Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers und Widerbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 11.09.2015 (Az. 2 O 891/14) wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger und Widerbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 11.09.2015 (Az. 2 O 891/14) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 100.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A. Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage um die Freigabe zweier von der Polizei beim Beklagten am 01.10.2009 sichergestellter (Anlage K6) und in der Folge von der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Ansbach hinterlegter (Anlage K16) Gemälde.

1. Der Kläger ist Enkel des am ... 1966 verstorbenen Malers H. P. Der Beklagte ist Autoteile-Großhändler, weist weder eine akademische Ausbildung (im Kunstbereich oder in anderen Sparten) auf noch ist er kunstbeflissen, künstlerisch tätig oder an Kunstgeschichte interessiert.

Die sichergestellten Gemälde waren vor ihrer Sicherstellung durch die Polizei zunächst im Privathaus des Beklagten in Haundorf und anschließend in Büroräumen im Betrieb Gunzenhausen des Beklagten aufgehängt; später wurden sie dort abgehängt und in einem Schrank im oberen Stockwerk des Betriebsgebäudes verwahrt.

Im Juni 2009 trat die Tochter des Beklagten, die Zeugin K. H., mit einem Auktionshaus in Luzern/Schweiz in Kontakt, um die Möglichkeit der Veräußerung eines der Bilder im Rahmen einer Auktion auszuloten (E-Mail-Verkehr Anlagen K7, K8). Am 02.07.2009 erfolgte eine Besichtigung der Gemälde durch einen Mitarbeiter des Auktionshauses im Betrieb des Beklagten in Gunzenhausen. In der Folge wurde wegen des Verdachts der Hehlerei der – als gestohlen gemeldeten – Bilder ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ansbach gegen den Beklagten eingeleitet, in dessen Rahmen die Bilder sichergestellt wurden. Dieses Verfahren (Staatsanwaltschaft Ansbach 1114 Js 8347/09) endete mit einer Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO.

2. Nach Vortrag des Klägers soll es sich bei diesen Gemälden um die 1924 bzw. 1939 entstandenen Werke „X“ und „Y-1“ bzw. „Y-2“ des Malers H. P. handeln, die einen Wert von über 100.000 EUR aufweisen würden. Diese Gemälde habe H. P. seiner Tochter C. S., geb. P. – der Mutter des Klägers – geschenkt; nach deren Tod am 12.09.1993 und dem Tod deren Ehemanns Prof. Dr. jur. F. S. am 25.02.1996 sei das Eigentum an den Bildern im Wege der Erbfolge auf den Kläger sowie dessen Schwester C. B., geb. S., übergegangen (Anlagenkonvolut K15). Frau B. habe ihre Ansprüche mit Vereinbarung vom 14.08.2010/16.08.2010 (Anlage K1) an den Kläger abgetreten.

Die Originalgemälde seien – neben weiteren Bildern – am 18.11.1986 bei einem Einbruch unbekannter Täter in das Anwesen der Eltern des Klägers in Stuttgart, H.-K.-Straße ..., entwendet worden. Wegen dieses Diebstahls seien polizeiliche Ermittlungen eingeleitet worden (Anlage K4); die beiden Bilder wurden unter Abbildung derselben im „BKA – Bundeskriminalblatt“ in einer entsprechenden Kunstdatenbank der Polizei als gestohlen ausgeschrieben.

Der Beklagte, bei dem die Bilder aufgefunden worden seien, habe hieran kein Eigentum erworben.

3. Der Beklagte trägt vor, er habe die sichergestellten Gemälde mutmaßlich 1986/1987 von seinem – 1993 verstorbenen – Stiefvater J. S. geschenkt bekommen. Herr S. habe dabei geäußert, die Bilder von einem Antiquitätenhändler oder -sammler in Dinkelsbühl erworben zu haben.

Die vom Kläger behauptete Provenienz der Gemälde und die daraus hergeleitete Aktivlegitimation des Klägers werde mit Nichtwissen bestritten. Insbesondere würden die behauptete Schenkung der Bilder seitens H. P.fe an dessen Tochter C. S., geb. P., sowie die behauptete Erbfolge bestritten, weiterhin, dass die betreffenden Bilder tatsächlich gestohlen worden seien. Schließlich werde die Echtheit der beim Beklagten sichergestellten Gemälde als Werke des Malers H. P. – trotz entsprechender Signierung der Bilder – bestritten; es sei nicht geklärt, ob es sich bei den beim Beklagten aufgefundenen Bildern tatsächlich um die behauptet gestohlenen Bilder handele und ob es sich hierbei um Originale, Kopien oder Fälschungen handele.

Von dem behaupteten hohen Wert der Gemälde habe der Beklagte keine Kenntnis gehabt. Eigentum hieran habe der Beklagte schon aufgrund der Schenkung, jedenfalls aber infolge Ersitzung, erworben, nachdem er die Bilder viele Jahre besessen habe.

Die Dauer des Besitzes des Beklagten wie auch dessen Gut- bzw. Bösgläubigkeit hinsichtlich deren vom Kläger behaupteter Herkunft ist zwischen den Parteien streitig.

4. Hinsichtlich des Sachverhalts und des jeweiligen Sachvorbringens wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Der Kläger hat erstinstanzlich die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung der Freigabe der beiden hinterlegten Bilder begehrt. Der Beklagte hat als Widerkläger – unter der prozessualen Bedingung „für den Fall, dass die Klage abgewiesen wird“ – die Verurteilung des Widerbeklagten zur Bewilligung der Freigabe der beiden hinterlegten Bilder begehrt.

Das Landgericht Ansbach hat nach Beweisaufnahme (Vernehmung der Zeugen K. R., J. S., K. H., M. H. und M. H.; Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten) mit Endurteil vom 11.09.2015 die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, da der Beklagte Eigentum an den sichergestellten Bildern jedenfalls durch Ersitzung erlangt habe. Auf die Begründung des Urteils wird Bezug genommen (Bl. 93-99 d.A.).

Gegen dieses, ihm am 16.09.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.10.2015 beim Oberlandesgericht eingegangene und mit am 26.10.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers, die dessen erstinstanzliches Klagebegehren wie auch sein Abweisungsbegehren hinsichtlich der Widerklage vollumfänglich weiterverfolgt.

In der Berufungsinstanz haben die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

Der Kläger, Widerbeklagte und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Ansbach 2 O 891/14 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach – Hinterlegungsstelle – unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P. „X“ an den Kläger und Berufungskläger zu bewilligen,

hilfsweise, den Rechtsstreit zur weiteren Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Landgericht Ansbach zurückzuverweisen.

Der Beklagte, Widerkläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2017 darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Klägers zu einer Schenkung der Bilder durch den Maler an dessen Tochter C. S., geb. P., zum Diebstahl dieser Gemälde sowie zu deren Echtheit jeweils bestritten ist und dass insoweit seitens des Klägers kein Beweis angetreten wurde. Innerhalb hierzu eingeräumter Schriftsatzfrist erfolgte eine Stellungnahme des Klägers (Schriftsätze des Klägervertreters vom 22.08.2017, Bl. 168-181 d.A., und vom 23.08.2017, Bl. 182-197 d.A.)

Im Übrigen wird hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

B.  Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben.

Allerdings können die klage- und widerklagegegenständlichen Freigabeansprüche nicht auf § 985 BGB oder auf § 1007 BGB gestützt werden. Richtige Anspruchsgrundlage ist vielmehr § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (siehe unten I). Hierbei kann offen bleiben, ob – im Hinblick auf die vom Kläger behauptete Mitberechtigung seiner Schwester C. B., geb. S., als Miterbin – nur eine zwischen diesen bestehende Erbengemeinschaft aktivlegitimiert wäre bzw. ob dem Widerkläger die von diesem allein erstrebte Freigabeerklärung des Widerbeklagten nutzt (siehe unten II).

Die Klage bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil der Kläger hinsichtlich einzelner Umstände, aus denen er seine Aktivlegitimation herleitet, beweisfällig geblieben ist (siehe unten III).

Selbst wenn es sich bei den sichergestellten Gemälden um die von H. P. gefertigten Originale handeln würde, hätte der Beklagte und Widerkläger hieran jedenfalls Eigentum infolge Ersitzung gemäß § 937 BGB erlangt. Das Landgericht hat rechtfehlerfrei einen zehnjährigen Eigenbesitz des Beklagten für nachgewiesen erachtet; die gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Berufung bleiben ohne Erfolg (siehe unten IV). Das Landgericht hat weiter hinsichtlich der für eine Ersitzung relevanten Gut- bzw. Bösgläubigkeit des Beklagten (§ 937 Abs. 2 BGB) die Beweislast nicht verkannt (siehe unten V). Das Landgericht hat schließlich rechtfehlerfrei den Nachweis einer Bösgläubigkeit des Beklagten nicht für geführt erachtet; auch die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben ohne Erfolg (siehe unten VI).

Danach ist die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben. Die Vorschriften des Kulturgutschutzgesetzes gebieten insoweit keine andere Beurteilung (siehe unten VII).

Die nachgelassenen Schriftsätze der Klagepartei führen nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (siehe unten VIII).

I.

Die klage- und widerklagegegenständlichen Freigabeansprüche können entgegen der Ansicht der Parteien nicht auf § 985 BGB oder auf § 1007 BGB gestützt werden. Die genannten Anspruchsgrundlagen richten sich jeweils gegen den Besitzer der herauszugebenden Sache; die Parteien haben indes keinen Besitz an den Gemälden.

Richtige Anspruchsgrundlage für die beiderseitigen Begehren ist vielmehr § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB („in sonstiger Weise auf Kosten eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt“). Die Parteien haben aufgrund der Hinterlegung jeweils die Rechtsposition eines „Beteiligten“ im Hinterlegungsverfahren erlangt; ihr Streit geht darum, ob dies ohne rechtlichen Grund geschehen ist.

1. Die Hinterlegung der Gemälde durch die Staatsanwaltschaft am 18.02.2010/ 09.03.2010 (Anlage K16) erfolgte gemäß § 372 Satz 2 BGB (Hinterlegung von Kostbarkeiten, wenn der Schuldner – hier: die Staatsanwaltschaft – infolge Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Herausgabepflicht diesem gegenüber nicht mit Sicherheit erfüllen kann). Die Staatsanwaltschaft hat dabei auf ihr Recht zur Rücknahme der hinterlegten Bilder (§ 376 Abs. 1 BGB) verzichtet und dies der Hinterlegungsstelle erklärt (§ 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB) sowie beide Parteien und die Schwester des Klägers Frau C. B., geb. S., als mögliche Empfangsberechtigte benannt (Anlage K16). Damit wurde die Staatsanwaltschaft von ihrer Rückgabeverpflichtung befreit (§ 378 BGB). Zugleich ist sie keine Hinterlegungsbeteiligte mehr, so dass eine Freigabeerklärung der Staatsanwaltschaft nicht mehr erforderlich ist (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 380 Rn. 2).

2. Das Hinterlegungsverfahren richtet sich nach der zum Zeitpunkt der Hinterlegung noch (als Landesrecht) fortgeltenden Hinterlegungsordnung (HinterlO) vom 10.03.1937 (RGBl. 1937 Teil I Seite 285; BGBl. III/FNA 300-15), die mit Wirkung ab 01.12.2010 durch das – im Wesentlichen inhaltsgleiche – Bayerische Hinterlegungsgesetz (BayHintG) vom 23.11.2010 ersetzt wurde (vgl. Art. 31 BayHintG). Danach sind Gemälde als Kostbarkeiten hinterlegungsfähig, sog. Werthinterlegung (§ 5 HinterlO; Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG).

Damit die Hinterlegungsstelle an einen der Hinterlegungsbeteiligten herausgeben darf, bedarf es der (auch als „Freigabe“ bezeichneten) Bewilligung durch die übrigen Beteiligten (§ 12, § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HinterlO; Art. 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1; Art. 19 Abs. 2 Nrn. 1 und 3; Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG) oder alternativ einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, die die Empfangsberechtigung eines Beteiligten mit Wirkung gegen die übrigen Beteiligten feststellt (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HinterlO; Art. 20 Abs. 1 Nr. 3 BayHintG).

Beide Parteien wie auch die Schwester des Klägers Frau C. B., geb. S., sind jeweils Beteiligte des Hinterlegungsverfahrens im Sinne von § 13 HinterlO / Art. 18-20 BayHintG, nachdem die Staatsanwaltschaft sie als solche benannt hat (vgl. BGH, Urteil vom 30.01.2015 – V ZR 63/13, NJW 2015, 1678, Tz. 9 bei juris).

Zwar entfällt die Beteiligtenstellung eines von dem Hinterlegenden benannten Empfängers dann, wenn unzweifelhaft feststeht, dass er materiell nicht berechtigt ist; infolgedessen ist seine Bewilligung entbehrlich (BGH a.a.O. m.w.N.). Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden.

3. Der (wahre) Berechtigte kann die Abgabe einer entsprechenden Bewilligung der Herausgabe („Freigabeerklärung“) gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB von den übrigen Prätendenten verlangen, die ihre Rechtsposition auf seine Kosten erlangt haben. Insoweit ist es ohne Bedeutung, ob die Voraussetzungen für eine Hinterlegung vorlagen. Ob ein diesbezüglicher Anspruch besteht, richtet sich dabei nicht nach dem Innenverhältnis zwischen den Prätendenten, sondern ausschließlich nach dem materiellen Rechtsverhältnis zwischen dem hinterlegenden Schuldner – hier der Staatsanwaltschaft – und dem Kläger (BGH, Urteil vom 30.01.2015 – V ZR 63/13, NJW 2015, 1678, Tz. 8 bei juris; Urteil vom 16.11.2012 – V ZR 179/11, ZIP 2013, 384, Tz. 10 bei juris; Urteil vom 07.12.2006 – IX ZR 161/04, NJW-RR 2007, 845, 846; Urteil vom 15.10.1999 – V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294; Urteil vom 13.11.1996 – VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495, Tz. 10 bei juris; Urteil vom 29.11.1989 – VIII ZR 228/88, BGHZ 109, 240, Tz. 10 bei juris; Sprau in: Palandt, BGB, 76. Aufl. § 812 Rn. 93; Grüneberg in: Palandt, a.a.O. Einf v § 372 Rn. 8).

II.

Hierbei kann offen bleiben, ob – im Hinblick auf die vom Kläger behauptete Mitberechtigung seiner Schwester C. B., geb. S., als Miterbin – nur eine zwischen diesen bestehende Erbengemeinschaft zur Geltendmachung von Herausgabeansprüchen gegen die Hinterlegungsstelle aktivlegitimiert wäre bzw. ob dem Widerkläger die von diesem allein erstrebte Freigabeerklärung des Widerbeklagten nutzt oder ob dieser zur Empfangnahme der Bilder auch einer weiteren Freigabeerklärung der Schwester des Klägers bedarf. Diese Fragen sind anlässlich der Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs gegen die Hinterlegungsstelle von dieser zu entscheiden.

Eine Entscheidung des Senats zu diesen Fragen ist auch nicht möglich, nachdem nicht vorgetragen ist, ob die Erbengemeinschaft des Klägers mit seiner Schwester in Bezug auf die klagegegenständlichen Bilder bereits auseinandergesetzt ist oder noch besteht (vgl. § 2033 Abs. 2 BGB).

III.

Die Klage bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil der Kläger hinsichtlich einzelner Umstände, aus denen er seine Aktivlegitimation herleitet, beweisfällig geblieben ist.

1. Dies betrifft zunächst die Frage der Echtheit der hinterlegten Gemälde, also deren Identität mit den unstreitig vom Maler H. P. gefertigten Originalen.

a) Der Beklagte hatte die Echtheit der Gemälde mit Nichtwissen bestritten; es sei nicht geklärt, ob es sich bei den bei ihm aufgefundenen Bildern tatsächlich um Originale oder um Kopien oder Fälschungen handele. Dieses Bestreiten ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässig.

Der Kläger hatte vorgetragen, bei den sichergestellten Bildern handele es sich um die von H. P. stammenden Originale, deren Provenienz – entsprechend der Aussage des Zeugen Dr. F. B., des derzeitigen Leiters des H. P. Archivs, bei der Polizei – zweifelsfrei feststehe; andernfalls würde der Rechtsstreit nicht geführt. Diesbezügliche Zweifel des Beklagten an der Echtheit würden nicht geteilt.

Der im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren von der Polizei vernommene Zeuge Dr. F. B. hatte dort ausgeführt, es handele sich mit Sicherheit um Originale (vgl. Bl. 54ff., 56 der beigezogenen Ermittlungsakten). Im gerichtlichen Verfahren wurde dieser Zeuge weder benannt noch vernommen.

Das Landgericht hat die Frage der „Echtheit“ der Gemälde offen gelassen (vgl. Seite 7 der Urteilsgründe unter II).

b) Diese Frage ist entscheidungserheblich. Der Klagevortrag würde den geltend gemachten Freigabeanspruch nur rechtfertigen können, wenn es sich bei den hinterlegten Bildern um Originalgemälde handelt. Lägen dagegen Kopien oder Fälschungen vor, wäre die Klage unschlüssig, da nicht dargelegt ist, aufgrund welcher Umstände der Kläger insoweit berechtigt sein könnte.

c) Die Frage der Echtheit eines Gemäldes erfordert spezielle Fachkenntnisse, ist damit Sachverständigenfrage. Allein aus einem optischen Vergleich der sichergestellten Bilder mit den im Werkverzeichnis des Males H. P. enthaltenen Abbildungen der Originalgemälde vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob es sich um Originale handelt. Soweit der Kläger mit nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und 23.08.2017 Bezug nimmt auf ein behauptetes Original-Polaroid-Foto des Bildes „X“ (bezeichnet als Anlage BK7), war ein solches diesen Schriftsätzen nicht beigefügt; stattdessen wurde mit Schriftsatz vom 31.08.2017, bei Gericht eingegangen am 04.09.2017, eine diesbezügliche Abbildung vorgelegt. Im Übrigen würde auch ein optischer Vergleich der sichergestellten Bilder mit einem solchen Polaroid-Foto bzw. mit der vorgelegten Abbildung nicht zum Nachweis der Echtheit taugen.

Auch bloßer Zeugenbeweis wird zum Nachweis der Originalität regelmäßig nicht ausreichen, da ein – auch sachverständiger – Zeuge nur über eigene Wahrnehmung von Tatsachen und tatsächlichen Vorgängen berichten kann. Soweit der von der Polizei als Zeuge vernommene Leiter des H. P. Archivs Dr. F. B. im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren Ausführungen zur Echtheit der Gemälde getätigt hat, ist zudem nicht dargelegt, dass und warum Dr. B. über entsprechende (welche?) Spezialkenntnisse und hinreichend sicheres Fachwissen verfügt und welche eigenen Wahrnehmungen er hinsichtlich der sichergestellten und hinterlegten Gemälde gemacht haben soll.

Auch soweit der Kläger mit nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 vorgetragen hat, „das P.-Archiv bzw. das Werkverzeichnis ist heute die allgemein anerkannte Institution zu Fragen der Echtheit der Bilder…“ und zum Nachweis dieser Behauptung Vernehmung des Zeugen Dr. F. B., des Leiters des H. P. Archivs, angeboten hat, ist eine Beweisaufnahme nicht veranlasst. Weiterhin liegt kein Sachvortrag dazu vor, dass und warum der benannte Zeuge über für die Echtheitsbeurteilung erforderliche Spezialkenntnisse und hinreichend sicheres Fachwissen verfügt und welche eigenen Wahrnehmungen er hinsichtlich der Echtheit der sichergestellten und hinterlegten Gemälde gemacht haben soll. Vorgenanntes Beweisangebot wäre – jedenfalls auf die Echtheit der Bilder bezogen – vielmehr ein unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag.

Nachdem seitens des Klägers für die Frage der Echtheit kein Beweis angetreten ist, ist der Nachweis der Echtheit der klagegegenständlichen Gemälde nicht geführt.

2. Der Kläger blieb weiter beweisfällig hinsichtlich seiner Behauptung, der Maler H. P. habe die beiden Bilder zu Lebzeiten an seine Tochter C. S., geb. P., geschenkt.

a) Der Beklagte hatte „die behauptete lückenlose Provenienz“ der Bilder und „die hieraus abgeleitete Aktivlegitimation“ bestritten und u.a. das Fehlen „entsprechender Erbschaftsnachweise u.a. Übertragungsnachweise“ gerügt. Damit ist auch die vorgetragene Schenkung der Bilder bestritten. Dieses Bestreiten mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässig.

Das Landgericht hat zum Vorliegen einer Schenkung keine Feststellungen getroffen.

b) Diese Frage ist entscheidungserheblich. Der Klagevortrag würde den geltend gemachten Freigabeanspruch nur rechtfertigen können, wenn das Eigentum an den hinterlegten Bildern vom Maler H. P. (etwa infolge einer Schenkung) an dessen Tochter C. S., geb. P. – aus deren Rechtsnachfolge als (Mit-)Erbe der Kläger seine Rechtsposition herleitet – übergegangen wäre. Wäre eine Schenkung dagegen nicht erfolgt, wäre nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände der Kläger (und dessen Schwester C. B., geb. S.) das von ihm behauptete Eigentum erlangt hätten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich einer Erlangung im Wege der Erbfolge nach H. P., zu der nichts vorgetragen ist (und die im Hinblick auf das unstreitige Vorhandensein mehrerer Geschwister der C. S., geb. P., unklar ist).

c) Seitens des Klägers ist für die behauptete Schenkung erstinstanzlich nicht explizit Beweis angeboten worden.

Die im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren von der Polizei vernommene Zeugin H. (eine Nichte der C. S., geb. P.) hatte dort ausgeführt, die Bilder gehörten nicht der Erbengemeinschaft H. P., sondern seien im Privatbesitz von C. S. gewesen (vgl. Bl. 57f. der beigezogenen Ermittlungsakten). Im gerichtlichen Verfahren wurde diese Zeugin indes weder benannt noch vernommen. Ihre Aussage bei den Ermittlungsbehörden lässt auch nicht erkennen, was die Zeugin unter „Privatbesitz“ versteht und woraus sie ihre entsprechenden Erkenntnisse herleitet.

Die vom Kläger vorgelegten Kopien aus dem Werkverzeichnis des Malers H. P. (Anlagen K17, K18, K18a, BK1) weisen hinsichtlich der Gemälde „X“ und „Y“ jeweils den Textvermerk „Provenienz: C. S.-P., Stuttgart“ auf.

Der Senat hält auch in Anbetracht vorgenannter Umstände den Nachweis der behaupteten Schenkung für nicht geführt. Dabei wird nicht verkannt, dass den Werkkatalogen von Künstlern in der Regel eine hohe Bedeutung zukommt, weil sie auf umfangreichen, jahrelangen Recherchen und oft schwer zugänglichen Quellen und auf in jahrelanger Detailarbeit erworbenen Spezialkenntnissen – im Streitfall wohl insbesondere auch des Dr. R. P., Bruder der C. S., geb. P. und Onkel des Klägers, vormaliger Leiter des H. P. Archivs in München – beruhen, wobei neben der künstlerischen Beurteilung in der Regel auch eine eingehende Überprüfung der Provenienz erfolgt (vgl. LG Köln, Urteil vom 15.06.2011 – 91 O 87/07, juris, Tz. 24). Andererseits lassen die Provenienzvermerke nicht erkennen, aus welchen Umständen der/die Verfasser des Werkverzeichnisses seine/ihre entsprechenden Erkenntnisse herleitet/herleiten; die behauptete Schenkung wird insbesondere weder nach Zeitpunkt noch nach Anlass oder sonstigen Umständen näher konkretisiert. Die Angaben im Werkverzeichnis erscheinen auch deshalb nicht bedenkenlos glaubhaft, weil hinsichtlich der beiden Gemälde dort jeweils weiter vermerkt ist: „Standort unbekannt (nach RP 1986 gestohlen)“, wohingegen der Kläger selbst behauptet, dass diese Gemälde 2009 sichergestellt wurden, ihr Standort mithin seit diesem Datum bekannt ist; insoweit wird indes nicht verkannt, dass mit nachgelassenen Schriftsätzen des Klägers vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 nunmehr vorgetragen wird, das Werkverzeichnis sei im Jahre 2004 – und damit bereits vor dem Wiederauffinden der beiden Bilder – herausgegeben worden.

Soweit der Kläger mit nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 auf ein behauptetes, vor 1986 aufgenommenes Original-Polaroid-Foto des Bildes „X“ (bezeichnet als Anlage BK7) – das nicht vorgelegt wurde – sowie auf eine zugehörige handschriftliche Notiz seiner Mutter „Besitz C. S.“ – die ebenfalls nicht vorgelegt wurde – bzw. mit (nicht nachgelassenem) weiteren Schriftsatz vom 31.08.2017 vorgelegte diesbezügliche Abbildungen Bezug genommen hat und auf die Bestimmbarkeit des Alters des Fotos wie der Authentizität der Beschriftung verweist, ergäbe sich hieraus allenfalls Besitz der C. S., geb. P., an dem genannten Bild, nicht indes, aufgrund welcher Umstände sie den Besitz erlangt hat, ob ihr dieses Bild mithin vom Maler H. P., ihrem Vater, geschenkt worden war.

Soweit der Kläger mit den nachgelassenen Schriftsätzen weiter vorgetragen hat, „das P.-Archiv bzw. das Werkverzeichnis ist heute die allgemein anerkannte Institution zu Fragen … der Eigentumsverhältnisse“ an den Bildern und zum Nachweis dieser Behauptung Vernehmung des Zeugen Dr. F. B., des Leiters des H. P. Archivs, angeboten hat, ist eine Beweisaufnahme nicht veranlasst. Es ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, welche konkreten Wahrnehmungen der Zeuge hinsichtlich der behaupteten Schenkung bekunden soll. Vorgenanntes Beweisangebot wäre – jedenfalls auf die Schenkung der Bilder bezogen – vielmehr ein unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag.

Auch bei Zusammenschau aller erörterten Gesichtspunkte ist der Senat nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass der Maler H. P. die beiden Bilder zu Lebzeiten an seine Tochter C. S., geb. P., geschenkt hat. Diese Wertung scheint zwar möglich, indes nicht zwingend. Insbesondere könnte selbst aus einem zeitweisen Besitz von C. S. an den Gemälden nicht mit hinreichender Sicherheit auf deren Übereignung (im Wege einer Schenkung) geschlossen werden.

3. Hinsichtlich der vom Beklagten zulässig mit Nichtwissen bestrittenen Erbfolge nach C. S., geb. P., sieht der Senat dagegen den Nachweis einer diesbezüglichen (Mit-)Berechtigung des Klägers geführt.

Der Kläger hatte behauptet, nach dem Tod seiner Mutter C. S., geb. P., am 12.09.1993 seien er, seine Schwester C. B., geb. S., sowie sein Vater Prof. Dr. jur. F. S. deren Miterben zu je 1/3 geworden. Nach dem Tod seines Vaters seien er sowie seine Schwester Caroline B., geb. S., dessen Miterben zu je ½ geworden. Diese Erbfolge wird durch das hierzu vorgelegte Anlagenkonvolut K15 nachgewiesen; hieraus ergibt sich die behauptete Erbfolge (Erbschein hinsichtlich C. S., geb. P., sowie Nachlassakte hinsichtlich Prof. Dr. F. S.). Auch die mit nachgelassenen Schriftsätzen des Klägers vom 22.08.2013 und vom 23.08.2013 vorgelegten diesbezüglichen Urkunden (Anlage BK8, BK9) belegen die genannte Erbfolge.

Wäre C. S., geb. P., mithin Eigentümerin der beiden Gemälde gewesen, so wären diese im Wege der (mehrfachen) Universalsukzession auf den Kläger und dessen Schwester C. B., geb. S., in Erbengemeinschaft übergegangen.

Daran hätte der vom Kläger behauptete Diebstahl der beiden Bilder im Jahr 1986 nichts geändert. Im Falle des Diebstahls erlangt der Dieb nur den Besitz an den gestohlenen Sachen und erwirbt nicht auch deren Eigentum. Als Nichtberechtigter kann er bei Weiterveräußerung, Schenkung etc. auch nicht das Eigentum übertragen (da insoweit eine Einigung mit dem wirklichen Eigentümer der Sache erforderlich wäre, § 929 BGB). Ein gutgläubiger Erwerb (§ 932 BGB) ist bei gestohlenen Sachen nicht möglich, § 935 BGB, scheidet somit (im Falle des Diebstahls) auch für den Beklagten bzw. dessen Stiefvater J. S. aus.

4. Da aufgrund der vorgenannten Umstände hinsichtlich der Echtheit der Gemälde (siehe oben B III 1) sowie hinsichtlich deren Schenkung an C. S., geb. P. (siehe oben B III 2) die Voraussetzungen einer Rechtsinhaberschaft und damit Aktivlegitimation des Klägers nicht nachgewiesen sind, bleibt das Klagebegehren bereits aus diesem Grund ohne Erfolg.

5. Der Hinweis des Klägers in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 darauf, dass das Landgericht „offenkundig keine Zweifel an der Aktivlegitimation des Klägers gehabt“ habe und auch keinen diesbezüglichen Hinweis nach § 139 ZPO erteilt habe, liegt neben der Sache.

Zum einen hat das Landgericht hinsichtlich der insoweit für die Aktivlegitimation maßgeblichen Umstände der Echtheit der Gemälde (oben B III 1) und deren Schenkung durch H. P. an dessen Tochter C. S., geb. P. (oben B III 2) keine Feststellungen getroffen, an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden sein könnte. Nachdem das Landgericht sein Urteil darauf gestützt hat, dass der Beklagte jedenfalls im Wege der Ersitzung Eigentum an den Bildern erlangt habe, kam es für dessen Entscheidung auf Fragen der Aktivlegitimation auch nicht an.

Zum anderen war die Erteilung eines Hinweises gemäß § 139 ZPO nicht geboten. Bei dem Umstand, dass bestrittene entscheidungserhebliche Tatsachen des Beweises seitens der insoweit beweisbelasteten Partei bedürfen, handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit, auf die grundsätzlich nicht hingewiesen zu werden braucht. In Anbetracht des expliziten Bestreitens sowohl der Echtheit der Gemälde als auch deren Schenkung durch H. P. an dessen Tochter C. S., geb. P., seitens des Beklagten musste für den Kläger die Erforderlichkeit einer diesbezüglichen Beweisführung offensichtlich sein. Demgemäß ist eine Partei auf die Notwendigkeit der Benennung von Beweismitteln nur dann hinzuweisen, wenn sich aus dem übrigen Vorbringen dieser Partei ergibt, dass das Unterbleiben des Beweisantritts auf einem Versehen oder auf einer erkennbar falschen Beurteilung der Rechtslage – z.B. der Beweislast – beruht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 139 Rn. 16 m.w.N.). Dass derartige Umstände vorgelegen hätten, wird seitens des Klägers weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

Unabhängig hiervon hat der Senat überobligationsmäßig in der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2017 einen rechtlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO dahingehend erteilt, dass die genannten, für die Aktivlegitimation des Klägers maßgeblichen Umstände wie auch der weiter vorgetragene behauptete Diebstahl der Gemälde jeweils seitens des Beklagten bestritten sind und insoweit keine Beweisangebote des Klägers erfolgt sind. Die in den nachgelassenen Schriftsätzen der Klagepartei erfolgten diesbezüglichen Ausführungen rechtfertigen indes, wie oben ausgeführt, keine andere Beurteilung der nicht nachgewiesenen Echtheit der beiden Bilder wie auch deren nicht nachgewiesener Schenkung durch den Maler H. P. an dessen Tochter C. S., geb. P..

IV.

Unabhängig davon hat der Beklagte – selbst wenn es sich bei den sichergestellten Gemälden um die von H. P. gefertigten Originale handeln würde – hieran jedenfalls Eigentum infolge Ersitzung gemäß § 937 BGB erlangt.

Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre in Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung), § 937 Abs. 1 BGB. Eigenbesitzer ist, wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, § 872 BGB. Die Ersitzungsfrist beginnt mit Erwerb des Eigenbesitzes; dieser muss in der Folge ununterbrochen (Ausnahme: § 940 Abs. 2 BGB) zehn Jahre lang bestehen.

Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht, § 937 Abs. 2 BGB.

Bei der Ersitzung erwirbt der Ersitzende kraft Gesetzes originäres Eigentum; der bisherige Eigentümer verliert es. Ersitzung ist insbesondere auch an gestohlenen Sachen möglich (Herrler in: Palandt, BGB, 76. Aufl. Vorb v § 937 Rn. 1).

Das Landgericht hat rechtfehlerfrei einen zehnjährigen Eigenbesitz des Beklagten als Voraussetzung einer Ersitzung für nachgewiesen erachtet. Die gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Berufung bleiben ohne Erfolg.

1. Der Ersitzende hat die Darlegungs- und Beweislast für seinen zehnjährigen ununterbrochenen Eigenbesitz. Der Beklagte hat mithin seinen Vortrag zu beweisen, er habe die beiden Gemälde länger als zehn Jahre in Eigenbesitz gehabt.

2. Der Eigenbesitz des Beklagten hat am 01.10.2009 geendet. Durch die Sicherstellung und Beschlagnahme der Bilder zu diesem Datum hat der Beklagte seinen Eigenbesitz hieran verloren; in der Folge befanden sich die Bilder in Gewahrsam der Polizei, so dass der Beklagte keine tatsächliche Sachherrschaft mehr besaß (§§ 854 Abs. 1, 856 Abs. 1 BGB). Damit wurde die Ersitzung unterbrochen (§ 940 Abs. 1 BGB). Ein Fall des § 940 Abs. 2 BGB liegt nicht vor, da der Beklagte Eigenbesitz nicht binnen Jahresfrist wiedererlangt hat.

Zwar wäre auch mittelbarer Besitz (§ 868 BGB) ausreichend für Eigenbesitz (Wiegand in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 937 Rn. 3; Lenders in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/ Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 937 BGB Rn. 6). Dieser setzt ein sog. Besitzmittlungsverhältnis (constitutum possessorium) zwischen unmittelbarem und mittelbarem Besitzer voraus, das privat- oder öffentlich-rechtlicher Natur sein kann und durch Vertrag, Gesetz oder Hoheitsakt begründet werden kann (Herrler in: Palandt, BGB, 76. Aufl. § 868 Rn. 6 m.w.N.). Die Beschlagnahme eines Gegenstandes kann (kraft Hoheitsakt) grundsätzlich auch ein derartiges Besitzmittlungsverhältnis zwischen Beschlagnahmebehörde und Vorbesitzer begründen; so kann etwa bei Pfändung eines angeblichen Herausgabeanspruchs aus einem Besitzmittlungsverhältnis mehrstufiger mittelbarer Besitz (§ 871 BGB) begründet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, Tz. 10 bei juris; Herrler in: Palandt, BGB, 76. Aufl. § 868 Rn. 9). Indes wird durch eine polizeiliche oder staatsanwaltliche Beschlagnahme ein Besitzmittlungsverhältnis nicht begründet (VG Köln, Urteil vom 29.03.2012 – 20 K 2270/11, juris Tz. 25f.; OLG Hamm, Beschluss vom 12.07.1988 – 7 W 28/88, VRS 75, 419, juris; OLG München, NJW 1982, 2330).

Der Eigenbesitz des Beklagten hat somit mit Beschlagnahme der Bilder am 01.10.2009 geendet.

3. Die Wahrung des Ersitzungszeitraums würde damit voraussetzen, dass der Beklagte den Nachweis führt, spätestens seit 01.10.1999 ununterbrochenen Eigenbesitz an den beiden Gemälden innegehabt zu haben.

Das Landgericht hat ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es davon überzeugt, dass die Bilder jedenfalls seit mindestens 1998 in Besitz des Beklagten gewesen seien (Seite 5 der Urteilsgründe unter I 1).

Die Berufung rügt die entsprechende Beweiswürdigung als fehlerhaft. Das Landgericht habe diesbezügliche Widersprüche in den Zeugenaussagen nicht beachtet, insbesondere da nach den Angaben der Zeugen ein Besitz erst ab „ca. … 2000“ nachgewiesen sei (so dass ein 10jähriger Eigenbesitz nicht nachgewiesen sei).

Die diesbezüglichen Angriffe der Berufung gehen fehl.

a) Da die Berufung – abweichend von ihrer früheren Funktion als vollwertige zweite Tatsacheninstanz – nunmehr in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient, ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden; eine erneute Tatsachenfeststellung ist nur als Ausnahme vorgesehen, soweit die erste Instanz die Feststellungen nicht vollständig und überzeugend getroffen hat (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Zwar können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Tatsachen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben. Hat sich aber das Erstgericht mit den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, ist die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich und verstößt sie nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und ist auch das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung überzeugt, so sind die Feststellungen bindend. Eine Partei kann dann nicht in zulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Erstgerichts setzen (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313).

b) Im Rahmen dieser beschränkten Überprüfbarkeit ist die Wertung des Landgerichts, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei Eigenbesitz des Beklagten jedenfalls seit 1998 nachgewiesen, nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat sich mit den erhobenen Beweisen umfassend und vollständig auseinandergesetzt und insbesondere die Aussagen der Zeugen ausführlich gewürdigt. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Rügen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1998 – IX ZR 311/95, NJW 1998, 2969, 2971). Die Sichtweise des Landgerichts ist vollständig und rechtlich möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze, ist damit für den Senat bindend. Die Berufung setzt insoweit lediglich unzulässiger Weise ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Gerichts:

aa) Soweit die Berufung behauptet, die Zeugen M. und M. H. hätten jeweils bestätigt, dass die Bilder „um 2000“ in die Familie gekommen seien, trifft dies nicht zu. Die Zeugin M. H. hat vielmehr nicht nur ausgesagt, „dass die Bilder schon so ca. 15 Jahren in der Familie sind“, sondern auch, dass ihre Tochter K. (geb. 06.10.1980) ein Bild „schon vor langer Zeit, also in ihrer Kindheit“ abgemalt hat, dass die Bilder „bei der Kommunion von A.“ schon längere Zeit im Haus waren und „nicht erst kurz vor der polizeilichen Beschlagnahme erworben (wurden). Dies war so Mitte der 90`er Jahre“. Der (am 26.06.1983 geborene) Zeuge M. H. hat ausgesagt, dass die Bilder „eigentlich schon immer bei uns irgendwo hingen“ und dass er „wohl mit 15 Jahren diese Bilder das erste Mal wirklich registriert habe“.

Aus den Aussagen der Zeugen kann auch nicht gefolgert werden, dass die Bilder erst 2000 in Besitz des Beklagten kamen. Ersichtlich haben die Zeugen jeweils nur Schätzwerte angegeben. Aus der Aussage der Zeugin M. H., „dass die Bilder schon so ca. 15 Jahren in der Familie sind“, kann indes nicht geschlossen werden, dass sie erst 15 Jahre vor Vernehmung der Zeugin (am 28.07.2015), mithin erst im Jahr 2000 erworben wurden. Erst recht kann aus der Angabe des Zeugen M. H., er habe „wohl mit 15 Jahren diese Bilder das erste Mal wirklich registriert“, kein Schluss auf das Erwerbsdatum derart gezogen werden, dass die Bilder erst zu diesem Zeitpunkt angeschafft wurden (abgesehen davon, dass der Zeuge bereits 1998 seinen 15. Geburtstag hatte).

bb) Die Zeugin K. H. führte aus, „die Bilder hängen schon sehr lange bei uns herum“, sie habe als achtjähriges Kind „das Bild mit den Y auch schon mal abgemalt“. Die Berufung rügt, damit setze sich die Zeugin in Widerspruch mit den Angaben des Beklagten, er habe die Bilder erst 1993 erlangt. Auch diese Behauptung trifft nicht zu. Der Beklagte hat nie ausgeführt, er habe die Bilder erst 1993 geschenkt bekommen, vielmehr (vgl. Seite 3 des Urteils), „er habe die Gemälde jedenfalls vor 1993 geschenkt bekommen“.

cc) Von der Berufung gesehene Widersprüche in den Aussagen der Zeugen und den Angaben des Beklagten bestehen nicht. Ersichtlich haben alle Zeugen hinsichtlich des Zeitpunktes, in dem das Bild in Besitz des Beklagten gelangt ist, Schätzwerte erklärt. Eine von der Berufung vermisste Auseinandersetzung des Urteils mit derartigen Widersprüchen war deshalb nicht veranlasst.

Ferner kann auch nicht übersehen werden, dass – falls man von einer nicht widerlegten Schenkung der Gemälde durch den Stiefvater J. S. ausgeht (siehe hierzu unten VI) – dieser bereits im Jahr 1993 verstorben ist; die vorgetragene Schenkung hat indes noch zu dessen Lebzeiten stattgefunden.

c) Hinsichtlich eines ununterbrochenen Eigenbesitzes des Beklagten während des gesamten Zeitraumes zwischen „mindestens 1998“ und 01.10.2009 spricht für diesen die nicht widerlegte Vermutung des § 938 BGB.

V.

Das Landgericht hat weiter hinsichtlich der für eine Ersitzung relevanten Gut- bzw. Bösgläubigkeit des Beklagten (§ 937 Abs. 2 BGB) die Beweislast nicht verkannt.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Kläger trage die Beweislast für den mangelnden guten Glauben des Beklagten bei Besitzerwerb oder für dessen spätere Bösgläubigkeit (Seite 6 der Urteilsgründe).

Dies rügt die Berufung als rechtsfehlerhaft.

2. Wie sich aus der Formulierung des § 937 Abs. 2 BGB ergibt, wird der gute Glaube des Ersitzenden vermutet. Die Darlegungs- und Beweislast für fehlenden guten Glauben (die Bösgläubigkeit) des Ersitzenden bei Begründung des Eigenbesitzes oder für während der Dauer des zehnjährigen Eigenbesitzes erlangte positive Kenntnis der Nichtberechtigung hat deshalb grundsätzlich, wer die Ersitzung bestreitet und gegen den Ersitzenden einen Anspruch aus dem Eigentum an der Sache geltend machen will (OLG Celle, OLGR 2004, 70, Tz. 53 bei juris; LG Berlin Kunst und Recht 2009, 20, Tz. 40 bei juris; Herrler in: Palandt, BGB, 76. Aufl. § 937 Rn. 1; Kindl in: Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, 41. Edition 2016, § 937 Rn. 10; Lenders in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 937 BGB Rn. 17; Baldus in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl. 2017, § 937 Rn. 87; Wiegand in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 937 Rn. 11), im Streitfall mithin der Kläger.

Trotz dieser Beweislastverteilung trägt indes derjenige, der sich auf Ersitzung beruft, die (sekundäre) Darlegungslast hinsichtlich seiner Gutgläubigkeit für Erwerbsvorgänge in seiner Sphäre (LG Berlin Kunst und Recht 2009, 20, Tz. 41 bei juris). Den Beklagten trifft deshalb eine solche Darlegungslast hinsichtlich der von ihm vorgetragenen Schenkung seines Stiefvaters, nicht aber etwa hinsichtlich des behaupteten Diebstahls 1986 im Hause der Eltern des Klägers.

Dieser sekundären Darlegungslast hat der Beklagte im Streitfall mit dem Vortrag genügt, er habe die beiden Gemälde mutmaßlich 1986/1987 von seinem – 1993 verstorbenen – Stiefvater J. S. geschenkt bekommen, Herr S. habe dabei geäußert, die Bilder von einem Antiquitätenhändler oder -sammler in Dinkelsbühl erworben zu haben. Eine weitergehende Konkretisierung, etwa nach Zeitpunkt, Anlass oder Belegen, kann in Anbetracht des Zeitablaufs und des Umstandes einer vorgetragenen Schenkung nicht verlangt werden.

3. Teile der Rechtsprechung schränken diese Beweislastverteilung neuerdings dahingehend ein, dass in dem Fall, in dem einem früheren Besitzer eine Sache gestohlen wurde oder sonst abhandengekommen ist, den Ersitzenden die volle Beweislast hinsichtlich sämtlicher Voraussetzungen des § 937 BGB treffen soll. Der Ersitzende habe demnach insbesondere auch seine Gutgläubigkeit darzulegen und zu beweisen. Dies folge aus dem in den §§ 932, 935 BGB zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen, den Eigentümer einer gestohlenen Sache unter den besonderen Schutz des Gesetzes zu stellen (OLG Celle, GRUR-RR 2011, 24, Tz. 31 bei juris; zitiert bei Lenders in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 937 BGB Rn. 17, sowie bei Baldus in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl. 2017, § 937 Rn. 89).

Die Berufung stützt sich auf das zitierte Urteil des OLG Celle. Sie meint, es gebe zudem eine vergleichbare (aus § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB hergeleitete) Rechtsprechung, nach der, wenn ein früherer Besitzer, dem die Sache abhandengekommen ist, gegen einen späteren Besitzer auf Herausgabe der Sache klage, der Beklagte beweisen müsse, dass der Kläger sein Eigentum an der Sache trotz des dieser infolge des Abhandenkommens anhaftenden Makels verloren habe (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.1994 – II ZR 4/94, NJW 1995, 1292, Tz. 16 bei juris; Urteil vom 04.02.2002 – II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, Tz. 7 bei juris; Urteil vom 10.11.2004 – VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90). Auch im Streitfall lege die aus §§ 1006 Abs. 1 Satz 2, 1007 Abs. 2 Satz 1 BGB folgende Beweislastverteilung nahe, dass sich – einen Diebstahl der Gemälde unterstellt – der Beklagte zur Begründung seines Eigentums nicht auf die Besitzvermutung des § 1006 BGB berufen könne, vielmehr nachweisen müsse, dass der Kläger sein Eigentum verloren habe.

Der Senat folgt der oben zitierten Entscheidung des OLG Celle nicht. Würde man bei abhanden gekommenen Sachen – contra legem – eine volle Beweislast des Ersitzenden auch für dessen guten Glauben annehmen, würde die Beweislastregelung des § 937 Abs. 2 BGB insoweit völlig gegenstandslos. Eine Vergleichbarkeit der Fallkonstellation zum Herausgabeanspruch eines früheren Besitzers gegen einen späteren Besitzer besteht zudem nicht, nachdem es im Streitfall nicht allein um die Eigentumsvermutung der §§ 1006, 1007 BGB geht, sondern um die Begründung originären Eigentums an (ggf.) gestohlenen Sachen.

4. Letztlich kommt es auf diese Rechtsfrage jedoch nicht an, da im Streitfall bereits das Abhandenkommen der beiden Gemälde nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, mithin die vom OLG Celle geforderten Voraussetzungen einer vollen Beweislast des Ersitzenden nicht festgestellt werden können.

a) Der Kläger hatte vorgetragen, bei einem Einbruch unbekannter Täter in das Anwesen seiner Eltern H.-K.-Str. xx in Stuttgart am 18.11.1986 seien neben weiteren Kunstgegenständen auch 4 Ölgemälde des Malers H. P., u.a. die Bilder „X“ und „Y“, entwendet worden. Der Beklagte hatte bestritten, dass die gegenständlichen Bilder tatsächlich gestohlen wurden; eine „behauptete Meldung des Diebstahls der Bilder im Einzelnen“ sei nicht belegt. Der Kläger hat das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten „als unzutreffend und unpassend zurückgewiesen“.

Das Landgericht hat zu dieser Frage keine Feststellungen getroffen.

b) Für den von ihm behaupteten Diebstahl der beiden Bilder ist der Kläger, der sich hierauf beruft, darlegungs- und beweispflichtig. Dieser Beweis muss nicht nur den Umstand, dass überhaupt ein Wohnungseinbruch bzw. Diebstahl stattgefunden hat, sondern weitergehend auch die Entwendung der streitgegenständlichen zwei Gemälde erfassen.

Seitens des Klägers ist für den behaupteten Diebstahl erstinstanzlich nicht explizit Beweis angeboten worden.

Aus dem vorgelegten Schreiben der Kriminalpolizei Stuttgart vom 15.12.1986 (Anlage K4) ergibt sich, dass wegen eines am 18.11.1986 stattgefundenen Einbruchs im Anwesen der Eltern des Klägers polizeiliche Ermittlungen geführt wurden.

Der Umstand, dass seinerzeit die Originalgemälde „X“ und „Y“ im Anwesen der Eltern waren und bei dem Einbruch entwendet wurden, wird auch in den polizeilichen Ermittlungsakten (insbesondere in Anlage K4) thematisiert. Dieser Umstand beruht indes wohl (nur) auf Angaben der Geschädigten gegenüber der Polizei. Diese werden erhärtet durch eine Auflistung „Antiquitäten, Bilder und Kunstgegenstände im Hause…“ vom 07.03.1969 (Bl. 119ff. der beigezogenen Ermittlungsakten), die auf Seite 2 unten auch die beiden Bilder aufweist, wie auch durch die Ausschreibung der zwei Gemälde unter Abbildung derselben im „BKA - Bundeskriminalblatt“ in einer entsprechenden Kunstdatenbank (Bl. 90, 91, 93, 96 der beigezogenen Ermittlungsakten).

Die im Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten von der Polizei vernommene Zeugin H. (eine Nichte der C. S, geb. P.) hatte dort ausgeführt, ihrer Erinnerung nach seien im Jahr 1986 bei einem von zwei Einbrüchen im Anwesen ihrer Tante u.a. auch die Bilder „Stilleben Y“ und „X“ entwendet worden (vgl. Bl. 57f. der beigezogenen Ermittlungsakten). Im gerichtlichen Verfahren wurde diese Zeugin indes weder benannt noch vernommen. Ihre Aussage bei den Ermittlungsbehörden lässt auch nicht erkennen, woraus die Zeugin ihre entsprechenden Erkenntnisse herleitet.

Auch der im Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten von der Polizei vernommene Zeuge Dr. F. B. hatte dort ausgeführt, die beiden Bilder seien gemäß den Angaben im Werksverzeichnis gestohlen. Im gerichtlichen Verfahren wurde auch dieser Zeuge indes weder benannt noch vernommen. Seine Aussage bei den Ermittlungsbehörden lässt auch nicht erkennen, woraus der Zeuge seine entsprechenden Erkenntnisse herleitet.

Die vom Kläger vorgelegten Kopien aus dem Werkverzeichnis des Malers H. P. (Anlagen K17, K18, K18a, BK1) weisen hinsichtlich der Gemälde „X“ und „Y“ jeweils den Textvermerk „Standort unbekannt (nach RP 1986 gestohlen)“ auf, wobei hinsichtlich des Beweiswertes dieser Vermerke auf obige Ausführungen (siehe unter B III 2 c) verwiesen wird.

Der Senat hält auch in Anbetracht vorgenannter Umstände den Nachweis eines Diebstahls gerade auch der beiden streitgegenständlichen Gemälde für nicht geführt. Die Ermittlung oder Verurteilung eines diesbezüglichen Straftäters wurde nicht bekannt und ist auch nicht ersichtlich. Auch hinsichtlich etwaiger, die beiden Bilder betreffender Schadensmeldungen an eine Versicherung ist nichts dargelegt.

Auch die vom Kläger in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 vorgetragenen weiteren Gesichtspunkte reichen zum Nachweis eines Diebstahls der beiden klagegegenständlichen Bilder nicht aus. Der Hinweis auf einen bereits am 20.12.1984 stattgefundenen anderen behaupteten Diebstahl und der diesbezüglich vorgelegte Schriftverkehr des Prof. Dr. F. S. (Anlage BK2) sind insoweit unbehelflich. Die nunmehr vorgelegten Inventarlisten vom 07.03.1969 (Anlage BK3) und vom 08.02.1985 (Anlage BK4) sowie der testamentarische Verweis der Mutter des Klägers C. S., geb. P., vom 10.10.1988 (Anlage BK5) und des Vaters des Klägers Prof. Dr. F. S. vom 11.11.1988 (Anlage BK6) auf – im Einzelnen nicht näher bezeichnete – zum Nachlass zugehörige Gemälde belegen einen Diebstahl der streitgegenständlichen Bilder nicht.

VI.

Das Landgericht hat schließlich rechtfehlerfrei den Nachweis einer Bösgläubigkeit des Beklagten nicht für geführt erachtet; auch die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs des Eigenbesitzes bösgläubig war oder dies später wurde (Seite 6 der Urteilsgründe).

Soweit im Urteil (auf Seite 4 unter I vor 1) ausgeführt ist „Vielmehr ist das Gericht auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs der Bilder … hinsichtlich der Provenienz der Bilder gutgläubig war“, folgt daraus nichts anderes. Zwar könnte diese Passage so verstanden werden, als sei – unabhängig von der Beweislast – der Nachweis der Gutgläubigkeit geführt. Dies widerspricht jedoch bereits dem unmittelbar davorstehenden Satz „Dem Kläger ist es nicht gelungen, den mangelnden guten Glauben des Beklagten … nachzuweisen“. Auch lässt die Urteilsbegründung nicht erkennen, dass und warum das Gericht den Nachweis der Gutgläubigkeit als geführt angesehen hat; vielmehr geht die Begründung dahin, der Nachweis der Bösgläubigkeit sei nicht geführt.

Die Berufung rügt insoweit eine unzureichende und rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung.

2. Bösgläubigkeit bei Besitzerwerb bedeutet Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers (siehe oben B IV).

Unter der gemäß § 937 Abs. 2 BGB erforderlichen groben Fahrlässigkeit wird im Allgemeinen ein Handeln verstanden, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich großem Maß verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Die diese Definition ausfüllenden inhaltlichen Kriterien entsprechen denen, die im Rahmen des Gutglaubenserwerbs gemäß § 932 BGB entwickelt worden sind. Zu berücksichtigen sind danach (vgl. zum Ganzen: OLG Celle, GRUR-RR 2011, 24, Tz. 32 bei juris; Oechsler in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl. 2017, § 932 Rn. 48ff.; Lenders in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 937 BGB Rn. 9 f.):

- Art und Gestaltung des Erwerbsgeschäfts wie z. B. die Höhe des Preises (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.1987 – VIII ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456, juris Tz. 25) sowie die Veräußerungssituation,

- die Person des Erwerbers wie z. B. dessen geschäftliche oder fachspezifische Erfahrung, an die entsprechend höhere oder niedrigere Anforderungen hinsichtlich seiner Sorgfaltspflicht zu stellen sind,

- die Legitimation des Veräußerers sowie dessen Erklärungen, hinsichtlich derer eine kritische Würdigung des Erwerbers erwartet wird (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1972 – VIII ZR 66/71, MDR 1973, 44, juris Tz. 8),

- sonstige erkennbare Umstände in der Person des Veräußerers, z. B. ob dieser bekannt oder unbekannt in der maßgeblichen Branche ist.

- Die verkehrsübliche Abwicklung des Geschäfts in der betreffenden Branche ist bei der Beurteilung der Erwerbssituation von Bedeutung, wobei allerdings branchen- oder verkehrsübliche Schlampereien oder Leichtsinn keinen Anlass darstellen, die grobe Fahrlässigkeit zu verneinen (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1969 – VIII ZR 35/68, MDR 1970, 410).

- Über diese Kriterien hinaus kann im Einzelfall eine Nachforschungspflicht des Erwerbers hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem zu erwerbenden Gegenstand entstehen. Solche Nachprüfungs- und Erkundigungspflichten sind jedenfalls im Falle einer konkreten Verdachtssituation erforderlich, in der sich dann eine Bösgläubigkeit ergibt, wenn der Erwerber einem sich aufdrängenden objektiven Verdacht nicht nachgeht und eine gebotene Aufklärung unterlässt (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1972 – VIII ZR 66/71, MDR 1973, 44, juris Tz. 8; Urteil vom 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, juris Tz. 19; OLG Celle, OLGR 2004, 70, juris Tz. 54). Dabei begründen insbesondere verkehrstypische Gefahrensituationen, zu denen die Veräußerung besonders wertvoller Gegenstände, vor allem Kunstgegenstände jeglicher Art, zählt, Rückfragen zu den Eigentumsverhältnissen an der Sache (Oechsler in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl. 2017, § 932 Rn. 64 f.).

Hinsichtlich erst nach Besitzerwerb eingetretener Bösgläubigkeit erfordert das Gesetz positive Kenntnis; grob fahrlässige Unkenntnis genügt insoweit nicht.

Der Besitzer einer Sache hat von den seine Nichtberechtigung zum Besitz begründenden Umständen und damit vom Mangel seines Rechts zum Besitz nicht schon dann positive Kenntnis erlangt, wenn diese Umstände ihm gegenüber lediglich behauptet oder ihm in einer solchen Weise übermittelt werden, dass er berechtigten Anlass hat, an der Richtigkeit dieser Umstände zu zweifeln. Die Kenntnis der Umstände und des sich aus ihnen ergebenden Mangels des Rechts zum Besitz muss aber dann als erlangt gelten, wenn dem Besitzer die Rechte des Eigentümers durch liquide Beweise dargetan oder er über den Mangel seines Besitzrechts in einer Weise aufgeklärt wird, dass sich ein redlich Denkender der Überzeugung hiervon nicht verschließen würde (BGH, Urteil vom 22.01.1958 – V ZR 27/57, BGHZ 26, 256, Tz. 49 bei juris zu § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB; Kindl in: Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, 41. Edition 2016, § 937 Rn. 6).

3. Im Rahmen der beschränkten Überprüfbarkeit der Beweiswürdigung in der Berufungsinstanz (siehe oben B IV 3 a) ist die Wertung des Landgerichts, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei Bösgläubigkeit des Beklagten nicht nachgewiesen, nicht zu beanstanden.

a) Der Umstand der Schenkung an sich und das daraus folgende Fehlen von Erwerbsdokumenten (sei es für das Verhältnis zwischen Beklagtem und dessen Stiefvater, sei es für das Verhältnis zwischen Stiefvater und dessen Besitzvorgänger) rechtfertigen noch nicht den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Wer ein Geschenk erhält, handelt insbesondere nicht schuldhaft, wenn er dem Schenker gegenüber die Nachfrage nach entsprechenden Belegen unterlässt; vielmehr wird üblicherweise der Anstand gebieten, bei Erhalt eines Geschenks die Nachfrage nach solchen Dokumenten, aus denen sich regelmäßig auch der Erwerbspreis ergeben wird, zu unterlassen.

b) Soweit die Berufung pauschal behauptet, der Stiefvater habe die Bilder „im Privatkauf durch einen unverhältnismäßig günstigen Preis erworben“, „so gut wie nichts bezahlt“ und diese „für einen Apfel und ein Ei“ bzw. „für ein Butterbrot und ein Ei“ gekauft, ist dies durch nichts belegt und war vom Beklagten so auch nicht vorgetragen worden; der Beklagte hatte lediglich angegeben, sein Stiefvater habe ihm gegenüber erwähnt, „dass er die Gemälde in Dinkelsbühl erworben habe und dabei auch einen geringen Wert angenommen habe“ (Seite 7 der Klageerwiderung vom 07.11.2014 = Bl. 28 d.A.). Auch zur finanziellen Situation des Stiefvaters, eines Fuhrunternehmers für Sand und Schotter, ist nichts vorgetragen. Die vom Kläger mit nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 weiter behaupteten Umstände, dass der Stiefvater des Beklagten sich die Erwerbsquelle der Bilder „noch nicht einmal notiert hat“ und dass dieser „kein Kunstinteressent und Kunstsammler war“ und ihm weder Signatur noch Malstil des Malers H.P. bekannt gewesen seien, sind gleichfalls nicht belegt. Im Übrigen wären diese Umstände für die Frage der Bösgläubigkeit des Beklagten irrelevant. Selbst aus einer – unterstellten – Bösgläubigkeit des Stiefvaters des Beklagten bei Erwerb der Bilder würde noch nicht folgen, dass der Beklagte – dem die Erwerbsumstände seines Stiefvaters nicht bekannt sein müssen und nicht zugerechnet werden können – in gleicher Weise bösgläubig wäre.

c) Soweit der Kläger in den vorgenannten nachgelassenen Schriftsätzen als unglaubhaft rügt, „dass auch der Kunsthändler, der angeblich die Bilder dem Stiefvater … überlassen hat“ trotz deren Signatur deren Wert nicht erkannt haben soll und sie entsprechend zu einem geringen Preis an den Stiefvater des Beklagten verkauft haben soll, bedingt dies nicht zwingend die Bösgläubigkeit des Beklagten. Es steht bereits nicht fest, dass der Stiefvater des Beklagten die beiden Gemälde von einem Kunsthändler erwarb und nicht etwa – wie als weitere Möglichkeit vorgetragen – von einem Antiquitätensammler. Auch der (nicht näher dargelegte, pauschal auf Recherchen des Klägers gestützte) Verweis in den nachgelassenen Schriftsätzen auf die Nichtexistenz einer „namhaften Galerie in Dinkelsbühl, die Gemälde der klassischen Moderne von dieser Qualität und in diesem Preissegment üblicherweise verkauft“ ist deshalb unbehelflich.

Weiter steht auch nicht fest, dass derjenige, der an den Stiefvater des Beklagten die Bilder veräußerte, deren Wert erkannte, was – zumal bei Veräußerung durch einen privaten Antiquitätensammler – nicht zwingend erscheint. Jedenfalls kann der Beklagte hinsichtlich dieser ihm nicht erkennbaren und nicht zurechenbaren Umstände nicht als bösgläubig angesehen werden.

d) Soweit die Berufung darauf abstellt, dass der Beklagte nicht über Kunstverstand und kunsthistorisches Interesse und auch nicht über die finanziellen Mittel zum Erwerb der Bilder verfügt habe, so ist letzteres nicht festgestellt und – im Hinblick auf die behauptete Schenkung – auch nicht relevant. Auch fehlender Kunstverstand lässt die Annahme eines aus zwei Gemälden bestehenden Geschenks des Stiefvaters nicht als grob fahrlässig erscheinen.

e) Es kann auch nicht gesagt werden, dass der Beklagte den Wert der ihm geschenkten Bilder hätte erkennen müssen und insoweit – insbesondere durch Unterlassen diesbezüglicher Nachforschungen – grob fahrlässig handelte. Allein die erkennbare Signierung der Bilder mit dem Namenszug „H. P.“ gebot keine weitergehenden Ermittlungen, zumal der Bekanntheitsgrad des Künstlers P. (anders als beispielsweise bei Dürer, Rembrandt oder Picasso) nicht derart groß ist, dass dieser Namenszug wie auch der Wert eines Gemäldes des benannten Malers jedermann bekannt sein müsste. Auch die vom Beklagten vorgetragene Äußerung seines Stiefvaters, er habe einen geringen Wert der Bilder angenommen, belegt nicht, dass der Beklagte Gegenteiliges grob fahrlässig nicht erkannt hätte. Im Gegenteil spricht gerade der von der Berufung vorgetragene fehlende Kunstverstand des Beklagten dagegen, dass dieser einen hohen Wert der Gemälde hätte erkennen müssen. Eine konkrete Verdachtssituation, die eine Nachforschungspflicht des Beklagten hinsichtlich der Herkunft der Gemälde begründen könnte, bestand jedenfalls im Streitfall nicht. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei den sichergestellten Bildern um die Originale, Kopien oder Fälschungen handelt.

f) Das Aufhängen der Bilder zunächst im Privathaus und sodann in – der Öffentlichkeit zugänglichen – Geschäftsräumen des Beklagten spricht für Gutgläubigkeit, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Soweit der Kläger erstmals in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08.2017 und vom 23.08.2017 bestreitet, dass die beiden Gemälde jemals in den Geschäftsräumen des Beklagten aufgehängt waren, ist das diesbezügliche Vorbringen verspätet und deshalb nicht mehr zuzulassen, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO.

Seitens des Beklagten war bereits in erster Instanz vorgetragen worden, dass die Bilder zunächst im Privathaus des Beklagten und anschließend in den Büroräumen im Betrieb Gunzenhausen des Beklagten aufgehängt waren, bevor sie, als nicht mehr zeitgemäß empfunden, abgehängt worden waren (Seite 6 der Klageerwiderung vom 07.11.2014 = Bl. 27 d.A.). Ein anfängliches Aufhängen der Gemälde in den Geschäftsräumen hat auch die Zeugin K. H. bekundet („Es war so, dass die beiden Bilder damals in den Geschäftsräumen meines Vaters hingen…“).

Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Bilder „im Anwesen des Beklagten und auch in den Geschäftsräumen aufgehängt wurden“ (Seite 6 der Urteilsgründe). In der Berufungsbegründung des Klägers wird nicht gerügt, dass diese Feststellung unzutreffend sei.

Das nunmehrige Bestreiten ist deshalb verspätet.

g) Der Versuch im Jahre 2009, eines der Bilder aus finanziellen Gründen im Rahmen einer Auktion zu veräußern, belegt per se noch nicht die Kenntnis eines hohen Wertes. Eine diesbezügliche Recherche war nicht geboten.

h) Auch die im Verlauf des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens und des nunmehrigen Zivilprozesses erfolgten widersprüchlichen Einlassungen des Beklagten hinsichtlich des Schicksals der Bilder (etwa hinsichtlich des genauen Zeitpunktes des Erwerbs der Bilder, hinsichtlich der Umstände des Erwerbs oder hinsichtlich einer Weiterschenkung an seine Tochter, die Zeugin K. H.) reichen zum Nachweis der Bösgläubigkeit nicht aus, zumal hierfür – gerade im Hinblick auf den Zeitablauf – Erinnerungsschwächen verantwortlich sein können.

i) Gleiches gilt für die Auffindesituation der Gemälde, die von der Polizei in einem Schrank im oberen Stockwerk des Betriebsgebäudes Gunzenhausen des Beklagten aufgefunden wurden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Zeuge .M. H., der durch einen Anruf seiner Schwester, der Zeugin K. H. erfahren hatte, dass die Polizei die Bilder sicherstellen wollte, diese ohne Wissen und Veranlassung des Beklagten in einem Schrank im Obergeschoss verwahrt, um zu verhindern, dass Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten hiervon Kenntnis erlangen und dadurch eine Geschäftsschädigung eintreten könne. Die Zeugin K. H. hat hierzu ausgeführt, dass sie von zuhause aus anlässlich der Durchsuchung der Privaträume ihren „Bruder im Geschäft angerufen und ihn gebeten (habe), die Bilder Weg zustellen, damit es wenn die Polizei kommt diesbezüglich kein Aufhebens gibt. Ich hatte halt die Befürchtung, dass Kunden dies sonst mitbekommen und vielleicht sich Gedanken machen über Steuerprobleme oder ähnliches.“ Der Zeuge M. H. hat ausgeführt, „dass meine Schwester angerufen hat und mitteilte, dass die Polizei da sei und ich die Bilder nach oben bringen sollte, wobei ich das so verstand, dass die Mitarbeiter, Kunden und auch Lieferanten dies nicht mitbekommen. Das Geschäft sollte rausgehalten werden.“ Gegen ein – für Bösgläubigkeit des Beklagten sprechendes – bewusstes Verstecken der Bilder spricht auch, dass der Beklagte die durchsuchenden Polizeibeamten – deren Suche nach dem ergangenen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Ansbach vom 26.08.2009, Bl. 10-11 der beigezogenen Ermittlungsakten, zudem lediglich auf das Gemälde „Bildnis Mathilde Vollmoeller“ gerichtet war – bereits bei der Durchsuchung seiner Privaträume darauf hingewiesen hat, dass er zwei mit „P.“ signierte Bilder besitze, dass diese sich in seinem Betrieb in Gunzenhausen befinden würden und Einverständnis mit einer freiwilligen Herausgabe bestehe (Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten K.R. und J. S.).

j) Soweit der Kläger in den nachgelassenen Schriftsätzen auf das oben (unter B V 2 und B VI 2) zitierte Urteil des OLG Celle vom 10.07.2003 (OLGR 2004, 70) verweist und den ersten Leitsatz dieses Urteils zitiert, erschließt sich dem Senat die Bedeutung dieses Hinweises nicht. Insbesondere hat der Kläger (entgegen der vom OLG Celle entschiedenen Sachverhaltskonstellation) nicht nachgewiesen, dass es sich bei den klagegegenständlichen Gemälde um vom Maler H. P. stammende Originale handelt (siehe oben B III 1), wohingegen das OLG Celle über Herausgabeansprüche hinsichtlich antiquarischer Originalbücher zu befinden hatte.

k) Bei zusammenfassender Würdigung sämtlicher Gesichtspunkte hält auch der Senat den Nachweis einer Bösgläubigkeit des Beklagten im Sinne des § 937 Abs. 2 BGB für nicht geführt. Von Seiten des beweisbelasteten Klägers wurde der gemäß § 937 Abs. 2 BGB vermutete gute Glaube des Beklagten nicht widerlegt.

VII.

Der Beklagte hat damit im Wege der Ersitzung gemäß § 937 Abs. 1 BGB originär Eigentum an den beiden sichergestellten Gemälden erworben. Er ist deshalb gegenüber der Staatsanwaltschaft Ansbach berechtigt, vom weiteren Beteiligten im Hinterlegungsverfahren, dem Kläger, im Wege der Widerklage die Bewilligung der Freigabe zu verlangen.

Danach ist die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.

Die Vorschriften des Gesetzes zum Schutz von Kulturgut (Kulturgutschutzgesetz - KGSG) vom 31.07.2016 (BGBl. 2016 Teil I Seite 1914) gebieten insoweit keine andere Beurteilung. Zwar mag es sich bei den beiden Gemälden jeweils um Kulturgut im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 10 KGSG handeln. Es ist aber bereits nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Gemälde (soweit es sich überhaupt um Originale handelt) nationales Kulturgut im Sinne des § 6 KGSG darstellen und deshalb den insoweit vorgesehenen Beschränkungen des KGSG unterfallen. Fraglich erscheint auch, ob – insbesondere in Anbetracht der gesetzlich vorgesehenen Wertgrenzen (die für Gemälde bei Ausfuhr in die EU 300.000,00 EUR, bei Ausfuhr aus dem EU-Binnenmarkt 150.000,00 EUR betragen) – Ausfuhrbeschränkungen eingreifen (vgl. §§ 20, 21 Nr. 2, 24 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KGSG, Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Ausfuhr von Kulturgütern, ABl. L 39 vom 10.02.2009, Seite 1). Das Verbot des Inverkehrbringens abhandengekommenen Kulturguts (§ 40 KSGS) würde zudem den – im Streitfall nicht geführten – Nachweis eines Abhandenkommens bedingen.

Jedenfalls stehen die Bestimmungen des KGSG einem Eigentumserwerb infolge Ersitzung gemäß § 937 BGB nicht entgegen, selbst wenn das Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 40 KGSG auch für ersessene Kulturgüter gelten sollte.

VIII.

Dem Antrag des Klägers in dessen nachgelassenen Schriftsätzen auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht nachzukommen. Das in diesen Schriftsätzen enthaltene Vorbringen zu den in der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2017 erteilten rechtlichen Hinweisen des Senats wurde berücksichtigt, veranlasst indes – wie ausgeführt – keine andere Beurteilung. Das erstmalige Bestreiten des Aufhängens der beiden Gemälde in den Geschäftsräumen des Beklagten hingegen ist bereits von der nachgelassenen Schriftsatzfrist nicht gedeckt und – wie ebenfalls ausgeführt – als verspätet nicht zu berücksichtigen.

Die Voraussetzungen einer Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Senat hält zudem nach seinem Ermessen eine Wiedereröffnung nicht für angezeigt, § 156 Abs. 1 ZPO.

C. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dies ist nicht der Fall. Die bislang höchstrichterlich nicht entschiedene Frage der Beweislast für die Gutgläubigkeit im Rahmen der Ersitzung bei abhanden gekommenen Sachen ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

Die Fortbildung des Rechts erfordert keine höchstrichterliche Entscheidung. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht geboten; widersprüchliche Entscheidungen zu entscheidungserheblichen maßgeblichen Rechtsfragen liegen nicht vor.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 6 ZPO. Der Streitwert einer Klage auf Bewilligung der Freigabe einer hinterlegten Sache bestimmt sich nach deren Wert (KG, AnwBl 1978, 107). Da Klage und Widerklage hierbei denselben Gegenstand betreffen, sind deren Werte nicht zusammenzurechnen, § 45 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GKG. Die strgg. Gemälde sollen nach Vortrag des Klägers einen Wert von über 100.000,00 EUR aufweisen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1006 Eigentumsvermutung für Besitzer


(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 929 Einigung und Übergabe


Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 990 Haftung des Besitzers bei Kenntnis


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 932 Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten


(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glaube

Zivilprozessordnung - ZPO | § 6 Besitz; Sicherstellung; Pfandrecht


Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 854 Erwerb des Besitzes


(1) Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. (2) Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache ausz

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2033 Verfügungsrecht des Miterben


(1) Jeder Miterbe kann über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen. Der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Anteil verfügt, bedarf der notariellen Beurkundung. (2) Über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen kann ein Miterbe n

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 935 Kein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen


(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 868 Mittelbarer Besitz


Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 372 Voraussetzungen


Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzug der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem a

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 378 Wirkung der Hinterlegung bei ausgeschlossener Rücknahme


Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 872 Eigenbesitz


Wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 937 Voraussetzungen, Ausschluss bei Kenntnis


(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung). (2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass i

Gesetz zum Schutz von Kulturgut


Kulturgutschutzgesetz - KGSG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 376 Rücknahmerecht


(1) Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen. (2) Die Rücknahme ist ausgeschlossen:1.wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, dass er auf das Recht zur Rücknahme verzichte,2.wenn der Gläubiger der Hinterlegungs

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1007 Ansprüche des früheren Besitzers, Ausschluss bei Kenntnis


(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war. (2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren g

Kulturgutschutzgesetz - KGSG | § 6 Nationales Kulturgut


(1) Nationales Kulturgut ist Kulturgut, das 1. in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen ist,2. sich in öffentlichem Eigentum und im Bestand einer öffentlich-rechtlichen Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet,3. sich im Eigen

Kulturgutschutzgesetz - KGSG | § 21 Ausfuhrverbot


Die Ausfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn 1. für das Kulturgut das Verfahren zur Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingeleitet worden ist und die Entscheidung über die Eintragung noch nicht unanfechtbar geworden ist,2.

Kulturgutschutzgesetz - KGSG | § 40 Verbot des Inverkehrbringens


(1) Verboten ist das Inverkehrbringen von Kulturgut, das abhandengekommen ist, rechtswidrig ausgegraben oder unrechtmäßig eingeführt worden ist. (2) Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die nach Absatz 1 verboten sind, sind nichtig. (3) Verpfli

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 940 Unterbrechung durch Besitzverlust


(1) Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen. (2) Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dies

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 871 Mehrstufiger mittelbarer Besitz


Steht der mittelbare Besitzer zu einem Dritten in einem Verhältnis der in § 868 bezeichneten Art, so ist auch der Dritte mittelbarer Besitzer.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 938 Vermutung des Eigenbesitzes


Hat jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im Eigenbesitz gehabt, so wird vermutet, dass sein Eigenbesitz auch in der Zwischenzeit bestanden habe.

Kulturgutschutzgesetz - KGSG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind 1. „archäologisches Kulturgut“ bewegliche Sachen oder Sachgesamtheiten, die von Menschen geschaffen oder bearbeitet wurden oder Aufschluss über menschliches Leben in vergangener Zeit geben, sich im Boden ode

Kulturgutschutzgesetz - KGSG | § 20 Kulturgutverkehrsfreiheit


Kulturgut kann ein- oder ausgeführt sowie in Verkehr gebracht werden, soweit nicht dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften, insbesondere unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union, Verbote oder Beschränkungen vorsehen.

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Feb. 2002 - II ZR 37/00

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 37/00 Verkündet am: 4. Februar 2002 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk : ja BGHZ : nein BGHR

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 179/11 Verkündet am: 16. November 2012 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 161/04 Verkündet am: 7. Dezember 2006 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 85 Abs. 2;

Landgericht Ansbach Endurteil, 11. Sept. 2015 - 2 O 891/14

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger wird verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach - Hinterlegungsstelle - unter dem Az. HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P. „Frau im Sessel“ und 

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2015 - V ZR 63/13

bei uns veröffentlicht am 30.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 63/13 Verkündet am: 30. Januar 2015 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1006
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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 04. Feb. 2019 - Vf. 39-VI-18

bei uns veröffentlicht am 04.02.2019

Tenor 1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen. 2. Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 750 € auferlegt. Gründe I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen - das Versäumnisu

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger wird verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach - Hinterlegungsstelle - unter dem Az. HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P. „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“, an den Beklagten zu bewilligen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Bewilligung der Freigabe zweier Ölgemälde, welche bei dem Amtsgericht Ansbach hinterlegt sind.

Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ansbach, Az. 1062 Js 8347/09 gegen den Beklagten wurden am 01.10.2009 zwei Bilder, das Bild „Frau im Sessel“ sowie das Bild „Blumenstrauß“ in den Geschäftsräumen des Beklagten in … beschlagnahmt. Anfang 2010 wurden die beiden Ölgemälde durch die Staatsanwaltschaft Ansbach unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 beim Amtsgericht Ansbach, Hinterlegungsstelle, hinterlegt.

Der Kläger trägt vor, die von dem berühmten Maler H. P. gemalten Gemälde habe dieser seiner Tochter … zu Lebzeiten geschenkt und die Bilder seien sodann am 18.11.1986 mit anderen Kunstgegenständen aus dem Hause … in … der … und ihres Ehemannes … gestohlen worden. Die streitgegenständlichen Ölgemälde hätten sodann die aus der Ehe hervorgegangene Kläger und seine Schwester, … je zur Hälfte geerbt. … habe ihre Ansprüche insoweit an den Kläger abgetreten.

Der Kläger trägt vor, ihm stünde aus eigenen bzw. abgetretenem Recht auf Grund Eigentums an den beiden streitgegenständlichen Ölgemälden ein Anspruch gegen den Beklagten auf Bewilligung der Freigabe dieser Ölgemälde aus der Hinterlegung zu. Der Beklagte habe an den Bildern kein Eigentum erworben. Bereits aus den strafrechtlichen Ermittlungen ergäbe sich, dass der Beklagte die Gemälde nicht gutgläubig erhalten habe, sondern vielmehr bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Bilder nicht im guten Glauben gewesen. Er habe gewusst bzw. billigend in Kauf genommen, dass die Gemälde entwendet waren.

Der Kläger beantragt,

Der Beklagte wird verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach - Hinterlegungsstelle - unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P., „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“ zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt vor, er sei Eigentümer der streitgegenständlichen Gemälde geworden. Er gibt an, er habe die Gemälde jedenfalls vor 1993 von seinem Stiefvater geschenkt bekommen. Jedenfalls habe er sie schon länger als 10 Jahre in Besitz. Er habe bei Erwerb der Bilder keine Kenntnis davon gehabt, dass diese vorher vielleicht gestohlen worden seien und habe dies auch nicht wissen müssen. Sein Stiefvater habe ihm bei der Schenkung von dem Kauf der Bilder in Dinkelsbühl erzählt. An dieser Aussage seines Stiefvaters habe der Beklagte nicht zweifeln müssen.

Der Beklagte beantragt im Wege der Widerklage:

Für den Fall, dass die Klage abgewiesen wird, wird der Kläger auf Widerklage verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle - unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P., „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“, zu bewilligen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage wird abgewiesen.

Zur Begründung des Widerklageabweisungsantrags trägt der Kläger erneut vor, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht gutgläubig gewesen sei, was sich aus seinem widersprüchlichem Verhalten und den sich widersprechenden Erklärungen des Beklagten und seiner Familie ergäbe.

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.07.2015 die Zeugen … und … uneidlich vernommen. Zu den Aussagen der Zeugen wird auf das Protokoll der Sitzung (Bl. 65/78 d. A.) Bezug genommen.

Die Akte 1114 Js 8347/09 der Staatsanwaltschaft Ansbach war beigezogen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die im Verfahren übergebenen Schriftsätze mit den dazugehörigen Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage auf Bewilligung der Freigabe der streitgegenständlichen Ölgemälde zugunsten des Klägers durch den Beklagten war abzuweisen, da dem Kläger gegen den Beklagten kein Anspruch hierauf zusteht.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Bewilligung der Freigabe wäre, dass der Kläger Eigentümer der streitgegenständlichen Gemälde ist. Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht aber davon überzeugt, dass vorliegend der Beklagte durch Ersitzung nach § 937 Abs. 1 BGB selber Eigentümer der Gemälde geworden ist. Dem Kläger ist es nicht gelungen, den mangelnden guten Glauben des Beklagten zum Zeitpunkt des Erwerbs der Bilder nachzuweisen. Vielmehr ist das Gericht auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs der Bilder vor jedenfalls mehr als 10 Jahren, was ebenfalls zur Überzeugung des Gerichts bewiesen ist, hinsichtlich der Provenienz der Bilder gutgläubig war.

1. Der Beklagte hatte die beiden streitgegenständlichen Bilder mehr als 10 Jahre in Eigenbesitz (§ 937 Abs. 1 BGB). Hiervon ist das Gericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Zunächst trägt der Kläger selber vor, die Bilder seien seiner Familie bereits 1986 gestohlen worden. Damit wären es seit diesem Zeitpunkt jedenfalls möglich, dass der Beklagte sie in Besitz hatte. Der Beklagte selber trägt vor, er habe die Bilder vor dem Tod seines Schwiegervaters im Jahr 1993 von diesem geschenkt bekommen. Jedenfalls waren die Bilder bereits seit mindestens dem Jahr 1998 im Besitz des Beklagten. Dies ist für das Gericht durch die glaubewürdigen und glaubhaften Angaben der Zeugen … und … nachgewiesen.

Die Zeugen haben alle ausgesagt, dass sich die Bilder schon seit langer Zeit im Besitz der Familie befinden. Die Zeugin … gab hierzu an, die Bilder hätten jedenfalls zum Zeitpunkt der Kommunion ihrer Tochter …, in den 90er Jahren schon längere Zeit im Haus gehangen. Die Zeugin … konnte sich daran erinnern, dass sie das Bild „Blumenstrauß“ in ihrer Kindheit abgemalt hatte, da es ihr so gut gefiel. Das Bild wurde in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen und war dem streitgegenständlichen Bild im Motiv ähnlich. Die Zeugin gab an, dieses Bild bereits mit ca. 8 Jahren gemalt zu haben. Die Zeugin … gab an, es sei jedenfalls von ihrer Tochter in deren Kindheit gemalt worden. Nachdem die Zeugin zum Zeitpunkt ihrer Vernehmung 34 Jahre alt war, endete ihre Kindheit spätestens mit dem Alter von 16 Jahren, also 1997. Die Zeugen … und … gaben beide an, die Bilder würden sich bereits ca. 15 Jahre im Besitz der Familie befinden, also jedenfalls seit nicht später als dem Jahr 2000. Aufgrund der Aussage der Zeugin … zum Abmalen des Bildes sowie der Zeugin …, dass die Bilder bereits in den 90er Jahren bei der Kommunion ihrer Tochter in ihrem Besitz waren, ist das Gericht davon überzeugt, dass die Bilder jedenfalls seit mindestens 1998 im Besitz der Familie waren und teilweise in deren Anwesen, teilweise in den Geschäftsräumen des Beklagten aufgehängt bzw. aufbewahrt wurden.

2. Die Beschlagnahme der Bilder erfolgte am 1.10.2009 und mithin mehr als 10 Jahre nach dem Beginn des Eigenbesitzes des Beklagten. Das der Beklagte auch in der Zwischenzeit Eigenbesitz an den Bildern behielt, wird zudem nach § 938 BGB vermutet. Somit war bei Beschlagnahme der Bilder der Zeitraum von 10 Jahren Eigenbesitz als Voraussetzung der Ersitzung erfüllt.

3. Der Eigentumserwerb durch Ersitzung scheitert vorliegend auch nicht daran, dass der Beklagte bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben war oder er später (während des Laufs der 10 Jahre) erfähren hätte, dass ihm das Eigentum nicht zusteht (§ 937 Abs. 2 BGB).

Die Beweislast für den mangelnden guten Glauben bzw. die spätere Kenntnis trägt der Kläger. Dieser hat nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs des Eigenbesitzes bösgläubig war oder dies später wurde. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich dies nicht aus der polizeilichen Ermittlungsakte. Der Beklagte hat bereits seit seiner ersten Vernehmung angegeben, er habe von dem vor seinem Besitzerwerb erfolgten Diebstahl der Bilder keine Kenntnis gehabt. Vielmehr seien ihm die Bilder von seinem Stiefvater geschenkt worden. Auch soweit zwischen den Vernehmungen bei der Polizei und den Aussagen bei Gericht ggf. Differenzen und Widersprüche auftreten, so stellen diese allenfalls ein Indiz dar, dass der Beklagte von der deliktischen Herkunft der Bilder vor deren Beschlagnahme durch die Polizei etwas gewusst haben könnte.

Demgegenüber spricht das Verhalten des Beklagten bei der Durchsuchung und zuvor gegen eine solche Kenntnis. Zum einen kann nicht davon gesprochen werden, dass der Beklagte versucht hätte, die Bilder vor der Polizei zu „verstecken“. Vielmehr hat der Beklagte ausweislich der glaubhaften und glaubwürdigen Aussagen der beteiligten Beamten diese selber auf den Verwahrort des damals gesuchten Bildes „Frau im Sessel“ in seinen Geschäftsräumen hingewiesen und seine Kinder dazu aufgefordert, dieses herauszugeben. Daneben hat der Beklagte aber der Polizei auch das - damals von dem Durchsuchungsbeschluss nicht erfasste - Bild „Blumenstrauß“ übergeben. Dies spricht gegen ein „verstecken“ der Bilder durch den Beklagten. Auch sonst sind keine Beweismittel vorhanden, die eine Bösgläubigkeit des Beklagten zu Beginn oder während des Besitzes der Bilder bis zu deren Beschlagnahme beweisen würden. Das Verhalten des Beklagten in dieser Zeit, wie es die übrigen Zeugen beschrieben haben - die Bilder also im Anwesen der Beklagten und auch in den Geschäftsräumen aufgehängt wurden - wären hingegen nur schwer verständlich, wenn der Beklagte tatsächlich gewusst hätte, dass es sich hierbei um Diebesgut handelt. Somit ist ein Nachweis der die Ersitzung ausschließenden Bösgläubigkeit des Beklagten nicht zur Überzeugung des Gerichts gelungen.

Auch das Verhalten der Kinder des Beklagten im Rahmen der Durchsuchung sind nicht geeignet, das Gericht davon zu überzeugen, dass der Beklagte Kenntnis von dem Diebstahl der Bilder hatte. Zwar haben die Zeugen … und … angegeben, dass die Bilder aufgrund der Durchsuchung durch die Polizei weggeräumt wurden. Die Zeugin … erklärte dies damit, dass die Bilder weggestellt wurden, damit es wenn die Polizei kommt diesbezüglich kein Aufhebens gibt. Sie habe die Befürchtung gehabt, dass Kunden dies sonst mitbekommen und vielleicht sich Gedanken machen über Steuerprobleme oder ähnliches. Dies ist für das Gericht jedenfalls nachvollziehbar. Der Zeuge … hat dies sodann in seiner Vernehmung bestätigt, wonach er davon ausging, dass die Mitarbeiter, Kunden und auch Lieferanten die Durchsuchung bzw. Herausgabe der Bilder nicht mitbekommen sollten. Das Geschäft sollte rausgehalten werden. Er habe in dem Moment keine Idee gehabt, warum die Polizei da war.

Das die Familie … ein Auktionshaus in der Schweiz für einen möglichen Verkauf der Bilder auswählte, ist ebenfalls nicht geeignet, das Gericht davon zu überzeugen, dass der Beklagte bösgläubig hinsichtlich der Provenienz der Bilder war. Vielmehr hat die Zeugin … für das Gericht nachvollziehbar erklärt, dass sie über Google dieses Auktionshaus gefunden habe, welches bereits Bilder eines Malers Purrmann verkauft habe.

II.

Soweit der Beklagte im Wege der Widerklage von dem Kläger selber die Bewilligung der Freigabe der streitgegenständlichen Ölgemälde verlangt, so ist dieser Anspruch zulässig und begründet. Der Beklagte ist, wie bereits oben ausgeführt, jedenfalls im Wege der Ersitzung (soweit es sich bei den Gemälden um die gestohlenen echten Purrmann Gemälde handelt) Eigentümer der bei dem Amtsgericht Ansbach hinterlegten Gemälde „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“ geworden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei diesen Bildern tatsächlich um echte Gemälde des Malers H. P. handelt. Auch wenn dies von Klägerseite behauptet wird, kommt es hierauf letztlich nicht an, da ob echt oder unecht jedenfalls der Beklagte Eigentümer der Gemälde - entweder bereits auf Grund der schenkweisen Übereignung der Bilder durch seinen Stiefvater oder aber auf Grund von Ersitzung - Eigentümer dieser beiden Bilder geworden ist.

III.

Die Entscheidung über die Kosten ergeht nach § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollsteckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war.

(2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Übrigen finden die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war.

(2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Übrigen finden die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.

Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzug der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grund oder infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.

(1) Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen.

(2) Die Rücknahme ist ausgeschlossen:

1.
wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, dass er auf das Recht zur Rücknahme verzichte,
2.
wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt,
3.
wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urteil vorgelegt wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt.

Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 63/13
Verkündet am:
30. Januar 2015
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 1006 BGB findet auch dann Anwendung, wenn der Besitzer behauptet, das
Eigentum im Wege der Schenkung erworben zu haben.
Dass ein (leitender) Angestellter über Schlüssel zu Räumen oder Nebenräumen des
Arbeitgebers verfügt, dient im Allgemeinen der Erfüllung seiner dienstlichen
Aufgaben und führt nicht dazu, dass er selbst als Besitzer der Räumlichkeit
anzusehen ist; er ist vielmehr Besitzdiener.
Die tatsächliche Gewalt über Gegenstände, die sich in den Räumen des
Arbeitgebers befinden, wird nach der Verkehrsanschauung im Zweifel nicht dem
Arbeitnehmer, sondern dem Arbeitgeber als dem Besitzherrn zugeordnet und von
dessen generellen Besitzbegründungswillen getragen; hiervon ausgenommen ist
nur offenkundig persönlicher Besitz des Arbeitnehmers.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Januar 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Roth, die Richterin
Dr. Brückner und den Richter Dr. Göbel

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 7. Februar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger war von Mai 1970 bis September 2000 Geschäftsführer einer Bezirkszahnärztekammer (im Folgenden BZK), bei der es sich um eine unselbständige Untergliederung der Beklagten zu 4 handelt. 1999 plante er mit seiner damaligen Ehefrau, der Beklagten zu 2, für das darauffolgende Jahr einen Umzug von M. nach P. . Im Spätsommer 1999 erhielten beide Besuch von der Schwester der Ehefrau, der Beklagten zu 1. Der Kläger bat diese, fünf verschlossene Holzweinkisten mit nach P. zu nehmen. Daraufhin nahmen die Beklagte zu 1 und ihr Lebensgefährte B. die Kisten mit; beide gingen - ebenso wie die Beklagte zu 2 - den Angaben des Klägers entsprechend davon aus, dass diese Wein enthielten und im Hinblick auf den Umzug bei der in P. wohnhaften Beklagten zu 1 gelagert werden sollten.
2
Ebenfalls im Jahr 1999 führte die BZK - wie schon des Öfteren seit Anfang der Neunzigerjahre - eine Spendenaktion zu karitativen Zwecken durch, in deren Verlauf Zahnärzte Sammeldosen für gebrauchtes Zahngold in ihren Praxen aufstellten. In die Aktion eingebunden war die H. GmbH & Co. KG (im Folgenden: H. KG), die zu der Firmengruppe der Beklagten zu 3 gehört; sie sollte den Scheideprozess durchführen und der BZK den Reingoldanteil vergüten. Zu diesem Zweck wog der Hausmeister der BZK zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt das gesammelte und in Eimer verfüllte Altzahngold. Mitte Oktober 1999 bescheinigte der von der H. KG mit der Abholung betraute Mitarbeiter S. der BZK den Erhalt von 140 kg Altzahngold. Tatsächlich lieferte er jedoch nur 77,137 kg bei der H. KG ab, was zunächst nicht auffiel, weil er einen entsprechenden Eigenbeleg vorlegte. Als die BZK bei der Gutschrift des Goldes die Fehlmenge bemängelte, wurde gegen Herrn S. ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung eingeleitet. Die H. KG zahlte im Vergleichswege einen Betrag von 270.000 DM an die BZK. Das gegen Herrn S. gerichtete Strafverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt.
3
Im Jahr 2002 trennten sich der Kläger und die Beklagte zu 2. Im Oktober 2002 öffnete die Beklagte zu 1 die Weinkisten und stellte fest, dass diese mit Altzahngold gefüllt waren. Daraufhin übergaben die Beklagten zu 1 und 2 das Altzahngold - einem Gutachten zufolge eine Menge von 53,2 kg - an die Staatsanwaltschaft. Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren endete mit einem Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts. Die Staatsanwaltschaft hinterlegte die Kisten nebst Inhalt bei dem Amtsgericht Potsdam und benannte die Parteien als mögliche Berechtigte.

4
Die Klage, mit der der Kläger die Beklagten - soweit von Interesse - jeweils verurteilen lassen will, ihre Zustimmung zu der Herausgabe der hinterlegten Kisten samt Altzahngold zu erklären, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit den von dem Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, wollen die Beklagten die Zurückweisung der Berufung erreichen.

Entscheidungsgründe:


A.


5
Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB verpflichtet, der Herausgabe an den Kläger zuzustimmen. Es könne dahinstehen, ob der Kläger sein Hauptvorbringen bewiesen habe, wonach ihm sein Freund, der im Jahr 1994 verstorbene Zahnarzt G. , das Altzahngold im Februar 1989 im Wege der Schenkung übereignet habe, er es noch bei diesem in die Weinkisten verfüllt und bis zu der Übergabe an den Zeugen B. in seiner jeweiligen Wohnung gelagert habe. Denn der Kläger habe sich in prozessual zulässiger Weise hilfsweise die Aussage des von den Beklagen benannten Zeugen B. in erster Instanz zu eigen gemacht, wonach der Zeuge die Kisten mit dem Kläger in der Hauptstelle der BZK abgeholt habe; die Weinkisten hätten sich in einem Raum im Bereich der Tiefgarage des unter anderem von der BZK genutzten Gebäudes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung befunden, zu dem der Kläger einen Schlüssel gehabt habe. Nach diesem Hilfsvorbringen werde das Eigentum des Klägers gemäß § 1006 Abs. 1 BGB vermutet. Er sei als Schlüsselinhaber nach außen erkennbar als Eigenbesitzer aufgetreten, indem er die Kisten abtransportiert habe. Wer Sachen persönlich nutze, ohne Organ der juristischen Person zu sein, habe nach der Verkehrsanschauung die tatsächliche Herrschaftsgewalt inne, wenn er - wie der Kläger - einen entsprechenden Besitzwillen habe. Die Beklagten hätten die Eigentumsvermutung auch nicht widerlegt. Zwar seien insbesondere bei behaupteter Schenkung keine besonders hohen Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung zu stellen. Vorliegend bestehe aber deshalb kein Anlass für Beweiserleichterungen, weil nichts dafür spreche, dass statt des Klägers einer der Beklagten Eigentumsrechte an den Kisten nebst Inhalt habe. Schließlich lasse sich nicht feststellen, dass das Altzahngold einem früheren Besitzer im Sinne von § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB abhandengekommen sei.

B.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
I. Im Ausgangspunkt zutreffend sieht das Berufungsgericht die rechtliche Grundlage für das Begehren des Klägers in § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB.
8
1. Damit die Hinterlegungsstelle an einen der Beteiligten herausgeben darf, bedarf es der Bewilligung durch die übrigen Beteiligten (§ 21 Abs. 3, § 35 HintG Brdbg). Der (wahre) Berechtigte kann die Abgabe dieser Erklärung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB von den übrigen Prätendenten verlangen, die ihre Rechtsposition auf seine Kosten erlangt haben; insoweit ist es ohne Bedeutung, ob die Voraussetzungen für die Hinterlegung vorlagen (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1980 - VIII ZR 334/79, WM 1980, 1383 ff.; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 812 Rn. 93 mwN). Ob der Anspruch besteht, richtet sich nicht nach dem Innenverhältnis zwischen den Prätendenten, sondern ausschließlich nach dem materiellen Rechtsverhältnis zwischen dem hinterlegenden Schuldner - hier der Staatsanwaltschaft - und dem Kläger (vgl. Senat, Urteile vom 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294 und vom 16. November 2012 - V ZR 179/11, ZIP 2013, 384 Rn. 10; BGH, Urteile vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495 und vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 161/04, NJW-RR 2007, 845, 846). Dies beruht darauf, dass die Hinterlegung zur Erfüllung einer gegen den Hinterlegenden gerichteten Forderung erfolgt (§ 372 Satz 2 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495).
9
2. Zu Recht sieht das Berufungsgericht alle Beklagten als Beteiligte des Hinterlegungsverfahrens im Sinne von § 21 Abs. 3 HintG Brdbg an, nachdem die Staatsanwaltschaft sie als solche benannt hat. Die Beteiligtenstellung eines von dem Hinterlegenden benannten Empfängers entfällt allerdings dann, wenn unzweifelhaft feststeht, dass er materiell nicht berechtigt ist (Senat, Urteil vom 10. Dezember 2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2005, 712, 714; MünchKommBGB /Fetzer, 6. Aufl., § 372 Rn. 28); infolgedessen ist seine Bewilligung entbehrlich. Davon kann hier jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Beklagten zu 1 und 2 stützen ihre Berechtigung auf eine Schenkung durch den Kläger. Die Beklagte zu 4 leitet ihre Rechte aus dem 1999 abhanden gekommenen Altzahngold her, ebenso die Beklagte zu 3 aufgrund der Abtretung der Ansprüche der H. KG.
10
II. Mit der gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers gegen die Staatsanwaltschaft auf Herausgabe des Altzahngoldes nicht bejaht werden. Ein öffentlich-rechtlicher Herausgabeanspruch aufgrund der nach dem Ende einer strafprozessualen Beschlagnahme erforderlichen Restitution (näher hierzu Senat, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 90/13 Rn. 8 mwN, juris) besteht nicht, weil der Kläger nicht letzter Gewahrsamsinhaber war; insoweit kommt es nicht auf die zivilrechtlichen Besitzverhältnisse, sondern auf die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft an. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch kann sich insbesondere aus § 985 BGB ergeben. Dies setzt voraus, dass der Kläger Eigentümer des Altzahngoldes ist. Nach seinem Hauptvorbringen hat er das Eigentum durch den Vollzug der Schenkung erworben und das Altzahngold bis zu der (nur zum Zwecke der Aufbewahrung erfolgten) Übergabe an die Beklagte zu 2 und ihren Lebensgefährten in seiner Wohnung gelagert. Weder die behauptete Schenkung noch die Lagerung in der Wohnung des Klägers hat das Landgericht als erwiesen angesehen. Dass das Berufungsgericht der Berufung des Klägers ohne Prüfung seiner Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts mit der Begründung stattgegeben hat, das Eigentum des Klägers werde jedenfalls nach dem Hilfsvorbringen gemäß § 1006 Abs. 1 BGB vermutet, ist rechtsfehlerhaft.
11
1. Nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach der Hilfsvortrag des Klägers (Abholung der Kisten in der Tiefgarage) nicht wegen Verstoßes gegen § 138 ZPO unbeachtlich ist. Im Grundsatz darf sich eine Partei gegnerischen Vortrag auch dann hilfsweise zu eigen machen, wenn dieser dem eigenen Vortrag widerspricht, solange das Verhältnis der Behauptungen zueinander klargestellt ist und nicht (objektiv) feststeht, dass die Hilfsdarstellung bewusst wahrheitswidrig abgegeben wurde (Senat, Urteil vom 25. Januar 1956 - V ZR 190/54, BGHZ 19, 387, 390 f.; Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 125/88, NJW 1989, 2756; MünchKommZPO /Wagner, 4. Aufl., § 138 Rn. 12; Musielak/Stadler, ZPO, 11. Aufl., § 138 Rn. 2). Dies gilt gleichermaßen, wenn sich die Partei ein ihr (vermeintlich) günstiges Ergebnis der Beweisaufnahme hilfsweise zu eigen macht (zu letzterem etwa BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, NJWRR 2010, 495 Rn. 5). So liegt es hier. Die bewusste Wahrheitswidrigkeit des Hilfsvorbringens verneint das Berufungsgericht in vertretbarer Würdigung. Eine etwaige Widersprüchlichkeit des Parteivortrags kann ggf. im Rahmen der Beweiswürdigung Berücksichtigung finden.
12
2. Im Ausgangspunkt zutreffend ist auch die Annahme, dass § 1006 BGB Anwendung findet, obwohl der Kläger das Eigentum im Wege der Schenkung erworben haben will. Die von den Beklagten zu 1 und 2 insoweit erhobenen Zweifel sind unbegründet. Zwar wird vertreten, dass die Norm bei einem behaupteten Erwerb im Wege der Schenkung nicht eingreife (Wacke, AcP 191 [1991] 14 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, 4. Aufl., Rn. 1002 Fn. 1753); dies bezieht sich vor allem auf das Verhältnis zwischen dem Besitzer und dem vermeintlichen Schenker. Nach der ganz überwiegenden Ansicht ist der behauptete Erwerbstatbestand für die Anwendbarkeit des § 1006 BGB aber ohne Bedeutung (MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 63; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 47; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 207/92, WM 1994, 425 ff.; BVerwG, NJW 2003, 689, 690). Dies entspricht dem Wortlaut der Norm und ihrem sachenrechtlichen Charakter; das Eigentum wird aufgrund des Besitzes und unabhängig von dem Erwerbstatbestand vermutet.
13
3. Nicht haltbar sind dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es auf der Grundlage des Hilfsvorbringens das Eingreifen der Eigentumsvermutung annimmt.
14
a) Die Darlegungs- und Beweislast für den Besitz an der Sache im Sinne von § 1006 BGB trifft denjenigen, der sich auf die Eigentumsvermutung beruft, hier also (gemäß § 1006 Abs. 2 BGB) den Kläger, der seinen früheren Besitz behauptet (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1006 Rn. 1); sein Vortrag ist nur schlüssig, wenn er tatsächliche Umstände darlegt, aus denen sich sein Besitz ergibt. Diese Darlegungsanforderungen werden nicht abgemildert, weil es sich um einen Prätendentenstreit handelt.
15
b) Seinen Besitz hat der Kläger durch den Hilfsvortrag, auf den das Berufungsgericht entscheidend abstellt, nicht schlüssig dargelegt. Nach der Aussage des Zeugen B. , die er sich zu eigen gemacht hat, sollen sich die Kisten in einem verschlossenen Raum (einer „Art Weinkeller“) im Bereich der Tiefgarage des unter anderem von der BZK genutzten Gebäudes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung befunden haben, zu dem der Kläger einen Schlüssel hatte.
16
aa) Es ist bereits rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht den Kläger auf der Grundlage des Hilfsvortrags als Besitzer des von dem Zeugen geschilderten Raums ansieht.
17
(1) Im Ergebnis trifft es allerdings zu, dass ein von dem Kläger ausgeübter Besitz an dem Raum nicht deshalb der BZK zuzuordnen ist, weil er deren Organ war. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 des badenwürttembergischen Heilberufe-Kammergesetzes (GBl. BW 1995, 314) sind Organe einer Bezirkszahnärztekammer (als Untergliederung der Landeszahnärztekammer) die Vertreterversammlung, der Vorstand sowie ggf. Ausschüsse. Danach ist ein Geschäftsführer nicht Organ, sondern (leitender) Angestellter der BZK.
18
(2) Unzutreffend ist jedoch die von dem Berufungsgericht hieraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, der Kläger sei bereits deshalb als Besitzer anzusehen, weil er, ohne Organ der BZK zu sein, den Schlüssel zu dem Raum gehabt habe. Das Berufungsgericht übersieht nämlich, dass der Kläger als (leitender) Angestellter hinsichtlich der Räumlichkeiten der BZK deren Besitzdiener war.
19
(a) Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB ist unter anderem, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Danach sind Arbeitnehmer im Hinblick auf die ihnen zur Erfüllung ihrer Arbeitsleistung überlassenen Sachen grundsätzlich als Besitzdiener anzusehen, und zwar auch leitende Angestellte (RGZ 71, 248, 252; 99, 208, 209; 112, 109, 113; BAG NJW 1999, 1049, 1051; NZA 2000, 715, 716 f.; näher MünchKomm-BGB/Joost, 6. Aufl., § 854 Rn. 21, § 855 Rn. 5, 9; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 855 Rn. 8); dies gilt selbstverständlich auch für die Räumlichkeiten des Arbeitgebers.
20
(b) Daran gemessen war der Kläger als leitender Angestellter hinsichtlich der ihm zugänglichen Räumlichkeiten der BZK nur Besitzdiener. Dass ein (leitender) Angestellter über Schlüssel zu Räumen oder Nebenräumen des Arbeitgebers verfügt, dient im Allgemeinen der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben und führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dazu, dass er selbst als Besitzer der Räumlichkeit anzusehen ist.
21
(c) Dass es sich um einen privat genutzten Raum handelte, ist dem Hilfsvortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Vielmehr sprechen die vorgetragenen tatsächlichen Umstände - wie das Landgericht zu Recht hervorgehoben hat - dafür, dass es sich um einen Nebenraum der BZK handelte, zu dem der Kläger als Geschäftsführer einen Schlüssel hatte. Ohne ergänzenden Sachvortrag des Klägers ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass ein Raum in dem von seinem Arbeitgeber genutzten Gebäude nur ihm zugänglich war und ihm - etwa aufgrund eines Mietvertrags - zur privaten Nutzung zur Verfügung stand. Soweit das Berufungsgericht andeutet, der Raum könnte einer der weiteren in dem Gebäude ansässigen Firmen zuzuordnen sein, übergeht es den Umstand, dass der Kläger als Geschäftsführer der BZK über einen Schlüssel verfügte; ohnehin wäre ein Besitz anderer Firmen nicht geeignet, den Besitz des Klägers darzulegen.
22
bb) Wenn nach dem Hilfsvortrag die Möglichkeit besteht, dass die BZK Besitzerin des Raumes war, kann sie auch Besitzerin der in dem Raum befindlichen Weinkisten und des darin verborgenen Altzahngolds gewesen sein, was zur Folge hat, dass der Kläger seinen Besitz nicht schlüssig dargelegt hat.
23
(1) Ob der Kläger oder die BZK Besitz an den Weinkisten nebst Inhalt hatte, richtet sich danach, ob er nach der Verkehrsanschauung als Besitzer oder als Besitzdiener anzusehen ist.
24
(a) In wessen tatsächlicher Herrschaftsgewalt sich die Sache befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falles entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 119/11, WM 2012, 1926 Rn. 10; BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - VIII ZR 379/86, BGHZ 101, 186, 188 mwN). Die tatsächliche Gewalt über Gegenstände, die sich in den Räumen des Arbeitgebers befinden, wird im Zweifel nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem Arbeitgeber als dem Besitzherrn zugeordnet und von dessen generellen Besitzbegründungswillen getragen (zu letzterem BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - VIII ZR 379/86, BGHZ 101, 186, 187 ff.; MünchKomm-BGB/Joost, 6. Aufl., § 854 Rn. 10 mwN).
Ausgenommen ist nur offenkundig persönlicher Besitz des Arbeitnehmers. Dass es sich um solchen handelt, kann sich entweder aus einer räumlichen Beziehung (etwa bei Gegenständen, die in einem für private Zwecke zur Verfügung gestellten Schrank oder Spind verwahrt werden) oder aus der Natur der Sache ergeben (etwa bei privater Kleidung, persönlichen Schreibgeräten oder für den eigenen Verzehr bestimmten Nahrungsmitteln).
25
(b) Danach war die BZK - unterstellt, es handelte sich um einen ihr zuzuordnenden Raum - Besitzerin sowohl der Weinkisten als auch des Altzahngolds; auf die von den Revisionsführern aufgeworfene Rechtsfrage, ob für das Eingreifen der Eigentumsvermutung maßgeblich auf das Behältnis (Weinkiste) oder auf den darin verborgenen Inhalt (Altzahngold) abzustellen ist, kommt es daher nicht an.
26
(aa) Im Hinblick auf das Altzahngold wäre nach der Verkehrsanschauung die BZK Besitzerin. Denn die Sachherrschaft über eine große Menge von Altzahngold in Zahnprothesen - zumal im Verlauf einer Altgoldsammelaktion - in Nebenräumen der BZK ordnen redliche Dritte ohne jeden Zweifel der BZK und nicht deren Geschäftsführer als Privatperson zu; dieser ist nur Besitzdiener.
27
(bb) Das gilt für größere Mengen von Weinkisten gleichermaßen, die in verschlossenen Nebenräumen des Arbeitgebers gelagert werden. Mit seiner gegenteiligen Annahme verkennt das Berufungsgericht, dass der Besitz des Arbeitnehmers die Ausnahme und nicht die Regel ist. Dies gilt auch für in Dienstgebäuden gelagerte Nahrungs- oder Genussmittel. Sie werden nach der Verkehrsanschauung nur dann dem Arbeitnehmer zugeordnet, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass sie für dessen private Bedürfnisse bestimmt sind. Das kann der Fall sein, wenn es um Nahrungsmittel solcher Art und Menge geht, die üblicherweise am Arbeitsplatz verzehrt werden, oder wenn sich aus den Umständen erschließt, dass haushaltsübliche Einkäufe vorübergehend in den Räumen des Arbeitgebers gelagert werden. Eine Vorratshaltung in größeren Mengen wird dagegen im Zweifel dem Arbeitgeber zugeordnet, weil es nicht ungewöhnlich ist, dass diese etwa für Bewirtungszwecke vorgehalten werden.
28
(2) Zu Unrecht führt das Berufungsgericht für den Besitz des Klägers an, er habe seinen Willen, die Sachen wie ein Eigentümer zu beherrschen, durch die Abholung der Kisten deutlich zum Ausdruck gebracht. Nach dieser Argumentation würde die Eigentumsvermutung für einen Arbeitnehmer eingreifen, der sich betriebliche Gegenstände aneignet, indem er sie abtransportiert. Der Tatbestand des § 1006 BGB ist jedoch nicht erfüllt, wenn sich aus dem eigenen Vortrag des Besitzers ergibt, dass der Erwerb des Besitzes nicht zum Eigentumserwerb geführt hat (BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 270/82, NJW 1984, 1456, 1457; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 42 ff., jeweils mwN). So liegt es nach dem Hilfsvortrag. Seinen Besitz an den Kisten vor dem Abtransport hat der Kläger nicht dargelegt. Die Besitzerlangung durch den Abtransport reicht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht aus, weil er nach seinem Vortrag bereits Eigentümer war.

C.


29
Das Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht die Angriffe nicht geprüft hat, mit denen der Kläger sich gegen die auf den Hauptvortrag bezogene Beweiswürdigung des Landgerichts wendet. Bei der Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
30
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
31
I. Das Berufungsgericht wird zunächst die Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zu prüfen haben, gegen die es - bislang nicht entscheidungserhebliche - Zweifel geäußert hat. Insoweit besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung einen eigenen Eindruck von den vernommenen Zeugen jenseits der protokollierten Bekundungen verwerten darf. Hält der Tatrichter seine persönlichen Eindrücke - hier den Umstand, dass ein Zeuge auf bestimmte Fragen ausweichend und auffällig distanziert geantwortet habe und seine Schilderung eigentümlich farblos gewesen sei - in dem Urteil fest und würdigt er sie, begründet dies für sich genommen keine Zweifel an der Tatsachenfeststellung im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Solche Eindrücke, die auch aus der richterlichen Wahrnehmung des Verhaltens eines Zeugen, insbesondere der nonverbalen Kommunikation entstehen können, finden in das Protokoll naturgemäß keinen Eingang; dort wird gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nur die Aussage des Zeugen festgestellt. Dagegen hat die Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme zu erfolgen. Zu den Gründen, die im Urteil als für die richterliche Überzeugung leitend angegeben werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO), können und sollen auch persönliche Eindrücke des Tatrichters gehören, die dieser im Rahmen der Beweisaufnahme gewonnen hat.
32
II. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung Anlass für eine Wiederholung der Beweisaufnahme sehen, ist - entgegen der Auffassung des Klägers - zunächst entscheidend, welchen Geschehensablauf es hinsichtlich der Übergabe des Altzahngolds an den Zeugen B. als erwiesen ansieht.
33
1. Sollten sich die Kisten bei der Übergabe - dem Hauptvortrag entsprechend - im Haus des Klägers befunden haben, wäre er in diesem Zeitpunkt Besitzer gewesen.
34
a) Folglich stritte die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 2BGB für ihn. Über den Wortlaut von § 1006 Abs. 2 BGB hinaus wird zugunsten des früheren Besitzers auch die Rechtsfortdauer vermutet. Die Vermutung tritt nur dann zurück, wenn sich ein späterer Besitzer auf § 1006 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB berufen kann (näher Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1006 Rn. 5 mwN). Dies gälte nicht für die Beklagte zu 1, die nach ihrem eigenen Vortrag zunächst Fremdbesitzerin gewesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 - IX ZR 55/02, NJW 2004, 217, 219).
35
b) Daher wäre zu prüfen, ob die Beklagten die Eigentumsvermutung widerlegen können.
36
aa) Zu Unrecht stellt das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nur darauf ab, dass das Eigentum des Klägers wahrscheinlicher sei als das der anderen Beteiligten. Richtig ist zwar, dass die Eigentumsvermutung als widerlegt anzusehen ist, wenn Umstände bewiesen werden, die das Eigentum des Gegners der Vermutung wahrscheinlicher erscheinen lassen als das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers. Das Berufungsgericht lässt aber außer Acht, dass die Eigentumsvermutung auch auf andere Weise widerlegt werden kann (näher NK-BGB/Schanbacher, 2. Aufl., § 1006 Rn. 5; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 47). Insbesondere ist es ausreichend, wenn die von dem Besitzer behaupteten Erwerbstatsachen - hier also die Schenkung durch den Zahnarzt G. - widerlegt werden (vgl. BVerwG, NJW 2003, 689, 690; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 45, 61; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 48). Es ist nicht erforderlich, dass alle denkbaren anderen Erwerbstatbestände widerlegt werden (BGH, Urteil vom 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, MDR 1977, 661; BVerwG, NJW 2003, 689, 690). Die Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung sind auch nicht deshalb andere, weil es um einen Prätendentenstreit geht.
37
bb) Daher wäre den hierauf bezogenen Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen. Da der angebliche Schenker seine Praxis zu Beginn der Achtzigerjahre aufgegeben haben soll, müsste unter anderem der angebotene Sachverständigenbeweis zu dem Alter der Zahnprothesen erhoben werden. Bislang hat das Berufungsgericht lediglich die in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erstellten Gutachten im Wege des Urkundsbeweises verwertet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 - IV ZR 49/11, FamRZ 2012, 297 Rn. 9): Ein Vorgehen nach § 411a ZPO ist ebenso wenig ersichtlich wie eine Auseinandersetzung mit den in den Revisionsbegründungen der Beklagten aufgezeigten Angriffen gegen die Gutachten in den Vorinstanzen. Der Vortrag aus der ersten Instanz ist zu berücksichtigen, da die obsiegenden Beklagten keinen Anlass für die Wiederholung ihres Vortrags hatten. Insbesondere hätte das Berufungsgericht auch die von den Beklagten aufgeworfene Frage zu klären, ob es realistisch ist, dass ein Zahnarzt derartige Mengen an Altzahngold erlangt; immerhin stehen solche Altmetalle nach der Trennung vom Körper zunächst im Eigentum der Patienten (vgl. MünchKommBGB /Stresemann, 6. Aufl., § 90 Rn. 28) und können nur dann Eigentum des Zahnarztes werden, wenn der Patient sie an diesen übereignet. Schließlich wäre eine zusammenhängende Beweiswürdigung aller Indizien vorzunehmen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfen keine hohen Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung gestellt werden (BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 158/99, NJW 2002, 3106, 3108, insoweit in BGHZ 149, 337 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, MDR 1977, 661; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 60).
38
cc) Schließlich müsste das Berufungsgericht ggf. den auf die behauptete Schenkung (von Seiten des Klägers) bezogenen Vortrag der Beklagten zu 1 und 2 unter Berücksichtigung ihrer Revisionsbegründung erneut prüfen.
39
2. Sollte das Berufungsgericht dagegen den Vortrag der Beklagten zu dem Ort der Übergabe (Gebäude der BZK) als erwiesen ansehen, müsste es sich eine Überzeugung zu der Frage bilden, ob die BZK Besitzerin war. Dann stritte die Eigentumsvermutung ohne Rücksicht auf einen möglichen früheren Besitz des Klägers für die Beklagte zu 4 als letzte Eigenbesitzerin. Ein Besitzerwerb des Klägers durch den Abtransport reichte zur Widerlegung der Vermutung der Rechtsfortdauer schon deshalb nicht aus, weil er nicht behauptet, hierdurch Eigentümer geworden zu sein. Vielmehr müsste er, um den Anspruch gemäß § 985 BGB durchzusetzen, seinen Hauptvortrag beweisen, wonach er das Eigentum durch Schenkung erworben hat. Demzufolge müsste das Berufungsgericht die hierzu angebotenen Beweise erheben; ggf. wäre den bereits genannten Beweisangeboten der Beklagten - nunmehr gegenbeweislich - nachzugehen.
40
3. Sollte sich das Berufungsgericht hinsichtlich des Übergabeorts keine Überzeugung bilden können, käme es darauf an, ob der Kläger dem Hauptvortrag entsprechend seinen früheren Besitz beweisen kann, der die Vermutung der Rechtsfortdauer begründet (§ 1006 Abs. 2 BGB). Sofern dies gelingt, wäre wiederum die Widerlegung der Eigentumsvermutung durch die Beklagten zu prüfen. Sollte der Kläger dagegen seinen früheren Besitz nicht beweisen können, wäre der Hauptvortrag (Eigentums- und damit auch Besitzerwerb durch Übereignung aufgrund der Schenkung) zwangsläufig insgesamt unbewiesen und die Klage zu Recht ohne Erfolg geblieben.
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Göbel
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 12.03.2012 - 1 O 152/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 07.02.2013 - 12 U 73/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 179/11 Verkündet am:
16. November 2012
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gegner des Beweisführers kann die Echtheit einer Urkunde grundsätzlich mit
Nichtwissen bestreiten, wenn er an ihrer Errichtung nicht mitgewirkt hat.

b) Ist er Insolvenzverwalter, gilt das nur, wenn er aus den Unterlagen und durch Befragen
des Schuldners keine Erkenntnisse über die Echtheit der Urkunde gewinnen
kann und seine diesbezüglichen Bemühungen nachvollziehbar darlegt (Anschluss
an BGH, Urteil vom 15. März 2012 – IX ZR 249/09, NJW-RR 2012, 1004).

c) Erst nachdem alle (Gegen-)Beweise zur Echtheit einer Urkunde erhoben worden
sind, darf bei der abschließenden (freien) Beweiswürdigung auch berücksichtigt
werden, dass dem Vorbringen des Gegners des Beweisführers nichts zu entnehmen
ist, das an der Echtheit der Urkunde zweifeln lässt (RGZ 72, 290, 292).
BGH, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 179/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juni 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Herausgabe der bei dem Amtsgericht hinterlegten Geldbeträge aus der Abrechnung von zwei Lebensversicherungsverträgen. Die Verträge hatte eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (fortan: die GmbH), deren Geschäftsführer der verstorbene Ehemann der Klägerin war, zur Rückdeckung einer Pensionsvereinbarung mit diesem abgeschlossen. Zu dieser Vereinbarung liegen Urkunden vor, über deren Echtheit und Richtigkeit die Parteien streiten, nämlich eine Vereinbarung vom 20. Januar 1992, eine Änderungsvereinbarung vom 28. November 1995, in welcher die Versorgung aufgestockt wurde, und eine weitere Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000. In der letzteren wird bestimmt, dass die Versorgungsansprüche bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin aus den Diensten der GmbH erhalten bleiben sollen, wenn die Pensionsvereinbarung zu diesem Zeitpunkt mindestens acht Jahre und nicht, wie zunächst vorgesehen, mindestens zehn Jahre bestanden hat. Die GmbH verpfändete 1996 und 1997 ihre Ansprüche aus den beiden Lebensversicherungsverträgen dem verstorbenen Ehemann der Klägerin und, mit Nachrang gegenüber diesem, der Klägerin selbst zur Sicherung der jeweiligen Versorgungsansprüche.
2
Im Jahr 1999 nahm der Ehemann der Klägerin persönlich bei einer Bank einen Kredit zum Erwerb von Anteilen an einer Kommanditgesellschaft (fortan: die KG) auf. Als Sicherheit trat die GmbH ihre Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Bank ab. Der Ehemann der Klägerin wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 unter Übernahme der Pensionsvereinbarung als Vorstand der Komplementär-AG der KG angestellt. Die GmbH wurde auf Grund eines Verschmelzungsvertrags am 12. September 2002 auf die KG verschmolzen. Am 1. September 2005 wurden das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet und der Beklagte zu 1 (fortan: der Beklagte) als Insolvenzverwalter bestellt.
3
Nachdem ihr Ehemann 2007 verstorben war, verlangte die Klägerin von dem Beklagten Zahlung der vereinbarten Witwenrente. Dieser wandte sich an das Versicherungsunternehmen, welches die beiden Lebensversicherungsverträge abrechnete und den Abrechnungsbetrag von 785.985,90 € bei dem Amtsgericht hinterlegte. Die Parteien verlangen mit Klage und Widerklage voneinander die Bewilligung der Herausgabe des gesamten Betrags.
4
Das Landgericht hat, soweit hier von Interesse, unter Abweisung der Widerklage und der weitergehenden Klage den Beklagten verurteilt, die Herausgabe eines einmaligen Betrages von 189.184,38 € sowie weiterer monatlicher Teilbeträge von 5.732,86 € ab Mai 2010 zu bewilligen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte der Beklagte weiterhin erreichen, dass der (gesamte) Hinterlegungsbetrag ihm und nicht der Klägerin herausgegeben wird.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe im zuerkannten Umfang aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gegen den Beklagten ein Anspruch auf Bewilligung der Herausgabe des hinterlegten Betrags zu. Das ergebe sich daraus, dass die Klägerin und nicht der Beklagte von der Versicherung Zahlung hätte verlangen können. Die Versicherungsforderungen seien der Klägerin von der GmbH wirksam verpfändet worden.
6
Dem stehe nicht entgegen, dass die Pensionsvereinbarung in den Verpfändungserklärungen mit einem falschen Datum bezeichnet worden sei. Es fehle auch nicht an einer gesicherten Forderung. Denn die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Pensionsvereinbarung wirksam zustande gekommen sei. Ein Schriftgutachten habe nicht eingeholt werden müssen, da der Beklagte hinsichtlich der Frage der Echtheit der Urkunden lediglich eingewandt habe, dass zwei unterschiedliche auf den 20. Januar 1992 datierte Vertragsurkunden existierten.
7
Die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Bank habe als solche nicht zur Aufhebung der Pfandrechte geführt. Dass die Ansprüche des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und dieser selbst aus der Pensionsvereinbarung oder deren Pfandrecht an den Ansprüchen der GmbH aus den beiden Lebensversicherungen hätten aufgehoben werden sollen, sei nicht festzustellen.
8
Gegen die Verwertungsbefugnis der Klägerin bestünden ebenfalls keine Einwände. Der von dem Beklagten herangezogene § 166 Abs. 2 InsO gelte nur für die Sicherungsabtretung, nicht dagegen für die Verpfändung von Forderungen , um die es hier gehe.

II.

9
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
10
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus,dass der Klägerin gegen den Beklagten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Bewilligung der Herausgabe des hinterlegten Betrags im zuerkannten Umfang zustehen kann. Bei einem Streit zwischen zwei Forderungsprätendenten über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen den anderen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu. Letzterer erlangt durch das von dem Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung eines Hinterlegungsbeteiligten. Wer wirklicher Rechtsinhaber ist und von den anderen Prätendenten die Freigabe der Hinterlegungssumme verlangen kann, bestimmt sich nicht nach dem Innenverhältnis der Prätendenten untereinander, sondern nach der Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294). Im vorliegenden Fall kommt es also darauf an, wer vor der Hinterlegung des Abrechnungsbetrags von dem Versicherungsunternehmen Zahlung verlangen konnte. Das wäre die Klägerin, wenn ihr die Forderungen der GmbH gegen das Versicherungsunternehmen wirksam verpfändet worden sind und ihr Pfandrecht im Zusammenhang mit der Abtretung dieser Forderungen nicht wieder aufgehoben worden ist.
11
2. Zu der Feststellung, die Forderungen aus den Versicherungsverträgen seien der Klägerin wirksam verpfändet worden, durfte das Berufungsgericht aber, was der Beklagte zu Recht rügt, nicht ohne Einholung eines Schriftgutachtens gelangen.
12
a) Die Wirksamkeit der Verpfändung hängt nach § 1273 Abs. 2 Satz 1, § 1204 BGB u.a. von dem Bestehen der gesicherten Forderung und damit davon ab, dass die Pensionsvereinbarung vom 20. Januar 1992 und die Änderungsvereinbarung vom 28. November 1995 wirksam und auch zu den jeweils angegebenen Zeitpunkten zustande gekommen sind. Das hat der Beklagte bestritten und dazu Sachverständigenbeweis angeboten.
13
b) Diesen Beweis musste das Berufungsgericht erheben.
14
aa) Von der Erhebung eines angebotenen Beweises kann zwar abgesehen werden, wenn die Unergiebigkeit des Beweismittels feststeht, weil nach dem Ergebnis einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme ausgeschlossen ist, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben und die von dem Gericht bereits gewonnene Überzeugung erschüttern kann (BGH, Urteil vom 16. September 1986 - VI ZR 128/85, NJW-RR 1986, 1400, 1401; Senat, Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 13 und vom 21. Juli 2011 - V ZR 218/10, juris Rn. 7). So liegt es hier indessen nicht. Das von dem Beklagten beantragte Sachverständigengutachten ließ Erkenntnisse darüber erwarten, ob die Unterschriften auf den vorgelegten Urkunden echt sind, und darüber, von wann diese Urkunden stammen (können), ob sie also richtig datiert sind. Es ist deshalb weder von vornherein ausgeschlossen, dass die Einholung des Sachverständigengutachtens zu der Beweisfrage Sachdienliches ergibt, noch, dass seine Ergebnisse Auswirkungen auf die Würdigung der Aussage des vernommenen Zeugen einerseits und der Weigerung des Beklagten andererseits hat, den Rechtsanwalt, der die GmbH langjährig beraten hat, von der Schweigepflicht zu entbinden.
15
bb) Von der Einholung des beantragten Schriftgutachtens konnte das Berufungsgericht auch nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts mit der Begründung absehen, der Beklagte habe seine Einwände gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vertragsurkunden nicht ausreichend substantiiert.
16
(1) Von der Erhebung weiterer Beweise zur Echtheit einer Urkunde hätte das Gericht nur absehen dürfen, wenn der Gegner des Beweisführers - hier also der Beklagte - die Echtheit der Urkunde nicht oder nicht ausreichend substantiiert bestritten hätte. Denn dann gälten sie nach § 439 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO als anerkannt; ihre Echtheit bedürfte keines Beweises (vgl. § 440 Abs. 1 ZPO). So liegt es hier aber nicht. Der Beklagte hat die Echtheit der vorgelegten Urkunden bestritten und dies mit dem Vorhandensein von zwei unterschiedlichen Originalen der ursprünglichen Vereinbarung vom 20. Januar 1992 und der Vorlage der Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000 erst im Rechtsstreit begründet. Dieses Bestreiten reicht aus, weil sich der Beklagte auch mit einem Bestreiten mit Nichtwissen hätte begnügen dürfen (vgl. dazu: Zöller /Greger, ZPO, 29. Aufl., § 138 Rn. 13 aE). Das ergibt sich allerdings nicht schon gemäß § 439 Abs. 1, § 138 Abs. 4 ZPO daraus, dass der Beklagte an der Errichtung der Urkunden nicht beteiligt war. Ein Insolvenzverwalter darf eine Tatsache, zu der sich Erkenntnisse aus den Unterlagen des Schuldners oder von diesem selbst ergeben können, mit Nichtwissen nur bestreiten, wenn er ohne Erfolg die Unterlagen sichtet und notfalls den Schuldner befragt und wenn er das Ergebnis seiner Bemühungen nachvollziehbar darlegt (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 249/09, NJW-RR 2012, 1004, 1005 Rn. 16). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
17
Der verstorbene Ehemann der Klägerin stand als Geschäftsführer der GmbH und als Vorstand der Komplementär-AG der Insolvenzschuldnerin für Auskünfte nicht mehr zur Verfügung. In den Unterlagen der GmbH befanden sich nach den für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Angaben des Beklagten keine Originale der Vereinbarungen. Erkenntnisse über die Echtheit der von der Klägerin vorgelegten Exemplare der Vereinbarung ergaben sich auch nicht daraus, dass der Rechtsanwalt der GmbH dem Beklagten nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz weitere Exemplare übersandt hat. Dieser mag zwar angeben können, wann er sie erhalten hat. Daraus mögen sich auch Indizien für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunden ergeben. Ob sie echt sind, lässt sich aber weder den von der Klägerin vorgelegten noch diesen weiteren Exemplaren der Vereinbarung entnehmen. Eine Befragung des Rechtsanwalts der GmbH dazu kam nicht in Betracht, weil er dem Beklagten nach dessen hier maßgeblichen Angaben erklärt hatte, er sei bei der Unterzeichnung der Urkunden nicht anwesend gewesen. Der Beklagte hätte ihre Echtheit danach mit Nichtwissen bestreiten dürfen; sein einfaches Bestreiten reichte deshalb aus.
18
(2) Die Echtheit der Urkunde war danach beweisbedürftig. Dann aber musste das Berufungsgericht alle dazu angebotenen Beweise erheben. Es durfte sich nicht auf die Erhebung eines Teils der Beweise beschränken, auch nicht, wenn es auf Grund der bislang erhobenen Beweise einerseits und der Weige- rung des Beklagten, den Rechtsanwalt von der Schweigepflicht zu entbinden, andererseits von der Echtheit der Urkunden überzeugt war. Die Überzeugung, eine bestrittene Tatsache sei bereits erwiesen, erlaubt es dem Gericht nicht, von der Erhebung weiterer zulässiger und angebotener Beweise abzusehen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.; Senat , Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 11 und vom 21. Juli 2011 - V ZR 218/10 juris Rn. 8). Geschieht dies trotzdem, liegt darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Ein solches Vorgehen verstößt gegen § 286, § 440 Abs. 1 ZPO und Art. 103 GG.
19
(3) Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Rechtsprechung des Reichsgerichts entnehmen. Das Reichsgericht hat zwar entschieden, dass die Echtheit einer Urkunde nicht stets durch Sachverständigengutachten nachgewiesen werden muss und dass der Tatrichter zu der Überzeugung von der Echtheit einer Urkunde gelangen kann, wenn Art und Erscheinungsbild der Urkunde und dem Vorbringen des Gegners des Beweisführers nichts zu entnehmen ist, das ihn an der Echtheit zweifeln lässt (RGZ 72, 290, 292). Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht die Beweisaufnahme vor Erhebung aller zulässigen und angebotenen Beweise abbrechen darf. In dem von dem Reichsgericht entschiedenen Fall kam in der gewählten Verfahrensart - einem Wechselprozess – die Erhebung anderer Beweise nicht in Betracht (vgl. § 595 Abs. 2 ZPO). Es ging allein um die – von dem Reichsgericht bejahte - Frage, ob bei der dann anstehenden abschließenden Würdigung des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) berücksichtigt werden darf, dass der Gegner des Beweisführers eine Substantiierung des Echtheitsbestreitens nicht einmal versucht hat, seinem Vorbringen also nichts zu entnehmen ist, das an der Echtheit der Urkunde zweifeln lässt.
20
(4) Das Absehen von der Einholung eines Schriftgutachtens erweist sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb als zutreffend, weil der Beklagte die "Fatalitäten" des § 441 Abs. 2 und 3 ZPO nicht eingehalten hat.
21
Hätte das Berufungsgericht die Erforderlichkeit des Beweisangebots erkannt , wäre es nach § 139 Abs. 1 ZPO zunächst gehalten gewesen zu klären, ob der Beweisantritt auf den - keine Vergleichsschriften erfordernden - Nachweis einer Rückdatierung der Urkunden gerichtet sein sollte; andernfalls hätte es jedenfalls auf die Notwendigkeit der Vorlage von Vergleichsurkunden hinweisen müssen. Dass der Hinweis unterblieben ist, war auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zwar konsequent und damit nicht verfahrensfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - VI ZR 254/09, VersR 2010, 1666 Rn. 8). Auf der Grundlage der abweichenden Rechtsauffassung des Senats muss dem Beklagten aber Gelegenheit gegeben werden, seinen Beweisantrag zu erläutern bzw. zu ergänzen.

III.

22
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat auf folgendes hin:
23
1. Wirksamkeit der Verpfändung:
24
a) Die gegen die Bestimmtheit der Verpfändung und gegen die Wirksamkeit der Verpfändungsanzeigen erhobenen Einwände des Beklagten sind aus den von dem Berufungsgericht angeführten Gründen unbegründet. Die Pensionsvereinbarung ist zwar in den Verpfändungserklärungen mit jeweils unter- schiedlichen, fehlerhaften Daten bezeichnet worden. Dabei handelt es sich aber ersichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio). Eine solche Falschbezeichnung ändert nach § 133 BGB nichts daran, dass - wie auch sonst - nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt (Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - V ZR 174/06, NJW 2008, 1658, 1659 Rn. 12). Mit den Verpfändungen sollten ersichtlich nur die Ansprüche des Ehemanns der Klägerin und dieser selbst aus der Pensionsvereinbarung mit der GmbH abgesichert werden. Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH mit dem Ehemann der Klägerin außer der Vereinbarung vom 20. Januar 1992 nebst Änderungen , über deren Wirksamkeit die Parteien streiten, noch eine andere Pensionsvereinbarung geschlossen hätte, sind nicht ersichtlich. Unklarheiten darüber konnte es auch für die Versicherung nicht geben. Für sie waren gesichert die Forderungen aus der bestehenden Pensionsvereinbarung ihrer Versicherungsnehmerin , der GmbH, mit dem bezugsberechtigten Ehemann der Klägerin , also dessen Forderungen und die der Klägerin.
25
b) Das Vorhandensein von zwei verschiedenen Originalen der Pensionsvereinbarung begründet, sollten sich die Urkunden als echt und zutreffend datiert erweisen, keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarung. Die Urkunden unterscheiden sich inhaltlich nur in wenigen unbedeutenden Randpunkten. Das mag dazu führen, dass es insoweit an einer Einigung fehlt. An dem Zustandekommen der Vereinbarung im Übrigen änderte das nichts.
26
c) Es erscheint zweifelhaft, ob es auf das Zustandekommen der Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000 ankommt. Die Witwenrentenansprüche sollten zwar entfallen, wenn die Pensionsvereinbarung bei Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin aus den Diensten der GmbH noch nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat. Diese Frist war, wenn man von dem vereinbarten Wirkungsbeginn mit dem 1. Januar 1992 ausgeht, nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB schon mit dem 31. Dezember 2001, nicht erst, wie der Beklagte meint, mit dem 1. Januar 2002 abgelaufen. Für die Maßgeblichkeit des 1. Januar 1992 spricht das ursprünglich vorgesehene Unterzeichnungsdatum, der 20. Dezember 1991.
27
2. Aufhebung des Pfandrechts:
28
Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Aufhebung des Pfandrechts der Klägerin im Zusammenhang mit der Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Bank verneint hat, treffen im entscheidenden Punkt zu. Es spricht nichts dafür, dass der Ehemann der Klägerin deren Pfandrecht aufheben wollte, so dass auch offen bleiben kann, ob er es konnte. Die Abtretung der mit den Pfandrechten belasteten Forderungen der GmbH gegen das Versicherungsunternehmen war zwar für die Bank von nur eingeschränktem Wert. Dieses ungünstige Ergebnis rechtfertigt aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht die Annahme, der Ehemann der Klägerin habe mit dieser Abtretung nicht nur sein eigenes, sondern, worauf es hier ankommt, auch das Pfandrecht der Klägerin aufgehoben. Damit hätten die Klägerin und ihr Ehemann die einzige Sicherheit für ihre Pensionsansprüche verloren und diese selbst bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Kredits nicht wiedererlangt, weil der Rückabtretungsanspruch gegen die Bank nicht ihnen, sondern der GmbH zustand. Gewöhnlich ist zwar Gläubiger der Rückgewähransprüche gegen den Sicherungsnehmer auch dann der Schuldner, wenn die Sicherheit von einem Dritten gestellt wird (Senat, Urteil vom 20. November 2009 – V ZR 68/09, NJW 2010, 935, 936 Rn. 14). Hier war die Sicherungsabrede aber Teil der Abtretung , mit der Folge, dass die Rückgewähransprüche nicht dem Ehemann der Klägerin als Schuldner, sondern der GmbH als Sicherungsgeberin zustanden. Deshalb konnte eine zweckmäßige Absicherung der Bank aus Sicht des Ehemanns der Klägerin nicht durch Aufgabe der Pfandrechte, sondern nur durch eine zusätzliche schuldrechtliche Abrede der Bank mit der Klägerin und ihrem Ehemann erreicht werden, im Verwertungsfall die Pfandrechte nicht geltend zu machen.
29
3. Verwertungsbefugnis:
30
§ 166 Abs. 2 InsO steht der Klage nicht entgegen. Die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut nur die Sicherungsabtretung einer Forderung, nicht die Verpfändung. Sie ist auf die Verpfändung auch nicht entsprechend anwendbar, weil dies dem Willen des Gesetzgebers und dem Plan des Gesetzes widerspräche (Senat, Urteile vom 21. März 2003 - V ZR 290/02, VIZ 2003, 389, 390 f. und vom 19. März 2004 - V ZR 214/03, VIZ 2004, 374, 375 f.). Danach soll das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nur bestehen, wenn es sich bei der Sicherheit um eine Forderungsabtretung handelt, nicht jedoch, wenn die Sicherheit - wie hier - durch Verpfändung einer Forderung erbracht wird (Be- schlussempfehlung zur Insolvenzordnung in BT-Drucks. 12/7302 S. 176 zu Nr. 106; BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01, NJW 2002, 3475, 3476).
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 14.05.2010 - 3 O 445/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.06.2011 - I-22 U 102/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 161/04
Verkündet am:
7. Dezember 2006
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Abtretung eines Kaufpreisanspruchs führt entsprechend § 401 BGB auch zum
Übergang des Anspruchs aus § 667 BGB gegen den von den Vertragsparteien mit
der Abwicklung des Vertrages beauftragten Treuhänder.

b) Die Freigabe des Kaufpreisanspruchs bewirkt entsprechend § 401 BGB auch die
Freigabe des Anspruchs aus § 667 BGB gegen den von den Vertragsparteien beauftragten
Treuhänder.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 161/04 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. August 2004 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Die Klägerin verlangt gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB Freigabe eines (Teil-)Betrages von 30.000 Euro, der im Verlauf eines früheren, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits zwischen ihr und der M. GmbH (fortan: Fa. M. ) hinterlegt worden ist.
2
Die Fa. M. hatte mit Vertrag vom 1. Juni 1994 von der Klägerin ein im Beitrittsgebiet belegenes Grundstück gekauft. Zahlstelle für den Kaufpreis war die Kreissparkasse B. , die Grundpfandrechte ablösen und den Restbetrag an die Klägerin auskehren sollte. Mit Schreiben vom 24. Januar 1996 erklärte die Kreissparkasse B. , sie nehme "den von den vertragsschließenden Parteien des notariellen Kaufvertrages … beurkundeten Treuhandauftrag" an. Die Fa. M. zahlte den Kaufpreis nicht. Sie klagte auf Wandelung des Kaufvertrages. Die Klägerin erhob Widerklage auf Zahlung des Kaufpreises. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage wurde die Fa. M. zur Zahlung von 3.811.271,74 DM an die Klägerin verurteilt. Nachdem diese Sicherheit durch eine Prozessbürgschaft der Kreissparkasse W. geleistet hatte, betrieb sie die Zwangsvollstreckung gegen die Fa. M. . Es gelang ihr, etwa 3.000.000 DM zur Zahlung an die Kreissparkasse B. beizutreiben; den Restbetrag von etwa 800.000 DM zahlte die Fa. M. schließlich zur Abwendung der weiteren Zwangsvollstreckung an die Kreissparkasse B. . Diese leitete das Geld an die Kreissparkasse W. weiter, ohne die Grundpfandrechte abzulösen. Auf eine Klage der Fa. M. wurde die Kreissparkasse B. deshalb durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 verurteilt, den gesamten Betrag von 3.811.271,74 DM zugunsten der Klägerin und der Fa. M. zu hinterlegen. Zwischenzeitlich, am 11. Januar/17. Februar 1998, hatte die Klägerin den Kaufpreisanspruch an die Kreissparkasse W. abgetreten.
3
Die Berufung der Fa. M. gegen die Abweisung der Klage auf Wandelung des Kaufvertrages und gegen ihre Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises hatte Erfolg. Die jetzige Klägerin wurde zur Zustimmung zur Wandelung sowie gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu Schadensersatz in Höhe von 3.811.271,74 DM Zug um Zug gegen Freigabe des hinterlegten Betrages verurteilt ; die Kaufpreisklage wurde abgewiesen. Nachdem die Klägerin Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt hatte, wurde am 7. Februar 2001 das Insol- venzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Gläubigerversammlung beschloss , den Rechtsstreit nicht aufzunehmen. Daraufhin versuchte die Klägerin selbst, den Rechtsstreit fortzusetzen. Mit Beschluss vom 12. Februar 2004 stellte der Bundesgerichtshof jedoch fest, dass der Rechtsstreit nach wie vor unterbrochen sei, weil ein Aktivprozess gemäß § 85 Abs. 2 InsO nicht vorliege (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769, 770).
4
In der Zwischenzeit hatte die Fa. M. die Kreissparkasse W. aus der von der Klägerin beigebrachten Prozessbürgschaft in Anspruch genommen. Im Gegenzug hatte sie am 21. September 2001 sämtliche ihr zustehenden Ansprüche auf Auszahlung und Freigabe des beim Amtsgericht Stuttgart hinterlegten Betrages von 3.964.781,30 DM nebst Zinsen an die Kreissparkasse W. abgetreten und die Auszahlung und Freigabe des hinterlegten Betrages an diese bewilligt.
5
Klägerin Die verlangt nunmehr aus abgetretenem Recht der Kreissparkasse W. Zustimmung zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der von der Kreissparkasse B. hinterlegte Geldbetrag stehe der Kreissparkasse W. weder aus eigenem noch aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Klägerin oder der Fa. M. zu. Es komme darauf an, wer im Verhältnis zur Kreissparkasse B. - der hinterlegenden Schuldnerin - Gläubiger gewesen sei. Die Kreissparkasse B. habe nicht den Kaufpreis hinterlegt, sondern denjenigen Betrag, den sie wegen Verletzung des Treuhandauftrages als Schadensersatz habe erstatten müssen. Ihren Schadensersatzanspruch gegen die Kreissparkasse B. habe die Klägerin nicht an die Kreissparkasse W. abgetreten. Aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Fa. M. stehe der Kreissparkasse W. der hinterlegte Geldbetrag ebenfalls nicht zu; denn die Fa. M. habe die Bürgschaft nur Zug um Zug gegen Freigabe der Hinterlegungssumme in Anspruch nehmen dürfen. Ob die Fa. M. einen Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages und Rückzahlung des Kaufpreises habe, sei derzeit offen. Im Vorprozess der Fa. M. gegen die Klägerin sei nur der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO ausgeurteilt worden.

II.


8
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
Grundlage 1. des Anspruchs der Kreissparkasse W. , aus deren Recht die Klägerin klagt, gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Auszahlung der 30.000 Euro ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Bei einem Streit über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen die übrigen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu; denn diese haben durch das vom Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung von Hinterlegungsbeteiligten erlangt (BGHZ 35, 165, 170; 109, 240, 244; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294). Für die Frage der Freigabepflicht ist die Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner und nicht das Innenverhältnis zwischen den Prätendenten maßgebend (BGH, Urt. v. 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, WM 1997, 513, 514; Urt. v. 15. Oktober 1999, aaO). Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB setzt auch nicht voraus, dass der klagende Prätendent bei der Hinterlegung als Berechtigter benannt worden ist (BGH, Urt. v. 26. April 1994 - XI ZR 97/93, NJW-RR 1994, 847). Maßgeblich ist allein, ob dem klagenden Prätendenten die Forderung gegen den Schuldner zustand oder zusteht.
10
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kaufpreisanspruch der Klägerin berechtigt ist oder ob die Fa. M. die Wandelung des Kaufvertrages und damit die Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen kann. Da die Kreissparkasse W. sämtliche Ansprüche im Wege der Abtretung erworben hat und die Klägerin aus dem Recht der Kreissparkasse W. vorgeht, ist der geltend gemachte Anspruch in jedem Fall begründet.
11
a) Steht der Klägerin der Kaufpreisanspruch zu, so ist die Kreissparkasse W. durch die Abtretung dieses Anspruchs der Klägerin am 11. Januar /17. Februar 1998 entsprechend § 401 BGB auch Inhaberin des Anspruchs aus § 667 BGB gegen die im Vertrag bestimmte Treuhänderin, die Kreissparkasse B. , geworden.
12
aa) Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs an die Kreissparkasse W. war wirksam. Insbesondere war der Anspruch nicht zuvor infolge der teils im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkten, teils zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgten Zahlungen an die Kreissparkasse B. durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 87, 157, 162; BGH, Urt. v. 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, NJW 1994, 1403, 1404; v. 20. November 1997 - IX ZR 152/96, NJW 1998, 746, 747) haben Zahlungen auf ein Notaranderkonto in der Regel - wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben - keine Erfüllungswirkung. Gleiches gilt für Zahlungen an ein Kreditinstitut, das als Treuhänder beider Vertragsparteien eingeschaltet wird.
13
bb) Nach § 401 Abs. 1 BGB gehen auch die unselbständigen Nebenrechte der abgetretenen Forderung auf den Abtretungsempfänger über. Dabei ist die Aufzählung in § 401 Abs. 1 BGB nicht abschließend. Die analoge Anwendung der Vorschrift auf nicht ausdrücklich genannte Nebenrechte wurde im Gesetzgebungsverfahren als selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1971 - IV ZR 71/70, NJW 1972, 437, 439). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift erfasst sie auch andere unselbständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind (BGHZ 46, 14, 15; 138, 179, 184). Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass der Anspruch des Verkäufers gegen den Notar auf Auszahlung eines bei ihm vom Käufer hinterlegten Kaufpreises als ein unselbständiges Nebenrecht zur Kaufpreisforderung anzusehen ist, das nicht ohne diese gepfändet (BGHZ 105, 60, 64) oder abgetreten werden kann (BGHZ 138, 179, 184 mit zust. Anm. Henckel, WuB VI G § 9 GesO 1.99).
14
Im vorliegenden Fall hatten die Parteien des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht einen Notar, sondern die Kreissparkasse B. als Treuhänder beauftragt, den Kaufpreis entgegen zu nehmen und entsprechend den Bestimmungen des Kaufvertrages vor Auskehrung an die Klägerin - die Verkäuferin - vorrangig zur Ablösung von Grundpfandrechten zu verwenden. Die Gründe, die zur Anwendung des § 401 BGB geführt haben, gelten jedoch auch in diesem Fall. Die Einschaltung der Treuhänderin diente hier ebenfalls dazu sicherzustellen , dass die Ansprüche der Vertragsparteien Zug um Zug erfüllt wurden. Die gesonderte Abtretung des einen oder des anderen Anspruchs - des Anspruchs gegen die Käuferin auf Zahlung des Kaufpreises oder des Anspruchs gegen die Treuhänderin auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten - wäre mit diesem Ziel unvereinbar gewesen. Ob der Vertrag über die Forderungsabtretung , der ausdrücklich "alle Nebenansprüche" einschloss, den Anspruch aus § 667 BGB erfasste, was die Vorinstanzen nicht geprüft haben, kann im Hinblick auf die Vorschrift des § 401 BGB offen bleiben.
15
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Kreissparkasse B. - wie sich auch aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 ergibt - die Hinterlegung zur Erfüllung des gegen sie gerichteten Anspruchs aus § 667 BGB vorgenommen. Ihr war die zweckwidrige Verwendung der ihr zur Ablösung von Grundpfandrechten zur Verfügung gestellten Beträge vorgeworfen worden. Bei zweckwidriger Verwendung folgt der - verschuldensunabhängige - Herausgabeanspruch des Beauftragten nach wie vor aus § 667 BGB (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1990 - III ZR 336/89, NJW-RR 1991, 575; v. 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 48).
16
cc) Der Anspruch der Klägerin gegen die Kreissparkasse B. aus § 667 BGB auf Herausgabe des aus der Ausführung des Auftrags Erlangten war - aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises und die Ablösung der Grundpfandrechte - bereits mit der Annahme des Treuhandauftrages durch die Kreissparkasse B. gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 24. Januar 1996 entstanden. Dass der Kaufpreis erst nach der Abtretung vom 11. Januar/17. Februar 1999, nämlich am 28. Mai und am 26. Oktober 1999 an die Kreissparkasse B. gelangt war, ist für die Anwendung des § 401 BGB also ohne Bedeutung.
17
dd) Die Masse hat an diesen Ansprüchen - dem Kaufpreisanspruch und dem Hilfsanspruch aus § 667 BGB - keine Rechte mehr. Der Beklagte hat den Kaufpreisanspruch und damit zugleich den Anspruch aus § 667 BGB gegen die Treuhänderin freigegeben.
18
(1) Auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person kann der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden Vermögensgegenstand freigeben (BGHZ 163, 32, 34; BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260, 261; v. 2. Februar 2006 - IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583, 584; Henckel, Festschrift für Gerhart Kreft S. 291, 300 ff). Die Ablehnung, einen Rechtsstreit für die Masse aufzunehmen (§ 85 Abs. 2 InsO), ist notwendig mit der Freigabe des im Streit befindlichen Massegegenstandes verbunden; denn der Schuldner erhält die gesetzliche Prozessführungsbefugnis nur zurück, wenn der Streitgegenstand wieder zum massefreien Vermögen gehört (BGHZ 163, 32, 36). Die Ablehnung nach § 85 Abs. 2 InsO ist gegenüber dem Schuldner oder der Gegenpartei zu erklären. Sie ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann deshalb auch durch schlüssiges Verhalten wirksam erfolgen (BGH, Urt. v. 24. Juli 2003 - IX ZR 333/00, WM 2003, 1948, 1949). Lehnt der Insolvenzverwalter es ab, einen Passivprozess aufzunehmen, findet § 85 Abs. 2 InsO dagegen keine Anwendung (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769 f; v. 14. April 2005 - IX ZR 221/04, ZIP 2005, 952, 953). Der Rechtsstreit bleibt - von den Ausnahmefällen des § 86 Abs. 1 InsO abgesehen , in denen auch der Gegner den Rechtsstreit fortsetzen kann - gemäß § 240 Abs. 1 ZPO unterbrochen. Die Erklärung, einen Passivprozess nicht aufnehmen zu wollen, kann in der Regel schon deshalb keine "Freigabe" des streitbefangenen Gegenstandes bedeuten, weil es um die Abwehr eines gegen die Masse gerichteten Anspruchs geht, die Masse also nicht Inhaberin des Anspruchs , sondern Anspruchsgegnerin ist.
19
(2) Die Erklärung des Beklagten, den beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht aufnehmen zu wollen, hatte im Hinblick auf den gegen die Masse geltend gemachten Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO nicht die Wirkung des § 85 Abs. 2 InsO (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004, aaO). Sie enthielt deshalb nicht notwendig die Freigabe des Kaufpreisanspruchs. Auf der anderen Seite ist es jedoch nicht ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit diesem Vorgang abgegebenen Erklärungen des Beklagten als Freigabe des Kaufpreisanspruchs zu verstehen.
20
Freigabe Die eines zur Masse gehörenden Vermögensgegenstandes bedeutet deren Überführung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners (Häsemeyer, Insolvenzrecht 3. Aufl. Rn. 13.14; vgl. auch BGHZ 163, 32, 35; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 6 Rn. 19, 21). Sie erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Schuldner (RGZ 94, 55, 56; Häsemeyer, aaO Rn. 13.15) und muss den Willen dauernden Verzichts auf die Massezugehörigkeit bekunden (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Beklagte hat nicht nur im Rechtsstreit um die Wandelung des Kaufvertrages mitgeteilt, der Prozess werde nicht aufgenom- men. In der ersten Instanz des vorliegenden Prozesses hat er die von ihm abgegebenen Erklärungen dahingehend erläutert, er habe entsprechend dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 11. April 2001 den etwaigen Kaufpreisanspruch der Schuldnerin freigegeben, weil dieser abgetreten gewesen sei und die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Aufgrund des Beschlusses der Gläubigerversammlung, das Revisionsverfahren nicht aufzunehmen, könne die Klägerin (die Schuldnerin) den streitgegenständlichen Kaufpreisanspruch auf eigenes Kostenrisiko weiter verfolgen. Im Falle des Obsiegens der Schuldnerin müsse die Fa. M. den Kaufpreis an diese oder an die Kreissparkasse W. als die Abtretungsempfängerin zahlen. Spätestens mit diesen auch gegenüber der Schuldnerin abgegebenen Erklärungen ist der Kaufpreisanspruch aus der Masse freigegeben worden. Der Beklagte hat hier mit großer Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der fragliche Anspruch nicht mehr der Masse, sondern der Schuldnerin zustehen soll. Seine Ausführungen in der Berufungsinstanz, die Ablehnung der Aufnahme des Prozesses um die Wandelung des Kaufvertrages sei rechtlich bedeutungslos gewesen, änderten daran nichts; denn eine einmal erklärte Freigabe kann nicht einseitig widerrufen werden (RGZ 60, 107, 109; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 28).
21
(3) Mit dem Kaufpreisanspruch hat der Beklagte zugleich den unselbständigen Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen die Treuhänderin, die Kreissparkasse B. , freigegeben. Dies folgt ebenfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB. Die Freigabe eines Anspruchs aus der Insolvenzmasse stellt zwar keine Abtretung dar (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 21). Der Insolvenzschuldner ist schon vor der Freigabe Inhaber der fraglichen Forderung ; die Freigabe bewirkt lediglich deren Übergang in sein insolvenzfreies Vermögen. Die Überlegungen, die zu einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB auf den Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder führ- ten, treffen jedoch auch hier zu. Der Treuhandauftrag wurde zur sicheren Durchführung des Kaufvertrages erteilt, nicht dazu, den Wert des Kaufpreisanspruchs von diesem zu lösen und eigenständig zu verkörpern. Gehört der Kaufpreisanspruch also nicht mehr zur Masse, muss gleiches auch für den Anspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder gelten.
22
Der (4) Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2004 (aaO) stellt bindend fest, dass der Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages nach wie vor unterbrochen ist, steht der hier getroffenen Entscheidung über die Frage der (materiell-rechtlichen) Freigabe jedoch nicht entgegen.
23
b) Hat die Fa. M. Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages, kann sie die Rückzahlung des Kaufpreises und damit die Auskehrung des Hinterlegungsbetrages verlangen (§§ 462, 465, 467, 346 ff BGB a.F.). Die Fa. M. hat einer Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Kreissparkasse W. , aus deren Recht die Klägerin vorgeht, zugestimmt.

III.


24
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts, das ihn zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro verurteilt hat, ist zurückzuweisen.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2004 - 9 O 461/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.08.2004 - 3 U 83/04 -

(1) Jeder Miterbe kann über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen. Der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Anteil verfügt, bedarf der notariellen Beurkundung.

(2) Über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen kann ein Miterbe nicht verfügen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

Wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer.

(1) Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen.

(2) Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

(1) Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.

(2) Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.

(1) Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen.

(2) Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

Steht der mittelbare Besitzer zu einem Dritten in einem Verhältnis der in § 868 bezeichneten Art, so ist auch der Dritte mittelbarer Besitzer.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Hat jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im Eigenbesitz gehabt, so wird vermutet, dass sein Eigenbesitz auch in der Zwischenzeit bestanden habe.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 37/00 Verkündet am:
4. Februar 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : nein
BGHR : ja

a) Zur Darlegungslast sowie zum Beweismaß im Rahmen einer Widerlegung
der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB.

b) Eine Zwangsversteigerung der streitbefangenen Sache gemäß §§ 817
Abs. 2 ZPO, 90, 55 Abs. 2 ZVG, gegen die der Herausgabekläger nicht als
Berechtigter gemäû § 771 ZPO bzw. gemäû § 37 Ziff. 5 ZVG interveniert
hat, ist regelmäûig als Veräuûerung der streitbefangenen Sache durch ihn
anzusehen und eröffnet dem Herausgabebeklagten den Einwand des § 265
Abs. 3 ZPO.
BGH, Urt. v. 4. Februar 2002 - II ZR 37/00 - OLG Celle
LG Hannover
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter im Konkurs der G. GmbH in E.. Ihre Rechtsvorgängerin hatte im Juni 1993 eine ursprünglich ihr gehörende Gesenkbiegepresse nebst Zubehör zu der G. Transporttechnik GmbH in L. verbracht, wo die Presse auf ein Betonfundament verschraubt wurde. Im September 1993 verpachtete die G. Transporttechnik GmbH ihren Betrieb in L. "mit sämtlichem dazugehörigen Anlagevermögen" an die G. Fahrzeugwerk L. GmbH. Diese
kaufte im August 1995 nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der G. Transporttechnik GmbH von deren Verwalter die ihr überlassenen Pachtgegenstände unter Einschluû der Gesenkbiegepresse nebst Zubehör. Im Juni 1997 wurde auch über ihr Vermögen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Beklagte als Verwalter bestellt. Er verpachtete ihr Betriebsvermögen kurzzeitig an eine Auffanggesellschaft und erklärte unter dem 18. November 1997 gemäû § 9 GesO den "Nichteintritt" in den mit der G. Transporttechnik GmbH abgeschlossenen (noch nicht erfüllten) Kaufvertrag, nachdem deren Betriebsgrundstück im September 1997 im Wege der Zwangsverwaltung beschlagnahmt worden war. Es wurde im November 1999 zwangsversteigert.
Mit seiner im April 1997 eingereichten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten aus § 985 BGB Herausgabe der angeblich noch in dessen Besitz befindlichen Gesenkbiegepresse nebst Zubehör. Der Beklagte hat u.a. die Aktivlegitimation des Klägers mit der Maûgabe bestritten, daû die (unter der Verwaltung des Klägers stehende) G. GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin die Presse nebst Zubehör im Juni 1993 an die G. Transporttechnik GmbH übereignet habe. Die erstinstanzlich abgewiesene Klage hatte in zweiter Instanz im wesentlichen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist zwar die Ansicht des Berufungsgerichts, das von dem Kläger beanspruchte Eigentum an der Gesenkbiegepresse sei nicht gemäû §§ 94, 946 BGB durch Verbindung mit dem Grundstück der G. Transporttechnik GmbH auf diese übergegangen, weil dafür die bloûe, jederzeit wieder lösbare Verschraubung mit dem Betonfundament nicht ausreiche. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.
2. Von Rechtsirrtum beeinfluût ist indessen die Annahme des Berufungsgerichts , es könne auch von einem rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang auf die G. Transporttechnik GmbH nicht ausgegangen werden.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die G. Transporttechnik GmbH (unmittelbare) Besitzerin der zu ihr verbrachten Maschine nebst Zubehör geworden, weshalb gemäû § 1006 Abs. 1, 2 BGB zu ihren Gunsten zu vermuten ist, daû sie mit dem Besitzerwerb Eigenbesitz und Eigentum erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30. November 1988 - VIII ZR 305/87, WM 1989, 501 m.w.N.). Darauf kann sich auch der Beklagte entsprechend § 1006 Abs. 3 BGB berufen, weil er bzw. die G. Fahrzeugwerk GmbH ihr Besitzrecht von der G. Transporttechnik GmbH aufgrund des Pacht- und des später aufgehobenen Kaufvertrages abgeleitet haben (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 1960 - VIII ZR 145/59, LM Nr. 8 zu § 1006 BGB; RG HRR 1932 Nr. 234; Staudinger /Gursky, BGB 13. Aufl. § 1006 Rdn. 31) und ein späterer Rückerwerb des Klägers ausscheidet. Das wird vom Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt. Es meint jedoch, im vorliegenden Fall sprächen gegen einen beabsichtigten Eigentumsübergang auf die G. Transporttechnik GmbH verschiedene unstreitige Umstände und Indizien, angesichts deren die schlichte Behauptung des Be-
klagten, die streitigen Gegenstände seien an die G. Transporttechnik GmbH übereignet und in deren Anlagevermögen aufgenommen worden, "nicht die erforderliche Substanz" aufweise. Da er zum Hintergrund der angeblichen Übereignung und zu den zugrundeliegenden Vereinbarungen keine näheren Angaben gemacht habe, sei der von ihm beantragte Zeugenbeweis nicht zu erheben. Das beanstandet die Revision zu Recht als rechts- und verfahrensfehlerhaft.

b) Das Berufungsgericht verkennt offenbar, daû eine gesetzliche Vermutung wie die des § 1006 BGB nur durch den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) zu voller - freilich gemäû § 286 ZPO auch aus den Gesamtumständen zu gewinnender - Überzeugung des Gerichts widerlegt werden kann und § 1006 BGB den auf Herausgabe verklagten Besitzer im Grundsatz nicht nur der Beweis-, sondern auch der Darlegungslast dafür enthebt, daû und auf welcher Grundlage er oder derjenige, von dem er sein Besitzrecht ableitet (vgl. oben a), mit dem Besitzerwerb Eigentum erworben hat (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, LM Nr. 16 zu § 1006 BGB m.w.N.; v. 19. Januar 1994 - IV ZR 207/92, WM 1994, 425, 426 f.). Inwieweit ihn nach allgemeinen zivilprozeûrechtlichen Grundsätzen eine sekundäre Darlegungslast dann trifft, wenn sich der fragliche Eigentumswechsel in seiner Sphäre abgespielt hat (vgl. dazu Baumgärtel, Hdb. d. Beweislast, 2. Aufl. § 1006 Rdn. 25, 27 m.N.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Beklagte steht als Gesamtvollstreckungsverwalter der G. Fahrzeugwerk GmbH nicht in der Sphäre einer der Parteien des fraglichen Eigentumsübergangs von der G. GmbH auf die G. Transporttechnik GmbH. Auf das Fehlen konkreter Darlegungen des Beklagten durfte das Berufungsgericht seine Entscheidung daher nicht stützen. Zumindest hätte es den von dem Beklagten angetretenen Zeugenbeweis für
dessen - im übrigen durchaus hinreichend substantiierten - Vortrag erheben müssen. Ohne dessen Erhebung durfte es die von ihm dargelegten Indizien nicht für durchschlagend halten. Des weiteren rügt die Revision zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit den gegenläufigen, in der Berufungserwiderung des Beklagten vorgetragenen Indizien nicht befaût habe.

c) Da sonach aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht auszuschlieûen ist, daû die streitbefangenen Gegenstände in das Eigentum der G. Transporttechnik GmbH übergegangen sind und dem Kläger deshalb die Aktivlegitimation für den Anspruch aus § 985 BGB fehlt, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
II. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht weiter Gelegenheit, erforderlichenfalls dem von der Revision "vorsorglich" herangezogenen Vortrag des Beklagten nachzugehen, die Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks der G. Transporttechnik GmbH (im November 1999) habe die streitbefangenen Gegenstände als Grundstückszubehör gemäû §§ 55 Abs. 2, 90 Abs. 2 ZVG miterfaût, weshalb der Einwand des Wegfalls der etwaigen Sachbefugnis des Klägers gemäû § 265 Abs. 3 ZPO durchgreife. Das Berufungsgericht verkennt zwar nicht, daû als Veräuûerung der streitbefangenen Sache auch deren Erwerb durch einen Dritten im Wege der Zwangsvollstrekkung gilt (vgl. RGZ 82, 38; BGHZ 86, 337, 339; Zöller/Greger, ZPO 22. Aufl. § 265 Rdn. 5). Einer Grundlage entbehrt aber seine Ansicht, es handele sich hier um eine Veräuûerung durch den Beklagten, die gegebenenfalls gemäû § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den Prozeû keinen Einfluû hätte und daher in ihm nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. dazu RGZ 121, 379; BGH, Urt. v.
31. Oktober 1974 - III ZR 82/72, ZZP 1975, 324, 328; Lüke in MünchKomm./ ZPO, 2. Aufl. § 265 Rdn. 91). Der Beklagte war nicht einmal Vollstreckungsschuldner ; daû er zu einem etwaigen Eigentumsverlust des Klägers durch die Zwangsversteigerung nach Rechtshängigkeit (§ 292 BGB) beigetragen hat (und deshalb die mit seiner antragsgemäûen Verurteilung verbundene Schadensersatzfolge aus § 283 BGB gerechtfertigt erschiene), ist ebenfalls nicht festgestellt. Regelmäûig ist eine Zwangsversteigerung der streitbefangenen Sache nach § 817 Abs. 2 ZPO oder - wie hier - gemäû §§ 90, 55 Abs. 2 ZVG, gegen die der Herausgabekläger als (angeblich) Berechtigter nicht gemäû § 771 ZPO bzw. nach § 37 Ziff. 5 ZVG interveniert hat, als Veräuûerung durch ihn anzusehen und eröffnet dem Beklagten den Einwand des § 265 Abs. 3 ZPO (vgl. Lüke in MünchKomm./ZPO aaO, Rdn. 51; KG OLG-Rspr. 20 [1909], S. 314 zu §§ 90, 55 ZVG). Feststellungen zu § 55 Abs. 2 ZVG sind jedoch bisher nicht getroffen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war.

(2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Übrigen finden die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind

1.
„archäologisches Kulturgut“ bewegliche Sachen oder Sachgesamtheiten, die von Menschen geschaffen oder bearbeitet wurden oder Aufschluss über menschliches Leben in vergangener Zeit geben, sich im Boden oder in einem Gewässer befinden oder befunden haben oder bei denen aufgrund der Gesamtumstände dies zu vermuten ist,
2.
„Ausfuhr“ die Verbringung von Kulturgut aus dem Bundesgebiet,
3.
„Drittstaat“ jeder Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist,
4.
„Eigenbesitzer“ die Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über das Kulturgut für sich selbst ausübt,
5.
„Einfuhr“ die Verbringung von Kulturgut in das Bundesgebiet,
6.
„Fremdbesitzer“ die Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über das Kulturgut für andere ausübt,
7.
„Haager Konvention“ die Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (BGBl. 1967 II S. 1233, 1235),
8.
„Herkunftsstaat“ ein Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem das Kulturgut entstanden ist oder der eine so enge Beziehung zu dem Kulturgut hat, dass er es zum Zeitpunkt der Verbringung aus seinem Hoheitsgebiet als nationales Kulturgut unter Schutz gestellt hat,
9.
„Inverkehrbringen“ von Kulturgut das Anbieten, das Verkaufen, die Vermittlung, der Vertrieb, das Absetzen, die unentgeltliche Weiter- oder Abgabe zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung oder die wirtschaftliche Verwertung in sonstiger Weise im eigenen oder fremden Namen,
10.
„Kulturgut“ jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von paläontologischem, ethnographischem, numismatischem oder wissenschaftlichem Wert,
11.
„Kulturgut bewahrende Einrichtung“ jede Einrichtung im Bundesgebiet, deren Hauptzweck die Bewahrung und Erhaltung von Kulturgut und die Sicherung des Zugangs der Öffentlichkeit zu diesem Kulturgut ist, insbesondere Museen, Bibliotheken und Archive,
12.
„Mitgliedstaat“ jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union außer der Bundesrepublik Deutschland,
13.
„Protokoll zur Haager Konvention“ das Protokoll zur Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (BGBl. 1967 II S. 1233, 1300),
14.
„rechtswidrig ausgegraben“ ein Kulturgut, wenn es unter Verstoß gegen eine inländische oder ausländische Rechtsvorschrift zum Schutz von archäologischem oder paläontologischem Kulturgut, insbesondere ohne eine nach einer solchen Rechtsvorschrift erforderliche Genehmigung, ausgegraben worden ist,
15.
„Rückgabe“ die Verbringung des Kulturgutes in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates zur Erfüllung eines Rückgabeanspruchs,
16.
„Sachgesamtheit“ mehrere zusammengehörige Kulturgüter, insbesondere Archivbestände, Bibliotheksbestände, Nachlässe, Sammlungen oder Teile davon,
17.
„UNESCO-Übereinkommen“ das Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut (BGBl. 2007 II S. 626, 627),
18.
die Verbringung von Kulturgut
a)
„vorübergehend“, wenn sie für einen von Anfang an befristeten Zeitraum von höchstens fünf Jahren erfolgt,
b)
„dauerhaft“, wenn sie für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren erfolgt,
19.
„Vertragsstaat“ jeder andere Staat außer der Bundesrepublik Deutschland, für den das UNESCO-Übereinkommen bindend ist,
20.
„Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ ein Verzeichnis eines Landes, in das es Kulturgut als national wertvoll einträgt.

(2) Keine Ein- und Ausfuhr im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
die Herausgabe von Kulturgut durch Rechtshilfe im Sinne des § 66 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), das zuletzt durch Artikel 163 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist,
2.
die Rückgabe von unrechtmäßig verbrachtem Kulturgut nach Kapitel 5 und
3.
die Rückgabe von Kulturgut an einen anderen Staat oder aus einem ausländischen Staat aufgrund bilateraler völkerrechtlicher Vereinbarungen.

(1) Nationales Kulturgut ist Kulturgut, das

1.
in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen ist,
2.
sich in öffentlichem Eigentum und im Bestand einer öffentlich-rechtlichen Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet,
3.
sich im Eigentum und im Bestand einer Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet, die überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert wird, oder
4.
Teil einer Kunstsammlung des Bundes oder der Länder ist.

(2) Nur mit Zustimmung des Verleihers oder Deponenten gegenüber der zuständigen Behörde gilt Kulturgut in einer öffentlich-rechtlichen Kulturgut bewahrenden Einrichtung oder einer solchen, die überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert wird, für die Dauer des Leih- oder Depositalvertrages vorübergehend ebenfalls als nationales Kulturgut. Der Verleiher oder der Deponent kann seine Zustimmung jederzeit widerrufen. Die Einrichtung hat den Verleiher oder Deponenten über die Rechtsfolgen des Verzichts auf den Schutz als nationales Kulturgut nach den §§ 69 und 70 zu unterrichten. Dieser Schutz endet mit der Kündigung oder mit dem Ablauf des Leih- oder Depositalvertrages.

Kulturgut kann ein- oder ausgeführt sowie in Verkehr gebracht werden, soweit nicht dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften, insbesondere unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union, Verbote oder Beschränkungen vorsehen.

Die Ausfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn

1.
für das Kulturgut das Verfahren zur Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingeleitet worden ist und die Entscheidung über die Eintragung noch nicht unanfechtbar geworden ist,
2.
für das Kulturgut keine nach den §§ 22, 23, 24, 27 Absatz 1 bis 3 erforderliche Genehmigung vorliegt oder nach den §§ 25, 26 oder § 27 Absatz 4 erteilt worden ist,
3.
das Kulturgut nach § 32 Absatz 1 unrechtmäßig eingeführt worden ist,
4.
das Kulturgut nach § 33 Absatz 1 sichergestellt ist oder
5.
das Kulturgut nach § 81 Absatz 4 angehalten wird.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung).

(2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

(1) Verboten ist das Inverkehrbringen von Kulturgut, das abhandengekommen ist, rechtswidrig ausgegraben oder unrechtmäßig eingeführt worden ist.

(2) Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die nach Absatz 1 verboten sind, sind nichtig.

(3) Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte über Kulturgut, das entgegen § 21 ausgeführt worden ist, sind verboten.

(4) Derjenige, der das Kulturgut unter Verstoß gegen das Verbot in Absatz 1 in Verkehr gebracht hat, ist dem Erwerber zum Ersatz des Schadens unter Einschluss des Ersatzes der Aufwendungen anlässlich des Erwerbs und der Aufwendungen zur Erhaltung des Kulturgutes verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn derjenige, der das Kulturgut in Verkehr gebracht hat, nachweist, dass er den Verstoß nicht zu vertreten hat.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.