Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2016 - L 4 KR 4368/15

bei uns veröffentlicht am29.04.2016

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. August 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für die Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten in Höhe von EUR 11.218,66 sowie die zukünftige Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten zur Behandlung von Morbus Crohn.
Der Kläger ist am 1978 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Ihm wurde die Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 Betäubungmittelgesetz (BtMG) zum Erwerb von Cannabis (medizinal-Cannabisblüten) erteilt. Mit Schreiben vom 5. September 2013 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für das Medikament Cannabis flos Bedrocan bei der Beklagten. Er legte ein Schreiben des Facharztes für Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie Dr. Sc. (Poliklinik E.) vom 21. August 2013 vor. Danach leidet der Kläger seit 2008 an einer schweren Form des Morbus Crohn. Die schulmedizinische Behandlung sei in einer renommierten M. Praxis für Gastroenterologie (Dres. H. und F.) erfolgt. Alle praktizierten schulmedizinischen Behandlungsversuche seien bislang fehlgeschlagen. Azathioprin löse eine Pankreatitis aus. Eine Behandlung mit Methotrexat sei wegen Erfolglosigkeit abgebrochen worden. Humira sei nach längerfristigem Einsatz nicht wirksam gewesen. Bezüglich Remicade sehe er bei noch nicht abgeschlossener Familienplanung Bedenken. Außerdem sei eine erfolgreiche Wirkung des TNF-Antikörpers bei Versagen von Humira in aller Regel nicht zu erwarten. Nur durch Konsum von Cannabisblüten könne der Kläger einigermaßen Lebensqualität erreichen. Es gehe vor allem um die appetitanregende und antispastische Wirkung der Alkaloide. Bei Krankheitsschüben stünden die Tenesmen, der Ekel vor dem Essen und zahlreiche schmerzhafte Stuhlabgänge im Vordergrund. Ein wichtiger Aspekt sei die Erhaltung der Arbeitskraft. Die gute Cannabiswirksamkeit im speziellen Fall des Klägers sei nachzuvollziehen. Es gehe um Lebensqualität und um die Erhaltung der Arbeitskraft.
Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. P. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern unter dem 14. November 2013 mit, dass aus den übersandten Unterlagen nicht hervorgehe, dass der Kläger gastroenterologisch ausbehandelt wäre. Empfohlen werde eine Mitbehandlung in einer gastroenterologischen Ambulanz einer Universitätsklinik oder eines größeren Lehrkrankenhauses. Cannabis-Alkaloide seien in der beantragten Anwendungsform indikationsbezogen nicht zugelassen. Es liege kein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vor, gemäß dem Cannabis-Alkaloide in dem nicht zugelassenen Anwendungsgebiet (Off-Label-Use) im Rahmen der Anlage 6 der Arzneimittelrichtlinien (AMR) verordnungsfähig seien. Eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufene Erkrankung liege nicht vor; der Eintritt einer irreversiblen schwerwiegenden Behinderung bestehe nicht. Die Lebensqualität werde möglicherweise auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Eine seltene nicht erforschbare Krankheit liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 14. November 2013 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für das Medikament Flos Bedrocan ab. Dieses Arzneimittel sei in Deutschland und auch in der gesamten Europäischen Union nicht zugelassen, könne daher nur in besonderen Ausnahmefällen verordnet werden. Eine Kostenübernahme für nur im Ausland zugelassene Arzneimittel sei grundsätzlich - vor allem wegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung und möglicher Gesundheitsrisiken – nicht möglich. Eine Ausnahmesituation im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) oder des Bundessozialgerichts (BSG) liege nicht vor. Aus der eingeholten Stellungnahme des MDK gehe hervor, dass es für den Kläger vertragliche Behandlungsalternativen gebe. Der MDK empfehle die Mitbehandlung in einer gastroenterologischen Ambulanz. Eventuell wäre auch eine Rehabilitationsmaßnahme oder Ernährungsberatung indiziert. Außerdem stünden vertragliche Arzneimittel wie z.B. Prednison zur Verfügung.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 2013 Widerspruch. Alle schulmedizinischen Therapien seien ohne Erfolg getestet worden. Einzig Remicade lehne er wegen möglicher Genveränderung im Hinblick auf eine nicht abgeschlossene Familienplanung ab. Es gebe zahlreiche Studien zur Wirksamkeit von Cannabis. Die Beklagte trage ohne Probleme eine Therapie mit Humira, die EUR 1.800,00 im Monat gekostet habe und ihm nichts gebracht habe. Eine Cannabis-Therapie, die nicht einmal ein Drittel der Kosten verursache und die zahlreiche Aspekte seiner Krankheit verbesserten, würde ihm jedoch versagt. Der Kläger legte ein ärztliches Attest „zur Vorlage bei der Bundesopiumstelle“ der Ärztin für Allgemeinmedizin, Naturheilkunde und klassische Homöopathie Dr. Re. vom 12. Mai 2011 vor. Danach befinde sich der Kläger seit dem 9. Dezember 2010 in ihrer hausärztlichen Behandlung. Er leide seit drei Jahren unter einem Morbus Crohn mit erheblichen abdominellen Beschwerden und rezidivierenden Durchfällen, die zu starker Gewichtsabnahme mit Schlaflosigkeit, Schwäche und teils unerträglichen Schmerzen mit Arbeitsunfähigkeit führten. Der Kläger habe sich allen üblichen schulmedizinischen diagnostischen und therapeutischen Behandlungen unterzogen sowie auch einer homöopathischen Behandlung. Es hätten sich leider allenfalls vorübergehende Besserungen ergeben. Seit Dezember 2010 rauche der Kläger aus therapeutischen Gründen immer wieder Cannabis, was als einziges Medikament zu deutlichem Wohlbefinden, der Besserung des Allgemeinzustandes, des Schlafes und der Schmerzen geführt habe. Aus ihrer Sicht sei dringend eine Erlaubnis für die Therapie mit Cannabis zu erteilen. Nur so sei dem Kläger ein einigermaßen lebenswertes und erträgliches Leben und Arbeitsfähigkeit möglich. Der Kläger legte weiter einen Arztbrief des Dr. F. vom 17. Januar 2011 über eine Ileokoloskopie vom 25. März 2010 vor, bei der ein mittelgradig bis hochgradig aktiver Morbus Crohn diagnostiziert worden sei. Der Kläger sei seit Juni 2009 in seiner Behandlung, ab September 2009 sei eine Behandlung Azathioprin begonnen worden, die wegen Auftretens einer Pankreatitis habe abgesetzt werden müssen. Von Oktober 2009 bis Januar 2010 sei dann eine Behandlung mit Methotrexat durchgeführt worden, die wegen Wirkungslosigkeit ebenfalls habe beendet werden müssen. Ab April 2010 sei dann eine Behandlung mit Humira durchgeführt worden, die ebenfalls längerfristig nach initialem Ansprechen aber nicht wirksam gewesen sei. Überbrückend zu den anderen Behandlungen habe der Kläger immer wieder Entocort-Tabletten erhalten. Eine vollständige Unterbrechung des Rauchens sei ihm leider nicht möglich gewesen. Eine vorgeschlagene Behandlung mit Remicade habe er ebenfalls nicht durchführen wollen. Er sehe die Indikation für Remicade oder Humira gegeben. Bezüglich der Applikationsart wäre Humira für den Kläger angenehmer. Mit der Therapie werde umgehend nach Ausschluss von Kontraindikationen und Durchführung einer Impfung mit Pneumovax begonnen.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. L. vom MDK Baden-Württemberg unter dem 9. Dezember 2013 eine kurze sozialmedizinische Fallberatung. Danach seien die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung nicht erfüllt. Der Kläger habe keine aussagekräftigen Berichte vorgelegt, die die Diagnose eines Morbus Crohn bestätigten und die Ausschöpfung aller hierfür etablierten Therapien belegen würden.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. B. vom MDK Baden-Württemberg unter dem 10. Februar 2014 ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage. Die Voraussetzungen für die Kostenübernahme lägen nicht vollständig vor. Zwar liege eine schwerwiegende, die Lebensqualität nachhaltig beeinflussende Krankheit vor. Es könne aber nicht bestätigt werden, dass es eine lebensbedrohliche Erkrankung oder gleichzustellende Erkrankung sei. Weiterhin könne nicht bestätigt werden, dass in der vertragsärztlichen Versorgung keine Therapiealternativen mehr bestünden. Es stünde zunächst eine Anbindung an eine wohnortnahe gastroenterologische Fachpraxis oder Universitätsambulanz im Vordergrund. Für die Behandlung des Morbus Crohn durch Cannabidiol seien bislang keine Evidenzen gefunden worden.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2014 zurück. Flos Bedrocan habe keine Zulassung in Deutschland. Lediglich in den Niederlanden bestehe eine Zulassung für den Arzneimittelverkehr. Ein nur im Ausland zugelassenes Arzneimittel sei grundsätzlich nicht so zu behandeln wie ein im Inland bereits zulässigerweise im Handel befindliches Medikament, das außerhalb seines in Deutschland arzneimittelrechtlich festgelegten Zulassungsrahmens also zum Off-Label-Use, verordnet werde. Die hierfür erforderlichen Kriterien, nach denen ausnahmsweise eine zulassungsüberschreitende Verordnung möglich sei, könnten grundsätzlich nicht auf Arzneimittel angewendet werden, die lediglich im Ausland zugelassen seien. Nur ausnahmsweise sehe das BSG nach seinem Urteil vom 19. Oktober 2004 (B 1 KR 27/02 R – juris) einen Anspruch auf Versorgung mit einem nur im Ausland zugelassenen Arzneimittel, das dann auf Grund einer ärztlichen Verschreibung im Rahmen einer Einzelbestellung rechtmäßig importiert werden könne, vor. Ein Leistungsanspruch könne nach dieser Rechtsprechung des BSG angenommen werden, wenn es sich um eine derart seltene Erkrankung handele, dass die systematische Erforschung der Behandlungsmöglichkeiten praktisch ausscheide, es sei denn, es bestünden begründete Zweifel an der Qualität der im Ausland durchgeführten Arzneimittelprüfung. Auch der zulassungsüberschreitende Arzneimitteleinsatz sei dann nicht ausgeschlossen, wenn die Einzigartigkeit der Erkrankung verallgemeinerungsfähige Aussage zur Therapie nicht zulasse. Bei dem Krankheitsbild des Klägers handle es sich nicht um eine selten erforschbare Erkrankung und auch nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Weiterhin stünden vertragliche Alternativen zur Verfügung wie die Anbindung an eine wohnortnahe gastroenterologische Fachpraxis oder Universitätsambulanz. Zudem seien für die Behandlung des Morbus Crohn durch Cannabidiol keine Evidenzen gefunden worden. Auch der Hinweis, dass die beantragte Medikation möglicherweise viel kostenintensivere Arzneimittel vermeiden würden, erlaube keine andere Entscheidung. Hypothetisch entstehende Kosten dürften auf die Leistungsentscheidung keine Auswirkungen haben.
Hiergegen erhob der Kläger am 12. Juni 2014 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er wiederholte und vertiefte sein bisheriges Vorbringen. Im Zeitraum von September 2013 bis August 2015 seien ihm insgesamt Kosten für Cannabis-Medizinalblüten in Höhe von EUR 11.218,66 entstanden. Alle regelmäßig praktizierten schulmedizinischen Behandlungsversuche seien fehlgeschlagen. Soweit bekannt, handele es sich bei dem Arzneimittel Flos Bedrocan um kein Fertigarzneimittel, so dass die Frage, inwieweit eine arzneimittelrechtliche Zulassung erforderlich sei und ob es an einer europarechtlichen Genehmigung fehle, nicht weiter erörtert werden müsse. Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel wie dem streitgegenständlichen sei das in § 135 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Nach Nr. 1 dieser Norm dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden, wenn der GBA Empfehlungen abgegeben habe für die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit – auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden – nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnissen der jeweiligen Therapierichtung. Die Verordnung als Rezepturarzneimittel sei wie der Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) unter Beachtung des BtMG betäubungsmittelrechtlich zulässig und diesbezüglich habe er ohnehin eine Genehmigung zur Medikamentation mit Cannabis von der Bundesopiumstelle. Fraglich sei also, ob in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine Empfehlung für die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens ausgesprochen worden sei oder ob es andere Ausnahmetatbestände gebe. Vom GBA sei für das rezeptpflichtige Arzneimittel Sativex, ein Fertigarzneimittel, das als Wirkstoffkombination Delta-9-Tetrahydrocannabinol und Cannabinol verwende, eine entsprechende Bewertung vorgenommen worden mit Zulassung insbesondere im Bereich der Multiple Sklerose, so dass sich hier die weitere Frage stelle, ob ein Ausnahmefall, in dem trotz fehlender Empfehlung des GBA eine neuartige Therapie nach der gesetzlichen Konzeption beansprucht werden könne, vorliege. Dies sei bei einem sogenannten Seltenheitsfall oder bei einem sogenannten Systemversagen anzunehmen. Zwar handle es sich bei seiner Erkrankung nicht um eine Seltenerkrankung. Jedoch sei es selten, wenn hier sämtliche anerkannten Behandlungsmethoden keine Wirksamkeit entfalteten. In einem solchen Fall bleibe nur die Möglichkeit, ein lebenswertes Leben zu erhalten, wenn mit der Cannabis-Therapie die Schmerzzustände beeinflusst werden könnten. Diese besondere Ausgestaltung könne mit den vom BSG ins Auge gefassten Ausnahmefällen durchaus vergleichbar sein, da im vorhandenen medizinischen Versorgungssystem für ihn keine Behandlungsmöglichkeit existiere. Außerdem sei der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris) zu berücksichtigen. Zwar liege sicherlich keine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung sei aber mit Sicherheit zu bejahen, die, da andere Therapiemöglichkeiten nicht bestünden, nur mittels des cannabinoiden Wirkstoffes wirksam behandelt werden könnten. Hier drohe bei unverändertem Entzündungszustand der nicht kompensierbare Verlust des Darmes, also eines der wichtigeren Organe mit herausgehobener Körperfunktion, wie dies nach der Rechtsprechung des BSG einer lebensbedrohlichen Erkrankung gleichgestellt werde.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen. Eine Leistungsoption wäre nur erkennbar, wenn es sich im Falle des Klägers um eine derart seltene Erkrankung handeln würde, dass die systematische Erforschung der Behandlungsmöglichkeiten praktisch ausscheide oder wenn die Voraussetzung des § 2 Abs. 1a SGB V kumulativ vorliegen würden. Es handle sich jedoch weder um eine singuläre Erkrankung noch liege eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor.
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Das SG befragte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. F. berichtete unter dem 23. September 2014, dass sich der Kläger bei ihm vom 23. Juni 2009 bis zum 19. Dezember 2010 in Behandlung befunden habe. Es bestehe bei ihm eine chronische entzündliche Darmerkrankung im Sinne eines Morbus Crohn. Es sei immer wieder periodisch zu einer Verschlechterung des Befindens mit Zunahme von Bauchschmerzen und Durchfällen trotz verschiedener versuchter Behandlungsformen gekommen. Den Feststellungen des MDK vom 9. Dezember 2013 und vom 10. Februar 2014 sei aus gastroenterologischer Fachkenntnis zuzustimmen. Dr. Sc. berichtete unter dem 23. September 2014 über eine intensive schmerztherapeutische Beratung und Führung zwischen Juni 2013 und dem 19. September 2014. Der Kläger sei von ihm ausschließlich schmerztherapeutisch beraten worden. Den Feststellungen des MDK vom 19. Dezember 2013 und vom 10. Februar 2014 könne er nicht zustimmen. Nur durch die engagierte Initiative der Dr. Re. sei es zu einer Erlaubnis zum Bezug von Cannabisblüten gekommen. Nur unter dieser Therapie sei für den Kläger eine Teilhabe am gesellschaftlichen und am Arbeitsleben gesichert. Auf Nachfrage des SG übersandte Dr. Sc. am 5. August 2015 die zwischen dem 14. November 2013 und 23. September 2014 erhobenen Befunde. Dr. Re. teilte unter dem 28. September 2014 mit, dass sie den Feststellungen des MDK nicht zustimme. Der Kläger habe sich sogar einer sechsmonatigen Therapie im Universitätsklinikum Regensburg mit Schweinebandwurm unterzogen, die ihn Überwindung und zeitintensive Fahrten von München nach Regensburg und zurück gekostet habe und sein Befinden leider nur vorübergehend verbessert habe. Auf Nachfrage des SG nannte Dr. Re. unter dem 11. August 2015 die Behandlungstage in der Zeit vom 5. April 2013 bis 11. April 2014
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Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27. August 2015 ab. Der Kläger habe keinen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Beschaffung von Medizinal-Cannabisblüten in der Vergangenheit. Es fehle insoweit an der erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA. Ein Leistungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens oder eines Seltenheitsfalles. Eine Leistungspflicht der Beklagten folge auch nicht aus § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V. Beim Kläger könne nicht von einer notstandsähnlichen Situation ausgegangen werden. Der Morbus Crohn des Klägers stelle keine akut lebensbedrohliche Erkrankung dar. Wenngleich die mit der Erkrankung einhergehenden Symptome den Kläger unstreitig in seiner Lebensqualität erheblich beeinträchtigten, fehle es an der für einen Leistungsanspruch geforderten Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Verlaufes innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums.
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Gegen das ihm am 17. September 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Oktober 2015 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Für das hier in Streit stehende Medikament Flos Bedrocan bedürfe es keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung und auch betäubungsmittelrechtlich sei die Versorgung auf Grund der Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle zulässig. Der GBA habe für das rezeptpflichtige Arzneimittel Sativex den therapeutischen Nutzen bei Multiple Sklerose anerkannt. Damit sei ein Medikament auf Cannabisbasis für eine bestimmte Therapieform zugelassen worden. Zwar betreffe die Empfehlung des GBA nicht sein Krankheitsbild, es sei jedoch in den Auswirkungen durchaus mit dem zugelassenen Therapieansatz zu vergleichen. Auch seine Erkrankung gehe mit sehr starken Schmerzzuständen einher und schränke ihn erheblich ein. Schon unter diesem Gesichtspunkt habe er Anspruch auf Übernahme der Kosten. Darüber hinaus habe die Rechtsprechung Ausnahmefälle geschaffen, in denen trotz fehlender Empfehlung des GBA bei einer neuartigen Behandlungsmethode nach der gesetzlichen Konzeption Anspruch auf Versorgung anzunehmen sei. Zwar handele es sich bei seiner Erkrankung nicht um eine seltene Erkrankung, gleichwohl sei hier jedoch besonders, dass sämtliche schulmedizinischen Behandlungsmethoden wirkungslos seien, so dass nur in der streitgegenständlichen Cannabis-Therapie die Möglichkeit bestehe, ein lebenswertes Leben zu erhalten. Diese besondere Ausgestaltung seines Krankheitsbildes könne mit dem vom BSG ins Auge gefassten Ausnahmefällen durchaus verglichen werden, da im vorhandenen medizinischen Versorgungssystem für ihn keine Behandlungsmöglichkeit existiere. Das SG habe verkannt, dass wegen der seltenen Problematik bei seinem Krankheitsbild wissenschaftlich begründete Aussagen nicht getroffen werden könnten, was gerade bei seltenen Krankheitsbildern immer zu Lasten des von der Krankheit Betroffenen gehe, ein Umstand, der nach der Rechtsprechung insbesondere des BVerfG verhindert werden solle. Angesichts des vom GBA für die Behandlung von Multiple Sklerose zugelassenen Medikaments Sativex könne die Wirksamkeit von Arzneimitteln auf Cannabisbasis gerade bei Schmerzzuständen nicht von der Hand gewiesen werden. Schließlich sei auch die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2015, a.a.O.) zu berücksichtigen. Zwar liege bei ihm eine unmittelbar lebensbedrohliche Erkrankung nicht vor, eine Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende medizinische Einschränkung sei jedoch mit Sicherheit anzunehmen, da allgemeine Therapiemöglichkeiten nicht bestünden und nur eine Behandlung mit dem cannabinoiden Wirkstoff möglich sei. Die jüngere Rechtsprechung der Landessozialgerichte, z.B. des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2015 (L 4 KR 276/15 B-ER – juris) halte z.B. eine notstandsähnliche Situation für gegeben, wenn eine schwerste chronische Schmerzerkrankung vorliege. In dieser Entscheidung sei auch eine positive Wirksamkeitsprognose angenommen worden, wenn in der Vergangenheit die Therapie mit dem Cannabisprodukt zu einer erheblichen Therapieverbesserung geführt habe. Letzteres sei bei ihm, belegt durch die Befundberichte seiner Ärzte, ebenfalls anzunehmen. Schließlich habe das SG auch die Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V und die darin enthaltene Fiktionswirkung nicht berücksichtigt. Diese Regelung sei anzuwenden, da er den Antrag am 5. September 2013 gestellt habe. Die Beklagte habe über seinen Antrag jedoch erst mit Bescheid vom 14. November 2013 also später als die von Gesetzes wegen für erforderlich erachteten fünf Wochen entschieden, so dass eine Genehmigungsfiktion angenommen werden müsse. Der Kläger hat auf den Beschluss des LSG Schleswig-Holstein vom 20. Januar 2016 (L 5 KR 238/15 B-ER – juris) zur Genehmigungsfiktion verwiesen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. August 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2014 zu verurteilen, ihm die in der Zeit von September 2013 bis August 2015 entstandenen Kosten für die Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten in Höhe von EUR 11.218,66 zu erstatten und ihn zukünftig mit Medizinal-Cannabisblüten zu versorgen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Hinweis des Klägers auf die Zulassung des Arzneimittels Sativex seinen Anspruch nicht begründe. Es gehe im vorliegenden Verfahren nicht um die Frage der Kostenübernahme eines zugelassenen Arzneimittels, sondern um eine bisher nicht anerkannte Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V. Zudem sei Sativex nicht zur Behandlung einer Schmerzproblematik bei Multipler Sklerose zugelassen, sondern ausschließlich zur Zusatzbehandlung für eine Verbesserung von Symptomen bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik auf Grund von Multiple Sklerose, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen hätten und die eine klinisch-erhebliche Verbesserung von mit der Spastik verbundenen Symptomen während eines Anfangstherapieversuches aufzeigten. Insoweit könne hieraus eben kein Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme abgeleitet werden. Wenn der Kläger auf einen ähnlichen Wirkstoff verweise, sei darauf hinzuweisen, dass cannabinoidhaltige Rezepturarzneimittel entsprechend den Urteilen des BSG vom 27. März 2007 (B 1 KR 30/06 R – juris) und vom 13. Oktober 2010 (B 6 KA 48/09 R – juris) als neue Behandlungsmethoden im Sinne des § 135 SGB V anzusehen seien und eine Leistungspflicht verneint worden sei. Morbus Crohn sei auch unbestritten keine seltene Erkrankung. Auch ein Systemmangel liege nicht vor. Der Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2015 beruhe auf einer reinen Abwägungsentscheidung. Auch eine Genehmigungsfiktion liege nicht vor. Eine Genehmigungsfiktion würde sich schon nach dem Wortlaut auf erforderliche Leistungen auswirken. Die Vorschrift bezwecke nach der Gesetzesbegründung lediglich, die Versicherten im Falle der verzögerten Antragsbearbeitung so zu stellen, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Insoweit orientiere sich die Regelung an der Erstattungsregelung in § 13 Abs. 3 SGB V, der sie auch systematisch zugeordnet sei. Der Erstattungsanspruch könne also nicht weitergehen als ein Sachleistungsanspruch. Die Beklagte hat auf den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 2014 (L 16 KR 154/14 B-ER – juris, Rn. 26 ff.) verwiesen.
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Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf das Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 (L 4 KR 3786/13 – juris) und die Übertragbarkeit der dortigen Aussagen auf das vorliegende Verfahren hingewiesen. Er hat außerdem auf die Medieninformation Nr. 6/16 des BSG vom 8. März 2016 zum Urteil vom selben Tag im Verfahren B 1 KR 25/15 R hingewiesen, wo darauf abgestellt werde, dass die Begleittherapie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung liege. Der Berichterstatter hat schließlich auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat vorgebracht, dass ihn das Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 nicht überzeuge. Medizinal-Cannabisblüten seien zudem nicht als außerhalb des Leistungskataloges der Krankenkassen anzusehen. Auch dürfte nicht ausgeblendet werden, dass sich die Rechtslage angesichts der jüngsten Entscheidungen, gerade auch des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG), doch in einem Wandel befinde. Auch das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe habe bereits am 24. Juni 2004 (3 Ss 187/03) die Auffassung vertreten, dass die Verwendung ansonsten illegaler Cannabisprodukt bei schweren Erkrankungen, deren Symptome mit therapeutischen Möglichkeiten nicht ausreichend behandelbar seien, durchaus gerechtfertigt sein könne. Er hat weiter auf Entscheidungen des BVerwG vom 19. Mai 2005 (3 C 17/04 – juris) und vom 6. April 2016 (3 C 10.14 – noch nicht veröffentlicht), des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 2012 (13 A 414/11 – juris) sowie des BVerfG vom 11. Februar 2015 (2 BvR 1694/14 – juris) verwiesen. Schließlich handle es sich bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel nicht um eine Leistung, die offensichtlich nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen ihren Niederschlag gefunden habe, wie der Vergleich zu dem zugelassenen Arzneimittels Sativex deutlich mache. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
20 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
II.
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1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Kläger einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
22 
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte auch nicht der Zulassung, denn der Kläger begehrt Kostenerstattung in Höhe von (mindestens) EUR 11.218,66 und die zukünftige Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten, so dass der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.
23 
3. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2014 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten für die Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten zwischen September 2013 und August 2015 in Höhe von EUR 11.218,66 und die zukünftige Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten.
24 
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger auch nach August 2015 Medizinal-Cannabisblüten erwarb und ihm deshalb Kosten entstanden sind, so dass der Betrag des Kostenerstattungsanspruches höher als EUR 11.218,66 ist. Da jedoch die Voraussetzungen eines Sachleistungsanspruchs und damit auch eines Kostenerstattung nicht gegeben sind, sieht der Senat davon ab, insoweit auf eine ergänzende Bezifferung des Klageantrags hinzuwirken.
25 
a) Da mangels entsprechender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Kläger nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, kommt, soweit er die Erstattung von ihm aufgewendeter Kosten für die Beschaffung von Medizinal-Cannabisblüten begehrt, als Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Die Regelung bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 8/06 R – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 26. September 2006 – B 1 KR 3/06 R – juris, Rn. 13, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 8/12 R – juris, Rn. 8).
26 
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
27 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel wie die vom Kläger begehrten Cannabis-Medizinalblüten ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1 SGB V, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit – auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden – nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Die Verordnung als Rezepturarzneimittel ist – wie der Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) – unter Beachtung des BtMG zwar betäubungsmittelrechtlich zulässig. Neuartige Therapien mit einem Rezepturarzneimittel, die vom GBA nicht empfohlen sind, dürfen die Krankenkassen jedoch grundsätzlich nicht gewähren, weil sie an das Verbot des § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V und die das Verbot konkretisierenden Richtlinien des GBA gebunden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 30/06 R – juris, Rn. 12; Urteil des Senats vom 15. April 2011 – L 4 KR 4903/10 – juris, Rn. 23; Urteil des Senats vom 27. Februar 2012 – L 4 KR 3786/13 – juris, Rn. 37).
28 
b) Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend hat der Kläger keinen Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten durch die Beklagte und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihm in der Vergangenheit für die Anschaffung von Medizinal-Cannabisblüten entstanden sind.
29 
(1) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Medizinal-Cannabisblüten in Form eines Rezepturarzneimittels als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA (Urteil des Senats vom 27. Februar 2012 – L 4 KR 3786/13 – juris, Rn. 40), ohne die – wie ebenfalls bereits ausgeführt – neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.
30 
Auf die Empfehlung des GBA kann auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die behandelnden Ärzte des Klägers, Dr. Re. und Dr. Sc., die Behandlung befürworten und empfehlen. Dies allein vermag die Empfehlung des GBA nicht zu ersetzen. Auch aus dem Umstand, dass der Kläger über eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG verfügt, wodurch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestätigt hat, dass die medizinische Versorgung mit Cannabis im Einzelfall erforderlich ist, folgt nichts anderes. Diese Ausnahmeerlaubnis ersetzt nicht die vom GBA nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu treffende Empfehlung, welche Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung ist (Urteil des Senats vom 27. Februar 2012 – L 4 KR 3786/13 – juris, Rn. 41).
31 
(2) Der Kläger hat auch nicht deshalb einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm Medizinal-Cannabisblüten als Sachleistung zur Verfügung stellt, weil ein Ausnahmefall des sogenannten Seltenheitsfalls oder des sogenannten Systemversagens vorliegt. Der sogenannte Seltenheitsfall ist gegeben bei einer Krankheit, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 1/09 R – juris, Rn. 20; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R – juris, Rn. 29).
32 
Ein Systemversagen ist zu bejahen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. In solchen Fällen ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben. Deshalb muss dann die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R – juris, Rn. 13).
33 
Hier liegen beide Ausnahmefälle nicht vor. Der beim Kläger vorliegende Morbus Crohn ist weltweit nicht so selten, dass er weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden könnten. Dies stellt der Kläger im Ausgangspunkt auch nicht in Frage. Sein Hinweis darauf, dass beim ihm aber insoweit ein Seltenheitsfall vorliege, als seine Erkrankung nicht mit den zugelassenen Arzneimitteln erfolgreich behandelt werden könnte, greift nicht durch. Denn insoweit ist nicht auf den Therapieerfolg im konkreten Einzelfall abzustellen, sondern auf die Erforschung des Krankheitsbildes als solches.
34 
Anhaltspunkte dafür schließlich, dass sich die antragsberechtigten Stellen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenärztliche Vereinigung oder Spitzenverband der Krankenkassen) oder der GBA aus sachfremden oder willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder zögerlich befasst haben, sind nicht ersichtlich.
35 
(3) Ein Leistungsanspruch des Klägers folgt auch nicht aus dem mit Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 2983) eingefügten § 2 Abs. 1a SGB V, mit dem der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris, Rn. 48 ff.) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Urteile des BSG (z.B. Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R – juris, Rn. 28 ff.; Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris, Rn. 18 ff.) umgesetzt hat. Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
36 
Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 – 1 BvR 2415/13 – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 29). Anknüpfungspunkt ist das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage (BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18). Das BSG hat insoweit weiter ausgeführt, dass mit den genannten Krankheitskriterien des BVerfG eine strengere Voraussetzung umschrieben wird, als sie mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des „Off-Label-Use“ formuliert ist. Denn hieran knüpfen weitergehende Folgen. Ohne einschränkende Auslegung ließen sich fast beliebig vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten. Entscheidend ist, dass das vom BVerfG herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 – B 1 KR 3/06 R – juris, Rn. 34).
37 
Bereits die Anforderungen an das Bestehen einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für einen „Off-Label-Use“ sind hoch. Nicht jede Art von Erkrankung kann den Anspruch auf eine Behandlung mit dazu nicht zugelassenen Arzneimitteln begründen, sondern nur eine solche, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt. Auch ein „Off-Label-Use“ bedeutet nämlich, Arzneimittel für bestimmte Indikationen ohne die arzneimittelrechtlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheit und Qualität einzusetzen, die in erster Linie Patienten vor inakzeptablen unkalkulierbaren Risiken für die Gesundheit schützen soll. Ausnahmen können schon insoweit nur in engen Grenzen aufgrund einer Güterabwägung anerkannt werden, die der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegenwirkt, die Anforderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenkassen an Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel (§ 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V) beachtet und den Funktionsdefiziten des Arzneimittelrechts in Fällen eines unabweisbaren, anders nicht zu befriedigenden Bedarfs Rechnung trägt (so zum Ganzen BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – juris, Rn. 18; BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 17/06 R – juris, Rn. 21, mit zahlreichen Nachweisen; die Verfassungsbeschwerde gegen das letztere Urteil hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen: Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Juni 2008 – 1 BvR 1665/07 – juris, Rn. 6 ff.). Verneint hat das BSG die qualifizierten Erfordernisse einer lebensbedrohlichen Krankheit im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (a.a.O.) z.B. bei einem Prostata-Karzinom im Anfangsstadium (Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris, Rn. 36), bei einer in 20 bis 30 Jahren drohenden Erblindung (Beschluss vom 26. September 2006 – B 1 KR 16/06 B – nicht veröffentlicht) sowie bei einer langsam progredient verlaufenden Friedreichschen Ataxie mit über Jahre hinweg möglichen stabilen Symptomen (Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – juris, Rn. 21). Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gegebenenfalls gleichzustellenden, akut drohenden und nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 17/06 R – juris, Rn. 23).
38 
Eine solche notstandsähnliche Situation ist im vorliegenden Fall des Klägers nicht gegeben. Der Morbus Crohn stellt keine akut lebensbedrohliche Erkrankung dar. Diese Erkrankung ist auch, trotz der erheblichen, vom Senat nicht verkannten Beeinträchtigungen für die Lebensqualität des Klägers, einer solchen lebensbedrohlichen Erkrankung nicht gleichzustellen.
39 
(4) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger auch die Versorgung mit einem ein ausschließlich Medizinal-Cannabisblüten enthaltenden Fertigarzneimittel von der Beklagten nicht beanspruchen kann, da kein solches Fertigarzneimittel existiert, das über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört (dazu noch näher Urteil des Senats vom 27. Februar 2012 – L 4 KR 3786/13 – juris, Rn. 36, 39). Zwar führt der Kläger zutreffend aus, dass das Cannabis enthaltende Fertigarzneimittel Sativex zugelassen ist. Jedoch ist die Zulassung beschränkt auf die Zusatzbehandlung für eine Verbesserung von Symptomen bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik, hervorgerufen durch eine Erkrankung des Nervensystems (Multiple Sklerose), die nicht angemessen auf eine andere anti-spastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben und die eine klinisch erhebliche Verbesserung von mit der Spastik verbundenen Symptomen während eines Anfangstherapieversuchs aufzeigen (Urteil des Senats vom 27. Februar 2012 – L 4 KR 3786/13 – juris, Rn. 39). Für die Behandlung des beim Kläger vorliegenden Morbus Crohn ist es hingegen nicht zugelassen. Im Übrigen handelt es sich bei Sativex zwar um ein Fertigarzneimittel, das Cannabis enthält, jedoch nicht um die vom Kläger begehrten (naturbelassenen) Medizinal-Cannabisblüten. Eine Versorgung mit Sativex begehrt der Kläger auch nicht.
40 
(5) Aus den vom Kläger angeführten Entscheidungen ergibt sich nichts anderes. Die angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen betreffen die betäubungsmittelrechtliche Frage des Erwerbs von Cannabis (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 – 3 C 17/04 – juris, Rn. 12 ff.;) bzw. dessen Eigenanbau (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. Juni 2014 – 13 A 414/11 – juris, Rn. 42 ff.; nachgehend BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 – 3 C 10/14 – noch nicht veröffentlicht; Pressemitteilung des BVerwG Nr. 26/2016 vom 6. April 2016). Wechselwirkungen mit dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen insoweit nicht. Gleiches gilt für die im Urteil des OLG Karlsruhe vom 24. Juni 2004 (3 Ss 187/03 – NJW 2004, 3645 ff.) behandelte strafrechtliche Frage des Besitzes von Cannabisprodukten und für den einen strafprozessualen Kontext betreffenden Beschluss des BVerfG vom 11. Februar 2015 (2 BvR 1694/14 – juris, Rn. 20 ff.). Der Beschluss des LSG Niedersachen-Bremen vom 22. September 2015 betrifft zwar das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenkasse, beruht aber – worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat – ausdrücklich auf einer bloßen Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (L 4 KR 276/15 B ER – juris, Rn. 29) und damit gerade nicht auf der materiellen Rechtslage. Dem Urteil des Sozialgericht Dortmund vom 22. Januar 2016 (S 8 KR 435/14 – juris, Rn. 20 ff. mit zahlreichen Nachweisen zum Streitstand) zum Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V folgt der Senat aus den oben dargestellten Gründen nicht. Das LSG Schleswig-Holstein schließlich hat in seinem Beschluss vom 20. Januar 2016 (L 5 KR 238/15 B ER – juris, Rn. 29) diese Frage offen gelassen.
41 
c) Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V hinsichtlich der Sachleistung bzw. Satz 7 hinsichtlich der Kostenerstattung.
42 
Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V, der mit Wirkung zum 26. Februar 2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 277) eingefügt worden ist, hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs. 3a Satz 3 SGB V). Kann die Krankenkasse die Frist nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
43 
aa) Ein Antrag im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V lag mit dem Schreiben des Klägers vom 5. September 2013, das ausweislich eines Aktenvermerks spätestens am 16. September 2013 bei der Beklagten einging, vor. Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V begann damit spätestens am 17. Oktober 2014 zu laufen (§ 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] i.V.m. § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER –juris, Rn. 6; Noftz, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], § 13 SGB V Rn. 58i [März 2014]). Mit einem Antrag wird das Verwaltungsverfahren eröffnet (vgl. § 18 Satz 2 Nr. 1 SGB X), in dessen Rahmen dann die Behörde zur Sachaufklärung verpflichtet ist (§ 20 SGB X), wobei dem Versicherten eine Mitwirkungsobliegenheit zukommt (§§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I], § 21 Abs. 2 SGB X).
44 
Zwar muss der Antrag als solcher hinreichend bestimmt sein, um eine hinreichende Grundlage für die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zu bilden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER – juris, Rn. 27). Dies bedeutet aber nicht, dass damit bereits bei Antragstellung alle Einzelheiten der begehrten Leistung feststehen müssen, insbesondere nicht die Kosten der begehrten Leistung. § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V fingiert nämlich nur die Genehmigung der Leistung dem Grunde nach (im Ergebnis ähnlich Rieker, NZS 2015, 294 [297]). Eine Genehmigungsfiktion auch der Höhe nach würde erhöhte Anforderungen an die (wirksame) Antragstellung errichten und damit die Anforderungen an den Versicherten in einer Weise erhöhen, denen dieser in der Regel nicht nachkommen kann. Die Ermittlung der Höhe der Kosten der Leistung ist vielmehr der Antragstellung nachgelagert und Gegenstand der erwähnten Amtsermittlungspflicht der jeweiligen Krankenkasse. Diese Trennung zwischen Genehmigungsfiktion dem Grunde nach und Kostenerstattungsanspruch der Höhe nach entspricht der Konzeption des Gesetzes: Während § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eine ansonsten nicht näher konditionierte Genehmigungsfiktion errichtet, bestimmt § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V als gesonderte Rechtsfolge, dass die Krankenkasse nach Ablauf der Frist (des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V) dann, wenn sich der Versicherte eine erforderliche (!) Leistung selbst beschafft, zur Erstattung der hierdurch (!) entstandenen Kosten verpflichtet ist.
45 
bb) Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V ist indes nicht eröffnet.
46 
(1) § 13 Abs. 3a SGB V greift nicht bei jeglichen Leistungsanträgen ein, sondern nur dann, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, von den Krankenkassen also allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen ist (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 16 KR 154/14 B ER u.a. – juris, Rn. 26 ff.; Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 31. Januar 2014 – S 28 KR 1/14 ER – juris, Rn. 22 ff.; Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 19 ff.; Knispel, SGb 2014, 374 [375 f.]; Rieker, NZS 2015, 294 [297] m.w.N. auch zur Gegenansicht; ähnlich wohl BSG, Urteil vom 8. März 2016 – bislang nur in Form der Medieninformation Nr. 6/16 bekannt, wo darauf abgestellt wird, dass die dort begehrte Therapie nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung liegt; offen gelassen von LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 5 KR 222/14 B ER – juris, Rn. 10; a.A. etwa Sozialgericht Mannheim, Urteil vom 3. Juni 2014 – S 9 KR 3174/13 – juris, Rn. 27 ff.). Dies folgt zum einen aus der Ratio der Regelung. Die Vorschrift soll nämlich (nur) die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren bei den Krankenkassen bezwecken (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfes auf Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32), nicht aber den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erweitern. Hierfür streitet auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V, der den Kostenerstattungsanspruch auf die „erforderliche“ Leistung begrenzt. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Genehmigungsfiktion in § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V, es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm „zustehende Leistung“ zeitnah zu beschaffen (Bundestags-Drucksache 17/11710, S. 30). Der Versicherte soll so gestellt werden, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt (Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32). Rechtzeitig zur Verfügung stellen kann eine Krankenkasse nur die Sachleistung, die sie zu erbringen hat. Die Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs nach Satz 7 auf die „erforderlichen“ Leistungen wäre zudem wenig sinnvoll, wenn die Genehmigungsfiktion nach Satz 6 keinerlei materiellen Anforderungen unterläge.
47 
Der eingeschränkte Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V wird auch durch ein systematisches Argument untermauert (hierzu auch Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 20). Denn grundsätzlich regeln die Vorschriften des § 13 SGB V nur Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Leistungen, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (BSG, Urteil vom 25. September 2000 – B 1 KR 5/99 R – juris, Rn. 11; BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – juris, Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 19/08 R – juris, Rn. 10); ein Ausnahme bildet lediglich ein Teil des Anwendungsbereiches des § 13 Abs. 3 SGB V; nur in engen Grenzen kommt ein Kostenerstattungsanspruch für Leistungen außerhalb des Leistungskataloges in Betracht (dazu etwa Helbig, in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13 Rn. 40 m.w.N.). Es handelt sich um eine enge und abschließende Ausnahmevorschrift. Es lässt sich weder dem Wortlaut des § 13 Abs. 3a SGB V noch den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber dies durch die Einfügung des Abs. 3a erweitern wollte (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 16. Juli 2014 – S 40 KR 742/14 ER – juris, Rn. 20; Knispel, SGb 2014, 374 [376]).
48 
Dies gilt zumal, wenn man berücksichtigt, dass der Gesetzgeber sich bei der Schaffung des § 13 Abs. 3a SGB V an der Regelung des § 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) als Vorbild orientierte (Bundestags-Drucksache 17/10488, S. 32). Bei § 15 SGB IX ist indes anerkannt, dass die Norm das Bestehen eines Sachleistungsanspruchs voraussetzt (BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 12/12 R – juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 53/12 R – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – L 13 R 2947/12 – juris, Rn. 28).
49 
(2) Medizinal-Cannabisblüten sind nach dem oben Dargelegten nicht vom Sachleistungsanspruch gegen die Krankenkassen umfasst, so dass sie auch nicht Gegenstand einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V werden können.
50 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
51 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2016 - L 4 KR 4368/15

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2016 - L 4 KR 4368/15 zitiert 30 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

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(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 91 Gemeinsamer Bundesausschuss


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


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(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet

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(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,2. Be

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(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer 1. Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 26 Fristen und Termine


(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. (2) Der Lauf einer Frist, die von einer B

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 18 Beginn des Verfahrens


Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften 1. von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss,2. nur auf Antrag tätig

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2016 - L 4 KR 4368/15 zitiert oder wird zitiert von 25 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2016 - L 4 KR 4368/15 zitiert 18 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 06. Apr. 2016 - 3 C 10/14

bei uns veröffentlicht am 06.04.2016

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken.

Bundessozialgericht Urteil, 08. März 2016 - B 1 KR 25/15 R

bei uns veröffentlicht am 08.03.2016

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Sozialgericht Dortmund Urteil, 22. Jan. 2016 - S 8 KR 435/14

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

Tenor Der Bescheid vom 28.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für die monatliche Versorgung des Klägers mit 56 g Cannabisblüten entsprechend der ärztlichen Verord

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 11. Feb. 2015 - 2 BvR 1694/14

bei uns veröffentlicht am 11.02.2015

Tenor Der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 24. Januar 2014 - 25 Gs - 900 Js 57227/13 - und der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2014 - 3 Qs 301/14 - verletzen den Beschwerd

Sozialgericht Dortmund Beschluss, 16. Juli 2014 - S 40 KR 742/14 ER

bei uns veröffentlicht am 16.07.2014

Tenor 1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Gründe: 2I. 1. Der schriftlich gestellte Antrag der Antragstellerin (Bl. 2 der Gerichtsakte), die Antragsgegnerin zu

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 11. Juni 2014 - 13 A 414/11

bei uns veröffentlicht am 11.06.2014

Tenor Die Berufungen der Beklagten und des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Januar 2011 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist

Sozialgericht Mannheim Urteil, 03. Juni 2014 - S 9 KR 3174/13

bei uns veröffentlicht am 03.06.2014

Tenor 1. Der Bescheid vom 3.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.9.2013 wird aufgehoben.2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger als Sachleistung zur Behandlung seines Schlafapnoesyndroms eine ambulante Radiofrequenzth

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13

bei uns veröffentlicht am 26.03.2014

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass

Sozialgericht Dortmund Beschluss, 31. Jan. 2014 - S 28 KR 1/14 ER

bei uns veröffentlicht am 31.01.2014

Tenor 1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. 1Gründe: 2Der schriftlich gestellte Antrag der An

Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2013 - B 1 KR 70/12 R

bei uns veröffentlicht am 17.12.2013

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 22. Okt. 2013 - L 13 R 2947/12

bei uns veröffentlicht am 22.10.2013

Tenor Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Die Klägerin begehrt die Erstattung

Bundessozialgericht Urteil, 07. Mai 2013 - B 1 KR 8/12 R

bei uns veröffentlicht am 07.05.2013

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. November 2011 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 07. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R

bei uns veröffentlicht am 07.05.2013

Tenor Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie der Bescheid der B

Bundessozialgericht Urteil, 07. Mai 2013 - B 1 KR 53/12 R

bei uns veröffentlicht am 07.05.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 07. Mai 2013 - B 1 KR 12/12 R

bei uns veröffentlicht am 07.05.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Apr. 2011 - L 4 KR 4903/10

bei uns veröffentlicht am 15.04.2011

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08. September 2010 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Die Klägerin begehrt die V

Bundessozialgericht Urteil, 13. Okt. 2010 - B 6 KA 48/09 R

bei uns veröffentlicht am 13.10.2010

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozial-gerichts vom 6. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 29. Apr. 2016 - L 4 KR 4368/15.

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. März 2017 - L 5 KR 217/16

bei uns veröffentlicht am 02.03.2017

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.07.2016 wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2016 - L 11 KR 5297/15

bei uns veröffentlicht am 15.11.2016

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.11.2015 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Die Klägerin macht die Kostenerstattung f

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 13. Sept. 2016 - L 4 KR 320/16

bei uns veröffentlicht am 13.09.2016

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Gründe

Landessozialgericht NRW Beschluss, 26. Juli 2016 - L 11 KR 465/16 B ER

bei uns veröffentlicht am 26.07.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.06.2016 abgeändert. Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Gründe: 2I. 3Die Beteiligten streiten im Wege de

Referenzen

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozial-gerichts vom 6. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Regressbescheides wegen der Verordnung von zwei Arzneimitteln für Krebskranke.

2

Der Kläger ist Facharzt für Innere Medizin (Arzt für Onkologie und für Pneumologie ), Chefarzt des onkologischen Schwerpunktes eines Krankenhauses mit einem Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Er verordnete in den Quartalen II/2001, IV/2002 und I bis III/2003 bei Patienten, die bei der zu 1. beigeladenen Krankenkasse (KK) versichert waren, die Arzneimittel Megestat und Dronabinol. Auf Antrag der Beigeladenen zu 1. setzte der Prüfungsausschuss gegen den Kläger einen Regress von ca 1960 Euro fest; die beklagte Prüfungseinrichtung wies den Widerspruch des Klägers zurück (Bescheide vom 23.9.2004 und vom 5.1.2006) : Megestat sei nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nur zur palliativen Behandlung fortgeschrittener Karzinome der Brust und der Gebärmutter zugelassen; die vom Kläger behandelten Patienten seien dagegen an Bronchialkrebs oder Karzinomen der Thoraxorgane erkrankt gewesen. Das Arzneimittel Dronabinol sei in Deutschland überhaupt nicht zugelassen.

3

Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 30.4.2008; Urteil des LSG vom 6.10.2009, Parallelurteil veröffentlicht in NZS 2010, 394, und in einer Kurzfassung in MedR 2010, 256). Im Urteil des LSG ist unter anderem ausgeführt, der Kläger habe die Arzneimittel Megestat und Dronabinol nicht zu Lasten der gesetzlichen KK verordnen dürfen. Megestat sei nur zur palliativen Behandlung fortgeschrittener Karzinome der Brust und der Gebärmutter zugelassen. Die vom Kläger vorgenommenen Verordnungen bei anderen Tumorerkrankungen zur Behebung der Kachexie (Appetitlosigkeit mit der Folge körperlicher Auszehrung) stellten keinen zulässigen Off-Label-Use dar. Ausreichende wissenschaftlich nachprüfbare Studien, die die Eignung und Unbedenklichkeit der Arzneimittel auch im Falle anderer Krebsarten, insbesondere bei Bronchialkrebs, belegen könnten, ergäben sich aus den vorliegenden und den vom Kläger angeführten Stellungnahmen nicht. Es fehle auch an der erforderlichen Gewichtung und Abwägung der Risiken thromboembolischer und vaskulärer Komplikationen. Das vom Kläger verordnete Dronabinol sei in Deutschland überhaupt nicht zugelassen, es sei hier nur als Rezepturarzneimittel verkehrsfähig. So unterliege es nicht dem Zulassungsverfahren nach dem AMG; aber die damit durchgeführte pharmakologische Therapie erfordere eine empfehlende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V oder, da eine solche nicht vorliege, sonstiger ausreichender Belege ihrer Eignung und Unbedenklichkeit. Solche Belege lägen aber für die bei den Patienten des Klägers in Rede stehenden Krebserkrankungen nicht vor; auch hier fehle es an der erforderlichen Gewichtung und Abwägung der genannten Risiken. Die Zulässigkeit der Verordnungen von Megestat und/oder Dronabinol ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der abgeschwächten Anforderungen des BVerfG-Beschlusses vom 6.12.2005. Denn die vom Kläger vorgenommenen Verordnungen dieser Arzneimittel seien nicht darauf angelegt, auf die lebensbedrohliche (Krebs-)Erkrankung selbst einzuwirken, sondern hätten sich allein gegen die im Endstadium dieser Erkrankung auftretende Kachexie gerichtet. Der Gesichtspunkt, dass dies die Lebensqualität des Erkrankten in seiner Endphase insgesamt deutlich verbessert habe, reiche nicht aus.

4

Mit seiner Revision erhebt der Kläger sowohl inhaltliche als auch verfahrensbezogene Rügen. Das LSG habe verkannt, dass ausreichende Belege für die Eignung und Unbedenklichkeit der von ihm - dem Kläger- vorgenommenen Behandlungen vorgelegen hätten. Als Beleg dürften außerhalb des AMG-Zulassungsverfahrens keine sog Phase III-Studien gefordert werden, vielmehr reiche der Konsens in einschlägigen Fachkreisen über den voraussichtlichen Nutzen aus. Dieser Konsens werde durch die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgelegten Veröffentlichungen und Stellungnahmen, insbesondere auch die zusammenfassenden Metaanalysen, belegt. Das LSG habe die vorgelegten umfangreichen Studien nicht angemessen ausgewertet. Wenn das LSG diese nicht als ausreichend angesehen habe, hätte es ein Sachverständigengutachten einholen müssen; hierzu hätte es sich angesichts der Mängel des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) gedrängt fühlen müssen. Bei verfahrensfehlerfreiem Vorgehen des LSG hätte sich ergeben, dass schon im Zeitpunkt der von ihm - dem Kläger - durchgeführten Behandlungen ausreichende Belege für die Eignung und Unbedenklichkeit vorgelegen hätten und ein Konsens in Fachkreisen bestanden habe. Die Rechtswidrigkeit des Regresses ergebe sich ferner daraus, dass ein Anspruch der Versicherten auf die durchgeführten Behandlungen aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) bestanden habe. Außer einer - auch vom LSG anerkannten - lebensbedrohlichen Erkrankung und dem Fehlen einer Therapiealternative habe auch eine Aussicht auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Zwar seien die Behandlungen mit Megestat und Dronabinol nicht auf die Heilung des Tumors als solchen angelegt gewesen, aber sie seien gegen die mit diesem Grundleiden einhergehende - nicht eigenständige - (Begleit-)Erkrankung der (Tumor-)Kachexie gerichtet gewesen und durch die Bekämpfung der damit einhergehenden weiteren Krankheitsauswirkungen wie starke Abmagerung, allgemeiner Kräfteverfall, Appetitlosigkeit und Apathie geeignet gewesen, eine Gewichtszunahme, eine Stärkung des Organismus und eine Förderung des psychischen Wohlbefindens und des Lebenswillens zu bewirken und damit zu einer Verlängerung der lebenswerten Lebenszeit und auch zu einer - manchmal sogar signifikanten - Verlängerung des Lebens insgesamt zu führen. Die Annahme des LSG, er - der Kläger - habe die Verlängerung der Lebensdauer nicht als Behandlungsziel angegeben, sei unrichtig; wenn das LSG sein Vorbringen derart eingeschränkt gesehen habe, hätte es ihn zumindest darauf hinweisen müssen. Die Auffassung, die Anwendungen von Megestat und Dronabinol seien ausschließlich auf die Verbesserung der Lebensqualität und nicht auf die Verlängerung der Lebensdauer gerichtet gewesen, verletze die Grenzen der freien Beweiswürdigung; sie sei auch weder als Erfahrungssatz noch medizinisch begründbar. Aber selbst wenn man die Lebensverlängerung außer Betracht lasse, sei nach den Vorgaben des BVerfG eine Leistungspflicht anzuerkennen. Der Entscheidung vom 6.12.2005 sei nicht zu entnehmen, dass sich die spürbare positive Auswirkung auf die lebensbedrohliche Krankheit selbst beziehen müsse. Der vorliegende Fall der Linderung von Krankheitsbeschwerden einer lebensbedrohlichen Erkrankung werde von den Grundsätzen des Beschlusses des BVerfG mitumfasst. Nicht tragfähig sei schließlich das Argument des LSG, durch Akzeptieren der Behandlung mit Megestat und/oder Dronabinol würde das Erfordernis der Arzneimittelzulassung und das Arzneimittelzulassungsverfahren entwertet. Bei schwerwiegenden Krebserkrankungen falle nach dem Grundsatz "je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen", die Nutzen-Risiko-Analyse eindeutig positiv aus. Dabei sei eine den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechende Behandlung durch den Kläger als langjährigem Chefarzt des onkologischen Schwerpunktes an dem einer Universität angeschlossenen Lehrkrankenhaus evident gewährleistet.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. Oktober 2009, das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. April 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2006 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. Oktober 2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt das Urteil des LSG. Das LSG habe zu Recht verneint, dass die Eignung und Unbedenklichkeit der vom Kläger durchgeführten Behandlungen mit Megestat und/oder Dronabinol hinreichend belegt seien. Die Studien belegten auch keinen Konsens über eine Verbesserung der Lebensqualität durch solche Behandlungen, zumal nicht für den Zeitpunkt der durchgeführten Behandlung. Jedenfalls sei deren Einsatz nicht darauf ausgerichtet gewesen, auf die lebensbedrohliche Tumorerkrankung selbst einzuwirken. Zudem würden unkalkulierbare Risiken in Kauf genommen, sodass ein Heilversuch vorliege, der gesonderten Regelungen und Voraussetzungen unterliege. Es reiche nicht aus, dass der Kläger für seine Patienten angebe, diese hätten von der Arzneigabe kurzfristig profitiert. Auch hätte er die Entwicklung bei seinen Patienten umfassend dokumentieren müssen.

8

Die Beigeladenen geben im Revisionsverfahren keine Stellungnahme ab.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet. Das angefochtene Urteil des LSG lässt keine Verletzung von Bundesrecht erkennen. Der angefochtene Arzneikostenregress ist nicht zu beanstanden.

10

A. Rechtsgrundlage des angefochtenen Arzneikostenregresses ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die auch in den weiteren Jahren 2001 bis 2003 galt; zur Maßgeblichkeit des § 106 Abs 2 SGB V für Verordnungsregresse in Fallkonstellationen der vorliegenden Art vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 14 iVm 21 ff mwN - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - RdNr 16 iVm 25 f mwN - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) . Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2) , geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der KKn mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - RdNr 16) . Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und die Wahl dieser Prüfmethode rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in bestimmten einzelnen Behandlungsfällen hinsichtlich des Behandlungs- oder Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG vom 5.5.2010 aaO RdNr 14) .

11

Wie sich aus den Urteilen des Senats vom 5.5.2010 und vom 18.8.2010 ergibt, handelt es sich bei den vorliegenden Streitigkeiten über die vertragsarztrechtliche Zulässigkeit von Arzneiverordnungen um einen Fall des § 106 SGB V und nicht um einen Regress "wegen sonstigen Schadens" im Sinne des § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte(BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 20 bis 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, und BSG vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - RdNr 25 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) . Denn vorliegend steht ein Fehler der Verordnung selbst in Frage, wie dies bei Verstößen gegen die Arzneimittel-Richtlinie bzw bei Verordnungen nicht verordnungsfähiger Arzneimittel und auch bei Verordnungen außerhalb der nach dem AMG erteilten Zulassung der Fall ist (vgl BSG vom 18.8.2010 aaO RdNr 25 am Ende) .

12

B. Der Regressbescheid war rechtmäßig. Die Voraussetzungen für einen Regress im Wege der Einzelfallprüfung gemäß § 106 SGB V waren erfüllt. Der Kläger durfte die Arzneimittel Megestat und Dronabinol nicht zur Behandlung der Kachexie (Appetitlosigkeit mit der Folge körperlicher Auszehrung) bei Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane verordnen.

13

Dies folgt für Megestat daraus, dass dessen Zulassung nach dem AMG nur für die Anwendung bei der Kachexie im Falle von Brust- und Gebärmutterkrebs erfolgt war, sodass die Verordnung von Megestat bei anderen Krebsarten einen Off-Label-Use darstellte. Dessen Voraussetzungen waren nicht erfüllt, insbesondere waren die Eignung und Unbedenklichkeit des Einsatzes dieses Arzneimittels nicht ausreichend belegt (unten 1.). Für Dronabinol ergibt sich die Unzulässigkeit der Verordnungen des Klägers daraus, dass es in Deutschland nicht zugelassen, hier vielmehr nur als Rezepturarzneimittel verkehrsfähig war, ohne dass aber der G-BA für eine pharmakologische Therapie unter Einsatz dieses Medikaments eine empfehlende Richtlinie gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V erlassen hat. Es lagen auch keine sonstigen ausreichenden Belege seiner Eignung und Unbedenklichkeit vor (unten 2.). Schließlich können die Verordnungen von Megestat und Dronabil auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung und den dafür vom BVerfG herausgestellten abgeschwächten Anforderungen gerechtfertigt werden (unten 3.).

14

1. Die Verordnungsfähigkeit eines Fertigarzneimittels wie Megestat ist in erster Linie danach zu beurteilen, mit welchen Maßgaben es im Arzneimittelzulassungsverfahren nach dem AMG zugelassen wurde. In diesem Verfahren werden Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit anhand vom Arzneimittelhersteller vorzulegender Studien überprüft (vgl §§ 21, 22, 24, 25 Abs 5 Satz 1 AMG) . Die Zulassung des Arzneimittels erfolgt nicht unbegrenzt, sondern nur nach Maßgabe der anhand der Studien ausgewiesenen und überprüften Anwendungsgebiete (vgl § 22 Abs 1 Nr 6 AMG und dazu BSGE 89, 184, 186 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 30 f). So erfolgte die Zulassung von Megestat, wie im Urteil des LSG festgestellt worden ist, für die palliative Behandlung bei Brust- und Gebärmutterkrebs und hier für den Einsatz gegen die bei solchen Krebsbehandlungen auftretende Kachexie.

15

Der Kläger setzte Megestat indessen nicht in diesem Anwendungsgebiet ein. Zwar waren die Verordnungen des Klägers auch gegen die bei Krebsbehandlungen auftretende Kachexie gerichtet, aber nicht im Zusammenhang mit Brust- und Gebärmutterkrebs von Frauen. Er verordnete Megestat vielmehr gegen die Kachexie insbesondere bei fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane. Mithin lag ein Off-Label-Use vor.

16

Ein Off-Label-Use ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass nicht das Verfahren nach dem AMG durchlaufen wurde, das mit der Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auf die Gewährleistung von Arzneimittelsicherheit angelegt ist. Wie vom 1. Senat des BSG in langjähriger Rechtsprechung wiederholt herausgestellt und vom 6. Senat weitergeführt worden ist, müssen für einen zulässigen Off-Label-Use - zum einen - eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen (dh eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung), und es darf - zum anderen - keine andere - zugelassene - Therapie verfügbar sein, und - zum dritten - aufgrund der Datenlage muss die begründete Aussicht bestehen, dass mit dem betroffenen Arzneimittel ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (so zB BSG vom 28.2.2008, SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 21, 23, 26 mit Hinweis auf die stRspr; vgl auch Senatsurteile vom 5.5.2010, zB - B 6 KA 6/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 27 RdNr 51 f und - B 6 KA 20/09 R - in RdNr 46 f sowie - B 6 KA 24/09 R - in RdNr 18 ff). Abzustellen ist dabei auf die im Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (BSG vom 28.2.2008 aaO RdNr 21). Das Erfordernis der Aussicht auf einen Behandlungserfolg umfasst dabei nicht nur die Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels, sondern schließt auch ein, dass mit der Medikation keine unvertretbaren Nebenwirkungen und Risiken verbunden sein dürfen. Gerade die Notwendigkeit der Analyse und Gewichtung eventueller unzuträglicher Nebenwirkungen ist ein zentrales Element des Überprüfungsstandards, auf den die Neugestaltung des AMG vom 24.8.1976 ausgerichtet ist, deren Konzeption ihren Ursprung in den Erfahrungen der 1960er Jahre mit den nicht ausreichend analysierten Nebenwirkungen von Contergan hat (vgl hierzu BR-Drucks 552/74 S 43 und BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 21) . Soll die Verordnung eines Arzneimittels ausnahmsweise ohne derartige Gewähr der Arzneimittelsicherheit in Betracht kommen, so müssen für diesen Off-Label-Use anderweitig Qualitätsstandards, die dem Einsatz im Rahmen der Zulassungsindikation vergleichbar sind, gewährleistet und hinreichend belegt sein. Dabei muss auch gesichert sein, dass von der Off-Label-Medikation keine unzuträglichen Nebenwirkungen ausgehen; die Patienten sollen vor unkalkulierbaren Risiken geschützt werden (vgl BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22 RdNr 18 mwN; s auch zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 33).

17

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, sind nicht alle für einen Off-Label-Use bestehenden Regelvoraussetzungen erfüllt. Das LSG hat, ohne dass seine Ausführungen insoweit revisionsgerichtlich zu beanstanden wären (zu den vom Kläger dagegen erhobenen Verfahrensrügen siehe unten D.) , ausgeführt, dass es sich zwar bei fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane um schwerwiegende Erkrankungen handelt. Das LSG hat auch die weitere Voraussetzung, dass keine andere zugelassene Therapie zur Verfügung gestanden hat, tendenziell bejaht: Es hat dargelegt, die Ansicht der Beklagten sei unzutreffend, die Patienten könnten auf die Gabe hochkalorischer Kost verwiesen werden; denn dies stelle keine gleichwertige Alternative dar. Damit würde zwar die tumorinduzierte Kachexie behandelt, aber nicht - wie mit Megestat - erreicht, dass der Patient wieder mit Appetit natürliche Nahrung zu sich nehme. Ferner hat das LSG ins Feld geführt, dass die Gabe hochkalorischer Kost nicht selten zu Verdauungsproblemen führe (Diarrhoe). Das LSG hat über das Vorliegen dieser Voraussetzung (Fehlen einer anderen zugelassenen Therapie) allerdings nicht abschließend entschieden, dies vielmehr offengelassen, weil es jedenfalls an der dritten Voraussetzung fehle, nämlich an ausreichenden Belegen für eine begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg: Das LSG hat hierzu ausgeführt, dass diese dritte Voraussetzung nur dann erfüllt wäre, wenn im Behandlungszeitpunkt entweder bereits eine klinische Prüfung mit Phase III-Studien veröffentlicht und ein entsprechender Zulassungsantrag gestellt worden wäre oder wenn sonstwie zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorgelegen hätten, aufgrund derer sich in den einschlägigen Fachkreisen ein Konsens über den voraussichtlichen Nutzen der angewendeten Methode gebildet hätte. Das LSG hat die dritte Voraussetzung für einen zulässigen Off-Label-Use in unbedenklicher Weise als nicht erfüllt angesehen.

18

Im Einzelnen hat das LSG - unter anderem unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK vom 17.4.2003, das im Widerspruchsverfahren von der Beklagten eingeholt worden war - Folgendes ausgeführt: Bis 2003 gab es keine Phase III-Studien zum Einsatz von Megestat zur Bekämpfung der Kachexie bei anderen Krebsarten als Brust- und Gebärmutterkrebs. Die Studie, an der auch der Kläger selbst beteiligt war, betraf nur 33 Patienten; zudem wurde darin konzediert, dass noch eine Reihe von Fragen offen geblieben war und noch eine Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie erforderlich sei. Andere Studien kamen zwar zum Ergebnis einer Verbesserung der Kachexie, aber vielfach mit der Einschränkung, dass dies nicht mit einer Verbesserung der Lebensqualität einhergehe. Es wurden auch erhebliche Nebenwirkungen beschrieben wie Übelkeit/Erbrechen, Diarrhoe, Sodbrennen, Muskelkrämpfe, Müdigkeit, Kopfschmerzen und, wie das LSG weiterhin hervorgehoben hat, auch Thrombose und Embolie, womit tödliche Komplikationen und Lebensverkürzungen verbunden sein könnten.

19

Das LSG hat weiter rechtsfehlerfrei aufgezeigt, dass sich nichts anderes aus der Zusammenfassung (dem sog abstract) einer Metaanalyse von Berenstein und Ortiz aus dem Jahr 2005 ergibt. Abgesehen davon, dass diese schon nicht ohne Weiteres für den früher gelegenen Verordnungs- und Regresszeitraum (bis 2003) maßgeblich sein kann, ergibt sie, dass auch im Jahr 2005 noch keine ausreichenden Belege für eine begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg mit Megestat bei Bronchialkarzinom vorlagen. Auch sie erfüllten nicht die Voraussetzungen einer Phase III-Studie an einem größeren Patientenkollektiv. Zwar bezogen sie auch andere Studien - und damit insgesamt 4000 Patienten ein -, die aber teilweise andere Erkrankungen als Krebs betrafen; zudem bestätigten sie zwar, dass Megestat den Appetit verbessere und zur Gewichtszunahme führe, ergaben aber nicht den Schluss auf eine Verbesserung der Lebensqualität. Auch die Zusammenfassung (das sog abstract) einer Metaanalyse von Lesniak/Bala/Jaeschke/Krzakowski aus dem Jahr 2008 ergab, wie im Urteil des LSG festgestellt, keine vorteilhaften Auswirkungen der Behandlung mit Megestat auf die gesamte Lebensqualität. Für eine valide Beurteilung wurde eine neue Studie für erforderlich gehalten.

20

Gegen die Eignung und Unbedenklichkeit von Megestat für die Behandlung von Kachexie in Fällen von Bronchialkarzinomen und Karzinomen der Thoraxorgane spricht auch die aktualisierte Fachinformation mit Stand vom Januar 2009: In ihr sind, wie das LSG dargestellt hat, als Indikation nur die palliative Behandlung von Mammakarzinomen und Endometriumkarzinomen (Innenhaut der Gebärmutter) genannt, und die Anwendung von Megestat zur Behandlung anderer neoplastischer Erkrankungen wird ausdrücklich nicht empfohlen.

21

Demnach fehlte es bei den vom Kläger vorgenommenen Verordnungen von Megestat an einer begründeten Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Wie dargelegt, erfordert dies ausreichende Belege für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit (oben RdNr 16) . Dies haben die im Verfahren eingeholten und die vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen nicht ausreichend belegt. Wie das LSG ausgeführt hat, war der Kläger an einer der Studien zu Megestat sogar selbst beteiligt und diese ergab zusammengefasst, dass noch eine Reihe von Fragen offen war, sodass noch weiterer Überprüfungsbedarf gesehen wurde. Mithin war unter eigener Beteiligung des Klägers klargestellt, dass die Überprüfungen noch nicht zu einem abschließenden positiven Ergebnis gelangt waren, die Erprobungsphase vielmehr noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden konnte. Dabei ist auch von Bedeutung, dass die zahlreichen Studien keine Abwägung mit eventuell zu befürchtenden Nebenwirkungen im Falle anderer Krebsarten als Brust- und Gebärmutterkrebs enthielten, solche aber im Zusammenhang mit dem Einsatz von Megestat in vielfältiger und schwerwiegender Gestalt diskutiert wurden, bis hin zu lebensgefährdenden Komplikationen wie Thrombose und Embolie (zur Ausrichtung des AMG auf Arzneimittelsicherheit vgl oben RdNr 16) .

22

Demgegenüber greift keine der vom Kläger erhobenen Einwendungen durch. Weder die von ihm gegen die Verfahrensweise des LSG vorgebrachten Rügen (hierzu im Einzelnen s unten D.) noch seine Einwände gegen die vom LSG zugrunde gelegten inhaltlichen Maßstäbe haben Erfolg. Der Senat folgt schon nicht seiner Ansicht, die vom LSG gestellten Anforderungen an die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse für einen zulässigen Off-Label-Use seien überzogen. Der Kläger meint, es werde mehr gefordert, als an wissenschaftlichen Erkenntnissen überhaupt möglich und ethisch vertretbar sei. Für Krankheitsfälle der hier vorliegenden Art lasse sich kein Patientenkollektiv finden, das für eine Phase III-Studie ausreichend groß sei, das weiterhin einheitlich vorbehandelt werde und bei dem die Parameter zur Lebensqualität und Toxizität standardisiert erfasst werden könnten. Es müsse ausreichen, dass in den einschlägigen Fachkreisen aufgrund einer Vielzahl der veröffentlichten Erkenntnisse mit positiven Ergebnissen zur Appetitsteigerung und Gewichtszunahme sowie zum Allgemeinbefinden ein Konsens über den Nutzen einer Verabreichung von Megestat bestanden habe, wogegen etwaige Nachteile durch Nebenwirkungen und Risiken nicht ins Gewicht fallen könnten und zu vernachlässigen seien. Abgesehen davon, dass nach den Feststellungen des LSG für den Off-Label-Use von Megestat keine Phase III-Studien vorliegen, konnten auch den anderen - weniger validen - Studien keine ausreichenden Belege für die Eignung und Unbedenklichkeit des Einsatzes von Megestat entnommen werden. Insbesondere ergab die Studie, an der der Kläger selbst teilnahm, dass - wie schon erwähnt - die Erprobungsphase noch nicht als abgeschlossen angesehen werden konnte. Das LSG hat auch keinen Konsens über die Eignung und Unbedenklichkeit der Anwendung von Megestat feststellen können, es hat vielmehr formuliert, dass für das Vorliegen eines Konsenses keine Anhaltspunkte vorlagen. Dieser Feststellung hat der Kläger mit seinem Einwand, schon im Zeitpunkt seiner Medikation habe in den Fachkreisen Konsens über Qualität und Wirksamkeit von Megestat bei Tumor-Kachexie bestanden, lediglich seine gegenteilige Ansicht entgegengesetzt. Den vom LSG getroffenen Tatsachenfeststellungen, die vom Revisionsgericht grundsätzlich als verbindlich zugrunde zu legen sind (§ 163 SGG) , lediglich die Behauptung anderer Tatsachen entgegenzusetzen, reicht revisionsrechtlich nicht aus (vgl BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24 S 123 mwN; BSG vom 1.7.2010 - B 11 AL 1/09 R - RdNr 25, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) .

23

Die "Regel"voraussetzungen eines zulässigen Off-Label-Use bei den vom Kläger vorgenommenen Verordnungen von Megestat sind damit nicht erfüllt. Aber auch die vom BVerfG herausgestellten Anforderungen greifen nicht ein, wie noch unter 3. darzulegen ist.

24

2. Für Dronabinol gilt im Ergebnis nichts anderes. Dronabinol ist allerdings anders als Megestat kein Fertigarzneimittel, für das eine Zulassung nach dem AMG erforderlich ist, sodass dementsprechend auch nicht die Maßstäbe des Off-Label-Use anwendbar sind. Dronabinol ist ein sog Rezepturarzneimittel und als solches nach dem AMG aufgrund der erteilten Herstellungserlaubnis (§ 13 AMG) auch verkehrsfähig, ohne dass eine Überprüfung seiner Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem AMG stattfinden musste oder stattgefunden hat (vgl §§ 13 bis 15 iVm § 43 Abs 2 Halbsatz 2 iVm § 47 AMG; s dazu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 30) . Mit der Verkehrsfähigkeit sind Rezepturarzneimittel zugleich auch verordnungsfähig, es sei denn, nach anderen Regelungen ist ein Anerkennungsverfahren erforderlich. Dies ist gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V der Fall, wenn der Einsatz des Arzneimittels Gegenstand einer neuen Arzneitherapie im Sinne dieser Regelung ist, für die dann entsprechend den Vorgaben dieser Vorschrift eine empfehlende Richtlinie erforderlich ist(zu diesen Zusammenhängen s ausführlich BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 26 ff; - zur Anwendung des § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V auch auf Behandlungen unter Anwendung von Hilfsmitteln: BSG - 3. Senat - vom 12.8.2009, BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 17 ff) .

25

Dementsprechend bedurfte es für den Einsatz von Dronabinol grundsätzlich einer anerkennenden Richtlinie gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V. Denn es handelte sich um eine neue Arzneitherapie. Die Einordnung als Arzneitherapie ergibt sich aus dem Urteil des 1. Senats vom 27.3.2007 (USK 2007- 36 ); auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen, in denen der 1. Senat sich mit Behandlungen mit cannabinolhaltigen Arzneimitteln befasst hat und diese als eine auf einem bestimmten theoretisch-wissenschaftlichen Konzept fußende Vorgehensweise der Krankenbehandlung qualifiziert hat (vgl BSG USK aaO S 236 f; zur "Methode" iS des § 135 Abs 1 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 31 mwN).

26

Eine unter Einsatz von Dronabinol durchgeführte Arzneitherapie ist auch "neu" iS des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V. Neu ist eine Behandlungsmethode zunächst dann, wenn sie erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V - also erst in der Zeit seit dem 1.1.1989 - als kassen- bzw vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert worden ist. Neu ist auch eine Behandlungsmethode, für die eine entsprechende Leistungsposition im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zunächst nicht bestand, diese vielmehr erst später - nach dem 1.1.1989 - in das Leistungsverzeichnis des EBM-Ä aufgenommen wurde (vgl BSG vom 22.3.2005, BSGE 94, 221 RdNr 24 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 25; BSG vom 26.9.2006, SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 17-19; s auch BSGE 81, 54, 57 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 12 f) . Nach diesen Abgrenzungen ist bei Arzneitherapien - bei Arzneimitteln ist kein Raum für die Schaffung einer Leistungsposition im EBM-Ä - darauf abzustellen, ob sie schon vor dem 1.1.1989 oder erst nach dem 1.1.1989 praktiziert wurden. Wurden sie schon vorher praktiziert, so sind sie nicht neu; dann käme nur eine Überprüfung durch den § 135 Abs 1 Satz 2 SGB V in Betracht, wonach die Verordnungsfähigkeit erst ausgeschlossen wäre, wenn der G-BA die Methode ausdrücklich für unvereinbar mit den Erfordernissen des § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V erklärt hatte(§ 135 Abs 1 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall der Verordnung von Dronabinol wird weder vom LSG noch vom Kläger erwogen, es könnte sich um eine schon vor dem 1.1.1989 praktizierte Arzneitherapie handeln; vielmehr haben sowohl das LSG als auch der Kläger ihren Ausführungen zugrunde gelegt, dass es sich um eine neue Behandlungsmethode handelt.

27

Liegt eine neue Behandlungsmethode vor, ohne dass aber eine empfehlende Richtlinie des G-BA ergangen ist, so ist die Anwendung dieser Methode - dh hier eine Therapie unter Einsatz von Dronabinol - grundsätzlich unzulässig, es sei denn, ein Ausnahmetatbestand wäre erfüllt. Als Ausnahmetatbestand kommt vorliegend ein sog Seltenheitsfall, der ausnahmsweise zu einem Einzelimport oder zu einer Einzelanwendung berechtigen würde, nicht in Betracht; denn die Krankheitsbeschwerden, derentwegen der Kläger Dronabinol einsetzte, sind nicht so selten, dass sie sich systematischer Erforschung und Behandlung entzögen (zu diesen Voraussetzungen vgl zB BSG vom 27.3.2007, USK 2007-36 S 237; BSG vom 8.9.2009, BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22, RdNr 20) . Auch die besondere Situation, dass als Folge des Fehlens einer durch Richtlinie anerkannten Behandlungsmethode eine Versorgungslücke entsteht und ein Bedarf nach ihrem Einsatz auch ohne empfehlende Richtlinie des GBA besteht, war nicht gegeben. Ein solcher Bedarf würde voraussetzen, dass ausreichende Belege für die Eignung und Unbedenklichkeit der Methode vorliegen (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 32 mwN) . Solche lagen indessen für Dronabinol ebenso wenig wie für Megestat vor; hierzu wird auf obige Ausführungen unter 1. (RdNr 17 ff) verwiesen.

28

3. Schließlich lagen auch die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des BVerfG der Einsatz eines Arzneimittels unter Außerachtlassung der Begrenzungen durch das AMG und durch § 135 Abs 1 SGB V zulässig sein kann, nicht vor. Allerdings hat das BVerfG in Erkrankungsfällen, die als hoffnungslos erscheinen, aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG iVm der daraus abzuleitenden Schutzpflicht entnommen, dass Therapiemethoden, die nach dem AMG oder dem SGB V an sich nicht angewendet werden dürfen, unter bestimmten Voraussetzungen doch zulässig sind. Das BVerfG hat insoweit dem Versicherten einen erweiterten Behandlungsanspruch gemäß §§ 27 ff SGB V eingeräumt, was reziprok bedeutet, dass dann in entsprechender Weise der Arzt zur Gewährung der Behandlung bzw zur Verordnung des Arzneimittels berechtigt und verpflichtet ist.

29

a) Das BVerfG hat - zunächst für nicht anerkannte Behandlungsmethoden - aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG iVm der sich daraus ergebenden Schutzpflicht abgeleitet, dass in Fällen, in denen eine lebensbedrohliche oder in der Regel tödlich verlaufende Krankheit vorliegt und eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, der Versicherte nicht von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode ausgeschlossen werden darf, wenn diese eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bietet (BVerfGE 115, 25, 49 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 33) . Es muss eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage gegeben sein (BVerfG vom 30.6.2008, NJW 2008, 3556 RdNr 10; an die verfassungsrechtliche Rechtsprechung anknüpfend BSG vom 4.4.2006, BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 35; BSG vom 14.12.2006, SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 20; BSG vom 27.3.2007, USK 2007-36 S 238; BSG vom 28.2.2008, BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32; BSG vom 16.12.2008, USK 2008-73 S 575) . Das BVerfG hat in einer speziellen Situation - Apheresebehandlung in einem besonderen Fall - ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG vom 6.2.2007 - 1 BvR 3101/06 - RdNr 22, in Juris dokumentiert) .

30

Diese Grundsätze haben das BVerfG und das BSG auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln übertragen. Sofern eine im vorgenannten Sinne lebensbedrohliche Erkrankung vorliegt (oder - wie das BSG es formuliert - eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung, vgl dazu BSG vom 4.4.2006, BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31 am Ende; BSG vom 14.12.2006, USK 2006-111 S 767/768; BSG vom 27.3.2007, USK 2007-36 S 237 unter 2.; BSG vom 28.2.2008, BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 RdNr 32 am Ende) und eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, erstreckt sich der Versorgungsanspruch des Versicherten über die Beschränkungen der arzneimittelrechtlichen Zulassung hinaus - dh sowohl bei Fehlen jeglicher Arzneimittelzulassung als auch bei Einsatz außerhalb des in der Zulassung ausgewiesenen Anwendungsbereichs - auf die Versorgung mit solchen Arzneimitteln, die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bieten (s hierzu BVerfG vom 30.6.2008 aaO; ebenso zB BSG vom 4.4.2006, BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 19; BSG vom 28.2.2008, SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 30 mwN) . Dies bedeutet, verglichen mit den "Regel"voraussetzungen für einen Off-Label-Use bzw für eine gemäß § 135 Abs 1 SGB V anerkennungsbedürftige, aber nicht anerkannte Behandlungsmethode, dass - über eine schwerwiegende Erkrankung hinausgehend - eine lebensbedrohliche oder in der Regel tödlich verlaufende Krankheit vorliegen muss: Nur unter dieser Voraussetzung ist das Erfordernis ausreichender Belege für die Eignung und Unbedenklichkeit des Einsatzes des Arzneimittels bzw der Behandlungsmethode dahin abzuschwächen, dass eine nicht ganz fern liegende Aussicht positiver Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ausreicht.

31

Hat der erkrankte Versicherte nach diesen rechtlichen Maßstäben Anspruch auf die Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel, so darf nicht wegen der Verordnung dieses Medikaments ein Regress gegen den verordnenden Arzt festgesetzt werden.

32

b) Dabei ist stets der Ausgangspunkt des BVerfG zu beachten, nämlich dass nur insoweit, als eine lebensbedrohliche Erkrankung und deren Heilung in Frage steht, die erweiternde Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB V geboten ist. Dementsprechend gilt der Maßstab, dass eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ausreicht, nur insoweit, als eine Aussicht auf Heilung der Grunderkrankung selbst oder auf positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung als solcher besteht. Nur in einer solchen Situation ist die dargelegte verfassungskonforme Erweiterung des Leistungsanspruchs des Versicherten gemäß §§ 27 ff SGB V veranlasst und gerechtfertigt. Diese (str)enge Sicht ist nicht etwa, wie gelegentlich geltend gemacht wird, durch die Entscheidung des BVerfG vom 6.2.2007 in Frage gestellt worden (BVerfG - 1 BvR 3101/06 -, in Juris dokumentiert) . Hierin hat das BVerfG lediglich klargestellt, dass bei der Frage, ob eine Behandlung auf eine lebensbedrohliche Erkrankung einwirkt, das sog Gesamtrisikoprofil mitzuberücksichtigen ist in dem Sinne, dass die Einwirkung auf einen Faktor im Gesamtrisikoprofil ausreicht. Damit ist aber nicht in Zweifel gezogen, dass es sich auch in solchen Fällen um die Einwirkung auf die lebensbedrohliche Erkrankung selbst handeln muss.

33

Diesen rechtlichen Ausgangspunkt hat auch das LSG zugrunde gelegt. Dementsprechend hat es das Erfordernis einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf als nicht erfüllt angesehen, denn die vom Kläger praktizierte Anwendung von Megestat und Dronabinol bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Bronchialkarzinom oder einem Karzinom der Thoraxorgane war nicht darauf gerichtet, die lebensbedrohliche Erkrankung als solche zu heilen oder positiv auf ihren Verlauf einzuwirken, sondern der Einsatz von Megestat und Dronabinol zielte "nur" auf die Verbesserung der Lebensqualität in dem Sinne, dass der Erkrankte wieder mit Appetit natürliche Nahrung zu sich nimmt und dadurch der tumorinduzierten Kachexie (Appetitlosigkeit mit der Folge körperlicher Auszehrung) entgegengewirkt wird. Der Kläger wollte mit der Anwendung von Megestat und Dronabinol also nicht auf die lebensbedrohliche Erkrankung als solche einwirken, sondern nur deren weitere Auswirkungen abmildern. Dementsprechend hat das LSG zu Recht für den vorliegenden Fall die Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 als nicht einschlägig erachtet.

34

Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es hier nicht darauf an, ob durch den Einsatz von Megestat und Dronabinol der Appetit von Patienten, die er wegen eines Bronchialkarzinoms oder eines Karzinoms der Thoraxorgane behandelte, wiederhergestellt und ob dadurch eine günstigere Prognose hinsichtlich der diesen noch verbleibenden Lebenszeit erreicht werden konnte. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25, 49 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 33) soll dem Patienten - bildlich gesprochen - der Strohhalm der Hoffnung auf Heilung, an den er sich klammert, nicht wegen Fehlens wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit verweigert werden. Hoffnungen in diesem Sinne kann ein Patient aber nur mit Behandlungsmethoden verbinden, die darauf gerichtet sind, auf seine mutmaßlich tödlich verlaufende Grunderkrankung als solche einzuwirken. Für Behandlungsverfahren, die dies nach ihrem eigenen methodischen Ansatz nicht leisten, gelten die reduzierten Wirksamkeitsanforderungen der Rechtsprechung des BVerfG von vornherein nicht. Soweit mit dem in § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Behandlungsziel "Krankheitsbeschwerden zu lindern" jede Verbesserung der Lebensqualität eines schwerkranken Patienten verbunden wird, ist dieses Ziel nicht von der Ausweitung der Leistungsansprüche der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 erfasst. Allein die Hoffnung einer - unter Umständen ganz geringen - Chance auf Heilung der Krankheit oder auf nachhaltige, nicht nur wenige Tage oder Wochen umfassende, Lebensverlängerung rechtfertigt es, die Voraussetzungen an den Nachweis der Wirksamkeit von Behandlungsmethoden so weit zu reduzieren, wie das in dem Beschluss des BVerfG erfolgt ist.

35

Dem wird die Ansicht des Klägers nicht gerecht, jede Verbesserung des Appetits des Patienten könne dessen subjektive Lebensqualität verbessern und so mittelbar - ungeachtet des dadurch nicht beeinflussten Wachstums des Tumors - eine (geringfügige) Lebensverlängerung bewirken. Nicht jede Verbesserung der Lebensqualität - zumal wenn diese in der Gesamtschau mit den möglichen vielfältigen und schwerwiegenden Nebenwirkungen zweifelhaft erscheint -, sondern nur die Erfüllung der Hoffnung des Patienten auf eine rettende Behandlung in einer aussichtslosen gesundheitlichen Situation indiziert die vom BVerfG beschriebene notstandsähnliche Lage, in der (nahezu) jeder Behandlungsansatz auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich sein soll.

36

Sind demnach die vom BVerfG herausgestellten Voraussetzungen für erweiterte Behandlungsmöglichkeiten ohne die Beschränkungen durch das AMG und durch § 135 Abs 1 SGB V für den Einsatz von Megestat und Dronabinol nicht erfüllt, so kommt es auf die weiteren Voraussetzungen für die Anwendung der Rechtsprechung des BVerfG nicht an. Das BVerfG und das BSG haben in ihren Entscheidungen insbesondere klargestellt, dass in Fällen, in denen die genannte Rechtsprechung des BVerfG einschlägig ist, immer auch die Voraussetzung erfüllt sein muss, dass keine Alternative einer allgemein anerkannten - dh nach dem AMG und SGB V zulässigen -, dem medizinischem Standard entsprechenden Behandlung besteht. Hierauf einzugehen, erübrigt sich, weil es schon an den "Grund"voraussetzungen für eine Anwendung der BVerfG-Rechtsprechung fehlt.

37

C. Bei allem ist schließlich darauf hinzuweisen, dass der Kläger das Risiko eines Regresses, wie er ihm gegenüber festgesetzt worden ist, hätte vermeiden können: Er hätte - worauf der Senat in ständiger Rechtsprechung hinweist -, für den Versicherten ein Privatrezept ausstellen und es diesem überlassen können, sich bei seiner KK um Erstattung der Kosten zu bemühen. Ermöglicht der Vertragsarzt indessen nicht auf diese Weise eine Vorab-Prüfung durch die KK, sondern stellt er ohne vorherige Rückfrage bei dieser eine vertragsärztliche Verordnung aus und löst der Patient diese in der Apotheke ein, so sind damit die Arzneikosten angefallen und die KK kann nur noch im Regressweg geltend machen, ihre Leistungspflicht habe nicht bestanden. Verhindert der Vertragsarzt durch diesen Weg der vertragsärztlichen Verordnung bei einem medizinisch umstrittenen Arzneieinsatz ohne dementsprechende Zulassung eine Vorab-Prüfung durch die KK und übernimmt er damit das Risiko, dass später die Leistungspflicht der KK verneint wird, so kann ein entsprechender Regress nicht beanstandet werden (stRspr, zB BSG vom 31.5.2006, MedR 2007, 557, 560, und - ausführlich - BSG vom 5.5.2010, SozR 4-2500 § 106 Nr 27 RdNr 43 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) .

38

D. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

39

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens steht im Ermessen des Gerichts. Eine Pflicht zur Einholung besteht nur dann, wenn sich dem Gericht dessen Einholung aufdrängen muss (stRspr, vgl zB BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 20/09 R -, Juris RdNr 49, und - B 6 KA 24/09 R -, Juris RdNr 20 - jeweils mwN; vgl auch BSG vom 3.2.2010, SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 37) . Das war hier nicht der Fall. Nach der für die Beurteilung der Notwendigkeit (weiterer) Beweiserhebung maßgeblichen Rechtsauffassung des LSG hat dieses kein Gutachten einholen müssen. Das LSG hat als maßgeblich erachtet, dass es im maßgeblichen Zeitraum der Jahre 2001 bis 2003 keinen fachwissenschaftlichen Konsens zum Einsatz von Megestat und Dronabinol auch bei Bronchialkarzinomen und Karzinomen der Thoraxorgane gegeben hat. Die Anregungen des Klägers zur Einholung eines Gutachtens sind darauf gerichtet gewesen, Belege dafür zu gewinnen, dass dieser Einsatz auch Befürworter hatte. Dem hat das LSG nicht ohne Weiteres nachgehen müssen, weil das zur Feststellung eines allgemeinen Konsenses, den das LSG aus Rechtsgründen für erforderlich gehalten hat, nichts Entscheidendes hätte beitragen können.

40

Die Rüge des Klägers, das LSG habe die von ihm im Berufungsverfahren eingereichten Studien nicht ausgewertet, scheitert daran, dass grundsätzlich die Vermutung besteht, dass das Gericht alles Eingereichte zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl zB BSG vom 2.9.2009, SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 20 mit zahlreichen BVerfG- und BSG-Angaben) . Gegenteiliges bedürfte besonderer Anhaltspunkte, die der Kläger nicht aufgezeigt hat und auch nicht ersichtlich sind.

41

Ebenso wenig dringt der Kläger mit seiner Rüge durch, das LSG habe das Vorliegen eines Konsenses in Fachkreisen nicht erkannt. Hierin liegt lediglich die Rüge, das LSG sei von einem falschen Ausgangspunkt ausgegangen. Dem lediglich die abweichende Sicht eines anderen Ausgangspunktes entgegenzusetzen, reicht für eine Verfahrensrüge nicht aus (vgl oben RdNr 22 am Ende) .

42

Schließlich greift auch seine Rüge der Verkennung der Grenzen der freien Beweiswürdigung nicht durch. Er bringt dazu vor, die Feststellungen des LSG, dass die Anwendung von Megestat und Dronabinol ausschließlich auf die Verbesserung der Lebensqualität und nicht auf die Verlängerung der Lebensdauer gerichtet sei, seien weder als Erfahrungssatz noch medizinisch begründbar. Dies ist schon nicht entscheidungserheblich, wie aus obigen Ausführungen zu C. folgt, wonach eine nur geringfügige Lebensverlängerung bei einem Behandlungsansatz, der von vornherein nicht auf eine Beeinflussung des Grundleidens zielt, nicht der vom BVerfG herausgearbeiteten Ausnahme von den Verordnungsvoraussetzungen gemäß dem AMG bzw gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V entspricht(vgl RdNr 36) . Vor allem ist nicht ersichtlich, dass das LSG insoweit einen Erfahrungssatz hätte aufstellen wollen. Vielmehr setzt auch hier der Kläger nur seine eigene Auffassung derjenigen des LSG entgegen.

43

E. Dem Regress stehen schließlich auch keine Grundrechtspositionen des Klägers entgegen. Insbesondere ist das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 GG nicht verletzt. Dieses Grundrecht unterliegt - ebenso wie Art 14 Abs 1 GG - einem Gesetzesvorbehalt, darf also durch Gesetz eingeschränkt werden. Das ist durch die vorliegend einschlägigen Bestimmungen des AMG und der §§ 106, 135 Abs 1 SGB V geschehen. Die Anwendung dieser Regelungen belastet den Kläger nicht unverhältnismäßig (vgl BSG vom 3.2.2010, SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 46 iVm 48) .

44

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu 1. beigeladene KK bei Nichtverordnung von Megestat und Dronabinol Kosten für andere Behandlungsarten hätte tragen müssen - sog Vorteilsausgleichung - (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 101, 252 = SozR 4-2500 § 115b Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 47) .

45

F. Nach alledem ist nicht nur der Hauptantrag des Klägers auf Bescheidaufhebung zurückzuweisen, sondern ebenso der Hilfsantrag: Für die hilfsweise begehrte Zurückverweisung der Sache an das LSG ist kein Raum, denn der gegenüber dem Kläger ausgesprochene Regress hat sich im Revisionsverfahren gemäß vorstehenden Ausführungen abschließend als rechtmäßig erwiesen.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Kläger trägt als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 154 Abs 2 VwGO) . Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16) .

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Psychotherapie.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger beantragte befundgestützt eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeittherapie (16.12.2013). Die Beklagte beauftragte Dr. D mit der Begutachtung, ohne den Kläger hierüber zu informieren (17.12.2013). Dr. D hielt die aktuell wirksame Psychodynamik der Erkrankung für nicht erkennbar und erwartete keinen hinreichenden Behandlungserfolg. Die Beklagte lehnte es ab, die Therapie zu bewilligen (Bescheid vom 27.1.2014, Widerspruchsbescheid vom 5.5.2014). Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Gerichtsbescheid vom 11.8.2014). Der Kläger hat sich 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie selbst beschafft und danach sein Klagebegehren auf Erstattung der von ihm hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von 2200 Euro gerichtet. Das LSG hat unter Anpassung des Tenors die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Ihr Schweigen auf den Leistungsantrag habe dessen Bewilligung fingiert (Urteil vom 17.6.2015).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 und 7 SGB V. Die Regelung begründe allein einen Kostenerstattungsanspruch für "erforderliche" Leistungen. Hieran habe es gefehlt.

4

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 11. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

                 
        

hilfsweise,

                 
        

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, dem Kläger 2200 Euro zu zahlen. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3a S 7 SGB V(in der seit 26.2.2013 geltenden Fassung des Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten sind erfüllt. Der Anwendungsbereich der Regelung ist eröffnet (dazu 1.). Die vom Kläger beantragten - hier nur noch streitigen - 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie gelten als von der Beklagten genehmigt (dazu 2.). Der Kläger beschaffte sich daraufhin die erforderliche Leistung selbst. Hierdurch entstanden ihm 2200 Euro Kosten (dazu 3.).

8

1. Der Kläger kann sich für die Erstattung der Kosten auf den Anspruch aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V nach dessen zeitlichem und sachlichem Anwendungsbereich berufen.

9

a) Die Regelung ist nach ihrem Geltungszeitraum anzuwenden. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht (vgl hierzu zB BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 13 f mwN)greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26.2.2013 stellen. Der Kläger stellte nach dem 25.2.2013, am 16.12.2013, bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer künftig zu leistenden Psychotherapie.

10

b) Die Regelung ist auch sachlich anwendbar. Denn der Kläger verlangt weder unmittelbar eine Geldleistung noch Erstattung für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Reha), sondern Erstattung für selbstbeschaffte Krankenbehandlung.

11

Die Regelung findet keine Anwendung auf Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung gerichtet sind. Das sind andere Ansprüche der Versicherten wegen sachleistungsersetzender Kostenerstattung etwa nach § 13 Abs 2 und 3 SGB V und wegen Geldleistungen mit Unterhaltsersatzfunktion. Der gesetzliche Erstattungsanspruch für die selbstbeschaffte erforderliche Leistung passt hierauf nicht (vgl zu Wortlaut und Regelungssystem aa). Versicherte können sich jederzeit Kredite zur Überbrückung von Zeiten verschaffen, in denen bei ihnen ein Bedarf entsteht, weil KKn den Versicherten zustehende Geldleistungsansprüche nicht auszahlen. Es bedarf hierfür keines besonderen Rechtsmechanismus, die gesetzliche Verzinsungsregelung greift (vgl § 44 SGB I). Der Gesetzgeber ging für die Regelung dementsprechend von einer "Ausnahme vom Sachleistungsprinzip" aus (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Die späteren Änderungen des Gesetzentwurfs (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 11) geben keinen Anlass zu einer hiervon abweichenden Auslegung.

12

Der Erstattungsanspruch bei Genehmigungsfiktion ist auch für Leistungen zur medizinischen Reha nicht gegeben. Das folgt aus Wortlaut und Binnensystem der Norm (dazu aa), Entstehungsgeschichte (dazu bb) und Regelungszweck im Gesamtsystem (dazu cc). Die vom Kläger begehrte und selbstbeschaffte Psychotherapie ist nicht Gegenstand der medizinischen Reha, sondern der Krankenbehandlung (dazu dd).

13

aa) Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die KK eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a S 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a S 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs 3a S 4 SGB V). Kann die KK die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Reha gelten die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V).

14

bb) Nach den Gesetzesmaterialien gelten für Leistungen zur medizinischen Reha die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen. Das Gesetz stellt dies ausdrücklich klar (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).

15

cc) Auch der Regelungszweck im Gesamtsystem verdeutlicht, dass das Gesetz Kostenerstattung wegen Genehmigungsfiktion für Leistungen zur medizinischen Reha nicht vorsieht. Der Gesetzgeber hat bewusst Leistungen zur medizinischen Reha aus dem Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V ausgeklammert. Schon die Vorgaben für die Zuständigkeitsklärung bei Leistungen zur medizinischen Reha (§ 14 SGB IX)würden zur gesetzlichen Regelung der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)nicht passen. Sie wären mit dem aufgezeigten Fristenregime des § 13 Abs 3a SGB V nicht kompatibel. Leitete der erstangegangene Träger einen Antrag innerhalb von zwei Wochen nach seinem Eingang weiter (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX),könnte dennoch innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang beim erstangegangenen Träger bereits die Genehmigungsfiktion eintreten (§ 13 Abs 3a S 1 und S 6 SGB V). Vergleichbares gilt für die unterschiedlichen Erstattungsregelungen (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V und § 15 SGB IX).

16

dd) Der Begriff der Leistungen zur medizinischen Reha ist funktionsadäquat auszulegen: Einerseits umfasst er in einem weiten Sinne Leistungen, die eine KK als erstangegangener Reha-Träger nach dem Recht des eigentlich zuständigen Trägers zu erbringen hat, wenn sie den Antrag nicht weiterleitet und deshalb im Außenverhältnis zum zuständigen Träger wird. Die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich in diesem Falle im Außenver-hältnis (behinderter Mensch/Reha-Träger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind(vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 RdNr 14 mwN). Einbezogen sind zB Adaptionsmaßnahmen, die eine KK allein nach dem Recht des SGB V nicht leisten müsste (vgl zB BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 16 ff). Dieser Schutzmechanismus darf nicht durch ein zu enges Begriffsverständnis der "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" ausgehebelt werden. Der Entscheidungszeitpunkt der KK spielt hierbei keine Rolle.

17

Andererseits erstreckt sich dieser Leistungsbegriff in der Regelung des § 13 Abs 3a S 9 SGB V - bei einem Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem engeren Sinne - nur auf die Leistungen zur medizinischen Reha im Sinne des SGB V. Das sind insbesondere die dort als solche bezeichneten Leistungen (§ 40 SGB V), aber auch zB teilweise Arbeitstherapie (vgl zB BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 21 ff, 26 mwN). Versicherte der GKV - wie der Kläger - haben gemäß § 11 Abs 2 S 1 SGB V ua Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Reha, die "notwendig sind, um eine Behinderung (…) abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern". Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs 2 S 3 SGB V). Die KKn - gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur medizinischen Reha - sind nach den Vorschriften des SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen indes nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet(vgl § 11 Abs 2, § 40 SGB V; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18).

18

Speziell für Psychotherapie unterscheidet das SGB V zwischen ärztlicher Behandlung einschließlich Psychotherapie (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V)als einem Teilbereich ambulanter Krankenbehandlung einerseits (vgl zu diesem Begriff in Abgrenzung zur ambulanten Reha § 40 Abs 1 S 1 SGB V) und Leistungen zur medizinischen Reha, zu deren Bestandteilen auch Psychotherapie gehören kann, und ergänzenden Leistungen andererseits (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V). Im Regelungsbereich ambulanter ärztlicher Behandlung im Rechtssinne wird die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien (RL) nach § 92 SGB V durchgeführt(vgl § 28 Abs 3 S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 2 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311; vgl BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 20 RdNr 10). Um eine solche Leistung psychotherapeutischer Krankenbehandlung ging es dem Kläger.

19

2. Grundvoraussetzung des Erstattungsanspruchs aufgrund Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V)ist, dass die beantragte Leistung im Sinne des Gesetzes nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V; dazu a). Das folgt aus dem oben aufgezeigten Wortlaut und dem Binnensystem der Norm (vgl oben, II. 1. b aa), Entstehungsgeschichte und Regelungszweck. Die vom Kläger beantragte Leistung galt in diesem Sinne als genehmigt (dazu b).

20

a) Der Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)ist in der Erstattungsregelung (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V) verkürzend mit den Worten "nach Ablauf der Frist" vorausgesetzt. Gemeint ist nicht jeder Fall des Ablaufs der Fristen nach § 13 Abs 3a S 1 oder S 4 SGB V. Der Erstattungsanspruch setzt nach seinem inneren Zusammenhang mit der Mitteilungspflicht (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V)und dem Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)vielmehr voraus, dass die KK keinen oder keinen hinreichenden Grund mitteilte. Nur im Fall grundlos nicht fristgerechter Leistungserbringung kann sich der Versicherte aufgrund der Regelung die erforderliche Leistung selbst beschaffen und Kostenerstattung von der KK verlangen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 29 f). Der Regelungszweck, Bewilligungsverfahren der KKn zu beschleunigen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, aaO S 29), zielt nicht darauf ab, hinreichend begründete Verzögerungen zu sanktionieren. Die Mitteilung mindestens eines hinreichenden Grundes bewirkt für die von der KK prognostizierte, taggenau anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als genehmigt gilt. Stellt sich nach Mitteilung einer ersten, sachlich gerechtfertigten Frist heraus, dass diese zunächst prognostizierte Frist sich aus hinreichenden Sachgründen als zu kurz erweist, kann die KK zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller die hinreichenden Gründe mit der geänderten taggenauen Prognose erneut - ggf wiederholt - mitteilen. Erst wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der letzten, hinreichend begründeten Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.

21

b) Die vom Kläger beantragte Psychotherapie galt wegen Fristablaufs als genehmigt. Denn der leistungsberechtigte Kläger (dazu aa) stellte bei der Beklagten einen hinreichend bestimmten Antrag (dazu bb) auf Leistung von 25 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeitpsychotherapie, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt (dazu cc). Diesen Antrag beschied die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs 3a S 1 SGB V, ohne dem Kläger hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen(dazu dd).

22

aa) Der Kläger ist als bei der Beklagten Versicherter leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen KK.

23

bb) Der Kläger beantragte hinreichend bestimmt die Gewährung einer Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen. Damit die Leistung im Rechtssinne nach Ablauf der Frist als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Entsprechend den allgemeinen, in § 42a VwVfG(Verwaltungsverfahrensgesetz idF durch Art 1 Nr 5 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften - 4. VwVfÄndG - vom 11.12.2008, BGBl I 2418 mWv 18.12.2008) normierten Grundsätzen (vgl Begründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines 4. VwVfÄndG, BT-Drucks 16/10493 S 15) gilt "eine beantragte Genehmigung (…) nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (…), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist". Da der Verwaltungsakt nicht erlassen, sondern fingiert wird, muss sich der Inhalt der fingierten Genehmigung aus dem Antrag in Verbindung mit den einschlägigen Genehmigungsvorschriften hinreichend bestimmen lassen (vgl Begründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines 4. VwVfÄndG, BT-Drucks 16/10493 S 16). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist(zu § 13 SGB V: Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 73; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 58l; s auch Gemeinsames Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund der KKn und der Verbände der KKn auf Bundesebene zur leistungsrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs 3a SGB V vom 15.5.2013, S 20; zu § 42a VwVfG: U Stelkens in P Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 42a RdNr 35 mwN).

24

So lag es hier. Der Klägerantrag auf Gewährung von Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen war im Rechtssinne hinreichend bestimmt und fiktionsfähig.

25

cc) Der Antrag des Klägers betraf eine Leistung, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck an. Denn die Genehmigungsfiktion begründet zugunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch, dem der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz entspricht (vgl § 13 Abs 3a S 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl zur Kostenfreistellung zB BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 16 mwN und Leitsatz 2). Auch der Kostenerstattungsanspruch aufgrund Genehmigungsfiktion setzt voraus, dass sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine "erforderliche" Leistung (entsprechend der fingierten Genehmigung; dazu II. 3. a) selbst beschaffen.

26

Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen. Die Gesetzesmaterialien sprechen beispielhaft den Fall an, dass die KK auch im Fall der selbstbeschafften Leistung, zum Beispiel bei einer notwendigen Versorgung mit Zahnersatz, nicht den vom Versicherten zu tragenden Eigenanteil zu übernehmen hat (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 30; im Ergebnis ähnlich etwa LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 9; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr 23 ff; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 58l; Vogl, NZS 2014, 210, 211; Werner, SGb 2015, 323, 325; aA etwa LSG NRW Beschluss vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KRL 16 KR 155/14 B - Juris RdNr 26 ff; Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 74; Kingreen in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 13 RdNr 29; Knispel, SGb 2014, 374, 376; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Preis/Schneider, NZS 2013, 281, 288; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 43).

27

Die beantragte Psychotherapie unterfällt ihrer Art nach dem Leistungskatalog der GKV, wie oben dargelegt. Der Kläger konnte auch aufgrund der fachlichen Befürwortung seines Antrags durch die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin T die Behandlung für geeignet und erforderlich halten. Der Gedanke an einen Rechtsmissbrauch liegt fern.

28

dd) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Wochen (§ 13 Abs 3a S 1 SGB V), ohne dem Kläger hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen: Sie teilte ihm keinerlei Gründe mit. Die Frist von drei Wochen ist maßgeblich, weil die Beklagte den Kläger nicht über die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme unterrichtete (vgl zur Pflicht § 13 Abs 3a S 2 SGB V). Ohne diese gebotene Information kann der Leistungsberechtigte nach Ablauf von drei Wochen annehmen, dass sein Antrag als genehmigt gilt (aA Rieker, NZS 2015, 294, 296). Die Frist begann am Dienstag, dem 17.12.2013 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1 BGB). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)ging der Antrag des Klägers am 16.12.2013 der Beklagten zu. Die Frist endete am Montag, dem 6.1.2014 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 188 Abs 2 BGB). Die Beklagte entschied erst später, am 27.1.2014, über den Antrag des Klägers.

29

3. Der Kläger beschaffte sich die erforderliche Leistung von 24 Sitzungen Psychotherapie selbst, nachdem sie als genehmigt galt (dazu a). Hierdurch entstanden ihm 2200 Euro Kosten (dazu b).

30

a) Die genehmigte Leistung, die sich der Kläger beschaffte, war auch noch im Zeitpunkt der Beschaffung erforderlich. Der Kläger beachtete nämlich Art und Umfang der fingierten Genehmigung von 25 Sitzungen Psychotherapie. Er beschaffte sich die Leistung zeitnah nach Eingreifen der Genehmigungsfiktion. Die fingierte Genehmigung hatte sich bei der Beschaffung auch nicht erledigt. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Leistung nicht mehr (subjektiv) erforderlich gewesen wäre.

31

Auch eine fingierte Genehmigung - wie jene des Klägers - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (vgl § 39 Abs 2 SGB X; vgl hierzu bei nicht fingierter Genehmigung zB BSG SozR 4-2500 § 55 Nr 2 RdNr 24; rechtsähnlich BVerwGE 48, 87, 90, 92 ff zu § 19 Abs 4 S 3 BBauG vom 23.6.1960, BGBl I 341). So kann etwa - für den Versicherten erkennbar - eine "Erledigung auf andere Weise" einer fingierten Genehmigung einer beantragten Krankenbehandlung eintreten, wenn die ursprünglich behandlungsbedürftige Krankheit nach ärztlicher, dem Betroffenen bekannter Einschätzung vollständig geheilt ist: Es verbleibt durch diese Änderung der Sachlage für die getroffene Regelung kein Anwendungsbereich mehr. Sie kann nach ihrem Inhalt und Zweck keine Geltung für den Fall derart veränderter Umstände beanspruchen. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 14 mwN; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 24). In diesem Sinne ist die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Geänderte Umstände, die die Genehmigung im Zeitpunkt der Beschaffung entfallen ließen, hat indes weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.

32

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, der Kläger sei deshalb nicht "schutzbedürftig", weil ihm vor Selbstverschaffung der genehmigten Therapiemaßnahmen die ablehnende Entscheidung der Beklagten zugegangen und seine Therapeutin Kenntnis vom Begutachtungsergebnis erlangt habe. Die fingierte Genehmigung schützt den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs. Die spätere Mitteilung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und die Information der Therapeutin über das Gutachten lassen die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion unberührt; die Ablehnung der Leistung regelt weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme oder den Widerruf der fingierten Genehmigung (vgl hierzu §§ 45, 47 SGB X).

33

b) Dem Kläger entstanden nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dadurch Kosten in Höhe von 2200 Euro, dass er sich die erforderliche genehmigte Leistung selbst beschaffte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger ohne Selbstbeschaffung der Leistung einen Eigenanteil der Therapiekosten zu tragen gehabt hätte (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 30).

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 24. Januar 2014 - 25 Gs - 900 Js 57227/13 - und der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2014 - 3 Qs 301/14 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2014 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Darmstadt zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Anordnung der Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers und gegen die Beschlagnahme von zur ärztlich begleiteten Schmerztherapie angebauten Cannabispflanzen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Schmerzpatient. Er leidet an diversen physischen und psychischen Erkrankungen wie den Folgen einer Leukämieerkrankung, einem bewegungsunabhängigen diffusen Schmerzsyndrom und Arthrose sowie Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Einsätzen als Soldat in Krisengebieten. Er ist schwerbehindert (GdB 60) und steht unter gesetzlicher Betreuung für die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung bei Behörden, Ämtern und Versicherungen. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin und zwei gemeinsamen Kindern von SGB II-Leistungen.

3

2. Nachdem der Beschwerdeführer erfolglos mit verschiedenen Opiaten behandelt wurde und die behandelnden Ärzte keine wirksamen Therapieoptionen mehr anbieten konnten, war er auf die Einnahme von Cannabinoiden (THC) angewiesen, welche allein zu einer Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation führten. Auf seinen ärztlich befürworteten Antrag erteilte ihm das Bundesamt für Arzneimittel (BfArM) im Juni 2013 die Erlaubnis, Medizinal-Cannabisblüten für einen vierwöchigen Bedarf zu erwerben und zu verwenden.

4

3. Der Beschwerdeführer war jedoch wegen der Kosten von etwa 120,- € pro 5 g Medizinalhanf nicht in der Lage, seinen täglichen Bedarf von 1,5 bis 2 g Cannabis zu decken und begann deshalb, selbst Cannabisblüten anzubauen, um die ärztlich begleitete Schmerztherapie fortzuführen. Dies teilte er durch ein Schreiben seines behandelnden Arztes vom 19. Oktober 2013 der Staatsanwaltschaft mit, in welchem er erklärte, dass er zwar eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM zum Bezug von Medizinalhanf aus der Apotheke besitze, nicht aber eine Erlaubnis für den Anbau von Cannabis. Die Behörden seien trotz vorliegender Voraussetzungen wegen entgegenstehender Weisungen grundsätzlich nicht zu einer Erteilung bereit. Er sei finanziell nicht in der Lage, den Cannabisbezug aus der Apotheke zu bezahlen, gesundheitlich jedoch auf die Einnahme von Cannabis angewiesen. Schließlich bat er um Prüfung, ob von Strafverfolgungsmaßnahmen abgesehen werden könne und ob eine Notstandssituation vorliege. Eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme der Cannabisblüten und der damit verbundene Abbruch der ärztlich begleiteten Therapie würden einen schweren Eingriff in seine gesundheitliche Situation bedeuten.

5

4. Im Dezember 2013 beantragte der Beschwerdeführer unter Darlegung seines Gesundheitszustands beim BfArM die Erlaubnis zum Anbau von Cannabis für sich und zehn weitere Personen, die ebenso wie er auf den Bezug von Medizinalhanf angewiesen seien. Er wolle sich und anderen Schmerzpatienten helfen und sein Verhalten legalisieren. Der Antrag wurde noch nicht beschieden.

6

5. Im Januar 2014 wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, nachdem ein Zeuge, den der Beschwerdeführer für die Überwachung einer Halle zum Anbau von Cannabis anzuwerben versucht haben soll, sich bei der örtlichen Polizei gemeldet hatte. Das Amtsgericht Darmstadt ordnete mit hier angegriffenem Beschluss vom 24. Januar 2013 gemäß §§ 102, 105 StPO die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers und die Beschlagnahme etwaiger Beweismittel an. Aufgrund von Tatsachen sei zu vermuten, dass Betäubungsmittel, Konsumutensilien, Verpackungsmaterialien, schriftliche Aufzeichnungen über Lieferanten und Abnehmer, Mobiltelefone, sonstige Datenträger, Bankbelege und Geldbeträge sowie Unterlagen, die auf die Anmietung einer Halle zum Anbau von Cannabis hindeuten, aufgefunden würden. Der Beschwerdeführer sei verdächtig, in seiner Wohnung unerlaubt Cannabispflanzen anzubauen. Dieser Verdacht ergebe sich aus der Aussage des Zeugen sowie aus dem ermittelten Stromverbrauch. Weiterhin bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer eine Halle angemietet habe, in der er Cannabispflanzen anbaue oder dies zumindest beabsichtige.

7

6. Bei Durchführung der Durchsuchung wurden in einer verschlossenen Abstellkammer vor der Wohnung des Beschwerdeführers 21 Marihuanapflanzen nebst Anbauutensilien aufgefunden und sichergestellt. Das ferner in einem Tresor aufgefundene Döschen mit 5 g Marihuana aus der Apotheke wurde ihm für den erlaubten Eigenbedarf belassen. Hinweise auf einen Anbau von Betäubungsmitteln in einer Lagerhalle wurden nicht gefunden.

8

7. Gegen die Anordnung der Wohnungsdurchsuchung und der Beschlagnahme seiner Pflanzen legte der Beschwerdeführer unter Verweis auf seine Selbstanzeige und die dort mitgeteilten Umstände Beschwerde beim Landgericht Darmstadt ein. Er habe mittlerweile einen Antrag auf Genehmigung des Eigenanbaus von Cannabis gestellt. Seinen Plan, den Anbau bei entsprechender Genehmigung in einer Halle durchzuführen, habe er nicht weiterverfolgt, weil dem Antrag bislang nicht stattgegeben worden sei und er über keine freien finanziellen Mittel verfüge. Die Durchsuchung und die Beschlagnahme seien unverhältnismäßig, insbesondere nicht erforderlich gewesen, nachdem er den Eigenanbau selbst angezeigt und sich kooperativ gezeigt habe. Er habe seine Situation öffentlich klären wollen, Verdunkelungshandlungen wie die Vernichtung des selbst angebauten Cannabis seien schon wegen seines dringenden medizinischen Bedarfs nicht zu erwarten gewesen. Zur Vermeidung einer medizinischen Unterversorgung forderte er die Herausgabe der Pflanzen und Anbauutensilien.

9

8. Das Landgericht Darmstadt wies die Beschwerde mit hier ebenfalls angegriffenem Beschluss als unbegründet zurück. Die vorliegende Erlaubnis des BfArM habe ihn nur zum Erwerb und nicht zum Eigenanbau von Cannabis berechtigt. Eine etwaige verwaltungsrechtliche Verpflichtung zur Erteilung der Anbauerlaubnis sei für die strafrechtliche Betrachtung irrelevant. Die für die Anordnung der Durchsuchung erforderliche einfache Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Straftat habe vorgelegen. Eine Rechtfertigung oder Entschuldigung komme nach der Rechtsprechung des Kammergerichts nur in besonders herausragenden Ausnahmefällen in Betracht und könne erst im weiteren Ermittlungsverfahren geprüft werden. Die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers und sein Geständnis könnten im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden, führten aber nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen.

II.

10

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend. Nach seiner problemlos überprüfbaren Selbstbelastung fehle es schon an der Erforderlichkeit der Durchsuchung. Außerdem habe eine Notstandssituation vorgelegen. Er habe keine legale Möglichkeit, seine schwere Erkrankung zu behandeln, obwohl die überragende Bedeutung seiner Behandlung mit Cannabis durch die Ausnahmegenehmigung des BfArM anerkannt worden sei. Das begangene Unrecht sei derart gering, dass eine Durchsuchung nicht gerechtfertigt sei. Jedenfalls werde der Unrechtsgehalt der in § 29 Abs. 5 BtMG geregelten Fälle nicht übertroffen. Dass die Gerichte weder eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen hätten, noch eine eingehende Auseinandersetzung mit seiner Selbstanzeige und seinem medizinischen Zustand erfolgt sei, verstoße auch gegen Art. 13 Abs. 2 GG. Durch die unverhältnismäßige Beschlagnahme sei der Beschwerdeführer ferner in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG betroffen. Er beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände.

III.

11

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt, die Hessische Staatskanzlei und der Generalbundesanwalt haben zum Verfahren Stellung genommen.

12

1. Die Staatsanwaltschaft trägt vor, ein vorheriges Aufsuchen des Beschwerdeführers an seiner Wohnanschrift wäre mit einer erheblichen Gefährdung des Durchsuchungszwecks verbunden gewesen. Da jedenfalls auch der Verdacht des Anbaus von Betäubungsmitteln in einer Lagerhalle bestanden habe, habe die Durchsuchungsanordnung nicht außer Verhältnis zu dem Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers gestanden.

13

2. Die Hessische Staatskanzlei macht geltend, aus der Selbstanzeige sei nicht hervorgegangen, in welchem Umfang der Beschwerdeführer Cannabis in seiner Wohnung anbaue und ob eine weitere Plantage existiere. Ebenso wenig sei dem Schreiben zu entnehmen gewesen, ob er die Beweismittel freiwillig aushändigen würde. Die Staatsanwaltschaft habe sich zur Bewertung, ob sie von der Verfolgung absehen könne (§ 31a Abs. 1 Satz 1 BtMG), zunächst ein Bild von den Tatumständen machen müssen. Durchsuchung und Beschlagnahme seien daher sowohl in Bezug auf den Eigenanbau in der Wohnung, als auch in einer Lagerhalle erforderlich und im Gegensatz zu einem potentiell erfolglosen Aufsuchen des Beschwerdeführers ohne Durchsuchungsbeschluss das einzig geeignete Mittel gewesen. Zwar sei möglicherweise die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme rechtswidrig gewesen, weil die Staatsanwaltschaft spätestens nach Durchsicht der beschlagnahmten Gegenstände einen Eindruck von Ausmaß und Umständen der Tat gehabt habe. Die Rückgabe der Pflanzen und Anbauutensilien hätte den Beschwerdeführer jedoch erneut in die Lage versetzt, Cannabis anzubauen und ihm strafbaren Besitz an Betäubungsmitteln verschafft.

14

3. Der Generalbundesanwalt hält die Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der materiellen Subsidiarität für unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht den Verwaltungsrechtsweg betreffend eine Anbauerlaubnis erschöpft oder versucht habe, seine Finanzierungsprobleme zu lösen. Gegen die Beschlagnahme hätte der Beschwerdeführer zur Erschöpfung des Rechtswegs einen Antrag gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO stellen müssen.

15

Die Durchsuchungsanordnung sei verhältnismäßig, insbesondere erforderlich gewesen, weil nicht hinreichend deutlich gewesen sei, inwieweit der Beschwerdeführer an einer Sachverhaltsaufklärung mitwirken würde und der Tatverdacht weiter aufzuklären gewesen sei. Auch sei keineswegs offensichtlich gewesen, dass der Anbau in größerem Maßstab nur für den Fall einer entsprechenden Genehmigung gedacht gewesen sei. Dass die rechtzeitige Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes oder die Durchsetzung einer Finanzierung offensichtlich aussichtslos gewesen wäre, und die Voraussetzungen eines rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstands vorgelegen hätten, sei ebenfalls nicht erkennbar. Eine abweichende Bewertung hätte zur Folge, dass verwaltungsrechtlich zu beurteilende Vorfragen ohne Not inzident im Strafverfahren geklärt werden müssten. Allein die Verwaltungsbehörden seien aber befugt, Beschränkungen und Auflagen auszusprechen und deren Einhaltung zu überprüfen.

16

Die beschlagnahmten Gegenstände unterlägen der Einziehung. Der Beschwerdeführer sei auf die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zur Durchsetzung einer Anbauerlaubnis oder einer Finanzierung zu verweisen und müsse die Zeit bis zum Abschluss dieser Verfahren zumindest vorübergehend durch die Verwendung der ihm zur Verfügung stehenden Mittel überbrücken.

17

4. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 900 Js 57227/13 C der Staatsanwaltschaft Darmstadt vorgelegen.

IV.

18

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 96, 44 <51>; 115, 166 <197>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

19

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung und der materiellen Subsidiarität nicht entgegen. Mit seiner Beschwerde gegen die richterlich angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg erschöpft. Die nach dem Subsidiaritätsgrundsatz geltende Pflicht, alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu ergreifen, damit eine Grundrechtsverletzung im fachgerichtlichen Instanzenzug unterbleibt oder beseitigt wird, steht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit (vgl. BVerfGE 132, 99 <117>). Angesichts der dem Beschwerdeführer bei einer medizinischen Unterversorgung drohenden gravierenden Gesundheitsgefahren, die er mangels ihm zur Verfügung stehender Mittel gerade nicht in der Lage war, abzuwenden, war es ihm nicht zuzumuten, die bis zur Gewährung verwaltungsrechtlichen (Eil-)Rechtsschutzes vergehende Zeit als unversorgter Schmerzpatient zu überbrücken.

20

2. Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts sowie der diesen bestätigende Beschluss des Landgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG.

21

a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Damit wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>).

22

aa) Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gewicht des Eingriffs verlangt Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen (vgl. BVerfGE 115, 166 <197 f.>). Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>).

23

bb) Dem erheblichen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht zudem ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 96, 44 <51>; 115, 166 <197>). Die Durchsuchung muss vor allem in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 20, 162 <187>; 59, 95 <97>; 96, 44 <51>; 115, 166 <197>). Hierbei ist auch die Bedeutung des potentiellen Beweismittels für das Strafverfahren zu bewerten (vgl. BVerfGE 115, 166 <197>). Sie scheidet aus, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen oder der Eingriff nicht mehr in angemessenem Verhältnis zur Stärke des Tatverdachts und zur Schwere der Tat steht (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>; 59, 95 <97>). Auch die Beschlagnahme muss angesichts des erheblichen Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (BVerfGE 20, 162 <186 f.>).

24

cc) Dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es außerdem, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält und damit eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz vorsieht (vgl. BVerfGE 20, 162 <223>; 57, 346 <355 f.>; 76, 83 <91>; 103, 142 <150 f.>). Die Einschaltung des Richters soll insbesondere dafür sorgen, dass die Interessen des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>). Besondere Bedeutung kommt auch dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu, weil nur so im Einzelfall die Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs sichergestellt werden kann. Der Richter darf die Wohnungsdurchsuchung daher nur anordnen, wenn er sich aufgrund einer eigenverantwortlichen Prüfung der Ermittlungen davon überzeugt hat, dass die Maßnahme in vollem Umfang verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>).

25

dd) Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient auch dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf und die konkret gesuchten Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.>; 44, 353 <371>; 45, 82; 50, 48 <49>; 71, 64 <65>). Die Beschlussgründe müssen sich allerdings nicht zu jedem denkbaren Gesichtspunkt des Tatverdachts verhalten. Aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht hinnehmbar ist es lediglich, wenn sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Notwendigkeit der Erörterung eines offensichtlichen Problems aufdrängen musste und gleichwohl eine Prüfung vollständig fehlt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2009 - 2 BvR 1940/05 -, juris, Rn. 29). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs und der zu suchenden Beweismittel im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden können. Außerhalb der für den Vollzug einer Durchsuchungsgestattung verfassungsrechtlich unabdingbaren Umgrenzung von Tatvorwurf und Beweismitteln können Defizite in der Begründung des zugrundeliegenden Tatverdachts und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im Beschwerdeverfahren hingegen grundsätzlich nachgebessert werden (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a. -, juris, Rn. 5).

26

b) Gemessen an diesen Maßstäben verkennen die angegriffenen Beschlüsse Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Beschwerdeführers und tragen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend Rechnung. Es fehlt an einer Auseinandersetzung mit der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Durchsuchungsanordnung in dem angeordneten Umfang.

27

Das Amtsgericht verzichtet in der Durchsuchungsanordnung auf jede einzelfallbezogene Begründung seiner Entscheidung, obwohl die besondere gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers, seine Mittellosigkeit, die einer angemessenen und ärztlich indizierten Therapie entgegensteht, und seine Selbstanzeige hierzu Anlass gegeben hätten. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung fehlt vollständig, insbesondere jeder Bezug auf die für die Reichweite der Durchsuchung wesentliche Frage, ob zwischen dem - vom Beschwerdeführer eingeräumten - Anbau für den Selbstverbrauch und dem Anbau für Dritte angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls zu unterscheiden gewesen wäre.

28

Auch das Landgericht hat trotz der sich aufdrängenden besonderen Umstände des Einzelfalls keine differenzierte und den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Nachbesserung der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Der angegriffene Beschluss zeigt weder eine Differenzierung zwischen dem Verdacht auf Eigenanbau von Cannabis in der eigenen Wohnung und dem Verdacht auf Anbau von Cannabis in einer Lagerhalle für Dritte auf noch wird geprüft, ob die angeordnete Durchsuchung in ihrem vollen Umfang zur Erhärtung des jeweiligen Tatverdachts geeignet, erforderlich und verhältnismäßig war. Eine Abwägung von Tatschwere und Schutzgut erfolgt nicht.

29

Eine Auseinandersetzung mit der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Durchsuchung war nicht deshalb entbehrlich, weil die Gerichte zutreffend von einem Anfangsverdacht hinsichtlich des Anbaus von Betäubungsmitteln in einer Lagerhalle - mithin über den medizinisch indizierten Bedarf für den Eigengebrauch hinaus - ausgegangen sind und die Durchsuchung zur Erhärtung dieses Tatverdachts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich dieser Zielrichtung einer Durchsuchung drängte sich auch ein Notstand nicht derart auf, dass bereits von einem Anfangsverdacht abzusehen gewesen wäre; auch berechtigte der auf den Betäubungsmittelanbau in einer Halle gerichtete Verdacht die Staatsanwaltschaft grundsätzlich ohne weiteres zu einer Wohnungsdurchsuchung. Angesichts der Besonderheiten des Falles hätte sich jedoch eine Einschränkung des Durchsuchungsbeschlusses auf diesen Tatverdacht belegende Beweismittel aufgedrängt. Denn zur weiteren Aufklärung des der Staatsanwaltschaft bereits seit geraumer Zeit selbst angezeigten Anbaus von Betäubungsmitteln in der eigenen Wohnung zur ärztlich begleiteten Schmerztherapie wären mildere Mittel wie eine Vernehmung von Zeugen oder - insbesondere - die Konfrontation des Beschwerdeführers mit den bisherigen Ermittlungen in Betracht gekommen. Dies gilt umso mehr, als Verdunkelungshandlungen eine medizinische Unterversorgung des Beschwerdeführers nach sich gezogen hätten und dieser sein Handeln gerade legalisieren lassen wollte (vgl. auch Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Juni 2006 - 2 BvR 1780/04 -, BVerfGK 8, 249 <259>). Bei der erforderlichen Abwägung des Durchsuchungszwecks mit der Schwere des Tatvorwurfs und des Unrechtsgehalts erscheint jedenfalls hinsichtlich des Verdachts des Eigenanbaus zum Zwecke der ärztlich begleiteten Selbsttherapie die angeordnete Durchsuchung bei einer - vorbehaltlich des Ausscheidens von Rechtfertigungsgründen - zu erwartenden geringen Strafe unangemessen.

30

Die Kammer verkennt nicht, dass gerade im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität eine Durchsuchung in der weit überwiegenden Zahl der Fälle und ohne dass damit gesteigerte Begründungserfordernisse verbunden wären, erforderlich sein wird, um einen Auffindeverdacht zu erhärten, zumal ein Geständnis jederzeit widerrufen werden kann. So ist im üblichen Fall der Betäubungsmittelkriminalität stets mit einer Fremdgefährdung zu rechnen, weil Beschuldigte die Betäubungsmittel in aller Regel in den Verkehr bringen. Ein solcher Fall der Betäubungsmittelkriminalität lag hier jedoch ersichtlich nicht vor, nachdem der Beschwerdeführer selbst - offenkundig, um eine schnellstmögliche Klärung der Rechtslage herbeizuführen - angezeigt hatte, Betäubungsmittel für seine ärztlich begleitete Schmerztherapie anzubauen. Die Gerichte hätten in diesem atypischen Einzelfall die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers und sein Geständnis besonders würdigen und dann prüfen müssen, ob die Voraussetzungen einer Durchsuchungsanordnung hinsichtlich des Verdachts auf Anbau von Cannabis in einer Lagerhalle einerseits und hinsichtlich des bereits eingestandenen Eigenanbaus in der Wohnung zur ärztlich begleiteten Schmerztherapie andererseits gegeben waren. An dieser Differenzierung hinsichtlich der Reichweite der Durchsuchungsanordnung fehlt es jedoch.

31

3. Die Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts sowie der diese bestätigende Beschluss des Landgerichts sind danach ebenfalls verfassungswidrig. Eine Beschlagnahme muss angesichts des erheblichen Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen von vornherein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (BVerfGE 20, 162 <186 f.>). Auch in dieser Hinsicht fehlen die vor dem Hintergrund der gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Ob die aufgrund der fehlenden Einschränkung der zu suchenden Beweismittel erfolgte Beschlagnahme der für die ärztlich begleitete Schmerztherapie erforderlichen Cannabispflanzen darüber hinaus das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

32

4. Die Entscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung beruht auf § 95 Abs. 2 BVerfGG. Das Bundesverfassungsgericht muss nicht sämtliche angegriffenen verfassungswidrigen Entscheidungen aufheben, sondern kann die Sache auch an ein Gericht höherer Instanz zurückverweisen, zumal wenn dieses - wie hier - als Beschwerdegericht gemäß § 308 Abs. 2 StPO zu eigenen Sachverhaltsfeststellungen nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juli 2011 - 2 BvR 2413/10 -, EuGRZ 2011, S. 521 <524>).

33

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

34

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt sich mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. November 2011 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 26. August 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung von (hälftigen) Kosten für eine Maßnahme zur künstlichen Befruchtung mittels Intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) in Höhe von 1416,99 Euro.

2

Die 1974 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an primärer Sterilität, einem polycystischen Ovarialsyndrom sowie Oligomenorrhoe. Bei ihrem 1974 geborenen und bei der BKK Mobil Oil versicherten Ehemann besteht ua eine primäre Sterilität und eine reduzierte Progressivmotilität der Spermien. Die Beklagte genehmigte der Klägerin auf der Grundlage eines Behandlungsplans vom 25.9.2008 Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung durch In-Vitro-Fertilisation (IVF) für drei Versuche (Bescheid vom 1.10.2008). Zu diesem Zeitpunkt war eine Indikation für eine ICSI-Behandlung nicht gegeben. Bei der Klägerin wurden bei der ersten IVF-Behandlung im Februar 2009 18 Follikel punktiert und 11 Eizellen gewonnen. 10 Eizellen blieben unbefruchtet. Bei einer Eizelle trat eine verzögerte Befruchtung ein. Bei der zweiten IVF-Therapie im Mai 2009 wurden 12 Follikel punktiert und 8 Eizellen gewonnen, die alle unbefruchtet blieben. Den Antrag der Klägerin, ihr nun einen dritten Versuch mittels ICSI anstelle von IVF zu gewähren (Schreiben vom 27.5.2009), lehnte die Beklagte ab: Ein Wechsel der Behandlungsmethode von IVF zu ICSI sei nur nach dem ersten Versuch einer IVF bei einem totalen Fertilisationsversagen möglich (Bescheid vom 29.5.2009; Widerspruchsbescheid vom 13.10.2009). Die Klägerin unterzog sich im November 2009 auf eigene Kosten einer ICSI-Behandlung. Das SG hat ihre Klage abgewiesen (Urteil vom 26.8.2010). Das LSG hat die Beklagte zur Erstattung der (hälftigen) Kosten verurteilt: Die Voraussetzungen für eine ICSI-Behandlung seien zwar nach dem Wortlaut der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (RL über künstliche Befruchtung ) nicht erfüllt. Die RL seien jedoch mit § 27a SGB V nicht vereinbar(Urteil vom 17.11.2011).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 27a SGB V. Der GBA habe den Leistungsanspruch der Versicherten in den RL über künstliche Befruchtung rechtmäßig konkretisiert.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. November 2011 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 26. August 2010 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG das SG-Urteil und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, 1416,99 Euro zu zahlen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Hälfte der in Betracht kommenden Kosten für die Maßnahme der künstlichen Befruchtung mittels ICSI im November 2009 unter Aufhebung des Bescheides vom 29.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2009.

8

1.Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist allein § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier anzuwenden in der seit 1.7.2001 geltenden Fassung des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Hat die KK danach eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 - Lorenzos Öl). Daran fehlt es.

9

Im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung im November 2009 hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels ICSI nach Maßgabe des § 27a SGB V(hier anzuwenden in der durch Art 2 Nr 2 KOV-Anpassungsgesetz 1990 vom 26.6.1990, BGBl I 1211 eingefügten und durch Art 1 Nr 14 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190 geänderten Fassung). Denn nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb verbindlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lagen die Voraussetzungen für eine Behandlung mittels ICSI weder wegen einer Fertilitätsstörung des Ehemannes noch wegen totalen Fertilisationsversagens aufgrund der Fertilitätsstörung der Klägerin vor.

10

a) § 27a Abs 1 SGB V gibt Versicherten nur dann Anspruch auf Leistungen der künstlichen Befruchtung, wenn insgesamt sieben im Gesetz näher umschriebene Voraussetzungen erfüllt sind: Die Leistung muss erforderlich sein(Abs 1 Nr 1), hinreichende Erfolgsaussicht haben (Abs 1 Nr 2), miteinander verheiratete Eheleute (Abs 1 Nr 3), die die Altersgrenzen erfüllen (Abs 3 S 1), und eine homologe Insemination betreffen (Abs 1 Nr 4), darf erst nach erfolgter Beratung stattfinden (Abs 1 Nr 5) und muss vor ihrem Beginn genehmigt sein (Abs 3 S 2). Während früher der Bundesausschuss für Ärzte und KKn hierfür zuständig war, bestimmt heute der GBA in den RL nach § 92 SGB V die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach § 27a Abs 1 SGB V(§ 27a Abs 4 SGB V; vgl auch § 92 Abs 1 S 2 Nr 10 SGB V). Er hat zudem unter Achtung der Wertungen des § 27a SGB V über neue Behandlungsmethoden wie die ICSI Empfehlungen abzugeben(vgl § 135 Abs 1 SGB V; BSGE 88, 62, 72 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 33 f; zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 12).

11

Dieser Pflicht ist der Bundesausschuss nachgekommen. Der Bundesausschuss für Ärzte und KKn empfahl IVF und ICSI für den GKV-Leistungskatalog und legte die Indikationen in RL über künstliche Befruchtung fest (vgl zu ICSI zunächst Nr 11.5 RL, Beschluss vom 26.2.2002, BAnz Nr 92 vom 22.5.2002, S 10941, in Kraft getreten am 1.7.2002; zu späteren Änderungen s unten). Als medizinische Indikation zur Durchführung von ärztlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung gilt für die ICSI zunächst eine genau bestimmte männliche Fertilitätsstörung (Nr 11.5 RL). Hiervon ist der Ehegatte der Klägerin nach den für den Senat verbindlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht betroffen.

12

Eine zusätzliche Indikation für die ICSI besteht für die Fallkonstellation eines totalen Fertilisationsversagens nach dem ersten Versuch einer IVF, die auch bei bestimmten weiblichen Fertilitätsstörungen in Betracht kommt (Nr 11.3 RL). In diesem Fall kann in maximal zwei darauffolgenden Zyklen die ICSI zur Anwendung kommen, auch wenn die Voraussetzungen nach Nr 11.5 nicht vorliegen (vgl insgesamt Nr 8 S 6 und 7 RL idF des Beschlusses vom 15.11.2007, BAnz Nr 19 vom 5.2.2008, S 375, in Kraft getreten am 6.2.2008). IVF und ICSI dürfen im Übrigen aufgrund der differenzierten Indikationsstellung nur alternativ angewandt werden (vgl Nr 8 S 5 RL idF des Beschlusses vom 15.11.2005, BAnz Nr 31 vom 14.2.2006, S 922, in Kraft getreten am 15.2.2006).

13

Die Klägerin erfüllte nach den für den Senat verbindlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht die Voraussetzungen gemäß Nr 8 S 6 RL für den begehrten Wechsel von der IVF zur ICSI, da es im ersten IVF-Zyklus zu keinem totalen Fertilisationsversagen gekommen war.

14

b) Nr 8 S 6 und 7 RL über künstliche Befruchtung idF des Beschlusses vom 15.11.2007 ( BAnz Nr 19 vom 5.2.2008, S 375) ist entgegen der Auffassung der Klägerin wirksam. RL sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen mit Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten anerkannt (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GMG, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu auf Grund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; vgl grundlegend BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; siehe auch zB BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 21 mwN; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 17 mwN).

15

Hinsichtlich des Verfahrens und des sachlichen Gehalts ist die Rechtmäßigkeit der in den RL über künstliche Befruchtung festgelegten Indikationen für die ICSI insbesondere an den Regelungen des SGB V zu messen. Hierbei werden die bei sonstigen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen zu beachtenden Qualitätskriterien des § 135 Abs 1 S 1 SGB V für die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung durch § 27a SGB V modifiziert. Während grundsätzlich der Einsatz einer neuen Behandlungsmethode nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse iS des § 2 Abs 1 S 3 SGB V entspricht, solange ihre Wirkungen und Risiken noch der Überprüfung bedürfen(BSGE 86, 54, 64 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 70 - aktiv-spezifische Immuntherapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 30 - neuropsychologische Therapie), kommt es im Rahmen der künstlichen Befruchtung auf diesen Standard nicht in gleicher Weise an (BSGE 88, 62, 69 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 30 f, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/6760 S 15; vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 18 mwN).

16

Obwohl danach die in § 27a SGB V enthaltene Wertung auf die Entscheidung über die Anerkennung neuer Befruchtungstechniken durchschlagen muss(BSGE 88, 62, 72 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 33), entbindet dies doch nicht im Übrigen von der Beachtung der allgemeinen Vorgaben für die Leistungen der GKV, dem Wirtschaftlichkeits- (§ 12 Abs 1 SGB V) und dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Der GBA hat deshalb die Aufgabe, zu präzisieren, bei welchen Indikationen die ICSI auf Kosten der GKV gerechtfertigt ist (Hauck, SGb 2009, 321 ff). Soweit der dargelegte gesetzliche Regelungsgehalt reicht, verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 37). Der GBA entscheidet erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 19 mwN). Nach diesem Maßstab hat der GBA die Indikation für die ICSI bei totalem Fertilisationsversagen formell und inhaltlich rechtmäßig festgelegt.

17

c) Der GBA hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung (vgl jetzt Kap 1 der VerfO des GBA) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte ersichtlich gewahrt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die "Tragenden Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über Änderungen der Richtlinien über künstliche Befruchtung: Methodenwechsel und Risikoberatung" vom 15.11.2007 belegen, dass der GBA der Bundesärztekammer gemäß § 91 Abs 8a SGB V(jetzt § 91 Abs 5 SGB V) Gelegenheit zur Stellungnahme gab.

18

d) Der GBA hat die Indikation für die ICSI auch inhaltlich rechtmäßig festgelegt. Er hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt, denn er hat sich auf die verfügbaren Fachveröffentlichungen gestützt (vgl zu 11.5 RL bereits BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 21 mwN; zu Nr 8 S 6 und 7 RL vgl Gutachten des KCQ Kompetenz-Centrums "Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement" der MDK-Gemeinschaft und der Spitzenverbände der GKV beim MDK Baden-Württemberg von November 2005). Der Ausgangspunkt seiner Indikationsfestlegung ist rechtmäßig, nämlich dass Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur durchgeführt werden dürfen, wenn hinreichende Aussicht besteht, dass durch die gewählte Behandlungsmethode eine Schwangerschaft herbeigeführt wird (RL über künstliche Befruchtung Nr 8 S 1). Das stimmt mit den eingangs dargelegten gesetzlichen Anforderungen überein (§ 27a Abs 1 Nr 2 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V). Dieser Ausgangspunkt schließt zugleich die Möglichkeit ein, dass nicht alle Versicherten, die von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen sind, in formal gleicher Weise Maßnahmen der künstlichen Befruchtung beanspruchen können, weil Methoden ohne hinreichende Erfolgsaussicht nicht in den Leistungskatalog fallen (vgl insgesamt BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 21 mwN).

19

Die Konkretisierung und Begrenzung der Leistungspflicht auf einen Methodenwechsel von IVF zu ICSI bei totalem Fertilisationsversagen lediglich nach dem ersten IVF-Zyklus (Nr 8 S 6 und 7 RL) knüpft - wie die Indikationsstellung nach 11.5 RL - an die rechtlich geforderte Konzeptionswahrscheinlichkeit als Maßstab der hinreichenden Erfolgsaussicht an. Sie hält sich im Rahmen vertretbarer Schlussfolgerung aus dem begrenzten Aussagegehalt der ermittelten Studienlage zum Methodenwechsel von IVF zu ICSI. Danach gab es 2005 lediglich Hinweise dafür, dass bei einem totalen Fertilisationsversagen in einem IVF-Versuch der Wechsel zur ICSI in einem weiteren Zyklus von Nutzen sein könne. Es besteht nachvollziehbar eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Erfolg weiterer Befruchtungen mit Hilfe der gewählten Methode, wenn sie in einem ersten Versuch zu einem Fertilisationserfolg führte. Ist dies nicht der Fall, hält es sich im Rahmen der Plausibilität, auch die Wahrscheinlichkeit für weitere Befruchtungen innerhalb der Behandlungsmethode für umso geringer, den Methodenwechsel also für umso eher berechtigt zu halten.

20

Die an die Konzeptionswahrscheinlichkeit anknüpfende Grenzziehung der RL über künstliche Befruchtung bei Methodenwechsel ist selbst dann nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - eine alternative Methode der künstlichen Befruchtung nicht indiziert ist. Es ist nicht Aufgabe der GKV, die Methode der ICSI lückenlos in allen Fällen zur Verfügung zu stellen, in denen sie medizinisch machbar ist und die Voraussetzungen für andere Methoden der künstlichen Befruchtung nicht gegeben sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 22). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handelt es sich insoweit nicht um einen Wertungsfehler, den Leistungsanspruch zu begrenzen, selbst wenn nicht auszuschließen ist, dass bei einem Fertilisationsversagen nach einem zweiten IVF-Versuch der Wechsel zu ICSI in einem dritten Versuch von Nutzen sein kann. Mit dieser Begrenzung verbleibt der GBA innerhalb des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums.

21

e) Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die geltende RL-Regelung der medizinischen Indikation für ICSI bei Fertilisationsversagen im November 2009 nicht mehr in Einklang mit dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse stand. Ohne abweichende, zwingende Hinweise kann der Senat davon ausgehen, dass der GBA als Normgeber die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Blickfeld hat (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 26 mwN). Für die Beachtung der Beobachtungspflicht des GBA spricht im Übrigen, dass er inzwischen (16.8.2012) das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen damit beauftragt hat, nach Erscheinen der 5. Aufl des WHO-Laborhandbuchs die Studienlage zu den Spermiogrammparametern (Nr 11.5 RL; hierzu B SG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 13 f, 25) neu zu bewerten, und sich mit der Fallkonstellation eines totalen Fertilisationsversagens im zweiten IVF-Behandlungsversuch auseinanderzusetzen (Auftrag abrufbar unter www.g-ba.de).

22

f) Die angegriffene Regelung der medizinischen Indikationen für ICSI verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des erkennenden Senats reichen hinreichende sachliche Gründe aus, um eine unterschiedliche Behandlung Betroffener zu rechtfertigen, wenn ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches § 27a SGB V zugrunde liegt(vgl BVerfGE 117, 316, 326 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3, RdNr 35), - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BSG S ozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 27). Solche hinreichenden Sachgründe liegen - wie dargelegt - auch der Grenzziehung zum Methodenwechsel von IVF zu ICSI in den RL über künstliche Befruchtung zugrunde. Die Indikation für den Methodenwechsel führt zwar dazu, dass Versicherte mit totalem Fertilisationsversagen erst im zweiten IVF-Versuch gegenüber Versicherten mit totalem Fertilisationsversagen bereits im ersten IVF-Versuch von einer Behandlung mit ICSI zu Lasten der GKV ausgeschlossen und dementsprechend benachteiligt werden. Die Grenzziehung beruht indessen auf den medizinischen Erkenntnissen über die Konzeptionswahrscheinlichkeit und hieran anknüpfenden nachvollziehbaren Schlussfolgerungen für den Nutzen einer Methode. Bei ihrer Bewertung ist zu berücksichtigen, dass gerade kein Kernbereich der GKV-Leistungen betroffen ist. Der RL-Geber muss nicht auf eine unbeschränkte Öffnungsklausel ausweichen, um jedem Versicherten zu Lasten der GKV gleitend den Methodenwechsel von der IVF zur ICSI zu ermöglichen (vgl zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 28 mwN). Entgegen der Auffassung des LSG sieht demgegenüber auch der Entwurf eines Kinderwunschförderungsgesetzes vom 18.4.2012 keine Neuausrichtung im Sinne einer unbegrenzten Gleichstellung vor, sondern lediglich eine anteilige Kostenübernahme des Bundes für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei Paaren mit Kinderwunsch (vgl zu den Entwürfen eines Kinderwunschförderungsgesetzes - KiwunschG - Gesetzesantrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern BR-Drucks 478/11 und Gesetzentwurf des Bundesrates BT-Drucks 17/9344).

23

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit dem auf Cannabisbasis wirkenden Rezepturarzneimittel Dronabinol und die Erstattung ihr insoweit bereits entstandener Kosten in Höhe von insgesamt EUR 1.431,04.
Die am … 1954 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einem Post-Poliosyndrom, chronischem Schmerzsyndrom, Dyskinesien, Muskelzuckungen und Muskelkrämpfen. Zwischen dem 31. August 2005 und 27. September 2005 wurde die Klägerin in der S.-Klinik Neurologie in B. K. stationär behandelt. Schwerpunkt der stationären Behandlung war nach dem Arztbrief der Chefärztin Dr. K. vom 29. Juni 2006 die Schmerzbehandlung und Steigerung der allgemeinen Belastbarkeit. Die Klägerin habe etwas stabilisiert entlassen werden können, allerdings sei der Zustand noch nicht als zufriedenstellend, vor allem dauerhaft stabil einzuschätzen gewesen. Zwischen dem 27. Dezember 2006 und 16. Januar 2007 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung der T.-Klinik Kö.. Ausweislich des Entlassungsberichts des Chefarztes Dr. H. vom 18. Januar 2007 wurde sie nach den Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin unter Verwendung der hochdosierten chinesischen Arzneimitteltherapie in Form eines individuellen Dekoktes sowie dreimal wöchentlicher Akupunktur und zweimal wöchentlicher Qigong-Einzelanwendung behandelt. Außerdem erhielt die Klägerin eine individuelle Bachblütenmischung und Schröpfanwendungen. Unter dieser Therapie habe die Klägerin über keinerlei Beschwerdeänderung berichtet. In der Zeit vom 20. Mai 2008 bis 10. Juni 2008 fand eine stationäre schmerztherapeutische Behandlung der Klägerin in Bad M. statt. Hierbei wurde nach dem Arztbrief des Dr. Ha. vom 11. Juli 2008 eine intensive therapeutische Lokalanästhesie, Myotonolyse, Analgetikaaustestung, Infusionstherapie, Akupunktur, Thermotherapie, Einzel-Krankengymnastik, Bindegewebs- und Colonmassage, Rotlicht- und Magnetfeldtherapie, Ernährungsberatung und Psychotherapie im Einzelsetting durchgeführt. Empfohlen wurden weitere physiotherapeutische Maßnahmen. Die Klägerin konnte in leicht erholtem und stabilem Allgemeinzustand entlassen werden. Am 28. und 29. Oktober 2008 befand sich die Klägerin in der tagesklinischen Behandlung in der Deutschen Klinik für Diagnostik. Nach dem Arztbrief von Dr. Sc. vom 10. November 2008 über diese Behandlung bot zum damaligen Zeitpunkt allein ein psychosomatischer Behandlungsansatz noch eine Chance für eine Besserung des Beschwerdebildes. Empfohlen wurde eine entsprechende Diagnostik und Behandlung in einer auf die Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen spezialisierten psychosomatischen Klinik. Am 03. Dezember 2008 konsultierte die Klägerin den Facharzt für Anästhesie, spezielle Schmerztherapie Dr. Mi., Schmerzzentrum G., der der Klägerin nach seinem Arztbrief vom 04. Dezember 2008 vorschlug, Cannabis durch ein Analgetikum zu ersetzen und ausführte, dass ein großer Anteil der Therapie sicher auch auf psychotherapeutischem Weg erfolgen müsse.
Ab 2006 befand sich die Klägerin außerdem in Behandlung bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ni., der ihr erstmals am 07. August 2007 Dronabinol verordnete. Die Kosten für das Medikament wurden nach den Angaben der Klägerin von August 2007 bis September 2008 zunächst von der Beklagten übernommen. Nach dem Arztbrief des Dr. Ni. vom 05. Dezember 2007 berichtete die Klägerin bei der Vorstellung am 08. November 2007, dass es ihr unter der Cannabismedikation mit Dronabinol sowie abendlicher Einnahme von Lyrika 50 mg insgesamt etwas besser gehe.
Am 08. Mai 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für das Arzneimittel Dronabinol. Zur Begründung führte sie aus, die chronischen Schmerzzustände führten bei ihr u.a. zu starken Schlafstörungen, einem Restless-Legs-Syndrom, Herzkreislaufproblemen, häufigen Verdauungsstörungen und schwer erträglichen Erschöpfungszuständen. In der Vergangenheit durchgeführte Pharmakotherapien hätten durch unerwünschte Effekte eine zusätzliche Belastung bedeutet und in keinem Fall eine Erleichterung oder Schmerzlinderung gebracht. Als „Alternative“ sei ihr von Dr. Ni. Dronabinol verordnet worden, welches ihr als einziges Medikament seit langer Zeit eine Erleichterung ihrer Beschwerdesymptomatik bringe. Eine Behandlungsalternative gebe es für sie im Augenblick nicht.
Die Beklagte wandte sich daraufhin zunächst an Dr. Ni., der unter dem 26. Juni 2008 berichtete, dass bei der Klägerin auf Dauer das Arzneimittel Dronabinol wegen eines Post-Poliosyndroms und eines chronischen schwersten Schmerzsyndroms eingesetzt werden soll. Die Erkrankung beeinträchtige die Lebensqualität der Klägerin auf Dauer nachhaltig und sei im Hinblick auf die Suizidalität lebensbedrohlich. Therapieziel sei die Besserung des Schmerzsyndroms und die Wiedererlangung einer geringfügigen Lebensqualität. Alle anderen Medikationen und konservativen Therapieversuche insbesondere Akupunktur und mehrfach stationäre Aufenthalte in Schmerzkliniken seien durchgeführt worden. In den Fachkreisen gebe es zu dem von ihm benannten Off-Label-Einsatz einen Konsens. Im Anschluss daran holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes Baden-Württemberg (MDK) vom 09. Juli 2008 (Dr. Bö.) ein. Dr. Bö. legte dar, bei Dronabinol handele es sich um ein Tetrahydro-Cannabinol. Das Fertigarzneimittel Marinol mit dem Inhaltsstoff Dronabinol sei in den USA zur Behandlung von Anorexie, Gewichtsverlust bei Patienten mit AIDS sowie Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie von Karzinompatienten, die nicht auf konventionelle antiemetische Behandlung angesprochen hätten, zugelassen. Das Fertigarzneimittel sei nach § 37 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) als Einzelimport in Deutschland verkehrsfähig. Die Diagnose sei im vorliegenden Fall gesichert. Bei der Klägerin liege eine schwere, die Lebensqualität erheblich einschränkende Erkrankung vor. Es handele sich jedoch nicht um eine akut lebensbedrohliche oder dem gleichzustellende Erkrankung im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 in juris = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Aufgrund der vorliegenden Informationen sei der bisherige Behandlungsverlauf auch nicht umfassend nachzuvollziehen. Bei einem offensichtlich bestehenden Mischbild von Schmerzsyndrom und Spastik sei eine ambulante bzw. stationäre schmerzmedizinische und neurologische kontinuierliche Behandlung als Standardtherapie anzusehen. Eine solche sei bei der Klägerin anzunehmen, könne aufgrund der fehlenden kompletten Verlaufsdokumentation jedoch nicht sicher bestätigt werden. Bezüglich des Behandlungserfolgs sei die Studienlage zur Behandlung von Muskelspastizität bei Multiple Sklerose-Patienten mit Cannabis-Derivaten ausgesprochen widersprüchlich. Aufgrund der positiven Studien sei für den Einzelfall jedoch anzunehmen, dass - zumindest bei ausreichend hoher Dosierung - eine spürbar positive Verbesserung der Muskelspastizität unter Dronabinol im Einzelfall möglich sei. Mit Bescheid vom 06. August 2008 lehnte die Beklagte hierauf die Kostenübernahme für das Medikament Dronabinol ab. Dronabinol sei der Wirkstoff der Cannabispflanze. Er gehöre zu den Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz (BTMG) und habe keine Zulassung als Arzneimittel in Deutschland. Zur Behandlung von Schmerzen sei Dronabinol weltweit nicht als Medikament zugelassen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 27. März 2007 (B 1 KR 30/06 R in juris) die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen bei cannabishaltigen Präparaten gegen Schmerzen verneint.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie führte aus, wie der MDK in seiner Beurteilung vom 09. Juli 2008 festgestellt habe, bestehe eine begründete Aussicht, dass bei ihr mit dem Präparat Dronabinol ein Behandlungserfolg zu erzielen sei. Erstes Anzeichen hierfür sei, dass seit Behandlung mit Dronabinol keine weitere stationäre Behandlungsbedürftigkeit notwendig gewesen sei. Mit dem durch das Grundgesetz (GG) geschützten Rechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit sei es nicht vereinbar, sie von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Dronabinol auszuschließen, da nach Aussage des behandelnden Arztes alle schulmedizinischen Medikationen erfolglos geblieben seien. Alternativen bestünden für sie nicht mehr. Nach Aussage ihres behandelnden Arztes seien auch Forschungsergebnisse bekannt, die erwarten ließen, dass Dronabinol zur Schmerzmedikation zugelassen werde. Der Petitionsausschuss des Bundestags habe sich bereits 2005 für eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen eingesetzt. Auch nach Auffassung der Zentralen Ethikkommission der Bundesärztekammer gebiete die Menschenwürde den Schutz vor erheblichen Schmerzen. Sie fügte mehrere Seiten eines Internetausdrucks (www.cannabis-med.org/english/studies.htm) über die Beeinflussung des Krebswachstums durch Dronabinol, Studies and Case Reports, Stand 01. August 2008 bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2008 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Eine Kostenübernahme sei ausgeschlossen, weil cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel nicht im Sinne des AMG zugelassen seien. Für cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel sei weder in Deutschland noch in einem zentralen europäischen Zulassungsverfahren eine Zulassung erteilt worden. Lediglich das Fertigarzneimittel Marinol mit inhaltsgleichem Wirkstoff sei in den USA zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie und zur Appetitanregung bei Aids-Patienten zugelassen. Damit sei gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG zwar erlaubt, dieses Mittel im Einzelfall in geringer Menge und auf besondere Bestellung über eine Apotheke nach Deutschland einzuführen. Das BSG habe mit Urteil vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R, in juris = SozR 4-2500 § 31 Nr. 1) jedoch entschieden, dass die im Einzelfall mögliche rechtmäßige Arzneimittelbeschaffung aus dem Ausland nicht geeignet sei, eine zulassungsähnliche Wirkung herbeizuführen. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse für so beschaffte Präparate bestehe nicht. Ein im Ausland zugelassenes Arzneimittel sei krankenversicherungsrechtlich nicht so zu behandeln wie ein im Inland bereits zulässigerweise im Handel befindliches Medikament, das außerhalb seines arzneimittelrechtlich festgelegten Zulassungsrahmens verordnet und verwendet werden solle. Auch als Rezepturarzneimittel könne Dronabinol nicht über die gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, denn eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Anwendung von Dronabinol für die bei der Klägerin bestehenden Erkrankung liege nicht vor. Auch die Voraussetzungen der vom BVerfG mit Beschluss vom 06. Dezember 2005 (aaO) dargestellten Rechtslage, die das BSG (Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R - in juris = SozR 4-2500 § 31 Nr. 8) dahingehend umgesetzt habe, dass eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des Sozialgesetzbuches nur in notstandsähnlichen Fällen in Betracht komme und hierunter Fälle zu verstehen seien, in denen sich der „voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen“ werde, lägen im Falle der Klägerin nicht vor. Speziell zur Kostenübernahme von cannabinoidhaltigen Fertig- oder Rezepturarzneimitteln zur Schmerztherapie habe darüber hinaus das BSG am 27. März 2007 (aaO) entschieden, dass die vom BVerfG aufgestellten Ausnahmegrundsätze auch unter einer grundrechtsorientierten Auslegung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht erfüllt seien. Ein chronisches Schmerzsyndrom könne - so das BSG - nicht mit einer tödlich verlaufenden Erkrankung oder einem nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans gleichgestellt waren.
Die Klägerin erhob am 19. Dezember 2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Sie wiederholte ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führte sie aus, Dronabinol sei eine cannabinoidhaltige Rezeptursubstanz und kein Fertigarzneimittel. In der Schmerztherapie finde es - wie Internetrecherchen belegten - seit Jahren auch in Deutschland Anwendung. Gemäß der Rechtsprechung des BVerfG liege bei ihr wegen der Schwere der Erkrankung und dem fehlenden Vorhandensein anderer Therapiemöglichkeiten ein Ausnahmetatbestand vor. Zwar handele es sich derzeit nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung. Gleichwohl sei zum Schutz des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine verfassungskonforme Auslegung auch in anderen notstandsähnlichen Extremsituationen erforderlich. Ohne Behandlung mit Dronabinol sei sie zu einem menschenunwürdigen Leben verdammt. Im Übrigen sei durch ihren drastischen gesundheitlichen Verfall davon auszugehen, dass es sich bei ihr um eine tödlich verlaufende Erkrankung handele. Es gehe bei ihr auch nicht einfach um die Bekämpfung von Schmerzen. Der schmerzhafte Dauerzustand habe bei ihr vielmehr Auswirkungen auf ihre gesamte körperliche Verfassung. Im März 2009 habe sie der sie behandelnde Arzt Dr. E. zur künstlichen Ernährung in das L.-Krankenhaus einweisen lassen, da sie nach einer Darmerkrankung und völliger Entkräftung einen massiven Gewichtsverlust erlitten und sich ihr gesundheitlicher Zustand als äußerst bedrohlich dargestellt habe. Zu beachten sei auch, dass sie mittlerweile an einer multiplen Medikamentenunverträglichkeit leide. Eine allgemein anerkannte, medizinischen Standards entsprechende Behandlung stehe für sie deshalb nicht zur Verfügung. Auch die Beklagte habe ihr eine solche nicht benennen können. Die von der Beklagten aufgeführten möglichen (Hervorhebung im Original) Nebenwirkungen seien abzuwägen gegen ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen ohne das Medikament. Dadurch, dass es sich um ein verschreibungspflichtiges Medikament handele, sei sie auch nach wie vor in ständiger ärztlicher Behandlung und mögliche Nebenwirkungen könnten somit rechtzeitig erkannt werden. Soweit die Beklagte auf eine psychotherapeutische Behandlung verweise, verkenne sie, dass bei einer solchen ebenfalls Medikamente, die sie nicht vertrage, zum Einsatz kämen.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf ihren bisherigen Vortrag auch im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG und das Urteil des BSG vom 27. März 2007 (aaO) entgegen. Ergänzend führte sie aus, sie - die Beklagte - sei grundsätzlich nicht leistungspflichtig, wenn Fertigarzneimittel außerhalb des zugelassenen Anwendungsgebiets eingesetzt würden. Eine Leistungspflicht sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R - = SozR 3-2500 § 31 Nr. 8 und vom 26. September 2006 - B 1 KR 14/06 R -, jeweils in juris) nur ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen gegeben. Erforderlich sei u.a. ein Erkenntnisniveau, das der Zulassung eines Arzneimittels entspreche. Ein solches Erkenntnisniveau liege für cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel nicht vor. Seit Jahren werde eine angeblich günstige medizinische Wirkung des Wirkstoffs Haschisch u.a. bei der Behandlung von sog. Schmerzpatienten propagiert. Studien, die dies belegten, gebe es offenbar jedoch nicht in ausreichendem Maße, denn bisher sei auch nach einer aktuellen Internetrecherche weder ein Antrag auf Zulassung von Dronabinol als Arzneimittel noch ein Antrag auf Anerkennung als neue Behandlungsmethode beim GBA gestellt worden. Studien müssten sich dabei auch auf Langzeitfolgen erstrecken. Bekannte Folgen eines täglichen Langzeitkonsums von Haschisch seien das Amotivationssyndrom, damit verbunden ein Absinken der Leistungsmotivation, das Gefühl einer besseren Leistungsfähigkeit bei gleichzeitig objektiv schlechteren Leistungen und Veränderungen des Gehirnstoffwechsels. Außerdem könne es eine psychische Abhängigkeit geben. In seltenen Fällen könne auch eine krankhafte geistige und seelische Störung ausgelöst werden. Im Übrigen seien die Behandlungsmöglichkeiten bei der Klägerin noch nicht erschöpft. Unter der Annahme einer starken psychosomatischen Komponente der Schmerzerkrankung fehle es an einer Behandlung durch einen Facharzt für psychosomatische Medizin bzw. in einer entsprechend spezialisierten Einrichtung. Soweit der behandelnde Arzt beim Absetzen des Dronabinol eine Suizidgefährdung befürchte, sei darauf hinzuweisen, dass diese nach ständiger Rechtsprechung des BSG mit den Mitteln der Psychotherapie zu bekämpfen sei. Nach ihren Leistungsdaten sei die Klägerin zwar schon einmal psychotherapeutisch behandelt worden, dies sei jedoch im Jahr 2001 der Fall gewesen. Von einer aktuellen Betreuung sei nichts bekannt.
Das SG hörte Dr. E. als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte unter dem 26. Juli 2009 mit, die Erkrankung der Klägerin sei in keiner Weise ursächlich zu behandeln. Alle vertretbaren klinischen und ambulanten Möglichkeiten seien ausgeschöpft. Seit 2008 habe sich ihr Zustand weiter verschlechtert. Ein tödlicher Verlauf der Erkrankung könne nicht sicher und regelmäßig bei diesem einzigartigen Krankheitsbild festgestellt werden. Sollte der Klägerin aber Dronabinol entzogen werden, drohe seines Erachtens aufgrund der dann völligen Unmöglichkeit ärztlicherseits eine Linderung herbeizuführen, möglicherweise wirklich ein Suizid. Dronabinol werde von der Klägerin vertragen und habe zumindest zu einer geringen Beschwerdestabilisierung geführt. Dr. E. fügte neben den bereits erwähnten Arztbriefen Arztbriefe des Prof. Dr. O., L.-Krankenhaus Freiburg über die stationären Aufenthalt der Klägerin vom 17. bis 19. Juli 2007 (Bauchschmerzen unklarer Genese), 05. bis 13. März 2009 (Gewichtsabnahme) sowie vom 23. März bis 01. April 2009 (Diarrhoe), der HNO-Ärztin Dr. Wa. vom 19. Juni 2006 (Diagnosen: Pharyngitis, Verdacht auf viralen Restinfekt, Serotympanon beidseits, Sinusitis maxillaris beidseits, Stomatitis) und des Dr. Ni. vom 05. Dezember 2007 und 01. November 2008 (leichte Besserung mit Dronabinol; andere Therapieversuche hätten keine Besserung ergeben, von einem Aufenthalt in einer Schmerzklinik in B. M. habe die Klägerin nicht wesentlich profitiert) bei.
10 
Mit Urteil vom 08. September 2010 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit Dronabinol. Bei der Behandlung mit Dronabinol handele es sich um eine neue Behandlungsmethode. Eine Empfehlung des GBA bezüglich dieser Behandlungsmethode sei noch nicht ausgesprochen. Ein sogenannter Systemmangel sei nicht ersichtlich. Auch aus der Rechtsprechung des BVerfG vom 06. Dezember 2005 ergebe sich kein Anspruch der Klägerin. Bei der Klägerin liege keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. Auch eine Suizidgefahr bewirke grundsätzlich nicht, dass Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung beansprucht werden könnten, sondern nur spezifische Behandlung etwa mit Mitteln der Psychiatrie. Eine Erweiterung der vom BVerfG herangezogenen Kriterien von einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit sei ausgeschlossen. Dadurch käme es zu einer exzessiven Ausweitung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Jede vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenze könnte beliebig überschritten werden.
11 
Gegen das am 22. September 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Oktober 2010 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und stützt sich auf die Urteile des Sozialgerichts Augsburg vom 07. April 2006 - S 10 KR 459/04 -, des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05. September 2007 - S 8 KR 22/05 - und des Sozialgerichts Dresden vom 04. September 2008 - S 18 KR 298/06 -. Das angegriffene Urteil habe ihre individuelle Situation ungenügend festgestellt und fehlerhaft beurteilt. Die angesprochenen Therapievorschläge seien mit Dr. E. besprochen worden. Dieser erachte die Therapievorschläge jedoch als nicht zielführend. Er habe von ihnen abgeraten. Dies gelte insbesondere wegen der Medikamentenunverträglichkeit bezüglich der Versuche mit den von Dr. Mi. vorgeschlagenen Analgetika. Die Schmerzbehandlung in der Schwarzwaldklinik Bad K. im Jahr 2005 sei ohne dauerhaften Erfolg gewesen. Für die Behandlung in der T.-Klinik im Jahr 2007 wäre mindestens eine bis zu vierteljährige Behandlung erforderlich gewesen. Ermöglicht worden sei durch einen gerichtlichen Vergleich aber nur ein dreiwöchiger Klinikaufenthalt. Auch die Behandlung in der Schmerzklinik Bad M. im Jahr 2008 habe nicht zu einer dauerhaften Besserung geführt. Die ihr bisher für die Zeit von Dezember 2008 bis Juni 2009 entstandenen Kosten beliefen sich auf EUR 1.431,04. Hierzu hat sie am 16. Dezember 2008 und 24. Juni 2009 von Dr. Ni. bzw. Internist Dr. E. ausgestellte Privatverordnungen und Apothekenrechnungen vorgelegt.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08. September 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten des Rezepturarzneimittels Dronabinol aus den ärztlichen Verordnungen vom 16. Dezember 2008 und 24. Juni 2009 in Höhe von insgesamt EUR 1.431,04 zu erstatten und ihr die Behandlung mit Dronabinol als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Die Versorgung mit einem dem BTMG unterliegenden Wirkstoff dürfe nur als letzte Behandlungsoption eingesetzt werden. Die Voraussetzungen, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 06. Dezember 2005 aufgestellt habe, lägen nicht vor. Es handle sich nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Außerdem sei aufgrund der vorliegenden Unterlagen, z.B. des Arztbriefs der Deutschen Klinik für Diagnostik vom 10. November 2008 und des MDK-Gutachtens von vertraglichen Behandlungsoptionen auszugehen.
17 
Beide Beteiligte haben jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 06. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen (Sachleistungs-)Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Beschaffung von Dronabinol in der Vergangenheit.
20 
Da mangels entsprechender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, ist, soweit die Klägerin die Erstattung von ihr aufgewendeter Kosten für die Beschaffung von Dronabinol begehrt, Anspruchsgrundlage § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Regelung bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 19).
21 
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
22 
Bezüglich der Arzneimittel ist zu differenzieren zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln. Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden (§ 4 Abs.1 AMG). Sie bedürfen nach § 21 AMG grundsätzlich der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung bzw. in der seit 23. Juli 2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17. Juli 2009 alternativ der europarechtlichen Genehmigung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V. Das nicht zugelassene Fertigarzneimittel gehört von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 30/06 R -; Urteil des erkennenden Senats vom 19. Mai 2010 - L 4 KR 5085/08 -; nicht veröffentlicht). Eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland ändert daran nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG) und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (vgl. hierzu Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - m.w.N. in juris).
23 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1 SGB V, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Die Verordnung als Rezepturarzneimittel ist - wie der Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG - unter Beachtung des BTMG zwar betäubungsmittelrechtlich zulässig. Neuartige Therapien mit einem Rezepturarzneimittel, die vom GBA nicht empfohlen sind, dürfen die Krankenkassen jedoch grundsätzlich nicht gewähren, weil sie an das Verbot des § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V und die das Verbot konkretisierenden Richtlinien des GBA gebunden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 a.a.O.).
24 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend hat das Begehren der Klägerin keinen Erfolg.
25 
Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA unter dem Handelsnahmen Marinol für die Behandlung chemotherapiebedingter Übelkeit sowie zur Therapie der Kachexie und Appetitstimulation von Aidspatienten zugelassenen Arzneimittel, begehrt die Klägerin nach ihrem Vorbringen sowohl im Klage- als auch Berufungsverfahren nicht. Dronabinol ist kein Fertigarzneimittel. Denn es wird in Deutschland als Rezeptursubstanz hergestellt und an Apotheken geliefert.
26 
Ein cannabinoidhaltiges Fertigarzneimittel könnte sie aber auch nicht beanspruchen, da kein cannabinoidhaltiges Fertigarzneimittel über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb - wie ausgeführt - nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet auch ein sog. „Off-Label-Use“, also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (BSG, Urteil vom 27. März 2007 a.a.O.).
27 
Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin Dronabinol als Rezepturarzneimittel als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die - wie ebenfalls bereits ausgeführt - neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.
28 
Auf die Empfehlung des GBA kann auch nicht deshalb verzichtet werden, weil Dr. Ni. und Dr. E. die Behandlung befürworten und empfehlen. Dies allein vermag die Empfehlung des GBA nicht zu ersetzen.
29 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte Dronabinol als Sachleistung zur Verfügung stellt, weil ein Ausnahmefall des so genannten Seltenheitsfalls oder des so genannten Systemversagens vorliegt. Der so genannte Seltenheitsfall ist gegeben bei einer Krankheit, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Ein Systemversagen ist zu bejahen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. In solchen Fällen ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben. Deshalb muss dann die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. März 2007, a.a.O.). Hier liegen beide Ausnahmefälle nicht vor. Eine Schmerzerkrankung ist nicht selten. Anhaltspunkte dafür, dass sich die antragsberechtigten Stellen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenärztliche Vereinigung oder Spitzenverband der Krankenkassen) oder der GBA aus sachfremden oder willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder zögerlich befasst haben, sind nicht ersichtlich und wurden von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannabinoidgrundlage befindet sich unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Internetausdrucks „Beeinflussung des Krebswachstums durch Dronabinol“ nach wie vor noch im Erprobungsstadium. Weitere Unterlagen hat die Klägerin nicht vorgelegt. Auch die von Dr. Bö. überprüfte aktuelle Datenlage ergab kein anderes Bild. Anhaltspunkte dafür, dass sich hieran etwas geändert hätte, lassen sich auch nicht auf die ausweislich des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 - L 9 KR 268/05 - vom LSG Berlin-Brandenburg durchgeführte Recherche stützen. Der Behandlung fehlt damit (noch) die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung. Deshalb ist in Würdigung der gesetzlichen Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit der Leistungen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) kein Raum für die Annahme, es liege ein Systemversagen vor.
30 
Ein Leistungsanspruch der Klägerin lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung begründen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (aaO) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs.1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht für vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht. Das BSG hat insoweit weiter ausgeführt dass mit den genannten Krankheits-Kriterien des BVerfG eine strengere Voraussetzung umschrieben wird, als sie mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use formuliert ist. Denn hieran knüpfen weitergehende Folgen. Ohne einschränkende Auslegung ließen sich fast beliebig vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten. Entscheidend ist, dass das vom BVerfG herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (vgl. auch BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - in juris = SozR 4-2500 § 27 Nr. 10).
31 
Bereits die Anforderungen an das Bestehen einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für einen Off-Label-Use sind hoch. Nicht jede Art von Erkrankung kann den Anspruch auf eine Behandlung mit dazu nicht zugelassenen Arzneimitteln begründen, sondern nur eine solche, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt. Auch ein Off-Label-Use bedeutet nämlich, Arzneimittel für bestimmte Indikationen ohne die arzneimittelrechtlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheit und Qualität einzusetzen, die in erster Linie Patienten vor inakzeptablen unkalkulierbaren Risiken für die Gesundheit schützen soll. Ausnahmen können schon insoweit nur in engen Grenzen aufgrund einer Güterabwägung anerkannt werden, die der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegenwirkt, die Anforderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenkassen an Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel (§ 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V) beachtet und den Funktionsdefiziten des Arzneimittelrechts in Fällen eines unabweisbaren, anders nicht zu befriedigenden Bedarfs Rechnung trägt (so zum Ganzen BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R, aaO und ausführlich BSG, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R, aaO, mit zahlreichen Nachweisen). Verneint hat das BSG die qualifizierten Erfordernisse einer lebensbedrohlichen Krankheit im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (aaO.) z. B. bei einem Prostata-Karzinom im Anfangsstadium (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - in juris = SozR 4-2500 § 27 Nr. 8 - Interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds), bei einer in 20 bis 30 Jahren drohenden Erblindung (Beschluss vom 26. September 2006 - B 1 KR 16/06 B -, nicht veröffentlicht) sowie bei einer langsam progredient verlaufenden Friedreichschen Ataxie mit über Jahre hinweg möglichen stabilen Symptomen (Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R - aaO - Idebenone). Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gegebenenfalls gleichzustellenden, akut drohenden und nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 a.a.O.).
32 
Solches vermag der Senat bei dem bei der Klägerin vorliegenden Schmerzsyndrom nicht zu erkennen. Die Erkrankung der Klägerin ist weder lebensbedrohlich noch handelt es sich dabei um eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung und die Erkrankung kann auch nicht einem nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gleichgestellt werden. Eine akute Lebensgefahr besteht nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die von Dr. Ni. und Dr. E. erwähnte, jedoch nicht weiter begründete Suizidalität, denn diese ist - wie vom SG ausgeführt - mit Mitteln der Psychiatrie zu behandeln. Darüber hinaus steht der Leistungspflicht der Beklagten gestützt auf die Rechtsprechung des BVerfG aber auch entgegen, dass bei der Klägerin mögliche Therapien nicht vollständig ausgeschöpft sind. Es mag zwar nicht zu widerlegen sein, dass medikamentöse Behandlungen der Klägerin etwa mit Morphin, aufgrund der bei ihr bestehenden Allergien, ihrem Hausarzt Dr. E. folgend nicht zielführend sind, doch gilt dies nicht für die Behandlung der Klägerin in einer psychosomatischen Klinik, die von dem Neurologen Dr. Sc. empfohlen wurde, die von Dr. Ha. empfohlenen physiotherapeutischen Maßnahmen und die Psychotherapie, die Dr. Mi. vorschlug und die nicht zwingend mit Medikamentengabe verbunden sein muss.
33 
Ein Anspruch der Klägerin ergäbe sich schließlich auch nicht daraus, wenn die Beklagte in der Vergangenheit eine Versorgung mit Dronabinol sichergestellt oder die Kosten hierfür erstattet hätte. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beklagte der Klägerin tatsächlich von August 2007 bis September 2008 die Kosten jeweils erstattet hat bzw. der Klägerin die Behandlung mit Dronabinol zur Verfügung gestellt hat, denn durch eine solche Kostenübernahme in der Vergangenheit wäre keine Selbstbindung der Beklagten eingetreten. Die Erbringung einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung hängt immer von den aktuellen (medizinischen) Umständen ab. Sie hat für die Zukunft grundsätzlich nie eine rechtliche Bedeutung.
34 
Da - wie dargelegt - ein Sachleistungsanspruch nicht besteht, besteht auch kein Kostenerstattungsanspruch.
35 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Gründe

 
19 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 06. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen (Sachleistungs-)Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Beschaffung von Dronabinol in der Vergangenheit.
20 
Da mangels entsprechender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, ist, soweit die Klägerin die Erstattung von ihr aufgewendeter Kosten für die Beschaffung von Dronabinol begehrt, Anspruchsgrundlage § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Regelung bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 19).
21 
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
22 
Bezüglich der Arzneimittel ist zu differenzieren zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln. Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden (§ 4 Abs.1 AMG). Sie bedürfen nach § 21 AMG grundsätzlich der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung bzw. in der seit 23. Juli 2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17. Juli 2009 alternativ der europarechtlichen Genehmigung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V. Das nicht zugelassene Fertigarzneimittel gehört von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 30/06 R -; Urteil des erkennenden Senats vom 19. Mai 2010 - L 4 KR 5085/08 -; nicht veröffentlicht). Eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland ändert daran nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG) und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (vgl. hierzu Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - m.w.N. in juris).
23 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1 SGB V, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Die Verordnung als Rezepturarzneimittel ist - wie der Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG - unter Beachtung des BTMG zwar betäubungsmittelrechtlich zulässig. Neuartige Therapien mit einem Rezepturarzneimittel, die vom GBA nicht empfohlen sind, dürfen die Krankenkassen jedoch grundsätzlich nicht gewähren, weil sie an das Verbot des § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V und die das Verbot konkretisierenden Richtlinien des GBA gebunden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 a.a.O.).
24 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend hat das Begehren der Klägerin keinen Erfolg.
25 
Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA unter dem Handelsnahmen Marinol für die Behandlung chemotherapiebedingter Übelkeit sowie zur Therapie der Kachexie und Appetitstimulation von Aidspatienten zugelassenen Arzneimittel, begehrt die Klägerin nach ihrem Vorbringen sowohl im Klage- als auch Berufungsverfahren nicht. Dronabinol ist kein Fertigarzneimittel. Denn es wird in Deutschland als Rezeptursubstanz hergestellt und an Apotheken geliefert.
26 
Ein cannabinoidhaltiges Fertigarzneimittel könnte sie aber auch nicht beanspruchen, da kein cannabinoidhaltiges Fertigarzneimittel über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb - wie ausgeführt - nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet auch ein sog. „Off-Label-Use“, also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (BSG, Urteil vom 27. März 2007 a.a.O.).
27 
Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin Dronabinol als Rezepturarzneimittel als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die - wie ebenfalls bereits ausgeführt - neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.
28 
Auf die Empfehlung des GBA kann auch nicht deshalb verzichtet werden, weil Dr. Ni. und Dr. E. die Behandlung befürworten und empfehlen. Dies allein vermag die Empfehlung des GBA nicht zu ersetzen.
29 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte Dronabinol als Sachleistung zur Verfügung stellt, weil ein Ausnahmefall des so genannten Seltenheitsfalls oder des so genannten Systemversagens vorliegt. Der so genannte Seltenheitsfall ist gegeben bei einer Krankheit, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Ein Systemversagen ist zu bejahen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. In solchen Fällen ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben. Deshalb muss dann die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. März 2007, a.a.O.). Hier liegen beide Ausnahmefälle nicht vor. Eine Schmerzerkrankung ist nicht selten. Anhaltspunkte dafür, dass sich die antragsberechtigten Stellen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenärztliche Vereinigung oder Spitzenverband der Krankenkassen) oder der GBA aus sachfremden oder willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder zögerlich befasst haben, sind nicht ersichtlich und wurden von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannabinoidgrundlage befindet sich unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Internetausdrucks „Beeinflussung des Krebswachstums durch Dronabinol“ nach wie vor noch im Erprobungsstadium. Weitere Unterlagen hat die Klägerin nicht vorgelegt. Auch die von Dr. Bö. überprüfte aktuelle Datenlage ergab kein anderes Bild. Anhaltspunkte dafür, dass sich hieran etwas geändert hätte, lassen sich auch nicht auf die ausweislich des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 - L 9 KR 268/05 - vom LSG Berlin-Brandenburg durchgeführte Recherche stützen. Der Behandlung fehlt damit (noch) die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung. Deshalb ist in Würdigung der gesetzlichen Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit der Leistungen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) kein Raum für die Annahme, es liege ein Systemversagen vor.
30 
Ein Leistungsanspruch der Klägerin lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung begründen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (aaO) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs.1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht für vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht. Das BSG hat insoweit weiter ausgeführt dass mit den genannten Krankheits-Kriterien des BVerfG eine strengere Voraussetzung umschrieben wird, als sie mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use formuliert ist. Denn hieran knüpfen weitergehende Folgen. Ohne einschränkende Auslegung ließen sich fast beliebig vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten. Entscheidend ist, dass das vom BVerfG herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (vgl. auch BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - in juris = SozR 4-2500 § 27 Nr. 10).
31 
Bereits die Anforderungen an das Bestehen einer „schwerwiegenden“ Erkrankung für einen Off-Label-Use sind hoch. Nicht jede Art von Erkrankung kann den Anspruch auf eine Behandlung mit dazu nicht zugelassenen Arzneimitteln begründen, sondern nur eine solche, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt. Auch ein Off-Label-Use bedeutet nämlich, Arzneimittel für bestimmte Indikationen ohne die arzneimittelrechtlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheit und Qualität einzusetzen, die in erster Linie Patienten vor inakzeptablen unkalkulierbaren Risiken für die Gesundheit schützen soll. Ausnahmen können schon insoweit nur in engen Grenzen aufgrund einer Güterabwägung anerkannt werden, die der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegenwirkt, die Anforderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenkassen an Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel (§ 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V) beachtet und den Funktionsdefiziten des Arzneimittelrechts in Fällen eines unabweisbaren, anders nicht zu befriedigenden Bedarfs Rechnung trägt (so zum Ganzen BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R, aaO und ausführlich BSG, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R, aaO, mit zahlreichen Nachweisen). Verneint hat das BSG die qualifizierten Erfordernisse einer lebensbedrohlichen Krankheit im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (aaO.) z. B. bei einem Prostata-Karzinom im Anfangsstadium (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - in juris = SozR 4-2500 § 27 Nr. 8 - Interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds), bei einer in 20 bis 30 Jahren drohenden Erblindung (Beschluss vom 26. September 2006 - B 1 KR 16/06 B -, nicht veröffentlicht) sowie bei einer langsam progredient verlaufenden Friedreichschen Ataxie mit über Jahre hinweg möglichen stabilen Symptomen (Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R - aaO - Idebenone). Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gegebenenfalls gleichzustellenden, akut drohenden und nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 a.a.O.).
32 
Solches vermag der Senat bei dem bei der Klägerin vorliegenden Schmerzsyndrom nicht zu erkennen. Die Erkrankung der Klägerin ist weder lebensbedrohlich noch handelt es sich dabei um eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung und die Erkrankung kann auch nicht einem nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gleichgestellt werden. Eine akute Lebensgefahr besteht nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die von Dr. Ni. und Dr. E. erwähnte, jedoch nicht weiter begründete Suizidalität, denn diese ist - wie vom SG ausgeführt - mit Mitteln der Psychiatrie zu behandeln. Darüber hinaus steht der Leistungspflicht der Beklagten gestützt auf die Rechtsprechung des BVerfG aber auch entgegen, dass bei der Klägerin mögliche Therapien nicht vollständig ausgeschöpft sind. Es mag zwar nicht zu widerlegen sein, dass medikamentöse Behandlungen der Klägerin etwa mit Morphin, aufgrund der bei ihr bestehenden Allergien, ihrem Hausarzt Dr. E. folgend nicht zielführend sind, doch gilt dies nicht für die Behandlung der Klägerin in einer psychosomatischen Klinik, die von dem Neurologen Dr. Sc. empfohlen wurde, die von Dr. Ha. empfohlenen physiotherapeutischen Maßnahmen und die Psychotherapie, die Dr. Mi. vorschlug und die nicht zwingend mit Medikamentengabe verbunden sein muss.
33 
Ein Anspruch der Klägerin ergäbe sich schließlich auch nicht daraus, wenn die Beklagte in der Vergangenheit eine Versorgung mit Dronabinol sichergestellt oder die Kosten hierfür erstattet hätte. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beklagte der Klägerin tatsächlich von August 2007 bis September 2008 die Kosten jeweils erstattet hat bzw. der Klägerin die Behandlung mit Dronabinol zur Verfügung gestellt hat, denn durch eine solche Kostenübernahme in der Vergangenheit wäre keine Selbstbindung der Beklagten eingetreten. Die Erbringung einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung hängt immer von den aktuellen (medizinischen) Umständen ab. Sie hat für die Zukunft grundsätzlich nie eine rechtliche Bedeutung.
34 
Da - wie dargelegt - ein Sachleistungsanspruch nicht besteht, besteht auch kein Kostenerstattungsanspruch.
35 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2009 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6994,44 Euro freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Freistellung von Kosten einer ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO-Therapie).

2

Die am 1.5.1960 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet unter Diabetes mellitus Typ I mit Verschluss aller originären Unterschenkelgefäße im Bereich des oberen Sprunggelenks. Deshalb bildeten sich bei ihr im Februar 2009 trockene Nekrosen an Zehen des linken Fußes (pAVK im Stadium IV links, ischämisches diabetisches Fußsyndrom). Die Klinik für Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Aachen diagnostizierte massive arteriosklerotische Veränderungen. Eine geplante Bypassimplantation fand daraufhin nicht statt. Eine Wunde im OP-Bereich tendierte auch nach Antibiotikagabe nicht zur Heilung. Die Klägerin beantragte über das nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene HBO-Zentrum E (HBO-Zentrum), die Kosten für eine HBO-Therapie im Rahmen ambulanter Behandlung zu übernehmen (ärztliches Schreiben vom 2.5.2009). Die HBO-Therapie (Einatmung von 100 % medizinisch reinem Sauerstoff unter erhöhtem Umgebungsdruck für definierte Zeiträume und Intervalle) erfolgt in der Regel in HBO-Zentren mit erforderlichen Druckkammern und ärztlich geleitetem Behandlungsteam. Die Klägerin führte aus, die HBO-Therapie stelle für sie - nach Ausschöpfung aller gefäßchirurgischen Möglichkeiten - die letzte Chance dar, eine Abheilung der OP-Wunde zu erreichen und eine Amputation im Unterschenkelbereich zu vermeiden. Das diabetische Fußsyndrom befinde sich im Übergang zum Stadium Wagner III, wobei lediglich die begleitende Knochenbeteiligung für das Stadium III noch nicht radiologisch nachgewiesen sei, sich aber innerhalb der nächsten Tage einstellen werde. Sie bedürfe keiner stationären Behandlung, da sie sich in einem guten Allgemeinzustand befinde und noch relativ jung sei. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 8.5.2009; Widerspruchsbescheid vom 3.7.2009). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe entschieden, dass die HBO-Therapie nicht als ambulante vertragsärztliche Leistung erbracht werden dürfe. Die Klägerin unterzog sich 20 ambulanten HBO-Behandlungen im HBO-Zentrum (25.5.2009 bis 22.6.2009, Rechnung vom 10.7.2009 über 3885,80 Euro). Die Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie des Universitätsklinikums Aachen behandelte die Klägerin wegen zweier nekrotisierender Zehenglieder stationär (23.6.2009 bis 6.7.2009). Sie führte die HBO-Therapie in 9 Sitzungen im HBO-Zentrum als Teil der stationären Behandlung fort. Die Klägerin ließ anschließend im HBO-Zentrum 16 weitere Behandlungen ambulant durchführen (7.7.2009 bis 31.7.2009, Rechnung vom 15.8.2009 über 3108,64 Euro). Das HBO-Zentrum stundet ihr seitdem die Rechnungsbeträge bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Freistellungsanspruch.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.9.2009). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die ambulante HBO-Therapie gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der GBA habe sie nicht für die vertragsärztliche Versorgung empfohlen. Er habe die HBO-Therapie im Krankenhaus nur unter einschränkenden Kriterien als zu Lasten der GKV erbringbare Leistung qualifiziert (Beschluss vom 13.3.2008). Die erneute Einleitung eines Prüfverfahrens sei nicht rechtswidrig unterblieben (Urteil vom 6.10.2011).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung aus Art 20 Abs 3 GG. Eine stationäre Behandlung sei in ihrem Falle nicht medizinisch notwendig. Ihr sei auch ein Abwarten nicht zuzumuten, bis eine Verschlimmerung eingetreten sei, die eine stationäre Behandlung erfordere. § 226 Abs 1 StGB belege, dass der drohende Verlust eines Fußes - als wichtiges Körperglied - wertungsmäßig mit einer drohenden Erblindung gleichzustellen sei, die zu einer grundrechtsorientierten Auslegung führe.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Aachen vom 29. September 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der ambulant durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6994,44 Euro freizustellen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

8

Der Senat hat Beweis erhoben durch eine Auskunft des GBA. Der GBA hat ausgeführt, die in Rede stehende Ausnahme von einem Verbot nach § 137c SGB V für die adjuvante Anwendung der HBO-Therapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium größer/gleich Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie führe nach § 137c SGB V zur Erlaubnis im stationären Bereich, nicht aber nach § 135 SGB V für die vertragsärztliche Versorgung. Dies sei Folge des gesetzlichen Regelungsansatzes.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide der beklagten KK sind aufzuheben. Die Vorinstanzen haben die - zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)verfolgte - Klage auf Freistellung zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Freistellung von 6994,44 Euro Kosten der in der Zeit vom 25.5. bis 22.6.2009 und vom 7. bis 31.7.2009 ambulant im HBO-Zentrum durchgeführten adjuvanten HBO-Therapie.

10

Rechtsgrundlage des Kostenfreistellungsanspruchs ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Die Rechtsnorm bestimmt: "Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff): Bestehen eines Primärleistungs-(Naturalleistungs-)anspruchs der Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die KK (dazu insgesamt 1.), Selbstbeschaffung einer entsprechenden Leistung durch die Versicherte (dazu 2.), Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung (dazu insgesamt 3.) und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung (dazu 4.).

11

1. Der Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, 78. Lfg, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Die Klägerin hatte 2009 Anspruch gegen die Beklagte auf eine ambulante Behandlung ihres diabetischen Fußsyndroms im Stadium Wagner III mit HBO (zum Individualanspruch Versicherter vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 54, GesR 2007, 276; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 53 f).

12

a) Die Beklagte war nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V der Klägerin zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, die vom Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst ist. Versicherte wie die Klägerin haben gemäß § 27 Abs 1 S 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit - hier das diabetische Fußsyndrom im Stadium Wagner III - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

13

Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die KKn sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 14; BSGE 88, 126, 128 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29; Hauck, NZS 2007, 461, 464 mwN). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 16, stRspr).

14

Die Richtlinien des GBA sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; vgl grundlegend BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 ff mwN - LITT; siehe auch zB BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26 mwN).

15

Die Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff beim diabetischen Fußsyndrom ist eine ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der GKV. Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind nämlich medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Die Methode ist auch "neu", weil sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM enthalten war (vgl zum Merkmal "neu" BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Als nicht vom GBA empfohlene neue - sogar durch Beschluss vom 10.4.2000 (BAnz Nr 128 vom 12.7.2000, S 13396, und BAnz Nr 22 vom 1.2.2001, S 1505) explizit von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossene - Methode ist die ambulante HBO-Therapie grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV (vgl Anlage II Nr 16 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung in der seinerzeit geltenden Fassung vom 17.1.2006, BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1523, geändert am 19.6.2008/1.12.2008, BAnz Nr 124 vom 19.8.2008, S 3018 und Nr 197 vom 30.12.2008, S 4749).

16

b) Die ambulante adjuvante Behandlung des diabetischen Fußsyndroms im Stadium ab Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie mit HBO im Jahre 2009 ist aber als Ausnahmefall wegen Systemversagens in den GKV-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des GBA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedarf. Der GBA verstieß gegen höherrangiges Recht (vgl zu dieser Voraussetzung zB BSGE 88, 62, 67 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3), weil er objektiv willkürlich das sektorenübergreifende Prüfverfahren 2008 nicht auf eine Empfehlung dieser Methode bei der genannten Indikation für die vertragsärztliche Versorgung erstreckte. In solchen Fällen gibt § 13 Abs 3 S 1 SGB V Versicherten ua das Recht, von ihrer KK zu verlangen, von den Kosten der betreffenden Leistung freigestellt zu werden, wenn sie notwendig ist(vgl dazu BSGE 88, 62, 74 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung für ein Systemversagen entwickelt hat, greifen ergänzend zur gesetzlichen Regelung bei verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode ein (vgl § 135 Abs 1 S 4 und 5 SGB V idF des Art 1 Nr 105 Buchst b GKV-WSG, BGBl I 378; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Der erkennende Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG zur HBO ab (vgl hierzu BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, unzulässige Klage betreffend die Aufnahme der HBO-Therapie in die Anlage I der RL Methoden vertragsärztliche Behandlung des GBA für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus").

17

aa) Eine Leistungspflicht der KK wegen Systemversagens kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmsweise ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden(vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses"; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - Neuropsychologische Therapie; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 f mwN - LITT).

18

Zu einem Systemversagen kann es kommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wird und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 - Immunbiologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 - Neuropsychologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 12 - ICL, jeweils mwN). In einem derartigen Fall widersprechen die einschlägigen RL einer den Anforderungen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügenden Krankenbehandlung. Es fordert, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben, welche sich wiederum in zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben, und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen müssen (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 f mwN - LITT).

19

bb) Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier vor. Der GBA führte das Prüfverfahren 2008 mit Wirkung vom 13.11.2008 objektiv willkürlich nicht zu einer Empfehlung der ambulanten adjuvanten HBO-Therapie als neue Methode für die vertragsärztliche Versorgung bei diabetischem Fußsyndrom im Stadium ab Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie.

20

Der Bundesausschuss überprüfte rechtmäßig auf Antrag der Spitzenverbände der KK (5.11.2001) zunächst im Ausschuss Krankenhaus gemäß § 137c SGB V und ab 2004 als GBA die HBO-Therapie. Rechtmäßig ließ der GBA den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der HBO-Therapie sektorenübergreifend von der Themengruppe "HBO" bewerten (vgl zur Entwicklung § 7 Verfahrensordnung GBA idF vom 20.9.2005, BAnz Nr 244 vom 24.12.2005, S 16998, geändert mit Beschluss vom 18.4.2006, BAnz Nr 124 vom 6.7.2006, S 4876; Kap 1 § 7 und Kap 2 § 7 Abs 1 Buchst a VerfO GBA idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009, zuletzt geändert am 18.10.2012, BAnz AT 5.12.2012 B3). Im Ergebnis beschloss er rechtmäßig, § 4 der RL zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus(RL Methoden Krankenhausbehandlung) zu ergänzen. Die Regelung bestimmt Methoden, die von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen von Krankenhausbehandlung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Der GBA fügte folgende Nummer 2.6 an (Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 172 vom 12.11.2008 S 4072, mit Wirkung vom 13.11.2008): "Hyperbare Sauerstofftherapie beim diabetischen Fußsyndrom als alleinige Therapie oder in Kombination. Unberührt von diesem Ausschluss bleibt die adjuvante Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner ≥ III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie."

21

Der Beschluss erfolgte auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens und einer umfassenden Recherche und Auswertung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Er stützte sich vertretbar auf die Beurteilung, dass eine HBO bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom bis zum Stadium Wagner kleiner oder gleich II nicht erforderlich ist, aber nach Ausschöpfung der Standardtherapie ab einem höheren, über Wagner II hinausgehenden Stadium ohne angemessene Heilungstendenz in der adjuvanten Anwendung zu Lasten der GKV angemessen ist. Vergleichbar entschied für die USA das Center for Medicare & Medicaid Services (vgl zum Ganzen die zusammenfassende Dokumentation des GBA vom 13.11.2008, S A-4). Der Beschluss besagt nach seinem objektiven Gehalt, dass die adjuvante HBO-Anwendung nach generellen Kriterien im genannten Indikationsbereich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügt. Der Aussagegehalt des Beschlusses ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel des Qualitätsgebots mit § 137c Abs 1 SGB V und der Dokumentation des GBA.

22

Nach der Regelung in § 137c Abs 1 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 106 GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv vom 1.1.2004 und idF durch Art 1 Nr 112 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.7.2008; seit 1.1.2012 idF durch Art 1 Nr 54 Buchst a DBuchst aa Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983) überprüft der GBA nach § 91 SGB V auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der KKn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der KKn erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (vgl § 137c Abs 2 S 2 SGB V).

23

Diese Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (stRspr, vgl unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSG Urteil vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - RdNr 34 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 2 vorgesehen; Clemens, MedR 2012, 769; aA Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dieselbe/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V)die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, muss nicht von den KKn bezahlt werden (vgl näher Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff; rechtspolitisch kritisch zum Regelungskonzept der §§ 135, 137c SGB V: GBA, Stellungnahme zum GKV-WSG, 14. BT-Ausschuss, Ausschuss-Drucks 0129(9), S 9; Hess, KrV 2005, 64, 66 f).

24

§ 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann retrospektiv im Wege der Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten. Das GKV-VStG hat an dieser Grundkonzeption, die der Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet, nichts geändert. Es schafft lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V entspricht(vgl § 137c Abs 1 S 4 SGB V). Abgesehen von der speziell geregelten, vorübergehenden Modifizierung durch die Erprobung (§ 137e SGB V)verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V; aA Felix/Deister, NZS 2013, 81, 87 f).

25

Die Erkenntnisse aus Verfahren nach § 135 und § 137c SGB V können geeignet sein, sektorenübergreifend zu wirken. So hat der erkennende Senat bereits betont, dass es keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, Beurteilungen des GBA aus dem Bereich der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V auch für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Bereich der stationären Behandlung heranzuziehen, wenn diese Beurteilungen gebietsübergreifende Aussagen beinhalten. Sie sind mithin zu berücksichtigen, wenn sie sachliche Geltung nicht nur für die Behandlung in ambulanter, sondern auch in stationärer Form beanspruchen, etwa weil das aufbereitete wissenschaftliche Material generelle Bewertungen enthält (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 50). Das muss naturgemäß auch in umgekehrter Richtung gelten: Einschlägige Erkenntnisse aus einem Verfahren nach § 137c SGB V sind auch im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V zu nutzen.

26

Die Erkenntnisse aus dem Verfahren des GBA nach § 137c SGB V zur HBO - mündend in dessen Beschluss vom 13.3.2008 - haben in diesem Sinne zunächst zur Folge, dass gegenüber dem Vergütungsanspruch der Krankenhäuser, die die HBO-Therapie adjuvant bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner größer oder gleich III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie bei Versicherten anwenden, jedenfalls bei unveränderter Erkenntnislage der medizinischen Wissenschaft nicht mehr der Einwand durchgreift, sie hätten das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)verletzt. Zweifel an der Erfüllung der Voraussetzungen des Qualitätsgebots hätten im Zeitpunkt der Entscheidung des GBA im Jahr 2008 nach § 137c SGB V zum vollständigen Ausschluss der Methode aus dem stationären Sektor führen müssen. Stattdessen hat der GBA die Ausnahmebestimmung in § 4 Nr 2.6 S 2 RL Methoden Krankenhausbehandlung aufgenommen und damit eine Übereinstimmung mit den Anforderungen des Qualitätsgebots insoweit generell bejaht. Entsprechendes gilt für das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V).

27

Diese Erkenntnisse aus dem Verfahren nach § 137c SGB V sind zusätzlich auch im Rahmen des § 135 Abs 1 SGB V zu nutzen. Der GBA hätte insoweit folgerichtig eine Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V aussprechen müssen. Er hätte berücksichtigen müssen, dass es nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine durchgreifenden Gründe dafür gibt, die HBO bei dem genannten Indikationsspektrum lediglich stationär anzuwenden (vgl Auskunft des GBA im Revisionsverfahren). Zugleich hätte er in den Blick nehmen müssen, dass er ohne die Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V eine mit dem Qualitätsgebot unvereinbare Therapielücke schafft. Denn Krankenhausbehandlung ist nicht bereits deshalb erforderlich iS von § 39 SGB V, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des GBA nicht zu Lasten der GKV geleistet werden darf(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19).

28

Das Unterlassen der Empfehlung nach § 135 Abs 1 SGB V mit Inkrafttreten der Änderung der RL Methoden Krankenhausbehandlung am 13.11.2008 widerspricht höherrangigem Recht, nämlich dem Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG). Der GBA handelt willkürlich, wenn er grundlos untätig bleibt und jede andere Entscheidung als die des Tätigwerdens unvertretbar wäre (vgl BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 29). Weder der medizinische Forschungsstand noch das gesetzliche Regelungssystem rechtfertigen die Beschränkung des HBO-Einsatzes bei der betroffenen Indikation auf den Krankenhaussektor. Vielmehr ist es im Rahmen des Freistellungsanspruchs nach den aufgezeigten Grundsätzen geboten, die Klägerin so zu stellen, als sei die adjuvante HBO-Therapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium Wagner größer oder gleich III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie in den EBM aufgenommen worden. Die Beklagte lehnte mit den angegriffenen Bescheiden den hieraus erwachsenden Primärleistungsanspruch der Klägerin rechtswidrig ab und leistete das danach Gebotene nicht.

29

2. Die Klägerin beschaffte sich eine der geschuldeten entsprechende Leistung selbst. Sie litt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)an einem diabetischen Fußsyndrom im Stadium Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz und ließ sich nach Ausschöpfung der Standardtherapie im betroffenen Zeitraum 2009 adjuvant ambulant privatärztlich mit der HBO versorgen.

30

3. Die Klägerin beschaffte sich die HBO-Therapie auch wesentlich deshalb privatärztlich selbst, weil die Beklagte zuvor die Leistung abgelehnt hatte. Es handelte sich nach den dargelegten generellen Kriterien und den individuellen ärztlichen Zeugnissen um eine indikationsgerechte, notwendige Leistung. Das HBO-Zentrum war das für die Klägerin praktikabel erreichbare. Es behandelte sie dementsprechend auch während ihrer stationären Aufnahme. Es stellte den Leistungsantrag nach den Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) namens und in Vollmacht der Klägerin (vgl § 13 Abs 1 S 1 SGB X; vgl auch BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 12 f). Darüber hinaus bedurfte es auch keines weiteren Leistungsantrags vor dem zweiten Behandlungsintervall. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, beantragte die Klägerin Kostenübernahme "initial" (dh anfänglich) für 25 Behandlungen. Sie beschränkte ihren Antrag nicht auf 25 Behandlungen (zur Auslegung von Willenserklärungen und zur revisionsrechtlichen Überprüfung vgl zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12 ff; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36). Nach dem Gesamtablauf war es für die Klägerin auch mit Blick auf die GBA-Beschlüsse sinnvoll und zweckmäßig, ihren Antrag ärztlich fachkundig vom HBO-Zentrum untermauern zu lassen. Das LSG hat im Übrigen keine Tatsachen im Sinne einer Vorfestlegung der Klägerin festgestellt, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung in Zweifel ziehen.

31

4. Die Klägerin ist aufgrund der Selbstbeschaffung der ambulanten HBO-Leistungen auch einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt (vgl zur Notwendigkeit zB BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 24 mwN; Hauck, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 1, 24 f, 26). Beide ihr für die betroffene Behandlung gestellten Rechnungen entsprechen den Anforderungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ neugefasst durch Bekanntmachung vom 9.2.1996, BGBl I 210; zuletzt geändert durch Art 17 des Gesetzes über den Beruf der Podologin und des Podologen und zur Änderung anderer Gesetze vom 4.12.2001, BGBl I 3320 mWv 2.1.2002) als für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 20 mwN).

32

Angesichts der dem Informationsbedürfnis der Klägerin Rechnung tragenden detaillierten Auflistung der einzelnen Positionen nach der GOÄ liegt kein unzulässiges Pauschalhonorar vor (vgl hierzu BVerfG Beschluss vom 19.4.1991 - 1 BvR 1301/89 - NJW 1992, 737 = Juris RdNr 4 f; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 22; BGH Urteil vom 23.3.2006 - III ZR 223/05 - NJW 2006, 1879, 1880 f = Juris RdNr 15).

33

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für so genannte neue Behandlungsmethoden.

I.

2

1. Die 1972 geborene, in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Beschwerdeführerin leidet an Diabetes mellitus Typ I mit starken Stoffwechselschwankungen und einer Hypoglykämiewahrnehmungsstörung. Zur Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation nahm sie in der Vergangenheit bereits an Hypoglykämiewahrnehmungsschulungen teil und führte häufige Blutzuckermessungen durch. Ferner nahm sie Anfang 2012 an einer vierwöchigen Studie teil, bei welcher die Insulinpumpe der Marke A… mit integrierter kontinuierlicher Glukosemessung getestet wurde. Diese Insulinpumpe verfügt über eine zusätzliche Funktion zur Anzeige der Glukosewerte und ihrer Entwicklung. Um diese Funktion nutzen zu können, bedarf es eines Sensors sowie eines Transmitters der Firma D… . Beim Sensor handelt es sich um ein auszuwechselndes Element für den Einmalgebrauch, das in die Bauchdecke eingeführt wird und dort bis zu sieben Tage zur kontinuierlichen Überwachung der Blutzuckerwerte verbleibt, während der Transmitter wiederverwendbar ist.

3

Im Mai 2012 beantragte der die Beschwerdeführerin behandelnde Diabetologe bei der Krankenkasse die Kostenübernahme für die neben der Insulinpumpe erforderlichen Sensoren und für einen Transmitter. In seinem Kostenübernahmeantrag gab er an, unter der kontinuierlichen Glukosemessung würden nicht nur die Glukosewerte durchgehend überwacht und angezeigt, sondern darüber hinaus stünden sie auch zum Download und somit zur Analyse der Therapieeinstellung und -führung zur Verfügung. Ziel der Messung sei neben einer besseren Prognose über die Entwicklung des Blutzuckerspiegels eine effizientere Arzneimittelversorgung sowie die Vermeidung von Krankenhausbehandlungen und Arbeitsunfähigkeit durch Entgleisungen des Stoffwechsels. Er erwarte, durch die kontinuierliche Glukosemessung die genauen Ursachen unter anderem von Hypoglykämien und Hyperglykämien aufzudecken, um daraufhin die Therapie gegebenenfalls anzupassen.

4

Die Krankenkasse lehnte die beantragte Kostenübernahme nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung mit der Begründung ab, der Gemeinsame Bundesausschuss habe die beantragte Diagnostikmethode nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt.

5

2. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor den Sozialgerichten ist die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag, ihre Krankenkasse vorläufig zu verpflichten, sie mit einem Transmitter nebst Sensoren für das kontinuierliche Glukosemesssystem der Firma D… zu versorgen, erfolglos geblieben.

6

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip, Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 sowie von Art. 19 Abs. 4 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

8

1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht den in § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG enthaltenen Mindestanforderungen an eine schlüssige und substantiierte Begründung genügt (vgl. zum Maßstab BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

9

2. Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

10

a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist hinreichend geklärt, welche Folgen sich gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip aus dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Versicherungszwang ergeben, wenn es um die Versorgung mit einer neuen Behandlungsmethode im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit geht und für die Behandlung dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, schulmedizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Der Gesetzgeber hat die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Anforderungen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einfachgesetzlich niedergelegt. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem schulmedizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

11

b) Geklärt ist darüber hinaus, dass Maßstab für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung und seiner fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung im Einzelfall auch die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sind. Zwar folgt aus diesen Grundrechten regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen. Die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich jedoch an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen. Insofern können diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar. Behördliche und gerichtliche Verfahren müssen dieser Bedeutung und der im Grundrecht auf Leben enthaltenen grundlegenden objektiven Wertentscheidung gerecht werden und sie bei der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts berücksichtigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.).

12

c) Die Ablehnung der begehrten Versorgung mit einem Transmitter nebst Sensoren für ein kontinuierliches Glukosemesssystem verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

13

Die Annahme des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts in den angegriffenen Entscheidungen, es handele sich bei der Erkrankung der Beschwerdeführerin an Diabetes mellitus auch unter Berücksichtigung der wiederholt auftretenden Hypoglykämien nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung und sei einer solchen auch wertungsmäßig nicht gleichzustellen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

14

Der Gesetzgeber hat zur Begründung der in Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eingeführten Regelung des § 2 Abs. 1a SGB V angegeben, es werde sowohl für die lebensbedrohliche als auch für die regelmäßig tödliche Erkrankung eine notstandsähnliche Situation gefordert, die nur dann vorliege, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls drohe, dass sich der tödliche Krankheitsverlauf beziehungsweise der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorganes oder einer herausgehobenen Körperfunktion innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums wahrscheinlich verwirklichen werde (vgl. BTDrucks 17/6906, S. 53). Diese Begründung liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welches die Auffassung vertreten hat, eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen sei nur dann gerechtfertigt, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliege, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch sei; dies bedeute, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen müsse, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen werde (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 8; Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 15/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 16). Auch das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, dass Anknüpfungspunkt im Rahmen der Prüfung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage ist (vgl. BVerfGK 14, 46 <48>). Soweit die Fachgerichte vor diesem Hintergrund davon ausgehen, dass bei der Beschwerdeführerin eine in diesem Sinne lebensbedrohliche Erkrankung nicht vorliege, begegnet dies keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

15

Der Einwand der Beschwerdeführerin, es sei nicht mit ihrem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit vereinbar, wenn gefordert werde, dass sie einen lebensbedrohlichen Zustand in naher Zukunft abzuwarten habe, zumal das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. Februar 2007 - 1 BvR 3101/06 - ausgeführt habe, dass es genüge, wenn sich die Gefahr erst in einigen Jahren realisiere, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn diese Entscheidung nimmt ausdrücklich Bezug auf den Senatsbeschluss vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25), dem ein Sachverhalt zugrunde lag, in welchem der Beschwerdeführer an einer Erkrankung litt (Duchenne'schen Muskeldystrophie), die als solche regelmäßig tödlich ist, weil sie generell mit einer erheblich verkürzten Lebenserwartung einhergeht.

16

3.Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einereinstweiligen Anordnunggegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

17

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 116 428,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die 1988 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte M. A. (Versicherte) wurde ab dem Jahr 2000 wegen einer schweren aplastischen Anämie (SAA) zunächst mit einer immunsuppressiven Antilymphozytenglobulin-Therapie (ALG-Therapie) behandelt. Das die Versicherte stationär behandelnde Universitätsklinikum H. verlegte sie am 18.6.2004 in die Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Klägers zur allogenen Stammzelltransplantation. Da ein Spender mit übereinstimmenden (HLA-identischen) Gewebemerkmalen fehlte, transplantierte der Kläger der Versicherten Stammzellen ihrer Tante mit zur Hälfte übereinstimmenden (haploidentischen) Merkmalen. Die Versicherte verblieb bis zum 26.8.2004 in vollstationärer Behandlung. Der Kläger berechnete insgesamt 116 428,57 Euro (Fallpauschale A04A: Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, HLA-verschieden, 114 794,54 Euro; teilstationäre Folgebehandlungen am 13.9.2004, 11.10.2004 und 17.1.2005 zweimal je 544,44 Euro und einmal 545,15 Euro). Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK - Prof. Dr. H.) kam zu dem Ergebnis, schon die Transplantation allogener Stammzellen mit HLA-identischen Gewebemerkmalen sei eine experimentelle Therapie, erst recht aber der Einsatz haploidentischer Spender. Er könne dennoch indiziert sein, wenn es keine anderen erfolgversprechenden Therapien und keinen HLA-identischen Spender gebe. Der Kläger müsse für seinen Entgeltanspruch durch Vorlage des klinischen Prüfprotokolls belegen, dass er die Versicherte ordnungsgemäß in eine wissenschaftliche Studie über die Stammzelltransplantation bei SAA einbezogen habe. Da der Kläger auf die entsprechende Anforderung des MDK nicht reagierte, weigerte sich die Beklagte, zu zahlen. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 23.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten unter Abänderung des Ausspruchs über die Zinsen zurückgewiesen: Die Teilnahme an einer Studie gehöre weder zu den Leistungs- noch zu den Abrechnungsvoraussetzungen. Die Vergütung einer Krankenhausleistung könne nicht mit dem Einwand abgelehnt werden, die angewandte Methode sei noch nicht ausreichend erprobt. Im Übrigen habe die Versicherte nach der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung Anspruch auf die vom Kläger erbrachte Leistung gehabt (Urteil vom 13.11.2012).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der § 137c, § 275 Abs 1 S 1, § 276 Abs 2 S 1 SGB V sowie der §§ 62, 120 SGG. Das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)gelte grundsätzlich auch im stationären Bereich. Der Kläger habe den Ausnahmefall nicht belegt, die Versicherte im Rahmen einer klinischen Studie behandelt zu haben. Das LSG habe zur grundrechtsorientierten Leistungsauslegung nicht festgestellt, dass die Transplantation haploidentischer Stammzellen ein geringeres Risiko beinhalte als die Wiederholung der immunsuppressiven Therapie. Es habe zudem das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt, indem es ihr keine Einsicht in die vollständigen Behandlungsunterlagen gewährt habe.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 und des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist.

8

Die vom Kläger im Gleichordnungsverhältnis erhobene echte Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG kann der Senat jedoch nicht in der Sache abschließend über den Erfolg der Berufung des Beklagten gegen das SG-Urteil entscheiden. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs des Klägers (dazu 1.) erfüllt sind. Insbesondere steht nicht fest, dass die Behandlung der Versicherten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (dazu 2.) oder den Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung genügte (dazu 3.). Die Sache ist nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif. Der Kläger stützt seine Abrechnung (bisher) nicht darauf, er habe die Versicherte im Rahmen einer klinischen Studie behandelt (dazu 4.).

9

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm der Anlage 1 Teil a) der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 ( vom 13.10.2003, BGBl I 1995) iVm § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 3 Nr 3 FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15 f). Ein Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V bestand nach den Feststellungen des LSG nicht.

10

Nach § 109 Abs 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach Abs 1 das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V)der Versicherten verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen. Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

11

Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10).

12

Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13 mwN). Deshalb definiert § 2 Abs 2 S 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern ua mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog(§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten (vgl zum Ganzen BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17).

13

2. Es steht nach den Feststellungen des LSG nicht fest, dass der Kläger das Qualitätsgebot als Vergütungsvoraussetzung (dazu a) beachtete, als er die Versicherte behandelte (dazu b).

14

a) Krankenhausbehandlung ist im Sinne des aufgezeigten Regelungssystems von § 109 Abs 4 S 3 SGB V und § 39 SGB V grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist(zu den Ausnahmen vgl unten, II. 3.). Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V iVm dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V und mit § 2 Abs 4, § 12 Abs 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs 1 S 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen. Hierzu ist unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht nur dem Grunde nach, sondern auch dem Umfang nach zu ermitteln, welche Reichweite der Therapie indiziert ist (vgl BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 24 mwN).

15

Auch die ua von § 17b KHG erfassten Leistungen müssen nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats grundsätzlich dem Qualitätsgebot(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein (vgl grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 52 f unter Aufgabe von BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1, auch zur Berücksichtigung grundrechtskonformer Auslegung; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 34 mwN; BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen; dem folgend auch 3. Senat des BSG Urteil vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; Clemens, MedR 2012, 769; Hauck NZS 2007, 461, 466 ff; Ihle in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 137c SGB V RdNr 12 f; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/2013, K § 2 RdNr 77; Roters in Kasseler Komm, Stand 1.9.2013, § 137c RdNr 3; Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 39 SGB V RdNr 88; aA Bender NZS 2012, 761, 765 ff; Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dies/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) stattzufinden hat (vgl dazu im Einzelnen unten, II. 3., und näher zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 ff mwN; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 54).

16

Dieser Maßstab liegt auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehalts gemäß § 137c SGB V zugrunde. Nach § 137c Abs 1 SGB V(hier anzuwenden idF, die die Norm durch Art 1 Nr 106 des GMG mWv 1.1.2004 erhalten hat) überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) nach § 91 SGB V auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach S 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs 2 S 2 SGB V).

17

Die Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (stRspr, vgl unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 34 mwN; Clemens, MedR 2012, 769; aA Felix, SGb 2009, 367 und öfter, zB NZS 2012, 1, 7 mwN in Fn 91; dies/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl § 1 S 1 SGB V)die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. Eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, muss nicht von den KKn bezahlt werden (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 23 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen; näher Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff; rechtspolitisch kritisch zum Regelungskonzept der §§ 135, 137c SGB V: GBA, Stellungnahme zum Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung, 14. BT-Ausschuss, Ausschuss-Drucks 0129(9), S 9; Hess, KrV 2005, 64, 66 f). Dem hat sich auch der 3. Senat des BSG angeschlossen (BSG Urteil vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

18

§ 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die KK und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten.

19

Die Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstruktur in der Gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) haben an dieser Grundkonzeption, die der Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet, nichts geändert. Sie schaffen lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V entspricht(vgl § 137c Abs 1 S 4 SGB V). Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e SGB V)noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V; vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen; aA Felix/Deister, NZS 2013, 81, 87 f). Eine weitere Ausnahme hat der Gesetzgeber mit dem Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen klinischer Studien in § 35c SGB V geregelt.

20

b) Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)bei der Behandlung der Versicherten getroffen. Sie erübrigen sich nicht allein deshalb, weil der GBA - zeitlich nach der hier betroffenen Behandlung - die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA als eine für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung erforderliche Methode bestätigt hat (GBA, Beschluss vom 28.5.2009, BAnz Nr 121 vom 18.8.2009, S 2 817). Maßgeblich ist nämlich der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Zeit der Behandlung (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 15). Der GBA-Beschluss besagt allerdings nach seinem objektiven Gehalt, dass die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA nach generellen Kriterien im genannten Indikationsbereich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)genügt (vgl entsprechend BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 21, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen). Der Beschluss erfolgte auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens und einer umfassenden Recherche unter Auswertung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Er gelangt vertretbar zu seinem Ergebnis. Er gibt besonderen Anlass für das LSG zu prüfen, ob der vom GBA festgestellte allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse bereits bei der Behandlung der Versicherten in vergleichbarer Weise bestand.

21

Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V), dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22 mwN). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt.

22

Der GBA gelangte dementsprechend in seinem Beschluss vom 28.5.2009 vertretbar zu seinem Ergebnis, die Methode (vgl zum Begriff BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 13 Nr 29 vorgesehen)der allogenen Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA nicht nach § 137c SGB V auszuschließen. Hierbei berücksichtigte er insbesondere die sehr geringe Inzidenz, die daraus erwachsenden Schwierigkeiten, höhergradige Evidenz für die Nutzenbeurteilung zu erzielen, den unter günstigen Voraussetzungen sehr wahrscheinlichen Nutzen und die in bestimmten Situationen notwendige, sehr individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung. Er stützt sich auf das Ergebnis des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, das ausführt (GBA, Allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei schwerer aplastischer Anämie, Abschlussbericht Beratungsverfahren nach § 137c SGB V, 19.8.2009, S B-22): "Die generalisierte Anwendung der allogenen Fremdspender-Stammzelltransplantation bei den betroffenen Patienten außerhalb von kontrollierten klinischen Studien erscheint derzeit nicht vertretbar. Unter 'kontrollierten klinischen Studien' sind dabei auch nicht randomisierte Studien zu verstehen, sofern adäquate Bedingungen für einen möglichst unverzerrten Vergleich, zum Beispiel durch die Minimierung eines Auswahlbias, geschaffen werden. Im Sinne der Patienten ist dringend eine wesentliche Verbesserung der Datenlage einschließlich obligater Publikation der Ergebnisse herzustellen." Insoweit kommt in Betracht, dass die Behandlungsmethode generell schon im Jahr 2004 dem Qualitätsgebot genügte unter Berücksichtigung der wegen der Seltenheit der Erkrankung nur begrenzt erzielbaren Evidenz, der verbesserten Ergebnisse allogener Stammzelltransplantationen ab Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, der sehr beschränkten Alternativen und der schon 2004 bestehenden Hinweise auf einen Nutzen die Krankenhausbehandlung mit allogener Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA bei Alternativlosigkeit und individuell vertretbarem Risikoprofil. Entgegen der Auffassung des LSG kann der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse es entsprechend dem Zitat im Abschlussbericht des GBA erfordern, dass betroffene Patienten im Interesse ihres Schutzes nicht generell außerhalb, sondern regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien im dargelegten Sinne behandelt werden.

23

Die Feststellungen, die das LSG zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu treffen hat, sind entsprechend der Rechtsprechung des erkennenden Senats auf breiter Grundlage zu treffen. Denn es geht um die Feststellung allgemeiner Tatsachen. Nur ein solches Vorgehen sichert die von Art 3 Abs 1 GG geforderte Rechtsanwendungsgleichheit, für welche - außerhalb gebotener Feststellungen anlässlich des Einzelfalls - die Richtlinien des GBA sorgen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 23 mwN).

24

Kommt das LSG bei seinen Ermittlungen zum Ergebnis, dass die bei der Versicherten angewandte Methode generell bereits dem Qualitätsgebot genügte, hat es unter Beiziehung der Behandlungsunterlagen abzuklären, dass ihr Einsatz auch individuell bei der Versicherten indiziert war. Hierbei hat es auch die Möglichkeit einer Therapiealternative mit anderen Immunsuppressiva einzubeziehen, auf die Prof. Dr. H. hingewiesen hat.

25

Mangels entsprechender Feststellungen des LSG kann der erkennende Senat hierbei auch nicht beurteilen, dass - als eine Vergütungsvoraussetzung - für die betroffene Behandlung eine wirksame Einwilligung der Versicherten und ggf ihrer gesetzlichen Vertreter vorlag (vgl hierzu zB BGH Urteil vom 16.4.1991 - VI ZR 176/90 - VersR 1991, 812, 813; BGH Urteil vom 10.10.2006 - VI ZR 74/05 - NJW 2007, 217, 218 f mwN). Zu Recht hat die Beklagte auf der Vorlage des von den Eltern der Versicherten unterschriebenen Aufklärungsprotokolls bzw der Einverständniserklärung bestanden. Versicherte und/oder deren gesetzliche Vertreter müssen der konkreten Heilbehandlung nach hinreichender, gebotener Aufklärung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zugestimmt haben (vgl zB BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 54; zusammenfassend Hauck, Die Bedeutung der Patientenautonomie für Leistungen der GKV, SGb 2014, 8, 9 ff, worauf die Beteiligten hingewiesen worden sind). Erforderlich ist eine so umfassende Information über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten - hier der Versicherten - in vollem Umfang Rechnung trägt.

26

Das LSG muss - bei weiterer Weigerung des Klägers, die Unterlagen vorzulegen - keine unverhältnismäßigen Ermittlungen anstellen. Es muss den betroffenen Beteiligten jedoch über die Folgen seiner mangelnden Mitwirkung belehren, soweit ihm dies nicht bereits konkret geläufig ist. Art und Umfang der Belehrung hängen davon ab, wie rechtskundig der Beteiligte im weiteren Verfahren vertreten ist. Erforderlich ist zumindest ein formloser Hinweis auf die Möglichkeit, dass das Gericht aus seinem Verhalten nachteilige Schlüsse ziehen kann (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 24 f).

27

3. Soweit die Ermittlungen des LSG ergeben, dass die Behandlung der Versicherten mit allogener Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V entsprach, wird es ergänzend die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung abzuklären haben. Es ist demgegenüber von vornherein ausgeschlossen, unter Berücksichtigung der Studien zur SAA von einem Seltenheitsfall auszugehen (vgl dazu zB BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 31 - Visudyne; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19 ff mwN).

28

a) Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (stRspr; vgl hierzu BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 33; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 mwN; BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 26/12 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

29

b) Der erkennende Senat kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, dass die Versicherte tatsächlich an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder wertungsmäßig damit vergleichbaren Erkrankung litt. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung ist es nicht ausreichend, dass die SAA unbehandelt zum Tode führt, weil dies auf nahezu jede schwere Erkrankung ohne therapeutische Einwirkung zutrifft. Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 20; BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 17). Das LSG wird sich insoweit - ggf unter Hinzuziehung medizinischen Sachverstands - mit den unterschiedlichen Auffassungen von Prof. Dr. L. und Prof. Dr. H. auseinanderzusetzen haben. Hierzu hat es auch die Erkenntnisse aus der zuvor erfolgten Behandlung im Universitätsklinikum H. einzubeziehen.

30

Entsprechend dem oben erfolgten Hinweis (vgl II.2.) wird das LSG auch näher abzuklären haben, dass für die Versicherte keine alternative immunsupressive Therapie unter Berücksichtigung der bisher erfolgten, vom LSG genau festzustellenden Therapie einsetzbar war. Die bisherigen Feststellungen des LSG reichen hierzu nicht aus.

31

Das LSG wird auch dazu ergänzende Feststellungen zu treffen haben, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Der erkennende Senat hat in Konkretisierung dieser Rechtsprechung bereits entschieden, dass im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung besteht, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 22 ff; zustimmend Padé NZS 2007, 352, 357). Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 38 ff). Auch insoweit kommt in Betracht, dass - wie oben entsprechend dargelegt (vgl II. 2.) - die gewünschte Behandlung nur im Rahmen und mit den Sicherungen einer kontrollierten klinischen Studie erfolgen durfte. Das LSG wird Entsprechendes aufzuklären haben. Gleiches gilt mit Blick auf das Erfordernis, dass der Versicherte nach gebotener ärztlicher Aufklärung wirksam in die beabsichtigte Behandlung eingewilligt hat (BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 28 und 54)und dass - soweit es die jeweilige Berufsordnung vorsieht - vor der Behandlung die zuständige Ethikkommission eingeschaltet und deren (positive) Beurteilung abgewartet wurde (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 27). Aus den vorgelegten Nachweisen geht allerdings nicht hervor, dass die vom Kläger durchgeführte Studie tatsächlich auch das bei der Versicherten vorliegende Krankheitsbild der SAA mit einschloss.

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4. Vergütung für stationäre Behandlung der Versicherten außerhalb des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)im Rahmen einer klinischen Studie (vgl § 137c Abs 2 S 2 SGB V idF durch Art 1 Nr 81 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) ist (bisher) kein Gegenstand des Rechtsstreits. Nach dem auch bei der allgemeinen Leistungsklage in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Streitgegenstand - wie im Zivilprozess (vgl dazu stRspr, vgl zB BGHZ 185, 66 RdNr 22; BGHZ 180, 77 RdNr 18; BGHZ 154, 342, 347 f) nicht nur durch das Klageziel, sondern auch durch den Klagegrund, den Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Beteiligten ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (stRspr, vgl BGHZ 157, 47, 151 mwN; zur Kritik mangelnder Trennschärfe Althammer, ZZP 123 (2010), 163, 172). Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt auch bei gleichem Antrag dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH Urteil vom 27.5.1993 - III ZR 59/92 - NJW 1993, 2173; vgl auch Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, Einleitung RdNr 72). So verhält es sich hier.

33

Die 2004 geltende Regelung des § 137c Abs 2 S 2 Halbs 2 SGB V begründete die - inzwischen gesetzlich weiter eingeschränkte - Möglichkeit, dass die KKn notwendige stationäre Versorgung der in Studien einbezogenen versicherten Patienten mit den Krankenhausentgelten vergüten, wenn die Studienteilnahme der Verwirklichung der Ziele der Krankenbehandlung(§ 27 SGB V)dient und solange der Patient notwendig stationär versorgt werden muss (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, BT-Drucks 14/1245 S 90 zu Art 1 Nr 81; Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks 15/5316 S 48, zu Art 4; vgl hierzu auch BSGE 90, 289, 294 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1 RdNr 13; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 16 f mwN; inzwischen eingeschränkt auf Studien als Ausnahme von Richtlinien nach Abschluss einer Erprobung gemäß § 137c Abs 1 S 4 SGB V durch Art 1 Nr 54 GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983 mWv 1.1.2012; vgl hierzu Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 87 zu Nr 54 <§ 137c> zu Buchst b).

34

Ein solcher Vergütungsanspruch für Studien setzt voraus, dass das Krankenhaus mit seiner Abrechnung diesen Aufnahmegrund (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V)mitteilt (vgl zum Gebot hinreichender Information BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 31; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 32 f). Diese maßgebliche Grundlage der Behandlung löst strukturell bei der KK wesentlich vom Üblichen abweichende Prüferfordernisse aus, die sich etwa auf den korrekten Einschluss des Versicherten in die Studie, deren hinreichende Seriosität mit Blick auf den Patientenschutz (vgl etwa entsprechend zu den Voraussetzungen der klinischen Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen §§ 40 ff Arzneimittelgesetz),die gebotene Einschaltung einer Ethikkommission mit positivem Ergebnis und die hinreichende Dokumentation der wirksamen Einwilligung nach gebotener Aufklärung erstrecken können. Der Kläger hat eine solche Begründung anlässlich der Rechnungserteilung nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nicht gegeben, das auf die Rechnungen verwiesen hat. Er stützt seinen mit der Klage geltend gemachten Anspruch (bisher) nicht auf einen nach § 137c Abs 2 S 2 Halbs 2 SGB V maßgeblichen Sachverhalt.

35

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 GKG.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

25

2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Januar 2011 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken.

2

Der 52-jährige Kläger ist seit 1985 an einer anfänglich schubförmig und inzwischen chronisch verlaufenden Multiplen Sklerose erkrankt. Er leidet unter anderem an einer ausgeprägten Gangstörung, einer spastischen Tetraparese, einer Rumpf- und Extremitätenataxie, einer Dysarthrie sowie einer rezidivierenden depressiven Störung. Seit etwa 1987 behandelt der Kläger die Symptome seiner Erkrankung durch den regelmäßigen Konsum von Cannabis. Vom Vorwurf des unerlaubten Besitzes und Anbaus von Betäubungsmitteln hat ihn das Amtsgericht Mannheim mit rechtskräftigem Urteil vom 19. Januar 2005 ... freigesprochen. Es sah sein Handeln nach § 34 StGB als gerechtfertigt an, weil ihm für die Behandlung der Ataxie keine Therapiealternative zur Verfügung stehe und die Einnahme von Cannabis zu einer Linderung seiner schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen führe. Der Kläger ist aufgrund seiner Erkrankung seit 1999 Frührentner und bezieht eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von ca. 890 €.

3

Seine Klage gegen die AOK Baden-Württemberg auf Bewilligung des Tetrahydrocannabinol (THC)-haltigen Arzneimittels "Dronabinol-Tropfen" als Sachleistung, hilfsweise auf Kostenerstattung ist vor den Sozialgerichten ohne Erfolg geblieben (Sozialgericht Mannheim, Urteil vom 9. August 2001 - S 8 KR 286/00 -; Landessozialgericht Stuttgart, Urteil vom 25. April 2003 - L 4 KR 3828/01 -; BSG, Beschluss vom 6. Januar 2005 - B 1 KR 51/03 B -).

4

Im Mai 2000 beantragte der Kläger beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), ihm nach § 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eine Ausnahmeerlaubnis zum Anbau von Cannabis zur Behandlung seiner Erkrankung zu erteilen. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2007 lehnte das BfArM den Antrag mit der Begründung ab, der Erlaubniserteilung stünden zwingende Versagungsgründe nach § 5 Abs. 1 BtMG entgegen. Der Eigenanbau von Cannabis sei für die medizinische Versorgung des Klägers nicht notwendig, da es eine Therapiealternative auf der Basis standardisierter Cannabis-Extrakte gebe. Zudem würde die Erlaubnis dem Ziel des Betäubungsmittelgesetzes zuwiderlaufen, das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen. Auch sei die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs nicht gewährleistet, weil sich beim Anbau durch eine Privatperson eine gleich bleibende Qualität des Cannabis, insbesondere seines Hauptwirkstoffs THC nicht sicherstellen lasse. Des Weiteren habe der Kläger weder geeignete Räume und Sicherungen für Anbau, Trocknung und Lagerung des Cannabis nachgewiesen noch sei ersichtlich, dass er über die erforderliche Sachkunde verfüge. Den Widerspruch des Klägers wies das BfArM mit Bescheid vom 10. August 2010 zurück und führte ergänzend aus, die Erlaubniserteilung verstoße auch gegen das internationale Suchtstoffübereinkommen. Selbst wenn man unterstellte, dass keine zwingenden Versagungsgründe vorlägen und die Erteilung der Erlaubnis deshalb im Ermessen der Behörde stünde, käme eine Anbauerlaubnis nicht in Betracht, da dem Kläger eine alternative Therapie mit cannabishaltigen Präparaten zur Verfügung stehe.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm zu erlauben, Cannabis (Indica-Sativa-Hybriden) in seiner Wohnung anzubauen, zu ernten und zum Zweck seiner Behandlung zu verwenden. Er hat geltend gemacht, der Eigenanbau sei für ihn die einzige Möglichkeit, seinen Cannabisbedarf zu decken. Die Kosten für den Erwerb eines standardisierten Cannabis-Präparats über die Apotheke in Höhe von mehr als 1 000 € seien für ihn nicht tragbar. Seine Krankenkasse habe eine Kostenübernahme abgelehnt. Die von ihm vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen für seine Wohnung seien geeignet und ausreichend, um die Betäubungsmittel gegen eine unbefugte Entnahme zu sichern.

6

Mit Urteil vom 11. Januar 2011 hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verpflichtet, über den Erlaubnisantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zwingende Versagungsgründe im Sinne von § 5 Abs. 1 BtMG lägen nicht vor, so dass die Erlaubnis im behördlichen Ermessen stehe. Dieses Ermessen habe das BfArM bislang nicht ordnungsgemäß ausgeübt; es habe nicht geprüft, ob dem Kläger eine alternative Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stehe, die für ihn auch erschwinglich sei.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Erteilung der begehrten Erlaubnis liege im öffentlichen Interesse im Sinne des § 3 Abs. 2 BtMG, da Cannabis bei dem schwer kranken Kläger zu einer erheblichen subjektiven Linderung seiner Beschwerden führe. Ihm stehe kein gleich wirksames zugelassenes und erschwingliches Medikament zur Verfügung. Weder das Fertigarzneimittel "Sativex" noch das Rezepturarzneimittel "Dronabinol" stellten eine gleich wirksame Therapiealternative dar. Die Behandlung mit Medizinalhanf komme für den Kläger aus Kostengründen nicht in Betracht, nachdem seine Krankenkasse eine Kostenübernahme wiederholt, zuletzt im Juni 2014, abgelehnt habe. Es sei ihm auch nicht zumutbar, ein weiteres Mal vor den Sozialgerichten zu klagen. Der Anbauerlaubnis stünden keine zwingenden Versagungsgründe entgegen. § 5 Abs. 1 BtMG sei modifiziert anzuwenden. Danach könne die erforderliche sachkundige Betreuung dadurch sichergestellt werden, dass der Kläger seinen Hausarzt als verantwortliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 BtMG benenne. Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 4 BtMG liege nicht vor, weil die vom Kläger vorgesehenen Sicherheitsvorkehrungen ausreichend seien. Die erforderliche Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 BtMG könne über die hausärztliche Betreuung gewährleistet werden. Für eine missbräuchliche Verwendung des angebauten Cannabis durch den Kläger bestünden keine Anhaltspunkte. Auch sei davon auszugehen, dass er aufgrund der jahrelangen Eigentherapie über umfassende Erfahrungen hinsichtlich Wirksamkeit und Dosierung des Cannabis verfüge. Zudem biete seine Anbaumethode eine relative Gewähr für einen konstanten THC-Gehalt der Cannabispflanzen. Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sei gleichfalls nicht gegeben. Da der Kläger aus medizinischen Gründen auf Cannabis angewiesen sei, sei hinzunehmen, dass bei ihm inzwischen eine Betäubungsmittelabhängigkeit entstanden sei. Die Erlaubnis könne auch nicht nach § 5 Abs. 2 BtMG mit der Begründung versagt werden, das internationale Suchtstoffübereinkommen von 1961 verlange die Einrichtung einer Cannabis-Agentur, die von der Beklagten aber nicht beabsichtigt sei. Art. 28 Abs. 1 und Art. 23 des Übereinkommens seien hier nicht anwendbar. Abgesehen davon sei die vom BfArM nach § 5 Abs. 2 BtMG getroffene Ermessensentscheidung fehlerhaft, weil die Schwere der Erkrankung des Klägers, die fehlende Behandlungsalternative und der Grundrechtsschutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unberücksichtigt geblieben seien. Da das BfArM zu Unrecht von einer Therapiemöglichkeit mit cannabishaltigen Präparaten ausgegangen sei, erwiesen sich schließlich auch die nach § 3 Abs. 2 BtMG angestellten Ermessenserwägungen als fehlerhaft. Das rechtfertige gleichwohl nicht, die Beklagte zur Erlaubniserteilung zu verpflichten. Vielmehr stehe die begehrte Erlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen, bei dessen Ausübung das BfArM insbesondere § 6 Abs. 2 BtMG zu prüfen sowie über mögliche Nebenbestimmungen gemäß § 9 Abs. 2 BtMG zu entscheiden habe.

8

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Beklagte als auch der Kläger Revision eingelegt. Die Beklagte macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe das öffentliche Interesse nach § 3 Abs. 2 BtMG zu Unrecht bejaht. Es sei unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO und § 108 Abs. 1 VwGO vom Fehlen einer erschwinglichen Therapiealternative ausgegangen. Zudem hätte die Rechtsfrage geklärt werden müssen, ob dem Kläger ein sozialrechtlicher Anspruch auf Kostenübernahme für Medizinalhanf zustehe. Das Berufungsurteil beruhe außerdem auf einer Verletzung von § 5 BtMG. Das Oberverwaltungsgericht hätte mit Blick auf die von ihm festgestellte Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers prüfen müssen, ob Bedenken gegen dessen Zuverlässigkeit bestehen und die Erlaubnis daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BtMG zu versagen sei. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Hausarzt des Klägers die ihm obliegenden Verpflichtungen als Verantwortlicher im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BtMG ständig erfüllen könne. Damit sei auch die erforderliche Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs nicht gewährleistet. Der Erlaubniserteilung stehe außerdem das Suchtstoffübereinkommen von 1961 entgegen, wie eine Stellungnahme des internationalen Suchtstoffkontrollrats bestätige. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.

9

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und trägt zur Begründung seiner Revision vor, er habe einen Anspruch auf die begehrte Erlaubnis, weil die Ermessensentscheidung der Beklagten zwingend zugunsten der Erlaubniserteilung ausfallen müsse. Seinem Interesse an der Behandlung mit Cannabis, die für ihn alternativlos und allein im Wege des Eigenanbaus verfügbar sei, komme wegen der Schwere seiner Erkrankung ein besonderes Gewicht zu.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die Revision des Klägers ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass die vom Kläger begehrte Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken im öffentlichen Interesse im Sinne des § 3 Abs. 2 BtMG liegt (1.) und der Erlaubniserteilung keine zwingenden Versagungsgründe im Sinne von § 5 Abs. 1 BtMG entgegenstehen (2.). Es ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Erlaubnis nicht nach § 5 Abs. 2 BtMG in Verbindung mit dem internationalen Suchtstoffübereinkommen wegen Fehlens einer Cannabis-Agentur versagt werden kann (3.). Das angefochtene Urteil beruht jedoch auf der Verletzung von Bundesrecht, soweit es die Beklagte lediglich zur Neubescheidung des Erlaubnisantrags verpflichtet hat. Der Kläger hat infolge einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf die Erlaubnis (4.). Das führt dazu, dass der Klage unter Änderung der vorinstanzlichen Urteile in vollem Umfang stattzugeben ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

11

Rechtsgrundlage für die streitige Erlaubnis ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 11. November 2015 (BGBl. I S. 1992). Danach kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Erlaubnis zum Anbau der in Anlage I des Gesetzes bezeichneten Betäubungsmittel nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen. Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen) zählt zu den nicht verkehrsfähigen Betäubungsmitteln der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG. Die dort unter Buchst. a) bis e) zu Cannabis aufgeführten Ausnahmen sind hier nicht einschlägig (vgl. zu Buchst. e: Amtliche Begründung zur Fünfundzwanzigsten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 11. Mai 2011, BR-Drs. 130/11 S. 7 und S. 10). Ebenso wenig liegt eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 4 BtMG vor.

12

1. Die Erteilung der beantragten Anbauerlaubnis liegt im öffentlichen Interesse im Sinne des § 3 Abs. 2 BtMG.

13

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG ausnahmsweise auch für die Therapierung eines einzelnen schwer kranken Patienten mit Cannabis erteilt werden kann. Das erforderliche öffentliche Interesse ist zu bejahen, wenn die Erkrankung durch die Behandlung mit dem Betäubungsmittel geheilt oder zumindest gelindert werden kann und wenn dem Betroffenen keine gleich wirksame Therapiealternative zur Verfügung steht (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - BVerwGE 123, 352 <354 ff.>). Diese Voraussetzungen, die für die Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis genauso gelten wie für die Erlaubnis zu dessen Erwerb (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 a.a.O. S. 360), sind hier erfüllt.

14

a) Der Kläger leidet an einer schweren und unheilbaren Erkrankung in Form einer sekundären chronischen Multiplen Sklerose mit vielfältigen und erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) führt die Anwendung von Cannabis zu einer deutlichen Verbesserung seines subjektiven Befindens. Der Kläger erreiche durch die regelmäßige Einnahme von Cannabis eine erhebliche Linderung seiner Beschwerden insbesondere im Bereich der Ataxie, der Spastik und seiner psychischen Verfassung. Vor allem das Gangbild sei erkennbar sicherer, die maximale Gehstrecke am Handstock verlängere sich, es bestünden keine Schluckschwierigkeiten, die Sprache sei ausreichend verständlich, die Stimmungslage ausgeglichen, die Impulskontrolle sei reguliert. Danach ist ein therapeutischer Nutzen gegeben, der die Annahme eines öffentlichen Interesses am Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - BVerwGE 123, 352 <354 ff.>).

15

b) Dem Kläger steht zur Behandlung der Symptomatik keine gleich wirksame Therapiealternative zur Verfügung.

16

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat für das Revisionsverfahren verbindlich festgestellt (§ 137 Abs. 2 VwGO), dass das zugelassene Arzneimittel "Sativex" für den Kläger keine Behandlungsalternative darstellt, weil es nicht die gleiche Wirksamkeit wie das von ihm angebaute Cannabis hat. Der Anwendungsbereich von "Sativex" sei auf die Behandlung der Spastik bei Multipler Sklerose beschränkt, während sich der Cannabiskonsum insgesamt günstig auf seine Beschwerden auswirke. Ein Therapieversuch mit "Sativex" habe bei ihm zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geführt.

17

Auch das Rezepturarzneimittel "Dronabinol" kommt mangels vergleichbarer therapeutischer Wirkung bei dem Kläger nicht als Therapiealternative in Betracht. Das Oberverwaltungsgericht ist aufgrund der Befundberichte und sachverständigen Zeugenaussagen der ihn betreuenden Ärzte zu dem Schluss gekommen, dass eine Monotherapie mit "Dronabinol" auf das Beschwerdebild des Klägers nicht genauso positiv einwirke wie die Anwendung von Cannabis. Der Versuch, den Cannabiskonsum durch die Einnahme von "Dronabinol" zu ersetzen, müsse als gescheitert angesehen werden. Auch in hoher Dosierung habe das Arzneimittel keine vergleichbare Linderung der spastisch-ataktischen Symptomatik bewirkt. Eine weitere Erhöhung der Dosis scheide aus, weil es dadurch zu einer erheblichen Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes des Klägers komme. Diese Feststellungen sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht hat sie ausführlich und überzeugend begründet. Die Beklagte hat dagegen keine Verfahrensrügen erhoben.

18

bb) Medizinalhanf ist für den Kläger nicht erschwinglich und stellt für ihn daher gleichfalls keine Alternative dar, die das öffentliche Interesse am Eigenanbau von Cannabis entfallen lässt (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - BVerwGE 123, 352 <359>).

19

(1) Medizinalhanf (getrocknete Cannabisblüten in pharmazeutischer Qualität) ist in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen und auch nicht verschreibungsfähig (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BtMG). Mit einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG kann er im Einzelfall nach Deutschland importiert und in Apotheken an Patienten abgegeben werden. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen entstehen beim Erwerb von Medizinalhanf aus der Apotheke für den Kläger bei der von ihm benötigten Dosis von ca. 100 g "Cannabis flos Bedrocan" monatliche Kosten von mindestens 400 €, wenn nicht sogar von 1 600 €. Bei einer monatlichen Erwerbsunfähigkeitsrente von ca. 890 € ist er nicht in der Lage, diese Kosten zu tragen. Demgegenüber beschränken sich seine monatlichen Ausgaben beim Eigenanbau von Cannabis auf ca. 110 €.

20

(2) Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, es bestehe die Möglichkeit der Kostenerstattung durch seine Krankenkasse. Diese hat es wiederholt abgelehnt, die Kosten für die Versorgung mit Medizinalhanf zu übernehmen (Schreiben der AOK Baden-Württemberg - Bezirksdirektion Rhein-Neckar-Odenwald - vom 8. November 2012, 7. Juni 2013 und 10. Juni 2014). Beruht eine solche Ablehnung auf einer möglicherweise unzutreffenden Rechtsauffassung, ist es dem Betroffenen zwar grundsätzlich zuzumuten, Klage vor den Sozialgerichten zu erheben. Das Oberverwaltungsgericht hat aber ohne Rechtsfehler angenommen, dass es dem Kläger unter den hier gegebenen Umständen nicht zumutbar ist, erneut den sozialgerichtlichen Klageweg zu beschreiten.

21

Es ist nicht absehbar, dass eine Klage auf Übernahme der Kosten für die Versorgung mit Medizinalhanf Erfolg haben würde. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte scheiden ein Sachleistungsanspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3, § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V oder ein Kostenerstattungs- und Übernahmeanspruch nach § 13 SGB V aus, weil es sich bei Medizinalhanf nicht um ein im Inland zugelassenes Fertigarzneimittel handelt (BSG, Urteile vom 27. März 2007 - B 1 KR 30/06 R - juris Rn. 10 f. und vom 3. Juli 2012 - B 1 KR 25/11 R - BSGE 111, 168 Rn. 12 f.; LSG Stuttgart, Urteil vom 27. Februar 2015 - L 4 KR 3786/13 - juris Rn. 36). Ein Anspruch auf der Grundlage von § 135 Abs. 1 SGB V kommt mangels der dafür erforderlichen befürwortenden Richtlinien-Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 30/06 R - juris Rn. 12; LSG Stuttgart, Urteil vom 27. Februar 2015 - L 4 KR 3786/13 - juris Rn. 40; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Mai 2015 - L 1 KR 221/15 B ER - juris Rn. 18). Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem trotz fehlender Richtlinien-Empfehlung eine Leistungspflicht der Krankenkasse besteht. Die Voraussetzungen des so genannten Seltenheitsfalls einer Krankheit sind nicht erfüllt. Darunter ist eine Erkrankung zu verstehen, die weltweit nur extrem selten auftritt und deshalb nicht systematisch erforscht werden kann (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 16/07 R - BSGE 100, 103 Rn. 30 m.w.N.). Auf Multiple Sklerose trifft das nicht zu (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. März 2011 - L 4 KR 48/11 B ER - juris Rn. 21; LSG Mainz, Urteil vom 20. August 2009 - L 5 KR 100/08 - juris Rn. 15). Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine Aktualisierung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses rechtswidrig unterblieben wäre (Fall des so genannten Systemversagens, (BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 30/06 R - juris Rn. 13 f; LSG Stuttgart, Urteil vom 27. Februar 2015 - L 4 KR 3786/13 - juris Rn. 42; LSG München, Beschluss vom 26. November 2015 - L 4 KR 419/15 B ER - juris Rn. 30).

22

Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Kläger voraussichtlich die Übernahme der Kosten für Medizinalhanf aufgrund von § 2 Abs. 1a SGB V beanspruchen könnte. Nach dieser Bestimmung können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. § 2 Abs. 1a SGB V ist durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012 eingefügt worden und knüpft an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - (BVerfGE 115, 25) an. Voraussetzung für den Leistungsanspruch ist, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung in einer notstandsähnlichen Situation vorliegt. Dies kann der Fall sein, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls droht, dass sich der tödliche Krankheitsverlauf oder der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums wahrscheinlich verwirklichen wird (Amtliche Begründung zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz, BT-Drs. 17/6906 S. 52 f.). Das Bayerische Landessozialgericht hat zwar in Erwägung gezogen, dass der Fall des nicht kompensierbaren Verlusts einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben sein kann, wenn bei einer bestehenden Multiplen Sklerose mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Gehfähigkeit eine weitere Verschlechterung der Mobilität droht (LSG München, Beschluss vom 19. Juni 2013 - L 5 KR 91/13 B ER - juris Rn. 24 f.). Dabei handelt es sich aber um die nur vorläufige Bewertung im Rahmen einer Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren; zudem ist diese Entscheidung, soweit ersichtlich, singulär geblieben. Das Bundessozialgericht hat demgegenüber angenommen, dass die qualifizierten Erfordernisse einer lebensbedrohlichen oder vergleichbar gravierenden Krankheit im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 bei einer bestehenden Multiplen Sklerose mit sekundär-chronischer Verlaufsform trotz der unbestreitbaren Schwere dieser Erkrankung nicht vorliegen (BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 17/06 R - juris Rn. 18 ff.; vergleichbar Urteil vom 8. November 2011 - B 1 KR 19/10 R - BSGE 109, 211 Rn. 23; LSG Stuttgart, Beschluss vom 10. November 2014 - L 11 KR 3826/14 ER-B - juris Rn. 25). Auch das Bundesministerium für Gesundheit geht in seinem Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften" vom 7. Januar 2016 (veröffentlicht unter http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/c/cannabis/cannabis-als-medizin.html) davon aus, dass Versicherte nach der geltenden Rechtslage keinen Anspruch auf Versorgung mit Medizinalhanf haben und mit der vorgesehenen Neuregelung in eng begrenzten Ausnahmefällen die Möglichkeit der Kostenübernahme in der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen werden soll (vgl. S. 1 und S. 19).

23

Schließlich besteht auch kein Leistungsanspruch gegenüber anderen Sozialleistungsträgern. Der Verweis der Beklagten auf das Zweite und das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuchs geht fehl. Die Regelungen über Hilfen bei Krankheit nach § 48 i.V.m. § 52 SGB XII und über ernährungsbedingte Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 5 SGB II oder § 30 Abs. 5 SGB XII sind hier nicht einschlägig.

24

Vor diesem Hintergrund ist es nicht zumutbar, den Kläger auf eine Rechtsverfolgung vor den Sozialgerichten zu verweisen. Das gilt besonders mit Blick auf die außergewöhnlich lange Dauer des Erlaubnisverfahrens von mehr als 15 Jahren. Der Kläger hat den Erlaubnisantrag im Mai 2000 gestellt. Bereits im Februar 2000 hatte er parallel dazu vor dem Sozialgericht Klage auf Versorgung mit Dronabinol erhoben, die in allen Instanzen ohne Erfolg blieb. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren gegen den (ersten) Versagungsbescheid der Beklagten vom 31. Juli 2000 fand Mitte 2006 vor dem Oberverwaltungsgericht seinen Abschluss, nachdem die Beklagte den Bescheid mit Blick auf das Senatsurteil vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - (BVerwGE 123, 352) aufgehoben hatte. Seit Juni 2009 ist das Verfahren gegen den hier angefochtenen (zweiten) Versagungsbescheid vom 6. Dezember 2007 anhängig.

25

(3) Danach bleiben auch die Verfahrensrügen der Beklagten ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil beruht nicht auf einem Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) oder den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Oberverwaltungsgericht musste sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aufdrängen, eine erneute Stellungnahme der Krankenkasse zur Frage der Kostenübernahme einzuholen. Denn die AOK Baden-Württemberg hat unter Bezugnahme auf das negative Votum des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung aus dem April 2013 die Ablehnung der Kostenerstattung für Medizinalhanf auch damit begründet, dass eine Leistungspflicht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 2 Abs. 1a SGB V ausscheide.

26

2. Der Erlaubniserteilung stehen keine zwingenden Versagungsgründe nach § 5 Abs. 1 BtMG entgegen.

27

a) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der vorgesehene Verantwortliche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann. Es ist unschädlich, dass der Kläger die Voraussetzung eines abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulstudiums im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht erfüllt und deshalb die Möglichkeit ausscheidet, als Antragsteller selbst die Stelle des Verantwortlichen zu übernehmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 BtMG). Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Sachkenntnis könne auch dadurch nachgewiesen werden, dass ein den Kläger betreuender Arzt die Stelle des Verantwortlichen einnimmt, ist nicht zu beanstanden. § 6 Abs. 2 BtMG sieht vor, dass im Einzelfall von den in Absatz 1 genannten Anforderungen an die Sachkenntnis abgewichen werden kann, wenn die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet sind. Dies erlaubt, die Sachkundeanforderungen an den konkret beantragten Betäubungsmittelverkehr anzupassen, wenn und soweit dies im Interesse der notwendigen medizinischen Versorgung geboten und mit den Belangen der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs vereinbar ist. Das ist hier zu bejahen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen kann die erforderliche sachkundige Begleitung und Betreuung des Klägers durch dessen Hausarzt sichergestellt werden, der sich bereit erklärt hat, die mit der Benennung als Verantwortlicher verbundenen Verpflichtungen zu übernehmen. Zudem verfügt der Kläger aufgrund des jahrelangen Eigenanbaus selbst über eine weitreichende Sachkenntnis hinsichtlich der von ihm verwendeten Cannabissorte und insbesondere über umfassende praktische Erfahrungen in Bezug auf Wirksamkeit und Dosierung.

28

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Verantwortliche nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BtMG in der Lage sein muss, die ihm obliegenden Verpflichtungen ständig zu erfüllen. Er ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMG verantwortlich dafür, dass der beantragte Betäubungsmittelverkehr unter Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden stattfindet. "Ständig" im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BtMG meint eine kontinuierliche Wahrnehmung dieser Verantwortung, die eine sichere Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet. Die nähere Ausgestaltung, der den Verantwortlichen hierbei treffenden Verpflichtungen, insbesondere Häufigkeit und Umfang der Kontrollen, hängt von der Art des beantragten Verkehrs ab. Im Fall der Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken wird der zum Verantwortlichen bestellte Arzt seiner Kontrollfunktion gerecht, wenn er den Antragsteller kontinuierlich betreut und mit der im Einzelfall gebotenen Häufigkeit und Intensität überprüft, ob dieser seinen Pflichten im Umgang mit dem Betäubungsmittel ordnungsgemäß nachkommt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass der Hausarzt des Klägers hierzu nicht bereit oder imstande wäre.

29

Auch sonst bestehen im Hinblick auf die nach § 6 Abs. 2 BtMG zu gewährleistende Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs keine Bedenken, da die Versagungsgründe des § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 BtMG - wie nachfolgend dargelegt - gleichfalls nicht gegeben sind.

30

b) Ohne, dass der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BtMG ausdrücklich angesprochen wird, beruht das angegriffene Urteil erkennbar auf der Annahme, dass keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers ergeben. Zuverlässig im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 BtMG ist, wer die Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten bei der Durchführung des beantragten Betäubungsmittelverkehrs jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, es gebe weder Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das von ihm angebaute Cannabis missbräuchlich anwende, noch dass er es dem illegalen Betäubungsmittelverkehr zuführen könnte (UA S. 36). Zu einer weitergehenden Erörterung bestand keine Veranlassung, nachdem die angefochtenen Bescheide nicht auf diesen Versagungsgrund gestützt sind und die Beklagte auch im gerichtlichen Verfahren keine Tatsachen vorgetragen hat, die Zweifel an der betäubungsmittelrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers begründen würden.

31

Solche Zweifel ergeben sich auch nicht, soweit das Oberverwaltungsgericht bei seinen Ausführungen zu § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG in den Blick genommen hat, dass bei dem schwer kranken Kläger inzwischen eine Betäubungsmittelabhängigkeit entstanden sei. Zwar bezweckt das Betäubungsmittelgesetz nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG, das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen. Die Formulierung "soweit wie möglich" lässt aber erkennen, dass das Bestehen einer Abhängigkeit nicht stets die Erlaubniserteilung hindert. Kommt im Einzelfall dem öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung ein überragendes Gewicht zu, ist die Gefahr einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen in Kauf zu nehmen. So liegt es hier. Dabei kann für das Revisionsverfahren unterstellt werden, dass bei dem Kläger, wie von der Vorinstanz angenommen, eine Abhängigkeit besteht und nicht, wie er mit seiner Gegenrüge geltend macht, lediglich eine Cannabistoleranz. Weil die Therapie mit Cannabis für den schwer kranken Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts alternativlos ist, überwiegt das Behandlungsinteresse auch im Fall einer Abhängigkeit. Der Kläger ist langjähriger Cannabiskonsument und nimmt den Stoff in einer nicht unerheblichen täglichen Dosis zu sich (derzeit ca. 100 g monatlich). Die ärztlich begleitete Behandlung ist darauf ausgerichtet, eine Überdosierung zu vermeiden und die Cannabiszufuhr auf das notwendige Maß zu beschränken. Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung durch den Kläger sind nicht ersichtlich. Damit stellt sich eine bestehende Betäubungsmittelabhängigkeit als unerwünschte, im Interesse des Therapieerfolgs jedoch unvermeidbare Nebenwirkung dar. Das allein genügt daher nicht, um die Zuverlässigkeit des Klägers in Frage zu stellen. Sonstige Tatsachen, die besorgen ließen, dass er die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften nicht einhalten wird, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.

32

Danach lässt sich die streitige Erlaubnis auch nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG mit der Begründung versagen, die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs seien mit dem Gesetzeszweck unvereinbar.

33

c) Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 4 BtMG steht der Erlaubniserteilung ebenfalls nicht entgegen; danach ist die Erlaubnis zu versagen, wenn geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr nicht vorhanden sind. Nach § 15 Satz 1 BtMG sind Betäubungsmittel gesondert aufzubewahren und gegen unbefugte Entnahme zu sichern. Die von dem Kläger vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen genügen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts diesen Anforderungen. Danach verfügt seine Wohnung über eine dreifach verriegelte Eingangstür sowie sicherheitsverglaste, sechsfach verriegelte und mit einem Aufhebelschutz versehene Fenster. Die geplante Anbringung eines Gitters vor dem Badezimmerfenster sorgt für den erforderlichen Schutz bei Kippstellung des Fensters. Die Cannabisernte wird in einem Tresor gelagert, die Mutterpflanze und die Nachzucht von Stecklingen werden in einem Schrank aufbewahrt. Im Hinblick auf die in der Dusche im Badezimmer untergebrachten Pflanzen in der Blühphase hat der Kläger angeboten, ein Fingerprintschloss anzubringen, mit dem er den Zugang des Raumes unter Kontrolle hätte. Für den seltenen Fall seiner Abwesenheit will er ebenfalls vorsorgen. Er beabsichtigt die Installation einer Überwachungskamera mit programmiertem Bewegungsmelder und automatischer Benachrichtigung über ein mobiles Telefon. Erforderlichenfalls kann die Beklagte im Wege einer Anordnung nach § 9 Abs. 2, § 15 Satz 2 BtMG für die Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen sorgen.

34

d) Die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs ist auch nicht aus anderen als den in Nummer 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 BtMG). Zwar bietet der Eigenanbau von Cannabis keine vergleichbare Therapiesicherheit wie der aus der Apotheke erworbene Medizinalhanf, der hinsichtlich Herstellung und Qualität pharmazeutischen Standards entspricht. Die erforderliche Verkehrssicherheit kann hier aber ausnahmsweise als gewährleistet angesehen werden, weil der Kläger aufgrund seiner langjährigen Anbaupraxis über weitreichende Kenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich Wirksamkeit und Dosierung der von ihm angebauten Cannabissorte verfügt. Zudem bieten die Vermehrungsmethode - Nachzucht der Stecklinge von einer Mutterpflanze - und die Einhaltung gleicher Anbaubedingungen eine relative Gewähr für einen konstanten THC-Gehalt seiner Cannabispflanzen. Die Gefahr einer Fehldosierung erweist sich daher als beherrschbar. Hinzu kommt, dass der Eigenanbau und die Anwendung von Cannabis unter ärztlicher Betreuung und Begleitung erfolgen.

35

3. Nach § 5 Abs. 2 BtMG kann die Erlaubnis unter anderem versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht. Das führt hier ebenfalls nicht zur Erlaubnisversagung.

36

Das Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111), dem mit Zustimmungsgesetzen vom 4. September 1973 (BGBl. II S. 1353) und vom 18. Dezember 1974 (BGBl. 1975 II S. 2) innerstaatliche Geltung verliehen worden ist, steht einer Entscheidung zugunsten des Klägers nicht entgegen. Ob sich das, wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, schon aus einer fehlenden Anwendbarkeit der Regelungen über die Einrichtung einer staatlichen Cannabisstelle ergibt, ist allerdings fraglich. Der Internationale Suchtstoff-Kontrollrat (International Narcotics Control Board - INCB) weist in seinem Schreiben an das BfArM vom 30. Juli 2010 ausdrücklich darauf hin, dass die nach Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 ÜK 1961 bestehende Pflicht zur Einrichtung einer staatlichen Kontrollstelle auch im Fall des Eigenanbaus von Cannabis zu therapeutischen Zwecken gilt. Der Internationale Suchtstoff-Kontrollrat ist dafür zuständig, die Durchführung des Einheits-Übereinkommens sicherzustellen (vgl. Art. 5, 9, 14 ÜK 1961). Seiner Auslegung des Übereinkommens kommt daher Gewicht zu. Die Anwendbarkeit der Art. 23, 28 ÜK 1961 bedarf hier aber keiner abschließenden Klärung. Die Erlaubnis kann auch dann nicht mit der Begründung versagt werden, sie stehe der Durchführung des Internationalen Suchtstoffübereinkommens entgegen, wenn das Übereinkommen die Einrichtung einer Cannabis-Agentur verlangen sollte. § 5 Abs. 2 BtMG stellt die Versagung der Erlaubnis in das Ermessen der Behörde. Das Einheits-Übereinkommen will den therapeutischen Einsatz von Suchtstoffen nicht verhindern (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - BVerwGE 123, 352 <361 f.>). Nach der Präambel ist die medizinische Verwendung von Suchtstoffen zur Linderung von Schmerzen und Leiden unerlässlich und muss hinreichend Vorsorge getroffen werden, damit Suchtstoffe für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Im Lichte dessen muss die nach § 5 Abs. 2 BtMG zu treffende Ermessensentscheidung zugunsten des Klägers ausfallen. Sein Interesse an der notwendigen medizinischen Versorgung mit Cannabis, die für ihn derzeit nur über den Eigenanbau verfügbar ist, überwiegt die Bedenken, die sich aus dem Fehlen einer Cannabis-Agentur ergeben könnten. Die Beklagte kann sich auf diesen Umstand nicht berufen. Denn es liegt in ihrem Verantwortungsbereich, wenn sie den im Einheits-Übereinkommen vorgesehenen Weg eines staatlich kontrollierten Cannabisanbaus zu therapeutischen Zwecken nicht beschreitet.

37

4. Das Fehlen zwingender Versagungsgründe führt unter den hier gegebenen Umständen dazu, dass die beantragte Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis ausnahmsweise zu erteilen ist. Die Ausübung des Ermessens nach § 3 Abs. 2 BtMG ist wegen des von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geforderten Schutzes der körperlichen Unversehrtheit rechtlich zwingend zugunsten der Erlaubniserteilung vorgezeichnet (Ermessensreduzierung auf Null, vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Oktober 1988 - 1 B 114.88 - Buchholz 316 § 40 VwVfG Nr. 8). Der schwer kranke Kläger ist auf die Therapie mit Cannabis zur Linderung seiner Beschwerden angewiesen. Die Behandlung kann er gegenwärtig nur durch den Eigenanbau sicherstellen. Es liegt weder in seiner Hand, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Kostenübernahme für Medizinalhanf in der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen werden, noch kann er die Einrichtung einer Cannabis-Agentur beeinflussen. Es wäre daher unverhältnismäßig, dem Kläger die Möglichkeit der Selbsthilfe durch Eigenanbau auch dann zu verwehren, wenn - wie gezeigt - die erforderliche Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet sind (ebenso VG Köln, Urteil vom 8. Juli 2014 - 7 K 5217/12 - juris Rn. 128,155).

38

Unberührt bleibt die Befugnis der Beklagten, die Erlaubnis gemäß § 9 Abs. 2 BtMG mit Nebenbestimmungen zu versehen, sofern sich daraus kein Widerspruch zu diesem Urteil ergibt.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Tenor

Der Bescheid vom 28.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für die monatliche Versorgung des Klägers mit 56 g Cannabisblüten entsprechend der ärztlichen Verordnung des behandelnden Arztes aus vom 05.09.2013 zu tragen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.


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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(7) Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Behörde kann die Verlängerung der Frist nach § 32 mit einer Nebenbestimmung verbinden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften

1.
von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss,
2.
nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.


1 2

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


1 2 3

Tenor

1. Der Bescheid vom 3.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.9.2013 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger als Sachleistung zur Behandlung seines Schlafapnoesyndroms eine ambulante Radiofrequenztherapie sowie eine Laseroperation und eine Bissschiene zur Verfügung zu stellen hat.

3. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch V (SGB V) um die Durchführung einer ambulanten Radiofrequenztherapie und einer Laseroperation sowie um die Bereitstellung einer Bissschiene.
Der am 10.3.1968 geborene – somit 46jährige – Kläger, der bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, leidet an einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom.
Unter Vorlage eines hals-nasen-ohren-ärztlichen Attests vom 2.4.2013 (Dr. Erhardt, Mannheim) beantragte er wegen einer CPAP-Incompliance die Durchführung einer Radio-frequenztherapie des Zungengrundes und die Durchführung einer lasergesteuerten Uvulo-Palatopharyngoplastik, gegebenenfalls in Kombination mit einer progenierenden thermolabilen Bissschiene.
Hierzu führte der MDK am 22.5.2013 aus, die genannten therapeutischen Maßnahmen gehörten zu den neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechneten. Der vertragsärztliche Therapiestandard bei dem Krankheitsbild des Klägers sei die nasale Beatmungstherapie mit einem CPAP-Gerät (Empfehlungsgrad A), gegebenenfalls eine Unterkieferprotrusionsschiene (Empfehlungsgrad B). Auch wenn der Kläger dies ablehne, seien die zur Verfügung stehenden anerkannten Therapiemethoden somit „nicht ausgeschöpft“. Eine Ausnahmeindikation nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) liege nicht vor, denn es handele sich nicht um eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung.
Am 3.6.2013 teilte die Beklagte dem Kläger telefonisch mit, dass seinem Antrag nicht entsprochen werden könne. Dies bestätigte die Beklagte dem Kläger am 11.6.2013 nochmals schriftlich.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 5.6.2013 Widerspruch: Er habe große Probleme mit dem Atemgerät. Es sei allgemein bekannt, dass die CPAP-Therapie für Patienten mit schwergradigem Schlafapnoesyndrom die einzige erfolgversprechende Lösung sei. Bei ihm verlaufe die Erkrankung jedoch nur „mittelmäßig“, so dass nach Auskunft seiner Ärzte die „Radio-frequenztherapie“ eine effektive Alternativlösung darstelle. Daher verstehe er die Ablehnung nicht, denn mit dieser Alternative wäre es für die Krankenkasse „auf lange Sicht ... viel billiger“.
Der Widerspruch ist jedoch erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 4.9.2013): Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse genüge, obliege nicht der einzelnen Krankenkasse, sondern dem Gemeinsamen Bundesausschuss. Solange eine neue Behandlungsmethode vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht befürwortet werde, sei eine Abrechnung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Somit scheide eine Kostenübernahme für die streitige Therapie vorliegend schon aus grundsätzlichen Erwägungen aus. Gleichwohl habe sich die Kasse beratend an den MDK gewandt. Dieser habe nachvollziehbar ausgeführt, dass als vertragsärztliche Alternative die nasale Beatmungstherapie mit einem CPAP-Gerät zur Verfügung stehen. Da das Schlafapnoesyndrom keine schwere, regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung darstelle, scheide auch eine Ausnahmeindikation nach den Vorgaben des BVerfG (vgl. § 2 Abs. 1a SGB V) aus. Daher habe auch der Widerspruchsausschuss keine Möglichkeit, dem Wunsch des Klägers zu entsprechen.
Am 17.9.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben und beruft sich auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren: Im Jahre 2008 sei das Schlafapnoesyndrom festgestellt worden. Diese Diagnose sei im Schlaflabor des Klinikums Mannheim bestätigt worden. Die verordnete Schlafmaske könne er wegen häufiger Erkältungen jedoch nicht benutzen. Deshalb verspreche er sich von der beantragten Therapie eine „Verbesserung bzw. Erleichterung“ seiner Erkrankung.
Sinngemäß gefasst beantragt der Kläger somit,
10 
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.9.2013 zu verurteilen, zur Behandlung seines Schlafapnoesyndroms eine ambulante Radiofrequenztherapie sowie eine Laseroperation durchzuführen und ihm eine Bissschiene zur Verfügung zu stellen bzw. die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen.
11 
Die Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie verweist zunächst auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 7.10.2013 führt die Beklagte sodann zum Ablauf des Verwaltungsverfahrens und zu § 13 Abs. 3a SGB V folgendes aus: Der Antrag auf Übernahme der Kosten für die Radiofrequenztherapie sei bei ihr am 17.4.2013 eingegangen. Da die Einholung einer gutachterlichen Beurteilung erforderlich gewesen sei, habe sie den Kläger hierüber unterrichtet. Das betreffende Gutachten des MDK sei bei der Kasse erst am 24.5.2013 eingegangen. Die mündliche Ablehnung des Antrages sei sodann erst am 3.6.2013 (Montag) erfolgt, denn die zuständige Sachbearbeiterin sei vom 15.5.2013 bis zum 30.5.2013 erkrankt gewesen. Zwar gelte die Leistung nach Ablauf einer Fünfwochenfrist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt sei. Ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe in einer solchen Situation aber nur dann, wenn sich der Versicherte nach Ablauf der Frist die Leistung selbst beschafft habe. Mit anderen Worten: Zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand der nicht fristgerechten Leistungsentscheidung und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) müsse ein Ursachenzusammenhang bestehen. Dies sei nach bisheriger Kenntnis nicht der Fall. Im Übrigen sehe § 13 Abs. 3a SGB V einen Kostenerstattungsanspruch nur für eine „erforderliche“ Leistung vor. Nach den Gesetzesmaterialien sollten die Versicherten durch § 13 Abs. 3a SGB V so gestellt werden, als hätte die Kasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Hierdurch werde lediglich eine Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens, nicht aber eine Ausweitung des Leistungsspektrums bezweckt. Nach Abschluss der gerichtlichen Beweisaufnahme ergänzt die Beklagte ihre Ausführungen zum Schluss wie folgt: Dr. Erhardt habe bei den Diagnosen nicht angegeben, dass eine CPAP- Therapie beim Kläger nicht durchgeführt werden könne. Seine diesbezüglichen Ausführungen zur CPAP-Therapie seien lediglich „allgemeiner Natur“. Im Übrigen ergebe sich aus dem Befundbericht des Universitätsklinikums Mannheim vom 4.1.2013, dass der Kläger bereits seit Januar 2008 eine CPAP-Therapie durchführe und dass das Gerät, mit dem er seit 2009 versorgt sei, 5.412 Betriebsstunden aufweise. Der Kläger habe selbst angegeben, das Gerät „täglich“ zu nutzen, von einer „Incompliance“ sei in dem Bericht „keine Rede“. Vielmehr heiße es dort, dass der Kläger eine „Heilung“ der obstruktiven Schlafapnoe wünsche und dass er Angst habe, „von dem CPAP-Gerät abhängig zu werden“ und deshalb nach Alternativen suche. In dem angeführten Bericht sei auch von der Universitätsklinik Mannheim weiterhin die Nutzung der CPAP-Therapie „als Goldstandard“ empfohlen worden.
14 
Mit Schreiben vom 18.11.2013 berichtet Dr. Erhardt als sachverständiger Zeuge über die regelmäßige hals-nasen-ohren-ärztliche Behandlung des Klägers (erstmals November 2008, zuletzt April 2013): Im Rahmen einer polygraphischen Untersuchung habe sich ein obstruktives Schlafapnoesyndrom gezeigt. Darüber hinaus bestehe eine Septumdeviation mit deutlicher Einschränkung der Nasenatmung. Über die HNO-Klinik Mannheim sei eine CPAP-Therapie eingeleitet worden. Darüber hinaus sei im Juli 2011 eine submuskulöse Septumresektionsplastik durchgeführt worden. Dr. Erhardt merkt an, eine „CPAP-Unverträglichkeit“ sei „nichts Ungewöhnliches. Zirka 40% aller Schlafapnoe-Patienten“ litten „unter einer sogenannten CPAP-Incompliance“, seien also „nicht in der Lage, das Gerät zu verwenden“. Auch wenn die „CPAP-Therapie ... zweifelsohne als Goldstandardtherapie der obstruktiven Schlafapnoe“ angesehen werde, könne es doch ohne weiteres nachvollzogen werden, „dass das ‚Aufschnallen einer Maske‘ über das Gesicht in der Nacht nicht von allen Patient toleriert“ werde. „Das Wesen der obstruktiven Schlafapnoe“ liege darin, dass „mit zunehmender Schlaftiefe“ nicht mehr genügend sauerstoffreiche Luft eingeatmet werden und nicht mehr in ausreichendem Maße verbrauchte CO2-haltige Atemluft ausgeatmet werden könne. Durch die Überdruckbeatmung mit einem CPAP-Gerät werde dieser Effekt verhindert. Die gesundheitlichen Nachteile bzw. Risiken des Schlafapnoesyndroms bestünden in der „nächtlichen Hypoxie“, also in einem Sauerstoffabfall. Langfristig ergäben sich hieraus schwerwiegende internistische Erkrankungen wie Bluthochdruck oder ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Hirnschlag etc. Sämtliche Alternativtherapien versuchten, durch eine Umstellung der Anatomie den dargestellten Effekt zu verhindern. Insbesondere bei Patienten mit CPAP-Incomliance sei es aufgrund der geschilderten Risiken geboten, solche Alternativen in Erwägungen zu ziehen. Für den Kläger komme mithin eine Radiofrequenztherapie des Zungengrundes und des Weichgaumens zur schonenden Gewebesreduktion in Kombination mit einer laserassistierten Uvulopalatoplastik zur Straffung des Weichgaumensegels in Betracht. Falls dies nicht ausreichen sollte, könnte ergänzend noch eine progenierende Unterkieferprotrusionsschiene zum Einsatz kommen. Hierdurch würden Kosten von etwa 1.300 EUR entstehen.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte der Beklagten (ein Band) und auf die Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
16 
Obwohl die streitgegenständlichen Leistungen bei materieller Betrachtung nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen (II.), hat der Kläger nach § 13 Abs. 3a SGB V einen Anspruch auf Durchführung derselben (III.), so dass die Klage als allgemeine Feststellungsklage zulässig (IV.) und begründet ist (V.).
II.
17 
Im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Leistungskataloges (vergleiche hierzu § 27 SGB V) dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss - GBA (vgl. hierzu § 91 SGB V) hierzu zuvor in den entsprechenden Richtlinien eine positive Empfehlung abgegeben hat (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Hierdurch wird in formalisierter Weise dem Grundsatz Rechnung getragen, dass die krankenversicherungsrechtlichen Leistungen in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Darüber hinaus wird hierdurch auch sichergestellt, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) gewahrt wird. Dies hat letztlich zur Konsequenz, dass sich das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der Schulmedizin bewegt und nur solche Leistungen erfasst, die in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen worden sind. Alle sonstigen Leistungen sind im Rahmen der ambulanten Behandlung von vorneherein aus dem Leistungskatalog ausgenommen. Die hierin liegende Beschränkung der kassenärztlichen Leistungen ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) – von besonderen Ausnahmen abgesehen (hierzu später) – ausdrücklich gebilligt worden (BVerfG, Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98).
18 
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben ergibt sich, dass die vom Kläger angestrebte Therapie (ambulante Radiofrequenztherapie, lasergesteuerte Uvulo-Palatopharyngoplastik, gegebenenfalls zusätzlich noch eine progenierende thermolabile Bissschiene) als neue Behandlungsmethode zu qualifizieren ist. Denn diese Therapie hat bislang keinen Eingang in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab gefunden. Da eine positive Empfehlung des GBA nicht vorliegt, kann der Kläger somit die Durchführung dieser Therapie im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung nicht beanspruchen. Vielmehr muss er sich auf den kassenärztlichen „Goldstandard“ der Schlafapnoe-Behandlung, nämlich auf die nächtliche Beatmungstherapie mit einem CPAP-Gerät, verweisen lassen.
19 
Eine Ausnahmeindikation nach den Vorgaben des BVerfG liegt nicht vor. Das BVerfG hat nämlich in seiner zitierten Entscheidung vom 6.12.2005 eine den schulmedizinischen Leistungskatalog überschreitende Therapie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur zugelassen, wenn es um die Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, für die eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht (mehr) zur Verfügung steht und wenn die nicht ganz entfernt liegende Aussicht gerechtfertigt ist, dass es durch die Außenseitermethode zu einer Heilung oder wenigstens zu einer spürbaren positiven Einwirkung auf den Gesundheitszustand kommen kann (vgl. hierzu jetzt auch § 2 Abs.1a SGB V). Insoweit teilt das Gericht jedoch die Einschätzung der Beklagten, dass das Krankheitsbild des Klägers (Schlafapnoesyndrom) trotz der weitreichenden langfristigen gesundheitlichen Risiken nicht als lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufend qualifiziert werden kann.
III.
20 
Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen kann sich der Kläger jedoch auf § 13 Abs. 3a SGB V berufen. Diese Vorschrift beruht auf dem Patientenrechtsgesetz vom 20.2.2013 und ist zum 26.2.2013 in Kraft getreten. Sie zielt darauf ab, die Entscheidungsprozesse der Krankenkassen im Interesse der Patienten zu beschleunigen. Deshalb werden der Krankenkasse durch diese Vorschrift im Verwaltungsverfahren bestimmte Fristen auferlegt, die verhindern sollen, dass Versicherte unzumutbar lange auf eine Entscheidung warten müssen (Beck-Online-Kommentar SGB V, § 13 Rdnr. 21a). Der spezifische Schutzzweck dieser Norm liegt also darin, Antragsteller bzw. Versicherte in dem grundrechtsrelevanten Bereich des Gesundheitsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG) vor den Folgen eines unangemessen langen Verwaltungsverfahrens zu schützen (Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, Ergänzungslieferung 3/2014, § 13 Rdnr. 58l). Insoweit wohnt der Vorschrift gegenüber der zu langsam arbeitenden Krankenkasse auch eine gewisse Sanktionswirkung inne (Prof. Ulrich Wenner, Patientenrechte im Krankenversicherungsrecht, SGb, 2013, Seiten 162 ff.). Zusammenfassend sollen durch die neu eingeführte Vorschrift somit aufgrund des „Schutzguts der Gesundheit“ zu lange Verwaltungsverfahren vermieden werden. Als angemessene Grenze definiert der Gesetzgeber pauschal eine Dauer von bis zu fünf Wochen und nimmt nach Ablauf dieser Frist in Kauf, dass „zur Vermeidung bleibender Gesundheitsschäden“ durch verzögerte Sachbearbeitung seitens der Krankenkasse im Zweifel „lieber eine unwirtschaftliche Methode“ bezahlt bzw. durchgeführt werden soll (so ausdrücklich Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V - Ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, NZS, 2014, Seiten 210f.).
21 
Im einzelnen:
22 
Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (§ 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V).
23 
Diese Frist ist vorliegend zweifelsohne nicht eingehalten worden, denn der dem Klageverfahren zugrunde liegende Antrag ist bei der Beklagten (spätestens) am 17.4.2013 eingegangen. Somit ist die hier maßgebliche fünfwöchige Entscheidungsfrist (spätestens) am 22.5.2013 (Mittwoch) abgelaufen (zur Fristberechnung vgl. § 26 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch X - SGB X). Tatsächlich hat die Beklagte ihre Entscheidung jedoch erst nach Ablauf dieser Frist getroffen und den Kläger erst am 3.6.2013 (telefonisch) bzw. am 11.6.2013 (schriftlich) mitgeteilt.
24 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Fristüberschreitung auf einer Erkrankung der zuständigen Sachbearbeiterin beruht, denn die Beklagte hat den Kläger nicht über die krankheitsbedingte Verzögerung der Angelegenheit informiert (vgl. hierzu § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V).
25 
Folglich kommt vorliegend § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zum Tragen. Diese Vorschrift lautet:
26 
Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
27 
Nach Auffassung des Sozialgerichts bieten weder der Wortlaut, noch der Sinn und Zweck der zitierten Gesetzesvorschriften eine Grundlage für eine einschränkende Auslegung. Daher scheidet es aus, die Wirkung der fiktiven Genehmigung nur auf solche Leistungen zu erstrecken, die die Krankenkasse bei materieller Betrachtung als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (so aber wohl SG Dortmund, Beschluss vom 31.1.2014 S 28 KR 1/14 ER). Denn das Patientenrechtsgesetz zielt wie eingangs erläutert gerade darauf ab, die Rechte der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse zu stärken und die Entscheidungsprozesse zur Gewährleistung eines umfassenden Gesundheitsschutzes zu beschleunigen. Nach Fristablauf soll zugunsten der Versicherten Klarheit darüber herrschen, welche Leistung von der Krankenkasse zu erbringen ist. Dieses Ziel wird ausgehend von dem klaren Wortlaut des Gesetzes dadurch erreicht, dass im Sinne einer „selbstvollziehenden Automatik“ die beantragte Leistung ohne weitere Handlungen des Versicherten (wie bspw. Setzung einer Nachfrist oder ähnliches mehr) als genehmigt gilt. Diese fingierte Genehmigung hat alle Rechtswirkungen eines tatsächlich erteilten und bekanntgegebenen Verwaltungsakts. Sie begründet somit nicht nur eine verfahrensrechtliche Position, die der Krankenkasse den Einwand abschneidet, der Versicherte habe die vorherige Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet, so dass die für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V notwendige Kausalität zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Versicherten fehle (vgl. zu diesem Erfordernis bspw. BSG, Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R). Vielmehr folgt aus ihr für den Antragsteller auch eine auf die beantragte Leistung bezogene materiell-rechtliche Position (Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, Ergänzungslieferung 3/2014, § 13 Rdnr. 58l). Zur Verwirklichung der oben dargestellten Zielsetzung wird somit nach Ablauf der dargestellten Frist rechtswirksam unterstellt, dass der Antragsteller die beantragte Leistung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung beanspruchen kann. Dies bedeutet, dass die Krankenkasse mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die im Genehmigungsverfahren zur Ablehnung des Antrags hätten führen können. Die Krankenkasse kann sich von den Rechtsfolgen der fingierten Genehmigung allenfalls über den Weg einer Rücknahme bzw. Aufhebung des Verwaltungsakts (§§ 44 ff. SGB X) lösen (dies ist umstritten, vgl. einerseits Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, Ergänzungslieferung 3/2014, § 13 Rdnr. 58l, andererseits SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13). Hierauf kommt es vorliegend letztlich aber nicht an, denn der angefochtene Bescheid kann nicht in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X umgedeutet werden (zur Umdeutung vergleiche § 43 SGB X). Denn einerseits fehlt insoweit das notwendige Rücknahmeermessen, darüber hinaus hat die Beklagte auch von der für eine Rücknahme zwingend erforderlichen vorherigen Anhörung des Klägers abgesehen (§ 24 SGB X). Mittlerweile dürfte auch die einjährige Rücknahmefrist nicht mehr offen sein (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).
28 
Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund fiktiver Genehmigung einen Rechtsanspruch darauf hat, dass die Beklagte ihm die beantragten Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung erbringt.
29 
Hieran ändern auch die Einwände der Beklagten nichts. Denn die sprachliche Gestaltung von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V steht der oben dargestellten Gesetzesauslegung nicht entgegen. Die zuletzt zitierte Vorschrift lautet:
30 
Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
31 
Die Verwendung der Begriffe des „Leistungsberechtigten“ und der „erforderlichen“ Leistung erlaubt es nach Auffassung des Gerichts nicht, den Kostenerstattungsanspruch (und die Wirkungen der vorgeschalteten Genehmigungsfiktion) an die materielle Leistungsberechtigung des Antragstellers zu knüpfen bzw. nur auf solche Leistungen zu beschränken, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen (so auch Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V - Ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, NZS, 2014, Seiten 210f.). Denn ein solches Vorgehen würde zwangsläufig dazu führen, dass § 13 Abs. 3a SGB V entgegen der besonderen Zielsetzung des Patientenrechtsgesetzes weitgehend „leerlaufen“ würde. Allenfalls erscheint es aufgrund der angeführten Begriffe denkbar, die Anwendung von § 13 Abs. 3a SGB V in „Evidenz-Fällen“ auszuschließen. Hieran mag zu denken sein, wenn eine Leistungsberechtigung gegenüber der betreffenden Krankenkasse offenkundig nicht in Betracht kommen kann (beispielsweise Antragstellung durch eine Person, die gar nicht Mitglied der betreffenden Krankenkasse ist). Gleiches kann gelten, wenn die beantragte Leistung offenkundig im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsspektrums nicht erforderlich sein kann (bspw. Antrag auf Durchführung eines Erholungsurlaubs auf Mallorca oder Antrag auf Versorgung mit Heroin oder anderen illegalen Drogen). Ein solcher „Evidenz-Fall“ ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
32 
Unerheblich ist vorliegend ferner, dass der Eintritt der fingierten Genehmigung auf reine Maßnahmen der Krankenbehandlung beschränkt ist und bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die besonderen (im vorliegenden Zusammenhang weniger weitgehenden) Vorschriften der §§ 14 und 15 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) vorgehen (§ 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V - vgl. hierzu SG Stralsund, Gerichtsbescheid vom 7.4.2014 - S 3 KR 112/13). Nach Auffassung des Gerichts sind die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Leistungen nämlich vorrangig der ärztlichen Krankenbehandlung (Durchführung einer ambulanten Laseroperation) bzw. der Heilmittel- und Hilfsmittelversorgung (ambulante Radiofrequenztherapie bzw. Bissschiene) nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V zuzuordnen. Denn die angeführten Maßnahmen zielen in erster Linie auf eine kausale Beseitigung bzw. Linderung der auf dem Schlafapnoesyndrom beruhenden Krankheitserscheinungen ab. Somit tritt der Umstand, dass zumindest das nächtlich überdruckbeatmungspflichtige Schlafapnoesyndrom auch eine Behinderung darstellt (vgl. § 2 SGB IX in Verbindung mit Abschnitt B.8.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze), in den Hintergrund. Denn eine in besonderer Weise auf die Teilhabeziele ausgerichtete finale Zwecksetzung der angeführten therapeutischen Maßnahmen ist nicht ersichtlich (zur Abgrenzung zwischen der Krankenbehandlung nach § 27 SGB V und der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX, vgl. juris-PK, § 26 SGB IX Rdnrn. 19 ff.). Darüber hinaus ist es nach Auffassung des Gerichts im Sinne einer „Meistbegünstigung“ der Versicherten (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – SGB I) geboten, bei therapeutischen Maßnahmen, die sowohl Bezüge zu einer Krankenbehandlung als auch Bezüge zu einer medizinischen Rehabilitation aufweisen, jeweils diejenigen bereichsspezifischen Sondervorschriften anzuwenden, die den Gesundheitsschutz der Versicherten umfassender bzw. besser sicherstellen können. Anderenfalls würde nämlich das der jeweiligen gesetzlichen Privilegierung zugrunde liegende Ziel einer Besserstellung verfehlt.
IV.
33 
In prozessualer Hinsicht folgt aus dem Vorstehenden folgendes:
34 
Bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) beinhaltet die Klage vom 17.9.2013 in Bezug auf den Bescheid vom 3.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.9.2013 eine reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Denn mit dem genannten Bescheid setzt sich die Beklagte über die fingierte Genehmigung der angeführten medizinischen Leistungen hinweg. Dies verletzt den Kläger in seinen Rechten.
35 
Soweit der Kläger mit seiner Klage auch die tatsächliche Durchführung der angesprochenen Leistungen durchsetzen möchte, scheidet ein (kombinierter) Leistungsantrag nach § 54 Abs. 4 oder Abs. 5 SGG aus, denn es liegt bereits eine – wenn auch nur fingierte – Genehmigung vor. Somit legt das Gericht den Klageantrag des Klägers als Feststellungsantrag nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG aus (so auch Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V - Ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, NZS, 2014, Seiten 210f.).
V.
36 
Daher ist die Klage erfolgreich. Dies berücksichtigt die auf § 193 SGG beruhende Kostenentscheidung.

Gründe

 
I.
16 
Obwohl die streitgegenständlichen Leistungen bei materieller Betrachtung nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen (II.), hat der Kläger nach § 13 Abs. 3a SGB V einen Anspruch auf Durchführung derselben (III.), so dass die Klage als allgemeine Feststellungsklage zulässig (IV.) und begründet ist (V.).
II.
17 
Im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Leistungskataloges (vergleiche hierzu § 27 SGB V) dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss - GBA (vgl. hierzu § 91 SGB V) hierzu zuvor in den entsprechenden Richtlinien eine positive Empfehlung abgegeben hat (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Hierdurch wird in formalisierter Weise dem Grundsatz Rechnung getragen, dass die krankenversicherungsrechtlichen Leistungen in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Darüber hinaus wird hierdurch auch sichergestellt, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) gewahrt wird. Dies hat letztlich zur Konsequenz, dass sich das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der Schulmedizin bewegt und nur solche Leistungen erfasst, die in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen worden sind. Alle sonstigen Leistungen sind im Rahmen der ambulanten Behandlung von vorneherein aus dem Leistungskatalog ausgenommen. Die hierin liegende Beschränkung der kassenärztlichen Leistungen ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) – von besonderen Ausnahmen abgesehen (hierzu später) – ausdrücklich gebilligt worden (BVerfG, Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98).
18 
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben ergibt sich, dass die vom Kläger angestrebte Therapie (ambulante Radiofrequenztherapie, lasergesteuerte Uvulo-Palatopharyngoplastik, gegebenenfalls zusätzlich noch eine progenierende thermolabile Bissschiene) als neue Behandlungsmethode zu qualifizieren ist. Denn diese Therapie hat bislang keinen Eingang in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab gefunden. Da eine positive Empfehlung des GBA nicht vorliegt, kann der Kläger somit die Durchführung dieser Therapie im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung nicht beanspruchen. Vielmehr muss er sich auf den kassenärztlichen „Goldstandard“ der Schlafapnoe-Behandlung, nämlich auf die nächtliche Beatmungstherapie mit einem CPAP-Gerät, verweisen lassen.
19 
Eine Ausnahmeindikation nach den Vorgaben des BVerfG liegt nicht vor. Das BVerfG hat nämlich in seiner zitierten Entscheidung vom 6.12.2005 eine den schulmedizinischen Leistungskatalog überschreitende Therapie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur zugelassen, wenn es um die Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, für die eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht (mehr) zur Verfügung steht und wenn die nicht ganz entfernt liegende Aussicht gerechtfertigt ist, dass es durch die Außenseitermethode zu einer Heilung oder wenigstens zu einer spürbaren positiven Einwirkung auf den Gesundheitszustand kommen kann (vgl. hierzu jetzt auch § 2 Abs.1a SGB V). Insoweit teilt das Gericht jedoch die Einschätzung der Beklagten, dass das Krankheitsbild des Klägers (Schlafapnoesyndrom) trotz der weitreichenden langfristigen gesundheitlichen Risiken nicht als lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufend qualifiziert werden kann.
III.
20 
Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen kann sich der Kläger jedoch auf § 13 Abs. 3a SGB V berufen. Diese Vorschrift beruht auf dem Patientenrechtsgesetz vom 20.2.2013 und ist zum 26.2.2013 in Kraft getreten. Sie zielt darauf ab, die Entscheidungsprozesse der Krankenkassen im Interesse der Patienten zu beschleunigen. Deshalb werden der Krankenkasse durch diese Vorschrift im Verwaltungsverfahren bestimmte Fristen auferlegt, die verhindern sollen, dass Versicherte unzumutbar lange auf eine Entscheidung warten müssen (Beck-Online-Kommentar SGB V, § 13 Rdnr. 21a). Der spezifische Schutzzweck dieser Norm liegt also darin, Antragsteller bzw. Versicherte in dem grundrechtsrelevanten Bereich des Gesundheitsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG) vor den Folgen eines unangemessen langen Verwaltungsverfahrens zu schützen (Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, Ergänzungslieferung 3/2014, § 13 Rdnr. 58l). Insoweit wohnt der Vorschrift gegenüber der zu langsam arbeitenden Krankenkasse auch eine gewisse Sanktionswirkung inne (Prof. Ulrich Wenner, Patientenrechte im Krankenversicherungsrecht, SGb, 2013, Seiten 162 ff.). Zusammenfassend sollen durch die neu eingeführte Vorschrift somit aufgrund des „Schutzguts der Gesundheit“ zu lange Verwaltungsverfahren vermieden werden. Als angemessene Grenze definiert der Gesetzgeber pauschal eine Dauer von bis zu fünf Wochen und nimmt nach Ablauf dieser Frist in Kauf, dass „zur Vermeidung bleibender Gesundheitsschäden“ durch verzögerte Sachbearbeitung seitens der Krankenkasse im Zweifel „lieber eine unwirtschaftliche Methode“ bezahlt bzw. durchgeführt werden soll (so ausdrücklich Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V - Ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, NZS, 2014, Seiten 210f.).
21 
Im einzelnen:
22 
Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (§ 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V).
23 
Diese Frist ist vorliegend zweifelsohne nicht eingehalten worden, denn der dem Klageverfahren zugrunde liegende Antrag ist bei der Beklagten (spätestens) am 17.4.2013 eingegangen. Somit ist die hier maßgebliche fünfwöchige Entscheidungsfrist (spätestens) am 22.5.2013 (Mittwoch) abgelaufen (zur Fristberechnung vgl. § 26 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch X - SGB X). Tatsächlich hat die Beklagte ihre Entscheidung jedoch erst nach Ablauf dieser Frist getroffen und den Kläger erst am 3.6.2013 (telefonisch) bzw. am 11.6.2013 (schriftlich) mitgeteilt.
24 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Fristüberschreitung auf einer Erkrankung der zuständigen Sachbearbeiterin beruht, denn die Beklagte hat den Kläger nicht über die krankheitsbedingte Verzögerung der Angelegenheit informiert (vgl. hierzu § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V).
25 
Folglich kommt vorliegend § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zum Tragen. Diese Vorschrift lautet:
26 
Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
27 
Nach Auffassung des Sozialgerichts bieten weder der Wortlaut, noch der Sinn und Zweck der zitierten Gesetzesvorschriften eine Grundlage für eine einschränkende Auslegung. Daher scheidet es aus, die Wirkung der fiktiven Genehmigung nur auf solche Leistungen zu erstrecken, die die Krankenkasse bei materieller Betrachtung als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (so aber wohl SG Dortmund, Beschluss vom 31.1.2014 S 28 KR 1/14 ER). Denn das Patientenrechtsgesetz zielt wie eingangs erläutert gerade darauf ab, die Rechte der Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse zu stärken und die Entscheidungsprozesse zur Gewährleistung eines umfassenden Gesundheitsschutzes zu beschleunigen. Nach Fristablauf soll zugunsten der Versicherten Klarheit darüber herrschen, welche Leistung von der Krankenkasse zu erbringen ist. Dieses Ziel wird ausgehend von dem klaren Wortlaut des Gesetzes dadurch erreicht, dass im Sinne einer „selbstvollziehenden Automatik“ die beantragte Leistung ohne weitere Handlungen des Versicherten (wie bspw. Setzung einer Nachfrist oder ähnliches mehr) als genehmigt gilt. Diese fingierte Genehmigung hat alle Rechtswirkungen eines tatsächlich erteilten und bekanntgegebenen Verwaltungsakts. Sie begründet somit nicht nur eine verfahrensrechtliche Position, die der Krankenkasse den Einwand abschneidet, der Versicherte habe die vorherige Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet, so dass die für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V notwendige Kausalität zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Versicherten fehle (vgl. zu diesem Erfordernis bspw. BSG, Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 44/12 R). Vielmehr folgt aus ihr für den Antragsteller auch eine auf die beantragte Leistung bezogene materiell-rechtliche Position (Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, Ergänzungslieferung 3/2014, § 13 Rdnr. 58l). Zur Verwirklichung der oben dargestellten Zielsetzung wird somit nach Ablauf der dargestellten Frist rechtswirksam unterstellt, dass der Antragsteller die beantragte Leistung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung beanspruchen kann. Dies bedeutet, dass die Krankenkasse mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die im Genehmigungsverfahren zur Ablehnung des Antrags hätten führen können. Die Krankenkasse kann sich von den Rechtsfolgen der fingierten Genehmigung allenfalls über den Weg einer Rücknahme bzw. Aufhebung des Verwaltungsakts (§§ 44 ff. SGB X) lösen (dies ist umstritten, vgl. einerseits Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, Ergänzungslieferung 3/2014, § 13 Rdnr. 58l, andererseits SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13). Hierauf kommt es vorliegend letztlich aber nicht an, denn der angefochtene Bescheid kann nicht in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X umgedeutet werden (zur Umdeutung vergleiche § 43 SGB X). Denn einerseits fehlt insoweit das notwendige Rücknahmeermessen, darüber hinaus hat die Beklagte auch von der für eine Rücknahme zwingend erforderlichen vorherigen Anhörung des Klägers abgesehen (§ 24 SGB X). Mittlerweile dürfte auch die einjährige Rücknahmefrist nicht mehr offen sein (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).
28 
Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund fiktiver Genehmigung einen Rechtsanspruch darauf hat, dass die Beklagte ihm die beantragten Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung erbringt.
29 
Hieran ändern auch die Einwände der Beklagten nichts. Denn die sprachliche Gestaltung von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V steht der oben dargestellten Gesetzesauslegung nicht entgegen. Die zuletzt zitierte Vorschrift lautet:
30 
Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
31 
Die Verwendung der Begriffe des „Leistungsberechtigten“ und der „erforderlichen“ Leistung erlaubt es nach Auffassung des Gerichts nicht, den Kostenerstattungsanspruch (und die Wirkungen der vorgeschalteten Genehmigungsfiktion) an die materielle Leistungsberechtigung des Antragstellers zu knüpfen bzw. nur auf solche Leistungen zu beschränken, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen (so auch Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V - Ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, NZS, 2014, Seiten 210f.). Denn ein solches Vorgehen würde zwangsläufig dazu führen, dass § 13 Abs. 3a SGB V entgegen der besonderen Zielsetzung des Patientenrechtsgesetzes weitgehend „leerlaufen“ würde. Allenfalls erscheint es aufgrund der angeführten Begriffe denkbar, die Anwendung von § 13 Abs. 3a SGB V in „Evidenz-Fällen“ auszuschließen. Hieran mag zu denken sein, wenn eine Leistungsberechtigung gegenüber der betreffenden Krankenkasse offenkundig nicht in Betracht kommen kann (beispielsweise Antragstellung durch eine Person, die gar nicht Mitglied der betreffenden Krankenkasse ist). Gleiches kann gelten, wenn die beantragte Leistung offenkundig im Rahmen des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsspektrums nicht erforderlich sein kann (bspw. Antrag auf Durchführung eines Erholungsurlaubs auf Mallorca oder Antrag auf Versorgung mit Heroin oder anderen illegalen Drogen). Ein solcher „Evidenz-Fall“ ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
32 
Unerheblich ist vorliegend ferner, dass der Eintritt der fingierten Genehmigung auf reine Maßnahmen der Krankenbehandlung beschränkt ist und bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die besonderen (im vorliegenden Zusammenhang weniger weitgehenden) Vorschriften der §§ 14 und 15 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) vorgehen (§ 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V - vgl. hierzu SG Stralsund, Gerichtsbescheid vom 7.4.2014 - S 3 KR 112/13). Nach Auffassung des Gerichts sind die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Leistungen nämlich vorrangig der ärztlichen Krankenbehandlung (Durchführung einer ambulanten Laseroperation) bzw. der Heilmittel- und Hilfsmittelversorgung (ambulante Radiofrequenztherapie bzw. Bissschiene) nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V zuzuordnen. Denn die angeführten Maßnahmen zielen in erster Linie auf eine kausale Beseitigung bzw. Linderung der auf dem Schlafapnoesyndrom beruhenden Krankheitserscheinungen ab. Somit tritt der Umstand, dass zumindest das nächtlich überdruckbeatmungspflichtige Schlafapnoesyndrom auch eine Behinderung darstellt (vgl. § 2 SGB IX in Verbindung mit Abschnitt B.8.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze), in den Hintergrund. Denn eine in besonderer Weise auf die Teilhabeziele ausgerichtete finale Zwecksetzung der angeführten therapeutischen Maßnahmen ist nicht ersichtlich (zur Abgrenzung zwischen der Krankenbehandlung nach § 27 SGB V und der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX, vgl. juris-PK, § 26 SGB IX Rdnrn. 19 ff.). Darüber hinaus ist es nach Auffassung des Gerichts im Sinne einer „Meistbegünstigung“ der Versicherten (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – SGB I) geboten, bei therapeutischen Maßnahmen, die sowohl Bezüge zu einer Krankenbehandlung als auch Bezüge zu einer medizinischen Rehabilitation aufweisen, jeweils diejenigen bereichsspezifischen Sondervorschriften anzuwenden, die den Gesundheitsschutz der Versicherten umfassender bzw. besser sicherstellen können. Anderenfalls würde nämlich das der jeweiligen gesetzlichen Privilegierung zugrunde liegende Ziel einer Besserstellung verfehlt.
IV.
33 
In prozessualer Hinsicht folgt aus dem Vorstehenden folgendes:
34 
Bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) beinhaltet die Klage vom 17.9.2013 in Bezug auf den Bescheid vom 3.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.9.2013 eine reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Denn mit dem genannten Bescheid setzt sich die Beklagte über die fingierte Genehmigung der angeführten medizinischen Leistungen hinweg. Dies verletzt den Kläger in seinen Rechten.
35 
Soweit der Kläger mit seiner Klage auch die tatsächliche Durchführung der angesprochenen Leistungen durchsetzen möchte, scheidet ein (kombinierter) Leistungsantrag nach § 54 Abs. 4 oder Abs. 5 SGG aus, denn es liegt bereits eine – wenn auch nur fingierte – Genehmigung vor. Somit legt das Gericht den Klageantrag des Klägers als Feststellungsantrag nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG aus (so auch Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V - Ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, NZS, 2014, Seiten 210f.).
V.
36 
Daher ist die Klage erfolgreich. Dies berücksichtigt die auf § 193 SGG beruhende Kostenentscheidung.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


1 2 3

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet er den Antrag insoweit unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Dieser entscheidet über die weiteren Leistungen nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen in eigener Zuständigkeit und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(2) Hält der leistende Rehabilitationsträger für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs nach § 14 Absatz 2 die Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall nach Absatz 1 vor, fordert er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan nach § 19 erforderlichen Feststellungen unverzüglich an und berät diese nach § 19 trägerübergreifend. Die Feststellungen binden den leistenden Rehabilitationsträger bei seiner Entscheidung über den Antrag, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall der Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind. Anderenfalls stellt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen umfassend fest.

(3) Die Rehabilitationsträger bewilligen und erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen im eigenen Namen, wenn im Teilhabeplan nach § 19 dokumentiert wurde, dass

1.
die erforderlichen Feststellungen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen von den zuständigen Rehabilitationsträgern getroffen wurden,
2.
auf Grundlage des Teilhabeplans eine Leistungserbringung durch die nach den jeweiligen Leistungsgesetzen zuständigen Rehabilitationsträger sichergestellt ist und
3.
die Leistungsberechtigten einer nach Zuständigkeiten getrennten Leistungsbewilligung und Leistungserbringung nicht aus wichtigem Grund widersprechen.
Anderenfalls entscheidet der leistende Rehabilitationsträger über den Antrag in den Fällen nach Absatz 2 und erbringt die Leistungen im eigenen Namen.

(4) In den Fällen der Beteiligung von Rehabilitationsträgern nach den Absätzen 1 bis 3 ist abweichend von § 14 Absatz 2 innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wird eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 durchgeführt, ist innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang zu entscheiden. Die Antragsteller werden von dem leistenden Rehabilitationsträger über die Beteiligung von Rehabilitationsträgern sowie über die für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Zuständigkeiten und Fristen unverzüglich unterrichtet.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme (Reha-Maßnahme).

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin beantragte während der stationären Krankenhausbehandlung vom 2. bis 14.1.2008, bei der sie wegen einer Aortenklappenstenose operativ einen Herzklappenersatz erhielt, ihr im Anschluss an die stationäre Krankenhausbehandlung eine stationäre Reha-Maßnahme in der nach Ansicht der Klägerin zertifizierten G.-Klinik in B. O. zu gewähren. Mit dieser Klinik besteht ein Versorgungsvertrag. Die Beklagte teilte mit, für die Klägerin kämen nur die M.-Klinik in B. O. (Kosten incl Hin- und Rückfahrt: 1942,91 Euro) und das Gesundheitszentrum in L. (Kosten incl Hin- und Rückfahrt: 1975,00 Euro) in Betracht, es sei denn darzulegende medizinische Gründe erlaubten lediglich eine Verlegung in die G.-Klinik. Eine anteilige Kostenbeteiligung sei im Hinblick auf das Sachleistungsprinzip nicht möglich (Schreiben vom 9.1.2008). Die Klägerin verschaffte sich die Reha-Maßnahme vom 14.1. bis 3.2.2008 in der G.-Klinik als Selbstzahlerin (Kosten lt Rechnung vom 15.2.2008: 2315,20 Euro). Die Beklagte lehnte jegliche Kostenübernahme ab (Bescheid vom 14.1.2008, Widerspruchsbescheid vom 9.6.2008). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, ein Kostenerstattungsanspruch scheitere daran, dass die Klägerin keinen Naturalleistungsanspruch auf eine stationäre Reha-Maßnahme in der G.-Klinik gehabt habe. Für eine Erstattung der Kosten, die in einer der vorgeschlagenen Einrichtungen entstanden wären, fehle es an einer Rechtsgrundlage (Urteil vom 19.1.2012).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 40 Abs 2 SGB V. Die Beklagte sei im Hinblick auf das dort geregelte Wunsch- und Wahlrecht bei zertifizierten Einrichtungen zur Kostenerstattung verpflichtet.

4

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26. August 2011 sowie die Bescheide vom 9. Januar 2008 und 14. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die für die stationäre medizinische Rehabilitation in der G.-Klinik aufgewendeten Kosten in Höhe von 2315,20 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von 4 vH ab 1. November 2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klageabweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Die beklagte KK lehnte rechtmäßig eine Zahlung ab, denn die Klägerin hat gegen sie keinen Anspruch auf Erstattung der vollen oder anteiliger Kosten, die ihr für die stationäre medizinische Reha in der G.-Klinik entstanden, und dementsprechend hierfür auch keinen Zinsanspruch. Keine Rechtsgrundlage eines Kostenerstattungsanspruchs für Versicherte ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung der Reha (dazu 1.). Die Voraussetzungen eines hier allein in Betracht kommenden Kostenerstattungsanspruchs wegen rechtswidriger Ablehnung der Leistung sind nicht erfüllt (dazu 2.).

8

1. Als Rechtsgrundlage für einen (anteiligen) Kostenerstattungsanspruch für Versicherte gegen ihre KK bei stationärer medizinischer Reha kommt § 40 Abs 2 S 2 SGB V(§ 40 SGB V insgesamt hier anzuwenden in der zuletzt geänderten Fassung durch Art 1 Nr 26 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) entgegen der Auffassung der Klägerin schon im Ansatz nach keiner Auslegungsmethode in Betracht. Die Regelung bestimmt als Ausnahme vom Grundsatz, dass KKn stationäre Reha in zertifizierten Reha-Einrichtungen erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht: Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, mit der kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen. Die Regelung ändert nichts daran, dass die KK auch in einem solchen Fall die stationäre Reha als Naturalleistung erbringt (§ 2 Abs 2 S 1, § 13 Abs 1 SGB V; allg M, vgl zB Hellkötter in LPK SGB V, 4. Aufl 2012, § 40 RdNr 27; Höfler in Kasseler Komm, SGB V, § 40 RdNr 13, Stand der Einzelkommentierung August 2008; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 40 RdNr 14a; Schmidt in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 40 SGB V RdNr 162; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Februar 2013, § 40 SGB V RdNr 15; ungenau Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 18). Die zertifizierte vertragslose Einrichtung, die der Versicherte gewählt und für die die KK die Leistungsgewährung bewilligt hat, erhält kraft Gesetzes im Rahmen der Bewilligungsentscheidung bei Versorgung des Versicherten einen Vergütungsanspruch unmittelbar gegen die KK. Dies entspricht dem allgemeinen Regelungskonzept des Vergütungsrechts der nicht vertragsärztlichen Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (vgl zur Krankenhausvergütung stRspr, zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13 mwN; zur Apothekervergütung stRspr, vgl zB BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15; zur Heilmittelerbringervergütung vgl BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 11). Die Reha-Einrichtung darf vom Versicherten für die Reha-Leistung lediglich die nicht von der KK abgedeckten Mehrkosten fordern, der Versicherte hat diese zu tragen.

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2. Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3 S 2 SGB V(anzuwenden idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX sind nicht erfüllt. § 13 Abs 3 S 2 SGB V bestimmt: Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Reha nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet. Der Anwendungsbereich der Regelung ist eröffnet, weil sich die Klägerin eine von der Beklagten abgelehnte Leistung zur medizinischen Reha selbst beschaffte und hierfür Kostenerstattung begehrt. Im Rahmen des § 15 SGB IX kommt hier allein die Tatbestandsvariante des Abs 1 S 4 Fall 2 in Betracht. Danach besteht die Erstattungspflicht, wenn der Reha-Träger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Fallgruppe des § 15 Abs 1 S 4 SGB IX entspricht jener des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(vgl E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 296). Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX reicht dementsprechend nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung - medizinische Reha - zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr zu § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15 mwN; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 233 ff; zu den gesamten Voraussetzungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 7 mwN). Vorliegend fehlt es bereits daran, dass die Klägerin die ihr zustehende stationäre medizinische Reha (dazu a) in der G.-Klinik beanspruchen konnte. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, der Klägerin die begehrte Reha in dieser gewünschten Klinik zu gewähren (dazu b).

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a) Rechtsgrundlage des Anspruchs auf eine medizinische Reha ist § 40 Abs 2 SGB V. Nach § 40 Abs 2 SGB V setzt der Anspruch auf stationäre Reha voraus, dass eine ambulante Leistung nach § 40 Abs 1 SGB V nicht ausreicht. Außerdem müssen Reha-Maßnahmen nach § 11 Abs 2 S 1 SGB V notwendig sein, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Die Feststellung der Notwendigkeit und der Erfolgsaussicht einer beantragten Reha-Maßnahme hängt weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn des Gesetzes vom Ermessen der KK ab (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 8, bereits zur vor dem Inkrafttreten des GKV-WSG geltenden Fassung des § 40 SGB V; offengelassen in BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 34 mwN). Grundsätzlich bedarf es zudem eines Antrags des Versicherten (vgl § 19 S 1 SGB IV und hierzu BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 11). Leistungen (ua) nach § 40 Abs 2 SGB V werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können(vgl § 40 Abs 4 SGB V). Die stationäre Reha-Leistung ist jedenfalls seit 1.4.2007 als Anspruchspflichtleistung ausgestaltet (vgl Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 4; aA noch zum zuvor geltenden Rechtszustand im Rahmen eines Leistungserbringerstreits BSGE 89, 294, 300 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 21). Ihre Voraussetzungen sind vom Gericht voll zu überprüfen (allg M, vgl zB Hellkötter in LPK SGB V, 4. Aufl 2012, § 40 RdNr 9; Brandts in Kasseler Komm, SGB V, Stand 1.3.2013, § 40 RdNr 44; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 40 RdNr 57; Schmidt in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 40 SGB V RdNr 243, 163, 117 mwN; Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 57 f; Kanter/Zipperer in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/ Zipperer, GKV-Komm SGB V, Stand Februar 2013, § 40 RdNr 18 f; wohl auch Welti in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 26).

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Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die genannten Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf eine medizinische stationäre Reha vom 14.1. bis 3.2.2008 erfüllt waren. Nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)konnte die Klägerin eine stationäre medizinische Anschluss-Reha beanspruchen. Der Senat unterstellt zu Gunsten der Klägerin, dass die Anspruchsdauer vom 14.1. bis 3.2.2008 reichte. Die selbst beschaffte, nach ärztlichem Attest notwendige Leistung hielt sich zeitlich in den Grenzen des § 40 Abs 3 S 2 Halbs 2 SGB V. Danach sollen Leistungen nach § 40 Abs 2 SGB V für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich.

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b) Die Beklagte wählte ermessensfehlerfrei zwei Einrichtungen für die von der Klägerin zu beanspruchende Reha-Maßnahme aus und lehnte es rechtmäßig ab, die medizinische Reha in der G.-Klinik zu gewähren. Insoweit bedarf es keiner Vertiefung, ob jeder Ermessensfehler bei der Ablehnung einer begehrten Leistung zu einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V führt. Gemäß § 40 Abs 3 S 1 SGB V bestimmt die KK nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen (ua) nach § 40 Abs 2 SGB V sowie die Reha-Einrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei einem Streit über die Gewährung von Ermessensleistungen hat das Gericht im Streitfall nach § 54 Abs 2 SGG zu prüfen, ob der Versicherungsträger die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist. Dieser Prüfmaßstab gilt auch, wenn der Rechtsstreit einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V wegen (vermeintlich) rechtswidriger Ablehnung einer Leistung zum Gegenstand hat, über deren Gewährung die KK nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden musste.

13

Die Beklagte traf eine Ermessensentscheidung, ohne die gesetzlichen Grenzen zu überschreiten (dazu aa) oder den Zweck der Ermächtigung zu missachten (dazu bb). Ihr Ermessensspielraum war weder durch § 40 Abs 2 S 2 SGB V(dazu cc) noch durch das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX(dazu dd) noch verfassungsrechtlich (dazu ee) eingeschränkt.

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aa) Die Beklagte übte ihr Ermessen aus, indem sie der Klägerin zwei Einrichtungen vorschlug. Sie überschritt hierbei nicht die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens. § 40 SGB V ermächtigte die Beklagte bei sachgerechter Auslegung hierzu. Allerdings hätte § 40 Abs 2 S 1 SGB V nach seinem Wortlaut Reha-Leistungen ausgeschlossen. Die Regelung sieht vor, dass die KK die stationäre Reha mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs 2a SGB IX zertifizierten Reha-Einrichtung erbringt, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht. An einer Zertifizierung der von der Beklagten und der Klägerin vorgeschlagenen Einrichtungen dürfte es gefehlt haben. Die Spitzenverbände der Reha-Träger legten auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation nämlich erst mit Wirkung vom 1.10.2009 die Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und das Verfahren zur Zertifizierung durch die "Vereinbarung zum internen Qualitätsmanagement nach § 20 Abs 2a SGB IX" fest(vgl www.bar-frankfurt.de und hierzu Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 55 bei Fn 70). Der Wortlaut muss hier aber hinter dem Regelungszweck zurücktreten, da der Gesetzgeber den Fall verspäteter Schaffung der Zertifizierungsvoraussetzungen nicht bedacht hat. § 40 Abs 2 SGB V zielt nach seiner Konzeption - wie dargelegt - gerade darauf ab, einen Anspruch auf stationäre Reha zu begründen. Dementsprechend hatten Versicherte auch für die Übergangszeit bis zur Verabschiedung konkreter Vorgaben zur Zertifizierung Anspruch darauf, dass ihnen die KK die zu beanspruchenden Reha-Leistungen in stationären Einrichtungen gewährten, mit denen lediglich ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand(vgl zutreffend Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 55).

15

bb) Die Beklagte machte von ihrem Ermessen auch in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch. Sie richtete ihre Entscheidung in erster Linie an den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls aus. Deshalb suchte sie nicht nur nach für die Klägerin medizinisch geeigneten Einrichtungen, sondern fragte nach, ob die Klägerin aus medizinischen Gründen in die G.-Klinik wolle. § 40 Abs 3 S 1 SGB V sieht gerade die medizinischen Erfordernisse des Einzelfalls als entscheidend an. Medizinische Gründe dafür, eine Maßnahme in die G.-Klinik gegenüber einer Reha in den von der Beklagten angebotenen Einrichtungen vorzuziehen, bestanden indes nicht.

16

Die Beklagte durfte auch in zweiter Linie, innerhalb des Kreises der medizinisch geeigneten Einrichtungen, nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V)die beiden kostengünstigsten Einrichtungen auswählen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt für alle Leistungsbereiche des SGB V (vgl zu Reha-Leistungen zB BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 § 40 Nr 5, RdNr 27). Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die KKn nicht bewilligen. Reha-Einrichtungen, deren Angebot für den betroffenen Einzelfall über das Maß des Notwendigen hinausgeht oder die unwirtschaftlich sind, weil sie gegenüber anderen gleich geeigneten, ausreichenden und erforderlichen Einrichtungen teurer sind, sind für den konkret betroffenen Einzelanspruch des Versicherten auf Reha aus dem Leistungskatalog der GKV grundsätzlich ausgeschlossen. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 40; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 70; Hauck, SGB 2010, 193, 197 f mwN). Das Wirtschaftlichkeitsgebot greift bloß dann nicht ein, wenn überhaupt nur eine Leistung in Rede steht (vgl zum Ganzen BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6, RdNr 13 f; s auch BSGE 78, 70, 89 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 46; Hauck, SGB 2010, 193, 198). Nach diesen Grundsätzen durfte und musste die Beklagte ihr geeignetes Angebot auf die von ihr genannten kostengünstigeren Einrichtungen beschränken und eine stationäre Reha in der teureren G.-Klinik ablehnen.

17

cc) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für ihre abweichende Auffassung auf § 40 Abs 2 S 2 SGB V. Die Norm gibt Versicherten nur dann ein Recht, eine andere zertifizierte Einrichtung zu wählen, wenn mit dieser kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt. Die G.-Klinik ist eine andere (im Jahr 2008 wohl noch nicht zertifizierte, vgl oben) Einrichtung, mit der im Jahr 2008 ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand. Für solche Vertragseinrichtungen gilt die Mehrkostenregelung gerade nicht. Das belegen auch die Gesetzgebungsmaterialien: Versicherte sollten lediglich künftig im Rahmen des ohnehin bestehenden Wunsch- und Wahlrechts "zusätzlich" das Recht erhalten, auch solche zertifizierten Reha-Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, mit denen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen keine Versorgungsverträge abgeschlossen haben (Entwurf eines GKV-WSG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/3100 S 106 zu Nr 26 <§ 40> Buchst b). Die Beklagte musste bei ihrer Entscheidungsfindung nicht von sich aus auf - so überhaupt seinerzeit vorhanden - zertifizierte Reha-Einrichtungen eingehen, mit denen kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand. Hierzu wäre sie nur verpflichtet gewesen, wenn die Klägerin den Wunsch geäußert hätte, in eine solche genau konkret bezeichnete vertragslose Einrichtung zu gehen. Die KK hat lediglich bei rechtzeitig im Verwaltungsverfahren geäußertem Wunsch über die Eignung einer vom Versicherten benannten zertifizierten vertragslosen Wunscheinrichtung für eine beantragte Reha und über die von der KK - bei Eignung - zu tragenden Teilkosten im Rahmen der Bewilligung mitzuentscheiden (vgl im Übrigen zu den Beratungspflichten nach §§ 13 ff SGB I Luthe in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, Stand 10.4.2012, § 9 RdNr 49).

18

dd) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg unter Hintanstellung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX)berufen. Danach wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 SGB I. Diese Regelung ordnet an: Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im Einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.

19

Der erkennende Senat lässt die Frage offen, ob "berechtigte Wünsche der Leistungsberechtigten" (§ 9 Abs 1 S 1 SGB IX)generell nur solche sind, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V nicht widersprechen. Es erscheint jedenfalls - anders als die Klägerin meint - methodisch im Ansatz als nicht unproblematisch, eine generelle, leistungsbereichsübergreifende Regelung wie § 9 Abs 1 S 1 SGB IX nach Maßgabe einer speziellen Regelung eines Leistungsbereichs(§ 12 Abs 1 SGB V)auszulegen. Soweit man das Wunsch- und Wahlrecht nicht auf einen mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V konformen Anwendungsbereich reduzieren will, tritt es jedenfalls bei Ansprüchen auf Reha-Leistungen nach dem SGB V hinter dessen speziellere Anforderungen zurück. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats wird der Anspruch der Versicherten der GKV auf Krankenbehandlung durch die Regelungen des SGB IX nicht erweitert (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 13; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18 - Adaptionsmaßnahme; BSG Beschluss vom 21.2.2008 - B 1 KR 107/07 B - RdNr 5 mwN, nicht veröffentlicht; ähnlich 3. Senat des BSG, BSGE 91, 60 RdNr 11 ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 12 ff). Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird insoweit nach wie vor auf die für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während die Vorschriften des SGB IX nur maßgebend sind, soweit etwa im SGB V nichts Abweichendes vorgesehen ist (vgl § 7 SGB IX). Anders als § 15 Abs 1 S 1 SGB VI verweist das SGB V für Leistungen zur medizinischen Reha nicht pauschal auf die §§ 26 bis 31 SGB IX. Die KKn - gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur medizinischen Reha - sind vielmehr nach den Vorschriften des SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet (vgl § 11 Abs 2, § 40 SGB V; zum Ganzen: BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18). Zwar werden Leistungen zur medizinischen Reha iS von § 11 Abs 2 S 1 SGB V grundsätzlich unter Beachtung des SGB IX erbracht, doch gilt dies nur, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist(§ 11 Abs 2 S 3 SGB V; vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 15). Zu den unabdingbar zu achtenden Grundsätzen des SGB V gehört hierbei auch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V). Es kommt hinzu, dass die KKn auch die für Leistungen der medizinischen Reha und Vorsorge bis zum 30.6.2008 geltende gemeinsame Budgetierung nicht hätten beachten können (vgl zur Budgetierung § 23 Abs 8 SGB V, aufgehoben durch Art 6 Nr 5 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28.5.2008, BGBl I 2008, 874).

20

Zutreffend verweist die Literatur teilweise darauf, dass Wünsche, die zu Mehrkosten führen, stets als berechtigte Wunschäußerung anzuerkennen sind, wenn der Leistungsberechtigte für die gewünschte geeignete, zulässige Einrichtung nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen die Mehrkosten trägt (in diesem Sinne Luthe in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, Stand 10.4.2012, § 9 RdNr 30 unter Hinweis ua auf § 40 Abs 2 S 2 SGB V). So liegt es etwa bei der Wahl vertragsloser zertifizierter Einrichtungen zur stationären Reha (vgl oben zu § 40 Abs 2 S 2 SGB V; weitergehend, aber unter Vernachlässigung der aufgezeigten Normstruktur Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 26). Das Gesetz regelt solche Fälle ausdrücklich als Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz des SGB V, dass unwirtschaftliche Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV vollständig ausgeschlossen sind (vgl etwa zu Arzneimitteln BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 24 mwN). Nur auf der Grundlage solcher Mehrkostenregelungen vermag sich für im SGB V geregelte Leistungen der medizinischen Reha das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB IX) uneingeschränkt durchzusetzen. Es kollidiert dann nämlich nicht mit dem vorrangigen Leistungsrecht des SGB V unter Einschluss des Wirtschaftlichkeitsgebots.

21

ee) Die Beklagte verletzte mit ihrer Entscheidung nicht Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; stRspr BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 26 mwN). Differenzierungen ohne hinreichenden sachlichen Grund sind verboten (vgl BVerfGE 92, 53, 71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 21 = DStR 2000, 1353 mit Anm Schlegel; BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 29; BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 15). Ist ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches § 40 SGB V zugrunde liegt(vgl dazu sogleich) - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so genügen hinreichende sachliche Gründe wie vorliegend die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots, um eine unterschiedliche Behandlung Betroffener zu rechtfertigen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 27).

22

Die aufgezeigte Grundkonzeption des Anspruchs auf medizinische Reha aus § 40 SGB V ist darauf ausgerichtet, dass die Versicherten die nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls erforderlichen Leistungen erhalten. Bereits die frühere gesetzliche Regelung, die kein zusätzliches Wahlrecht der Versicherten für vertragslose Einrichtungen vorsah, genügte verfassungsrechtlichen Anforderungen. Mit dem BVerfG (vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 26) geht der erkennende Senat davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V). Nur das, was in diesen Leistungskatalog fällt, hat die GKV ihren Versicherten zu leisten. Versicherte können dagegen nicht alles von der GKV beanspruchen, was ihrer Ansicht nach oder objektiv der Behandlung einer Krankheit dient. Die gesetzlichen KKn sind auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 27; BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; vgl zum Ganzen zB auch BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 23, 29 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl). Die Versicherten können verfassungsrechtlich kein Wahlrecht für verschiedene Leistungen beanspruchen, wenn der Gesetzgeber dafür Sorge trägt, dass sie das Erforderliche erhalten, wie es im Rahmen des § 40 SGB V der Fall ist.

23

Mit der Erweiterung des gesetzlichen Kreises zulässiger Leistungserbringer für stationäre Reha über zertifizierte Vertragseinrichtungen hinaus auf vertragslose zertifizierte Einrichtungen erstreckt der Gesetzgeber das Leistungsangebot über das schon für sich genommen verfassungsrechtlich Gebotene hinaus. Der Gesetzgeber ließ sich auch von hinreichenden Sachgründen bei seiner Entscheidung leiten, Versicherten nur für vertragslose Einrichtungen ein uneingeschränktes Wunsch- und Wahlrecht für geeignete Einrichtungen zuzuerkennen. Die Versicherten tragen - bei Wahl der vertragslosen Einrichtungen - die Mehrkosten im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Gleichbehandlung selbst. Vor allem aber sichert die Einschränkung der Wahlrechte bei Vertragseinrichtungen die Vorhaltung eines verfügbaren Systems von stationären Einrichtungen, indem die KKn bei der Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen gleich geeigneten Einrichtungen auch im Interesse der Erhaltung der Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit für eine Auslastung der für Naturalleistungen verfügbaren Vertragseinrichtungen sorgen können. Der Gesetzgeber bezog Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in ein vertragliches Zulassungssystem (vgl § 111 SGB V) ursprünglich mit ein, um einer ungesteuerten Entwicklung in diesem Bereich entgegenzuwirken (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen BT-Drucks 11/2237, S 140). Er wollte damit den KKn(-Verbänden) auch Einfluss auf die Zahl der Leistungserbringer verschaffen (vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 111 RdNr 3; Quaas, Der Versorgungsvertrag nach dem SGB V mit Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, 2000, RdNr 177; Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 111 SGB V RdNr 16 mwN). Die Verwirklichung dieser Zielsetzung wird inzwischen durch das Recht Versicherter eingeschränkt, vertragslose zertifizierte Einrichtungen zu wählen. Der Gesamtsinn der Regelung entfällt damit aber nicht. Die Rechtsprechung zur früheren Rechtslage ist jedenfalls seit April 2007 durch die Ausgestaltung der Reha-Leistungen als Pflichtleistung mit Auswahlermessen nicht mehr anwendbar. Sie negierte solche Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen der Zulassung stationärer Reha-Einrichtungen völlig, weil eine Steuerung über das Ermessen bei Gewährung von Reha möglich sei (vgl BSGE 89, 294, 300 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 21).

24

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Erstattung der Kosten einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme (Reha-Maßnahme).

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin erlitt im März 2008 einen Hirninfarkt. Nach erfolgter Akutbehandlung und ambulanter Physiotherapie verordnete ihr die behandelnde Neurologin eine stationäre Reha-Maßnahme. Die Klägerin beantragte ua eine Behandlung in den - nach Ansicht der Klägerin zertifizierten - Kliniken S. Mit diesen Kliniken besteht ein Versorgungsvertrag. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung bejahte eine stationäre Reha-Maßnahme mit psychosomatisch-neurologischer Ausrichtung. Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine "ca." dreiwöchige stationäre Reha-Maßnahme im Klinikzentrum M. in B. W. (Bescheid vom 2.6.2008) und wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Klinikzentrum M. sei deutlich kostengünstiger (Widerspruchsbescheid vom 4.8.2008). Die Klägerin verschaffte sich währenddessen eine neurologische Reha-Maßnahme (Phase D) vom 11.7. bis 15.8.2008 in den Kliniken S. in A. Die Klägerin ist mit ihrer Klage, gerichtet auf Erstattung von 5789 Euro abzüglich der zu leistenden Zuzahlung, erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 20.10.2010). Das LSG hat ihre Berufung zurückgewiesen: Der Klägerin stehe kein Kostenerstattungsanspruch zu. Ihr Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 Abs 1 SGB IX) verdränge nicht das Auswahlrecht der Beklagten (§ 40 Abs 3 S 1 SGB V). Die Auswahlentscheidung der Beklagten sei unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes ermessensfehlerfrei. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen der den allgemeinen Gleichheitssatz nicht verletzenden Mehrkostenregelung nach § 40 Abs 2 S 2 SGB V. Der Beweisantrag der Klägerin sei unbeachtlich (Urteil vom 11.8.2011).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 33 SGB I, des § 40 Abs 2 SGB V, des § 9 Abs 1 SGB IX, des Art 3 Abs 1 GG und des § 103 SGG. Mit dem Abschluss des Versorgungsvertrages und der Vergütungsvereinbarung stehe die Wirtschaftlichkeit der Reha-Einrichtung fest. Kostengesichtspunkte spielten keine Rolle mehr und das Auswahlermessen reduziere sich auf Null, wenn ein Versicherter sich in Ausübung seines Wunsch- und Wahlrechts für eine solche Einrichtung entscheide. Dies folge zudem aus § 40 Abs 2 S 2 SGB V, der das Wahlrecht des Versicherten sogar noch erweitert habe. Jedenfalls aber seien die Sowieso-Kosten entsprechend § 40 Abs 2 S 2 SGB V zu erstatten, weil es keinen sachgerechten Grund gebe, zwischen Reha-Einrichtungen mit und ohne Zertifizierung zu unterscheiden. Schließlich habe das LSG seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt, weil es dem Beweisantrag der Klägerin nicht gefolgt sei.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 5789 Euro abzüglich zu leistender Zuzahlungen nebst 4 vH Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. August 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid zurückgewiesen. Die beklagte KK lehnte rechtmäßig eine Zahlung ab, denn die Klägerin hat gegen sie keinen Anspruch auf Erstattung der vollen oder anteiliger Kosten, die ihr für die stationäre medizinische Reha-Maßnahme in den Kliniken S. entstanden, und dementsprechend hierfür auch keinen Zinsanspruch. Keine Rechtsgrundlage eines Kostenerstattungsanspruchs für Versicherte ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung der Reha (dazu 1.). Die Voraussetzungen eines hier allein in Betracht kommenden Kostenerstattungsanspruchs wegen rechtswidriger Ablehnung der Leistung sind nicht erfüllt (dazu 2.).

8

1. Als Rechtsgrundlage für einen (anteiligen) Kostenerstattungsanspruch für Versicherte gegen ihre KK bei stationärer medizinischer Reha kommt § 40 Abs 2 S 2 SGB V(§ 40 SGB V insgesamt hier anzuwenden in der zuletzt geänderten Fassung durch Art 1 Nr 26 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) entgegen der Auffassung der Klägerin schon im Ansatz nach keiner Auslegungsmethode in Betracht. Die Regelung bestimmt als Ausnahme vom Grundsatz, dass KKn stationäre Reha in zertifizierten Reha-Einrichtungen erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht: Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, mit der kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen. Die Regelung ändert nichts daran, dass die KK auch in einem solchen Fall die stationäre Reha als Naturalleistung erbringt (§ 2 Abs 2 S 1, § 13 Abs 1 SGB V; allg M, vgl zB Hellkötter in LPK SGB V, 4. Aufl 2012, § 40 RdNr 27; Höfler in Kasseler Komm, SGB V, § 40 RdNr 13, Stand Einzelkommentierung August 2008; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 40 RdNr 14a; Schmidt in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 40 SGB V RdNr 162; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Februar 2013, § 40 SGB V RdNr 15; ungenau Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 18). Die zertifizierte vertragslose Einrichtung, die der Versicherte gewählt und für die die KK die Leistungsgewährung bewilligt hat, erhält kraft Gesetzes im Rahmen der Bewilligungsentscheidung bei Versorgung des Versicherten einen Vergütungsanspruch unmittelbar gegen die KK. Dies entspricht dem allgemeinen Regelungskonzept des Vergütungsrechts der nicht vertragsärztlichen Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (vgl zur Krankenhausvergütung stRspr, zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13 mwN; zur Apothekervergütung stRspr, vgl zB BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15; zur Heilmittelerbringervergütung vgl BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 11). Die Reha-Einrichtung darf vom Versicherten für die Reha-Leistung lediglich die nicht von der KK abgedeckten Mehrkosten fordern, der Versicherte hat diese zu tragen.

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2. Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3 S 2 SGB V(anzuwenden idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) iVm § 15 Abs 1 S 4 SGB IX sind nicht erfüllt. § 13 Abs 3 S 2 SGB V bestimmt: Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Reha nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet. Der Anwendungsbereich der Regelung ist eröffnet, weil sich die Klägerin eine von der Beklagten abgelehnte Leistung zur medizinischen Reha selbst beschaffte und hierfür Kostenerstattung begehrt. Im Rahmen des § 15 SGB IX kommt hier allein die Tatbestandsvariante des Abs 1 S 4 Fall 2 in Betracht. Danach besteht die Erstattungspflicht, wenn der Reha-Träger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Fallgruppe des § 15 Abs 1 S 4 SGB IX entspricht jener des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(vgl E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 296). Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX reicht dementsprechend nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung - medizinische Reha - zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr zu § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15 mwN; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 233 ff; zu den gesamten Voraussetzungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 7 mwN). Vorliegend fehlt es bereits daran, dass die Klägerin die ihr für die Dauer von drei Wochen (dazu b) zustehende stationäre medizinische Reha (dazu a) in den Kliniken S. beanspruchen konnte. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, der Klägerin die begehrte Reha in dieser gewünschten Klinik zu gewähren (dazu c).

10

a) Rechtsgrundlage des Anspruchs auf eine medizinische Reha ist § 40 Abs 2 SGB V. Nach § 40 Abs 2 SGB V setzt der Anspruch auf stationäre Reha voraus, dass eine ambulante Leistung nach § 40 Abs 1 SGB V nicht ausreicht. Außerdem müssen Reha-Maßnahmen nach § 11 Abs 2 S 1 SGB V notwendig sein, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Die Feststellung der Notwendigkeit und der Erfolgsaussicht einer beantragten Reha-Maßnahme hängt weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn des Gesetzes vom Ermessen der KK ab (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 8, bereits zur vor dem Inkrafttreten des GKV-WSG geltenden Fassung des § 40 SGB V; offengelassen in BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 34 mwN). Grundsätzlich bedarf es zudem eines Antrags des Versicherten (vgl § 19 S 1 SGB IV und hierzu BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 11). Leistungen (ua) nach § 40 Abs 2 SGB V werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können(vgl § 40 Abs 4 SGB V). Die stationäre Reha-Leistung ist jedenfalls seit 1.4.2007 als Anspruchspflichtleistung ausgestaltet (vgl Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 4; aA noch zum zuvor geltenden Rechtszustand im Rahmen eines Leistungserbringerstreits BSGE 89, 294, 300 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 21). Ihre Voraussetzungen sind vom Gericht voll zu überprüfen (allg M, vgl zB Hellkötter in LPK SGB V, 4. Aufl 2012, § 40 RdNr 9; Brandts in Kasseler Komm, SGB V, Stand 1.3.2013, § 40 RdNr 44; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 40 RdNr 57; Schmidt in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 40 SGB V RdNr 243, 163, 117 mwN; Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 57 f; Kanter/Zipperer in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, GKV-Komm SGB V, Stand Februar 2013, § 40 RdNr 18 f; wohl auch Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 26).

11

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die genannten Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf eine medizinische stationäre Reha vom 11.7.2008 für die Dauer von zunächst drei Wochen erfüllt waren. Nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)konnte die Klägerin eine stationäre medizinische Anschluss-Reha in diesem Umfang beanspruchen.

12

b) Ein Anspruch auf Reha für eine Zeit von mehr als drei Wochen stand der Klägerin nicht zu. Die selbst beschaffte, nach ärztlichem Attest notwendige Leistung hielt sich zeitlich nicht in den Grenzen des § 40 Abs 3 S 2 Halbs 2 SGB V. Danach sollen Leistungen nach § 40 Abs 2 SGB V für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Greift ein Versicherter nicht die Dauer der bewilligten Reha an, sondern nur die von der Beklagten ausgewählte Einrichtung, muss er auch bei einer selbst beschafften Leistung einen Verlängerungsantrag stellen. Denn bei der Verlängerung der Reha handelt es sich um eine eigenständige, erneute Leistungsgewährung der KK, zumal die Reha nicht zwingend in derselben, bislang in Anspruch genommenen Einrichtung erfolgen muss. Letzteres kann insbesondere der Fall sein, wenn im Verlauf der Behandlung ein weiterer Reha-Bedarf erkannt wird, den die zunächst in Anspruch genommene Einrichtung mit ihrem Leistungsangebot nicht abdecken kann. Der Versicherte, der sich - bei unterstellter rechtswidriger Ablehnung der von ihm gewünschten Einrichtung - eine Reha dort selbst beschafft, darf danach nicht bessergestellt werden, als der, der die bewilligte Reha mit regelhafter Dauer von drei Wochen als Sachleistung in Anspruch nimmt.

13

Die Klägerin hat die ihr ursprünglich bewilligte Dauer der Reha ("… dass wir die Kosten der ca. 3-wöchigen stationären Behandlung übernehmen.") nicht angegriffen, sondern nur die von der Beklagten getroffene Bestimmung der Einrichtung. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte dem Klinikzentrum M. in einem nur an dieses gerichteten Schreiben eine Kostenzusage von 19 bis 29 Tagen machte. Danach war die Klägerin auch bei einer selbst beschafften Reha nicht der Notwendigkeit enthoben, eine Entscheidung der Beklagten darüber herbeizuführen, dass eine Verlängerung der Reha aus medizinischen Gründen dringend erforderlich war. Einen Verlängerungsantrag hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gestellt. Es fehlt auch an den Senat bindenden Feststellungen, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, rechtzeitig eine Entscheidung der Beklagten herbeizuführen.

14

c) Die Beklagte wählte im Übrigen ermessensfehlerfrei eine Einrichtung für die von der Klägerin zu beanspruchende Reha aus und lehnte es rechtmäßig ab, die medizinische Reha in den Kliniken S. zu gewähren. Insoweit bedarf es keiner Vertiefung, ob jeder Ermessensfehler bei der Ablehnung einer begehrten Leistung zu einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V führt. Gemäß § 40 Abs 3 S 1 SGB V bestimmt die KK nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen (ua) nach § 40 Abs 2 SGB V sowie die Reha-Einrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei einem Streit über die Gewährung von Ermessensleistungen hat das Gericht im Streitfall nach § 54 Abs 2 SGG zu prüfen, ob der Versicherungsträger die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist. Dieser Prüfmaßstab gilt auch, wenn der Rechtsstreit einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V wegen (vermeintlich) rechtswidriger Ablehnung einer Leistung zum Gegenstand hat, über deren Gewährung die KK nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden musste.

15

Die Beklagte traf eine Ermessensentscheidung, ohne die gesetzlichen Grenzen zu überschreiten (dazu aa) oder den Zweck der Ermächtigung zu missachten (dazu bb). Ihr Ermessensspielraum war weder durch § 40 Abs 2 S 2 SGB V(dazu cc) noch durch das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX(dazu dd) noch verfassungsrechtlich (dazu ee) eingeschränkt.

16

aa) Die Beklagte übte ihr Ermessen aus, indem sie der Klägerin eine Einrichtung vorschlug. Sie überschritt hierbei nicht die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens. § 40 SGB V ermächtigte die Beklagte bei sachgerechter Auslegung hierzu. Allerdings hätte § 40 Abs 2 S 1 SGB V nach seinem Wortlaut Reha-Leistungen ausgeschlossen. Die Regelung sieht vor, dass die KK die stationäre Reha mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs 2a SGB IX zertifizierten Reha-Einrichtung erbringt, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht. An einer Zertifizierung der von der Beklagten und der Klägerin vorgeschlagenen Einrichtungen dürfte es gefehlt haben.Die Spitzenverbände der Reha-Träger legten auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation nämlich erst mit Wirkung vom 1.10.2009 die Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und das Verfahren zur Zertifizierung durch die "Vereinbarung zum internen Qualitätsmanagement nach § 20 Abs 2a SGB IX" fest(vgl www.bar-frankfurt.de und hierzu Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 55 bei Fn 70). Der Wortlaut muss hier aber hinter dem Regelungszweck zurücktreten, da der Gesetzgeber den Fall verspäteter Schaffung der Zertifizierungsvoraussetzungen nicht bedacht hat. § 40 Abs 2 SGB V zielt nach seiner Konzeption - wie dargelegt - gerade darauf ab, einen Anspruch auf stationäre Reha zu begründen. Dementsprechend hatten Versicherte auch für die Übergangszeit bis zur Verabschiedung konkreter Vorgaben zur Zertifizierung Anspruch darauf, das ihnen die KK die zu beanspruchenden Reha-Leistungen in stationären Einrichtungen gewährten, mit denen lediglich ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand(vgl zutreffend Waßer in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 40 SGB V RdNr 55).

17

bb) Die Beklagte machte von ihrem Ermessen auch in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch. Sie richtete ihre Entscheidung in erster Linie an den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls aus. Deshalb suchte sie nicht nur nach einer für die Klägerin medizinisch geeigneten Einrichtung, sondern bat die Klägerin, über den sie behandelnden Arzt mitzuteilen, aus welchen medizinischen Gründen die ausgewählte Einrichtung nicht geeignet sei. § 40 Abs 3 S 1 SGB V sieht gerade die medizinischen Erfordernisse des Einzelfalls als entscheidend an. Medizinische Gründe dafür, eine Maßnahme in den Kliniken S. gegenüber einer Reha in den von der Beklagten angebotenen Einrichtung vorzuziehen, bestanden indes nicht.

18

Das LSG hat festgestellt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Klinikzentrum M. weniger geeignet sei als die Kliniken S. Der Senat ist an diese getroffene Feststellung gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit der Revision rügt, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, diese Annahme durch Vernehmung der die Klägerin in F. behandelnden Ärzte zu überprüfen, hat sie im Sinne von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen(vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 mwN). Die Klägerin legt nicht dar, warum die als Zeugen benannten Ärzte in der Lage gewesen sein sollen, die von den Tatsacheninstanzen nach Art und Umfang nicht ermittelten, vom Klinikzentrum M. für die Klägerin vorgesehenen Reha-Leistungen und die dort vorhandenen sächlichen und personellen Ressourcen mit der in den Kliniken S. tatsächlich durchgeführten Reha und den dortigen sächlich-personellen Rahmenbedingungen aus eigener Kenntnis beurteilen und vergleichen zu können.

19

Die Beklagte durfte auch in zweiter Linie, innerhalb des Kreises der medizinisch geeigneten Einrichtungen, nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V)die kostengünstigste Einrichtung auswählen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt für alle Leistungsbereiche des SGB V (vgl zu Reha-Leistungen zB BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 § 40 Nr 5, RdNr 27). Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die KKn nicht bewilligen. Reha-Einrichtungen, deren Angebot für den betroffenen Einzelfall über das Maß des Notwendigen hinausgeht oder die unwirtschaftlich sind, weil sie gegenüber anderen gleich geeigneten, ausreichenden und erforderlichen Einrichtungen teurer sind, sind für den konkret betroffenen Einzelanspruch des Versicherten auf Reha aus dem Leistungskatalog der GKV grundsätzlich ausgeschlossen. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 26; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 40; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 70; Hauck, SGb 2010, 193, 197 f mwN). Das Wirtschaftlichkeitsgebot greift bloß dann nicht ein, wenn überhaupt nur eine Leistung in Rede steht (vgl zum Ganzen BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6, RdNr 13 f; siehe auch BSGE 78, 70, 89 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 46; Hauck, SGb 2010, 193, 198). Nach diesen Grundsätzen durfte und musste die Beklagte ihr geeignetes Angebot auf die von ihr genannte kostengünstigere Einrichtung beschränken und eine stationäre Reha in den teureren Kliniken S. ablehnen.

20

cc) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin für ihre abweichende Auffassung auf § 40 Abs 2 S 2 SGB V. Die Norm gibt Versicherten nur dann ein Recht, eine andere zertifizierte Einrichtung zu wählen, wenn mit dieser kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt. Die Kliniken S. sind eine andere (im Jahr 2008 wohl noch nicht zertifizierte, vgl oben) Einrichtung, mit der im Jahr 2008 ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand. Für solche Vertragseinrichtungen gilt die Mehrkostenregelung gerade nicht. Das belegen auch die Gesetzgebungsmaterialien: Versicherte sollten lediglich künftig im Rahmen des ohnehin bestehenden Wunsch- und Wahlrechts "zusätzlich" das Recht erhalten, auch solche zertifizierten Reha-Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, mit denen die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen keine Versorgungsverträge abgeschlossen haben (Entwurf eines GKV-WSG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/3100 S 106 zu Nr 26 <§ 40> Buchst b).

21

Die Beklagte musste bei ihrer Entscheidungsfindung nicht von sich aus auf - so überhaupt seinerzeit vorhanden - zertifizierte Reha-Einrichtungen eingehen, mit denen kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V bestand. Hierzu wäre sie nur verpflichtet gewesen, wenn die Klägerin den Wunsch geäußert hätte, in eine solche konkret bezeichnete vertragslose Einrichtung zu gehen. Die KK hat lediglich bei rechtzeitig im Verwaltungsverfahren geäußertem Wunsch über die Eignung einer vom Versicherten benannten zertifizierten vertragslosen Wunscheinrichtung für eine beantragte Reha und über die von der KK - bei Eignung - zu tragenden Teilkosten im Rahmen der Bewilligung mitzuentscheiden (vgl im Übrigen zu den Beratungspflichten nach §§ 13 ff SGB I Luthe in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, Stand 10.4.2012, § 9 RdNr 49).

22

dd) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg unter Hintanstellung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX)berufen. Danach wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 SGB I. Diese Regelung ordnet an: Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im Einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.

23

Der erkennende Senat lässt die Frage offen, ob "berechtigte Wünsche der Leistungsberechtigten" (§ 9 Abs 1 S 1 SGB IX)generell nur solche sind, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V nicht widersprechen. Es erscheint jedenfalls methodisch im Ansatz als nicht unproblematisch, eine generelle, leistungsbereichsübergreifende Regelung wie § 9 Abs 1 S 1 SGB IX nach Maßgabe einer speziellen Regelung eines Leistungsbereichs(§ 12 Abs 1 SGB V)auszulegen. Soweit man das Wunsch- und Wahlrecht nicht auf einen mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V konformen Anwendungsbereich reduzieren will, tritt es jedenfalls bei Ansprüchen auf Reha-Leistungen nach dem SGB V hinter dessen speziellere Anforderungen zurück. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats wird der Anspruch der Versicherten der GKV auf Krankenbehandlung durch die Regelungen des SGB IX nicht erweitert (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 13; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18 - Adaptionsmaßnahme; BSG Beschluss vom 21.2.2008 - B 1 KR 107/07 B - RdNr 5 mwN, nicht veröffentlicht; ähnlich 3. Senat des BSG, BSGE 91, 60 RdNr 11 ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 12 ff). Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird insoweit nach wie vor auf die für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während die Vorschriften des SGB IX nur maßgebend sind, soweit etwa im SGB V nichts Abweichendes vorgesehen ist (vgl § 7 SGB IX). Anders als § 15 Abs 1 S 1 SGB VI verweist das SGB V für Leistungen zur medizinischen Reha nicht pauschal auf die §§ 26 bis 31 SGB IX. Die KKn - gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur medizinischen Reha - sind vielmehr nach den Vorschriften des SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet (vgl § 11 Abs 2, § 40 SGB V; zum Ganzen: BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18). Zwar werden Leistungen zur medizinischen Reha iS von § 11 Abs 2 S 1 SGB V grundsätzlich unter Beachtung des SGB IX erbracht, doch gilt dies nur, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist(§ 11 Abs 2 S 3 SGB V; vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 15). Zu den unabdingbar zu achtenden Grundsätzen des SGB V gehört hierbei auch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V). Andernfalls hätten die KKn auch die für Leistungen der medizinischen Reha und Vorsorge bis zum 30.6.2008 geltende gemeinsame Budgetierung nicht beachten können (vgl zur Budgetierung § 23 Abs 8 SGB V, aufgehoben durch Art 6 Nr 5 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28.5.2008, BGBl I 2008, 874).

24

Zutreffend verweist die Literatur teilweise darauf, dass Wünsche, die zu Mehrkosten führen, stets als berechtigte Wunschäußerung anzuerkennen sind, wenn der Leistungsberechtigte für die gewünschte geeignete, zulässige Einrichtung nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen die Mehrkosten trägt (in diesem Sinne Luthe in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, Stand 10.4.2012, § 9 RdNr 30 unter Hinweis ua auf § 40 Abs 2 S 2 SGB V). So liegt es etwa bei der Wahl vertragsloser zertifizierter Einrichtungen zur stationären Reha (vgl oben zu § 40 Abs 2 S 2 SGB V; weitergehend, aber unter Vernachlässigung der aufgezeigten Normstruktur Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 40 RdNr 26). Das Gesetz regelt solche Fälle ausdrücklich als Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz des SGB V, dass unwirtschaftliche Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV vollständig ausgeschlossen sind (vgl etwa zu Arzneimitteln BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 24 mwN). Nur auf der Grundlage solcher Mehrkostenregelungen vermag sich für im SGB V geregelte Leistungen der medizinischen Reha das Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB IX) uneingeschränkt durchzusetzen. Es kollidiert dann nämlich nicht mit dem vorrangigen Leistungsrecht des SGB V unter Einschluss des Wirtschaftlichkeitsgebots.

25

ee) Die Beklagte verletzte mit ihrer Entscheidung nicht Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; stRspr BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 26 mwN). Differenzierungen ohne hinreichenden sachlichen Grund sind verboten (vgl BVerfGE 92, 53, 71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 21 = DStR 2000, 1353 mit Anm Schlegel; BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 29; BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 15). Ist ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches § 40 SGB V zugrunde liegt(vgl dazu sogleich) - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so genügen hinreichende sachliche Gründe wie vorliegend die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots, um eine unterschiedliche Behandlung Betroffener zu rechtfertigen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 27).

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Die aufgezeigte Grundkonzeption des Anspruchs auf medizinische Reha aus § 40 SGB V ist darauf ausgerichtet, dass die Versicherten die nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls erforderlichen Leistungen erhalten. Bereits die frühere gesetzliche Regelung, die kein zusätzliches Wahlrecht der Versicherten für vertragslose Einrichtungen vorsah, genügte verfassungsrechtlichen Anforderungen. Mit dem BVerfG (vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 26) geht der erkennende Senat davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V). Nur das, was in diesen Leistungskatalog fällt, hat die GKV ihren Versicherten zu leisten. Versicherte können dagegen nicht alles von der GKV beanspruchen, was ihrer Ansicht nach oder objektiv der Behandlung einer Krankheit dient. Die gesetzlichen KKn sind auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 27; BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; vgl zum Ganzen zB auch BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 23, 29 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl). Die Versicherten können verfassungsrechtlich kein Wahlrecht für verschiedene Leistungen beanspruchen, wenn der Gesetzgeber dafür Sorge trägt, dass sie das Erforderliche erhalten, wie es im Rahmen des § 40 SGB V der Fall ist.

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Mit der Erweiterung des gesetzlichen Kreises zulässiger Leistungserbringer für stationäre Reha über zertifizierte Vertragseinrichtungen hinaus auf vertragslose, zertifizierte Einrichtungen erstreckt der Gesetzgeber das Leistungsangebot über das schon für sich genommen verfassungsrechtlich Gebotene hinaus. Der Gesetzgeber ließ sich auch von hinreichenden Sachgründen bei seiner Entscheidung leiten, Versicherten nur für vertragslose Einrichtungen ein uneingeschränktes Wunsch- und Wahlrecht für geeignete Einrichtungen zuzuerkennen. Die Versicherten tragen - bei Wahl der vertragslosen Einrichtungen - die Mehrkosten im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Gleichbehandlung selbst. Vor allem sichert die Einschränkung der Wahlrechte bei Vertragseinrichtungen die Vorhaltung eines verfügbaren Systems von stationären Einrichtungen, indem die KKn bei der Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen gleich geeigneten Einrichtungen auch im Interesse der Erhaltung der Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit für eine Auslastung der für Naturalleistungen verfügbaren Vertragseinrichtungen sorgen können. Der Gesetzgeber bezog Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in ein vertragliches Zulassungssystem (vgl § 111 SGB V) ursprünglich mit ein, um einer ungesteuerten Entwicklung in diesem Bereich entgegenzuwirken (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen BT-Drucks 11/2237, S 140). Er wollte damit den KKn(-Verbänden) auch Einfluss auf die Zahl der Leistungserbringer verschaffen (vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2013, K § 111 RdNr 3; Quaas, Der Versorgungsvertrag nach dem SGB V mit Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, 2000, RdNr 177; Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 111 SGB V RdNr 16 mwN). Die Verwirklichung dieser Zielsetzung wird inzwischen durch das Recht Versicherter eingeschränkt, vertragslose zertifizierte Einrichtungen zu wählen. Der Gesamtsinn der Regelung entfällt damit aber nicht. Die Rechtsprechung zur früheren Rechtslage ist jedenfalls seit April 2007 durch die Ausgestaltung der Reha-Leistungen als Pflichtleistung mit Auswahlermessen nicht mehr anwendbar. Sie negierte solche Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen der Zulassung stationärer Reha-Einrichtungen völlig, weil eine Steuerung über das Ermessen bei Gewährung von Reha möglich sei (vgl BSGE 89, 294, 300 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 21).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für einen Aufenthalt am Toten Meer als Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Höhe von 2.678,98 EUR.
Die 1975 geborene Klägerin ist als Eventmanagerin versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert. Sie leidet seit ihrem 13. Lebensjahr an chronischer Psoriasisarthritis, die regelmäßig durch Aufenthalte am Toten Meer behandelt wurde, zuletzt im August 2007; die Kosten hierfür wurden nachträglich durch die gesetzliche Krankenkasse erstattet.
Am 19. Mai 2010 wurde durch den Hausarzt der Klägerin Dr. Bä. eine Leistung zur Rehabilitation eingeleitet mit der Begründung, eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme erscheine aussichtsreich. Eine Einschränkung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft drohe oder sei bereits gegeben. Durch die Krankenkasse wurde der Antrag am 25. Mai 2010 an den Vertragsarzt zurückgegeben, da ein anderer Versicherungsträger zuständig sei.
Die Klägerin stellte dann am 17. Juni 2010 bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung von Dr. Bä. einen Antrag auf stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Sie gab an, beim Tippen am PC Schmerzen in den Fingergelenken zu haben. Außerdem habe sie bei längerem Sitzen Rückenschmerzen, sodass sie am Arbeitsplatz ständig zwischen Sitzen und Stehen wechseln müsse. Ferner leide sie an Asthma und Sinusitis, beides derzeit durch Allergien verstärkt. Dr. Bä. gab in seinem Befundbericht zum Rehabilitationsantrag an, die Klägerin leide unter Psoriasisarthritis; es bestehe eine eingeschränkte Beweglichkeit der Finger, Rückenschmerzen, Knieschmerzen, Kraftlosigkeit in den Knien und Schmerzen beim Treppensteigen und Gehen. Die Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer solle zur Erhaltung der Arbeitskraft stattfinden. Weiter legte die Klägerin ein Gutachten von PD Dr. Hei. und Dr. Las. vom 12. September 2008 vor, welches dem Sozialgericht Mannheim (SG) im Rahmen eines Klageverfahrens (Az. S 11 KR 3276/07) der Klägerin gegen ihre Krankenkasse erstattet worden war. Die Gutachter führen hierin insbesondere aus, aufgrund der klimatischen Bedingungen am Toten Meer sei der Therapieerfolg dort besonders hoch. Bei der Klägerin sei der Einsatz von Immunsuppressiva nicht unproblematisch. Ferner reichte die Klägerin Berichte von Dr. Is. vom 2. November 2006 und Dr. Bö. vom 12. Juli 1994 ein.
Die Beklagte holte eine von Frau Ju. erstellte beratungsärztliche Stellungnahme vom 6. Juli 2010 ein. Diese vertrat die Auffassung, dass eine ambulante Therapie ausreichend sei.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2010 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin seien nicht so erheblich, dass eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erforderlich sei. Eine ambulante fachärztliche Behandlung sei ausreichend. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht gemindert oder gefährdet; Rehabilitationsbedürftigkeit bestehe daher nicht.
Den hiergegen am 27. Juli 2010 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie seit dem 13. Lebensjahr an Psoriasisarthritis leide und bis 2007 insgesamt elf Mal zur Behandlung am Toten Meer in Israel gewesen sei. Diese Maßnahmen seien von ihrer Krankenkasse jeweils übernommen worden. Die stationäre Behandlung am Toten Meer im Sommer 2007 sei so erfolgreich gewesen, dass sie in den darauf folgenden drei Jahren keine ambulante fachärztliche Behandlung und keine medikamentöse Therapie benötigt habe. Durch eine kontinuierlich am Wohnort durchgeführte orthopädische Therapie und privates Funktionstraining habe sie den Behandlungserfolg festigen können, so dass sie für einen sehr langen Zeitraum schmerzfrei gewesen sei. In den Monaten vor der Antragstellung habe sich ihr Zustand jedoch wieder verschlimmert. Aufgrund ihres Asthmas werde die Behandlung ihrer Psoriasisarthritis in Deutschland erschwert. Der Einsatz von Immunsupressiva sei nicht unproblematisch, da die Familienplanung noch nicht abgeschlossen sei. Insoweit berief sich die Klägerin insbesondere auf das Gutachten von Dr. Las. Eine Behandlung ihrer Erkrankung sei immer dann notwendig, wenn entzündliche Schübe aufträten. Bleibe eine Behandlung aus, würden die befallenen Gelenke in Mitleidenschaft gezogen. Bei ihr seien vor allem die Rücken-, sowie die Finger- und Kniegelenke betroffen gewesen. Ohne eine Behandlung am Toten Meer hätte ihre Erkrankung immer wieder zu Arbeitsausfällen führen können, so dass ihr Arbeitsplatz gefährdet gewesen sei. Vor allem führe aber ein Fortschreiten ihres Psoriasisgelenkbefalls mit zunehmender Destruktion der Gelenke und Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit zu einer erheblichen Einschränkung ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Gefahr, dass sie diese nicht mehr ausüben könne. Da sie inzwischen beim Arbeiten aufgrund ihrer erheblichen Rückenbeschwerden ständig zwischen sitzender und stehender Position habe wechseln müssen, habe sie sich gezwungen gesehen, die Behandlung in Israel zunächst auf eigene Kosten im Rahmen ihres Jahresurlaubs vom 27. Juli bis zum 17. August 2010 durchzuführen. Aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen sei die Durchführung zu einem späteren Zeitpunkt nicht möglich gewesen.
Zur Begründung ihres Widerspruchs legte sie weiter ein ärztliches Attest von Dr. Bä. vom 21. Juli 2010 vor, in dem dieser angab, durch Überlastungen am Arbeitsplatz hätten orthopädische Behandlungen und in Eigenleistung erbrachtes Funktionstraining nicht mehr ausgereicht. Die Klägerin habe unter erheblichen Schmerzschüben mit Chronifizierungstendenz gelitten. Ihre Erwerbsfähigkeit sei gefährdet gewesen. Eine antirheumatische Immuntherapie sei aufgrund der Nebenwirkungen bei hyperreagiblem Bronchialsystem im Sinne eines Asthma bronchiale und bei nicht abgeschlossener Familienplanung nicht durchführbar gewesen. Dass die chronische Polyarthritis zur Deformierung von Gelenken führe und damit die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in der Zukunft schwerwiegend gefährde, sei hinreichend bekannt.
Für den in der Zeit vom 27. Juli bis 17. August 2010 im Rehabilitationszentrum am Toten Meer (DMZ) durchgeführten Rehabilitationsaufenthalt wandte die Klägerin insgesamt 2.678,98 EUR auf, wovon 1.807,50 EUR auf Flug, Unterkunft und Verpflegung (Rechnung der H. Reisen GmbH Bl. 14 der SG-Akte) sowie 871,48 EUR auf medizinische Untersuchungen und Heilmittelanwendungen (Rechnung des DMZ Bl. 16/16 der SG-Akte) entfielen.
10 
Im Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums am Toten Meer vom 28. Juli 2010 (Bl. 24/25 der SG-Akte) gab Dr. Ha. u.a. an, bei der Eingangsuntersuchung sei die Haut erscheinungsfrei gewesen, seitens der Gelenke hätten massive, schmerzhafte Funktions- und Bewegungseinschränkungen an der gesamten Wirbelsäule, an beiden Kniegelenken sowie an den PIP- und DIP-Gelenken des rechten Mittelfingers sowie des linken Mittel- und Ringfingers bestanden. Der Klägerin seien sieben Mal Massage, zehn Mal Schwefelbad, zehn Mal Heißschlammpackung und zwei Mal 20 Minuten täglich Kaltschlammapplikation auf die betroffenen Gelenke verordnet und eine intensive Nutzung der Klimaheilfaktoren Heliotherapie, Luft- und Solebäder im Toten Meer empfohlen worden. Bei der Abschlussuntersuchung sei eine deutliche Befundverbesserung festzustellen gewesen. Die Gelenkbeschwerden und die Beweglichkeit hätten sich deutlich gebessert. Die Klägerin habe über wesentlich weniger Schmerzzustände berichtet. Die morgendliche Gelenksteifigkeit sei vollkommen aufgehoben. Während des Aufenthalts sei es nur zu einer Asthma-Attacke gekommen.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine nachträgliche Kostenübernahme für eine selbst begonnene und durchgeführte Rehabilitationsleistung sei nicht möglich, da es für die Beklagte keine Möglichkeit der Entscheidung mehr gegeben habe. Die entstandenen Kosten für die Behandlung in Israel könnten daher nicht erstattet werden. Außerdem werde die von der Klägerin in Anspruch genommene Rehabilitationseinrichtung von der Beklagten nicht belegt. Darüber hinaus habe die Klägerin die Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht erfüllt. Für die bei der Klägerin festgestellte gesundheitliche Einschränkung – Psoriasisarthritis – sei eine ambulante orthopädische Therapie angezeigt.
12 
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Dezember 2010 Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen die bisherigen Ausführungen wiederholt und vertieft hat. Der Aufenthalt am Toten Meer sei die einzige Maßnahme, die ihr helfe und ihre Erwerbsfähigkeit sichere. Dies ergebe sich auch aus dem Gutachten von Dr. Las. vom 12. September 2008. Ein Aufschub sei nicht hinnehmbar gewesen, es sei im vorliegenden Fall daher von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen gewesen. Ferner hat die Klägerin die Belege über die Kosten für die stationäre Klima-Heilbehandlung und den Entlassungsbericht des DMZ von Dr. Ha. (Bl. 13 ff der SG-Akte) vorgelegt. Die Klägerin hat ein ärztliches Attest von Dr. Bä. vom 12. Juli 2011 (Bl. 31 der SG- Akte) vorgelegt, in der er mitgeteilt hat, der Aufenthalt am Toten Meer sei die einzig richtige Maßnahme gewesen, die nicht zu umgehen gewesen sei.
13 
Die Beklagte hat im Wesentlichen auf ihren Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, zur Erstattung von Kosten für eine selbst beschaffte Leistung sei sie nur dann verpflichtet, wenn die Rehabilitation in der gewählten Form die einzige Möglichkeit gewesen sei, um das Rehabilitationsziel zu erreichen. Eine solche Ermessensreduzierung auf Null sei vorliegend nicht gegeben. Eine Rehabilitation hätte auch in einer deutschen Rehabilitationseinrichtung (Bad Bentheim, Bad Salzschlirf, Davos, Borkum, Norderney, Sylt) angeboten werden können. Es stehe nicht fest, dass Leistungen am Toten Meer überhaupt nach Qualität und Wirtschaftlichkeit den Einrichtungen der Beklagten im Inland gleichwertig oder so viel besser seien, dass hierdurch Leistungen im Inland auszuschließen seien. Dies könne jedoch dahinstehen, da der Rentenversicherungsträger im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens grundsätzlich frei sei, zwischen mehreren geeigneten Einrichtungen zu wählen. Für drei der aus Sicht der Beklagten zur Verfügung stehenden Alternativkliniken wurden Behandlungskonzepte vorgelegt (Bl. 36/103 der SG-Akte).
14 
Das SG hat im Rahmen der Beweisaufnahme Dr. Bä. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt, der angegeben hat, die Klägerin leide unter chronischer Polyarthritis mit Psoriasis und Sicca-Syndrom, Skoliose der Wirbelsäule und unter einem hyperreagiblen Bronchialsyndrom bei Milbenallergie. Im Frühjahr 2010 seien erhebliche Allergie- und Rückenprobleme und ein starker psychischer Leidensdruck am Arbeitsplatz. Die Medikation habe in antiallergischen Tabletten und einem Kombinationsmedikament aus einem Corticoidspray und einem lang wirksamen, entkrampfenden Medikament für die Bronchien bestanden. Wegen der polyarthritischen Rückenbeschwerden sei regelmäßig Physiotherapie verordnet worden. Für eine Besserung der Beschwerden durch den Aufenthalt am Toten Meer gebe es keine laborchemischen oder röntgentechnischen Nachweise; die Schmerzen hätten sich nach den Angaben der Klägerin gebessert.
15 
Mit Urteil vom 24. Mai 2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2010 verurteilt, der Klägerin 2.678,98 EUR zu bezahlen.
16 
Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch sei § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Die Beklagte habe den Antrag der Klägerin zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin erfülle sowohl die persönlichen als auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Wie sich aus dem Entlassungsbericht der Rehabilitationseinrichtung ergebe, sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin erheblich gefährdet gewesen. Im Sommer 2010 habe die erhebliche Gefahr bestanden, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Eventmanagerin, eine überwiegend sitzende Tätigkeit nicht länger werde ausüben können. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit habe durch die Rehabilitationsmaßnahme abgewendet werden können. Die Gelenkbeschwerden und die Beweglichkeit der Klägerin hätten sich durch die Rehabilitationsmaßnahme deutlich verbessert. Unerheblich sei, ob dieses Ergebnis auch mit einer ambulanten fachärztlichen Behandlung am Wohnort hätte erreicht werden können. §10 SGB VI kenne, anders als § 40 Abs.1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), keinen Grundsatz der Subsidiarität von Rehabilitationsleistungen gegenüber ambulanten Therapieformen vor Ort. Ungeachtet dessen habe Dr. Bä. schlüssig und überzeugend dargelegt, dass die in den Monaten vor der Rehabilitationsmaßnahme durchgeführten ambulanten fachärztlichen Maßnahmen ohne Erfolg geblieben seien. Die Klägerin erfülle auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Schließlich sei die Rehabilitationsleistung auch nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ausgeschlossen. Da die Klägerin zuletzt im Jahr 2007 zu Lasten ihrer Krankenkasse eine Rehabilitationsleistung in Anspruch genommen habe, habe sie sich die streitgegenständliche Rehabilitationsmaßnahme zwar innerhalb der Vierjahresfrist des § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI selbst beschafft, dies sei im Hinblick auf die massiven Einschränkungen aber dringend erforderlich gewesen. Das Ermessen der Beklagten sei auf Null reduziert gewesen aufgrund des Umstands, dass die Beklagte die von der Klägerin beantragte Maßnahme in vollem Umfang wegen zu Unrecht angenommener fehlender Gefährdung der Erwerbsfähigkeit rechtswidrig abgelehnt habe. Die von der Klägerin selbst beschaffte Rehabilitationsmaßnahme sei auch sparsam und wirtschaftlich gewesen.
17 
Gegen das ihr am 14. Juni 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. Juli 2012 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, den bei Antragstellung vorliegenden medizinischen Unterlagen sei eine Gefährdung oder gar Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht zu entnehmen. Die Klägerin sei nicht arbeitsunfähig gewesen, eine rheumatologische Mitbehandlung habe nicht stattgefunden. Im ärztlichen Befundbericht vom 9. Juni 2010 werde lediglich „Kraftlosigkeit“ in den Knien als von der Norm abweichender Befund angegeben. Davon könne keine besondere Dringlichkeit abgeleitet werden, die das Abwarten des regulären Widerspruchsverfahrens unmöglich gemacht hätte; Gefahr im Verzug hätte nicht vorgelegen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
20 
Die Klägerin beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf den bisherigen Vortrag sowie die Entscheidung des SG.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
25 
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden ist. Die Klage ist auf eine Geldleistung von mehr als 750,00 EUR gerichtet (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
26 
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 27. Juli bis zum 17. August 2010 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme.
27 
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 15 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach haben Leistungsberechtigte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften medizinischen Rehabilitation, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Vorschrift findet - sei es unmittelbar oder im Wege der Analogie - auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung; sie normiert trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbstbeschaffte Leistungen zur Rehabilitation (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R, Urteil vom 21 August .2008 - B 13 R 33/07 R, Juris).
28 
Der Erstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX - wie auch die Parallelvorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB IX - reicht dabei nicht weiter als der Sachleistungsanspruch. Der Kostenerstattungsanspruch richtet sich nach Art und Umfang des Primäranspruchs und besteht nur insoweit, als der Rehabilitationsträger nach den für ihn maßgeblichen Vorschriften leistungspflichtig gewesen wäre. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist damit nur unter den folgenden Voraussetzungen gegeben: Bestehen eines Naturalleistungsanspruchs des Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch den Versicherungsträger, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch den Versicherten, Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 2/08 R, Juris). Diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangene Rechtsprechung ist auch auf den Bereich der Rentenversicherung übertragbar, da der Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX der Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V entspricht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. August 2012 - L 11 R 5319/11, Juris).
29 
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nicht erfüllt.
30 
Entgegen der im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch nicht entgegen, dass die Klägerin sich die Leistung vor der Entscheidung der Beklagten beschafft hat. Der Aufenthalt am Toten Meer begann am 27. Juli 2010 und damit nach dem Erlass des Ablehnungsbescheids am 14. Juli 2010. Die stationäre Leistung zur Rehabilitation ist als einheitlicher Vorgang zu betrachten, der nicht in einzelne Zeitabschnitte aufgeteilt werden kann. Für die Beurteilung, ob und zu welchem Zeitpunkt sich die Klägerin die Behandlung selbst verschafft hat, ist daher auf den Beginn der Maßnahme abzustellen. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse oder den Rentenversicherungsträger einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. Zwischen dem die Haftung des Versicherungsträgers begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) muss ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn der Versicherungsträger vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Eine vorherige Entscheidung des Versicherungsträgers wäre selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa auf Grund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststünde (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R, Juris). Vorliegend war die Beklagte vor Beginn der Maßnahme mit dem Begehren der Klägerin befasst und hatte bereits einen ablehnenden Bescheid erlassen. Den Erlass eines Widerspruchsbescheids musste die Klägerin nicht abwarten.
31 
Die Beklagte hat die Bewilligung einer Maßnahme der stationären medizinischen Rehabilitation in Form einer Klimatherapie am Toten Meer aber nicht zu Unrecht abgelehnt.
32 
Nach § 9 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Entsprechende Rehabilitationsleistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, § 9 Abs. 2 SGB VI.
33 
An der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 SGB VI bestehen vorliegend keine Zweifel. Die Klägerin hat in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ergibt sich aus dem Gesamtkontenspiegel der Klägerin (Bl. 8/12 der Verwaltungsakte), ist zwischen den Beteiligten nicht strittig und bedarf daher keiner weiteren Darlegung.
34 
Die Klägerin erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 SGB VI. Bei der Klägerin ist nach den vorliegenden Befundunterlagen die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet; die erhebliche Gefährdung kann durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation abgewendet werden. Die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ergibt sich zum einen aus der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Bä. gegenüber dem SG vom 10. Dezember 2011 und seinem Attest im Verwaltungsverfahren vom 21. Juli 2010, zum anderen aus dem von Dr. Ha. erstellten Entlassungsbericht des DMZ vom 28. Juli 2010. Ausweislich des Entlassungsberichts bestanden zum Zeitpunkt der Eingangsuntersuchung am 28. Juli 2010 seitens der Gelenke massive, schmerzhafte Funktions- und Bewegungseinschränkungen an der gesamten Wirbelsäule, an beiden Kniegelenken, an den PIP- und DIP-Gelenken des rechten Mittelfingers sowie an den PIP- und DIP-Gelenken des linken Mittel- und Ringfingers. Diese Funktionsbeeinträchtigungen erklären auch die seitens der Klägerin geschilderten Beeinträchtigungen im Rahmen der Berufstätigkeit. Demnach litt sie unter erheblichen Rückenbeschwerden, die sie zwangen, ständig die Position zu wechseln und zu Schwierigkeiten beim Schreiben am PC führten. Ferner litt sie beim Schreiben am Computer aufgrund des Gelenkbefalls des rechten Mittelfingers sowie des linken Mittel- und Ringfingers an Schmerzen. Dass im Sommer 2010 die erhebliche Gefahr bestand, die überwiegend sitzende Tätigkeit als Event-Managerin nicht mehr ausüben zu können, ergibt sich auch aus dem Attest von Dr. Bä. vom 21. Juli 2010. Der behandelnde Arzt legt dar, dass die Klägerin unter erheblichen Schmerzschüben mit Chronifizierungstendenz gelitten hat.
35 
Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit konnte auch im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 a SGB VI durch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme abgewendet werden. Wie sich aus dem Bericht von Dr. Ha. ergibt, hatten sich zum Zeitpunkt der Entlassung die Gelenkbeschwerden und die Beweglichkeit deutlich gebessert. Die morgendliche Gelenksteifigkeit war vollkommen aufgehoben und die Schmerzzustände hatten abgenommen. Entgegen der von der Beklagten im vertretenen Auffassung ist unerheblich, ob dieses Ergebnis auch mit einer ambulanten Maßnahme am Wohnort hätte erreicht werden können. Für eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit ist nicht erforderlich, dass ambulante Maßnahmen vor Ort nicht ausreichen. Denn einen Grundsatz der Subsidiarität von Rehabilitationsleistungen gegenüber ambulanten Therapieformen vor Ort kennt das Gesetz nicht (Luthe in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 Rdnr. 51).
36 
Die Rehabilitationsleistung war aber nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ausgeschlossen, da sie nicht vor Ablauf von vier Jahren dringend erforderlich war. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind. Die Klägerin hat zuletzt im Jahr 2007 und damit innerhalb der Vier-Jahres-Frist eine Rehabilitationsleistung zu Lasten ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen, diese vorzeitige Leistung war nicht aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich. Dringend erforderlich bedeutet, dass ohne die vorzeitige Wiederholung mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit vor Ablauf der Vierjahresfrist zu rechnen ist. Voraussetzung ist ein höherer Grad der Gefährdung als „erheblich gefährdet“ in § 10 Nr. 1 SGB VI. Dringend erforderlich sind vorzeitige Leistungen beispielsweise, wenn eine nicht nur unerhebliche Verschlimmerung der der vorherigen Rehabilitationsleistung zugrunde liegenden Krankheit eingetreten ist, neue eingetretene Krankheiten vorliegen, die Krankheit aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer erheblichen Erwerbsminderung führt, die ohne vorzeitige Behandlung eine Erwerbsminderungsrente zur Folge hat oder eine Anschlussheilbehandlung der Rentenversicherung nach Krankenhausbehandlung angezeigt ist (Kater in Kassler Kommentar, 78. Ergänzungslieferung 2013, § 12 SGB VI Rdnr. 21, Luthe in jurisPK-SGB VI, a.a.O., § 12 Rdnr. 59 ff).
37 
Dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Frühjahr 2010 im Sinne des § 10 SGB VI erheblich gefährdet war, wurde bereits dargelegt. Die darüber hinausgehende dringende Notwendigkeit einer vorzeitigen Rehabilitationsmaßnahme ist aus Sicht des Senats nicht gegeben. Diese folgt auch nicht aus den Stellungnahmen von Dr. Bä.. In seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2011 führt er aus, dass die Klägerin im Frühjahr 2010 unter erheblichen Allergieproblemen, erheblichen Rückenproblemen und einem starken psychischen Leidensdruck am Arbeitsplatz litt. Diese Gesundheitsstörungen in Verbindung mit den durch Dr. Ha. beschriebenen erheblichen Bewegungseinschränkungen führten auch nach Auffassung des Senats zu einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, nicht aber zu der dringenden Notwendigkeit, eine Rehabilitationsmaßnahme vorzeitig durchzuführen. Die Fortführung der Medikation mit antiallergischen Tabletten in Verbindung mit einer inhalativen Behandlung und einem langwirksamen entkrampfenden Medikament für die Bronchien sowie regelmäßige Physiotherapie wäre ausreichend gewesen. Der Senat verkennt nicht, dass zur Vermeidung einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation eine Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll war, sieht diese zum damaligen Zeitpunkt aber nicht als dringend erforderlich an; ambulante Therapien wären zur Stabilisierung der gesundheitlichen Situation ausreichend gewesen. Insoweit folgt der Senat der Aussage der Beratungsärztin Ju..
38 
Der Klägerin sind daher die ihr tatsächlich entstandenen Kosten in Höhe von 2.678,08 EUR nicht zu erstatten.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
40 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
25 
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden ist. Die Klage ist auf eine Geldleistung von mehr als 750,00 EUR gerichtet (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
26 
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 27. Juli bis zum 17. August 2010 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme.
27 
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 15 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach haben Leistungsberechtigte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften medizinischen Rehabilitation, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Vorschrift findet - sei es unmittelbar oder im Wege der Analogie - auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung; sie normiert trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbstbeschaffte Leistungen zur Rehabilitation (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R, Urteil vom 21 August .2008 - B 13 R 33/07 R, Juris).
28 
Der Erstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX - wie auch die Parallelvorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB IX - reicht dabei nicht weiter als der Sachleistungsanspruch. Der Kostenerstattungsanspruch richtet sich nach Art und Umfang des Primäranspruchs und besteht nur insoweit, als der Rehabilitationsträger nach den für ihn maßgeblichen Vorschriften leistungspflichtig gewesen wäre. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist damit nur unter den folgenden Voraussetzungen gegeben: Bestehen eines Naturalleistungsanspruchs des Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch den Versicherungsträger, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch den Versicherten, Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 2/08 R, Juris). Diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangene Rechtsprechung ist auch auf den Bereich der Rentenversicherung übertragbar, da der Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX der Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V entspricht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. August 2012 - L 11 R 5319/11, Juris).
29 
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nicht erfüllt.
30 
Entgegen der im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch nicht entgegen, dass die Klägerin sich die Leistung vor der Entscheidung der Beklagten beschafft hat. Der Aufenthalt am Toten Meer begann am 27. Juli 2010 und damit nach dem Erlass des Ablehnungsbescheids am 14. Juli 2010. Die stationäre Leistung zur Rehabilitation ist als einheitlicher Vorgang zu betrachten, der nicht in einzelne Zeitabschnitte aufgeteilt werden kann. Für die Beurteilung, ob und zu welchem Zeitpunkt sich die Klägerin die Behandlung selbst verschafft hat, ist daher auf den Beginn der Maßnahme abzustellen. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse oder den Rentenversicherungsträger einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. Zwischen dem die Haftung des Versicherungsträgers begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) muss ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn der Versicherungsträger vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Eine vorherige Entscheidung des Versicherungsträgers wäre selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa auf Grund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststünde (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R, Juris). Vorliegend war die Beklagte vor Beginn der Maßnahme mit dem Begehren der Klägerin befasst und hatte bereits einen ablehnenden Bescheid erlassen. Den Erlass eines Widerspruchsbescheids musste die Klägerin nicht abwarten.
31 
Die Beklagte hat die Bewilligung einer Maßnahme der stationären medizinischen Rehabilitation in Form einer Klimatherapie am Toten Meer aber nicht zu Unrecht abgelehnt.
32 
Nach § 9 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Entsprechende Rehabilitationsleistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, § 9 Abs. 2 SGB VI.
33 
An der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 SGB VI bestehen vorliegend keine Zweifel. Die Klägerin hat in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ergibt sich aus dem Gesamtkontenspiegel der Klägerin (Bl. 8/12 der Verwaltungsakte), ist zwischen den Beteiligten nicht strittig und bedarf daher keiner weiteren Darlegung.
34 
Die Klägerin erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 SGB VI. Bei der Klägerin ist nach den vorliegenden Befundunterlagen die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet; die erhebliche Gefährdung kann durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation abgewendet werden. Die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ergibt sich zum einen aus der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Bä. gegenüber dem SG vom 10. Dezember 2011 und seinem Attest im Verwaltungsverfahren vom 21. Juli 2010, zum anderen aus dem von Dr. Ha. erstellten Entlassungsbericht des DMZ vom 28. Juli 2010. Ausweislich des Entlassungsberichts bestanden zum Zeitpunkt der Eingangsuntersuchung am 28. Juli 2010 seitens der Gelenke massive, schmerzhafte Funktions- und Bewegungseinschränkungen an der gesamten Wirbelsäule, an beiden Kniegelenken, an den PIP- und DIP-Gelenken des rechten Mittelfingers sowie an den PIP- und DIP-Gelenken des linken Mittel- und Ringfingers. Diese Funktionsbeeinträchtigungen erklären auch die seitens der Klägerin geschilderten Beeinträchtigungen im Rahmen der Berufstätigkeit. Demnach litt sie unter erheblichen Rückenbeschwerden, die sie zwangen, ständig die Position zu wechseln und zu Schwierigkeiten beim Schreiben am PC führten. Ferner litt sie beim Schreiben am Computer aufgrund des Gelenkbefalls des rechten Mittelfingers sowie des linken Mittel- und Ringfingers an Schmerzen. Dass im Sommer 2010 die erhebliche Gefahr bestand, die überwiegend sitzende Tätigkeit als Event-Managerin nicht mehr ausüben zu können, ergibt sich auch aus dem Attest von Dr. Bä. vom 21. Juli 2010. Der behandelnde Arzt legt dar, dass die Klägerin unter erheblichen Schmerzschüben mit Chronifizierungstendenz gelitten hat.
35 
Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit konnte auch im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 a SGB VI durch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme abgewendet werden. Wie sich aus dem Bericht von Dr. Ha. ergibt, hatten sich zum Zeitpunkt der Entlassung die Gelenkbeschwerden und die Beweglichkeit deutlich gebessert. Die morgendliche Gelenksteifigkeit war vollkommen aufgehoben und die Schmerzzustände hatten abgenommen. Entgegen der von der Beklagten im vertretenen Auffassung ist unerheblich, ob dieses Ergebnis auch mit einer ambulanten Maßnahme am Wohnort hätte erreicht werden können. Für eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit ist nicht erforderlich, dass ambulante Maßnahmen vor Ort nicht ausreichen. Denn einen Grundsatz der Subsidiarität von Rehabilitationsleistungen gegenüber ambulanten Therapieformen vor Ort kennt das Gesetz nicht (Luthe in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 Rdnr. 51).
36 
Die Rehabilitationsleistung war aber nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ausgeschlossen, da sie nicht vor Ablauf von vier Jahren dringend erforderlich war. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind. Die Klägerin hat zuletzt im Jahr 2007 und damit innerhalb der Vier-Jahres-Frist eine Rehabilitationsleistung zu Lasten ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen, diese vorzeitige Leistung war nicht aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich. Dringend erforderlich bedeutet, dass ohne die vorzeitige Wiederholung mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit vor Ablauf der Vierjahresfrist zu rechnen ist. Voraussetzung ist ein höherer Grad der Gefährdung als „erheblich gefährdet“ in § 10 Nr. 1 SGB VI. Dringend erforderlich sind vorzeitige Leistungen beispielsweise, wenn eine nicht nur unerhebliche Verschlimmerung der der vorherigen Rehabilitationsleistung zugrunde liegenden Krankheit eingetreten ist, neue eingetretene Krankheiten vorliegen, die Krankheit aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer erheblichen Erwerbsminderung führt, die ohne vorzeitige Behandlung eine Erwerbsminderungsrente zur Folge hat oder eine Anschlussheilbehandlung der Rentenversicherung nach Krankenhausbehandlung angezeigt ist (Kater in Kassler Kommentar, 78. Ergänzungslieferung 2013, § 12 SGB VI Rdnr. 21, Luthe in jurisPK-SGB VI, a.a.O., § 12 Rdnr. 59 ff).
37 
Dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Frühjahr 2010 im Sinne des § 10 SGB VI erheblich gefährdet war, wurde bereits dargelegt. Die darüber hinausgehende dringende Notwendigkeit einer vorzeitigen Rehabilitationsmaßnahme ist aus Sicht des Senats nicht gegeben. Diese folgt auch nicht aus den Stellungnahmen von Dr. Bä.. In seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2011 führt er aus, dass die Klägerin im Frühjahr 2010 unter erheblichen Allergieproblemen, erheblichen Rückenproblemen und einem starken psychischen Leidensdruck am Arbeitsplatz litt. Diese Gesundheitsstörungen in Verbindung mit den durch Dr. Ha. beschriebenen erheblichen Bewegungseinschränkungen führten auch nach Auffassung des Senats zu einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, nicht aber zu der dringenden Notwendigkeit, eine Rehabilitationsmaßnahme vorzeitig durchzuführen. Die Fortführung der Medikation mit antiallergischen Tabletten in Verbindung mit einer inhalativen Behandlung und einem langwirksamen entkrampfenden Medikament für die Bronchien sowie regelmäßige Physiotherapie wäre ausreichend gewesen. Der Senat verkennt nicht, dass zur Vermeidung einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation eine Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll war, sieht diese zum damaligen Zeitpunkt aber nicht als dringend erforderlich an; ambulante Therapien wären zur Stabilisierung der gesundheitlichen Situation ausreichend gewesen. Insoweit folgt der Senat der Aussage der Beratungsärztin Ju..
38 
Der Klägerin sind daher die ihr tatsächlich entstandenen Kosten in Höhe von 2.678,08 EUR nicht zu erstatten.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
40 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.