Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Feb. 2016 - 12 U 63/15

bei uns veröffentlicht am16.02.2016

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 12.03.2015 - 4 O 346/13 - abgeändert und wie folgt gefasst:

(1) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 492,54 EUR nebst jährlicher Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.04.2014 zu bezahlen.

(2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

4. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit es aufrechterhalten wird, sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 110.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten in der Hauptsache darüber, ob der Kläger den vom Beklagten für den Nachweis des Masernvirus ausgelobten Betrag von 100.000 EUR beanspruchen kann.
1. Der Beklagte, ein Biologe, vertritt - entgegen der einhelligen Meinung in der Wissenschaft - die Auffassung, dass Masern nicht durch Viren verursacht werden, es vielmehr einen Masernvirus nicht gebe und nicht geben könne. Auf der Internetseite des von ihm betriebenen „k...-k... Verlages“ hat er am 24.11.2011 ein „Preisgeld“ von 100.000,00 EUR wie folgt ausgelobt:
„Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u. a. dessen Durchmesser bestimmt ist.
Das Preisgeld wird nicht ausgezahlt, wenn es sich bei der Bestimmung des Durchmessers des Masern-Virus nur um Modelle oder Zeichnung wie ... handelt ...“
Wegen weiterer Einzelheiten des Textes wird auf die ausführliche Darstellung im Tatbestand des Urteils des Landgerichts Ravensburg sowie auf die Anlage K 1 verwiesen. Ob der vollständige Text der Auslobung auf der Internetseite des „k...-k... Verlages“ zu sehen oder erst durch den Aufruf des - ebenfalls im Internet hinterlegten - Newsletters gelesen werden konnte, ist in zweiter Instanz streitig geworden. Der Kläger war jedenfalls nicht Bezieher des Newsletters.
Der Kläger, damals noch Student und heute Arzt, legte mit Schreiben vom 31.01.2012 (Anl. K 4) dem Beklagten mehrere Publikationen vor, die nach seiner Auffassung die Existenz des Masernvirus zweifelsfrei belegen und bat um Auszahlung des Preisgeldes. Der Beklagte lehnte dies ab, weil der Nachweis des Masernvirus nicht geführt sei.
Der Beklagte betreibt des Weiteren den Verlag „W... A... und Verlag“, auf dessen Homepage im Internet am 13.04.2014, drei Tage nach dem ersten Verhandlungstermin in hiesiger Sache, zeitweise zu lesen war:
„Am Montag, 14.04.2014 berichten wir an dieser Stelle, auf die wir per Newsletter hinweisen werden, dass, warum und wie der unpromovierte, fachfremde Jungarzt D... B... und seine illegalen Hintermänner im „Wetten, dass es keine Masernviren gibt!“-Prozess am 10.04.2014, vor dem Landgericht Ravensburg, das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen hat. Wir rechnen damit, dass Dr. L... am 24.04.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolge und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird.“
Der Kläger wandte sich hiergegen und verlangte vom Beklagten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die dieser am 15.04.2014 abgab (Anl. K 11).
10 
Von den auf Seiten des Klägers angefallenen Anwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR hat er 155,00 EUR selbst bezahlt und wurde hinsichtlich des überschießenden Betrages von der die übrige Zahlung erbringenden R... Rechtsschutzversicherungs-AG zur Geltendmachung ermächtigt.
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Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen,
sämtliche Anforderungen, die der Beklagte in seiner Auslobung aufgestellt habe, seien erfüllt. Durch die von ihm vorgelegten Publikationen werde zweifelsfrei die Existenz des Masernvirus im wissenschaftlichen Sinne bewiesen und dessen Durchmesser bestimmt.
12 
Die geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten für die Einholung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung habe der Beklagte bereits deshalb zu tragen, weil er für den Inhalt seiner Homepage verantwortlich sei. Auch spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass dieser selbst die Inhalte auf seine Homepage gestellt habe.
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Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
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1. den Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 100.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 zu zahlen;
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2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Nebenforderung in Höhe von 2.924,07 EUR an außergerichtlichen Anwaltskosten zu zahlen;
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3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 492,54 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2014 zu zahlen.
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Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen,
die vorgelegten Publikationen erfüllten nicht die Anforderungen, die durch die Auslobung gestellt worden seien. Die Existenz des Masernvirus müsse bewiesen werden durch eine Publikation seitens des R...-K...-Instituts (im Folgenden: RKI), welches hierfür nach § 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) zuständig sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass hinsichtlich der in Deutschland erfolgten Auslobung auf die hier für die Beweisführung im Bereich von Infektionskrankheiten eigens geschaffenen Regeln des IfSG abzustellen sei. Aus dem Kontext der Auslobung ergebe sich deren Zweck eindeutig dahingehend, dass geklärt werden solle, ob eine dem K...´schen Postulat der Isolation des Erregers entsprechende Dokumentation des RKI vorliege.
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Verlangt worden sei zudem die Vorlage einer einzigen Publikation, in der sowohl der Nachweis für die Existenz des Masernvirus erbracht als auch dessen Durchmesser bestimmt werde, sodass es nicht genüge, wenn - wie vom Sachverständigen vertreten - lediglich die Kombination der wissenschaftlichen Aussagen in den sechs vorgelegten Fachartikeln die Existenz des Masernvirus beweise und zumindest zwei dieser Artikel hinreichende Angaben zum Durchmesser des Masernvirus enthielten. Im Übrigen erfüllten die vorgelegten Publikationen inhaltlich nicht die Anforderungen an die Beweisführung. Bei den darin als Masernviren ausgegebenen Phänomenen handele es sich tatsächlich um zelleigene Transportvesikel (Bläschen). Keine der vorgelegten Dokumentationen beruhe auf Versuchen, bei denen der Erreger - wie geboten - zuvor isoliert und biochemisch charakterisiert oder gar eine solche Isolierung wissenschaftlich dokumentiert worden sei. Die Art der Beweisführung bei den Versuchen, auf die sich der Kläger berufe, entspreche nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik und nicht den Anforderungen an eine Beweisführung unter Beachtung der K...´schen Postulate. Außerdem seien die vorgelegten Arbeiten bereits deshalb ungeeignet, weil sie ausnahmslos aus der Zeit vor Inkrafttreten des IfSG am 01.01.2001 stammten und keine Publikation des RKI darstellten. Auch die Bestimmung des Durchmessers sei nicht fundiert erfolgt. Allein der in einer der vorgelegten Publikationen angegebene Größenrahmen von 300 bis 1000 nm widerlege bereits die These vom Virus, da sich Viren durch eine geringe Variation ihres Durchmessers zwischen 15 und maximal 400 nm auszeichneten. Im Übrigen gehe aus einer Auskunft des RKI vom 24.01.2012 hervor, dass der Durchmesser von Masernviren 120 - 400 nm betragen soll und oftmals Ribosomen in ihrem Innern enthalten seien, wobei Letztere aber der Existenz eines Masernvirus entgegenstünden.
21 
Die Erklärung auf der Homepage des Verlages „W... A... und Verlag“ stamme nicht von ihm und sei zum Zeitpunkt der geforderten Unterlassungserklärung auch bereits nicht mehr dort eingestellt gewesen. Er habe demnach keine Veranlassung zur außergerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegeben.
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Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts sowie die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
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2. Das Landgericht hat durch Urteil, dessen Tenor am Ende des letzten Verhandlungstermins durch Verlesen verkündet wurde (Bl. 150, 151 d. A.), der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Veröffentlichung des Ausschreibungstextes im Internet stelle eine öffentliche Bekanntmachung der Auslobung dar. Die Auslegung des Textes führe zu dem Ergebnis, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Publikationen weder solche des RKI sein noch aus der Zeit nach Inkrafttreten des IfSG stammen müssen und der Auslobungstext auch nicht dahingehend zu verstehen sei, dass der geforderte Nachweis in einer einzigen Publikation erbracht sein müsse oder dass Übersichtsarbeiten nicht herangezogen werden dürften. Wie sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. P... ergebe, handele es sich bei den Publikationen ausnahmslos um wissenschaftliche Fachartikel. Sie bewiesen - entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen - zwar nicht jeweils für sich, doch in ihrer Gesamtschau die Existenz eines Virus, das für die Masernerkrankung ursächlich sei. Sie erfüllten in ihrer Zusammenschau auch die vom Beklagten im Laufe des Rechtsstreits zum Beweismaßstab erhobenen K...-H...´schen Postulate. Die von diesem geforderte eigene Indizienkette zum Nachweis, nach der das Masernvirus in einem Menschen oder seiner Körperflüssigkeit fotografiert, daraus isoliert, aufgereinigt, wieder fotografiert und anschließend dessen Zusammensetzung biochemisch charakterisiert werden müsse mit einem anschließenden Reinfektionsexperiment, stelle lediglich eine Hypothese dar, der wissenschaftliche Bedeutung nicht zukomme, da sie keinen wissenschaftlich etablierten Standard darstelle.
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Ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Unterlassungserklärung - mit Ermächtigung der Rechtsschutzversicherung - bestehe aus Delikt gemäß § 831 BGB. Die streitgegenständliche Äußerung stelle eine Tatsachenbehauptung dar, die das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletze. Der Beklagte habe sich für den Eintrag durch etwaige Mitarbeiter nicht gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB entlastet, weshalb ihm jedenfalls deren Verhalten zuzurechnen sei.
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Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
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Der Beklagte hat gegen das ihm am 15.04.2015 zugestellte Urteil am 27.04.2015 beim Oberlandesgericht Stuttgart Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15.07.2015 - am 07.07.2015 dort eingegangen.
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3. Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor,
es werde bereits die Wirksamkeit des „Protokoll-Urteils“ gerügt. Es hätten nicht alle Richter unter dem Protokoll unterschrieben. Die Verbindung von Sitzungsprotokoll und von allen Richtern unterschriebener Entscheidungsformel genüge nicht. Darüber hinaus werde gerügt, dass das Urteil nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen der Geschäftsstelle übergeben worden sei. Der Ersatzrichter P... sei evtl. nicht auf die Komplexität des Falles vorbereitet gewesen. Entgegen dem Protokoll sei nicht zur Sache und zum Beweisergebnis nach Anhörung des Sachverständigen verhandelt worden, vielmehr sei dem Stuhlurteil ein „faktisches Rede- und Frageverbot“ vorausgegangen. Der Hinweis- und Beweisbeschluss vom 24.04.2014 sei nicht begründet bzw. undurchführbar gewesen. Schließlich sei das rechtliche Gehör verletzt worden, da die Zeugin Privatdozentin Dr. M... vom RKI nicht geladen worden sei, das Gericht nicht auf das Verlesen der Information des RKI vom 24.01.2012 eingegangen sei, die Nebenklage nicht verhandelt worden sei und auch dem Beweisangebot bezüglich seines veröffentlichten Buches „Der Masernbetrug“ nicht entsprochen worden sei.
28 
Der vollständige Auslobungstext sei nicht öffentlich bekannt gemacht worden, da er ausdrücklich nur an die Empfänger des Newsletters des „k...-k... Verlages“ gerichtet gewesen sei, die sich dafür eingetragen hätten.
29 
Bezüglich des Inhaltes der Auslobung seien die vorgegebenen Kriterien (vgl. zur Auflistung dieser durch den Kläger: Bl. 223 u. 384 ff. d. A.) nicht zutreffend vom Landgericht erfasst worden. Es hätte nur eine wissenschaftliche Publikation im Sinne einer Originalarbeit und nicht einer Zusammenfassung vorgelegt werden dürfen, in der behauptet und bewiesen werde, dass das Masernvirus existiere, was nur durch die Dokumentation einer Isolation und biochemischen Bestimmung des Isolats möglich sei und in der der Durchmesser bestimmt werde, was nur durch „negatives Staining“ möglich sei, was nicht gemacht worden sei. Auch habe die Bestimmung des Durchmessers nicht aufgrund von Modellen und Zeichnungen vorgenommen werden dürfen, was aber in der 6. Publikation erfolgt sei (Presslinge). Es hätte an Frau PD Dr. M... (RKI) die Frage nach dem Durchmesser des Masernvirus gestellt werden müssen, da dieser von zentraler Bedeutung sei. Bei der Auslegung der Auslobung müsse auch der Hintergrund der Publikation beachtet werden. Es sei zu erkennen gewesen, dass die Auslobung auf das RKI und dessen Tätigkeit abziele und nur Publikationen nach Inkrafttreten des IfSG im Jahr 2001 und nach der Festschreibung der Regeln der DFG aus dem Jahr 1998 in Betracht kommen. Der Verlag hätte regelmäßig „k...-k...-Aktionen“ durchgeführt, mit denen informierte Bürger aufgefordert worden seien, das RKI und die Landesgesundheitsbehörden nach Beweisen in Form von wissenschaftlichen Publikationen zu fragen, die die Existenz von krankmachenden Viren und des Masernvirus beweisen würden. Die Abonnenten des „k...-k...-Verlags“ seien durch vorangegangene Veröffentlichungen und Veranstaltungen geschult worden, wie eine wissenschaftliche Publikation zu erstellen und an deren Inhalt zu erkennen sei, ob darin die Beweise für die Existenz eines Virus und die Bestimmung seines Durchmessers enthalten seien. Nur in einer Originalarbeit könnten die exakte Beschreibung der Experimente, die Datenauswertung und die Diskussion der Ergebnisse enthalten sein. Die Abonnenten hätten gewusst, dass der Beweis für die Existenz eines Virus nur durch dessen Isolation, der Dokumentation der erfolgten Isolation und danach durch die Dokumentation der Bestimmung seiner wenigen Bestandteile erbracht werden könne. Die Empfänger der Newsletter hätten in der Lage sein sollen, die vorgelegten Beweise direkt und selbst überprüfen zu können. Auch seien viele wissenschaftliche Publikationen für Laien nur sehr schwer und kostenintensiv zu beschaffen. Auch deshalb hätte eine Originalarbeit vorgelegt werden sollen. Das Landgericht habe durch seinen Beschluss vom 24.04.2014 die Kriterien, dass es sich nur um eine Publikation, eine Originalarbeit, die vom RKI stamme, außer Kraft gesetzt und ein weiteres Kriterium, nämlich die Ursächlichkeit für die Masernerkrankung stattdessen hinzugefügt. Im Übrigen sei durch die Auslobung nie die Einhaltung der „K...´schen Postulate“ gefordert worden.
30 
Tatsächlich erfüllten die vorgelegten Publikationen weder einzeln noch in der Gesamtschau die Kriterien der Auslobung. Das Gericht habe die Artikel bereits nicht selbst geprüft. Diese wurden - unstreitig - erst im Berufungsverfahren (in englischer Sprache) vorgelegt (Bl. 256 f d. A.). So habe das Gericht akzeptiert, dass aus den sechs Publikationen und den darin zitierten Veröffentlichungen auf willkürliche Weise Aussagen und Argumente vom Sachverständigen entnommen worden seien und diese entgegen der Aussagen und Intension der Autoren ausgelegt und gedeutet sowie zusätzliche Aussagen erfunden worden seien, die in den Publikationen nicht getätigt worden seien. Schließlich sei daraus ein Konglomerat der Aussagen der Autoren auf nicht nachvollziehbare und überprüfbare Weise konstruiert worden. So habe der Sachverständige die Publikation „H... und M...“ entweder nicht gelesen oder absichtlich falsch dargestellt. Die dortigen Autoren stellten gerade fest, dass keine Informationen zur Vermehrung des Virus vorlägen. Schließlich handele es sich bei dieser Publikation auch nur um Sekundärliteratur und es werde der vom Sachverständigen selbst aufgestellte Grundsatz, dass das Außenvorlassen eigener Ergebnisse eine zwingende Voraussetzung für diesen Publikationstyp sei, nicht beachtet, da sich die Autoren gerade selbst zitierten. Hinsichtlich der angeblichen Unzulänglichkeit der einzelnen Arbeiten wiederholt der Beklagte weitgehend seinen Vortrag aus der ersten Instanz und ergänzt diesen. Die von ihm geforderte Indizienkette zum Nachweis des Masernvirus sei nicht neu. Die in seiner 78-seitigen Stellungnahme zum Gutachten des Sachverständigen vom 17.11.2014 aufgeworfenen Fragen seien von diesem nicht beantwortet worden. Der Sachverständige sei befangen, da er den Vornamen des Vorsitzenden Richters des Landgerichts Ravensburg in seinem Schreiben vom 03.03.2015 (Bl. 132 d. A.) erwähnt habe, obwohl dessen Vorname im Verfahren niemals aufgetaucht sei. Schließlich würden die Angaben des Sachverständigen auch durch die gutachterlichen Stellungnahmen, die außergerichtlich eingeholt worden seien, widerlegt (vgl. etwa Angaben der Rechtsanwälte Dr. E..., die die Veröffentlichungen gelesen hätten; der Professoren K..., W... sowie der Dres. L... und K...; Anl. A 12 - A 15, Bl. 543 ff d. A. und Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 9.2.2016, A 22, Bl. 662 d. A.). Schließlich sei nochmals daran zu erinnern, dass durch das RKI, PD Dr. M..., die als Zeugin benannt worden sei, eine Größe der Viren von 120 - 400 nm festgestellt worden sei und im Material auch Ribosomen hätten festgestellt werden können, was nach den Aussagen des Sachverständigen gegen ein Virus spreche. Letztlich sei die Entscheidung des Landgerichts auch unzutreffend, da der Sachverständige - entgegen dem Urteil - nicht gesagt habe, dass Kontrollexperimente durchgeführt worden seien, aufgrund derer ausgeschlossen werden könne, dass nicht lediglich zelleigene Artefakte in den Studien festgestellt worden seien.
31 
Der Beklagte beantragt:
32 
1. Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 12.03.2015, Az.: 4 O 346/13, abgeändert.
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2. Die Klage wird abgewiesen.
34 
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger trägt vor:
37 
Das Urteil des Landgerichts lasse keine Anhaltspunkte für eine unvollständige oder unrichtige Tatsachenfeststellung oder Würdigung erkennen. Die Voraussetzungen für die Einholung eines neuen Gutachtens lägen nicht vor. Neuer Sachvortrag sei verspätet. Im Übrigen seien lediglich die Einwände aus erster Instanz vorgebracht worden, auf die bereits seinerzeit eingegangen worden sei. Verfahrensmängel lägen nicht vor. Es hätten Fragen gestellt werden können und seien auch gestellt worden. Der Sachverständige sei nicht befangen, da der Vorname des Richters auf an alle Parteien verschickten E-Mails zu ersehen gewesen sei. Der Inhalt des Protokolls vom 12.03.2015 sei richtig. Verfahrensmängel würden ebenso wie verspätet vorgebrachte Behauptungen bestritten. Es werde ausdrücklich der erst in zweiter Instanz behauptete „Hintergrund“ der Veröffentlichungen des „k...-k... Verlages“ bestritten. Die Internetseite sei auch frei zugänglich gewesen, jedenfalls gelte dies auch für den Newsletter, was bislang unstreitig gewesen sei. Die nunmehr vorgelegten Stellungnahmen seien nicht geeignet, das gerichtliche Gutachten in Frage zu stellen. Es ergäben sich nicht nur etwa bezüglich des Sachverständigen W... durchaus Bedenken an der Wissenschaftlichkeit seiner Arbeiten. Nach den Angaben auf dem Internetportal „P...“ sei Johann L... Anhänger der „Germanischen neuen Medizin“, gegen den mehrfach Berufsverbote verhängt worden seien. Frau K... betreibe eine Naturheilpraxis in M... und Frau K... habe das vorgelegte Gutachten im Rahmen einer Auftragsarbeit für die M... GmbH & Co. KG erstellt.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 16.02.2016 verwiesen.
II.
39 
Die Berufung ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, hat sie auch Erfolg, weil jedenfalls das Kriterium der Auslobung, den Beweis der Existenz des Masernvirus durch „eine wissenschaftliche Publikation“ zu führen, durch den Kläger nicht erfüllt wurde.
40 
A. Zulässigkeit der Berufung
41 
Die Berufung ist teilweise unzulässig.
42 
Die Berufung des Beklagten wurde form- und fristgerecht eingereicht und bezüglich des Anspruchs auf Auszahlung des ausgelobten Betrages in Höhe von 100.000 EUR nebst Zinsen und Kosten auch in zulässiger Weise begründet. Bezüglich des zugesprochenen Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten für die Geltendmachung der Abgabe der Unterlassungserklärung durch den Beklagten ist die Berufung allerdings unzulässig, da sie insoweit nicht ordnungsgemäß begründet wurde.
43 
Nach § 520 Abs. 1 ZPO muss der Berufungskläger die Berufung begründen. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleiten (vgl. nur BGH, Beschluss vom 28.01.2014, III ZB 32/13, juris-Rn. 12).
44 
Vorliegend wurde in der - fristgerecht eingereichten - Berufungsbegründung vom 07.07.2015 überhaupt nicht dargetan, warum die Entscheidung des Landgerichts bezüglich der zugesprochenen Anwaltskosten für das Unterlassungsbegehren aufzuheben und die Klage abzuweisen sein soll. Auch im Schriftsatz vom 16.11.2015, eingegangen beim Oberlandesgericht am 17.11.2015, wird eine den genannten Anforderungen entsprechende Begründung nicht gegeben. Soweit dort erstmals gerügt wird, dass ein Verfahrensmangel dahingehend vorliege, dass in der Verhandlung am 12.03.2015 „nicht verhandelt wurde und die Gründe für die Verurteilung und der Nebenklage erst in der schriftlichen Urteilsbegründung vorgebracht wurden und der Beklagte sich hier nicht verteidigen und entlasten konnte“ und die Behauptungen des Klägers diesbezüglich bestritten würden (Bl. 383 d. A.), fehlt es auch hier an der Darlegung, warum dies für die angefochtene Entscheidung erheblich wäre. Gleiches gilt hinsichtlich der weiter vorgebrachten Verfahrensrügen. Schließlich kommt es hierauf letztlich jedoch nicht an, da jedenfalls nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eine ordnungsgemäße Begründung eingereicht wurde.
45 
Die Berufung ist daher, soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Bezahlung von 492,54 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.04.2014 (Urteilstenor Ziff. 1. c.) wendet, gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
46 
B. Begründetheit der zulässigen Berufung bezüglich des ausgelobten Betrages in Höhe von 100.000,00 EUR nebst Zinsen und Kosten
47 
Soweit die Berufung des Beklagten zulässig ist, ist sie auch begründet, da der ausgelobte Betrag nur dann hätte verdient werden können, wenn die zu beweisenden Umstände allesamt in einer in sich abgeschlossenen Arbeit dargetan worden wären.
48 
a. Wirksamkeit des Urteils
49 
Das Urteil des Landgerichts ist wirksam.
50 
Das Urteil wurde ordnungsgemäß erlassen. Nach § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Es wird gemäß § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Verlesung der Urteilsformel verkündet und ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben (§ 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Unterschriften der Richter müssen bei der Verkündung noch nicht geleistet sein (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 309 ZPO Rn. 2). Vorliegend haben alle Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, sowohl den verlesenen Urteilstenor als auch das den Parteien zugestellte, vollständig abgefasste Urteil unterschrieben.
51 
Es handelte sich nicht um ein sog. Protokollurteil, das der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (NJW-RR 2007, 141) zu Grunde lag. Das Protokollurteil ist ein Stuhlurteil, bei dem der gesamte Urteilstext in das Protokoll bzw. eine mit ihm zu verbindende Anlage aufgenommen wird und im Gegensatz zum hiesigen Fall gesonderte Urteilsgründe unterbleiben (vgl. § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO und Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 310 Rn. 3 m.w.N.). Im oben zitierten Fall war das Berufungsurteil samt Gründen nur im Protokoll enthalten und dieses wurde nur von dem Senatsvorsitzenden und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben und es konnten die fehlenden Unterschriften der beiden beisitzenden Richter wegen Ablaufs der maßgeblichen 5-monatigen Höchstfrist für die Rechtsmitteleinlegung (§ 548 ZPO) nicht mehr rechtswirksam nachgeholt werden.
52 
Soweit der Beklagte rügt, dass die Absetzungsfrist von drei Wochen (§ 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nicht eingehalten worden sei, tatsächlich ist das vollständig abgesetzte Urteil, das am 12.3.2015 verkündet wurde, erst am 13.4.2015 auf die Geschäftsstelle gelangt (vgl. Bl. 180 R d. A.), kann dies seine Wirksamkeit nicht berühren (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 310 ZPO Rn. 5 m.w.N.), selbst wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, eine Verlängerung der Absetzungsfrist nicht erfordert haben sollten. Dass Richter P... sich nicht auf die Verhandlung ausreichend habe vorbereiten können, ist bereits nicht substantiiert vorgetragen.
53 
Auch die übrigen Verfahrensrügen, selbst unterstellt, sie wären berechtigt, können nicht die Unwirksamkeit des Urteils begründen. Selbst nichtige und inkorrekte Entscheidungen sind nicht wirkungslos (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., vor § 300 ZPO Rn. 20 m.w.N.). Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, das angefochtene Urteil nur geprüft wird, wenn dieser auch nach § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründungsschrift geltend gemacht worden ist. Die genannten Verfahrensmängel sind nicht in der Berufungsbegründungsschrift nach § 520 Abs. 3 ZPO geltend gemacht worden, sondern erst im November 2015 durch Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 11. Dezember 2015 (Bl. 379 ff d. A.).
54 
b. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die ausgelobte Belohnung gemäß § 657 BGB zu.
55 
Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat (§ 657 BGB).
56 
aa. Öffentliche Bekanntmachung
57 
Der Beklagte hat die Auslobung gemäß Anl. K 1 vom 24.11.2011 im Internet öffentlich bekannt gemacht.
58 
Öffentliche Bekanntmachung bedeutet Kundgabe gegenüber einem individuell unbestimmten Personenkreis, z. B. in der Presse, auf Anschlagsäulen, durch Postwurfsendungen an Angehörige einer Berufsgruppe, so dass ungewiss ist, welche und wie viele Personen die Möglichkeit der Kenntnisnahme haben (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 657 BGB Rn. 3) .
59 
In erster Instanz war unstreitig, dass der vollständige Auslobungstext im Internet für jedermann sichtbar war. Eine Berichtigung des Teils des Tatbestands des Urteil des Landgerichts, das den unstreitigen Sachvortrag enthält, wurde nicht beantragt.
60 
Der Beklagte ist mit dem neuem Verteidigungsmittel, nämlich mit der Behauptung, dass nur für Abonnenten des Newsletter die Auslobung sichtbar gewesen sei, ausgeschlossen. Nach § 531 Abs. 2 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie
61 
1. einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
62 
2. infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
63 
3. im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
64 
Dass einer der genannten Gründe für die nachträgliche Zulassung des Vortrags hier einschlägig wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
65 
Im Übrigen würde selbst für den Fall, dass die Erklärung an einen individuell abgegrenzten Kreis bestimmter Personen gerichtet war, dies lediglich dazu führen, dass es sich dann um ein annahmebedürftiges Vertragsangebot gehandelt hat, für eine bestimmte Handlung einen bestimmten Lohn zu bezahlen (vgl. hierzu: Palandt/Sprau, a.a.O., § 675 BGB Rn. 3 m.w.N.). Durch die gegenüber dem Kläger erfolgte Bestätigung vom 30.1.2012 (Anl. K 3), dass die Auslobung noch gilt, hätte der Beklagte diesem das Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages gemacht, das dieser dann angenommen hätte. Die Folgen wären rechtlich wohl dieselben wie bei der Auslobung.
66 
bb. Rechtsbindungswille und Auslegung der Auslobung
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b.b.1. Der Auslobung des Beklagten fehlt nicht der Rechtsbindungswille.
68 
Vorliegend könnte bereits fraglich sein, ob der Auslobung nicht der für die Abgabe einer Willenserklärung nötige Rechtsbindungswille fehlt. Ergibt bereits die Auslegung, dass der Auslobende sich nicht rechtlich binden will, so liegt schon nach dem normativen Erklärungswert keine Willenserklärung vor (vgl. Staudinger/Bergmann, BGB, Neubearb. 2006, § 657 BGB Rn. 28 m.w.N.). So wird auch bisweilen in der Lehre die Regel aufgestellt, dass in Situationen, in denen der Auslobende den Eintritt des Erfolges nicht wünscht oder gar für unmöglich hält (sog. negative Auslobungen) eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür sprechen mag, dass dem Auslobenden der Rechtsbindungswille fehlt (vgl. Staudinger/ Bergmann, a.a.O. m.w.N.). Doch selbst für den Fall, dass der Auslobende den Erfolg, für dessen Herbeiführung er die Belohnung verspricht, nicht ernstlich wünscht, er sogar seine Herbeiführung für unmöglich hält, kann der Rechtsbindungswille nicht verneint werden, da er einen Anreiz schaffen muss, gerade zu zeigen, dass die zu belohnende Handlung nicht möglich ist und deshalb die Auslobung eine ernstlich gemeinte Verpflichtung darstellt (vgl. Staudinger/Bergmann, a.a.O. und Palandt/Sprau, a.a.O., § 657 BGB Rn. 4 m.w.N.). So liegt es auch hier. Im Übrigen hat der Kläger dem Beklagten ausdrücklich bestätigt, dass die Auslobung ernst gemeint ist.
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b.b.2. Auslegung der Auslobung
70 
Was genau Gegenstand der Auslobung ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese richtet sich nach der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlich Beteiligten oder eines Angehörigen des gerade angesprochenen Personenkreises. Außer dem Text der Erklärung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die jedermann oder auch jedem Angehörigen der angesprochenen Kreise bekannt oder erkennbar sind (vgl. BGHZ 53, 307 juris-Rn. 12; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 133 BGB Rn. 12 m.w.N., Erman/Berger, BGB, 14. Aufl., § 657 BGB Rn. 10: Auslegung nach §§ 133, 157 BGB). Vorliegend ist davon auszugehen, dass - entsprechend dem unstreitigen Sachverhalt in erster Instanz - jedermann Zugang zum Text der Auslobung hatte und jeder am Thema „Impfung“, insbesondere „Masernimpfung“ interessierte Internetnutzer zum angesprochenen Kreis gehörte.
71 
Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die §§ 133, 157 BGB gelten sowohl für die Auslegung von Verträgen als auch für die von einseitigen Rechtsgeschäften - um ein solches handelt es sich bei der Auslobung (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 657 BGB Rn. 1 mit Nachweisen auch zur Gegenauffassung) - und einzelnen Willenserklärungen. Der Anwendungsbereich beider Vorschriften deckt sich. Sie sind bei der Auslegung nebeneinander heranzuziehen (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 157 BGB Rn. 1 m.w.N.).
72 
Dabei sind sowohl der Wortlaut der Erklärung als auch die Begleitumstände, vor allem die Entstehungsgeschichte, die Äußerungen der Parteien und deren Interessenlagen zu berücksichtigen sowie der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck. Geboten ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung; im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Parteien gerecht werdenden Ergebnis führt, das mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang steht (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 133 BGB Rn. 14 - 20 m.w.N.).
73 
Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass dem aus der Auslobung (Anl. K 1) für Dritte erkennbaren Interesse des Beklagten bei der Auslegung maßgebliche Bedeutung zukommt.
74 
Dem Beklagten geht es, ausgehend von der für ihn unumstößlichen Gewissheit der Nichtexistenz des Masernvirus („da wir wissen, dass es das Masern-Virus nicht gibt und bei Kenntnis der Biologie und der Medizin auch nicht geben kann...“), darum, zu zeigen, dass „die Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde“ sich als Bestandteil einer Werbekampagne darstelle, die durch die Bundesregierung und die WHO zu Gunsten der Pharmaindustrie unterstützt werde. Es werde deshalb „Unwahres“ behauptet, „... damit die Würde der Menschen ...“ verletzt „und auf dieser Basis durch die Impfungen der körperlichen Unversehrtheit und dem Recht auf Leben ...“ geschadet. Besonders in den Fokus rückt dabei das RKI, namentlich Privatdozentin Dr. M... Er geht davon aus, dass angesichts des Umstandes, dass die Existenz des Masernvirus auch durch die Auslobung nicht nachgewiesen werden kann, sich „das weitere Vorgehen“ so gestalten werde, dass Beschwerden an die Vorgesetzten von Privatdozentin Dr. M... gerichtet werden, da deren Verhalten „- so zu tun als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden“ darf. Das Preisausschreiben stellt damit einen Teil der vom Beklagten als Gegner der Masernvirusimpfung durchgeführten Kampagne dar. Ihm liegt erkennbar nicht daran, dass seine - ohnehin als unumstößlich dargestellte - Behauptung zur Nichtexistenz des Masernvirus widerlegt wird.
75 
Gleichwohl soll die Auslobung - wie der Beklagte auch in der Berufungsinstanz bestätigt - ernst gemeint gewesen sein, so dass der „Gegenbeweis“ nach Maßgabe der Auslobung angetreten werden kann.
76 
Dabei sind allerdings die restriktiven Vorgaben des Beklagten zu beachten, denn diesem ist - erkennbar für Dritte - ja nicht am Nachweis des Masernvirus gelegen.
77 
(1) Kriterium: Nachweis durch eine einzige wissenschaftliche Publikation
78 
Das Preisgeld wird nach dem eindeutigen Wortlaut der Ausschreibung
79 
„... ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u. a. dessen Durchmesser bestimmt ist.
80 
Das Preisgeld wird nicht ausgezahlt, wenn es sich bei der Bestimmung des Durchmessers des Masern-Virus nur um Modelle oder Zeichnungen wie dieses handelt ...“
81 
Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut ist hiernach eine Publikation vorzulegen, in der der Nachweis nach diesen Vorgaben zu erfüllen ist.
82 
Für ein solches Verständnis spricht nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Umstand, dass ein einziges Werk nicht nur seiner äußeren Form nach in sich abgeschlossen ist und dadurch den in sich gegliederten Stoff klar umgrenzt, sondern auch, dass kein Streit darüber entstehen kann, durch welche Textpassage welches von ggf. einer Vielzahl von Werken welcher Beweis geführt werden kann. Bei einer Vielzahl von Werken, durch die in ihrer Gesamtschau ein Beweis geführt werden soll, kann es deutlich schwieriger sein, ein jedes der Werke methodisch und inhaltlich auf eine vergleichbare und aussagekräftige Ebene zu führen. Dazuhin schränkt es den Aufwand der Prüfung erheblich ein, wenn dem Wortlaut entsprechend der Beweis in einem Werk geführt werden muss. Es liegt auf der Hand, dass vom Beklagten, erkennbar auch für Dritte, nicht gewünscht sein kann, dass etwa 50, 100 oder 500 verschiedene Werke vorgelegt werden, aus denen dann einzelne Textpassagen oder Abschnitte wie ein Puzzle zusammengesetzt werden, um sodann über die Aussage im Gesamtkontext zu streiten.
83 
Damit sprechen Gründe der Praktikabilität und der Zumutbarkeit dafür, die Ausschreibung so zu verstehen, wie sie dem Wortlaut nach zu verstehen ist. Des Weiteren ist für den Dritten auch erkennbar und angesichts des Umstandes, dass der Auslobende auch die Belohnung bezahlt, auch nicht nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu beanstanden (§ 157 BGB), dass der Beklagte seinen Text nicht nach einem zu Gunsten des Beweisführenden großzügigen Verständnisses über den Wortlaut hinaus ausgelegt sehen möchte und ausgelegt sehen muss.
84 
Schließlich finden sich im Auslobungstext keine Kriterien für eine sinnvolle Beschränkung der Anzahl der als Beweismittel vorzulegenden Arbeiten und solche sind auch nicht ersichtlich:
85 
- Es kann - entgegen dem Landgericht - auch nicht aus dem Bedürfnis, dass Publikationspraxis im medizinischen Forschungskontext schon seit Jahrzehnten angeblich nicht mehr die Monografie sei, geschlossen werden, dass entgegen dem Wortlaut nunmehr durch eine Vielzahl von Fachartikeln die einzelnen Aspekte nachgewiesen werden können.
86 
Selbst wenn es eine Praxis dahingehend gäbe, wie der Sachverständige ausführte, dass in den letzten Jahrzehnten praktisch keine einzelnen Monografien zu einem Thema erstellt wurden, erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass eine solche doch existiert und vorgelegt werden kann. Wie die Publikationen aus den 50-er Jahren (Enders u. Peebles und Beck u. v. Magnus) zeigen, wurden auch Publikationen vorgelegt, die über 60 Jahre alt sind, also zu einer Zeit geschrieben wurden, als noch Monografien veröffentlicht worden sein mögen. Im Übrigen kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass eine für die Beweisführung geeignete Monografie existiert oder zum Zwecke der Erlangung des beträchtlichen Preisgeldes publiziert wird. Dafür, dass der Beklagte auch an eine eigens für die Auslobung erstellte wissenschaftliche Publikation gedacht haben kann, spricht auch der Umstand, dass der Beklagte behauptet, dass die Existenz fast aller existierenden ca. 2.000 Virusarten inkl. deren Durchmesserangaben in jeweils einer einzigen Publikation bewiesen worden sei (Bl. 386 d. A.).
87 
Es mag zwar dem Bedürfnis des Klägers und des Beweisführenden entsprechen, die Hürden für die Beweisführung vorzugeben, doch ist dies im Ergebnis Sache des Auslobenden, der allein bestimmt, wofür er bereit ist, eine Belohnung zu bezahlen. In diesem Sinne ist auch für den Dritten erkennbar, dass der Auslobende es den möglichen Bewerbern des Preisgeldes nicht erleichtern möchte, den von ihm ohnehin nicht erwünschten Nachweis, dass ein Masernvirus existiert, zu ermöglichen.
88 
- Auch der Umstand, dass der Beklagte nicht sofort nach Vorlage der Veröffentlichungen den Einwand erhoben hat, dass sechs Publikationen vorgelegt wurden und nicht nur eine, steht dem nicht entgegen. Der Beklagte hat sofort eingewendet, dass keine der vorgelegten Arbeiten den Beweis zu führen geeignet sei. Erst als der Sachverständige sein Ergebnis dargetan hat, dass der Beweis bei Zusammenschau aller Publikationen als geführt angesehen werden könne, hat es sich aufgedrängt, nunmehr auch einzuwenden, dass dann jedenfalls der Beweis nicht durch eine einzige Arbeit geführt worden sei.
89 
- Auch die Auslegung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte gemäß § 157 BGB gebietet keine dem sich um das Preisgeld Bewerbenden günstigere Auslegung. Es verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn derjenige, der 100.000 EUR auslobt, seine - für Dritte erkennbar - eigenen Vorstellungen - mögen diese es auch schwer machen, das Preisgeld zu verdienen - zum Maßstab der Auslobung bestimmt. Eine Verkehrssitte, die dem entgegenstehen könnte, ist weder vorgetragen noch erkennbar.
90 
Im Ergebnis kommt somit eine Auslegung entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Auslobung nicht in Betracht.
91 
(2) Kriterium „Originalarbeit“
92 
Soweit der Beklagte meint, dass nur eine „Originalarbeit“ eingereicht werden könne, unter der er die exakte Beschreibung der Experimente, die Datenauswertung und die Diskussion der Ergebnisse versteht (Bl. 387 d. A.), mag er dies zwar angestrebt haben, doch geht dies nicht aus dem Auslobungstext hervor, der nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen ist. Eine Übersichtsarbeit wäre jedenfalls dann ausreichend, wenn hierin auf Basis vorangegangener Arbeiten der wissenschaftliche Nachweis für die Existenz und Größe des Masernvirus geführt wird.
93 
(3) „Veröffentlichung muss vom RKI stammen“
94 
Es ist vom maßgeblichen Empfängerhorizont weder nach dem Wortlaut noch nach dem erkennbarem Zweck der Ausschreibung zu ersehen, dass es sich um eine Veröffentlichung des RKI handeln muss. Der Umstand, dass die Frage hinsichtlich des Durchmessers des Masernvirus an PD Dr. M... gestellt werden solle, lässt hierauf ebensowenig schließen, wie der Hinweis des Beklagten in seinem Antwortschreiben an den Kläger auf das IfSG.
95 
(4) Publikation muss „wissenschaftlich“ sein im Sinne der DFG-Kriterien von 1998
96 
Aus dem Auslobungstext kann vom angesprochenen Publikum nicht erkannt werden, dass eine wissenschaftliche Publikation nach dem Standard der DFG-Kriterien von 1998 erfolgen soll. Verlangt wird lediglich eine „wissenschaftliche Publikation“. Das IfSG, auf das in der Auslobung in diesem Zusammenhang nicht Bezug genommen wird, gibt ebenfalls keinen wissenschaftlichen Standard vor.
97 
Die Brockhaus Enzyklopädie in 30 Bänden, 21. Aufl., Bd. 30, führt unter „wissenschaftliches Buch“ aus: „inhaltsbezogene Bezeichnung für ein Buch, das sich einem wissenschaftlichen Thema widmet, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußend verfasst ist“. Im Großen Wörterbuch der Deutschen Sprache des Duden (Bd. 6) ist wissenschaftlich als „die Wissenschaft betreffend, dazugehörend, darauf beruhend“ definiert.
98 
Im Internet-Lexikon Wikipedia ist wissenschaftliche Arbeit definiert als „systematisch gegliederter Text, in dem ein oder mehrere Wissenschaftler das Ergebnis seiner oder ihrer eigenständigen Forschung darstellt“. Nach dieser Definition stellte die Arbeit von „H... u. M...“ jedenfalls keine wissenschaftliche Arbeit dar, da sie auch nach den Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 17 des Gutachtens) einen Übersichtsartikel darstellt, der die Ergebnisse aus Originalarbeiten Autoren zusammenfasst.
99 
Diese Definition ist jedoch zu hinterfragen, da es auch als wissenschaftlich erscheint, wenn die bisherigen Arbeiten systematisch ausgewertet, zusammengefasst und hieraus ggf. neue Schlüsse gezogen werden.
100 
Da somit auch eine Übersichtsarbeit, die wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Thema aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen systematisch zusammenfasst und aufarbeitet, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußend verfasst ist, ist richtigerweise auch die Arbeit von „H... und M...“ als wissenschaftliche Arbeit anzusehen, ebenso diejenige von „D... et al“.
101 
Der Beklagte behauptet, dass die beiden letztgenannten Publikationen nicht unabhängig fachbegutachtet seien. Die Publikation von „D... et al.“ sei in einer internen Zeitschrift eines japanischen Colleges veröffentlicht worden, die nachweislich nicht unabhängig fachbegutachtet worden sei. Bei der Übersichtsarbeit von „H... und M...“ zitierten sich die Autoren gerade selbst, obwohl der Sachverständige als zwingende Voraussetzung für diesen Publikationstyp das Außenvorlassen eigener Forschungsergebnisse dargetan habe (Bl. 369 d. A.).
102 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen sind alle Artikel Zeitschriften mit einem Fachgutachtersystem entnommen und damit in der Regel von mindestens von zwei unabhängigen Fachwissenschaftlern vor der Veröffentlichung geprüft und ggf. mit Korrekturanforderungen versehen worden (S. 17 des Gutachtens). Dem stehen gegenteilige Behauptungen des Beklagten gegenüber. Es kann letztlich - da nicht entscheidungserheblich - dahinstehen, ob die Einwände des Beklagten begründet sind und ob sie nicht, da erstmals in zweiter Instanz in den Prozess ordnungsgemäß eingeführt, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wären.
103 
(5-7) Beweis der Existenz des Masernvirus, Durchmesser und Nichtverwendung von Modellen
104 
Die Beweiswürdigung des Landgerichts dahingehend, dass aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens bewiesen sei, dass die vom Kläger vorgelegten Publikationen in ihrer Gesamtheit den Nachweis für die Existenz und die Erregereigenschaft des Masernvirus belegten und auch die Bestimmung des Durchmessers in der vom Beklagten verlangten Form gelungen sei, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
105 
Das Berufungsgericht hat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten - wie hier nicht -, seiner Verhandlung und Entscheidung zu Grunde zu legen. Neue Tatsachen sind nur, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist, zu beachten (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
106 
Der Beklagte ist mit Beanstandungen gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, wenn er sie erstinstanzlich hätte geltend machen können, denn Beanstandungen eines Sachverständigengutachtens zählen zu den neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln (vgl. KG Berlin, MDR 2007, 48 m.w.N. u. Zöller/Heßler, a.a.O., § 531 ZPO, Rn. 31, m.w.N.).
107 
Das Landgericht hat die Angaben des Sachverständigen, dessen Fachkunde nicht angezweifelt werden kann, eingehend, nachvollziehbar und überzeugend gewürdigt (vgl. insbesondere S. 20 f. des Urteils unter 2.). Es ist nicht erkennbar, dass hierbei etwa Denkgesetze verletzt wurden oder sonstige Fehler unterlaufen sind.
108 
Soweit der Beklagte rügt, dass das Gericht die in englischer Sprache verfassten Veröffentlichungen nicht selbst gelesen und geprüft habe, war dies zum einen nicht nötig, da es sich um medizinische Fachartikel handelt, die ohne Übersetzung sowohl in sprachlicher Hinsicht als auch in ihrer wissenschaftlichen Einordnung und Bewertung ohnehin nicht vom Gericht beurteilt werden können. Zum anderen wurde in erster Instanz nicht gerügt, dass der Sachverständige den Inhalt der Artikel falsch dargestellt habe. Der Beklagte ist deshalb mit dieser Rüge gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
109 
Das Gleiche gilt für die Einwände, dass aus den sechs Publikationen und den darin zitierten Veröffentlichungen auf willkürliche Weise Aussagen und Argumente entnommen worden seien, die entgegen der Aussagen und Intention der Autoren ausgelegt und gedeutet werden würden, zusätzliche Aussagen erfunden worden seien, die in den Publikationen nicht getätigt worden seien, daraus ein Konglomerat der Aussagen der Autoren auf nicht nachvollziehbare und überprüfbare Weise konstruiert werde und weitere Einwände, auf die noch gesondert einzugehen sein wird.
110 
Nach Vorlage des Sachverständigengutachtens vom 17.11.2014 wurde den Parteien Gelegenheit gegeben, bis zum 20.1.2015 Anträge und Ergänzungsfragen zum schriftlichen Gutachten vorzubringen (Verfügung vom 24.11.2014, Bl. 98, 99 d. A.). Der Beklagte hat durch Anwaltsschriftsatz vom 3.2.2015 zum Gutachten Stellung genommen und neun Fragen gestellt, die wiederum dem Sachverständigen vorgelegt wurden. Der Sachverständige hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme abgegeben (Stellungnahme vom 3.3.2015, auf Bl. 132 d. A.). Im Termin vom 12.3.2015 (Bl. 139 ff) bestand Gelegenheit Fragen an den Sachverständigen zu stellen, die ausweislich des Sitzungsprotokolls, insbesondere im Hinblick auf die von Assessor S... für den Beklagten gestellten Fragen, auch genutzt wurde. Ein eigenes, unmittelbares Fragerecht musste dem Beklagten nicht eingeräumt werden (vgl. § 397 ZPO; siehe hierzu unten).
111 
Die Stellungnahme des Beklagten persönlich zum Gutachten, die er im Umfang von 78 Seiten am 2.2.2015 erstellt hat (Anl. zu Bl. 125 d. A.), musste vom Sachverständigen und dem Gericht nicht im Einzelnen beachtet werden, nachdem durch Anwaltsschriftsatz vom 3.2.2015 anwaltlich neun Ergänzungsfragen gestellt wurden und das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es diese so bewertet, dass „eine anwaltliche Verdichtung der Einwände und der Ergänzungsfragen des Beklagten erfolgt ist“.
112 
Nach § 78 ZPO herrscht vor dem Landgericht Anwaltszwang. In diesem Rahmen ist schriftsätzlicher Vortrag im Rechtsstreit vor dem Landgericht durch den Anwalt zu halten. Insoweit hat der Beklagtenvertreter auch zu dem Gutachten des Sachverständigen Stellung genommen und Ergänzungsfragen gestellt (vgl. auch § 411 Abs. 4 ZPO). Nach § 397 Abs. 1 ZPO sind die Parteien nicht berechtigt, den Zeugen (die Norm gilt entsprechend für Sachverständigen, § 402 ZPO) direkt zu befragen. Es steht ihnen bei dessen Vernehmung aber zu, Fragen vorlegen zu lassen. Nur der Anwalt hat das Recht, unmittelbar Fragen an den Sachverständigen zu richten (§§ 397 Abs. 2, 402 ZPO), der Partei selbst kann der Vorsitzende dies gestatten, was hier wohl nicht erfolgt ist.
113 
Das Landgericht hat durch Verfügung vom 19.2.2015 (Bl. 126 d. A.) dargetan, dass es davon ausgehe, dass im Beklagtenschriftsatz „eine anwaltliche Verdichtung der Einwände und Ergänzungsfragen des Beklagten erfolgt“ sei. Dem wurde weder schriftsätzlich noch im Termin vom 12.03.2015 (Bl. 139 ff d. A.) widersprochen. Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass die anwaltlich gestellten Fragen maßgebend sind und musste nicht nochmals auf die 58 bzw. 78-seitige Stellungnahme des Beklagten selbst eingehen. Es wird auch nicht behauptet, dass die Fragen des Beklagtenvertreters im Termin vom 12.3.2015 an den Sachverständigen nicht zugelassen wurden.
114 
Dass Fragen im Termin nicht mehr gestellt werden durften, ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Nachdem das Diktat des Sachverständigen von diesem genehmigt und allseits ausdrücklich auf ein erneutes Vorspielen verzichtet wurde, ist im Protokoll vermerkt, dass weitere Fragen an den Sachverständigen nicht gestellt worden seien, die Parteien streitig zum Beweisergebnis mit den eingangs festgehaltenen Anträgen weiter verhandelt hätten und weitere Anträge nicht gestellt worden seien (Bl. 149 d. A.).
115 
Der Vermerk im Protokoll weist die Verhandlung über die Beweisaufnahme förmlich nach (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 165 ZPO, Rn. 2, m.w.N.). Hiergegen ist nur der Nachweis der Fälschung (§ 165 Satz 2 ZPO) zulässig. Es wird nicht behauptet, dass eine wissentlich falsche Beurkundung oder nachträgliche Verfälschung i.S.v. §§ 267, 271, 348 StGB erfolgt ist. Im Übrigen wird nicht bestritten, dass weitere Fragen an den Sachverständige nicht gerichtet wurden, wie im Protokoll auf S. 11 vermerkt ist.
116 
Soweit der Beklagte dartut, dass das Urteil jedenfalls insoweit von falschen Voraussetzungen ausgehe, als der Sachverständige nicht ausgeführt habe, dass in den Publikationen Kontrollexperimente zum Ausschluss zelleigener Artefakte enthalten seien (S. 23 des Urteils unter b., Abs. 2), kann dem nicht gefolgt werden. Der Sachverständige geht in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.03.2015, dort S. 3 (Bl. 134 d. A.) unter 6. gerade hierauf ein und legt dar, dass die notwendigen Daten und Kontrollexperimente zum Ausschluss zelleigener Artefakte anstelle des Maservirus in den Fachartikeln enthalten seien, wobei er auf sein Gutachten verweist.
117 
Der Beklagte kann letztlich auch nicht damit Erfolg haben, dass angeblich nicht aufgeklärt worden sei, ob beim RKI nicht Ribosomen im Innern der Masernviren gefunden worden seien und dies die Eigenschaft als Virus ausschließe. Der Sachverständige hat hierzu (Protokoll S. 9, Bl. 147 d. A.) ausgeführt, dass das Masernvirus keine Ribosomen enthalte und eine solche Mitteilung erstaunlich sei, allergrößte Aufmerksamkeit hervorrufen würde, das Konzept des Virus freilich dadurch nicht zwingend „über den Haufen geworfen“ werden würde. Das begriffliche Verständnis des Virus sei nämlich durchaus im Fluss. Allein die Anwesenheit von Ribosomen stehe daher der Existenz eines Virus nicht zwingend im Wege.
118 
Soweit der Durchmesser des Masernvirus durch das RKI angeblich mit 120 - 400 nm angegeben worden sei (vgl. Bl. 23 d. A.), steht auch dies der Beweiswürdigung des Landgerichtes nicht entgegen. Dieser Größenbereich liegt innerhalb des vom Landgericht aufgrund des Sachverständigengutachtens als wissenschaftlich plausibel nachgewiesenen Größenbereich von 50 bis 1.000 nm bezeichneten Bereichs. Es kann daher nicht erkannt werden, dass sich die beiden gemessenen Werte ausschließen.
119 
Auch der Einwand, dass auf das vom Beklagten veröffentlichte Buch „Der Masernbetrug“ nicht eingegangen worden sei, greift nicht. Es fehlt bereits an substantiiertem Vortrag, inwieweit welcher Beweis durch welchen Inhalt geführt werden soll. Im Übrigen sind sowohl der Sachverständige als auch das Landgericht auf die eigenen Hypothesen des Beklagten eingegangen und haben diese als solche zur Kenntnis genommen und bewertet. Dazuhin wurde das Buch vom Beklagten nicht vorgelegt.
120 
Soweit der Beklagte meint, der Sachverständige sei befangen, da er die ergänzende Stellungnahme vom 03.03.2015 (Bl. 132 d. A.) an „Herrn M... S... ...“ an das Landgericht Ravensburg versandt habe, also den Vornamen des Vorsitzenden verwendet habe, ist bereits nicht ersichtlich, warum sich hieraus ein Befangenheitsgrund ergeben können soll (zumal auf der E-Mail des Landgerichts an den Sachverständigen vom 2.3.2015 dessen Vorname verzeichnet war; vgl. Bl. 130). Des Weiteren wäre der Befangenheitsantrag aber auch zu spät gestellt. Nach § 43 ZPO, der auch für Sachverständige entsprechend anzuwenden ist (vgl. Zöller/Vollkommer, § 43 ZPO, Rn. 2, m.w.N.), kann eine Partei einen Richter - hier: den Sachverständigen - wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Der Beklagte hat sich sowohl in die Verhandlung eingelassen als auch Anträge gestellt, ohne den nun genannten vermeintlichen Befangenheitsgrund geltend zu machen.
121 
Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz nunmehr eine Anzahl von Stellungnahmen von wohl Impfgegnern vorgelegt hat, die seine Position stützen sollen, kann - weil nicht entscheidungserheblich - offen bleiben, ob diese noch zuzulassen gewesen wären (§ 531 Abs. 2 ZPO).
122 
Im Ergebnis hat die Berufung, soweit sie zulässig ist, jedenfalls Erfolg, weil das Kriterium der Auslobung, den Beweis der Existenz des Masernvirus durch „eine wissenschaftliche Publikation“ zu führen, durch den Kläger nicht erfüllt wurde. Demzufolge stehen dem Kläger auch keine vorgerichtlichen Anwaltskosten zu.
III.
123 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
124 
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
125 
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Feb. 2016 - 12 U 63/15

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(1) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 548 Revisionsfrist


Die Frist für die Einlegung der Revision (Revisionsfrist) beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkü

Zivilprozessordnung - ZPO | § 311 Form der Urteilsverkündung


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. (2) Das Urteil wird durch Vorlesung der Urteilsformel verkündet. Die Vorlesung der Urteilsformel kann durch eine Bezugnahme auf die Urteilsformel ersetzt werden, wenn bei der Verkündung von den Parteien

Strafgesetzbuch - StGB | § 348 Falschbeurkundung im Amt


(1) Ein Amtsträger, der, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit eine rechtlich erhebliche Tatsache falsch beurkundet oder in öffentliche Register, Bücher oder Dateien falsch einträgt oder eingibt, wird mit Freiheits

Zivilprozessordnung - ZPO | § 300 Endurteil


(1) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen. (2) Das Gleiche gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur Endentsch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 657 Bindendes Versprechen


Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wen

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Feb. 2016 - 12 U 63/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Feb. 2016 - 12 U 63/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - III ZB 32/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 32/13 vom 28. Januar 2014 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Seiters, Dr. Remmert und Reiter besc

Landgericht Ravensburg Urteil, 12. März 2015 - 4 O 346/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2015

Tenor 1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu bezahlen: a. 100.000,00 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.5.2012, b. 2.924,0

Referenzen

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu bezahlen:

a. 100.000,00 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.5.2012,

b. 2.924,07 EUR auf außergerichtliche Kosten,

c. 492,54 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.4.2014.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten im wesentlichen die Auszahlung einer Belohnung aus einer Auslobung, betreffend den Nachweis von Existenz und Größe des Masern-Virus.
Der Kläger ist Arzt. Der Beklagte ist promovierter Biologe. Auf den Internetseiten eines von ihm betriebenen Verlages lobte der Beklagte unter der Überschrift „Das Masern-Virus - 100.000 EUR Belohnung! - WANTED - Der Durchmesser“ am 24.11.2011 ein „Preisgeld“ in Höhe von 100.000,00 EUR aus. Unter anderem hieß es dort:
„Der Hintergrund der jetzigen Werbewelle für die Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde und deswegen Impfstoff implantiert werden solle, ist das Faktum, dass im September die Ausgaben für Impfstoffe um 19% im Vergleich zum Vorjahresmonat zurückgegangen sind.
Da im ausgabenstärksten Teilmarkt, den Grippe-Vakzinen, der Rückgang sogar 29% beträgt […], hat sich die Bundesregierung entschlossen, kräftig die Werbetrommel für die Masern zu rühren.
Zuerst überflutete sie die Bevölkerung mit hunderttausenden Broschüren […]
Gleich nach der Verteilung der Broschüre startete die WHO mit der Masern-Werbung […]
Das Preisgeld
Danach verbreitete die Bundesregierung Anfang November, dass es der Impfstoff zulassenden Behörde, dem Paul Ehrlich-Institut (PEI), gelungen sei, zu beweisen, dass sich das Masern-Virus über die Luftröhre verbreiten würde. […]
Dann schlug der Berliner Gesundheitssenat Masern Alarm: […]
Wenn also deutsche Forscher im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, muss es eine Dokumentation dieser Forschungen geben, zumal aus diesen Viren Impfstoff gemacht und diese Partikel in der Krebsforschung eingesetzt werden sollen. Dabei leuchtet es ein, dass als erstes wissenschaftliches Kriterium der Durchmesser der Viren bekannt sein muss.
100.000 EUR
Da wir wissen, dass es das Masern-Virus nicht gibt und bei Kenntnis der Biologie und der Medizin auch nicht geben kann und wir die wirklichen Ursachen von Masern ganz genau kennen, aber die Angst immer weiter zunimmt („Nicht impfen ist Kindesmisshandlung“, „Das ist kein Sterben, sondern ein Eingehen“, „Die Masernviren zerstören dabei über einen längeren Zeitraum das Gehirn des infizierten Kindes“), wollen wir mit dem Preisgeld bewirken,
10 
1. dass sich Menschen aufklären und
2. dass die aufgeklärten Menschen den nicht-aufgeklärten helfen und
3. die Aufgeklärten im Sinne der Gesetze auf die Akteure einwirken.
[…]
11 
In Deutschland hat die Bundesregierung Frau Dr. ... beauftragt, im Rahmen des Gesetzes, also des Grundgesetzes und des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), eigenständig Forschung zu den Ursachen von Masern zu betreiben. Da sie selbst die Zucht von Masern-Viren behauptet, muss ihr der Durchmesser des Masern-Virus bekannt sein. Zumindest muss sie wissen, wo es steht.
12 
An sie muss die Frage nach dem Durchmesser des Masern-Virus gestellt werden, da sie für das Masern-Virus hauptverantwortlich ist. Ihre Anschrift:
13 
PD Dr. ...
Robert Koch-Institut
[…]
14 
Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.
[...]
15 
Das weitere Vorgehen
16 
Wenn sich herausstellt, dass Frau Dr. ... Masern-Viren behauptet, ohne einen wissenschaftlichen Beweis für deren Existenz zu haben, darf ihr Verhalten - so zu tun als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden […].“
17 
Auf den Inhalt des als Anlage K1 vorgelegten Ausdrucks wird im Übrigen vollständig Bezug genommen.
18 
Mit Schreiben vom 16.1.2012 (Anl. K2) wandte sich der Kläger unter dem Betreff „Ihre Auslobung von 100 000 Euro für den Beweis der Existenz des Masernvirus“ an den Beklagten und wies daraufhin, er habe auf der Internetseite des Beklagten www. (...) .de gelesen, dass der Beklagte am 24.11.2011 einen Preis von 100 000 EUR ausgesetzt habe für den Fall, dass man ihm eine Publikation zusende, die beweise, dass es das Masernvirus gebe und die eine Aussage zur Größe der Viruspartikel treffe. Ferner nahm der Kläger Bezug auf die oben zitierte Passage der Internetseite (“Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn [...]“) und bat den Beklagten um kurze schriftliche Bestätigung, „dass der Preis in dieser Form und zu diesen Bedingungen immer noch ausgeschrieben ist“.
19 
Der Beklagte erwiderte hierauf mit einem Schreiben vom 30.1.2012 (Anl. K3), in dem es unter anderem hieß: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ja, das Preisgeld ist ausgeschrieben. Die gesetzlichen Bestimmungen, die die Publikation erfüllen muss, sind durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) festgelegt.“
20 
Mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K4) legte der Kläger dem Beklagten folgende sechs Publikationen vor (hier nur mit Autoren und Fundstelle bezeichnet):
21 
- Enders & Peebles.
Proc Soc Exp Bil Med 1954; 86:277-86.
- Bech & von Magnus.
Acta Pathol Microbiol Scand 1958; 42:75-85
- Horikami & Moyer.
Curr Top Microbiol Immunol 1995; 191:35-50
- Nakai & Imagawa.
J Virol 1969; 3:187-97
- Lund et al.
J Gen Virol 1984; 65:1535-42
- Daikoku et al.
Bull Osaka Med Coll 2007; 53:107-14
22 
Der Kläger berief sich darin weiter darauf, dass er dem Beklagten durch seine ausführliche Literaturrecherche sowohl den Beweis für die Existenz des Masernvirus erbracht als auch die geforderten Bilder und Angaben zum Durchmesser des Masernvirus geliefert habe, und bat um Überweisung des Betrages von 100.000,00 EUR auf ein im Schreiben angegebenes Konto des Klägers.
23 
Nachdem der Kläger bis zum 17.2.2012 noch keinen Zahlungseingang feststellen konnte, forderte er den Beklagten mit einem weiteren Schreiben (Anl. K5) erneut zur Zahlung auf unter Fristsetzung bis zum 07.03.2012.
24 
Hierauf reagierte der Beklagte mit Schreiben vom 6.3.2012 (Anl. K6), in dem er monierte, der Kläger habe Publikationen vorgelegt, in denen nur zelleigene Bestandteile und Strukturen dargestellt würden, die nicht isoliert und biochemisch charakterisiert worden seien. Jeder Biologe erkenne sofort, dass es sich bei den Strukturen um endogene, also zelleigene Partikel handle, mit der die Zelle den inter- und intrazellulären Transport, Substanz-Aufnahme und -Abgabe, die Exo- und die Endozytose, erledige. In keiner Publikation finde sich eine Quelle mit einem Hinweis auf eine erfolgte Isolation und Charakterisierung der behaupteten „Masernviren“. Er könne dem Kläger das Preisgeld deswegen nicht aushändigen, hoffe aber, dass dieser sich ernsthaft dafür einsetze, dass der Viren-Irrtum, der in Deutschland zum Betrug geworden sei, aus der Welt geschafft werde.
25 
Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 21.3.2013 (Anl. K7), in dem er nochmals seine Auffassung bekräftigte, die Voraussetzungen der Auslobung des Beklagten erfüllt zu haben, und dem Kläger eine erneute Frist zur Auszahlung des Preisgelds bis zum 30.4.2012 setzte. Ferner beschrieb der Kläger näher seine Motivation dafür, dem Beklagten die Existenz der Masernviren beweisen zu wollen. Eine Zahlung des Beklagten erfolgte nicht, auch nicht auf eine außergerichtliche Mahnung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 25.9.2013 (Anl. K9).
26 
Am 13.4.2014 - drei Tage nach dem ersten Verhandlungstermin im vorliegenden Verfahren - war auf der Homepage des Verlages „ (...) “, dessen Inhaber der Beklagte ist, jedenfalls zeitweise Folgendes zu lesen:
27 
„Am Montag 14.4.2014 berichten wir an dieser Stelle, auf die wir per Newsletter hinweisen werden, dass, warum und wie der unpromovierte, fachfremde Jungarzt D... B... und seine illegalen Hintermänner im „Wetten, dass es keine Masernviren gibt!“ - Prozess am 10.4.2014, vor dem Landgericht Ravensburg, das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen hat.
28 
Wir rechnen damit, dass Dr. L. am 24.4.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolgen und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird.“
29 
Auf die mit Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 übersandte Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit Kostennote (Anl. K10) unterzeichnete der Beklagte die übersandte Unterlassungserklärung am 15.4.2014 unter Streichung eines als unbestimmt abgelehnten Passus und übermittelte diese an die Prozessbevollmächtigte des Klägers (Anl. K11). Darin verwies der Beklagte darauf, dass der zitierte Beitrag nicht von ihm stamme. Irgendjemand müsse sich Zugang zu seiner Internetseite verschafft und den Beitrag ins Netz gestellt haben. Als er dies am Sonntag, 13.4.2014, nachmittags bemerkt habe, habe er den Beitrag sofort aus dem Netz genommen, lange bevor ihn das Aufforderungsschreiben erreicht habe.
30 
Anfang Mai veröffentliche der Beklagte auf seiner Homepage folgenden Eintrag:
31 
„Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
aufgrund einer Unterlassungserklärung, die der junge Arzt D... B... über seine Rechtsanwälte gegen uns erlassen hat, dürfen wir nicht über den sogenannten „Wetten, dass es das Masern-Virus nicht gibt“ - Prozess berichten.
So dürfen wir die schon fertige Ausgabe 3/2014 von W... erstmal nicht versenden.“
32 
In einer als Anlage K14 vorgelegten Veröffentlichung im Magazin W... - Das Magazin 3+4/2014, als deren Autor der Beklagte ausgewiesen ist, fand sich im Nachgang auf S. 11 des Beitrages folgende Bemerkung:
33 
„Als meine Mitarbeiter auf unserer Internetseite über den Prozess berichten wollten, hat D... B... das sofort juristisch verbieten lassen, obwohl er diese Aussagen in Interviews später wiederholt hat. Wir konnten deswegen die schon fertige Ausgabe Nr. 3/2014 von unserem Magazin W... nicht herausgeben.“
34 
Dem Kläger sind für das Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR entstanden, wovon er 150,00 EUR selbst gezahlt und hinsichtlich des überschießenden Betrages von der R. Rechtsschutz-Versicherungs-AG zur Geltendmachung ermächtigt wurde.
35 
Der Kläger macht im wesentlichen geltend:
36 
Durch die dem Beklagten vorgelegten Publikationen werde zweifelsfrei die Existenz des Masernvirus im wissenschaftlichen Sinne bewiesen und dessen Durchmesser bestimmt. Dabei genügten für die Bestimmung des Durchmessers die in den übersandten Publikationen enthaltenen elektronenmikroskopischen Bilder inklusive Maßstab. Wenn die Größe der Masernviren in einem bestimmten Spektrum schwanke und dieses Spektrum angeben sei, sei damit der Durchmesser bestimmt. Sämtliche Voraussetzungen, die der Beklagte in seiner Auslobung für die Auszahlung der Belohnung von 100.000,00 EUR aufgestellt habe, seien erfüllt.
37 
Zu den geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung trägt der Kläger vor, schon ein Anscheinsbeweis spreche dafür, dass der Beklagte selbst die Inhalte auf seine Homepage gestellt habe.
38 
Zum Zeitpunkt der Versendung des Anwaltsschreibens vom 14.4.2014 sei auf der Homepage jedenfalls noch folgender Text zu lesen gewesen:
39 
„Am Montag 14.4.2014 berichten wir an dieser Stelle, auf die wir per Newsletter hinweisen werden, dass, warum und wie der unpromovierte, fachfremde Jungarzt D... B... und seine illegalen Hintermänner im „Wetten, dass es keine Masernviren gibt!“ - Prozess am 10.4.2014, vor dem Landgericht Ravensburg, das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen hat.“
40 
Für die Inhalte auf seiner Homepage sei der Beklagte verantwortlich, er könne deshalb mit seinem - bestrittenen - Einwand, jemand habe sich Zugang zu seiner Homepage verschafft, nicht gehört werden.
41 
Der Kläger beantragt,
42 
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 100.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 zu zahlen;
43 
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Nebenforderung in Höhe von 2.924,07 EUR an außergerichtlichen Anwaltskosten zu zahlen;
44 
3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 492,54 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2014 zu zahlen.
45 
Der Beklagte beantragt,
46 
die Klage abzuweisen.
47 
Der Beklagte macht geltend:
48 
Die vorgelegten Publikationen erfüllten nicht die Anforderung der Beweisführung im wissenschaftlichen Sinne. Bei den darin als Masern-Viren ausgegeben Phänomenen handele es sich tatsächlich um zelleigene Transportvesikel (Bläschen).
49 
Keine der vorgelegten Dokumentationen beruhe auf Versuchen, bei denen der Erreger - wie geboten - zuvor isoliert und biochemisch charakterisiert oder gar eine solche Isolierung wissenschaftlich dokumentiert worden wäre. Die Art der „Beweisführung“ bei den Versuchen, auf die sich der Kläger berufe, entspreche nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik und nicht den Anforderungen an eine Beweisführung unter Beachtung der Koch´schen Postulate.
50 
Die vom Kläger vorgelegten Dokumentationen datierten ausnahmslos aus der Zeit vor Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) am 1.1.2001.
51 
Auch die Bestimmung des Durchmessers sei nicht fundiert erfolgt. Allein der in einer der vorgelegten Publikationen angegebene Größenrahmen von 300 bis 1000 Nanometer widerlege bereits die These vom Virus, da sich Viren durch eine geringe Variation ihres Durchmessers zwischen 15 und maximal 400 Nanometern auszeichneten. Die hierfür von einzelnen Wissenschaftlern bemühte Ausrede, es handle sich um „Viren“ von pleomorpher, d.h. in Form, Zusammensetzung und Größe ständig sich verändernder Struktur, sei weder wissenschaftlich anerkannt noch zutreffend.
52 
Er ist der Ansicht, folgende weiteren - durch die Publikationen (unstreitig) nicht erfüllten - Voraussetzungen für die Auszahlung der Belohnung seien der Auslobung bei zutreffender Auslegung zu entnehmen:
53 
Die Existenz des Masern-Virus müsse bewiesen werden durch eine Publikation seitens des Robert-Koch-Instituts (i.F.: RKI), welches hierfür nach § 4 IfSG zuständig sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass hinsichtlich der in Deutschland erfolgten Auslobung auf die hier für die Beweisführung im Bereich von Infektionskrankheiten eigens geschaffenen Regeln des IfSG abzustellen sei. Da entsprechend der Bestimmung des § 4 IfSG die Forschung nach der Ursache von Infektionskrankheiten Aufgabe des RKI sei, sei die in § 7 Nr. 31 IfSG erfolgte Nennung des Masernvirus nur zulässig, wenn diesem Institut aufgrund eigener, entsprechend § 1 IfSG dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik genügenden Recherchen der wissenschaftliche Beweis vorliege, dass die in das Gesetz aufgenommene Behauptung zutreffend sei. Aus dem Kontext der Auslobung ergebe sich deren Zweck eindeutig dahingehend, dass geklärt werden sollte, ob eine dem Koch´schen Postulat der Isolation des Erregers entsprechende Dokumentation des RKI vorliege.
54 
Verlangt worden sei zudem eine (einzige) Publikation, in der sowohl der Nachweis für die Existenz des Masernvirus erbracht als auch dessen Durchmesser bestimmt werde, so dass es nicht genüge, wenn - wie vom Sachverständigen vertreten - lediglich die Kombination der wissenschaftlichen Aussagen in den sechs vom Kläger vorgelegten Fachartikeln die Existenz des Masernvirus beweise und zumindest zwei dieser Artikel hinreichende Angaben zum Durchmesser des Masernvirus enthielten.
55 
Im Hinblick auf die Erklärung auf der Homepage, die Hintergrund von Klageantrag Ziff. 3 ist, stellt der Beklagte in Abrede, dass dieser Eintrag von ihm verfasst, veranlasst oder mit seinem Wissen und Wollen veröffentlicht worden sei. Ferner habe der Eintrag im Zeitpunkt des klägerseitigen Anwaltsschreibens schon nicht mehr bestanden, was dem Kläger vermutlich auch bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe demgemäß keinen Anlass zur außergerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Kläger gegeben.
56 
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen, insbesondere auch wegen der Kritikpunkte, die vom Beklagten zu den vorgelegten Publikationen im Einzelnen vorgetragen werden, wird auf die vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Terminsprotokolle vom 10.04.2014 (Bl. 42ff) und 12.03.2015 (Bl. 139ff) verwiesen.
57 
Die Kammer hat über die Behauptung des Klägers, die mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K4) übersandten Publikationen seien wissenschaftliche Publikationen, in denen die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin unter anderem dessen Durchmesser bestimmt sei, Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. A... P... Wegen der Ausführungen des Sachverständigen wird Bezug genommen auf dessen schriftliches Gutachten vom 17.11.2014 (zu Bl. 97), seine ergänzende Stellungnahme vom 3.3.2015 zu den Einwänden und Ergänzungsfragen des Beklagten (Bl. 132ff) sowie das Protokoll des Verhandlungstermin vom 12.3.2015 (Bl. 139ff), in welchem der Sachverständige ergänzend angehört und der Inhalt seines schriftlichen Gutachtens sowie die von Seiten des Beklagten hiergegen erhobenen Einwände und die an den Sachverständigen gerichteten Ergänzungsfragen erörtert wurden.

Entscheidungsgründe

 
58 
Die Klage ist zulässig und insgesamt begründet.
A.
59 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung der ausgelobten Belohnung in Höhe von 100.000,00 EUR gegen den Beklagten aus § 657 BGB.
60 
Das „Preisausschreiben“ des Beklagten enthält ein ernst gemeintes, bindendes Belohnungsversprechen (dazu I.), die Auslobung ist auch öffentlich bekannt gemacht i.S.v. § 657 BGB (II.). Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine Einschränkungen, wie sie vom Beklagten geltend gemacht werden (III.); mit den vom Kläger vorgelegten Publikationen sind die Anforderungen der Auslobung vollständig erfüllt (IV.).
I.
61 
Aus dem Auslobungstext selbst und unter Berücksichtigung des hierzu zwischen den Parteien gewechselten Briefverkehrs ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit eine bindende Leistungs-verpflichtung des Beklagten, insbesondere auch die Ernstlichkeit des Belohnungsversprechens.
62 
Zwar könnte insbesondere die durchaus reißerische Züge tragende Überschrift „Das Masern-Virus - 100.000 EUR Belohnung! - WANTED - Der Durchmesser“ und auch die schiere Höhe der versprochenen Belohnung den Eindruck fehlender Ernstlichkeit dahingehend erwecken, dass es dem Beklagten nur darum gegangen sein könnte, ein möglichst hohes Maß an Aufmerksamkeit für seine im Text zum Ausdruck gebrachte Impfkritik zu erwecken. Doch spricht insbesondere der Zweck, den der Beklagte mit der versprochenen Belohnung verfolgt, gegen die Annahme einer erkennbar nicht ernst gemeinten Erklärung. Der Beklagte will - so erläutert er selbst ausdrücklich - „mit dem Preisgeld bewirken, 1. dass sich Menschen aufklären und 2. dass die aufgeklärten Menschen den nicht-aufgeklärten helfen und 3. die Aufgeklärten im Sinne der Gesetze auf die Akteure einwirken.“ Dem Beklagten geht es also ersichtlich darum, denjenigen, die - aus seiner Sicht - den Argumenten der Impfbefürworter allzu unkritisch gegenüberstehen, einen Ansporn zu liefern, sich mit der Frage, ob es einen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz des Masernvirus gibt, kritisch auseinanderzusetzen. Einen Ansporn in diesem Sinne gibt es aber nur, wenn die Erlangung der Belohnung tatsächlich möglich und deren Auslobung damit ernst gemeint ist.
63 
Schließlich ließ der Beklagte auch in seinem Schreiben vom 30.1.2012 (Anl. K3) keinen Zweifel an der Ernstlichkeit seines Preisgeld-Versprechens aufkommen. Die inhaltliche Anfrage des Klägers vom 16.1.2012 (Anl. K2) nach der Aktualität und den Bedingungen der - in der Betreffzeile des Klägerschreibens sogar ausdrücklich als solche bezeichneten - Auslobung hatte dem Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, eine etwa fehlende Ernstlichkeit klarzustellen bzw. offen zu legen. Dergleichen tat der Beklagte aber nicht, vielmehr bestätigte er ausdrücklich, dass das Preisgeld ausgeschrieben ist.
II.
64 
Durch die Veröffentlichung der Ausschreibung des „Preisgeldes“ auf den Internetseiten des „... - Verlages“ machte der Beklagte die Auslobung öffentlich bekannt. Eine öffentliche Bekanntmachung setzt die Kundgabe gegenüber einem individuell unbestimmten Personenkreis voraus (vgl. Seiler, in: MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, § 657 Rn. 12; Sprau, in: Palandt BGB, 74. Aufl. 2015, § 657 Rn. 3), der sich vorliegend aus sämtlichen potentiellen Besuchern der Verlagsseiten zusammensetzt.
III.
65 
Die Auslobung ist eine einseitige, an die Allgemeinheit gerichtete und nicht empfangs-, sondern bekanntmachungsbedürftige Erklärung (BGH Urt. v. 23.09.2010 - III ZR 246/09 - BeckRS 2010, 24346 Rn. 12; Sprau a.a.O. Rn 1; Seiler a.a.O. Rn 4). Ihr Gegenstand ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 242 BGB zu ermitteln, die sich nach der Verständnismöglichkeit eines beliebigen vernünftigen Teilnehmers am Rechtsverkehr - als Teil der durch die Auslobung angesprochenen Öffentlichkeit - richtet (Seiler a.a.O. Rn. 6; Sprau a.a.O. Rn. 4; Kotzian-Marggraf, in: Beck-OK-BGB, Stand 1.2.2015, § 657 Rn. 7). Dabei sind ausgehend vom Wortlaut der Erklärung auch solche Umstände zu berücksichtigen, die jedermann oder doch jedem Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises bekannt oder erkennbar sind (vgl. BGHZ 53, 307 - juris-Rn. 12). Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Publikationen weder solche des RKI sein (dazu 1.) noch aus der Zeit nach Inkrafttreten des IfSG stammen müssen (2.); auch ist die Auslobung nicht dahingehend zu verstehen, dass der geforderte Nachweis in einer einzigen Publikation erbracht sein müsse oder dass Übersichtsarbeiten nicht herangezogen werden dürften (3.).
66 
1. Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine einschränkende Voraussetzung dahingehend, dass es sich bei der vorzulegenden wissenschaftlichen Publikation um eine solche des RKI oder seiner Mitarbeiter handeln müsse.
67 
Diese Voraussetzung hat der Beklagte erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens postuliert. Außergerichtlich hatte er sich, wie aus seinem Schreiben vom 6.3.2012 (Anl. K6) hervorgeht, hinsichtlich der vom Kläger übersandten Publikationen noch im Wesentlichen lediglich inhaltlich darauf berufen, dass darin „nur zelleigene Bestandteile und Strukturen dargestellt werden, die nicht isoliert und biochemisch charakterisiert wurden“, weshalb er das Preisgeld nicht aushändigen könne. Der Einwand, die Artikel erfüllten schon deshalb die Auslobungskriterien nicht, weil keiner von Mitarbeitern des RKI stamme, findet dagegen in dieser vorgerichtlichen Korrespondenz keinerlei Erwähnung.
68 
a) Der Wortlaut der Erklärung des Beklagten trägt die Annahme einer solchen einschränkenden Auslobungsbedingung nicht.
69 
Zu den Voraussetzungen für die Auszahlung des Preisgeldes wird vielmehr ausdrücklich nur erhoben, dass „eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ Eingeschränkt wird dies dem Wortlaut nach lediglich dadurch, dass das Preisgeld nicht ausgezahlt werde, „wenn es sich bei der Bestimmung des Durchmessers des Masern-Virus nur um Modelle oder Zeichnungen […] handelt.“ Es wäre dem Beklagten ein Leichtes gewesen, die von ihm im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erstmals vorgetragene einschränkende Voraussetzung der Auslobung dadurch deutlich zu machen, dass er etwa formuliert hätte: „eine wissenschaftliche Publikation des Robert-Koch-Instituts […]“. Gelegenheit zu einer dahingehenden Klarstellung hätte der Beklagte nicht zuletzt in seinem Schreiben vom 30.1.2012 gehabt, das er auf die explizite Anfrage des Klägers nach den Auslobungskriterien (Anl. K2) verfasst hat. Der Beklagte ergänzt die vom Kläger aus dem „Preisausschreiben“ zitierten Auslobungsbedingungen jedoch nur dahingehend, dass die Publikation die durch das IfSG festgelegten gesetzlichen Bestimmungen erfüllen müsse, und lässt sie im Übrigen unwidersprochen.
70 
b) Auch unter Berücksichtigung der einem objektiven Erklärungsempfänger aus dem Kreis der potentiellen Besucher der Internetseiten des „...-Verlages“ bekannten oder erkennbaren Umstände ist der Auslobung nicht zu entnehmen, dass es sich um eine Publikation aus dem Kreis der Forschungsangehörigen des RKI handeln müsse.
71 
(1) Dabei kommt zunächst dem Interesse, welches der Beklagte mit seiner Auslobung erkennbar verbunden hat, maßgebliche Bedeutung zu.
72 
Die Auslobung ist Teil eines Internetartikels, in dem sich der Beklagte gegen die Pharma-Industrie ausspricht und die „Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde“ als Bestandteil einer Werbekampagne zu entlarven sucht, die - unterstützt durch die Bundesregierung sowie internationale Einrichtungen (WHO) - gesunkene Umsätze im Bereich von Impfstoffen wieder steigern solle. Der Beklagte verneint die Existenz von Masern-Viren, nicht die der Masernerkrankung. Sein erklärtes Ziel ist es, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass es keine Masern-Viren gebe, und sie davon abzubringen, sich diesbezüglich impfen zu lassen.
73 
Ein besonderer Fokus des Beklagten liegt dabei auf PD Dr ... vom RKI, der er anlastet, die Zucht von Masern-Viren zu behaupten, was doch voraussetze, dass ihr der Durchmesser des Masern-Virus bekannt sei. Er ruft dazu auf, sich an Dr. ... zu wenden, die von der Bundesregierung beauftragt sei, eigenständig Forschung zu den Ursachen von Masern zu betreiben, um an sie die Frage nach dem Durchmesser des Masern-Virus zu stellen.
74 
Aus dieser Bezugnahme auf den von Seiten der Bundesregierung erhaltenen Auftrag, eigenständig Forschung zu betreiben, könnte sich der Schluss darauf anbieten, der Beklagte habe gerade die Vorlage von Resultaten dieser eigenständigen Forschung verlangt, mithin eine Publikation von Dr. ... oder jedenfalls eine aus dem Kreis der am RKI mit diesem Forschungsauftrag betrauten Personen. Doch greift ein solches Verständnis unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes, in den der Beklagte seine Auslobung stellt, zu kurz.
75 
Unter Berücksichtigung des Auslobungstextes im Übrigen ergibt die Auslegung vielmehr ein Anliegen des Beklagten, das von weitaus grundsätzlicherem Charakter ist. Ziel des Beklagten ist es letztlich, das RKI insoweit bloß zu stellen, als durch die Anfragen von Seiten der Besucher der Verlagsseiten bzw. deren Recherche nach wissenschaftlichen Publikationen zum vom Beklagten negierten Masernvirus deutlich werden soll: Das RKI propagiere Masernviren, ohne sich diesbezüglich auf wissenschaftliche Beweise stützen zu können. Wäre - so die Idee des Beklagten - ein solchermaßen unredliches Verhalten erst einmal belegt, sei der Schritt zur Erkenntnis bei der aufzuklärenden Bevölkerung, das Institut handle für die Pharma-Industrie, nicht mehr weit.
76 
Dass es dem Beklagten nicht allein um den Vorwurf ging, das RKI vernachlässige sozusagen den ihm übertragenen Forschungsauftrag, ergibt sich auch daraus, dass der Beklagte ganz grundsätzlich betont, es sei „verboten, Unwahres zu behaupten“ und nicht etwa, es sei verboten, Behauptungen aufzustellen, die nicht auf eigener Forschung fußen. Ferner stellt er sich in Bezug auf Dr ... auch auf den Standpunkt, sie müsse „[…] zumindest […] wissen, wo es [gemeint ist der Durchmesser des Masernvirus, Anm. der Kammer] steht“, wodurch er wiederum einen Bezug zu Fremdpublikationen herstellt, die den Mitarbeitern des RKI und unter ihnen insbesondere der „Hauptverantwortlichen“ Dr. ... (lediglich) zum Nachlesen zur Verfügung stehen. Unterhalb der Zeichnung eines Masernvirus nach Art einer Kinderzeichnung führt der Beklagte aus, „[…] dass im Kern die offizielle Wissenschaft, auf die sich alle berufen, nicht viel wissenschaftlicher arbeitet“ - auch diese Betonung des allseitigen „Sich-Berufens“ auf „die offizielle Wissenschaft“ spricht dafür, dass die Vorlage einer Publikation genügt, auf die sich das RKI beruft, ohne dass diese zwingend vom RKI bzw. dessen Mitarbeitern selbst stammen müsste.
77 
Schließlich offenbart er auch unter der Überschrift „Das weitere Vorgehen“, dass es ihm ganz allgemein darum geht, aufzudecken, dass das RKI - so der Ansatz des Beklagten - letztlich ohne jeden Beweis und nicht lediglich ohne eigenständig erzielte Forschungsergebnisse Impfungen empfehle, wenn er schreibt: „Wenn sich herausstellt, dass Frau Dr. ... Masern-Viren behauptet, ohne einen wissenschaftlichen Beweis für deren Existenz zu haben, darf ihr Verhalten - so zu tun, als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden. Ihr Vorgesetzter, bei dem sich dann über Frau Dr ... beschwert werden muss, falls diese keinen Beweis vorlegen kann, ist […]. Sollte sich herausstellen, dass Prof. ... weiß, dass Frau Dr. ... ohne wissenschaftliche und damit gesetzliche Grundlage arbeitet […, Hervorhebung jeweils durch die Kammer]“.
78 
(2) Gegen das vom Beklagten reklamierte Verständnis spricht ferner auch der Umstand, dass sich die Kritik des Beklagten keineswegs allein gegen das RKI richtet. Vielmehr bezieht sich diese auch auf die WHO und das Paul Ehrlich-Institut (PEI) als Impfstoff zulassende Behörde sowie den Berliner Gesundheitssenat. Zudem wird im Auslobungstext ein Kontext zu deutschen Forschern insgesamt hergestellt, wenn es im unmittelbaren Anschluss an die Darstellung der von Seiten der Bundesregierung verbreiteten Forschungserfolge des PEI sowie des Handelns des Berliner Gesundheitssenats und noch vor der Nennung des RKI heißt: „Wenn also deutsche Forscher im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, muss es eine Dokumentation dieser Forschungen geben […].“ Schon dies spricht dafür, dass mit den deutschen Forschern, die im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, nicht allein die Mitarbeiter des RKI gemeint sein können.
79 
(3) Schließlich ist auch der in der Auslobungserklärung selbst unter der Überschrift „100.000 EUR“ im vierten Absatz erfolgten Bezugnahme auf das IfSG und dem im Schreiben vom 16.1.2012 (Anl. K3) formulierten Hinweis des Beklagten an den Kläger, wonach die gesetzlichen Bestimmungen, die die Publikation erfüllen müsse, durch das IfSG festgelegt seien, nicht zu entnehmen, dass die Publikation eine solche des RKI sein müsste.
80 
So ist zunächst festzustellen, dass sich dem IfSG unmittelbar als solche formulierte gesetzlich festgelegte Vorgaben für wissenschaftliche Publikationen nicht entnehmen lassen. Vor diesem Hintergrund ist die Bezugnahme des Beklagten auf das IfSG zwar interpretationsbedürftig; die vom Beklagten nunmehr geschlagene Brücke von der Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG hin zum postulierten Erfordernis, dass die Publikation aus der Feder von Angehörigen des RKI stammen müsse, ist im Ergebnis aber nicht tragend.
81 
Zwar gehört gemäß § 4 IfSG zu den Aufgaben, die dem RKI im Rahmen des IfSG übertragen sind, auch die „Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten“. Jedoch steckt in der Übertragung eines Aufgabenkreises nicht ohne Weiteres eine gesetzliche Bestimmung dazu, welche Anforderungen eine Publikation nach dem IfSG erfüllen muss. Jedenfalls lässt die Bezugnahme des Beklagten auf die Vorgaben des IfSG nicht zwingend den Schluss zu (insbesondere nicht in einer aus dem objektiven Empfängerhorizont erkennbaren Weise), dass hierdurch eine weitere Auslobungsbedingung dahingehend aufgestellt werden sollte, dass allein Publikationen des RKI den geforderten wissenschaftlichen Nachweis der Existenz des Masernvirus erbringen dürften. Vielmehr liegt bei unbefangener Betrachtung eine Auslegung dahingehend näher, dass es dem Beklagten darum ging, gewisse Standards zu formulieren, die seitens der vorzulegenden Publikationen zu erfüllen sind, wenn in § 1 Abs. 2 IfSG etwa ausdrücklich der jeweilige Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik zum maßgeblichen Qualitätsstandard erhoben wird. Dass dem Beklagten selbst ein solches Verständnis keinesfalls fremd ist, hat er schließlich auch durch seine zu Bl. 125 vorgelegte Stellungnahme vom 2.2.2015, dort S. 2, bestätigt, wo er ausführt: „Mit der Bindung des Preisausschreibens an das IfSG, welches ab dem 1.1.2001 in Kraft getreten ist und das in § 2 IfSG die Anforderung wissenschaftlichen Arbeitens auf dem jeweiligen Stand der Wissenschaft fordert, wurde sichergestellt, dass die geforderte Publikation auf der Grundlage der präzisen Formulierungen der „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ erstellt wurde. […].“
82 
Zu beachten ist schließlich, dass der Gesetzgeber bei der Normierung des IfSG offenbar bereits von der Existenz von Masernviren ausging, da er schon in der ersten, ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung des IfSG unter § 7 Abs. 1 Nr. 30 das Masernvirus zum meldepflichtigen Krankheitserreger erhob; ersichtlich hielt also der Gesetzgeber eine vom RKI erst noch vorzunehmende Beweisführung hinsichtlich des Masernvirus nicht mehr für erforderlich. Auch dieser Umstand spricht dagegen, die Bezugnahme auf das IfSG als Indiz dafür zu verstehen, dass die Auslobung des Beklagten nur Publikationen des RKI gelten lassen wolle.
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2. Die Auslobung ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass nur eine Publikation, die nach dem Inkrafttreten des IfSG veröffentlicht wurde, die Auslobungsvoraussetzungen erfüllen könne.
84 
Dass der Beklagte sich hinsichtlich der vorzulegenden Publikationen auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG bezieht, reicht nach dem objektiven Empfängerhorizont für eine derartige Einschränkung nicht. Allein aus dem Zeitpunkt einer Veröffentlichung folgt nämlich noch nicht, dass die Publikation sich an dem in § 1 Abs. 2 IfSG zur Messlatte erhobenen jeweiligen Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik nicht mit dem Ergebnis prüfen ließe, dass ihr auch diese Qualität zukommt. Vielmehr ist die Wandelbarkeit und Entwicklungsoffenheit forschungsbezogener Standards im medizinischen Bereich den gesetzlichen Bestimmungen des IfSG geradezu immanent, wenn diesem in § 1 Abs. 2 IfSG eine Regelung vorangestellt ist, die ausdrücklich den „jeweiligen“ Stand der Wissenschaft zur Richtschnur erklärt.
85 
Im übrigen hat der Sachverständige P. anschaulich erläutert, dass nahezu alle von der einschlägigen wissenschaftlichen „Community“, d. h. der weltweiten Gesamtheit an Masernvirusforschenden und medizinischen Anwendern dieser Forschungsergebnisse, als notwendig und hinreichend akzeptierten Fachartikel zum Beleg der Existenz und zur strukturellen und molekularen Natur des Masernvirus vor Juli 2000 veröffentlicht worden seien. Fachartikel aus späterer Zeit hierzu seien also schon deshalb fernliegend bzw. äußerst rar, weil in den Augen dieser scientific community kein Grund bestehe, bereits Bewiesenes neu zu beweisen; entsprechende Untersuchungen wären zudem auch nicht publikabel, da wissenschaftliche Fachzeitschriften bereits publizierte und allgemein akzeptierte Ergebnisse nicht ein weiteres Mal, egal aus welcher Quelle, zur Publikation annehmen würden. Aus Sicht eines Erklärungsempfängers aus dem Kreis der durch die Auslobung jedenfalls auch angesprochenen medizinisch geschulten bzw. interessierten Besucher der Verlagsseiten kann die Bezugnahme auf das IfSG deshalb kein Anhaltspunkt dafür sein, dass damit alle Fachartikel aus den Jahren vor 2001 ausgeschlossen sein sollten. Ein solchermaßen einschränkendes Kriterium würde nämlich die Erfüllbarkeit der Auslobungskriterien von vornherein in einem solchem Maße einschränken, dass hiermit aus der Perspektive eines unbefangenen Lesers mit einer gewissen medizinischen Vorbildung schlicht nicht zu rechnen wäre.
86 
3. Schließlich ergibt die Auslegung des Auslobungstextes auch nicht, dass der geforderte Nachweis der Existenz des Masernvirus und die Bestimmung von dessen Durchmesser in einer einzigen Publikation erbracht werden müsste (a) und dass Übersichtsartikel nicht als taugliche Publikationen anzusehen seien (b).
87 
a) Auf diese einschränkenden Kriterien hat sich der Beklagte erstmals nach Vorlage des Sachverständigengutachtens vom 17.11.2014 berufen, in dem der Sachverständige P. im Ergebnis zum Schluss kam, dass zwar nicht ein Artikel für sich genommen für die Beweisführung ausreiche, dass aber die - hinreichend durch adäquate und wissenschaftlich korrekt durchgeführte Experimente belegten - Aussagen der sechs eingereichten Publikationen in ihrer Kombination sowohl die Existenz des Masernvirus belegten als auch seine spezifische Infektiosität sowie seinen ungefähren Durchmesser zeigten.
88 
Dem Beklagten ist dabei zuzugestehen, dass der Wortlaut der Auslobung seinem Verständnis jedenfalls nicht entgegensteht, wenn es heißt: „Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ (Hervorhebung durch die Kammer).
89 
Ein solches einschränkendes Verständnis der Auslobung lässt sich jedoch nicht in Einklang bringen mit deren oben bereits im Einzelnen aufgefächerten Begleitumständen und dem Gesamtkontext, in den die Auslobung textlich eingebunden ist.
90 
In der Sache geht es dem Beklagten doch darum, durch die Auslobung des „Preisgeldes“ ans Licht zu bringen, dass es „nicht einmal eine“ Publikation gebe, in der die Existenz des Masernvirus nachgewiesen und dessen Durchmesser bestimmt werde, da er insgesamt den Lesern der Verlagsseiten zur Erkenntnis verhelfen möchte, dass die Behauptung eines Masernvirus wissenschaftlich in keiner Form belegt sei. Er betont damit letztlich, wie sicher er sich seiner Sache ist. Nicht ansatzweise stützt sich dagegen die Kritik des Beklagten gegenüber den angesprochenen Impfbefürwortern darauf, dass es die eine große, zusammenhängende Originalarbeit, welche die vom Beklagten verlangte Beweisführung biete, bislang noch nicht gebe.
91 
Ein solches Verständnis vertrüge sich auch nicht mit der Publikationspraxis im medizinischen Forschungskontext, in den der Beklagte seine Auslobung aber ausdrücklich selbst eingebunden sehen möchte und auf dessen Standards er - jedenfalls in einer Form, wie er sie verstanden wissen will - mit Nachdruck abhebt. Naturwissenschaftliche Indizienketten oder gar Beweisführungen - so hat es der Sachverständige P. dargelegt - würden mindestens schon seit Jahrzehnten nicht mehr als Monographien, sondern als Abfolgen von mehreren bis zu sehr vielen Fachartikeln publiziert. Dies liege zunächst einmal an der Komplexität der in neuerer Zeit erarbeiteten Erkenntnisse, die in aller Regel den gleichzeitigen oder konsekutiven Einsatz verschiedener Wissenschaftlergruppen mit ihren jeweiligen methodischen und finanziellen Ressourcen notwendig machen. Als weitere Gründe kämen hinzu ein deutlich gestiegener internationaler Wettbewerb unter den Wissenschaftlern sowie das Aufkommen neuer Publikationsformate. Das Verlangen eines einzigen und umfassenden wissenschaftlichen Fachartikels würde daher angesichts der komplexen Zusammenhänge und dem Differenzierungsgrad heutiger medizinischer Forschung den theoretischen und praktischen Standards moderner Wissenschaft schlicht nicht gerecht.
92 
b) Aus dem gleichen Grund kann auch die vom Beklagten zuletzt eingewandte grundsätzliche Ausgrenzung von Übersichtsarbeiten aus dem Kanon der tauglichen wissenschaftlichen Publikationen nicht Ergebnis der Auslegung des „Preisausschreibens“ sein.
93 
Der Sachverständige P. hat erläutert, dass die Publikationsform der Übersichtsarbeit spezifischen wissenschaftlichen Wert dadurch erhält, dass sie sozusagen ein modernes Äquivalent einer Monographie darstellt. Die Übersichtsarbeit präsentiert zwar keine eigenständigen Forschungsleistungen des Autors / der Autoren, enthält aber für alle präsentierten Fakten und Forschungsergebnisse Literaturzitate, die das Auffinden der relevanten Primärliteratur eineindeutig ermöglichen; eine Übersichtsarbeit gewinnt gerade aus der Zusammenschau zahlreicher Originalarbeiten - über die reine Darstellung bisheriger Forschungsergebnisse hinaus - eigenständige Schlussfolgerungen.
94 
Die Ausgrenzung dieses Publikationstyps widerspräche also ebenfalls den Standards moderner Wissenschaft. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, weshalb das erkennbare Auslobungsziel des Beklagten einer Berücksichtigung von Übersichtsarbeiten entgegen stehen sollte.
IV.
95 
Der Kläger hat sich die ausgelobte Belohnung verdient; denn die vorgelegten Publikationen genügen den Vorgaben der Auslobung.
96 
Die Kammer ist zu dieser Überzeugung gelangt auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen P.. Der Sachverständige ist Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene und Umweltmedizin und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universitätsmedizin R., seine Qualifikation steht außer Zweifel. Diese herausragende fachliche Qualifikation ist für die Kammer sowohl in den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen als auch im Rahmen seiner Anhörung deutlich geworden. Der Sachverständige hat die vorgelegten Publikationen im einzelnen ausführlich dargestellt und nachvollziehbar und verständlich in den forschungsgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet; mit den Einwendungen des Beklagten hat er sich eingehend und gründlich auseinandergesetzt.
97 
Aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen ist die Kammer überzeugt, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K 4) übersandten Publikationen wissenschaftliche Publikationen sind (dazu 1.), die in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masern-Virus belegen (2.) und dessen Durchmesser bestimmen (3.).
98 
1. Nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft in ihrem forschungsgeschichtlichen Zusammenhang sind die klägerseits vorgelegten Publikationen allesamt von solcher formaler Qualität, dass sie das Prädikat „wissenschaftlich“ in diesem Sinne erhalten.
99 
a) Der Sachverständige hat überzeugend erläutert, weshalb die vorgelegten Publikationen ausnahmslos als wissenschaftliche Fachartikel zu qualifizieren seien. Dabei hat er dargelegt, dass eine Publikation im Wesentlichen zwei formale Voraussetzungen zu erfüllen habe, um gegenwärtig auf internationalem Niveau als wissenschaftlicher Fachartikel qualifiziert werden zu können. Der Artikel müsse zum einen in einer Zeitschrift mit einem sog. „peer review“ (Fachgutachter) System veröffentlicht und damit in der Regel von mindestens zwei unabhängigen Fachwissenschaftlern vor der Veröffentlichung geprüft und ggf. mit Korrekturforderungen versehen worden sein. Zum anderen sei die Listung und Einsehbarkeit (mindestens in Form eines sog. Abstract) in wissenschaftlichen Fachdatenbanken wie NCBI (National Center for Biolotechnological Information; Bethesda, USA) und DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) erforderlich. Sämtliche vorgelegte Artikel erfüllten diese Anforderungen.
100 
b) Der Beklagte hat die Wissenschaftlichkeit der Artikel in formaler Hinsicht unter Berufung auf das Regelwerk der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in der aktuellen Form in Zweifel gezogen.
101 
Aus Sicht der Kammer überzeugend hat der Sachverständige P. hierzu darauf verwiesen, dass die Regeln der DFG sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht nur bedingt als Kriterien für Wissenschaftlichkeit angesehen werden können. Dies leuchtet schon deshalb unmittelbar ein, weil ein Großteil der wissenschaftlichen Forschung im medizinischen Bereich außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Geltungsbereichs des DFG-Regelwerks betrieben wird und aktuelle Standards wissenschaftlichen Arbeitens von Forschungsergebnissen vergangener Zeiten schon aufgrund der sich stetig weiter entwickelnden (sowohl informations- als auch dokumentations-)technischen Möglichkeiten von vorneherein nicht erfüllt werden können.
102 
2. Die streitgegenständlichen Publikationen beweisen in ihrer Gesamtschau die Existenz eines Virus, das für die Masernerkrankung ursächlich ist.
103 
a) Wie der Sachverständige dargelegt hat, gilt es grundsätzlich zwei Fragen auseinanderzuhalten - zum einen die Frage, ob es überhaupt einen bestimmten Mikroorganismus gebe und welche Natur dieser habe, zum anderen die Frage, ob eben dieser Mikroorganismus tatsächlich kausal bedeutsam für eine Erkrankung (hier die Masernerkrankung) sei. Zur diesbezüglichen Beweisführung genügt zwar die Aussagekraft einer einzelnen der sechs streitgegenständlichen Publikationen für sich genommen nicht. In der Gesamtschau belegen die Aussagen der vom Kläger vorgelegten Artikel jedoch auf der Grundlage adäquater und wissenschaftlich korrekt durchgeführter Experimente sowohl die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus als auch dessen Ursächlichkeit für die Masernerkrankung.
104 
(1) Was die Existenz und die Natur des Masernvirus anbelange - so der Sachverständige -, gebe es zur Belegsammlung viele grundsätzlich gleichwertige Wege, wobei in der Biologie typischerweise verlangt werde, dass zwei voneinander unabhängige Wege beschritten würden, um die Existenz eines Mikroorganismus zu belegen und diesen taxonomisch einzuordnen. Der klassische Weg sei der optische Nachweis mit mikroskopischen Methoden, im Falle von Viren mithilfe eines Elektronenmikroskops. Zum anderen könne man die Bestandteile eines Erregers nachweisen. Bei einem Krankheitserreger würde man ferner typischerweise erwarten, dass dieser sich vermehren kann; von daher rühre die Methode des kulturellen Nachweises dieses Keims. Ein weiterer Schritt könne dann darin bestehen, dass man die Vermehrung des Keims als Reinigungsschritt begreife und anschließend den Erreger nochmals einer mikroskopischen Untersuchung daraufhin unterziehe, ob sein Aussehen und die Biochemie seines Keims unverändert sei. Zu diesen Methoden komme zwischenzeitlich die Möglichkeit hinzu, die Nukleinsäuren zu isolieren und vollständig zu sequenzieren. - Ausgehend hiervon belegten die vorgelegten Artikel in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus.
105 
Dabei hat der Sachverständige im Einzelnen prägnant, nachvollziehbar und in der Sache überzeugend für jede der vorgelegten Publikationen ausgeführt, anhand welcher der oben beschriebenen Methoden die Autoren jeweils zu Ergebnissen gelangten, deren Belegeigenschaft der Sachverständige sodann kritisch analysiert und differenziert beschrieben hat. Auf die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.11.2014 unter Ziffer VII. wird dabei vollumfänglich Bezug genommen.
106 
Für die Überzeugungsbildung der Kammer kommt insoweit den Arbeiten von Horikami & Moyer von 1995 sowie von Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 besondere Bedeutung zu. So werden in der Übersichtsarbeit von Horikami & Moyer - wie der Sachverständige erläutert hat - grundlegende und vollkommen eindeutige Charakteristika von Masernviren wie deren komplette Genomsequenz vorgestellt, wobei der Artikel den Inhalt von 97 Original-Arbeiten aus Fachzeitschriften mit Fachgutachter-System („peer review“) zu Struktur, Genomtranskription und Vermehrung des Masernvirus auswerte und zusammenfasse. Durch diesen Übersichtsartikel und die darin zitierten Publikationen sei insbesondere auch der sog. Goldstandard eines bis ins molekulare Detail charakterisierten Agens eingebracht, da dank der Genomsequenzierung alle modernen Wege zum direkten (z. B. Antigennachweis, Hybridisierungen, Nukleinsäurenamplifikationen) und indirekten (z. B. Antikörperreaktionen, T-Zellaktivierung) eineindeutigen Nachweis eines Mikroorganismus in einem Wirtsorganismus beschritten werden könnten. Die als Originalarbeit und angesichts ihres Aufbaus und Umfangs als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierende Publikation von Daikoku et al. belege ferner ebenfalls mittels zweier - vom Sachverständigen jeweils näher beschriebenen - voneinander unabhängiger Verfahren die Masernvirus-Spezifizität der untersuchten Virionen des klassischen Edmonston-Masernvirusstammes.
107 
(2) Mit Blick auf die Frage der Ursächlichkeit des Masernvirus für die Masernerkrankung hat der Sachverständige ausdrücklich festgehalten, dass die vorgelegten Arbeiten in ihrer Zusammenschau insbesondere auch die vom Beklagten im Laufe des Rechtsstreits zum Beweismaß erhobenen Koch-Henle´schen Postulate erfüllen.
108 
Diese Postulate wurden formuliert, um die kausale Bedeutung eines mikrobiellen Erregers für eine Infektionskrankheit zu belegen. In ihrer klassischen Form enthalten sie nach den plausiblen Darlegungen des Sachverständigen - paraphrasiert - folgende Aussagen: Ein Erreger ist kausal verantwortlich für eine Infektionskrankheit, wenn er (1) bei Anwesenheit in Menschen typischerweise mit einem fest umrissenen klinischen Bild assoziiert ist, (2) aus den betroffenen Menschen isoliert und kultiviert werden kann, (3) nach Übertragung auf ein Versuchstier dort ähnliche Symptome verursacht und schließlich (4) aus dem erkrankten Versuchstier wiederum isoliert bzw. kultiviert werden kann.
109 
Dabei hat der Sachverständige zum historischen Kontext der Koch-Henle´schen Postulate ergänzend ausgeführt, dass diese zu einer Zeit formuliert worden seien, als erst wenige, besonders aggressive, für Menschen und Tiere gleichermaßen bedrohliche Bakterienarten (wie die Erreger des Milzbrandes und der Tuberkulose) bekannt waren, die also auch Abwehr-gesunde Menschen vital bedrohen. Auch die Mechanismen der Erregerabwehr im Menschen seien zum Zeitpunkt der Formulierung der Postulate weitgehend bzw. auf molekularer Ebene komplett unbekannt gewesen. Hinzutrete, dass Viren damals noch überhaupt nicht bekannt gewesen seien, so dass die Anwendbarkeit der Postulate auf diese Form von Erregern zumindest diskutabel sei. Zudem seien seit der Formulierung der Postulate zahlreiche Erreger entdeckt, eingehend charakterisiert und als Infektionserreger eindeutig identifiziert worden, ohne dass auf sie alle bzw. sogar nur eine der Aussagen zugetroffen habe. Vor diesem Hintergrund hätten sich drei ergänzende Aussagen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen: Kausal für Infektionskrankheiten verantwortliche Erreger führen zum einen zu einer lokal oder systemisch nachweisbaren Abwehrreaktion im betroffenen Menschen (1), zeigen ferner bei in-vitro-Versuchen ein gleichartiges Verhalten wie bei der natürlichen Infektion bzw. führen zu einer gleichartigen Zell-/Histopathologie (2); außerdem führt deren selektive Eradikation aus dem betroffenen Menschen zu einer Symptombesserung bzw. sogar Gesundung (3). Diese modernen Kriterien träten neben die klassisch formulierten Postulate bzw. zum Teil auch an deren Stelle.
110 
Dass und wie die streitgegenständlichen Publikationen in ihrer Zusammenschau den Beweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus erbringen, hat der Sachverständige ergänzend zu seinem schriftlichen Gutachten im Rahmen seiner Anhörung im Einzelnen nachvollziehbar erläutert. Er hat ausgeführt, dass der Beitrag von Enders & Peebles 1954 die klassischen Postulate (1) und (2) erfülle; hinzu trete eine gewisse biochemische Charakterisierung (Temperaturempfindlichkeit) und eine Aussage zur Größe. Im Beitrag von Bech & von Magnus 1958 sei dann auch das klassische Postulat (3) erfüllt und zusätzlich eine Abwehrreaktion entsprechend der erweiterten Postulate-Fassung. Der Übersichtsartikel von Horikami & Moyer 1995 schließlich zitiere und stelle dar mehrere Artikel, welche die klassischen Postulate (1) bis (4) erfüllten. Auch die spezifische Cytopathologie (erweiterte Postulate) sei belegt, nämlich die Bildung von Syntyzien, also Zellverschmelzungen, welche typisch für Paramyxoviren sei (zu denen auch das Masernvirus zähle). Ergänzend wird vollinhaltlich Bezug genommen auf das Verhandlungsprotokoll, dort insbesondere S. 6 und 7.
111 
Zusammenfassend gelangt die Kammer zur Überzeugung, dass die klägerseits vorgelegten Publikationen in ihrer Gesamtheit auch den Nachweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus - gerade auch mit Blick auf die Koch-Henle´schen Postulate - belegen.
112 
b) Der Beklagte zweifelt die Tauglichkeit der vorgelegten Artikel an und stützt sich insoweit auch auf Kritikpunkte, die der Sachverständige selbst bei einzelnen Artikeln in methodischer Hinsicht oder unter dem Aspekt von Dokumentationspflichten angebracht hat. Diese nimmt der Beklagte zum Ausgangspunkt seiner These, wonach den vorgelegten Publikationen in inhaltlicher Hinsicht deren Wissenschaftlichkeit abzusprechen sei. Auf der Basis der medizinisch-forschungsgeschichtlichen Erläuterungen des Sachverständigen sind diese Ansätze aus Sicht der Kammer jedoch nicht geeignet, die oben ausgeführte Beweiskraft der vorgelegten Fachartikel in ihrer Gesamtschau in Frage zu stellen.
113 
Zum einen hat der Sachverständige ausdrücklich und nachvollziehbar dargestellt, dass in den vorgelegten Publikationen insbesondere auch die notwendigen Daten und Kontrollexperimente enthalten seien, aufgrund derer ausgeschlossen werden kann, dass lediglich zelleigene Artefakte - als die der Beklagte die vermeintlichen Masernviren einordnet - vorliegen.
114 
Vor allem aber hat der Sachverständige - nachvollziehbar und in der Sache unmittelbar einleuchtend - dargelegt, dass es schon angesichts des Umstands, dass sich der Methodenkanon und insbesondere auch die Dokumentationspraxis wissenschaftlicher Forschung in qualitativer und quantitativer Hinsicht stetig weiterentwickeln, fast schon notwendig und in aller Regel Einzelaspekte wissenschaftlicher Fachpublikationen gebe, an denen rückblickend auch mit kritischen Bemerkungen anzusetzen sei. In der Praxis der wissenschaftlichen Forschung habe sich jedoch ein im Ergebnis guter Reinigungsmechanismus in der Fachliteratur etabliert, der gerade auch in jüngster Zeit zum Teil Artikel aus höchstrangigen Fachzeitschriften betroffen habe. Wenn sich die in einem Artikel dargestellten Abläufe in Folgeversuchen schlechterdings nicht nachvollziehen ließen, so komme das in Artikeln anderer Forscher typischerweise zutage, jedenfalls wäre dies bei einem derart intensiv behandelten Thema wie den Masern zu erwarten. Forschungsergebnisse, die einem breiten wissenschaftlichen Konsens entgegenstehen, seien zwar nicht immer leicht zu publizieren. Gerade gegenüber einer breit akzeptierten Sicht verspreche es jedoch hohe Reputation, neue und bessere Erkenntnisse zu publizieren; wissenschaftlich korrekt begründete Widerlegungen bisheriger Positionen seien dann auch hochrangig zu publizieren. Gleichwohl habe sich auch bei der vom Sachverständigen vorgenommenen stichprobenartigen Überprüfung der riesigen Zahl an Fachartikeln hierzu kein einziger Artikel gefunden, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung negiere.
115 
Der Kammer erscheint es insoweit bezeichnend, dass auch der Beklagte, der selbst im Bereich der Virologie promoviert hat, abgesehen von seinen eigenen Ausführungen keinen einzigen Fachartikel oder namhaften Wissenschaftler benennen konnte, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung in Abrede stellt.
116 
Im Ergebnis sind daher auch die unbestreitbaren Schwachstellen der vorgelegten Publikationen nicht geeignet, deren Beweiskraft insgesamt in Zweifel zu ziehen.
117 
c) Schließlich postuliert der Beklagte eine eigene Indizienkette, wonach der Nachweis verlange, dass das Masernvirus (1) in einem Menschen oder seiner Körperflüssigkeit fotografiert, (2) daraus isoliert, (3) aufgereinigt, (4) wieder fotografiert und anschließend (5) dessen Zusammensetzung biochemisch charakterisiert werde mit einem anschließenden Re-Infektionsexperiment (6).
118 
Hinsichtlich dieser vom Beklagten postulierten Indizienkette hat der Sachverständige der Kammer nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass dieser eine über die Qualität einer Hypothese hinausgehende wissenschaftliche Bedeutung nicht zukomme. Die vorgelegten Publikationen sind hinsichtlich ihres wissenschaftlich fundierten Aussagewerts nach Überzeugung der Kammer jedoch nicht an Hypothesen, sondern ausschließlich an wissenschaftlich etablierten Standards zu messen. Dass es sich bei der vom Beklagten aufgereihten Indizienkette um einen solchen handele, hat der Beklagte jedoch weder darzulegen noch zu belegen vermocht.
119 
3. Auch die Bestimmung des Durchmessers in der vom Beklagten verlangten Form ist im Rahmen der vom Kläger vorgelegten wissenschaftlichen Fachartikel zur Überzeugung der Kammer gelungen.
120 
Angaben zum Durchmesser des Masernvirus auf der Basis elektronenmikroskopischer Analysen lassen sich nach den im Einzelnen eingehend erläuterten Ausführungen des Sachverständigen insbesondere den Originalarbeiten und sämtlich als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierenden Beiträgen von Nakai & Imagawa aus dem Jahr 1969, von Lund et al. aus dem Jahr 1984 und Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 entnehmen.
121 
Dass dabei die Größen- bzw. Durchmesserangaben in einem Bereich von 50 bis 1000 nm schwanken, lässt sich zur Überzeugung der Kammer plausibel wissenschaftlich erklären, wie dies der Sachverständige auf diesbezüglich geäußerte Zweifel des Beklagten näher erläutert hat. Dabei hat der Sachverständige zur Struktur eines Virus ausgeführt, dass bei jedem Virus die Nukleinsäure (Erbsubstanz) in strukturierter Anordnung von Eiweiß umhüllt sei. Je nach Art des Virus werde das Nukleokapsid von einer weiteren Eiweißhülle mit einer festgelegten Größe und rigiden Struktur (z. B. Polyeder oder komplexer radiärsymmetrischer Aufbau) oder einem Teil der Wirtszellmembran (äußere Hülle) umhüllt. Die Entstehung dieser aufgrund ihres Chemismus flexiblen äußeren Hülle beinhalte für jedes entstehende Virion Zufallsaspekte, was sich wiederum auf die individuelle Größe auswirke. Behüllte Viren hätten also eine vielgestaltige, ständig wechselnde Form und eine zwischen den Virionen einer Generation erheblich variierende Größe. Behüllte Viren einer Virusart seien demgemäß vielgestaltig (= pleomorph) und unterschiedlich groß, was auch auf die taxonomische Familie der Paramyxoviren zutreffe, zu der das Masernvirus gehöre. Wenn nun elektronenmikroskopische Aufnahmen von solchen vielgestaltigen Virionen angefertigt würden, müssten dazu zweidimensionale optische Schnitte durch die dreidimensionalen Partikel gelegt werden. Je nachdem, mit welchem Winkel der Schnitt durch das dreidimensionale Virion und zudem an welcher Stelle des Virions dieser Schnitt durch dessen dreidimensionale Struktur gelegt werde, könnten dabei zweidimensionale Abbildungen entstehen, deren Durchmesser sich erheblich - auch in den für das Masernvirus in den Publikationen konkret festgestellten Variationsbreiten - unterschieden.
B.
122 
Da der Beklagte mit der Zahlung der Belohnung zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten durch den Kläger in Verzug war, kann der Kläger gemäß §§ 657, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB auch Ersatz der Rechtsanwaltskosten, die ihm für die diesbezügliche außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind, verlangen.
C.
123 
Der Kläger kann ferner - mit Zustimmung der R.-Rechtsschutz-Versicherungs-AG - vom Beklagten aus § 831 BGB Zahlung der Rechtsanwaltskosten an sich verlangen, die für das Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 (Anl. K10) und die damit korrespondierende vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind.
I.
124 
Die streitgegenständlichen Äußerungen, hinsichtlich derer der Kläger mit dem als Anlage K10 vorgelegten Anwaltsschreiben vom Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begehrt und nahezu vollständig auch erreicht hat, stellen Tatsachenbehauptungen dar. Denn die Richtigkeit der Äußerung, der Kläger und seine „illegalen Hintermänner“ hätten vor dem Landgericht Ravensburg das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen, ist dem Beweis zugänglich (vgl. Rixecker, in MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, Anhang zu § 12 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rn. 143). In der Aussage: „Wir rechnen damit, dass Dr. L... am 24.4.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolgen und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird“ steckt zudem inzident die Behauptung, der Kläger habe das Gericht betrogen und sei zahlungsunfähig, worin ebenfalls eine Tatsachenbehauptung liegt. Allein der Umstand, dass die Behauptungen sehr pointiert formuliert sind, nimmt der Äußerung nicht den Charakter einer Tatsachenbehauptung.
II.
125 
Der Beklagte hat schon gar nicht behauptet, seine Äußerungen seien wahr. Wer jedoch in allgemeiner Form ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufstellt, die den Kläger auch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen, muss sich grundsätzlich zu deren Berechtigung näher erklären und Belege für seine Darstellung nennen (Rixecker, a.a.O. Rn. 150). Dieser Darlegungslast hinsichtlich der Wahrheit der Tatsachenbehauptung oder jedenfalls der Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Äußerung des Beklagten auf sorgfältigen Recherchen beruht, ist der Beklagte nicht nachgekommen.
III.
126 
Der Beklagte kann sich mit seinem Vortrag, er habe den Eintrag weder selbst verfasst noch veranlasst und die Veröffentlichung sei auch nicht mit seinem Wissen und Wollen erfolgt, nicht entlasten. Der Beklagte hat sich vielmehr das Verhalten seiner Mitarbeiter zurechnen zu lassen. In einer vom Beklagten selbst verfassten Veröffentlichung (Anl. K14) hat dieser selbst angegeben, der Kläger habe es sofort juristisch verbieten lassen, „als meine Mitarbeiter auf unserer Internetseite über den Prozess berichten wollten […]“. Da unstreitig eine Unterlassungserklärung nur hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung verlangt und erreicht wurde, hat der Beklagte damit selbst eingeräumt, dass die Gestaltung der Website diesbezüglich von seinen eigenen Mitarbeitern veranlasst worden ist. Er hat dem Kläger deshalb denjenigen Schaden zu ersetzen, den der nicht näher bekannte Mitarbeiter diesem in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung zugefügt hat.
IV.
127 
Dem Beklagten stand es zwar offen, sich nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB zu entlasten (Exkulpation). Der Beklagte hat aber schon nicht dargelegt, dass er bei der Auswahl und Anleitung der bestellten Personen („meine Mitarbeiter“) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Ein dahingehender konkreter Vortrag ist nicht erfolgt, obwohl der Kläger sich zur Begründung der Verantwortlichkeit des Beklagten schon schriftsätzlich auf die vorstehend genannte Bemerkung des Beklagten (Anl. K14) bezogen hat.
V.
128 
Aufgrund der unerlaubten Handlung schuldet der Beklagte Ersatz der Anwaltskosten, die für die Einholung der strafbewehrten Unterlassungserklärung entstanden sind. Die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten war dabei auch erforderlich, da aufgrund dessen, dass es bereits zu einer Beeinträchtigung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gekommen war, die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB vermutet wird und diese Vermutung insbesondere auch durch die bloße Löschung - sei sie nun vollständig oder lediglich teilweise erfolgt - des Eintrags nicht beseitigt wird. Schließlich war dem Kläger angesichts der Umstände und der durchaus gewisse juristische Kenntnisse erfordernden Geltendmachung eines auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützten Unterlassungsanspruch auch nicht zuzumuten, auf juristischen Beistand zu verzichten.
VI.
129 
Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch entsprechend der Berechnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (1,3 - Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer) auf 492,54 EUR.
D.
130 
Die Zinsansprüche rechtfertigen sich jeweils aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB.
E.
131 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 + 2 ZPO.

Gründe

 
58 
Die Klage ist zulässig und insgesamt begründet.
A.
59 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung der ausgelobten Belohnung in Höhe von 100.000,00 EUR gegen den Beklagten aus § 657 BGB.
60 
Das „Preisausschreiben“ des Beklagten enthält ein ernst gemeintes, bindendes Belohnungsversprechen (dazu I.), die Auslobung ist auch öffentlich bekannt gemacht i.S.v. § 657 BGB (II.). Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine Einschränkungen, wie sie vom Beklagten geltend gemacht werden (III.); mit den vom Kläger vorgelegten Publikationen sind die Anforderungen der Auslobung vollständig erfüllt (IV.).
I.
61 
Aus dem Auslobungstext selbst und unter Berücksichtigung des hierzu zwischen den Parteien gewechselten Briefverkehrs ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit eine bindende Leistungs-verpflichtung des Beklagten, insbesondere auch die Ernstlichkeit des Belohnungsversprechens.
62 
Zwar könnte insbesondere die durchaus reißerische Züge tragende Überschrift „Das Masern-Virus - 100.000 EUR Belohnung! - WANTED - Der Durchmesser“ und auch die schiere Höhe der versprochenen Belohnung den Eindruck fehlender Ernstlichkeit dahingehend erwecken, dass es dem Beklagten nur darum gegangen sein könnte, ein möglichst hohes Maß an Aufmerksamkeit für seine im Text zum Ausdruck gebrachte Impfkritik zu erwecken. Doch spricht insbesondere der Zweck, den der Beklagte mit der versprochenen Belohnung verfolgt, gegen die Annahme einer erkennbar nicht ernst gemeinten Erklärung. Der Beklagte will - so erläutert er selbst ausdrücklich - „mit dem Preisgeld bewirken, 1. dass sich Menschen aufklären und 2. dass die aufgeklärten Menschen den nicht-aufgeklärten helfen und 3. die Aufgeklärten im Sinne der Gesetze auf die Akteure einwirken.“ Dem Beklagten geht es also ersichtlich darum, denjenigen, die - aus seiner Sicht - den Argumenten der Impfbefürworter allzu unkritisch gegenüberstehen, einen Ansporn zu liefern, sich mit der Frage, ob es einen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz des Masernvirus gibt, kritisch auseinanderzusetzen. Einen Ansporn in diesem Sinne gibt es aber nur, wenn die Erlangung der Belohnung tatsächlich möglich und deren Auslobung damit ernst gemeint ist.
63 
Schließlich ließ der Beklagte auch in seinem Schreiben vom 30.1.2012 (Anl. K3) keinen Zweifel an der Ernstlichkeit seines Preisgeld-Versprechens aufkommen. Die inhaltliche Anfrage des Klägers vom 16.1.2012 (Anl. K2) nach der Aktualität und den Bedingungen der - in der Betreffzeile des Klägerschreibens sogar ausdrücklich als solche bezeichneten - Auslobung hatte dem Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, eine etwa fehlende Ernstlichkeit klarzustellen bzw. offen zu legen. Dergleichen tat der Beklagte aber nicht, vielmehr bestätigte er ausdrücklich, dass das Preisgeld ausgeschrieben ist.
II.
64 
Durch die Veröffentlichung der Ausschreibung des „Preisgeldes“ auf den Internetseiten des „... - Verlages“ machte der Beklagte die Auslobung öffentlich bekannt. Eine öffentliche Bekanntmachung setzt die Kundgabe gegenüber einem individuell unbestimmten Personenkreis voraus (vgl. Seiler, in: MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, § 657 Rn. 12; Sprau, in: Palandt BGB, 74. Aufl. 2015, § 657 Rn. 3), der sich vorliegend aus sämtlichen potentiellen Besuchern der Verlagsseiten zusammensetzt.
III.
65 
Die Auslobung ist eine einseitige, an die Allgemeinheit gerichtete und nicht empfangs-, sondern bekanntmachungsbedürftige Erklärung (BGH Urt. v. 23.09.2010 - III ZR 246/09 - BeckRS 2010, 24346 Rn. 12; Sprau a.a.O. Rn 1; Seiler a.a.O. Rn 4). Ihr Gegenstand ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 242 BGB zu ermitteln, die sich nach der Verständnismöglichkeit eines beliebigen vernünftigen Teilnehmers am Rechtsverkehr - als Teil der durch die Auslobung angesprochenen Öffentlichkeit - richtet (Seiler a.a.O. Rn. 6; Sprau a.a.O. Rn. 4; Kotzian-Marggraf, in: Beck-OK-BGB, Stand 1.2.2015, § 657 Rn. 7). Dabei sind ausgehend vom Wortlaut der Erklärung auch solche Umstände zu berücksichtigen, die jedermann oder doch jedem Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises bekannt oder erkennbar sind (vgl. BGHZ 53, 307 - juris-Rn. 12). Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Publikationen weder solche des RKI sein (dazu 1.) noch aus der Zeit nach Inkrafttreten des IfSG stammen müssen (2.); auch ist die Auslobung nicht dahingehend zu verstehen, dass der geforderte Nachweis in einer einzigen Publikation erbracht sein müsse oder dass Übersichtsarbeiten nicht herangezogen werden dürften (3.).
66 
1. Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine einschränkende Voraussetzung dahingehend, dass es sich bei der vorzulegenden wissenschaftlichen Publikation um eine solche des RKI oder seiner Mitarbeiter handeln müsse.
67 
Diese Voraussetzung hat der Beklagte erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens postuliert. Außergerichtlich hatte er sich, wie aus seinem Schreiben vom 6.3.2012 (Anl. K6) hervorgeht, hinsichtlich der vom Kläger übersandten Publikationen noch im Wesentlichen lediglich inhaltlich darauf berufen, dass darin „nur zelleigene Bestandteile und Strukturen dargestellt werden, die nicht isoliert und biochemisch charakterisiert wurden“, weshalb er das Preisgeld nicht aushändigen könne. Der Einwand, die Artikel erfüllten schon deshalb die Auslobungskriterien nicht, weil keiner von Mitarbeitern des RKI stamme, findet dagegen in dieser vorgerichtlichen Korrespondenz keinerlei Erwähnung.
68 
a) Der Wortlaut der Erklärung des Beklagten trägt die Annahme einer solchen einschränkenden Auslobungsbedingung nicht.
69 
Zu den Voraussetzungen für die Auszahlung des Preisgeldes wird vielmehr ausdrücklich nur erhoben, dass „eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ Eingeschränkt wird dies dem Wortlaut nach lediglich dadurch, dass das Preisgeld nicht ausgezahlt werde, „wenn es sich bei der Bestimmung des Durchmessers des Masern-Virus nur um Modelle oder Zeichnungen […] handelt.“ Es wäre dem Beklagten ein Leichtes gewesen, die von ihm im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erstmals vorgetragene einschränkende Voraussetzung der Auslobung dadurch deutlich zu machen, dass er etwa formuliert hätte: „eine wissenschaftliche Publikation des Robert-Koch-Instituts […]“. Gelegenheit zu einer dahingehenden Klarstellung hätte der Beklagte nicht zuletzt in seinem Schreiben vom 30.1.2012 gehabt, das er auf die explizite Anfrage des Klägers nach den Auslobungskriterien (Anl. K2) verfasst hat. Der Beklagte ergänzt die vom Kläger aus dem „Preisausschreiben“ zitierten Auslobungsbedingungen jedoch nur dahingehend, dass die Publikation die durch das IfSG festgelegten gesetzlichen Bestimmungen erfüllen müsse, und lässt sie im Übrigen unwidersprochen.
70 
b) Auch unter Berücksichtigung der einem objektiven Erklärungsempfänger aus dem Kreis der potentiellen Besucher der Internetseiten des „...-Verlages“ bekannten oder erkennbaren Umstände ist der Auslobung nicht zu entnehmen, dass es sich um eine Publikation aus dem Kreis der Forschungsangehörigen des RKI handeln müsse.
71 
(1) Dabei kommt zunächst dem Interesse, welches der Beklagte mit seiner Auslobung erkennbar verbunden hat, maßgebliche Bedeutung zu.
72 
Die Auslobung ist Teil eines Internetartikels, in dem sich der Beklagte gegen die Pharma-Industrie ausspricht und die „Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde“ als Bestandteil einer Werbekampagne zu entlarven sucht, die - unterstützt durch die Bundesregierung sowie internationale Einrichtungen (WHO) - gesunkene Umsätze im Bereich von Impfstoffen wieder steigern solle. Der Beklagte verneint die Existenz von Masern-Viren, nicht die der Masernerkrankung. Sein erklärtes Ziel ist es, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass es keine Masern-Viren gebe, und sie davon abzubringen, sich diesbezüglich impfen zu lassen.
73 
Ein besonderer Fokus des Beklagten liegt dabei auf PD Dr ... vom RKI, der er anlastet, die Zucht von Masern-Viren zu behaupten, was doch voraussetze, dass ihr der Durchmesser des Masern-Virus bekannt sei. Er ruft dazu auf, sich an Dr. ... zu wenden, die von der Bundesregierung beauftragt sei, eigenständig Forschung zu den Ursachen von Masern zu betreiben, um an sie die Frage nach dem Durchmesser des Masern-Virus zu stellen.
74 
Aus dieser Bezugnahme auf den von Seiten der Bundesregierung erhaltenen Auftrag, eigenständig Forschung zu betreiben, könnte sich der Schluss darauf anbieten, der Beklagte habe gerade die Vorlage von Resultaten dieser eigenständigen Forschung verlangt, mithin eine Publikation von Dr. ... oder jedenfalls eine aus dem Kreis der am RKI mit diesem Forschungsauftrag betrauten Personen. Doch greift ein solches Verständnis unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes, in den der Beklagte seine Auslobung stellt, zu kurz.
75 
Unter Berücksichtigung des Auslobungstextes im Übrigen ergibt die Auslegung vielmehr ein Anliegen des Beklagten, das von weitaus grundsätzlicherem Charakter ist. Ziel des Beklagten ist es letztlich, das RKI insoweit bloß zu stellen, als durch die Anfragen von Seiten der Besucher der Verlagsseiten bzw. deren Recherche nach wissenschaftlichen Publikationen zum vom Beklagten negierten Masernvirus deutlich werden soll: Das RKI propagiere Masernviren, ohne sich diesbezüglich auf wissenschaftliche Beweise stützen zu können. Wäre - so die Idee des Beklagten - ein solchermaßen unredliches Verhalten erst einmal belegt, sei der Schritt zur Erkenntnis bei der aufzuklärenden Bevölkerung, das Institut handle für die Pharma-Industrie, nicht mehr weit.
76 
Dass es dem Beklagten nicht allein um den Vorwurf ging, das RKI vernachlässige sozusagen den ihm übertragenen Forschungsauftrag, ergibt sich auch daraus, dass der Beklagte ganz grundsätzlich betont, es sei „verboten, Unwahres zu behaupten“ und nicht etwa, es sei verboten, Behauptungen aufzustellen, die nicht auf eigener Forschung fußen. Ferner stellt er sich in Bezug auf Dr ... auch auf den Standpunkt, sie müsse „[…] zumindest […] wissen, wo es [gemeint ist der Durchmesser des Masernvirus, Anm. der Kammer] steht“, wodurch er wiederum einen Bezug zu Fremdpublikationen herstellt, die den Mitarbeitern des RKI und unter ihnen insbesondere der „Hauptverantwortlichen“ Dr. ... (lediglich) zum Nachlesen zur Verfügung stehen. Unterhalb der Zeichnung eines Masernvirus nach Art einer Kinderzeichnung führt der Beklagte aus, „[…] dass im Kern die offizielle Wissenschaft, auf die sich alle berufen, nicht viel wissenschaftlicher arbeitet“ - auch diese Betonung des allseitigen „Sich-Berufens“ auf „die offizielle Wissenschaft“ spricht dafür, dass die Vorlage einer Publikation genügt, auf die sich das RKI beruft, ohne dass diese zwingend vom RKI bzw. dessen Mitarbeitern selbst stammen müsste.
77 
Schließlich offenbart er auch unter der Überschrift „Das weitere Vorgehen“, dass es ihm ganz allgemein darum geht, aufzudecken, dass das RKI - so der Ansatz des Beklagten - letztlich ohne jeden Beweis und nicht lediglich ohne eigenständig erzielte Forschungsergebnisse Impfungen empfehle, wenn er schreibt: „Wenn sich herausstellt, dass Frau Dr. ... Masern-Viren behauptet, ohne einen wissenschaftlichen Beweis für deren Existenz zu haben, darf ihr Verhalten - so zu tun, als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden. Ihr Vorgesetzter, bei dem sich dann über Frau Dr ... beschwert werden muss, falls diese keinen Beweis vorlegen kann, ist […]. Sollte sich herausstellen, dass Prof. ... weiß, dass Frau Dr. ... ohne wissenschaftliche und damit gesetzliche Grundlage arbeitet […, Hervorhebung jeweils durch die Kammer]“.
78 
(2) Gegen das vom Beklagten reklamierte Verständnis spricht ferner auch der Umstand, dass sich die Kritik des Beklagten keineswegs allein gegen das RKI richtet. Vielmehr bezieht sich diese auch auf die WHO und das Paul Ehrlich-Institut (PEI) als Impfstoff zulassende Behörde sowie den Berliner Gesundheitssenat. Zudem wird im Auslobungstext ein Kontext zu deutschen Forschern insgesamt hergestellt, wenn es im unmittelbaren Anschluss an die Darstellung der von Seiten der Bundesregierung verbreiteten Forschungserfolge des PEI sowie des Handelns des Berliner Gesundheitssenats und noch vor der Nennung des RKI heißt: „Wenn also deutsche Forscher im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, muss es eine Dokumentation dieser Forschungen geben […].“ Schon dies spricht dafür, dass mit den deutschen Forschern, die im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, nicht allein die Mitarbeiter des RKI gemeint sein können.
79 
(3) Schließlich ist auch der in der Auslobungserklärung selbst unter der Überschrift „100.000 EUR“ im vierten Absatz erfolgten Bezugnahme auf das IfSG und dem im Schreiben vom 16.1.2012 (Anl. K3) formulierten Hinweis des Beklagten an den Kläger, wonach die gesetzlichen Bestimmungen, die die Publikation erfüllen müsse, durch das IfSG festgelegt seien, nicht zu entnehmen, dass die Publikation eine solche des RKI sein müsste.
80 
So ist zunächst festzustellen, dass sich dem IfSG unmittelbar als solche formulierte gesetzlich festgelegte Vorgaben für wissenschaftliche Publikationen nicht entnehmen lassen. Vor diesem Hintergrund ist die Bezugnahme des Beklagten auf das IfSG zwar interpretationsbedürftig; die vom Beklagten nunmehr geschlagene Brücke von der Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG hin zum postulierten Erfordernis, dass die Publikation aus der Feder von Angehörigen des RKI stammen müsse, ist im Ergebnis aber nicht tragend.
81 
Zwar gehört gemäß § 4 IfSG zu den Aufgaben, die dem RKI im Rahmen des IfSG übertragen sind, auch die „Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten“. Jedoch steckt in der Übertragung eines Aufgabenkreises nicht ohne Weiteres eine gesetzliche Bestimmung dazu, welche Anforderungen eine Publikation nach dem IfSG erfüllen muss. Jedenfalls lässt die Bezugnahme des Beklagten auf die Vorgaben des IfSG nicht zwingend den Schluss zu (insbesondere nicht in einer aus dem objektiven Empfängerhorizont erkennbaren Weise), dass hierdurch eine weitere Auslobungsbedingung dahingehend aufgestellt werden sollte, dass allein Publikationen des RKI den geforderten wissenschaftlichen Nachweis der Existenz des Masernvirus erbringen dürften. Vielmehr liegt bei unbefangener Betrachtung eine Auslegung dahingehend näher, dass es dem Beklagten darum ging, gewisse Standards zu formulieren, die seitens der vorzulegenden Publikationen zu erfüllen sind, wenn in § 1 Abs. 2 IfSG etwa ausdrücklich der jeweilige Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik zum maßgeblichen Qualitätsstandard erhoben wird. Dass dem Beklagten selbst ein solches Verständnis keinesfalls fremd ist, hat er schließlich auch durch seine zu Bl. 125 vorgelegte Stellungnahme vom 2.2.2015, dort S. 2, bestätigt, wo er ausführt: „Mit der Bindung des Preisausschreibens an das IfSG, welches ab dem 1.1.2001 in Kraft getreten ist und das in § 2 IfSG die Anforderung wissenschaftlichen Arbeitens auf dem jeweiligen Stand der Wissenschaft fordert, wurde sichergestellt, dass die geforderte Publikation auf der Grundlage der präzisen Formulierungen der „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ erstellt wurde. […].“
82 
Zu beachten ist schließlich, dass der Gesetzgeber bei der Normierung des IfSG offenbar bereits von der Existenz von Masernviren ausging, da er schon in der ersten, ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung des IfSG unter § 7 Abs. 1 Nr. 30 das Masernvirus zum meldepflichtigen Krankheitserreger erhob; ersichtlich hielt also der Gesetzgeber eine vom RKI erst noch vorzunehmende Beweisführung hinsichtlich des Masernvirus nicht mehr für erforderlich. Auch dieser Umstand spricht dagegen, die Bezugnahme auf das IfSG als Indiz dafür zu verstehen, dass die Auslobung des Beklagten nur Publikationen des RKI gelten lassen wolle.
83 
2. Die Auslobung ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass nur eine Publikation, die nach dem Inkrafttreten des IfSG veröffentlicht wurde, die Auslobungsvoraussetzungen erfüllen könne.
84 
Dass der Beklagte sich hinsichtlich der vorzulegenden Publikationen auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG bezieht, reicht nach dem objektiven Empfängerhorizont für eine derartige Einschränkung nicht. Allein aus dem Zeitpunkt einer Veröffentlichung folgt nämlich noch nicht, dass die Publikation sich an dem in § 1 Abs. 2 IfSG zur Messlatte erhobenen jeweiligen Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik nicht mit dem Ergebnis prüfen ließe, dass ihr auch diese Qualität zukommt. Vielmehr ist die Wandelbarkeit und Entwicklungsoffenheit forschungsbezogener Standards im medizinischen Bereich den gesetzlichen Bestimmungen des IfSG geradezu immanent, wenn diesem in § 1 Abs. 2 IfSG eine Regelung vorangestellt ist, die ausdrücklich den „jeweiligen“ Stand der Wissenschaft zur Richtschnur erklärt.
85 
Im übrigen hat der Sachverständige P. anschaulich erläutert, dass nahezu alle von der einschlägigen wissenschaftlichen „Community“, d. h. der weltweiten Gesamtheit an Masernvirusforschenden und medizinischen Anwendern dieser Forschungsergebnisse, als notwendig und hinreichend akzeptierten Fachartikel zum Beleg der Existenz und zur strukturellen und molekularen Natur des Masernvirus vor Juli 2000 veröffentlicht worden seien. Fachartikel aus späterer Zeit hierzu seien also schon deshalb fernliegend bzw. äußerst rar, weil in den Augen dieser scientific community kein Grund bestehe, bereits Bewiesenes neu zu beweisen; entsprechende Untersuchungen wären zudem auch nicht publikabel, da wissenschaftliche Fachzeitschriften bereits publizierte und allgemein akzeptierte Ergebnisse nicht ein weiteres Mal, egal aus welcher Quelle, zur Publikation annehmen würden. Aus Sicht eines Erklärungsempfängers aus dem Kreis der durch die Auslobung jedenfalls auch angesprochenen medizinisch geschulten bzw. interessierten Besucher der Verlagsseiten kann die Bezugnahme auf das IfSG deshalb kein Anhaltspunkt dafür sein, dass damit alle Fachartikel aus den Jahren vor 2001 ausgeschlossen sein sollten. Ein solchermaßen einschränkendes Kriterium würde nämlich die Erfüllbarkeit der Auslobungskriterien von vornherein in einem solchem Maße einschränken, dass hiermit aus der Perspektive eines unbefangenen Lesers mit einer gewissen medizinischen Vorbildung schlicht nicht zu rechnen wäre.
86 
3. Schließlich ergibt die Auslegung des Auslobungstextes auch nicht, dass der geforderte Nachweis der Existenz des Masernvirus und die Bestimmung von dessen Durchmesser in einer einzigen Publikation erbracht werden müsste (a) und dass Übersichtsartikel nicht als taugliche Publikationen anzusehen seien (b).
87 
a) Auf diese einschränkenden Kriterien hat sich der Beklagte erstmals nach Vorlage des Sachverständigengutachtens vom 17.11.2014 berufen, in dem der Sachverständige P. im Ergebnis zum Schluss kam, dass zwar nicht ein Artikel für sich genommen für die Beweisführung ausreiche, dass aber die - hinreichend durch adäquate und wissenschaftlich korrekt durchgeführte Experimente belegten - Aussagen der sechs eingereichten Publikationen in ihrer Kombination sowohl die Existenz des Masernvirus belegten als auch seine spezifische Infektiosität sowie seinen ungefähren Durchmesser zeigten.
88 
Dem Beklagten ist dabei zuzugestehen, dass der Wortlaut der Auslobung seinem Verständnis jedenfalls nicht entgegensteht, wenn es heißt: „Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ (Hervorhebung durch die Kammer).
89 
Ein solches einschränkendes Verständnis der Auslobung lässt sich jedoch nicht in Einklang bringen mit deren oben bereits im Einzelnen aufgefächerten Begleitumständen und dem Gesamtkontext, in den die Auslobung textlich eingebunden ist.
90 
In der Sache geht es dem Beklagten doch darum, durch die Auslobung des „Preisgeldes“ ans Licht zu bringen, dass es „nicht einmal eine“ Publikation gebe, in der die Existenz des Masernvirus nachgewiesen und dessen Durchmesser bestimmt werde, da er insgesamt den Lesern der Verlagsseiten zur Erkenntnis verhelfen möchte, dass die Behauptung eines Masernvirus wissenschaftlich in keiner Form belegt sei. Er betont damit letztlich, wie sicher er sich seiner Sache ist. Nicht ansatzweise stützt sich dagegen die Kritik des Beklagten gegenüber den angesprochenen Impfbefürwortern darauf, dass es die eine große, zusammenhängende Originalarbeit, welche die vom Beklagten verlangte Beweisführung biete, bislang noch nicht gebe.
91 
Ein solches Verständnis vertrüge sich auch nicht mit der Publikationspraxis im medizinischen Forschungskontext, in den der Beklagte seine Auslobung aber ausdrücklich selbst eingebunden sehen möchte und auf dessen Standards er - jedenfalls in einer Form, wie er sie verstanden wissen will - mit Nachdruck abhebt. Naturwissenschaftliche Indizienketten oder gar Beweisführungen - so hat es der Sachverständige P. dargelegt - würden mindestens schon seit Jahrzehnten nicht mehr als Monographien, sondern als Abfolgen von mehreren bis zu sehr vielen Fachartikeln publiziert. Dies liege zunächst einmal an der Komplexität der in neuerer Zeit erarbeiteten Erkenntnisse, die in aller Regel den gleichzeitigen oder konsekutiven Einsatz verschiedener Wissenschaftlergruppen mit ihren jeweiligen methodischen und finanziellen Ressourcen notwendig machen. Als weitere Gründe kämen hinzu ein deutlich gestiegener internationaler Wettbewerb unter den Wissenschaftlern sowie das Aufkommen neuer Publikationsformate. Das Verlangen eines einzigen und umfassenden wissenschaftlichen Fachartikels würde daher angesichts der komplexen Zusammenhänge und dem Differenzierungsgrad heutiger medizinischer Forschung den theoretischen und praktischen Standards moderner Wissenschaft schlicht nicht gerecht.
92 
b) Aus dem gleichen Grund kann auch die vom Beklagten zuletzt eingewandte grundsätzliche Ausgrenzung von Übersichtsarbeiten aus dem Kanon der tauglichen wissenschaftlichen Publikationen nicht Ergebnis der Auslegung des „Preisausschreibens“ sein.
93 
Der Sachverständige P. hat erläutert, dass die Publikationsform der Übersichtsarbeit spezifischen wissenschaftlichen Wert dadurch erhält, dass sie sozusagen ein modernes Äquivalent einer Monographie darstellt. Die Übersichtsarbeit präsentiert zwar keine eigenständigen Forschungsleistungen des Autors / der Autoren, enthält aber für alle präsentierten Fakten und Forschungsergebnisse Literaturzitate, die das Auffinden der relevanten Primärliteratur eineindeutig ermöglichen; eine Übersichtsarbeit gewinnt gerade aus der Zusammenschau zahlreicher Originalarbeiten - über die reine Darstellung bisheriger Forschungsergebnisse hinaus - eigenständige Schlussfolgerungen.
94 
Die Ausgrenzung dieses Publikationstyps widerspräche also ebenfalls den Standards moderner Wissenschaft. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, weshalb das erkennbare Auslobungsziel des Beklagten einer Berücksichtigung von Übersichtsarbeiten entgegen stehen sollte.
IV.
95 
Der Kläger hat sich die ausgelobte Belohnung verdient; denn die vorgelegten Publikationen genügen den Vorgaben der Auslobung.
96 
Die Kammer ist zu dieser Überzeugung gelangt auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen P.. Der Sachverständige ist Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene und Umweltmedizin und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universitätsmedizin R., seine Qualifikation steht außer Zweifel. Diese herausragende fachliche Qualifikation ist für die Kammer sowohl in den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen als auch im Rahmen seiner Anhörung deutlich geworden. Der Sachverständige hat die vorgelegten Publikationen im einzelnen ausführlich dargestellt und nachvollziehbar und verständlich in den forschungsgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet; mit den Einwendungen des Beklagten hat er sich eingehend und gründlich auseinandergesetzt.
97 
Aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen ist die Kammer überzeugt, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K 4) übersandten Publikationen wissenschaftliche Publikationen sind (dazu 1.), die in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masern-Virus belegen (2.) und dessen Durchmesser bestimmen (3.).
98 
1. Nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft in ihrem forschungsgeschichtlichen Zusammenhang sind die klägerseits vorgelegten Publikationen allesamt von solcher formaler Qualität, dass sie das Prädikat „wissenschaftlich“ in diesem Sinne erhalten.
99 
a) Der Sachverständige hat überzeugend erläutert, weshalb die vorgelegten Publikationen ausnahmslos als wissenschaftliche Fachartikel zu qualifizieren seien. Dabei hat er dargelegt, dass eine Publikation im Wesentlichen zwei formale Voraussetzungen zu erfüllen habe, um gegenwärtig auf internationalem Niveau als wissenschaftlicher Fachartikel qualifiziert werden zu können. Der Artikel müsse zum einen in einer Zeitschrift mit einem sog. „peer review“ (Fachgutachter) System veröffentlicht und damit in der Regel von mindestens zwei unabhängigen Fachwissenschaftlern vor der Veröffentlichung geprüft und ggf. mit Korrekturforderungen versehen worden sein. Zum anderen sei die Listung und Einsehbarkeit (mindestens in Form eines sog. Abstract) in wissenschaftlichen Fachdatenbanken wie NCBI (National Center for Biolotechnological Information; Bethesda, USA) und DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) erforderlich. Sämtliche vorgelegte Artikel erfüllten diese Anforderungen.
100 
b) Der Beklagte hat die Wissenschaftlichkeit der Artikel in formaler Hinsicht unter Berufung auf das Regelwerk der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in der aktuellen Form in Zweifel gezogen.
101 
Aus Sicht der Kammer überzeugend hat der Sachverständige P. hierzu darauf verwiesen, dass die Regeln der DFG sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht nur bedingt als Kriterien für Wissenschaftlichkeit angesehen werden können. Dies leuchtet schon deshalb unmittelbar ein, weil ein Großteil der wissenschaftlichen Forschung im medizinischen Bereich außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Geltungsbereichs des DFG-Regelwerks betrieben wird und aktuelle Standards wissenschaftlichen Arbeitens von Forschungsergebnissen vergangener Zeiten schon aufgrund der sich stetig weiter entwickelnden (sowohl informations- als auch dokumentations-)technischen Möglichkeiten von vorneherein nicht erfüllt werden können.
102 
2. Die streitgegenständlichen Publikationen beweisen in ihrer Gesamtschau die Existenz eines Virus, das für die Masernerkrankung ursächlich ist.
103 
a) Wie der Sachverständige dargelegt hat, gilt es grundsätzlich zwei Fragen auseinanderzuhalten - zum einen die Frage, ob es überhaupt einen bestimmten Mikroorganismus gebe und welche Natur dieser habe, zum anderen die Frage, ob eben dieser Mikroorganismus tatsächlich kausal bedeutsam für eine Erkrankung (hier die Masernerkrankung) sei. Zur diesbezüglichen Beweisführung genügt zwar die Aussagekraft einer einzelnen der sechs streitgegenständlichen Publikationen für sich genommen nicht. In der Gesamtschau belegen die Aussagen der vom Kläger vorgelegten Artikel jedoch auf der Grundlage adäquater und wissenschaftlich korrekt durchgeführter Experimente sowohl die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus als auch dessen Ursächlichkeit für die Masernerkrankung.
104 
(1) Was die Existenz und die Natur des Masernvirus anbelange - so der Sachverständige -, gebe es zur Belegsammlung viele grundsätzlich gleichwertige Wege, wobei in der Biologie typischerweise verlangt werde, dass zwei voneinander unabhängige Wege beschritten würden, um die Existenz eines Mikroorganismus zu belegen und diesen taxonomisch einzuordnen. Der klassische Weg sei der optische Nachweis mit mikroskopischen Methoden, im Falle von Viren mithilfe eines Elektronenmikroskops. Zum anderen könne man die Bestandteile eines Erregers nachweisen. Bei einem Krankheitserreger würde man ferner typischerweise erwarten, dass dieser sich vermehren kann; von daher rühre die Methode des kulturellen Nachweises dieses Keims. Ein weiterer Schritt könne dann darin bestehen, dass man die Vermehrung des Keims als Reinigungsschritt begreife und anschließend den Erreger nochmals einer mikroskopischen Untersuchung daraufhin unterziehe, ob sein Aussehen und die Biochemie seines Keims unverändert sei. Zu diesen Methoden komme zwischenzeitlich die Möglichkeit hinzu, die Nukleinsäuren zu isolieren und vollständig zu sequenzieren. - Ausgehend hiervon belegten die vorgelegten Artikel in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus.
105 
Dabei hat der Sachverständige im Einzelnen prägnant, nachvollziehbar und in der Sache überzeugend für jede der vorgelegten Publikationen ausgeführt, anhand welcher der oben beschriebenen Methoden die Autoren jeweils zu Ergebnissen gelangten, deren Belegeigenschaft der Sachverständige sodann kritisch analysiert und differenziert beschrieben hat. Auf die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.11.2014 unter Ziffer VII. wird dabei vollumfänglich Bezug genommen.
106 
Für die Überzeugungsbildung der Kammer kommt insoweit den Arbeiten von Horikami & Moyer von 1995 sowie von Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 besondere Bedeutung zu. So werden in der Übersichtsarbeit von Horikami & Moyer - wie der Sachverständige erläutert hat - grundlegende und vollkommen eindeutige Charakteristika von Masernviren wie deren komplette Genomsequenz vorgestellt, wobei der Artikel den Inhalt von 97 Original-Arbeiten aus Fachzeitschriften mit Fachgutachter-System („peer review“) zu Struktur, Genomtranskription und Vermehrung des Masernvirus auswerte und zusammenfasse. Durch diesen Übersichtsartikel und die darin zitierten Publikationen sei insbesondere auch der sog. Goldstandard eines bis ins molekulare Detail charakterisierten Agens eingebracht, da dank der Genomsequenzierung alle modernen Wege zum direkten (z. B. Antigennachweis, Hybridisierungen, Nukleinsäurenamplifikationen) und indirekten (z. B. Antikörperreaktionen, T-Zellaktivierung) eineindeutigen Nachweis eines Mikroorganismus in einem Wirtsorganismus beschritten werden könnten. Die als Originalarbeit und angesichts ihres Aufbaus und Umfangs als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierende Publikation von Daikoku et al. belege ferner ebenfalls mittels zweier - vom Sachverständigen jeweils näher beschriebenen - voneinander unabhängiger Verfahren die Masernvirus-Spezifizität der untersuchten Virionen des klassischen Edmonston-Masernvirusstammes.
107 
(2) Mit Blick auf die Frage der Ursächlichkeit des Masernvirus für die Masernerkrankung hat der Sachverständige ausdrücklich festgehalten, dass die vorgelegten Arbeiten in ihrer Zusammenschau insbesondere auch die vom Beklagten im Laufe des Rechtsstreits zum Beweismaß erhobenen Koch-Henle´schen Postulate erfüllen.
108 
Diese Postulate wurden formuliert, um die kausale Bedeutung eines mikrobiellen Erregers für eine Infektionskrankheit zu belegen. In ihrer klassischen Form enthalten sie nach den plausiblen Darlegungen des Sachverständigen - paraphrasiert - folgende Aussagen: Ein Erreger ist kausal verantwortlich für eine Infektionskrankheit, wenn er (1) bei Anwesenheit in Menschen typischerweise mit einem fest umrissenen klinischen Bild assoziiert ist, (2) aus den betroffenen Menschen isoliert und kultiviert werden kann, (3) nach Übertragung auf ein Versuchstier dort ähnliche Symptome verursacht und schließlich (4) aus dem erkrankten Versuchstier wiederum isoliert bzw. kultiviert werden kann.
109 
Dabei hat der Sachverständige zum historischen Kontext der Koch-Henle´schen Postulate ergänzend ausgeführt, dass diese zu einer Zeit formuliert worden seien, als erst wenige, besonders aggressive, für Menschen und Tiere gleichermaßen bedrohliche Bakterienarten (wie die Erreger des Milzbrandes und der Tuberkulose) bekannt waren, die also auch Abwehr-gesunde Menschen vital bedrohen. Auch die Mechanismen der Erregerabwehr im Menschen seien zum Zeitpunkt der Formulierung der Postulate weitgehend bzw. auf molekularer Ebene komplett unbekannt gewesen. Hinzutrete, dass Viren damals noch überhaupt nicht bekannt gewesen seien, so dass die Anwendbarkeit der Postulate auf diese Form von Erregern zumindest diskutabel sei. Zudem seien seit der Formulierung der Postulate zahlreiche Erreger entdeckt, eingehend charakterisiert und als Infektionserreger eindeutig identifiziert worden, ohne dass auf sie alle bzw. sogar nur eine der Aussagen zugetroffen habe. Vor diesem Hintergrund hätten sich drei ergänzende Aussagen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen: Kausal für Infektionskrankheiten verantwortliche Erreger führen zum einen zu einer lokal oder systemisch nachweisbaren Abwehrreaktion im betroffenen Menschen (1), zeigen ferner bei in-vitro-Versuchen ein gleichartiges Verhalten wie bei der natürlichen Infektion bzw. führen zu einer gleichartigen Zell-/Histopathologie (2); außerdem führt deren selektive Eradikation aus dem betroffenen Menschen zu einer Symptombesserung bzw. sogar Gesundung (3). Diese modernen Kriterien träten neben die klassisch formulierten Postulate bzw. zum Teil auch an deren Stelle.
110 
Dass und wie die streitgegenständlichen Publikationen in ihrer Zusammenschau den Beweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus erbringen, hat der Sachverständige ergänzend zu seinem schriftlichen Gutachten im Rahmen seiner Anhörung im Einzelnen nachvollziehbar erläutert. Er hat ausgeführt, dass der Beitrag von Enders & Peebles 1954 die klassischen Postulate (1) und (2) erfülle; hinzu trete eine gewisse biochemische Charakterisierung (Temperaturempfindlichkeit) und eine Aussage zur Größe. Im Beitrag von Bech & von Magnus 1958 sei dann auch das klassische Postulat (3) erfüllt und zusätzlich eine Abwehrreaktion entsprechend der erweiterten Postulate-Fassung. Der Übersichtsartikel von Horikami & Moyer 1995 schließlich zitiere und stelle dar mehrere Artikel, welche die klassischen Postulate (1) bis (4) erfüllten. Auch die spezifische Cytopathologie (erweiterte Postulate) sei belegt, nämlich die Bildung von Syntyzien, also Zellverschmelzungen, welche typisch für Paramyxoviren sei (zu denen auch das Masernvirus zähle). Ergänzend wird vollinhaltlich Bezug genommen auf das Verhandlungsprotokoll, dort insbesondere S. 6 und 7.
111 
Zusammenfassend gelangt die Kammer zur Überzeugung, dass die klägerseits vorgelegten Publikationen in ihrer Gesamtheit auch den Nachweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus - gerade auch mit Blick auf die Koch-Henle´schen Postulate - belegen.
112 
b) Der Beklagte zweifelt die Tauglichkeit der vorgelegten Artikel an und stützt sich insoweit auch auf Kritikpunkte, die der Sachverständige selbst bei einzelnen Artikeln in methodischer Hinsicht oder unter dem Aspekt von Dokumentationspflichten angebracht hat. Diese nimmt der Beklagte zum Ausgangspunkt seiner These, wonach den vorgelegten Publikationen in inhaltlicher Hinsicht deren Wissenschaftlichkeit abzusprechen sei. Auf der Basis der medizinisch-forschungsgeschichtlichen Erläuterungen des Sachverständigen sind diese Ansätze aus Sicht der Kammer jedoch nicht geeignet, die oben ausgeführte Beweiskraft der vorgelegten Fachartikel in ihrer Gesamtschau in Frage zu stellen.
113 
Zum einen hat der Sachverständige ausdrücklich und nachvollziehbar dargestellt, dass in den vorgelegten Publikationen insbesondere auch die notwendigen Daten und Kontrollexperimente enthalten seien, aufgrund derer ausgeschlossen werden kann, dass lediglich zelleigene Artefakte - als die der Beklagte die vermeintlichen Masernviren einordnet - vorliegen.
114 
Vor allem aber hat der Sachverständige - nachvollziehbar und in der Sache unmittelbar einleuchtend - dargelegt, dass es schon angesichts des Umstands, dass sich der Methodenkanon und insbesondere auch die Dokumentationspraxis wissenschaftlicher Forschung in qualitativer und quantitativer Hinsicht stetig weiterentwickeln, fast schon notwendig und in aller Regel Einzelaspekte wissenschaftlicher Fachpublikationen gebe, an denen rückblickend auch mit kritischen Bemerkungen anzusetzen sei. In der Praxis der wissenschaftlichen Forschung habe sich jedoch ein im Ergebnis guter Reinigungsmechanismus in der Fachliteratur etabliert, der gerade auch in jüngster Zeit zum Teil Artikel aus höchstrangigen Fachzeitschriften betroffen habe. Wenn sich die in einem Artikel dargestellten Abläufe in Folgeversuchen schlechterdings nicht nachvollziehen ließen, so komme das in Artikeln anderer Forscher typischerweise zutage, jedenfalls wäre dies bei einem derart intensiv behandelten Thema wie den Masern zu erwarten. Forschungsergebnisse, die einem breiten wissenschaftlichen Konsens entgegenstehen, seien zwar nicht immer leicht zu publizieren. Gerade gegenüber einer breit akzeptierten Sicht verspreche es jedoch hohe Reputation, neue und bessere Erkenntnisse zu publizieren; wissenschaftlich korrekt begründete Widerlegungen bisheriger Positionen seien dann auch hochrangig zu publizieren. Gleichwohl habe sich auch bei der vom Sachverständigen vorgenommenen stichprobenartigen Überprüfung der riesigen Zahl an Fachartikeln hierzu kein einziger Artikel gefunden, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung negiere.
115 
Der Kammer erscheint es insoweit bezeichnend, dass auch der Beklagte, der selbst im Bereich der Virologie promoviert hat, abgesehen von seinen eigenen Ausführungen keinen einzigen Fachartikel oder namhaften Wissenschaftler benennen konnte, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung in Abrede stellt.
116 
Im Ergebnis sind daher auch die unbestreitbaren Schwachstellen der vorgelegten Publikationen nicht geeignet, deren Beweiskraft insgesamt in Zweifel zu ziehen.
117 
c) Schließlich postuliert der Beklagte eine eigene Indizienkette, wonach der Nachweis verlange, dass das Masernvirus (1) in einem Menschen oder seiner Körperflüssigkeit fotografiert, (2) daraus isoliert, (3) aufgereinigt, (4) wieder fotografiert und anschließend (5) dessen Zusammensetzung biochemisch charakterisiert werde mit einem anschließenden Re-Infektionsexperiment (6).
118 
Hinsichtlich dieser vom Beklagten postulierten Indizienkette hat der Sachverständige der Kammer nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass dieser eine über die Qualität einer Hypothese hinausgehende wissenschaftliche Bedeutung nicht zukomme. Die vorgelegten Publikationen sind hinsichtlich ihres wissenschaftlich fundierten Aussagewerts nach Überzeugung der Kammer jedoch nicht an Hypothesen, sondern ausschließlich an wissenschaftlich etablierten Standards zu messen. Dass es sich bei der vom Beklagten aufgereihten Indizienkette um einen solchen handele, hat der Beklagte jedoch weder darzulegen noch zu belegen vermocht.
119 
3. Auch die Bestimmung des Durchmessers in der vom Beklagten verlangten Form ist im Rahmen der vom Kläger vorgelegten wissenschaftlichen Fachartikel zur Überzeugung der Kammer gelungen.
120 
Angaben zum Durchmesser des Masernvirus auf der Basis elektronenmikroskopischer Analysen lassen sich nach den im Einzelnen eingehend erläuterten Ausführungen des Sachverständigen insbesondere den Originalarbeiten und sämtlich als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierenden Beiträgen von Nakai & Imagawa aus dem Jahr 1969, von Lund et al. aus dem Jahr 1984 und Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 entnehmen.
121 
Dass dabei die Größen- bzw. Durchmesserangaben in einem Bereich von 50 bis 1000 nm schwanken, lässt sich zur Überzeugung der Kammer plausibel wissenschaftlich erklären, wie dies der Sachverständige auf diesbezüglich geäußerte Zweifel des Beklagten näher erläutert hat. Dabei hat der Sachverständige zur Struktur eines Virus ausgeführt, dass bei jedem Virus die Nukleinsäure (Erbsubstanz) in strukturierter Anordnung von Eiweiß umhüllt sei. Je nach Art des Virus werde das Nukleokapsid von einer weiteren Eiweißhülle mit einer festgelegten Größe und rigiden Struktur (z. B. Polyeder oder komplexer radiärsymmetrischer Aufbau) oder einem Teil der Wirtszellmembran (äußere Hülle) umhüllt. Die Entstehung dieser aufgrund ihres Chemismus flexiblen äußeren Hülle beinhalte für jedes entstehende Virion Zufallsaspekte, was sich wiederum auf die individuelle Größe auswirke. Behüllte Viren hätten also eine vielgestaltige, ständig wechselnde Form und eine zwischen den Virionen einer Generation erheblich variierende Größe. Behüllte Viren einer Virusart seien demgemäß vielgestaltig (= pleomorph) und unterschiedlich groß, was auch auf die taxonomische Familie der Paramyxoviren zutreffe, zu der das Masernvirus gehöre. Wenn nun elektronenmikroskopische Aufnahmen von solchen vielgestaltigen Virionen angefertigt würden, müssten dazu zweidimensionale optische Schnitte durch die dreidimensionalen Partikel gelegt werden. Je nachdem, mit welchem Winkel der Schnitt durch das dreidimensionale Virion und zudem an welcher Stelle des Virions dieser Schnitt durch dessen dreidimensionale Struktur gelegt werde, könnten dabei zweidimensionale Abbildungen entstehen, deren Durchmesser sich erheblich - auch in den für das Masernvirus in den Publikationen konkret festgestellten Variationsbreiten - unterschieden.
B.
122 
Da der Beklagte mit der Zahlung der Belohnung zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten durch den Kläger in Verzug war, kann der Kläger gemäß §§ 657, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB auch Ersatz der Rechtsanwaltskosten, die ihm für die diesbezügliche außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind, verlangen.
C.
123 
Der Kläger kann ferner - mit Zustimmung der R.-Rechtsschutz-Versicherungs-AG - vom Beklagten aus § 831 BGB Zahlung der Rechtsanwaltskosten an sich verlangen, die für das Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 (Anl. K10) und die damit korrespondierende vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind.
I.
124 
Die streitgegenständlichen Äußerungen, hinsichtlich derer der Kläger mit dem als Anlage K10 vorgelegten Anwaltsschreiben vom Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begehrt und nahezu vollständig auch erreicht hat, stellen Tatsachenbehauptungen dar. Denn die Richtigkeit der Äußerung, der Kläger und seine „illegalen Hintermänner“ hätten vor dem Landgericht Ravensburg das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen, ist dem Beweis zugänglich (vgl. Rixecker, in MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, Anhang zu § 12 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rn. 143). In der Aussage: „Wir rechnen damit, dass Dr. L... am 24.4.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolgen und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird“ steckt zudem inzident die Behauptung, der Kläger habe das Gericht betrogen und sei zahlungsunfähig, worin ebenfalls eine Tatsachenbehauptung liegt. Allein der Umstand, dass die Behauptungen sehr pointiert formuliert sind, nimmt der Äußerung nicht den Charakter einer Tatsachenbehauptung.
II.
125 
Der Beklagte hat schon gar nicht behauptet, seine Äußerungen seien wahr. Wer jedoch in allgemeiner Form ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufstellt, die den Kläger auch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen, muss sich grundsätzlich zu deren Berechtigung näher erklären und Belege für seine Darstellung nennen (Rixecker, a.a.O. Rn. 150). Dieser Darlegungslast hinsichtlich der Wahrheit der Tatsachenbehauptung oder jedenfalls der Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Äußerung des Beklagten auf sorgfältigen Recherchen beruht, ist der Beklagte nicht nachgekommen.
III.
126 
Der Beklagte kann sich mit seinem Vortrag, er habe den Eintrag weder selbst verfasst noch veranlasst und die Veröffentlichung sei auch nicht mit seinem Wissen und Wollen erfolgt, nicht entlasten. Der Beklagte hat sich vielmehr das Verhalten seiner Mitarbeiter zurechnen zu lassen. In einer vom Beklagten selbst verfassten Veröffentlichung (Anl. K14) hat dieser selbst angegeben, der Kläger habe es sofort juristisch verbieten lassen, „als meine Mitarbeiter auf unserer Internetseite über den Prozess berichten wollten […]“. Da unstreitig eine Unterlassungserklärung nur hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung verlangt und erreicht wurde, hat der Beklagte damit selbst eingeräumt, dass die Gestaltung der Website diesbezüglich von seinen eigenen Mitarbeitern veranlasst worden ist. Er hat dem Kläger deshalb denjenigen Schaden zu ersetzen, den der nicht näher bekannte Mitarbeiter diesem in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung zugefügt hat.
IV.
127 
Dem Beklagten stand es zwar offen, sich nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB zu entlasten (Exkulpation). Der Beklagte hat aber schon nicht dargelegt, dass er bei der Auswahl und Anleitung der bestellten Personen („meine Mitarbeiter“) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Ein dahingehender konkreter Vortrag ist nicht erfolgt, obwohl der Kläger sich zur Begründung der Verantwortlichkeit des Beklagten schon schriftsätzlich auf die vorstehend genannte Bemerkung des Beklagten (Anl. K14) bezogen hat.
V.
128 
Aufgrund der unerlaubten Handlung schuldet der Beklagte Ersatz der Anwaltskosten, die für die Einholung der strafbewehrten Unterlassungserklärung entstanden sind. Die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten war dabei auch erforderlich, da aufgrund dessen, dass es bereits zu einer Beeinträchtigung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gekommen war, die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB vermutet wird und diese Vermutung insbesondere auch durch die bloße Löschung - sei sie nun vollständig oder lediglich teilweise erfolgt - des Eintrags nicht beseitigt wird. Schließlich war dem Kläger angesichts der Umstände und der durchaus gewisse juristische Kenntnisse erfordernden Geltendmachung eines auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützten Unterlassungsanspruch auch nicht zuzumuten, auf juristischen Beistand zu verzichten.
VI.
129 
Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch entsprechend der Berechnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (1,3 - Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer) auf 492,54 EUR.
D.
130 
Die Zinsansprüche rechtfertigen sich jeweils aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB.
E.
131 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 + 2 ZPO.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu bezahlen:

a. 100.000,00 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.5.2012,

b. 2.924,07 EUR auf außergerichtliche Kosten,

c. 492,54 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.4.2014.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom Beklagten im wesentlichen die Auszahlung einer Belohnung aus einer Auslobung, betreffend den Nachweis von Existenz und Größe des Masern-Virus.
Der Kläger ist Arzt. Der Beklagte ist promovierter Biologe. Auf den Internetseiten eines von ihm betriebenen Verlages lobte der Beklagte unter der Überschrift „Das Masern-Virus - 100.000 EUR Belohnung! - WANTED - Der Durchmesser“ am 24.11.2011 ein „Preisgeld“ in Höhe von 100.000,00 EUR aus. Unter anderem hieß es dort:
„Der Hintergrund der jetzigen Werbewelle für die Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde und deswegen Impfstoff implantiert werden solle, ist das Faktum, dass im September die Ausgaben für Impfstoffe um 19% im Vergleich zum Vorjahresmonat zurückgegangen sind.
Da im ausgabenstärksten Teilmarkt, den Grippe-Vakzinen, der Rückgang sogar 29% beträgt […], hat sich die Bundesregierung entschlossen, kräftig die Werbetrommel für die Masern zu rühren.
Zuerst überflutete sie die Bevölkerung mit hunderttausenden Broschüren […]
Gleich nach der Verteilung der Broschüre startete die WHO mit der Masern-Werbung […]
Das Preisgeld
Danach verbreitete die Bundesregierung Anfang November, dass es der Impfstoff zulassenden Behörde, dem Paul Ehrlich-Institut (PEI), gelungen sei, zu beweisen, dass sich das Masern-Virus über die Luftröhre verbreiten würde. […]
Dann schlug der Berliner Gesundheitssenat Masern Alarm: […]
Wenn also deutsche Forscher im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, muss es eine Dokumentation dieser Forschungen geben, zumal aus diesen Viren Impfstoff gemacht und diese Partikel in der Krebsforschung eingesetzt werden sollen. Dabei leuchtet es ein, dass als erstes wissenschaftliches Kriterium der Durchmesser der Viren bekannt sein muss.
100.000 EUR
Da wir wissen, dass es das Masern-Virus nicht gibt und bei Kenntnis der Biologie und der Medizin auch nicht geben kann und wir die wirklichen Ursachen von Masern ganz genau kennen, aber die Angst immer weiter zunimmt („Nicht impfen ist Kindesmisshandlung“, „Das ist kein Sterben, sondern ein Eingehen“, „Die Masernviren zerstören dabei über einen längeren Zeitraum das Gehirn des infizierten Kindes“), wollen wir mit dem Preisgeld bewirken,
10 
1. dass sich Menschen aufklären und
2. dass die aufgeklärten Menschen den nicht-aufgeklärten helfen und
3. die Aufgeklärten im Sinne der Gesetze auf die Akteure einwirken.
[…]
11 
In Deutschland hat die Bundesregierung Frau Dr. ... beauftragt, im Rahmen des Gesetzes, also des Grundgesetzes und des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), eigenständig Forschung zu den Ursachen von Masern zu betreiben. Da sie selbst die Zucht von Masern-Viren behauptet, muss ihr der Durchmesser des Masern-Virus bekannt sein. Zumindest muss sie wissen, wo es steht.
12 
An sie muss die Frage nach dem Durchmesser des Masern-Virus gestellt werden, da sie für das Masern-Virus hauptverantwortlich ist. Ihre Anschrift:
13 
PD Dr. ...
Robert Koch-Institut
[…]
14 
Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.
[...]
15 
Das weitere Vorgehen
16 
Wenn sich herausstellt, dass Frau Dr. ... Masern-Viren behauptet, ohne einen wissenschaftlichen Beweis für deren Existenz zu haben, darf ihr Verhalten - so zu tun als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden […].“
17 
Auf den Inhalt des als Anlage K1 vorgelegten Ausdrucks wird im Übrigen vollständig Bezug genommen.
18 
Mit Schreiben vom 16.1.2012 (Anl. K2) wandte sich der Kläger unter dem Betreff „Ihre Auslobung von 100 000 Euro für den Beweis der Existenz des Masernvirus“ an den Beklagten und wies daraufhin, er habe auf der Internetseite des Beklagten www. (...) .de gelesen, dass der Beklagte am 24.11.2011 einen Preis von 100 000 EUR ausgesetzt habe für den Fall, dass man ihm eine Publikation zusende, die beweise, dass es das Masernvirus gebe und die eine Aussage zur Größe der Viruspartikel treffe. Ferner nahm der Kläger Bezug auf die oben zitierte Passage der Internetseite (“Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn [...]“) und bat den Beklagten um kurze schriftliche Bestätigung, „dass der Preis in dieser Form und zu diesen Bedingungen immer noch ausgeschrieben ist“.
19 
Der Beklagte erwiderte hierauf mit einem Schreiben vom 30.1.2012 (Anl. K3), in dem es unter anderem hieß: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ja, das Preisgeld ist ausgeschrieben. Die gesetzlichen Bestimmungen, die die Publikation erfüllen muss, sind durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) festgelegt.“
20 
Mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K4) legte der Kläger dem Beklagten folgende sechs Publikationen vor (hier nur mit Autoren und Fundstelle bezeichnet):
21 
- Enders & Peebles.
Proc Soc Exp Bil Med 1954; 86:277-86.
- Bech & von Magnus.
Acta Pathol Microbiol Scand 1958; 42:75-85
- Horikami & Moyer.
Curr Top Microbiol Immunol 1995; 191:35-50
- Nakai & Imagawa.
J Virol 1969; 3:187-97
- Lund et al.
J Gen Virol 1984; 65:1535-42
- Daikoku et al.
Bull Osaka Med Coll 2007; 53:107-14
22 
Der Kläger berief sich darin weiter darauf, dass er dem Beklagten durch seine ausführliche Literaturrecherche sowohl den Beweis für die Existenz des Masernvirus erbracht als auch die geforderten Bilder und Angaben zum Durchmesser des Masernvirus geliefert habe, und bat um Überweisung des Betrages von 100.000,00 EUR auf ein im Schreiben angegebenes Konto des Klägers.
23 
Nachdem der Kläger bis zum 17.2.2012 noch keinen Zahlungseingang feststellen konnte, forderte er den Beklagten mit einem weiteren Schreiben (Anl. K5) erneut zur Zahlung auf unter Fristsetzung bis zum 07.03.2012.
24 
Hierauf reagierte der Beklagte mit Schreiben vom 6.3.2012 (Anl. K6), in dem er monierte, der Kläger habe Publikationen vorgelegt, in denen nur zelleigene Bestandteile und Strukturen dargestellt würden, die nicht isoliert und biochemisch charakterisiert worden seien. Jeder Biologe erkenne sofort, dass es sich bei den Strukturen um endogene, also zelleigene Partikel handle, mit der die Zelle den inter- und intrazellulären Transport, Substanz-Aufnahme und -Abgabe, die Exo- und die Endozytose, erledige. In keiner Publikation finde sich eine Quelle mit einem Hinweis auf eine erfolgte Isolation und Charakterisierung der behaupteten „Masernviren“. Er könne dem Kläger das Preisgeld deswegen nicht aushändigen, hoffe aber, dass dieser sich ernsthaft dafür einsetze, dass der Viren-Irrtum, der in Deutschland zum Betrug geworden sei, aus der Welt geschafft werde.
25 
Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 21.3.2013 (Anl. K7), in dem er nochmals seine Auffassung bekräftigte, die Voraussetzungen der Auslobung des Beklagten erfüllt zu haben, und dem Kläger eine erneute Frist zur Auszahlung des Preisgelds bis zum 30.4.2012 setzte. Ferner beschrieb der Kläger näher seine Motivation dafür, dem Beklagten die Existenz der Masernviren beweisen zu wollen. Eine Zahlung des Beklagten erfolgte nicht, auch nicht auf eine außergerichtliche Mahnung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 25.9.2013 (Anl. K9).
26 
Am 13.4.2014 - drei Tage nach dem ersten Verhandlungstermin im vorliegenden Verfahren - war auf der Homepage des Verlages „ (...) “, dessen Inhaber der Beklagte ist, jedenfalls zeitweise Folgendes zu lesen:
27 
„Am Montag 14.4.2014 berichten wir an dieser Stelle, auf die wir per Newsletter hinweisen werden, dass, warum und wie der unpromovierte, fachfremde Jungarzt D... B... und seine illegalen Hintermänner im „Wetten, dass es keine Masernviren gibt!“ - Prozess am 10.4.2014, vor dem Landgericht Ravensburg, das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen hat.
28 
Wir rechnen damit, dass Dr. L. am 24.4.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolgen und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird.“
29 
Auf die mit Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 übersandte Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit Kostennote (Anl. K10) unterzeichnete der Beklagte die übersandte Unterlassungserklärung am 15.4.2014 unter Streichung eines als unbestimmt abgelehnten Passus und übermittelte diese an die Prozessbevollmächtigte des Klägers (Anl. K11). Darin verwies der Beklagte darauf, dass der zitierte Beitrag nicht von ihm stamme. Irgendjemand müsse sich Zugang zu seiner Internetseite verschafft und den Beitrag ins Netz gestellt haben. Als er dies am Sonntag, 13.4.2014, nachmittags bemerkt habe, habe er den Beitrag sofort aus dem Netz genommen, lange bevor ihn das Aufforderungsschreiben erreicht habe.
30 
Anfang Mai veröffentliche der Beklagte auf seiner Homepage folgenden Eintrag:
31 
„Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
aufgrund einer Unterlassungserklärung, die der junge Arzt D... B... über seine Rechtsanwälte gegen uns erlassen hat, dürfen wir nicht über den sogenannten „Wetten, dass es das Masern-Virus nicht gibt“ - Prozess berichten.
So dürfen wir die schon fertige Ausgabe 3/2014 von W... erstmal nicht versenden.“
32 
In einer als Anlage K14 vorgelegten Veröffentlichung im Magazin W... - Das Magazin 3+4/2014, als deren Autor der Beklagte ausgewiesen ist, fand sich im Nachgang auf S. 11 des Beitrages folgende Bemerkung:
33 
„Als meine Mitarbeiter auf unserer Internetseite über den Prozess berichten wollten, hat D... B... das sofort juristisch verbieten lassen, obwohl er diese Aussagen in Interviews später wiederholt hat. Wir konnten deswegen die schon fertige Ausgabe Nr. 3/2014 von unserem Magazin W... nicht herausgeben.“
34 
Dem Kläger sind für das Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR entstanden, wovon er 150,00 EUR selbst gezahlt und hinsichtlich des überschießenden Betrages von der R. Rechtsschutz-Versicherungs-AG zur Geltendmachung ermächtigt wurde.
35 
Der Kläger macht im wesentlichen geltend:
36 
Durch die dem Beklagten vorgelegten Publikationen werde zweifelsfrei die Existenz des Masernvirus im wissenschaftlichen Sinne bewiesen und dessen Durchmesser bestimmt. Dabei genügten für die Bestimmung des Durchmessers die in den übersandten Publikationen enthaltenen elektronenmikroskopischen Bilder inklusive Maßstab. Wenn die Größe der Masernviren in einem bestimmten Spektrum schwanke und dieses Spektrum angeben sei, sei damit der Durchmesser bestimmt. Sämtliche Voraussetzungen, die der Beklagte in seiner Auslobung für die Auszahlung der Belohnung von 100.000,00 EUR aufgestellt habe, seien erfüllt.
37 
Zu den geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung trägt der Kläger vor, schon ein Anscheinsbeweis spreche dafür, dass der Beklagte selbst die Inhalte auf seine Homepage gestellt habe.
38 
Zum Zeitpunkt der Versendung des Anwaltsschreibens vom 14.4.2014 sei auf der Homepage jedenfalls noch folgender Text zu lesen gewesen:
39 
„Am Montag 14.4.2014 berichten wir an dieser Stelle, auf die wir per Newsletter hinweisen werden, dass, warum und wie der unpromovierte, fachfremde Jungarzt D... B... und seine illegalen Hintermänner im „Wetten, dass es keine Masernviren gibt!“ - Prozess am 10.4.2014, vor dem Landgericht Ravensburg, das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen hat.“
40 
Für die Inhalte auf seiner Homepage sei der Beklagte verantwortlich, er könne deshalb mit seinem - bestrittenen - Einwand, jemand habe sich Zugang zu seiner Homepage verschafft, nicht gehört werden.
41 
Der Kläger beantragt,
42 
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 100.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 zu zahlen;
43 
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Nebenforderung in Höhe von 2.924,07 EUR an außergerichtlichen Anwaltskosten zu zahlen;
44 
3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 492,54 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2014 zu zahlen.
45 
Der Beklagte beantragt,
46 
die Klage abzuweisen.
47 
Der Beklagte macht geltend:
48 
Die vorgelegten Publikationen erfüllten nicht die Anforderung der Beweisführung im wissenschaftlichen Sinne. Bei den darin als Masern-Viren ausgegeben Phänomenen handele es sich tatsächlich um zelleigene Transportvesikel (Bläschen).
49 
Keine der vorgelegten Dokumentationen beruhe auf Versuchen, bei denen der Erreger - wie geboten - zuvor isoliert und biochemisch charakterisiert oder gar eine solche Isolierung wissenschaftlich dokumentiert worden wäre. Die Art der „Beweisführung“ bei den Versuchen, auf die sich der Kläger berufe, entspreche nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik und nicht den Anforderungen an eine Beweisführung unter Beachtung der Koch´schen Postulate.
50 
Die vom Kläger vorgelegten Dokumentationen datierten ausnahmslos aus der Zeit vor Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) am 1.1.2001.
51 
Auch die Bestimmung des Durchmessers sei nicht fundiert erfolgt. Allein der in einer der vorgelegten Publikationen angegebene Größenrahmen von 300 bis 1000 Nanometer widerlege bereits die These vom Virus, da sich Viren durch eine geringe Variation ihres Durchmessers zwischen 15 und maximal 400 Nanometern auszeichneten. Die hierfür von einzelnen Wissenschaftlern bemühte Ausrede, es handle sich um „Viren“ von pleomorpher, d.h. in Form, Zusammensetzung und Größe ständig sich verändernder Struktur, sei weder wissenschaftlich anerkannt noch zutreffend.
52 
Er ist der Ansicht, folgende weiteren - durch die Publikationen (unstreitig) nicht erfüllten - Voraussetzungen für die Auszahlung der Belohnung seien der Auslobung bei zutreffender Auslegung zu entnehmen:
53 
Die Existenz des Masern-Virus müsse bewiesen werden durch eine Publikation seitens des Robert-Koch-Instituts (i.F.: RKI), welches hierfür nach § 4 IfSG zuständig sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass hinsichtlich der in Deutschland erfolgten Auslobung auf die hier für die Beweisführung im Bereich von Infektionskrankheiten eigens geschaffenen Regeln des IfSG abzustellen sei. Da entsprechend der Bestimmung des § 4 IfSG die Forschung nach der Ursache von Infektionskrankheiten Aufgabe des RKI sei, sei die in § 7 Nr. 31 IfSG erfolgte Nennung des Masernvirus nur zulässig, wenn diesem Institut aufgrund eigener, entsprechend § 1 IfSG dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik genügenden Recherchen der wissenschaftliche Beweis vorliege, dass die in das Gesetz aufgenommene Behauptung zutreffend sei. Aus dem Kontext der Auslobung ergebe sich deren Zweck eindeutig dahingehend, dass geklärt werden sollte, ob eine dem Koch´schen Postulat der Isolation des Erregers entsprechende Dokumentation des RKI vorliege.
54 
Verlangt worden sei zudem eine (einzige) Publikation, in der sowohl der Nachweis für die Existenz des Masernvirus erbracht als auch dessen Durchmesser bestimmt werde, so dass es nicht genüge, wenn - wie vom Sachverständigen vertreten - lediglich die Kombination der wissenschaftlichen Aussagen in den sechs vom Kläger vorgelegten Fachartikeln die Existenz des Masernvirus beweise und zumindest zwei dieser Artikel hinreichende Angaben zum Durchmesser des Masernvirus enthielten.
55 
Im Hinblick auf die Erklärung auf der Homepage, die Hintergrund von Klageantrag Ziff. 3 ist, stellt der Beklagte in Abrede, dass dieser Eintrag von ihm verfasst, veranlasst oder mit seinem Wissen und Wollen veröffentlicht worden sei. Ferner habe der Eintrag im Zeitpunkt des klägerseitigen Anwaltsschreibens schon nicht mehr bestanden, was dem Kläger vermutlich auch bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe demgemäß keinen Anlass zur außergerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Kläger gegeben.
56 
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen, insbesondere auch wegen der Kritikpunkte, die vom Beklagten zu den vorgelegten Publikationen im Einzelnen vorgetragen werden, wird auf die vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Terminsprotokolle vom 10.04.2014 (Bl. 42ff) und 12.03.2015 (Bl. 139ff) verwiesen.
57 
Die Kammer hat über die Behauptung des Klägers, die mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K4) übersandten Publikationen seien wissenschaftliche Publikationen, in denen die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin unter anderem dessen Durchmesser bestimmt sei, Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. A... P... Wegen der Ausführungen des Sachverständigen wird Bezug genommen auf dessen schriftliches Gutachten vom 17.11.2014 (zu Bl. 97), seine ergänzende Stellungnahme vom 3.3.2015 zu den Einwänden und Ergänzungsfragen des Beklagten (Bl. 132ff) sowie das Protokoll des Verhandlungstermin vom 12.3.2015 (Bl. 139ff), in welchem der Sachverständige ergänzend angehört und der Inhalt seines schriftlichen Gutachtens sowie die von Seiten des Beklagten hiergegen erhobenen Einwände und die an den Sachverständigen gerichteten Ergänzungsfragen erörtert wurden.

Entscheidungsgründe

 
58 
Die Klage ist zulässig und insgesamt begründet.
A.
59 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung der ausgelobten Belohnung in Höhe von 100.000,00 EUR gegen den Beklagten aus § 657 BGB.
60 
Das „Preisausschreiben“ des Beklagten enthält ein ernst gemeintes, bindendes Belohnungsversprechen (dazu I.), die Auslobung ist auch öffentlich bekannt gemacht i.S.v. § 657 BGB (II.). Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine Einschränkungen, wie sie vom Beklagten geltend gemacht werden (III.); mit den vom Kläger vorgelegten Publikationen sind die Anforderungen der Auslobung vollständig erfüllt (IV.).
I.
61 
Aus dem Auslobungstext selbst und unter Berücksichtigung des hierzu zwischen den Parteien gewechselten Briefverkehrs ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit eine bindende Leistungs-verpflichtung des Beklagten, insbesondere auch die Ernstlichkeit des Belohnungsversprechens.
62 
Zwar könnte insbesondere die durchaus reißerische Züge tragende Überschrift „Das Masern-Virus - 100.000 EUR Belohnung! - WANTED - Der Durchmesser“ und auch die schiere Höhe der versprochenen Belohnung den Eindruck fehlender Ernstlichkeit dahingehend erwecken, dass es dem Beklagten nur darum gegangen sein könnte, ein möglichst hohes Maß an Aufmerksamkeit für seine im Text zum Ausdruck gebrachte Impfkritik zu erwecken. Doch spricht insbesondere der Zweck, den der Beklagte mit der versprochenen Belohnung verfolgt, gegen die Annahme einer erkennbar nicht ernst gemeinten Erklärung. Der Beklagte will - so erläutert er selbst ausdrücklich - „mit dem Preisgeld bewirken, 1. dass sich Menschen aufklären und 2. dass die aufgeklärten Menschen den nicht-aufgeklärten helfen und 3. die Aufgeklärten im Sinne der Gesetze auf die Akteure einwirken.“ Dem Beklagten geht es also ersichtlich darum, denjenigen, die - aus seiner Sicht - den Argumenten der Impfbefürworter allzu unkritisch gegenüberstehen, einen Ansporn zu liefern, sich mit der Frage, ob es einen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz des Masernvirus gibt, kritisch auseinanderzusetzen. Einen Ansporn in diesem Sinne gibt es aber nur, wenn die Erlangung der Belohnung tatsächlich möglich und deren Auslobung damit ernst gemeint ist.
63 
Schließlich ließ der Beklagte auch in seinem Schreiben vom 30.1.2012 (Anl. K3) keinen Zweifel an der Ernstlichkeit seines Preisgeld-Versprechens aufkommen. Die inhaltliche Anfrage des Klägers vom 16.1.2012 (Anl. K2) nach der Aktualität und den Bedingungen der - in der Betreffzeile des Klägerschreibens sogar ausdrücklich als solche bezeichneten - Auslobung hatte dem Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, eine etwa fehlende Ernstlichkeit klarzustellen bzw. offen zu legen. Dergleichen tat der Beklagte aber nicht, vielmehr bestätigte er ausdrücklich, dass das Preisgeld ausgeschrieben ist.
II.
64 
Durch die Veröffentlichung der Ausschreibung des „Preisgeldes“ auf den Internetseiten des „... - Verlages“ machte der Beklagte die Auslobung öffentlich bekannt. Eine öffentliche Bekanntmachung setzt die Kundgabe gegenüber einem individuell unbestimmten Personenkreis voraus (vgl. Seiler, in: MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, § 657 Rn. 12; Sprau, in: Palandt BGB, 74. Aufl. 2015, § 657 Rn. 3), der sich vorliegend aus sämtlichen potentiellen Besuchern der Verlagsseiten zusammensetzt.
III.
65 
Die Auslobung ist eine einseitige, an die Allgemeinheit gerichtete und nicht empfangs-, sondern bekanntmachungsbedürftige Erklärung (BGH Urt. v. 23.09.2010 - III ZR 246/09 - BeckRS 2010, 24346 Rn. 12; Sprau a.a.O. Rn 1; Seiler a.a.O. Rn 4). Ihr Gegenstand ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 242 BGB zu ermitteln, die sich nach der Verständnismöglichkeit eines beliebigen vernünftigen Teilnehmers am Rechtsverkehr - als Teil der durch die Auslobung angesprochenen Öffentlichkeit - richtet (Seiler a.a.O. Rn. 6; Sprau a.a.O. Rn. 4; Kotzian-Marggraf, in: Beck-OK-BGB, Stand 1.2.2015, § 657 Rn. 7). Dabei sind ausgehend vom Wortlaut der Erklärung auch solche Umstände zu berücksichtigen, die jedermann oder doch jedem Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises bekannt oder erkennbar sind (vgl. BGHZ 53, 307 - juris-Rn. 12). Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Publikationen weder solche des RKI sein (dazu 1.) noch aus der Zeit nach Inkrafttreten des IfSG stammen müssen (2.); auch ist die Auslobung nicht dahingehend zu verstehen, dass der geforderte Nachweis in einer einzigen Publikation erbracht sein müsse oder dass Übersichtsarbeiten nicht herangezogen werden dürften (3.).
66 
1. Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine einschränkende Voraussetzung dahingehend, dass es sich bei der vorzulegenden wissenschaftlichen Publikation um eine solche des RKI oder seiner Mitarbeiter handeln müsse.
67 
Diese Voraussetzung hat der Beklagte erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens postuliert. Außergerichtlich hatte er sich, wie aus seinem Schreiben vom 6.3.2012 (Anl. K6) hervorgeht, hinsichtlich der vom Kläger übersandten Publikationen noch im Wesentlichen lediglich inhaltlich darauf berufen, dass darin „nur zelleigene Bestandteile und Strukturen dargestellt werden, die nicht isoliert und biochemisch charakterisiert wurden“, weshalb er das Preisgeld nicht aushändigen könne. Der Einwand, die Artikel erfüllten schon deshalb die Auslobungskriterien nicht, weil keiner von Mitarbeitern des RKI stamme, findet dagegen in dieser vorgerichtlichen Korrespondenz keinerlei Erwähnung.
68 
a) Der Wortlaut der Erklärung des Beklagten trägt die Annahme einer solchen einschränkenden Auslobungsbedingung nicht.
69 
Zu den Voraussetzungen für die Auszahlung des Preisgeldes wird vielmehr ausdrücklich nur erhoben, dass „eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ Eingeschränkt wird dies dem Wortlaut nach lediglich dadurch, dass das Preisgeld nicht ausgezahlt werde, „wenn es sich bei der Bestimmung des Durchmessers des Masern-Virus nur um Modelle oder Zeichnungen […] handelt.“ Es wäre dem Beklagten ein Leichtes gewesen, die von ihm im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erstmals vorgetragene einschränkende Voraussetzung der Auslobung dadurch deutlich zu machen, dass er etwa formuliert hätte: „eine wissenschaftliche Publikation des Robert-Koch-Instituts […]“. Gelegenheit zu einer dahingehenden Klarstellung hätte der Beklagte nicht zuletzt in seinem Schreiben vom 30.1.2012 gehabt, das er auf die explizite Anfrage des Klägers nach den Auslobungskriterien (Anl. K2) verfasst hat. Der Beklagte ergänzt die vom Kläger aus dem „Preisausschreiben“ zitierten Auslobungsbedingungen jedoch nur dahingehend, dass die Publikation die durch das IfSG festgelegten gesetzlichen Bestimmungen erfüllen müsse, und lässt sie im Übrigen unwidersprochen.
70 
b) Auch unter Berücksichtigung der einem objektiven Erklärungsempfänger aus dem Kreis der potentiellen Besucher der Internetseiten des „...-Verlages“ bekannten oder erkennbaren Umstände ist der Auslobung nicht zu entnehmen, dass es sich um eine Publikation aus dem Kreis der Forschungsangehörigen des RKI handeln müsse.
71 
(1) Dabei kommt zunächst dem Interesse, welches der Beklagte mit seiner Auslobung erkennbar verbunden hat, maßgebliche Bedeutung zu.
72 
Die Auslobung ist Teil eines Internetartikels, in dem sich der Beklagte gegen die Pharma-Industrie ausspricht und die „Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde“ als Bestandteil einer Werbekampagne zu entlarven sucht, die - unterstützt durch die Bundesregierung sowie internationale Einrichtungen (WHO) - gesunkene Umsätze im Bereich von Impfstoffen wieder steigern solle. Der Beklagte verneint die Existenz von Masern-Viren, nicht die der Masernerkrankung. Sein erklärtes Ziel ist es, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass es keine Masern-Viren gebe, und sie davon abzubringen, sich diesbezüglich impfen zu lassen.
73 
Ein besonderer Fokus des Beklagten liegt dabei auf PD Dr ... vom RKI, der er anlastet, die Zucht von Masern-Viren zu behaupten, was doch voraussetze, dass ihr der Durchmesser des Masern-Virus bekannt sei. Er ruft dazu auf, sich an Dr. ... zu wenden, die von der Bundesregierung beauftragt sei, eigenständig Forschung zu den Ursachen von Masern zu betreiben, um an sie die Frage nach dem Durchmesser des Masern-Virus zu stellen.
74 
Aus dieser Bezugnahme auf den von Seiten der Bundesregierung erhaltenen Auftrag, eigenständig Forschung zu betreiben, könnte sich der Schluss darauf anbieten, der Beklagte habe gerade die Vorlage von Resultaten dieser eigenständigen Forschung verlangt, mithin eine Publikation von Dr. ... oder jedenfalls eine aus dem Kreis der am RKI mit diesem Forschungsauftrag betrauten Personen. Doch greift ein solches Verständnis unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes, in den der Beklagte seine Auslobung stellt, zu kurz.
75 
Unter Berücksichtigung des Auslobungstextes im Übrigen ergibt die Auslegung vielmehr ein Anliegen des Beklagten, das von weitaus grundsätzlicherem Charakter ist. Ziel des Beklagten ist es letztlich, das RKI insoweit bloß zu stellen, als durch die Anfragen von Seiten der Besucher der Verlagsseiten bzw. deren Recherche nach wissenschaftlichen Publikationen zum vom Beklagten negierten Masernvirus deutlich werden soll: Das RKI propagiere Masernviren, ohne sich diesbezüglich auf wissenschaftliche Beweise stützen zu können. Wäre - so die Idee des Beklagten - ein solchermaßen unredliches Verhalten erst einmal belegt, sei der Schritt zur Erkenntnis bei der aufzuklärenden Bevölkerung, das Institut handle für die Pharma-Industrie, nicht mehr weit.
76 
Dass es dem Beklagten nicht allein um den Vorwurf ging, das RKI vernachlässige sozusagen den ihm übertragenen Forschungsauftrag, ergibt sich auch daraus, dass der Beklagte ganz grundsätzlich betont, es sei „verboten, Unwahres zu behaupten“ und nicht etwa, es sei verboten, Behauptungen aufzustellen, die nicht auf eigener Forschung fußen. Ferner stellt er sich in Bezug auf Dr ... auch auf den Standpunkt, sie müsse „[…] zumindest […] wissen, wo es [gemeint ist der Durchmesser des Masernvirus, Anm. der Kammer] steht“, wodurch er wiederum einen Bezug zu Fremdpublikationen herstellt, die den Mitarbeitern des RKI und unter ihnen insbesondere der „Hauptverantwortlichen“ Dr. ... (lediglich) zum Nachlesen zur Verfügung stehen. Unterhalb der Zeichnung eines Masernvirus nach Art einer Kinderzeichnung führt der Beklagte aus, „[…] dass im Kern die offizielle Wissenschaft, auf die sich alle berufen, nicht viel wissenschaftlicher arbeitet“ - auch diese Betonung des allseitigen „Sich-Berufens“ auf „die offizielle Wissenschaft“ spricht dafür, dass die Vorlage einer Publikation genügt, auf die sich das RKI beruft, ohne dass diese zwingend vom RKI bzw. dessen Mitarbeitern selbst stammen müsste.
77 
Schließlich offenbart er auch unter der Überschrift „Das weitere Vorgehen“, dass es ihm ganz allgemein darum geht, aufzudecken, dass das RKI - so der Ansatz des Beklagten - letztlich ohne jeden Beweis und nicht lediglich ohne eigenständig erzielte Forschungsergebnisse Impfungen empfehle, wenn er schreibt: „Wenn sich herausstellt, dass Frau Dr. ... Masern-Viren behauptet, ohne einen wissenschaftlichen Beweis für deren Existenz zu haben, darf ihr Verhalten - so zu tun, als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden. Ihr Vorgesetzter, bei dem sich dann über Frau Dr ... beschwert werden muss, falls diese keinen Beweis vorlegen kann, ist […]. Sollte sich herausstellen, dass Prof. ... weiß, dass Frau Dr. ... ohne wissenschaftliche und damit gesetzliche Grundlage arbeitet […, Hervorhebung jeweils durch die Kammer]“.
78 
(2) Gegen das vom Beklagten reklamierte Verständnis spricht ferner auch der Umstand, dass sich die Kritik des Beklagten keineswegs allein gegen das RKI richtet. Vielmehr bezieht sich diese auch auf die WHO und das Paul Ehrlich-Institut (PEI) als Impfstoff zulassende Behörde sowie den Berliner Gesundheitssenat. Zudem wird im Auslobungstext ein Kontext zu deutschen Forschern insgesamt hergestellt, wenn es im unmittelbaren Anschluss an die Darstellung der von Seiten der Bundesregierung verbreiteten Forschungserfolge des PEI sowie des Handelns des Berliner Gesundheitssenats und noch vor der Nennung des RKI heißt: „Wenn also deutsche Forscher im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, muss es eine Dokumentation dieser Forschungen geben […].“ Schon dies spricht dafür, dass mit den deutschen Forschern, die im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, nicht allein die Mitarbeiter des RKI gemeint sein können.
79 
(3) Schließlich ist auch der in der Auslobungserklärung selbst unter der Überschrift „100.000 EUR“ im vierten Absatz erfolgten Bezugnahme auf das IfSG und dem im Schreiben vom 16.1.2012 (Anl. K3) formulierten Hinweis des Beklagten an den Kläger, wonach die gesetzlichen Bestimmungen, die die Publikation erfüllen müsse, durch das IfSG festgelegt seien, nicht zu entnehmen, dass die Publikation eine solche des RKI sein müsste.
80 
So ist zunächst festzustellen, dass sich dem IfSG unmittelbar als solche formulierte gesetzlich festgelegte Vorgaben für wissenschaftliche Publikationen nicht entnehmen lassen. Vor diesem Hintergrund ist die Bezugnahme des Beklagten auf das IfSG zwar interpretationsbedürftig; die vom Beklagten nunmehr geschlagene Brücke von der Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG hin zum postulierten Erfordernis, dass die Publikation aus der Feder von Angehörigen des RKI stammen müsse, ist im Ergebnis aber nicht tragend.
81 
Zwar gehört gemäß § 4 IfSG zu den Aufgaben, die dem RKI im Rahmen des IfSG übertragen sind, auch die „Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten“. Jedoch steckt in der Übertragung eines Aufgabenkreises nicht ohne Weiteres eine gesetzliche Bestimmung dazu, welche Anforderungen eine Publikation nach dem IfSG erfüllen muss. Jedenfalls lässt die Bezugnahme des Beklagten auf die Vorgaben des IfSG nicht zwingend den Schluss zu (insbesondere nicht in einer aus dem objektiven Empfängerhorizont erkennbaren Weise), dass hierdurch eine weitere Auslobungsbedingung dahingehend aufgestellt werden sollte, dass allein Publikationen des RKI den geforderten wissenschaftlichen Nachweis der Existenz des Masernvirus erbringen dürften. Vielmehr liegt bei unbefangener Betrachtung eine Auslegung dahingehend näher, dass es dem Beklagten darum ging, gewisse Standards zu formulieren, die seitens der vorzulegenden Publikationen zu erfüllen sind, wenn in § 1 Abs. 2 IfSG etwa ausdrücklich der jeweilige Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik zum maßgeblichen Qualitätsstandard erhoben wird. Dass dem Beklagten selbst ein solches Verständnis keinesfalls fremd ist, hat er schließlich auch durch seine zu Bl. 125 vorgelegte Stellungnahme vom 2.2.2015, dort S. 2, bestätigt, wo er ausführt: „Mit der Bindung des Preisausschreibens an das IfSG, welches ab dem 1.1.2001 in Kraft getreten ist und das in § 2 IfSG die Anforderung wissenschaftlichen Arbeitens auf dem jeweiligen Stand der Wissenschaft fordert, wurde sichergestellt, dass die geforderte Publikation auf der Grundlage der präzisen Formulierungen der „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ erstellt wurde. […].“
82 
Zu beachten ist schließlich, dass der Gesetzgeber bei der Normierung des IfSG offenbar bereits von der Existenz von Masernviren ausging, da er schon in der ersten, ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung des IfSG unter § 7 Abs. 1 Nr. 30 das Masernvirus zum meldepflichtigen Krankheitserreger erhob; ersichtlich hielt also der Gesetzgeber eine vom RKI erst noch vorzunehmende Beweisführung hinsichtlich des Masernvirus nicht mehr für erforderlich. Auch dieser Umstand spricht dagegen, die Bezugnahme auf das IfSG als Indiz dafür zu verstehen, dass die Auslobung des Beklagten nur Publikationen des RKI gelten lassen wolle.
83 
2. Die Auslobung ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass nur eine Publikation, die nach dem Inkrafttreten des IfSG veröffentlicht wurde, die Auslobungsvoraussetzungen erfüllen könne.
84 
Dass der Beklagte sich hinsichtlich der vorzulegenden Publikationen auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG bezieht, reicht nach dem objektiven Empfängerhorizont für eine derartige Einschränkung nicht. Allein aus dem Zeitpunkt einer Veröffentlichung folgt nämlich noch nicht, dass die Publikation sich an dem in § 1 Abs. 2 IfSG zur Messlatte erhobenen jeweiligen Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik nicht mit dem Ergebnis prüfen ließe, dass ihr auch diese Qualität zukommt. Vielmehr ist die Wandelbarkeit und Entwicklungsoffenheit forschungsbezogener Standards im medizinischen Bereich den gesetzlichen Bestimmungen des IfSG geradezu immanent, wenn diesem in § 1 Abs. 2 IfSG eine Regelung vorangestellt ist, die ausdrücklich den „jeweiligen“ Stand der Wissenschaft zur Richtschnur erklärt.
85 
Im übrigen hat der Sachverständige P. anschaulich erläutert, dass nahezu alle von der einschlägigen wissenschaftlichen „Community“, d. h. der weltweiten Gesamtheit an Masernvirusforschenden und medizinischen Anwendern dieser Forschungsergebnisse, als notwendig und hinreichend akzeptierten Fachartikel zum Beleg der Existenz und zur strukturellen und molekularen Natur des Masernvirus vor Juli 2000 veröffentlicht worden seien. Fachartikel aus späterer Zeit hierzu seien also schon deshalb fernliegend bzw. äußerst rar, weil in den Augen dieser scientific community kein Grund bestehe, bereits Bewiesenes neu zu beweisen; entsprechende Untersuchungen wären zudem auch nicht publikabel, da wissenschaftliche Fachzeitschriften bereits publizierte und allgemein akzeptierte Ergebnisse nicht ein weiteres Mal, egal aus welcher Quelle, zur Publikation annehmen würden. Aus Sicht eines Erklärungsempfängers aus dem Kreis der durch die Auslobung jedenfalls auch angesprochenen medizinisch geschulten bzw. interessierten Besucher der Verlagsseiten kann die Bezugnahme auf das IfSG deshalb kein Anhaltspunkt dafür sein, dass damit alle Fachartikel aus den Jahren vor 2001 ausgeschlossen sein sollten. Ein solchermaßen einschränkendes Kriterium würde nämlich die Erfüllbarkeit der Auslobungskriterien von vornherein in einem solchem Maße einschränken, dass hiermit aus der Perspektive eines unbefangenen Lesers mit einer gewissen medizinischen Vorbildung schlicht nicht zu rechnen wäre.
86 
3. Schließlich ergibt die Auslegung des Auslobungstextes auch nicht, dass der geforderte Nachweis der Existenz des Masernvirus und die Bestimmung von dessen Durchmesser in einer einzigen Publikation erbracht werden müsste (a) und dass Übersichtsartikel nicht als taugliche Publikationen anzusehen seien (b).
87 
a) Auf diese einschränkenden Kriterien hat sich der Beklagte erstmals nach Vorlage des Sachverständigengutachtens vom 17.11.2014 berufen, in dem der Sachverständige P. im Ergebnis zum Schluss kam, dass zwar nicht ein Artikel für sich genommen für die Beweisführung ausreiche, dass aber die - hinreichend durch adäquate und wissenschaftlich korrekt durchgeführte Experimente belegten - Aussagen der sechs eingereichten Publikationen in ihrer Kombination sowohl die Existenz des Masernvirus belegten als auch seine spezifische Infektiosität sowie seinen ungefähren Durchmesser zeigten.
88 
Dem Beklagten ist dabei zuzugestehen, dass der Wortlaut der Auslobung seinem Verständnis jedenfalls nicht entgegensteht, wenn es heißt: „Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ (Hervorhebung durch die Kammer).
89 
Ein solches einschränkendes Verständnis der Auslobung lässt sich jedoch nicht in Einklang bringen mit deren oben bereits im Einzelnen aufgefächerten Begleitumständen und dem Gesamtkontext, in den die Auslobung textlich eingebunden ist.
90 
In der Sache geht es dem Beklagten doch darum, durch die Auslobung des „Preisgeldes“ ans Licht zu bringen, dass es „nicht einmal eine“ Publikation gebe, in der die Existenz des Masernvirus nachgewiesen und dessen Durchmesser bestimmt werde, da er insgesamt den Lesern der Verlagsseiten zur Erkenntnis verhelfen möchte, dass die Behauptung eines Masernvirus wissenschaftlich in keiner Form belegt sei. Er betont damit letztlich, wie sicher er sich seiner Sache ist. Nicht ansatzweise stützt sich dagegen die Kritik des Beklagten gegenüber den angesprochenen Impfbefürwortern darauf, dass es die eine große, zusammenhängende Originalarbeit, welche die vom Beklagten verlangte Beweisführung biete, bislang noch nicht gebe.
91 
Ein solches Verständnis vertrüge sich auch nicht mit der Publikationspraxis im medizinischen Forschungskontext, in den der Beklagte seine Auslobung aber ausdrücklich selbst eingebunden sehen möchte und auf dessen Standards er - jedenfalls in einer Form, wie er sie verstanden wissen will - mit Nachdruck abhebt. Naturwissenschaftliche Indizienketten oder gar Beweisführungen - so hat es der Sachverständige P. dargelegt - würden mindestens schon seit Jahrzehnten nicht mehr als Monographien, sondern als Abfolgen von mehreren bis zu sehr vielen Fachartikeln publiziert. Dies liege zunächst einmal an der Komplexität der in neuerer Zeit erarbeiteten Erkenntnisse, die in aller Regel den gleichzeitigen oder konsekutiven Einsatz verschiedener Wissenschaftlergruppen mit ihren jeweiligen methodischen und finanziellen Ressourcen notwendig machen. Als weitere Gründe kämen hinzu ein deutlich gestiegener internationaler Wettbewerb unter den Wissenschaftlern sowie das Aufkommen neuer Publikationsformate. Das Verlangen eines einzigen und umfassenden wissenschaftlichen Fachartikels würde daher angesichts der komplexen Zusammenhänge und dem Differenzierungsgrad heutiger medizinischer Forschung den theoretischen und praktischen Standards moderner Wissenschaft schlicht nicht gerecht.
92 
b) Aus dem gleichen Grund kann auch die vom Beklagten zuletzt eingewandte grundsätzliche Ausgrenzung von Übersichtsarbeiten aus dem Kanon der tauglichen wissenschaftlichen Publikationen nicht Ergebnis der Auslegung des „Preisausschreibens“ sein.
93 
Der Sachverständige P. hat erläutert, dass die Publikationsform der Übersichtsarbeit spezifischen wissenschaftlichen Wert dadurch erhält, dass sie sozusagen ein modernes Äquivalent einer Monographie darstellt. Die Übersichtsarbeit präsentiert zwar keine eigenständigen Forschungsleistungen des Autors / der Autoren, enthält aber für alle präsentierten Fakten und Forschungsergebnisse Literaturzitate, die das Auffinden der relevanten Primärliteratur eineindeutig ermöglichen; eine Übersichtsarbeit gewinnt gerade aus der Zusammenschau zahlreicher Originalarbeiten - über die reine Darstellung bisheriger Forschungsergebnisse hinaus - eigenständige Schlussfolgerungen.
94 
Die Ausgrenzung dieses Publikationstyps widerspräche also ebenfalls den Standards moderner Wissenschaft. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, weshalb das erkennbare Auslobungsziel des Beklagten einer Berücksichtigung von Übersichtsarbeiten entgegen stehen sollte.
IV.
95 
Der Kläger hat sich die ausgelobte Belohnung verdient; denn die vorgelegten Publikationen genügen den Vorgaben der Auslobung.
96 
Die Kammer ist zu dieser Überzeugung gelangt auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen P.. Der Sachverständige ist Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene und Umweltmedizin und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universitätsmedizin R., seine Qualifikation steht außer Zweifel. Diese herausragende fachliche Qualifikation ist für die Kammer sowohl in den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen als auch im Rahmen seiner Anhörung deutlich geworden. Der Sachverständige hat die vorgelegten Publikationen im einzelnen ausführlich dargestellt und nachvollziehbar und verständlich in den forschungsgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet; mit den Einwendungen des Beklagten hat er sich eingehend und gründlich auseinandergesetzt.
97 
Aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen ist die Kammer überzeugt, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K 4) übersandten Publikationen wissenschaftliche Publikationen sind (dazu 1.), die in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masern-Virus belegen (2.) und dessen Durchmesser bestimmen (3.).
98 
1. Nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft in ihrem forschungsgeschichtlichen Zusammenhang sind die klägerseits vorgelegten Publikationen allesamt von solcher formaler Qualität, dass sie das Prädikat „wissenschaftlich“ in diesem Sinne erhalten.
99 
a) Der Sachverständige hat überzeugend erläutert, weshalb die vorgelegten Publikationen ausnahmslos als wissenschaftliche Fachartikel zu qualifizieren seien. Dabei hat er dargelegt, dass eine Publikation im Wesentlichen zwei formale Voraussetzungen zu erfüllen habe, um gegenwärtig auf internationalem Niveau als wissenschaftlicher Fachartikel qualifiziert werden zu können. Der Artikel müsse zum einen in einer Zeitschrift mit einem sog. „peer review“ (Fachgutachter) System veröffentlicht und damit in der Regel von mindestens zwei unabhängigen Fachwissenschaftlern vor der Veröffentlichung geprüft und ggf. mit Korrekturforderungen versehen worden sein. Zum anderen sei die Listung und Einsehbarkeit (mindestens in Form eines sog. Abstract) in wissenschaftlichen Fachdatenbanken wie NCBI (National Center for Biolotechnological Information; Bethesda, USA) und DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) erforderlich. Sämtliche vorgelegte Artikel erfüllten diese Anforderungen.
100 
b) Der Beklagte hat die Wissenschaftlichkeit der Artikel in formaler Hinsicht unter Berufung auf das Regelwerk der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in der aktuellen Form in Zweifel gezogen.
101 
Aus Sicht der Kammer überzeugend hat der Sachverständige P. hierzu darauf verwiesen, dass die Regeln der DFG sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht nur bedingt als Kriterien für Wissenschaftlichkeit angesehen werden können. Dies leuchtet schon deshalb unmittelbar ein, weil ein Großteil der wissenschaftlichen Forschung im medizinischen Bereich außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Geltungsbereichs des DFG-Regelwerks betrieben wird und aktuelle Standards wissenschaftlichen Arbeitens von Forschungsergebnissen vergangener Zeiten schon aufgrund der sich stetig weiter entwickelnden (sowohl informations- als auch dokumentations-)technischen Möglichkeiten von vorneherein nicht erfüllt werden können.
102 
2. Die streitgegenständlichen Publikationen beweisen in ihrer Gesamtschau die Existenz eines Virus, das für die Masernerkrankung ursächlich ist.
103 
a) Wie der Sachverständige dargelegt hat, gilt es grundsätzlich zwei Fragen auseinanderzuhalten - zum einen die Frage, ob es überhaupt einen bestimmten Mikroorganismus gebe und welche Natur dieser habe, zum anderen die Frage, ob eben dieser Mikroorganismus tatsächlich kausal bedeutsam für eine Erkrankung (hier die Masernerkrankung) sei. Zur diesbezüglichen Beweisführung genügt zwar die Aussagekraft einer einzelnen der sechs streitgegenständlichen Publikationen für sich genommen nicht. In der Gesamtschau belegen die Aussagen der vom Kläger vorgelegten Artikel jedoch auf der Grundlage adäquater und wissenschaftlich korrekt durchgeführter Experimente sowohl die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus als auch dessen Ursächlichkeit für die Masernerkrankung.
104 
(1) Was die Existenz und die Natur des Masernvirus anbelange - so der Sachverständige -, gebe es zur Belegsammlung viele grundsätzlich gleichwertige Wege, wobei in der Biologie typischerweise verlangt werde, dass zwei voneinander unabhängige Wege beschritten würden, um die Existenz eines Mikroorganismus zu belegen und diesen taxonomisch einzuordnen. Der klassische Weg sei der optische Nachweis mit mikroskopischen Methoden, im Falle von Viren mithilfe eines Elektronenmikroskops. Zum anderen könne man die Bestandteile eines Erregers nachweisen. Bei einem Krankheitserreger würde man ferner typischerweise erwarten, dass dieser sich vermehren kann; von daher rühre die Methode des kulturellen Nachweises dieses Keims. Ein weiterer Schritt könne dann darin bestehen, dass man die Vermehrung des Keims als Reinigungsschritt begreife und anschließend den Erreger nochmals einer mikroskopischen Untersuchung daraufhin unterziehe, ob sein Aussehen und die Biochemie seines Keims unverändert sei. Zu diesen Methoden komme zwischenzeitlich die Möglichkeit hinzu, die Nukleinsäuren zu isolieren und vollständig zu sequenzieren. - Ausgehend hiervon belegten die vorgelegten Artikel in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus.
105 
Dabei hat der Sachverständige im Einzelnen prägnant, nachvollziehbar und in der Sache überzeugend für jede der vorgelegten Publikationen ausgeführt, anhand welcher der oben beschriebenen Methoden die Autoren jeweils zu Ergebnissen gelangten, deren Belegeigenschaft der Sachverständige sodann kritisch analysiert und differenziert beschrieben hat. Auf die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.11.2014 unter Ziffer VII. wird dabei vollumfänglich Bezug genommen.
106 
Für die Überzeugungsbildung der Kammer kommt insoweit den Arbeiten von Horikami & Moyer von 1995 sowie von Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 besondere Bedeutung zu. So werden in der Übersichtsarbeit von Horikami & Moyer - wie der Sachverständige erläutert hat - grundlegende und vollkommen eindeutige Charakteristika von Masernviren wie deren komplette Genomsequenz vorgestellt, wobei der Artikel den Inhalt von 97 Original-Arbeiten aus Fachzeitschriften mit Fachgutachter-System („peer review“) zu Struktur, Genomtranskription und Vermehrung des Masernvirus auswerte und zusammenfasse. Durch diesen Übersichtsartikel und die darin zitierten Publikationen sei insbesondere auch der sog. Goldstandard eines bis ins molekulare Detail charakterisierten Agens eingebracht, da dank der Genomsequenzierung alle modernen Wege zum direkten (z. B. Antigennachweis, Hybridisierungen, Nukleinsäurenamplifikationen) und indirekten (z. B. Antikörperreaktionen, T-Zellaktivierung) eineindeutigen Nachweis eines Mikroorganismus in einem Wirtsorganismus beschritten werden könnten. Die als Originalarbeit und angesichts ihres Aufbaus und Umfangs als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierende Publikation von Daikoku et al. belege ferner ebenfalls mittels zweier - vom Sachverständigen jeweils näher beschriebenen - voneinander unabhängiger Verfahren die Masernvirus-Spezifizität der untersuchten Virionen des klassischen Edmonston-Masernvirusstammes.
107 
(2) Mit Blick auf die Frage der Ursächlichkeit des Masernvirus für die Masernerkrankung hat der Sachverständige ausdrücklich festgehalten, dass die vorgelegten Arbeiten in ihrer Zusammenschau insbesondere auch die vom Beklagten im Laufe des Rechtsstreits zum Beweismaß erhobenen Koch-Henle´schen Postulate erfüllen.
108 
Diese Postulate wurden formuliert, um die kausale Bedeutung eines mikrobiellen Erregers für eine Infektionskrankheit zu belegen. In ihrer klassischen Form enthalten sie nach den plausiblen Darlegungen des Sachverständigen - paraphrasiert - folgende Aussagen: Ein Erreger ist kausal verantwortlich für eine Infektionskrankheit, wenn er (1) bei Anwesenheit in Menschen typischerweise mit einem fest umrissenen klinischen Bild assoziiert ist, (2) aus den betroffenen Menschen isoliert und kultiviert werden kann, (3) nach Übertragung auf ein Versuchstier dort ähnliche Symptome verursacht und schließlich (4) aus dem erkrankten Versuchstier wiederum isoliert bzw. kultiviert werden kann.
109 
Dabei hat der Sachverständige zum historischen Kontext der Koch-Henle´schen Postulate ergänzend ausgeführt, dass diese zu einer Zeit formuliert worden seien, als erst wenige, besonders aggressive, für Menschen und Tiere gleichermaßen bedrohliche Bakterienarten (wie die Erreger des Milzbrandes und der Tuberkulose) bekannt waren, die also auch Abwehr-gesunde Menschen vital bedrohen. Auch die Mechanismen der Erregerabwehr im Menschen seien zum Zeitpunkt der Formulierung der Postulate weitgehend bzw. auf molekularer Ebene komplett unbekannt gewesen. Hinzutrete, dass Viren damals noch überhaupt nicht bekannt gewesen seien, so dass die Anwendbarkeit der Postulate auf diese Form von Erregern zumindest diskutabel sei. Zudem seien seit der Formulierung der Postulate zahlreiche Erreger entdeckt, eingehend charakterisiert und als Infektionserreger eindeutig identifiziert worden, ohne dass auf sie alle bzw. sogar nur eine der Aussagen zugetroffen habe. Vor diesem Hintergrund hätten sich drei ergänzende Aussagen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen: Kausal für Infektionskrankheiten verantwortliche Erreger führen zum einen zu einer lokal oder systemisch nachweisbaren Abwehrreaktion im betroffenen Menschen (1), zeigen ferner bei in-vitro-Versuchen ein gleichartiges Verhalten wie bei der natürlichen Infektion bzw. führen zu einer gleichartigen Zell-/Histopathologie (2); außerdem führt deren selektive Eradikation aus dem betroffenen Menschen zu einer Symptombesserung bzw. sogar Gesundung (3). Diese modernen Kriterien träten neben die klassisch formulierten Postulate bzw. zum Teil auch an deren Stelle.
110 
Dass und wie die streitgegenständlichen Publikationen in ihrer Zusammenschau den Beweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus erbringen, hat der Sachverständige ergänzend zu seinem schriftlichen Gutachten im Rahmen seiner Anhörung im Einzelnen nachvollziehbar erläutert. Er hat ausgeführt, dass der Beitrag von Enders & Peebles 1954 die klassischen Postulate (1) und (2) erfülle; hinzu trete eine gewisse biochemische Charakterisierung (Temperaturempfindlichkeit) und eine Aussage zur Größe. Im Beitrag von Bech & von Magnus 1958 sei dann auch das klassische Postulat (3) erfüllt und zusätzlich eine Abwehrreaktion entsprechend der erweiterten Postulate-Fassung. Der Übersichtsartikel von Horikami & Moyer 1995 schließlich zitiere und stelle dar mehrere Artikel, welche die klassischen Postulate (1) bis (4) erfüllten. Auch die spezifische Cytopathologie (erweiterte Postulate) sei belegt, nämlich die Bildung von Syntyzien, also Zellverschmelzungen, welche typisch für Paramyxoviren sei (zu denen auch das Masernvirus zähle). Ergänzend wird vollinhaltlich Bezug genommen auf das Verhandlungsprotokoll, dort insbesondere S. 6 und 7.
111 
Zusammenfassend gelangt die Kammer zur Überzeugung, dass die klägerseits vorgelegten Publikationen in ihrer Gesamtheit auch den Nachweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus - gerade auch mit Blick auf die Koch-Henle´schen Postulate - belegen.
112 
b) Der Beklagte zweifelt die Tauglichkeit der vorgelegten Artikel an und stützt sich insoweit auch auf Kritikpunkte, die der Sachverständige selbst bei einzelnen Artikeln in methodischer Hinsicht oder unter dem Aspekt von Dokumentationspflichten angebracht hat. Diese nimmt der Beklagte zum Ausgangspunkt seiner These, wonach den vorgelegten Publikationen in inhaltlicher Hinsicht deren Wissenschaftlichkeit abzusprechen sei. Auf der Basis der medizinisch-forschungsgeschichtlichen Erläuterungen des Sachverständigen sind diese Ansätze aus Sicht der Kammer jedoch nicht geeignet, die oben ausgeführte Beweiskraft der vorgelegten Fachartikel in ihrer Gesamtschau in Frage zu stellen.
113 
Zum einen hat der Sachverständige ausdrücklich und nachvollziehbar dargestellt, dass in den vorgelegten Publikationen insbesondere auch die notwendigen Daten und Kontrollexperimente enthalten seien, aufgrund derer ausgeschlossen werden kann, dass lediglich zelleigene Artefakte - als die der Beklagte die vermeintlichen Masernviren einordnet - vorliegen.
114 
Vor allem aber hat der Sachverständige - nachvollziehbar und in der Sache unmittelbar einleuchtend - dargelegt, dass es schon angesichts des Umstands, dass sich der Methodenkanon und insbesondere auch die Dokumentationspraxis wissenschaftlicher Forschung in qualitativer und quantitativer Hinsicht stetig weiterentwickeln, fast schon notwendig und in aller Regel Einzelaspekte wissenschaftlicher Fachpublikationen gebe, an denen rückblickend auch mit kritischen Bemerkungen anzusetzen sei. In der Praxis der wissenschaftlichen Forschung habe sich jedoch ein im Ergebnis guter Reinigungsmechanismus in der Fachliteratur etabliert, der gerade auch in jüngster Zeit zum Teil Artikel aus höchstrangigen Fachzeitschriften betroffen habe. Wenn sich die in einem Artikel dargestellten Abläufe in Folgeversuchen schlechterdings nicht nachvollziehen ließen, so komme das in Artikeln anderer Forscher typischerweise zutage, jedenfalls wäre dies bei einem derart intensiv behandelten Thema wie den Masern zu erwarten. Forschungsergebnisse, die einem breiten wissenschaftlichen Konsens entgegenstehen, seien zwar nicht immer leicht zu publizieren. Gerade gegenüber einer breit akzeptierten Sicht verspreche es jedoch hohe Reputation, neue und bessere Erkenntnisse zu publizieren; wissenschaftlich korrekt begründete Widerlegungen bisheriger Positionen seien dann auch hochrangig zu publizieren. Gleichwohl habe sich auch bei der vom Sachverständigen vorgenommenen stichprobenartigen Überprüfung der riesigen Zahl an Fachartikeln hierzu kein einziger Artikel gefunden, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung negiere.
115 
Der Kammer erscheint es insoweit bezeichnend, dass auch der Beklagte, der selbst im Bereich der Virologie promoviert hat, abgesehen von seinen eigenen Ausführungen keinen einzigen Fachartikel oder namhaften Wissenschaftler benennen konnte, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung in Abrede stellt.
116 
Im Ergebnis sind daher auch die unbestreitbaren Schwachstellen der vorgelegten Publikationen nicht geeignet, deren Beweiskraft insgesamt in Zweifel zu ziehen.
117 
c) Schließlich postuliert der Beklagte eine eigene Indizienkette, wonach der Nachweis verlange, dass das Masernvirus (1) in einem Menschen oder seiner Körperflüssigkeit fotografiert, (2) daraus isoliert, (3) aufgereinigt, (4) wieder fotografiert und anschließend (5) dessen Zusammensetzung biochemisch charakterisiert werde mit einem anschließenden Re-Infektionsexperiment (6).
118 
Hinsichtlich dieser vom Beklagten postulierten Indizienkette hat der Sachverständige der Kammer nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass dieser eine über die Qualität einer Hypothese hinausgehende wissenschaftliche Bedeutung nicht zukomme. Die vorgelegten Publikationen sind hinsichtlich ihres wissenschaftlich fundierten Aussagewerts nach Überzeugung der Kammer jedoch nicht an Hypothesen, sondern ausschließlich an wissenschaftlich etablierten Standards zu messen. Dass es sich bei der vom Beklagten aufgereihten Indizienkette um einen solchen handele, hat der Beklagte jedoch weder darzulegen noch zu belegen vermocht.
119 
3. Auch die Bestimmung des Durchmessers in der vom Beklagten verlangten Form ist im Rahmen der vom Kläger vorgelegten wissenschaftlichen Fachartikel zur Überzeugung der Kammer gelungen.
120 
Angaben zum Durchmesser des Masernvirus auf der Basis elektronenmikroskopischer Analysen lassen sich nach den im Einzelnen eingehend erläuterten Ausführungen des Sachverständigen insbesondere den Originalarbeiten und sämtlich als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierenden Beiträgen von Nakai & Imagawa aus dem Jahr 1969, von Lund et al. aus dem Jahr 1984 und Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 entnehmen.
121 
Dass dabei die Größen- bzw. Durchmesserangaben in einem Bereich von 50 bis 1000 nm schwanken, lässt sich zur Überzeugung der Kammer plausibel wissenschaftlich erklären, wie dies der Sachverständige auf diesbezüglich geäußerte Zweifel des Beklagten näher erläutert hat. Dabei hat der Sachverständige zur Struktur eines Virus ausgeführt, dass bei jedem Virus die Nukleinsäure (Erbsubstanz) in strukturierter Anordnung von Eiweiß umhüllt sei. Je nach Art des Virus werde das Nukleokapsid von einer weiteren Eiweißhülle mit einer festgelegten Größe und rigiden Struktur (z. B. Polyeder oder komplexer radiärsymmetrischer Aufbau) oder einem Teil der Wirtszellmembran (äußere Hülle) umhüllt. Die Entstehung dieser aufgrund ihres Chemismus flexiblen äußeren Hülle beinhalte für jedes entstehende Virion Zufallsaspekte, was sich wiederum auf die individuelle Größe auswirke. Behüllte Viren hätten also eine vielgestaltige, ständig wechselnde Form und eine zwischen den Virionen einer Generation erheblich variierende Größe. Behüllte Viren einer Virusart seien demgemäß vielgestaltig (= pleomorph) und unterschiedlich groß, was auch auf die taxonomische Familie der Paramyxoviren zutreffe, zu der das Masernvirus gehöre. Wenn nun elektronenmikroskopische Aufnahmen von solchen vielgestaltigen Virionen angefertigt würden, müssten dazu zweidimensionale optische Schnitte durch die dreidimensionalen Partikel gelegt werden. Je nachdem, mit welchem Winkel der Schnitt durch das dreidimensionale Virion und zudem an welcher Stelle des Virions dieser Schnitt durch dessen dreidimensionale Struktur gelegt werde, könnten dabei zweidimensionale Abbildungen entstehen, deren Durchmesser sich erheblich - auch in den für das Masernvirus in den Publikationen konkret festgestellten Variationsbreiten - unterschieden.
B.
122 
Da der Beklagte mit der Zahlung der Belohnung zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten durch den Kläger in Verzug war, kann der Kläger gemäß §§ 657, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB auch Ersatz der Rechtsanwaltskosten, die ihm für die diesbezügliche außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind, verlangen.
C.
123 
Der Kläger kann ferner - mit Zustimmung der R.-Rechtsschutz-Versicherungs-AG - vom Beklagten aus § 831 BGB Zahlung der Rechtsanwaltskosten an sich verlangen, die für das Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 (Anl. K10) und die damit korrespondierende vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind.
I.
124 
Die streitgegenständlichen Äußerungen, hinsichtlich derer der Kläger mit dem als Anlage K10 vorgelegten Anwaltsschreiben vom Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begehrt und nahezu vollständig auch erreicht hat, stellen Tatsachenbehauptungen dar. Denn die Richtigkeit der Äußerung, der Kläger und seine „illegalen Hintermänner“ hätten vor dem Landgericht Ravensburg das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen, ist dem Beweis zugänglich (vgl. Rixecker, in MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, Anhang zu § 12 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rn. 143). In der Aussage: „Wir rechnen damit, dass Dr. L... am 24.4.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolgen und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird“ steckt zudem inzident die Behauptung, der Kläger habe das Gericht betrogen und sei zahlungsunfähig, worin ebenfalls eine Tatsachenbehauptung liegt. Allein der Umstand, dass die Behauptungen sehr pointiert formuliert sind, nimmt der Äußerung nicht den Charakter einer Tatsachenbehauptung.
II.
125 
Der Beklagte hat schon gar nicht behauptet, seine Äußerungen seien wahr. Wer jedoch in allgemeiner Form ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufstellt, die den Kläger auch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen, muss sich grundsätzlich zu deren Berechtigung näher erklären und Belege für seine Darstellung nennen (Rixecker, a.a.O. Rn. 150). Dieser Darlegungslast hinsichtlich der Wahrheit der Tatsachenbehauptung oder jedenfalls der Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Äußerung des Beklagten auf sorgfältigen Recherchen beruht, ist der Beklagte nicht nachgekommen.
III.
126 
Der Beklagte kann sich mit seinem Vortrag, er habe den Eintrag weder selbst verfasst noch veranlasst und die Veröffentlichung sei auch nicht mit seinem Wissen und Wollen erfolgt, nicht entlasten. Der Beklagte hat sich vielmehr das Verhalten seiner Mitarbeiter zurechnen zu lassen. In einer vom Beklagten selbst verfassten Veröffentlichung (Anl. K14) hat dieser selbst angegeben, der Kläger habe es sofort juristisch verbieten lassen, „als meine Mitarbeiter auf unserer Internetseite über den Prozess berichten wollten […]“. Da unstreitig eine Unterlassungserklärung nur hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung verlangt und erreicht wurde, hat der Beklagte damit selbst eingeräumt, dass die Gestaltung der Website diesbezüglich von seinen eigenen Mitarbeitern veranlasst worden ist. Er hat dem Kläger deshalb denjenigen Schaden zu ersetzen, den der nicht näher bekannte Mitarbeiter diesem in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung zugefügt hat.
IV.
127 
Dem Beklagten stand es zwar offen, sich nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB zu entlasten (Exkulpation). Der Beklagte hat aber schon nicht dargelegt, dass er bei der Auswahl und Anleitung der bestellten Personen („meine Mitarbeiter“) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Ein dahingehender konkreter Vortrag ist nicht erfolgt, obwohl der Kläger sich zur Begründung der Verantwortlichkeit des Beklagten schon schriftsätzlich auf die vorstehend genannte Bemerkung des Beklagten (Anl. K14) bezogen hat.
V.
128 
Aufgrund der unerlaubten Handlung schuldet der Beklagte Ersatz der Anwaltskosten, die für die Einholung der strafbewehrten Unterlassungserklärung entstanden sind. Die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten war dabei auch erforderlich, da aufgrund dessen, dass es bereits zu einer Beeinträchtigung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gekommen war, die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB vermutet wird und diese Vermutung insbesondere auch durch die bloße Löschung - sei sie nun vollständig oder lediglich teilweise erfolgt - des Eintrags nicht beseitigt wird. Schließlich war dem Kläger angesichts der Umstände und der durchaus gewisse juristische Kenntnisse erfordernden Geltendmachung eines auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützten Unterlassungsanspruch auch nicht zuzumuten, auf juristischen Beistand zu verzichten.
VI.
129 
Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch entsprechend der Berechnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (1,3 - Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer) auf 492,54 EUR.
D.
130 
Die Zinsansprüche rechtfertigen sich jeweils aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB.
E.
131 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 + 2 ZPO.

Gründe

 
58 
Die Klage ist zulässig und insgesamt begründet.
A.
59 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung der ausgelobten Belohnung in Höhe von 100.000,00 EUR gegen den Beklagten aus § 657 BGB.
60 
Das „Preisausschreiben“ des Beklagten enthält ein ernst gemeintes, bindendes Belohnungsversprechen (dazu I.), die Auslobung ist auch öffentlich bekannt gemacht i.S.v. § 657 BGB (II.). Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine Einschränkungen, wie sie vom Beklagten geltend gemacht werden (III.); mit den vom Kläger vorgelegten Publikationen sind die Anforderungen der Auslobung vollständig erfüllt (IV.).
I.
61 
Aus dem Auslobungstext selbst und unter Berücksichtigung des hierzu zwischen den Parteien gewechselten Briefverkehrs ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit eine bindende Leistungs-verpflichtung des Beklagten, insbesondere auch die Ernstlichkeit des Belohnungsversprechens.
62 
Zwar könnte insbesondere die durchaus reißerische Züge tragende Überschrift „Das Masern-Virus - 100.000 EUR Belohnung! - WANTED - Der Durchmesser“ und auch die schiere Höhe der versprochenen Belohnung den Eindruck fehlender Ernstlichkeit dahingehend erwecken, dass es dem Beklagten nur darum gegangen sein könnte, ein möglichst hohes Maß an Aufmerksamkeit für seine im Text zum Ausdruck gebrachte Impfkritik zu erwecken. Doch spricht insbesondere der Zweck, den der Beklagte mit der versprochenen Belohnung verfolgt, gegen die Annahme einer erkennbar nicht ernst gemeinten Erklärung. Der Beklagte will - so erläutert er selbst ausdrücklich - „mit dem Preisgeld bewirken, 1. dass sich Menschen aufklären und 2. dass die aufgeklärten Menschen den nicht-aufgeklärten helfen und 3. die Aufgeklärten im Sinne der Gesetze auf die Akteure einwirken.“ Dem Beklagten geht es also ersichtlich darum, denjenigen, die - aus seiner Sicht - den Argumenten der Impfbefürworter allzu unkritisch gegenüberstehen, einen Ansporn zu liefern, sich mit der Frage, ob es einen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz des Masernvirus gibt, kritisch auseinanderzusetzen. Einen Ansporn in diesem Sinne gibt es aber nur, wenn die Erlangung der Belohnung tatsächlich möglich und deren Auslobung damit ernst gemeint ist.
63 
Schließlich ließ der Beklagte auch in seinem Schreiben vom 30.1.2012 (Anl. K3) keinen Zweifel an der Ernstlichkeit seines Preisgeld-Versprechens aufkommen. Die inhaltliche Anfrage des Klägers vom 16.1.2012 (Anl. K2) nach der Aktualität und den Bedingungen der - in der Betreffzeile des Klägerschreibens sogar ausdrücklich als solche bezeichneten - Auslobung hatte dem Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, eine etwa fehlende Ernstlichkeit klarzustellen bzw. offen zu legen. Dergleichen tat der Beklagte aber nicht, vielmehr bestätigte er ausdrücklich, dass das Preisgeld ausgeschrieben ist.
II.
64 
Durch die Veröffentlichung der Ausschreibung des „Preisgeldes“ auf den Internetseiten des „... - Verlages“ machte der Beklagte die Auslobung öffentlich bekannt. Eine öffentliche Bekanntmachung setzt die Kundgabe gegenüber einem individuell unbestimmten Personenkreis voraus (vgl. Seiler, in: MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, § 657 Rn. 12; Sprau, in: Palandt BGB, 74. Aufl. 2015, § 657 Rn. 3), der sich vorliegend aus sämtlichen potentiellen Besuchern der Verlagsseiten zusammensetzt.
III.
65 
Die Auslobung ist eine einseitige, an die Allgemeinheit gerichtete und nicht empfangs-, sondern bekanntmachungsbedürftige Erklärung (BGH Urt. v. 23.09.2010 - III ZR 246/09 - BeckRS 2010, 24346 Rn. 12; Sprau a.a.O. Rn 1; Seiler a.a.O. Rn 4). Ihr Gegenstand ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 242 BGB zu ermitteln, die sich nach der Verständnismöglichkeit eines beliebigen vernünftigen Teilnehmers am Rechtsverkehr - als Teil der durch die Auslobung angesprochenen Öffentlichkeit - richtet (Seiler a.a.O. Rn. 6; Sprau a.a.O. Rn. 4; Kotzian-Marggraf, in: Beck-OK-BGB, Stand 1.2.2015, § 657 Rn. 7). Dabei sind ausgehend vom Wortlaut der Erklärung auch solche Umstände zu berücksichtigen, die jedermann oder doch jedem Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises bekannt oder erkennbar sind (vgl. BGHZ 53, 307 - juris-Rn. 12). Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Publikationen weder solche des RKI sein (dazu 1.) noch aus der Zeit nach Inkrafttreten des IfSG stammen müssen (2.); auch ist die Auslobung nicht dahingehend zu verstehen, dass der geforderte Nachweis in einer einzigen Publikation erbracht sein müsse oder dass Übersichtsarbeiten nicht herangezogen werden dürften (3.).
66 
1. Die Auslegung der Auslobungserklärung ergibt keine einschränkende Voraussetzung dahingehend, dass es sich bei der vorzulegenden wissenschaftlichen Publikation um eine solche des RKI oder seiner Mitarbeiter handeln müsse.
67 
Diese Voraussetzung hat der Beklagte erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens postuliert. Außergerichtlich hatte er sich, wie aus seinem Schreiben vom 6.3.2012 (Anl. K6) hervorgeht, hinsichtlich der vom Kläger übersandten Publikationen noch im Wesentlichen lediglich inhaltlich darauf berufen, dass darin „nur zelleigene Bestandteile und Strukturen dargestellt werden, die nicht isoliert und biochemisch charakterisiert wurden“, weshalb er das Preisgeld nicht aushändigen könne. Der Einwand, die Artikel erfüllten schon deshalb die Auslobungskriterien nicht, weil keiner von Mitarbeitern des RKI stamme, findet dagegen in dieser vorgerichtlichen Korrespondenz keinerlei Erwähnung.
68 
a) Der Wortlaut der Erklärung des Beklagten trägt die Annahme einer solchen einschränkenden Auslobungsbedingung nicht.
69 
Zu den Voraussetzungen für die Auszahlung des Preisgeldes wird vielmehr ausdrücklich nur erhoben, dass „eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ Eingeschränkt wird dies dem Wortlaut nach lediglich dadurch, dass das Preisgeld nicht ausgezahlt werde, „wenn es sich bei der Bestimmung des Durchmessers des Masern-Virus nur um Modelle oder Zeichnungen […] handelt.“ Es wäre dem Beklagten ein Leichtes gewesen, die von ihm im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erstmals vorgetragene einschränkende Voraussetzung der Auslobung dadurch deutlich zu machen, dass er etwa formuliert hätte: „eine wissenschaftliche Publikation des Robert-Koch-Instituts […]“. Gelegenheit zu einer dahingehenden Klarstellung hätte der Beklagte nicht zuletzt in seinem Schreiben vom 30.1.2012 gehabt, das er auf die explizite Anfrage des Klägers nach den Auslobungskriterien (Anl. K2) verfasst hat. Der Beklagte ergänzt die vom Kläger aus dem „Preisausschreiben“ zitierten Auslobungsbedingungen jedoch nur dahingehend, dass die Publikation die durch das IfSG festgelegten gesetzlichen Bestimmungen erfüllen müsse, und lässt sie im Übrigen unwidersprochen.
70 
b) Auch unter Berücksichtigung der einem objektiven Erklärungsempfänger aus dem Kreis der potentiellen Besucher der Internetseiten des „...-Verlages“ bekannten oder erkennbaren Umstände ist der Auslobung nicht zu entnehmen, dass es sich um eine Publikation aus dem Kreis der Forschungsangehörigen des RKI handeln müsse.
71 
(1) Dabei kommt zunächst dem Interesse, welches der Beklagte mit seiner Auslobung erkennbar verbunden hat, maßgebliche Bedeutung zu.
72 
Die Auslobung ist Teil eines Internetartikels, in dem sich der Beklagte gegen die Pharma-Industrie ausspricht und die „Idee, dass Masern durch ein Virus verursacht werde“ als Bestandteil einer Werbekampagne zu entlarven sucht, die - unterstützt durch die Bundesregierung sowie internationale Einrichtungen (WHO) - gesunkene Umsätze im Bereich von Impfstoffen wieder steigern solle. Der Beklagte verneint die Existenz von Masern-Viren, nicht die der Masernerkrankung. Sein erklärtes Ziel ist es, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass es keine Masern-Viren gebe, und sie davon abzubringen, sich diesbezüglich impfen zu lassen.
73 
Ein besonderer Fokus des Beklagten liegt dabei auf PD Dr ... vom RKI, der er anlastet, die Zucht von Masern-Viren zu behaupten, was doch voraussetze, dass ihr der Durchmesser des Masern-Virus bekannt sei. Er ruft dazu auf, sich an Dr. ... zu wenden, die von der Bundesregierung beauftragt sei, eigenständig Forschung zu den Ursachen von Masern zu betreiben, um an sie die Frage nach dem Durchmesser des Masern-Virus zu stellen.
74 
Aus dieser Bezugnahme auf den von Seiten der Bundesregierung erhaltenen Auftrag, eigenständig Forschung zu betreiben, könnte sich der Schluss darauf anbieten, der Beklagte habe gerade die Vorlage von Resultaten dieser eigenständigen Forschung verlangt, mithin eine Publikation von Dr. ... oder jedenfalls eine aus dem Kreis der am RKI mit diesem Forschungsauftrag betrauten Personen. Doch greift ein solches Verständnis unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes, in den der Beklagte seine Auslobung stellt, zu kurz.
75 
Unter Berücksichtigung des Auslobungstextes im Übrigen ergibt die Auslegung vielmehr ein Anliegen des Beklagten, das von weitaus grundsätzlicherem Charakter ist. Ziel des Beklagten ist es letztlich, das RKI insoweit bloß zu stellen, als durch die Anfragen von Seiten der Besucher der Verlagsseiten bzw. deren Recherche nach wissenschaftlichen Publikationen zum vom Beklagten negierten Masernvirus deutlich werden soll: Das RKI propagiere Masernviren, ohne sich diesbezüglich auf wissenschaftliche Beweise stützen zu können. Wäre - so die Idee des Beklagten - ein solchermaßen unredliches Verhalten erst einmal belegt, sei der Schritt zur Erkenntnis bei der aufzuklärenden Bevölkerung, das Institut handle für die Pharma-Industrie, nicht mehr weit.
76 
Dass es dem Beklagten nicht allein um den Vorwurf ging, das RKI vernachlässige sozusagen den ihm übertragenen Forschungsauftrag, ergibt sich auch daraus, dass der Beklagte ganz grundsätzlich betont, es sei „verboten, Unwahres zu behaupten“ und nicht etwa, es sei verboten, Behauptungen aufzustellen, die nicht auf eigener Forschung fußen. Ferner stellt er sich in Bezug auf Dr ... auch auf den Standpunkt, sie müsse „[…] zumindest […] wissen, wo es [gemeint ist der Durchmesser des Masernvirus, Anm. der Kammer] steht“, wodurch er wiederum einen Bezug zu Fremdpublikationen herstellt, die den Mitarbeitern des RKI und unter ihnen insbesondere der „Hauptverantwortlichen“ Dr. ... (lediglich) zum Nachlesen zur Verfügung stehen. Unterhalb der Zeichnung eines Masernvirus nach Art einer Kinderzeichnung führt der Beklagte aus, „[…] dass im Kern die offizielle Wissenschaft, auf die sich alle berufen, nicht viel wissenschaftlicher arbeitet“ - auch diese Betonung des allseitigen „Sich-Berufens“ auf „die offizielle Wissenschaft“ spricht dafür, dass die Vorlage einer Publikation genügt, auf die sich das RKI beruft, ohne dass diese zwingend vom RKI bzw. dessen Mitarbeitern selbst stammen müsste.
77 
Schließlich offenbart er auch unter der Überschrift „Das weitere Vorgehen“, dass es ihm ganz allgemein darum geht, aufzudecken, dass das RKI - so der Ansatz des Beklagten - letztlich ohne jeden Beweis und nicht lediglich ohne eigenständig erzielte Forschungsergebnisse Impfungen empfehle, wenn er schreibt: „Wenn sich herausstellt, dass Frau Dr. ... Masern-Viren behauptet, ohne einen wissenschaftlichen Beweis für deren Existenz zu haben, darf ihr Verhalten - so zu tun, als ob es ein Masern-Virus gäbe - nicht hingenommen werden. Ihr Vorgesetzter, bei dem sich dann über Frau Dr ... beschwert werden muss, falls diese keinen Beweis vorlegen kann, ist […]. Sollte sich herausstellen, dass Prof. ... weiß, dass Frau Dr. ... ohne wissenschaftliche und damit gesetzliche Grundlage arbeitet […, Hervorhebung jeweils durch die Kammer]“.
78 
(2) Gegen das vom Beklagten reklamierte Verständnis spricht ferner auch der Umstand, dass sich die Kritik des Beklagten keineswegs allein gegen das RKI richtet. Vielmehr bezieht sich diese auch auf die WHO und das Paul Ehrlich-Institut (PEI) als Impfstoff zulassende Behörde sowie den Berliner Gesundheitssenat. Zudem wird im Auslobungstext ein Kontext zu deutschen Forschern insgesamt hergestellt, wenn es im unmittelbaren Anschluss an die Darstellung der von Seiten der Bundesregierung verbreiteten Forschungserfolge des PEI sowie des Handelns des Berliner Gesundheitssenats und noch vor der Nennung des RKI heißt: „Wenn also deutsche Forscher im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, muss es eine Dokumentation dieser Forschungen geben […].“ Schon dies spricht dafür, dass mit den deutschen Forschern, die im Auftrag der Bundesregierung mit Masern-Viren arbeiten, nicht allein die Mitarbeiter des RKI gemeint sein können.
79 
(3) Schließlich ist auch der in der Auslobungserklärung selbst unter der Überschrift „100.000 EUR“ im vierten Absatz erfolgten Bezugnahme auf das IfSG und dem im Schreiben vom 16.1.2012 (Anl. K3) formulierten Hinweis des Beklagten an den Kläger, wonach die gesetzlichen Bestimmungen, die die Publikation erfüllen müsse, durch das IfSG festgelegt seien, nicht zu entnehmen, dass die Publikation eine solche des RKI sein müsste.
80 
So ist zunächst festzustellen, dass sich dem IfSG unmittelbar als solche formulierte gesetzlich festgelegte Vorgaben für wissenschaftliche Publikationen nicht entnehmen lassen. Vor diesem Hintergrund ist die Bezugnahme des Beklagten auf das IfSG zwar interpretationsbedürftig; die vom Beklagten nunmehr geschlagene Brücke von der Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG hin zum postulierten Erfordernis, dass die Publikation aus der Feder von Angehörigen des RKI stammen müsse, ist im Ergebnis aber nicht tragend.
81 
Zwar gehört gemäß § 4 IfSG zu den Aufgaben, die dem RKI im Rahmen des IfSG übertragen sind, auch die „Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten“. Jedoch steckt in der Übertragung eines Aufgabenkreises nicht ohne Weiteres eine gesetzliche Bestimmung dazu, welche Anforderungen eine Publikation nach dem IfSG erfüllen muss. Jedenfalls lässt die Bezugnahme des Beklagten auf die Vorgaben des IfSG nicht zwingend den Schluss zu (insbesondere nicht in einer aus dem objektiven Empfängerhorizont erkennbaren Weise), dass hierdurch eine weitere Auslobungsbedingung dahingehend aufgestellt werden sollte, dass allein Publikationen des RKI den geforderten wissenschaftlichen Nachweis der Existenz des Masernvirus erbringen dürften. Vielmehr liegt bei unbefangener Betrachtung eine Auslegung dahingehend näher, dass es dem Beklagten darum ging, gewisse Standards zu formulieren, die seitens der vorzulegenden Publikationen zu erfüllen sind, wenn in § 1 Abs. 2 IfSG etwa ausdrücklich der jeweilige Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik zum maßgeblichen Qualitätsstandard erhoben wird. Dass dem Beklagten selbst ein solches Verständnis keinesfalls fremd ist, hat er schließlich auch durch seine zu Bl. 125 vorgelegte Stellungnahme vom 2.2.2015, dort S. 2, bestätigt, wo er ausführt: „Mit der Bindung des Preisausschreibens an das IfSG, welches ab dem 1.1.2001 in Kraft getreten ist und das in § 2 IfSG die Anforderung wissenschaftlichen Arbeitens auf dem jeweiligen Stand der Wissenschaft fordert, wurde sichergestellt, dass die geforderte Publikation auf der Grundlage der präzisen Formulierungen der „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ erstellt wurde. […].“
82 
Zu beachten ist schließlich, dass der Gesetzgeber bei der Normierung des IfSG offenbar bereits von der Existenz von Masernviren ausging, da er schon in der ersten, ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung des IfSG unter § 7 Abs. 1 Nr. 30 das Masernvirus zum meldepflichtigen Krankheitserreger erhob; ersichtlich hielt also der Gesetzgeber eine vom RKI erst noch vorzunehmende Beweisführung hinsichtlich des Masernvirus nicht mehr für erforderlich. Auch dieser Umstand spricht dagegen, die Bezugnahme auf das IfSG als Indiz dafür zu verstehen, dass die Auslobung des Beklagten nur Publikationen des RKI gelten lassen wolle.
83 
2. Die Auslobung ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass nur eine Publikation, die nach dem Inkrafttreten des IfSG veröffentlicht wurde, die Auslobungsvoraussetzungen erfüllen könne.
84 
Dass der Beklagte sich hinsichtlich der vorzulegenden Publikationen auf die gesetzlichen Bestimmungen des IfSG bezieht, reicht nach dem objektiven Empfängerhorizont für eine derartige Einschränkung nicht. Allein aus dem Zeitpunkt einer Veröffentlichung folgt nämlich noch nicht, dass die Publikation sich an dem in § 1 Abs. 2 IfSG zur Messlatte erhobenen jeweiligen Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik nicht mit dem Ergebnis prüfen ließe, dass ihr auch diese Qualität zukommt. Vielmehr ist die Wandelbarkeit und Entwicklungsoffenheit forschungsbezogener Standards im medizinischen Bereich den gesetzlichen Bestimmungen des IfSG geradezu immanent, wenn diesem in § 1 Abs. 2 IfSG eine Regelung vorangestellt ist, die ausdrücklich den „jeweiligen“ Stand der Wissenschaft zur Richtschnur erklärt.
85 
Im übrigen hat der Sachverständige P. anschaulich erläutert, dass nahezu alle von der einschlägigen wissenschaftlichen „Community“, d. h. der weltweiten Gesamtheit an Masernvirusforschenden und medizinischen Anwendern dieser Forschungsergebnisse, als notwendig und hinreichend akzeptierten Fachartikel zum Beleg der Existenz und zur strukturellen und molekularen Natur des Masernvirus vor Juli 2000 veröffentlicht worden seien. Fachartikel aus späterer Zeit hierzu seien also schon deshalb fernliegend bzw. äußerst rar, weil in den Augen dieser scientific community kein Grund bestehe, bereits Bewiesenes neu zu beweisen; entsprechende Untersuchungen wären zudem auch nicht publikabel, da wissenschaftliche Fachzeitschriften bereits publizierte und allgemein akzeptierte Ergebnisse nicht ein weiteres Mal, egal aus welcher Quelle, zur Publikation annehmen würden. Aus Sicht eines Erklärungsempfängers aus dem Kreis der durch die Auslobung jedenfalls auch angesprochenen medizinisch geschulten bzw. interessierten Besucher der Verlagsseiten kann die Bezugnahme auf das IfSG deshalb kein Anhaltspunkt dafür sein, dass damit alle Fachartikel aus den Jahren vor 2001 ausgeschlossen sein sollten. Ein solchermaßen einschränkendes Kriterium würde nämlich die Erfüllbarkeit der Auslobungskriterien von vornherein in einem solchem Maße einschränken, dass hiermit aus der Perspektive eines unbefangenen Lesers mit einer gewissen medizinischen Vorbildung schlicht nicht zu rechnen wäre.
86 
3. Schließlich ergibt die Auslegung des Auslobungstextes auch nicht, dass der geforderte Nachweis der Existenz des Masernvirus und die Bestimmung von dessen Durchmesser in einer einzigen Publikation erbracht werden müsste (a) und dass Übersichtsartikel nicht als taugliche Publikationen anzusehen seien (b).
87 
a) Auf diese einschränkenden Kriterien hat sich der Beklagte erstmals nach Vorlage des Sachverständigengutachtens vom 17.11.2014 berufen, in dem der Sachverständige P. im Ergebnis zum Schluss kam, dass zwar nicht ein Artikel für sich genommen für die Beweisführung ausreiche, dass aber die - hinreichend durch adäquate und wissenschaftlich korrekt durchgeführte Experimente belegten - Aussagen der sechs eingereichten Publikationen in ihrer Kombination sowohl die Existenz des Masernvirus belegten als auch seine spezifische Infektiosität sowie seinen ungefähren Durchmesser zeigten.
88 
Dem Beklagten ist dabei zuzugestehen, dass der Wortlaut der Auslobung seinem Verständnis jedenfalls nicht entgegensteht, wenn es heißt: „Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u.a. dessen Durchmesser bestimmt ist.“ (Hervorhebung durch die Kammer).
89 
Ein solches einschränkendes Verständnis der Auslobung lässt sich jedoch nicht in Einklang bringen mit deren oben bereits im Einzelnen aufgefächerten Begleitumständen und dem Gesamtkontext, in den die Auslobung textlich eingebunden ist.
90 
In der Sache geht es dem Beklagten doch darum, durch die Auslobung des „Preisgeldes“ ans Licht zu bringen, dass es „nicht einmal eine“ Publikation gebe, in der die Existenz des Masernvirus nachgewiesen und dessen Durchmesser bestimmt werde, da er insgesamt den Lesern der Verlagsseiten zur Erkenntnis verhelfen möchte, dass die Behauptung eines Masernvirus wissenschaftlich in keiner Form belegt sei. Er betont damit letztlich, wie sicher er sich seiner Sache ist. Nicht ansatzweise stützt sich dagegen die Kritik des Beklagten gegenüber den angesprochenen Impfbefürwortern darauf, dass es die eine große, zusammenhängende Originalarbeit, welche die vom Beklagten verlangte Beweisführung biete, bislang noch nicht gebe.
91 
Ein solches Verständnis vertrüge sich auch nicht mit der Publikationspraxis im medizinischen Forschungskontext, in den der Beklagte seine Auslobung aber ausdrücklich selbst eingebunden sehen möchte und auf dessen Standards er - jedenfalls in einer Form, wie er sie verstanden wissen will - mit Nachdruck abhebt. Naturwissenschaftliche Indizienketten oder gar Beweisführungen - so hat es der Sachverständige P. dargelegt - würden mindestens schon seit Jahrzehnten nicht mehr als Monographien, sondern als Abfolgen von mehreren bis zu sehr vielen Fachartikeln publiziert. Dies liege zunächst einmal an der Komplexität der in neuerer Zeit erarbeiteten Erkenntnisse, die in aller Regel den gleichzeitigen oder konsekutiven Einsatz verschiedener Wissenschaftlergruppen mit ihren jeweiligen methodischen und finanziellen Ressourcen notwendig machen. Als weitere Gründe kämen hinzu ein deutlich gestiegener internationaler Wettbewerb unter den Wissenschaftlern sowie das Aufkommen neuer Publikationsformate. Das Verlangen eines einzigen und umfassenden wissenschaftlichen Fachartikels würde daher angesichts der komplexen Zusammenhänge und dem Differenzierungsgrad heutiger medizinischer Forschung den theoretischen und praktischen Standards moderner Wissenschaft schlicht nicht gerecht.
92 
b) Aus dem gleichen Grund kann auch die vom Beklagten zuletzt eingewandte grundsätzliche Ausgrenzung von Übersichtsarbeiten aus dem Kanon der tauglichen wissenschaftlichen Publikationen nicht Ergebnis der Auslegung des „Preisausschreibens“ sein.
93 
Der Sachverständige P. hat erläutert, dass die Publikationsform der Übersichtsarbeit spezifischen wissenschaftlichen Wert dadurch erhält, dass sie sozusagen ein modernes Äquivalent einer Monographie darstellt. Die Übersichtsarbeit präsentiert zwar keine eigenständigen Forschungsleistungen des Autors / der Autoren, enthält aber für alle präsentierten Fakten und Forschungsergebnisse Literaturzitate, die das Auffinden der relevanten Primärliteratur eineindeutig ermöglichen; eine Übersichtsarbeit gewinnt gerade aus der Zusammenschau zahlreicher Originalarbeiten - über die reine Darstellung bisheriger Forschungsergebnisse hinaus - eigenständige Schlussfolgerungen.
94 
Die Ausgrenzung dieses Publikationstyps widerspräche also ebenfalls den Standards moderner Wissenschaft. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, weshalb das erkennbare Auslobungsziel des Beklagten einer Berücksichtigung von Übersichtsarbeiten entgegen stehen sollte.
IV.
95 
Der Kläger hat sich die ausgelobte Belohnung verdient; denn die vorgelegten Publikationen genügen den Vorgaben der Auslobung.
96 
Die Kammer ist zu dieser Überzeugung gelangt auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen P.. Der Sachverständige ist Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene und Umweltmedizin und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universitätsmedizin R., seine Qualifikation steht außer Zweifel. Diese herausragende fachliche Qualifikation ist für die Kammer sowohl in den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen als auch im Rahmen seiner Anhörung deutlich geworden. Der Sachverständige hat die vorgelegten Publikationen im einzelnen ausführlich dargestellt und nachvollziehbar und verständlich in den forschungsgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet; mit den Einwendungen des Beklagten hat er sich eingehend und gründlich auseinandergesetzt.
97 
Aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen ist die Kammer überzeugt, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 31.1.2012 (Anl. K 4) übersandten Publikationen wissenschaftliche Publikationen sind (dazu 1.), die in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masern-Virus belegen (2.) und dessen Durchmesser bestimmen (3.).
98 
1. Nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft in ihrem forschungsgeschichtlichen Zusammenhang sind die klägerseits vorgelegten Publikationen allesamt von solcher formaler Qualität, dass sie das Prädikat „wissenschaftlich“ in diesem Sinne erhalten.
99 
a) Der Sachverständige hat überzeugend erläutert, weshalb die vorgelegten Publikationen ausnahmslos als wissenschaftliche Fachartikel zu qualifizieren seien. Dabei hat er dargelegt, dass eine Publikation im Wesentlichen zwei formale Voraussetzungen zu erfüllen habe, um gegenwärtig auf internationalem Niveau als wissenschaftlicher Fachartikel qualifiziert werden zu können. Der Artikel müsse zum einen in einer Zeitschrift mit einem sog. „peer review“ (Fachgutachter) System veröffentlicht und damit in der Regel von mindestens zwei unabhängigen Fachwissenschaftlern vor der Veröffentlichung geprüft und ggf. mit Korrekturforderungen versehen worden sein. Zum anderen sei die Listung und Einsehbarkeit (mindestens in Form eines sog. Abstract) in wissenschaftlichen Fachdatenbanken wie NCBI (National Center for Biolotechnological Information; Bethesda, USA) und DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) erforderlich. Sämtliche vorgelegte Artikel erfüllten diese Anforderungen.
100 
b) Der Beklagte hat die Wissenschaftlichkeit der Artikel in formaler Hinsicht unter Berufung auf das Regelwerk der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in der aktuellen Form in Zweifel gezogen.
101 
Aus Sicht der Kammer überzeugend hat der Sachverständige P. hierzu darauf verwiesen, dass die Regeln der DFG sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht nur bedingt als Kriterien für Wissenschaftlichkeit angesehen werden können. Dies leuchtet schon deshalb unmittelbar ein, weil ein Großteil der wissenschaftlichen Forschung im medizinischen Bereich außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Geltungsbereichs des DFG-Regelwerks betrieben wird und aktuelle Standards wissenschaftlichen Arbeitens von Forschungsergebnissen vergangener Zeiten schon aufgrund der sich stetig weiter entwickelnden (sowohl informations- als auch dokumentations-)technischen Möglichkeiten von vorneherein nicht erfüllt werden können.
102 
2. Die streitgegenständlichen Publikationen beweisen in ihrer Gesamtschau die Existenz eines Virus, das für die Masernerkrankung ursächlich ist.
103 
a) Wie der Sachverständige dargelegt hat, gilt es grundsätzlich zwei Fragen auseinanderzuhalten - zum einen die Frage, ob es überhaupt einen bestimmten Mikroorganismus gebe und welche Natur dieser habe, zum anderen die Frage, ob eben dieser Mikroorganismus tatsächlich kausal bedeutsam für eine Erkrankung (hier die Masernerkrankung) sei. Zur diesbezüglichen Beweisführung genügt zwar die Aussagekraft einer einzelnen der sechs streitgegenständlichen Publikationen für sich genommen nicht. In der Gesamtschau belegen die Aussagen der vom Kläger vorgelegten Artikel jedoch auf der Grundlage adäquater und wissenschaftlich korrekt durchgeführter Experimente sowohl die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus als auch dessen Ursächlichkeit für die Masernerkrankung.
104 
(1) Was die Existenz und die Natur des Masernvirus anbelange - so der Sachverständige -, gebe es zur Belegsammlung viele grundsätzlich gleichwertige Wege, wobei in der Biologie typischerweise verlangt werde, dass zwei voneinander unabhängige Wege beschritten würden, um die Existenz eines Mikroorganismus zu belegen und diesen taxonomisch einzuordnen. Der klassische Weg sei der optische Nachweis mit mikroskopischen Methoden, im Falle von Viren mithilfe eines Elektronenmikroskops. Zum anderen könne man die Bestandteile eines Erregers nachweisen. Bei einem Krankheitserreger würde man ferner typischerweise erwarten, dass dieser sich vermehren kann; von daher rühre die Methode des kulturellen Nachweises dieses Keims. Ein weiterer Schritt könne dann darin bestehen, dass man die Vermehrung des Keims als Reinigungsschritt begreife und anschließend den Erreger nochmals einer mikroskopischen Untersuchung daraufhin unterziehe, ob sein Aussehen und die Biochemie seines Keims unverändert sei. Zu diesen Methoden komme zwischenzeitlich die Möglichkeit hinzu, die Nukleinsäuren zu isolieren und vollständig zu sequenzieren. - Ausgehend hiervon belegten die vorgelegten Artikel in ihrer Gesamtschau die Existenz des Masernvirus als spezifischen Mikroorganismus.
105 
Dabei hat der Sachverständige im Einzelnen prägnant, nachvollziehbar und in der Sache überzeugend für jede der vorgelegten Publikationen ausgeführt, anhand welcher der oben beschriebenen Methoden die Autoren jeweils zu Ergebnissen gelangten, deren Belegeigenschaft der Sachverständige sodann kritisch analysiert und differenziert beschrieben hat. Auf die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.11.2014 unter Ziffer VII. wird dabei vollumfänglich Bezug genommen.
106 
Für die Überzeugungsbildung der Kammer kommt insoweit den Arbeiten von Horikami & Moyer von 1995 sowie von Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 besondere Bedeutung zu. So werden in der Übersichtsarbeit von Horikami & Moyer - wie der Sachverständige erläutert hat - grundlegende und vollkommen eindeutige Charakteristika von Masernviren wie deren komplette Genomsequenz vorgestellt, wobei der Artikel den Inhalt von 97 Original-Arbeiten aus Fachzeitschriften mit Fachgutachter-System („peer review“) zu Struktur, Genomtranskription und Vermehrung des Masernvirus auswerte und zusammenfasse. Durch diesen Übersichtsartikel und die darin zitierten Publikationen sei insbesondere auch der sog. Goldstandard eines bis ins molekulare Detail charakterisierten Agens eingebracht, da dank der Genomsequenzierung alle modernen Wege zum direkten (z. B. Antigennachweis, Hybridisierungen, Nukleinsäurenamplifikationen) und indirekten (z. B. Antikörperreaktionen, T-Zellaktivierung) eineindeutigen Nachweis eines Mikroorganismus in einem Wirtsorganismus beschritten werden könnten. Die als Originalarbeit und angesichts ihres Aufbaus und Umfangs als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierende Publikation von Daikoku et al. belege ferner ebenfalls mittels zweier - vom Sachverständigen jeweils näher beschriebenen - voneinander unabhängiger Verfahren die Masernvirus-Spezifizität der untersuchten Virionen des klassischen Edmonston-Masernvirusstammes.
107 
(2) Mit Blick auf die Frage der Ursächlichkeit des Masernvirus für die Masernerkrankung hat der Sachverständige ausdrücklich festgehalten, dass die vorgelegten Arbeiten in ihrer Zusammenschau insbesondere auch die vom Beklagten im Laufe des Rechtsstreits zum Beweismaß erhobenen Koch-Henle´schen Postulate erfüllen.
108 
Diese Postulate wurden formuliert, um die kausale Bedeutung eines mikrobiellen Erregers für eine Infektionskrankheit zu belegen. In ihrer klassischen Form enthalten sie nach den plausiblen Darlegungen des Sachverständigen - paraphrasiert - folgende Aussagen: Ein Erreger ist kausal verantwortlich für eine Infektionskrankheit, wenn er (1) bei Anwesenheit in Menschen typischerweise mit einem fest umrissenen klinischen Bild assoziiert ist, (2) aus den betroffenen Menschen isoliert und kultiviert werden kann, (3) nach Übertragung auf ein Versuchstier dort ähnliche Symptome verursacht und schließlich (4) aus dem erkrankten Versuchstier wiederum isoliert bzw. kultiviert werden kann.
109 
Dabei hat der Sachverständige zum historischen Kontext der Koch-Henle´schen Postulate ergänzend ausgeführt, dass diese zu einer Zeit formuliert worden seien, als erst wenige, besonders aggressive, für Menschen und Tiere gleichermaßen bedrohliche Bakterienarten (wie die Erreger des Milzbrandes und der Tuberkulose) bekannt waren, die also auch Abwehr-gesunde Menschen vital bedrohen. Auch die Mechanismen der Erregerabwehr im Menschen seien zum Zeitpunkt der Formulierung der Postulate weitgehend bzw. auf molekularer Ebene komplett unbekannt gewesen. Hinzutrete, dass Viren damals noch überhaupt nicht bekannt gewesen seien, so dass die Anwendbarkeit der Postulate auf diese Form von Erregern zumindest diskutabel sei. Zudem seien seit der Formulierung der Postulate zahlreiche Erreger entdeckt, eingehend charakterisiert und als Infektionserreger eindeutig identifiziert worden, ohne dass auf sie alle bzw. sogar nur eine der Aussagen zugetroffen habe. Vor diesem Hintergrund hätten sich drei ergänzende Aussagen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen: Kausal für Infektionskrankheiten verantwortliche Erreger führen zum einen zu einer lokal oder systemisch nachweisbaren Abwehrreaktion im betroffenen Menschen (1), zeigen ferner bei in-vitro-Versuchen ein gleichartiges Verhalten wie bei der natürlichen Infektion bzw. führen zu einer gleichartigen Zell-/Histopathologie (2); außerdem führt deren selektive Eradikation aus dem betroffenen Menschen zu einer Symptombesserung bzw. sogar Gesundung (3). Diese modernen Kriterien träten neben die klassisch formulierten Postulate bzw. zum Teil auch an deren Stelle.
110 
Dass und wie die streitgegenständlichen Publikationen in ihrer Zusammenschau den Beweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus erbringen, hat der Sachverständige ergänzend zu seinem schriftlichen Gutachten im Rahmen seiner Anhörung im Einzelnen nachvollziehbar erläutert. Er hat ausgeführt, dass der Beitrag von Enders & Peebles 1954 die klassischen Postulate (1) und (2) erfülle; hinzu trete eine gewisse biochemische Charakterisierung (Temperaturempfindlichkeit) und eine Aussage zur Größe. Im Beitrag von Bech & von Magnus 1958 sei dann auch das klassische Postulat (3) erfüllt und zusätzlich eine Abwehrreaktion entsprechend der erweiterten Postulate-Fassung. Der Übersichtsartikel von Horikami & Moyer 1995 schließlich zitiere und stelle dar mehrere Artikel, welche die klassischen Postulate (1) bis (4) erfüllten. Auch die spezifische Cytopathologie (erweiterte Postulate) sei belegt, nämlich die Bildung von Syntyzien, also Zellverschmelzungen, welche typisch für Paramyxoviren sei (zu denen auch das Masernvirus zähle). Ergänzend wird vollinhaltlich Bezug genommen auf das Verhandlungsprotokoll, dort insbesondere S. 6 und 7.
111 
Zusammenfassend gelangt die Kammer zur Überzeugung, dass die klägerseits vorgelegten Publikationen in ihrer Gesamtheit auch den Nachweis für die Erregereigenschaft des Masernvirus - gerade auch mit Blick auf die Koch-Henle´schen Postulate - belegen.
112 
b) Der Beklagte zweifelt die Tauglichkeit der vorgelegten Artikel an und stützt sich insoweit auch auf Kritikpunkte, die der Sachverständige selbst bei einzelnen Artikeln in methodischer Hinsicht oder unter dem Aspekt von Dokumentationspflichten angebracht hat. Diese nimmt der Beklagte zum Ausgangspunkt seiner These, wonach den vorgelegten Publikationen in inhaltlicher Hinsicht deren Wissenschaftlichkeit abzusprechen sei. Auf der Basis der medizinisch-forschungsgeschichtlichen Erläuterungen des Sachverständigen sind diese Ansätze aus Sicht der Kammer jedoch nicht geeignet, die oben ausgeführte Beweiskraft der vorgelegten Fachartikel in ihrer Gesamtschau in Frage zu stellen.
113 
Zum einen hat der Sachverständige ausdrücklich und nachvollziehbar dargestellt, dass in den vorgelegten Publikationen insbesondere auch die notwendigen Daten und Kontrollexperimente enthalten seien, aufgrund derer ausgeschlossen werden kann, dass lediglich zelleigene Artefakte - als die der Beklagte die vermeintlichen Masernviren einordnet - vorliegen.
114 
Vor allem aber hat der Sachverständige - nachvollziehbar und in der Sache unmittelbar einleuchtend - dargelegt, dass es schon angesichts des Umstands, dass sich der Methodenkanon und insbesondere auch die Dokumentationspraxis wissenschaftlicher Forschung in qualitativer und quantitativer Hinsicht stetig weiterentwickeln, fast schon notwendig und in aller Regel Einzelaspekte wissenschaftlicher Fachpublikationen gebe, an denen rückblickend auch mit kritischen Bemerkungen anzusetzen sei. In der Praxis der wissenschaftlichen Forschung habe sich jedoch ein im Ergebnis guter Reinigungsmechanismus in der Fachliteratur etabliert, der gerade auch in jüngster Zeit zum Teil Artikel aus höchstrangigen Fachzeitschriften betroffen habe. Wenn sich die in einem Artikel dargestellten Abläufe in Folgeversuchen schlechterdings nicht nachvollziehen ließen, so komme das in Artikeln anderer Forscher typischerweise zutage, jedenfalls wäre dies bei einem derart intensiv behandelten Thema wie den Masern zu erwarten. Forschungsergebnisse, die einem breiten wissenschaftlichen Konsens entgegenstehen, seien zwar nicht immer leicht zu publizieren. Gerade gegenüber einer breit akzeptierten Sicht verspreche es jedoch hohe Reputation, neue und bessere Erkenntnisse zu publizieren; wissenschaftlich korrekt begründete Widerlegungen bisheriger Positionen seien dann auch hochrangig zu publizieren. Gleichwohl habe sich auch bei der vom Sachverständigen vorgenommenen stichprobenartigen Überprüfung der riesigen Zahl an Fachartikeln hierzu kein einziger Artikel gefunden, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung negiere.
115 
Der Kammer erscheint es insoweit bezeichnend, dass auch der Beklagte, der selbst im Bereich der Virologie promoviert hat, abgesehen von seinen eigenen Ausführungen keinen einzigen Fachartikel oder namhaften Wissenschaftler benennen konnte, der die Existenz des Masernvirus oder seine ursächliche Bedeutung für die Masernerkrankung in Abrede stellt.
116 
Im Ergebnis sind daher auch die unbestreitbaren Schwachstellen der vorgelegten Publikationen nicht geeignet, deren Beweiskraft insgesamt in Zweifel zu ziehen.
117 
c) Schließlich postuliert der Beklagte eine eigene Indizienkette, wonach der Nachweis verlange, dass das Masernvirus (1) in einem Menschen oder seiner Körperflüssigkeit fotografiert, (2) daraus isoliert, (3) aufgereinigt, (4) wieder fotografiert und anschließend (5) dessen Zusammensetzung biochemisch charakterisiert werde mit einem anschließenden Re-Infektionsexperiment (6).
118 
Hinsichtlich dieser vom Beklagten postulierten Indizienkette hat der Sachverständige der Kammer nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass dieser eine über die Qualität einer Hypothese hinausgehende wissenschaftliche Bedeutung nicht zukomme. Die vorgelegten Publikationen sind hinsichtlich ihres wissenschaftlich fundierten Aussagewerts nach Überzeugung der Kammer jedoch nicht an Hypothesen, sondern ausschließlich an wissenschaftlich etablierten Standards zu messen. Dass es sich bei der vom Beklagten aufgereihten Indizienkette um einen solchen handele, hat der Beklagte jedoch weder darzulegen noch zu belegen vermocht.
119 
3. Auch die Bestimmung des Durchmessers in der vom Beklagten verlangten Form ist im Rahmen der vom Kläger vorgelegten wissenschaftlichen Fachartikel zur Überzeugung der Kammer gelungen.
120 
Angaben zum Durchmesser des Masernvirus auf der Basis elektronenmikroskopischer Analysen lassen sich nach den im Einzelnen eingehend erläuterten Ausführungen des Sachverständigen insbesondere den Originalarbeiten und sämtlich als sog. „full-sized“ Artikel zu qualifizierenden Beiträgen von Nakai & Imagawa aus dem Jahr 1969, von Lund et al. aus dem Jahr 1984 und Daikoku et al. aus dem Jahr 2007 entnehmen.
121 
Dass dabei die Größen- bzw. Durchmesserangaben in einem Bereich von 50 bis 1000 nm schwanken, lässt sich zur Überzeugung der Kammer plausibel wissenschaftlich erklären, wie dies der Sachverständige auf diesbezüglich geäußerte Zweifel des Beklagten näher erläutert hat. Dabei hat der Sachverständige zur Struktur eines Virus ausgeführt, dass bei jedem Virus die Nukleinsäure (Erbsubstanz) in strukturierter Anordnung von Eiweiß umhüllt sei. Je nach Art des Virus werde das Nukleokapsid von einer weiteren Eiweißhülle mit einer festgelegten Größe und rigiden Struktur (z. B. Polyeder oder komplexer radiärsymmetrischer Aufbau) oder einem Teil der Wirtszellmembran (äußere Hülle) umhüllt. Die Entstehung dieser aufgrund ihres Chemismus flexiblen äußeren Hülle beinhalte für jedes entstehende Virion Zufallsaspekte, was sich wiederum auf die individuelle Größe auswirke. Behüllte Viren hätten also eine vielgestaltige, ständig wechselnde Form und eine zwischen den Virionen einer Generation erheblich variierende Größe. Behüllte Viren einer Virusart seien demgemäß vielgestaltig (= pleomorph) und unterschiedlich groß, was auch auf die taxonomische Familie der Paramyxoviren zutreffe, zu der das Masernvirus gehöre. Wenn nun elektronenmikroskopische Aufnahmen von solchen vielgestaltigen Virionen angefertigt würden, müssten dazu zweidimensionale optische Schnitte durch die dreidimensionalen Partikel gelegt werden. Je nachdem, mit welchem Winkel der Schnitt durch das dreidimensionale Virion und zudem an welcher Stelle des Virions dieser Schnitt durch dessen dreidimensionale Struktur gelegt werde, könnten dabei zweidimensionale Abbildungen entstehen, deren Durchmesser sich erheblich - auch in den für das Masernvirus in den Publikationen konkret festgestellten Variationsbreiten - unterschieden.
B.
122 
Da der Beklagte mit der Zahlung der Belohnung zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten durch den Kläger in Verzug war, kann der Kläger gemäß §§ 657, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB auch Ersatz der Rechtsanwaltskosten, die ihm für die diesbezügliche außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind, verlangen.
C.
123 
Der Kläger kann ferner - mit Zustimmung der R.-Rechtsschutz-Versicherungs-AG - vom Beklagten aus § 831 BGB Zahlung der Rechtsanwaltskosten an sich verlangen, die für das Anwaltsschreiben vom 14.4.2014 (Anl. K10) und die damit korrespondierende vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten entstanden sind.
I.
124 
Die streitgegenständlichen Äußerungen, hinsichtlich derer der Kläger mit dem als Anlage K10 vorgelegten Anwaltsschreiben vom Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begehrt und nahezu vollständig auch erreicht hat, stellen Tatsachenbehauptungen dar. Denn die Richtigkeit der Äußerung, der Kläger und seine „illegalen Hintermänner“ hätten vor dem Landgericht Ravensburg das Gericht und die Öffentlichkeit angelogen, ist dem Beweis zugänglich (vgl. Rixecker, in MünchKomm-BGB, 6. Auflage 2012, Anhang zu § 12 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Rn. 143). In der Aussage: „Wir rechnen damit, dass Dr. L... am 24.4.2014 freigesprochen wird und D... B... wegen Gerichtsbetrug, Zahlungsunfähigkeit der Gerichts- und Anwaltsgebühren, Auslagen und Aufwandsentschädigungen, Beihilfe zu massenhafter Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolgen und wegen Fluchtgefahr ins Ausland verhaftet wird“ steckt zudem inzident die Behauptung, der Kläger habe das Gericht betrogen und sei zahlungsunfähig, worin ebenfalls eine Tatsachenbehauptung liegt. Allein der Umstand, dass die Behauptungen sehr pointiert formuliert sind, nimmt der Äußerung nicht den Charakter einer Tatsachenbehauptung.
II.
125 
Der Beklagte hat schon gar nicht behauptet, seine Äußerungen seien wahr. Wer jedoch in allgemeiner Form ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufstellt, die den Kläger auch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen, muss sich grundsätzlich zu deren Berechtigung näher erklären und Belege für seine Darstellung nennen (Rixecker, a.a.O. Rn. 150). Dieser Darlegungslast hinsichtlich der Wahrheit der Tatsachenbehauptung oder jedenfalls der Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Äußerung des Beklagten auf sorgfältigen Recherchen beruht, ist der Beklagte nicht nachgekommen.
III.
126 
Der Beklagte kann sich mit seinem Vortrag, er habe den Eintrag weder selbst verfasst noch veranlasst und die Veröffentlichung sei auch nicht mit seinem Wissen und Wollen erfolgt, nicht entlasten. Der Beklagte hat sich vielmehr das Verhalten seiner Mitarbeiter zurechnen zu lassen. In einer vom Beklagten selbst verfassten Veröffentlichung (Anl. K14) hat dieser selbst angegeben, der Kläger habe es sofort juristisch verbieten lassen, „als meine Mitarbeiter auf unserer Internetseite über den Prozess berichten wollten […]“. Da unstreitig eine Unterlassungserklärung nur hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung verlangt und erreicht wurde, hat der Beklagte damit selbst eingeräumt, dass die Gestaltung der Website diesbezüglich von seinen eigenen Mitarbeitern veranlasst worden ist. Er hat dem Kläger deshalb denjenigen Schaden zu ersetzen, den der nicht näher bekannte Mitarbeiter diesem in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung zugefügt hat.
IV.
127 
Dem Beklagten stand es zwar offen, sich nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB zu entlasten (Exkulpation). Der Beklagte hat aber schon nicht dargelegt, dass er bei der Auswahl und Anleitung der bestellten Personen („meine Mitarbeiter“) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Ein dahingehender konkreter Vortrag ist nicht erfolgt, obwohl der Kläger sich zur Begründung der Verantwortlichkeit des Beklagten schon schriftsätzlich auf die vorstehend genannte Bemerkung des Beklagten (Anl. K14) bezogen hat.
V.
128 
Aufgrund der unerlaubten Handlung schuldet der Beklagte Ersatz der Anwaltskosten, die für die Einholung der strafbewehrten Unterlassungserklärung entstanden sind. Die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten war dabei auch erforderlich, da aufgrund dessen, dass es bereits zu einer Beeinträchtigung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gekommen war, die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB vermutet wird und diese Vermutung insbesondere auch durch die bloße Löschung - sei sie nun vollständig oder lediglich teilweise erfolgt - des Eintrags nicht beseitigt wird. Schließlich war dem Kläger angesichts der Umstände und der durchaus gewisse juristische Kenntnisse erfordernden Geltendmachung eines auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützten Unterlassungsanspruch auch nicht zuzumuten, auf juristischen Beistand zu verzichten.
VI.
129 
Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch entsprechend der Berechnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (1,3 - Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer) auf 492,54 EUR.
D.
130 
Die Zinsansprüche rechtfertigen sich jeweils aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB.
E.
131 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 + 2 ZPO.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 32/13
vom
28. Januar 2014
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2014 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Seiters, Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 17. Januar 2013 - 3 U 81/12 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf bis zu 65.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Notarhaftung auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer unklaren Vertragsklausel in Anspruch.
2
Der Kläger ist Alleinerbe seines am 29. August 2003 verstorbenen Vaters. Dieser hatte mit notariellem Kaufvertrag vom 26. November 1993 die Hofstelle seines landwirtschaftlichen Anwesens an den Zeugen K. veräußert. Die dazugehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen waren auf Grund Vertrags vom 8. Mai 1992 zunächst bis zum 30. September 2010 an den LandwirtI. verpachtet worden. Unter dem 25./31. März 2007 schlossen der Kläger und I. einen neuen Pachtvertrag mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2019.
3
§ 12 des Grundstückskaufvertrages enthält zu Gunsten des Käufers hinsichtlich der vorgenannten Pachtflächen ein "Vorpachtrecht" für den Fall, "dass nach Ablauf des jetzigen Pachtverhältnisses diese Flächen dem Käufer verpachtet werden".
4
In einem Vorprozess wurde der Kläger durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts N. vom 14. April 2010 verurteilt, das Angebot des Erwerbers der Hofstelle auf Abschluss eines Landpachtvertrages über die an I. verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen anzunehmen.
5
Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger von dem beklagten Notar Ersatz von Schäden, die nach seiner Behauptung auf die unklare Formulierung in § 12 des Grundstückskaufvertrages zurückzuführen sind.
6
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von drei Zeugen mit der Begründung abgewiesen, die an dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages Beteiligten hätten die streitgegenständliche Klausel übereinstimmend im Sinne einer Pachtoption zu Gunsten des Käufers nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit I. verstanden. Diesen Willen der Vertragsparteien habe der Beklagte durch eine eindeutige Formulierung umgesetzt.
7
Darüber hinaus sei der behauptete Schaden nicht unmittelbar kausal auf ein Verhalten des Beklagten zurückzuführen. Der Kläger habe vorzeitig einen neuen Pachtvertrag bis zum 30. September 2019 abgeschlossen. Die Schäden, die er jetzt geltend mache (Zahlung einer Abstandssumme von 60.000 € an den Pächter sowie verminderte Pachteinnahmen) beruhten auf neuen Verträgen, die der Kläger mit I. und dem Zeugen K. abgeschlossen habe. Durch diese Verträge, auf deren Zustandekommen der Beklagte keinerlei Einfluss gehabt habe, sei das Urteil des Oberlandesgerichts N. vom 15. April 2010 nicht "komplett" umgesetzt worden.
8
Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers - nach vorherigem Hinweis - als unzulässig verworfen und hierzu ausgeführt , dass die Berufungsbegründung den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht genüge. Die Berufungsbegründung befasse sich ausschließlich mit der Frage einer durch Verwendung einer unklaren Vertragsklausel begangenen Pflichtverletzung des Beklagten. Auf den vom Landgericht selbständig tragend zur Begründung der Klageabweisung herangezogenen Gesichtspunkt der fehlenden Kausalität eines etwaigen Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 BeurkG für den geltend gemachten Schaden werde nicht eingegangen. Da die Berufungsbegründung das Urteil insoweit nicht angreife, sei das Rechtsmittel insgesamt unzulässig.
9
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


10
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
11
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Das Berufungsgericht hat die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO beschriebenen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung überspannt und hierdurch dem Kläger den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt.
12
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben , aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehler- haftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 26. Juni 2003 - III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533; vom 30. Oktober 2008 - III ZB 41/08, NJW 2009, 442 Rn. 12; vom 13. September 2012 - III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn. 8 und vom 30. Januar 2013 - III ZB 49/12, NJW-RR 2013, 509 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10 mwN).
13
Hat das Erstgericht - wie hier - die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt , muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (Senat, Beschluss vom 30. Januar 2013 aaO Rn. 8; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - I ZR 195/01, NJW-RR 2004, 1002; Beschlüsse vom 18. Oktober 2005 - VI ZB 81/04, NJW-RR 2006, 285; vom 28. Februar 2007 - V ZB 154/06, NJW 2007, 1534 Rn. 11; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 10 und vom 23. Oktober 2012 aaO Rn. 11). Der Grund hierfür liegt darin, dass in derartigen Fällen jede der gleichwertigen Begründungen des Erstgerichts seine Entscheidung trägt. Selbst wenn die gegen einen Grund vorgebrachten Angriffe durchgreifen , ändert sich nichts daran, dass die Klage aus dem anderen Grund weiterhin abweisungsreif ist (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 aaO).
14
b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung des Klägers noch gerecht.
15
aa) Die Berufungsbegründung wendet sich in den Abschnitten I. und II. zunächst gegen die Auslegung der streitauslösenden Vertragsklausel durch das Landgericht und legt sodann im Einzelnen dar, woraus sich nach Auffassung des Klägers die Amtspflichtverletzung des Notars im Sinne von § 19 Abs. 1 BNotO ergibt.
16
bb) Die Frage der Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung des Beklagten für den geltend gemachten Schaden behandelt die Berufungsbegründung in einem weiteren Abschnitt (III.). Dort wird ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger die auf die streitige Vertragsklausel zurückzuführenden Schäden zu ersetzen habe. Auf Grund des Urteils des Oberlandesgerichts N. vom 15. April 2010 hätten die anderweitig verpachteten Ackerflächen nunmehr an den Zeugen K. verpachtet werden müssen. Zu diesem Zweck habe der Kläger eine vom Beklagten zu erstattende Ausgleichszahlung in Höhe von 60.000 € an den bisherigen Pächter zahlen müssen.
17
Damit hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Wertung des Landgerichts, die behaupteten Schäden stünden in keinem Kausalzusammenhang mit der Notartätigkeit des Beklagten bekämpfen möchte. Denn das Berufungsvorbringen beinhaltet die Behauptung, dass die geleistete Ausgleichszahlung (sowie der vom Landgericht festgestellte Verzicht auf Pachteinnahmen) auf die unklar formulierte Vertragsklausel und die damit im Zusammenhang stehende Verurteilung des Klägers durch das Oberlandesgericht N. zurückzuführen sind. Auf diese Weise hat der Kläger hinreichend klar zu erkennen gegeben, dass und aus welchen Gründen er die rechtliche Würdigung des Landgerichts für unrichtig und eine erneute - ihm günstige - Würdigung durch das Berufungsgericht für geboten erachtet.
18
Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, der Kläger "dürfte" die einen etwaigen Schaden begründende Ursache selbst gesetzt haben, indem er vorzeitig (im Jahre 2007) einen neuen Pachtvertrag mit einem Dritten abgeschlossen habe, ist dem der Kläger ebenfalls entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die unklare Vertragsklausel habe bei ihm zu einer Fehlvorstellung über die Möglichkeit der erneuten Verpachtung geführt und sei auch von dem Zeugen K. "nicht kapiert" worden.
19
Damit ist den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprochen.
20
cc) Der Einwand des Beklagten, der im Berufungsrechtszug zusätzlich gestellte Antrag auf Zahlung von 60.000 € sei entgegen § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht ausreichend begründet worden, übersieht, dass diese Vorschrift für eine Klageerweiterung in zweiter Instanz nicht gilt. Diese stellt keine Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils dar; sie setzt vielmehr eine zulässige Berufung voraus. Anträge und Begründung für die Klageerweiterung richten sich nach §§ 525, 533, 264 Nr. 2 ZPO und betreffen nicht die an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen (Hk-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 520 Rn. 19; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 520 Rn. 27).
21
3. Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig verwerfen, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, damit es über die Begründetheit der Berufung befindet (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Schlick Herrmann Seiters
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 13.01.2012 - 8 O 3047/10 (281) -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 17.01.2013 - 3 U 81/12 -

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Urteil wird in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Dieser wird nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, dies erfordern.

(2) Wird das Urteil nicht in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, so muss es bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst sein.

(3) Bei einem Anerkenntnisurteil und einem Versäumnisurteil, die nach §§ 307, 331 Abs. 3 ohne mündliche Verhandlung ergehen, wird die Verkündung durch die Zustellung des Urteils ersetzt. Dasselbe gilt bei einem Urteil, das den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil verwirft (§ 341 Abs. 2).

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes.

(2) Das Urteil wird durch Vorlesung der Urteilsformel verkündet. Die Vorlesung der Urteilsformel kann durch eine Bezugnahme auf die Urteilsformel ersetzt werden, wenn bei der Verkündung von den Parteien niemand erschienen ist. Versäumnisurteile, Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses erlassen werden, sowie Urteile, welche die Folge der Zurücknahme der Klage oder des Verzichts auf den Klageanspruch aussprechen, können verkündet werden, auch wenn die Urteilsformel noch nicht schriftlich abgefasst ist.

(3) Die Entscheidungsgründe werden, wenn es für angemessen erachtet wird, durch Vorlesung der Gründe oder durch mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts verkündet.

(4) Wird das Urteil nicht in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, so kann es der Vorsitzende in Abwesenheit der anderen Mitglieder des Prozessgerichts verkünden.

(1) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt.

(2) Ein Urteil, das in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet wird, ist vor Ablauf von drei Wochen, vom Tage der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser Frist das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe der Geschäftsstelle zu übermitteln. In diesem Fall sind Tatbestand und Entscheidungsgründe alsbald nachträglich anzufertigen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Verkündung oder der Zustellung nach § 310 Abs. 3 zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Prozessakten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Die Frist für die Einlegung der Revision (Revisionsfrist) beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Das Urteil wird in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Dieser wird nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, dies erfordern.

(2) Wird das Urteil nicht in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, so muss es bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst sein.

(3) Bei einem Anerkenntnisurteil und einem Versäumnisurteil, die nach §§ 307, 331 Abs. 3 ohne mündliche Verhandlung ergehen, wird die Verkündung durch die Zustellung des Urteils ersetzt. Dasselbe gilt bei einem Urteil, das den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil verwirft (§ 341 Abs. 2).

(1) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen.

(2) Das Gleiche gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur Endentscheidung reif ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.

(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten.

(3) Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Wer bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine falsche Beurkundung oder Datenspeicherung der in Absatz 1 bezeichneten Art zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern oder eine andere Person zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ein Amtsträger, der, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit eine rechtlich erhebliche Tatsache falsch beurkundet oder in öffentliche Register, Bücher oder Dateien falsch einträgt oder eingibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.