchungsanordnungen keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten konnten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die verfassungsrechtlichen Anforderungen für eine Durchsuchungsanordnung dann als gewahrt angesehen werden können, wenn diese lediglich frühere ergänzt, die ihrerseits hinreichend bestimmt waren und sich auf denselben Tatvorwurf bezogen haben. Dies war hier jedenfalls nicht gegeben, da sich die Durchsuchungsanordnungen vom August 1997 erstmals auf die Körperschaftsteuerhinterziehung für das Jahr 1990 erstrecken sollten.

III.


Die auf die Verletzung formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:
Die Revision rügt, daû das Gericht die Verurteilung des Angeklagten wegen Nichtanmeldung der ¹Künstlereinkommensteuerª nach § 50a EStG auf längere und komplizierte fremdsprachige Urkunden gestützt hat, ohne diese nach Übersetzung im Wege der Verlesung oder im Selbstleseverfahren nach § 249 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben. Die Verwertung der Urkunden widerspreche daher § 261 StPO. Diese Rüge greift im Ergebnis nicht durch.
1. Soweit die Nichtverlesung der Vermerke von Rechtsanwalt W vom 19. Oktober 1995 und 24. Mai 1996 gerügt wurde, ist die Rüge bereits unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
2. Im übrigen ist die Rüge unbegründet.

a) Auch wenn die Strafprozeûordnung zur Beweiserhebung über den Inhalt von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken grundsätzlich die Verlesung gemäû § 249 Abs. 1 StPO vorsieht, ist es nicht ausgeschlossen, Urkunden im Wege des Vorhalts in die Hauptverhandlung einzuführen (vgl. BGH, Urt. vom 7. November 1991 ± 4 StR 252/91 ±, insoweit in BGHSt 38, 111 nicht abgedruckt). Zurecht weist allerdings die Revision darauf hin, daû es sich bei einem Vorhalt nicht um einen Urkundenbeweis , sondern lediglich um einen Vernehmungsbehelf handelt. Ein Vorhalt kann nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht Grundlage einer Verurteilung sein. Beweisgrundlage ist nicht der Vorhalt, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wird (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 11, 159, 160 und 11, 338, 340/341). Der Inhalt einer Urkunde kann somit durch ihre Erörterung Gegenstand der Hauptverhandlung werden (vgl. BGHSt 11, 159, 160; BGH NJW 1992, 3247, 2348). In einem solchen Fall bedarf es keiner Verlesung der Urkunde. Der Tatrichter kann vielmehr die vom Angeklagten auf die ± nicht nach § 273 StPO protokollierungspflichtigen (vgl. BGHSt 11, 159, 161; BGH bei Kusch NStZ 1995, 220) ± Vorhalte über den Inhalt der Schriftstücke abgegebenen Erklärungen seiner Überzeugungsbildung zugrunde legen (vgl. BGH, Urt. vom 15. März 1978 ± 2 StR 666/77 ±).
Der Einführung des Inhalts eines Schriftstücks in die Hauptverhandlung im Wege des Vorhalts sind jedoch, insbesondere wenn das Urteil auf den Wortlaut des Schriftstücks gestützt werden soll (vgl. hierzu BGHSt 5, 278; BGH, Urt. vom 6. Juni 1957 ± 4 StR 165/57 ±), dann Grenzen gesetzt, wenn es sich bei dem vorgehaltenen Schriftstück um ein längeres oder ein solches handelt, das sprachlich oder inhaltlich schwer zu verstehen ist. Es bestünde dann nicht die Gewähr dafür, daû die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloûen inhaltlichen Vorhalt hin richtig erfaût hat (BGHSt 11, 159, 160 f., vgl. auch BGH StV 1999, 359). Dies könnte die Wahrheitsfindung gefährden und das rechtliche Gehör und damit die Verteidigung des Angeklagten beeinträchtigen (BGHSt 5, 278, 279).
Andererseits kommt auch in diesem Fall ein Verstoû gegen die §§ 249, 261 StPO nur dann in Betracht, wenn aus dem Schriftstück Tatsachen entnommen worden sind, die überhaupt eines Beweises bedurften. Dies ist z. B. dann nicht der Fall, wenn Schriftstücke in den Urteilsgründen nicht zum Zwecke des Beweises, sondern nur zur Schilderung eines nicht bestrittenen und unzweifelhaften Sachverhalts wörtlich wiedergegeben werden (BGHSt 11, 159, 162).
Auch im Falle eines (Teil-)Geständnisses, in dem der Angeklagte den äuûeren Geschehensablauf im wesentlichen eingeräumt hat, ist eine im Urteil vorgenommene Verwertung des Inhalts in der Hauptverhandlung nicht verlesener Schriftstücke, die dem Angeklagten vorgehalten wurden und zu denen er sich geäuûert hat, nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie verstöût jedenfalls dann nicht gegen §§ 261, 249 StPO, wenn es für das Urteil nicht auf den genauen Wortlaut der Urkunden ankommt und der Angeklagte, dem die zugrunde liegenden Umstände bekannt waren, aufgrund des Vorhalts den Inhalt der Schriftstücke in groben Zügen erfassen konnte und auch tatsächlich erfaût hat, sofern sich die Verwertung im Urteil auf diese groben Züge beschränkt.
So verhält es sich hier. Der Angeklagte räumte nach den Urteilsfeststellungen den äuûeren Geschehensablauf hinsichtlich der Gagenzahlungen an die drei Tenöre im Wege vorgeblicher Lizenzzahlungen über die dazwischen geschalteten ausländischen Firmen vollständig ein (UA S. 104, 130). Insbesondere bestätigte er die gesamte festgestellte steuerliche Konzeption (UA S. 126) sowie den festgestellten Zahlungsfluû, wie er sich auch aus den ihm vorgehaltenen Zahlungsaufstellungen ergibt. Der Angeklagte behauptete lediglich einschränkend, daû es sich bei der festgestellten vertraglichen Konstruktion um eine von den Tenören an ihn herangetragene Möglichkeit der ¹Steueroptimierungª gehandelt habe, wobei den Gagen Bruttovereinbarungen zugrunde gelegen hätten (UA S. 117). Auûerdem habe er sich mit der
Firma TCP ein dauerhaftes Standbein seiner geschäftlichen Aktivitäten im Ausland schaffen wollen (UA S. 122).
Das Landgericht hat dem Angeklagten lediglich solche Schriftstücke vorgehalten und sie mit ihm erörtert, die von ihm stammten, an ihn gerichtet waren oder ihm sonst bekannt waren, weil sie zentrale Punkte seiner Geschäftstätigkeit im Rahmen der Organisation der Konzerttournee der drei Tenöre betrafen. Da die Schriftstücke den Sachverhaltskomplex betrafen, dessen äuûeren Geschehensablauf der Angeklagte im wesentlichen eingeräumt hatte, konnte er sich zu ihnen ± auch soweit es sich um längere oder für Auûenstehende kompliziert erscheinende Schriftstücke handelte ± ohne weiteres äuûern. Der Angeklagte wurde bei den Vorhalten insbesondere nicht mit ihm unbekannten oder für ihn schwer verständlichen Sachverhalten konfrontiert , was Bedenken an der Zulässigkeit der Vorhalte rechtfertigen hätte können. Der genaue Wortlaut der Urkunden spielte für die Beweiswürdigung keine Rolle und ist im Urteil nicht wiedergegeben. Es ist daher auszuschlieûen, daû das Gericht die Schriftstücke als vermeintlich verlesene Urkunden verwertet hat (vgl. hierzu BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 495). Wenn das Gericht aus dem vom Angeklagten bestätigten Inhalt der Schriftstücke dann andere Schlüsse zieht als der Angeklagte oder die Verteidigung, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

b) Soweit die Revision rügt, daû dem Angeklagten einzelne Schriftstücke nicht einmal vorgehalten wurden, widerspricht dies den Feststellungen im Urteil, nach denen der Angeklagte den Inhalt dieser mit ihm erörterten Schriftstücke bestätigt hat (UA S. 130). Die Rüge, ein derartiger Vorhalt sei nicht vorgenommen worden, muû aber bereits deshalb erfolglos bleiben, weil kein Beweis für die Richtigkeit der Behauptung erbracht werden kann. Es widerspräche der Ordnung des Revisionsverfahrens, über Vorgänge in der Hauptverhandlung, die keine wesentlichen Förmlichkeiten darstellen und deshalb in die Sitzungsniederschrift nicht aufzunehmen sind, Beweis zu er-
heben (BGHSt 17, 351, 352 f.; 31, 139, 140). Dies käme einer Wiederholung eines Teils der tatrichterlichen Verhandlung gleich.

c) Eine Übersetzung der fremdsprachigen Urkunden ins Deutsche war nicht erforderlich, da Beweisgrundlage nicht die Urkunden selbst, sondern die Äuûerungen des Angeklagten waren. Für einen Vorhalt ist die Übersetzung fremdsprachlicher Urkunden nicht erforderlich, wenn deren Inhalt den Prozeûbeteiligten in zutreffender Weise zur Kenntnis gebracht wird (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1975, 369).

IV.


Die Sachrüge des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
1. Soweit der Angeklagte wegen unterlassenen Steuerabzugs von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in vier Fällen (Fälle III.D.3 Nrn. 3, 14, 16 und 21 der Urteilsgründe) wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, ist die Verurteilung aufzuheben; der Schuldspruch bedarf erneuter tatrichterlicher Prüfung. Rechtsfehlerfrei geht das Landgericht davon aus, daû der Tatbestand erfüllt ist; die Feststellungen, mit denen das Landgericht eine strafbefreiende Wirkung von Selbstanzeigen ausgeschlossen hat, sind jedoch lückenhaft und tragen die Verneinung der Wirksamkeit der Selbstanzeigen nicht.
Der Angeklagte war gemäû § 50a Abs. 4 EStG i.V.m. §§ 73 ff. EStDV verpflichtet, von den an nicht in Deutschland ansässige Künstler gezahlten Gagen im Wege des Steuerabzugs die anfallende Einkommensteuer (sog. Künstlereinkommensteuer) einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Dieser Verpflichtung ist der Angeklagte in den oben genannten Fällen nicht nachgekommen und wurde deshalb vom Landgericht rechtsfehlerfrei jeweils der Steuerhinterziehung für schuldig befunden.
Nach den Urteilsfeststellungen reichte der Angeklagte zwischen dem 4. und 11. April sowie am 30. Juli 1997 beim zuständigen Finanzamt Steueranmeldungen mit berichtigten Angaben ein, die das Landgericht rechtsfehlerfrei als Selbstanzeigen angesehen hat. In der Hauptverhandlung gab der Angeklagte an, daû es sich hierbei um ¹freiwillige Selbstanzeigenª gehandelt habe, die er aufgrund einer inneren Abkehr von den Taten vorgenommen habe, ohne mit der Tatentdeckung gerechnet zu haben. Das Landgericht erachtet diese Einlassung jedoch für widerlegt; es verneint gemäû § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeigen, da die Taten, auf die sich die Anmeldungen bezogen hätten, zum Zeitpunkt der Berichtigung bereits entdeckt gewesen seien und der Angeklagte bei verständiger Würdigung der Sachlage damit habe rechnen müssen. Am 17. März 1997 habe wegen anderer Steuerstraftaten des Angeklagten eine Durchsuchungsaktion stattgefunden. Da ihm Umfang und Inhalt der sichergestellten Beweismittel bekannt gewesen seien, sei ihm auch wegen der konkreten Fassung der Durchsuchungsbeschlüsse und des Haftbefehls klar gewesen, daû die eingearbeiteten Ermittlungskräfte innerhalb weniger Tage auch die Taten der Hinterziehung der Künstlereinkommensteuer entdecken würden. Hinzu komme, daû der Angeklagte auch aufgrund eines Schreibens seines Steuerberaters vom 14. März 1997 erkannt habe, daû dieser mit einer unmittelbar bevorstehenden Entdeckung der Taten gerechnet habe. Tatsächlich führten die Auswertungen der sichergestellten Beweismittel bereits am 25. und 26. März 1997 zu Verfahrenserweiterungen auf die Hinterziehung von ¹Künstlereinkommensteuerª in den Jahren 1995 und 1996 beziehungsweise 1990 bis 1994.
Die Erwägungen des Landgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar ist die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeigen trotz der bei dem Angeklagten am 17. März 1997 von der Steuerfahndung durchgeführten Durchsuchung nicht bereits gemäû § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a oder b AO ausgeschlossen. Die Urteilsfeststellungen zur Tatentdeckung im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO sind jedoch lückenhaft. Sie lassen besorgen, daû das
Landgericht den für eine Tatentdeckung maûgeblichen Tatbegriff verkannt hat und deshalb zu Unrecht weitgehend einen Anfangsverdacht hat ausreichen lassen.
Im einzelnen gilt folgendes:

a) Zurecht ist das Landgericht allerdings nicht bereits vom Ausschluû der Straffreiheit für die Selbstanzeigen allein aufgrund der am 17. März 1997 durchgeführten Durchsuchung ausgegangen.
aa) Zwar sind die Beamten der Steuerfahndung im Rahmen der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten ¹zur Ermittlung einer Steuerstraftatª im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO erschienen. Das gegen den Angeklagten eingeleitete Ermittlungsverfahren betraf jedoch andere Taten als diejenigen, die Gegenstand seiner späteren Selbstanzeigen waren. Das Ermittlungsverfahren erstreckte sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung lediglich auf den Verdacht der Hinterziehung persönlicher Steuern des Angeklagten und betrieblicher Steuern der von ihm geleiteten Gesellschaften, nicht aber auf die Hinterziehung von Künstlereinkommensteuern , hinsichtlich derer der Angeklagte später berichtigte Steuererklärungen abgab. Auf diesen Tatvorwurf wurde das Ermittlungsverfahren erst durch die Verfahrenserweiterungen vom 25. und 26. März 1997 ausgedehnt.
Obwohl der Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO, der lediglich von der Ermittlung ¹einer Steuerstraftatª spricht, weder eine zeitliche noch eine sachliche Begrenzung der Sperrwirkung vorsieht, ist diese Norm einschränkend auszulegen und die von ihr ausgehende Sperrwirkung formal zu begrenzen (h. M.; vgl. die Nachweise bei Kohlmann aaO § 371 Rdn. 150). Eine Sperrwirkung nach § 371 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AO besteht für die von späteren Selbstanzeigen erfaûten Sachverhalte jedenfalls dann nicht, wenn sie zum Zeitpunkt, in dem ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat erschie-
nen ist, weder vom Ermittlungswillen des Amtsträgers erfaût waren noch mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in engem sachlichen Zusammenhang standen.
So lag der Sachverhalt hier. Das Ermittlungsverfahren erstreckte sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung ausschlieûlich auf den Verdacht der Hinterziehung von Steuerarten, die mit der Einkommensteuer der Künstler, für die der Angeklagte lediglich gemäû § 50a EStG im Steuerabzugsverfahren die Anmeldungs- und Abführungspflicht hatte, nicht eng verknüpft waren.
Es bedarf hier daher keiner Entscheidung, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen auch Sachverhalte von der Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO erfaût werden, die zwar nicht von der Ermittlungsabsicht der Amtsträger umfaût sind, aber in einem engen sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand des Ermittlungsverfahrens stehen (vgl. zur sachlichen und zeitlichen Reichweite der Sperrwirkung des § 371 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AO bereits BGH wistra 1983, 146 und die Nachweise zum Meinungsstand bei Kohlmann aaO Rdn. 158 ff. und Franzen /Gast/Joecks aaO § 371 Rdn. 149 ff.).
bb) Da das Ermittlungsverfahren erst am 25. bzw. 26. März 1997 auf den Verdacht der Hinterziehung von Künstlereinkommensteuer erweitert wurde, konnte hier ± ungeachtet der grundsätzlichen Möglichkeit, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Übergabe einer Durchsuchungsanordnung nach § 102 StPO bekanntzugeben (vgl. Kohlmann aaO Rdn. 174; Franzen/Gast/Joecks aaO Rdn. 168) ± im Rahmen der Durchsuchung vom 17. März 1997 auch keine sich auf diesen Tatvorwurf erstreckende Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO an den Angeklagten erfolgt sein. Wegen des jedenfalls fehlenden engen Zusammenhangs zum bisherigen Verfahrensgegenstand konnte ± unabhängig vom insoweit zugrunde zu legenden Tatbegriff (vgl. hierzu die Nachweise bei Kohlmann aaO Rdn. 191 ff.) ± die Bekanntgabe der Tatvor-
würfe, auf die sich die Durchsuchungsanordnungen erstreckten, die Hinterziehung der Künstlereinkommensteuern nicht erfassen.

b) Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, ob das Landgericht die sachliche Reichweite des Begriffs der Tatentdeckung im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO zutreffend bestimmt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht für die Annahme einer Tatentdeckung ein bloûer Anfangsverdacht nicht aus. Das Merkmal der Tatentdeckung erfordert mehr als die Kenntnis von Anhaltspunkten , auch wenn die Wahrscheinlichkeit späterer Aufklärung gegeben ist (BGH wistra 1983, 197). Der Tatverdacht muû sich soweit konkretisiert haben , daû bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist (vgl. BGHR AO § 371 ± Selbstanzeige 5; BGH wistra 1983, 197; 1985, 74, 75; 1988, 308; 1993, 227; Kohlmann aaO Rdn. 203 m.w.N.; Franzen/Gast/Joecks aaO Rdn. 186).
Die Feststellungen des Landgerichts ermöglichen keine revisionsgerichtliche Überprüfung der Subsumtion unter den Rechtsbegriff der Tatentdeckung , da sie konkrete Angaben zur Kenntnis der Finanzbehörden von den einzelnen Taten vermissen lassen. Der Umfang der hierfür erforderlichen Feststellungen richtet sich nach dem Begriff der Tat im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO.
aa) Nach einer Ansicht ist der Begriff der Tat im materiell-rechtlichen Sinn zu verstehen (vgl. Engelhardt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO § 371 AO Rdn. 242, Kohlmann aaO Rdn. 241, 206, 191.2). Danach stellt die Hinterziehung von Steuern für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum eine selbständige Tat dar. Nach einer anderen Ansicht ist unter ¹Tatª im Sinne des § 371 AO die Tat im strafprozessualen Sinn des § 264 StPO und damit als einheitliches historisches Geschehen zu verstehen (vgl. die Nachweise bei Kohlmann aaO).
Der Bundesgerichtshof hat noch zur fortgesetzten Handlung ausgesprochen , daû auch für einzelne Teile der Tat eine Selbstanzeige möglich ist (BGHR AO § 371 Abs. 1 ± Fortsetzungszusammenhang 1), wobei er allerdings ausdrücklich offen gelassen hat, wie weit die Ausschluûgründe des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO in die Vergangenheit oder in die Zukunft wirken. Der Bundesgerichtshof hat aber jedenfalls auf den Einzelakt (BGHR AO § 371 Abs. 2 Nr. 1 ± Sperrwirkung 1; AO § 371 Abs. 2 Nr. 2 ± Tatentdeckung 2; BGH wistra 1988, 308) oder auf die einzelne Handlung und die Zuordnung zu den einzelnen Steuerabschnitten abgestellt (BGHSt 35, 36, 37).
Nach Aufgabe der Rechtsprechung zur fortgesetzten Handlung ist ± insbesondere unter Berücksichtigung der mit § 371 AO vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzungen (vgl. hierzu Kohlmann aaO Rdn. 8 ff.) ± ohnehin auf die einzelne Handlung, d. h. auf die Nichtabgabe bzw. die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung, abzustellen. Die einzelne Tat im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO bestimmt sich folglich nach Steuerart, Besteuerungszeitraum und Steuerpflichtigem. Der Senat braucht hierbei im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, ob dies auch für die Fälle der Tateinheit bei gleichzeitiger Abgabe von in wesentlichen Punkten inhaltsgleichen Steuererklärungen gilt (zur Tateinheit vgl. BGHSt 33, 163; BGHR § 370 AO ± Konkurrenzen 11).
bb) Die Urteilsfeststellungen müssen daher so konkret gehalten sein, daû erkennbar wird, daû für jede einzelne Steuererklärung bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist. Dabei bedarf es indes entgegen der Ansicht der Revision nicht bereits der Kenntnis der Finanzbehörden von den jeweiligen Besteuerungsgrundlagen (so auch Koch/Scholz, AO § 371 5. Aufl. Rdn. 33); auch ist eine detaillierte Schilderung der entdeckten Tatumstände im Urteil nicht erforderlich.
Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts werden diesen Anforderungen für eine revisionsgerichtliche Überprüfbarkeit der Subsumtion nicht ge-
recht. Das Urteil schildert hinsichtlich der Tatentdeckung längere Zeiträume (1995 bis 1996, 1990 bis 1994: UA S. 13). Es ist daher zu besorgen, das Landgericht habe übersehen, daû sich die Tatentdeckung auf die einzelnen unrichtigen oder nicht abgegebenen Steuererklärungen erstrecken muû und eine grobe Kenntnis des Gesamtgeschehens nicht ausreicht. Der Senat kann nicht ausschlieûen, daû das Landgericht angenommen hat, die Kenntnis der Unrichtigkeit einzelner Steuererklärungen und der Begehungsmodalitäten stelle die Tatentdeckung für den gesamten Tatkomplex in den angegebenen Zeiträumen dar. Zur Klarstellung hätte das Landgericht bei der gegebenen Sachlage zumindest darlegen müssen, daû die konkreten Erkenntnisse, auf die sich die Verurteilungserwartung stützt, gerade für diejenigen Taten bereits vorgelegen haben, hinsichtlich derer später Selbstanzeigen abgegeben wurden. Da somit nicht auszuschlieûen ist, daû sich die vorhandenen Erkenntnisse der Steuerfahndung bei Abgabe der Selbstanzeigen ausschlieûlich auf andere Taten aus dem Tatzeitraum erstreckt haben und im übrigen nur ein Anfangsverdacht bestanden hat, beruht das Urteil auf diesem Fehler. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Angabe eines Tatzeitraumes dann ausreichen kann, wenn die Kenntnis bestanden hat, daû sämtliche in diesen Zeitraum fallenden Steuererklärungen unrichtig waren. Dies war hier nicht der Fall.
2. Die Verneinung einer wirksamen Selbstanzeige im Fall III.D.3 Nr. 25 der Urteilsgründe begegnet allerdings keinen rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich dieser Tat ging die Selbstanzeige erst am 30. Juni 1997 ein (UA S. 81), obwohl dem Angeklagten die Verfahrenserweiterung insoweit bereits am 23. Juni 1997 mitgeteilt worden war (UA S. 14). Dies steht gemäû § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO einer strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige entgegen.
3. Danach bedarf es allein ergänzender Feststellungen zu den objektiven und subjektiven Umständen der Selbstanzeigen. Der Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach
sich. Der Senat schlieût aus, daû die Höhe der verbleibenden Einzelstrafen ± insbesondere die verhängte Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe ± davon beeinfluût sein kann.

V.


Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in 19 Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 3 bis 6 und 8 bis 22 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, wird das Verfahren abgetrennt, da insoweit vor einer Entscheidung des Senates ein Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Gerichtshof) gemäû Art. 234 Abs. 3 EG durchzuführen ist.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die drei Tenöre im Rahmen der von dem Angeklagten organisierten Konzerttournee als Solisten tätig. Für die durchgeführten Veranstaltungen lagen jeweils Bescheinigungen der zuständigen Kulturbehörden vor, nach welchen die getätigten ¹Veranstaltungsumsätzeª denen der in § 4 Nr. 20 lit. a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen gleichartig sind. Von den an die Tenöre für ihre Gesangsdarbietungen ausgezahlten Gagen behielt der Angeklagte als Geschäftsführer der als Konzertveranstalter tätigen Firmen nicht nur keine Einkommensteuern , sondern auch keine Umsatzsteuern im Wege des Steuerabzugs ein und führte solche auch nicht an das Finanzamt ab. Das Landgericht hat deswegen den Angeklagten in den genannten Fällen jeweils wegen Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt. Zwar sind gemäû § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG i.V.m. §§ 51 ff. UStDV Leistungsempfänger nicht in Deutschland ansässiger Unternehmer verpflichtet, die Umsatzsteuer auf die von diesen Unternehmern erbrachten Leistungen einzubehalten, anzumelden und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Eine Umsatzsteuerpflicht besteht indes dann nicht, wenn eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG eingreift. Das Landgericht hat die im vorliegenden
Fall für die Umsätze der Tenöre in Betracht kommende Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 lit. a UStG mit der Begründung verneint, daû diese Vorschrift auf Solisten nicht anwendbar sei, da es sich bei diesen nicht um ¹Einrichtungenª im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG handele.
Die Frage, ob es sich bei Solisten um ¹Einrichtungenª im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG handeln kann, ist für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblich , da die Kulturbehörden für die betroffenen Konzertveranstaltungen jeweils Bescheinigungen über die ¹Gleichwertigkeitª der ¹Veranstaltungsumsätzeª mit denen von Einrichtungen im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG erteilt hatten. Diese Bescheinigungen über die Gleichartigkeit der kulturellen Aufgaben besitzen auch für das Strafverfahren materiellrechtliche Bindungswirkung (vgl. hierzu Vogel/Schwarz, UStG 11. Aufl. § 4 Nr. 20 Rdn. 6b). Dementsprechend ist das Landgericht davon ausgegangen, daû die Steuerbefreiungen auch für die darbietenden Künstler galten, soweit sie überhaupt nach § 4 Nr. 20 UStG steuerbefreiungsfähig waren.
Zur Klärung dieser Frage ist nach Art. 234 Abs. 3 EG die Vorabentscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen, der für die Auslegung von Art. 13 Teil A Absatz 1 lit. n der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ± Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG 1977 Nr. L 145, 1) ausschlieûlich zuständig ist, dessen nationale Umsetzung § 4 Nr. 20 lit. a UStG darstellt.
2. Der Umstand, daû die vom Gerichtshof zu entscheidende Rechtsfrage die Mehrzahl und das Schwergewicht der vom Landgericht abgeurteilten Taten nicht betrifft, gebietet im vorliegenden Fall die Abtrennung der von der Rechtsfrage betroffenen Verfahrensteile zur Vorlage an den Gerichtshof.
Zwar kann die Aufspaltung des bisher einheitlichen Verfahrens ± insgesamt gesehen ± zu einer erhöhten zeitlichen Beanspruchung der Gerichte
und der Beteiligten sowie zur Notwendigkeit einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung führen. Im vorliegenden Fall können jedoch verfahrensökonomische Gesichtspunkte eine erhebliche, unvorhersehbar lange Verzögerung der übrigen Verfahrensteile nicht rechtfertigen. Das Schwergewicht der Taten, wegen derer der Angeklagte vom Landgericht verurteilt wurde, ist von der vom Gerichtshof zu entscheidenden Rechtsfrage nicht betroffen. Die Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten kann aufgrund des vorliegenden Beschlusses in Rechtskraft erwachsen. Insbesondere gebietet die sich aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ergebenden Pflicht zur Beschleunigung des Verfahrens, im Hinblick auf die nicht von der Vorlagepflicht erfaûten Verfahrensteile , eine Abtrennung des Verfahrens vorzunehmen.
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