Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 06. Sept. 2017 - 12 U 2086/15
Tenor
I. Die Berufung des Klägers und Widerbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 11.09.2015 (Az. 2 O 891/14) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger und Widerbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 11.09.2015 (Az. 2 O 891/14) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 100.000,00 € festgesetzt.
Gründe
das Urteil des Landgerichts Ansbach 2 O 891/14 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach – Hinterlegungsstelle – unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P. „X“ an den Kläger und Berufungskläger zu bewilligen,
hilfsweise, den Rechtsstreit zur weiteren Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Landgericht Ansbach zurückzuverweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
- Art und Gestaltung des Erwerbsgeschäfts wie z. B. die Höhe des Preises (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.1987 – VIII ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456, juris Tz. 25) sowie die Veräußerungssituation,
- die Person des Erwerbers wie z. B. dessen geschäftliche oder fachspezifische Erfahrung, an die entsprechend höhere oder niedrigere Anforderungen hinsichtlich seiner Sorgfaltspflicht zu stellen sind,
- die Legitimation des Veräußerers sowie dessen Erklärungen, hinsichtlich derer eine kritische Würdigung des Erwerbers erwartet wird (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1972 – VIII ZR 66/71, MDR 1973, 44, juris Tz. 8),
- sonstige erkennbare Umstände in der Person des Veräußerers, z. B. ob dieser bekannt oder unbekannt in der maßgeblichen Branche ist.
- Die verkehrsübliche Abwicklung des Geschäfts in der betreffenden Branche ist bei der Beurteilung der Erwerbssituation von Bedeutung, wobei allerdings branchen- oder verkehrsübliche Schlampereien oder Leichtsinn keinen Anlass darstellen, die grobe Fahrlässigkeit zu verneinen (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1969 – VIII ZR 35/68, MDR 1970, 410).
- Über diese Kriterien hinaus kann im Einzelfall eine Nachforschungspflicht des Erwerbers hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem zu erwerbenden Gegenstand entstehen. Solche Nachprüfungs- und Erkundigungspflichten sind jedenfalls im Falle einer konkreten Verdachtssituation erforderlich, in der sich dann eine Bösgläubigkeit ergibt, wenn der Erwerber einem sich aufdrängenden objektiven Verdacht nicht nachgeht und eine gebotene Aufklärung unterlässt (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1972 – VIII ZR 66/71, MDR 1973, 44, juris Tz. 8; Urteil vom 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, juris Tz. 19; OLG Celle, OLGR 2004, 70, juris Tz. 54). Dabei begründen insbesondere verkehrstypische Gefahrensituationen, zu denen die Veräußerung besonders wertvoller Gegenstände, vor allem Kunstgegenstände jeglicher Art, zählt, Rückfragen zu den Eigentumsverhältnissen an der Sache (Oechsler in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl. 2017, § 932 Rn. 64 f.).
VII.
VIII.
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Urteil einreichenOberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 06. Sept. 2017 - 12 U 2086/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger wird verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach - Hinterlegungsstelle - unter dem Az. HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P. „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“, an den Beklagten zu bewilligen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte wird verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht Ansbach - Hinterlegungsstelle - unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P., „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“ zu bewilligen.
Die Klage wird abgewiesen.
Für den Fall, dass die Klage abgewiesen wird, wird der Kläger auf Widerklage verurteilt, die Freigabe der beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle - unter dem Aktenzeichen HL 11/2010 hinterlegten Gemälde von H. P., „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“, zu bewilligen.
die Widerklage wird abgewiesen.
Gründe
I.
II.
III.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war.
(2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Übrigen finden die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war.
(2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Übrigen finden die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.
Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzug der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grund oder infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
(1) Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen.
(2) Die Rücknahme ist ausgeschlossen:
- 1.
wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, dass er auf das Recht zur Rücknahme verzichte, - 2.
wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt, - 3.
wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urteil vorgelegt wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt.
Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war von Mai 1970 bis September 2000 Geschäftsführer einer Bezirkszahnärztekammer (im Folgenden BZK), bei der es sich um eine unselbständige Untergliederung der Beklagten zu 4 handelt. 1999 plante er mit seiner damaligen Ehefrau, der Beklagten zu 2, für das darauffolgende Jahr einen Umzug von M. nach P. . Im Spätsommer 1999 erhielten beide Besuch von der Schwester der Ehefrau, der Beklagten zu 1. Der Kläger bat diese, fünf verschlossene Holzweinkisten mit nach P. zu nehmen. Daraufhin nahmen die Beklagte zu 1 und ihr Lebensgefährte B. die Kisten mit; beide gingen - ebenso wie die Beklagte zu 2 - den Angaben des Klägers entsprechend davon aus, dass diese Wein enthielten und im Hinblick auf den Umzug bei der in P. wohnhaften Beklagten zu 1 gelagert werden sollten.
- 2
- Ebenfalls im Jahr 1999 führte die BZK - wie schon des Öfteren seit Anfang der Neunzigerjahre - eine Spendenaktion zu karitativen Zwecken durch, in deren Verlauf Zahnärzte Sammeldosen für gebrauchtes Zahngold in ihren Praxen aufstellten. In die Aktion eingebunden war die H. GmbH & Co. KG (im Folgenden: H. KG), die zu der Firmengruppe der Beklagten zu 3 gehört; sie sollte den Scheideprozess durchführen und der BZK den Reingoldanteil vergüten. Zu diesem Zweck wog der Hausmeister der BZK zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt das gesammelte und in Eimer verfüllte Altzahngold. Mitte Oktober 1999 bescheinigte der von der H. KG mit der Abholung betraute Mitarbeiter S. der BZK den Erhalt von 140 kg Altzahngold. Tatsächlich lieferte er jedoch nur 77,137 kg bei der H. KG ab, was zunächst nicht auffiel, weil er einen entsprechenden Eigenbeleg vorlegte. Als die BZK bei der Gutschrift des Goldes die Fehlmenge bemängelte, wurde gegen Herrn S. ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung eingeleitet. Die H. KG zahlte im Vergleichswege einen Betrag von 270.000 DM an die BZK. Das gegen Herrn S. gerichtete Strafverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt.
- 3
- Im Jahr 2002 trennten sich der Kläger und die Beklagte zu 2. Im Oktober 2002 öffnete die Beklagte zu 1 die Weinkisten und stellte fest, dass diese mit Altzahngold gefüllt waren. Daraufhin übergaben die Beklagten zu 1 und 2 das Altzahngold - einem Gutachten zufolge eine Menge von 53,2 kg - an die Staatsanwaltschaft. Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren endete mit einem Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts. Die Staatsanwaltschaft hinterlegte die Kisten nebst Inhalt bei dem Amtsgericht Potsdam und benannte die Parteien als mögliche Berechtigte.
- 4
- Die Klage, mit der der Kläger die Beklagten - soweit von Interesse - jeweils verurteilen lassen will, ihre Zustimmung zu der Herausgabe der hinterlegten Kisten samt Altzahngold zu erklären, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit den von dem Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, wollen die Beklagten die Zurückweisung der Berufung erreichen.
Entscheidungsgründe:
A.
- 5
- Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB verpflichtet, der Herausgabe an den Kläger zuzustimmen. Es könne dahinstehen, ob der Kläger sein Hauptvorbringen bewiesen habe, wonach ihm sein Freund, der im Jahr 1994 verstorbene Zahnarzt G. , das Altzahngold im Februar 1989 im Wege der Schenkung übereignet habe, er es noch bei diesem in die Weinkisten verfüllt und bis zu der Übergabe an den Zeugen B. in seiner jeweiligen Wohnung gelagert habe. Denn der Kläger habe sich in prozessual zulässiger Weise hilfsweise die Aussage des von den Beklagen benannten Zeugen B. in erster Instanz zu eigen gemacht, wonach der Zeuge die Kisten mit dem Kläger in der Hauptstelle der BZK abgeholt habe; die Weinkisten hätten sich in einem Raum im Bereich der Tiefgarage des unter anderem von der BZK genutzten Gebäudes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung befunden, zu dem der Kläger einen Schlüssel gehabt habe. Nach diesem Hilfsvorbringen werde das Eigentum des Klägers gemäß § 1006 Abs. 1 BGB vermutet. Er sei als Schlüsselinhaber nach außen erkennbar als Eigenbesitzer aufgetreten, indem er die Kisten abtransportiert habe. Wer Sachen persönlich nutze, ohne Organ der juristischen Person zu sein, habe nach der Verkehrsanschauung die tatsächliche Herrschaftsgewalt inne, wenn er - wie der Kläger - einen entsprechenden Besitzwillen habe. Die Beklagten hätten die Eigentumsvermutung auch nicht widerlegt. Zwar seien insbesondere bei behaupteter Schenkung keine besonders hohen Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung zu stellen. Vorliegend bestehe aber deshalb kein Anlass für Beweiserleichterungen, weil nichts dafür spreche, dass statt des Klägers einer der Beklagten Eigentumsrechte an den Kisten nebst Inhalt habe. Schließlich lasse sich nicht feststellen, dass das Altzahngold einem früheren Besitzer im Sinne von § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB abhandengekommen sei.
B.
- 6
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 7
- I. Im Ausgangspunkt zutreffend sieht das Berufungsgericht die rechtliche Grundlage für das Begehren des Klägers in § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB.
- 8
- 1. Damit die Hinterlegungsstelle an einen der Beteiligten herausgeben darf, bedarf es der Bewilligung durch die übrigen Beteiligten (§ 21 Abs. 3, § 35 HintG Brdbg). Der (wahre) Berechtigte kann die Abgabe dieser Erklärung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB von den übrigen Prätendenten verlangen, die ihre Rechtsposition auf seine Kosten erlangt haben; insoweit ist es ohne Bedeutung, ob die Voraussetzungen für die Hinterlegung vorlagen (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1980 - VIII ZR 334/79, WM 1980, 1383 ff.; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 812 Rn. 93 mwN). Ob der Anspruch besteht, richtet sich nicht nach dem Innenverhältnis zwischen den Prätendenten, sondern ausschließlich nach dem materiellen Rechtsverhältnis zwischen dem hinterlegenden Schuldner - hier der Staatsanwaltschaft - und dem Kläger (vgl. Senat, Urteile vom 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294 und vom 16. November 2012 - V ZR 179/11, ZIP 2013, 384 Rn. 10; BGH, Urteile vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495 und vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 161/04, NJW-RR 2007, 845, 846). Dies beruht darauf, dass die Hinterlegung zur Erfüllung einer gegen den Hinterlegenden gerichteten Forderung erfolgt (§ 372 Satz 2 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495).
- 9
- 2. Zu Recht sieht das Berufungsgericht alle Beklagten als Beteiligte des Hinterlegungsverfahrens im Sinne von § 21 Abs. 3 HintG Brdbg an, nachdem die Staatsanwaltschaft sie als solche benannt hat. Die Beteiligtenstellung eines von dem Hinterlegenden benannten Empfängers entfällt allerdings dann, wenn unzweifelhaft feststeht, dass er materiell nicht berechtigt ist (Senat, Urteil vom 10. Dezember 2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2005, 712, 714; MünchKommBGB /Fetzer, 6. Aufl., § 372 Rn. 28); infolgedessen ist seine Bewilligung entbehrlich. Davon kann hier jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Beklagten zu 1 und 2 stützen ihre Berechtigung auf eine Schenkung durch den Kläger. Die Beklagte zu 4 leitet ihre Rechte aus dem 1999 abhanden gekommenen Altzahngold her, ebenso die Beklagte zu 3 aufgrund der Abtretung der Ansprüche der H. KG.
- 10
- II. Mit der gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers gegen die Staatsanwaltschaft auf Herausgabe des Altzahngoldes nicht bejaht werden. Ein öffentlich-rechtlicher Herausgabeanspruch aufgrund der nach dem Ende einer strafprozessualen Beschlagnahme erforderlichen Restitution (näher hierzu Senat, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 90/13 Rn. 8 mwN, juris) besteht nicht, weil der Kläger nicht letzter Gewahrsamsinhaber war; insoweit kommt es nicht auf die zivilrechtlichen Besitzverhältnisse, sondern auf die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft an. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch kann sich insbesondere aus § 985 BGB ergeben. Dies setzt voraus, dass der Kläger Eigentümer des Altzahngoldes ist. Nach seinem Hauptvorbringen hat er das Eigentum durch den Vollzug der Schenkung erworben und das Altzahngold bis zu der (nur zum Zwecke der Aufbewahrung erfolgten) Übergabe an die Beklagte zu 2 und ihren Lebensgefährten in seiner Wohnung gelagert. Weder die behauptete Schenkung noch die Lagerung in der Wohnung des Klägers hat das Landgericht als erwiesen angesehen. Dass das Berufungsgericht der Berufung des Klägers ohne Prüfung seiner Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts mit der Begründung stattgegeben hat, das Eigentum des Klägers werde jedenfalls nach dem Hilfsvorbringen gemäß § 1006 Abs. 1 BGB vermutet, ist rechtsfehlerhaft.
- 11
- 1. Nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach der Hilfsvortrag des Klägers (Abholung der Kisten in der Tiefgarage) nicht wegen Verstoßes gegen § 138 ZPO unbeachtlich ist. Im Grundsatz darf sich eine Partei gegnerischen Vortrag auch dann hilfsweise zu eigen machen, wenn dieser dem eigenen Vortrag widerspricht, solange das Verhältnis der Behauptungen zueinander klargestellt ist und nicht (objektiv) feststeht, dass die Hilfsdarstellung bewusst wahrheitswidrig abgegeben wurde (Senat, Urteil vom 25. Januar 1956 - V ZR 190/54, BGHZ 19, 387, 390 f.; Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 125/88, NJW 1989, 2756; MünchKommZPO /Wagner, 4. Aufl., § 138 Rn. 12; Musielak/Stadler, ZPO, 11. Aufl., § 138 Rn. 2). Dies gilt gleichermaßen, wenn sich die Partei ein ihr (vermeintlich) günstiges Ergebnis der Beweisaufnahme hilfsweise zu eigen macht (zu letzterem etwa BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, NJWRR 2010, 495 Rn. 5). So liegt es hier. Die bewusste Wahrheitswidrigkeit des Hilfsvorbringens verneint das Berufungsgericht in vertretbarer Würdigung. Eine etwaige Widersprüchlichkeit des Parteivortrags kann ggf. im Rahmen der Beweiswürdigung Berücksichtigung finden.
- 12
- 2. Im Ausgangspunkt zutreffend ist auch die Annahme, dass § 1006 BGB Anwendung findet, obwohl der Kläger das Eigentum im Wege der Schenkung erworben haben will. Die von den Beklagten zu 1 und 2 insoweit erhobenen Zweifel sind unbegründet. Zwar wird vertreten, dass die Norm bei einem behaupteten Erwerb im Wege der Schenkung nicht eingreife (Wacke, AcP 191 [1991] 14 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, 4. Aufl., Rn. 1002 Fn. 1753); dies bezieht sich vor allem auf das Verhältnis zwischen dem Besitzer und dem vermeintlichen Schenker. Nach der ganz überwiegenden Ansicht ist der behauptete Erwerbstatbestand für die Anwendbarkeit des § 1006 BGB aber ohne Bedeutung (MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 63; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 47; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 207/92, WM 1994, 425 ff.; BVerwG, NJW 2003, 689, 690). Dies entspricht dem Wortlaut der Norm und ihrem sachenrechtlichen Charakter; das Eigentum wird aufgrund des Besitzes und unabhängig von dem Erwerbstatbestand vermutet.
- 13
- 3. Nicht haltbar sind dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es auf der Grundlage des Hilfsvorbringens das Eingreifen der Eigentumsvermutung annimmt.
- 14
- a) Die Darlegungs- und Beweislast für den Besitz an der Sache im Sinne von § 1006 BGB trifft denjenigen, der sich auf die Eigentumsvermutung beruft, hier also (gemäß § 1006 Abs. 2 BGB) den Kläger, der seinen früheren Besitz behauptet (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1006 Rn. 1); sein Vortrag ist nur schlüssig, wenn er tatsächliche Umstände darlegt, aus denen sich sein Besitz ergibt. Diese Darlegungsanforderungen werden nicht abgemildert, weil es sich um einen Prätendentenstreit handelt.
- 15
- b) Seinen Besitz hat der Kläger durch den Hilfsvortrag, auf den das Berufungsgericht entscheidend abstellt, nicht schlüssig dargelegt. Nach der Aussage des Zeugen B. , die er sich zu eigen gemacht hat, sollen sich die Kisten in einem verschlossenen Raum (einer „Art Weinkeller“) im Bereich der Tiefgarage des unter anderem von der BZK genutzten Gebäudes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung befunden haben, zu dem der Kläger einen Schlüssel hatte.
- 16
- aa) Es ist bereits rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht den Kläger auf der Grundlage des Hilfsvortrags als Besitzer des von dem Zeugen geschilderten Raums ansieht.
- 17
- (1) Im Ergebnis trifft es allerdings zu, dass ein von dem Kläger ausgeübter Besitz an dem Raum nicht deshalb der BZK zuzuordnen ist, weil er deren Organ war. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 des badenwürttembergischen Heilberufe-Kammergesetzes (GBl. BW 1995, 314) sind Organe einer Bezirkszahnärztekammer (als Untergliederung der Landeszahnärztekammer) die Vertreterversammlung, der Vorstand sowie ggf. Ausschüsse. Danach ist ein Geschäftsführer nicht Organ, sondern (leitender) Angestellter der BZK.
- 18
- (2) Unzutreffend ist jedoch die von dem Berufungsgericht hieraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, der Kläger sei bereits deshalb als Besitzer anzusehen, weil er, ohne Organ der BZK zu sein, den Schlüssel zu dem Raum gehabt habe. Das Berufungsgericht übersieht nämlich, dass der Kläger als (leitender) Angestellter hinsichtlich der Räumlichkeiten der BZK deren Besitzdiener war.
- 19
- (a) Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB ist unter anderem, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Danach sind Arbeitnehmer im Hinblick auf die ihnen zur Erfüllung ihrer Arbeitsleistung überlassenen Sachen grundsätzlich als Besitzdiener anzusehen, und zwar auch leitende Angestellte (RGZ 71, 248, 252; 99, 208, 209; 112, 109, 113; BAG NJW 1999, 1049, 1051; NZA 2000, 715, 716 f.; näher MünchKomm-BGB/Joost, 6. Aufl., § 854 Rn. 21, § 855 Rn. 5, 9; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 855 Rn. 8); dies gilt selbstverständlich auch für die Räumlichkeiten des Arbeitgebers.
- 20
- (b) Daran gemessen war der Kläger als leitender Angestellter hinsichtlich der ihm zugänglichen Räumlichkeiten der BZK nur Besitzdiener. Dass ein (leitender) Angestellter über Schlüssel zu Räumen oder Nebenräumen des Arbeitgebers verfügt, dient im Allgemeinen der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben und führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dazu, dass er selbst als Besitzer der Räumlichkeit anzusehen ist.
- 21
- (c) Dass es sich um einen privat genutzten Raum handelte, ist dem Hilfsvortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Vielmehr sprechen die vorgetragenen tatsächlichen Umstände - wie das Landgericht zu Recht hervorgehoben hat - dafür, dass es sich um einen Nebenraum der BZK handelte, zu dem der Kläger als Geschäftsführer einen Schlüssel hatte. Ohne ergänzenden Sachvortrag des Klägers ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass ein Raum in dem von seinem Arbeitgeber genutzten Gebäude nur ihm zugänglich war und ihm - etwa aufgrund eines Mietvertrags - zur privaten Nutzung zur Verfügung stand. Soweit das Berufungsgericht andeutet, der Raum könnte einer der weiteren in dem Gebäude ansässigen Firmen zuzuordnen sein, übergeht es den Umstand, dass der Kläger als Geschäftsführer der BZK über einen Schlüssel verfügte; ohnehin wäre ein Besitz anderer Firmen nicht geeignet, den Besitz des Klägers darzulegen.
- 22
- bb) Wenn nach dem Hilfsvortrag die Möglichkeit besteht, dass die BZK Besitzerin des Raumes war, kann sie auch Besitzerin der in dem Raum befindlichen Weinkisten und des darin verborgenen Altzahngolds gewesen sein, was zur Folge hat, dass der Kläger seinen Besitz nicht schlüssig dargelegt hat.
- 23
- (1) Ob der Kläger oder die BZK Besitz an den Weinkisten nebst Inhalt hatte, richtet sich danach, ob er nach der Verkehrsanschauung als Besitzer oder als Besitzdiener anzusehen ist.
- 24
- (a) In wessen tatsächlicher Herrschaftsgewalt sich die Sache befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falles entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 119/11, WM 2012, 1926 Rn. 10; BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - VIII ZR 379/86, BGHZ 101, 186, 188 mwN). Die tatsächliche Gewalt über Gegenstände, die sich in den Räumen des Arbeitgebers befinden, wird im Zweifel nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem Arbeitgeber als dem Besitzherrn zugeordnet und von dessen generellen Besitzbegründungswillen getragen (zu letzterem BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - VIII ZR 379/86, BGHZ 101, 186, 187 ff.; MünchKomm-BGB/Joost, 6. Aufl., § 854 Rn. 10 mwN).
- 25
- (b) Danach war die BZK - unterstellt, es handelte sich um einen ihr zuzuordnenden Raum - Besitzerin sowohl der Weinkisten als auch des Altzahngolds; auf die von den Revisionsführern aufgeworfene Rechtsfrage, ob für das Eingreifen der Eigentumsvermutung maßgeblich auf das Behältnis (Weinkiste) oder auf den darin verborgenen Inhalt (Altzahngold) abzustellen ist, kommt es daher nicht an.
- 26
- (aa) Im Hinblick auf das Altzahngold wäre nach der Verkehrsanschauung die BZK Besitzerin. Denn die Sachherrschaft über eine große Menge von Altzahngold in Zahnprothesen - zumal im Verlauf einer Altgoldsammelaktion - in Nebenräumen der BZK ordnen redliche Dritte ohne jeden Zweifel der BZK und nicht deren Geschäftsführer als Privatperson zu; dieser ist nur Besitzdiener.
- 27
- (bb) Das gilt für größere Mengen von Weinkisten gleichermaßen, die in verschlossenen Nebenräumen des Arbeitgebers gelagert werden. Mit seiner gegenteiligen Annahme verkennt das Berufungsgericht, dass der Besitz des Arbeitnehmers die Ausnahme und nicht die Regel ist. Dies gilt auch für in Dienstgebäuden gelagerte Nahrungs- oder Genussmittel. Sie werden nach der Verkehrsanschauung nur dann dem Arbeitnehmer zugeordnet, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass sie für dessen private Bedürfnisse bestimmt sind. Das kann der Fall sein, wenn es um Nahrungsmittel solcher Art und Menge geht, die üblicherweise am Arbeitsplatz verzehrt werden, oder wenn sich aus den Umständen erschließt, dass haushaltsübliche Einkäufe vorübergehend in den Räumen des Arbeitgebers gelagert werden. Eine Vorratshaltung in größeren Mengen wird dagegen im Zweifel dem Arbeitgeber zugeordnet, weil es nicht ungewöhnlich ist, dass diese etwa für Bewirtungszwecke vorgehalten werden.
- 28
- (2) Zu Unrecht führt das Berufungsgericht für den Besitz des Klägers an, er habe seinen Willen, die Sachen wie ein Eigentümer zu beherrschen, durch die Abholung der Kisten deutlich zum Ausdruck gebracht. Nach dieser Argumentation würde die Eigentumsvermutung für einen Arbeitnehmer eingreifen, der sich betriebliche Gegenstände aneignet, indem er sie abtransportiert. Der Tatbestand des § 1006 BGB ist jedoch nicht erfüllt, wenn sich aus dem eigenen Vortrag des Besitzers ergibt, dass der Erwerb des Besitzes nicht zum Eigentumserwerb geführt hat (BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - VIII ZR 270/82, NJW 1984, 1456, 1457; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 42 ff., jeweils mwN). So liegt es nach dem Hilfsvortrag. Seinen Besitz an den Kisten vor dem Abtransport hat der Kläger nicht dargelegt. Die Besitzerlangung durch den Abtransport reicht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht aus, weil er nach seinem Vortrag bereits Eigentümer war.
C.
- 29
- Das Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht die Angriffe nicht geprüft hat, mit denen der Kläger sich gegen die auf den Hauptvortrag bezogene Beweiswürdigung des Landgerichts wendet. Bei der Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
- 30
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 31
- I. Das Berufungsgericht wird zunächst die Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zu prüfen haben, gegen die es - bislang nicht entscheidungserhebliche - Zweifel geäußert hat. Insoweit besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung einen eigenen Eindruck von den vernommenen Zeugen jenseits der protokollierten Bekundungen verwerten darf. Hält der Tatrichter seine persönlichen Eindrücke - hier den Umstand, dass ein Zeuge auf bestimmte Fragen ausweichend und auffällig distanziert geantwortet habe und seine Schilderung eigentümlich farblos gewesen sei - in dem Urteil fest und würdigt er sie, begründet dies für sich genommen keine Zweifel an der Tatsachenfeststellung im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Solche Eindrücke, die auch aus der richterlichen Wahrnehmung des Verhaltens eines Zeugen, insbesondere der nonverbalen Kommunikation entstehen können, finden in das Protokoll naturgemäß keinen Eingang; dort wird gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nur die Aussage des Zeugen festgestellt. Dagegen hat die Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme zu erfolgen. Zu den Gründen, die im Urteil als für die richterliche Überzeugung leitend angegeben werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO), können und sollen auch persönliche Eindrücke des Tatrichters gehören, die dieser im Rahmen der Beweisaufnahme gewonnen hat.
- 32
- II. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung Anlass für eine Wiederholung der Beweisaufnahme sehen, ist - entgegen der Auffassung des Klägers - zunächst entscheidend, welchen Geschehensablauf es hinsichtlich der Übergabe des Altzahngolds an den Zeugen B. als erwiesen ansieht.
- 33
- 1. Sollten sich die Kisten bei der Übergabe - dem Hauptvortrag entsprechend - im Haus des Klägers befunden haben, wäre er in diesem Zeitpunkt Besitzer gewesen.
- 34
- a) Folglich stritte die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 2BGB für ihn. Über den Wortlaut von § 1006 Abs. 2 BGB hinaus wird zugunsten des früheren Besitzers auch die Rechtsfortdauer vermutet. Die Vermutung tritt nur dann zurück, wenn sich ein späterer Besitzer auf § 1006 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB berufen kann (näher Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1006 Rn. 5 mwN). Dies gälte nicht für die Beklagte zu 1, die nach ihrem eigenen Vortrag zunächst Fremdbesitzerin gewesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 - IX ZR 55/02, NJW 2004, 217, 219).
- 35
- b) Daher wäre zu prüfen, ob die Beklagten die Eigentumsvermutung widerlegen können.
- 36
- aa) Zu Unrecht stellt das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nur darauf ab, dass das Eigentum des Klägers wahrscheinlicher sei als das der anderen Beteiligten. Richtig ist zwar, dass die Eigentumsvermutung als widerlegt anzusehen ist, wenn Umstände bewiesen werden, die das Eigentum des Gegners der Vermutung wahrscheinlicher erscheinen lassen als das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers. Das Berufungsgericht lässt aber außer Acht, dass die Eigentumsvermutung auch auf andere Weise widerlegt werden kann (näher NK-BGB/Schanbacher, 2. Aufl., § 1006 Rn. 5; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 47). Insbesondere ist es ausreichend, wenn die von dem Besitzer behaupteten Erwerbstatsachen - hier also die Schenkung durch den Zahnarzt G. - widerlegt werden (vgl. BVerwG, NJW 2003, 689, 690; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 45, 61; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1006 Rn. 48). Es ist nicht erforderlich, dass alle denkbaren anderen Erwerbstatbestände widerlegt werden (BGH, Urteil vom 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, MDR 1977, 661; BVerwG, NJW 2003, 689, 690). Die Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung sind auch nicht deshalb andere, weil es um einen Prätendentenstreit geht.
- 37
- bb) Daher wäre den hierauf bezogenen Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen. Da der angebliche Schenker seine Praxis zu Beginn der Achtzigerjahre aufgegeben haben soll, müsste unter anderem der angebotene Sachverständigenbeweis zu dem Alter der Zahnprothesen erhoben werden. Bislang hat das Berufungsgericht lediglich die in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erstellten Gutachten im Wege des Urkundsbeweises verwertet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 - IV ZR 49/11, FamRZ 2012, 297 Rn. 9): Ein Vorgehen nach § 411a ZPO ist ebenso wenig ersichtlich wie eine Auseinandersetzung mit den in den Revisionsbegründungen der Beklagten aufgezeigten Angriffen gegen die Gutachten in den Vorinstanzen. Der Vortrag aus der ersten Instanz ist zu berücksichtigen, da die obsiegenden Beklagten keinen Anlass für die Wiederholung ihres Vortrags hatten. Insbesondere hätte das Berufungsgericht auch die von den Beklagten aufgeworfene Frage zu klären, ob es realistisch ist, dass ein Zahnarzt derartige Mengen an Altzahngold erlangt; immerhin stehen solche Altmetalle nach der Trennung vom Körper zunächst im Eigentum der Patienten (vgl. MünchKommBGB /Stresemann, 6. Aufl., § 90 Rn. 28) und können nur dann Eigentum des Zahnarztes werden, wenn der Patient sie an diesen übereignet. Schließlich wäre eine zusammenhängende Beweiswürdigung aller Indizien vorzunehmen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfen keine hohen Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung gestellt werden (BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 158/99, NJW 2002, 3106, 3108, insoweit in BGHZ 149, 337 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, MDR 1977, 661; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rn. 60).
- 38
- cc) Schließlich müsste das Berufungsgericht ggf. den auf die behauptete Schenkung (von Seiten des Klägers) bezogenen Vortrag der Beklagten zu 1 und 2 unter Berücksichtigung ihrer Revisionsbegründung erneut prüfen.
- 39
- 2. Sollte das Berufungsgericht dagegen den Vortrag der Beklagten zu dem Ort der Übergabe (Gebäude der BZK) als erwiesen ansehen, müsste es sich eine Überzeugung zu der Frage bilden, ob die BZK Besitzerin war. Dann stritte die Eigentumsvermutung ohne Rücksicht auf einen möglichen früheren Besitz des Klägers für die Beklagte zu 4 als letzte Eigenbesitzerin. Ein Besitzerwerb des Klägers durch den Abtransport reichte zur Widerlegung der Vermutung der Rechtsfortdauer schon deshalb nicht aus, weil er nicht behauptet, hierdurch Eigentümer geworden zu sein. Vielmehr müsste er, um den Anspruch gemäß § 985 BGB durchzusetzen, seinen Hauptvortrag beweisen, wonach er das Eigentum durch Schenkung erworben hat. Demzufolge müsste das Berufungsgericht die hierzu angebotenen Beweise erheben; ggf. wäre den bereits genannten Beweisangeboten der Beklagten - nunmehr gegenbeweislich - nachzugehen.
- 40
- 3. Sollte sich das Berufungsgericht hinsichtlich des Übergabeorts keine Überzeugung bilden können, käme es darauf an, ob der Kläger dem Hauptvortrag entsprechend seinen früheren Besitz beweisen kann, der die Vermutung der Rechtsfortdauer begründet (§ 1006 Abs. 2 BGB). Sofern dies gelingt, wäre wiederum die Widerlegung der Eigentumsvermutung durch die Beklagten zu prüfen. Sollte der Kläger dagegen seinen früheren Besitz nicht beweisen können, wäre der Hauptvortrag (Eigentums- und damit auch Besitzerwerb durch Übereignung aufgrund der Schenkung) zwangsläufig insgesamt unbewiesen und die Klage zu Recht ohne Erfolg geblieben.
Brückner Göbel
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 12.03.2012 - 1 O 152/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 07.02.2013 - 12 U 73/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Herausgabe der bei dem Amtsgericht hinterlegten Geldbeträge aus der Abrechnung von zwei Lebensversicherungsverträgen. Die Verträge hatte eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (fortan: die GmbH), deren Geschäftsführer der verstorbene Ehemann der Klägerin war, zur Rückdeckung einer Pensionsvereinbarung mit diesem abgeschlossen. Zu dieser Vereinbarung liegen Urkunden vor, über deren Echtheit und Richtigkeit die Parteien streiten, nämlich eine Vereinbarung vom 20. Januar 1992, eine Änderungsvereinbarung vom 28. November 1995, in welcher die Versorgung aufgestockt wurde, und eine weitere Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000. In der letzteren wird bestimmt, dass die Versorgungsansprüche bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin aus den Diensten der GmbH erhalten bleiben sollen, wenn die Pensionsvereinbarung zu diesem Zeitpunkt mindestens acht Jahre und nicht, wie zunächst vorgesehen, mindestens zehn Jahre bestanden hat. Die GmbH verpfändete 1996 und 1997 ihre Ansprüche aus den beiden Lebensversicherungsverträgen dem verstorbenen Ehemann der Klägerin und, mit Nachrang gegenüber diesem, der Klägerin selbst zur Sicherung der jeweiligen Versorgungsansprüche.
- 2
- Im Jahr 1999 nahm der Ehemann der Klägerin persönlich bei einer Bank einen Kredit zum Erwerb von Anteilen an einer Kommanditgesellschaft (fortan: die KG) auf. Als Sicherheit trat die GmbH ihre Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Bank ab. Der Ehemann der Klägerin wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 unter Übernahme der Pensionsvereinbarung als Vorstand der Komplementär-AG der KG angestellt. Die GmbH wurde auf Grund eines Verschmelzungsvertrags am 12. September 2002 auf die KG verschmolzen. Am 1. September 2005 wurden das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet und der Beklagte zu 1 (fortan: der Beklagte) als Insolvenzverwalter bestellt.
- 3
- Nachdem ihr Ehemann 2007 verstorben war, verlangte die Klägerin von dem Beklagten Zahlung der vereinbarten Witwenrente. Dieser wandte sich an das Versicherungsunternehmen, welches die beiden Lebensversicherungsverträge abrechnete und den Abrechnungsbetrag von 785.985,90 € bei dem Amtsgericht hinterlegte. Die Parteien verlangen mit Klage und Widerklage voneinander die Bewilligung der Herausgabe des gesamten Betrags.
- 4
- Das Landgericht hat, soweit hier von Interesse, unter Abweisung der Widerklage und der weitergehenden Klage den Beklagten verurteilt, die Herausgabe eines einmaligen Betrages von 189.184,38 € sowie weiterer monatlicher Teilbeträge von 5.732,86 € ab Mai 2010 zu bewilligen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte der Beklagte weiterhin erreichen, dass der (gesamte) Hinterlegungsbetrag ihm und nicht der Klägerin herausgegeben wird.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe im zuerkannten Umfang aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gegen den Beklagten ein Anspruch auf Bewilligung der Herausgabe des hinterlegten Betrags zu. Das ergebe sich daraus, dass die Klägerin und nicht der Beklagte von der Versicherung Zahlung hätte verlangen können. Die Versicherungsforderungen seien der Klägerin von der GmbH wirksam verpfändet worden.
- 6
- Dem stehe nicht entgegen, dass die Pensionsvereinbarung in den Verpfändungserklärungen mit einem falschen Datum bezeichnet worden sei. Es fehle auch nicht an einer gesicherten Forderung. Denn die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Pensionsvereinbarung wirksam zustande gekommen sei. Ein Schriftgutachten habe nicht eingeholt werden müssen, da der Beklagte hinsichtlich der Frage der Echtheit der Urkunden lediglich eingewandt habe, dass zwei unterschiedliche auf den 20. Januar 1992 datierte Vertragsurkunden existierten.
- 7
- Die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Bank habe als solche nicht zur Aufhebung der Pfandrechte geführt. Dass die Ansprüche des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und dieser selbst aus der Pensionsvereinbarung oder deren Pfandrecht an den Ansprüchen der GmbH aus den beiden Lebensversicherungen hätten aufgehoben werden sollen, sei nicht festzustellen.
- 8
- Gegen die Verwertungsbefugnis der Klägerin bestünden ebenfalls keine Einwände. Der von dem Beklagten herangezogene § 166 Abs. 2 InsO gelte nur für die Sicherungsabtretung, nicht dagegen für die Verpfändung von Forderungen , um die es hier gehe.
II.
- 9
- Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 10
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus,dass der Klägerin gegen den Beklagten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Bewilligung der Herausgabe des hinterlegten Betrags im zuerkannten Umfang zustehen kann. Bei einem Streit zwischen zwei Forderungsprätendenten über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen den anderen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu. Letzterer erlangt durch das von dem Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung eines Hinterlegungsbeteiligten. Wer wirklicher Rechtsinhaber ist und von den anderen Prätendenten die Freigabe der Hinterlegungssumme verlangen kann, bestimmt sich nicht nach dem Innenverhältnis der Prätendenten untereinander, sondern nach der Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294). Im vorliegenden Fall kommt es also darauf an, wer vor der Hinterlegung des Abrechnungsbetrags von dem Versicherungsunternehmen Zahlung verlangen konnte. Das wäre die Klägerin, wenn ihr die Forderungen der GmbH gegen das Versicherungsunternehmen wirksam verpfändet worden sind und ihr Pfandrecht im Zusammenhang mit der Abtretung dieser Forderungen nicht wieder aufgehoben worden ist.
- 11
- 2. Zu der Feststellung, die Forderungen aus den Versicherungsverträgen seien der Klägerin wirksam verpfändet worden, durfte das Berufungsgericht aber, was der Beklagte zu Recht rügt, nicht ohne Einholung eines Schriftgutachtens gelangen.
- 12
- a) Die Wirksamkeit der Verpfändung hängt nach § 1273 Abs. 2 Satz 1, § 1204 BGB u.a. von dem Bestehen der gesicherten Forderung und damit davon ab, dass die Pensionsvereinbarung vom 20. Januar 1992 und die Änderungsvereinbarung vom 28. November 1995 wirksam und auch zu den jeweils angegebenen Zeitpunkten zustande gekommen sind. Das hat der Beklagte bestritten und dazu Sachverständigenbeweis angeboten.
- 13
- b) Diesen Beweis musste das Berufungsgericht erheben.
- 14
- aa) Von der Erhebung eines angebotenen Beweises kann zwar abgesehen werden, wenn die Unergiebigkeit des Beweismittels feststeht, weil nach dem Ergebnis einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme ausgeschlossen ist, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben und die von dem Gericht bereits gewonnene Überzeugung erschüttern kann (BGH, Urteil vom 16. September 1986 - VI ZR 128/85, NJW-RR 1986, 1400, 1401; Senat, Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 13 und vom 21. Juli 2011 - V ZR 218/10, juris Rn. 7). So liegt es hier indessen nicht. Das von dem Beklagten beantragte Sachverständigengutachten ließ Erkenntnisse darüber erwarten, ob die Unterschriften auf den vorgelegten Urkunden echt sind, und darüber, von wann diese Urkunden stammen (können), ob sie also richtig datiert sind. Es ist deshalb weder von vornherein ausgeschlossen, dass die Einholung des Sachverständigengutachtens zu der Beweisfrage Sachdienliches ergibt, noch, dass seine Ergebnisse Auswirkungen auf die Würdigung der Aussage des vernommenen Zeugen einerseits und der Weigerung des Beklagten andererseits hat, den Rechtsanwalt, der die GmbH langjährig beraten hat, von der Schweigepflicht zu entbinden.
- 15
- bb) Von der Einholung des beantragten Schriftgutachtens konnte das Berufungsgericht auch nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts mit der Begründung absehen, der Beklagte habe seine Einwände gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vertragsurkunden nicht ausreichend substantiiert.
- 16
- (1) Von der Erhebung weiterer Beweise zur Echtheit einer Urkunde hätte das Gericht nur absehen dürfen, wenn der Gegner des Beweisführers - hier also der Beklagte - die Echtheit der Urkunde nicht oder nicht ausreichend substantiiert bestritten hätte. Denn dann gälten sie nach § 439 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO als anerkannt; ihre Echtheit bedürfte keines Beweises (vgl. § 440 Abs. 1 ZPO). So liegt es hier aber nicht. Der Beklagte hat die Echtheit der vorgelegten Urkunden bestritten und dies mit dem Vorhandensein von zwei unterschiedlichen Originalen der ursprünglichen Vereinbarung vom 20. Januar 1992 und der Vorlage der Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000 erst im Rechtsstreit begründet. Dieses Bestreiten reicht aus, weil sich der Beklagte auch mit einem Bestreiten mit Nichtwissen hätte begnügen dürfen (vgl. dazu: Zöller /Greger, ZPO, 29. Aufl., § 138 Rn. 13 aE). Das ergibt sich allerdings nicht schon gemäß § 439 Abs. 1, § 138 Abs. 4 ZPO daraus, dass der Beklagte an der Errichtung der Urkunden nicht beteiligt war. Ein Insolvenzverwalter darf eine Tatsache, zu der sich Erkenntnisse aus den Unterlagen des Schuldners oder von diesem selbst ergeben können, mit Nichtwissen nur bestreiten, wenn er ohne Erfolg die Unterlagen sichtet und notfalls den Schuldner befragt und wenn er das Ergebnis seiner Bemühungen nachvollziehbar darlegt (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 249/09, NJW-RR 2012, 1004, 1005 Rn. 16). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
- 17
- Der verstorbene Ehemann der Klägerin stand als Geschäftsführer der GmbH und als Vorstand der Komplementär-AG der Insolvenzschuldnerin für Auskünfte nicht mehr zur Verfügung. In den Unterlagen der GmbH befanden sich nach den für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Angaben des Beklagten keine Originale der Vereinbarungen. Erkenntnisse über die Echtheit der von der Klägerin vorgelegten Exemplare der Vereinbarung ergaben sich auch nicht daraus, dass der Rechtsanwalt der GmbH dem Beklagten nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz weitere Exemplare übersandt hat. Dieser mag zwar angeben können, wann er sie erhalten hat. Daraus mögen sich auch Indizien für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunden ergeben. Ob sie echt sind, lässt sich aber weder den von der Klägerin vorgelegten noch diesen weiteren Exemplaren der Vereinbarung entnehmen. Eine Befragung des Rechtsanwalts der GmbH dazu kam nicht in Betracht, weil er dem Beklagten nach dessen hier maßgeblichen Angaben erklärt hatte, er sei bei der Unterzeichnung der Urkunden nicht anwesend gewesen. Der Beklagte hätte ihre Echtheit danach mit Nichtwissen bestreiten dürfen; sein einfaches Bestreiten reichte deshalb aus.
- 18
- (2) Die Echtheit der Urkunde war danach beweisbedürftig. Dann aber musste das Berufungsgericht alle dazu angebotenen Beweise erheben. Es durfte sich nicht auf die Erhebung eines Teils der Beweise beschränken, auch nicht, wenn es auf Grund der bislang erhobenen Beweise einerseits und der Weige- rung des Beklagten, den Rechtsanwalt von der Schweigepflicht zu entbinden, andererseits von der Echtheit der Urkunden überzeugt war. Die Überzeugung, eine bestrittene Tatsache sei bereits erwiesen, erlaubt es dem Gericht nicht, von der Erhebung weiterer zulässiger und angebotener Beweise abzusehen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.; Senat , Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 11 und vom 21. Juli 2011 - V ZR 218/10 juris Rn. 8). Geschieht dies trotzdem, liegt darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Ein solches Vorgehen verstößt gegen § 286, § 440 Abs. 1 ZPO und Art. 103 GG.
- 19
- (3) Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Rechtsprechung des Reichsgerichts entnehmen. Das Reichsgericht hat zwar entschieden, dass die Echtheit einer Urkunde nicht stets durch Sachverständigengutachten nachgewiesen werden muss und dass der Tatrichter zu der Überzeugung von der Echtheit einer Urkunde gelangen kann, wenn Art und Erscheinungsbild der Urkunde und dem Vorbringen des Gegners des Beweisführers nichts zu entnehmen ist, das ihn an der Echtheit zweifeln lässt (RGZ 72, 290, 292). Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht die Beweisaufnahme vor Erhebung aller zulässigen und angebotenen Beweise abbrechen darf. In dem von dem Reichsgericht entschiedenen Fall kam in der gewählten Verfahrensart - einem Wechselprozess – die Erhebung anderer Beweise nicht in Betracht (vgl. § 595 Abs. 2 ZPO). Es ging allein um die – von dem Reichsgericht bejahte - Frage, ob bei der dann anstehenden abschließenden Würdigung des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) berücksichtigt werden darf, dass der Gegner des Beweisführers eine Substantiierung des Echtheitsbestreitens nicht einmal versucht hat, seinem Vorbringen also nichts zu entnehmen ist, das an der Echtheit der Urkunde zweifeln lässt.
- 20
- (4) Das Absehen von der Einholung eines Schriftgutachtens erweist sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb als zutreffend, weil der Beklagte die "Fatalitäten" des § 441 Abs. 2 und 3 ZPO nicht eingehalten hat.
- 21
- Hätte das Berufungsgericht die Erforderlichkeit des Beweisangebots erkannt , wäre es nach § 139 Abs. 1 ZPO zunächst gehalten gewesen zu klären, ob der Beweisantritt auf den - keine Vergleichsschriften erfordernden - Nachweis einer Rückdatierung der Urkunden gerichtet sein sollte; andernfalls hätte es jedenfalls auf die Notwendigkeit der Vorlage von Vergleichsurkunden hinweisen müssen. Dass der Hinweis unterblieben ist, war auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zwar konsequent und damit nicht verfahrensfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - VI ZR 254/09, VersR 2010, 1666 Rn. 8). Auf der Grundlage der abweichenden Rechtsauffassung des Senats muss dem Beklagten aber Gelegenheit gegeben werden, seinen Beweisantrag zu erläutern bzw. zu ergänzen.
III.
- 22
- Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat auf folgendes hin:
- 23
- 1. Wirksamkeit der Verpfändung:
- 24
- a) Die gegen die Bestimmtheit der Verpfändung und gegen die Wirksamkeit der Verpfändungsanzeigen erhobenen Einwände des Beklagten sind aus den von dem Berufungsgericht angeführten Gründen unbegründet. Die Pensionsvereinbarung ist zwar in den Verpfändungserklärungen mit jeweils unter- schiedlichen, fehlerhaften Daten bezeichnet worden. Dabei handelt es sich aber ersichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio). Eine solche Falschbezeichnung ändert nach § 133 BGB nichts daran, dass - wie auch sonst - nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt (Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - V ZR 174/06, NJW 2008, 1658, 1659 Rn. 12). Mit den Verpfändungen sollten ersichtlich nur die Ansprüche des Ehemanns der Klägerin und dieser selbst aus der Pensionsvereinbarung mit der GmbH abgesichert werden. Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH mit dem Ehemann der Klägerin außer der Vereinbarung vom 20. Januar 1992 nebst Änderungen , über deren Wirksamkeit die Parteien streiten, noch eine andere Pensionsvereinbarung geschlossen hätte, sind nicht ersichtlich. Unklarheiten darüber konnte es auch für die Versicherung nicht geben. Für sie waren gesichert die Forderungen aus der bestehenden Pensionsvereinbarung ihrer Versicherungsnehmerin , der GmbH, mit dem bezugsberechtigten Ehemann der Klägerin , also dessen Forderungen und die der Klägerin.
- 25
- b) Das Vorhandensein von zwei verschiedenen Originalen der Pensionsvereinbarung begründet, sollten sich die Urkunden als echt und zutreffend datiert erweisen, keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarung. Die Urkunden unterscheiden sich inhaltlich nur in wenigen unbedeutenden Randpunkten. Das mag dazu führen, dass es insoweit an einer Einigung fehlt. An dem Zustandekommen der Vereinbarung im Übrigen änderte das nichts.
- 26
- c) Es erscheint zweifelhaft, ob es auf das Zustandekommen der Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000 ankommt. Die Witwenrentenansprüche sollten zwar entfallen, wenn die Pensionsvereinbarung bei Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin aus den Diensten der GmbH noch nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat. Diese Frist war, wenn man von dem vereinbarten Wirkungsbeginn mit dem 1. Januar 1992 ausgeht, nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB schon mit dem 31. Dezember 2001, nicht erst, wie der Beklagte meint, mit dem 1. Januar 2002 abgelaufen. Für die Maßgeblichkeit des 1. Januar 1992 spricht das ursprünglich vorgesehene Unterzeichnungsdatum, der 20. Dezember 1991.
- 27
- 2. Aufhebung des Pfandrechts:
- 28
- Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Aufhebung des Pfandrechts der Klägerin im Zusammenhang mit der Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Bank verneint hat, treffen im entscheidenden Punkt zu. Es spricht nichts dafür, dass der Ehemann der Klägerin deren Pfandrecht aufheben wollte, so dass auch offen bleiben kann, ob er es konnte. Die Abtretung der mit den Pfandrechten belasteten Forderungen der GmbH gegen das Versicherungsunternehmen war zwar für die Bank von nur eingeschränktem Wert. Dieses ungünstige Ergebnis rechtfertigt aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht die Annahme, der Ehemann der Klägerin habe mit dieser Abtretung nicht nur sein eigenes, sondern, worauf es hier ankommt, auch das Pfandrecht der Klägerin aufgehoben. Damit hätten die Klägerin und ihr Ehemann die einzige Sicherheit für ihre Pensionsansprüche verloren und diese selbst bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Kredits nicht wiedererlangt, weil der Rückabtretungsanspruch gegen die Bank nicht ihnen, sondern der GmbH zustand. Gewöhnlich ist zwar Gläubiger der Rückgewähransprüche gegen den Sicherungsnehmer auch dann der Schuldner, wenn die Sicherheit von einem Dritten gestellt wird (Senat, Urteil vom 20. November 2009 – V ZR 68/09, NJW 2010, 935, 936 Rn. 14). Hier war die Sicherungsabrede aber Teil der Abtretung , mit der Folge, dass die Rückgewähransprüche nicht dem Ehemann der Klägerin als Schuldner, sondern der GmbH als Sicherungsgeberin zustanden. Deshalb konnte eine zweckmäßige Absicherung der Bank aus Sicht des Ehemanns der Klägerin nicht durch Aufgabe der Pfandrechte, sondern nur durch eine zusätzliche schuldrechtliche Abrede der Bank mit der Klägerin und ihrem Ehemann erreicht werden, im Verwertungsfall die Pfandrechte nicht geltend zu machen.
- 29
- 3. Verwertungsbefugnis:
- 30
- § 166 Abs. 2 InsO steht der Klage nicht entgegen. Die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut nur die Sicherungsabtretung einer Forderung, nicht die Verpfändung. Sie ist auf die Verpfändung auch nicht entsprechend anwendbar, weil dies dem Willen des Gesetzgebers und dem Plan des Gesetzes widerspräche (Senat, Urteile vom 21. März 2003 - V ZR 290/02, VIZ 2003, 389, 390 f. und vom 19. März 2004 - V ZR 214/03, VIZ 2004, 374, 375 f.). Danach soll das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nur bestehen, wenn es sich bei der Sicherheit um eine Forderungsabtretung handelt, nicht jedoch, wenn die Sicherheit - wie hier - durch Verpfändung einer Forderung erbracht wird (Be- schlussempfehlung zur Insolvenzordnung in BT-Drucks. 12/7302 S. 176 zu Nr. 106; BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01, NJW 2002, 3475, 3476).
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 14.05.2010 - 3 O 445/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.06.2011 - I-22 U 102/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Die Klägerin verlangt gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB Freigabe eines (Teil-)Betrages von 30.000 Euro, der im Verlauf eines früheren, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits zwischen ihr und der M. GmbH (fortan: Fa. M. ) hinterlegt worden ist.
- 2
- Die Fa. M. hatte mit Vertrag vom 1. Juni 1994 von der Klägerin ein im Beitrittsgebiet belegenes Grundstück gekauft. Zahlstelle für den Kaufpreis war die Kreissparkasse B. , die Grundpfandrechte ablösen und den Restbetrag an die Klägerin auskehren sollte. Mit Schreiben vom 24. Januar 1996 erklärte die Kreissparkasse B. , sie nehme "den von den vertragsschließenden Parteien des notariellen Kaufvertrages … beurkundeten Treuhandauftrag" an. Die Fa. M. zahlte den Kaufpreis nicht. Sie klagte auf Wandelung des Kaufvertrages. Die Klägerin erhob Widerklage auf Zahlung des Kaufpreises. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage wurde die Fa. M. zur Zahlung von 3.811.271,74 DM an die Klägerin verurteilt. Nachdem diese Sicherheit durch eine Prozessbürgschaft der Kreissparkasse W. geleistet hatte, betrieb sie die Zwangsvollstreckung gegen die Fa. M. . Es gelang ihr, etwa 3.000.000 DM zur Zahlung an die Kreissparkasse B. beizutreiben; den Restbetrag von etwa 800.000 DM zahlte die Fa. M. schließlich zur Abwendung der weiteren Zwangsvollstreckung an die Kreissparkasse B. . Diese leitete das Geld an die Kreissparkasse W. weiter, ohne die Grundpfandrechte abzulösen. Auf eine Klage der Fa. M. wurde die Kreissparkasse B. deshalb durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 verurteilt, den gesamten Betrag von 3.811.271,74 DM zugunsten der Klägerin und der Fa. M. zu hinterlegen. Zwischenzeitlich, am 11. Januar/17. Februar 1998, hatte die Klägerin den Kaufpreisanspruch an die Kreissparkasse W. abgetreten.
- 3
- Die Berufung der Fa. M. gegen die Abweisung der Klage auf Wandelung des Kaufvertrages und gegen ihre Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises hatte Erfolg. Die jetzige Klägerin wurde zur Zustimmung zur Wandelung sowie gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu Schadensersatz in Höhe von 3.811.271,74 DM Zug um Zug gegen Freigabe des hinterlegten Betrages verurteilt ; die Kaufpreisklage wurde abgewiesen. Nachdem die Klägerin Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt hatte, wurde am 7. Februar 2001 das Insol- venzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Gläubigerversammlung beschloss , den Rechtsstreit nicht aufzunehmen. Daraufhin versuchte die Klägerin selbst, den Rechtsstreit fortzusetzen. Mit Beschluss vom 12. Februar 2004 stellte der Bundesgerichtshof jedoch fest, dass der Rechtsstreit nach wie vor unterbrochen sei, weil ein Aktivprozess gemäß § 85 Abs. 2 InsO nicht vorliege (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769, 770).
- 4
- In der Zwischenzeit hatte die Fa. M. die Kreissparkasse W. aus der von der Klägerin beigebrachten Prozessbürgschaft in Anspruch genommen. Im Gegenzug hatte sie am 21. September 2001 sämtliche ihr zustehenden Ansprüche auf Auszahlung und Freigabe des beim Amtsgericht Stuttgart hinterlegten Betrages von 3.964.781,30 DM nebst Zinsen an die Kreissparkasse W. abgetreten und die Auszahlung und Freigabe des hinterlegten Betrages an diese bewilligt.
- 5
- Klägerin Die verlangt nunmehr aus abgetretenem Recht der Kreissparkasse W. Zustimmung zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der von der Kreissparkasse B. hinterlegte Geldbetrag stehe der Kreissparkasse W. weder aus eigenem noch aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Klägerin oder der Fa. M. zu. Es komme darauf an, wer im Verhältnis zur Kreissparkasse B. - der hinterlegenden Schuldnerin - Gläubiger gewesen sei. Die Kreissparkasse B. habe nicht den Kaufpreis hinterlegt, sondern denjenigen Betrag, den sie wegen Verletzung des Treuhandauftrages als Schadensersatz habe erstatten müssen. Ihren Schadensersatzanspruch gegen die Kreissparkasse B. habe die Klägerin nicht an die Kreissparkasse W. abgetreten. Aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Fa. M. stehe der Kreissparkasse W. der hinterlegte Geldbetrag ebenfalls nicht zu; denn die Fa. M. habe die Bürgschaft nur Zug um Zug gegen Freigabe der Hinterlegungssumme in Anspruch nehmen dürfen. Ob die Fa. M. einen Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages und Rückzahlung des Kaufpreises habe, sei derzeit offen. Im Vorprozess der Fa. M. gegen die Klägerin sei nur der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO ausgeurteilt worden.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 9
- Grundlage 1. des Anspruchs der Kreissparkasse W. , aus deren Recht die Klägerin klagt, gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Auszahlung der 30.000 Euro ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Bei einem Streit über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen die übrigen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu; denn diese haben durch das vom Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung von Hinterlegungsbeteiligten erlangt (BGHZ 35, 165, 170; 109, 240, 244; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294). Für die Frage der Freigabepflicht ist die Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner und nicht das Innenverhältnis zwischen den Prätendenten maßgebend (BGH, Urt. v. 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, WM 1997, 513, 514; Urt. v. 15. Oktober 1999, aaO). Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB setzt auch nicht voraus, dass der klagende Prätendent bei der Hinterlegung als Berechtigter benannt worden ist (BGH, Urt. v. 26. April 1994 - XI ZR 97/93, NJW-RR 1994, 847). Maßgeblich ist allein, ob dem klagenden Prätendenten die Forderung gegen den Schuldner zustand oder zusteht.
- 10
- 2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kaufpreisanspruch der Klägerin berechtigt ist oder ob die Fa. M. die Wandelung des Kaufvertrages und damit die Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen kann. Da die Kreissparkasse W. sämtliche Ansprüche im Wege der Abtretung erworben hat und die Klägerin aus dem Recht der Kreissparkasse W. vorgeht, ist der geltend gemachte Anspruch in jedem Fall begründet.
- 11
- a) Steht der Klägerin der Kaufpreisanspruch zu, so ist die Kreissparkasse W. durch die Abtretung dieses Anspruchs der Klägerin am 11. Januar /17. Februar 1998 entsprechend § 401 BGB auch Inhaberin des Anspruchs aus § 667 BGB gegen die im Vertrag bestimmte Treuhänderin, die Kreissparkasse B. , geworden.
- 12
- aa) Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs an die Kreissparkasse W. war wirksam. Insbesondere war der Anspruch nicht zuvor infolge der teils im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkten, teils zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgten Zahlungen an die Kreissparkasse B. durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 87, 157, 162; BGH, Urt. v. 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, NJW 1994, 1403, 1404; v. 20. November 1997 - IX ZR 152/96, NJW 1998, 746, 747) haben Zahlungen auf ein Notaranderkonto in der Regel - wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben - keine Erfüllungswirkung. Gleiches gilt für Zahlungen an ein Kreditinstitut, das als Treuhänder beider Vertragsparteien eingeschaltet wird.
- 13
- bb) Nach § 401 Abs. 1 BGB gehen auch die unselbständigen Nebenrechte der abgetretenen Forderung auf den Abtretungsempfänger über. Dabei ist die Aufzählung in § 401 Abs. 1 BGB nicht abschließend. Die analoge Anwendung der Vorschrift auf nicht ausdrücklich genannte Nebenrechte wurde im Gesetzgebungsverfahren als selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1971 - IV ZR 71/70, NJW 1972, 437, 439). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift erfasst sie auch andere unselbständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind (BGHZ 46, 14, 15; 138, 179, 184). Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass der Anspruch des Verkäufers gegen den Notar auf Auszahlung eines bei ihm vom Käufer hinterlegten Kaufpreises als ein unselbständiges Nebenrecht zur Kaufpreisforderung anzusehen ist, das nicht ohne diese gepfändet (BGHZ 105, 60, 64) oder abgetreten werden kann (BGHZ 138, 179, 184 mit zust. Anm. Henckel, WuB VI G § 9 GesO 1.99).
- 14
- Im vorliegenden Fall hatten die Parteien des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht einen Notar, sondern die Kreissparkasse B. als Treuhänder beauftragt, den Kaufpreis entgegen zu nehmen und entsprechend den Bestimmungen des Kaufvertrages vor Auskehrung an die Klägerin - die Verkäuferin - vorrangig zur Ablösung von Grundpfandrechten zu verwenden. Die Gründe, die zur Anwendung des § 401 BGB geführt haben, gelten jedoch auch in diesem Fall. Die Einschaltung der Treuhänderin diente hier ebenfalls dazu sicherzustellen , dass die Ansprüche der Vertragsparteien Zug um Zug erfüllt wurden. Die gesonderte Abtretung des einen oder des anderen Anspruchs - des Anspruchs gegen die Käuferin auf Zahlung des Kaufpreises oder des Anspruchs gegen die Treuhänderin auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten - wäre mit diesem Ziel unvereinbar gewesen. Ob der Vertrag über die Forderungsabtretung , der ausdrücklich "alle Nebenansprüche" einschloss, den Anspruch aus § 667 BGB erfasste, was die Vorinstanzen nicht geprüft haben, kann im Hinblick auf die Vorschrift des § 401 BGB offen bleiben.
- 15
- Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Kreissparkasse B. - wie sich auch aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 ergibt - die Hinterlegung zur Erfüllung des gegen sie gerichteten Anspruchs aus § 667 BGB vorgenommen. Ihr war die zweckwidrige Verwendung der ihr zur Ablösung von Grundpfandrechten zur Verfügung gestellten Beträge vorgeworfen worden. Bei zweckwidriger Verwendung folgt der - verschuldensunabhängige - Herausgabeanspruch des Beauftragten nach wie vor aus § 667 BGB (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1990 - III ZR 336/89, NJW-RR 1991, 575; v. 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 48).
- 16
- cc) Der Anspruch der Klägerin gegen die Kreissparkasse B. aus § 667 BGB auf Herausgabe des aus der Ausführung des Auftrags Erlangten war - aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises und die Ablösung der Grundpfandrechte - bereits mit der Annahme des Treuhandauftrages durch die Kreissparkasse B. gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 24. Januar 1996 entstanden. Dass der Kaufpreis erst nach der Abtretung vom 11. Januar/17. Februar 1999, nämlich am 28. Mai und am 26. Oktober 1999 an die Kreissparkasse B. gelangt war, ist für die Anwendung des § 401 BGB also ohne Bedeutung.
- 18
- (1) Auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person kann der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden Vermögensgegenstand freigeben (BGHZ 163, 32, 34; BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260, 261; v. 2. Februar 2006 - IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583, 584; Henckel, Festschrift für Gerhart Kreft S. 291, 300 ff). Die Ablehnung, einen Rechtsstreit für die Masse aufzunehmen (§ 85 Abs. 2 InsO), ist notwendig mit der Freigabe des im Streit befindlichen Massegegenstandes verbunden; denn der Schuldner erhält die gesetzliche Prozessführungsbefugnis nur zurück, wenn der Streitgegenstand wieder zum massefreien Vermögen gehört (BGHZ 163, 32, 36). Die Ablehnung nach § 85 Abs. 2 InsO ist gegenüber dem Schuldner oder der Gegenpartei zu erklären. Sie ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann deshalb auch durch schlüssiges Verhalten wirksam erfolgen (BGH, Urt. v. 24. Juli 2003 - IX ZR 333/00, WM 2003, 1948, 1949). Lehnt der Insolvenzverwalter es ab, einen Passivprozess aufzunehmen, findet § 85 Abs. 2 InsO dagegen keine Anwendung (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769 f; v. 14. April 2005 - IX ZR 221/04, ZIP 2005, 952, 953). Der Rechtsstreit bleibt - von den Ausnahmefällen des § 86 Abs. 1 InsO abgesehen , in denen auch der Gegner den Rechtsstreit fortsetzen kann - gemäß § 240 Abs. 1 ZPO unterbrochen. Die Erklärung, einen Passivprozess nicht aufnehmen zu wollen, kann in der Regel schon deshalb keine "Freigabe" des streitbefangenen Gegenstandes bedeuten, weil es um die Abwehr eines gegen die Masse gerichteten Anspruchs geht, die Masse also nicht Inhaberin des Anspruchs , sondern Anspruchsgegnerin ist.
- 19
- (2) Die Erklärung des Beklagten, den beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht aufnehmen zu wollen, hatte im Hinblick auf den gegen die Masse geltend gemachten Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO nicht die Wirkung des § 85 Abs. 2 InsO (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004, aaO). Sie enthielt deshalb nicht notwendig die Freigabe des Kaufpreisanspruchs. Auf der anderen Seite ist es jedoch nicht ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit diesem Vorgang abgegebenen Erklärungen des Beklagten als Freigabe des Kaufpreisanspruchs zu verstehen.
- 20
- Freigabe Die eines zur Masse gehörenden Vermögensgegenstandes bedeutet deren Überführung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners (Häsemeyer, Insolvenzrecht 3. Aufl. Rn. 13.14; vgl. auch BGHZ 163, 32, 35; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 6 Rn. 19, 21). Sie erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Schuldner (RGZ 94, 55, 56; Häsemeyer, aaO Rn. 13.15) und muss den Willen dauernden Verzichts auf die Massezugehörigkeit bekunden (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Beklagte hat nicht nur im Rechtsstreit um die Wandelung des Kaufvertrages mitgeteilt, der Prozess werde nicht aufgenom- men. In der ersten Instanz des vorliegenden Prozesses hat er die von ihm abgegebenen Erklärungen dahingehend erläutert, er habe entsprechend dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 11. April 2001 den etwaigen Kaufpreisanspruch der Schuldnerin freigegeben, weil dieser abgetreten gewesen sei und die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Aufgrund des Beschlusses der Gläubigerversammlung, das Revisionsverfahren nicht aufzunehmen, könne die Klägerin (die Schuldnerin) den streitgegenständlichen Kaufpreisanspruch auf eigenes Kostenrisiko weiter verfolgen. Im Falle des Obsiegens der Schuldnerin müsse die Fa. M. den Kaufpreis an diese oder an die Kreissparkasse W. als die Abtretungsempfängerin zahlen. Spätestens mit diesen auch gegenüber der Schuldnerin abgegebenen Erklärungen ist der Kaufpreisanspruch aus der Masse freigegeben worden. Der Beklagte hat hier mit großer Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der fragliche Anspruch nicht mehr der Masse, sondern der Schuldnerin zustehen soll. Seine Ausführungen in der Berufungsinstanz, die Ablehnung der Aufnahme des Prozesses um die Wandelung des Kaufvertrages sei rechtlich bedeutungslos gewesen, änderten daran nichts; denn eine einmal erklärte Freigabe kann nicht einseitig widerrufen werden (RGZ 60, 107, 109; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 28).
- 21
- (3) Mit dem Kaufpreisanspruch hat der Beklagte zugleich den unselbständigen Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen die Treuhänderin, die Kreissparkasse B. , freigegeben. Dies folgt ebenfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB. Die Freigabe eines Anspruchs aus der Insolvenzmasse stellt zwar keine Abtretung dar (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 21). Der Insolvenzschuldner ist schon vor der Freigabe Inhaber der fraglichen Forderung ; die Freigabe bewirkt lediglich deren Übergang in sein insolvenzfreies Vermögen. Die Überlegungen, die zu einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB auf den Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder führ- ten, treffen jedoch auch hier zu. Der Treuhandauftrag wurde zur sicheren Durchführung des Kaufvertrages erteilt, nicht dazu, den Wert des Kaufpreisanspruchs von diesem zu lösen und eigenständig zu verkörpern. Gehört der Kaufpreisanspruch also nicht mehr zur Masse, muss gleiches auch für den Anspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder gelten.
- 22
- Der (4) Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2004 (aaO) stellt bindend fest, dass der Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages nach wie vor unterbrochen ist, steht der hier getroffenen Entscheidung über die Frage der (materiell-rechtlichen) Freigabe jedoch nicht entgegen.
- 23
- b) Hat die Fa. M. Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages, kann sie die Rückzahlung des Kaufpreises und damit die Auskehrung des Hinterlegungsbetrages verlangen (§§ 462, 465, 467, 346 ff BGB a.F.). Die Fa. M. hat einer Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Kreissparkasse W. , aus deren Recht die Klägerin vorgeht, zugestimmt.
III.
- 24
- Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts, das ihn zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro verurteilt hat, ist zurückzuweisen.
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2004 - 9 O 461/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.08.2004 - 3 U 83/04 -
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.
(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.
(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer.
Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).
Steht der mittelbare Besitzer zu einem Dritten in einem Verhältnis der in § 868 bezeichneten Art, so ist auch der Dritte mittelbarer Besitzer.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Hat jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im Eigenbesitz gehabt, so wird vermutet, dass sein Eigenbesitz auch in der Zwischenzeit bestanden habe.
(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.
(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter im Konkurs der G. GmbH in E.. Ihre Rechtsvorgängerin hatte im Juni 1993 eine ursprünglich ihr gehörende Gesenkbiegepresse nebst Zubehör zu der G. Transporttechnik GmbH in L. verbracht, wo die Presse auf ein Betonfundament verschraubt wurde. Im September 1993 verpachtete die G. Transporttechnik GmbH ihren Betrieb in L. "mit sämtlichem dazugehörigen Anlagevermögen" an die G. Fahrzeugwerk L. GmbH. Diese
kaufte im August 1995 nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der G. Transporttechnik GmbH von deren Verwalter die ihr überlassenen Pachtgegenstände unter Einschluû der Gesenkbiegepresse nebst Zubehör. Im Juni 1997 wurde auch über ihr Vermögen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Beklagte als Verwalter bestellt. Er verpachtete ihr Betriebsvermögen kurzzeitig an eine Auffanggesellschaft und erklärte unter dem 18. November 1997 gemäû § 9 GesO den "Nichteintritt" in den mit der G. Transporttechnik GmbH abgeschlossenen (noch nicht erfüllten) Kaufvertrag, nachdem deren Betriebsgrundstück im September 1997 im Wege der Zwangsverwaltung beschlagnahmt worden war. Es wurde im November 1999 zwangsversteigert.
Mit seiner im April 1997 eingereichten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten aus § 985 BGB Herausgabe der angeblich noch in dessen Besitz befindlichen Gesenkbiegepresse nebst Zubehör. Der Beklagte hat u.a. die Aktivlegitimation des Klägers mit der Maûgabe bestritten, daû die (unter der Verwaltung des Klägers stehende) G. GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin die Presse nebst Zubehör im Juni 1993 an die G. Transporttechnik GmbH übereignet habe. Die erstinstanzlich abgewiesene Klage hatte in zweiter Instanz im wesentlichen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist zwar die Ansicht des Berufungsgerichts, das von dem Kläger beanspruchte Eigentum an der Gesenkbiegepresse sei nicht gemäû §§ 94, 946 BGB durch Verbindung mit dem Grundstück der G. Transporttechnik GmbH auf diese übergegangen, weil dafür die bloûe, jederzeit wieder lösbare Verschraubung mit dem Betonfundament nicht ausreiche. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.
2. Von Rechtsirrtum beeinfluût ist indessen die Annahme des Berufungsgerichts , es könne auch von einem rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang auf die G. Transporttechnik GmbH nicht ausgegangen werden.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die G. Transporttechnik GmbH (unmittelbare) Besitzerin der zu ihr verbrachten Maschine nebst Zubehör geworden, weshalb gemäû § 1006 Abs. 1, 2 BGB zu ihren Gunsten zu vermuten ist, daû sie mit dem Besitzerwerb Eigenbesitz und Eigentum erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30. November 1988 - VIII ZR 305/87, WM 1989, 501 m.w.N.). Darauf kann sich auch der Beklagte entsprechend § 1006 Abs. 3 BGB berufen, weil er bzw. die G. Fahrzeugwerk GmbH ihr Besitzrecht von der G. Transporttechnik GmbH aufgrund des Pacht- und des später aufgehobenen Kaufvertrages abgeleitet haben (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 1960 - VIII ZR 145/59, LM Nr. 8 zu § 1006 BGB; RG HRR 1932 Nr. 234; Staudinger /Gursky, BGB 13. Aufl. § 1006 Rdn. 31) und ein späterer Rückerwerb des Klägers ausscheidet. Das wird vom Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt. Es meint jedoch, im vorliegenden Fall sprächen gegen einen beabsichtigten Eigentumsübergang auf die G. Transporttechnik GmbH verschiedene unstreitige Umstände und Indizien, angesichts deren die schlichte Behauptung des Be-
klagten, die streitigen Gegenstände seien an die G. Transporttechnik GmbH übereignet und in deren Anlagevermögen aufgenommen worden, "nicht die erforderliche Substanz" aufweise. Da er zum Hintergrund der angeblichen Übereignung und zu den zugrundeliegenden Vereinbarungen keine näheren Angaben gemacht habe, sei der von ihm beantragte Zeugenbeweis nicht zu erheben. Das beanstandet die Revision zu Recht als rechts- und verfahrensfehlerhaft.
b) Das Berufungsgericht verkennt offenbar, daû eine gesetzliche Vermutung wie die des § 1006 BGB nur durch den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) zu voller - freilich gemäû § 286 ZPO auch aus den Gesamtumständen zu gewinnender - Überzeugung des Gerichts widerlegt werden kann und § 1006 BGB den auf Herausgabe verklagten Besitzer im Grundsatz nicht nur der Beweis-, sondern auch der Darlegungslast dafür enthebt, daû und auf welcher Grundlage er oder derjenige, von dem er sein Besitzrecht ableitet (vgl. oben a), mit dem Besitzerwerb Eigentum erworben hat (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 1977 - VIII ZR 42/75, LM Nr. 16 zu § 1006 BGB m.w.N.; v. 19. Januar 1994 - IV ZR 207/92, WM 1994, 425, 426 f.). Inwieweit ihn nach allgemeinen zivilprozeûrechtlichen Grundsätzen eine sekundäre Darlegungslast dann trifft, wenn sich der fragliche Eigentumswechsel in seiner Sphäre abgespielt hat (vgl. dazu Baumgärtel, Hdb. d. Beweislast, 2. Aufl. § 1006 Rdn. 25, 27 m.N.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Beklagte steht als Gesamtvollstreckungsverwalter der G. Fahrzeugwerk GmbH nicht in der Sphäre einer der Parteien des fraglichen Eigentumsübergangs von der G. GmbH auf die G. Transporttechnik GmbH. Auf das Fehlen konkreter Darlegungen des Beklagten durfte das Berufungsgericht seine Entscheidung daher nicht stützen. Zumindest hätte es den von dem Beklagten angetretenen Zeugenbeweis für
dessen - im übrigen durchaus hinreichend substantiierten - Vortrag erheben müssen. Ohne dessen Erhebung durfte es die von ihm dargelegten Indizien nicht für durchschlagend halten. Des weiteren rügt die Revision zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit den gegenläufigen, in der Berufungserwiderung des Beklagten vorgetragenen Indizien nicht befaût habe.
c) Da sonach aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht auszuschlieûen ist, daû die streitbefangenen Gegenstände in das Eigentum der G. Transporttechnik GmbH übergegangen sind und dem Kläger deshalb die Aktivlegitimation für den Anspruch aus § 985 BGB fehlt, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
II. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht weiter Gelegenheit, erforderlichenfalls dem von der Revision "vorsorglich" herangezogenen Vortrag des Beklagten nachzugehen, die Zwangsversteigerung des Betriebsgrundstücks der G. Transporttechnik GmbH (im November 1999) habe die streitbefangenen Gegenstände als Grundstückszubehör gemäû §§ 55 Abs. 2, 90 Abs. 2 ZVG miterfaût, weshalb der Einwand des Wegfalls der etwaigen Sachbefugnis des Klägers gemäû § 265 Abs. 3 ZPO durchgreife. Das Berufungsgericht verkennt zwar nicht, daû als Veräuûerung der streitbefangenen Sache auch deren Erwerb durch einen Dritten im Wege der Zwangsvollstrekkung gilt (vgl. RGZ 82, 38; BGHZ 86, 337, 339; Zöller/Greger, ZPO 22. Aufl. § 265 Rdn. 5). Einer Grundlage entbehrt aber seine Ansicht, es handele sich hier um eine Veräuûerung durch den Beklagten, die gegebenenfalls gemäû § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den Prozeû keinen Einfluû hätte und daher in ihm nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. dazu RGZ 121, 379; BGH, Urt. v.
31. Oktober 1974 - III ZR 82/72, ZZP 1975, 324, 328; Lüke in MünchKomm./ ZPO, 2. Aufl. § 265 Rdn. 91). Der Beklagte war nicht einmal Vollstreckungsschuldner ; daû er zu einem etwaigen Eigentumsverlust des Klägers durch die Zwangsversteigerung nach Rechtshängigkeit (§ 292 BGB) beigetragen hat (und deshalb die mit seiner antragsgemäûen Verurteilung verbundene Schadensersatzfolge aus § 283 BGB gerechtfertigt erschiene), ist ebenfalls nicht festgestellt. Regelmäûig ist eine Zwangsversteigerung der streitbefangenen Sache nach § 817 Abs. 2 ZPO oder - wie hier - gemäû §§ 90, 55 Abs. 2 ZVG, gegen die der Herausgabekläger als (angeblich) Berechtigter nicht gemäû § 771 ZPO bzw. nach § 37 Ziff. 5 ZVG interveniert hat, als Veräuûerung durch ihn anzusehen und eröffnet dem Beklagten den Einwand des § 265 Abs. 3 ZPO (vgl. Lüke in MünchKomm./ZPO aaO, Rdn. 51; KG OLG-Rspr. 20 [1909], S. 314 zu §§ 90, 55 ZVG). Feststellungen zu § 55 Abs. 2 ZVG sind jedoch bisher nicht getroffen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war.
(2) Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Übrigen finden die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.
(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.
(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.
(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
- 1.
„archäologisches Kulturgut“ bewegliche Sachen oder Sachgesamtheiten, die von Menschen geschaffen oder bearbeitet wurden oder Aufschluss über menschliches Leben in vergangener Zeit geben, sich im Boden oder in einem Gewässer befinden oder befunden haben oder bei denen aufgrund der Gesamtumstände dies zu vermuten ist, - 2.
„Ausfuhr“ die Verbringung von Kulturgut aus dem Bundesgebiet, - 3.
„Drittstaat“ jeder Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, - 4.
„Eigenbesitzer“ die Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über das Kulturgut für sich selbst ausübt, - 5.
„Einfuhr“ die Verbringung von Kulturgut in das Bundesgebiet, - 6.
„Fremdbesitzer“ die Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über das Kulturgut für andere ausübt, - 7.
„Haager Konvention“ die Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (BGBl. 1967 II S. 1233, 1235), - 8.
„Herkunftsstaat“ ein Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem das Kulturgut entstanden ist oder der eine so enge Beziehung zu dem Kulturgut hat, dass er es zum Zeitpunkt der Verbringung aus seinem Hoheitsgebiet als nationales Kulturgut unter Schutz gestellt hat, - 9.
„Inverkehrbringen“ von Kulturgut das Anbieten, das Verkaufen, die Vermittlung, der Vertrieb, das Absetzen, die unentgeltliche Weiter- oder Abgabe zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung oder die wirtschaftliche Verwertung in sonstiger Weise im eigenen oder fremden Namen, - 10.
„Kulturgut“ jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von paläontologischem, ethnographischem, numismatischem oder wissenschaftlichem Wert, - 11.
„Kulturgut bewahrende Einrichtung“ jede Einrichtung im Bundesgebiet, deren Hauptzweck die Bewahrung und Erhaltung von Kulturgut und die Sicherung des Zugangs der Öffentlichkeit zu diesem Kulturgut ist, insbesondere Museen, Bibliotheken und Archive, - 12.
„Mitgliedstaat“ jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union außer der Bundesrepublik Deutschland, - 13.
„Protokoll zur Haager Konvention“ das Protokoll zur Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (BGBl. 1967 II S. 1233, 1300), - 14.
„rechtswidrig ausgegraben“ ein Kulturgut, wenn es unter Verstoß gegen eine inländische oder ausländische Rechtsvorschrift zum Schutz von archäologischem oder paläontologischem Kulturgut, insbesondere ohne eine nach einer solchen Rechtsvorschrift erforderliche Genehmigung, ausgegraben worden ist, - 15.
„Rückgabe“ die Verbringung des Kulturgutes in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates zur Erfüllung eines Rückgabeanspruchs, - 16.
„Sachgesamtheit“ mehrere zusammengehörige Kulturgüter, insbesondere Archivbestände, Bibliotheksbestände, Nachlässe, Sammlungen oder Teile davon, - 17.
„UNESCO-Übereinkommen“ das Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut (BGBl. 2007 II S. 626, 627), - 18.
die Verbringung von Kulturgut - a)
„vorübergehend“, wenn sie für einen von Anfang an befristeten Zeitraum von höchstens fünf Jahren erfolgt, - b)
„dauerhaft“, wenn sie für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren erfolgt,
- 19.
„Vertragsstaat“ jeder andere Staat außer der Bundesrepublik Deutschland, für den das UNESCO-Übereinkommen bindend ist, - 20.
„Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ ein Verzeichnis eines Landes, in das es Kulturgut als national wertvoll einträgt.
(2) Keine Ein- und Ausfuhr im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
die Herausgabe von Kulturgut durch Rechtshilfe im Sinne des § 66 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), das zuletzt durch Artikel 163 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, - 2.
die Rückgabe von unrechtmäßig verbrachtem Kulturgut nach Kapitel 5 und - 3.
die Rückgabe von Kulturgut an einen anderen Staat oder aus einem ausländischen Staat aufgrund bilateraler völkerrechtlicher Vereinbarungen.
(1) Nationales Kulturgut ist Kulturgut, das
- 1.
in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen ist, - 2.
sich in öffentlichem Eigentum und im Bestand einer öffentlich-rechtlichen Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet, - 3.
sich im Eigentum und im Bestand einer Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet, die überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert wird, oder - 4.
Teil einer Kunstsammlung des Bundes oder der Länder ist.
(2) Nur mit Zustimmung des Verleihers oder Deponenten gegenüber der zuständigen Behörde gilt Kulturgut in einer öffentlich-rechtlichen Kulturgut bewahrenden Einrichtung oder einer solchen, die überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert wird, für die Dauer des Leih- oder Depositalvertrages vorübergehend ebenfalls als nationales Kulturgut. Der Verleiher oder der Deponent kann seine Zustimmung jederzeit widerrufen. Die Einrichtung hat den Verleiher oder Deponenten über die Rechtsfolgen des Verzichts auf den Schutz als nationales Kulturgut nach den §§ 69 und 70 zu unterrichten. Dieser Schutz endet mit der Kündigung oder mit dem Ablauf des Leih- oder Depositalvertrages.
Kulturgut kann ein- oder ausgeführt sowie in Verkehr gebracht werden, soweit nicht dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften, insbesondere unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union, Verbote oder Beschränkungen vorsehen.
Die Ausfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn
- 1.
für das Kulturgut das Verfahren zur Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingeleitet worden ist und die Entscheidung über die Eintragung noch nicht unanfechtbar geworden ist, - 2.
für das Kulturgut keine nach den §§ 22, 23, 24, 27 Absatz 1 bis 3 erforderliche Genehmigung vorliegt oder nach den §§ 25, 26 oder § 27 Absatz 4 erteilt worden ist, - 3.
das Kulturgut nach § 32 Absatz 1 unrechtmäßig eingeführt worden ist, - 4.
das Kulturgut nach § 33 Absatz 1 sichergestellt ist oder - 5.
das Kulturgut nach § 81 Absatz 4 angehalten wird.
(1) Verboten ist das Inverkehrbringen von Kulturgut, das abhandengekommen ist, rechtswidrig ausgegraben oder unrechtmäßig eingeführt worden ist.
(2) Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die nach Absatz 1 verboten sind, sind nichtig.
(3) Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte über Kulturgut, das entgegen § 21 ausgeführt worden ist, sind verboten.
(4) Derjenige, der das Kulturgut unter Verstoß gegen das Verbot in Absatz 1 in Verkehr gebracht hat, ist dem Erwerber zum Ersatz des Schadens unter Einschluss des Ersatzes der Aufwendungen anlässlich des Erwerbs und der Aufwendungen zur Erhaltung des Kulturgutes verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn derjenige, der das Kulturgut in Verkehr gebracht hat, nachweist, dass er den Verstoß nicht zu vertreten hat.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.