Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht in einem Baustellenbereich

published on 22/06/2015 17:57
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht in einem Baustellenbereich
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Fredi Skwar
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​Der Schutz der auf einer Baustelle zu beachtenden Verkehrssicherungspflichten ist auf jene Personen beschränkt, die sich dort berechtigterweise aufhalten.

Der Schutz der auf einer Baustelle zu beachtenden Verkehrssicherungspflichten ist auf jene Personen beschränkt, die sich dort berechtigterweise aufhalten. Unbefugten Besuchern genügt der Baustellenbetreiber bereits durch das mittels Absperrschranken und entsprechender Beschilderung verhängte Betretungs- bzw. Durchfahrtsverbot. 

Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 29.10.2013 – 9 U 135/13 entschieden. 

Folgendes war geschehen: Der Kläger war in der Dämmerung mit seinem Rennrad in eine Straße gefahren, deren Fahrbahn und Radweg durch auch in der Dämmerung gut sichtbare Absperrschranken für den Verkehr gesperrt waren. Die Absperrschranken wie auch Baufahrzeuge hatte der Kläger nach eigenem Bekunden auch wahrgenommen. Ausgenommen von dieser Sperrung waren die Anlieger einer nur über die gesperrte Straße erreichbare Nebenstraße, zu denen der Kläger jedoch nicht gehörte. 

Mit der Behauptung, er sei in eine etwa einen Meter tiefe ungesicherte Baugrube gestürzt, wodurch er sich erheblich verletzt habe, machte der Kläger Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen die Betreiberin der Baustelle geltend. 

Das Landgericht hat erstinstanzlich die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch die breiten Warnbaken erkennen können, dass er sich im Bereich einer für den öffentlichen Verkehr gesperrten Baustelle befinde. Wenn er dennoch in diesen Bereich hineinfahre, müsse er sein Fahrverhalten entsprechend anpassen. Dies habe er nicht getan, sonst wäre der Unfall nicht passiert. 

Das Oberlandesgericht hat die Auffassung des Landgerichts bestätigt und ergänzt: Selbst wenn die Baugrube ungesichert gewesen sein sollte (was zwischen den Parteien streitig war), hätte die Baustellenbetreiberin keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt. Derartige Pflichten eines Baustellenbetreibers bestünden nur gegenüber jenen Personen, die sich berechtigt im Baustellenbereich aufhalten, in aller Regel jedoch nicht gegenüber solchen Personen, die sich dort unbefugt befinden. Ausnahmen von dieser Regel in Form von erweiterten Verkehrssicherungspflichten könnten sich zum Schutz von Kindern ergeben (z. B. Baustellenbereich liegt im Bereich einer Schule). 

Selbst wenn man annähme, dass auch eine Verkehrssicherungspflicht des Baustellenbetreibers gegenüber dem Kläger bestand, wäre eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten in so erheblichen Maße von dem Mitverschulden des Klägers überwogen worden, dass auch dann Schadenersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte vollständig ausgeschlossen wären. 

Aufgrund der durch die eingetretene Dämmerung eingeschränkten Sichtverhältnisse und der von ihm erkannten Hinweise auf einen Baustellen- und mithin Gefahrenbereich hätte der Kläger entweder umkehren und den Baustellenbereich verlassen oder aber vom Fahrrad absteigen und sich zu Fuß langsam vortasten müssen.

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published on 29/10/2013 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 27.05.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 02. Zivilkammer des Landgerichts Münster (02 O 308/12) wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Dieser Beschluss und das a
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by Christian Braun, Kanzlei Schroeder
03/04/2024 10:14

Das Amtsgericht Hannover hat zugunsten des Klägers, der Parknotruf GmbH, entschieden, dass der Beklagte Ersatz der Abschleppkosten infolge einer Leerfahrt des Abschleppunternehmers zahlen muss. Das Fahrzeug des Beklagten befand sich auf einem Privatparkplatz, als sich selbiger für nicht unerhebliche Zeit entfernte. Das Gericht stellte fest, dass es Aufgabe des Beklagten ist, sein Fahrzeug vom Privatparkplatz zu entfernen und eine entsprechende Störung zu beseitigen. Die Erteilung und Durchführung des Abschleppauftrages, war somit zur Beseitigung der Störung notwendige Maßnahme, welche selbstverständlich dem Kläger zu erstatten ist. Ferne betonte es zurecht, dass die Störung des Privatparkplatzes durch das unberechtigte Parken sofort ausgelöst wurde der Kläger nicht zur Einhaltung einer Wartezeit verpflichtet ist.
10/01/2023 14:10

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13/12/2007 14:06

Rechtsberatung zum Verkehrsrecht - BSP Bierbach Streifler & Partner PartGmbB Berlin Mitte
01/01/1970 00:00

Rechtsanwalt für Verkehrsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.05.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 02. Zivilkammer des Landgerichts Münster (02 O 308/12) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 17.076,32 EUR festgesetzt.


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