Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Feb. 2019 - 9 U 728/18 Bau

bei uns veröffentlicht am12.02.2019

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.01.2018 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az. 11 O 6461/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 34.282.893,88 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über restliche Vergütungsansprüche für Bauleistungen der Klägerin betreffend den Ausbau der Bundesautobahn (nachfolgend abgekürzt: BAB) A 8 zwischen G. und A.

Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin), eine Projektgesellschaft, deren Gesellschafter zu je 50% die H. PPP S. GmbH und die S. I. GmbH als Kommanditistinnen und die A-Modell U.-A. V. mbH als Komplementärin waren, unterzeichnete am 14.04.2011 einen als „Konzessionsvertrag“ (im Folgenden abgekürzt: KV) überschriebenen Vertrag mit der beklagten Bundesrepublik Deutschland (siehe Anlage K 1). Dem Vertrag liegt das Betreibermodell „A-Modell“ (Autobahn-Ausbau-Modell) im Rahmen einer sogenannten ÖPP (Öffentlich-Privaten-Partnerschaft) zugrunde, weshalb der Vertrag über der Bezeichnung „Konzessionsvertrag“ auch die Überschrift „Betreibermodell BAB A 8 West (A-Modell) U.-A.“ trägt. Das genannte „A-Modell“ ist generell dadurch gekennzeichnet, dass ein privates Unternehmen für den Aus- oder Neubau und die Finanzierung eines Streckenabschnittes einer Bundesfernstraße verantwortlich ist und dieses Unternehmen (der Konzessionsnehmer) die Erhaltung und den Betrieb darüber hinaus für - in der Regel - 30 Jahre übernimmt. Die Refinanzierung erfolgt über die Einnahmen aus der LKW-Maut und gegebenenfalls einer Anschubfinanzierung.

Gegenstand des vorliegenden Vertrags ist der Ausbau und 30-jährige Betrieb eines rund 58 Kilometer langen Teilstücks der BAB A 8 zwischen U. und A.: Zwischen G. und A. West sollte die Klägerin die Autobahn auf einer Länge von rund 41 Kilometern sechsstreifig ausbauen und einschließlich eines Abschnitts von rund 17 Kilometern zwischen G. und dem Autobahnkreuz U.-E., welcher bereits vor Abschluss des nun streitgegenständlichen „Konzessionsvertrages“ fertiggestellt worden war, für 30 Jahre erhalten und betreiben. Als Gegenleistung vereinbarten die Parteien vertraglich, dass die Klägerin eine Anschubfinanzierung von 75 Millionen Euro sowie eine indexierte monatliche Vergütung, welche sich aus der mautpflichtigen Fahrleistung der den streitgegenständlichen Straßenabschnitt nutzenden Lastkraftwagen errechnet, erhält. In der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2018 erläuterte die Klägerin, sie habe für den Erhaltungsaufwand in der gesamten Vertragslaufzeit mit rund 200 Millionen Euro kalkuliert.

Mit den gemäß Vertrag vom 14.04.2011 übernommenen Planungs- und Bauleistungen für den Streckenausbau beauftragte die Klägerin wiederum die Bauarbeitsgemeinschaft BAB A 8 U.-A. (nachfolgend abgekürzt: B.-A.), deren Gesellschafter zunächst die S. Großprojekte GmbH sowie die H. S. AG gewesen sind. Später trat die Ed. Z. AG als weitere Gesellschafterin hinzu, indem diese einige Anteile der S. Großprojekte GmbH übernahm.

Dem Vertragsschluss vom 14.04.2011 war ein förmliches, europaweites Vergabeverfahren gemäß VOB/A vorausgegangen. Da sich der Vertragsschluss durch ein auf Antrag eines Mitbieters eingeleitetes Vergabenachprüfungsverfahren, welches durch zwei Instanzen geführt wurde, verzögerte und dadurch Terminverschiebungen notwendig wurden, schlossen die Parteien am 18.05.2011 eine „1. Ergänzungsvereinbarung zum Konzessionsvertrag über das Betreibermodell BAB A 8 West U. - A. (A-Modell)“ (siehe Anlage K 2).

Die Autobahn wurde von der B.-A. im Auftrag der Klägerin zwischen G. und A. West vereinbarungsgemäß sechsspurig ausgebaut und am 30.09.2015 termingerecht in Betrieb genommen. Die Klägerin betreibt seitdem den ausgebauten sowie den zuvor bereits fertiggestellten vertragsgegenständlichen Autobahnabschnitt. Sie erhielt und erhält die bereits genannten vertraglichen Vergütungsleistungen.

Der Kommissionsvertrag vom 14.04.2011 enthält unter anderem folgende hier maßgebliche Bestimmungen:

㤠1 Vertragsbestandteile, Geltungsreihenfolge

1.1.8 Die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B), Stand 2006, soweit eine Anwendung dieser Regelungen auf Baukonzessionsverträge nicht ausgeschlossen ist.

§ 2 Interpretation und Begriffsdefinitionen

2.3.30 „Höhere Gewalt“: Naturkatastrophen, insbesondere durch Erdbeben, Überschwemmungen und Unwetter verursachte Katastrophen, sowie Krieg oder atomare Unfälle.

§ 3 Allgemeine Verpflichtungen des Konzessionsnehmers, Risikoübernahme

3.2 Der Konzessionsnehmer übernimmt alle sich aus dem Bau, der Erhaltung und dem Betrieb des Konzessionsgegenstands (einschließlich der erforderlichen Planungsleistungen) ergebenden Risiken, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nicht ausdrücklich eine andere Risikoverteilung vorgesehen ist.

3.3 Zum Leistungsumfang des Konzessionsnehmers gehören sämtliche Leistungen, die für die vollständige, funktionsgerechte und betriebsbereite Ausführung aller vertraglichen Leistungen erforderlich sind, auch wenn sie in den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich genannt sind.

Zustand des Konzessionsgegenstandes

10.1 Der Konzessionsgeber überlässt dem Konzessionsnehmer den Konzessionsgegenstand in dem Zustand, wie er bei Beginn des Konzessionszeitraums steht und liegt. Dem Konzessionsnehmer wurde im Rahmen des Vergabeverfahrens Gelegenheit gegeben, den Zustand des Konzessionsgegenstands zu untersuchen…

§ 13 Planungsleistungen

13.1 Der Konzessionsnehmer verpflichtet sich, alle für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb des Konzessionsgegenstandes nach diesem Vertrag erforderlichen Planungsleistungen zu erbringen.

13.3 Für erbrachte oder nach diesem Vertrag zu erbringende Planungsleistungen trägt der Konzessionsnehmer in vollem Umfang das Risiko von Planungsfehlern, ohne dass ein Anspruch gegenüber dem Konzessionsgeber auf irgendeine Vergütung der Mehrkosten besteht. Dies gilt auch für die vom Konzessionsgeber im Rahmen des Vergabeverfahrens vorgelegte unverbindliche Referenzplanung, soweit der erfolgreiche Bieter sich diese zu eigen gemacht hat.

§ 26 Höhere Gewalt, Drittgewalt

26.7 In Fällen höherer Gewalt oder Drittgewalt hat der Konzessionsnehmer bei unvermeidbaren Terminverschiebungen einen Anspruch auf Anpassung des Terminplans nach Maßgabe des § 28. Der Konzessionsnehmer wird dem Konzessionsgeber innerhalb von 30 Kalendertagen, nachdem ihm ein Fall der höheren Gewalt oder der Drittgewalt erkennbar war, sowie im Abstand von jeweils vier Wochen bis zum Ende des Ereignisses, einen detaillierten schriftlichen Bericht über alle von dem Konzessionsnehmer erwarteten Auswirkungen des Vorfalls auf seine Leistungserbringung übersenden, soweit dies bei Anwendung größtmöglicher Sorgfalt zu diesem Zeitpunkt möglich ist. Soweit die Auswirkungen, unvorhersehbaren Mehrkosten und unvermeidbaren Terminverschiebungen bei Anwendung des Sorgfaltsmaßstabes dieses § 26.7 erst nach Ablauf der 30 Kalendertage generell oder abschließend ausgewiesen werden können, hat der Konzessionsnehmer in monatlichem Abstand den Bericht mit nachvollziehbarer Begründung fortzuschreiben und schließlich einen abschließenden Bericht vorzulegen.

Abschnitt 2 Regelungen zur Bauphase

§ 27 Bau

27.1 Der Konzessionsnehmer verpflichtet sich zum Bau des Konzessionsgegenstandes [… ] Der Konzessionsnehmer erbringt alle Leistungen, die zur betriebsfertigen Herstellung des Konzessionsgegenstandes gehören, und zwar auch dann, wenn sie in diesem Vertrag nicht ausdrücklich erwähnt sein sollten. Zu erbringen sind deshalb auch alle diejenigen Leistungen, die [… ] erforderlich sind, um eine betriebsfertige Gesamtleistung zu erbringen.

§ 28 Termine

28.3 Eine Anpassung des Terminplans Bau findet nur in den in diesem Vertrag ausdrücklich genannten Fällen statt. Die Anpassung ist beschränkt auf die auch bei flexibler Anpassung des Bauablaufs unvermeidbaren Terminverschiebungen, dabei umfasst eine solche flexible Anpassung des Bauablaufs keine Beschleunigungsmaßnahmen, die erhebliche Mehrkosten auslösen. Der Anspruch auf Verschiebung von Fristen und Terminen ist maximal auf die Zeiträume beschränkt, die in dem in den jeweiligen Regelungen dieses Vertrages geforderten Bericht [Anm. des Gerichts: Ziff. 26.7] ausgewiesen sind. Eine Anpassung des Terminplans Bau wird erst wirksam, wenn der Konzessionsgeber und der Konzessionsnehmer einen geänderten Terminplan Bau, gegebenenfalls unter Abänderung von Vertragsfristen nach § 28.2 als verbindlich vereinbaren.

§ 29 Baugrundrisiko

29.1 Der Konzessionsnehmer trägt das Baugrundrisiko, es sei denn, das Risiko ist gemäß den nachfolgenden Absätzen dem Konzessionsgeber zugewiesen.

Das Baugrundrisiko erstreckt sich auf sämtliche für die Vertragserfüllung relevanten Umstände im Zusammenhang mit Boden und Grundwasser…Der Konzessionsgeber hat den ausgewählten Bewerbern vor Vertragsschluss mit den Vergabeunterlagen Untersuchungen und sonstige Unterlagen zum Baugrund zur Verfügung gestellt. Im Rahmen des Vergabeverfahrens hatten die Bewerber die Möglichkeit, den Baugrund eigenständig zu prüfen und zu begutachten.

§ 49 Abwicklung von unvorhersehbaren Mehrkosten

49.1 Für die Abwicklung von unvorhersehbaren Mehrkosten gelten abschließend anstelle der §§ 2, 6 Nr. 6 VOB Teil B die folgenden Vorschriften.

49.2 Mehrkosten werden nur erstattet, soweit hierfür nach den Regelungen dieses Vertrages eine gesonderte Vergütung durch den Konzessionsgeber vereinbart ist. Die Erstattung darüber hinausgehender Kosten oder sonstiger Vermögensnachteile aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder VOB Teil B ist ausgeschlossen, soweit nicht zwingende gesetzliche Regelungen entgegenstehen….“

Ergänzend wird auf den KV, vorgelegt als Anlage K 1 verwiesen.

Die von den Parteien unterzeichnete 1. Ergänzungsvereinbarung zum KV vom 18.05.2011 enthält unter anderem folgende Regelungen, welche vorliegend von Bedeutung sind:

„Präambel

…Wegen des durch ein Vergabenachprüfungsverfahren verzögerten Zuschlages haben sich die im Konzessionsvertrag enthaltenen Fristen, Termine und sonstigen Regelungen zum Teil überholt und sind anzupassen. Ebenso sind die sich aus diesen Anpassungen ergebenden Folgen zu regeln [… ]

Artikel 2

Anspruch auf Mehrkosten

Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass dem Konzessionsnehmer gegen den Konzessionsgeber ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten zusteht, welche durch die Verschiebung der vereinbarten Ausführungsfristen gemäß Artikel 1 Ziffern 1 bis 5 entstehen, nicht jedoch solche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen. Sie vereinbaren hiermit, dass dieser Anspruch des Konzessionsnehmers mit der Zahlung von pauschal € 4.000.000,00 [… ] abgegolten wird und weitergehende Ansprüche auf Mehrkostenerstattung auf Grund des verspäteten Zuschlags und der Verschiebung der Ausführungsfristen seitens des Konzessionsnehmers nicht bestehen… .“

Ergänzend wird auf die 1. Ergänzungsvereinbarung zum Konzessionsvertrag vom 18.05.2011, vorgelegt als Anlage K 2, verwiesen.

In dem, dem Vertragsschluss vorangegangenen Vergabeverfahren hatte die Berufungsbeklagte und Beklagte (im Folgenden: Beklagte) auf das Grundmuster einer funktionalen Leistungsbeschreibung gemäß § 9 Nr. 15 VOB/A 2006 zurückgegriffen. Weiterhin enthielten die Vergabeunterlagen eine sogenannte Referenzplanung. Nach den Bewerbungsbedingungen sollte die Referenzplanung einen unverbindlichen Planungsbeitrag der Vergabestelle darstellen.

In den Vergabeunterlagen, dort Kapitel 5 - Bewerbungsbedingungen, welche auszugsweise als Anlage K 6 und B 1 vorgelegt worden sind und auf welche hinsichtlich der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, ist unter anderem folgendes ausgeführt:

„2.10.1.6 Zum Umgang mit der Referenzplanung

Die Referenzplanung stellt einen unverbindlichen Planungsbeitrag der Vergabestelle dar. Der Bieter kann die Referenzplanung ganz oder in Teilen übernehmen oder eine eigene Planung erstellen.

Fall A: Der Bieter übernimmt die Referenzplanung.

Hierzu hat der Bieter die Referenzplanung der Vergabestelle vollumfänglich inhaltlich zu prüfen. Mit Übernahme der Referenzplanung durch den Bieter geht die gesamte Planungsverantwortung für die Referenzplanung an den Bieter über. Für das Angebot sind keine weiteren Planunterlagen für den Ausbau zu fertigen.

Fall B: Der Bieter übernimmt die Referenzplanung in Teilen.

Hierzu hat der Bieter die Referenzplanung der Vergabestelle vollumfänglich inhaltlich zu prüfen. Mit Übernahme der Referenzplanung in Teilen geht die gesamte Planungsverantwortung für den übernommenen Teil der Referenzplanung auf den Bieter über. Für den nicht übernommenen Teil der Referenzplanung hat der Bieter für das Angebot eigene Planunterlagen für den Bau/Ausbau entsprechend den Vorgaben der Vergabeunterlagen zu erstellen.

Fall C: Der Bieter übernimmt die Referenzplanung nicht.

In diesem Fall hat der Bieter für das Angebot vollständig eigene Planunterlagen für den Ausbau entsprechend den Vorgaben der Vergabeunterlagen zu erstellen.“

Nach der in den Vergabeunterlagen vorgesehenen Wertungsmatrix zur Ermittlung des besten Angebots sollte ein Angebot im Wertungskriterium Planung automatisch die maximale Punktzahl erhalten, wenn der Bieter die Referenzplanung übernimmt.

Die Bieter hatten im Vergabeverfahren ein vorformuliertes Formblatt abzugeben. In dem von der Klägerin als Anlage K 7 vorgelegten Formblatt ist, durch Ankreuzen der entsprechenden Alternative, folgende Erklärung der Bietergemeinschaft abgegeben worden:

„Hiermit erklären wir, dass wir die vorgeschlagene Referenzplanung der Vergabestelle nach eingehender Prüfung zum Teil als unsere eigene übernehmen, in Teilen jedoch davon abweichen. Damit geht die gesamte Planungsverantwortung auf uns über. Unserem Angebot haben wir alle technischen Planunterlagen, die Abweichungen umfassen einschließlich Erläuterungsbericht zu den Abweichungen gemäß dem von uns erstellten Planverzeichnis „Angebotsplanung Straße“ beigegeben.“

Auf den Referenz-Planunterlagen ist jeweils aufgeführt, dass die dargestellte Ausführungsvariante einen unverbindlichen Lösungsvorschlag des Konzessionsgebers darstellt und der Bieter, sollte er sein Angebot ganz oder teilweise hierauf aufbauen, im Vorfeld die Planung vollumfänglich zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen hat. Auf die auszugsweise vorgelegte Referenzplanung, vorgelegt als Anlage K 19, wird insoweit Bezug genommen.

Des Weiteren ergibt sich aus den Vergabeunterlagen, dort Teil I, Kapitel 10.1 - Allgemeine Leistungsbeschreibung Bau/Ausbau unter Ziff. 7.3.1 (Anlage B 6), dass eine vollständige Ausführungsplanung zu fertigen ist.

Unter Ziffer 6.8.4.1 heißt es darüber hinaus zum vorhandenen Deckenaufbau und Zustand:

„Der Straßenzustand wird durch die Ergebnisse der ZEB 2005 abgebildet […]. Der Straßenaufbau wird durch die Straßenquerschnittsdaten und die Straßenaufbaudaten wiedergegeben […]. Die Datensätze aus der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank sowie die Ergebnisse der Zustandserfassung sind als Anhalt zu betrachten und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Vor der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen sind in jedem Fall Untersuchungen durchzuführen.“

Auf die Anlagen B 6 und K 4 wird insoweit ergänzend Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 23.07.2009 sind der Bietergemeinschaft nach Anforderung bei der Beklagten durch diese Unterlagen zu Eignungs- und Kontrollprüfungen sowie Mischgutproben und Bohrkerne für die Bereiche der bereits ausgebauten Planungsabschnitte übermittelt worden. Am 28.07.2009 wurde die Genehmigung zur Untersuchung des Konzessionsgegenstandes auch auf die Ausbaubereiche erstreckt und die zur Verkehrssicherung erforderliche verkehrsrechtliche Anordnung erteilt. Das Unternehmen H. PPP S. hat umfangreiche Untersuchungen im bereits sechsstreifig ausgebauten Autobahnteilabschnitt durchgeführt. Weitere Untersuchungen in dem erst auszubauenden Bereich wurden nicht vorgenommen.

Im Mai und Juni 2013 kam es zu Niederschlägen im Bereich der Baustelle. Der Umfang dieser Niederschläge ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin meldete gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 14.06.2013 eine Terminanpassung wegen höherer Gewalt an. Die Beklagte hat das Ansinnen der Klägerin auf Anpassung des Terminplans mit Schreiben vom 28.11.2013 mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein Fall höherer Gewalt nicht vorliege. Die Klägerin hat in weiteren Schreiben ihre Ansicht bekräftigt, dass höhere Gewalt vorliege und mit jeweils monatlichen Schreiben von Januar 2014 bis Juni 2015 mitgeteilt, dass die Zusammenstellung der entsprechenden Unterlagen zur Darstellung der infolge der Niederschläge erforderlich gewordenen Zeitumfänge und Kosten für die Schadensbeseitigung noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen würden und insoweit um Geduld gebeten. Auf die Anlage B 13 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Datum vom 28.04.2017 (Anlage K 5) hat die Klägerin der Beklagten für behauptete ausgeführte Nachtragsleistungen Mehrkosten in Höhe von insgesamt brutto 34.282.893,88 Euro in Rechnung gestellt, die nunmehr streitgegenständlich sind. Die Klägerin gliedert ihre Gesamtforderung in vier Pakete für folgende Leistungen:

Paket 1: „Fehlerhafte Referenzplanung“: 14.907.227,88 Euro netto.

Paket 2: „Mangelhafte und unterlassene Angaben zum existierenden Straßenbelag und Bodenaufbau“: 5.844.827,84 Euro netto.

Paket 3: „Außergewöhnliche Witterungsverhältnisse“: 1.282.000,- Euro netto.

Paket 4: „Verzögerung des Baubeginns“: 6.775.098,80 Euro netto.

Ergänzend wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr infolge zusätzlicher Leistungen vertragliche Ansprüche aus dem KV, jedenfalls aber gesetzliche Ansprüche zustünden. Der KV sei seinem maßgeblichen Inhalt nach wie ein Bauvertrag zu beurteilen. Wesentliche Regelungen des KV seien insbesondere vergaberechtskonform auszulegen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass den Forderungen der Klägerin durchweg Risiken zugrunde lägen, die die Klägerin vertraglich übernommen habe und nun nicht als Zusatzleistungen dargestellt werden könnten. Weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz ergebe sich ein Anspruch auf die erhobene Forderung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen:

Etwaige werkvertragliche Ansprüche wegen behaupteter fehlerhafter Referenzplanung (Paket 1) seien bereits durch die Regelungen in §§ 13.3 und 49.2 des KV ausgeschlossen. Eine Auslegung des § 13.3 KV komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Wortlaut der Regelung eindeutig sei. Demnach sei die Pflicht, alle erforderlichen Planungsleistungen zu erbringen, ebenso wie das Risiko von Planungsfehlern, ausdrücklich der Klägerin zugewiesen worden. Die Klausel halte einer AGB-Kontrolle stand, weil es sich vorliegend nicht um einen bloß öffentlichen Bauauftrag handele, sondern um eine „Baukonzession“ im Sinne von § 32 VOB/A 2006. Ein für Baukonzessionen ungewöhnliches Risiko sei der Klägerin durch den KV nicht auferlegt worden. Auch gesetzliche Ansprüche, insbesondere nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 677 BGB i.V.m. § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B 2008, aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB oder nach den Grundsätzen der Haftung für vorvertragliches Verschulden gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bestünden nicht.

Ein vertraglicher Anspruch wegen zusätzlicher Leistungen der Klägerin gemäß § 48.3 KV aufgrund mangelhafter und unterlassener Angaben zum existierenden Straßenbelag bzw. Bodenaufbau (Paket 2) sei nicht zu bejahen. Ein bestimmter Fahrbahnaufbau sei nicht zur Vertragsgrundlage gemacht und eine bestimmte Beschaffenheit nicht vereinbart worden. Die Klägerin habe das vertraglich Vereinbarte geleistet, eine geänderte oder zusätzliche Leistung, für welche u.U. Mehrkosten verlangt werden könnten, liege nicht vor. Auch gesetzliche Anspruchsgrundlagen seien nicht zu bejahen.

Ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten wegen außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse (Paket 3) bestehe ebenfalls nicht. Mangels schlüssiger Darstellung der vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für einen Terminanpassungsanspruch der Klägerin, stelle das Festhalten der Beklagten am ursprünglichen Terminplan keine Änderungsanordnung dar. Die Klägerin habe daher das vertraglich Vereinbarte geleistet. Auch gesetzliche Ansprüche seien insoweit nicht zu bejahen.

Das Erstgericht ist schließlich der Ansicht, dass sämtliche Ansprüche wegen verzögerten Baubeginns durch ein vorangegangenes Vergabenachprüfungsverfahren (Paket 4) abschließend durch die 1. Ergänzungsvereinbarung vom 18.05.2011 abgegolten worden seien. Die Auslegung der genannten Vereinbarung nach Wortlaut und Verhandlungshistorie lasse nur den Schluss zu, dass die Parteien sämtliche Mehrkosten wegen der Verlängerung und Verschiebung der Bauzeit hätten abschließend regeln wollen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 34.282.893,88 Euro auf der Grundlage ihres Vorbringens in erster Instanz in vollem Umfang weiter. Sie ist der Ansicht, dass das Landgericht wesentliche Rechtsgrundsätze des allgemeinen Vertragsrechts sowie des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) verletzt habe. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht verkannt, dass wesentliche Regelungen des KV aufgrund des vorangegangenen europaweiten Vergabeverfahrens gemäß VOB/A vergaberechtskonform auszulegen seien. Zudem verkenne das Landgericht, dass der streitgegenständliche Vertrag seinem maßgeblichen Inhalt nach wie ein Bauvertrag zu beurteilen sei, was insbesondere bei der AGB-Kontrolle Bedeutung gewinne.

Die Klägerin führt im Einzelnen zur Begründung ihrer Berufung aus:

Ad Paket 1: Der Klägerin stehe ein Anspruch wegen gravierender Fehler der Referenzplanung, welche unter anderem zu einem stark erhöhten Planungsaufwand, Verzögerungen im Bauablauf und einer teilweise aufwändigeren Bauausführung geführt hätten, gemäß § 49.2 KV zu. Dieser Anspruch sei, entgegen der landgerichtlichen Auffassung, nicht durch §§ 13.3, 49.2 KV wirksam ausgeschlossen. Das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Klauseln nicht auslegungsbedürftig und auslegungsfähig seien. Die Klauseln seien jedoch vergaberechtskonform auszulegen: Anzulegen sei der Maßstab eines verständigen Bieters im Vergabeverfahren. Demnach sollten nur erkennbare bzw. erkannte Risiken der Planung ausgeschlossen werden; die Fehlerhaftigkeit der Planung sei jedoch im Vergabeverfahren nicht erkennbar gewesen. Jedenfalls hielten die Ausschlussklauseln, die Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellten, auch einer Inhaltskontrolle, welche anhand des Leitbildes Bau- bzw. Werkvertrag zu beurteilen seien, nicht stand. Der Klägerin stünden jedenfalls gesetzliche Ansprüche zu.

Ad Paket 2: Der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch aus dem KV gemäß § 48.3 zu, da die Beklagte von der Klägerin die Ausführung zusätzlicher Leistungen verlangt habe. Dies deshalb, weil die Parteien die den Vergabeunterlagen beigefügten Datensätze der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank, deren umfassender und äußerst detaillierter Inhalt für die Kalkulation der Preise der Bieter, so auch der Klägerin, von erheblicher Bedeutung gewesen seien, zu ihrer Vertrags-, jedenfalls Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Die Klägerin habe auf die Angaben der Beklagten als öffentlicher Auftraggeberin, die sich nicht durch den bloßen Hinweis in Kapitel 10.1, Ziffer 6.8.4.1 der Allgemeinen Leistungsbeschreibung, bei den Datensätzen aus der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank handele es sich nur um einen „Anhalt“ freizeichnen könne, im Vergabeverfahren vertrauen dürfen. Tatsächlich hätten sich die Angaben zu den Eigenschaften des Straßenbelags und des Unterbaus nach Auftragserteilung als erheblich unzutreffend erwiesen. Indem die Beklagte trotz geänderter Verhältnisse die Ausführung der Bauleistung gefordert habe, habe sie eine entsprechende konkludente Anordnung erteilt. Darüber hinaus sei die uneingeschränkte Übertragung des Baugrundrisikos unwirksam.

Ad Paket 3: Insoweit rügt die Klägerin zunächst einen Verstoß gegen die Hinweispflicht des Landgerichts gemäß § 139 ZPO: Erst im Endurteil habe das Gericht die fehlende Darstellung der konkreten Auswirkungen der Regenfälle auf Bauablauf und Terminplan als Abweisungsgrund für den Anspruch auf Terminanpassung angenommen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr ein vertraglicher Anspruch gemäß § 48.3 KV zustehe. Unzulässig habe das Erstgericht insoweit den Mehrkostenanspruch mit den Formalien der §§ 26.7, 28.3 KV, d.h. den Anzeigepflichten und Terminen bei höherer Gewalt, verknüpft. Es genüge jedoch, wenn - wie hier - aufgrund der Starkregenereignisse im Mai und Juni 2013 höhere Gewalt zu bejahen sei und die Beklagte gleichwohl stillschweigend die Ausführung bei unverändertem Terminplan unter den erschwerten Bedingungen verlangt habe. Eine etwaige Verknüpfung, wie vom Landgericht angenommen, sei jedenfalls unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Unternehmers gemäß § 307 Abs. 2 BGB beinhalte. Auf der Grundlage des vertraglichen Bauvolumens von insgesamt rund 354,8 Millionen Euro seien die zusätzlichen Leistungen der Klägerin aufgrund des durch die Naturkatastrophe gestörten Bauablaufs zu schätzen.

Ad Paket 4: Das Landgericht habe die 1. Ergänzungsvereinbarung fehlerhaft ausgelegt. Ansprüche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen sollten gerade nicht von der Abgeltung umfasst sein. Schon aus der Präambel der Ergänzungsvereinbarung ergebe sich, dass durch diese eine abschließende Regelung über sämtliche Verzögerungsfolgen nicht getroffen werden sollte, insbesondere sollten Kosten die noch nicht erkennbar waren, nicht geregelt werden. Auch die Beweislast sei vom Landgericht verkannt worden, da es der Beklagten obliege, den möglichen Ausschluss der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche darzulegen und zu beweisen.

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren (Bl. 454 und 772 der Akten),

dass das am 31.01.2018 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az. 11 O 6461/17, dahingehend abgeändert wird, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte verurteilt wird, an die Klägerin und Berufungsklägerin einen Betrag in Höhe von 34.282.893,88 Euro sowie Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 557 und 772 d. Akten),

dass die Berufung zurückgewiesen wird.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens. Sie trägt unter anderem vor, dass der Wortlaut des § 13.3 KV eindeutig sei. Die Klausel sei auch wirksam. Der Klägerin sei die Planungsverantwortung als Hauptleistungspflicht übertragen worden, für die sie auch vergütet werde. § 13.3 KV sei daher auch einer Inhaltskontrolle entzogen. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag stelle keinen Bau- oder Werkvertrag, sondern einen Baukonzessionsvertrag dar. Dass die Referenzplanung unverbindlich gewesen sei, sei im vorausgegangenen Vergabeverfahren mehrfach, unmissverständlich und ausdrücklich herausgestellt worden. Hinsichtlich des Pakets 2 ist die Beklagte der Ansicht, dass die erbrachte Leistung nicht von der ursprünglich vereinbarten Leistung abweiche. Dass die Datensätze nur als Anhalt zu betrachten sind, sei eindeutig formuliert worden. Die Klägerin habe die Unverbindlichkeit auch selbst erkannt und erhebliche und umfangreiche Untersuchungen vorgenommen. Eine Rüge im Vergabeverfahren sei nicht erfolgt. Eine geänderte oder zusätzliche Leistung wegen behaupteter außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse (Paket 3) sei nicht zu bejahen. Eine konkludente Beschleunigungsanordnung durch die Beklagte liege nicht vor; auch die Beklagte habe die Ablehnung der Beklagten auf Anpassung des Terminplans nicht als konkludente Beschleunigungsanordnung verstanden. Bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48.3 KV seien nicht zu bejahen. Im Übrigen seien die Regelungen der §§ 26.7 und 28.3 KV nicht AGBwidrig. Darüber hinaus sei die Berechnung der angeblichen Mehrkosten hinsichtlich des Pakets 3 unsubstantiiert; für eine Schätzung fehlten die erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Letztlich sei ein Ereignis höherer Gewalt auch nicht zu bejahen. Die geltend gemachten Ansprüche wegen verzögertem Baubeginn (Paket 4) stünden der Klägerin nicht zu: Mit der 1. Ergänzungsvereinbarung hätten die Parteien eine abschließende Regelung treffen wollen. Das Landgericht habe die Vereinbarung korrekt ausgelegt.

Die Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Der Klägerin fehle die Berechtigung, die von ihr behaupteten Ansprüche als eigene geltend zu machen, da ihr selbst keine Mehrkosten entstanden seien. Gemäß Ziffer 5.2 des Generalunternehmervertrages zwischen der Klägerin und der B.-A. seien Pflichten und Risiken der Klägerin aus dem KV vollumfänglich auf die B.-A. übertragen worden, da ein Anspruch der B.-A. gegen die Klägerin auf Mehrkosten, Schadenersatz und Entschädigung nur insoweit bestehe, als auch der Klägerin ein gleichwertiger Anspruch gegen die Beklagte zustehe und an diese ausbezahlt werde. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt.

Das am 31.01.2018 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az. 11 O 6461/17, wurde der Beklagten am 05.02.2018 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23.07.2018 hat die Beklagte auf die Berufungsbegründung der Klägerin erwidert und hilfsweise für den Fall, dass die Klägerin mit einzelnen oder mehreren ihrer Berufungsangriffe durchdringt, Anschlussberufung erhoben.

Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung insoweit (Bl. 569 und 772 d. Akten),die Klage aufgrund der fehlenden Schlüssigkeit bzw. fehlenden Aktivlegitimation zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 647 und 772 d. Akten),

die Anschlussberufung als unzulässig zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die hilfsweise eingelegte Anschlussberufung der Beklagten bereits deshalb als unzulässig zu verwerfen sei, da eine Anschlussberufung nur dort zulässig sei, wo das Begehren des Anschlussberufungsklägers auf „mehr gehe“, als ihm das angefochtene Urteil zugesprochen habe. Eine Anschlussberufung, die - wie vorliegend - allein auf eine Abänderung der Urteilsgründe bei gleichem Entscheidungstenor abziele, sei daher unzulässig. Darüber hinaus ist die Klägerin der Auffassung, dass sie als Vertragspartnerin der Berufungsbeklagten aktivlegitimiert sei. Bei den streitgegenständlichen Ansprüchen handele es sich um ihre eigenen Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten für erbrachte Leistungen.

Ergänzend verweist der Senat hinsichtlich des Vortrags der Verfahrensbeteiligten im Berufungsrechtszug auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

II.

Die Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts beruht weder auf einer kausalen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung gemäß § 513 ZPO.

Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die ausführlichen, sorgfältigen und im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts und macht sich diese zu Eigen. Die hiergegen erhobenen Berufungsrügen vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dies insbesondere aus folgenden Gründen:

1. Paket 1

Zu Recht hat das Landgericht erkannt, dass der Klägerin ein Anspruch wegen behaupteter Fehler in der Referenzplanung weder aus dem KV noch nach dem Gesetz zusteht.

1.1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich entgegen ihrer Auffassung nicht aus § 49.2 KV i.V.m. §§ 631 Abs. 1, 632 BGB, da der Klägerin die Planungsverantwortung - auch für die von der Beklagten erstellte und von der Klägerin übernommene Referenzplanung -aufgrund des KV wirksam umfassend übertragen worden ist.

1.1.1. Gemäß § 49.2 KV werden Mehrkosten nur erstattet, soweit hierfür nach den Regelungen dieses Vertrages eine gesonderte Vergütung durch den Konzessionsgeber vereinbart ist. Eine gesonderte, stillschweigende vereinbarte Vergütung steht der Klägerin nicht zu, da ihr die Planungsverpflichtung nach dem KV umfassend übertragen worden ist und etwaige Planungsfehler, auch der von der Klägerin übernommenen Referenzplanung, die zu erhöhtem weiteren Planungsaufwand, Verzögerungen im Bauablauf und einer partiell aufwändigeren Bauausführung geführt haben, zu dem von der Klägerin zu tragenden Planungsrisiko gehören und durch die nach dem KV entrichtete Anschubfinanzierung und indexierte weitere Vergütung abgegolten sind.

1.1.1.1. Gemäß § 13.1 KV ist der Klägerin die Planung für den streitgegenständlichen Ausbau als Hauptleistungspflicht übertragen worden. Bereits der Wortlaut des § 13.1 KV bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Planungsrisiko für den streitgegenständlichen Straßenausbau bei der Klägerin verbleiben sollte, vielmehr ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 13.1 KV der Klägerin die gesamte Planung und damit auch die Planungsverantwortung für die streitgegenständliche Straßenerweiterung vollumfänglich übertragen worden. Auch nach Sinn und Zweck der Regelung sollte die Planungsverantwortung nicht bei der Beklagten verbleiben, sondern vollumfänglich auf die Klägerin übertragen werden. Aus §§ 3, 10 KV ergibt sich, dass der Konzessionsnehmer, also die Klägerin alle sich aus dem Bau, der Erhaltung und dem Betrieb des Konzessionsgegenstandes (einschließlich der erforderlichen Planungsleistungen) ergebenden Risiken übernimmt, soweit nicht ausdrücklich eine andere Risikoverteilung vorgesehen ist (vgl. Ziff. 3.2 KV). Gemäß § 3.3 KV gehören zum Leistungsumfang des Konzessionsnehmers sämtliche Leistungen, die für die vollständige, funktionsgerechte und betriebsbereite Ausführung aller vertraglichen Leistungen erforderlich sind, mithin auch die Planungsleistungen für den Straßenerweiterungsbau.

1.1.1.2. Gemäß § 13.3 KV hat die Klägerin mit der Übernahme der Referenzplanung auch das Risiko etwaiger Planungsfehler der Referenzplanung wirksam übernommen. Mit § 13.3 KV ist die Risikotragung der Planung korrespondierend zu der entsprechenden Hauptpflicht der Planung ausgestaltet worden.

1.1.1.2.1. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die Heranziehung des Wortlauts als entscheidendes Kriterium erst Folge der Auslegung ist und die Auslegungsbedürftigkeit nicht schon deshalb verneint werden kann, weil der Wortlaut eindeutig sei. Es ist Aufgabe der Auslegung, den maßgeblichen Sinn einer Willenserklärung zu ermitteln, wobei die Auslegung dann zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen hat (vgl. Beck'scher Online-Kommentar zum BGB, Stand 01.11.2018, § 133 Rn. 17). Letztlich zutreffend hat das Landgericht jedoch erkannt, dass der Wortlaut der Regelung des § 13.3 KV jedenfalls eindeutig klarstellt, dass die Klägerin auch das Risiko von etwaigen Planungsfehlern der von der Beklagten vorgelegten unverbindlichen Referenzplanung tragen sollte. Die von der Klägerin bemühten Ansätze auf ihres Schriftsatzes vom 08.05.2018 (Bl. 454 d. Akten) zur Feststellung des Wortlauts der Regelung des § 13.3 KV als nicht eindeutig, vermögen nicht zu überzeugen: Dass mit den Planungsfehlern nur solche gemeint sein sollen, die dem Bieter bei Fortschreibung der Referenzplanung unterlaufen, würde eine überflüssige Regelung bedeuten, da der Bieter hierfür jedenfalls bereits nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen haftet. Auch die Differenzierung zwischen erkennbaren und nicht erkennbaren Planungsfehlern enthält der Wortlaut gerade nicht. Daneben führt die von der Klägerin bemühte vergaberechtskonforme Auslegung des § 13.3 KV nicht dazu, dass nur erkennbare bzw. erkannte Risiken bzw. Planungsfehler ausgeschlossen werden sollten. In der Übernahme der Planungsverantwortung liegt kein ungewöhnliches Wagnis gemäß § 7 Abs. 1 Ziff. 3 EU Abs. 1 VOB/A, bzw. § 9 Ziff. 2 VOB/A 2006: Dies bereits deshalb, da die Klägerin vorliegend im Vergabeverfahren vor Zuschlagserteilung unmissverständlich und eindeutig darauf hingewiesen wurde, dass sie das Risiko etwaiger Planungsfehler - auch der Referenzplanung - trägt. Es mag sein, wie die Klägerin vorträgt, dass eine Ausschreibung im Zweifel so zu verstehen ist, dass der öffentliche Auftraggeber den aus der VOB/A resultierenden Vorgaben gerecht geworden ist. Vorliegend gab es jedoch keinerlei Anlass zu Zweifeln, da der Klägerin nach dem Inhalt der Bewerbungsbedingungen (Kapitel 5, Ziffer 2.10.1.6 der Vergabeunterlagen, K 6 und B 1) positiv bekannt gewesen ist, dass sie die gesamte Planungsverantwortung für die Referenzplanung übernimmt. Mit dem von der Klägerin als Anlage K 7 vorgelegten Formblatt ist, durch Ankreuzen der entsprechenden Alternative, von der Klägerin selbst explizit die Erklärung abgegeben worden, dass sie die vorgeschlagene Referenzplanung nach eingehender Prüfung als eigene übernimmt und die gesamte Planungsverantwortung auf sie übergeht. Von intransparenten oder unbekannten Risiken, die die Klägerin übernommen habe, kann daher nicht die Rede sein. Sofern die Klägerin vorträgt, es sei objektiv unmöglich gewesen, innerhalb der kurzen Angebotsfrist im Vergabeverfahren die streitgegenständliche Autobahnstrecke zu planen - und jedenfalls deshalb nur erkennbare Risiken übernommen worden sein könnten - ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die Bindung an die übernommene Planungsverantwortung, auch für die Referenzplanung, nur durch Rüge gegenüber der Beklagten und Einleitung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens hätte beseitigt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2016, X ZR 77/14, ZfBR 2016, 609f. = BeckRS 2016,7890): Die Referenzplanung der Beklagten war vorliegend Bestandteil der Vergabeunterlagen, mit deren Übernahme - auch hinsichtlich der in der Planung enthaltenen etwaigen Planungsfehler - sich die Klägerin nicht nur konkludent, sondern ausdrücklich einverstanden erklärt hat. Dann ist die Klägerin aber an diese Erklärung gebunden. Wenn sie meint, die Planung sei aufgrund der kurzen Dauer des Vergabeverfahrens nicht überprüfbar gewesen, liegt möglicherweise ein Verstoß der Beklagten gegen § 9 Ziffern 1-3 VOB/A 2006 vor, der von der Klägerin hätte gerügt und bei Nichtabhilfe, gegebenenfalls auch dadurch, dass die Beklagte die Haftung für etwaige Planungsfehler der Referenzplanung übernimmt, in einem Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff. GWB zur Nachprüfung gestellt werden müssen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 20). Setzt sich der Auftraggeber in einem Vergabeverfahren vermeintlich über § 9 Ziffern 1-3 VOB/A 2006 hinweg, muss dies im Interesse aller Beteiligten durch Rüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB und bei Nichtabhilfe im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 24). Die Bindung an die Referenzplanung konnte vorliegend mithin nur durch eine Änderung der Vergabeunterlagen beseitigt werden. Es wäre grundsätzlich nicht sachgerecht, wenn die Bieter ein sich aus den Vergabeunterlagen ausdrücklich ergebendes Risiko hinnehmen und stillschweigend vorbehalten könnten, gegebenenfalls im Anschluss an das Vergabeverfahren zivilrechtliche Auseinandersetzungen wegen des übertragenen Risikos zu führen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass andere Bieter, die das Risiko entsprechend höher eingepreist haben und daher möglicherweise nicht den Zuschlag erhalten haben, auf die Vergabeunterlagen - und hier deren Unverbindlichkeit - vertraut haben.

1.1.1.2.2. § 13.3 KV stellt keine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, die einer Inhaltskontrolle unterzogen werden könnte. Bei § 13 KV handelt es sich um eine Regelung, die die vertragliche Hauptleistung, nämlich die Planungsleistung der Klägerin, unmittelbar bestimmt. Auf die vom Landgericht vorgenommene Inhaltskontrolle kommt es daher nicht an. Nach dem Schutzzweck der §§ 307 ff. BGB sind (nur) diejenigen Teile des Vertrags einer richterlichen Kontrolle zu unterwerfen, die nicht schon auf Grund ihrer besonderen Bedeutung Gegenstand der Aufmerksamkeit beider Vertragsparteien sind. Auf Grund dieser Erwägung sind jedenfalls die Hauptleistungspflichten der richterlichen Inhaltskontrolle grundsätzlich entzogen (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 307 Rn. 13). Dies trägt auch dem Grundsatz Rechnung, dass die Vertragsparteien im Rahmen der ihnen zustehenden Vertragsfreiheit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei regeln können (vgl. BGH, Urteil vom 24. 3. 2010, VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2789 f.). Einer Transparenzkontrolle halten die Regelungen des § 13 KV stand. Mit § 13.1 KV ist die Planung als Hauptleistungspflicht der Klägerin übertragen worden. § 13.3 KV stellt mit der konsequenten Übertragung der Planungsverantwortung eine kontrollfreie Leistungsbeschreibung dar.

1.1.1.2.3. Lediglich ergänzend ist festzustellen, dass das Landgericht zu Recht erkannt hat, dass die Klausel des § 13.3 KV AGBrechtlich wirksam ist.

1.1.1.2.3.1.1. Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ist nicht zu bejahen.

§ 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB erklärt eine Klausel dann für unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Dabei ist nicht auf den konkreten Einzelfall, sondern im Rahmen einer abstraktgeneralisierenden Betrachtung auf den gewöhnlich betroffenen Kundenkreis je nach Vertragstypus abzustellen. So sind bei Verträgen zwischen typischerweise unternehmerisch tätigen Vertragsparteien andere Anforderungen zu stellen als bei Verträgen zwischen Verbrauchern (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 77. Auflage 2018, § 307 Rn. 12 und Rn. 38; Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 307 Rn. 82). Eine unangemessene Benachteiligung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. 2. 2005, X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (1775); BGH, Urteil vom 3. 11. 1999, VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 104 (113); KG, Urteil vom 10.09.2012, 23 U 161/11, IBRRS 2012, 3916f.)).

Die Beurteilung der Wirksamkeit der Bestimmungen bedarf einer umfassenden Würdigung, in die insbesondere die typischen Interessen der Vertragsparteien sowie die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 24. 7. 2008, VII ZR 55/07, BGHZ 178, 1 = DNotZ 2009, 107 Rdnr. 37). Dabei kann die Feststellung, ob eine Klausel die Grenzen eines angemessenen vertraglichen Interessenausgleichs i. S. des § 307 I 1 BGB überschreitet, nicht ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrags, der typischen Interessen der Vertragschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung getroffen werden (BGH, Urteil vom 24. 3. 2010, VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2789 Rdnr. 26; KG Berlin, a.a.O., Ziff. 3.1.1).

Die Rechtsnatur des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist nicht nur bei der Auslegung, insbesondere bei der Ermittlung von Sinn und Zweck einzelner Regelungen von Bedeutung, sondern sie ist auch bei der Beurteilung der Unangemessenheit, insbesondere im Hinblick auf das gesetzliche Leitbild bzw. das Ausmaß der Abweichungen hiervon sowie bei der Ermittlung des Vertragszwecks im Sinne der § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB heranzuziehen.

Beanstandungsfrei hat das Landgericht den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht als bloßen Bauauftrag in Form eines Generalunternehmervertrages beurteilt. Die Parteien selbst haben den geschlossenen Vertrag als „Konzessionsvertrag“ bezeichnet. Bereits der Wortlaut legt es nahe, nicht nur von einem reinen Bauvertrag oder Generalunternehmervertrag mit einem öffentlichen Auftraggeber auszugehen. Der Vertragstyp „Konzessionsvertrag“ findet sich im BGB nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Begrifflichkeit, die in der VOB/A (2006), dort § 32 näher definiert wird. Demnach sind Baukonzessionen Bauaufträge zwischen einem Auftraggeber und einem Unternehmer (Baukonzessionär), bei denen die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einer Vergütung in dem Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises, besteht (vgl. § 32 Ziff. 1 VOB/A 2006).

Zu Recht hat das Erstgericht mit zutreffenden Überlegungen erkannt, dass der Klägerin das Nutzungsrecht und damit auch das Nutzungsrisiko des streitgegenständlichen Straßenabschnitts übertragen worden ist. Die von den Parteien mit dem Vertrag vom 14.04.2011 getroffenen Regelungen gehen jedoch auch über die Begrifflichkeit einer bloßen Baukonzession hinaus und es ist vorliegend vielmehr von einem Vertragstyp „sui generis“ auszugehen: Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei einem der Vertragspartner um einen öffentlichen Auftraggeber handelt und für 30 Jahre, mithin einen nicht unerheblich langen Zeitraum, ein Dauerschuldverhältnis begründet wurde. Insbesondere aus den §§ 3, 10 KV ergibt sich, dass umfassend Planungs- und Bauleistungen, Risiken, Chancen, Erhaltungs- und Betriebspflichten übertragen worden sind. Die Beklagte hat der Klägerin ab Vertragsschluss die ihr ansonsten obliegenden Pflichten zum Ausbau sowie zum Betrieb und Erhalt des streitgegenständlichen Straßenabschnitts übertragen. Der Bau, einschließlich der erforderlichen Planung sowie der Erhalt der Straße sind durch eine „Privatisierung auf Zeit“ geprägt. Dementsprechend hat die Beklagte als bisherige Autobahnbetreiberin dem neuen Autobahnbetreiber, nämlich der Klägerin, ihren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Planungs- und Kenntnisstand zugänglich gemacht, damit jene in die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden, ansonsten der Beklagten obliegenden Pflichten, eintritt. Dementsprechend hat die Beklagte der Klägerin auch nicht nur einen Bauauftrag erteilt und hierfür eine Planung bereitgestellt. Gewollt war vielmehr ein umfassender Eintritt der Klägerin in die Rechte und Pflichten, die ansonsten der Beklagten obliegen, sofern öffentlichrechtliche gesetzliche Regelungen einer Übertragung nicht entgegenstehen. Dafür spricht auch die lange Dauer der Vertragszeit, durch die die Klägerin in besonderem Maße an den Konzessionsgegenstandgebunden ist. Auch die Bezeichnung „Öffentlich-Private-Partnerschaft“ zeigt, dass hier nicht nur ein bloßer Werkvertrag mit einem öffentlichen Auftraggeber gewollt war. Zwar übernimmt der vorliegende Vertrag auch Funktionen, die andere Vertragstypen, wie der Konzessionsvertrag und der Werkvertrag haben, enthält jedoch darüber hinaus wesentliche Elemente, die eine bloße Anlehnung an werkvertragliche oder konzessionsvertragliche Regelungen verbieten.

Dass der Klägerin die umfassende Planungsverantwortung übertragen wurde ist im Übrigen, wie vom Erstgericht zutreffend erkannt, auch im Hinblick auf werkvertragliche Regelungen nicht zu beanstanden. Mit der Übertragung des Risikos von Planungsfehlern - auch der Referenzplanung - wird nicht von den wesentlichen Grundgedanken der §§ 631, 632, 645 BGB abgewichen. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners liegt nicht vor. Wenn der Klägerin die Planungsverantwortung obliegt, trägt sie auch die Risiken etwaiger Planungsfehler. Die Klägerin verkennt, dass die Beklagte der Klägerin nicht nur einen Bauauftrag erteilt und hierfür eine Planung bereitgestellt hat. Sie hat der Klägerin vielmehr die Planung als Hauptleistungspflicht übertragen. Wenn die Klägerin „sehenden Auges“ sodann den von der Beklagten zur Verfügung gestellten Planungsvorschlag unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass der Vorschlag unverbindlich sein soll und eine Haftung für etwaige Planungsfehler nicht übernommen wird, übernimmt, ohne die inhaltliche Richtigkeit des Planungsvorschlags zu überprüfen, hat sie das Risiko von etwaigen Planungsfehlern übernommen. Darüber hinaus ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin um eine Projektgesellschaft handelt, deren Gesellschafter ausschließlich aus großen Baukonzernen bestanden und daher in besonders kompetener Weise in der Lage waren, Risiken, insbesondere solche, die sich aus einer etwaig fehlerhaften Planung ergeben, einzuschätzen und zu bewerten. Auch aus diesem Gesichtspunkt ist es gerechtfertigt, in größerem Umfang Risiken auf solche Gesellschaften zu verlagern und ist die Übertragung dieser Risiken nicht unangemessen. Zu Unrecht geht daher die Klägerin davon aus, dass deshalb vom Grundgedanken des § 631 BGB abgewichen werde, wonach ein Auftragnehmer für von ihm zu erbringende Leistungen eine Vergütung beanspruchen kann, da die Klägerin für bei Vertragsschluss nicht erkennbare notwendig werdende Leistungen nunmehr keine Vergütung erhalte: Dass die Klägerin die Planung zu erbringen hatte, war unmissverständlich und für sie erkennbar. Eine Abweichung vom gesetzlichen Grundgedanken des Werkvertragsrechts liegt nicht vor.

Dass das übernommene Risiko möglicherweise nicht kalkulierbar war, hätte, wie bereits ausgeführt, im Rahmen des Vergabeverfahrens geprüft und gerügt werden müssen.

1.1.1.2.3.1.2. Zu Recht verneint das Erstgericht auch einen Verstoß gegen § 309 Nr. 7b BGB. Auf die zutreffenden Ausführungen wird Bezug genommen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es nach den Regelungen des KV eindeutig, dass der Klägerin die Planungsleistung und damit die Planungsverantwortung vollumfänglich als Hauptleistungspflicht übertragen wurde. Darüber hinaus bestimmt § 24.4 KV, dass es bei der nicht abdingbaren Regelung verbleibt, dass der Konzessionsgeber dem Konzessionsnehmer zum Ersatz entstehender Schäden verpflichtet ist, soweit sie auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen.

1.1.1.2.3.1.3. Auch im Hinblick auf § 9 Nr. 2 VOB/A ist § 13.3 KV nicht unangemessen.

Insoweit ist zunächst erneut darauf zu verweisen, dass erkennbare Risiken, die der Klägerin vergaberechtswidrig eine Kalkulation nicht ermöglicht haben sollen, im Vergabeverfahren geltend zu machen sind. Ob die Klägerin hinreichend dargelegt hat, dass sie keine realistische Möglichkeit hatte, die Referenzplanung zu überprüfen, kann dahinstehen. Dagegen spricht jedenfalls, dass sie die Planung ohnehin nur in Teilen übernommen, also offenbar erkannt hat, dass die Referenzplanung nicht vollumfänglich zu gebrauchen war und das Vergabeverfahren immerhin einen Zeitraum von rund zwei Jahren, in welchem eine Prüfung hätte erfolgen können, beansprucht hat. Ein derartiger Einwand hätte jedenfalls, wie bereits mehrfach dargelegt, im Vergabeverfahren gerügt werden müssen. Entgegen des dem Urteil des BGH vom 30.06.2011, VII ZR 13/10, (NJW 2011, 3287f.) zugrunde liegenden Sachverhalts war der Klägerin vorliegend eine Pflicht zur Überprüfung der Referenzplanung auferlegt worden, woraufhin diese dann auch entsprechend erklärt hat, dass die vorgeschlagene Referenzplanung der Vergabestelle nach eingehender Prüfung zum Teil übernommen werde.

1.2. Zutreffend hat das Landgericht auch Ansprüche nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683,677 BGB abgelehnt. Die Klägerin schuldete die Planungsleistung als Hauptpflicht aus dem Konzessionsvertrag, mithin als eigene Leistung. Ein fremdes Geschäft liegt nicht vor.

1.3. Der Klägerin steht auch kein Anspruch aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage zu. Die Richtigkeit der Referenzplanung wurde ausdrücklich nicht zur Geschäftsgrundlage gemacht. Die Unverbindlichkeit der Referenzplanung und die umfassende Planungsverantwortung der Klägerin sind bereits wirksam Vertragsinhalt geworden, so dass die Verbindlichkeit und Richtigkeit der Referenzplanung nicht Geschäftsgrundlage geworden sein kann. Zudem liegt keine schwerwiegende Veränderung vor, die eine Anpassung rechtfertigen würde. Die aufgrund der behaupteten fehlerhaften Referenzplanung von der Klägerin geltend gemachten Mehrkosten stellen bei dem von der Klägerin vorgetragenen Bauvolumen von rund 354,8 Millionen Euro einen Anteil von etwa 4,2% dar. Allein dieser Anteil zeigt, dass von einer schwerwiegenden Veränderung nicht auszugehen ist.

1.4. Auch ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Haftung für vorvertragliches Verschulden gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ist nicht zu bejahen. Unabhängig davon, dass die Klägerin erkennbar nicht auf die Richtigkeit der Referenzplanung vertrauen durfte, sondern selbst verpflichtet war, diese eigenverantwortlich zu überprüfen, ist eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht erkennbar. Es ist insbesondere nicht vorgetragen, dass die Beklagte einen Wissensvorsprung gegenüber der Klägerin hinsichtlich der behaupteten Fehlerhaftigkeit der Referenzplanung gehabt hätte.

2. Paket 2

Zutreffend hat das Erstgericht erkannt, dass der Klägerin keine Ansprüche wegen mangelhafter Angaben zum existierenden Straßenbelag bzw. Bodenaufbau zustehen, weil die Datensätze der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank teilweise fehlerhafte Angaben enthielten.

2.1. Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin ist weder gemäß § 48.3 KV noch gemäß § 49.2 KV zu bejahen.

2.1.1. Entgegen der Annahme der Klägerin sind die Daten der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank zum vorhandenen Straßenaufbau nicht zur Vertragsgrundlage gemacht worden. Dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag ist keine Beschränkung des Leistungssolls auf die in der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank positiv beschriebenen Bodenverhältnisse zu entnehmen.

Wie sich aus Ziffer 6.7.4.1 der Allgemeinen Leistungsbeschreibung ergibt, sind die Datensätze explizit nur als Anhalt zu betrachten und erheben gerade keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

Sollte es der Klägerin und den übrigen Bietern im Vergabeverfahren nicht möglich gewesen sein, relevante Daten zum Straßenaufbau zu beschaffen bzw. die entsprechenden Daten zu überprüfen, obgleich diese für die Kalkulation entscheidungserheblich waren, handelt es sich um einen Umstand, der -entsprechend zu bereits oben Ausgeführtem - im Vergabeverfahren zu rügen gewesen wäre. Die Klägerin konnte insbesondere bereits im Vergabeverfahren erkennen, dass sie nicht in der Lage ist, diese für ihre Kalkulation relevanten Daten selbst zu beschaffen oder zu überprüfen.

Unklarheiten im Vergabeverfahren über die Risikoverteilung gab es eindeutig nicht. Indem die Beklagte bereits im Vergabeverfahren darauf hingewiesen hat, dass die

Daten aus der Bayerischen Informationsdatenbank keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit erheben, hat die Beklagte erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass diese Angaben fehlerhaft sein können. Die Klägerin konnte zur Überzeugung des Senats daher nicht auf die Richtigkeit der Datensätze der Bayerischen Informationsdatenbank vertrauen, was die Beklagte, wie die von ihr entnommenen umfangreichen Bodenproben zeigen, auch nicht getan hat.

Dies bedeutet im Übrigen nicht, wie die Klägerin meint, dass sich dadurch jede ausschreibende Stelle von ihren eigenen Angaben wieder dadurch distanzieren könne, indem sie in ihre Ausschreibungsunterlagen „floskelhafte Freizeichnungsklauseln“ aufnimmt. Es bedeutet jedoch, was die Klägerin im Übrigen selbst erkennt, dass hierdurch eine Pflicht des Bieters bzw. Auftragnehmers begründet wird, bei Feststellung der Relevanz der jeweiligen Ausschreibungsunterlagen Bedenken - und zwar im Vergabeverfahren - anzumelden und zu rügen.

Wenn die Klägerin bei der gegebenen, für sie unklaren Erkenntnissituation über den bisherigen Straßenaufbau und der Relevanz der entsprechenden Daten für ihre Kalkulation dies nicht im Vergabeverfahren rügt und gleichwohl ein Angebot abgibt, übernimmt sie das Risiko, dass sich der Straßenaufbau anders darstellt, als von ihr vermutet. Vorliegend ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Bieter, also auch die Klägerin, eine realistische Möglichkeit hatten, den Straßenaufbau - und zwar nicht nur im bereits ausgebauten Straßenteilstück - sondern auch im erst auszubauenden Bereich selbständig zu überprüfen. Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit auch umfassend Gebrauch gemacht - allerdings nur im bereits ausgebauten Straßenteilstück. Bereits dies zeigt jedenfalls, dass sie die Unverbindlichkeit der Angaben selbst erkannt hat. Es oblag insoweit der Klägerin diejenigen Straßenabschnitte für die Baugrunduntersuchungen zu wählen, die sie für relevant erachtet hat. Die Beklagte hat vorgetragen, was von der Klägerin nicht bestritten wurde, dass der Klägerin die Genehmigung zur Untersuchung des Konzessionsgegenstandes auch im sechsstreifig auszubauenden Bereich erteilt worden ist. Wenn sie gleichwohl keine Untersuchungen durchführt bzw. diese nur auf den Straßenabschnitt begrenzt, bezüglich welchem nur Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen sind und den vorhandenen Straßenaufbau im auszubauenden Bereich daher fehlerhaft einschätzt, ist dies kein von der Beklagten zu tragendes Risiko.

2.1.2. Die Regelung des § 29.1 KV, wonach der Klägerin das Baugrundrisiko übertragen wurde, ist nicht AGBwidrig. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt sich aus § 29.1 KV nicht. Es besteht zunächst kein Grundsatz, dass die Übernahme jeglichen Baugrundrisikos stets als unangemessene Benachteiligung zu qualifizieren wäre (vgl. KG, a.a.O., Ziff. 3.2.1). Auch die Regelung des § 29.1 KV ist zunächst auszulegen (vgl. Joussen, Mehrvergütungsansprüche bei geänderten Baugrundverhältnissen - Zum Vorrang der Auslegung, NZBau 2013, 465). Hierbei sind erneut sowohl der Wortlaut der zur Überprüfung stehenden Regelung, als auch deren Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des besonderen Vertragstyps sui generis, wie er von den Parteien geschlossen worden ist, sowie die besondere Kompetenz und Geschäftserfahrenheit der klagenden Projektgesellschaft zu berücksichtigen. Demnach handelt es sich bei der Übertragung des Baugrundrisikos vorliegend um eine stets offengelegte Risikoverlagerung, deren Bedeutung die Klägerin dadurch, dass sie selbst Bodenuntersuchungen durchführte, auch erkannt hat. Eine einseitige Überbürdung eines Wagnisses kann vorliegend mithin nicht erkannt werden. Insbesondere liegt, wie die Regelung des § 29.3 Satz 1 KV zeigt, auch keine undifferenzierte Übertragung des Baugrundrisikos vor, vielmehr wurden durchaus Konstellationen geregelt, in denen der Konzessionsgeber, nämlich für die Feststellungen von Bohrprofilen und Bodenkennwerten, einzutreten hat. Die Klägerin hat der Beklagten den Konzessionsgegenstand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit allen Chancen und Risiken übertragen. Dass die Klägerin einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten hinsichtlich der Bodenverhältnisse gehabt und diesen nicht offen gelegt hätte, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

2.1.3. Gesetzliche Ansprüche der Klägerin sind, wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt, nicht zu bejahen. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Vortrag, die Datensätze seien erheblich fehlerhaft gewesen, auch insoweit wenig nachvollziehbar erscheint, als die Mehrkosten, die die Klägerin deshalb geltend macht, lediglich rund 1,6% des vertraglichen Bauvolumens betragen. Selbst wenn mithin Geschäftsgrundlage geworden wäre, dass die Datensätze der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank im Wesentlichen zutreffen, liegt bei einer Abweichung von nur rund 1,6% der Gesamtkosten des vertraglichen Bauvolumens keine wesentliche Abweichung vor.

3. Paket 3:

3.1. Ein Verstoß des Erstgerichts gegen die ihm obliegende Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO ist nicht zu bejahen.

Die richterliche Prozessleitung gemäß § 139 ZPO ist Mittel der Gewährung rechtlichen Gehörs (Musielak/Voit/Stadler, Komm. zur ZPO, 15. Aufl. 2018, 139 Rn. 1). Die Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung des Gerichts ankommen kann. Die praktische Gestaltung der materiellen Prozessleitung durch gerichtliche Hinweise und Fragen hängt dabei wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Beck'scher Online-Kommentar zur ZPO/von Selle, 31. Ed. 1.12.2018, § 139 Rdnr. 14). Auch Hinweise nach § 139 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO müssen nur dann und soweit erteilt werden, als sie erforderlich sind: Erforderlich i.S.v. § 139 Abs. 2 ZPO ist ein Hinweis, wenn für das Gericht erkennbar ist, dass eine oder beide Parteien einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt übersehen oder für unerheblich gehalten haben. Aufmerksam gemacht werden kann naturgemäß nur auf solche Bedenken gemäß § 139 Abs. 3 ZPO, die der Aufmerksamkeit der Parteien bislang entgangen sind (vgl. Beck'scher Online-Kommentar, a.a.O., § 139 Rdnr. 35). Davon, dass ein tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt übersehen oder für unerheblich gehalten wurde, ist in der Regel dann auszugehen, wenn keine Partei auf ihn eingegangen ist (BGH, Urteil vom 23.09.1992, I ZR 248/90, NJW 1993, 667; BGH, Urteil vom 20.06.1990, VIII ZR 158/89, NJW 1991, 637 (639); Rensen, „§ 139 ZPO n.F. - Stärkung der ersten Instanz oder alles beim Alten“, AnwBl 2002, 633 (637)). Das Gericht enttäuscht prozessuales Vertrauen immer dann, wenn es einen solchen Gesichtspunkt anders beurteilt als beide Parteien, ohne sie darauf hinzuweisen (vgl. Beck'scher Online-Kommentar, a.a.O., § 139 Rn. 38). Der Verhinderung eines Vortrags käme es gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BGH, Beschluss vom 26.06.2007, XI ZR 201/06, juris Tz. 9).

Den Anforderungen des Art. 103 GG i.V.m. § 139 ZPO ist das Landgericht gerecht geworden. Aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung, dort S.4, 5. Absatz ergibt sich ausdrücklich, dass die Mitteilungen der Klägerin zwar zeitlich vertragsgemäß erbracht wurden, die inhaltlichen Voraussetzungen gleichwohl fehlen: „Den zeitlichen Berichtsrhythmus scheint die Klägerin eingehalten zu haben, die Mitteilungen bestehen aber grob zusammengefasst darin, dass wegen der Komplexität der Angelegenheit noch um Geduld hinsichtlich der Einzelheiten gebeten werden muss, die die Klägerin zusammenzustellen bedenke. Das scheint in dieser Form aber nicht mehr passiert zu sein. So zuletzt noch am 16.06.2015, zwei Jahre nach dem Unwetter…Hierhin gehört die Einwendung der Beklagten,…,womit gemeint ist, keinen Antrag bekommen zu haben, der den Qualitätsanforderungen des Vertrages entspricht.“ Auch die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 10.08.2017 (Bl. 148 f. d. Akten) unter Ziffer 6.2 und 6.3 unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen des Vorfalls auf die Leistungserbringung nicht dargelegt worden sind und ist mithin auf diesen Gesichtspunkt, sogar ausführlich, eingegangen. Für das Landgericht war nicht erkennbar, dass die Klägerin einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt übersehen oder für unbeachtlich gehalten hätte.

3.2. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht aus dem Konzessionsvertrag, insbesondere nicht aus § 48.3 KV ergibt.

3.2.1. Unabhängig von einer Verknüpfung des Anspruchs auf Anpassung des Terminplans und dem vertraglichen Mehrkostenerstattungsanspruch ist mit der Ablehnung der Beklagten, den Terminplan aufgrund der Witterungsverhältnisse anzupassen, eine -auch nur konkludent erklärte - Beschleunigungsanordnung vorliegend nicht zu bejahen. Ob ein schlüssiges Verhalten als Willenserklärung zu werten ist, ist eine Frage der Auslegung (BGH, Urteil vom 26. 1. 2005 - VIII ZR 66/04, NJW-RR 2005, 639 (640)). Entscheidend ist hierbei auf die maßgebliche Sicht des objektiven Empfängers abzustellen (vgl. BGH, a.a.O.). Alleine die Zurückweisung des Antrags auf Terminanpassung kann nicht als konkludent erklärte Beschleunigungsanordnung -mit in der Folge gegebenenfalls bestehenden Mehrkostenansprüchen - aufgefasst werden. Ansonsten läge in jeder entsprechenden Antragszurückweisung quasi automatisch eine (weitere) Beschleunigungsanordnung mit möglichen bestehenden Mehrkostenansprüchen. Dies kann erkennbar von beiden Parteien nicht gewollt gewesen sein. Dies insbesondere deshalb, weil ein Anspruch auf Terminanpassung nach § 28.3 KV an enge Voraussetzungen geknüpft war und nur auf „unvermeidbare Terminverschiebungen“ und maximal definierte Zeiträume begrenzt sein sollte. Bereits die Festlegung eines Fertigstellungstermins für die gesamte Baumaßnahme gemäß § 28.2.2 KV zeigt, dass die Einhaltung des Terminplans besonders wichtig sein sollte. Daneben war vertraglich explizit für den Fall, dass einer Anpassung des Terminplans durch die Beklagte nicht zugestimmt werden sollte, gemäß § 28.4 KV vorgesehen, dass ein gemeinsam festzulegender Bausachverständiger festzustellen hatte, ob die Voraussetzungen für eine Anpassung des Terminplans vorliegen. Vertraglich war mithin bereits ausdrücklich der Fall geregelt, dass die Beklagte die Anpassung des Terminplans ablehnen sollte. Angesichts dieser Umstände durfte die Klägerin vorliegend nur dann mit der Ablehnung der Terminanpassung zugleich von einer konkludenten Beschleunigungsanordnung ausgehen, wenn weitere, erkennbare Umstände hinzugetreten wären, die die Annahme hätten rechtfertigen können, die Ablehnung der Beklagten sei - über die ausdrückliche Erklärung als Ablehnung der Terminanpassung hinaus - als Anordnung auf Durchführung von Beschleunigungsmaßnahmen mit etwaigen Mehrkostenerstattungsansprüchen zu verstehen. Solche weiteren Umstände sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

3.2.2. Zutreffend stellt das Erstgericht fest, dass die Regelungen der §§ 26.7 und 28.3 KV einer Inhaltskontrolle standhalten. Eine unangemessene Benachteiligung ist nicht zu bejahen, vielmehr wird lediglich geregelt, dass bestimmte Anspruchsvoraussetzungen dargelegt werden müssen. Dies entspricht auch der zivilprozessualen Darlegungslast.

3.2.3. Darüber hinaus fehlt es nach wie vor an substantiiert dargelegten Tatsachen, die Grundlage einer Schätzung von Mehrkosten durch das Gericht sein können. Allein die von der Klägerin vorgenommene Berechnung lässt das Erfordernis von konkreten Tatsachen, die den Schluss auf die vorgenommene Berechnung zulassen, nicht entfallen. Soweit die Klägerin als Tatsache benennt, dass sie die erforderliche

Beschleunigung „denklogisch“ entweder mit dem vorhanden Personal bewerkstelligen, dann aber Überstundenzuschläge und Produktivitätsminderungen hinnehmen oder zusätzliches Personal einsetzen und dadurch höhere Personalkosten hinnehmen musste, sind dies keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen für eine vom Gericht vorzunehmende Schätzung. Es wäre die Darlegung erforderlich gewesen, welchen konkreten materiellen und personellen Aufwand die Klägerin für die, ebenfalls konkret darzulegenden, Beschleunigungsmaßnahmen hatte.

3.2.4. Zu Recht hat das Landgericht darüber hinaus festgestellt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen gesetzlicher Ansprüche ebenfalls nicht erfüllt sind.

4. Paket 4:

Das Landgericht hat beanstandungsfrei festgestellt, dass Mehrkostenansprüche wegen verzögertem Baubeginn umfassend und vollständig durch die 1. Ergänzungsvereinbarung der Parteien abgegolten sind.

4.1. Zutreffend hat das Landgericht die 1. Ergänzungsvereinbarung der Parteien ausgelegt.

Bereits der Wortlaut, sowohl der Präambel, als auch des Art. 2 der entsprechenden Vereinbarung sprechen dafür, dass durch die Ergänzungsvereinbarung sämtliche durch die verspätete Zuschlagserteilung entstehenden Mehrkosten abgegolten werden sollten. Dies gilt insbesondere für die Formulierungen: „…wegen des verzögerten Zuschlags haben sich die […] Fristen, Termine und sonstigen Regelungen zum Teil überholt und sind anzupassen. Ebenso sind die sich aus diesen Anpassungen ergebenden Folgen zu regeln…“ (Präambel) und „…und weitergehende Ansprüche auf Mehrkostenerstattung aufgrund des verspäteten Zuschlags und der Verschiebung der Ausführungsfristen seitens des Konzessionsnehmers nicht bestehen…“. Dass sich die Bauleistungen der Klägerin durch die Verschiebung des ursprünglich vertraglich vorgesehenen Baubeginns durch das Nachprüfungsverfahren in jeweils andere Jahreszeiten verlagern würde und eine terminliche Neuausrichtung des Projekts erforderlich war, war beiden Vertragsparteien bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung bewusst. Dass nur ein Teil der Folgen aufgrund der Verspätung durch die Ergänzungsvereinbarung geregelt werden sollte, ergibt sich bereits aus der Präambel nicht: Vielmehr wird dort letztlich umfassend festgestellt, dass die Folgen, nämlich all diejenigen, die aus der Verspätung resultieren, geregelt werden sollen. Dass nur erkennbare Folgen geregelt werden sollten, ist ausweislich des Wortlauts nicht ersichtlich, zumal mit der Vereinbarung generell Sachverhalte in der damaligen Zukunft geregelt und abgegolten sein sollten, die notwendigerweise nicht vollständig berechenbar waren. Insofern stellt der vereinbarte Pauschalbetrag, wie generell bei Pauschalabgeltungen für eine künftige Leistung, ein gewisses Risiko für jede Vertragspartei dar, da er nur auf einer Schätzung beruht und beruhen kann. Entgegen der Ansicht der Klägerin spricht der Wortlaut des Satzteils „nicht jedoch solche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen“ auch nicht dafür, dass Mehrkosten wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen von der Regelung über die Abgeltung ausgenommen sein sollten. Die grammatikalische Auslegung des Wortes „solche“ kann sich, ebenso wie das Wort „welche“, nur auf ein Wort beziehen, welches im Femininum Singular oder im Plural steht. Vorliegend können dies nur die Mehrkosten, also ein im Plural stehendes Wort sein, d.h. es besteht eben kein Anspruch wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen. Hätten die Parteien ausdrücken wollen, dass sie sich über Ansprüche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen nicht geeinigt haben, hätten sie unschwer das Wort „über“ einfügen können.

Auch die historische Auslegung der Regelung, wie sie die Klägerin selbst vorträgt, nämlich, dass mehr als 4 Millionen Euro aufgrund der verschobenen Fristen vom damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nicht akzeptiert worden wären, spricht für eine abschließende Abgeltung der Mehrkosten aufgrund des verzögerten Baubeginns. Dafür spricht auch das unter anderem vom Erstgericht zur Auslegung herangezogene Schreiben der Klägerin vom 21.04.2011 (Anlage B 16), in dem diese am Ende ausführt: „…Im Übrigen würden […] sämtliche zusätzliche Kosten und Risiken, die aus der verzögerten Vergabe resultieren, endgültig abgefangen und weiterer Anpassungsbedarf von unserer Seite nicht mehr geltend gemacht werden…“.

Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der vorliegenden Ergänzungsvereinbarung wirkt sich bei der Auslegung des Vereinbarten dahingehend aus, dass die Partei, die ein ihr günstiges Auslegungsergebnis auf Umstände außerhalb der Urkunde stützt, diese darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 5. 2. 1999 - V ZR 353-97, NJW 1999, 1702 [1703]). Solche anderen Umstände vermochte die Klägerin nicht hinreichend darzulegen.

III.

Über die Hilfsanschlussberufung war nicht zu entschieden, weil die Bedingung eines Teilunterliegens der Beklagten nicht eingetreten ist. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Anschlussberufung der Beklagten unzulässig wäre. Zwar kann eine Anschlussberufung auch bedingt erhoben werden (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 32. Auflage, § 524 Rn. 17). Zu Recht weist die Klägerin jedoch darauf hin, dass eine Anschlussberufung nur dort zulässig ist, wo das Begehren des Anschlussberufungsklägers auf mehr gerichtet ist, als ihm das angefochtene Urteil zugesprochen hat, d.h. es muss damit mehr erreicht werden sollen, als die Zurückweisung der Berufung (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.1987 - V ZR 42/86, NJW-RR 1988, 185 (185); Zöller, a.a.O., § 524 Rn. 31). In diesem Sinne muss eine Abänderung des angefochtenen Urteils zugunsten des Anschlussrechtsmittelklägers mindestens möglich sein (vgl. BGH, a.a.O.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte begehrt mit ihrer Anschlussberufung weiterhin (lediglich) die Anschlussberufung wäre mithin unzulässig.

Zurückweisung der Berufung.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91, 101 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Zwar mögen, wie auch die Beklagte ausführt, die in diesem Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen hinsichtlich der künftigen Gestaltung von Konzessionsverträgen oder anders benannten Verträgen mit entsprechenden Risikoverteilungen eine Rolle spielen. Dies betrifft jedoch keine unbestimmte Vielzahl von Fällen, wie es die Voraussetzung des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfordert (vgl. hierzu Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 543 Rn. 8). Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache auch nicht deshalb zu, weil die Entscheidung von der Auslegung von Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen abhängt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Auslegung der Klauseln, welche vorliegend streitgegenständlich sind, über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 45, 47 und 48 GKG bestimmt.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

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Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht diese

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Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam1.(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die inn

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Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 77/14 Verkündet am:
19. April 2016
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Westtangente Rüsselsheim
GWB §§ 102 ff.; VOF 2006 § 15 Abs. 1, 2, § 24 Abs. 3; VOF 2009 § 13 Abs. 2, 3, §
20 Abs. 3
Hat sich ein Architekt oder Ingenieur an einem nach der Vergabeordnung für freiberufliche
Dienstleistungen durchgeführten, dem Vierten Teil des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabeverfahren beteiligt, in dem für
über die Bearbeitung der Angebotsunterlagen hinausgehende Leistungen eine pauschale
Vergütung als abschließende Zahlung vorgesehen ist, kann er die Bindung an
diese Vergütung nur durch Rüge gegenüber dem Auftraggeber und Einleitung eines
vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens beseitigen. Unterlässt er dies, stehen
ihm keine weitergehenden Honoraransprüche für die in Rede stehenden Leistungen
zu. Das gilt unabhängig davon, ob eine Vergütung als zu gering und deshalb nicht
angemessen i. S. von § 13 Abs. 3 VOF 2009 beanstandet wird, oder ob der Auftraggeber
nach Ansicht des Bieters im Vergabeverfahren als Angebot nach der Honorarordnung
für Architekten und Ingenieure mit einem höheren Betrag zu vergütende
Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt hat.
BGH, Urteil vom 19. April 2016 - X ZR 77/14 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2016:190416UXZR77.14.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning und Dr. Bacher sowie die Richterinnen Schuster und Dr. KoberDehm

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juli 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin beteiligte sich in Bietergemeinschaft mit einem Ingenieurbüro an dem im Jahre 2008 EU-weit bekannt gemachten und auf der Grundlage der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen, Ausgabe 2006, eingeleiteten Vergabeverfahren der Beklagten "Planungsleistung Eisenbahnüberführung als Süd-West-Erschließung der Innenstadt auf dem ehemaligen OpelWerksgelände in Rüsselsheim". Nachdem die Beklagte im Verlauf des Verfahrens wegen technischer, planerischer und rechtlicher Bedenken vom ursprünglich vorgesehenen Ansatz Abstand nehmen musste, verständigte sie sich mit allen Beteiligten in einem Bieterkolloquium darauf, das Vergabeverfahren in den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen und es den Bietern zu ermöglichen , im laufenden Verfahren Angebote zu der nunmehr favorisierten Ausgestaltung einzureichen. Die neuen Angebote sollten eine Projektstudie umfassen. Der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen, die Aufgabenstellung und Anforderungen betreffenden Unterlage (K5) zufolge sollte die Projektstudie umfassen : - in einem kurzen Erläuterungsbericht auf bis zu zehn Seiten (DIN A4) in Anlehnung an RAB-Ing zusammengefasste Erläuterungen zu Entwurf , Konstruktion und Zugängigkeit der Konstruktionsteile, Ausstattung , Entwässerung, Baudurchführung sowie Gestaltungs- und Abbruchkonzept (Unterlage A); - eine auf bis zu 5 Seiten (DIN A4) zusammengefasste Kostenschätzung in den Hauptgruppen Erd-, Unter- und Überbau sowie Abbruch jeweils mit maßgeblichen Mengen und Massen und zugehörigen Einheitspreisen nebst auf einen Betrachtungszeitraum von 20 Jahre bemessener Darlegung der auf den Lösungsvorschlag voraussichtlich entfallenden jährlichen Wartungs- und Unterhaltskosten (Unterlage B); - statische Vorbemessung, getrennt in Unter- und Überbau sowie Teilabbruch , so dass die prinzipielle Ausführbarkeit erkennbar ist und für die wesentlichen Tragglieder eine überschlägige Bemessung auf bis zu 5 Seiten (DIN A4-Format) vorliegt (Unterlage C); - Visualisierung des Gesamtbauwerks (Brücke, denkmalgeschütztes Gebäude E 23), Grundriss des Gesamtbauwerks mit Anbindung an die Kreisel sowie Längsschnitt mit Widerlagern und Pfeilern ohne Überhöhung sowie wesentliche Querschnitte, erläuternde Skizzen und Detailzeichnungen nach freier Wahl im geeigneten Maßstab (Unterlage D in maximal drei bis vier Plänen im A0-Format).
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Die Vergabeunterlagen sahen des Weiteren als Entschädigung der Teilnehmer bzw. Bearbeitungsgebühr für die Erarbeitung der Projektstudie und sämtliche Nebenkosten die Zahlung von 6.000 € einschließlich Umsatzsteuer vor.
3
In der Folge gab es Nachfragen und Beanstandungen der Bieter unter anderem wegen der Höhe der Entschädigung. Die Beklagte übermittelte den beteiligten Bietern den Katalog der eingegangenen Fragen und ihre dazugehörigen Antworten (Schreiben vom 26. März 2010, K6, Anlagenband Bl. 37 ff.). Darin heißt es: "... Wir weisen darauf hin, dass Rechtsgrundlage für die Erstellung der Planungsstudie ausschließlich § 24 Abs. 3 VOF ist. Der Auftraggeber führt insbesondere keinen Planungswettbewerb nach § 25 VOF durch; … Gemäß § 24 Abs. 3 VOF sind Lösungsvorschläge der Bewerber nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten, wenn der Auftraggeber außerhalb eines Planungswettbewerbs Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt. Insoweit ist zunächst vorauszuschicken, dass die für die Erstellung der Projektstudie notwendigen Leistungen keinesfalls die Qualität und den Umfang aufweisen sollen, wie dies bei vergleichbaren Planungsleistungen beispielsweise gemäß den Anlagen ... zum Architekten- und Ingenieurvertrag geschuldet ist. Der Auftraggeber fordert also ausdrücklich nicht, dass Planungsleistungen, die erst mit dem Abschluss des Architekten - und Ingenieurvertrages erbracht werden sollen, bereits im Rahmen der Erstellung der Projektstudie zu leisten sind. Der Auftraggeber verkennt auf der anderen Seite nicht, dass mit der Erstellung der Projektstudie die Erbringung von Leistungen verbunden ist, die zu einem geringen Teil beispielsweise den Bereichen Grundlagenermittlung und Vorplanung zugeordnet werden könnten. Vor diesem Hintergrund hat sich der Auftraggeber entschlossen, für die Erarbeitung der Projektstudie und die Übertragung der Verwertungsrechte ... 6.000 € ... zu zahlen. In Bezug auf die Höhe der Entschädigung ist hinsichtlich der Angemessenheit in Rechnung zu stellen, dass die Erarbeitung der Projektstudie ... zu Zwecken der Akquisition erfolgt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der öffentliche Auftraggeber den Ersteller der Projektstudie mangels vertraglicher Vereinbarungen nicht in Regress für etwaige Fehler oder Mängel nehmen kann ..., er auch die Übergabe der Projektstudie nicht erzwingen kann, da ein Auftragsverhältnis ... gerade noch nicht besteht, … Drittens muss bei der Beurteilung der Angemessenheit der vorgesehenen Entschädigung berücksichtigt werden, dass … es weithin im Er- messen der Teilnehmer des Verhandlungsverfahrens steht, mit welchem Aufwand sie die Erarbeitung der Projektstudie betreiben wollen. …"
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Nach Erhalt dieser Stellungnahme beanstandete die Bietergemeinschaft (im Folgenden nur: die Klägerin) gleichwohl die Auskömmlichkeit der Entschädigung (K6, Anlagenband Bl. 36). Die Beklagte erläuterte ihr daraufhin ihre Vorstellungen zu Umfang und Bearbeitungstiefe der Studie und erklärte dazu unter anderem, sie erwarte weder in Bezug auf den Umfang noch hinsichtlich der Bearbeitungstiefe "HOAI-konforme Leistungen" (Anlage B2, GA I Bl. 138 ff.).
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Nachdem die Klägerin nicht den Zuschlag auf ihr Angebot erhielt, verlangte sie von der Beklagten für ihre Planungsleistungen bei der Projektstudie unter Anrechnung der Bearbeitungsgebühr auf der Grundlage der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure einen Betrag von 250.955,84 €. Ihre mangels Zahlung erhobene Klage hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Frankfurt am Main, VergabeR 2015, 827 mit Anm. Deckers). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet.
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Aus dem gesamten Verhandlungsverfahren sei für die Beteiligten klar gewesen, dass die Beklagte jedem Teilnehmer nur die Bearbeitungsgebühr von 6.000 € zahlen wolle, zumal sie erkennbar darum habe bemüht sein müssen, den Kostenaufwand zu begrenzen. Dagegen habe die Klägerin sich, abgesehen von ihrer einmaligen Beanstandung der Nichtauskömmlichkeit, nicht gewandt, sondern sich mit den Rahmenbedingungen für die Projektstudie ausweislich ihrer Erklärung im Angebotsschreiben, die Vergabeunterlagen auf Vollständigkeit und Widersprüchlichkeiten hin durchgesehen zu haben, ausdrücklich einverstanden erklärt. Etwas für sie Günstigeres könne die Klägerin auch nicht aus ihrem Hinweis im Angebotsschreiben herleiten, Bestandteil ihres Angebots und auch Grundlage für die von ihr kalkulierten Honorare sei die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure 2009 in der bei Angebotsabgabe geltenden Fassung , auch wenn die Beklagte hierauf geschwiegen habe.
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Gegen die Verbindlichkeit der Bearbeitungsgebühr als abschließende Regelung könne die Klägerin nach Treu und Glauben nicht mit Erfolg einwenden , dabei handele es sich um eine die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure unterschreitende und deshalb unverbindliche Pauschalpreisvereinbarung , zumal die Beklagte nach ihren Hinweisen keine HOAIkonformen Leistungen erbracht haben wollte.
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II. Gegen diese Beurteilung wendet die Revision sich im Ergebnis ohne Erfolg. Ein der Höhe nach unmittelbar aus den Bestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (vgl. § 4 Abs. 1, 4 HOAI 2002, § 7 Abs. 1, 7 HOAI 2009) hergeleiteter Honoraranspruch besteht nicht, weil ein entsprechender Vertrag über die Erbringung von Planungsleistungen noch nicht geschlossen ist, sondern das von der Beklagten eingeleitete Vergabeverfahren bestimmungsgemäß erst zum Abschluss eines solchen Vertrages führen sollte. Davon geht auch die Klägerin aus, die ihren Anspruch dementsprechend auf § 24 Abs. 3 VOF 2006 i. V. mit der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure stützt. Auch hieraus ergibt sich der geltend gemachte Anspruch jedoch nicht, weil die Klägerin sich bindend mit der die Vergütungsansprüche aller Teilnehmer auf 6.000 € begrenzenden Entschädigungsklausel einverstanden erklärt hat.
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1. Die Entschädigungsklausel ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen Bestandteil von Vergabeunterlagen (Anlagen K4 und K5), die die Beklagte in einem dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterfallenden Vergabeverfahren verwendet hat. Die üblicherweise vom Auftraggeber vorformulierten Vergabeunterlagen können auch im für die Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen einschlägigen Verhandlungsverfahren nicht nur die Beschreibung der nachgefragten Leistung, sondern auch Bedingungen für deren Vergabe und die rechtsgeschäftliche Seite der Auftragsvergabe betreffende Regelungen enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2012 - X ZR 130/10, VergabeR 2012, 724 Rn. 10 - Straßenausbau). Letztere beziehen sich typischerweise zumeist zwar auf Einzelheiten der Vertragserfüllung , während die hier interessierende Entschädigungsklausel den rechtlichen Rahmen für die Ausarbeitung des Angebots und damit die Teilnahme am Vergabeverfahren betrifft. Das ist aber lediglich dem häufig gerade für das Angebot von Architekten- und Ingenieurleistungen typischen Umstand geschuldet , dass diese sich einerseits nicht durch bloße Ausarbeitung der von den Auftraggebern stammenden Angebotsunterlagen hinreichend anschaulich darstellen lassen und dass die Bieter nach den Wertungen der Vergabeordnung vom Auftraggeber andererseits etwaige deshalb geforderte zusätzliche Leistungen nicht kostenlos sollen erbringen müssen (vgl. § 15 Abs. 2 VOF 2006 [wortgleich mit § 13 Abs. 3 VOF 2009, im Folgenden nur: § 13 Abs. 3 VOF], § 24 Abs. 3 VOF 2006 [entspricht § 20 Abs. 3 VOF 2009, im Folgenden nur: § 20 Abs. 3 VOF]) und die Vergabeunterlagen deshalb eine Vergütungsregelung vorsehen.
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In einem Vergabeverfahren eingereichte Angebote haben als rechtsgeschäftliche Willenserklärungen des Bieters spiegelbildlich den sich aus den Vergabeunterlagen des Auftraggebers ergebenden Inhalt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - X ZR 78/07, VergabeR 2008, 782 Rn. 10 - Nachunternehmererklärung ). Gehört zu den Vergabeunterlagen eine Vergütungsregelung, erklärt der Bieter dementsprechend konkludent als Bestandteil seines Angebots sein Einverständnis mit dieser Regelung. Der rechtsgeschäftliche Erklärungsgehalt geht demgegenüber regelmäßig nicht dahin, dass neben dem Angebot, die ausgeschriebene Leistung erbringen zu wollen, in Bezug auf bestimmte über die Ausarbeitung der Angebotsunterlagen hinausgehende Leistungen ein gesonderter Vertrag geschlossen wird (in diesem Sinne aber Franzius in: Pünder/Schellenberg HK-Vergaberecht, 2. Aufl., § 13 VOF Rn. 11). Dementsprechend sind die Bieter auch hinsichtlich einer in den Vergabeunterlagen vor- gesehenen Bearbeitungsgebühr an ihr vorbehaltlos abgegebenes Angebot gebunden und können sich, nachdem sie den Zuschlag nicht erhalten haben und die ausgeschriebene Leistung deshalb nicht zu den dafür vereinbarten oder mangels Vereinbarung geltenden Vereinbarungen ausführen können, grundsätzlich nicht im Nachhinein darauf berufen, die Vergütung sei gemessen an Art oder Umfang der verlangten Unterlagen i. S. von § 13 Abs. 3 VOF zu gering oder es seien der Sache nach Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe i. S. von § 20 Abs. 3 VOF verlangt worden, die nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure mit einem höheren Betrag zu vergüten seien.
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2. Das Berufungsgericht hat die Regelung in den Vergabeunterlagen betreffend die Bearbeitungsgebühr in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Bewerber dahin ausgelegt, dass damit eine der Höhe nach abschließende Vergütung für die Erstellung der Projektstudie festgelegt werden sollte. In diesem Sinne sind die Vergabeunterlagen von Teilnehmern des Vergabeverfahrens und namentlich auch von der Klägerin auch verstanden worden. Wie sich nämlich aus den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Bieteranfragen (K8) ergibt, wurde die angebotene Entschädigung in Anbetracht des Bauvolumens für bei weitem zu gering erachtet und die Beklagte zur Korrektur aufgefordert. Die Klägerin hat die Nichtauskömmlichkeit der Entschädigung sogar ausdrücklich noch gerügt, nachdem die Beklagte die Gründe für ihre Festsetzung auf 6.000 € erläutert hatte. Dies deutet darauf hin, dass die Erklärung der Beklagten hinsichtlich der Vergütung für die Ausarbeitung der Angebote als abschließend verstanden wurde.
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Ein abweichendes Verständnis des rechtsgeschäftlichen Erklärungsgehalts der Vergabeunterlagen in diesem Punkt ergibt sich nicht aus dem Antwortschreiben der Beklagten auf die erwähnten Bieterfragen. Das Berufungsgericht hat darin vielmehr in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Bestätigung dafür gesehen, dass die Entschädigungsklausel abschließenden Charakter haben sollte. Es hat den von den Revisionsangriffen hervorgehobenen ein- leitenden Hinweis in diesem Schreiben, Rechtsgrundlage für die Erstellung der Planungsstudie sei ausschließlich § 20 Abs. 3 VOF, in den Gesamtzusammenhang der zwischen den Parteien getroffenen Regelungen und Vereinbarungen im Rahmen des Vergabeverfahrens gestellt und darin rechtsfehlerfrei keinen dem abschließenden Charakter der Entschädigungsklausel entgegenstehenden Umstand gesehen. Vor dem Hintergrund, dass die mit Vergütungsrügen konfrontierte Beklagte eingangs den rechtlichen Rahmen des Verfahrens dahin erläutert hat, keinen Planungswettbewerb durchzuführen, versteht sich, wovon auch das Berufungsgericht ersichtlich ausgegangen ist, der Hinweis auf § 20 Abs. 3 VOF als Rechtsgrundlage für die Erstellung der Planungsstudie lediglich als abstrakter Hinweis auf die außerhalb eines solchen Wettbewerbs grundsätzlich einschlägigen Vergütungsregelungen und nicht, wie die Revision dies verstanden wissen möchte, als konkrete Zusage der Beklagten, für die Studien das nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure mögliche Honorar zu zahlen. Anders ist es nicht zu verstehen, dass, worauf das Berufungsgericht zutreffend abgestellt hat, die Beklagte anschließend die Höhe der Bearbeitungsgebühr mit eingehenden Ausführungen gerechtfertigt und damit ihren Willen unterstrichen hat, es bei der festgelegten Summe bewenden zu lassen.
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3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin bei dieser Sachlage keine weitere Vergütung durchsetzen kann.
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a) Die Klägerin hat ihr Angebot zu den in den Vergabeunterlagen vorgegebenen Bedingungen eingereicht und damit konkludent ihr Einverständnis mit der Bearbeitungsgebühr von 6.000 € als abschließender Regelung der Vergütung für die gewünschte Ausarbeitung des Angebots erklärt (vorstehend II 1). Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der in ihrem Angebotsschreiben vom 12. Mai 2010 enthaltenen Erklärung, Bestandteil ihres Angebots und Grundlage für die von ihr kalkulierten Honorare sei insbesondere auch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der bei Angebotsabgabe geltenden Fassung. Dies bezieht sich auf den Inhalt ihres Angebots, also die Bedingungen, zu de- nen der Vertrag im Falle der Auftragserteilung an die Beklagte zustande kommen soll, nicht aber auf die Vergütung der Teilnahme am Vergabeverfahren.
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b) An ihr (konkludent) erklärtes Einverständnis mit der Bearbeitungsgebühr als abschließende Vergütung für die Angebotserstellung ist die Klägerin gebunden. Diese Bindung kann sie nicht im Nachhinein isoliert beseitigen, nachdem sie sich nach Zurückweisung ihrer Rüge der Nichtauskömmlichkeit der Gebühr durch die Beklagte mit einem Angebot am Vergabeverfahren beteiligt hat und dieses Verfahren im Übrigen abgeschlossen ist.
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aa) In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Fachliteratur wird uneinheitlich beurteilt, inwieweit der Architekt oder Ingenieur im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Angeboten in Vergabeverfahren eine über die vom Auftraggeber zugesagte Pauschale hinausgehende Vergütung geltend machen kann.
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(1) Nach Ansicht des Brandenburgischen OLG handelt es sich bei solchen Streitigkeiten der Sache nach um die Geltendmachung einer Vergütung, die als bürgerliche Rechtsstreitigkeit vor die ordentlichen Gerichte gehöre (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 7. Mai 2009 - Verg W 6/09 Rn. 55, juris). Die Oberlandesgerichte Koblenz und München haben eine zu niedrig festgesetzte Vergütung einerseits als vergaberechtlichen Verfahrensverstoß bezeichnet, der gegenüber dem Auftraggeber gerügt und notfalls vor die zuständige Vergabekammer gebracht werden müsse; versäume der Bewerber eine rechtzeitige Rüge dieses Verstoßes, müsse er sich grundsätzlich mit der fehlenden oder zu niedrigen Entschädigung abfinden und könne nicht mehr den Weg vor die Vergabekammer, aber - wegen der Spezialrechtszuweisung nach §§ 102 ff. GWB - auch nicht mehr den Zivilrechtsweg beschreiten (OLG Koblenz , Urteil vom 6. Juli 2012 - 8 U 45/11, VergabeR 2013, 636 ff.; OLG München , Urteil vom 21. Juli 2015 - 9 U 1673/13, VergabeR 2016, 127 ff., Berufungsentscheidung zu LG München I, Urteil vom 21. März 2013 - 11 O 17404/12, VergabeR 2013, 649 ff.; zustimmend Willenbruch/Wieddekind/ Harr, Vergaberecht, 3. Aufl., § 20 VOF Rn. 22). Beide Gerichte haben andererseits in den von ihnen zu beurteilenden Fällen, in denen die Vergabeunterlagen zwar pauschale Entschädigungen der Bieter für die Bearbeitung derAngebote vorsahen, diesbezüglich aber ersichtlich keine Rügen erhoben und Nachprüfungsverfahren durchgeführt worden waren, den weitergehenden Honoraranspruch sachlich geprüft und die Klagen mit der Begründung abgewiesen, die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 20 Abs. 3 VOF lägen nicht vor. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München nimmt an, § 20 Abs. 3 VOF sei dritt- und bieterschützend im Sinne von § 107 Abs. 2 GWB und billige dem Bieter nicht nur einen entsprechenden Honoraranspruch gegen den Auftraggeber zu, sondern beinhalte auch eine verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens (vgl. OLG München, Beschluss vom 20. März 2013 - Verg 5/13, VergabeR 2013, 644, 645).
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(2) In der Fachliteratur wird vertreten, § 20 Abs. 3 VOF sei keine vergaberechtliche Verfahrensvorschrift, sondern eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage und die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens vor Geltendmachung der Vergütung vor dem ordentlichen Gericht nicht angezeigt (vgl. Orlowski, Baurecht 2012, 1550, 1556) oder gar sinnwidrig, weil die Vergabekammer den Vergütungsanspruch nicht zuerkennen, sondern nur eine vergaberechtswidrige Ankündigung feststellen könne, an die das später angerufene Gericht nicht gebunden sei (Deckers, Vergaberecht 2015, 834, 835). Nach anderer Ansicht kann ein Verstoß gegen § 20 Abs. 3 VOF zwar vor die Vergabekammer gebracht werden, jedoch soll davon die Möglichkeit des Bieters unberührt bleiben, einen Honoraranspruch vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (Bluhm in: Müller-Wrede, Kommentar zur VOF, 5. Aufl., § 20 Rn. 23 ff., 33). Des Weiteren wird angenommen, dass hinsichtlich der Vergütung von Lösungsvorschlägen für eine Planungsaufgabe vergaberechtlicher Primärrechtsschutz nicht statthaft, sondern der Anspruch auf Vergütung zusätzlicher Planungsleistungen unmittelbar vor den Zivilgerichten durchzusetzen sei (Schweer/Heller, Verga- beR 2016, 1 ff.; ähnlich Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, 3. Aufl., § 20 Rn. 18 f.).
20
Eine andere Auffassung legt § 20 Abs. 3 VOF ausschließlich vergabeverfahrensrechtlichen Charakter bei (vgl. Stolz, VergabeR 2014, 295, 300). Verlange der öffentliche Auftraggeber Lösungsvorschläge, ohne sich in den Ausschreibungsunterlagen zu verpflichten, hierfür ein Honorar nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zu zahlen, verstoße er gegen § 20 Abs. 3 VOF. Dieser Verstoß müsse gerügt und bei Nichtabhilfe in einem Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff. GWB zur Nachprüfung gestellt werden. Anderenfalls fehle es an einer Anspruchsgrundlage für eine Honorierung der Lösungsvorschläge nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (Stolz, aaO).
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bb) Die zuletzt genannte Auffassung trifft im Ergebnis zu.
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Für eine Zahlungsklage, wie die Klägerin sie hier erhoben hat, ist zwar die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben (§ 13 GVG), und die Zulässigkeit einer solchen Klage hängt auch nicht von der vorherigen Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ab. Ein Anspruch auf weitere Vergütung steht dem Bieter aber nicht zu, wenn er an die im Vergabeverfahren erfolgte Festlegung einer Bearbeitungsgebühr gebunden ist, weil er diese Festlegung nicht im Nachprüfungsverfahren nach den §§ 102 ff. GWB angefochten hat. Das gilt nicht nur dann, wenn eine Vergütung als zu gering und deshalb nicht angemessen i. S. von § 13 Abs. 3 Satz 1 VOF beanstandet wird, sondern auch dann, wenn der Bieter der Ansicht ist, der Auftraggeber habe im Vergabeverfahren mit dem Angebot Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe i. S. von § 20 Abs. 3 VOF verlangt, die mit dem vorgesehenen Pauschalbetrag nicht HOAI-konform vergütet würden.
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(1) Dem steht nicht entgegen, dass nach § 13 Abs. 3 Satz 2 VOF gesetzliche Gebühren- oder Honoraransprüche unberührt bleiben und Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe nach § 20 Abs. 3 VOF gemäß den Honorarbestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vergütet werden sollen. Zum einen kommen der Höhe nach unmittelbar aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure hergeleitete Ansprüche nicht in Betracht , wenn - wie auch im Streitfall - durch die Teilnahme am Vergabeverfahren noch kein Architekten- oder Ingenieurvertrag geschlossen wird. Deshalb geht auch der Hinweis der Revision darauf ins Leere, die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure könnten durch vertragliche Vereinbarung nur in engen Grenzen verbindlich unterschritten werden. Zum anderen ergibt sich aus dem Verweis in § 20 Abs. 3 VOF auf die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure nicht, dass mutmaßliche Verstöße gegen diese Bestimmung unabhängig von einem Vergabenachprüfungsverfahren geltend gemacht werden können.
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(2) Setzt sich der Auftraggeber in einem nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen durchgeführten Vergabeverfahren vermeintlich über § 20 Abs. 3 VOF hinweg, muss dies im Interesse aller Beteiligten vielmehr durch Rüge (§ 107 Abs. 3 GWB) und bei Nichtabhilfe im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren als Vergaberechtsverstoß geltend gemacht werden.
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Die Regelungen der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen gehören in ihrer Gesamtheit, also einschließlich § 13 Abs. 3 und § 20 Abs. 3, zu den bei der Vergabe solcher Leistungen einzuhaltenden Bestimmungen i. S. von § 97 Abs. 6 GWB i. V. mit § 5 VgV. Stehen die Vergabebedingungen Honoraransprüchen entgegen, die grundsätzlich aus der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen hergeleitet werden könnten, muss dies innerhalb des für das Vergabeverfahren vorgesehenen Rechtsschutzverfahrens (§§ 102 ff. GWB) dahin geltend gemacht werden, dass die in den Vergabeunter- lagen vorgesehene Bindung an eine diesbezügliche Bearbeitungsgebühr als abschließende Entschädigung beseitigt wird.
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Das gilt ungeachtet des von § 13 Abs. 3 Satz 1 VOF abweichenden Wortlauts auch für § 20 Abs. 3 VOF. Diese Vorschrift ersetzt das in § 13 Abs. 3 VOF normierte Regelungskonzept, wonach sich die einheitlich festzusetzende Vergütung für Entwürfe, Pläne und ähnliche Unterlagen nicht an gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnungen zu orientieren hat, nicht durch ein vollständig abweichendes System, sondern stellt lediglich klar, dass zur Bemessung der Vergütung von Lösungsvorschlägen außerhalb eines Planungswettbewerbs die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure heranzuziehen ist. Daraus ergibt sich aber, wie ausgeführt, nicht, dass die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus vermeintlichen Verstößen gegen § 20 Abs. 3 VOF i. V. mit der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure hergeleitet werden, keinen prozessualen Beschränkungen unterliegt.
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Dieser Regelungszusammenhang kommt in der Neuregelung dieser Gegenstände durch die am 18. April 2016 in Kraft getretene Vergaberechtsmodernisierungsverordnung (BGBl. I S. 624) deutlicher zum Ausdruck als bisher. Nach § 77 Abs. 2 VgV in der Fassung von Art. 1 VergRModVO (im Folgenden: VgV nF) ist für den Fall, dass der öffentliche Auftraggeber außerhalb von Planungswettbewerben über die Erstellung der Bewerbungs- oder Angebotsunterlagen hinaus die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen für die gestellte Planungsaufgabe in Form von Entwürfen, Plänen, Zeichnungen, Berechnungen oder anderen Unterlagen verlangt, einheitlich für alle Bewerber eine angemessene Vergütung festzusetzen. Die Regelung sieht also grundsätzlich gerade auch für die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen eine für alle Teilnehmer einheitliche Bearbeitungsgebühr in der Weise vor, wie dies in § 13 Abs. 3 Satz 1 VOF bisher für zusätzlich verlangte Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen bestimmt war. Zwar sollen auch nach der Neuregelung gesetzliche Gebühren- oder Honorarordnungen unberührt bleiben, und zwar ersichtlich unabhängig davon, ob die betreffenden zusätzlich erbrachten Leistungen die Qualität von Lösungsvorschlägen für die gestellte Planungsaufgabe haben oder § 13 Abs. 3 Satz 1 VOF unterfallen würden (vgl. § 77 Abs. 2 VgV nF). Auch auf der Grundlage dieser Neuregelung sind weitergehende Vergütungsansprüche aber nicht durchsetzbar, wenn dem die eingegangene Bindung an eine im Vergabeverfahren vorgesehene Bearbeitungsgebühr entgegensteht.
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(3) Die Bindung an eine als abschließend vorgesehene Bearbeitungsgebühr kann nur durch Änderung der Vergabeunterlagen beseitigt werden.
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Während eine entsprechende Modifikation im privaten Rechtsverkehr formlos verhandelt werden könnte, muss dies im durch eine mehr oder minder strenge Formalisierung der Vertragsverhandlungen geprägten Vergabeverfahren (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 Rn. 11 - Rettungsdienstleistungen II) im Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch Beanstandung der Vergabeunterlagen vor den Nachprüfungsinstanzen (§§ 102 ff. GWB) geschehen, wenn der Auftraggeber, wie hier, zu einer Anpassung nicht bereit ist.
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Ob eine in den Vergabeunterlagen vorgesehene Bearbeitungsgebühr unangemessen ist bzw. ob die Voraussetzungen für nach § 20 Abs. 3 VOF zu vergütende Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe inhaltlich erfüllt sind, werden die Beteiligten am Vergabeverfahren vielfach kontrovers beurteilen, wobei an das Vorliegen eines Lösungsvorschlags i. S. von § 20 Abs. 3 VOF in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte inhaltlich und formal hohe Anforderungen gestellt werden (vgl. OLG Koblenz, VergabeR 2013, 636, 641 und Urteil vom 20. Dezember 2013 - 8 U 1341/12, BauR 2014, 741 ff. unter II 2 b bb der Gründe; OLG München, VergabeR 2016, 127, 130; vgl. zu formalen Gesichtspunkten aber auch LG München I, VergabeR 2013, 650, 653 unter I 2 h der Entscheidungsgründe). Meinungsverschiedenheiten über diese Streitpunkte müssen im allseitigen Interesse rechtzeitig vor Fertigung der Angebote ausgeräumt werden.
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Für den Auftraggeber steht auf dem Spiel, am Ende nicht nur die in Auftrag gegebene Leistung des Ausschreibungsgewinners vergüten zu müssen, sondern darüber hinaus möglicherweise Honorarforderungen seitens aller übrigen Teilnehmer am Vergabeverfahren nur für die Ausarbeitung der Angebote ausgesetzt zu sein, die zumindest in Teilbereichen den Honoraren für die tatsächliche Leistung angenähert sein oder diese sogar erreichen können.
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Wegen der Ungewissheit über die Rechtmäßigkeit einer angebotenen pauschalen Vergütung ist es aber auch im Interesse der Bieter, hierüber Klarheit zu erzielen, bevor Ausarbeitungsaufwand betrieben wird, der sich im Nachhinein als nicht vergütungsfähig erweisen könnte. Das hat durch Rüge gegenüber dem Auftraggeber und, falls diese zurückgewiesen wird, durch Einleitung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens zu geschehen. Es wäre dagegen nicht sachgerecht - und stünde im Übrigen auch nicht im Einklang mit der rechtsgeschäftlichen Natur der abgegebenen Erklärungen (oben II 1, 3 a, b) - wenn die Bieter eine in den Vergabeunterlagen festgesetzte Vergütung hinnehmen und sich stillschweigend vorbehalten könnten, gegebenenfalls im Anschluss an das Vergabeverfahren zivilrechtliche Auseinandersetzungen über die Angemessenheit der Bearbeitungsgebühr oder die Voraussetzungen für Ansprüche i. S. von § 20 Abs. 3 VOF zu führen.
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(4) Der Überprüfung einer festgesetzten Bearbeitungsgebühr in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren steht nicht entgegen, dass die angemessene Vergütung in einem solchen Verfahren möglicherweise der Höhe nach nicht eindeutig bestimmt werden kann.
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Die Nachprüfungsinstanzen haben lediglich zu prüfen, ob die festgesetzte Vergütung § 13 Abs. 3 VOF oder § 20 Abs. 3 VOF bzw., nach neuem Recht, § 77 Abs. 2 VgV nF genügt. Hierbei ist gegebenenfalls auch zu prüfen, ob die Festsetzung in Einklang mit einschlägigen Honorarordnungen steht. Sofern sich die Vergütung als nicht angemessen erweist, ist die Fortsetzung des Vergabeverfahrens zu den angefochtenen Konditionen zu untersagen.
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Der gesetzliche Rahmen für die Vergabenachprüfung würde hingegen überschritten, wenn die Nachprüfungsinstanzen durch Festsetzung einer von ihnen für angemessen i. S. von § 13 Abs. 3 VOF erachteten Vergütung oder gar des gegebenenfalls nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure geschuldeten Honorars anstelle des Auftraggebers auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken wollten (§ 114 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. GWB). Das wäre schon deshalb nicht statthaft, weil die vergaberechtlichen Abhilfemöglichkeiten nicht auf eine Anhebung der Vergütung reduziert sind. Vielmehr kann der Auftraggeber, wenn sich im Nachprüfungsverfahren herausstellt, dass er eine unangemessen niedrige Bearbeitungsgebühr festgesetzt hat, ebenso gut bei gleichbleibender Vergütung Abstriche bei den über die Ausarbeitung des Angebots geforderten Unterlagen vornehmen. So zu reagieren wird schon aus haushalterischen Gründen insbesondere dann angezeigt sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren ergibt, dass mit dem bisher konzipierten Angebot der Sache nach Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt werden, die entsprechend den Honorarbestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure mit einem deutlich höheren Betrag als der vorgesehenen Pauschale zu vergüten wären. Der öffentliche Auftraggeber kann in diesem Fall vergaberechtlich nicht an den ursprünglichen Vergabeunterlagen festgehalten und zu einer Vergütung - sämtlicher Teilnehmer - entsprechend der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure gezwungen werden. Vielmehr steht es ihm auch offen, die im Hinblick auf die unzureichende Pauschale nicht vergaberechtskonformen Vergabeunterlagen den im Nachprüfungsverfahren gewonnenen Erkenntnissen anzupassen und seine Leistungsanforderungen in ein angemessenes Verhältnis zu der Vergütung (vgl. § 77 Abs. 2 VgV nF) zu setzen, die er aufbringen kann.
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(5) Auseinandersetzungen um eine Bearbeitungsgebühr liegen entgegen der Ansicht der Revision auch nicht wegen der berührten speziellen Vergütungsfragen außerhalb des Aufgabenbereichs der vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen.
37
Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge betrifft den Anspruch der Unternehmen auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren durch die Auftraggeber sowie sonstige auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichteten Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber (§ 104 Abs. 1, 2, § 97 Abs. 7 GWB). Umfassen die Vergabebedingungen, wie hier, eine Entschädigungsklausel, mag dies atypisch sein, weil für die Einreichung eines Angebots in einem Vergabeverfahren regelmäßig keine Kosten erstattet werden (vgl. § 13 Abs. 2 VOF, § 8 Abs. 8 Nr. 1 VOB/A). Setzt der Auftraggeber eine unangemessene pauschale Vergütung fest, obwohl er über die reine Ausarbeitung des Angebots hinaus die Beibringung von Unterlagen verlangt (§ 13 Abs. 3 Satz 1 VOF) oder Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe abgelten will (§ 20 Abs. 3 VOF), betrifft dies in der Sache gleichwohl Verstöße gegen Vergabebestimmungen, die nach § 104 Abs. 2 GWB vor der zuständigen Vergabekammer geltend zu machen sind. Dass die vor die Vergabekammern gebrachten Verletzungen vergaberechtlicher Bestimmungen ein breites Spektrum sachlicher Fallgestaltungen betreffen können , hat schon der Gesetzgeber des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 28. August 1998 bedacht und deshalb vorgesehen, dass die ehrenamtlichen Beisitzer der Vergabekammern auch über mehrjährige praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Vergabewesens verfügen sollen (§ 105 Abs. 2 Satz 4 GWB). Das schließt je nach Fall die Möglichkeit ein, auf die Erfahrung von speziell auf dem Gebiet der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen bewanderten Personen zurückzugreifen. Im Übrigen versteht es sich prozessual von selbst, dass auch Vergabekammern ungeachtet der grundsätzlich kurzen Fristen, innerhalb derer sie ihre Entscheidungen zu treffen und zu begründen haben (§ 113 Abs. 1 GWB), Sachverständigengutachten einholen können und müssen, wenn die für die Entscheidungsfindung erforderliche Sachkunde nicht anders erworben werden kann.
38
c) Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Anfrage mitgeteilt, dass seine Rechtsprechung dieser Beurteilung nicht entgegensteht.
39
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Bacher
Schuster Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 23.01.2012 - 1 O 208/11 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.07.2014 - 13 U 44/12 -

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 178/08 Verkündet am:
24. März 2010
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: nein

a) Auch eine nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG zulässige Spannungsklausel unterliegt im
Falle ihrer formularmäßigen Verwendung der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB.

b) Eine Preisanpassungsklausel in einem Erdgassondervertrag, nach der sich der
neben einem Grundpreis zu zahlende Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu
bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung
für extra leichtes Heizöl ändert, benachteiligt die Kunden des Gasversorgers
- unabhängig von der Frage, ob dessen Gasbezugskosten in demselben Maße
von der Preisentwicklung für Öl abhängig sind - unangemessen und ist gemäß
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn ein Rückgang der sonstigen Gestehungskosten
des Versorgers auch bei dem Grundpreis unberücksichtigt bleibt.
BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - OLG Köln
LG Köln
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Juni 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. Oktober 2007 wird insgesamt zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband. Mit der Klage hat er von dem beklagten Energieversorgungsunternehmen verlangt, die Verwendung von insgesamt vier Vertragsklauseln gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur noch um eine Preisanpassungsbestimmung , die die Beklagte mit im Wesentlichen identischem Wortlaut in Anlage 41 des "Sondervertrages V (V. Erdgas)" und in Anlage 47 des Vertrages "f. erdgas" verwendet.
2
Anlage 41 ("Bedingungen der R. [= Beklagte] für die Erdgasbelieferung zum Sonderpreis") zum "Sondervertrag V (V. Erdgas)" lautet auszugsweise (der beanstandete Teil der Klausel ist kursiv gedruckt): "2. Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus Arbeitspreisen und einem monatlichen Grundpreis. … Der Arbeitspreis errechnet sich nach der Formel: AP = 2,43 + (0,092 * (HEL - 19,92)) + 0,2024 in ct/kWh Der Arbeitspreis enthält die zusätzliche Erdgassteuer seit 01.01.2003 in Höhe von 0,2024 ct/kWh. Die bis 31.12.2002 gültige Erdgassteuer ist im Ausgangspreis bereits enthalten. Der monatliche Grundpreis (GP) wird unabhängig vom Verbrauch berechnet. Er errechnet sich nach der Formel: GP = 10,22 + (0,88 * (L - 11,61)) in €/Monat. In den vorstehenden Formeln bedeuten: AP = jeweiliger Arbeitspreis GP = jeweiliger Grundpreis HEL = Preis für extra leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) in €/hl. Der Preis ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden zu entnehmen , und zwar der Preis frei Verbraucher in Düsseldorf bei Tankkraftwagen-Lieferung, 40-50 hI pro Auftrag, einschließlich Verbrauchsteuer. Als Mindestwert für HEL gilt jedoch 14,32 €/hl. Dem Ausgangspreis für den AP zum 1.4.94 liegt ein HEL-Wert von 19,92 €/hl zugrunde. L = Stundenlohn, das ist der auf die Stunde bezogene Mindesttabellenlohn für einen Arbeitnehmer mit einem Kind in Lohngruppe V, Mittelwert aller Dienstalterstufen, Ortsklasse 1 (S) nach dem im Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes NRW jeweils gültigen Lohntarif für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe zuzüglich der gleichmäßig an Arbeitnehmer dieser Gruppen aufgrund gesetzlicher und tarifvertraglicher Vorschriften zu zahlenden Zuwendungen. Dem Ausgangspreis für den GP zum 1.4.2000 liegt der Lohn nach dem Stande vom Dez. 1999 in Höhe von 12,83 €/hl zugrunde.
… 4. Der Erdgaspreis wird jeweils mit Wirkung zum 1. April und 1. Oktober eines jeden Jahres angepasst. Dabei werden jeweils zugrunde gelegt: - für die Bildung des Grundpreises der an diesen Tagen gültige Stundenlohn, - für die Bildung des Arbeitspreises zum 1. April das arithmetische Mittel der Preise für extra leichtes Heizöl der Monate Juli bis Dezember des vorhergehenden Kalenderjahres - und für die Bildung des Arbeitspreises zum 1. Oktober das arithmetische Mittel der Preise für extra leichtes Heizöl der Monate Januar bis Juni des laufenden Kalenderjahres.
3
In Anlage 47 ("Preisanpassungsbestimmungen") zum Vertrag "f. erdgas" heißt es abweichend von den zuvor zitierten Vertragsbedingungen (der beanstandete Teil der Klausel ist kursiv gedruckt): "1. Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus Arbeitspreisen und einem monatlichen Grundpreis. … 1.1 Die Arbeitspreise errechnen sich nach folgenden Formeln und enthalten die zusätzliche Erdgassteuer seit 01.01.2003 in Höhe von 0,2024 ct/kWh. Die bis 31.12.2002 gültige Erdgassteuer ist in den Ausgangspreisen bereits enthalten für die ersten 4.972 kWh/Jahr AP = 3,21 + 0,092 * (HEL - 25,39) + 0,2024 in ct/kWh von 4.973 bis 99.447 kWh/Jahr AP = 2,88 + 0,092 * (HEL - 25,39) + 0,2024 in ct/kWh alle weiteren kWh/Jahr AP = 2,83 + 0,092 * (HEL - 25,39) + 0,2024 in ct/kWh". 1.2 Der monatliche Grundpreis wird unabhängig vom Verbrauch berechnet. Er errechnet sich nach der Formel: GP = 9,46 + 0,88 * (L - 12,83) in €/Monat.
4
Das Landgericht (LG Köln, CuR 2007, 153) hat die Beklagte, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen , als Erdgaslieferant im Zusammenhang mit Erdgaslieferverträgen mit Verbrauchern die beanstandeten Teile der genannten Bestimmungen in dem Sondervertrag V (V. Erdgas) sowie in dem Vertrag f. erdgas zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhält- nisse darauf zu berufen, und dem Kläger die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht (OLG Köln, OLGR 2008, 777 = RdE 2009, 22 = ZNER 2008, 391) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
7
Bei der beanstandeten Klausel handele es sich nicht um eine unmittelbare Preisabrede, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen sei, sondern um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Die mathematische Berechnungsformel sei nicht etwa deshalb Teil der vertraglichen Leistungsbeschreibung, weil der Arbeitspreis von vornherein nur in dieser Form vereinbart worden wäre. Vielmehr sei in den jeweiligen Verträgen - beim Vertragstyp "f. erdgas" in der Vertragsurkunde selbst, beim Vertragstyp "Sondervertrag V (V. Erdgas)" in dem beigefügten Preisblatt Anlage 40 - der jeweils aktuelle Arbeitspreis in Form eines festen ct/kWh- Betrages angegeben. Wie dieser Arbeitspreis ermittelt worden sei und wie er bei künftigen Preisanpassungen zu berechnen sein solle, ergebe sich erst aus den weiteren Vertragsbedingungen. Die Klausel stelle in dieser Form keine vertragswesentliche Leistungsbestimmung, sondern eine an die Stelle des dispositiven allgemeinen Vertragsrechts tretende Preisnebenabrede dar.
8
Es könne aber im Ergebnis nicht festgestellt werden, dass die Kunden durch die darin geregelte Bindung der Arbeitspreis-Anpassungen an den Heizölpreis -Index "HEL" unangemessen benachteiligt würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätten Gasversorgungsunternehmen ein berechtigtes Interesse daran, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Kunden weiterzugeben. Bei langfristigen Lieferverträgen seien daher einseitig vorgegebene Bestimmungen, die eine Preisanpassung wegen sich verändernder Kosten vorsehen, grundsätzlich ein geeignetes und zulässiges Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung. Hiervon ausgehend würden Preisanpassungsklauseln regelmäßig als zulässig angesehen , wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offengelegt würden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen könne. Nach Maßgabe dieser Grundsätze fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine unangemessene Benachteiligung der Erdgas-Kunden der Beklagten.
9
Ein Verstoß der Klausel gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot sei nicht erkennbar. Die angegriffene Klausel sei weder unklar noch unverständlich. Ein aufmerksamer und sorgfältiger Verbraucher, auf den abzustellen sei, werde - auch ohne dafür über besondere mathematische Kenntnisse verfügen zu müssen - die Formel zur Berechnung des Arbeits- preises unschwer nachvollziehen und daraus entnehmen können, dass der Arbeitspreis und seine künftigen Anpassungen von der Entwicklung der Variable "HEL" abhingen, also - wie sich aus den textlichen Erläuterungen ergebe - von einem bestimmten, in den Monatsberichten des Statistischen Bundesamtes jeweils mitgeteilten Heizölpreis.
10
Wegen der mathematisch exakten Bindung des Erdgas-Arbeitspreises und seiner Anpassungen an den Heizölpreis-Index drohten bei Anwendung der Klausel weder unkontrollierbare noch willkürliche Preiserhöhungen. Der einzige veränderliche Wert unter den für den Erdgas-Arbeitspreis determinierenden Faktoren - der Faktor "HEL" - sei eine klar definierte Größe, auf deren Entwicklung die Beklagte, soweit erkennbar, keinen Einfluss nehmen könne.
11
Die angegriffene Klausel erweise sich auch nicht deshalb als sachlich unangemessen, weil sie ihrer Art nach neben einer Weitergabe von Bezugskostensteigerungen unter Umständen auch eine Vergrößerung der Gewinnspanne durch Anpassung des Endpreises für Erdgas in Korrelation zum Heizölpreis zulasse. Allerdings sei davon auszugehen, dass es für die Angemessenheit der Klausel letztlich darauf ankomme, ob ihre Anwendung das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Wesentlichen unberührt lasse oder ob die Klausel darauf angelegt sei, dieses Verhältnis in einer die Kunden benachteiligenden Weise zu verändern, weil die Entwicklung der Selbstkosten (ErdgasBezugskosten ) der Beklagten voraussehbar hinter der Entwicklung des Heizölpreises zurückbleibe. Dies könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), dass die Preisgestaltung der Verträge aller Gasversorgungsunternehmen mit ihren Kunden wie auch mit ihren Vorlieferanten seit Erschließung des Erdgases als Energiequelle für den deutschen Markt an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt sei, so dass die Ölpreisbindung der Gaspreise einer inzwischen gefestigten Praxis entspreche. Abweichungen der nach der HEL-Klausel berechneten Endverbrauchspreise von den eigenen Bezugspreisen des Klauselverwenders könnten sich zwar aus unterschiedlichen Vertragslaufzeiten ergeben; ein dauerhaftes Missverhältnis in der Entwicklung von Endverbrauchspreisen und eigenen Bezugskosten drohe damit aber noch nicht.
12
Jedenfalls aus derzeitiger Sicht könne auch nicht angenommen werden, dass die Bindung des Erdgas-Arbeitspreises an die Entwicklung eines Heizölpreis -Indexes bereits deshalb sachlich unangemessen sei, weil es sich bei Erdgas und Heizöl um weder gleichartige noch vergleichbare Güter im Sinne von § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 PrKG handele. Denn obwohl die leitungsgebundene Versorgung der Verbraucher mit Erdgas und ihre Belieferung mit Heizöl nicht als gleichartig zu bezeichnen seien, stünden doch die Gasversorgungsunternehmen auf dem Wärmemarkt in einem (Substitutions-)Wettbewerb mit den Anbietern konkurrierender Heizenergieträger wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme, so dass die Anbindung des Gaspreises an die Preisentwicklung eines dieser anderen - insoweit vergleichbaren - Energieträger nicht von vornherein unvertretbar erscheine.

II.

13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Bestimmungen zur periodischen Anpassung des Arbeitspreises innerhalb des Sondervertrages V und des Vertrages f. erdgas zu. Denn die Klauseln sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam , weil sie die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
14
1. Bei den von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsbestimmungen handelt es sich, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und die sie ihren Kunden bei Abschluss des Vertrags f. erdgas und des Sondervertrags V stellt.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klauseln nicht schon deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind, weil sie nicht klar und verständlich wären (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB). Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 162, 210, 213 f.). Dabei kommt es auf die Verständnis- und Erkenntnismöglichkeiten eines typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden an, von dem die aufmerksame Durchsicht der Vertragsbedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann (BGHZ 112, 115, 118; 162, 210, 214; jeweils m.w.N.).
16
Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Formel zur Berechnung des Arbeitspreises für einen aufmerksamen und sorgfältigen Verbraucher auch ohne besondere mathematische Kenntnisse nachzuvollziehen ist und dass der Kunde daraus unschwer entnehmen kann, dass der Arbeitspreis und seine künftigen Anpassungen von der Entwicklung der Variable HEL abhängen, die in den textlichen Erläuterungen als ein bestimmter, in den Monatsberichten des Statistischen Bundesamtes mitgeteilter Heizölpreis definiert ist.
17
Anders als die Revision meint, wird die Transparenz der Preisanpassungsbestimmungen nicht dadurch in Frage gestellt, dass für den Endkunden unklar und nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit die Bezugskosten der Beklagten ihrerseits von der "HEL"-Komponente abhängig sind. Der Regelungsgehalt der Klausel (die Art und Weise der Berechnung und der periodischen Anpassung des Arbeitspreises) ist auch ohne Angaben zu den Bezugskosten der Beklagten und deren Abhängigkeit vom Ölpreis aus sich heraus klar und verständlich. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gebietet keine Erläuterung, warum die unmissverständliche Koppelung des Arbeitspreises an die Bezugsgröße "HEL" vorgenommen wird. Die Antwort auf diese Frage ist allein für die inhaltliche Angemessenheit der Klausel von Bedeutung.
18
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass eine über das Transparenzgebot hinausgehende AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsbestimmungen nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung handelt es sich bei den angegriffenen Klauseln um Bestimmungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, und nicht lediglich um Preisbestimmungen , die einer weitergehenden Inhaltskontrolle entzogen wären.
19
a) Da die Vertragsparteien nach dem im bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei regeln können, sind allerdings formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der Hauptleistung oder der hierfür zu erbringenden Vergütung unmittelbar bestimmen , von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB ausgenommen (vgl. BGHZ 93, 358, 360 f.; 143, 128, 139 f.; 146, 331, 338 f.; BGH, Urteil vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98, NJW 1999, 3411, unter II 2 b). Ihre Festlegung ist grundsätzlich Sache der Vertragsparteien, denn es gibt vielfach keine gesetzliche Preisreglung, die bei Unwirksamkeit der vertraglichen Abrede gemäß § 306 Abs. 2 BGB an deren Stelle treten könnte (BGHZ 106, 42, 46; 146, 331, 338; Senatsurteil vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 23/92, WM 1993, 753, unter II 2 a). Zu den einer richterlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogenen Preisbestimmungen zählen auch solche Klauseln, die den Preis bei Vertragsschluss zwar nicht unmittelbar beziffern, jedoch die für die Ermittlung des Preises maßgeblichen Bewertungsfaktoren und das hierbei einzuhaltende Verfahren festlegen (BGHZ 93, 358, 362; 143, 128, 139 f.; 146, 331, 338 f.). Denn auch die vertragliche Festlegung preisbildender Faktoren gehört zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung (BGHZ 143, 128, 140; 146, 331, 338 f.).
20
Hiervon zu unterscheiden sind die kontrollfähigen (Preis-)Nebenabreden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (st. Rspr., z. B. BGHZ 124, 254, 256; 143, 128, 139; 146, 331, 338; BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, NJW 2000, 651, unter II 1 a; jeweils m.w.N.). Anders als die unmittelbaren Preisabreden bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der zu erbringenden Vergütung und/oder etwaige Preismodifikationen zum Inhalt haben, "neben" eine bereits bestehende Preishauptabrede (vgl. BGHZ 146, aaO). Sie weichen von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz ab, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist (vgl. BGHZ 93, 252, 255; Senatsurteil vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115, unter II 2 a), und sind daher einer Inhaltskontrolle unterworfen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dabei macht es keinen Unterschied , ob die Bestimmungen dem Verwender das Recht zu einer einseitigen Preisänderung einräumen oder ob sie - wie hier - eine automatische Preisanpassung zur Folge haben (de Wyl/Essig in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft (2008), § 11 Rdnr. 330). Das zeigt § 309 Nr. 1 BGB, der mit dem Verbot kurzfristiger Preiserhöhungen außerhalb von - hier vorliegenden - Dauerschuldverhältnissen auch solche Regelungen umfasst, die zu einer automatischen Anpassung des vereinbarten Entgelts führen, wie etwa Gleit- oder Spannungsklauseln (vgl. Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 309 Nr. 1 Rdnr. 20; Dammann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Nr. 1 Rdnr. 47; Erman/Roloff, BGB, 12. Aufl., § 309 Rdnr. 2; jeweils m.w.N.).
21
b) Nach diesen Grundsätzen unterliegen die von dem Kläger beanstandeten Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. auch OLG Naumburg, Urteil vom 17. September 2009 - 1 U 23/09, juris, Tz. 45, für entsprechende Klauseln in Fernwärmelieferverträgen; aA LG München I, WuM 2008, 100, 102). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte die Klauseln nur in Verträgen verwendet, in denen der bei Vertragsschluss maßgebliche Arbeitspreis in der Vertragsurkunde oder in einem beigefügten Preisblatt in Form eines festen ct/kWh-Betrages angegeben ist. Diese Angabe enthält aus der maßgeblichen Sicht der Kunden der Beklagten die eigentliche Preisabrede, die nicht durch dispositives Recht ersetzt werden könnte. Mangels jeglichen Hinweises auf mögliche Preisänderungen beinhaltet sie nicht zugleich die Abrede, dass der Arbeitspreis variabel sein soll. Das ergibt sich vielmehr erst aus den vom Kläger beanstandeten "Bedingungen der [Beklagten] für die Erdgasbelieferung zum Sonderpreis" zum "Sondervertrag V (V. Erdgas)" und den "Preisanpassungsbestimmungen" zum Vertrag "f. erdgas". Soweit sich diesen Bedingungen ferner entnehmen lässt, dass auch der bei Vertragsschluss vereinbarte Preis nach derselben Formel berechnet worden ist, wie sie für periodische Preisänderungen maßgeblich sein soll, stellt dies aus der Sicht der Kunden der Beklagten nicht mehr als die Offenlegung der Kalkulationsgrundlage für den bei Vertragsschluss verlangten Preis dar, ohne dass diese dadurch Bestandteil der eigentlichen Preisabrede würde.
22
4. Für die Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann offen bleiben, ob - wie die Revision meint - die beanstandeten Bestimmungen gegen § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (vom 7. September 2007, BGBl. I S. 2246, 2247, im Folgenden: Preisklauselgesetz - PrKG) verstoßen, nach dem der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden darf, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind (so Büttner /Däuper, ZNER 2002, 18, 23 f.), oder ob es sich um Klauseln handelt, bei denen die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (Spannungsklauseln ), so dass das Verbot des Absatzes 1 gemäß Absatz 2 Nr. 2 der Vorschrift keine Anwendung findet (so OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 4. November 2008 - 11 U 60/07, juris, Tz. 35, nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 304/98; OLG Rostock, RdE 2005, 171, 173; LG München I, aaO, 103; Ebel, DB 1995, 2356, 2357, unter Hinweis auf die Auffassung der Deutschen Bundesbank; vgl. auch Schöne in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke (Stand: April 2009), Stromlieferverträge Rdnr. 83).
23
Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen , die gegen § 1 Abs. 1 PrKG verstoßen und deshalb gemäß § 8 PrKG ab dem Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes unwirksam sind, den Gegner des Klauselverwenders allein deshalb im Sinne von § 307 BGB unangemessen benachteiligen und Gegenstand eines - hier geltend gemachten - Unterlassungsanspruchs nach § 1 UKlaG sein können, ebenso wie dies in der Rechtsprechung seit langem für Allgemeine Geschäftsbedingungen anerkannt ist, die gegen zwingendes Recht verstoßen und aus diesem Grunde (ex tunc) nichtig sind (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR 2005, 62, unter I m.w.N.).
24
Denn eine etwaige Vereinbarkeit der Klausel mit dem Preisklauselgesetz hindert nach herrschender Auffassung (vgl. Dammann, aaO; Hensen in Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 1 Rdnr. 8; Staudinger/ Coester-Waltjen, aaO, Rdnr. 6; MünchKommBGB/Grundmann, 5. Aufl., § 245 Rdnr. 69; Staudinger/Schmidt, BGB (1997), Vorbem. zu §§ 244 ff. Rdnr. D 171; Schmidt-Räntsch, NJW 1998, 3166, 3170) eine darüber hinausgehende Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 1 BGB oder - wie hier im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen - gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Dafür spricht, dass mit dem Verbot der Indexierung durch das Preisklauselgesetz in erster Linie währungspolitische Ziele verfolgt werden; es soll inflationären Tendenzen entgegen wirken (BR-Drs. 68/07, S. 68). Angesichts dieses Regelungszwecks ist eine nach dem Preisklauselgesetz wirksame Preisanpassungsklausel nicht zwangsläufig mit einer nach § 307 BGB unbedenklichen Regelung gleichzusetzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine in § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG geregelte Ausnahme von dem Preisklauselverbot des § 1 Abs. 1 PrKG in Rede steht, für deren Zulässigkeit es - anders als dies § 2 Abs. 1 Satz 2 PrKG für Ausnahmen nach § 3 und 5 PrKG bestimmt - nicht darauf ankommt, dass keine Partei unangemessen benachteiligt wird.
25
5. Die beanstandeten Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten auch dann entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass das Preisklauselgesetz ihrer Wirksamkeit nicht entgegensteht.
26
Die Feststellung, ob eine Klausel die Grenzen eines angemessenen vertraglichen Interessenausgleichs im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überschreitet , kann nicht ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrags, der typischen Interessen der Vertragschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung getroffen werden (vgl. BGHZ 93, 252, 257; vgl. ferner Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 307 Rdnr. 94, 98; Erman/Roloff, aaO, § 307 Rdnr. 11). Dabei ist auf Seiten des Kunden des Verwenders einer Preisänderungsklausel dessen Interesse daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen (vgl. BGHZ 82, 21, 25; 94, 335, 339 f.; 158, 149, 157 f.; jeweils m.w.N.). Der Verwender von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklauseln hat dagegen - insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen - das ebenfalls anerkennenswerte Bedürfnis, seine Preise den aktuellen Kosten- oder Preisentwicklungen anzupassen (vgl. etwa BGHZ 93, 252, 258; Senatsurteil vom 12. Juli 1989, aaO, unter II 2 b m.w.N.).
27
Daher hat die höchstrichterliche Rechtsprechung Preisänderungsklauseln nicht generell für unwirksam erachtet. Sie stellen vielmehr ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern , und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGHZ 172, 315, Tz. 22; 176, 244, Tz. 14; 180, 257, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Ein berechtigtes Interesse, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Endkunden weiterzugeben , wird auch bei Gasversorgungsunternehmen anerkannt, die mit Normsonderkunden Verträge mit unbestimmter Laufzeit schließen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, WM 2009, 1717, zur Veröffentlichung in BGHZ 182, 59, vorgesehen, Tz. 22, und VIII ZR 56/08, WM 2009, 1711, zur Veröffentlichung in BGHZ 182, 41, vorgesehen, Tz. 24).
28
Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich bislang allerdings nur mit Preisänderungsbestimmungen in Form von Leistungsvorbehalts- und Kostenelementeklauseln (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 3 PrKG) befasst. Zur Inhaltskontrolle von Spannungsklauseln (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG) hat die höchstrichterliche Rechtsprechung - soweit ersichtlich - noch keine Aussagen getroffen. Die Entscheidungen vom 26. November 1975 (VIII ZR 267/73, NJW 1976, 422, unter II 1) und vom 23. Februar 1979 (V ZR 106/76, NJW 1979, 1545, unter II) befassen sich nur mit der damals noch relevanten Frage der Genehmigungsfähigkeit nach § 3 WährG. In seinem Urteil vom 12. Juli 1989 (aaO) hat der Senat zwar eine formularmäßige Wertsicherungsklausel - hierzu zählen auch genehmigungsfreie Spannungsklauseln - als Sicherungsinstrument gegen den Wertverfall der Gegenleistung erwogen, deren Zulässigkeit aber nicht weiter vertieft. Vorliegend bedarf es ebenfalls keiner abschließenden Klärung, unter welchen Voraussetzungen formularmäßige Spannungsklauseln in langfristigen Vertragsverhältnissen einer Inhaltskontrolle standhalten. Denn im Streitfall scheitert die Wirksamkeit der von dem Kläger angegriffenen Klauseln bereits daran, dass ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an deren Verwendung nicht vorliegt.
29
a) Der Wortlaut der Klauseln spricht dafür, dass sie - anders als etwa Kostenelementeklauseln (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. Juli 1989, aaO) - nicht der Weitergabe von Kostensteigerungen oder -senkungen dienen, sondern als Spannungsklauseln unabhängig von der Kostenentwicklung die Erhaltung einer bestimmten Wertrelation zwischen Leistung und Gegenleistung bezwecken. Zwar mag der Preis für extra leichtes Heizöl auch die Gestehungskosten der Beklagten beeinflussen. Nach den beanstandeten Preisanpassungsbestimmungen stellt der Preis für leichtes Heizöl indes keinen Kostenfaktor , sondern vielmehr einen Wertmesser für die von der Beklagten zu erbringende Leistung dar (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 27. Juni 1973 - VIII ZR 98/72, NJW 1973, 1498, unter II 2 und 3), weil er als solcher und ohne Rück- sicht auf die Kosten der Beklagten die Höhe des Arbeitspreises für Gas bestimmen soll.
30
In einem langfristigen Vertragsverhältnis mag für eine Spannungsklausel ein berechtigtes Interesse des Verwenders bestehen, wenn sie bestimmt und geeignet ist zu gewährleisten, dass der geschuldete Preis mit dem jeweiligen Marktpreis für die zu erbringende Leistung übereinstimmt (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 1979 - VIII ZR 245/78, BB 1979, 1213, unter II 2 m.w.N.). Dies setzt jedoch die Prognose voraus, dass sich der Marktpreis für die geschuldete Leistung typischerweise ähnlich wie der Marktpreis für das Referenzgut entwickelt. In diesem Fall handelt es sich um eine Bezugsgröße, die den Gegebenheiten des konkreten Geschäfts nahe kommt und die deshalb für beide Vertragsparteien akzeptabel sein kann (vgl. BGHZ 158, 149, 158). Die Gewährleistung einer gleitenden Preisentwicklung vermeidet dabei auf beiden Seiten die Notwendigkeit , einen langfristigen Vertrag allein deswegen zu kündigen, um im Rahmen eines neu abzuschließenden Folgevertrags einen neuen Preis aushandeln zu können. Die Spannungsklausel sichert so zugleich stabile Vertragsverhältnisse und die im Massengeschäft erforderliche rationelle Abwicklung.
31
Bezogen auf leitungsgebundenes Gas scheitert die erforderliche Prognose indes bereits daran, dass ein - durch die Spannungsklausel zu wahrender - Marktpreis für Gas nicht feststellbar ist, weil es auf dem Markt für die Lieferung von leitungsgebundenem Gas an Endverbraucher nach wie vor an einem wirksamen Wettbewerb fehlt. Gegenteiliges macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend. Dass sich faktisch der Gaspreis vielfach parallel zum Preis für leichtes Heizöl entwickelt, beruht nicht auf Markteinflüssen, sondern darauf, dass - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - die Ölpreisbindung der Gaspreise einer gefestigten Praxis entspricht. Eine Spannungsklausel, die allein an die Entwicklung der örtlichen Heizölpreise anknüpft, dient dazu, überhaupt erst einen variablen Preis für leitungsgebundenes Gas herauszubilden. Ein solcher wird gerade nicht durch Angebot und Nachfrage auf dem Gassektor bestimmt. Daher kann die verwendete Klausel das Ziel, die Anpassung an einen für leitungsgebundenes Gas bestehenden Marktpreis zu gewährleisten, von vornherein nicht erreichen.
32
b) Damit verbleibt - wie bei sonstigen Preisänderungsklauseln in Versorgungsverträgen mit Sonderkunden auch - als anerkennenswertes Interesse des Gaslieferanten nur dessen Bedürfnis, Kostensteigerungen in adäquater Weise an seine Kunden weiterzugeben. Unterstellt, dass die Beklagte mit den beanstandeten Preisanpassungsklauseln diese Zielsetzung verfolgt, obwohl das nach dem Wortlaut zweifelhaft ist, halten die streitgegenständlichen Klauseln jedoch auch unter diesem Gesichtspunkt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand.
33
aa) Eine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht schon deswegen zu verneinen, weil die auf allen Stufen der Lieferkette praktizierte Öl-Gas-Preisbindung (Prinzip der Anlegbarkeit des Preises) ursprünglich den Erdgasproduzenten langfristige Investitionssicherheit durch Absatzsicherung gewähren und für die Gasversorgungsunternehmen die Konkurrenzfähigkeit des Erdgases im Substitutionswettbewerb mit dem Heizöl auf dem Raumwärmemarkt sichern sollte (vgl. BTDrs. 16/506). Denn ein berechtigtes Interesse der Regional- und Ortsgasunternehmen an einer Weitergabe der Öl-Gas-Preisbindung an die Endverbraucher ergibt sich daraus nur, wenn und soweit ihre eigenen Gestehungskosten tatsächlich durch die Öl-Gas-Preisbindung beeinflusst werden.
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bb) Dementsprechend hat das Berufungsgericht für die Begründung der Wirksamkeit der Klauseln entscheidend auf das berechtigte Interesse der Be- klagten abgestellt, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit auf ihre Kunden abzuwälzen. Dabei hat es sich im Ansatz zutreffend von den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Grundsätzen zur Weitergabe von Kostenentwicklungen leiten lassen.
35
Der Senat hat zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse von Gasversorgungsunternehmen anerkannt, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Normsonderkunden weiterzugeben (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, und VIII ZR 56/08, aaO). Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jedoch überschritten, wenn Preisanpassungsbestimmungen dem Verwender die Möglichkeit einräumen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 176, 244, Tz. 18; 180, 257, Tz. 25; Senatsurteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, unter II 2, und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21; jeweils m.w.N.). Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Klausel dem Energieversorger eine Preiserhöhung auch in den Fällen erlaubt, in denen ein Anstieg bei einem der Kostenfaktoren durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird und das Versorgungsunternehmen daher insgesamt keine höheren Kosten zu tragen hat, als dies bei Abschluss des Belieferungsvertrags der Fall war (vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005, aaO, unter II 3 c; vom 13. Dezember 2006, aaO, Tz. 23).
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cc) Letzteres ist bei den beanstandeten Preisanpassungsklauseln entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Fall. Zwar tritt die Preisanpassung zu den im Vertrag angegebenen Zeitpunkten (1. April und 1. Oktober) automatisch ein und ist damit jeglicher Einflussnahme durch die Beklagte entzo- gen. Zudem werden Preissenkungen in demselben Umfang und nach denselben Maßstäben an die Kunden der Beklagten weitergegeben wie Preissteigerungen. Die Preisanpassungsbestimmungen der Beklagten benachteiligen deren Kunden jedoch deshalb unangemessen, weil sie die mögliche Kostenentwicklung bei der Beklagten nicht in jedem Fall zutreffend abbilden, sondern dieser die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung eröffnen.
37
(1) Das Berufungsgericht hat als gerichtsbekannt (§ 291 ZPO) angenommen , dass die Preise in allen Verträgen von Gasversorgern - also auch in denjenigen der Beklagten - mit ihren Vorlieferanten an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt sind. Es hat allerdings keine Feststellungen dazu getroffen, ob diese Kopplung in den Bezugsverträgen der Beklagten ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der von der Beklagten gegenüber ihren Endkunden vorgenommenen Ölpreisbindung entspricht. Es ist offen, ob die Vorlieferanten der Beklagten bei ihren Preisbestimmungen dieselben oder jedenfalls vergleichbare örtliche Notierungen als Referenzgröße (einschließlich der Verbrauchssteuern ) heranziehen, ob sie neben dem HEL-Parameter zusätzliche Bemessungsfaktoren vorsehen, ob sie einen ähnlichen Äquivalenzfaktor wie die Beklagte und vergleichbare Festanteile ansetzen und ob sie dieselben Berechnungszeiträume zugrunde legen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die beanstandeten Klauseln auch dann zu einer Erhöhung des Arbeitspreises gegenüber ihren Kunden führen, wenn die Bezugskosten der Beklagten nicht im vergleichbaren Maß gestiegen sind. Schon dies hätte die Unwirksamkeit der Klauseln nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge (vgl. OLG Naumburg, aaO, Tz. 46). Weiterer tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf es jedoch nicht.
38
(2) Denn selbst unterstellt, dass die Bezugspreise für die Beklagte aufgrund der Ölpreisbindung im Verhältnis zu ihren Lieferanten in dem selben Maße steigen und fallen, wie ihre Arbeitspreise im Verhältnis zu ihren Abnehmern, ergibt sich die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung für die Beklagte daraus, dass die beanstandeten Klauseln als einzige Variable den HEL-Preis enthalten und damit die Kostenentwicklung in anderen Bereichen unberücksichtigt lassen. Bei den ölpreisgebundenen Gasbezugskosten handelt es sich nur um einen, wenn auch möglicherweise den wesentlichen Kostenfaktor für die von der Beklagten zu erbringende Leistung. Daneben fallen weitere Kosten wie etwa Netz- und Vertriebskosten an, die von der Entwicklung des Preises für extra leichtes Heizöl unabhängig sind. Die Klauseln führen jedoch zu einer Erhöhung des Arbeitspreises selbst dann, wenn die steigenden Bezugspreise durch Kostensenkungen in anderen Bereichen aufgefangen werden.
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(3) Eine dadurch bedingte unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten wäre allerdings ausgeschlossen, wenn derartige Kostensenkungen im Rahmen des von der Beklagten neben dem Arbeitspreis verlangten Grundpreises berücksichtigt würden. Der Kläger begehrt mit seinem Klageantrag lediglich die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klauseln innerhalb der von der Beklagten benutzten Vertragswerke "Sondervertrag V" und "f. erdgas", nach denen die Beklagte neben dem Arbeitspreis einen ebenfalls nach einer bestimmten Formel berechneten Grundpreis in Rechnung stellt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob mit dem Arbeitspreis allein die Bezugskosten der Beklagten abgedeckt werden und alle sonstigen Kosten mit dem Grundpreis abgegolten werden. Dies kann aber letztlich auch dahinstehen.
40
Denn auch die von der Beklagten für die Berechnung des Grundpreises verwendeten Formeln enthalten nur eine einzige Variable, den näher definierten Stundenlohn L. Sie berücksichtigen also nur Änderungen bei den Personalkosten , nicht dagegen etwa bei den staatlichen Abgaben oder bei dem nicht auf Personalaufwendungen entfallenden Anteil der Netz- und Vertriebskosten. Dass Kostensenkungen außerhalb von Gasbezugs- und Personalkosten, etwa im Bereich der staatlichen Abgaben oder der Investitionskosten, von vornherein ausgeschlossen wären, ist nicht ersichtlich. Damit ermöglichen die von dem Kläger beanstandeten Klauseln zur Anpassung des Arbeitspreises in bestimmten Fällen für die Beklagte eine verdeckte Gewinnmaximierung; dies hat gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ihre Unwirksamkeit zur Folge.

III.

41
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Oberlandesgericht zum Nachteil des Klägers erkannt hat. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist in vollem Umfang zurückzuweisen. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.10.2007 - 26 O 91/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.06.2008 - 6 U 203/07 -

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 10/04 Verkündet am:
1. Februar 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In den Beförderungsbedingungen eines Busreiseunternehmens, das den Namen
des berechtigten Fahrgastes in den Fahrschein einträgt und dem Busfahrer
eine Liste der Fahrgäste aushändigt, sind folgende Klauseln wegen unangemessener
Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam:
1. Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt
werden.
2. Eine Erstattung für verlorengegangene oder gestohlene Fahrausweise
erfolgt nicht.
BGH, Urt. v. 1. Februar 2005 - X ZR 10/04 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2004 aufgehoben.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 2003 teilweise geändert. Der Beklagten wird über die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung hinaus die Verwendung folgender Klauseln untersagt : 1. Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt werden.
2. Eine Erstattung für verlorengegangene oder gestohlene Fahrausweise erfolgt nicht.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die vom Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1, 2 UKlaG eingetragen ist, nimmt das beklagte Unternehmen auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch.
Die Beklagte betreibt einen internationalen Buslinien- und Busreiseverkehr. Wenn ihre Kunden eine Reise buchen, wird ihnen ein Fahrscheinheft ausgestellt, das numeriert ist und in dem der Reiseweg, die Reisetage und der Name des Fahrgasts angegeben sind. Nachträgliche Umbuchungen der Fahrstrecke und der Reisetage läßt die Beklagte zu. Eine Übertragung des Beförderungsvertrages bedarf nach den Vertragsbedingungen der Zustimmung der Beklagten und wird dann u.a. durch Änderung des Namens de s Berechtigten im Fahrschein vermerkt (Nr. 3.1. der Bedingungen). Bei Antritt der Reise kontrolliert der Busfahrer das Fahrscheinheft und vergleicht es mit einer ihm ausgehändigten Namensliste der Fahrgäste. Eine Identitätsprüfung der Fahrgäste nimmt der Fahrer nicht vor. Falls dem Kunden der Fahrschein vor Reiseantritt abhanden gekommen ist, stellt die Beklagte ihm keinen Ersatzfahrschein aus und läßt ihn die Reise auch dann nicht antreten, wenn er sich namentlich ausweist und kein anderer seinen durch die Namensliste reservierten Platz in Anspruch nimmt. Ebensowenig erstattet die Beklagte ihm den Fahrpreis. Sie beruft sich insoweit auf folgende in ihren Besonderen Beförderungsbedingungen enthaltene Klauseln:
"2.4. …
Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt werden. … 8.3. Eine Erstattung für verlorengegangene oder gestohlene Fahrausweise erfolgt nicht."
Diese Klauseln hält der Kläger für unwirksam und verlangt deshalb die Unterlassung ihrer Verwendung.
Hinsichtlich weiterer, vom Kläger ebenfalls beanstandeter Klauseln hat das Landgericht der Klage rechtskräftig stattgegeben. Bezüglich der beiden jetzt noch streitigen Bestimmungen hat das Landgericht die Klage indessen abgewiesen - wie zwar nicht aus seinem Urteilsausspruch, wohl aber aus den Entscheidungsgründen hervorgeht - und hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger diesen abgewiesenen Teil seines Unterlassungsanspruchs weiter. Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Die Unterlassungsklage des nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Klägers ist auch hinsichtlich der jetzt noch streitigen Klauseln begründet, weil diese wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden nach § 307 BGB unwirksam sind (§ 1 UKlaG).
I. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die streitigen Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen. Kontrollfähig
sind nur Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Zu Recht hat das Berufungsgericht, anders als das Landgericht, aus § 8 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen vom 27. Februar 1970 (VOABB) nicht den Schluß gezogen, daß die streitbefangenen Klauseln mit dieser normativen Regelung übereinstimmen und somit lediglich deklaratorischer Natur sind (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOABB besagt, daß Fahrausweise, die zerrissen, zerschnitten oder sonst stark beschädigt, stark beschmutzt oder unleserlich sind, so daß sie nicht mehr geprüft werden können, ungültig sind, daß sie eingezogen werden und daß das Fahrgeld nicht erstattet wird. Diese Regelung ist nicht analog auf abhanden gekommene Fahrscheine anwendbar (a.A. ohne Begründung Bidinger, Personenbeförderungsgesetz , § 8 VOABB Anm. 3). Sie betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur Fahrscheine, die der Kunde noch besitzt, die aber nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht mehr prüftauglich sind. Da dies in der Regel auf eine unsorgfältige Behandlung durch den Kunden zurückgehen wird, hat die Verweigerung der Fahrpreiserstattung - wie auch bei den übrigen Tatbeständen der Vorschrift, die sämtlich einen Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen betreffen - Sanktionscharakter. Damit sind die Fälle, in denen der Fahrschein dem Kunden gänzlich abhanden gekommen ist, nicht vergleichbar. Deshalb ist eine Analogie nicht zulässig.
Ebensowenig stimmen die angegriffenen Klauseln mit dem von der Beklagten im Revisionsverfahren herangezogenen § 10 Abs. 1 VOABB überein. Nach dieser Vorschrift wird, wenn ein Fahrausweis nicht zur Fahrt benutzt wird, das Beförderungsentgelt (nur) gegen Vorlage des Fahrausweises erstattet. Aus
der Verpflichtung zur Vorlage des Fahrausweises ergibt sich, daß diese Bestimmung den Fall des Verlustes gerade nicht regeln will.
Die streitigen Klauseln stellen daher eine Ergänzung der gesetzlichen Regelung dar.
Auch der Umstand, daß die Besonderen Beförderungsbedingungen der Beklagten, soweit sie von der VOABB abweichen, zu ihrer Einführung der Zustimmung der Genehmigungsbehörde bedürfen (§ 39 Abs. 6 PBefG), schließt die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht aus (Bidinger, aaO, § 39 PBefG Rdn. 160).
II. Die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Klauseln folgt aus § 307 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB, wonach eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen ist, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird.
1. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Klauseln betreffen ein wesentliches Vertragsrecht des Fahrgastes bzw. eine wesentliche Vertragspflicht der Beklagten. Da § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein Verbot der Aushöhlung zentraler Vertragspflichten (sog. Kardinalpflichten ) enthält, sind als wesentliche Vertragspflichten jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten eines Vertrags anzusehen (BGHZ 149, 89, 96 f. zur gleichlautenden früheren Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG). Dies sind hier die Pflicht der Beklagten zur Beförderung des Fahrgastes und die Pflicht des Fahrgastes zur Bezahlung des Fahrpreises.
Durch die streitigen Klauseln wird der nach dem Verlust des Fahrscheins fortbestehende Beförderungsanspruch des Fahrgastes nicht nur eingeschränkt, sondern es wird dem Fahrgast praktisch unmöglich gemacht, seinen Anspruch geltend zu machen, falls ihm der Fahrschein abhanden kommt.
Zwar steht ihm, falls der Fahrschein ein Namenspapier mit Inhaberklausel ist, das Aufgebotsverfahren nach §§ 1003 ff. ZPO zur Verfügung. Dieses bietet dem Verlierer eines Fahrscheins jedoch in der Regel keine wirksame Hilfe. § 808 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt, daß eine abhanden gekommene oder vernichtete Urkunde im Aufgebotsverfahren für kraftlos erklärt werden kann. Die Kraftloserklärung geschieht durch Ausschlußurteil (§ 1017 Abs. 1 ZPO). Derjenige , der ein Ausschlußurteil erwirkt hat, ist dem durch Urkunde Verpflichteten gegenüber berechtigt, die Rechte aus der Urkunde geltend zu machen (§ 1018 Abs. 1 ZPO). Damit ersetzt zwar das Ausschlußurteil die Vorlage der Urkunde (Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 808 Rdn. 5). Der Zeit- und Kostenaufwand des Aufgebotsverfahrens wird aber oft außer Verhältnis zum Wert eines abhanden gekommenen Busfahrscheins stehen, und vor allem wird in Anbetracht der Aufgebotsdauer von mindestens sechs Monaten (§ 1015 ZPO) das Ausschlußurteil für den Reisekunden meist zu spät kommen.
2. Die streitigen Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten unangemessen. Dies ergibt sich nicht nur aus der gesetzlichen Vermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, sondern steht aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen fest.

a) Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen
angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, BGHZ 143, 104, 113 und ständig zu § 9 Abs. 1 AGBG). Die Anwendung dieses Maßstabs setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus (BGHZ 78, 305, 309; 103, 316, 327; MünchKomm/Basedow, BGB, 4. Aufl., § 307 Rdn. 31; Ulmer /Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 71). Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige (so BGHZ 114, 238, 242 zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) oder zumindest gleichwertige (so Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 9 Rdn. 80, 90) Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist.

b) Das Berufungsgericht hat sich durch seine Einordnung des Fahrscheins als kleines Inhaberpapier den Blick auf die Interessenabwägung verstellt und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dem Ansatz des Berufungsgerichts folgend, sind auch die Parteien im Revisionsverfahren darauf nicht mehr eingegangen. Sie haben jedoch in den Vorinstanzen ausführlich zur wechselseitigen Interessenlage vorgetragen. Weil weiterer Tatsachenvortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat die unstreitigen Anknüpfungstatsachen selbst würdigen (BGHZ 122, 309, 316).

c) Die demnach vom Senat vorzunehmende Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, daß der ausnahmslose Ausschluß von Ersatz und Erstattung für abhanden gekommene Fahrscheine weiter geht, als zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten nötig ist, und aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Kunden darstellt.
aa) Auf der Seite der Kunden geht es um deren Interesse, bei einem - möglicherweise unverschuldeten - Verlust des Fahrscheins nicht die schon bezahlte Gegenleistung einzubüßen. Dieses Interesse wiegt umso schwerer, als das Verlustrisiko der Kunden nur dadurch entsteht, daß die Beklagte von
ihnen Vorleistung verlangt, was eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung bedeutet, wonach der Werkunternehmer vorleistungspflichtig ist (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Auf der anderen Seite fällt das Interesse der Beklagten ins Gewicht, die Gegenleistung nicht doppelt erbringen zu müssen. Der mit der Ausstellung eines Ersatzfahrscheins verbundene Verwaltungsaufwand der Beklagten ist hingegen nicht zu berücksichtigen, weil sie sich insoweit durch Erhebung einer kostendeckenden Gebühr beim Kunden schadlos halten kann. Zu einer Doppelleistung der Beklagten könnte es zum einen dann kommen, wenn der Berechtigte den Verlust des Fahrscheins nur vorspiegelt, sowohl den Original- als auch den Ersatzfahrschein nutzt und auf diese Weise die Beförderungsleistung zweimal erlangt, und zum anderen dann, wenn bei einem echten Verlust der unredliche neue Inhaber, insbesondere ein Finder oder Dieb, den Originalfahrschein nutzt und daneben der Verlierer mit Hilfe des Ersatzfahrscheins reist. Soweit die reale Gefahr einer solchen Doppelleistung besteht, diese Gefahr nicht verschwindend gering ist und sie auch nicht durch zumutbare Maßnahmen abgewendet werden kann, ist der Beklagten der Sache nach Ersatz oder Erstattung nicht zuzumuten. Denn insoweit wäre eine Schadensverlagerung vom Kunden auf die Beklagte nicht gerechtfertigt. Vielmehr müßte der Kunde dann - in entsprechender Anwendung des Grundsatzes der Haftung nach Beherrschbarkeit des Risikos bzw. nach Gefahrenbereichen (BGHZ 114, 238, 243) - das in seiner Verantwortungssphäre gelegene Verlustrisiko selbst tragen.
bb) Mit den streitigen Ausschlußklauseln hat sich die Beklagte jedoch nicht auf die Abwendung einer nicht mit zumutbaren Mitteln auszuräumenden Doppelleistungsgefahr beschränkt. Die Klauseln erfassen vielmehr auch solche Fälle, in denen die Beklagte dieser Gefahr leicht begegnen kann. So liegt es
nämlich immer, wenn der Originalfahrschein vor Stellung des Antrags auf Ersatz nicht umgebucht worden ist.
(1) Wird eine Umbuchung des Originalfahrscheins überhaupt nicht beantragt , kann die Beklagte die Gefahr einer Doppelleistung leicht abwenden.
Insoweit ergibt sich aus der Namenseintragung in den Fahrscheinen der Beklagten in Verbindung mit ihrer Praxis, für jede Reise Namenslisten zu führen , ein wesentlicher Unterschied zu normalen Eisenbahn-, Straßenbahn- oder örtlichen Busfahrkarten, die keinen Namen angeben. Der Aussteller solcher Papiere kann nicht kontrollieren, ob er die als abhanden gekommen gemeldete Fahrkarte überhaupt verkauft hat. Deshalb sieht § 18 Abs. 5 der EisenbahnVerkehrsordnung vom 18. Dezember 1938 auch zu Recht vor, daß der Fahrpreis für verlorene (Eisenbahn-)Fahrausweise nicht erstattet wird. Der Beklagten hingegen ist die Kontrolle möglich, ob sie den Fahrschein, für den Ersatz beantragt wird, ausgegeben hat. Wenn der Antragsteller das Datum der Reise, die Fahrstrecke und den Namen des Fahrgasts angibt, kann die Beklagte anhand der Namensliste kontrollieren, ob ihm der sich aus dem Fahrschein ergebende Anspruch auf die Beförderungsleistung überhaupt zusteht.
Stellt sie dem Antragsteller sodann einen Ersatzfahrschein aus, der denselben Inhalt hat, so daß Original- und Ersatzfahrschein auf denselben Namen, dieselbe Fahrstrecke und denselben Hinreisetag lauten, besteht die Gefahr für die Beklagte nur in der Konkurrenz zweier Prätendenten um denselben Reiseplatz. Ob nun ein unredlicher Berechtigter, der den Verlust nur vorgetäuscht hat, den Ersatz- oder den Originalfahrschein an einen zweiten Reisenden weitergibt oder ob neben dem redlichen Berechtigten, der seinen Ersatzfahrschein vorlegt, auch ein unredlicher Dritter, der den Originalfahrschein gefunden oder gestohlen hat, mit dessen Hilfe die Beförderungsleistung in Anspruch nehmen
will: In jedem Fall präsentieren sich dem Busfahrer zwei Bewerber für denselben auf seiner Liste namentlich gekennzeichneten Platz. Dann kann aber der für die Beklagte handelnde Fahrer den unberechtigten Bewerber problemlos abweisen.
Das Recht der Beklagten, dem Nichtberechtigten die Beförderungsleistung zu verweigern, ergibt sich aus ihren Besonderen Beförderungsbedingungen , die Vertragsbestandteil sind. Nach Nr. 3.1. will sie bei der Beförderungsanmeldung mit dem buchenden Erwerber einen Beförderungsvertrag schließen und diesem verpflichtet bleiben, es sei denn, daß "der Beförderungsvertrag", d.h. der Anspruch aus demselben, auf einen anderen Fahrgast übertragen wird, was aber nur mit Zustimmung der Beklagten geschehen kann, die dann auch den Namen des eintretenden Fahrgastes in das Fahrscheinheft einträgt. Dieser Zustimmungsvorbehalt, also das Mitspracherecht der Beklagten bei der Übertragung des Beförderungsanspruchs auf eine andere Person, spricht klar gegen einen Willen der Beklagten, sich jedem Inhaber des Fahrscheins zu verpflichten , und für ihren Willen, nur eine bestimmte, ihr vor Beginn der Reise bekanntgegebene und von ihr gebilligte Person befördern zu müssen. Die Beklagte darf also jede andere als die im Fahrschein benannte Person zurückweisen.
Die hierfür erforderliche Kontrolle ist der Beklagten ohne Schwierigkeiten möglich. Ihr Busfahrer braucht dazu nicht einmal von den beiden Fahrscheininhabern , die denselben Platz beanspruchen, einen Identitätsnachweis verlangen , den dann nur der Berechtigte erbringen könnte. Eine solche Identitätskontrolle wäre der Beklagten in derartigen Ausnahmefällen übrigens ohne weiteres zumutbar. Sie ist aber gar nicht erforderlich, wenn die Beklagte einfach auf der für den Fahrer angefertigten Namensliste vermerkt, daß sie für einen bestimmten Fahrgast einen Ersatzfahrschein ausgestellt hat. Damit ist der Originalfahr-
schein für den Fahrer erkennbar entwertet. Die Legitimationswirkung des Originalfahrscheins ist zerstört. Der Fahrer kann dessen Inhaber zurückweisen.
(2) Aber auch wenn nach der Ausstellung des Ersatzfahrscheins eine Umbuchung des Originalfahrscheins beantragt wird, kann die Beklagte der Gefahr einer Doppelleistung leicht begegnen. Dazu ist ebenfalls nicht erforderlich, daß die Beklagte bei der Umbuchung eine Identitätskontrolle vornimmt. Auch hier genügt es, wenn die Beklagte bei der Ausstellung des Ersatzfahrscheins auf der Namensliste für die Reise hinter dem betreffenden Namen vermerkt, daß ein Ersatzfahrschein ausgestellt worden ist, und auf diese Weise den Originalfahrschein entwertet. Dann kann, da bei einer Umbuchung die Namensliste eingesehen werden muß, um den betreffenden Namen daraus zu streichen, der Originalfahrschein von niemandem mehr umgebucht werden. Dies gilt auch, falls die die Umbuchung vollziehenden Mitarbeiter der Beklagten die Namensliste nicht persönlich einsehen, sondern die Änderung der Liste mittels elektronischer Datenverarbeitung erfolgt. Die Beklagte hat nicht dargetan, daß eine Gestaltung ihrer Software dahin, daß die Umbuchung scheitert, wenn bei dem Namen auf der alten Liste die Ausstellung eines Ersatzfahrscheins vermerkt ist, für sie nicht zumutbar wäre.
(3) Eine mit zumutbaren Mitteln nicht abwendbare Doppelleistungsgefahr besteht nur im Falle einer schon vor Ausstellung des Ersatzfahrscheins erfolgten Umbuchung.
Falls der unredliche Fahrscheinerwerber, der den Verlust nur vorgespiegelt hat, oder der unredliche Dritte mit Hilfe des Originalfahrscheins die Reise bereits auf einen anderen Termin, eine andere Fahrstrecke oder einen anderen Fahrgast umgebucht hat und die umgebuchte Reise schon durchgeführt hat und falls danach noch ein Ersatzfahrschein ausgestellt und eingelöst wird, er-
bringt die Beklagte die Beförderungsleistung doppelt. Dies sieht auch der Kläger ein, der im Revisionsverfahren anerkannt hat, daß dann, wenn schon vor der Reklamation des Kunden der Fahrschein genutzt worden ist, der Kunde "die Folgen seiner eigenen Untätigkeit hinzunehmen" hat, d.h. keinen Ersatz mehr verlangen kann.
Ob auch dann, wenn der Originalfahrschein vor der Verlustmeldung umgeschrieben , die neue Reise aber noch nicht durchgeführt worden ist, für die Beklagte eine nicht oder nur schwer abwendbare Doppelleistungsgefahr besteht , kann offenbleiben. Denn dies würde nichts daran ändern, daß die Beklagte in den bereits dargestellten anderen Fällen, in denen keine Umbuchung erfolgt ist, die Gefahr leicht abwenden kann und die streitigen Klauseln mit ihrer pauschal gehaltenen Fassung deshalb über das Ziel hinausschießen.
cc) Pflichten und Sanktionen, die aufgrund eines berechtigten Verwenderinteresses dem Vertragspartner auferlegt werden, unterliegen einem Übermaßverbot und bedürfen einer konkreten und angemessenen Eingrenzung (Ulmer /Brandner/Hensen § 9 Rdn. 74). Dies hat die Beklagte nicht beachtet. Obwohl eine nicht in zumutbarer Weise abzuwehrende Gefahr einer Doppelleistung für die Beklagte nur dann besteht, wenn der Originalfahrschein vor der Ausstellung eines Ersatzfahrscheins umgebucht worden ist, hat die Beklagte ihren Ausschluß von Ersatz und Erstattung für abhanden gekommene Fahrscheine nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Indem sie die Ausschlußklauseln so allgemein formuliert hat, daß davon auch die Fälle erfaßt werden, in denen sie die Doppelleistungsgefahr leicht abwenden kann - wenn nämlich überhaupt keine Umbuchung des Originalfahrscheins beantragt wird oder dies erst nach Ausstellung des Ersatzfahrscheins geschieht -, hat sie die Belange ihrer Kunden nicht hinreichend berücksichtigt. Sie hat vielmehr ihre eigenen Interessen übermäßig gesichert. Ihre Ablehnung von Ersatz und Erstattung für
abhanden gekommene Fahrscheine ist also nicht grundsätzlich, wohl aber in der gewählten weiten Fassung unangemessen. Da indessen eine Rückführung der Klauseln auf einen zulässigen Inhalt wegen des Verbots geltungserhaltender Reduktion von AGB-Klauseln nicht zulässig ist (BGHZ 124, 254, 262), sind die Klauseln insgesamt unwirksam. Infolgedessen ist der Unterlassungsanspruch des Klägers begründet.
Melullis Scharen Ambrosius
Mühlens Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 178/08 Verkündet am:
24. März 2010
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: nein

a) Auch eine nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG zulässige Spannungsklausel unterliegt im
Falle ihrer formularmäßigen Verwendung der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB.

b) Eine Preisanpassungsklausel in einem Erdgassondervertrag, nach der sich der
neben einem Grundpreis zu zahlende Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu
bestimmten Zeitpunkten ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung
für extra leichtes Heizöl ändert, benachteiligt die Kunden des Gasversorgers
- unabhängig von der Frage, ob dessen Gasbezugskosten in demselben Maße
von der Preisentwicklung für Öl abhängig sind - unangemessen und ist gemäß
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn ein Rückgang der sonstigen Gestehungskosten
des Versorgers auch bei dem Grundpreis unberücksichtigt bleibt.
BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - OLG Köln
LG Köln
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Juni 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. Oktober 2007 wird insgesamt zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband. Mit der Klage hat er von dem beklagten Energieversorgungsunternehmen verlangt, die Verwendung von insgesamt vier Vertragsklauseln gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur noch um eine Preisanpassungsbestimmung , die die Beklagte mit im Wesentlichen identischem Wortlaut in Anlage 41 des "Sondervertrages V (V. Erdgas)" und in Anlage 47 des Vertrages "f. erdgas" verwendet.
2
Anlage 41 ("Bedingungen der R. [= Beklagte] für die Erdgasbelieferung zum Sonderpreis") zum "Sondervertrag V (V. Erdgas)" lautet auszugsweise (der beanstandete Teil der Klausel ist kursiv gedruckt): "2. Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus Arbeitspreisen und einem monatlichen Grundpreis. … Der Arbeitspreis errechnet sich nach der Formel: AP = 2,43 + (0,092 * (HEL - 19,92)) + 0,2024 in ct/kWh Der Arbeitspreis enthält die zusätzliche Erdgassteuer seit 01.01.2003 in Höhe von 0,2024 ct/kWh. Die bis 31.12.2002 gültige Erdgassteuer ist im Ausgangspreis bereits enthalten. Der monatliche Grundpreis (GP) wird unabhängig vom Verbrauch berechnet. Er errechnet sich nach der Formel: GP = 10,22 + (0,88 * (L - 11,61)) in €/Monat. In den vorstehenden Formeln bedeuten: AP = jeweiliger Arbeitspreis GP = jeweiliger Grundpreis HEL = Preis für extra leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) in €/hl. Der Preis ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden zu entnehmen , und zwar der Preis frei Verbraucher in Düsseldorf bei Tankkraftwagen-Lieferung, 40-50 hI pro Auftrag, einschließlich Verbrauchsteuer. Als Mindestwert für HEL gilt jedoch 14,32 €/hl. Dem Ausgangspreis für den AP zum 1.4.94 liegt ein HEL-Wert von 19,92 €/hl zugrunde. L = Stundenlohn, das ist der auf die Stunde bezogene Mindesttabellenlohn für einen Arbeitnehmer mit einem Kind in Lohngruppe V, Mittelwert aller Dienstalterstufen, Ortsklasse 1 (S) nach dem im Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes NRW jeweils gültigen Lohntarif für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe zuzüglich der gleichmäßig an Arbeitnehmer dieser Gruppen aufgrund gesetzlicher und tarifvertraglicher Vorschriften zu zahlenden Zuwendungen. Dem Ausgangspreis für den GP zum 1.4.2000 liegt der Lohn nach dem Stande vom Dez. 1999 in Höhe von 12,83 €/hl zugrunde.
… 4. Der Erdgaspreis wird jeweils mit Wirkung zum 1. April und 1. Oktober eines jeden Jahres angepasst. Dabei werden jeweils zugrunde gelegt: - für die Bildung des Grundpreises der an diesen Tagen gültige Stundenlohn, - für die Bildung des Arbeitspreises zum 1. April das arithmetische Mittel der Preise für extra leichtes Heizöl der Monate Juli bis Dezember des vorhergehenden Kalenderjahres - und für die Bildung des Arbeitspreises zum 1. Oktober das arithmetische Mittel der Preise für extra leichtes Heizöl der Monate Januar bis Juni des laufenden Kalenderjahres.
3
In Anlage 47 ("Preisanpassungsbestimmungen") zum Vertrag "f. erdgas" heißt es abweichend von den zuvor zitierten Vertragsbedingungen (der beanstandete Teil der Klausel ist kursiv gedruckt): "1. Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus Arbeitspreisen und einem monatlichen Grundpreis. … 1.1 Die Arbeitspreise errechnen sich nach folgenden Formeln und enthalten die zusätzliche Erdgassteuer seit 01.01.2003 in Höhe von 0,2024 ct/kWh. Die bis 31.12.2002 gültige Erdgassteuer ist in den Ausgangspreisen bereits enthalten für die ersten 4.972 kWh/Jahr AP = 3,21 + 0,092 * (HEL - 25,39) + 0,2024 in ct/kWh von 4.973 bis 99.447 kWh/Jahr AP = 2,88 + 0,092 * (HEL - 25,39) + 0,2024 in ct/kWh alle weiteren kWh/Jahr AP = 2,83 + 0,092 * (HEL - 25,39) + 0,2024 in ct/kWh". 1.2 Der monatliche Grundpreis wird unabhängig vom Verbrauch berechnet. Er errechnet sich nach der Formel: GP = 9,46 + 0,88 * (L - 12,83) in €/Monat.
4
Das Landgericht (LG Köln, CuR 2007, 153) hat die Beklagte, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen , als Erdgaslieferant im Zusammenhang mit Erdgaslieferverträgen mit Verbrauchern die beanstandeten Teile der genannten Bestimmungen in dem Sondervertrag V (V. Erdgas) sowie in dem Vertrag f. erdgas zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhält- nisse darauf zu berufen, und dem Kläger die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht (OLG Köln, OLGR 2008, 777 = RdE 2009, 22 = ZNER 2008, 391) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
7
Bei der beanstandeten Klausel handele es sich nicht um eine unmittelbare Preisabrede, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen sei, sondern um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Die mathematische Berechnungsformel sei nicht etwa deshalb Teil der vertraglichen Leistungsbeschreibung, weil der Arbeitspreis von vornherein nur in dieser Form vereinbart worden wäre. Vielmehr sei in den jeweiligen Verträgen - beim Vertragstyp "f. erdgas" in der Vertragsurkunde selbst, beim Vertragstyp "Sondervertrag V (V. Erdgas)" in dem beigefügten Preisblatt Anlage 40 - der jeweils aktuelle Arbeitspreis in Form eines festen ct/kWh- Betrages angegeben. Wie dieser Arbeitspreis ermittelt worden sei und wie er bei künftigen Preisanpassungen zu berechnen sein solle, ergebe sich erst aus den weiteren Vertragsbedingungen. Die Klausel stelle in dieser Form keine vertragswesentliche Leistungsbestimmung, sondern eine an die Stelle des dispositiven allgemeinen Vertragsrechts tretende Preisnebenabrede dar.
8
Es könne aber im Ergebnis nicht festgestellt werden, dass die Kunden durch die darin geregelte Bindung der Arbeitspreis-Anpassungen an den Heizölpreis -Index "HEL" unangemessen benachteiligt würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätten Gasversorgungsunternehmen ein berechtigtes Interesse daran, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Kunden weiterzugeben. Bei langfristigen Lieferverträgen seien daher einseitig vorgegebene Bestimmungen, die eine Preisanpassung wegen sich verändernder Kosten vorsehen, grundsätzlich ein geeignetes und zulässiges Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung. Hiervon ausgehend würden Preisanpassungsklauseln regelmäßig als zulässig angesehen , wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offengelegt würden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen könne. Nach Maßgabe dieser Grundsätze fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine unangemessene Benachteiligung der Erdgas-Kunden der Beklagten.
9
Ein Verstoß der Klausel gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot sei nicht erkennbar. Die angegriffene Klausel sei weder unklar noch unverständlich. Ein aufmerksamer und sorgfältiger Verbraucher, auf den abzustellen sei, werde - auch ohne dafür über besondere mathematische Kenntnisse verfügen zu müssen - die Formel zur Berechnung des Arbeits- preises unschwer nachvollziehen und daraus entnehmen können, dass der Arbeitspreis und seine künftigen Anpassungen von der Entwicklung der Variable "HEL" abhingen, also - wie sich aus den textlichen Erläuterungen ergebe - von einem bestimmten, in den Monatsberichten des Statistischen Bundesamtes jeweils mitgeteilten Heizölpreis.
10
Wegen der mathematisch exakten Bindung des Erdgas-Arbeitspreises und seiner Anpassungen an den Heizölpreis-Index drohten bei Anwendung der Klausel weder unkontrollierbare noch willkürliche Preiserhöhungen. Der einzige veränderliche Wert unter den für den Erdgas-Arbeitspreis determinierenden Faktoren - der Faktor "HEL" - sei eine klar definierte Größe, auf deren Entwicklung die Beklagte, soweit erkennbar, keinen Einfluss nehmen könne.
11
Die angegriffene Klausel erweise sich auch nicht deshalb als sachlich unangemessen, weil sie ihrer Art nach neben einer Weitergabe von Bezugskostensteigerungen unter Umständen auch eine Vergrößerung der Gewinnspanne durch Anpassung des Endpreises für Erdgas in Korrelation zum Heizölpreis zulasse. Allerdings sei davon auszugehen, dass es für die Angemessenheit der Klausel letztlich darauf ankomme, ob ihre Anwendung das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Wesentlichen unberührt lasse oder ob die Klausel darauf angelegt sei, dieses Verhältnis in einer die Kunden benachteiligenden Weise zu verändern, weil die Entwicklung der Selbstkosten (ErdgasBezugskosten ) der Beklagten voraussehbar hinter der Entwicklung des Heizölpreises zurückbleibe. Dies könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), dass die Preisgestaltung der Verträge aller Gasversorgungsunternehmen mit ihren Kunden wie auch mit ihren Vorlieferanten seit Erschließung des Erdgases als Energiequelle für den deutschen Markt an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt sei, so dass die Ölpreisbindung der Gaspreise einer inzwischen gefestigten Praxis entspreche. Abweichungen der nach der HEL-Klausel berechneten Endverbrauchspreise von den eigenen Bezugspreisen des Klauselverwenders könnten sich zwar aus unterschiedlichen Vertragslaufzeiten ergeben; ein dauerhaftes Missverhältnis in der Entwicklung von Endverbrauchspreisen und eigenen Bezugskosten drohe damit aber noch nicht.
12
Jedenfalls aus derzeitiger Sicht könne auch nicht angenommen werden, dass die Bindung des Erdgas-Arbeitspreises an die Entwicklung eines Heizölpreis -Indexes bereits deshalb sachlich unangemessen sei, weil es sich bei Erdgas und Heizöl um weder gleichartige noch vergleichbare Güter im Sinne von § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 PrKG handele. Denn obwohl die leitungsgebundene Versorgung der Verbraucher mit Erdgas und ihre Belieferung mit Heizöl nicht als gleichartig zu bezeichnen seien, stünden doch die Gasversorgungsunternehmen auf dem Wärmemarkt in einem (Substitutions-)Wettbewerb mit den Anbietern konkurrierender Heizenergieträger wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme, so dass die Anbindung des Gaspreises an die Preisentwicklung eines dieser anderen - insoweit vergleichbaren - Energieträger nicht von vornherein unvertretbar erscheine.

II.

13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 1 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Bestimmungen zur periodischen Anpassung des Arbeitspreises innerhalb des Sondervertrages V und des Vertrages f. erdgas zu. Denn die Klauseln sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam , weil sie die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
14
1. Bei den von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsbestimmungen handelt es sich, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und die sie ihren Kunden bei Abschluss des Vertrags f. erdgas und des Sondervertrags V stellt.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klauseln nicht schon deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind, weil sie nicht klar und verständlich wären (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB). Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 162, 210, 213 f.). Dabei kommt es auf die Verständnis- und Erkenntnismöglichkeiten eines typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden an, von dem die aufmerksame Durchsicht der Vertragsbedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann (BGHZ 112, 115, 118; 162, 210, 214; jeweils m.w.N.).
16
Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Formel zur Berechnung des Arbeitspreises für einen aufmerksamen und sorgfältigen Verbraucher auch ohne besondere mathematische Kenntnisse nachzuvollziehen ist und dass der Kunde daraus unschwer entnehmen kann, dass der Arbeitspreis und seine künftigen Anpassungen von der Entwicklung der Variable HEL abhängen, die in den textlichen Erläuterungen als ein bestimmter, in den Monatsberichten des Statistischen Bundesamtes mitgeteilter Heizölpreis definiert ist.
17
Anders als die Revision meint, wird die Transparenz der Preisanpassungsbestimmungen nicht dadurch in Frage gestellt, dass für den Endkunden unklar und nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit die Bezugskosten der Beklagten ihrerseits von der "HEL"-Komponente abhängig sind. Der Regelungsgehalt der Klausel (die Art und Weise der Berechnung und der periodischen Anpassung des Arbeitspreises) ist auch ohne Angaben zu den Bezugskosten der Beklagten und deren Abhängigkeit vom Ölpreis aus sich heraus klar und verständlich. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gebietet keine Erläuterung, warum die unmissverständliche Koppelung des Arbeitspreises an die Bezugsgröße "HEL" vorgenommen wird. Die Antwort auf diese Frage ist allein für die inhaltliche Angemessenheit der Klausel von Bedeutung.
18
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass eine über das Transparenzgebot hinausgehende AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsbestimmungen nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung handelt es sich bei den angegriffenen Klauseln um Bestimmungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, und nicht lediglich um Preisbestimmungen , die einer weitergehenden Inhaltskontrolle entzogen wären.
19
a) Da die Vertragsparteien nach dem im bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei regeln können, sind allerdings formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der Hauptleistung oder der hierfür zu erbringenden Vergütung unmittelbar bestimmen , von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB ausgenommen (vgl. BGHZ 93, 358, 360 f.; 143, 128, 139 f.; 146, 331, 338 f.; BGH, Urteil vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98, NJW 1999, 3411, unter II 2 b). Ihre Festlegung ist grundsätzlich Sache der Vertragsparteien, denn es gibt vielfach keine gesetzliche Preisreglung, die bei Unwirksamkeit der vertraglichen Abrede gemäß § 306 Abs. 2 BGB an deren Stelle treten könnte (BGHZ 106, 42, 46; 146, 331, 338; Senatsurteil vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 23/92, WM 1993, 753, unter II 2 a). Zu den einer richterlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogenen Preisbestimmungen zählen auch solche Klauseln, die den Preis bei Vertragsschluss zwar nicht unmittelbar beziffern, jedoch die für die Ermittlung des Preises maßgeblichen Bewertungsfaktoren und das hierbei einzuhaltende Verfahren festlegen (BGHZ 93, 358, 362; 143, 128, 139 f.; 146, 331, 338 f.). Denn auch die vertragliche Festlegung preisbildender Faktoren gehört zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung (BGHZ 143, 128, 140; 146, 331, 338 f.).
20
Hiervon zu unterscheiden sind die kontrollfähigen (Preis-)Nebenabreden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (st. Rspr., z. B. BGHZ 124, 254, 256; 143, 128, 139; 146, 331, 338; BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, NJW 2000, 651, unter II 1 a; jeweils m.w.N.). Anders als die unmittelbaren Preisabreden bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der zu erbringenden Vergütung und/oder etwaige Preismodifikationen zum Inhalt haben, "neben" eine bereits bestehende Preishauptabrede (vgl. BGHZ 146, aaO). Sie weichen von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz ab, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist (vgl. BGHZ 93, 252, 255; Senatsurteil vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115, unter II 2 a), und sind daher einer Inhaltskontrolle unterworfen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dabei macht es keinen Unterschied , ob die Bestimmungen dem Verwender das Recht zu einer einseitigen Preisänderung einräumen oder ob sie - wie hier - eine automatische Preisanpassung zur Folge haben (de Wyl/Essig in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft (2008), § 11 Rdnr. 330). Das zeigt § 309 Nr. 1 BGB, der mit dem Verbot kurzfristiger Preiserhöhungen außerhalb von - hier vorliegenden - Dauerschuldverhältnissen auch solche Regelungen umfasst, die zu einer automatischen Anpassung des vereinbarten Entgelts führen, wie etwa Gleit- oder Spannungsklauseln (vgl. Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 309 Nr. 1 Rdnr. 20; Dammann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Nr. 1 Rdnr. 47; Erman/Roloff, BGB, 12. Aufl., § 309 Rdnr. 2; jeweils m.w.N.).
21
b) Nach diesen Grundsätzen unterliegen die von dem Kläger beanstandeten Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. auch OLG Naumburg, Urteil vom 17. September 2009 - 1 U 23/09, juris, Tz. 45, für entsprechende Klauseln in Fernwärmelieferverträgen; aA LG München I, WuM 2008, 100, 102). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte die Klauseln nur in Verträgen verwendet, in denen der bei Vertragsschluss maßgebliche Arbeitspreis in der Vertragsurkunde oder in einem beigefügten Preisblatt in Form eines festen ct/kWh-Betrages angegeben ist. Diese Angabe enthält aus der maßgeblichen Sicht der Kunden der Beklagten die eigentliche Preisabrede, die nicht durch dispositives Recht ersetzt werden könnte. Mangels jeglichen Hinweises auf mögliche Preisänderungen beinhaltet sie nicht zugleich die Abrede, dass der Arbeitspreis variabel sein soll. Das ergibt sich vielmehr erst aus den vom Kläger beanstandeten "Bedingungen der [Beklagten] für die Erdgasbelieferung zum Sonderpreis" zum "Sondervertrag V (V. Erdgas)" und den "Preisanpassungsbestimmungen" zum Vertrag "f. erdgas". Soweit sich diesen Bedingungen ferner entnehmen lässt, dass auch der bei Vertragsschluss vereinbarte Preis nach derselben Formel berechnet worden ist, wie sie für periodische Preisänderungen maßgeblich sein soll, stellt dies aus der Sicht der Kunden der Beklagten nicht mehr als die Offenlegung der Kalkulationsgrundlage für den bei Vertragsschluss verlangten Preis dar, ohne dass diese dadurch Bestandteil der eigentlichen Preisabrede würde.
22
4. Für die Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann offen bleiben, ob - wie die Revision meint - die beanstandeten Bestimmungen gegen § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (vom 7. September 2007, BGBl. I S. 2246, 2247, im Folgenden: Preisklauselgesetz - PrKG) verstoßen, nach dem der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden darf, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind (so Büttner /Däuper, ZNER 2002, 18, 23 f.), oder ob es sich um Klauseln handelt, bei denen die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (Spannungsklauseln ), so dass das Verbot des Absatzes 1 gemäß Absatz 2 Nr. 2 der Vorschrift keine Anwendung findet (so OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 4. November 2008 - 11 U 60/07, juris, Tz. 35, nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 304/98; OLG Rostock, RdE 2005, 171, 173; LG München I, aaO, 103; Ebel, DB 1995, 2356, 2357, unter Hinweis auf die Auffassung der Deutschen Bundesbank; vgl. auch Schöne in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke (Stand: April 2009), Stromlieferverträge Rdnr. 83).
23
Keiner Entscheidung bedarf ferner, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen , die gegen § 1 Abs. 1 PrKG verstoßen und deshalb gemäß § 8 PrKG ab dem Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes unwirksam sind, den Gegner des Klauselverwenders allein deshalb im Sinne von § 307 BGB unangemessen benachteiligen und Gegenstand eines - hier geltend gemachten - Unterlassungsanspruchs nach § 1 UKlaG sein können, ebenso wie dies in der Rechtsprechung seit langem für Allgemeine Geschäftsbedingungen anerkannt ist, die gegen zwingendes Recht verstoßen und aus diesem Grunde (ex tunc) nichtig sind (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR 2005, 62, unter I m.w.N.).
24
Denn eine etwaige Vereinbarkeit der Klausel mit dem Preisklauselgesetz hindert nach herrschender Auffassung (vgl. Dammann, aaO; Hensen in Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 1 Rdnr. 8; Staudinger/ Coester-Waltjen, aaO, Rdnr. 6; MünchKommBGB/Grundmann, 5. Aufl., § 245 Rdnr. 69; Staudinger/Schmidt, BGB (1997), Vorbem. zu §§ 244 ff. Rdnr. D 171; Schmidt-Räntsch, NJW 1998, 3166, 3170) eine darüber hinausgehende Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 1 BGB oder - wie hier im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen - gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Dafür spricht, dass mit dem Verbot der Indexierung durch das Preisklauselgesetz in erster Linie währungspolitische Ziele verfolgt werden; es soll inflationären Tendenzen entgegen wirken (BR-Drs. 68/07, S. 68). Angesichts dieses Regelungszwecks ist eine nach dem Preisklauselgesetz wirksame Preisanpassungsklausel nicht zwangsläufig mit einer nach § 307 BGB unbedenklichen Regelung gleichzusetzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine in § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG geregelte Ausnahme von dem Preisklauselverbot des § 1 Abs. 1 PrKG in Rede steht, für deren Zulässigkeit es - anders als dies § 2 Abs. 1 Satz 2 PrKG für Ausnahmen nach § 3 und 5 PrKG bestimmt - nicht darauf ankommt, dass keine Partei unangemessen benachteiligt wird.
25
5. Die beanstandeten Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten auch dann entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass das Preisklauselgesetz ihrer Wirksamkeit nicht entgegensteht.
26
Die Feststellung, ob eine Klausel die Grenzen eines angemessenen vertraglichen Interessenausgleichs im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überschreitet , kann nicht ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrags, der typischen Interessen der Vertragschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung getroffen werden (vgl. BGHZ 93, 252, 257; vgl. ferner Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 307 Rdnr. 94, 98; Erman/Roloff, aaO, § 307 Rdnr. 11). Dabei ist auf Seiten des Kunden des Verwenders einer Preisänderungsklausel dessen Interesse daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen (vgl. BGHZ 82, 21, 25; 94, 335, 339 f.; 158, 149, 157 f.; jeweils m.w.N.). Der Verwender von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklauseln hat dagegen - insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen - das ebenfalls anerkennenswerte Bedürfnis, seine Preise den aktuellen Kosten- oder Preisentwicklungen anzupassen (vgl. etwa BGHZ 93, 252, 258; Senatsurteil vom 12. Juli 1989, aaO, unter II 2 b m.w.N.).
27
Daher hat die höchstrichterliche Rechtsprechung Preisänderungsklauseln nicht generell für unwirksam erachtet. Sie stellen vielmehr ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern , und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGHZ 172, 315, Tz. 22; 176, 244, Tz. 14; 180, 257, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Ein berechtigtes Interesse, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Endkunden weiterzugeben , wird auch bei Gasversorgungsunternehmen anerkannt, die mit Normsonderkunden Verträge mit unbestimmter Laufzeit schließen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, WM 2009, 1717, zur Veröffentlichung in BGHZ 182, 59, vorgesehen, Tz. 22, und VIII ZR 56/08, WM 2009, 1711, zur Veröffentlichung in BGHZ 182, 41, vorgesehen, Tz. 24).
28
Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich bislang allerdings nur mit Preisänderungsbestimmungen in Form von Leistungsvorbehalts- und Kostenelementeklauseln (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 3 PrKG) befasst. Zur Inhaltskontrolle von Spannungsklauseln (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG) hat die höchstrichterliche Rechtsprechung - soweit ersichtlich - noch keine Aussagen getroffen. Die Entscheidungen vom 26. November 1975 (VIII ZR 267/73, NJW 1976, 422, unter II 1) und vom 23. Februar 1979 (V ZR 106/76, NJW 1979, 1545, unter II) befassen sich nur mit der damals noch relevanten Frage der Genehmigungsfähigkeit nach § 3 WährG. In seinem Urteil vom 12. Juli 1989 (aaO) hat der Senat zwar eine formularmäßige Wertsicherungsklausel - hierzu zählen auch genehmigungsfreie Spannungsklauseln - als Sicherungsinstrument gegen den Wertverfall der Gegenleistung erwogen, deren Zulässigkeit aber nicht weiter vertieft. Vorliegend bedarf es ebenfalls keiner abschließenden Klärung, unter welchen Voraussetzungen formularmäßige Spannungsklauseln in langfristigen Vertragsverhältnissen einer Inhaltskontrolle standhalten. Denn im Streitfall scheitert die Wirksamkeit der von dem Kläger angegriffenen Klauseln bereits daran, dass ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an deren Verwendung nicht vorliegt.
29
a) Der Wortlaut der Klauseln spricht dafür, dass sie - anders als etwa Kostenelementeklauseln (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. Juli 1989, aaO) - nicht der Weitergabe von Kostensteigerungen oder -senkungen dienen, sondern als Spannungsklauseln unabhängig von der Kostenentwicklung die Erhaltung einer bestimmten Wertrelation zwischen Leistung und Gegenleistung bezwecken. Zwar mag der Preis für extra leichtes Heizöl auch die Gestehungskosten der Beklagten beeinflussen. Nach den beanstandeten Preisanpassungsbestimmungen stellt der Preis für leichtes Heizöl indes keinen Kostenfaktor , sondern vielmehr einen Wertmesser für die von der Beklagten zu erbringende Leistung dar (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 27. Juni 1973 - VIII ZR 98/72, NJW 1973, 1498, unter II 2 und 3), weil er als solcher und ohne Rück- sicht auf die Kosten der Beklagten die Höhe des Arbeitspreises für Gas bestimmen soll.
30
In einem langfristigen Vertragsverhältnis mag für eine Spannungsklausel ein berechtigtes Interesse des Verwenders bestehen, wenn sie bestimmt und geeignet ist zu gewährleisten, dass der geschuldete Preis mit dem jeweiligen Marktpreis für die zu erbringende Leistung übereinstimmt (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 1979 - VIII ZR 245/78, BB 1979, 1213, unter II 2 m.w.N.). Dies setzt jedoch die Prognose voraus, dass sich der Marktpreis für die geschuldete Leistung typischerweise ähnlich wie der Marktpreis für das Referenzgut entwickelt. In diesem Fall handelt es sich um eine Bezugsgröße, die den Gegebenheiten des konkreten Geschäfts nahe kommt und die deshalb für beide Vertragsparteien akzeptabel sein kann (vgl. BGHZ 158, 149, 158). Die Gewährleistung einer gleitenden Preisentwicklung vermeidet dabei auf beiden Seiten die Notwendigkeit , einen langfristigen Vertrag allein deswegen zu kündigen, um im Rahmen eines neu abzuschließenden Folgevertrags einen neuen Preis aushandeln zu können. Die Spannungsklausel sichert so zugleich stabile Vertragsverhältnisse und die im Massengeschäft erforderliche rationelle Abwicklung.
31
Bezogen auf leitungsgebundenes Gas scheitert die erforderliche Prognose indes bereits daran, dass ein - durch die Spannungsklausel zu wahrender - Marktpreis für Gas nicht feststellbar ist, weil es auf dem Markt für die Lieferung von leitungsgebundenem Gas an Endverbraucher nach wie vor an einem wirksamen Wettbewerb fehlt. Gegenteiliges macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend. Dass sich faktisch der Gaspreis vielfach parallel zum Preis für leichtes Heizöl entwickelt, beruht nicht auf Markteinflüssen, sondern darauf, dass - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - die Ölpreisbindung der Gaspreise einer gefestigten Praxis entspricht. Eine Spannungsklausel, die allein an die Entwicklung der örtlichen Heizölpreise anknüpft, dient dazu, überhaupt erst einen variablen Preis für leitungsgebundenes Gas herauszubilden. Ein solcher wird gerade nicht durch Angebot und Nachfrage auf dem Gassektor bestimmt. Daher kann die verwendete Klausel das Ziel, die Anpassung an einen für leitungsgebundenes Gas bestehenden Marktpreis zu gewährleisten, von vornherein nicht erreichen.
32
b) Damit verbleibt - wie bei sonstigen Preisänderungsklauseln in Versorgungsverträgen mit Sonderkunden auch - als anerkennenswertes Interesse des Gaslieferanten nur dessen Bedürfnis, Kostensteigerungen in adäquater Weise an seine Kunden weiterzugeben. Unterstellt, dass die Beklagte mit den beanstandeten Preisanpassungsklauseln diese Zielsetzung verfolgt, obwohl das nach dem Wortlaut zweifelhaft ist, halten die streitgegenständlichen Klauseln jedoch auch unter diesem Gesichtspunkt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand.
33
aa) Eine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht schon deswegen zu verneinen, weil die auf allen Stufen der Lieferkette praktizierte Öl-Gas-Preisbindung (Prinzip der Anlegbarkeit des Preises) ursprünglich den Erdgasproduzenten langfristige Investitionssicherheit durch Absatzsicherung gewähren und für die Gasversorgungsunternehmen die Konkurrenzfähigkeit des Erdgases im Substitutionswettbewerb mit dem Heizöl auf dem Raumwärmemarkt sichern sollte (vgl. BTDrs. 16/506). Denn ein berechtigtes Interesse der Regional- und Ortsgasunternehmen an einer Weitergabe der Öl-Gas-Preisbindung an die Endverbraucher ergibt sich daraus nur, wenn und soweit ihre eigenen Gestehungskosten tatsächlich durch die Öl-Gas-Preisbindung beeinflusst werden.
34
bb) Dementsprechend hat das Berufungsgericht für die Begründung der Wirksamkeit der Klauseln entscheidend auf das berechtigte Interesse der Be- klagten abgestellt, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit auf ihre Kunden abzuwälzen. Dabei hat es sich im Ansatz zutreffend von den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Grundsätzen zur Weitergabe von Kostenentwicklungen leiten lassen.
35
Der Senat hat zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse von Gasversorgungsunternehmen anerkannt, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Normsonderkunden weiterzugeben (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, und VIII ZR 56/08, aaO). Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jedoch überschritten, wenn Preisanpassungsbestimmungen dem Verwender die Möglichkeit einräumen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 176, 244, Tz. 18; 180, 257, Tz. 25; Senatsurteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, unter II 2, und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21; jeweils m.w.N.). Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Klausel dem Energieversorger eine Preiserhöhung auch in den Fällen erlaubt, in denen ein Anstieg bei einem der Kostenfaktoren durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird und das Versorgungsunternehmen daher insgesamt keine höheren Kosten zu tragen hat, als dies bei Abschluss des Belieferungsvertrags der Fall war (vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005, aaO, unter II 3 c; vom 13. Dezember 2006, aaO, Tz. 23).
36
cc) Letzteres ist bei den beanstandeten Preisanpassungsklauseln entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Fall. Zwar tritt die Preisanpassung zu den im Vertrag angegebenen Zeitpunkten (1. April und 1. Oktober) automatisch ein und ist damit jeglicher Einflussnahme durch die Beklagte entzo- gen. Zudem werden Preissenkungen in demselben Umfang und nach denselben Maßstäben an die Kunden der Beklagten weitergegeben wie Preissteigerungen. Die Preisanpassungsbestimmungen der Beklagten benachteiligen deren Kunden jedoch deshalb unangemessen, weil sie die mögliche Kostenentwicklung bei der Beklagten nicht in jedem Fall zutreffend abbilden, sondern dieser die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung eröffnen.
37
(1) Das Berufungsgericht hat als gerichtsbekannt (§ 291 ZPO) angenommen , dass die Preise in allen Verträgen von Gasversorgern - also auch in denjenigen der Beklagten - mit ihren Vorlieferanten an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt sind. Es hat allerdings keine Feststellungen dazu getroffen, ob diese Kopplung in den Bezugsverträgen der Beklagten ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der von der Beklagten gegenüber ihren Endkunden vorgenommenen Ölpreisbindung entspricht. Es ist offen, ob die Vorlieferanten der Beklagten bei ihren Preisbestimmungen dieselben oder jedenfalls vergleichbare örtliche Notierungen als Referenzgröße (einschließlich der Verbrauchssteuern ) heranziehen, ob sie neben dem HEL-Parameter zusätzliche Bemessungsfaktoren vorsehen, ob sie einen ähnlichen Äquivalenzfaktor wie die Beklagte und vergleichbare Festanteile ansetzen und ob sie dieselben Berechnungszeiträume zugrunde legen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die beanstandeten Klauseln auch dann zu einer Erhöhung des Arbeitspreises gegenüber ihren Kunden führen, wenn die Bezugskosten der Beklagten nicht im vergleichbaren Maß gestiegen sind. Schon dies hätte die Unwirksamkeit der Klauseln nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge (vgl. OLG Naumburg, aaO, Tz. 46). Weiterer tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf es jedoch nicht.
38
(2) Denn selbst unterstellt, dass die Bezugspreise für die Beklagte aufgrund der Ölpreisbindung im Verhältnis zu ihren Lieferanten in dem selben Maße steigen und fallen, wie ihre Arbeitspreise im Verhältnis zu ihren Abnehmern, ergibt sich die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung für die Beklagte daraus, dass die beanstandeten Klauseln als einzige Variable den HEL-Preis enthalten und damit die Kostenentwicklung in anderen Bereichen unberücksichtigt lassen. Bei den ölpreisgebundenen Gasbezugskosten handelt es sich nur um einen, wenn auch möglicherweise den wesentlichen Kostenfaktor für die von der Beklagten zu erbringende Leistung. Daneben fallen weitere Kosten wie etwa Netz- und Vertriebskosten an, die von der Entwicklung des Preises für extra leichtes Heizöl unabhängig sind. Die Klauseln führen jedoch zu einer Erhöhung des Arbeitspreises selbst dann, wenn die steigenden Bezugspreise durch Kostensenkungen in anderen Bereichen aufgefangen werden.
39
(3) Eine dadurch bedingte unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten wäre allerdings ausgeschlossen, wenn derartige Kostensenkungen im Rahmen des von der Beklagten neben dem Arbeitspreis verlangten Grundpreises berücksichtigt würden. Der Kläger begehrt mit seinem Klageantrag lediglich die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klauseln innerhalb der von der Beklagten benutzten Vertragswerke "Sondervertrag V" und "f. erdgas", nach denen die Beklagte neben dem Arbeitspreis einen ebenfalls nach einer bestimmten Formel berechneten Grundpreis in Rechnung stellt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob mit dem Arbeitspreis allein die Bezugskosten der Beklagten abgedeckt werden und alle sonstigen Kosten mit dem Grundpreis abgegolten werden. Dies kann aber letztlich auch dahinstehen.
40
Denn auch die von der Beklagten für die Berechnung des Grundpreises verwendeten Formeln enthalten nur eine einzige Variable, den näher definierten Stundenlohn L. Sie berücksichtigen also nur Änderungen bei den Personalkosten , nicht dagegen etwa bei den staatlichen Abgaben oder bei dem nicht auf Personalaufwendungen entfallenden Anteil der Netz- und Vertriebskosten. Dass Kostensenkungen außerhalb von Gasbezugs- und Personalkosten, etwa im Bereich der staatlichen Abgaben oder der Investitionskosten, von vornherein ausgeschlossen wären, ist nicht ersichtlich. Damit ermöglichen die von dem Kläger beanstandeten Klauseln zur Anpassung des Arbeitspreises in bestimmten Fällen für die Beklagte eine verdeckte Gewinnmaximierung; dies hat gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ihre Unwirksamkeit zur Folge.

III.

41
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Oberlandesgericht zum Nachteil des Klägers erkannt hat. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist in vollem Umfang zurückzuweisen. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.10.2007 - 26 O 91/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.06.2008 - 6 U 203/07 -

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.

(1) Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des § 643 aufgehoben wird.

(2) Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

1.
(Kurzfristige Preiserhöhungen)eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;
2.
(Leistungsverweigerungsrechte)eine Bestimmung, durch die
a)
das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder
b)
ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird;
3.
(Aufrechnungsverbot)eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen;
4.
(Mahnung, Fristsetzung)eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;
5.
(Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a)
die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b)
dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
6.
(Vertragsstrafe)eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;
7.
(Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a)
(Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b)
(Grobes Verschulden)ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;
8.
(Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
a)
(Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen)eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen;
b)
(Mängel)eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen
aa)
(Ausschluss und Verweisung auf Dritte)die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden;
bb)
(Beschränkung auf Nacherfüllung)die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;
cc)
(Aufwendungen bei Nacherfüllung)die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen;
dd)
(Vorenthalten der Nacherfüllung)der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
ee)
(Ausschlussfrist für Mängelanzeige)der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist;
ff)
(Erleichterung der Verjährung)die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;
9.
bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat,
a)
eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags,
b)
eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen, oder
c)
eine zu Lasten des anderen Vertragsteils längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer;
dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge;
10.
(Wechsel des Vertragspartners)eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird
a)
der Dritte namentlich bezeichnet oder
b)
dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen;
11.
(Haftung des Abschlussvertreters)eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt,
a)
ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder
b)
im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung
auferlegt;
12.
(Beweislast)eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a)
diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b)
den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;
13.
(Form von Anzeigen und Erklärungen)eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a)
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b)
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c)
an besondere Zugangserfordernisse;
14.
(Klageverzicht)eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat;
15.
(Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistung)eine Bestimmung, nach der der Verwender bei einem Werkvertrag
a)
für Teilleistungen Abschlagszahlungen vom anderen Vertragsteil verlangen kann, die wesentlich höher sind als die nach § 632a Absatz 1 und § 650m Absatz 1 zu leistenden Abschlagszahlungen, oder
b)
die Sicherheitsleistung nach § 650m Absatz 2 nicht oder nur in geringerer Höhe leisten muss.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 201/06
vom
26. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger,
Prof. Dr. Schmitt und Dr. Grüneberg
am 26. Juni 2007

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 935.094,55 €

Gründe:


I.


1
Klägerin Die nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht der Raiffeisen-Volksbank M. (im Folgenden: RVB) aus einer Bürgschaft in Anspruch.
2
Die P. GmbH, deren GesellschafterGeschäftsführer der Beklagte ist, und die inzwischen insolvente E. GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Streithelfer des Beklagten ist, waren Gesellschafter der E. -P. GbR (im Folgenden: Hauptschuldnerin). Die RVB gewährte der Hauptschuldnerin im Mai 1998 für den Erwerb und die Errichtung einer Eigentumswohnungsanlage zunächst einen Vorfinanzierungskredit über 7 Mio. DM, der im weiteren Verlauf zunächst reduziert und sodann am 17. August 2000 wieder auf 5,37 Mio. DM erhöht und bis zum 31. Mai 2001 prolongiert wurde. Zugleich übernahm der Beklagte - wie auch sein Streithelfer - gegenüber der RVB zur Sicherung dieser Kreditzusage und unter formularmäßiger Abbedingung des § 769 BGB eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 5,41 Mio. DM.
3
Nachdem die RVB das Darlehen am 29. Mai/11. Juni 2001 erneut um ein Jahr prolongiert hatte, geriet die E. GmbH in eine finanzielle Schieflage, weshalb die RVB im Februar 2002 für eine Liquiditätshilfe die Einbringung weiteren Eigenkapitals und die Stellung weiterer Sicherheiten forderte. Am 20. März 2002 kündigte die RVB gegenüber der Hauptschuldnerin unter Hinweis auf die unterbliebene Nachbesicherung und die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse die Geschäftsverbindung mit sofortiger Wirkung. Mit Schreiben vom 3. April 2002 teilte der Beklagte der RVB mit, "das Darlehen/Bürgschaftskonto (werde) in den nächsten zwei bis drei Jahren zu 100% getilgt". Am 8. April 2002 zahlte er auf die Bürgschaft 100.000 €. Wenig später trat die RVB ihre Forderungen gegen die Hauptschuldnerin und die beiden Bürgschaften an die Klägerin ab.
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In der Folgezeit kam es zwischen der Klägerin und dem Streithelfer des Beklagten zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kreditkündigung , der am 20. Oktober 2004 durch Abschluss einer sog. Globalvereinbarung beigelegt wurde. An der Globalvereinbarung war außer der Klägerin und dem Streithelfer noch eine dritte Person beteiligt. In die Vereinbarung wurden u.a. die Kreditforderungen der Klägerin gegen den Streithelfer und den Dritten sowie gegen Unternehmen, an denen beide beteiligt waren, einbezogen, außerdem auch Schadensersatzforderungen des Streithelfers und des Dritten gegen die Klägerin. Nach der Globalvereinbarung sollte die Klägerin verschiedene Zahlungen u.a. aus der Verwertung von Sicherheiten erhalten. Ferner enthielt die Vereinbarung folgende Regelungen: "6. Die B. erklärt gegenüber E. nach Vollzug der … Vereinbarungen einen Einforderungsverzicht hinsichtlich der die oben genannten Beträge übersteigenden Kreditforderungen der B. nebst persönlicher von E. gestellter Sicherheiten (persönliche Bürgschaften) gegenüber E. . Hiervon ausgenommen sind von einem Unternehmen der sog. E. - Gruppe bestellten Sicherheiten respektive bestellter Drittsicherheiten. … 9. Mit Erfüllung dieser Globalvereinbarung sind alle gegenwärtigen Ansprüche und Forderungen zwischen den Parteien erledigt und vollständig abgegolten. 10. Die Parteien verpflichten sich, über den Inhalt der Vergleichsgespräche und über den Inhalt dieser Globalvereinbarung stillschweigen zu bewahren."
5
Nach der Abrechnung der Klägerin beträgt die Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldnerin noch 935.094,55 € nebst Zinsen. Insoweit nimmt die Klägerin den Beklagten aus der Bürgschaft in Anspruch.
6
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben , ob die Kündigung des Darlehensvertrages und die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs an die Klägerin wirksam seien. Vielmehr sei be- reits davon auszugehen, dass die Hauptforderung weitgehend, wenn nicht gar vollständig dadurch erloschen sei, dass der Streithelfer des Beklagten Leistungen an die Klägerin erbracht habe, die zum Erlöschen der Hauptforderung geführt hätten. Zwar sei der Beklagte für die Erfüllung der Hauptschuld an sich beweispflichtig. Er könne jedoch nicht wissen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Leistungen aufgrund der Globalvereinbarung erlangt habe. Daher treffe die Klägerin hinsichtlich des Umfangs ihres fortbestehenden Hauptanspruchs eine sekundäre Behauptungslast , der sie nicht genügt habe.

II.


7
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
9
Art. 103 a) Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersicht- lich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt außerdem voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Es kommt deshalb im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG 84, 188, 190; 86, 133, 144; 98, 218, 263).
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Nach b) diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Januar 2006 der Klägerin und dem Streithelfer des Beklagten aufgegeben, darzulegen, ob die Globalvereinbarung vom 20. Oktober 2004 vollzogen und der "Einforderungsverzicht" gemäß Nr. 6 wirksam geworden sei. Zugleich hat es die Parteien darauf hingewiesen, dass es von einer umfassenden Entlastung des Streithelfers gegenüber der Klägerin ausgehe, die auch Rechtswirkungen zu Gunsten des Beklagten habe, weil ansonsten der Streithelfer des Beklagten dessen Rückgriffsanspruch ausgesetzt sei. Auf diesen Hinweis hat die Klägerin u.a. mit Schriftsätzen vom 3. Februar und 13. April 2006 mitgeteilt, dass die Globalvereinbarung nicht "vollständig" vollzogen sei, und unter Beweisantritt behauptet, den Streithelfer mit Schreiben vom 14. Februar 2006 zur Umsetzung der Regelung zu Ziff. 2 der Globalvereinbarung betreffend die freihändige Verwertung bestimmter Immobilien aufgefordert und im Falle der Nichterfüllung die Kündigung der Globalvereinbarung angedroht zu haben. Der Streithelfer des Beklagten hat mit Schriftsatz vom 19. April 2006 eingeräumt, dass die Globalvereinbarung noch nicht vollständig vollzogen worden sei. Der Beklagte hat sich hierzu nicht geäußert.
11
Ohne nähere Begründung und ohne tragfähige Grundlage im Sachvortrag der Parteien hat das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass die Globalvereinbarung jedenfalls in Teilen vollzogen sei, geschlossen , dass die Klägerin Leistungen empfangen habe, die zu einer entsprechenden Reduzierung des offenen Restsaldos der Hauptverbindlichkeit geführt hätten. Hierbei hat das Berufungsgericht - entgegen seinen eigenen Feststellungen - jedoch zum einen übergangen, dass solche Zahlungen weder der Beklagte noch sein Streithelfer substantiiert vorgetragen haben und die Klägerin dies sogar ausdrücklich bestritten hat. Zum anderen hat das Berufungsgericht hiermit seinen im Hinweisbeschluss vom 17. Januar 2006 dargelegten rechtlichen Ausgangspunkt eines Vertrags zu Gunsten Dritter verlassen und die Klageabweisung mit der - zudem rein spekulativen - Erfüllung der Hauptverbindlichkeit begründet. Hiermit musste die Klägerin nach dem bisherigen Prozessverlauf ohne vorherigen Hinweis nicht rechnen, zumal sie eine auch nur teilweise Erfüllung des Restsaldos stets bestritten hatte.
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Die 2. Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht ist auch entscheidungserheblich. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft von Leistungen auf die Hauptverbindlichkeit ausgegangen ist, fehlt für deren Erlöschen eine tragfähige Grundlage.
13
übrigen Die Voraussetzungen des geltend gemachten Bürgschaftsanspruchs sind von der Klägerin schlüssig vorgetragen worden.
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a) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung der Darlehensforderung und der Bürgschaft bestehen nicht (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643, 644 ff., für BGHZ vorgesehen ).
15
b) Die Hauptforderung ist entstanden und der Höhe nach unstreitig. Zur Fälligkeit hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung des Darlehens wegen der unterbliebenen Nachbesicherung infolge der fehlenden Deckung der Darlehensrestforderung nach Verkauf aller Wohneinheiten des Bauprojekts und der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse eines Gesellschafters der Hauptschuldnerin vorgelegen habe. Abgesehen davon ist der Darlehensvertrag nur bis zum 30. Mai 2002 prolongiert worden.
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c) Ein Erlöschen der Darlehensrestforderung durch Zahlung (§ 362 BGB) hat der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darlegungsund beweispflichtige Beklagte (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1995 - IX ZR 129/94, WM 1995, 1229, 1230 und vom 7. Dezember 1995 - IX ZR 110/95, WM 1996, 192) weder substantiiert behauptet noch unter Beweis gestellt. Dass der Beklagte über etwaige Zahlungen seines Streithelfers keine eigene Kenntnis hat, führt - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - allein noch nicht zu einer sekundären Darlegungslast der Klägerin. Dies kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände der Fall sein, die das Berufungsgericht aber nicht festgestellt hat.

17
Ein d) Erlöschen der Darlehensrestforderung durch einen in der Globalvereinbarung enthaltenen Erlassvertrag (§ 397 BGB) zu Gunsten der Hauptschuldnerin oder zu Gunsten des Beklagten als Bürgen scheidet aus, weil ein Erlassvertrag zu Gunsten Dritter im Hinblick auf dessen Verfügungscharakter nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 41, 95 f.; 126, 261, 266).
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e) Der sog. Einforderungsverzicht in Ziff. 6 Abs. 1 der Globalvereinbarung könnte zwar auch als ein unbefristetes Stillhalteabkommen ausgelegt werden, das als Verpflichtungsgeschäft zu Gunsten Dritter keinen rechtlichen Bedenken unterliegen würde. Eine solche Verpflichtung enthält die Globalvereinbarung jedoch nicht. In Ziff. 6 Abs. 2 ist die Geltendmachung von Drittsicherheiten ausdrücklich ausgenommen worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Globalvereinbarung das Kreditengagement des Streithelfers des Beklagten gegenüber der Klägerin abschließend regeln sollte, dieser aber im Falle einer Inanspruchnahme des Beklagten durch die Klägerin dessen Rückgriffsanspruch ausgesetzt sein könnte. Ob dies der Fall ist, richtet sich allein nach den zwischen dem Beklagten und dessen Streithelfer getroffenen Vereinbarungen bzw. den für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen Vorschriften. Die in Ziff. 6 Abs. 2 der Globalvereinbarung getroffene Regelung legt es nahe, dass auch das Recht des Beklagten, bei dem Streithelfer Rückgriff zu nehmen, nicht berührt werden sollte. Aufgrund dessen würde dem Beklagten gegen die Klägerin auch keine Einwendung aus § 776 BGB zustehen.
19
3. Das angefochtene Urteil war danach gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Nobbe Müller Ellenberger
Schmitt Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 05.07.2005 - 6 O 244/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 11.05.2006 - 5 U 1140/05 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.