Bundesgerichtshof Urteil, 16. Nov. 2012 - V ZR 179/11

bei uns veröffentlicht am16.11.2012
vorgehend
Landgericht Dortmund, 3 O 445/08, 14.05.2010
Oberlandesgericht Hamm, 22 U 102/10, 16.06.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 179/11 Verkündet am:
16. November 2012
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gegner des Beweisführers kann die Echtheit einer Urkunde grundsätzlich mit
Nichtwissen bestreiten, wenn er an ihrer Errichtung nicht mitgewirkt hat.

b) Ist er Insolvenzverwalter, gilt das nur, wenn er aus den Unterlagen und durch Befragen
des Schuldners keine Erkenntnisse über die Echtheit der Urkunde gewinnen
kann und seine diesbezüglichen Bemühungen nachvollziehbar darlegt (Anschluss
an BGH, Urteil vom 15. März 2012 – IX ZR 249/09, NJW-RR 2012, 1004).

c) Erst nachdem alle (Gegen-)Beweise zur Echtheit einer Urkunde erhoben worden
sind, darf bei der abschließenden (freien) Beweiswürdigung auch berücksichtigt
werden, dass dem Vorbringen des Gegners des Beweisführers nichts zu entnehmen
ist, das an der Echtheit der Urkunde zweifeln lässt (RGZ 72, 290, 292).
BGH, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 179/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juni 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Herausgabe der bei dem Amtsgericht hinterlegten Geldbeträge aus der Abrechnung von zwei Lebensversicherungsverträgen. Die Verträge hatte eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (fortan: die GmbH), deren Geschäftsführer der verstorbene Ehemann der Klägerin war, zur Rückdeckung einer Pensionsvereinbarung mit diesem abgeschlossen. Zu dieser Vereinbarung liegen Urkunden vor, über deren Echtheit und Richtigkeit die Parteien streiten, nämlich eine Vereinbarung vom 20. Januar 1992, eine Änderungsvereinbarung vom 28. November 1995, in welcher die Versorgung aufgestockt wurde, und eine weitere Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000. In der letzteren wird bestimmt, dass die Versorgungsansprüche bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin aus den Diensten der GmbH erhalten bleiben sollen, wenn die Pensionsvereinbarung zu diesem Zeitpunkt mindestens acht Jahre und nicht, wie zunächst vorgesehen, mindestens zehn Jahre bestanden hat. Die GmbH verpfändete 1996 und 1997 ihre Ansprüche aus den beiden Lebensversicherungsverträgen dem verstorbenen Ehemann der Klägerin und, mit Nachrang gegenüber diesem, der Klägerin selbst zur Sicherung der jeweiligen Versorgungsansprüche.
2
Im Jahr 1999 nahm der Ehemann der Klägerin persönlich bei einer Bank einen Kredit zum Erwerb von Anteilen an einer Kommanditgesellschaft (fortan: die KG) auf. Als Sicherheit trat die GmbH ihre Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Bank ab. Der Ehemann der Klägerin wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 unter Übernahme der Pensionsvereinbarung als Vorstand der Komplementär-AG der KG angestellt. Die GmbH wurde auf Grund eines Verschmelzungsvertrags am 12. September 2002 auf die KG verschmolzen. Am 1. September 2005 wurden das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet und der Beklagte zu 1 (fortan: der Beklagte) als Insolvenzverwalter bestellt.
3
Nachdem ihr Ehemann 2007 verstorben war, verlangte die Klägerin von dem Beklagten Zahlung der vereinbarten Witwenrente. Dieser wandte sich an das Versicherungsunternehmen, welches die beiden Lebensversicherungsverträge abrechnete und den Abrechnungsbetrag von 785.985,90 € bei dem Amtsgericht hinterlegte. Die Parteien verlangen mit Klage und Widerklage voneinander die Bewilligung der Herausgabe des gesamten Betrags.
4
Das Landgericht hat, soweit hier von Interesse, unter Abweisung der Widerklage und der weitergehenden Klage den Beklagten verurteilt, die Herausgabe eines einmaligen Betrages von 189.184,38 € sowie weiterer monatlicher Teilbeträge von 5.732,86 € ab Mai 2010 zu bewilligen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte der Beklagte weiterhin erreichen, dass der (gesamte) Hinterlegungsbetrag ihm und nicht der Klägerin herausgegeben wird.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe im zuerkannten Umfang aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gegen den Beklagten ein Anspruch auf Bewilligung der Herausgabe des hinterlegten Betrags zu. Das ergebe sich daraus, dass die Klägerin und nicht der Beklagte von der Versicherung Zahlung hätte verlangen können. Die Versicherungsforderungen seien der Klägerin von der GmbH wirksam verpfändet worden.
6
Dem stehe nicht entgegen, dass die Pensionsvereinbarung in den Verpfändungserklärungen mit einem falschen Datum bezeichnet worden sei. Es fehle auch nicht an einer gesicherten Forderung. Denn die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Pensionsvereinbarung wirksam zustande gekommen sei. Ein Schriftgutachten habe nicht eingeholt werden müssen, da der Beklagte hinsichtlich der Frage der Echtheit der Urkunden lediglich eingewandt habe, dass zwei unterschiedliche auf den 20. Januar 1992 datierte Vertragsurkunden existierten.
7
Die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Bank habe als solche nicht zur Aufhebung der Pfandrechte geführt. Dass die Ansprüche des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und dieser selbst aus der Pensionsvereinbarung oder deren Pfandrecht an den Ansprüchen der GmbH aus den beiden Lebensversicherungen hätten aufgehoben werden sollen, sei nicht festzustellen.
8
Gegen die Verwertungsbefugnis der Klägerin bestünden ebenfalls keine Einwände. Der von dem Beklagten herangezogene § 166 Abs. 2 InsO gelte nur für die Sicherungsabtretung, nicht dagegen für die Verpfändung von Forderungen , um die es hier gehe.

II.

9
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
10
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus,dass der Klägerin gegen den Beklagten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Bewilligung der Herausgabe des hinterlegten Betrags im zuerkannten Umfang zustehen kann. Bei einem Streit zwischen zwei Forderungsprätendenten über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen den anderen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu. Letzterer erlangt durch das von dem Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung eines Hinterlegungsbeteiligten. Wer wirklicher Rechtsinhaber ist und von den anderen Prätendenten die Freigabe der Hinterlegungssumme verlangen kann, bestimmt sich nicht nach dem Innenverhältnis der Prätendenten untereinander, sondern nach der Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner (Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294). Im vorliegenden Fall kommt es also darauf an, wer vor der Hinterlegung des Abrechnungsbetrags von dem Versicherungsunternehmen Zahlung verlangen konnte. Das wäre die Klägerin, wenn ihr die Forderungen der GmbH gegen das Versicherungsunternehmen wirksam verpfändet worden sind und ihr Pfandrecht im Zusammenhang mit der Abtretung dieser Forderungen nicht wieder aufgehoben worden ist.
11
2. Zu der Feststellung, die Forderungen aus den Versicherungsverträgen seien der Klägerin wirksam verpfändet worden, durfte das Berufungsgericht aber, was der Beklagte zu Recht rügt, nicht ohne Einholung eines Schriftgutachtens gelangen.
12
a) Die Wirksamkeit der Verpfändung hängt nach § 1273 Abs. 2 Satz 1, § 1204 BGB u.a. von dem Bestehen der gesicherten Forderung und damit davon ab, dass die Pensionsvereinbarung vom 20. Januar 1992 und die Änderungsvereinbarung vom 28. November 1995 wirksam und auch zu den jeweils angegebenen Zeitpunkten zustande gekommen sind. Das hat der Beklagte bestritten und dazu Sachverständigenbeweis angeboten.
13
b) Diesen Beweis musste das Berufungsgericht erheben.
14
aa) Von der Erhebung eines angebotenen Beweises kann zwar abgesehen werden, wenn die Unergiebigkeit des Beweismittels feststeht, weil nach dem Ergebnis einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme ausgeschlossen ist, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben und die von dem Gericht bereits gewonnene Überzeugung erschüttern kann (BGH, Urteil vom 16. September 1986 - VI ZR 128/85, NJW-RR 1986, 1400, 1401; Senat, Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 13 und vom 21. Juli 2011 - V ZR 218/10, juris Rn. 7). So liegt es hier indessen nicht. Das von dem Beklagten beantragte Sachverständigengutachten ließ Erkenntnisse darüber erwarten, ob die Unterschriften auf den vorgelegten Urkunden echt sind, und darüber, von wann diese Urkunden stammen (können), ob sie also richtig datiert sind. Es ist deshalb weder von vornherein ausgeschlossen, dass die Einholung des Sachverständigengutachtens zu der Beweisfrage Sachdienliches ergibt, noch, dass seine Ergebnisse Auswirkungen auf die Würdigung der Aussage des vernommenen Zeugen einerseits und der Weigerung des Beklagten andererseits hat, den Rechtsanwalt, der die GmbH langjährig beraten hat, von der Schweigepflicht zu entbinden.
15
bb) Von der Einholung des beantragten Schriftgutachtens konnte das Berufungsgericht auch nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts mit der Begründung absehen, der Beklagte habe seine Einwände gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vertragsurkunden nicht ausreichend substantiiert.
16
(1) Von der Erhebung weiterer Beweise zur Echtheit einer Urkunde hätte das Gericht nur absehen dürfen, wenn der Gegner des Beweisführers - hier also der Beklagte - die Echtheit der Urkunde nicht oder nicht ausreichend substantiiert bestritten hätte. Denn dann gälten sie nach § 439 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO als anerkannt; ihre Echtheit bedürfte keines Beweises (vgl. § 440 Abs. 1 ZPO). So liegt es hier aber nicht. Der Beklagte hat die Echtheit der vorgelegten Urkunden bestritten und dies mit dem Vorhandensein von zwei unterschiedlichen Originalen der ursprünglichen Vereinbarung vom 20. Januar 1992 und der Vorlage der Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000 erst im Rechtsstreit begründet. Dieses Bestreiten reicht aus, weil sich der Beklagte auch mit einem Bestreiten mit Nichtwissen hätte begnügen dürfen (vgl. dazu: Zöller /Greger, ZPO, 29. Aufl., § 138 Rn. 13 aE). Das ergibt sich allerdings nicht schon gemäß § 439 Abs. 1, § 138 Abs. 4 ZPO daraus, dass der Beklagte an der Errichtung der Urkunden nicht beteiligt war. Ein Insolvenzverwalter darf eine Tatsache, zu der sich Erkenntnisse aus den Unterlagen des Schuldners oder von diesem selbst ergeben können, mit Nichtwissen nur bestreiten, wenn er ohne Erfolg die Unterlagen sichtet und notfalls den Schuldner befragt und wenn er das Ergebnis seiner Bemühungen nachvollziehbar darlegt (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 249/09, NJW-RR 2012, 1004, 1005 Rn. 16). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
17
Der verstorbene Ehemann der Klägerin stand als Geschäftsführer der GmbH und als Vorstand der Komplementär-AG der Insolvenzschuldnerin für Auskünfte nicht mehr zur Verfügung. In den Unterlagen der GmbH befanden sich nach den für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Angaben des Beklagten keine Originale der Vereinbarungen. Erkenntnisse über die Echtheit der von der Klägerin vorgelegten Exemplare der Vereinbarung ergaben sich auch nicht daraus, dass der Rechtsanwalt der GmbH dem Beklagten nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz weitere Exemplare übersandt hat. Dieser mag zwar angeben können, wann er sie erhalten hat. Daraus mögen sich auch Indizien für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunden ergeben. Ob sie echt sind, lässt sich aber weder den von der Klägerin vorgelegten noch diesen weiteren Exemplaren der Vereinbarung entnehmen. Eine Befragung des Rechtsanwalts der GmbH dazu kam nicht in Betracht, weil er dem Beklagten nach dessen hier maßgeblichen Angaben erklärt hatte, er sei bei der Unterzeichnung der Urkunden nicht anwesend gewesen. Der Beklagte hätte ihre Echtheit danach mit Nichtwissen bestreiten dürfen; sein einfaches Bestreiten reichte deshalb aus.
18
(2) Die Echtheit der Urkunde war danach beweisbedürftig. Dann aber musste das Berufungsgericht alle dazu angebotenen Beweise erheben. Es durfte sich nicht auf die Erhebung eines Teils der Beweise beschränken, auch nicht, wenn es auf Grund der bislang erhobenen Beweise einerseits und der Weige- rung des Beklagten, den Rechtsanwalt von der Schweigepflicht zu entbinden, andererseits von der Echtheit der Urkunden überzeugt war. Die Überzeugung, eine bestrittene Tatsache sei bereits erwiesen, erlaubt es dem Gericht nicht, von der Erhebung weiterer zulässiger und angebotener Beweise abzusehen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.; Senat , Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 182/10, juris Rn. 11 und vom 21. Juli 2011 - V ZR 218/10 juris Rn. 8). Geschieht dies trotzdem, liegt darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Ein solches Vorgehen verstößt gegen § 286, § 440 Abs. 1 ZPO und Art. 103 GG.
19
(3) Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Rechtsprechung des Reichsgerichts entnehmen. Das Reichsgericht hat zwar entschieden, dass die Echtheit einer Urkunde nicht stets durch Sachverständigengutachten nachgewiesen werden muss und dass der Tatrichter zu der Überzeugung von der Echtheit einer Urkunde gelangen kann, wenn Art und Erscheinungsbild der Urkunde und dem Vorbringen des Gegners des Beweisführers nichts zu entnehmen ist, das ihn an der Echtheit zweifeln lässt (RGZ 72, 290, 292). Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht die Beweisaufnahme vor Erhebung aller zulässigen und angebotenen Beweise abbrechen darf. In dem von dem Reichsgericht entschiedenen Fall kam in der gewählten Verfahrensart - einem Wechselprozess – die Erhebung anderer Beweise nicht in Betracht (vgl. § 595 Abs. 2 ZPO). Es ging allein um die – von dem Reichsgericht bejahte - Frage, ob bei der dann anstehenden abschließenden Würdigung des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) berücksichtigt werden darf, dass der Gegner des Beweisführers eine Substantiierung des Echtheitsbestreitens nicht einmal versucht hat, seinem Vorbringen also nichts zu entnehmen ist, das an der Echtheit der Urkunde zweifeln lässt.
20
(4) Das Absehen von der Einholung eines Schriftgutachtens erweist sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb als zutreffend, weil der Beklagte die "Fatalitäten" des § 441 Abs. 2 und 3 ZPO nicht eingehalten hat.
21
Hätte das Berufungsgericht die Erforderlichkeit des Beweisangebots erkannt , wäre es nach § 139 Abs. 1 ZPO zunächst gehalten gewesen zu klären, ob der Beweisantritt auf den - keine Vergleichsschriften erfordernden - Nachweis einer Rückdatierung der Urkunden gerichtet sein sollte; andernfalls hätte es jedenfalls auf die Notwendigkeit der Vorlage von Vergleichsurkunden hinweisen müssen. Dass der Hinweis unterblieben ist, war auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zwar konsequent und damit nicht verfahrensfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - VI ZR 254/09, VersR 2010, 1666 Rn. 8). Auf der Grundlage der abweichenden Rechtsauffassung des Senats muss dem Beklagten aber Gelegenheit gegeben werden, seinen Beweisantrag zu erläutern bzw. zu ergänzen.

III.

22
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür weist der Senat auf folgendes hin:
23
1. Wirksamkeit der Verpfändung:
24
a) Die gegen die Bestimmtheit der Verpfändung und gegen die Wirksamkeit der Verpfändungsanzeigen erhobenen Einwände des Beklagten sind aus den von dem Berufungsgericht angeführten Gründen unbegründet. Die Pensionsvereinbarung ist zwar in den Verpfändungserklärungen mit jeweils unter- schiedlichen, fehlerhaften Daten bezeichnet worden. Dabei handelt es sich aber ersichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio). Eine solche Falschbezeichnung ändert nach § 133 BGB nichts daran, dass - wie auch sonst - nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt (Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - V ZR 174/06, NJW 2008, 1658, 1659 Rn. 12). Mit den Verpfändungen sollten ersichtlich nur die Ansprüche des Ehemanns der Klägerin und dieser selbst aus der Pensionsvereinbarung mit der GmbH abgesichert werden. Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH mit dem Ehemann der Klägerin außer der Vereinbarung vom 20. Januar 1992 nebst Änderungen , über deren Wirksamkeit die Parteien streiten, noch eine andere Pensionsvereinbarung geschlossen hätte, sind nicht ersichtlich. Unklarheiten darüber konnte es auch für die Versicherung nicht geben. Für sie waren gesichert die Forderungen aus der bestehenden Pensionsvereinbarung ihrer Versicherungsnehmerin , der GmbH, mit dem bezugsberechtigten Ehemann der Klägerin , also dessen Forderungen und die der Klägerin.
25
b) Das Vorhandensein von zwei verschiedenen Originalen der Pensionsvereinbarung begründet, sollten sich die Urkunden als echt und zutreffend datiert erweisen, keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarung. Die Urkunden unterscheiden sich inhaltlich nur in wenigen unbedeutenden Randpunkten. Das mag dazu führen, dass es insoweit an einer Einigung fehlt. An dem Zustandekommen der Vereinbarung im Übrigen änderte das nichts.
26
c) Es erscheint zweifelhaft, ob es auf das Zustandekommen der Änderungsvereinbarung vom 8. September 2000 ankommt. Die Witwenrentenansprüche sollten zwar entfallen, wenn die Pensionsvereinbarung bei Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin aus den Diensten der GmbH noch nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat. Diese Frist war, wenn man von dem vereinbarten Wirkungsbeginn mit dem 1. Januar 1992 ausgeht, nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB schon mit dem 31. Dezember 2001, nicht erst, wie der Beklagte meint, mit dem 1. Januar 2002 abgelaufen. Für die Maßgeblichkeit des 1. Januar 1992 spricht das ursprünglich vorgesehene Unterzeichnungsdatum, der 20. Dezember 1991.
27
2. Aufhebung des Pfandrechts:
28
Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Aufhebung des Pfandrechts der Klägerin im Zusammenhang mit der Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen an die Bank verneint hat, treffen im entscheidenden Punkt zu. Es spricht nichts dafür, dass der Ehemann der Klägerin deren Pfandrecht aufheben wollte, so dass auch offen bleiben kann, ob er es konnte. Die Abtretung der mit den Pfandrechten belasteten Forderungen der GmbH gegen das Versicherungsunternehmen war zwar für die Bank von nur eingeschränktem Wert. Dieses ungünstige Ergebnis rechtfertigt aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht die Annahme, der Ehemann der Klägerin habe mit dieser Abtretung nicht nur sein eigenes, sondern, worauf es hier ankommt, auch das Pfandrecht der Klägerin aufgehoben. Damit hätten die Klägerin und ihr Ehemann die einzige Sicherheit für ihre Pensionsansprüche verloren und diese selbst bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Kredits nicht wiedererlangt, weil der Rückabtretungsanspruch gegen die Bank nicht ihnen, sondern der GmbH zustand. Gewöhnlich ist zwar Gläubiger der Rückgewähransprüche gegen den Sicherungsnehmer auch dann der Schuldner, wenn die Sicherheit von einem Dritten gestellt wird (Senat, Urteil vom 20. November 2009 – V ZR 68/09, NJW 2010, 935, 936 Rn. 14). Hier war die Sicherungsabrede aber Teil der Abtretung , mit der Folge, dass die Rückgewähransprüche nicht dem Ehemann der Klägerin als Schuldner, sondern der GmbH als Sicherungsgeberin zustanden. Deshalb konnte eine zweckmäßige Absicherung der Bank aus Sicht des Ehemanns der Klägerin nicht durch Aufgabe der Pfandrechte, sondern nur durch eine zusätzliche schuldrechtliche Abrede der Bank mit der Klägerin und ihrem Ehemann erreicht werden, im Verwertungsfall die Pfandrechte nicht geltend zu machen.
29
3. Verwertungsbefugnis:
30
§ 166 Abs. 2 InsO steht der Klage nicht entgegen. Die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut nur die Sicherungsabtretung einer Forderung, nicht die Verpfändung. Sie ist auf die Verpfändung auch nicht entsprechend anwendbar, weil dies dem Willen des Gesetzgebers und dem Plan des Gesetzes widerspräche (Senat, Urteile vom 21. März 2003 - V ZR 290/02, VIZ 2003, 389, 390 f. und vom 19. März 2004 - V ZR 214/03, VIZ 2004, 374, 375 f.). Danach soll das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nur bestehen, wenn es sich bei der Sicherheit um eine Forderungsabtretung handelt, nicht jedoch, wenn die Sicherheit - wie hier - durch Verpfändung einer Forderung erbracht wird (Be- schlussempfehlung zur Insolvenzordnung in BT-Drucks. 12/7302 S. 176 zu Nr. 106; BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01, NJW 2002, 3475, 3476).
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 14.05.2010 - 3 O 445/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.06.2011 - I-22 U 102/10 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Insolvenzordnung - InsO | § 166 Verwertung beweglicher Gegenstände


(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat. (2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 440 Beweis der Echtheit von Privaturkunden


(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen. (2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 595 Keine Widerklage; Beweismittel


(1) Widerklagen sind nicht statthaft. (2) Als Beweismittel sind bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde sowie bezüglich anderer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung zulässig. (3) Der U

Zivilprozessordnung - ZPO | § 441 Schriftvergleichung


(1) Der Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde kann auch durch Schriftvergleichung geführt werden. (2) In diesem Fall hat der Beweisführer zur Vergleichung geeignete Schriften vorzulegen oder ihre Mitteilung nach der Vorschrift des § 4

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1273 Gesetzlicher Inhalt des Pfandrechts an Rechten


(1) Gegenstand des Pfandrechts kann auch ein Recht sein. (2) Auf das Pfandrecht an Rechten finden die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1274 bis 1296 ein anderes ergibt. D

Zivilprozessordnung - ZPO | § 439 Erklärung über Echtheit von Privaturkunden


(1) Über die Echtheit einer Privaturkunde hat sich der Gegner des Beweisführers nach der Vorschrift des § 138 zu erklären. (2) Befindet sich unter der Urkunde eine Namensunterschrift, so ist die Erklärung auf die Echtheit der Unterschrift zu rich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1204 Gesetzlicher Inhalt des Pfandrechts an beweglichen Sachen


(1) Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht). (2) Das Pfandrecht kann auch für eine künftige oder eine bedingte For

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Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 06. Sept. 2017 - 12 U 2086/15

bei uns veröffentlicht am 06.09.2017

Tenor I. Die Berufung des Klägers und Widerbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 11.09.2015 (Az. 2 O 891/14) wird zurückgewiesen. II. Der Kläger und Widerbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Oberlandesgericht München Endurteil, 20. Juli 2017 - 23 U 3246/16

bei uns veröffentlicht am 20.07.2017

Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 21. Juni 2016, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger aus dem Nachlass des am 24. Oktober 2014 verstorbenen Herr

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(1) Über die Echtheit einer Privaturkunde hat sich der Gegner des Beweisführers nach der Vorschrift des § 138 zu erklären.

(2) Befindet sich unter der Urkunde eine Namensunterschrift, so ist die Erklärung auf die Echtheit der Unterschrift zu richten.

(3) Wird die Erklärung nicht abgegeben, so ist die Urkunde als anerkannt anzusehen, wenn nicht die Absicht, die Echtheit bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Gegenstand des Pfandrechts kann auch ein Recht sein.

(2) Auf das Pfandrecht an Rechten finden die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1274 bis 1296 ein anderes ergibt. Die Anwendung der Vorschriften des § 1208 und des § 1213 Abs. 2 ist ausgeschlossen.

(1) Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht).

(2) Das Pfandrecht kann auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

(1) Über die Echtheit einer Privaturkunde hat sich der Gegner des Beweisführers nach der Vorschrift des § 138 zu erklären.

(2) Befindet sich unter der Urkunde eine Namensunterschrift, so ist die Erklärung auf die Echtheit der Unterschrift zu richten.

(3) Wird die Erklärung nicht abgegeben, so ist die Urkunde als anerkannt anzusehen, wenn nicht die Absicht, die Echtheit bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

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b) Das Berufungsgericht hat gemeint, den Zugang der Belastungsanzeige vom 28. Juni 2007 bei der Schuldnerin nicht feststellen zu können, weil der Kläger ihn zulässig mit Nichtwissen bestritten habe (§ 138 Abs. 4 ZPO). Ein Bestreiten mit Nichtwissen war jedoch unzulässig. Der Insolvenzverwalter muss die Geschäftsunterlagen des Schuldners sichten und erforderlichenfalls den Schuldner (hier: den Geschäftsführer der Schuldnerin) befragen. Erst wenn seine Erkundigungen keinen Aufschluss erbracht haben, darf sich der Insolvenz- verwalter unter nachvollziehbarer Darlegung der von ihm unternommenen Bemühungen pauschal mit Nichtwissen erklären (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - IX ZR 95/04, ZIP 2006, 192, 194). Für den vorläufigen Insolvenzverwalter gilt nichts anderes. Seine Möglichkeiten, Informationen einzuholen, entsprechen denjenigen eines Insolvenzverwalters. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 InsO hat der Schuldner dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die Vorschriften der §§ 97, 98 und 101 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 InsO gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist zu beweisen.

(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder ist das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen notariell beglaubigt, so hat die über der Unterschrift oder dem Handzeichen stehende Schrift die Vermutung der Echtheit für sich.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Widerklagen sind nicht statthaft.

(2) Als Beweismittel sind bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde sowie bezüglich anderer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung zulässig.

(3) Der Urkundenbeweis kann nur durch Vorlegung der Urkunden angetreten werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde kann auch durch Schriftvergleichung geführt werden.

(2) In diesem Fall hat der Beweisführer zur Vergleichung geeignete Schriften vorzulegen oder ihre Mitteilung nach der Vorschrift des § 432 zu beantragen und erforderlichenfalls den Beweis ihrer Echtheit anzutreten.

(3) Befinden sich zur Vergleichung geeignete Schriften in den Händen des Gegners, so ist dieser auf Antrag des Beweisführers zur Vorlegung verpflichtet. Die Vorschriften der §§ 421 bis 426 gelten entsprechend. Kommt der Gegner der Anordnung, die zur Vergleichung geeigneten Schriften vorzulegen, nicht nach oder gelangt das Gericht im Falle des § 426 zu der Überzeugung, dass der Gegner nach dem Verbleib der Schriften nicht sorgfältig geforscht habe, so kann die Urkunde als echt angesehen werden.

(4) Macht der Beweisführer glaubhaft, dass in den Händen eines Dritten geeignete Vergleichungsschriften sich befinden, deren Vorlegung er im Wege der Klage zu erwirken imstande sei, so gelten die Vorschriften des § 431 entsprechend.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

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aa) Darin wird allerdings, das ist der Beklagten zuzugeben, nur das der Beklagten seinerzeit gehörende Grundstück unter Angabe seiner Größe, nicht auch der darüber hinausgehende Teil der Gartenanlage als Kaufgegenstand genannt. Das ist aber unschädlich, wenn, wie hier, feststeht, dass die Vertragsparteien tatsächlich mehr verkaufen wollten. Denn dann handelt es sich bei der Grundstücksbezeichnung im Vertragstext um eine versehentliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio). Eine solche Falschbezeichnung ändert nach § 133 BGB nichts daran, dass – wie auch sonst – nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt (BGHZ 71, 243, 247; BGH, Urt. v. 20. Januar 1994, VII ZR 174/92, NJW 1994, 1528, 1529; RGZ 99, 147, 148; AnwKommBGB /Looschelders, § 133 Rdn. 46; Bamberger/Roth/Eckert, BGB, 2. Aufl., § 133 Rdn. 27; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 133 Rdn. 17; MünchKommBGB /Busche, 5. Aufl., § 133 Rdn. 14; PWW/Ahrens, BGB, 2. Aufl., § 133 Rdn. 21; Staudinger/Singer, BGB, Bearb. 2004, § 133 Rdn. 13). Dieser Grundsatz ist auch auf formgebundene Rechtsgeschäfte anzuwenden (Senat, BGHZ 74, 116, 119; 87, 150, 153; Urt. v. 8. März 1991, V ZR 25/90, NJW 1991, 1730, 1731; RGZ 133, 279, 281; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., § 133 Rdn. 8, 19; MünchKomm-BGB/Busche aaO; Staudinger/Singer, aaO, § 133 Rdn. 34; Hagen/Krüger in: Hagen/Brambring/Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf , 8. Aufl., Rdn. 2; Wilhelm, Sachenrecht, 3. Aufl., Rdn. 818). Der Senat hat das für den Fall entschieden, dass im Vertragstext als Kaufgegenstand das gesamte Grundstück genannt wird, obwohl die Parteien nur eine bestimmte Teilfläche verkaufen wollten (Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039; ebenso insoweit schon OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153). Für den hier vorliegenden, umgekehrten Fall, dass die Parteien eine Fläche verkau- fen wollen, die über das dem Verkäufer bereits gehörende Grundstück hinausgeht , gilt nichts anderes (Senat, BGHZ 87, 150, 155 f.).

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

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In erster Linie ist sie aber deshalb verfehlt, weil die Person des Sicherungsnehmers nicht nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten, sondern durch Auslegung der Sicherungsvereinbarung zu bestimmen ist (vgl. Clemente, ZIP 1990, 969, 970). Dabei ist in aller Regel davon auszugehen, dass der Schuldner der zu sichernden Forderung auch dann Sicherungsgeber sein soll, wenn die Grundschuld - ganz oder teilweise - auf einem Grundstück lastet, das einem Dritten gehört. Da er dem Gläubiger die Grundschuld durch entsprechende schuldrechtliche Abreden mit dem Dritten beschafft, soll er (der Schuldner) sie nach Tilgung der Darlehensschuld auch wieder bekommen (vgl. BGH, Urt. v. 25. November 1968, III ZR 134/66, WM 1969, 209, 210; Urt. v. 8. Dezember 1988, III ZR 107/87, WM 1989, 210, 211). Bei Bruchteilseigentümern, die gemeinsam ein Darlehen aufnehmen und den Sicherungszweck der hierfür bestellten Grundschuld auf dieses Darlehen begrenzen, folgt der Wille, gemeinsam Sicherungsgeber der Gesamtgrundschuld zu sein, bereits aus ihrer gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis. Angesichts des begrenzten Sicherungszwecks der Grundschuld gehen sie erkennbar davon aus, dass auch die fremden Miteigentumsanteile als Haftungsmasse zur Verfügung stehen und dass deshalb die Risiken der Gesamtschuld, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit eines der Schuldner, begrenzt sind. Die Haftung der fremden Miteigentumsanteile wäre jedoch nicht gewährleistet, wenn einzelne Gesamtschuldner den Sicherungszweck der Grundschuld in Bezug auf ihre Miteigentumsanteile ohne Zustimmung der übrigen Schuldner ändern könnten.

(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.

(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht,
2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und
3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 290/02 Verkündet am:
21. März 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die unentgeltliche Überlassung einer Reichsheimstätte ist auch dann nicht als Überlassungsvertrag
im Sinne von § 12 Abs. 2 SachenRBerG anzusehen, wenn der
Nutzer die Lasten zu tragen und der Ausgeber die (nicht verwirklichte) Absicht hatte,
die Reichsheimstätte nach Durchsetzung eines Heimfallanspruchs an den Nutzer
neu auszugeben.
BGH, Urt. v. 21. März 2003 - V ZR 290/02 - LG Halle/Saale
AG Halle-Saalkreis
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger werden das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Halle aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 18. Januar 2002 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, das Grundstück G. str. 26 in H. zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind als Erben ihrer Eltern Eigentümer des von dem Beklagten bewohnten Einfamilienhauses in H. . Die Eltern der Kläger hatten das Grundstück durch einen Kauf- und Reichsheimstättenvertrag vom 2. Dezember 1942 als Reichsheimstätte erworben. Ausgeber war damals die Mitteldeutsche Heimstätten GmbH, deren Rechtsnachfolger zuletzt der VEB Volkseigene Wohnungsunternehmen H. (VEB) war. Nach dem zweiten Weltkrieg gaben
die Eltern der Kläger die Nutzung des Hauses auf und zogen in die Gegend von C. . Mit ihrer Zustimmung nahm der Beklagte, ein Vetter des Vaters der Kläger, das Haus in Besitz. Auf sein Betreiben hin wollte der VEB einen Heimfallanspruch gegen die Eltern der Kläger gerichtlich durchzusetzen. Hierzu kam es nicht.
Die Kläger verklagten den Beklagten auf Herausgabe des Grundstücks und auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Sie unterlagen vor dem Landgericht Halle/Saale und dem Oberlandesgericht Naumburg, dessen Urteil vom 30. Januar 1996 rechtskräftig ist. In dem Urteil wurde auch eine auf Feststellung seines Eigentums gerichtete Widerklage des Beklagten abgewiesen. Das Oberlandesgericht vertrat die Ansicht, dem Beklagten stünden Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu, weil er wie ein Überlassungsnehmer zu behandeln sei. Seit dem 1. Januar 1995 gelte ein Überlassungsvertrag zwischen den Parteien als Mietvertrag fort. Diesen Mietvertrag kündigten die Kläger fristlos, weil der Beklagte sich weigerte Mietzins zu zahlen.
Die Kläger haben den Beklagten auf Räumung und Herausgabe des Gebäudes auf dem Grundstück G. straße 26 in H. verklagt. Die Klage ist vor dem Amtsgericht und dem Landgericht in Halle/Saale erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Räumungsbegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen , weil er nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz anspruchsberechtigt sei.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Meinung, daß der Beklagte nach Art. 233 § 2a EGBGB zum Besitz berechtigt und die von den Klägern ausgesprochene Kündigung wirkungslos sei. Dem Beklagten stünden Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu. Zwar hätten die Parteien keinen Überlassungsvertrag abgeschlossen. Einem Überlassungsvertrag sei aber, wie das Amtsgericht im Anschluß an das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 30. Januar 1996 zu Recht erkannt habe, der vorliegende Fall gleichzustellen.

II.


Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Beklagte ist nach §§ 1004, 985 BGB verpflichtet, das Grundstück der Kläger zu räumen und herauszugeben, weil er nicht zum Besitz berechtigt ist. Ihm stehen Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht zu.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Kläger die Räumung und Herausgabe des Grundstücks verlangen. Dem Wortlaut nach haben die Kläger zwar nur Räumung und Herausgabe des auf ihrem Grundstück stehenden Gebäudes beantragt. Dies bringt das von den Klägern verfolgte Rechtsschutzziel aber nicht zutreffend zum Ausdruck. Unter solchen Umständen darf auch im Prozeßrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks gehaftet werden, vielmehr ist der wirkliche Wille der Parteien zu erfor-
schen (BGH, Urt. v. 30. Januar 1979, VI ZR 45/78, VersR 1979, 373). Die Auslegung und rechtliche Würdigung des Parteivorbringens unterliegt der freien Nachprüfung auch des Revisionsgerichts (vgl. BGHZ 4, 328, 334; BGH, Urteil vom 19. Januar 1989, IX ZR 83/88, NJW-RR 1989, 766). Aus dem vorprozessualen Kündigungsschreiben und Vorbringen der Kläger im Rechtsstreit ergibt sich, daß sie nicht nur die Räumung des Gebäudes, sondern die Räumung des Grundstücks insgesamt anstreben. Denn sie wollen die Klärung der Frage erreichen, ob dem Beklagten die von ihm behaupteten Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehen. Diese Ansprüche beziehen sich aber nicht nur auf das Gebäude, an dem zudem auch kein selbständiges, vom Eigentum am Grundstück losgelöstes, Eigentum besteht, sondern auf das Grundstück insgesamt, das der Beklagte in Besitz hat.
2. Das Berufungsgericht ist zutreffenderweise auch davon ausgegangen, daß der Zulässigkeit der Klage nicht die Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts Naumburg vom 30. Januar 1996 entgegensteht.
Nach seiner Urteilsformel hat das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 30. Januar 1996 den von den Klägern seinerzeit geltend gemachten Herausgabeanspruch abgewiesen. Zur Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft dieses Ausspruchs sind aber außer der Urteilsformel auch Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils heranzuziehen (BGHZ 34, 337, 339; 124, 164, 166). Sie ergeben, daß das Oberlandesgericht Naumburg seine Entscheidung nicht auf das auch hier zu beurteilende gesetzliche Recht zum Besitz nach Art. 233 § 2a EGBGB, sondern darauf gestützt hat, daß dem Beklagten ein Recht zum Besitz aus einem als Mietvertrag fortgeltenden Überlassungsvertrag zustehe. Dieser Sachverhalt hat sich durch die Kündigung des
angenommenen Mietverhältnisses verändert, so daß die Rechtskraft des alten Urteils der neuen Klage nicht mehr entgegensteht hat (vgl. BGH, Urt. v. 10. September 1997, XII ZR 222/95, ZIP 1997, 2010, 2011).
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Räumungsanspruch der Kläger an einem gesetzlichen Recht des Beklagten zum Besitz des Grundstücks der Kläger aus Art. 233 § 2a EGBGB scheitert. Dem Beklagten steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht zu.

a) Das Recht zum Besitz nach Art. 233 § 2a EGBGB setzt seit dem 1. Januar 1995 voraus, daß dem Besitzer als Nutzer Ansprüche auf Ankauf des Grundstücks oder auf Bestellung eines Erbbaurechts daran nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehen (BGHZ 136, 212, 216). Solche Ansprüche scheitern hier nicht von vornherein daran, daß der Beklagte nur auf Grund eines sonstigen schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses zum Besitz berechtigt gewesen ist. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SachenRBerG einen Auffangtatbestand geschaffen, der auch bislang unentdeckte Fälle einer Bereinigung zugänglich macht, soweit diese bei wertender Betrachtung einem der genannten Regelbeispiele gleichzustellen sind oder aus sonstigen Gründen nach der gesetzlichen Zielsetzung dem Schutzbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes unterfallen (vgl. SachenRÄndG-RegE, BTDrucks. 12/5992, S. 102; Senatsurt. v. 16. Oktober 1998, V ZR 390/97, WM 1999, 94, 97, v. 25. November 1998, VIII ZR 380/96, WM 1999, 596, 601, v. 12. März 1999, V ZR 143/98, WM 1999, 968, 969 und v. 3. Mai 2002, VIZ 2002, 642, 643). Das setzt allerdings voraus, daß der Nutzer auf dem Grundstück ein Eigenheim errichtet oder an einem bestehenden Eigenheim bauliche
Maßnahmen vorgenommen hat, die nach näherer Maßgabe von § 12 Abs. 1 SachenRBerG der Neuerrichtung gleichkommen. Das ist nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen hier nicht der Fall. Der Beklagte hat zwar die Wohnfläche vergrößert. Er hat aber weder das auf dem Grundstück befindliche Einfamilienhaus vollständig errichtet oder rekonstruiert oder die Nutzungsart verändert.

b) Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen kann der Beklagte nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nur anspruchsberechtigt sein, wenn auf seinen Fall § 12 Abs. 2 SachenRBerG anzuwenden wäre. Das ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht der Fall.
aa) Das Berufungsgericht hat § 12 Abs. 2 SachenRBerG zutreffend nicht unmittelbar angewandt. Der Beklagte war nicht auf Grund eines Überlassungsvertrags zum Besitz berechtigt. Ein Überlassungsvertrag liegt nach Art. 232 § 1a EGBGB nur bei einem Vertrag über die Nutzung eines im technischen Sinne staatlich verwalteten Grundstücks vor (Senat, Urt. v. 27. September 2002, V ZR 262/01, VIZ 2003, 90, 91). Dazu gehört das Grundstück der Kläger nicht. Es war bis zum Ablauf des 31. Dezember 1975 eine Reichsheimstätte, stand aber nicht unter staatlicher Verwaltung.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann § 12 Abs. 2 SachenRBerG auf einen Fall wie den vorliegenden nicht analog angewandt werden.
(1) Dem Berufungsgericht ist einzuräumen, daß der Beklagte ganz ähnlich einem Überlassungsnehmer die öffentlichen Lasten des Grundstücks ge-
tragen, die Grundpfandrechte abgelöst und einen Betrag entrichtet hat, der dem Kaufpreis entspricht. Das allein rechtfertigt eine analoge Anwendung der Vorschrift aber nicht. Voraussetzung ist vielmehr, daß solche Fälle eine dem Plan des Gesetzgebers widersprechende Lücke darstellen und der Gesetzgeber diese Lücke durch Anwendung dieser Vorschrift ausgefüllt hätte, hätte er sie rechtzeitig wahrgenommen. Bei der Annahme solcher Lücken ist im Rahmen der Bereinigungsgesetzgebung große Zurückhaltung geboten (BVerfG, Beschl. v. 21. Januar 1999, 1 BvR 645/96, VIZ 1999, 333). Mit dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz sollten ebenso wie dem Schuldrechtsanpassungsgesetz nur solche vom Gesetzgeber nach der Wiedervereinigung vorgefundenen Rechtsverhältnisse sozialverträglich in BGB -konforme Rechtsgestaltungen überführt werden, die durch die Rahmenbedingungen der sozialistischen Planwirtschaft in der DDR geprägt und dem Recht des BGB fremd waren. Während das Schuldrechtsanpassungsgesetz der Überführung vertraglicher Nutzungsverhältnisse dient, sollen mit dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz DDRspezifische dingliche Nutzungsverhältnisse und aus der baulichen Nutzung fremder Grundstücke mit Billigung staatlicher Stellen entstandene Rechtsverhältnisse an das Recht des BGB angepaßt werden (BT-Drucks. 12/5992, S. 1, 50; BVerfG, Beschl. v. 8. April 1998, 1 BvR 1680/93, NJW 1998, 3033 u. Beschl. v. 21. Januar 1999,1 BvR 645/96, VIZ 1999, 333).
(2) Hier liegt ein Fall vor, der auch in den westlichen Bundesländern hätte vorkommen können. Auch dort konnte es bis zur Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes durch Gesetz vom 17. Juni 1993 (BGBl. I S. 912) geschehen , daß der Ausgeber einer Reichsheimstätte einen Heimfallanspruch entgegen seinen Absichten nicht durchsetzte, obwohl er einen Neuerwerber vorgesehen hatte. Solche Fälle sind nicht Ausdruck der durch die Rahmenbedingun-
gen der sozialistischen Planwirtschaft in der DDR geprägten Nutzungsverhältnisse an Grund und Boden. Hier sind vielmehr lediglich die seinerzeit auch in der DDR vorhandenen gesetzlichen und vertraglichen Instrumente nicht genutzt worden. Das gab dem Gesetzgeber keine Veranlassung, für Sachverhalte der hier vorliegenden Art im Gefolge der Wiedervereinigung besondere, sozialverträglich ausgestaltete Überleitungs- oder Überführungsvorschriften zu erlassen (zu diesem Gesichtspunkt: BVerfG, Beschl. v. 21. Januar 1999, 1 BvR 645/96, VIZ 1999, 333, 334).
(3) Auch der von den Vorinstanzen im Anschluß an das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 30. Januar 1996 hervorgehobene Umstand, daß der VEB den Heimfallanspruch geltend machen und die Heimstätte an den Beklagten neu ausgeben wollte, rechtfertigen nicht die Annahme, daß der Gesetzgeber sie der Sonderregelung des § 12 Abs. 2 SachenRBerG unterstellt hätte, hätte er solche Fallgestaltungen vor Erlaß des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes wahrgenommen. § 5 I Nr. 3 S. 2 lit. c SachenRBerG stellt einen der Tatbestände dar, in denen im Wege der Rückausnahme (§ 2 I Nr. 2 Halbs. 2 SachenRBerG) das Sachenrechtsbereinigungsgesetz auf schuldrechtliche Rechtsverhältnisse anwendbar ist. Der Senat hat diesen Ausnahmecharakter betont und dem Pächter, der mit staatlicher Billigung bauliche Maßnahmen zu Wohnzwecken durchgeführt hatte, einen Bereinigungsanspruch nach den für Überlassungsverträge geltenden Grundsätzen ebenso versagt wie einem Nutzer , der in Erwartung einer Enteignung und der Verleihung eines Nutzungsrechts bauliche Maßnahmen an einem Grundstück durchgeführt hat (Urt. v. 16. Oktober 1998, V ZR 390/97, VIZ 1999, 40, 41; Urt. v. 27. September 2002, V ZR 262/01, VIZ 2003, 90, 91).

Der vorliegende Fall gibt ebenfalls keinen Anlass zu einer analogen An- wendung. Während nämlich die Eigentümer von Grundstücken, über die Überlassungsverträge geschlossen wurden, keine Möglichkeit der Einflußnahme auf ihr Anwesen hatten, war das bei den Eltern der Kläger gerade nicht der Fall. Der VEB sah sich nicht in der Lage, die Heimstätte ohne weiteres einzuziehen und an den Beklagten neu auszugeben. Er hielt es für notwendig, den Heimfallanspruch gegen die Eltern der Kläger vor den Gerichten im Westen Deutschlands durchzusetzen, bevor er es an den Beklagten neu ausgeben konnte. Dazu hat er förmlich um Genehmigung ersucht und diese von dem Amt für Rechtsschutz auch erhalten, das ebensowenig eine Möglichkeit der unmittelbaren Einziehung gesehen hatte. Auch das steht einer analogen Anwendung des § 12 Abs. 2 SachenRBerG entgegen.

c) Der Senat kann selbst in der Sache entscheiden. Die Vorinstanzen haben die notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Eine weitere Sachaufklärung ist nicht zu erwarten.
4. Ein Recht des Beklagten zum Besitz des Grundstücks läßt sich schließlich nicht aus einem anderen Grund ableiten. Das von dem Oberlandesgericht Naumburg angenommene Nutzungsverhältnis haben die Kläger wirksam gekündigt. Der Beklagte hat weder einen Anspruch auf Ersatz von Verwendungen auf das Haus der Kläger noch ein sich hieraus etwa ergebendes Recht zum Besitz geltend gemacht.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 214/03 Verkündet am:
19. März 2004
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) § 121 Abs. 6 SachenRBerG ist auf den Fall entsprechend anzuwenden, daß ein
Kauf nach dem Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März
1990 (GBl. I S. 157) an einer Zuordnung nach der Vierten Durchführungsverordnung
zum Treuhandgesetz scheiterte.

b) Im Sinne von § 121 Abs. 6 SachenRBerG hat eine Kommune den Kaufpreis erhalten
, wenn und soweit sie ihn (im Rahmen der Kassenbestände) von dem örtlichen
Rat übernommen hat. Ob diese Bestände der Kommune nach den Vorschriften
des Zuordnungsrechts als Kommunalvermögen zuzuordnen gewesen
waren, ist ohne Belang.
BGH, Urt. v. 19. März 2004 - V ZR 214/03 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Juli 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Am 12. März 1990 kaufte die Klägerin von dem Rat der Stadt F. für 24.550 Mark/DDR das volkseigene Eigenheim und am 3. Mai 1990 für 5.355 Mark/DDR auch das GrundstückSp. Str. 54 in F. , das damals in Volkseigentum in Rechtsträgerschaft des Rats der Stadt F. stand. Die Klägerin zahlte am 14. März und am 3. Mai 1990 die Kaufpreise auf das Konto des Rats der Stadt F. ein. Zum weiteren Vollzug der Verträge kam es nicht.
Das Grundstück wurde durch Zuordnungsbescheid der Präsidentin der Treuhandanstalt vom 13. August 1993 als Vermögen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der Treuhandanstalt zugeordnet. Am 23. November 1998 kaufte die Klägerin das Grundstück für 150.000 DM von der (Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH (TLG). In dem von der Treuhandanstalt ge-
nehmigten Vertrag verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von 14.927,50 DM für den Fall, daß es der für die Treuhandanstalt handelnden TLG nicht gelinge, bis zum Ablauf des 1. März 1999 die Kaufpreise aus den Verkäufen vom 12. März und 3. Mai 1990 bei der beklagten Stadt zurückzuerlangen. Dieser Fall trat ein. Die Klägerin zahlte den genannten Betrag; der Kaufvertrag vom 23. November 1998 wurde vollzogen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung der Kaufpreise aus den Kaufverträgen vom 12. März und 3. Mai 1990. Die Beklagte sieht sich nicht als passivlegitimiert an.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe


I.


Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage aus § 121 Abs. 6 SachenRBerG begründet. Diese Vorschrift sei auf den Fall, daß ein Verkauf nach dem Gesetz vom 7. März 1990 (GBl. I S. 157) aus anderen Gründen als einer Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz scheitere, entsprechend anzuwenden. Danach sei die Beklagte zur Erstattung der Kaufpreise verpflichtet. Ihr Einwand, sie sei entreichert, sei nicht begründet, weil sie nach eigener
Darstellung die Kaufpreise zur Erfüllung von Selbstverwaltungsaufgaben genutzt habe.

II.


Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Zahlungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 6 SachenRBerG zugebilligt und sie nicht auf einen Entschädigungsantrag nach § 7a VermG verwiesen.

a) Der vorliegende Fall wird zwar weder von § 121 Abs. 6 SachenRBerG noch von § 7a VermG unmittelbar erfaßt. Eine planwidrige Lücke weist insoweit aber entgegen der Ansicht der Revision nicht die Entschädigungsregelung des § 7a VermG, sondern die Haftungsregelung des § 121 Abs. 6 SachenRBerG auf.
aa) § 7a VermG löst ein Einzelproblem bei der Anwendung des Vermögensgesetzes. Nach dessen § 7 erfolgt eine Rückübertragung bei Schädigungen durch Rechtsgeschäft nur, wenn dem Berechtigten die Erstattung der auf Grund des schädigenden Rechtsgeschäftes erbrachten Gegenleistung an den Verfügungsberechtigten aufgegeben wird. Ist die Gegenleistung aber nicht an den Berechtigten oder seinen Rechtsvorgänger erbracht worden, sondern an den Staat, so kann dem Berechtigten die Erstattung der Gegenleistung auch nicht aufgegeben werden. Für diesen Fall sieht § 7a VermG eine Entschädigung für die Gegenleistung durch den Entschädigungsfonds vor. Darum geht es bei Verkäufen nach dem Gesetz vom 7. März 1990 nicht. Diese stellen als solche keine Schädigung nach dem Vermögensgesetz dar. Die Zahlung des
Kaufpreises durch den Käufer ist auch keine Leistung durch den Verfügungsberechtigten , sondern die Leistung eines Dritten.
Die Revision weist allerdings zutreffend darauf hin, daß den Käufern fehlgeschlagener Kaufverträge nach dem Gesetz vom 7. März 1990 vor Inkrafttreten des § 121 Abs. 6 SachenRBerG ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises gegen den Entschädigungsfonds in Analogie zu § 7a Abs. 1 VermG eingeräumt wurde (Eickmann/Wittmer, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 121 SachenRBerG Rdn. 134; Rodenbach, VIZ 1999, 1, 3). Diese Möglichkeit war in der sog. Vorabregelung des Bundesministeriums der Finanzen (Erlaß vom 29. September 1993, V B 6 - VV 5450/98/93) entwickelt und auch nach Inkrafttreten des § 121 Abs. 6 SachenRBerG nicht gänzlich aufgegeben worden (Erlaß des Bundesministeriums der Finanzen vom 12. November 1999, V B 6 – VV 5120 – 13/99). Einzuräumen ist auch, daß man der Einfügung eines Verweises auf § 121 Abs. 6 SachenRBerG in § 7a Abs. 1 VermG durch das Vermögensrechtsbereinigungsgesetz vom 20. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3180) entnehmen kann, daß § 7a VermG gleichwohl grundsätzlich auch auf Zahlungen durch Käufer nach dem Gesetz vom 7. März 1990 anwendbar ist (so Wittmer in Eickmann aaO, § 121 SachenRBerG, Rdn. 137). Das ändert aber nichts daran, daß gerade auch in Fällen der vorliegenden Art eine ausfüllungsbedürftige Lücke bei § 121 Abs. 6 SachenRBerG und nicht bei § 7a Abs. 1 VermG besteht. Zum einen kommt eine Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds nur für Verkaufsfälle in Betracht, die an einer Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz scheiterten. Nur hier wäre eine Erstattungsverpflichtung des Entschädigungsfonds mit seinem Errichtungszweck, Entschädigung in Restitutionsfällen zu leisten (zunächst § 29a VermG, jetzt § 9 EntschG), zu vereinbaren. Um einen solchen Fall handelt es sich nach dem bestandskräftigen Be-
scheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen in Brandenburg vom 9. März 2001 hier nicht. Zum anderen ergibt sich aus der erwähnten Ergänzung des § 7a Abs. 1 VermG, daß eine Entschädigung auch im Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes nur gewährt werden darf, wenn ein Erstattungsanspruch gegen die eigentlich bereicherte Gebietskörperschaft nicht besteht oder, so der erwähnte Erlaß des Bundesministeriums der Finanzen vom 12. November 1999, wenn ein solcher Anspruch nicht zu realisieren ist.
bb) Eine ausfüllungsbedürftige Lücke besteht bei den anderen Käufen nach dem Gesetz vom 7. März 1990 vielmehr im Zuordnungsrecht und in der der Sache nach als Zuordnungsrecht zu qualifizierenden Haftungsregelung des § 121 Abs. 6 SachenRBerG.
Für grundstücksbezogene Verbindlichkeiten haftet nach den allgemeinen Grundsätzen des Zuordnungsrechts derjenige, dem das Grundstück zugeordnet wird, auf das sich die Verbindlichkeit bezieht (vgl. BGHZ 128, 393, 399 f.; 145, 145, 148; Urt. v. 28. Juni 1995, VIII ZR 250/94, MDR 1996, 429; BVerwG, Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 4 und 428.2 § 1a VZOG Nr. 7; §§ 1a, 11 Abs. 2 Satz 1 VZOG). Das würde grundsätzlich auch für Verbindlichkeiten aus einem Kauf nach dem Gesetz vom 7. März 1990 gelten. Wird aber das Grundstück ausnahmsweise einem anderen übertragen, ohne daß die Verbindlichkeit übergeht, etwa bei einer Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz oder in dem hier vorliegenden Fall einer Zuordnung nach der Vierten Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz vom 12. September 1990 (GBl. I S. 1465, geändert durch die Vereinbarung vom 18. September 1990, BGBl. II S. 1239), dann stellt sich die Frage, wer für die aus dem Scheitern des Vertrags folgende
Erstattungsforderung aus § 356 ZGB haftet. Eine solche Forderung könnte von dem zu erfüllen sein, dem der Erlös zugefallen ist; sie könnte aber auch schuldnerlos geworden sein. Diese Unsicherheit bei der Feststellung des Schuldners, aber auch den denkbaren Fortfall jeglichen Schuldners wollte der Gesetzgeber bei Käufen nach dem Gesetz vom 7. März 1990 vermeiden (Czub in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 121 Rdn. 178).

b) Die angestrebte Klärung der Rechtslage ist dem Gesetzgeber mit § 121 Abs. 6 SachenRBerG nur unvollkommen gelungen. Die Frage der Haftung für den Erstattungsanspruch aus einem gescheiterten Kauf nach dem Gesetz vom 7. März 1990 stellt sich nicht nur bei dem gesetzlich geregelten Fall eines Kaufs, der einen Anspruch auf Ankauf der zurückübertragenen Immobilie nach § 121 Abs. 1 oder 2 SachenRBerG auslöst. Sie stellt sich in gleicher Weise auch bei Käufen nach dem Gesetz vom 7. März 1990, die nach den Stichtagen des § 121 Abs. 1 und 2 SachenRBerG geschlossen wurden und deshalb keine Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz auslösen, sowie bei Käufen nach dem Gesetz vom 7. März 1990, die aus anderen Gründen als einer Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz gescheitert sind. Einen sachlichen Grund für das Fehlen einer dem § 121 Abs. 6 SachenRBerG entsprechenden Regelung für diese Fallgruppen gibt es nicht. Der Grund für das Fehlschlagen dieser Käufe rechtfertigt zwar eine unterschiedliche Behandlung bei der Einräumung von Erwerbsansprüchen. Für die Sicherung des durch das Fehlschlagen entstandenen Rückzahlungsanspruchs des Käufers besagen die unterschiedlichen Gründe hingegen nichts. Daß der Kaufpreis nach Bereicherungsgrundsätzen zu erstatten ist, nachdem es zum Vollzug des Kaufvertrags
nicht (mehr) kommen konnte, kann in keiner Fallgruppe zweifelhaft sein. Die rechtliche Absicherung ist aber nur teilweise erfolgt.

c) Diese Lücke entspricht nicht dem Regelungsplan des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hatte eine umfassende Absicherung der Käufer nach dem Gesetz vom 7. März 1990 schaffen wollen. Bei Schaffung des dazu bestimmten § 121 Abs. 6 SachenRBerG hat der Gesetzgeber seinen Blick indes ungewollt auf die Fälle verengt, in denen er einen Ankaufsanspruch nach Maßgabe des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes eingeführt hat. Das führte dazu, daß die Regelung nur diese Fälle ausdrücklich erfaßte, die anderen Fallgruppen aber überging. Daß der Erstattungsanspruch der Käufer auch in diesen anderen Fallgruppen abgesichert werden sollte, belegen die Argumente, die für § 121 Abs. 6 SachenRBerG angeführt werden. Die Erfüllung der Verträge sei durch die Rückübertragung unmöglich geworden. Die vorgesehene Haftung der Kommunen beruhe nicht auf einer Rechts- oder Funktionsnachfolge, sondern auf dem „rechtsgrundlosen Erwerb der Gegenleistung“ (BT-Drucks 12/5992 S. 207 zu § 120a Abs. 4). Diese Begründung kann eine Beschränkung der Vorschrift auf die geregelten Fälle ersichtlich nicht begründen. Sie zeigt im Gegenteil , daß der Erstattungsanspruch in allen Fallgruppen abgesichert und keine Regelung geschaffen werden sollte, die sich auf die Anwendungsfälle des § 121 Abs. 1 oder 2 SachenRBerG beschränkte und diesen bloß zuordnungsrechtlich abrundete.

d) Wie der Gesetzgeber reagiert hätte, hätte er diese Lücke wahrgenommen , wird in der Literatur, soweit die Frage dort behandelt wird, unterschiedlich beurteilt. Während Wiese (VIZ 1996, 184, 186) eine Analogie ablehnt , sprechen sich Czub (in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, Sachenrechtsbe-
reinigung, § 121 SachenRBerG Rn. 173) und Wittmer (in: Eickmann, Sachbereinigungsgesetz § 121 Rdn. 132 f.) für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift aus. Dieser zweiten Ansicht ist zuzustimmen. Schon die Begründung der Vorschrift weist über die geregelten Fälle hinaus. Mit ihr zeigt der Gesetzgeber selbst, daß sich die Frage in den anderen Fällen in gleicher Weise stellt und daß es keinen Grund gibt, sie dort anders zu beantworten. Das Bedürfnis nach einer Absicherung stellte sich zudem gerade bei den Käufen, die keine Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz auslösen. Während in den von der Vorschrift unmittelbar erfaßten Fällen den Käufern ein Anspruch auf Ankauf des Grundstücks zum halben Bodenwert eingeräumt wurde, verblieb den Käufern in den anderen Fällen nur der Rückforderungsanspruch, mit dem sie nicht ausfallen sollten. Ein solcher Ausfall läßt sich nur durch eine entsprechende Anwendung des § 121 Abs. 6 SachenRBerG sicher vermeiden. Dieser Gestaltungswille des Gesetzgebers wird auch durch sein späteres Vorgehen bestätigt. Mit dem Vermögensrechtsbereinigungsgesetz vom 20. Oktober 1998 hat er durch eine entsprechende Ergänzung des § 7a Abs. 1 VermG dem Bereicherungsausgleich nach § 121 Abs. 6 SachenRBerG den Vorrang vor einer Entschädigung nach § 7a VermG eingeräumt. Das baut gedanklich auf der Vorstellung auf, daß ein solcher Bereicherungsausgleich auch in allen relevanten Fällen gesichert ist.
2. In entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 6 Satz 1 SachenRBerG ist die Beklagte zur Erstattung der Kaufpreise indessen nur verpflichtet, wenn sie die „Gemeinde oder Gebietskörperschaft, die den Kaufpreis erhalten hat,“ ist.

a) Welche der heute in den neuen Ländern bestehenden Gebietskörperschaften mit dieser Formulierung angesprochen wird, wird unterschiedlich gesehen. Wittmer (in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 121 SachenRBerG Rdn. 127) meint, es sei, jedenfalls bei Verkäufen durch die örtlichen Räte, immer die Gemeinde, die heute im Gebiet des seinerzeit tätig gewordenen örtlichen Rats besteht. Demgegenüber verweist Czub (Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz; Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 121 SachenRBerG Rdn. 179) auf die Zuordnungsvorschriften. Weder der einen noch der anderen Meinung ist zu folgen. Der Gesetzgeber ist bei Schaffung der Regelung davon ausgegangen, daß die Verkäufe nach dem Gesetz vom 7. März 1990 nach der Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 19. Dezember 1973 (GBl. I S. 590) abgewickelt worden sind (BTDrucks. 12/5992 S. 207). Nach deren § 5 Abs. 3 sollten die Einnahmen aus solchen Verkäufen den örtlichen Räten als außerplanmäßigen Einnahmen verbleiben. Daß diese außerplanmäßigen Einnahmen bei Entstehen der kommunalen Gebietskörperschaften durch die Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) am 17. Mai 1990 (§ 103 Kommunalverfassung) noch vorhanden und von den heutigen Kommunen als Kassenbestände übernommen wurden, kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Die Durchführungsbestimmung vom 19. Dezember 1973 ist mit § 8 Abs. 2 des Gesetzes vom 7. März 1990 aufgehoben und auf Grund von § 7 dieses Gesetzes durch die Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 15. März 1990 (GBl. I S. 158) abgelöst worden, die eine dem § 5 Abs. 3 der Durchführungsbestimmung vom 19. Dezember 1973 inhaltlich entsprechende Regelung nicht (mehr) enthielt. Außerdem war § 5 Abs. 3 der Durchführungsbestimmung vom 19. Dezember 1973 schon längere Zeit vor ihrer förmli-
chen Aufhebung systematisch unterlaufen worden. Die voraussichtlichen Einnahmen aus Gebäudeverkäufen wurden nämlich geschätzt und die den örtlichen Räten zustehenden Zuweisungen aus dem Staatshaushalt der DDR um diesen Betrag gekürzt (Wiese VIZ 1996, 184, 185; Czub aaO. Rdn. 184; Wittmer aaO Rdn. 130). Die Verkaufseinnahmen verblieben den örtlichen Räten also in aller Regel nicht. Sie waren vielmehr schon abgeführt, bevor sie eingenommen worden waren. Allerdings muß das nicht in allen Fällen so gewesen sein. Die Verkaufserlöse des Jahres 1990 werden häufig über den Schätzungen auf der Grundlage der Vorjahreszahlen gelegen haben, weil die Verkäufe angesichts der kommenden Wiedervereinigung sprunghaft und in einem Maß angestiegen waren, daß sie von den örtlichen Räten nicht mehr bewältigt werden konnten. Deshalb hat die heute auf dem Gebiet des beim Verkauf tätig gewordenen früheren örtlichen Rates bestehende Kommune den Kaufpreis im Sinne von § 121 Abs. 6 Satz 1 SachenRBerG (analog) nur erhalten, wenn und soweit sie ihn (im Rahmen der Kassenbestände) von dem örtlichen Rat übernommen hat. Ob diese Bestände der Kommune nach den Vorschriften des Zuordnungsrechts als Kommunalvermögen zuzuordnen gewesen waren, ist dabei nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift ohne Belang.

b) Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Diese Prüfung kann der Senat aber nachholen, da insoweit ein Geständnis der Beklagten vorliegt.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 10. Mai 1999 mitgeteilt, die „kausalen“ Einnahmen seien zur Bewältigung der Selbstverwaltungsaufgaben genutzt worden, da die Beklagte im Jahre 1990 weder vom Landkreis noch vom Land Brandenburg Finanzausstattung erhalten habe. Dieser Äußerung ist
zu entnehmen, daß die Beklagte die Zahlungen der Klägerin auf das Konto des vormaligen Rates der Stadt F. tatsächlich erhalten hat. Anders hätte sie selbst das Geld nicht für Selbstverwaltungsaufgaben verwenden können. Selbstverwaltungsaufgaben hat es in der früheren DDR auch erst von der Wiedereinführung der Kommunalen Selbstverwaltung durch die Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 an gegeben.
Das Schreiben der Beklagten kann entgegen ihrer Ansicht auch verwertet werden. Die Beklagte hat zwar im Rechtsstreit den Erhalt der Gelder bestritten , aber auf Seite 4 der Klageerwiderung vom 10. Oktober 2001 ausdrücklich erklärt, die in diesem Schreiben enthaltenen Angaben seien zutreffend, und auf der Grundlage dieser Erwiderung auch verhandelt. Dieses Geständnis hat sie im weiteren Verlaufe des Rechtsstreits nicht widerrufen. Sie hat nicht einmal vorgetragen, daß dieses Geständnis unrichtig oder das Schreiben anders zu verstehen sei.

c) Das Berufungsgericht hat schließlich auch eine Entreicherung der Beklagten nach § 121 Abs. 6 Satz 1 SachenRBerG, § 818 Abs. 3 BGB mit Recht verneint.
Die Beklagte hat der Klägerin nämlich in ihrem erwähnten Schreiben vom 10. Mai 1999 mitgeteilt, die Einnahmen seien für Selbstverwaltungsaufgaben verbraucht worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten läßt sich mit diesem Hinweis eine Entreicherung nicht begründen. Eine Kommune hat nämlich nicht nur das Recht, ihre Angelegenheiten selbständig und eigenverantwortlich zu regeln. Sie ist zur Wahrnehmung dieser Aufgaben gegenüber den Bürgern auch verpflichtet. Deshalb erspart sie Aufwendungen, wenn sie finanzielle Mit-
tel für Selbstverwaltungsaufgaben verwendet, die sie einem anderen zurückzuerstatten hat. Sie bleibt im Umfang der ersparten Aufwendungen bereichert. Ob eine Bereicherung entfiele, wenn die Beklagte ohne die vereinnahmten Kaufpreise aus den Kaufverträgen der Klägerin mit dem Rat der Stadt F. im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung andere Schwerpunkte gesetzt und bestimmte Ausgaben nicht getätigt hätte, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen; der vergleichsweise geringe Umfang der Kaufpreise läßt eine solche Maßnahme auch nicht erwarten.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch