Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Jan. 2018 - 6 K 1203/15

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2018:0125.6K1203.15.00
bei uns veröffentlicht am25.01.2018

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

I. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 18. Mai 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2015 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 500.000,00 € reduziert werden.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten, sofern nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger im Zeitpunkt des Zuflusses einer Abfindung als in Großbritannien ansässig anzusehen war mit der Folge, dass nach dem DBA Großbritannien 1964 das Besteuerungsrecht ausschließlich bei Großbritannien liegt.

2

Der am ... 1962 geborene Kläger war bis 31.12.2008 Vorsitzender der Geschäftsführung der D GmbH, einer Tochtergesellschaft der D AG; der Anstellungsvertrag war mit der D AG abgeschlossen.

3

Am 15.05.2008 schlossen der Kläger und die D AG einen Aufhebungsvertrag, nach dem der Anstellungsvertrag zum 31.12.2008 beendet wurde; zum Ausgleich für den Verlust seines Arbeitsplatzes wurde dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 500.000 € brutto zugesagt. Diese Abfindung wurde auf dem Konto des Klägers am 05.01.2009 gutgeschrieben.

4

Am 10.12.2008 gab der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland auf und mietete in London eine Wohnung an. Der Mietvertrag  war zunächst befristet für sechs Monate abgeschlossen (Ziffer 1.6.1). Nach Ablauf der Befristung verlängerte der Kläger den Mietvertrag jeweils um einen Monat bis zu seinem Auszug. Zum 01.09.2009 zog der Kläger wieder nach Deutschland.

5

Der Beklagte erfasste die Abfindung im Einkommensteuerbescheid für 2009. Die sog. Fünftel-Regelung wendete er nicht an, da die Abfindung die bis Ende 2009 entgehenden Einnahmen nicht überstieg.

6

Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein.

7

Zur Begründung trug er vor, er sei im Zeitpunkt des Bezugs der Abfindung „resident“ im Sinne des nationalen britischen Steuerrechts gewesen und deshalb sei die Abfindung ausschließlich in Großbritannien zu versteuern.

8

Er habe vor seinem Umzug im Zusammenhang mit einer geplanten Beratungstätigkeit im Telekommunikationsbereich die B Ltd. gegründet.

9

Nach dem BMF-Schreiben vom 14.09.2006, Rz. 21 (BStBl I S. 532) seien Abfindungen, die einem Arbeitnehmer anlässlich seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt würden, regelmäßig als nachträgliche Tätigkeitsvergütungen den Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit zuzuordnen. Es handele sich nicht um zusätzliches Entgelt für die frühere Tätigkeit. Deshalb sei für die Besteuerung der Zeitpunkt der Auszahlung maßgeblich.

10

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 05.02.2015 als unbegründet zurück.

11

Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe in der Zeit vom 10.12.2008 bis 31.08.2009 in Deutschland weder einen Wohnsitz, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Damit habe keine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bestanden.

12

Eine natürliche Person sei in Großbritannien mit ihrem gesamten Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie dort „resident“ sei. Eine gesetzliche Definition dieses Begriffs gebe es nicht. Der Begriff leite sich vielmehr aus der britischen Rechtsprechung ab. Maßgeblich seien die tatsächlichen Umstände. Dabei zählten nicht nur die tatsächlichen Tage des Aufenthalts, sondern es sei eine Wertung anhand der Gesamtumstände vorzunehmen.

13

Eine Person, die einen Aufenthalt von weniger als zwei Jahren plane, oder die noch nicht wisse, wie lange sie bleiben werde, begründe die Ansässigkeit in Großbritannien erst, wenn sie sich mindestens 183 Tage im britischen Steuerjahr dort aufhalte oder in vier aufeinander folgenden Steuerjahren jeweils mindestens 91 Tage dort anwesend sei (Levedag in Wassermeyer, DBA Großbritannien, Anhang Rz. 17 ff.). Dabei spiele die Absicht, mit der der Aufenthalt in Großbritannien begründet worden sei, keine Rolle.

14

Nach britischem nationalem Steuerrecht werde in Großbritannien durch die Wohnsitznahme nicht automatisch die unbeschränkte Steuerpflicht ausgelöst. Maßgeblich sei die physische Anwesenheit im britischen Steuerjahr, das vom 06.04. eines Jahres bis zum 05.04. des jeweiligen Folgejahres dauere. Verbringe eine Person mehr als 183 Tage im Steuerjahr in Großbritannien, dann gelte sie unwiderleglich als „resident“.

15

Der Kläger sei im Steuerjahre 2008/2009 nur an 116 Tagen und im Steuerjahr 2009/2010 nur an 148 Tagen in Großbritannien anwesend gewesen und erfülle damit die zeitlichen Voraussetzungen für die unwiderlegbare Vermutung nicht.

16

Nach außen hin sei nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger die feste Absicht gehabt habe, dauerhaft nach Großbritannien zu gehen.

17

In Art. II Abs. 1 DBA Großbritannien 1964 werde der Mittelpunkt der Lebensinteressen als das Gebiet definiert, zu dem die betroffene Person die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe. Dies sei an objektiven Kriterien zu messen.

18

Die persönlichen Beziehungen des Klägers seien enger zu Deutschland, da er deutscher Staatsbürger sei, lange in Deutschland gelebt habe und eine in Deutschland lebende Tochter habe. Auch wirtschaftliche Beziehungen habe er weiterhin zu Deutschland, da er die ihm gehörende, zuvor selbst genutzte Wohnung möbliert vermiete. Seine Konten in Deutschland habe er beibehalten. Allein der geplante Aufbau seiner Selbstständigkeit in Großbritannien lasse keine Rückschüsse darauf zu, dass er auch seinen Lebensmittelpunkt habe verlagern wollen.

19

Komme eine Person ohne ernsthafte Absichten der dauernden Sesshaftigkeit nach Großbritannien oder sei sie diesbezüglich unentschlossen, so könne sie nach allgemeiner DBA-Kommentierung nicht als „resident“ (ansässig) angesehen werden.

20

Da der Kläger im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung mithin weder in Deutschland, noch in Großbritannien ansässig gewesen sei, sei das DBA Großbritannien 1964 nicht anwendbar. Das deutsche Besteuerungsrecht sei nicht eingeschränkt.

21

Der Kläger sei im Zeitpunkt des Bezuges der Abfindung in Deutschland beschränkt steuerpflichtig gewesen. Seit dem 01.09.2009 sei er unbeschränkt steuerpflichtig.

22

Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG gehörten Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit, die als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt würden, zu den inländischen Einkünften, sofern die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen hätten. Nach dem BFH-Urteil vom 19.12.2001 – I R 63/00 greife § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch dann, wenn ein im Ausland wohnender Arbeitnehmer eine Nachzahlung für die frühere Tätigkeit im Inland erhalte. Entscheidend sei somit der wirtschaftliche Zusammenhang mit der inländischen Tätigkeit. Dieser bestehe im Fall des Klägers. Gemäß § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG gelte der Arbeitslohn in Form einer Entschädigungszahlung (sonstiger Bezug) im Kalenderjahr des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) als bezogen, also im Streitjahr 2009.

23

Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG seien die während der Zeit der beschränkten Steuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in die Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht mit einzubeziehen. Somit seien die gesamten Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2009 zu veranlagen.

24

Die Abfindung könne nicht nach § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG im Rahmen der sog. Fünftel-Regelung ermäßigt besteuert werden, da sie die bis Ende 2009 entgehenden Einnahmen nicht überstiegen habe; das Merkmal der Zusammenballung von Einnahmen i.S. des § 34 EStG sei somit nicht erfüllt.

25

Hilfsweise für den Fall der Bejahung der Ansässigkeit in Großbritannien sei Art. 11 DBA Großbritannien 1964 anzuwenden. Die Abfindung gehöre grundsätzlich zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit. Art. 11 Abs. 3 regele die Behandlung von Gehältern, Löhnen und ähnlichen Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person – hier Großbritannien – für eine in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – ausgeübte nicht selbstständige Arbeit beziehe. Diese Vergütungen dürften nur dann in dem erstgenannten Gebiet – hier Großbritannien – besteuert werden, wenn

26
a) der Empfänger sich in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhalte
27
b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitnehmer gezahlt würden, der nicht in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – ansässig sei und
28
c) die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung abgezogen würden, die der Arbeitgeber in dem anderen Gebiet – hier Deutschland – habe.
29

Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen, um das Besteuerungsrecht Großbritannien zuzuordnen.

30

Stelle man auf das britische Steuerjahr ab, das vom 06.04.2008 bis zum 05.04.2009 gedauert habe, so habe der Kläger sich mehr als 183 Tage in Deutschland aufgehalten. Der Kläger sei tatsächlich im anderen Gebiet, nämlich Deutschland ansässig gewesen und die Vergütungen seien von einer Einrichtung gezahlt worden, die der Arbeitgeber D AG in Deutschland habe.

31

Dieses Ergebnis stimme auch mit der Willensrichtung späterer Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und Großbritannien vom 08.11.2011 und vom 09.07.2012 überein, die sich auch in dem aktuellen BMF-Schreiben vom 12.11.2014 niederschlügen (Rz. 195). Danach stehe das Besteuerungsrecht für Abfindungen, die als Vergütung aus dem früheren Arbeitsverhältnis oder für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gezahlt würden, dem früheren Tätigkeitsstaat zu.

32

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, zwischen der D AG und ihm habe ein Konzernarbeitsverhältnis für mit Organverantwortung betraute Führungskräfte der Konzern-Tochtergesellschaften bestanden. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag vom 15.05.2008 sei der Kläger Vorsitzender der Geschäftsführung der D GmbH, einer Tochtergesellschaft der D AG gewesen. Die Bestellung des Klägers als Vorsitzender der Geschäftsführung habe mit Ablauf des 31.12.2008 geendet. Da die D AG angekündigt habe, den Kläger nicht erneut zum Vorstand zu bestellen, sei zwischen den Parteien am 15.05.2008 ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden.

33

Gemäß § 3 des Anstellungsvertrages vom 22.03.2006/26.03.2006 hätten die Bezüge des Klägers aus einem Jahresgrundgehalt, einer variablen Jahresabschlussvergütung sowie einer garantierten Basistantieme bestanden. Entsprechend § 3 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages vom 15.05.2008 sei vereinbart worden, dass der Kläger für die vorzeitige Beendigung seines Anstellungsvertrages eine einmalige Abfindung in Höhe von 500.000 € brutto in entsprechender Anwendung der §§ 9,10 Kündigungsschutzgesetz erhalte. Im Rahmen des Aufhebungsvertrages habe der Kläger vom Arbeitgeber eine Abrechnungsbescheinigung bis einschließlich Dezember 2008 erhalten, in die die Abfindung einbezogen worden sei. Den insgesamt bescheinigten Betrag in Höhe von 1.067.298,16 € habe die D AG für 2008 vollumfänglich der Lohnsteuer unterworfen.

34

Der Kläger sei seit dem 01.08.2008 freigestellt gewesen. Während dieser Zeit seien die monatlichen Bezüge weiter gezahlt worden. Die Abfindung in Höhe von 500.000 € betreffe damit vollumfänglich den Verlust des Arbeitsplatzes. Sie sei für zukünftige Einnahmen bezahlt worden und stelle kein Entgelt für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Es handele sich nicht um bereits verdiente Gehaltsansprüche. Alle Zahlungen des Arbeitgebers, sowohl das Jahresgrundgehalt als auch die variablen Bezüge bis zum 31.12.2008, seien als Arbeitslohn zusätzlich zur vereinbarten Abfindung gezahlt worden.

35

Der Kläger habe seine Wohnung in H bereits seit dem 01.07.2008 möbliert vermietet. Vorübergehend habe er eine möblierte Wohnung in K angemietet. Am 10.12.2008 habe er sich in Deutschland abgemeldet. Das Mietverhältnis über die angemietete Wohnung in K sei zum 31.12.2008 gekündigt worden. Der Kläger habe im Jahr 2008 seinen Wohnsitz nach London verlagert. Er habe am 12.12.2008 ein Apartment in London angemietet. Der Kläger habe somit im Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung ausschließlich einen Wohnsitz in London gehabt. Er habe auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr in Deutschland gehabt.

36

Da es für den Kläger sehr schwer gewesen sei, im Rahmen seiner Tätigkeit in Deutschland Arbeit zu finden, habe er sich ab dem Zeitpunkt der Freistellung bemüht, eine neue Existenz in England aufzubauen. Dazu habe er bereits während seiner Freistellung Gespräche mit Herrn Dr. H, dem Geschäftsführer der X International zwecks Übernahme der Geschäfte für die X in London geführt. Die X International sei im Bereich der Headhunter weltweit die Nummer 5. Hier habe er als managing director tätig werden sollen. Er habe in Absprache mit Herrn Dr. H eine Partnerschaft für eine Headhunter Organisation aufbauen sollen. Darüber hinaus habe eine Vereinbarung bestanden, selbst als Headhunter erfolgsabhängig tätig zu werden. Der Kläger habe parallel eine Beratungstätigkeit im Telekommunikationsbereich geplant und über eine eigene neu gegründete Gesellschaft Projekte im Bereich Telekommunikation, Medien, Industrie und Sanierung gewinnen wollen. Als weiteres Standbein habe er zusammen mit Herrn Dr. E, dem Gründer der deutschen B GmbH auch in Großbritannien eine gleiche Gesellschaft gründen wollen.

37

Der Kläger sei im Hinblick auf den Aufbau seiner neuen Existenz auch davon ausgegangen, mehrere Jahre in London zu verbringen. Insoweit hätten bereits die im Rahmen der Existenzplanung geführten Gespräche und die geplanten Vereinbarungen ein langfristiges mehrjähriges Engagement des Klägers in London erforderlich gemacht.

38

Spätestens mit Anmeldung des Telefonanschlusses und Einzug in das gemietete Apartment in London habe der Kläger im Dezember 2008 seine berufliche und private Lebensplanung komplett nach Großbritannien verlagert. Dies ergebe sich nicht nur aus der Absicht, für die X International zu arbeiten, sondern auch objektiv aus dem Aufbau sozialer Kontakte zu Sportklubs und Sponsoring. Der Kläger sei Mitglied des R Sports Club gewesen und darüber hinaus habe er die B Ltd. gegründet. Im persönlichen Bereich sei zu diesem Zeitpunkt das Scheidungsverfahren des Klägers eingeleitet gewesen; die Ehegatten hätten getrennt gelebt. Auch im Hinblick auf das laufende Scheidungsverfahren sei der Aufbau einer neuen Existenz in London langfristig angelegt gewesen.

39

Nur aufgrund der Wirtschafts- und Bankenkrise 2008/2009 hätten die angestrebten Ziele und Erwartungen nicht erreicht werden können. Aufgrund der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 und insbesondere ab Mai bis Juni 2009 sei die Krise in Großbritannien so heftig gewesen, dass der Kläger erhebliche Kosten habe aufwenden und Verluste hinnehmen müssen. Da aufgrund der Bankenkrise insbesondere am Finanzstandort London die Bedingungen sich sehr verschlechtert hätten und auch niemand mehr investiert habe, sei der Kläger gezwungen worden, seine geplante Existenz in London zur Vermeidung weiterer Verluste aufgrund der hohen Kosten und fehlenden Einkünfte in Frage zu stellen und auch seinen Wohnsitz in London aufzugeben. Aufgrund der Gespräche mit Headhuntern habe der Kläger sodann eine Option für eine Tätigkeit bei der Firma T in M (Deutschland) gehabt.

40

Das Scheitern der beruflichen Planung habe allein auf der Bankenkrise und deren Auswirkungen am Bankenplatz London beruht. Diese Krise habe den Kläger aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, im September 2009 eine neue Tätigkeit in Deutschland anzunehmen und wieder nach Deutschland zurückzukehren.

41

Die Abfindung sei am 05.01.2009 auf dem Konto des Klägers gutgeschrieben worden. Soweit das beklagte Finanzamt die Abfindung zunächst im Jahr 2008 der Besteuerung unterworfen habe, sei dem Einspruch des Klägers gegen die Veranlagung 2008 stattgegeben worden. Sodann habe das Finanzamt die Ansicht vertreten, dass die Besteuerung im Jahr 2009 zu erfolgen habe.

42

Da der Kläger im Zahlungszeitpunkt am 05.01.2009 in Großbritannien ansässig gewesen sei und Abfindungen nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 OECD-Musterabkommen grundsätzlich in dem Staat zu besteuern seien, in dem der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung ansässig sei, habe das Besteuerungsrecht dem Grunde nach im Jahr 2009 dem Staat Großbritannien oblegen. Eine Entlassungsabfindung für einen in das Ausland verzogenen Arbeitnehmer, die den Verlust künftigen Arbeitsverdienstes abgelten solle und keinen Zusammenhang zu einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit im Inland aufweise, zähle nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG. Der der Lohnsteuer unterworfene Teil der Abfindung in Höhe von 500.000 € sei nicht im Rahmen einer unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers zu erfassen. Der Kläger sei bereits im Dezember 2008 nach London verzogen und habe im Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt. Damit habe zum Zeitpunkt der Zahlung entsprechend § 9 AO auch kein gewöhnlicher Aufenthalt des Klägers in Deutschland bestanden. Unter Bezugnahme auf die BFH-Rechtsprechung zur Auslegung von Regelungen des Doppelbesteuerungsrechts bei Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit (entsprechend Art. 15 des OECD-Musterabkommens) würden Entlassungsabfindungen, die den Verlust des Arbeitsplatzes und den damit einher gehenden Verlust des künftigen Arbeitsverdienstes abgelten sollten, nicht für die Ausübung einer konkreten Tätigkeit im Inland oder Ausland gezahlt, sondern für die Beendigung der Tätigkeit. Deshalb sei eine Besteuerung dem Ansässigkeitsstaat vorbehalten (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.1988 – I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819; BFH-Beschluss vom 12.09.2006 – I B 27/06, BFH/NV 2007, 13; BMF-Schreiben vom 14.09.2006, BStBl I 2006, 532, Tz. 121). Unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 27.08.2008 – I R 81/07 folge daraus, dass eine Abfindung, die den Verlust künftigen Arbeitsverdienstes abgelten solle und keinen Zusammenhang zu einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit im Inland aufweise, nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG zähle. Entsprechend den Ansichten in Rechtsprechung und Literatur stelle auch die Änderung des Tatbestandes in § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 lediglich sicher, dass eine Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfolgen könne. Unter Hinweis auf das DBA Großbritannien komme im vorliegenden Fall eine Besteuerung der Abfindungszahlungen in Deutschland jedoch nicht in Betracht. In Großbritannien sei man unbeschränkt steuerpflichtig, wenn man „resident“ oder „domiciled“ sei. Im vorliegenden Falle des Klägers als Ausländer komme nur „resident“ in Frage; dabei werde wiederum unterschieden zwischen „ordinarily resident“ und „resident“. Für die Frage der Ansässigkeit komme es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles an. Dabei seien nicht einfach die Anzahl der Tage die man in Großbritannien verbringe, maßgeblich. In Ziffer 2.2 des Schreibens HM Revenue & Costoms, Residence, domicile and the remittance basis, Stand November 2013 (Bl. 109-115 PA), seien die wesentlichen Aspekte aufgeführt, nach denen eine Person „resident“ in Großbritannien sei:

43
· Soziale Beziehungen habe der Kläger in Großbritannien aufgebaut, indem er sich nicht nur geschäftlich engagiert, sondern auch sozial im Rahmen von Freundschaften integriert habe. Er habe auch seine Freizeit in London organisiert und sei z.B. Mitglied in dem R Sports Club gewesen.
44
· Der Kläger habe enge geschäftliche Beziehungen in London geknüpft, indem er versucht habe, für X International in London eine Struktur aufzubauen. Er sei selbstständig erfolgsabhängig als Headhunter tätig geworden, habe eine englische Gesellschaft gegründet und versucht im Bereich Telekommunikation, Medien und Industrie Projekte zu gewinnen und zu verwirklichen. Bereits im Rahmen dieser umfangreichen Tätigkeiten und Beschäftigungen habe der Kläger enge Verbindung nach Großbritannien geschaffen.
45
· Der Kläger habe auch über so genannte „property ties“ verfügt, indem er ein Apartment angemietet habe.
46

Damit zeigten schon die von der britischen Finanzverwaltung aufgezeigten Kriterien, dass eine so enge Beziehung zu Großbritannien bestanden habe, dass eine „residence“ vorgelegen habe. Das einzige Kriterium, das vorliegend etwas geringer ausgeprägt sei, seien die persönlichen familiären Beziehungen. Dies sei aber auch nachvollziehbar, da der Kläger im Zeitpunkt seines Umzugs nach Großbritannien bereits von seiner Ehefrau getrennt gelebt habe und ab diesem Zeitpunkt bezüglich der getrennt lebenden Ehefrau auch keine ausgeprägten persönlichen Beziehungen und Verbindungen zu Deutschland mehr bestanden hätten.

47

Der Kläger habe zudem auch die Voraussetzungen als „ordinarily resident“ erfüllt. Das Schreiben der britischen Finanzverwaltung liste in Ziffer 3 ab Seite 9 die Kriterien hierfür auf. Eine Person sei „ordinarily resident“, wenn ihr Aufenthalt in Großbritannien für die Zeit der Betrachtung typisch und nicht nur gelegentlich sei. Dabei sei es nicht erforderlich, dass eine Person vorhabe, dauerhaft in Großbritannien zu verbleiben. Vielmehr seien folgende Kriterien ausreichend:

48
· Der Aufenthalt müsse für einen gewissen Zeitraum als beständig anzusehen sein. Die Person müsse sich in Großbritannien für diesen Zeitraum niedergelassen haben. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger, indem er in London ein Apartment angemietet habe, seinen deutschen Wohnsitz aufgegeben und seinen Lebensmittelpunkt nach London verlegt habe. Auch die Aktivitäten neben der beruflichen Orientierung wie z.B. der Aufbau sozialer Kontakte und die Gestaltung seiner Freizeit im Rahmen einer Mitgliedschaft in einem Sportclub hätten gezeigt, dass er sich dort niedergelassen habe.
49
· Der Aufenthalt in Großbritannien für eine bestimmte Zeit sei auch Teil der üblichen und gebräuchlichen Lebensweise. Der Kläger habe sich in London niedergelassen, sein soziales Leben in London konzentriert und sich in erheblichem Maße beruflich engagiert. Er habe mehrere Projekte begleitet, eine Firma gegründet und auch im Rahmen der dargelegten Absprachen und beruflichen Vorhaben mit seinen Partnern und Auftraggebern die Absicht gehabt, mehrere Jahre in London tätig zu sein.
50
· Der Kläger sei schließlich auch freiwillig nach Großbritannien gekommen.
51

Die gesamten Umstände des Aufenthalts des Klägers in Großbritannien zeigten bereits objektiv, dass er schon im Zeitpunkt des Umzugs vorgehabt habe, dort seinen Lebensmittelpunkt einzurichten und sich nur gelegentlich noch außerhalb des U.K. und insbesondere in Deutschland aufzuhalten.

52

Nach dem lokalen Recht in Großbritannien sei es zwar grundsätzlich möglich, dass eine Person „ordinarily resident“, jedoch nicht „resident“ sei. Dies sei allerdings unüblich und komme wohl auch nur in Fällen des Wegzugs aus Großbritannien vor.

53

In die Gesamtbetrachtung sei vorliegend auch einzubeziehen, dass der Kläger fast ein gesamtes Jahr versucht habe, in London geschäftlich Fuß zu fassen und die Anzahl der Tage in Großbritannien nur deshalb nicht den Anforderungen genügten, weil sie sich auf zwei britische Steuerjahre verteilten. Es leuchte durchaus ein, dass das Steuerrecht Großbritanniens es nicht allein diesem Zufall unterwerfe, ob jemand als „resident“ angesehen werde. Sollte die Auffassung der Finanzverwaltung richtig sein, wäre die Ansässigkeit und damit die Steuerpflicht in Großbritannien auch sehr leicht gestaltbar, was nicht den Intentionen eines entwickelten Steuerrechts entsprechen könne.

54

Art. 11 des DBA Großbritannien bestimme die Zuordnung des Besteuerungsrechts in Fällen der nicht selbstständigen Tätigkeit. Dabei stehe das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat, hier also Großbritannien zu. Art. 11 Abs. 3 DBA Großbritannien regele den Fall, dass sich eine Person mindestens 183 Tage eines Steuerjahres im Tätigkeitsstaat aufhalte. Steuerjahr sei dabei das Jahr, in dem die Vergütung gezahlt werde, hier also das Jahr 2009. Die Einspruchsentscheidung stelle auf das Steuerjahr in Großbritannien ab. Da es hier jedoch um die Besteuerung im Tätigkeitsstaat Deutschland gehe, müsse sich das Steuerjahr nach dem Tätigkeitsstaat bestimmen. Im Steuerjahr 2009 habe der Kläger sich weniger als 183 Tage in Deutschland aufgehalten. Gegen die Rechtsansicht der Finanzverwaltung spreche weiterhin, dass ein DBA gar nicht zum Tragen käme bzw. nicht anwendbar wäre, wenn man erst im 2. Halbjahr des Steuerjahres nach Großbritannien komme.

55

In Erwiderung der Stellungnahme des Beklagten trägt der Kläger vor, die Auffassung des Beklagten zur Steuerpflicht in Großbritannien decke sich nur teilweise mit den Regelungen der britischen Finanzverwaltung, die in deren Broschüre dargelegt seien. Auch bei kürzerem Aufenthalt bestehe eine Ansässigkeit in Großbritannien, wenn von Anfang an die Absicht bestehe, dort für einen längeren Zeitraum zu leben. Allerdings sei es hierfür im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten nicht erforderlich, eine Wohnung zu besitzen oder einen 3-jährigen Mietvertrag abgeschlossen zu haben. Mietverträge würden in Großbritannien – anders als in Deutschland – in der Regel nicht unbefristet, sondern für eine feste Mindestvertragslaufzeit abgeschlossen. Üblich sei ein Zeitraum von sechs Monaten oder einem Jahr, wobei sich die Mietzeit um den gleichen Zeitraum verlängere, wenn keine Partei kündige. Ein Mindestmietvertrag von drei Jahren sei im Umkreis von London nicht möglich.

56

Der Beklagte gehe auf alle Möglichkeiten der Begründung einer Ansässigkeit in Großbritannien ein. Relevant sei jedoch nur, dass der Kläger eine Form der „residence“ begründe. Im Streitfall liege klägerseits die sogenannte „ordinary residence“ vor. Hierzu werde insbesondere auf 3.2 des Schreibens der britischen Finanzverwaltung hingewiesen. Ergänzend zu den bereits vorgetragenen Kriterien

57
· ausschließlicher Wohnsitz in Großbritannien bereits im Jahr 2008
58
· umfangreiche berufliche Vorbereitungen für einen längeren Aufenthalt in Großbritannien
59
· soziale Kontakte in erheblichem Umfang bereits zu Beginn des Aufenthalts
60
· Abbruch der Beziehungen zur damaligen Ehefrau aufgrund des laufenden Scheidungsverfahrens
werde vorgetragen:
61

Die ...-Mitgliedschaft im R Sports Club London habe der Kläger langfristig abgeschlossen und erst im Jahr 2010 gekündigt. Er könne durch Zeugen belegen, dass er sich häufig im Sportclub aufgehalten habe.

62

Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Kläger auch beabsichtigt habe, in London zu promovieren und sich dort in einer Hochschule zu immatrikulieren. Dies vor dem Hintergrund, dass der Abschluss des Klägers als Master of science aus den USA für eine Promotion in Deutschland nicht anerkannt worden sei, die Anerkennung in England jedoch ohne Probleme möglich sei. Erste Priorität habe für den Kläger jedoch vor der Aufnahme des berufsbegleitenden Promotionsstudiums gehabt, zunächst ein stabiles Einkommen zu erzielen.

63

Der Kläger habe auch bereits persönliche Beziehungen in London unterhalten. So habe er bereits im Dezember 2008 eine Freundin kennengelernt, mit der er beabsichtigt habe, eine gemeinsame Wohnung zu beziehen. Die Beziehung habe dadurch geendet, dass die Freundin eine Stelle in den USA angenommen habe. Der Kläger habe zu diesem Zeitpunkt keine persönlichen Beziehungen mehr nach Deutschland gehabt. Die Tochter des Klägers habe bei seiner getrennt lebenden Ehefrau gelebt. Bis auf die Unterhaltszahlungen habe er zu ihr zum damaligen Zeitpunkt keinen Kontakt gehabt. Der Kontakt zur Tochter sei erst wieder im Jahr 2012 intensiviert worden.

64

Bezüglich der Tätigkeit des Klägers für die X UK werde zum weiteren Nachweis der E-Mail-Verkehr zwischen dem Kläger und Frau G bzw. Herrn Dr. H übermittelt (Bl. 154-159 PA). Als ehemaliger CEO der D sei der Kläger auch in der Lage gewesen, die Themen bei British Y erfolgreich zu verkaufen. Dafür habe der Kläger etwa ein Jahr als Zeitaufwand eingeplant.

65

Die Firma B sei Marktführer im Bereich Web Display Advertising gewesen. Da England im Bereich des Internets sehr fortschrittlich sei, sei dies eine weitere wichtige Wachstumssäule für den Kläger in London gewesen.

66

Unzutreffend sei die Auffassung des Beklagten, dass man nur bei mindestens 183 Tagen Aufenthalt im Jahr und wenn die feste nach außen sichtbare Absicht bestehe für mindestens drei Jahre in Großbritannien zu bleiben, ab Beginn des Aufenthalts als „ordinarily resident“ anzusehen sei. Es bestehe im britischen Steuerrecht keine Kumulation zwischen einem Aufenthalt von 183 Tagen im Jahr und einer Bleibensabsicht. So schreibe die britische Finanzverwaltung in ihrer Broschüre auf Seite 6 unten:

67

„Sie können auch dann resident im Vereinigten Königreich sein, wenn Sie sich hier weniger als 183 Tage im Steuerjahr aufhalten. Dies bestimmt sich danach, wie häufig und wie lange Sie hier sind, dem Grund und dem Muster ihres Aufenthalts und ihrer Beziehung zu UK. Dies kann den Aufenthalt ihrer Familie, ihres Eigentums, ihres Arbeitslebens und ihrer sozialen Beziehungen umfassen.“

68

Auch das Beispiel 1 auf Seite 10 der Broschüre zeige, dass eine Person „resident“ und „ordinarily resident“ sein könne, obwohl sie sich weniger als 183 Tage in UK aufhalte.

69

Die Darstellung der steuerlichen Auswirkungen der Ansässigkeit in Großbritannien sei vorliegend irrelevant, da es allein auf die Begründung eines Aufenthalts nach dem Doppelbesteuerungsabkommen ankomme. Diese Ansässigkeit allein sei maßgeblich für die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Großbritannien.

70

Zu den alternativen Begründungen des Beklagten sei darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens nicht davon abhänge, ob tatsächlich eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bestehe. Eine tatsächliche Steuerpflicht der frei zu stellenden Zahlung verlange weder das DBA Großbritannien noch die Rechtsprechung des BFH, noch das Bundesfinanzministerium. Der BFH habe in mehreren Entscheidungen klar gemacht, dass es für die Freistellung in Deutschland auf die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat gerade nicht ankomme. Trotz unterschiedlicher Interpretation der Abfindungszahlungen habe der BFH es in mehreren Entscheidungen abgelehnt, seine Auslegung der betreffenden DBA zu ändern, obwohl es in diesen Fällen zu einer Keinmal-Besteuerung gekommen sei (vergleiche unter anderem BFH-Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08 und I R 90/08, BStBl. 2010 II, 294).

71

Die Finanzverwaltung habe auf diese Rechtsprechung mit Verständigungsvereinbarungen zu den jeweiligen DBA mit den betroffenen Staaten reagiert. So sei zu Beispiel mit Großbritannien am 08.11.2011 eine Verständigungsvereinbarung abgeschlossen worden. Dadurch werde klar, dass auch das Bundesfinanzministerium davon ausgehe, dass eine tatsächliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat für die Anwendung der Steuerbefreiung nach dem DBA in Deutschland nicht erforderlich sei.

72

Sollten die Ausführungen des Beklagten auf Seite 7 seiner Stellungnahme dahin zu verstehen sein, dass eine Besteuerung in Deutschland auch bei Ansässigkeit in Großbritannien möglich wäre, weil die Abfindungszahlung nicht nach Großbritannien überwiesen worden sei, entspräche dies nicht der zutreffenden Interpretation des DBA mit Großbritannien. Zwar sehe Art. II Abs. 2 des hier anwendbaren DBA 1964 grundsätzlich einen Rückfall bei fehlender Überweisung nach Großbritannien vor, allerdings gelte diese Vorschrift nicht für Abfindungszahlungen. Das Finanzgericht Nürnberg habe sich in seinem rechtskräftigen Urteil vom 14.12.2010 (1 K 1134/2008) der herrschenden Meinung in der Literatur angeschlossen und in Tz. 45 dezidiert aufgeführt, dass die „remittance basis“-Klausel des DBA Großbritannien für Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit keine Relevanz habe.

73

Zu den Alternativüberlegungen des Beklagten zu den Verständigungsvereinbarungen sei auf die bereits zitierte BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08 und I R 90/08, BStBl. 2010 II, 294) hinzuweisen. Die vom Beklagten zitierte Regelung, dass die Vereinbarung in allen noch offenen Fällen anzuwenden sei, möge zwar die Finanzverwaltung binden. Da Verständigungsvereinbarungen jedoch ebenso wie neu abgeschlossene DBA als völkerrechtliche Verträge nach Art. 59 Abs. 2 Grundgesetz in nationales Recht zu transformieren seien, könnten sie Wirkung erst ab der Veröffentlichung des Transformationsgesetzes im Bundesgesetzblatt erlangen. Eine Rückwirkung, die auch von den Gerichten zu beachten wäre, sei daher ausgeschlossen.

74

Der Kläger habe zur Zeit der Zahlung der Abfindung keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt und sei nicht unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Wie § 50d Abs. 8 EStG knüpfe auch § 50d Abs. 9 EStG an die unbeschränkte Steuerpflicht an. Diese Norm sei deshalb nicht einschlägig, weil vorliegend keine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben sei. Die technische Zusammenfassung von rechtlich zwei Steuererklärungen im Rückzugsjahr nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG reiche nicht aus, eine unbeschränkte Steuerpflicht zu begründen.

75

Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 18. Mai 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2015 dahin zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit um 500.000 € reduziert werden.

76

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

77

Er trägt ergänzend zur Begründung der Einspruchsentscheidung vor, soweit eine natürliche Person in Großbritannien ansässig sei, sei sie dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die „Ansässigkeit“ sei dabei jeweils nach den Gesetzen des betroffenen Staates zu prüfen. Während im deutschen Steuerrecht jemand ansässig und somit unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG sei, der einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) habe, gelte dies für Ausländer in Großbritannien nicht in gleicher Weise. Die Steuerpflicht für Ausländer in Großbritannien richte sich grundsätzlich nach den Verhältnissen des Steuerpflichtigen, dem so genannten persönlichen Status. Bedeutend seien in diesem Zusammenhang die Begriffe

78
· non resident
79
· resident
80
· ordinarily resident
81
· domiciled
82
· not domiciled
83

Die Steuerpflicht in Großbritannien trete ein, wenn eine Person „resident“ sei. Eine Möglichkeit, dies unangefochten zu unterstellen, seien die tatsächlich (körperlich) dort verbrachten Tage: Eine Person gelte dann als „resident“, wenn sie mindestens 183 Tage innerhalb eines Steuerjahres (06.04. bis 05.04. des Folgejahres) in Großbritannien verbracht habe (nur die körperliche Anwesenheit zähle). Wenn eine Person weniger als 183 Tage im Steuerjahr in Großbritannien verbracht habe, gelte diese Person der Tage-Regelung zufolge als „no resident“. Sofern die Person in Großbritannien lediglich regelmäßig Besuche über vier aufeinander folgende Jahre vornehme, die im Durchschnitt 91 Tage oder länger andauerten (habitual visitor), werde sie ab Beginn des 5. Steuerjahres als „resident“ angesehen.

84

Werde eine natürliche Person als „resident“ in Großbritannien angesehen, dann gelte dies grundsätzlich nur für den gesamten Zeitraum eines Steuerjahres (pro Steuerjahr neue Prüfung). Für diese entsprechenden Jahre werde die Steuer anhand der Zeit, die der Steuerpflichtige dort gelebt habe, kalkuliert und nicht anhand des gesamten Steuerjahres. Das bedeute, dass das Steuerjahr in einen „non resident“ und einen „resident“ Teil aufgespalten werde.

85

Ferner gelte eine Person in Großbritannien als ansässig, die die klare, nach außen erkennbare Absicht habe, in Großbritannien für mehr als zwei Jahre dort verweilen zu wollen und dort ihren festen Lebensmittelpunkt zu verwirklichen. Soweit dies von Beginn an in begründeter Form bewiesen bzw. glaubhaft gemacht werde, gelte die Person bereits mit dem Zuzug als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Als Indizien könnten hierbei z.B. gelten, in Großbritannien zu leben und dort eine Wohnung zu besitzen oder zumindest einen 3-Jahres-Mietvertrag abgeschlossen zu haben. Aber auch weitere Sachverhalte, welche Rückschlüsse auf die Absicht des dauernden Verbleibens in Großbritannien gäben, seien im Rahmen einer Gesamtfallüberprüfung zu berücksichtigen. Weitere Indizien ergäben sich z.B. aus familiären Bindungen und der Art der geschäftlichen und beruflichen Tätigkeit, dem Planungsverhalten der Person in dem neuen Staat sowie die privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse in seinem früheren Heimatstaat im Verhältnis zum neuen Staat.

86

Die steuerlichen Auswirkungen seien folgendermaßen:

87

a) nur „resident“: Die Person zahle nur Einkommensteuer auf Einkommen, die innerhalb Großbritanniens erwirtschaftet würden. Im Ausland erzieltes Einkommen unterliege nicht der britischen Einkommensteuer, selbst wenn es nach Großbritannien transferiert werde. Es gälten die Steuergesetze des Heimatlandes.

88

b) „resident“ aber „not ordinarily resident“ und/oder „non domiciled“: Es finde die Besteuerung nach Zuflussprinzip und Welteinkommensprinzip statt. Die Person zahle auf ihr gesamtes in Großbritannien erwirtschaftetes Einkommen Einkommensteuer. Arbeitslohn unterliege der britischen Einkommensteuer, wenn die Person im Ausland für einen britischen Arbeitgeber oder in Großbritannien für einen ausländischen Arbeitgeber tätig werde. Einkünfte aus dem Ausland seien nur steuerpflichtig, wenn sie nach Großbritannien transferiert würden (remittance basis).

89

c) „ordinarily resident“ sei ein Steuerpflichtiger dann, wenn es für ihn typisch sei, dass er sich in Großbritannien aufhalte. Dabei werde von einer noch stärkeren Verbindung nach Großbritannien ausgegangen als bei dem eingangs erwähnten Begriff „resident“. Der Status „ordinarily resident“ liege immer vor, wenn eine Person bereits ihr ganzes Leben in Großbritannien verbracht habe. „ordinarily resident“ sei man spätestens nach dem 3. Jahr als „resident“. „Ordinarily resident“ und damit auch gleichzeitig „resident“ sei man ab Beginn des Aufenthalts nur bei einem Aufenthalt von mindestens 183 Tagen im Jahr und wenn die feste, nach außen sichtbare Absicht bestehe, für mindestens 3 Jahre in Großbritannien zu bleiben. Wenn eine Person ohne ernsthafte Absicht der Sesshaftigkeit nach Großbritannien komme oder wenn sie diesbezüglich bei der Einreise unentschlossen sei, könne nicht von einer festen 3-jährigen Aufenthaltsabsicht ausgegangen werden.

90

Auswirkungen bei dem Status „ordinarily resident“ aber nicht „domiciled“ habe es insbesondere, wenn eine Person neben ihren Einkünften aus Großbritannien auch (aus dortiger Sicht) ausländische Einkünfte erzielte. Für die letztgenannten Einkünfte gälten dann besondere Regelungen. Einkünfte aus dem Ausland müssten nur versteuert werden, wenn diese nach Großbritannien transferiert würden. Der Steuerpflichtige habe in diesem Fall die Möglichkeit, Einkünfte nicht nach dem Zuflussprinzip, sondern nach dem Verbringungsprinzip, der so genannten „remittance basis“, zu besteuern. Das bedeute, dass der Steuerpflichtige nur das Einkommen versteuern müsse, dass er körperlich nach Großbritannien verbracht habe.

91

Bei der Behandlung der Einkünfte spiele der Begriff „domiciled“ neben den vorgenannten Begriffen „ordinarily resident“ und „resident“ eine wichtige Rolle. Der Begriff „domiciled“ beziehe sich auf den bürgerlich-rechtlichen Wohnsitz (ähnlich „Heimat-Wohnsitz“) und sei ein Ausdruck mit technischer Bedeutung. So sei eine Person - vereinfacht ausgedrückt - in Großbritannien rechtlich wohnhaft (domiciled), wenn diese Person dort geboren sei oder in Großbritannien ihren dauerhaften Wohnsitz habe, während das nicht gelte, wenn diese Person nicht in Großbritannien geboren sei und/oder nicht beabsichtige, dort dauerhaft zu bleiben. Beheimatet sei man grundsätzlich dort, wo der Ursprungswohnsitz des Vaters bzw. unter bestimmten Umständen der Mutter gewesen sei. Seine Heimat behalte man bis zu dem Zeitpunkt, in dem man bewusst eine neue begründen wolle bzw. begründe. Dies sei nur unter engen Voraussetzungen möglich. Eine gewählte Heimat sei nur möglich, wenn eine Person in dem gewählten Land physisch anwesend sei oder dort ihren Wohnsitz habe und bei Zuzug die Absicht bestehe, diese Heimat auch auf unbeschränkte Zeit beizubehalten.

92

Das gesamte Welteinkommen unterliege in diesem Fall der britischen Einkommensteuer, unabhängig ob es nach Großbritannien transferiert werde oder nicht. Die „domicile rules“ Großbritanniens erlaubten es also, dort zu wohnen, ohne dort domiziliert zu sein und deshalb keine Steuern zu zahlen.

93

Zur Prüfung der vorgenannten Tatbestandsmerkmale habe der Kläger im Rahmen seiner steuerlichen Mitwirkungspflichten den Sachverhalt hinreichend aufzuklären. Dies gelte insbesondere, da innere Absichten einer natürlichen Person durch dritte Personen regelmäßig lediglich durch äußere Umstände und Handlungen erkannt werden könnten. Nach § 90 Abs. 2 AO bestünden darüber hinaus bei Auslandssachverhalten besondere Mitwirkungspflichten.

94

Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der so genannten 183-Tage-Regelung dem Kläger der „resident“-Status nicht zugesprochen werden könne.

95

Im Falle des Klägers lägen zudem indiziell Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuteten, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zuzugs nicht die Absicht gehabt habe, länger in Großbritannien zu verweilen und somit nicht den Status als „ordinarily resident“ erlangt habe:

96
· Aus der im Januar 2009 datierten Vereinbarung („MOU“ - memorandum of understanding) zwischen der X International, der X International Germany GmbH und dem Kläger gehe hervor, dass die geschäftlichen Beziehungen zuerst zeitlich befristet gewesen seien, nämlich am 01.02.2009 begonnen hätten und nach 6 Monaten hätten enden sollen; die Beteiligten hätten vereinbarungsgemäß erst nach Ablauf dieser Frist überprüfen und gemeinsam vereinbaren wollen, ob diese Vereinbarung verlängert werden solle.
97
· Weiter gehe aus diesem Schriftsatz hervor, dass im Augenblick der Vereinbarung die Rolle und die Aufgabe des Klägers noch nicht definiert gewesen sei. Deshalb habe der Kläger vor Abschluss dieses Projekts noch nicht damit rechnen können, dass sein dortiges Tätigwerden von Bestand und Dauer sei.
98
· Dies spiegele sich auch in der Tatsache wider, dass der am 12.12.2008 abgeschlossene Mietvertrag bis zum 14.06.2009 befristet gewesen sei. Hätte der Kläger die Absicht gehabt, seinen künftigen Lebensmittelpunkt nach Großbritannien zu verlagern, bzw. hätte er ernsthaft mit einem mehrjährigen Engagement in Großbritannien gerechnet, so hätte er - lebensnah gesehen - die Mietdauer höchstwahrscheinlich nicht auf die zeitliche Spanne des vorgenannten Probeprojekts abgestimmt, sondern er hätte gleich einen längerfristigen Mietvertrag abgeschlossen.
99
· Der Kläger habe in seiner Einkommensteuererklärung 2009 keine Einkünfte aus Großbritannien erklärt. In einem Schreiben seines Steuerberaters vom 21.03.2013 werde versichert, dass der Kläger in Großbritannien nur Verluste erzielt und deshalb sowohl für 2008 als auch für 2009 in Großbritannien keine Steuererklärung abgegeben habe. Deshalb sei davon auszugehen, dass sämtliche Kosten des Klägers während seines Auslandsaufenthalts aus Mitteln von Konten, die er in Deutschland weiterhin unterhalten habe, getragen worden seien und somit in Großbritannien keine wirtschaftliche Sicherheit, in Deutschland hingegen aber eine solche bestanden habe.
100
· Der Kläger habe auch nach seinem Wegzug noch Grundbesitz in Deutschland beibehalten, der zwar vermietet worden sei, aber erforderlichenfalls auch für den Eigenbedarf jederzeit hätte genutzt werden können.
101
· Wäre der Aufenthalt in Großbritannien langfristig geplant gewesen, so hätte der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest ein Großteil seiner Bankkonten nach Großbritannien transferiert.
102
· Der Kläger habe nicht dargelegt, wieso er allein wegen einer Wirtschaftskrise, wegen der er erhebliche Verluste habe hinnehmen müssen, seinen Wohnsitz in Großbritannien habe aufgeben müssen und wieso er trotz hoher Qualifikation keine andere Arbeit dort gefunden habe. Es deute alles darauf hin, dass die Dauer des Aufenthalts in Großbritannien allein von der Verwirklichung der geschäftlichen Vorhaben abhängig gemacht worden sei (wobei der Erfolg oder Misserfolg eingangs noch völlig unklar gewesen seien) und die vom Kläger dargelegten sozialen und geschäftlichen Beziehungen und Kontakte wohl doch nicht so tiefgreifend gewesen seien, dass er trotz geschäftlicher Misserfolge weiterhin in Großbritannien habe bleiben wollen.
103
· Es könne nicht nachvollzogen werden, dass der Kläger sämtliche Kontakte in seinem Heimatland Deutschland abgebrochen habe. Er lebe zwar von seiner Ehefrau getrennt, habe aber auch aus dieser Ehe eine Tochter, die zumindest damals in Deutschland gelebt habe. Aufgrund seiner deutschen Herkunft könne darüber hinaus lebensnah in Betracht gezogen werden, dass er auch einen gewissen Verwandten- und Bekanntenkreis gehabt habe, mit dem er auch Kontakte gepflegt habe. Er habe in Deutschland nicht unerhebliche wirtschaftliche Werte (Konten, Grundbesitz) gehabt, worin ebenfalls eine Bindung zu Deutschland gesehen werden könne. Zudem sei es nicht schlüssig, weshalb es für den Kläger trotz anzunehmender guter Geschäftskontakte, die er im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung einer Tochtergesellschaft der D AG gehabt haben dürfte, sehr schwer gewesen sei, in Deutschland Arbeit zu finden. Nach heutigen Erkenntnissen habe der Kläger nach seiner Rückkehr nach Deutschland wieder Arbeit gefunden.
104
· Letztlich habe der Kläger auch nicht erklärt, wo er sich nach Ablauf seines Mietvertrages in London aufgehalten habe. Denkbar sei auch, dass es sich teilweise oder ganz, eventuell zur Vorbereitung des Rückumzuges, wieder in Deutschland aufgehalten habe. Dies würde eine Korrektur der Berechnung der 183-Tage-Regelung nach unten bewirken.
105

Wegen der relativ kurzen Aufenthaltsdauer des Klägers in London sei davon auszugehen, dass sein vor dem Zuzug nach Großbritannien wohl unbestritten in Deutschland liegender Lebensmittelpunkt nicht durch die sozialen und geschäftlichen Kontakte in London völlig verloren gegangen sei. Über enge private Kontakte (z.B. Lebensgefährtin), die in der Regel indiziell einen Rückschluss auf den Lebensmittelpunkt zuließen, habe der Kläger bislang nichts vorgetragen. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Indizien (private Kontakte in Deutschland, ungewisse Berufsaussichten in Großbritannien, keine erkennbare Ausrichtung auf längere Anwesenheitsdauer in Großbritannien) sei nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger beabsichtigt habe, nach Deutschland zurückzukehren, falls das berufliche Projekt scheitere – was letztlich wohl auch der Fall gewesen sei, was wiederum darauf schließen ließe, dass keine feste Absicht, in Großbritannien zu bleiben, bestanden habe.

106

Für gegenteilige Behauptungen trage der Kläger die allgemeine Beweislast nach § 90 Abs. 1 EStG bei steuermindernden Tatsachen und die spezielle Beweislast nach § 90 Abs. 2 AO bei Auslandssachverhalten. Mit allgemeinen Behauptungen könne er dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Soweit als Beweis Zeugenaussagen angeboten würden, erscheine dies nicht Erfolg versprechend, da sich private Absichten stets im Innern eines Menschen manifestierten und solche Absichten selten bis nie von Dritten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf deren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden könnten. Äußerungen von dritter Seite, die auch lediglich einen Parteivortrag darstellten, halte der Beklagte für nicht aussagekräftig und damit für verzichtbar.

107

Allein das Vorbringen des Klägers, dass er bereits soziale Kontakte und geschäftliche Beziehungen in Großbritannien geknüpft habe, beweise nicht, dass er damit die feste und klare nach außen erkennbare Absicht besessen habe, lange Zeit bzw. auf Dauer in Großbritannien zu bleiben. Zum einen bleibe es bei einem gewissen zeitlichen Aufenthalt in einem Land – gerade in einer bedeutenden geschäftlichen Position, wie sie der Kläger innegehabt habe und einer Großstadt wie London – nicht aus, dass soziale Kontakte gefunden und vertieft, sowie geschäftliche Beziehungen geknüpft und gepflegt würden. Ein gesellschaftliches Miteinander sei bei normaler Lebensführung regelmäßig gegeben, auch bei zeitlich befristeten Aufenthalten. Darüber hinaus würden bekanntermaßen gerade in Sportclubs Geschäftsbeziehungen geknüpft und zuweilen dort auch Geschäfte abgeschlossen. Ungeachtet dessen stellten zwischenmenschliche Kontakte und sportliche Aktivitäten mehr oder weniger einen wichtigen Bestandteil des menschlichen Lebens dar, so dass allein die vorgenannten Aktivitäten nicht ausschließlich bei Auswanderern zu beobachten seien und vorliegend deshalb kein maßgebliches Kriterium für die Einstufung als „ordinarily resident“ darstellten.

108

Nach erfolgter Gesamtfallbetrachtung ergebe sich folgendes Fazit: Der Kläger habe in Großbritannien während seines gesamten dortigen auch Aufenthaltes – also auch im Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung – im Steuerjahr 2008/2009 – weder den Status „resident“ noch „ordinarily resident“ noch „domiciled“ gehabt. Ein DBA sei in 2009 deshalb nicht anzuwenden.

109

In Deutschland habe der Kläger im Veranlagungsjahr 2009 nach deutschem Steuerrecht ab September 2009 einen Wohnsitz gemäß § 8 AO innegehabt und sei somit dort unbeschränkt steuerpflichtig gewesen.

110

Es ergebe sich folgende Rechtsfolge: Laut den Vorgaben des DBA Großbritannien 1964 gehe das Besteuerungsrecht für die in Deutschland verbliebene Abfindungszahlung aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis des Klägers nicht an Großbritannien, da der Kläger keinen persönlichen Status gehabt habe, der eine britische Steuerpflicht für Auslandseinkünfte hätte auslösen können. Inländische britische Einkünfte des Klägers seien nicht vorhanden gewesen. Bereits mangels allgemeiner Steuerpflicht in Großbritannien liege kein Fall vor, der im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens zu entscheiden wäre.

111

Da das volle Besteuerungsrecht Deutschland zustehe, sei ein Progressionsvorbehalt nicht einschlägig. Die Abfindung sei gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG in die Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht einzubeziehen.

112

Alternativ gelte:

113

Aufgrund des vom Kläger vorgetragenen Sachverhalts, dass er keine Steuererklärung beim britischen Fiskus abzugeben gehabt habe, ergäben sich keine spezifischen Anhaltspunkte dafür, welchen Status der Kläger aus der Sicht der britischen Finanzverwaltung innegehabt habe.

114

Rein fiktiv angenommen, der Kläger wäre im Falle eines fiskalischen Zugriffs als „resident“ eingestuft worden, so wäre er nur mit seinen in Großbritannien erwirtschafteten inländischen Einkünften dort steuerpflichtig gewesen. Das Besteuerungsrecht für die von einem deutschen Arbeitgeber stammende und in Deutschland verbliebene Abfindungszahlung hätte Deutschland gehabt. Aus britischer Sicht hätten nicht transferierte ausländische Einkünfte vorgelegen.

115

Weiterhin fiktiv angenommen, der Kläger würde im Falle eines fiskalischen Zugriffs als „ordinarily resident“ oder „not domiciled“ eingestuft, so könnte zwar grundsätzlich nach dem Verbringungsprinzip, der so genannten „remittance basis“ besteuert werden (auf Antrag). Da die Abfindungszahlung aber nicht nach Großbritannien transferiert worden sei, hätte der Kläger kein Wahlrecht für diese Besteuerungsart gehabt. Falls ein Wahlrecht bestanden hätte und die britische Besteuerung nicht gewählt worden wäre, so wäre nach der Rückfallklauseln gemäß Art. II Abs. 2 DBA Großbritannien 1964 das Besteuerungsrecht wieder Deutschland zugeordnet worden.

116

Ausführungen des Klägers dazu, ob die Auflösungsabfindung einen Zusammenhang mit der ehemaligen inländischen Tätigkeit gehabt habe oder nicht, seien vorliegend unerheblich, denn tatsächlich sei im Rahmen der „remittance basis“-Besteuerung lediglich maßgebend, dass es sich aus der Sicht Großbritanniens um ausländische Einkünfte gehandelt habe und somit nur eine Transferierung nach Großbritannien – falls der richtige persönliche Status vorhanden gewesen wäre (gegebenenfalls plus Option) – eine Steuerpflicht in Großbritannien ausgelöst hätte.

117

Auch nach dieser alternativen Sichtweise stehe somit das Besteuerungsrecht Deutschland zu.

118

Zu Konsultationsvereinbarungen zwischen Großbritannien und Deutschland – ebenfalls nur fiktiv, falls DBA zur Anwendung gekommen wäre – sei auszuführen:

119

Aus diversen Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und Großbritannien (Verträge vom 08.11.2011 und 09.07.2012) gehe hervor, dass Großbritannien die Abfindungen für vorzeitiges Ausscheiden aus einem früheren Arbeitsverhältnis nach deren wirtschaftlichem Hintergrund (dem Charakter der Auszahlung) steuerlich behandele. Während Abfindungen mit Versorgungscharakter als Ruhegehälter im Ansässigkeitsstaat besteuert würden, stehe das Besteuerungsrecht für Abfindungen, bei denen es sich um Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen oder andere Vergütungen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handele oder die allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus einem früheren Arbeitsverhältnis gewährt würden, dem früheren Tätigkeitsstaat (hier Deutschland) zu. Es werde davon ausgegangen, dass dies auch bei Veranlagungszeiträumen vor der Verständigungsvereinbarung vom 08.11.2011 gelte, denn in dieser deutsch-britischen Verständigungsvereinbarung hätten die Parteien sich in Abs. 4 ausdrücklich dazu geäußert, indem sie klar gestellt hätten, dass die Vereinbarung in allen offenen Fällen anzuwenden sei.

120

Weiter sei anzumerken, dass in § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG Entlassungsabfindungen ausdrücklich genannt seien. Diese hätten nach ständiger Rechtsprechung immer dann Inlandsbezug wenn ein inländischer Arbeitgeber sie auszahle. Soweit der Kläger das BFH-Urteil vom 27.08.2008 – I R 81/07 anführe, gehe es um die Rechtslage vor 2003.

121

Die unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei von der Rechtslage in Großbritannien völlig verschieden. Für die unbeschränkte Steuerpflicht nach deutschem Recht reiche es aus, wenn an einem Tag im Kalenderjahr ein Wohnsitz in Deutschland bestehe. Durch den Rückumzug ab September 2009 sei der Kläger unbeschränkt steuerpflichtig geworden.

122

Soweit der Kläger meine, es sei auf das Steuerjahr in Deutschland abzustellen, komme es auf die jeweilige Tätigkeit an. Sofern es um eine Tätigkeit in Großbritannien gehe, sei auf das dortige Steuerjahr abzustellen. Soweit es um eine Abfindung für eine frühere Tätigkeit in Deutschland gehe, sei der Veranlagungszeitraum in Deutschland, also das Kalenderjahr maßgeblich. Jedes Steuerjahr sei für sich zu betrachten; die Zeiten des Gesamtaufenthalts dürften nicht addiert werden. Die Aussage in der Einspruchsentscheidung zu a) sei daher dahin gehend zu korrigieren, dass der Kläger sich in dem anderen Staat – Deutschland – 122 Tage aufgehalten habe, also weniger als 183 Tage. Die Voraussetzungen zu b) und c) seien aber erfüllt, so dass sich am Ergebnis nichts ändere.

123

Ungeachtet dessen, dass in Art. II Abs. 2 DBA Großbritannien 1964 eine Rückfallklausel enthalten sei, ergebe sich das Besteuerungsrecht Deutschlands auch aus § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG. Da die „Ansässigkeit“ in Deutschland und Großbritannien unterschiedlich definiert werde und das Steuerjahr in Großbritannien vom für Deutschland maßgeblichen Kalenderjahr abweiche, sei der Kläger nicht in Großbritannien ansässig gewesen. Deshalb sei in Großbritannien keine Steuerbarkeit der Abfindung begründet worden. Dies würde zu sog. „weißen Einkünften“ führen, was § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG vermeiden wolle. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine Rückfallklausel für die Fälle, in denen im anderen Staat die Einkünfte nicht besteuert würden, weil die Nicht-Besteuerung im anderen Staat die Folge eines Qualifikationskonfliktes sei. Qualifikationskonflikte hätten ihre Ursache in einer nicht übereinstimmenden Anwendung der Vorschriften des DBA durch die Vertragsstaaten, weil sie

124
· von unterschiedlichen Sachverhalten ausgingen,
125
· die Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegten
126

oder

127
· Abkommensbegriffe, die im DBA nicht definiert seien, nach ihrem nationalen Recht unterschiedlich auslegten.
128

Erfasst würden bei dieser Vorschrift Einkünfte, die im anderen DBA-Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig seien, weil sie von einer Person bezogen würden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Orts ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig sei. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liege hier vor. § 50d Abs. 9 EStG könne auch dann zur Besteuerung von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit führen, wenn die Einkünfte nach § 50d Abs. 8 EStG steuerfrei belassen werden könnten. Die Regelungen des § 50d Abs. 8 und 9 EStG seien insoweit nebeneinander anzuwenden. Bei Abfindungszahlungen wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses handele es sich nach deutschem Steuerrecht eindeutig um Einkünfte nach § 19 EStG. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass Großbritannien auf ein ihm zustehendes Besteuerungsrecht verzichtet habe. Der Kläger habe bereits in seinem Schreiben vom 22.03.2008 erklärt, dass er in Großbritannien keine Steuererklärung abgegeben habe, weil er keinerlei positive Einkünfte in Großbritannien erzielt habe. Dies stehe in Widerspruch zu seiner Behauptung, dass das Besteuerungsrecht der Abfindung Großbritannien zustehe. In diesem Zusammenhang werde nochmals auf die besonderen Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO hingewiesen. Soweit der Kläger vortrage, dass die Einkünfte in Großbritannien steuerfrei seien und deshalb keine Rückfallbesteuerung in Deutschland infrage käme, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger müsse im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten konkret darlegen, nach welcher nationalen Vorschrift in Großbritannien das dem dortigen Finanzamt vermeintlich zustehende Besteuerungsrecht für die Abfindungszahlung des Klägers wegen Steuerfreiheit nicht ausgeübt worden sei.

129

Der Beklagte vertrete hingegen die Auffassung, dass die Abfindungszahlung wegen der fehlenden Ansässigkeit des Klägers im streitbefangenen Zeitraum bereits nicht steuerbar sei, was eine Steuerfreiheit ausschließe. Nur Einkünfte, die steuerbar seien, könnten in der Folge entweder steuerpflichtig oder steuerfrei sein. Nicht steuerbare Einkünfte seien per se von der Besteuerung ausgenommen; hier greife auch kein DBA. Der Auffassung des Klägers, dass es unerheblich sei, ob in Großbritannien eine Besteuerung stattgefunden habe oder nicht, könne nicht gefolgt werden.

130

Eine Beweisaufnahme erachte das FA für nicht erforderlich, da für die streitbefangene Abfindung, die nach deutschem Recht zweifelsfrei Arbeitslohn sei und von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt worden sei, das Besteuerungsrecht Deutschland zustehe. Dies sei unabhängig davon, wann die Abfindung dem Kläger zugeflossen sei, denn gem. Art. XI Abs. 2 DBA Großbritannien 1964 sei ein Zuflusszeitpunkt nicht maßgeblich.

131

Zur Beurteilung der geplanten Aufenthaltsdauer des Klägers in Großbritannien komme es auf die im Januar 2009 datierte Vereinbarung „MOU – memorandum of understanding“ zwischen der X International, der X International Germany GmbH und dem Kläger an, da diese den größten Aufschluss bringe. Aus diesem Memorandum gehe nämlich hervor, dass die geschäftlichen Beziehungen zeitlich befristet gewesen seien, nämlich am 01.02.2009 begonnen hätten und nach sechs Monaten endeten; die Vertragsparteien hätten vereinbarungsgemäß nach Ablauf dieser Frist überprüfen und gemeinsam vereinbaren wollen, ob die Vereinbarung verlängert werden solle. Im Augenblick der vorläufigen Vereinbarung seien die Rolle und die Aufgaben des Klägers noch nicht definiert gewesen. Auch deshalb habe der Kläger vor Ablauf der Prüfungsphase noch nicht damit rechnen können, dass seine Tätigkeit von Bestand und Dauer sei. Dies werde unterstützt durch die Tatsache, dass er einen befristeten Mietvertrag abgeschlossen habe.

132

Das Urteil des FG Nürnberg vom 14.12.2010 – 1 K 1134/2008 betreffe den umgekehrten Fall, dass der in Deutschland steuerpflichtige Kläger Einkünfte in England bezogen habe.

133

Ergänzend wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO).

134

Das Gericht hat schriftliche Auskünfte der Zeugen Dr. E (Bl. 191/192 PA) und Dr. H (Bl. 207 PA) eingeholt.

135

Herr Dr. E hat die Fragen mit Email vom 13.12.2017 beantwortet (Bl. 200 PA).

136

Herr Dr. H hat die Fragen mit Schreiben vom 04.01.2018 (Bl. 229 – 231 PA) beantwortet.

137

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. E. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2018 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

138

Die Klage ist begründet.

139

Die einkommensteuerliche Erfassung der Abfindung in Höhe von 500.000 € ist rechtswidrig.

1.

1.1.

140

Zu Recht hat der Beklagte den Kläger als im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung als mit diesen Einkünften in Deutschland gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG beschränkt steuerpflichtig behandelt.

141

In Deutschland hatte der Kläger am 05.01.2009 weder einen Wohnsitz, noch einen gewöhnlichen Aufenthalt und war damit nicht gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Davon ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 FGO) unter Einschluss der eingeholten schriftlichen Auskünfte, des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung überzeugt. Der Kläger hatte seine Wohnungen in Deutschland zu diesem Zeitpunkt aufgegeben, ein Appartement in London angemietet und sich auch tatsächlich dort aufgehalten. Nach Deutschland kehrte er erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses in London und einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Spanien, um den Jakobsweg zu gehen, zurück.

142

§ 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG (Fassung seit 2009 unverändert) unterwirft der beschränkten Steuerpflicht Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, die als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben.

143

Hierunter fallen regelmäßig Abfindungen aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (§ 24 Nr. 1 a) EStG).
Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die mit dem Aufhebungsvertrag vom 15.05.2008 vereinbarte Abfindung abweichend zu beurteilen wäre. Gem. § 3 des Vertrages wird die Abfindung zum Ausgleich für die vorzeitige Beendigung des Anstellungsvertrages gezahlt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf §§ 9, 10 KSchG ist nicht erforderlich. Irrelevant ist auch, dass die Abfindung nicht zusätzlicher Lohn für tatsächlich geleistete Arbeit ist; dies wird gerade nicht vorausgesetzt.

144

Der zuvor von der D AG bezogene Arbeitslohn war unzweifelhaft im Inland steuerbar. Der Kläger war zur Zeit des Bezuges noch unbeschränkt steuerpflichtig gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Lediglich für den Monat Dezember bestand die unbeschränkte Steuerpflicht nicht mehr für den ganzen Monat. Da die Tätigkeit im Inland ausgeübt wurde, fällt der Arbeitslohn aber unter § 49 Abs. 1 Nr. 4 a) EStG und ist damit jedenfalls beschränkt steuerpflichtig. Hieran ändert auch die Freistellung gem. dem Aufhebungsvertrag vom 15.05.2008 nichts. Maßgeblich ist, dass die ursprüngliche Arbeitsleistung in Deutschland geschuldet war.

145

Die Abfindung ist somit in Deutschland steuerbar.

1.2.

146

Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass der Kläger in Großbritannien im Zeitpunkt des Bezuges der Abfindung „resident“ war.

147

Das britische Recht unterscheidet zwischen „resident“ und „ordinarily resident“. Im ersten Fall werden nur die britischen Einkünfte der britischen Besteuerung unterworfen, nicht aber die außerhalb von Großbritannien erzielten Einkünfte, außer der Steuerpflichtige verbringt sie nach Großbritannien (remittance basis). Ist der Steuerpflichtige hingegen „ordinarily resident“ oder „domiciled“, so gilt das Welteinkommensprinzip (arising basis of taxation) (vgl. Ziff. 2.1 des Schreibens der britischen Finanzverwaltung HMRC – Bl. 109 ff. PA – und Levedag in Wassermeyer DBA Großbritannien, Anhang).

148

Ein Steuerpflichtiger ist in jedem Fall als „resident“ anzusehen, wenn er im britischen Steuerjahr mindestens 183 Tage in Großbritannien anwesend war. Bei kürzerem Aufenthalt kann die „residence“ dennoch zu bejahen sein. Dies hängt ab von der Länge und Häufigkeit der Aufenthalte, deren Zweck, sowie den sozialen Verbindungen zu Großbritannien. Die vom HMRC aufgeführten Beispiele sind nicht abschließend; maßgeblich ist die vorzunehmende Gesamtbetrachtung (Ziffer 2.2 des Schreibens HMRC).

149

Ein Steuerjahr dauert in Großbritannien vom 06.04. des ersten Kalenderjahres bis zum 05.04. des folgenden Kalenderjahres (vgl. Levedag in Wassermeyer, DBA-Großbritannien 2010, Anhang DBA-GB Rz. 3).

150

Zwar war der Kläger in den Steuerjahren 2008/2009 und 2009/2010 jeweils weniger als 183 Tage in London ansässig; nach den Feststellungen des Senats hat er aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt (2.2. des Schreibens der britischen Finanzverwaltung). So hielt er sich in dem Zeitraum von Dezember 2008 bis Juli/August 2009 im Wesentlichen in London auf und entfaltete dort geschäftliche Aktivitäten. Dies allein ist ausreichend. Eine Rolle bei der Gesamtbetrachtung spielt auch, dass der Kläger im Kalenderjahr 2009 die 183 Tage überschritten hat. Weiter hat er in London ein Appartement angemietet und seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben.

151

Hingegen sieht der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens den Nachweis, dass der Kläger „ordinarily resident“ war, nicht als erbracht an; dies wird jedoch nicht als entscheidungsrelevant erachtet.

152

„Ordinary residence“ liegt nach Ziff. 3.2. des Schreibens des HMRC neben hier nicht einschlägigen Merkmalen dann vor, wenn der Zweck der Niederlassung in Großbritannien eine gewisse Dauerhaftigkeit erfordert. Dieser Zweck kann z.B. beruflich, geschäftlich oder familiär sein. Die Art des Lebens in Großbritannien muss der üblichen bei einem dauerhaften Aufenthalt entsprechen. Zeitweise Abwesenheit ist unschädlich, wenn sie dem Üblichen entspricht (z.B. Urlaub). Ausdrücklich wird erwähnt, dass man bei der Absicht, für drei Jahre oder länger in Großbritannien zu leben, vom ersten Tag an „ordinarily resident“ ist. Zudem muss man freiwillig nach Großbritannien eingereist sein.

153

Die Kriterien für die „ordinary residence“ entsprechen in etwa dem Mittelpunkt der Lebensinteressen (siehe 3.2. des Schreibens der britischen Finanzverwaltung und Levedag in Wassermeyer DBA Großbritannien, Anhang Rz. 19).

154

Soweit der Beklagte zusätzlich davon ausgeht, dass die 183 Tage Aufenthalt im Steuerjahr erfüllt sein müssen, ergibt sich dies nicht aus dem Schreiben des HMRC. Auch ein Mietvertrag für mindestens drei Jahre ergibt sich nicht aus dem Schreiben.

155

Dass der Kläger in Großbritannien keine Steuererklärung abgegeben hat, ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass er selbst sich lediglich als „resident“ angesehen hat mit der Folge, dass die nicht nach Großbritannien transferierte Abfindung dort nicht steuerpflichtig war. Dabei ist zu beachten, dass in Großbritannien das System der Selbstveranlagung gilt (Levedag in Wassermeyer DBA Großbritannien, Anhang Rz. 4). D.h. dass der Kläger selbst entscheidet, mit welchen Einkünften er sich in Großbritannien als steuerpflichtig erachtet. Die dortige Finanzverwaltung kann dies überprüfen.

156

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung waren die gesamten – breit gefächerten – geschäftlichen Absichten des Klägers noch wenig konkret. Es war ungewiss, ob geschäftliche Erfolge eintreten würden. Natürlich hat der Kläger selbst die Aussichten positiv beurteilt, sonst hätte er den Schritt nicht getan. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Senat davon ausgeht, dass der Kläger die Entwicklung erst einmal auf sich zukommen lassen und dann endgültig entscheiden wollte, wie es weiter gehen sollte. Dabei wird nicht in Abrede gestellt, dass mit X eine langfristige Zusammenarbeit geplant war. Dies ändert nichts an der Überzeugung des Senats, dass der Kläger sein Verbleiben in London von der künftigen Entwicklung abhängig machen wollte. Gewichtige Indizien hierfür sind insbesondere der zunächst auf sechs Monate befristete Vertrag mit X (Bl. 105 – 107 PA), sowie der Abschluss eines befristeten Mietvertrages, der jeweils monatlich verlängert und damit auch kurzfristig beendet werden konnte.

157

Mithin ist davon auszugehen, dass die Abfindung nach britischem Recht nicht steuerbar war, da der Kläger dort lediglich „resident“ war und die Abfindung nicht nach Großbritannien transferiert wurde.

2.

158

Nach dem für den Streitfall maßgeblichen DBA Großbritannien (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) ist das Besteuerungsrecht für die Abfindung allein Großbritannien zugewiesen.

2.1.

159

Art I lautet:

160

„Steuern im Sinne dieses Abkommens sind

161
a) In der Bundesrepublik Deutschland:
162

die Einkommensteuer …

163
b) Im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland:
164

die income tax …“

165

Art. II enthält die Begriffsbestimmungen und lautet – auszugsweise –:

166

h) „eine im Vereinigten Königreich ansässige Person“

167

i) eine Person, die im Sinne der Steuergesetze des Vereinigten Königreichs im Vereinigten Königreich ansässig ist

168

Hiernach war der Kläger im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung im Vereinigten Königreich ansässig, da er das Merkmal „resident“ erfüllte.

2.2.

169

Die streitbefangene Abfindung wird nach den Regelungen des Art. XI DBA Großbritannien 1964 nur in Großbritannien besteuert.

170

Art. XI lautet:

171

„Einkünfte aus Arbeit

172

173

(2) Vorbehaltlich der Art. IX, X und XIII –für den Streitfall nicht einschlägig – werden Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Gebiet besteuert, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Gebiet ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Gebiet besteuert werden.

174

(3) Ungeachtet des Absatzes 2 werden Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person für eine in dem anderen Gebiet ausgeübte unselbstständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Gebiet besteuert, wenn

175

a) der Empfänger sich in dem anderen Gebiet insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält

176

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber … gezahlt werden, der nicht in dem anderen Gebiet ansässig ist, und

177

c) die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung abgezogen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Gebiet hat.“

178

Die Regelung entspricht Art. 15 OECD-MA, so dass die Auslegung dieser Vorschrift heran gezogen werden kann. Danach fallen auch Abfindungen unter den Begriff der Vergütung für unselbstständige Arbeit, da sie nach deutschem Recht Arbeitslohn sind (Wassermeyer/Schwenke, Kommentierung zu Art. 15 OECD-MA, Rz. 56e).

179

Gleichwohl wird eine Abfindung nicht als Vergütung für geleistete Arbeit gezahlt, denn der Zweck der Abfindung ist nicht, eine Arbeitsleistung zusätzlich zu vergüten, sondern einen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und die damit verbundene Aufgabe des sozialen Besitzstandes zu gewähren. Sie werden aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt (Wassermeyer/Schwenke, Kommentar zu Art. 15 OECD-MA, Rz. 79; vgl. auch die Bezugnahme von Bahns, Kommentar zu Art. XI DBA GB 1964, Rz. 103).

Der bloße Anlasszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis – der für die Qualifikation der Zahlung als Arbeitslohn ausreicht – genügt nach dem Abkommenswortlaut nicht, um die Zahlung als für ausgeübte Arbeit bezogene Vergütung zu qualifizieren (so auch BFH Urteile vom 02.09.2009 – I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387, Rz. 11 und vom 10.06.2015 – I R 79/13, BFHE 250, 110, BStBl II 2016, 326, Rz. 13 für die identische Abkommensregelung im DBA Schweiz).

180

Damit kann Absatz 2 Satz 2, wonach die für die in Deutschland ausgeübte Arbeit bezogenen Vergütungen dort besteuert werden können, auf die Abfindung nicht angewendet werden. Damit ist die Grundregel des Absatzes 2 Satz 1 anzuwenden, wonach die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat stattfindet.

181

Hieran ändern auch die dem Absatz 2 vorgehenden Bestimmungen des Absatzes 3 nichts.

182

Die Bestimmungen des Absatzes 3 lit. a) bis c) müssen kumulativ erfüllt sein, um das Besteuerungsrecht dem „erstgenannten Gebiet“ – hier also Großbritannien – zuzuweisen.

183

Die Abfindung wurde von einem in dem „anderen Gebiet“ – Deutschland – ansässigen Arbeitgeber gezahlt, so dass die Bedingung gem. lit. b) nicht erfüllt wäre. Somit kann dahin stehen, ob der Kläger sich im Steuerjahr – abzustellen ist auf das vom 06.04.2008 bis 05.04.2009 dauernde britische Steuerjahr (vgl. Bahns, Kommentar zu Art. XI DBA GB 1964, Rz. 109) – nicht länger als 183 Tage in dem „anderen Gebiet“ – hier also Deutschland – aufgehalten hat, womit die Bedingung gem. lit. a) erfüllt wäre. Absatz 3 würde das Besteuerungsrecht also Deutschland zuweisen.

184

Jedoch beziehen auch diese Sonderregelungen sich nur auf Vergütungen, die für eine ausgeübte unselbstständige Arbeit gezahlt werden. Auch Absatz 3 ist damit auf Abfindungen nicht anzuwenden.

2.3.

185

Auch aus Art. II Abs. 2 DBA Großbritannien folgt kein Recht auf Besteuerung der Abfindung in Deutschland.

186

Art. II Abs. 2 lautet:

187

„Ist nach diesem Abkommen für Einkünfte aus Quellen innerhalb eines der Gebiete dort eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung zu gewähren, falls die Einkünfte in dem anderen Gebiet steuerpflichtig sind, und sind diese Einkünfte n ach dem geltenden Recht des anderes Gebietes dort nur insoweit steuerpflichtig, als die entsprechenden Beträge in das andere Gebiet überwiesen oder dort entgegen genommen werden, so gilt die nach diesem Abkommen im erstgenannten Gebiet zu gewährende Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung nur für die in das andere Gebiet überwiesenen oder dort entgegen genommenen Beträge.“

188

Hierbei handelt es sich um keine sog. „subject to tax-Klausel“, die auf sämtliche Einkünfte anzuwenden ist. Die Vorschrift regelt lediglich die Anwendung von im Abkommen enthaltenen subject-to-tax-Klauseln näher. Sie wäre nur dann anwendbar, wenn das deutsche Recht eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung von der Steuerpflicht in Großbritannien – also der Anwendung der „remittance base-Klausel“ – abhängig machen würde. Da dies für Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit nicht der Fall ist, fallen diese Einkünfte auch nicht unter den Anwendungsbereich dieser Klausel (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 14.12.2010 – 1 K 1134/2008, EFG 2011, 1250, Rz. 45 u. 46).

2.4.

189

Der Verständigungsvereinbarung gem. Art. 26 Abs. 3 DBA Großbritannien 2010 vom 08.11.2011 kommt keine Rückwirkung zu.

190

Absatz 2 dieser Verständigungsvereinbarung regelt für aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen das Besteuerungsrecht für den Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wurde.

191

Gemäß Absatz 4 soll die Vereinbarung in allen offenen Fällen angewendet werden.

192

Der BFH hat in seinem Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08 hierzu ausgeführt:

193

„Zwischen der (völkerrechtlichen) Bindung gegenüber dem anderen Vertragsstaat, der Bindung innerstaatlicher Rechtsanwendungsorgane und der Selbstbindung der die Verständigungsvereinbarung abschließenden und der ihnen nachgeordneten Behörden zu unterscheiden ist. Innerstaatliche Wirkungen kann hiernach eine solche Vereinbarung für die rechtsanwendenden Organe, also vor allem die Rechtsprechung, nur nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Vorgaben des einzelnen Vertragsstaats entfalten. Das kann ihre unmittelbare Wirksamkeit zur Folge haben. Es kann aber auch, wie im Regelfall in Deutschland, voraussetzen, dass die Vereinbarung zunächst nach den Grundsätzen des einschlägigen Verfassungsrechts in einfaches Gesetzesrecht transformiert werden muss (vgl. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes -GG-). Andernfalls bleibt es bei der Letztverbindlichkeit des Abkommens in seiner in diesem Sinne in nationales Recht umgesetzten Fassung. Diese Fassung allein ist vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Gesetzesvorbehalts (Art. 20 Abs. 3 GG) für die Abkommensauslegung maßgeblich. Denn aus innerstaatlicher Sicht handelt es sich bei der nicht transformierten Verständigungsvereinbarung der beteiligten Finanzverwaltungen lediglich um ein Verwaltungsabkommen und damit der Rechtsnatur nach um eine Verwaltungsvorschrift, die nicht auf einer ihrerseits demokratisch legitimierten Rechtsverordnung i.S. von Art. 80 Abs. 1 GG beruht und die deswegen nicht geeignet ist, positives Recht in verbindlicher Weise zu verändern.

194

Das schließt es nicht aus, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in der Verständigungsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen; es gilt der Grundsatz der Entscheidungsharmonie. In Einklang damit stehen die Grundsätze zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 -WÜRV- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757): Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen "Zusammenhang" sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame "Übung" der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderläuft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener Übereinkommen (nach Art. 4 WÜRV) nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist -und damit, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, nach Lage der Dinge nicht für das DBA-Schweiz 1971-, erzwingen auch diese Grundsätze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe des Abkommenswortlauts; dieser stellt in abschließender Weise die "Grenzmarke" für das "richtige" Abkommensverständnis dar.

195

Der Abkommenstext ist aus Sicht des erkennenden Senats aus den beschriebenen Gründen hinreichend eindeutig. Wenn eine Staatenpraxis dennoch wechselseitig von der bisherigen Abkommensauslegung abweicht, so wird dadurch nicht eine Auslegung, die insbesondere auf dem Abkommenswortlaut gründet, bestätigt. Vielmehr läuft dies auf eine -für den Steuerpflichtigen steuerverschärfende und damit belastende- Abkommensänderung hinaus und ist es allein aus dem bilateralen Bemühen zu erklären, etwaigen Nichtbesteuerungen der betreffenden Abfindungen vorzubeugen. Die Umsetzung dieses Bemühens mag (unbeschadet des Abkommensprinzips der nur virtuellen Doppelbesteuerung) gerechtfertigt und vor allem in der abkommensrechtlich (in Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971) vereinbarten Bekundung angelegt sein, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie kann vor dem Hintergrund des Abkommenstextes indes aus deutscher Sicht nur gelingen, wenn die "spätere Übung" oder "Übereinkunft" in positives und mit dem Abkommen gleichrangiges Recht erhoben wird. Es gilt erneut der verfassungsrechtliche Gesetzesvorbehalt. Auf der Basis einer bloßen Verwaltungsvereinbarung gelingt das deswegen nicht.

196

Aus demselben Grund scheidet schließlich die vom BMF angemahnte verfassungskonforme Auslegung des Abkommens (nach Maßgabe des Leistungsfähigkeitsprinzips, Art. 3 Abs. 1 GG) aus, um der Gefahr einer doppelten Nichtbesteuerung der Klägerin (und damit sog. weißer Einkünfte) entgegenzutreten.“

197

Das Urteil betrifft zwar das DBA Schweiz; die Grundsätze sind jedoch auf die hier zu beurteilende Verständigungsvereinbarung zum DBA Großbritannien zu übertragen.

198

Ob zum DBA Großbritannien gem. § 2 Abs. 2 AO mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung erlassen wurde, die die Verständigungsvereinbarung übernimmt, kann dahin stehen. Der BFH führt in seinem Urteil vom 10.06.2015 – I R 79/13, BFHE 250, 110, BStBl II 2016, 326, Rz. 18 nämlich aus:

199

„Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Ermächtigungsgrundlage den dafür gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuführen. Überwiegend wird das verneint und dem schließt sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 genügt trotz ihrer unilateralen "Anhebung" in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fußt mit § 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber hätte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.“

200

In Rz. 21 führt er weiter aus:

201

§ 2 Abs. 2 AO n.F. ermächtigt jedoch nicht zu Ergänzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments.“

202

In Rz. 24 wird ausgeführt:

203

„Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zurück.“

3.

204

Auch die Regelungen des § 50d Abs. 8 bzw. Abs. 9 EStG führen nicht zu einem Besteuerungsrecht für Deutschland.

205

Die unilaterale Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG ist verfassungsgemäß (Beschluss des BVerfG vom 15.12.2015 - 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1)

206

Die Absätze 8 und 9 können auf denselben Sachverhalt angewendet werden, wobei Abs. 8 anzuwenden ist, wenn Abs.9 nicht greift (Cloer/Hagemann in Bordewin/Brandt § 50d EStG, Rz. 284).

207

Die Vorschrift des § 50d Abs. 9 EStG dient ebenso wie § 50d Abs. 8 EStG der Verhinderung sog. „weißer“ Einkünfte. Die DBA verfolgen den Zweck, Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Kommt es durch eine vereinbarte Freistellung jedoch zu einer Nicht-Besteuerung, so soll Deutschland trotz der Freistellung das Besteuerungsrecht haben, da der Grund für die Freistellung entfällt. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit wurde bisher vom BVerfG nicht entschieden; die für § 50d Abs. 8 EStG aufgestellten Grundsätze sind allerdings auch für § 50d Abs. 9 EStG anwendbar (so auch Loschelder in Schmidt, § 50d EStG, Rz. 56).

208

§ 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG kommt für den Streitfall dem Grunde nach in Betracht. Die Vorschrift betrifft die Nicht-Besteuerung im anderen Staat mangels persönlicher Steuerpflicht – es fehlt an der für die Erfassung der Einkünfte erforderlichen Ansässigkeit im anderen Staat, beschränkte Steuerpflicht reicht nicht aus.
Demnach kann die Vorschrift angewendet werden, wenn auf der voran gegangenen Stufe die Ansässigkeit i.S. von „ordinarily resident“ oder „domiciled“ zu verneinen ist. Ausreichend hierfür dürfte sein, dass der andere Staat die Ansässigkeit verneint und deshalb die Einkünfte nicht erfasst. Ausgehend vom System der Selbstveranlagung in Großbritannien bedeutet dies, dass aufgrund der Nicht-Abgabe einer Steuererklärung in Großbritannien der Kläger dort als lediglich „resident“ anzusehen war.

209

§ 50d Abs. 8 EStG will nur durch Nicht-Erklärung im anderen Staat nicht versteuerte Einkünfte erfassen. Die Freistellung von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit wird nach dieser Vorschrift nur gewährt, wenn der Stpfl. nachweist, dass er entweder die Steuern im anderen Staat entrichtet hat oder der andere Staat auf die Besteuerung verzichtet hat.

210

Da § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG dem Grunde nach greift, kommt die subsidiäre Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG bereits dem Grunde nach nicht zur Anwendung.

211

Beide Regelungen beziehen sich allerdings nur auf unbeschränkt Steuerpflichtige.

212

Der Kläger war im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung nicht unbeschränkt steuerpflichtig.

213

Nichts anderes folgt aus der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Laufe des Jahres 2009 und der damit verbundenen Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG.

214

Nach dieser Vorschrift ist, wenn der Steuerpflichtige für einen Teil des Kalenderjahres beschränkt steuerpflichtig und für den übrigen Teil des Jahres unbeschränkt steuerpflichtig war, nur eine Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht durchzuführen, in die die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte einzubeziehen sind.

215

Der Beklagte folgert hieraus, dass der Kläger aufgrund der Durchführung einer einzigen Veranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtiger auch für die Anwendung des § 50d Abs. 8 und/oder 9 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig gelte.

216

Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass Zweck der Einfügung des § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG die Vermeidung von nicht gerechtfertigten Progressionsvorteilen durch zwei Veranlagungen in einem Jahr war.

217

Dieser Gesetzeszweck spricht dagegen, den Kläger allein aufgrund § 2 Abs. 7 S. 3 EStG im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nur beschränkt steuerpflichtig war.

218

Auch in seinem Urteil vom 19.12.2001 – I R 63/00, BFHE 197, 495, BStBl II 2003, 302 stellt der BFH - § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG betreffend – auf die Maßgeblichkeit der Verhältnisse im Zeitpunkt der Einkunftserzielung ab.

4.

219

Die Abfindung ist auch nicht wegen Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO in Deutschland zu besteuern.

220

In seinem Urteil vom 02.09.2009 – I R 111/08, Rz. 22 hatte der BFH aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz die Annahme, dass die dortige Klägerin ihren Wohnsitz nur deshalb in die Schweiz verlegt hat, um der deutschen Steuer zu entgehen, verneint. Das genüge, um einen "nachwirkenden" Besteuerungszugriff Deutschlands auszuschließen.

221

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Einbeziehung der schriftlichen Auskünfte, der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger ausschließlich zur Vermeidung der Besteuerung der Abfindung im Inland seinen Wohnsitz vorüber gehend nach London verlegt hatte und damit ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegen würde.

222

Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung plausibel erläutert, dass er nach seinem Zerwürfnis mit dem Vorstandsvorsitzenden der D AG in Deutschland für sich in absehbarer Zukunft keine beruflichen Chancen mehr sah und warum er sich ausgerechnet in England von der Realisierung der Projekte X und B etwas versprochen hatte. So hat er berichtet von seinen Kontakten nach England und zu X – einem Headhunter – aus der Zeit seiner Tätigkeit für ..., sowie von dem Projekt B, dessen Produkt „digital concierge“ in England leichter zu vermarkten gewesen sei als in Deutschland. Auch was seine geplante Promotion anbelangt, sind die Erklärungen des Klägers plausibel. Auch die Gründe für das letztliche Scheitern seiner geschäftlichen Aktivitäten in London hat der Kläger mit der Finanzkrise nachvollziehbar erläutert.

223

Herr Dr. H hat in seiner schriftlichen Antwort auf an ihn gestellten Fragen (Bl. 229 – 231 PA) bestätigt, dass die Finanzkrise letztlich ursächlich für das Scheitern der Pläne für die X gewesen sei.

224

Herr Dr. E hat die vom Kläger gemachten Aussagen im Wesentlichen bestätigt. So habe B in England vor allem zwei Produkte, nämlich den „digital concierge“ und ein noch namenloses Produkt im social-media-Bereich für Fußballvereine vermarkten wollen. Der Markt in England sei für derartige Produkte offener gewesen als der deutsche Markt, weshalb man es in England versucht habe. Allerdings habe man keine Investoren gefunden. Dies sei ein typisches Risiko für diese Art von Geschäften. Die Produkte seien gut gewesen. Letztlich seien andere mit ähnlichen Produkten erfolgreich gewesen.

225

Hinzu kommt, dass der Kläger plausibel erläuterte, dass er nach der Trennung von seiner Frau keine familiären Gründe hatte, seinen bisherigen Wohnsitz in Deutschland auch während seines Aufenthalts in England beizubehalten.

226

Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass der Kläger keine außersteuerlichen Gründe für seinen Umzug nach England hatte.

5.

227

Das Gericht brauchte den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht nachzugehen. Zum einen erachtet der Senat diese als nicht entscheidungsrelevant (keine Relevanz des Merkmals „ordinarily resident“). Zum anderen hat der Kläger für die benannten Zeugen entweder keine ladungsfähigen Anschriften, bzw. Anschriften im Ausland angegeben. Da das Gericht im Ausland ansässige Zeugen nicht laden kann, hätten diese Zeugen in der mündlichen Verhandlung als präsente Zeugen gestellt werden müssen.

6.

228

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

229

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und der Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

230

Die Fassung des Tenors erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 FGO.

231

Die Revision wurde gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Die Rechtsfrage, ob die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des § 50d Abs. 8, bzw. Abs. 9 EStG hat, ist – soweit ersichtlich – bislang höchstrichterlich nicht geklärt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Jan. 2018 - 6 K 1203/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Jan. 2018 - 6 K 1203/15

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Jan. 2018 - 6 K 1203/15 zitiert 30 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Einkommensteuergesetz - EStG | § 19


(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören1.Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;1a.Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer

Einkommensteuergesetz - EStG | § 34 Außerordentliche Einkünfte


(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außeror

Einkommensteuergesetz - EStG | § 1 Steuerpflicht


(1) 1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. 2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an d

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Einkommensteuergesetz - EStG | § 11


(1) 1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. 2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 42 Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten


(1) Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Re

Abgabenordnung - AO 1977 | § 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 105


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 80


(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrund

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32b Progressionsvorbehalt


(1) 1Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger oder ein beschränkt Steuerpflichtiger, auf den § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Anwendung findet, 1. a) Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüs

Einkommensteuergesetz - EStG | § 50d Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung


(1) (weggefallen) (1a) (weggefallen) (2) (weggefallen) (3) 1Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf der Grundlage eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keinen Anspruch auf Entlastung von der Kapit

Einkommensteuergesetz - EStG | § 49 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte


(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind1.Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);2.Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),a)für den im Inland eine Bet

Abgabenordnung - AO 1977 | § 8 Wohnsitz


Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 24


Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch 1. Entschädigungen, die gewährt worden sind a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oderb) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteili

Abgabenordnung - AO 1977 | § 2 Vorrang völkerrechtlicher Vereinbarungen


(1) Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor. (2) Das Bundesministerium der F

Abgabenordnung - AO 1977 | § 9 Gewöhnlicher Aufenthalt


Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist ste

Einkommensteuergesetz - EStG | § 38a Höhe der Lohnsteuer


(1) 1Die Jahreslohnsteuer bemisst sich nach dem Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer im Kalenderjahr bezieht (Jahresarbeitslohn). 2Laufender Arbeitslohn gilt in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet; in den Fällen des § 39b

Einkommensteuergesetz - EStG | § 90 Verfahren


(1)1Die zentrale Stelle ermittelt auf Grund der von ihr erhobenen oder der ihr übermittelten Daten, ob und in welcher Höhe ein Zulageanspruch besteht.2Soweit der zuständige Träger der Rentenversicherung keine Versicherungsnummer vergeben hat, vergibt

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Jan. 2018 - 6 K 1203/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Jan. 2018 - 6 K 1203/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 15. Dez. 2015 - 2 BvL 1/12

bei uns veröffentlicht am 15.12.2015

Tenor § 50d Absatz 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645)

Bundesfinanzhof Urteil, 10. Juni 2015 - I R 79/13

bei uns veröffentlicht am 10.06.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs

Referenzen

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

1.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),
a)
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist,
b)
die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen,
c)
die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach Buchstabe b erzielt werden,
d)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 3 und 4 gehören, durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen,
e)
die unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat,
bb)
bei deren Erwerb auf Grund eines Antrags nach § 13 Absatz 2 oder § 21 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 des Umwandlungssteuergesetzes nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Absatz 5 Satz 2 anzuwenden war oder
cc)
deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen,
f)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören, durch
aa)
Vermietung und Verpachtung oder
bb)
Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechten, Markenrechten oder Sortenrechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, erzielt werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.3§ 23 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.4Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft im Sinne des § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes vergleichbar ist.5Zu den Einkünften aus der Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen im Sinne dieses Buchstabens gehören auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, oder
g)
die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten; dies gilt nur, wenn die Gesamteinnahmen 10 000 Euro übersteigen;
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)
im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,
b)
aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss; dies gilt nicht, wenn das Dienstverhältnis im Tätigkeitsstaat oder einem anderen ausländischen Staat begründet wurde, der Arbeitnehmer keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines vorangegangenen vergleichbaren Dienstverhältnisses aufgegeben hat und mit dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht,
c)
als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,
d)
als Entschädigung im Sinne des § 24 Nummer 1 für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben,
e)
an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird;
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des
a)
§ 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 9, wenn
aa)
der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
bb)
in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 der Emittent der Aktien Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder
cc)
es sich um Fälle des § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb handelt;
dies gilt auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen,
b)
(weggefallen)
c)
§ 20 Absatz 1 Nummer 5 und 7, wenn
aa)
das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.2Ausgenommen sind Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Sammelurkunden im Sinne des § 9a des Depotgesetzes oder Teilschuldverschreibungen, soweit es sich nicht um Wandelanleihen oder Gewinnobligationen handelt, ausgegeben sind, oder
bb)
das Kapitalvermögen aus Genussrechten besteht, die nicht in § 20 Absatz 1 Nummer 1 genannt sind,
d)
§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a, Nummer 9 und 10 sowie Satz 2, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem inländischen Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem ausländischen Wertpapierinstitut
aa)
gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut, dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder dem inländischen Wertpapierinstitut verwahrt werden oder
bb)
gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
2§ 20 Absatz 3 gilt entsprechend;
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 5 gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen;
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a, die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der inländischen landwirtschaftlichen Alterskasse, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährt werden; dies gilt entsprechend für Leibrenten und andere Leistungen ausländischer Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden;
8.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 2, soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit
a)
inländischen Grundstücken oder
b)
inländischen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen;
8a.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4;
9.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 3, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 8 handelt;
10.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5; dies gilt auch für Leistungen ausländischer Zahlstellen, soweit die Leistungen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 22 Nummer 5 Satz 1 führen würden oder wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
11.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder in ein inländisches Register eingetragen ist, soweit diese Einkünfte
a)
in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft keiner Besteuerung unterliegen,
b)
nicht bereits als Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 10 einer Besteuerung unterliegen und
c)
in keinem anderen Staat einer Besteuerung unterliegen.
2Satz 1 gilt nur, wenn dem Beteiligten allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes, die keiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach § 1 Absatz 1 oder nach § 1 des Körperschaftsteuergesetzes unterliegen, mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Kapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zusteht; eine Beteiligung in diesem Sinne setzt nicht die Stellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter voraus.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich bei der Personengesellschaft oder Gemeinschaft um einen Altersvorsorgevermögensfonds im Sinne des § 53 des Investmentsteuergesetzes handelt oder die Einkünfte auch bei einer nicht vom deutschen Recht abweichenden Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft im ausländischen Staat keiner Besteuerung unterliegen würden.4Die Besteuerung nach den vorstehenden Sätzen erfolgt ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

(2) Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale bleiben außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 nicht angenommen werden könnten.

(3)1Bei Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen sind die Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b mit 5 Prozent der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen.2Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a).3Das gilt nicht in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe c oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

(4)1Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 sind Einkünfte steuerfrei, die ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem ausländischen Staat durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet.2Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass dieser ausländische Staat Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat.

(1)1Die Jahreslohnsteuer bemisst sich nach dem Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer im Kalenderjahr bezieht (Jahresarbeitslohn).2Laufender Arbeitslohn gilt in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet; in den Fällen des § 39b Absatz 5 Satz 1 tritt der Lohnabrechnungszeitraum an die Stelle des Lohnzahlungszeitraums.3Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt.

(2) Die Jahreslohnsteuer wird nach dem Jahresarbeitslohn so bemessen, dass sie der Einkommensteuer entspricht, die der Arbeitnehmer schuldet, wenn er ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.

(3)1Vom laufenden Arbeitslohn wird die Lohnsteuer jeweils mit dem auf den Lohnzahlungszeitraum fallenden Teilbetrag der Jahreslohnsteuer erhoben, die sich bei Umrechnung des laufenden Arbeitslohns auf einen Jahresarbeitslohn ergibt.2Von sonstigen Bezügen wird die Lohnsteuer mit dem Betrag erhoben, der zusammen mit der Lohnsteuer für den laufenden Arbeitslohn des Kalenderjahres und für etwa im Kalenderjahr bereits gezahlte sonstige Bezüge die voraussichtliche Jahreslohnsteuer ergibt.

(4) Bei der Ermittlung der Lohnsteuer werden die Besteuerungsgrundlagen des Einzelfalls durch die Einreihung der Arbeitnehmer in Steuerklassen (§ 38b), Feststellung von Freibeträgen und Hinzurechnungsbeträgen (§ 39a) sowie Bereitstellung von elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (§ 39e) oder Ausstellung von entsprechenden Bescheinigungen für den Lohnsteuerabzug (§ 39 Absatz 3 und § 39e Absatz 7 und 8) berücksichtigt.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

1.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),
a)
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist,
b)
die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen,
c)
die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach Buchstabe b erzielt werden,
d)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 3 und 4 gehören, durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen,
e)
die unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat,
bb)
bei deren Erwerb auf Grund eines Antrags nach § 13 Absatz 2 oder § 21 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 des Umwandlungssteuergesetzes nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Absatz 5 Satz 2 anzuwenden war oder
cc)
deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen,
f)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören, durch
aa)
Vermietung und Verpachtung oder
bb)
Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechten, Markenrechten oder Sortenrechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, erzielt werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.3§ 23 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.4Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft im Sinne des § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes vergleichbar ist.5Zu den Einkünften aus der Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen im Sinne dieses Buchstabens gehören auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, oder
g)
die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten; dies gilt nur, wenn die Gesamteinnahmen 10 000 Euro übersteigen;
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)
im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,
b)
aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss; dies gilt nicht, wenn das Dienstverhältnis im Tätigkeitsstaat oder einem anderen ausländischen Staat begründet wurde, der Arbeitnehmer keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines vorangegangenen vergleichbaren Dienstverhältnisses aufgegeben hat und mit dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht,
c)
als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,
d)
als Entschädigung im Sinne des § 24 Nummer 1 für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben,
e)
an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird;
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des
a)
§ 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 9, wenn
aa)
der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
bb)
in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 der Emittent der Aktien Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder
cc)
es sich um Fälle des § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb handelt;
dies gilt auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen,
b)
(weggefallen)
c)
§ 20 Absatz 1 Nummer 5 und 7, wenn
aa)
das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.2Ausgenommen sind Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Sammelurkunden im Sinne des § 9a des Depotgesetzes oder Teilschuldverschreibungen, soweit es sich nicht um Wandelanleihen oder Gewinnobligationen handelt, ausgegeben sind, oder
bb)
das Kapitalvermögen aus Genussrechten besteht, die nicht in § 20 Absatz 1 Nummer 1 genannt sind,
d)
§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a, Nummer 9 und 10 sowie Satz 2, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem inländischen Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem ausländischen Wertpapierinstitut
aa)
gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut, dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder dem inländischen Wertpapierinstitut verwahrt werden oder
bb)
gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
2§ 20 Absatz 3 gilt entsprechend;
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 5 gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen;
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a, die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der inländischen landwirtschaftlichen Alterskasse, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährt werden; dies gilt entsprechend für Leibrenten und andere Leistungen ausländischer Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden;
8.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 2, soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit
a)
inländischen Grundstücken oder
b)
inländischen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen;
8a.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4;
9.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 3, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 8 handelt;
10.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5; dies gilt auch für Leistungen ausländischer Zahlstellen, soweit die Leistungen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 22 Nummer 5 Satz 1 führen würden oder wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
11.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder in ein inländisches Register eingetragen ist, soweit diese Einkünfte
a)
in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft keiner Besteuerung unterliegen,
b)
nicht bereits als Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 10 einer Besteuerung unterliegen und
c)
in keinem anderen Staat einer Besteuerung unterliegen.
2Satz 1 gilt nur, wenn dem Beteiligten allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes, die keiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach § 1 Absatz 1 oder nach § 1 des Körperschaftsteuergesetzes unterliegen, mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Kapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zusteht; eine Beteiligung in diesem Sinne setzt nicht die Stellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter voraus.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich bei der Personengesellschaft oder Gemeinschaft um einen Altersvorsorgevermögensfonds im Sinne des § 53 des Investmentsteuergesetzes handelt oder die Einkünfte auch bei einer nicht vom deutschen Recht abweichenden Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft im ausländischen Staat keiner Besteuerung unterliegen würden.4Die Besteuerung nach den vorstehenden Sätzen erfolgt ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

(2) Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale bleiben außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 nicht angenommen werden könnten.

(3)1Bei Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen sind die Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b mit 5 Prozent der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen.2Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a).3Das gilt nicht in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe c oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

(4)1Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 sind Einkünfte steuerfrei, die ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem ausländischen Staat durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet.2Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass dieser ausländische Staat Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat.

(1) (weggefallen)

(1a) (weggefallen)

(2) (weggefallen)

(3)1Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf der Grundlage eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keinen Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer und vom Steuerabzug nach § 50a, soweit

1.
Personen an ihr beteiligt oder durch die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder die sonstige Verfassung begünstigt sind, denen dieser Anspruch nicht zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
2.
die Einkunftsquelle keinen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aufweist; das Erzielen der Einkünfte, deren Weiterleitung an beteiligte oder begünstigte Personen sowie eine Tätigkeit, soweit sie mit einem für den Geschäftszweck nicht angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausgeübt wird, gelten nicht als Wirtschaftstätigkeit.
2Satz 1 findet keine Anwendung, soweit die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, oder wenn mit der Hauptgattung der Anteile an ihr ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet.3§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(7) Werden Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 aus einer Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne der Vorschrift eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über den öffentlichen Dienst gewährt, so ist diese Vorschrift bei Bestehen eines Dienstverhältnisses mit einer anderen Person in der Weise auszulegen, dass die Vergütungen für der erstgenannten Person geleistete Dienste gezahlt werden, wenn sie ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden.

(8)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.2Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern.3§ 175 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

(9)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, soweit

1.
der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können,
2.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist, oder
3.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie einer Betriebsstätte in einem anderen Staat zugeordnet werden oder auf Grund einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung die steuerliche Bemessungsgrundlage in dem anderen Staat gemindert wird.
2Nummer 2 gilt nicht für Dividenden, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, es sei denn, die Dividenden sind bei der Ermittlung des Gewinns der ausschüttenden Gesellschaft abgezogen worden.3Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken.4Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, sind auch auf Teile von Einkünften anzuwenden, soweit die Voraussetzungen der jeweiligen Bestimmung des Abkommens hinsichtlich dieser Einkunftsteile erfüllt sind.

(10)1Sind auf eine Vergütung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und Nummer 3 zweiter Halbsatz die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden und enthält das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung, gilt die Vergütung für Zwecke der Anwendung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters.2Satz 1 gilt auch für die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen.3Die Vergütung des Gesellschafters ist ungeachtet der Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über die Zuordnung von Vermögenswerten zu einer Betriebsstätte derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist; die in Satz 2 genannten Erträge und Aufwendungen sind der Betriebsstätte zuzurechnen, der die Vergütung zuzuordnen ist.4Die Sätze 1 bis 3 gelten auch in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 sowie in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 2 entsprechend.5Sind Einkünfte im Sinne der Sätze 1 bis 4 einer Person zuzurechnen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als im anderen Staat ansässig gilt, und weist der Steuerpflichtige nach, dass der andere Staat die Einkünfte besteuert, ohne die darauf entfallende deutsche Steuer anzurechnen, ist die in diesem Staat nachweislich auf diese Einkünfte festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte, der deutschen Einkommensteuer entsprechende, anteilige ausländische Steuer bis zur Höhe der anteilig auf diese Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer anzurechnen.6Satz 5 gilt nicht, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine ausdrückliche Regelung für solche Einkünfte enthält.7Die Sätze 1 bis 6

1.
sind nicht auf Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 3 Nummer 2 anzuwenden;
2.
gelten entsprechend, wenn die Einkünfte zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 gehören; dabei tritt der Artikel über die selbständige Arbeit an die Stelle des Artikels über die Unternehmenseinkünfte, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einen solchen Artikel enthält.
8Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 bleibt unberührt.

(11)1Sind Dividenden bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Zahlungsempfänger nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind.2Soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei dieser Person freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden.

(11a) Ist der Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen eine Person, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach diesem Gesetz oder nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaats nicht zugerechnet werden, steht der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag oder nach § 50a auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Person zu, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden.

(12)1Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, gelten für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt.2Dies gilt nicht, soweit das Abkommen in einer gesonderten, ausdrücklich solche Abfindungen betreffenden Vorschrift eine abweichende Regelung trifft.3Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 sowie Rechtsverordnungen gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(13) Werden Aktien einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert, sind vom Erwerber an Stelle von Dividenden erhaltene sonstige Bezüge für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Dividenden, die von dieser Gesellschaft gezahlt werden, gleichgestellt.

(14)1Dem Gläubiger der Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 aus Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes steht ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung kein Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer zu, wenn die Kapitalerträge im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.2Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes sind ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu versteuern, wenn sie im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1)1Die zentrale Stelle ermittelt auf Grund der von ihr erhobenen oder der ihr übermittelten Daten, ob und in welcher Höhe ein Zulageanspruch besteht.2Soweit der zuständige Träger der Rentenversicherung keine Versicherungsnummer vergeben hat, vergibt die zentrale Stelle zur Erfüllung der ihr nach diesem Abschnitt zugewiesenen Aufgaben eine Zulagenummer.3Die zentrale Stelle teilt im Fall eines Antrags nach § 10a Absatz 1b der zuständigen Stelle, im Fall eines Antrags nach § 89 Absatz 1 Satz 4 dem Anbieter die Zulagenummer mit; von dort wird sie an den Antragsteller weitergeleitet.

(2)1Die zentrale Stelle veranlasst die Auszahlung an den Anbieter zugunsten der Zulageberechtigten durch die zuständige Kasse.2Ein gesonderter Zulagenbescheid ergeht vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht.3Der Anbieter hat die erhaltenen Zulagen unverzüglich den begünstigten Verträgen gutzuschreiben.4Zulagen, die nach Beginn der Auszahlungsphase für das Altersvorsorgevermögen von der zentralen Stelle an den Anbieter überwiesen werden, können vom Anbieter an den Anleger ausgezahlt werden.5Besteht kein Zulageanspruch, so teilt die zentrale Stelle dies dem Anbieter durch Datensatz mit.6Die zentrale Stelle teilt dem Anbieter die Altersvorsorgebeiträge im Sinne des § 82, auf die § 10a oder dieser Abschnitt angewendet wurde, durch Datensatz mit.

(3)1Erkennt die zentrale Stelle bis zum Ende des zweiten auf die Ermittlung der Zulage folgenden Jahres nachträglich, dass der Zulageanspruch ganz oder teilweise nicht besteht oder weggefallen ist, so hat sie zu Unrecht gutgeschriebene oder ausgezahlte Zulagen bis zum Ablauf eines Jahres nach der Erkenntnis zurückzufordern und dies dem Anbieter durch Datensatz mitzuteilen.2Bei bestehendem Vertragsverhältnis hat der Anbieter das Konto zu belasten.3Die ihm im Kalendervierteljahr mitgeteilten Rückforderungsbeträge hat er bis zum zehnten Tag des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats in einem Betrag bei der zentralen Stelle anzumelden und an diese abzuführen.4Die Anmeldung nach Satz 3 ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben.5Sie gilt als Steueranmeldung im Sinne der Abgabenordnung.6Abweichend von Satz 1 gilt die Ausschlussfrist für den Personenkreis der Kindererziehenden nach § 10a Absatz 1a nicht; die zentrale Stelle hat die Zulage bis zur Vollendung des fünften Lebensjahres des Kindes, das für die Anerkennung der Förderberechtigung nach § 10a Absatz 1a maßgebend war, zurückzufordern, wenn die Kindererziehungszeiten bis zu diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht angerechnet wurden.7Hat der Zulageberechtigte die Kindererziehungszeiten innerhalb der in § 10a Absatz 1a genannten Frist beantragt, der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung aber nicht innerhalb der Ausschlussfrist von Satz 6 oder 7 darüber abschließend beschieden, verlängert sich die Ausschlussfrist um drei Monate nach Kenntniserlangung der zentralen Stelle vom Erlass des Bescheides.

(3a) Erfolgt nach der Durchführung einer versorgungsrechtlichen Teilung eine Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Zulagen, setzt die zentrale Stelle den Rückforderungsbetrag nach Absatz 3 unter Anrechnung bereits vom Anbieter einbehaltener und abgeführter Beträge gegenüber dem Zulageberechtigten fest, soweit

1.
das Guthaben auf dem Vertrag des Zulageberechtigten zur Zahlung des Rückforderungsbetrags nach § 90 Absatz 3 Satz 1 nicht ausreicht und
2.
im Rückforderungsbetrag ein Zulagebetrag enthalten ist, der in der Ehe- oder Lebenspartnerschaftszeit ausgezahlt wurde.
Erfolgt nach einer Inanspruchnahme eines Altersvorsorge-Eigenheimbetrags im Sinne des § 92a Absatz 1 oder während einer Darlehenstilgung bei Altersvorsorgeverträgen nach § 1 Absatz 1a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes eine Rückforderung zu Unrecht gezahlter Zulagen, setzt die zentrale Stelle den Rückforderungsbetrag nach Absatz 3 unter Anrechnung bereits vom Anbieter einbehaltener und abgeführter Beträge gegenüber dem Zulageberechtigten fest, soweit das Guthaben auf dem Altersvorsorgevertrag des Zulageberechtigten zur Zahlung des Rückforderungsbetrags nicht ausreicht. Der Anbieter hat in diesen Fällen der zentralen Stelle die nach Absatz 3 einbehaltenen und abgeführten Beträge nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch amtlich bestimmte Datenfernübertragung mitzuteilen.

(4)1Eine Festsetzung der Zulage erfolgt nur auf besonderen Antrag des Zulageberechtigten.2Der Antrag ist schriftlich innerhalb eines Jahres vom Antragsteller an den Anbieter zu richten; die Frist beginnt mit der Erteilung der Bescheinigung nach § 92, die die Ermittlungsergebnisse für das Beitragsjahr enthält, für das eine Festsetzung der Zulage erfolgen soll.3Der Anbieter leitet den Antrag der zentralen Stelle zur Festsetzung zu.4Er hat dem Antrag eine Stellungnahme und die zur Festsetzung erforderlichen Unterlagen beizufügen.5Die zentrale Stelle teilt die Festsetzung auch dem Anbieter mit.6Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Im Rahmen des Festsetzungsverfahrens kann der Zulageberechtigte bis zum rechtskräftigen Abschluss des Festsetzungsverfahrens eine nicht fristgerecht abgegebene Einwilligung nach § 10a Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 gegenüber der zuständigen Stelle nachholen. Über die Nachholung hat er die zentrale Stelle unter Angabe des Datums der Erteilung der Einwilligung unmittelbar zu informieren. Hat der Zulageberechtigte im Rahmen des Festsetzungsverfahrens eine wirksame Einwilligung gegenüber der zuständigen Stelle erteilt, wird er so gestellt, als hätte er die Einwilligung innerhalb der Frist nach § 10a Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 wirksam gestellt.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) (weggefallen)

(1a) (weggefallen)

(2) (weggefallen)

(3)1Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf der Grundlage eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keinen Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer und vom Steuerabzug nach § 50a, soweit

1.
Personen an ihr beteiligt oder durch die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder die sonstige Verfassung begünstigt sind, denen dieser Anspruch nicht zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
2.
die Einkunftsquelle keinen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aufweist; das Erzielen der Einkünfte, deren Weiterleitung an beteiligte oder begünstigte Personen sowie eine Tätigkeit, soweit sie mit einem für den Geschäftszweck nicht angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausgeübt wird, gelten nicht als Wirtschaftstätigkeit.
2Satz 1 findet keine Anwendung, soweit die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, oder wenn mit der Hauptgattung der Anteile an ihr ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet.3§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(7) Werden Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 aus einer Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne der Vorschrift eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über den öffentlichen Dienst gewährt, so ist diese Vorschrift bei Bestehen eines Dienstverhältnisses mit einer anderen Person in der Weise auszulegen, dass die Vergütungen für der erstgenannten Person geleistete Dienste gezahlt werden, wenn sie ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden.

(8)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.2Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern.3§ 175 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

(9)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, soweit

1.
der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können,
2.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist, oder
3.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie einer Betriebsstätte in einem anderen Staat zugeordnet werden oder auf Grund einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung die steuerliche Bemessungsgrundlage in dem anderen Staat gemindert wird.
2Nummer 2 gilt nicht für Dividenden, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, es sei denn, die Dividenden sind bei der Ermittlung des Gewinns der ausschüttenden Gesellschaft abgezogen worden.3Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken.4Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, sind auch auf Teile von Einkünften anzuwenden, soweit die Voraussetzungen der jeweiligen Bestimmung des Abkommens hinsichtlich dieser Einkunftsteile erfüllt sind.

(10)1Sind auf eine Vergütung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und Nummer 3 zweiter Halbsatz die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden und enthält das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung, gilt die Vergütung für Zwecke der Anwendung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters.2Satz 1 gilt auch für die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen.3Die Vergütung des Gesellschafters ist ungeachtet der Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über die Zuordnung von Vermögenswerten zu einer Betriebsstätte derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist; die in Satz 2 genannten Erträge und Aufwendungen sind der Betriebsstätte zuzurechnen, der die Vergütung zuzuordnen ist.4Die Sätze 1 bis 3 gelten auch in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 sowie in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 2 entsprechend.5Sind Einkünfte im Sinne der Sätze 1 bis 4 einer Person zuzurechnen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als im anderen Staat ansässig gilt, und weist der Steuerpflichtige nach, dass der andere Staat die Einkünfte besteuert, ohne die darauf entfallende deutsche Steuer anzurechnen, ist die in diesem Staat nachweislich auf diese Einkünfte festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte, der deutschen Einkommensteuer entsprechende, anteilige ausländische Steuer bis zur Höhe der anteilig auf diese Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer anzurechnen.6Satz 5 gilt nicht, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine ausdrückliche Regelung für solche Einkünfte enthält.7Die Sätze 1 bis 6

1.
sind nicht auf Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 3 Nummer 2 anzuwenden;
2.
gelten entsprechend, wenn die Einkünfte zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 gehören; dabei tritt der Artikel über die selbständige Arbeit an die Stelle des Artikels über die Unternehmenseinkünfte, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einen solchen Artikel enthält.
8Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 bleibt unberührt.

(11)1Sind Dividenden bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Zahlungsempfänger nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind.2Soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei dieser Person freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden.

(11a) Ist der Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen eine Person, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach diesem Gesetz oder nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaats nicht zugerechnet werden, steht der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag oder nach § 50a auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Person zu, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden.

(12)1Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, gelten für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt.2Dies gilt nicht, soweit das Abkommen in einer gesonderten, ausdrücklich solche Abfindungen betreffenden Vorschrift eine abweichende Regelung trifft.3Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 sowie Rechtsverordnungen gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(13) Werden Aktien einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert, sind vom Erwerber an Stelle von Dividenden erhaltene sonstige Bezüge für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Dividenden, die von dieser Gesellschaft gezahlt werden, gleichgestellt.

(14)1Dem Gläubiger der Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 aus Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes steht ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung kein Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer zu, wenn die Kapitalerträge im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.2Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes sind ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu versteuern, wenn sie im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ergangen ist. Die Klage wird insoweit als unzulässig abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wohnte im Streitjahr 2010 bis zum 30. April im Inland und übte hier eine nichtselbständige Tätigkeit aus. Am 1. Mai verzog er in die Schweiz, wo er eine neue nichtselbständige Tätigkeit aufnahm.

2

Das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seinem seinerzeitigen inländischen Arbeitgeber wurde mit Vertrag vom 16./29. Dezember 2009 aus dringenden betrieblichen Gründen einvernehmlich zum 31. Juli 2010 beendet. Der Kläger wurde unter Fortzahlung der regulären Bezüge sowie unter Zahlung von Boni für 2009 und 2010 zum 1. Januar 2010 unwiderruflich freigestellt. Er konnte seinerseits das Arbeitsverhältnis mit 14-tägiger Kündigungsfrist auch vor dem 31. Juli 2010 beenden. Als Entschädigung für den Verlust des Anstellungsverhältnisses und zum Ausgleich bereits entstandener und der damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteile vereinbarten die Vertragspartner eine Abfindung in Höhe eines Einmalbetrages von 780.500 €. Für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Erklärung des Klägers sollte sich der Abfindungsbetrag um das ansonsten zwischen dem Beendigungsdatum und dem am 31. Juli 2010 fällige Grundgehalt erhöhen. Die Versteuerung sollte durch den Arbeitgeber erfolgen.

3

Die Abfindung wurde im September 2010 gezahlt. Der ehemalige Arbeitgeber behielt darauf 337.990 € an Lohnsteuer und 18.589,45 € an Solidaritätszuschlag ein. Zuvor war eine vom Kläger angestrebte lohnsteuerliche Freistellung der Abfindung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt gescheitert.

4

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2010 behandelte der Kläger einen Betrag von 785.194 € als nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) --DBA-Schweiz 1971-- steuerfreien Arbeitslohn. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte den Betrag demgegenüber als Entschädigung für mehrere Jahre, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Arbeitslohn nach § 19 i.V.m. § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) ermäßigt zu versteuern sei. Das Besteuerungsrecht Deutschlands ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 und der dazu ergangenen (ergänzenden) deutsch-schweizerischen Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen vom 17. März 2010, bekanntgegeben durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. März 2010 (BStBl I 2010, 268), Letztere i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 2 und § 25 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft --Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung (KonsVerCHEV)-- vom 20. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 2187, BStBl I 2010, 146). Die in der Schweiz erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2009 beim sog. Progressionsvorbehalt berücksichtigt.

5

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Bescheide über Einkommensteuer und Feststellung der Steuermäßigung nach § 10a Abs. 4 EStG 2009 war erfolgreich. Das Hessische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 288 statt.

6

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Dem Revisionsverfahren ist das BMF beigetreten. Es schließt sich in der Sache dem FA an, ohne eigene Anträge zu stellen.

Entscheidungsgründe

9

B. Die Revision ist nur im Hinblick auf die Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 begründet, weil die Klage insoweit unzulässig ist. Im Übrigen aber ist sie unbegründet.

10

I. Die Anfechtung des Feststellungsbescheids gemäß § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 ist unzulässig. Es handelt sich bei diesem Bescheid bezogen auf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid um einen Folgebescheid (vgl. § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung --AO--). Das ergibt sich aus § 10a Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2009, wonach § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG 2009 auf die Feststellung entsprechend anzuwenden ist, und in jener Vorschrift ist die Grundlagenwirkung des Einkommensteuerbescheids justiert (s. dazu z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., § 10d Rz 41; Schmidt/Weber-Grellet, ebenda, § 10a Rz 30, m.w.N.).

11

II. Im eigentlichen Streitpunkt ist die Revision jedoch unbegründet. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht für die Abfindung wurde durch das DBA-Schweiz 1971 beschränkt; das Besteuerungsrecht steht nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 der Schweiz als dem (nunmehrigen) Wohnsitzstaat des Klägers zu.

12

1. Der Kläger hat seinen Wohnsitz seit dem 1. Mai des Streitjahres in der Schweiz und ist seitdem in Deutschland nicht mehr --wie zuvor-- unbeschränkt (vgl. § 1 Abs. 1 EStG 2009), sondern beschränkt (vgl. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 EStG 2009) steuerpflichtig. Letzteres betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2009 auch seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG 2009), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder --und insofern hier bezogen auf die in Rede stehende Abfindungszahlung allein einschlägig-- "worden ist". Es betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG 2009 zudem Einkünfte, die als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG 2009 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte --wie vorliegend-- der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Die Vorinstanz geht übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass es sich bei der an den Kläger geleisteten Abfindungszahlung um eine derartige Entschädigung handelt, nicht aber um nachträglichen Arbeitslohn. Auch der Senat hat keinen Anlass, diese Sachverhaltswürdigung in Frage zu stellen.

13

2. Deutschland steht infolge des mit der Schweiz geschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung jedoch das Besteuerungsrecht an der Zahlung nicht zu: Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden. Daraus folgt nach ständiger Spruchpraxis des Senats (z.B. Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; vom 24. Juli 2013 I R 8/13, BFHE 245, 291, BStBl II 2014, 929, jeweils m.w.N.), dass Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht im Tätigkeitsstaat, sondern im Ansässigkeitsstaat zu besteuern sind. Denn bei Abfindungen handelt es sich unbeschadet dessen, dass sie nach dem insoweit maßgebenden innerstaatlichen Recht (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971) Arbeitslohn (§ 19 EStG 2009) sind, nicht um ein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971. Sie werden nicht für eine konkrete im Inland oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des Arbeitsplatzes. Ein bloßer Anlasszusammenhang zwischen Zahlung und Tätigkeit genügt nach dem Abkommenswortlaut ("dafür") indes nicht. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Spruchpraxis, an welcher festzuhalten ist, prinzipiell angeschlossen (BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort Tz. 6.3 Rz 121, und --nunmehr mit Wirkung ab 1. Januar 2015-- vom 12. November 2014, BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4 Rz 178 ff.).

14

3. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 weiter entschieden hat, ändert sich an dieser Rechtsauffassung infolge der ursprünglichen (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Mai 1997, BStBl I 1997, 560), durch das BMF-Schreiben vom 13. Oktober 1992 (Recht der Internationalen Wirtschaft 1993, 82; vgl. auch BStBl I 1997, 560) bekanntgegebenen Verständigungsvereinbarung der deutschen und eidgenössischen Finanzbehörden zur Besteuerung von Abfindungen nichts. Dabei verbleibt es auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen ergänzenden Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010.

15

a) Das BMF und die Eidgenössische Steuerverwaltung haben sich in jenen Vereinbarungen auf der Basis von Konsultationsverhandlungen nach Maßgabe des Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 darauf verständigt, das Besteuerungsrecht der beiden Vertragsstaaten danach zuzuteilen, ob der Abfindung Versorgungscharakter beizumessen ist oder ob es sich um eine Nachzahlung von Lohn, Gehalt oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. In dem ersten Fall kann --nach Satz 2 der Vereinbarungen-- die Abfindung danach gemäß Art. 18 DBA-Schweiz 1971 nur im Wohnsitzstaat des Empfängers besteuert werden, im zweiten Fall soll nach Satz 3 der Vereinbarungen gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 das sog. Tätigkeitsortsprinzip gelten. Hintergrund dieser Vereinbarung ist der Umstand, dass andernfalls aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungspraxis in Deutschland und in der Schweiz über die Besteuerungszuordnung die Gefahr sog. weißer Einkünfte, also der doppelten Nichtbesteuerung, bestand.

16

b) Der Senat misst einer derartigen zwischenstaatlichen Konsultationsvereinbarung --in Einklang mit den Grundsätzen zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 --WÜRV-- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757)-- zwar Bedeutung für die Auslegung der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei. Er hat jedoch wiederholt klar zum Ausdruck gebracht, dass die "Grenzmarke" für das richtige Abkommensverständnis immer nur der Abkommenswortlaut sein kann. Wird das in der Konsultationsvereinbarung gefundene Abkommensverständnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, kann die Vereinbarung die Abkommensauslegung durch die Gerichte nicht beeinflussen oder die Gerichte gar binden. Auch daran ist uneingeschränkt festzuhalten und auf das zitierte Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 ist deswegen zu verweisen.

17

4. Allerdings haben sich die Vereinbarungsgrundlagen zwischenzeitlich geändert. Der Gesetzgeber hat vermittels des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) mit § 2 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO n.F.-- (erstmals) eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, wonach --so Satz 1 der Vorschrift-- das BMF ermächtigt wird, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen in diesem Sinne sind nach Satz 2 der Vorschrift einvernehmliche Vereinbarungen der zu-ständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen. Mit diesem tatbestandlich umschriebenen Inhalt zielt die Neuregelung darauf ab, zwischenstaatlichen behördlichen Konsultationsvereinbarungen i.S. von Art. 25 Abs. 3 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) den Rang einer Rechtsverordnung zu verleihen. In § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV ist das für die im Streitfall in Rede stehenden Arbeitnehmer-Abfindungen geschehen; die Deutsch-Schweizerische Konsultationsverbindung vom 17. März 2010 ist darin textlich übernommen worden.

18

5. Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Ermächtigungsgrundlage den dafür gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuführen. Überwiegend wird das verneint und dem schließt sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 genügt trotz ihrer unilateralen "Anhebung" in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fußt mit § 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber hätte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.

19

a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG können durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Das ist hier nicht gelungen.

20

aa) Zwar gilt gewissermaßen "natürlich" der Grundsatz, dass ein Gesetz nicht durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift außer Kraft gesetzt oder abgeändert werden kann, ebenso wie seine Durchbrechung durch einen Verwaltungsakt und seine Verdrängung durch eine Rechtsnorm, die im Vergleich zum Gesetz von niedrigerem Range ist, also eine Rechtsverordnung, eine Gemeindesatzung, ausgeschlossen ist. Das ergibt sich unmittelbar aus dem "Vorrang des Gesetzes" (Art. 20 Abs. 3 GG): "Der in der Form des Gesetzes geäußerte Staatswille geht rechtlich jeder anderen staatlichen Willensäußerung vor", so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 6. Mai 1958  2 BvL 37/56, 2 BvL 11/57 (BVerfGE 8, 155). Dieser Vorrang des Gesetzes --also die dem Gesetz kraft Verfassungsrechts innewohnende Eigenschaft, staatliche Willensäußerungen niedrigeren Ranges rechtlich zu hindern oder zu zerstören-- kann sich aber naturgemäß nur auswirken, wo ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und der Willensäußerung niederen Ranges besteht. Es bedarf keiner Ausführung, dass eine staatliche Willensäußerung, die das Gesetz befolgt und in Einklang mit ihm steht, nicht am Vorrang des Gesetzes scheitern kann. Im Einzelnen ist dazu beispielhaft auf den besagten Beschluss des BVerfG in BVerfGE 8, 155 hinzuweisen. So gesehen mag es auch möglich sein, kraft Verordnung eine Abkommensregelung zu spezifizieren und umzusetzen. Es mag prinzipiell ebenso ausreichen, die gesetzliche Ermächtigung dabei weit zu fassen, solange und soweit die "wesentlichen Konturen" in dem Referenzgesetz --hier also das bilaterale Abkommen in der Umsetzung des "einfachen" Zustimmungsgesetzes-- vom Gesetzgeber vorgegeben werden (s. z.B. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 43e, m.w.N.; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 327, 332; Oellerich in Beermann/Gosch, AO, § 2 Rz 102; s.a. den vom beigetretenen BMF herangezogenen, allerdings in anderem Zusammenhang des Steuerberatungsgesetzes ergangenen BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982  2 BvL 28/81, BVerfGE 62, 203; demgegenüber zweifelnd z.B. Gosch in Mellinghoff/Schön/Viskorf [Hrsg.], Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift Spindler, 2011, S. 379, 421; derselbe in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 49 Rz 72; anders z.B. Nacke, Der Betrieb --DB-- 2010, 1149; Lehner, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2011, 739 und Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 1091). Und es lässt sich schließlich auch hören, wenn argumentiert wird, der Gesetzgeber habe mit seiner Zustimmung zu dem Gesetz zur Überleitung des völkerrechtlichen Vertrages in nationales (einfaches) Recht die Möglichkeit von Konsultationsvereinbarungen auf Basis des Art. 25 Abs. 3 OECD-MustAbk antizipiert und akzeptiert (z.B. Hummel, IStR 2011, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, 737, jeweils m.w.N.; insoweit anders Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43f, m.w.N., insbesondere auch aus dem staatsrechtlichen Schrifttum). Doch ist es auch vermittels einer derart gefassten Ermächtigungsregelung ausgeschlossen, den Abkommenstext und damit die besagte Besteuerungszuordnung für die betreffenden Einkünfte zu verändern (s. zu alledem z.B. FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 19. Dezember 2013  3 K 1189/13, Betriebs-Berater --BB-- 2014, 2071; sowie z.B. Hummel, IStR 2011, 397, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, und derselbe in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Grundlagen Rz 136; Schönfeld/Häck in Schönfeld/ Ditz, DBA, Systematik Rz 100; Dremel, daselbst, Art. 1 Rz 23 ff.; Flüchter, daselbst, Art. 25 Rz 218 ff.; Eilers in Wassermeyer, MA Art. 25 Rz 67; Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, MA Art. 15 Rz 79; Kempermann in Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 7, s.a. Art. 15a Rz 42; Kubaile, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- 2012, 1; Heger, Steuer Wirtschaft International 2011, 95; Micker, IWB 2011, 61; Gosch, BFH/PR 2011, 241; s.a. Musil in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., § 2 AO Rz 234; anders Neyer/Schlepper, FR 2011, 648).

21

bb) Das aber ist hier der Fall. Der Abkommenstext belässt aus den unter I.2. beschriebenen Gründen für die Frage der Besteuerungszuordnung von Abfindungen an ehemals nichtselbständig tätige Arbeitnehmer keine Spielräume. Und daran ändert auch das in § 2 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. qualifizierte zusätzliche Ermächtigungsziel nichts, doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden. Das mag --in Einklang mit "neuerem Abkommensdenken" der OECD-- das eine oder andere neuere Doppelbesteuerungsabkommen bezwecken, und das findet sich jetzt denn auch in der (ministeriellen) "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen", BMF-Schreiben vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in IStR, Beihefter 10/2013 unter II. und berichtigt in IStR 2013, 440) wieder. Dieser Paradigmenwechsel aber hat im DBA-Schweiz 1971, das allein die Freistellungsmethode anwendet und damit vorbehaltlos auf eine virtuelle Doppelbesteuerung abhebt (ständige Spruchpraxis, deutlich z.B. Senatsurteil vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764), (noch) keinen Niederschlag gefunden. Durch § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV wird indessen genau das sinn- und zweckverändert. Der Regelung käme der Charakter einer Rückfallklausel zu, die im Abkommen nicht angelegt ist, diesem vielmehr widerspricht (Lehner, IStR 2011, 733, 736, dort auch spezifisch für die Situation der Abfindungszahlung an ehemalige Arbeitnehmer). § 2 Abs. 2 AO n.F. ermächtigt jedoch nicht zu Ergänzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments (Lehner, IStR 2011, 733, 735). Solange diese Zustimmung fehlt, bleibt "die Grenzziehung zwischen Auslegung und einer an den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG scheiternden Lückenschließung (...)", darin ist Lehner (IStR 2011, 733, 739) uneingeschränkt beizupflichten, "Aufgabe der Judikative".

22

b) Lassen sich die vorbenannten Mängel nicht ausräumen, ist die Rechtsverordnung zu verwerfen. Dazu sind die Fachgerichte und damit der Senat befugt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 12. Dezember 1984  1 BvR 1249/83, 1 BvR 1745/83, 1 BvR 1746/83, 1 BvR 1752/83, 1 BvR 1753/83, 1 BvR 1757/83, 1 BvR 1769/83, 1 BvR 1719/83, 1 BvR 1720/83, BVerfGE 68, 319, BVerfGE 68, 319, 325; BVerfG-Urteil vom 18. Dezember 1985  2 BvR 1167/84, 2 BvR 1185/84, 2 BvR 1636/84, 2 BvR 308/85, 2 BvQ 18/84, BVerfGE 71, 305, 337; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43g, m.w.N.), und so geschieht es denn auch im Streitfall.

23

6. Unabhängig von diesen Erwägungen scheitert die erstrebte Verbindlichkeit für das Streitjahr auch daran, dass die verwaltungsseitig vorgegebene Auslegung nach § 26 KonsVerCHEV erstmals mit Wirkung vom 23. Dezember 2010 gilt, nicht aber für den bis dahin abgelaufenen Teil des Jahres 2010.

24

a) Der Senat legt seiner Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in ebenfalls ständiger Spruchpraxis aus zeitlicher Sicht einen sog. statischen, keinen sog. dynamischen Auslegungsmodus zugrunde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 16. Januar 2014 I R 30/12, BFHE 244, 354, BStBl II 2014, 721; vom 9. Februar 2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106; vom 25. Mai 2011 I R 95/10, BFHE 234, 63; vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, BFHE 232, 137, BStBl II 2011, 488; vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390; Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156, jeweils m.w.N.). Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zurück. Das gilt in erster Linie für Verwaltungsverlautbarungen, wie beispielsweise die Musterkommentierung der OECD zu deren Musterabkommen. Das gilt aber auch für bilaterale Konsultationsvereinbarungen. Abermals hindert Art. 31 WÜRV ein solches Verständnis nicht: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen "Zusammenhang" sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame "Übung" der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderläuft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener Übereinkommen (nach dessen Art. 4) ohnehin nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist --und damit, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, nach Lage der Dinge nicht für das DBA-Schweiz 1971--, erzwingen auch diese Grundsätze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe jenes Wortlauts.

25

b) Und das gilt auch hier. Dass die neuerliche Konsultationsvereinbarung inhaltlich im Kern bloß auf der vorangegangenen Verständigungsvereinbarung aus dem Jahre 1992 aufsetzt, ist unbeachtlich. Denn jene Vereinbarung erfüllte die nötigen rechtsstaatlichen Anforderungen einer Auslegungsverbindlichkeit, wie beschrieben, von vornherein nicht. Auch ist es unbeachtlich, dass die Einkommensteuer für das Streitjahr erst am 31. Dezember 2010 entsteht (vgl. § 25 Abs. 1 EStG 2009), mithin nach dem in § 25 KonsVerCHEV bestimmten Anwendungszeitpunkt für die deutsch-schweizerische Konsultationsverordnung am 1. Januar 2010, welcher wiederum seinerseits in Einklang mit Art. 97 § 1 Abs. 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (EGAO n.F.) steht; Rechtsverordnungen aufgrund des § 2 Abs. 2 AO n.F. können danach mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2010 erlassen werden, sofern die dem Bundesrat zugeleitete Rechtsverordnung vor dem 1. Januar 2011 als Bundesratsdrucksache veröffentlicht worden ist, was hier der Fall ist (s. Bundesrats-Drucksache 716/10 vom 5. November 2010). Das alles mag vor dem Hintergrund des gängigen Verfassungsverständnisses in Deutschland jedenfalls nicht unbedingt einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Rückwirkungsverbot auslösen (vgl. grundlegend z.B. BVerfG-Beschluss vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, m.w.N.; s.a. --bezogen auf Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und deren Überleitung in nationales Recht-- BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628; insoweit konkret bezogen auf § 2 Abs. 2 AO n.F. einerseits Bisle, IWB 2010, 794; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 337; andererseits Nacke, DB 2010, 1149; s. eingehend zum Problem auch Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43d, m.w.N.). Für die Rechtsauslegung des Abkommenstextes bleibt das aber ohne Bedeutung, weil sich die Abkommensauslegung einem einseitigen vertragsstaatlichen Zugriff entzieht, wenn dieser Zugriff zeitlich nach dem zu beurteilenden tatsächlichen Lebenssachverhalt liegt. So liegt es hier, weil die in Rede stehende deutsch-schweizerische Konsultationsvereinbarung als solche in Gestalt der Konsultationsverordnung erst am 23. Dezember 2010 in Kraft getreten ist. Maßgebender Anwendungszeitpunkt für die abkommensüberschreibende Konsultationsvereinbarung kann immer nur der Zeitpunkt sein, in welchem eine solche Vereinbarung tatsächlich in der verfassungsrechtlich gebotenen Form in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. Rückwirkende Anwendungsanordnungen vertragen sich damit nicht und scheiden aus. Insofern gilt nichts anderes als für das Abkommen als solches, für das Art. 32 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 den Anwendungszeitpunkt für das Jahr bestimmt, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist (oder neuerlich auch in der bereits zitierten ministeriellen "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen" vom 17. April 2013, nach deren Art. 31 Abs. 1 und 2 der Anwendungszeitpunkt des ratifizierten Abkommens auf den 1. Januar desjenigen Kalenderjahres justiert wird, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist). Nur so kann sichergestellt werden, dass das bilateral Vereinbarte in beiden Vertragsstaaten zu ein- und demselben Zeitpunkt anzuwenden ist und genau diejenige Gefahr einer doppelten Besteuerung, ggf. auch doppelten Nichtbesteuerung, vermieden wird, der es nach den Absichten der vereinbarungsbeteiligten Vertragsstaaten (auch) bei einer abkommensverändernden Konsultationsvereinbarung entgegenzutreten gilt (s. zu alledem auch Gosch in Kaeser [Hrsg.], Festgabe für F. Wassermeyer, 2015, Stichwort 29, dort unter III.).

26

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen nach Satz 1 sind einvernehmliche Vereinbarungen der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen, die

1.
Einkünfte oder Vermögen oder Teile davon bestimmen, für die die Bundesrepublik Deutschland in Anwendung der Bestimmung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Grund einer auf diplomatischem Weg erfolgten Notifizierung eine Steueranrechnung vornimmt, und
2.
in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den öffentlichen Dienst eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung diejenigen Körperschaften und Einrichtungen einbeziehen, die auf Grund einer in diesem Abkommen vorgesehenen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden bestimmt worden sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ergangen ist. Die Klage wird insoweit als unzulässig abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wohnte im Streitjahr 2010 bis zum 30. April im Inland und übte hier eine nichtselbständige Tätigkeit aus. Am 1. Mai verzog er in die Schweiz, wo er eine neue nichtselbständige Tätigkeit aufnahm.

2

Das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seinem seinerzeitigen inländischen Arbeitgeber wurde mit Vertrag vom 16./29. Dezember 2009 aus dringenden betrieblichen Gründen einvernehmlich zum 31. Juli 2010 beendet. Der Kläger wurde unter Fortzahlung der regulären Bezüge sowie unter Zahlung von Boni für 2009 und 2010 zum 1. Januar 2010 unwiderruflich freigestellt. Er konnte seinerseits das Arbeitsverhältnis mit 14-tägiger Kündigungsfrist auch vor dem 31. Juli 2010 beenden. Als Entschädigung für den Verlust des Anstellungsverhältnisses und zum Ausgleich bereits entstandener und der damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteile vereinbarten die Vertragspartner eine Abfindung in Höhe eines Einmalbetrages von 780.500 €. Für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Erklärung des Klägers sollte sich der Abfindungsbetrag um das ansonsten zwischen dem Beendigungsdatum und dem am 31. Juli 2010 fällige Grundgehalt erhöhen. Die Versteuerung sollte durch den Arbeitgeber erfolgen.

3

Die Abfindung wurde im September 2010 gezahlt. Der ehemalige Arbeitgeber behielt darauf 337.990 € an Lohnsteuer und 18.589,45 € an Solidaritätszuschlag ein. Zuvor war eine vom Kläger angestrebte lohnsteuerliche Freistellung der Abfindung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt gescheitert.

4

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2010 behandelte der Kläger einen Betrag von 785.194 € als nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) --DBA-Schweiz 1971-- steuerfreien Arbeitslohn. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte den Betrag demgegenüber als Entschädigung für mehrere Jahre, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Arbeitslohn nach § 19 i.V.m. § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) ermäßigt zu versteuern sei. Das Besteuerungsrecht Deutschlands ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 und der dazu ergangenen (ergänzenden) deutsch-schweizerischen Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen vom 17. März 2010, bekanntgegeben durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. März 2010 (BStBl I 2010, 268), Letztere i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 2 und § 25 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft --Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung (KonsVerCHEV)-- vom 20. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 2187, BStBl I 2010, 146). Die in der Schweiz erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2009 beim sog. Progressionsvorbehalt berücksichtigt.

5

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Bescheide über Einkommensteuer und Feststellung der Steuermäßigung nach § 10a Abs. 4 EStG 2009 war erfolgreich. Das Hessische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 288 statt.

6

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Dem Revisionsverfahren ist das BMF beigetreten. Es schließt sich in der Sache dem FA an, ohne eigene Anträge zu stellen.

Entscheidungsgründe

9

B. Die Revision ist nur im Hinblick auf die Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 begründet, weil die Klage insoweit unzulässig ist. Im Übrigen aber ist sie unbegründet.

10

I. Die Anfechtung des Feststellungsbescheids gemäß § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 ist unzulässig. Es handelt sich bei diesem Bescheid bezogen auf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid um einen Folgebescheid (vgl. § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung --AO--). Das ergibt sich aus § 10a Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2009, wonach § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG 2009 auf die Feststellung entsprechend anzuwenden ist, und in jener Vorschrift ist die Grundlagenwirkung des Einkommensteuerbescheids justiert (s. dazu z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., § 10d Rz 41; Schmidt/Weber-Grellet, ebenda, § 10a Rz 30, m.w.N.).

11

II. Im eigentlichen Streitpunkt ist die Revision jedoch unbegründet. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht für die Abfindung wurde durch das DBA-Schweiz 1971 beschränkt; das Besteuerungsrecht steht nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 der Schweiz als dem (nunmehrigen) Wohnsitzstaat des Klägers zu.

12

1. Der Kläger hat seinen Wohnsitz seit dem 1. Mai des Streitjahres in der Schweiz und ist seitdem in Deutschland nicht mehr --wie zuvor-- unbeschränkt (vgl. § 1 Abs. 1 EStG 2009), sondern beschränkt (vgl. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 EStG 2009) steuerpflichtig. Letzteres betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2009 auch seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG 2009), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder --und insofern hier bezogen auf die in Rede stehende Abfindungszahlung allein einschlägig-- "worden ist". Es betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG 2009 zudem Einkünfte, die als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG 2009 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte --wie vorliegend-- der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Die Vorinstanz geht übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass es sich bei der an den Kläger geleisteten Abfindungszahlung um eine derartige Entschädigung handelt, nicht aber um nachträglichen Arbeitslohn. Auch der Senat hat keinen Anlass, diese Sachverhaltswürdigung in Frage zu stellen.

13

2. Deutschland steht infolge des mit der Schweiz geschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung jedoch das Besteuerungsrecht an der Zahlung nicht zu: Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden. Daraus folgt nach ständiger Spruchpraxis des Senats (z.B. Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; vom 24. Juli 2013 I R 8/13, BFHE 245, 291, BStBl II 2014, 929, jeweils m.w.N.), dass Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht im Tätigkeitsstaat, sondern im Ansässigkeitsstaat zu besteuern sind. Denn bei Abfindungen handelt es sich unbeschadet dessen, dass sie nach dem insoweit maßgebenden innerstaatlichen Recht (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971) Arbeitslohn (§ 19 EStG 2009) sind, nicht um ein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971. Sie werden nicht für eine konkrete im Inland oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des Arbeitsplatzes. Ein bloßer Anlasszusammenhang zwischen Zahlung und Tätigkeit genügt nach dem Abkommenswortlaut ("dafür") indes nicht. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Spruchpraxis, an welcher festzuhalten ist, prinzipiell angeschlossen (BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort Tz. 6.3 Rz 121, und --nunmehr mit Wirkung ab 1. Januar 2015-- vom 12. November 2014, BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4 Rz 178 ff.).

14

3. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 weiter entschieden hat, ändert sich an dieser Rechtsauffassung infolge der ursprünglichen (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Mai 1997, BStBl I 1997, 560), durch das BMF-Schreiben vom 13. Oktober 1992 (Recht der Internationalen Wirtschaft 1993, 82; vgl. auch BStBl I 1997, 560) bekanntgegebenen Verständigungsvereinbarung der deutschen und eidgenössischen Finanzbehörden zur Besteuerung von Abfindungen nichts. Dabei verbleibt es auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen ergänzenden Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010.

15

a) Das BMF und die Eidgenössische Steuerverwaltung haben sich in jenen Vereinbarungen auf der Basis von Konsultationsverhandlungen nach Maßgabe des Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 darauf verständigt, das Besteuerungsrecht der beiden Vertragsstaaten danach zuzuteilen, ob der Abfindung Versorgungscharakter beizumessen ist oder ob es sich um eine Nachzahlung von Lohn, Gehalt oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. In dem ersten Fall kann --nach Satz 2 der Vereinbarungen-- die Abfindung danach gemäß Art. 18 DBA-Schweiz 1971 nur im Wohnsitzstaat des Empfängers besteuert werden, im zweiten Fall soll nach Satz 3 der Vereinbarungen gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 das sog. Tätigkeitsortsprinzip gelten. Hintergrund dieser Vereinbarung ist der Umstand, dass andernfalls aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungspraxis in Deutschland und in der Schweiz über die Besteuerungszuordnung die Gefahr sog. weißer Einkünfte, also der doppelten Nichtbesteuerung, bestand.

16

b) Der Senat misst einer derartigen zwischenstaatlichen Konsultationsvereinbarung --in Einklang mit den Grundsätzen zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 --WÜRV-- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757)-- zwar Bedeutung für die Auslegung der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei. Er hat jedoch wiederholt klar zum Ausdruck gebracht, dass die "Grenzmarke" für das richtige Abkommensverständnis immer nur der Abkommenswortlaut sein kann. Wird das in der Konsultationsvereinbarung gefundene Abkommensverständnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, kann die Vereinbarung die Abkommensauslegung durch die Gerichte nicht beeinflussen oder die Gerichte gar binden. Auch daran ist uneingeschränkt festzuhalten und auf das zitierte Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 ist deswegen zu verweisen.

17

4. Allerdings haben sich die Vereinbarungsgrundlagen zwischenzeitlich geändert. Der Gesetzgeber hat vermittels des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) mit § 2 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO n.F.-- (erstmals) eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, wonach --so Satz 1 der Vorschrift-- das BMF ermächtigt wird, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen in diesem Sinne sind nach Satz 2 der Vorschrift einvernehmliche Vereinbarungen der zu-ständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen. Mit diesem tatbestandlich umschriebenen Inhalt zielt die Neuregelung darauf ab, zwischenstaatlichen behördlichen Konsultationsvereinbarungen i.S. von Art. 25 Abs. 3 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) den Rang einer Rechtsverordnung zu verleihen. In § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV ist das für die im Streitfall in Rede stehenden Arbeitnehmer-Abfindungen geschehen; die Deutsch-Schweizerische Konsultationsverbindung vom 17. März 2010 ist darin textlich übernommen worden.

18

5. Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Ermächtigungsgrundlage den dafür gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuführen. Überwiegend wird das verneint und dem schließt sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 genügt trotz ihrer unilateralen "Anhebung" in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fußt mit § 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber hätte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.

19

a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG können durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Das ist hier nicht gelungen.

20

aa) Zwar gilt gewissermaßen "natürlich" der Grundsatz, dass ein Gesetz nicht durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift außer Kraft gesetzt oder abgeändert werden kann, ebenso wie seine Durchbrechung durch einen Verwaltungsakt und seine Verdrängung durch eine Rechtsnorm, die im Vergleich zum Gesetz von niedrigerem Range ist, also eine Rechtsverordnung, eine Gemeindesatzung, ausgeschlossen ist. Das ergibt sich unmittelbar aus dem "Vorrang des Gesetzes" (Art. 20 Abs. 3 GG): "Der in der Form des Gesetzes geäußerte Staatswille geht rechtlich jeder anderen staatlichen Willensäußerung vor", so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 6. Mai 1958  2 BvL 37/56, 2 BvL 11/57 (BVerfGE 8, 155). Dieser Vorrang des Gesetzes --also die dem Gesetz kraft Verfassungsrechts innewohnende Eigenschaft, staatliche Willensäußerungen niedrigeren Ranges rechtlich zu hindern oder zu zerstören-- kann sich aber naturgemäß nur auswirken, wo ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und der Willensäußerung niederen Ranges besteht. Es bedarf keiner Ausführung, dass eine staatliche Willensäußerung, die das Gesetz befolgt und in Einklang mit ihm steht, nicht am Vorrang des Gesetzes scheitern kann. Im Einzelnen ist dazu beispielhaft auf den besagten Beschluss des BVerfG in BVerfGE 8, 155 hinzuweisen. So gesehen mag es auch möglich sein, kraft Verordnung eine Abkommensregelung zu spezifizieren und umzusetzen. Es mag prinzipiell ebenso ausreichen, die gesetzliche Ermächtigung dabei weit zu fassen, solange und soweit die "wesentlichen Konturen" in dem Referenzgesetz --hier also das bilaterale Abkommen in der Umsetzung des "einfachen" Zustimmungsgesetzes-- vom Gesetzgeber vorgegeben werden (s. z.B. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 43e, m.w.N.; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 327, 332; Oellerich in Beermann/Gosch, AO, § 2 Rz 102; s.a. den vom beigetretenen BMF herangezogenen, allerdings in anderem Zusammenhang des Steuerberatungsgesetzes ergangenen BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982  2 BvL 28/81, BVerfGE 62, 203; demgegenüber zweifelnd z.B. Gosch in Mellinghoff/Schön/Viskorf [Hrsg.], Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift Spindler, 2011, S. 379, 421; derselbe in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 49 Rz 72; anders z.B. Nacke, Der Betrieb --DB-- 2010, 1149; Lehner, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2011, 739 und Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 1091). Und es lässt sich schließlich auch hören, wenn argumentiert wird, der Gesetzgeber habe mit seiner Zustimmung zu dem Gesetz zur Überleitung des völkerrechtlichen Vertrages in nationales (einfaches) Recht die Möglichkeit von Konsultationsvereinbarungen auf Basis des Art. 25 Abs. 3 OECD-MustAbk antizipiert und akzeptiert (z.B. Hummel, IStR 2011, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, 737, jeweils m.w.N.; insoweit anders Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43f, m.w.N., insbesondere auch aus dem staatsrechtlichen Schrifttum). Doch ist es auch vermittels einer derart gefassten Ermächtigungsregelung ausgeschlossen, den Abkommenstext und damit die besagte Besteuerungszuordnung für die betreffenden Einkünfte zu verändern (s. zu alledem z.B. FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 19. Dezember 2013  3 K 1189/13, Betriebs-Berater --BB-- 2014, 2071; sowie z.B. Hummel, IStR 2011, 397, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, und derselbe in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Grundlagen Rz 136; Schönfeld/Häck in Schönfeld/ Ditz, DBA, Systematik Rz 100; Dremel, daselbst, Art. 1 Rz 23 ff.; Flüchter, daselbst, Art. 25 Rz 218 ff.; Eilers in Wassermeyer, MA Art. 25 Rz 67; Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, MA Art. 15 Rz 79; Kempermann in Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 7, s.a. Art. 15a Rz 42; Kubaile, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- 2012, 1; Heger, Steuer Wirtschaft International 2011, 95; Micker, IWB 2011, 61; Gosch, BFH/PR 2011, 241; s.a. Musil in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., § 2 AO Rz 234; anders Neyer/Schlepper, FR 2011, 648).

21

bb) Das aber ist hier der Fall. Der Abkommenstext belässt aus den unter I.2. beschriebenen Gründen für die Frage der Besteuerungszuordnung von Abfindungen an ehemals nichtselbständig tätige Arbeitnehmer keine Spielräume. Und daran ändert auch das in § 2 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. qualifizierte zusätzliche Ermächtigungsziel nichts, doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden. Das mag --in Einklang mit "neuerem Abkommensdenken" der OECD-- das eine oder andere neuere Doppelbesteuerungsabkommen bezwecken, und das findet sich jetzt denn auch in der (ministeriellen) "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen", BMF-Schreiben vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in IStR, Beihefter 10/2013 unter II. und berichtigt in IStR 2013, 440) wieder. Dieser Paradigmenwechsel aber hat im DBA-Schweiz 1971, das allein die Freistellungsmethode anwendet und damit vorbehaltlos auf eine virtuelle Doppelbesteuerung abhebt (ständige Spruchpraxis, deutlich z.B. Senatsurteil vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764), (noch) keinen Niederschlag gefunden. Durch § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV wird indessen genau das sinn- und zweckverändert. Der Regelung käme der Charakter einer Rückfallklausel zu, die im Abkommen nicht angelegt ist, diesem vielmehr widerspricht (Lehner, IStR 2011, 733, 736, dort auch spezifisch für die Situation der Abfindungszahlung an ehemalige Arbeitnehmer). § 2 Abs. 2 AO n.F. ermächtigt jedoch nicht zu Ergänzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments (Lehner, IStR 2011, 733, 735). Solange diese Zustimmung fehlt, bleibt "die Grenzziehung zwischen Auslegung und einer an den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG scheiternden Lückenschließung (...)", darin ist Lehner (IStR 2011, 733, 739) uneingeschränkt beizupflichten, "Aufgabe der Judikative".

22

b) Lassen sich die vorbenannten Mängel nicht ausräumen, ist die Rechtsverordnung zu verwerfen. Dazu sind die Fachgerichte und damit der Senat befugt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 12. Dezember 1984  1 BvR 1249/83, 1 BvR 1745/83, 1 BvR 1746/83, 1 BvR 1752/83, 1 BvR 1753/83, 1 BvR 1757/83, 1 BvR 1769/83, 1 BvR 1719/83, 1 BvR 1720/83, BVerfGE 68, 319, BVerfGE 68, 319, 325; BVerfG-Urteil vom 18. Dezember 1985  2 BvR 1167/84, 2 BvR 1185/84, 2 BvR 1636/84, 2 BvR 308/85, 2 BvQ 18/84, BVerfGE 71, 305, 337; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43g, m.w.N.), und so geschieht es denn auch im Streitfall.

23

6. Unabhängig von diesen Erwägungen scheitert die erstrebte Verbindlichkeit für das Streitjahr auch daran, dass die verwaltungsseitig vorgegebene Auslegung nach § 26 KonsVerCHEV erstmals mit Wirkung vom 23. Dezember 2010 gilt, nicht aber für den bis dahin abgelaufenen Teil des Jahres 2010.

24

a) Der Senat legt seiner Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in ebenfalls ständiger Spruchpraxis aus zeitlicher Sicht einen sog. statischen, keinen sog. dynamischen Auslegungsmodus zugrunde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 16. Januar 2014 I R 30/12, BFHE 244, 354, BStBl II 2014, 721; vom 9. Februar 2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106; vom 25. Mai 2011 I R 95/10, BFHE 234, 63; vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, BFHE 232, 137, BStBl II 2011, 488; vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390; Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156, jeweils m.w.N.). Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zurück. Das gilt in erster Linie für Verwaltungsverlautbarungen, wie beispielsweise die Musterkommentierung der OECD zu deren Musterabkommen. Das gilt aber auch für bilaterale Konsultationsvereinbarungen. Abermals hindert Art. 31 WÜRV ein solches Verständnis nicht: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen "Zusammenhang" sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame "Übung" der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderläuft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener Übereinkommen (nach dessen Art. 4) ohnehin nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist --und damit, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, nach Lage der Dinge nicht für das DBA-Schweiz 1971--, erzwingen auch diese Grundsätze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe jenes Wortlauts.

25

b) Und das gilt auch hier. Dass die neuerliche Konsultationsvereinbarung inhaltlich im Kern bloß auf der vorangegangenen Verständigungsvereinbarung aus dem Jahre 1992 aufsetzt, ist unbeachtlich. Denn jene Vereinbarung erfüllte die nötigen rechtsstaatlichen Anforderungen einer Auslegungsverbindlichkeit, wie beschrieben, von vornherein nicht. Auch ist es unbeachtlich, dass die Einkommensteuer für das Streitjahr erst am 31. Dezember 2010 entsteht (vgl. § 25 Abs. 1 EStG 2009), mithin nach dem in § 25 KonsVerCHEV bestimmten Anwendungszeitpunkt für die deutsch-schweizerische Konsultationsverordnung am 1. Januar 2010, welcher wiederum seinerseits in Einklang mit Art. 97 § 1 Abs. 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (EGAO n.F.) steht; Rechtsverordnungen aufgrund des § 2 Abs. 2 AO n.F. können danach mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2010 erlassen werden, sofern die dem Bundesrat zugeleitete Rechtsverordnung vor dem 1. Januar 2011 als Bundesratsdrucksache veröffentlicht worden ist, was hier der Fall ist (s. Bundesrats-Drucksache 716/10 vom 5. November 2010). Das alles mag vor dem Hintergrund des gängigen Verfassungsverständnisses in Deutschland jedenfalls nicht unbedingt einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Rückwirkungsverbot auslösen (vgl. grundlegend z.B. BVerfG-Beschluss vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, m.w.N.; s.a. --bezogen auf Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und deren Überleitung in nationales Recht-- BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628; insoweit konkret bezogen auf § 2 Abs. 2 AO n.F. einerseits Bisle, IWB 2010, 794; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 337; andererseits Nacke, DB 2010, 1149; s. eingehend zum Problem auch Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43d, m.w.N.). Für die Rechtsauslegung des Abkommenstextes bleibt das aber ohne Bedeutung, weil sich die Abkommensauslegung einem einseitigen vertragsstaatlichen Zugriff entzieht, wenn dieser Zugriff zeitlich nach dem zu beurteilenden tatsächlichen Lebenssachverhalt liegt. So liegt es hier, weil die in Rede stehende deutsch-schweizerische Konsultationsvereinbarung als solche in Gestalt der Konsultationsverordnung erst am 23. Dezember 2010 in Kraft getreten ist. Maßgebender Anwendungszeitpunkt für die abkommensüberschreibende Konsultationsvereinbarung kann immer nur der Zeitpunkt sein, in welchem eine solche Vereinbarung tatsächlich in der verfassungsrechtlich gebotenen Form in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. Rückwirkende Anwendungsanordnungen vertragen sich damit nicht und scheiden aus. Insofern gilt nichts anderes als für das Abkommen als solches, für das Art. 32 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 den Anwendungszeitpunkt für das Jahr bestimmt, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist (oder neuerlich auch in der bereits zitierten ministeriellen "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen" vom 17. April 2013, nach deren Art. 31 Abs. 1 und 2 der Anwendungszeitpunkt des ratifizierten Abkommens auf den 1. Januar desjenigen Kalenderjahres justiert wird, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist). Nur so kann sichergestellt werden, dass das bilateral Vereinbarte in beiden Vertragsstaaten zu ein- und demselben Zeitpunkt anzuwenden ist und genau diejenige Gefahr einer doppelten Besteuerung, ggf. auch doppelten Nichtbesteuerung, vermieden wird, der es nach den Absichten der vereinbarungsbeteiligten Vertragsstaaten (auch) bei einer abkommensverändernden Konsultationsvereinbarung entgegenzutreten gilt (s. zu alledem auch Gosch in Kaeser [Hrsg.], Festgabe für F. Wassermeyer, 2015, Stichwort 29, dort unter III.).

26

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen nach Satz 1 sind einvernehmliche Vereinbarungen der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen, die

1.
Einkünfte oder Vermögen oder Teile davon bestimmen, für die die Bundesrepublik Deutschland in Anwendung der Bestimmung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Grund einer auf diplomatischem Weg erfolgten Notifizierung eine Steueranrechnung vornimmt, und
2.
in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den öffentlichen Dienst eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung diejenigen Körperschaften und Einrichtungen einbeziehen, die auf Grund einer in diesem Abkommen vorgesehenen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden bestimmt worden sind.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen nach Satz 1 sind einvernehmliche Vereinbarungen der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen, die

1.
Einkünfte oder Vermögen oder Teile davon bestimmen, für die die Bundesrepublik Deutschland in Anwendung der Bestimmung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Grund einer auf diplomatischem Weg erfolgten Notifizierung eine Steueranrechnung vornimmt, und
2.
in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den öffentlichen Dienst eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung diejenigen Körperschaften und Einrichtungen einbeziehen, die auf Grund einer in diesem Abkommen vorgesehenen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden bestimmt worden sind.

(1) (weggefallen)

(1a) (weggefallen)

(2) (weggefallen)

(3)1Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf der Grundlage eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keinen Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer und vom Steuerabzug nach § 50a, soweit

1.
Personen an ihr beteiligt oder durch die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder die sonstige Verfassung begünstigt sind, denen dieser Anspruch nicht zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
2.
die Einkunftsquelle keinen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aufweist; das Erzielen der Einkünfte, deren Weiterleitung an beteiligte oder begünstigte Personen sowie eine Tätigkeit, soweit sie mit einem für den Geschäftszweck nicht angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausgeübt wird, gelten nicht als Wirtschaftstätigkeit.
2Satz 1 findet keine Anwendung, soweit die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, oder wenn mit der Hauptgattung der Anteile an ihr ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet.3§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(7) Werden Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 aus einer Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne der Vorschrift eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über den öffentlichen Dienst gewährt, so ist diese Vorschrift bei Bestehen eines Dienstverhältnisses mit einer anderen Person in der Weise auszulegen, dass die Vergütungen für der erstgenannten Person geleistete Dienste gezahlt werden, wenn sie ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden.

(8)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.2Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern.3§ 175 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

(9)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, soweit

1.
der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können,
2.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist, oder
3.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie einer Betriebsstätte in einem anderen Staat zugeordnet werden oder auf Grund einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung die steuerliche Bemessungsgrundlage in dem anderen Staat gemindert wird.
2Nummer 2 gilt nicht für Dividenden, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, es sei denn, die Dividenden sind bei der Ermittlung des Gewinns der ausschüttenden Gesellschaft abgezogen worden.3Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken.4Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, sind auch auf Teile von Einkünften anzuwenden, soweit die Voraussetzungen der jeweiligen Bestimmung des Abkommens hinsichtlich dieser Einkunftsteile erfüllt sind.

(10)1Sind auf eine Vergütung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und Nummer 3 zweiter Halbsatz die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden und enthält das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung, gilt die Vergütung für Zwecke der Anwendung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters.2Satz 1 gilt auch für die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen.3Die Vergütung des Gesellschafters ist ungeachtet der Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über die Zuordnung von Vermögenswerten zu einer Betriebsstätte derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist; die in Satz 2 genannten Erträge und Aufwendungen sind der Betriebsstätte zuzurechnen, der die Vergütung zuzuordnen ist.4Die Sätze 1 bis 3 gelten auch in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 sowie in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 2 entsprechend.5Sind Einkünfte im Sinne der Sätze 1 bis 4 einer Person zuzurechnen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als im anderen Staat ansässig gilt, und weist der Steuerpflichtige nach, dass der andere Staat die Einkünfte besteuert, ohne die darauf entfallende deutsche Steuer anzurechnen, ist die in diesem Staat nachweislich auf diese Einkünfte festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte, der deutschen Einkommensteuer entsprechende, anteilige ausländische Steuer bis zur Höhe der anteilig auf diese Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer anzurechnen.6Satz 5 gilt nicht, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine ausdrückliche Regelung für solche Einkünfte enthält.7Die Sätze 1 bis 6

1.
sind nicht auf Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 3 Nummer 2 anzuwenden;
2.
gelten entsprechend, wenn die Einkünfte zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 gehören; dabei tritt der Artikel über die selbständige Arbeit an die Stelle des Artikels über die Unternehmenseinkünfte, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einen solchen Artikel enthält.
8Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 bleibt unberührt.

(11)1Sind Dividenden bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Zahlungsempfänger nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind.2Soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei dieser Person freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden.

(11a) Ist der Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen eine Person, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach diesem Gesetz oder nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaats nicht zugerechnet werden, steht der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag oder nach § 50a auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Person zu, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden.

(12)1Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, gelten für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt.2Dies gilt nicht, soweit das Abkommen in einer gesonderten, ausdrücklich solche Abfindungen betreffenden Vorschrift eine abweichende Regelung trifft.3Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 sowie Rechtsverordnungen gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(13) Werden Aktien einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert, sind vom Erwerber an Stelle von Dividenden erhaltene sonstige Bezüge für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Dividenden, die von dieser Gesellschaft gezahlt werden, gleichgestellt.

(14)1Dem Gläubiger der Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 aus Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes steht ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung kein Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer zu, wenn die Kapitalerträge im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.2Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes sind ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu versteuern, wenn sie im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.

Tenor

§ 50d Absatz 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG gegen das Grundgesetz verstößt, weil er für Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit eine von den Regelungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abweichende Besteuerung erlaubt.

A.

I.

2

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegen der Einkommensteuer (alle) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. Entsprechend diesen Regelungen werden alle aus nichtselbständiger Arbeit erzielten Einkünfte natürlicher Personen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unabhängig vom Ort ihrer Erzielung nach deutschem Recht besteuert (sog. Welteinkommensprinzip).

3

Mit Abkommen vom 16. April 1985 haben die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl II 1989 S. 867, im Folgenden abgekürzt als DBA-Türkei 1985) unter anderem Folgendes vereinbart:

Art. 15 DBA-Türkei 1985 (Unselbständige Arbeit)

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

(2) - (3) … .

Art. 23 DBA-Türkei 1985 (Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat)

(1) Bei in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Personen wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

a) Vorbehaltlich des Buchstabens b werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen innerhalb der Republik Türkei sowie die in der Republik Türkei gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach den vorstehenden Artikeln in der Republik Türkei besteuert werden können oder nur dort besteuert werden können; die Bundesrepublik Deutschland kann jedoch bei der Festsetzung des Steuersatzes für die nicht so ausgenommenen Einkünfte und Vermögenswerte die Einkünfte und Vermögenswerte berücksichtigen, die nach den vorstehenden Artikeln in der Republik Türkei berücksichtigt werden können. […]

b) - d) … .

4

Der Bundestag hat diesem Abkommen mit der Türkei mit Gesetz vom 27. November 1989 zugestimmt (BGBl II S. 866).

5

Nach den Regelungen in Art. 15 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 DBA-Türkei 1985 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen in der Türkei erzielen, in Abweichung vom Welteinkommensprinzip der § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 EStG von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Sie dürfen nicht für die Bemessung der Einkommensteuer nach deutschem Recht herangezogen werden. Lediglich bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte dürfen sie berücksichtigt werden.

6

§ 50d EStG in der vorliegend maßgeblichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) regelt nach seiner amtlichen Überschrift "Besonderheiten im Fall von Doppelbesteuerungsabkommen". Sein Absatz 8 lautet:

Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern. § 175 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

7

§ 50d Abs. 8 EStG knüpft damit die in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von der deutschen Steuer an den Nachweis, dass der Vertragsstaat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die von ihm festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Dies wurde im Gesetzgebungsverfahren folgendermaßen begründet (BRDrucks 630/03, S. 66):

"[§ 50d Abs. 8] Satz 1 macht die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gebotene Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von dem Nachweis abhängig, dass der Tätigkeitsstaat auf die Besteuerung dieser Einkünfte verzichtet hat oder dass die in diesem Staat festgesetzte Steuer entrichtet wurde. Damit soll verhindert werden, dass die Einkünfte nicht besteuert werden, weil der Steuerpflichtige die Einkünfte im Tätigkeitsstaat pflichtwidrig nicht erklärt und dieser Staat deshalb häufig seinen Steueranspruch nicht mehr durchsetzen kann, wenn er von dem Sachverhalt erfährt, z.B. weil dann keine Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den Steuerpflichtigen mehr bestehen. Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, die Steuerbefreiung aufgrund DBA von einem solchen Nachweis abhängig zu machen. Vgl. hierzu die Ausführungen des BFH im Urteil vom 20. März 2002, I R 38/00, BStBl. II S. 819. Sind die Einkünfte der deutschen Besteuerung unterworfen worden, so ist nach Satz 2 der Steuerbescheid zu ändern, sobald der Steuerpflichtige den in Satz 1 geforderten Nachweis erbringt. Dadurch wird sichergestellt, dass das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats geschützt ist und die Gefahr einer sonst eintretenden Doppelbesteuerung vermieden wird. Nach Satz 3 ist § 175 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechend anzuwenden. Danach beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Nachweis nach Satz 1 geführt wird. Der Steuerpflichtige hat damit ausreichend Zeit, die dem Abkommen entsprechende steuerliche Behandlung herbeizuführen."

8

§ 50d Abs. 8 EStG war für den Veranlagungszeitraum 2004 erstmals anzuwenden.

9

Das DBA-Türkei 1985 wurde von der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt. Am 1. August 2012 ist das Abkommen vom 19. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (BGBl II 2012 S. 527), dem der Bundestag mit Gesetz vom 24. Mai 2012 (BGBl II S. 526) zugestimmt hat, in Kraft getreten.

II.

10

1. Im Ausgangsverfahren wenden sich die Kläger, gemeinsam veranlagte Eheleute, gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004, in dem der Ehemann teils in Deutschland, teils in der Türkei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte. Die Kläger beantragten, die in der Türkei erzielten Einkünfte entsprechend den Regelungen des DBA-Türkei 1985 steuerfrei zu belassen. Da sie jedoch nicht entsprechend § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nachgewiesen hatten, dass die in der Türkei erzielten Einkommensbestandteile dort versteuert worden waren oder die Türkei auf die Besteuerung verzichtet hatte, behandelte das Finanzamt den gesamten Bruttoarbeitslohn als steuerpflichtig. Die Klage zum Finanzgericht blieb erfolglos.

11

2. Mit Beschluss vom 10. Januar 2012 hat der Bundesfinanzhof das daraufhin von den Klägern eingeleitete Revisionsverfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

12

Zur Begründung der Vorlage trägt der Bundesfinanzhof vor, dass die Revision im Fall der Verfassungsmäßigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG zurückzuweisen wäre. Nach seiner Auffassung verstößt die Vorschrift jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG. Mit Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens habe sich Deutschland seines Besteuerungsrechts für in der Türkei erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit begeben. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG, der das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfallen lasse, verstoße daher gegen bindendes Völkervertragsrecht und laufe der in Art. 25 GG enthaltenen Wertentscheidung des Grundgesetzes für den Vorrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts zuwider, ohne dass dafür ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund vorliege. Die Kläger des Ausgangsverfahrens würden dadurch in ihrem Grundrecht auf Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzt (a). Zudem widerspreche die Regelung dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG (b).

13

a) § 50d Abs. 8 EStG weiche von der im DBA-Türkei 1985 völkerrechtlich vereinbarten Verteilung des Besteuerungsrechts zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei ab, da sich beide Staaten hinsichtlich der Besteuerung von Arbeitseinkünften völkerrechtlich auf das Quellenprinzip und die Freistellungsmethode geeinigt hätten und diese Vereinbarung vorbehaltlos in nationales Recht überführt worden sei. Das Abkommen enthalte zudem weder eine Rückfallklausel (subject-to-tax-Klausel) noch einen Nachweisvorbehalt für die Besteuerung im anderen Vertragsstaat. In diesem Zusammenhang könne auch dahinstehen, ob bilaterale Abkommen - wie der Bundesfinanzhof in früheren Entscheidungen angenommen habe - unter einem allgemeinen Umgehungsvorbehalt stünden, der durch nationales Recht konkretisiert werden könne. Denn bei § 50d Abs. 8 EStG handele es sich jedenfalls nicht um einen der Ausfüllung eines solchen Umgehungsvorbehalts dienenden Tatbestand zur Abwehr von Abkommensmissbräuchen, also von Maßnahmen, die darauf abzielten, sich in gestaltungsmissbräuchlicher Weise in die Inanspruchnahme von Vorteilen eines bilateralen Abkommens einzukaufen.

14

Der vorlegende Senat wolle der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum, die im unilateralen "Bruch" des völkervertraglich Vereinbarten - dem so genannten Treaty Overriding - keinen verfassungsrelevanten Vorgang sähen, im Einklang mit Teilen der Literatur sowie der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr folgen. Das Bundesverfassungsgericht habe im Görgülü- (BVerfGE 111, 307) und im Alteigentümer-Beschluss (BVerfGE 112, 1) sowie in seinem Urteil zur Sicherungsverwahrung (BVerfGE 128, 326) die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verpflichtung aller staatlichen Organe zur Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention bestätigt, die kraft Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG ebenso wie Doppelbesteuerungsabkommen in den Rang eines Bundesgesetzes überführt worden sei. Es habe sich im Görgülü-Beschluss dahingehend geäußert, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten sei, Völkervertragsrecht zu beachten, wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen vorlägen, von denen das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit einer Abweichung abhängig mache. Darauf aufbauend ergebe sich aus dem Alteigentümer-Beschluss die Verpflichtung aller Staatsorgane, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen - durch das Rechtsstaatsgebot in Art. 20 Abs. 3 GG - in die Pflicht genommen werde, Völkervertragsrecht zu beachten. Die prinzipielle Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sei vorrangig und wirke für den Gesetzgeber als materiell-rechtliche Sperre, die ihm die Verfügungsmacht über den Rechtsbestand in dem Maße nehme, das der völkerrechtliche Vertrag vorgebe. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht diese Frage in der Entscheidung zum Reichskonkordat (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>) noch anders beantwortet. Aus dem Alteigentümer-Beschluss ergebe sich jedoch, dass Abweichungen von völkervertraglichen Vereinbarungen einer besonderen Rechtfertigung bedürften, deren Voraussetzungen eng seien. Rechtfertigungsgrund sei die Beachtung der Menschenwürde und der Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht habe damit methodisch den Weg zu einer Prüfung der Erforderlichkeit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) gewiesen. Für den Ausgleich der hier widerstreitenden Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie komme es entscheidend darauf an, ob dem Gesetzgeber gegenüber dem Vertragsbruch ein milderes Mittel zur Verfügung stehe.

15

Im vorliegenden Fall sei eine Rechtfertigung für den Verstoß gegen das Völkerrecht nicht zu erkennen. Zwar orientiere sich § 50d Abs. 8 EStG am Leistungsfähigkeitsprinzip, verhindere eine sogenannte Keinmalbesteuerung und stelle eine gleichheitsgerechte Besteuerung (wieder) her, indem es dem Steuerpflichtigen den Vorteil, dass seine im Ausland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dort unbesteuert blieben, wieder nehme und ihn im Ergebnis mit anderen Steuerpflichtigen gleichbehandele, die entsprechende Einkünfte im Inland erzielten. Dem Gesetzgeber sei es jedoch nicht in erster Linie um die Verhinderung einer sogenannten Keinmalbesteuerung gegangen, sondern - ausweislich der Gesetzesbegründung - um die Förderung der Steuerehrlichkeit. Da die so erhobenen Steuern aber nicht an den anderen Staat weitergeleitet würden, sei § 50d Abs. 8 EStG wohl von fiskalischen Überlegungen geleitet. Diese seien ebenso wenig wie mangelnde Steuerehrlichkeit ein rechtfertigender Grund für die Durchbrechung der Freistellungsmethode. Unabhängig davon sei die Möglichkeit der Keinmalbesteuerung für die Freistellungsmethode kennzeichnend, so dass es systemfremd wäre, daraus einen Rechtfertigungsgrund für den einseitig angeordneten Besteuerungsrückfall abzuleiten. Eine Rechtfertigung der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) ergebe sich auch nicht daraus, dass Deutschland gezwungen gewesen sei, mittels § 50d Abs. 8 EStG schnell auf einen besonderen Missstand oder einen besonders kurzfristig zutage tretenden Steuerausfall bei im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu reagieren. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte mit der Kündigung des Abkommens - wie mit Wirkung zum 1. Januar 2011 geschehen - ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden.

16

b) § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG verstoße auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil er den Steuerpflichtigen mit im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, der den Nachweis gemäß § 50d Abs. 8 EStG erbringe, anders behandle als den Steuerpflichtigen, dem dieser Nachweis nicht gelinge. Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot liege auch darin, dass das Nachweiserfordernis allein Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit treffe, nicht dagegen solche mit anderen Einkünften.

17

3. Zu dem Vorlagebeschluss haben namens der Bundesregierung das Bundesministerium der Finanzen sowie alle Senate des Bundesverwaltungsgerichts Stellung genommen.

18

Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage für unbegründet. Die nachträgliche Abweichung von einer durch Vertragsgesetz innerstaatlich in Geltung gesetzten völkerrechtlichen Vereinbarung sei nicht verfassungswidrig. Nach dem sich klar im Wortlaut des Grundgesetzes widerspiegelnden Modell sei zwischen allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG) und völkervertragsrechtlichen Bindungen (Art. 59 Abs. 2 GG) zu unterscheiden. Daraus ergebe sich für Völkervertragsrecht eindeutig der Rang einfachen Rechts, weshalb der demokratisch legitimierte Gesetzgeber durch leges posteriores wirksam von völkervertraglichen Vorgaben abweichen könne. Die abstrakte Berufung auf den Gedanken der Völkerrechtsfreundlichkeit sei nicht geeignet, Rechtsfolgen zu begründen, die Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG widersprächen. Unabhängig davon verstoße § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG auch in den Fällen, in denen ein Doppelbesteuerungsabkommen keinesubject-to-tax-Klausel enthalte, schon deshalb nicht gegen Völkervertragsrecht, weil er lediglich einen allgemeinen, ungeschriebenen Missbrauchsvorbehalt, unter dem alle Doppelbesteuerungsabkommen stünden, konkretisiere. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG sei auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der geforderte Nachweis diene der Missbrauchsverhinderung und sei insofern sachlich geboten. Die Beschränkung auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sei dadurch gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber gerade hier besonderen Handlungsbedarf erkannt habe, weil nichtselbständige Tätigkeiten, beispielsweise von Piloten, Berufskraftfahrern oder Seeleuten, für die Steuerbehörden erheblich schwerer zu erfassen seien als selbständige oder unternehmerische Tätigkeiten.

19

Die Senate des Bundesverwaltungsgerichts teilen überwiegend die Ansicht, dass das Grundgesetz keine Vorrangregelung für völkerrechtliche Verträge enthalte, diese innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hätten und der Gesetzgeber daher von ihnen abweichen dürfe. Weder die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes noch das Rechtsstaatsgebot nivellierten die differenzierten Regelungen über die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtlicher Bestimmungen gemäß Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG.

III.

20

Der Senat hat dem Bundesfinanzhof Gelegenheit gegeben, den Vorlagebeschluss zu ergänzen. Dem ist der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 10. Juni 2015 nachgekommen.

B.

21

Die Vorlage ist zulässig.

I.

22

Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Die Begründung, die das Bundesverfassungsgericht entlasten soll (vgl. BVerfGE 37, 328 <333 f.>; 65, 265 <277>), muss daher mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und weshalb das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 79, 240 <243>; 105, 61 <67>; 121, 108 <117>; 133, 1 <11>; 135, 1 <10 f., Rn. 28>; 136, 127 <142, Rn. 44>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <23>). Das vorlegende Gericht muss dabei den Sachverhalt darstellen (vgl. BVerfGE 22, 175 <177>), sich mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, seine insoweit einschlägige Rechtsprechung darlegen und die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der vorgelegten Rechtsvorschrift von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 136, 127 <142, Rn. 45; 145 ff., Rn. 53 ff.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <23>). § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verpflichtet das vorlegende Gericht jedoch nicht, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen. Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f., 193>; 88, 187 <194>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11, Rn. 35>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <24>).

23

Was die verfassungsrechtliche Beurteilung der zur Prüfung gestellten Norm angeht, muss das vorlegende Gericht von ihrer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein und die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <77 f.>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <23>). Der Vorlagebeschluss muss hierzu den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben und sich mit der Rechtslage, insbesondere der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 136, 127 <142, Rn. 45; 145 ff., Rn. 53 ff.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 -, LKV 2015, S. 23 <24>).

II.

24

Die Vorlage genügt diesen Anforderungen.

25

Der Bundesfinanzhof legt seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG und die dafür maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar dar und setzt sich jedenfalls im Hinblick auf die aus der angenommenen Völkerrechtswidrigkeit abgeleitete Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG hinreichend mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinander (1.). Ob auch die Ausführungen zur Gleichheitswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügen, kann deshalb dahinstehen (2.).

26

1.a) Aus der Begründung der Vorlage ergibt sich, dass der Bundesfinanzhof von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG unter anderem wegen seines Widerspruchs zu den Regelungen des DBA-Türkei 1985 überzeugt ist. In diesem Zusammenhang geht er - wie geboten (vgl. BVerfGE 136, 127 <145 ff., Rn. 53 ff.>) - auch auf die beiden in seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung vertretenen Ansätze zur Verfassungsmäßigkeit von abkommensüberschreibenden Gesetzen ein. Er erläutert ausführlich, aus welchen Gründen nach seiner jetzigen Überzeugung die von ihm bislang angenommene Befugnis des nationalen Gesetzgebers, ein Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag durch ein hiervon abweichendes Gesetz ändern oder aufheben zu können (vgl. BFHE 175, 351 <352>; 178, 59 <61 f.>; 198, 514 <521>; BFH, Beschluss vom 28. November 2001 - I B 169/00 -, juris, Rn. 10 f.), nicht besteht. Auch setzt er sich damit auseinander, dass er in früheren Entscheidungen einen ungeschriebenen allgemeinen Umgehungsvorbehalt in Doppelbesteuerungsabkommen anerkannt hat, so dass sich bei einer einen derartigen Vorbehalt konkretisierenden Regelung die Frage ihrer Völkerrechts- und damit auch ihrer dadurch bedingten Verfassungswidrigkeit nicht stellt (vgl. BFHE 198, 514 <518>; 210, 117 <121 f.>; 220, 244 <246>; 220, 392 <395>). Er bringt dabei nachvollziehbar zum Ausdruck, dass und weshalb die Wertungen dieser (bisherigen) Rechtsprechung zu völkerrechtlichen Umgehungsvorbehalten § 50d Abs. 8 EStG nicht beträfen und auch nicht auf diese Regelung übertragen werden könnten. Zudem legt er schlüssig dar, weshalb die vorgelegte Norm nach seiner Auffassung als Abkommensüberschreibung (Treaty Override) anzusehen ist.

27

b) Auch die Erläuterung der für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG maßgeblichen Erwägungen genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Der Bundesfinanzhof benennt insoweit den seiner Ansicht nach maßgeblichen verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab - Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG - und legt seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG jedenfalls unter dem Aspekt der Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG nachvollziehbar dar.

28

aa) Unter dem Blickwinkel der Völkerrechtswidrigkeit bezieht sich der Bundesfinanzhof zur Begründung der Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG auf jüngere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 111, 307; 112, 1; 128, 326) zum Verhältnis von Völker- und Verfassungsrecht. Unter Einbeziehung vor allem steuerrechtlicher Fachliteratur erläutert er, dass und in welchem Umfang der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und das Rechtsstaatsprinzip die Befugnisse des Gesetzgebers seiner Auffassung nach beschränken.

29

Die Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird in Auseinandersetzung mit dessen Rechtsprechung begründet (vgl. BVerfGE 80, 182 <186>; BVerfGK 4, 184 <196>). Auch soweit der Bundesfinanzhof den in Bezug genommenen jüngeren Senatsentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts entnimmt, dass völkerrechtswidrige Gesetze regelmäßig nichtig sind, genügt die Vorlage - entgegen insoweit geäußerten Zweifeln (vgl. Frau/Trinks, DÖV 2013, S. 228 <230>; Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <381 ff.>) - den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Art. 100 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verlangt vom vorlegenden Gericht lediglich die Darlegung, aus welchen Erwägungen es eine Norm für verfassungswidrig "hält", und stellt insofern ausschließlich auf dessen Rechtsansicht ab; ob diese zutrifft oder nicht, entscheidet das Bundesverfassungsgericht in der Sachprüfung oder - bei offensichtlich unzutreffender Rechtsauffassung - im vereinfachten Verfahren nach § 24 BVerfGG (vgl. Müller-Terpitz, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 80 Rn. 244 ). Die vom Bundesfinanzhof unter Bezugnahme auf die jüngere Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vertretene Auffassung, dass abkommensüberschreibende Gesetze regelmäßig verfassungswidrig sind, ist jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend. Sie entspricht einer in der Literatur vertretenen (vgl. Gosch, IStR 2008, S. 413 <418 ff.>; Kempf/Bandl, DB 2007, S. 1377 <1381>; Rauschning, in: Bonner Kommentar, GG, Bd. 9, Art. 59 Rn. 137 ff. ; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 ff.; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>; Vogel, JZ 1997, S. 161 ff.; ders., in: Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, Einl. Rn. 193 ff., 205; Weigell, IStR 2009, S. 636 <637 ff.>) Ansicht.

30

bb) Dass sich der Bundesfinanzhof bei der Darlegung der Verfassungswidrigkeit von Abkommensüberschreibungen nicht mit einer Kammerentscheidung vom 22. Dezember 2006 (BVerfGK 10, 116) auseinandergesetzt hat, in der die 1. Kammer des Zweiten Senats unter Bezugnahme auf eine Passage des Alteigentümer-Beschlusses (BVerfGE 112, 1 <25>) ausgeführt hat, dass eine verfassungsunmittelbare Pflicht der staatlichen Organe zur Berücksichtigung des Völkerrechts nicht unbesehen für jede beliebige Bestimmung des Völkerrechts anzunehmen sei, sondern nur, soweit dies dem in den Art. 23 bis Art. 26 GG sowie in den Art. 1 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG niedergelegten Konzept des Grundgesetzes entspreche (vgl. BVerfGK 10, 116 <124>), steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verlangt zwar eine Darstellung der aus Sicht des vorlegenden Gerichts für die Verfassungswidrigkeit der Norm sprechenden Erwägungen und in diesem Zusammenhang auch eine Auseinandersetzung mit der die Vorlagefrage betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Ein Gebot, auch sämtliche Kammerentscheidungen auszuwerten, ist damit jedoch nicht verbunden. In der Sache hat die 1. Kammer zudem lediglich die Alteigentümer-Entscheidung wiedergegeben, die der Bundesfinanzhof in seine Argumentation einbezogen hat.

31

2. Da die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG mit Blick auf den Gesichtspunkt der möglichen Völkerrechtswidrigkeit den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügen, kann dahinstehen, ob der Bundesfinanzhof auch die von ihm angenommene Gleichheitswidrigkeit von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ausreichend begründet hat. Ist eine Richtervorlage zumindest unter einem Gesichtspunkt zulässig, hat das Bundesverfassungsgericht die vorgelegte Norm unter allen in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (vgl. BVerfGE 26, 44 <58>; 90, 145 <168>; 120, 125 <144>; 126, 77 <98>; 133, 1 <12, Rn. 41>), unabhängig davon, ob sie im Vorlagebeschluss angesprochen worden sind oder nicht (vgl. BVerfGE 90, 145 <168>).

C.

32

Die Vorlage ist unbegründet. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Er ist weder aufgrund seines (möglichen) Widerspruchs zu völkerrechtlichen Verträgen (I.) noch wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG (II.) verfassungswidrig.

I.

33

1. In der Ordnung des Grundgesetzes haben völkerrechtliche Verträge in der Regel den Rang einfacher Bundesgesetze. Sie können daher durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden (a-c). Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (d) noch aus dem Rechtsstaatsprinzip (e).

34

a) Rang und Einordnung eines völkerrechtlichen Vertrags innerhalb der deutschen Rechtsordnung werden durch das Grundgesetz bestimmt, das das Verhältnis von internationalem und nationalem Recht an verschiedenen Stellen regelt. So bekennt es sich in Art. 1 Abs. 2 GG zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Diese unveräußerlichen Rechte liegen ihm voraus und sind selbst der Disposition des Verfassungsgebers entzogen (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; 112, 1 <27>; 128, 326 <369>). In Art. 23 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und Abs. 1a GG ermöglicht das Grundgesetz dem Gesetzgeber, Hoheitsrechte auf die Europäische Union, andere zwischenstaatliche und grenznachbarschaftliche Einrichtungen zu übertragen und dem von diesen Organisationen gesetzten Recht einen Anwendungsvorrang vor dem innerstaatlichen Recht einzuräumen (vgl. BVerfGE 37, 271 <280>; 73, 339 <374 f.>), in Art. 24 Abs. 2 GG, sich einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit anzuschließen und in eine entsprechende Beschränkung der Hoheitsrechte einzuwilligen (vgl. BVerfGE 90, 286 <345 ff.>). In Art. 25 GG bestimmt es, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind und den Gesetzen vorgehen (vgl. BVerfGE 23, 288 <300>; 31, 145 <177>; 112, 1 <21 f.>). Gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schließlich bedürfen völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.

35

Aus der Existenz dieser Öffnungsklauseln ergibt sich, dass das Grundgesetz nicht nur über die Wirksamkeit, sondern auch über den Rang von internationalem Recht innerhalb der nationalen Rechtsordnung entscheidet. In ihrem Geltungsbereich bestimmt die Verfassung insofern auch über Wirksamkeit und Anwendbarkeit von Völkerrecht sowie über die Auflösung von Kollisionen. Sie kann dabei grundsätzlich auch dem staatlichen Recht Vorrang einräumen.

36

Hängen Wirksamkeit und Anwendbarkeit von Völkerrecht innerhalb der deutschen Rechtsordnung von den Vorgaben des Grundgesetzes ab, so können sie durch die Verfassung auch begrenzt werden, mit der Folge, dass es zu einem Auseinanderfallen von innerstaatlich wirksamem Recht und völkerrechtlichen Verpflichtungen kommen kann.

37

b) Während die allgemeinen Regeln des Völkerrechts kraft unmittelbar in der Verfassung erteilten Vollzugsbefehls innerstaatlich wirksam sind und im Rang über dem Gesetz stehen (Art. 25 GG) (aa), bedürfen völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, für ihre innerstaatliche Wirksamkeit gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG eines Zustimmungsgesetzes und haben grundsätzlich nur den Rang eines einfachen (Bundes-)Gesetzes (bb).

38

aa) Art. 25 Satz 1 GG verschafft den allgemeinen Regeln des Völkerrechts innerstaatliche Wirksamkeit (1). Sie haben gemäß Art. 25 Satz 2 GG innerhalb der nationalen Rechtsordnung einen Rang über den (einfachen) Gesetzen, aber unterhalb der Verfassung (2). Völkerrechtliche Verträge nehmen in der Regel nicht an dem in Art. 25 Satz 2 GG bestimmten Vorrang vor den (einfachen) Gesetzen teil (3).

39

(1) Art. 25 Satz 1 GG bestimmt, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind. Er verschafft den allgemeinen Regeln des Völkerrechts unmittelbar, das heißt, ohne dass ein sonstiger (einfachrechtlicher) Rechtsakt hinzukommen müsste, Wirksamkeit innerhalb der deutschen Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>).

40

(2) Nach Art. 25 Satz 2 GG gehen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts den Gesetzen vor. Er räumt diesen Regeln damit Vorrang vor den Gesetzen ein. Ein Gesetz, das mit einer allgemeinen Regel des Völkerrechts kollidiert, verstößt daher gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 23, 288 <300>; 31, 145 <177>; 112, 1 <21 f.>).

41

Gleichzeitig ist Art. 25 GG jedoch dahingehend zu verstehen, dass er - dem Wortlaut von Satz 2 entsprechend - den allgemeinen Regeln des Völkerrechts einen Rang oberhalb der (einfachen) Gesetze, aber unterhalb der Verfassung einräumt (Zwischenrang) (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 37, 271 <279>; 111, 307 <318>; 112, 1 <24, 26>; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 42 ; Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 11; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 25 Rn. 55). Dies korrespondiert mit Art. 100 Abs. 2 GG, der dem Bundesverfassungsgericht die Prüfung zuweist, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist, nicht jedoch die Prüfung, ob das Grundgesetz mit dem (vorrangigen) Völkerrecht vereinbar ist.

42

(3) Zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören das Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (vgl. BVerfGE 15, 25 <32 f., 34 f.>; 23, 288 <317>; 31, 145 <177>; 94, 315 <328>; 95, 96 <129>; 96, 68 <86>; 117, 141 <149>; 118, 124 <134>), das heißt diejenigen Normen des Völkerrechts, die unabhängig von vertraglicher Zustimmung für alle oder doch die meisten Staaten gelten (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 1 ; vgl. auch BVerfGE 15, 25 <34>; 16, 27 <33>; 118, 124 <164 ff.>). Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen nehmen daher grundsätzlich nicht an dem in Art. 25 Satz 2 GG vorgesehenen Vorrang teil (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 31, 145 <178>; 117, 141 <149>; 118, 124 <134 f.>). Anders als andere Rechtsordnungen - etwa die französische (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl. 1989, S. 113 f.; Kunig, in: Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Abschnitt, Rn. 51; Oellers-Frahm, in: Festschrift für Helmut Steinberger, 2002, S. 865 <868 f.>) oder die luxemburgische (vgl. Vogel, in: ders./Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, Einl. Rn. 204) - sieht das Grundgesetz einen generellen Vorrang völkerrechtlicher Verträge vor dem einfachen Gesetzesrecht nicht vor.

43

bb) Nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erlangen völkerrechtliche Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, erst durch das dort vorgesehene Zustimmungsgesetz innerstaatliche Wirksamkeit (1). Sie haben den Rang einfacher Bundesgesetze (2). Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Grundsatz pacta sunt servanda (3) noch - auch nicht für völkerrechtliche Verträge über die Besteuerung - aus § 2 Abs. 1 AO (4).

44

(1) Der Zustimmungsvorbehalt gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG hat unterschiedliche Funktionen. Er dient - neben der Aufteilung der Entscheidungsbefugnisse im Bereich des auswärtigen Handelns (vgl. BVerfGE 90, 286 <357>; 104, 151 <194>; 118, 244 <258>) - der Ermöglichung einer rechtzeitigen und damit effektiven Kontrolle der Exekutive durch die Legislative vor Eintritt der völkerrechtlichen Verbindlichkeit eines Vertrags (vgl. BVerfGE 90, 286 <357>; 118, 244 <258>; 131, 152 <195 f.>). Zudem sichert er den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, da aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG hervorgeht, dass die in einem völkerrechtlichen Vertrag enthaltenen Regelungen nur unter der Voraussetzung Rechte und Pflichten für den Einzelnen begründen, abändern oder aufheben können, dass ihnen der Gesetzgeber zugestimmt hat (vgl. Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Abs. 2 Rn. 65 ff.; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 26). Im Interesse der Funktionsfähigkeit völkerrechtlicher Beziehungen soll der Zustimmungsvorbehalt darüber hinaus verhindern, dass (wichtige) Verträge mit auswärtigen Staaten geschlossen werden, die später - mangels notwendiger Billigung durch den Gesetzgeber - nicht erfüllt werden können (Zweck der Vollzugssicherung) (vgl. BVerfGE 1, 372 <389 f.>; 118, 244 <258>). Damit dient der Zustimmungsvorbehalt zugleich der Wahrung der Entscheidungsfreiheit der Legislative, denn er verhindert, dass das Parlament durch völkerrechtliche Verpflichtungen, die innerstaatlich ein gesetzgeberisches Tätigwerden verlangen, präjudiziert wird (vgl. Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 33; Streinz, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 59 Rn. 21).

45

(2) Aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG folgt zudem, dass völkerrechtlichen Verträgen, soweit sie nicht in den Anwendungsbereich einer anderen, spezielleren Öffnungsklausel - insbesondere Art. 23 bis Art. 25 GG - fallen, innerstaatlich der Rang eines einfachen (Bundes-)Gesetzes zukommt und sie insofern keinen Übergesetzes- oder gar Verfassungsrang besitzen (vgl. BVerfGE 111, 307 <318>).

46

Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt nicht nur die Methodik, durch die völkervertragliche Regelungen in der nationalen Rechtsordnung wirksam werden, sondern auch den Rang, der dem für anwendbar erklärten Völkervertragsrecht innerhalb der nationalen Rechtsordnung zukommt. Das (einfache) Gesetz kann - ohne eine dahingehende grundgesetzliche Ermächtigung - dem völkervertraglich Vereinbarten keinen höheren Rang verleihen. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht stets betont, dass der Rechtsanwendungsbefehl im Sinne von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG einem völkerrechtlichen Vertrag innerhalb der Normenhierarchie keinen Rang über den Gesetzen einräumt (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 22, 254 <265>; 25, 327 <331>; 35, 311 <320>; 74, 358 <370>; 111, 307 <317>; 128, 326 <367>).

47

(3) Aus dem Grundsatz pacta sunt servanda, der seinerseits eine allgemeine Regel des Völkerrechts ist (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 9 ; Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Abs. 2 Rn. 92), ergibt sich nichts anderes. Der Grundsatz beschreibt zwar eine besondere (völkerrechtliche) Pflichtenstellung des Staates gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner, sagt jedoch nichts über die innerstaatliche Geltung und den Rang völkerrechtlicher Verträge (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 9 ). Er bewirkt insbesondere nicht, dass alle Bestimmungen völkerrechtlicher Verträge zu allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG werden (vgl. BVerfGE 31, 145 <178>; vgl. auch BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. August 1983 - 2 BvR 1193/83 -, NVwZ 1984, S. 165 <165>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Oktober 2000 - 1 BvR 1643/95 -, VIZ 2001, S. 114 <114>).

48

(4) An diesem Ergebnis vermag § 2 Abs. 1 AO - auch für völkerrechtliche Verträge über die Besteuerung - nichts zu ändern (vgl. Lehner, IStR 2012, S. 389 <400>). Nach dieser Vorschrift gehen zwar Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG über die Besteuerung, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vor. Da es sich bei § 2 AO um eine einfachgesetzliche Regelung handelt, kann er den von ihm geregelten völkerrechtlichen Verträgen keinen höheren Rang in der Normenhierarchie vermitteln (vgl. Mitschke, DStR 2011, S. 2221 <2226>). Allenfalls könnte er die Subsidiarität der nationalen Steuergesetze gegenüber Doppelbesteuerungsabkommen und anderen völkerrechtlichen Verträgen im Steuerrecht anordnen.

49

c) Haben völkerrechtliche Verträge den Rang (einfacher) Bundesgesetze, können sie entsprechend dem lex-posterior-Grundsatz durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden (aa). Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schließt dies nicht aus (bb). Auch aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nicht, dass eine solche Verdrängung an besondere Voraussetzungen gebunden wäre (cc). Das Völkerrecht steht der innerstaatlichen Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht entgegen (dd).

50

aa) Für ranggleiches innerstaatliches Recht gilt im Fall der Kollision der Grundsatz lex posterior derogat legi priori, es sei denn, die ältere Regelung ist spezieller als die jüngere oder die Geltung des lex-posterior-Grundsatzes wird abbedungen. Sind die Regelungen eines völkerrechtlichen Vertrags in der innerstaatlichen Rechtsordnung wirksam und kommt ihnen dabei der Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes zu, so können auch sie durch ein späteres, gegenläufiges Bundesgesetz im Umfang des Widerspruchs außer Kraft gesetzt werden (vgl. Kunig, in: Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Abschnitt, Rn. 118 f.; a.A. Becker, NVwZ 2005, S. 289 <291>).

51

bb) Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schränkt die Geltung deslex-posterior-Grundsatzes für völkerrechtliche Verträge nicht ein. Da der Gesetzgeber einem völkerrechtlichen Vertrag regelmäßig nur insgesamt zustimmen oder nicht zustimmen kann (vgl. BVerfGE 90, 286 <358>), wird zwar mitunter angenommen, dass Zustimmungsgesetz und völkerrechtlicher Vertrag derart untrennbar miteinander verbunden seien, dass das Zustimmungsgesetz - abgesehen von seiner Aufhebung im Ganzen - durch Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG gegen inhaltliche Abänderungen geschützt sei (vgl. Wohlschlegel, FR 1993, S. 48 <49>) oder sich der Gesetzgeber von einem völkerrechtlichen Vertrag nur in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht lösen könne (vgl. Vöneky, in: Isensee/Kirchhof, HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 236 Rn. 33).

52

Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen.

53

Sie widerspricht insbesondere dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG) und dem Grundsatz der parlamentarischen Diskontinuität. Demokratie ist Herrschaft auf Zeit (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20 Rn. 79). Dies impliziert, dass spätere Gesetzgeber - entsprechend dem durch die Wahl zum Ausdruck gebrachten Willen des Volkes - innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber revidieren können müssen (vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 174; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 108; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>). Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn ein Parlament die Gesetzgeber späterer Legislaturperioden binden und in ihren Möglichkeiten beschränken könnte, gesetzgeberische Entscheidungen der Vergangenheit aufzuheben oder zu korrigieren, weil dadurch politische Auffassungen auf Dauer festgeschrieben würden (vgl. Hofmann, DVBl. 2013, S. 215 <219>; Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <424>; Nettesheim, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 59 Rn. 184 ; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 108; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>). Das Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG soll einem innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Vertrag zudem ein hinreichendes demokratisches Legitimationsniveau vermitteln (vgl. Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 21), nicht dieses absenken. Es soll die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers schützen (vgl. Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 59 Abs. 2 Rn. 37; Musil, Deutsches Treaty Overriding und seine Vereinbarkeit mit Europäischem Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 65; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 59 Rn. 33; Streinz, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 59 Rn. 21). Dem widerspräche es, aus Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG eine "Änderungssperre" für die Zukunft ableiten zu wollen (vgl. Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 261).

54

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Unterschied zu Exekutive und Judikative gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nur an die verfassungsmäßige Ordnung, nicht jedoch an einfachrechtliche Regelungen gebunden ist. Diese soll er - innerhalb der verfassungsrechtlichen Bindungen - durchaus ändern und neu gestalten können. Für ihn sollen daher gerade keine einfachgesetzlichen Bindungen bestehen (vgl. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 173). Würde der Gesetzgeber seine Normsetzungsbefugnis in dem Umfang verlieren, in dem er in der Form eines Bundesgesetzes völkerrechtliche Vereinbarungen gebilligt hat, führte dies im Ergebnis zu einer Art. 20 Abs. 3 GG widersprechenden Bindung (vgl. Hofmann, DVBl 2013, S. 215 <219>).

55

Auch ist der Gesetzgeber nicht für die Kündigung völkerrechtlicher Verträge zuständig. Bestünde tatsächlich eine entsprechende Selbstbindung nach der Ratifikation eines völkerrechtlichen Vertrags, würde er dauerhaft auf seine Gesetzgebungsbefugnis verzichten (vgl. BVerfGE 68, 1 <83, 85 f.>). Wenn aber das Demokratieprinzip eine dauerhafte Bindung des Gesetzgebers an Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber verbietet und ihm gleichzeitig die Befugnis fehlt, völkerrechtliche Verträge, mit deren Inhalt er nicht mehr einverstanden ist, zu beenden, muss er zumindest in der Lage sein, innerhalb seines Kompetenzbereichs vom völkerrechtlich Vereinbarten abweichende Gesetze zu erlassen.

56

Schließlich hat das Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag für die Beteiligten am Rechtsverkehr ebenso wenig wie ein sonstiges innerstaatliches Gesetz eine Garantiefunktion dahingehend, dass kein abweichendes Gesetz erlassen wird (vgl. Rudolf, Völkerrecht und deutsches Recht, 1967, S. 212 ff.; Becker, NVwZ 2005, S. 289 <289>).

57

cc) Auch aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nicht, dass völkervertragliche Regelungen nicht durch spätere, ihnen widersprechende (Bundes-)Gesetze verdrängt werden können.

58

So hat der Zweite Senat in seiner Entscheidung zur C-Waffen-Stationierung ausgeführt, dass der Verfassung schwerlich unterlegt werden könne, dass sie es der Bundesrepublik Deutschland verwehre, sich völkerrechtswidrig zu verhalten (vgl. BVerfGE 77, 170 <233 f.>; vgl. auch BVerfGE 68, 1 <107>). In der Entscheidung zur Unschuldsvermutung hat er zwar festgestellt, dass Gesetze im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands auszulegen und anzuwenden seien, selbst wenn sie zeitlich später wirksam geworden seien als ein völkerrechtlicher Vertrag, da nicht anzunehmen sei, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet habe, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Pflichten ermöglichen wolle (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>). Daher sei davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber grundsätzlich nicht in Widerspruch zu völkerrechtlichen Pflichten Deutschlands setzen will (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; v. Arnauld, Völkerrecht, 2012, Rn. 515; Payandeh, JöR 57 [2009], S. 465 <488>); er ist dazu jedoch in der Lage (vgl. BVerfGE 6, 309 <362 f.>).

59

Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (vgl. v. Arnauld, Völkerrecht, 2012, Rn. 518; Gosch, IStR 2008, S. 413 <419>; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 4a; Kempf/Bandl, DB 2007, S. 1377 <1381>; Rauschning, in: Bonner Kommentar, GG, Bd. 9, Art. 59 Rn. 109 ff. ; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <848>; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>; Vogel, in: ders./Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, Einl. Rn. 205; ders., IStR 2005, S. 29 <30>; Weigell, IStR 2009, S. 636 <639 f.>) hat das Bundesverfassungsgericht auch im Görgülü-Beschluss (BVerfGE 111, 307) nicht entschieden, dass der Gesetzgeber nur zur Wahrung tragender Verfassungsgrundsätze von völkerrechtlichen Vereinbarungen abweichen dürfe. Zwar hat der Senat dort festgehalten, dass es dem Ziel der Völkerrechtsfreundlichkeit nicht widerspreche, wenn der Gesetzgeber Völkervertragsrecht ausnahmsweise nicht beachte, sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden sei (vgl. BVerfGE 111, 307 <319>). Er hat zudem festgestellt, dass das Zustimmungsgesetz eine Pflicht der zuständigen Stellen zur Berücksichtigung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs für Menschenrechte begründe und dass diese die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis nehmen und in ihren Willensbildungsprozess einfließen lassen müssten (vgl. BVerfGE 111, 307 <324>). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit einem völkerrechtlichen Vertrag regelmäßig zu dessen Verfassungswidrigkeit führt. Der Görgülü-Beschluss verhält sich zu den Folgen eines Verstoßes des Gesetzgebers gegen Völker(vertrags)recht nicht, sondern betrifft ausschließlich die Rechtsfolgen einer unzureichenden Beachtung von Völkerrecht durch die Fachgerichte (vgl. Hahn, BB 2012, S. 1955 <1958>; Heger, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 4 unter C.; Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <381 f.>; Schwenke, FR 2012, S. 443 <447>).

60

dd) Das Völkerrecht verbietet die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte grundsätzlich nicht (1); unbeachtlich ist ein Verstoß gegen Völkerrecht gleichwohl nicht (2).

61

(1) Das Völkerrecht schließt die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht aus. Allgemeine Regeln des Völkerrechts zur innerstaatlichen Erfüllung von Vertragspflichten existieren nicht (vgl. BVerfGE 73, 339 <375>; vgl. auch BVerfGE 111, 307 <322>; 123, 267 <398>; 126, 286 <302>; 134, 366 <384, Rn. 26>; Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 704; Musil, Deutsches Treaty Overriding und seine Vereinbarkeit mit Europäischem Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 64; Vogel, JZ 1997, S. 161 <165>). Das Völkerrecht überlässt es vielmehr den Staaten, in welcher Weise sie ihrer Pflicht zur Beachtung völkerrechtlicher Regelungen genügen (so in Bezug auf die EMRK jedenfalls BVerfGE 111, 307 <316> m.w.N.; 128, 326 <370>). Zwar fordert es von den Staaten die Erfüllung der zwischen ihnen geschlossenen Verträge nach Treu und Glauben (Art. 26 WVRK). Es schließt allerdings nur aus, dass ein Staat unter Berufung auf innerstaatliches Recht die Verletzung einer völkerrechtlichen Pflicht auf völkerrechtlicher Ebene rechtfertigen kann (Art. 27 Satz 1 WVRK).

62

Insoweit überlässt es das Völkerrecht den Staaten, die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer Kollision zwischen einem völkerrechtlichen Vertrag und einem Gesetz nach den entsprechenden Rang- und Kollisionsregeln des nationalen Rechts zu regeln und dem nationalen Recht den Vorrang einzuräumen (vgl. Kunig, in: Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Abschnitt, Rn. 30; Nettesheim, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 59 Rn. 183 ). Innerstaatliche Regelungen betreffen andere Rechtsverhältnisse als die völkerrechtlichen Vorschriften, zu denen sie im Widerspruch stehen.

63

(2) Auch wenn das Völkerrecht die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht ausschließt, ist der damit verbundene Verstoß nicht unbeachtlich. Verletzt ein Staat seine Pflichten aus einem völkerrechtlichen Vertrag, haben der oder die Vertragspartner verschiedene Möglichkeiten, auf den Vertragsbruch zu reagieren. Bei weniger gravierenden Vertragsverletzungen kommen regelmäßig nur ein Recht zur ordentlichen Kündigung (Art. 56 WVRK), ein Anspruch auf Herstellung des vertragsmäßigen Zustands oder - subsidiär - eine Schadensersatzforderung in Betracht (vgl. Art. 34 ff. der ILC, Draft Articles on State Responsibility for Internationally Wrongful Acts [2001] vom 26. Juli 2001 ; Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 370 mit Fn. 82, Rn. 371 ff. mit Fn. 86). Bei erheblichen Verletzungen (material breach) kann der andere Teil berechtigt sein, den Vertrag unabhängig von der Vereinbarung eines Kündigungsrechts zu beenden oder ihn zu suspendieren (Art. 60 Abs. 1 WVRK; vgl. Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 371). Eine erhebliche Verletzung liegt gemäß Art. 60 Abs. 3 WVRK bei Verletzung einer für die Erreichung des Vertragsziels oder -zwecks wesentlichen Bestimmung vor (vgl. Art. 2b i.V.m. Art. 12 der ILC Draft Articles on State Responsibility for Internationally Wrongful Acts [2001] vom 26. Juli 2001 ).

64

d) Die Verfassungswidrigkeit völkerrechtswidriger Gesetze lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf den ungeschriebenen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes begründen (a.A. Vogel, JZ 1997, S. 161 <165 ff.>; Becker, NVwZ 2005, S. 289 <291>; Richter, in: Giegerich , Der "offene Verfassungsstaat" des Grundgesetzes nach 60 Jahren, 2010, S. 159 <177 f.>; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <846>; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>). Der Grundsatz hat zwar Verfassungsrang (aa), beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen. Er dient vielmehr vor allem als Auslegungshilfe (bb). Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann insbesondere die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts nicht verdrängen und ihre Systematik nicht unterlaufen (cc).

65

aa) Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit hat Verfassungsrang. Er ergibt sich aus einer Zusammenschau der verfassungsrechtlichen Vorschriften, die das Verhältnis Deutschlands zur internationalen Staatengemeinschaft zum Gegenstand haben (vgl. Herdegen, Völkerrecht, 13. Aufl. 2014, § 22 Rn. 9 f.; Payandeh, JöR 57 [2009], S. 465 <470 ff.>). Das Grundgesetz hat die deutsche öffentliche Gewalt auf die internationale Zusammenarbeit (Art. 24 GG) und die europäische Integration (Art. 23 GG) festgelegt. Es hat das Völkerrecht jedenfalls in seinen allgemeinen Regeln besonders hervorgehoben (Art. 25 GG), das Völkervertragsrecht durch Art. 59 Abs. 2 GG in das System der Gewaltenteilung eingeordnet, die Einfügung Deutschlands in Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit zugelassen (Art. 24 Abs. 2 GG), den Auftrag zur friedlichen Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit erteilt (Art. 24 Abs. 3 GG) und den Angriffskrieg für verfassungswidrig erklärt (Art. 26 GG) (vgl. BVerfGE 111, 307 <318>). Mit diesen Regelungen zielt es, auch ausweislich der Präambel, darauf, die Bundesrepublik Deutschland als friedliches und gleichberechtigtes Glied in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft einzufügen (vgl. BVerfGE 63, 343 <370>; 111, 307 <318>). Die Bestimmungen enthalten eine Verfassungsentscheidung für eine auf die Achtung und Stärkung des Völkerrechts aufbauende zwischenstaatliche Zusammenarbeit (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 112, 1 <25>; Mosler, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, 1992, § 175 Rn. 1 ff.; Payandeh, JöR 57 [2009], S. 465 <481>) und verpflichten daher die gesamte öffentliche Gewalt dazu, einem Auseinanderfallen von völkerrechtlicher und innerstaatlicher Rechtslage entgegenzuwirken und im Außenverhältnis eine mit einer Verletzung des Völkerrechts verbundene Haftung Deutschlands zu vermeiden (vgl. BVerfGE 58, 1 <34>; 59, 63 <89>; 109, 13 <23 f.>; 109, 38 <49 f.>; 111, 307 <316, 318, 328>; 112, 1 <25>; 128, 326 <368 f.>).

66

Der daraus abgeleitete Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes wird in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - vor allem im Verhältnis zu Menschenrechtspakten und dabei insbesondere im Verhältnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention - hervorgehoben (vgl. BVerfGE 92, 26 <48>; 111, 307 <317 ff.>; 112, 1 <26>; 113, 273 <296>; 123, 267 <344, 347>; 128, 326 <365, 366, 369>; BVerfGK 9, 174 <186, 190, 191, 192>; 17, 390 <397 f.>), ist aber auch schon in der älteren Rechtsprechung des Gerichts nachweisbar (vgl. BVerfGE 6, 309 <362>; 18, 112 <121>; 31, 58 <75>; 41, 88 <120 f.>). Während zunächst vor allem die Grenzen der Völkerrechtsfreundlichkeit thematisiert wurden (vgl. BVerfGE 6, 309 <362 f.>; 18, 112 <121>; 31, 58 <75 f.>; 41, 88 <120 f.>), betont die Rechtsprechung heute, dass das Grundgesetz die Staatsorgane in den Dienst der Durchsetzung des Völkerrechts stellt und dadurch das Risiko der Nichtbefolgung internationalen Rechts mindert (vgl. BVerfGE 109, 38 <50>; 111, 307 <328>; 112, 1 <25>).

67

bb) Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Verträge (1-2). Er dient vor allem als Auslegungshilfe für die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verfassung sowie das einfache Recht (3).

68

(1) Das Grundgesetz erstrebt die Einfügung Deutschlands in die Rechtsgemeinschaft friedlicher und freiheitlicher Staaten, verzichtet aber nicht auf die in dem letzten Wort der deutschen Verfassung liegende Souveränität.

69

(2) Aus der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes folgt keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung jeder Bestimmung des Völkerrechts. Eine solche widerspräche, wie der Zweite Senat im Alteigentümer-Beschluss erläutert hat, dem in den Art. 23 bis Art. 26 GG, in den Art. 1 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG und in Art. 59 Abs. 2 GG niedergelegten Konzept des Grundgesetzes und damit den differenzierten Regelungen über den innerstaatlichen Rang völkerrechtlicher Normen (vgl. BVerfGE 112, 1 <25>), aus denen der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit abgeleitet wird und die daher auch bei der näheren Bestimmung seines Inhalts zu beachten sind. Das Grundgesetz hat nicht die uneingeschränkte Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung und den unbedingten Vorrang von Völkerrecht auch vor dem Verfassungsrecht angeordnet, sondern will die Öffnung der innerstaatlichen Rechtsordnung für das Völkerrecht und die internationale Zusammenarbeit (nur) in den Formen einer kontrollierten Bindung (vgl. BVerfGE 112, 1 <25>), das heißt so, wie sie in den differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über das Verhältnis zwischen den beiden Rechtsordnungen vorgesehen ist. Diese beinhalten für die Regelungen völkerrechtlicher Verträge jedoch gerade keine Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung.

70

(3) Die sich aus der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ergebende Pflicht, das Völkerrecht zur respektieren, besitzt vielmehr drei Dimensionen: Erstens sind die deutschen Staatsorgane verpflichtet, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen. Zweitens hat der Gesetzgeber für die deutsche Rechtsordnung zu gewährleisten, dass durch eigene Staatsorgane begangene Völkerrechtsverstöße korrigiert werden können. Drittens können die deutschen Staatsorgane - unter hier nicht näher zu bestimmenden Voraussetzungen - auch verpflichtet sein, das Völkerrecht im eigenen Verantwortungsbereich zur Geltung zu bringen, wenn andere Staaten es verletzen (vgl. BVerfGE 112, 1 <26>).

71

(4) Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit dient nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner als Auslegungshilfe für die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verfassung sowie das einfache Recht (vgl. zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als Auslegungshilfe BVerfGE 74, 358 <370>; 83, 119 <128>; 111, 307 <315 f., 317, 324, 325, 329>; 120, 180 <200 f.>; 128, 326 <365, 367 f.>; BVerfGK 3, 4 <8>; 9, 174 <190>; 10, 66 <77>; 10, 234 <239>; 11, 153 <159 ff.>; 20, 234 <247>). Er gebietet, die nationalen Gesetze nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entsteht (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 83, 119 <128>; 111, 307 <317 f.>; 120, 180 <200 f.>; 128, 326 <367 f.>; BVerfGK 9, 174 <190>). In der Kammerrechtsprechung ist dies dahingehend konkretisiert worden, dass im Rahmen geltender methodischer Grundsätze von mehreren möglichen Auslegungen eines Gesetzes grundsätzlich eine völkerrechtsfreundliche zu wählen ist (vgl. BVerfGK 10, 116 <123>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2014 - 2 BvR 450/11 -, NVwZ 2015, S. 361 <364>; so auch Proelß, in: Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, Bd. 1, 2009, S. 553 <556 ff.>).

72

Das aus dem Grundgesetz abgeleitete Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung gilt jedoch nicht absolut und ungeachtet der methodischen Grenzen der Gesetzesauslegung. Es verlangt keine schematische Parallelisierung der innerstaatlichen Rechtsordnung mit dem Völkerrecht, sondern eine möglichst vollständige Übernahme der materiellen Wertungen - soweit dies methodisch vertretbar und mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar ist (vgl. BVerfGE 111, 307 <323, 329>; 128, 326 <366, 371 f.>; BVerfGK 20, 234 <247>; bezogen auf die EMRK vgl. Thym, JZ 2015, S. 53 <54>). Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit entfaltet Wirkung nur im Rahmen des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307 <318, 323, 329>; 128, 326 <366, 371 f.>) und lässt etwa den Grundsatz der demokratischen Selbstbestimmung unangetastet (vgl. BVerfGE 123, 267 <344>). Zwar ist grundsätzlich nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; BVerfGK 10, 116 <123>). Eine Auslegung entgegen eindeutig entgegenstehendem Gesetzes- oder Verfassungsrecht ist jedoch methodisch nicht vertretbar (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; vgl. auch Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <425 f.>).

73

cc) Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG kann daher nicht völkerrechtsfreundlich dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen, in denen allein auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist, über völkervertragliche Bindungen hinwegsetzen dürfte. Eine Auslegung von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach völkerrechtlichen Verträgen zumindest im Regelfall ein Rang über den (einfachen) Gesetzen zukäme, ist methodisch nicht vertretbar. Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann die Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts nicht verdrängen (1) und die damit verbundene Systematik nicht unterlaufen (2).

74

(1) Das Grundgesetz hat sich in Art. 59 Abs. 2 GG dafür entschieden, völkerrechtliche Verträge innerstaatlich (nur) mit dem Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes auszustatten (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 22, 254 <265>; 25, 327 <331>; 35, 311 <320>; 74, 358 <370>; 111, 307 <317 f.>; 128, 326 <367>; BVerfGK 10, 116 <124>). Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit - der seinerseits keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Oktober 2000 - 1 BvR 1643/95 -, juris, Rn. 11) und unter anderem aus Art. 59 Abs. 2 GG abgeleitet wird - vermag an dieser Einordnung und an der daran anknüpfenden Geltung des lex-posterior-Grundsatzes nichts zu ändern. In diesem Sinne hat der Senat bereits in seiner Entscheidung zum Reichskonkordat festgestellt, dass das Grundgesetz in seiner Völkerrechtsfreundlichkeit nicht so weit gehe, die Einhaltung bestehender völkerrechtlicher Verträge durch eine Bindung des Gesetzgebers an das ihnen entsprechende Recht zu sichern (vgl. BVerfGE 6, 309 <362 f.>). Der aus ihm abgeleitete ungeschriebene Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann das Grundgesetz konkretisieren oder ergänzen. Er kann das geschriebene Verfassungsrecht jedoch nicht entgegen der in Art. 79 Abs. 1 und Abs. 2 GG vorgesehenen Zuständigkeit und Methodik ändern oder außer Kraft setzen (vgl. Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Abs. 3 Rn. 251).

75

(2) Die hier in Rede stehende Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG, die sich auf den Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit beruft, führte im Ergebnis dazu, dass die Unterschiede in der Bindungswirkung der verschiedenen Quellen des Völkerrechts, die durch ihren jeweiligen grundgesetzlich bestimmten Rang bedingt sind, eingeebnet würden und damit die grundgesetzliche Systematik hinsichtlich des Rangs von Völkerrecht unterlaufen würde (vgl. Frau/Trinks, DÖV 2013, S. 228 <231 f.>; Gosch, IStR 2008, S. 413 <419>; Heger, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 4 unter C.I.). Dies wird, nimmt man Doppelbesteuerungsabkommen in den Blick, sehr deutlich: Da Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig nicht gegen tragende Grundsätze der Verfassung verstoßen (vgl. Fehrenbacher/Traut, in: Festschrift für Kay Hailbronner, 2013, S. 569 <580>; Kempf/Bandl, DB 2007, S. 1377 <1381>; Stein, IStR 2006, S. 505 <508 f.>; Vogel, IStR 2005, S. 29 <30>), hätten sie de facto - wie die allgemeinen Regeln des Völkerrechts - regelmäßig einen Rang über den Gesetzen. Eine solche Gleichsetzung widerspräche jedoch der in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG getroffenen Unterscheidung. Darüber kann sich die Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG nicht hinwegsetzen.

76

Die Forderung nach einer völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 59 Abs. 2 GG verkennt zudem, dass das Grundgesetz nicht nur zwischen Völkervertragsrecht und allgemeinen Regeln des Völkerrechts unterscheidet, sondern auch zwischen zwingenden, der Disposition des Verfassungsgebers entzogenen Regelungen, insbesondere den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (Art. 1 Abs. 2 GG), und sonstigem Völkerrecht (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; 112, 1 <27 f.>; 128, 326 <369>). Daher können die vom Bundesfinanzhof und Teilen des Schrifttums zur Begründung einer grundsätzlichen Bindung des Gesetzgebers an Völkervertragsrecht herangezogenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die sich durchgängig auf grund- und menschenrechtliche Fragestellungen (vgl. BVerfGE 111, 307 <308 ff.>; 112, 1 <13 ff.>; 128, 326 <359 ff.>) beziehen, nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Konstellation übertragen werden (zur fehlenden Übertragbarkeit der Entscheidungen aufgrund des unterschiedlichen normativen Gesamtgefüges vgl. Hahn, BB 2012, S. 1955 <1958>; Heger, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 4 unter C.; Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <381 f.>; Musil, IStR 2014, S. 192 <194>; Schwenke, FR 2012, S. 443 <447>).

77

e) Entgegen einer vor allem in der steuerrechtlichen Literatur vertretenen und vom Bundesfinanzhof nun aufgegriffenen Ansicht (z.B. Frotscher, IStR 2009, S. 593 <599>; Gosch, IStR 2008, S. 413 <419>; Kempf/Bandl, DB 2007, 1377 <1381>; Rust, Die Hinzurechnungsbesteuerung, 2007, S. 105 ff.; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>; Stein, IStR 2006, S. 505 <509>; Vogel, JZ 1997, S. 161 <165>), ist die einseitige Abkommensüberschreibung (Treaty Override) schließlich nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig.Die Auslegung des grundgesetzlichen Rechtsstaatsgebots muss den Anforderungen einer systematischen Interpretation des Verfassungstextes genügen. Eine (vermeintlich) rechtsstaatliche Auslegung findet jedenfalls an ausdrücklichen Vorgaben des Grundgesetzes und am Demokratieprinzip ihre Grenze (aa). Daher kann aus dem Rechtsstaatsprinzip ein insbesondere den Art. 25 Satz 2, Art. 59 Abs. 2 GG widersprechender (begrenzter) Vorrang des Völkervertragsrechts vor dem (einfachen) Gesetz oder eine Einschränkung des lex-posterior-Grundsatzes nicht abgeleitet werden (bb).

78

aa) Das Verfassungsrecht besteht nicht nur aus den einzelnen Sätzen der geschriebenen Verfassung, sondern darüber hinaus aus gewissen sie verbindenden, innerlich zusammenhaltenden allgemeinen Grundsätzen und Leitideen, die der Verfassungsgeber, weil sie das vorverfassungsmäßige Gesamtbild geprägt haben, von dem er ausgegangen ist, nicht in einem besonderen Rechtssatz konkretisiert hat (vgl. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 80 ff., 84 f.; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, 1997, S. 399 ff.). Zu diesen Grundsätzen gehört das Rechtsstaatsprinzip, das sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 GG über die Bindung der einzelnen Gewalten und der Art. 1 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes ergibt (vgl. BVerfGE 2, 380 <403>). Seine vornehmliche Verankerung findet das Rechtsstaatsprinzip allerdings in den in Art. 20 Abs. 3 GG ausgesprochenen Bindungen der Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 35, 41 <47>; 39, 128 <143>; 48, 210 <221>; 51, 356 <362>; 56, 110 <128>; 58, 81 <97>; 101, 397 <404>; 108, 186 <234>; 133, 143 <157 f., Rn. 40>; 134, 33 <89, Rn. 129>; stRspr).

79

Das Rechtsstaatsprinzip enthält keine bis in alle Einzelheiten gehenden, eindeutig bestimmten Ge- oder Verbote, sondern ist entsprechend den jeweiligen sachlichen Gegebenheiten zu konkretisieren (vgl. BVerfGE 7, 89 <92 f.>; 65, 283 <290>; 111, 54 <82>). Angesichts dieser Weite und Unbestimmtheit des Rechtsstaatsprinzips ist bei der Ableitung konkreter Bindungen mit Behutsamkeit vorzugehen (vgl. BVerfGE 90, 60 <86>; vgl. auch BVerfGE 57, 250 <276>; 65, 283 <290>; 111, 54 <82>). Eine (vermeintlich) rechtsstaatliche Auslegung des Grundgesetzes findet jedenfalls an anderen Vorgaben des Grundgesetzes ihre Grenze. Sie darf der geschriebenen Verfassung nicht widersprechen (vgl. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 85, 87). Das Rechtsstaatsprinzip ist daher auch kein Einfallstor für eine den differenzierten Regelungen des Grundgesetzes zur Bindungswirkung völkerrechtlicher Regelungen widersprechende schematische "Vollstreckung" von Völkerrecht (vgl. bezogen auf die Durchführung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte BVerfGE 111, 307 ).

80

bb) Wollte man die Verfassungswidrigkeit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) aus ihrer Rechtsstaatswidrigkeit abzuleiten versuchen, liefe dies darauf hinaus, dem Völkervertragsrecht entgegen dem insbesondere Art. 25 Satz 2, Art. 59 Abs. 2 GG zu entnehmenden Konzept des Grundgesetzes zumindest einen begrenzten Vorrang vor dem (einfachen) Gesetz einzuräumen. Ein verfassungsrechtliches Verbot der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) würde bedeuten, dass nicht nur das Abkommen selbst, das mitunter erst nach Ablauf mehrerer Jahre (vgl. Art. 30 Abs. 2 Satz 1 DBA-Türkei 1985) und nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes gemäß Art. 59 Abs. 1 GG nicht vom Gesetzgeber (vgl. oben Rn. 55) gekündigt werden kann, sondern auch seine Auslegung durch die Fachgerichte korrigierenden Eingriffen des Gesetzgebers entzogen wäre (vgl. BVerfGE 135, 1 <15, Rn. 45>; Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <424>). Das widerspräche nicht nur der in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommenden Entscheidung gegen eine Unterwerfung der Verfassung unter das Völkerrecht und für den einfachgesetzlichen Rang des Völkervertragsrechts, sondern auch dem Demokratieprinzip.

81

Aus dem Urteil des Zweiten Senats zur Verpackungsteuer ergibt sich nichts anderes. Dort ging es um sich widersprechende Regeln des Steuergesetzgebers (Land) und des Sachgesetzgebers (Bund), also um den - vom Senat allerdings nicht erwähnten - Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG und die Kohärenz der (einheitlichen) nationalen Rechtsordnung. Auf sie bezieht sich der dort entwickelte Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 98, 106 <118 f.>), der verhindern soll, dass der Bürger einander widersprechenden Normbefehlen unterschiedlicher Gesetzgeber ausgesetzt wird. Demgegenüber geht es bei der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) um die Kollision zweier gleichrangiger Normen desselben Gesetzgebers. Derartige Kollisionen sind - wie der Senat in dem Verpackungsteuerbeschluss ausgeführt hat - grundsätzlich "nach dem Rang, der Zeitenfolge und der Spezialität der Regelungen" aufzulösen (BVerfGE 98, 106 <119>).

82

2. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG eine Abkommensüberschreibung (Treaty Override) darstellt. Das Grundgesetz verbietet eine Überschreibung der dort genannten völkervertraglichen Vereinbarungen durch abweichende nationale Regelungen im Regelfall nicht (a). Das verstößt weder gegen die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (b) noch gegen das Rechtsstaatsprinzip (c). Auch sonstige Erwägungen stehen ihr nicht entgegen (d).

83

a) Das DBA-Türkei 1985 ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Da er nicht allgemeine Regeln des Völkerrechts klarstellend wiederholt und die allgemeine Regel des Völkerrechts pacta sunt servanda die einzelnen Normen eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht in allgemeine Regeln des Völkerrechts verwandelt, scheidet Art. 25 GG als Maßstab für die verfassungsrechtliche Überprüfung der hier in Rede stehenden Abkommensüberschreibung (Treaty Override) schon tatbestandlich aus.

84

Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung einer Überschreibung des DBA-Türkei 1985 ist allein Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG. Demnach bedürfen Doppelbesteuerungsabkommen wie andere völkerrechtliche Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, für ihre innerstaatliche Wirksamkeit eines ihnen den Anwendungsbefehl innerhalb der innerstaatlichen Rechtsordnung erteilenden Bundesgesetzes. Durch diesen erhalten sie innerstaatlich den Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes.

85

Da der Gesetzgeber gemäß Art. 20 Abs. 3 Halbsatz 1 GG und in Übereinstimmung mit dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG nur an die verfassungsmäßige Ordnung, nicht aber an einfache Gesetze gebunden ist, kann er das Zustimmungsgesetz zu dem DBA-Türkei 1985 ungeachtet der fortbestehenden völkerrechtlichen Verbindlichkeit durch den Erlass von Gesetzen, die dem im Doppelbesteuerungsabkommen Vereinbarten inhaltlich widersprechen, aufheben oder ändern.

86

b) Nichts anderes ergibt sich - wie dargelegt - aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit. Dieser ist ein die Verfassungs- und Gesetzesauslegung leitender Grundsatz, verleiht jedoch auch Doppelbesteuerungsabkommen wie dem DBA-Türkei 1985 keinen Rang über dem einfachen Gesetzesrecht und insofern auch keine die Befugnisse des Gesetzgebers beschränkende Bindung.

87

c) Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip, insbesondere der Einheit der Rechtsordnung, könnte nicht die Verfassungswidrigkeit einer etwaigen Abkommensüberschreibung (Treaty Override) durch § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG abgeleitet werden.

88

Eine Abkommensüberschreibung (Treaty Override) führt zu keiner größeren Rechtsunsicherheit, als sie mit den Grundsätzen der lex posterior und der lex specialis allgemein verbunden ist. Im vorliegendem Fall kommt hinzu, dass der Gesetzgeber in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG seinen Willen zur Abkommensüberschreibung (Treaty Override) eindeutig zum Ausdruck gebracht hat ("ungeachtet des Abkommens"), so dass weder mit Blick auf den Rang noch auf die Zeitfolge noch auf die Spezialität der Regelung Zweifel am Vorrang des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG vor inhaltlich abweichenden völkerrechtlichen Vereinbarungen in Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 wollte der (Bundes-)Gesetzgeber vielmehr offensichtlich eine gegenüber Zustimmungsgesetzen zu Doppelbesteuerungsabkommen vorrangige Regelung treffen (vgl. Krumm, AöR 138 [2013], S. 363 <390>).

89

d) Selbst wenn man davon ausginge, dass es für die Zulässigkeit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) entscheidend auf die Möglichkeit des Gesetzgebers ankommt, sich im Einklang mit dem Völkerrecht von einem (teilweise) nicht mehr gewollten Vertrag zu lösen, führte dies nicht zur Unzulässigkeit einer Überschreibung. Denn der Gesetzgeber ist unabhängig davon, ob eine Kündigung völkerrechtlich zulässig ist, nach den Regelungen des Grundgesetzes zur Kündigung eines völkerrechtlichen Abkommens nicht befugt (Art. 59 Abs. 1 GG) (vgl. BVerfGE 68, 1 <82>). Die Kündigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zum Zweck der Neuverhandlung und vertraglichen Durchsetzung eigener Absichten ist insoweit, verglichen mit einer Abkommensüberschreibung (Treaty Override) und entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs, kein milderes, aber ebenso geeignetes Mittel, um dem Demokratieprinzip gerecht zu werden, und deshalb auch nicht vorzugswürdig (vgl. Ismer/Baur, IStR 2014, S. 421 <424>).

90

Hinzu kommt, dass die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrags auch aus Sicht des Vertragspartners nicht unbedingt ein milderes Mittel ist, sich vom völkerrechtlich Vereinbarten zu lösen, weil das Abkommen infolge der Kündigung regelmäßig insgesamt wegfällt (vgl. Art. 44 WVRK). Dies nähme ihm die völkerrechtlich vorgesehene Möglichkeit, den Inhalt oder zumindest die Auslegung eines Abkommens durch die Praxis seiner Anwendung in Übereinstimmung mit der anderen Vertragspartei in ganz bestimmten Punkten (konkludent) zu ändern (vgl. Art. 31 Abs. 3 Buchstabe b, Art. 39 WVRK).

91

Schließlich kann die Kündigung des Doppelbesteuerungsabkommens auch aus Sicht des Steuerpflichtigen nicht als milderes Mittel angesehen werden (vgl. Mitschke, DStR 2011, S. 2221 <2225>). Denn ohne Doppelbesteuerungsabkommen ist er - vorbehaltlich der Anrechnung entsprechend § 34c EStG - der Gefahr einer Doppelbesteuerung ausgesetzt.

II.

92

§ 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

93

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; 116, 164 <180>; 122, 210 <230>; 130, 240 <252>). Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 122, 210 <230>; 126, 400 <416>; 130, 240 <252 f.>; 135, 126 <143, Rn. 51>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>; stRspr). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68>; 130, 240 <253>; 132, 179 <188, Rn. 30>; 133, 59 <86, Rn. 72>; 135, 126 <143, Rn. 52>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 107, 218 <244>; 115, 381 <389>). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>; 132, 179 <188, Rn. 30>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund, die von auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 88, 5 <12>; 88, 87 <96>; 105, 73 <110>; 110, 274 <291>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 1 <23>; 122, 210 <230>; 123, 111 <119>; 126, 400 <416>; 127, 224 <244>; 129, 49 <68>; 130, 52 <66>; 130, 240 <254>; 131, 239 <255 f.>; 135, 126 <143 f., Rn. 52>; stRspr).

94

Das Willkürverbot ist verletzt, wenn die (un)gleiche Behandlung zweier Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (vgl. BVerfGE 76, 256 <329>; 84, 239 <268>; 85, 176 <187>; 90, 145 <196>; 101, 275 <291>; 115, 381 <389>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den neben Art. 3 GG betroffenen Freiheitsrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; 122, 210 <230>; 129, 49 <69>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>) und aus der Ungleichbehandlung von Personengruppen ergeben (vgl. BVerfGE 101, 54 <101>; 103, 310 <319>; 110, 274 <291>; 131, 239 <256>; 133, 377 <407 f., Rn. 75>). Zudem verschärfen sich die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; 129, 49 <69>; 130, 240 <254>; 132, 179 <188 f., Rn. 31>).

95

b) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit (vgl. BVerfGE 84, 239 <268 ff.>; 122, 210 <231>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>). Die Steuerpflichtigen müssen entsprechend diesem Grundsatz durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte tatbestandlich zu bestimmen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und so als rechtlich gleich qualifiziert (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 105, 73 <125 f.>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>), wird, insbesondere für den Bereich des Einkommensteuerrechts (vgl. BVerfGE 82, 60 <86>; 105, 73 <125 f.>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>), daher vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfGE 105, 73 <125>; 107, 27 <46 f.>; 116, 164 <180>; 117, 1 <30>; 122, 210 <231>).

96

Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen muss (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 99, 246 <260>; 107, 27 <46 f.>; 116, 164 <180>; 122, 210 <231>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>). Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss zudem die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfGE 84, 239 <271>; 93, 121 <136>; 99, 88 <95>; 99, 280 <290>; 101, 132 <138>; 101, 151 <155>; 105, 73 <125 f.>; 122, 210 <231>; vgl. auch BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>). Demgemäß müssen sich Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen Belastungsentscheidung ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands; vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>; 120, 1 <29>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>; 137, 350 <366, Rn. 41>) und bedürfen folglich eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 99, 88 <95>; 99, 280 <290>; 105, 73 <125 f.>; 107, 27 <47>; 116, 164 <180 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 121, 108 <119 f.>; 122, 210 <231>; 126, 400 <417>; 127, 1 <28>; 132, 179 <189, Rn. 32>; 137, 350 <366, Rn. 41>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306>). Der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht als besonderer sachlicher Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen anzuerkennen (vgl. BVerfGE 116, 164 <182>; 105, 17 <45>; 122, 210 <233>).

97

2.§ 50d Abs. 8 EStG enthält zwar eine Ungleichbehandlung (a). Diese weist jedoch nur eine geringe Eingriffsintensität auf (b) und ist durch vernünftige, einleuchtende Gründe gerechtfertigt (c).

98

a) Bei der Prüfung der Frage, ob mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG eine Ungleichbehandlung verbunden ist, ist davon auszugehen, dass die gesetzgeberische Unterscheidung zwischen beschränkter (§ 1 Abs. 4, § 49 EStG) und unbeschränkter (§ 1 Abs. 1 bis Abs. 3, § 2 EStG) Steuerpflicht als sachgerecht und die damit verbundene unterschiedliche Behandlung der entsprechenden Personengruppen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG regelmäßig als gerechtfertigt anzusehen ist (vgl. BVerfGE 43, 1 <10>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Februar 2010 - 2 BvR 1178/07 -, NJW 2010, S. 2419 <2420>). Daher bildet die Gruppe der unbeschränkt Steuerpflichtigen ebenso wie die Gruppe der beschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich die maßgebliche Obergruppe, innerhalb derer Ungleichbehandlungen einer Rechtfertigung bedürfen. Innerhalb der Gruppe der unbeschränkt Steuerpflichtigen hat der Gesetzgeber mit der Berücksichtigung einer Doppelbesteuerung bei ausländischen Einkünften, die auf unterschiedlichen Wegen (Anrechnung, Freistellung, Abzug) erfolgen kann (vgl. § 34c EStG), eine eigenständige Untergruppe geschaffen. Differenzierungen innerhalb dieser Untergruppe müssen ihrerseits nach Maßgabe des Gebots der horizontalen und vertikalen Steuergerechtigkeit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG genügen.

99

§ 50d Abs. 8 Satz 1 EStG, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen von der Besteuerung in Deutschland freigestellt sind, für den Fall (doch) der Besteuerung in Deutschland unterwirft, dass der geforderte Nachweis nicht erbracht wird, behandelt unbeschränkt Steuerpflichtige im Hinblick auf die in Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von Einkünften von der deutschen Steuer ungleich. So werden Einkünfte unbeschränkt Steuerpflichtiger aus nichtselbständiger Arbeit, die nach den Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens von der deutschen Steuer befreit sind, im Fall der Nichterbringung des von § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG geforderten Nachweises genauso behandelt wie Einkünfte unbeschränkt Steuerpflichtiger, die nicht aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer befreit sind, so dass die mit der Freistellung von der deutschen Steuer verbundene Begünstigung aufgehoben wird, während sie für diejenigen, die den Nachweis erbringen, bestehen bleibt. Darüber hinaus verlangt § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nur für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als zusätzliche Voraussetzung für die in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung von der deutschen Steuer einen Nachweis über einen Besteuerungsverzicht des Vertragsstaates beziehungsweise über die Entrichtung der von diesem Staat festgesetzten Steuer. Bei anderen Einkunftsarten, die ebenso wie Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nach den Regelungen von Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer freigestellt sein können, so zum Beispiel Unternehmensgewinne (Art. 7 Abs. 1 DBA-Türkei 1985) oder Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art. 14 Abs. 1 DBA-Türkei 1985), wird dagegen kein derartiger Nachweis verlangt.

100

b) Die Vereinbarkeit der mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG verbundenen Ungleichbehandlung mit Art. 3 Abs. 1 GG setzt einen hinreichend tragfähigen Differenzierungsgrund voraus. Dafür genügt hier ein vernünftiger, einleuchtender Grund im Sinne des Willkürverbots. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall eine intensivere gerichtliche Kontrolle stattfinden müsste, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist der mit der Nachweisobliegenheit verbundene Eingriff in andere Grundrechte so gering, dass die in der Rechtsprechung anerkannten Fälle einer intensivierten verfassungsgerichtlichen Kontrolle von mit Freiheitseingriffen einhergehenden Ungleichbehandlungen (vgl. BVerfGE 37, 342 <353 f.>; 62, 256 <274 f.>; 79, 212 <218 f.>; 88, 87 <96 ff.>; 98, 365 <385>; 99, 341 <355 f.>; 111, 160 <169 ff.>; 112, 50 <67 ff.>; 116, 243 <259 ff.>) hier nicht Platz greifen.

101

c) Die mit § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG verbundene Ungleichbehandlung unbeschränkt Steuerpflichtiger im Hinblick auf die in Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellung ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

102

Dafür, dass § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nur für die Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, nicht jedoch für die Freistellung von sonstigen, nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer freigestellten Einkünften eine Nachweisobliegenheit vorsieht, gibt es - ebenso wie für die Nachweisobliegenheit als solche - einen hinreichenden sachlichen Grund. Der Gesetzgeber wollte damit - wie aus der Stellungnahme der Bundesregierung im vorliegenden Verfahren hervorgeht und der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist - der im Vergleich zu sonstigen Einkunftsarten erhöhten Gefahr des Missbrauchs der in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von der deutschen Steuer entgegenwirken.

103

Dass die missbräuchliche Ausnutzung von Freistellungsregelungen in Doppelbesteuerungsabkommen bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aufgrund ihrer im Vergleich zu unternehmerischer Tätigkeit verringerten Wahrnehmbarkeit besonders einfach ist und daher insoweit besonderer Bedarf für eine Gegensteuerung besteht, ist nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr als Auslöser für den Erlass von § 50d Abs. 8 EStG die Tätigkeit von Piloten, Seeleuten und Berufskraftfahrern war, bei denen in der Regel nicht erkennbar ist, in welchem Land sie ihre Einkünfte erzielen, und die zudem oftmals zwischen mehreren Ländern unterwegs und behördlich daher nur schwer zu erfassen sind.

Abw. Meinung

1

Die Entscheidung der Senatsmehrheit kann ich weder in der Argumentation noch im Ergebnis mittragen. Denn sie lässt dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen freie Hand, sich nach dem lex-posterior-Grundsatz mit einem späteren Gesetz bewusst und gewollt über Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen (bei denen es sich nicht um Menschenrechtsverträge handelt) hinwegzusetzen.

I.

2

1. Die Senatsmehrheit stützt ihre Auffassung in erster Linie auf das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Diskontinuität. Da Demokratie Herrschaft auf Zeit sei, müssten spätere Gesetzgeber innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber revidieren können. Das Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG solle die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers schützen; dem widerspräche es, aus dieser Norm eine "Änderungssperre" für die Zukunft ableiten zu wollen. Etwas anderes lasse sich weder unter Rückgriff auf den ungeschriebenen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit noch auf das Rechtsstaatsprinzip begründen. Diese beiden Verfassungsprinzipien könnten nicht dazu herangezogen werden, um die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes zur Bindungswirkung völkerrechtlicher Normen zu unterlaufen. Damit bestätigt die Senatsmehrheit im Wesentlichen die Auffassung, die der Zweite Senat bereits in seinem Urteil zum Reichskonkordat aus dem Jahr 1957 (BVerfGE 6, 309 <362 f.>) vertreten hat.

3

2. a) Diese Rechtsauffassung halte ich - in einer globalisierten Welt, in der die Staaten durch eine Vielzahl völkerrechtlicher Verträge in einem weiten Spektrum von Regelungsbereichen miteinander verflochten sind - für nicht (mehr) überzeugend. Um den Entwicklungen dieser umfangreichen internationalen Zusammenarbeit auf der Grundlage bi- und multilateraler völkerrechtlicher Verträge und dem in der modernen Völkerrechtsordnung geltenden Grundsatz der "rule of law" (vgl. Kadelbach/Kleinlein, AVR 44 [2006], S. 235 <243 f.>; Wittinger, JöR 57 [2009], S. 427 <444 ff.>; Kotzur, in: Festschrift für Eckart Klein, 2013, S. 797 <797 f., 804 ff.>) Rechnung zu tragen, muss vielmehr zwischen dem Demokratieprinzip einerseits und dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit andererseits ein angemessener Ausgleich hergestellt werden.

4

In Anlehnung an die von Robert Alexy verwandte Begrifflichkeit (Alexy, Theorie der Grundrechte, 1986, S. 75 ff.) geht es bei der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) nur vordergründig um einen Konflikt zweier Regeln, die einfachen Gesetzesrang haben. Dieser Konflikt wird von der Senatsmehrheit nach der lex-posterior-Regel zugunsten des späteren völkerrechtswidrigen Gesetzes aufgelöst. Jedoch wird der Konflikt einer völkerrechtsdeterminierten lex prior mit einer den völkerrechtlichen Vertrag überschreibenden lex posterior auf der Ebene des Verfassungsrechts nicht durch eine abschließende Regel aufgelöst. Allein der Verweis auf den Rang, der Zustimmungsgesetzen nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG zukommen soll und aus dem ohne Weiteres die uneingeschränkte Anwendung der lex-posterior-Regel abgeleitet wird (kritisch zur Anwendung der lex-posterior-Regel Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 220 ff.; ders., NVwZ 2005, S. 289 <290 f.>; Giegerich, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG, Bd. I, 2. Aufl. 2013, Kap. 2 Rn. 65), vermag nicht zu überzeugen. Ein solcher Lösungsansatz lässt die hinter der Rangfrage stehende Kollision zwischen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip außer Acht (zum Rekurs auf die Unterscheidung von Regeln und Prinzipien auch im Hinblick auf objektiv-rechtliche Rechtsgüter vgl. Unger, Das Verfassungsprinzip der Demokratie, 2008, S. 100 f. m.w.N.; Knop, Völker- und Europarechtsfreundlichkeit als Verfassungsgrundsätze, 2013, S. 91 f.).

5

b) Hinter den miteinander kollidierenden Gesetzesbestimmungen stehen die genannten Verfassungsprinzipien, die in ein Spannungsverhältnis zueinander geraten. Das Rechtsstaatsprinzip ist - ebenso wie das Demokratieprinzip - ein grundlegendes Strukturprinzip und als solches Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, an die auch der Gesetzgeber gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden ist. Der Rechtsstaatsbegriff gehört - wie es Ernst-Wolfgang Böckenförde so treffend ausgedrückt hat - "zu jenen vom Wortsinn her vagen und nicht ausdeutbaren Schleusenbegriffen, die sich 'objektiv', aus sich heraus, niemals abschließend definieren lassen, vielmehr offen sind für das Einströmen sich wandelnder staats- und verfassungstheoretischer Vorstellungen und damit auch für verschiedenartige Konkretisierungen, …" (Böckenförde, in: Festschrift für Adolf Arndt, 1969, S. 53 <53>). Der Inhalt des Rechtsstaatsprinzips bedarf mithin der Konkretisierung in Bezug auf den jeweils zu entscheidenden Sachverhalt (vgl. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, 1986, S. 259 ff.), wobei es für neuere Entwicklungen offen ist. Damit kann, ja muss das Rechtsstaatsprinzip bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Treaty Override in dem offenen Verfassungsstaat des Grundgesetzes (Vogel, Die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit, 1964, S. 33, 35 f.; ders., JZ 1997, S. 161 <162 f.>; Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, 1998, S. 137 ff., 380 ff.; Schorkopf, Grundgesetz und Überstaatlichkeit, 2007, S. 134 ff., 220 ff.; Sommermann, in: v. Bogdandy/Cruz Villalón/Huber: Handbuch Ius Publicum Europaeum, Bd. II, 2008, § 14) unter Beachtung des Grundsatzes der Völkerrechtsfreundlichkeit konkretisiert werden (Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 222; ders., NVwZ 2005, S. 289 <291>; Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>; die völkerrechtskonforme Auslegung des Rechtsstaatsprinzips ebenfalls bejahend Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Abs. 3 Rn. 254; Giegerich, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG, Bd. I, 2. Aufl. 2013, Kap. 2 Rn. 62 f.; Hofmann, DVBl 2013, S. 215 <219>). Aus dem letztgenannten Grundsatz hat der Zweite Senat in der Alteigentümer-Entscheidung aus dem Jahr 2004 die Pflicht hergeleitet, das Völkerrecht zu respektieren. Diese habe drei Elemente: Erstens seien die deutschen Staatsorgane verpflichtet, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit zu unterlassen. Zweitens habe der Gesetzgeber für die deutsche Rechtsordnung zu gewährleisten, dass durch eigene Staatsorgane begangene Völkerrechtsverstöße korrigiert werden könnten. Und drittens könnten die deutschen Staatsorgane verpflichtet sein, das Völkerrecht im eigenen Verantwortungsbereich zur Geltung zu bringen, wenn andere Staaten es verletzten (vgl. BVerfGE 112, 1 <26>).

6

c) Legt man das Rechtsstaatsprinzip, dessen Kernbestandteil die Rechtstreue beziehungsweise die Einhaltung rechtlicher Bindungen ist (zur Bindung aller staatlichen Gewalt an die Verfassung: Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Abs. 3 Rn. 248 ff.; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Abs. 3 Rn. 17 ff. [Dezember 2007]), im Lichte dieser Aussagen aus, so ergibt sich auch für den Gesetzgeber grundsätzlich die Verpflichtung, die von ihm durch das Zustimmungsgesetz legitimierte Bindung an völkerrechtliche Verträge zu respektieren und sich von diesen nicht bewusst - und damit treuwidrig - einseitig zu lösen. Klaus Vogel hat denn auch in seiner Münchener Abschiedsvorlesung 1996 plastisch von einem "Wortbruch" gesprochen, zu dem der Gesetzgeber nicht legitimiert sei (vgl. Vogel, JZ 1997, S. 161 <167>; ähnlich Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847>, wo es heißt: "Der Wortbruch ist keine Verhaltensoption des Verfassungsstaats; …"). Streitet mithin das völkerrechtsfreundlich ausgelegte Rechtsstaatsprinzip für eine vollständige Bindung auch späterer Gesetzgeber an den völkerrechtlichen Vertrag in der Form des Zustimmungsgesetzes, so ist allerdings zu berücksichtigen, dass dadurch deren durch das Demokratieprinzip gewährleistete Entscheidungsfreiheit vollständig eingeschränkt würde. Die Berufung auf das Rechtsstaatsprinzip führte nämlich dazu, dass dem Zustimmungsgesetz faktisch die Wirkung einer "Änderungssperre" für spätere Gesetzgeber zukäme. Das Rechtsstaatsprinzip, das für eine vollständige Bindung, und das Demokratieprinzip, das für eine völlige Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers spricht, werden zu gegenläufigen Sollensgeboten. Diese zwischen den beiden Prinzipien bestehende Konfliktlage muss zu einem möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden, bei dem das Ziel kein "Alles oder nichts", sondern ein "Sowohl als auch" ist (vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1986, S. 75 ff.).

7

3. Die Entscheidung der Senatsmehrheit gibt dem Demokratieprinzip - unter Hintanstellung des Rechtsstaatsprinzips in seiner Auslegung nach dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit - uneingeschränkt den Vorzug. Im Ergebnis ist der spätere Gesetzgeber frei, bewusst von den Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrags - ungeachtet des damit verbundenen Völkerrechtsbruchs - abzuweichen. Besonderer Voraussetzungen oder einer Rechtfertigung bedarf es hierfür nicht. Demgegenüber verlangt der hier vertretene Ansatz die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Rechtsstaats- und Demokratieprinzip in einer Weise, die beiden Prinzipien möglichst weitreichende Wirkung belässt.

8

a) Als Kriterien, die bei der Abwägung heranzuziehen sind, kommen insbesondere die folgenden in Betracht: das mit dem späteren Gesetzverfolgte Regelungsziel und dessen Bedeutung für das Gemeinwohl, die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der durch die völkerrechtliche Regelung begünstigten Individuen, die Dringlichkeit der abweichenden Regelung, die Möglichkeit des Rückgriffs auf zumutbare völkerrechtsgemäße Mittel zur Beendigung der völkerrechtlichen Bindung, wie etwa Abgabe einer interpretativen Erklärung, Kündigung oder Modifizierung des Vertrags, und die bei einem Völkerrechtsbruch im Raume stehenden Rechtsfolgen.

9

b) Überwiegt das Gewicht der Kriterien, die für eine einseitige Abkehr von dem konkret in Rede stehenden völkerrechtlichen Vertrag sprechen, nicht das Gewicht derjenigen Gesichtspunkte, die gegen eine Abkommensüberschreibung streiten, so muss dem im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit ausgelegten Rechtsstaatsprinzip der Vorrang vor dem Demokratieprinzip zukommen. Eine solche Abwägung muss in jedem Einzelfall getroffen werden, um Rechtsstaats- und Demokratieprinzip zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. Rust/Reimer, IStR 2005, S. 843 <847 ff.>; Richter, Völkerrechtsfreundlichkeit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - Die unfreundliche Erlaubnis zum Bruch völkerrechtlicher Verträge, in: Giegerich, Der "offene Verfassungsstaat" des Grundgesetzes nach 60 Jahren, 2010, S. 159 <177 f.>; im Ergebnis wohl auch Knop, Völker- und Europarechtsfreundlichkeit als Verfassungsgrundsätze, 2013, S. 242 f.; weitgehender Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 222; ders., NVwZ 2005, S. 289 <290 f.>).

10

c) Diesem Lösungsansatz kann nicht entgegengehalten werden, dass er eine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller Normen des Völkerrechts begründe (aa) oder die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedlichen Quellen des Völkerrechts verdränge oder ihre Systematik unterlaufe (bb).

11

aa) Die vorgeschlagene Lösung führt weder zu einer uneingeschränkten Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung noch zu einem unbedingten Vorrang des Völkerrechts auch vor dem Verfassungsrecht. Vielmehr bleibt es bei einer kontrollierten Bindung, und sie lässt Raum dafür, "die letzte Verantwortung für die Achtung der Würde des Menschen und die Beachtung der Grundrechte durch die deutsche öffentliche Gewalt [nicht] aus der Hand zu geben" (BVerfGE 112, 1<25 f.> unter Verweis auf BVerfGE 111, 307 <328 f.>). Der (spätere) Gesetzgeber wird allerdings verpflichtet, vor einer bewussten Abweichung von einem völkerrechtlichen Vertrag sorgfältig die einzelnen oben aufgeführten Aspekte gegeneinander abzuwägen und insbesondere zu prüfen, ob eine völkerrechtsgemäße Lösung von der völkerrechtlichen Bindung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens möglich ist. Ist dies der Fall, so muss zunächst der Versuch unternommen werden, im Einklang mit dem Völkerrecht zu handeln. Richtig ist zwar, dass das Parlament selbst einen völkerrechtlichen Vertrag nicht kündigen oder suspendieren kann. Es hat jedoch die Möglichkeit, seinen politischen Willen kundzutun und die Regierung zu entsprechenden Schritten im Außenverhältnis aufzufordern. Erst wenn diese sich weigert oder keine entsprechenden Aktivitäten entfaltet oder wenn im konkreten Fall keine Möglichkeit besteht, sich in angemessener Zeit mit völkerrechtsgemäßen Mitteln von dem Vertrag zu lösen, kann der Gesetzgeber einseitig von dem Vertragsinhalt abweichen. Das Bundesverfassungsgericht überprüft Abwägungsvorgang und -ergebnis, wobei dem Gesetzgeber - wie sonst auch - ein Einschätzungsspielraum zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 7, 377 <403>; 50, 290 <332 ff.>; 77, 170 <171>; 102, 197 <218>; 110, 177 <194>; 129, 124 <182 f.>; stRspr).

12

bb) Die in Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Systematik wird nicht unterlaufen, weil die vorgeschlagene Lösung nicht zu einer generellen"Sperrwirkung" führt. Der Gesetzgeber behält die aus dem Demokratieprinzip folgende Kompetenz, völkerrechtliche Verträge zu überschreiben; aus dem im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ausgelegten Rechtsstaatsprinzipergeben sich allerdings Einschränkungen in Bezug auf ihre Ausübung. Durch diese Einschränkungen wird sichergestellt, dass, wie es der Zweite Senat im Alteigentümer-Beschluss formuliert hat, die deutschen Staatsorgane - und dazu gehört auch der Gesetzgeber - die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen befolgen und Verletzungen nach Möglichkeit unterlassen (vgl. BVerfGE 112, 1 <26>). Nur so kommt dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit, dessen wichtigste Funktion es ist, möglichst einen Gleichlauf zwischen den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung herzustellen oder aufrechtzuerhalten und damit Konflikte zu vermeiden (vgl. zur Funktion des Grundsatzes der Völkerrechtsfreundlichkeit als Konfliktvermeidungsregel Payandeh, JöR 57 [2009] S. 465 <481>; Knop, Völker- und Europarechtsfreundlichkeit als Verfassungsgrundsätze, 2013, S. 201 ff. <238>), im Verhältnis zum Demokratieprinzip hinreichende Beachtung zu.

II.

13

Nach diesen Maßstäben wäre § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

14

1. Das vorlegende Gericht hat ausführlich dargelegt, dass die in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. enthaltene Regelung von den Bestimmungen des Abkommens vom 16. April 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl II 1989 S. 867 [im Folgenden: DBA-Türkei 1985]) abweicht. Insbesondere verstößt sie dadurch, dass die Freistellung der Auslandseinkünfte eines Arbeitnehmers von dem Nachweis der tatsächlichen Entrichtung der Steuer an den anderen Vertragsstaat oder dessen Besteuerungsverzicht abhängig gemacht wird, gegen die in Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 DBA-Türkei 1985 vereinbarte Freistellungsmethode auf der Grundlage der so genannten virtuellen Doppelbesteuerung im Ausland(hier in der Türkei). Diese Rechtsauffassung ist sorgfältig begründet und gut vertretbar, so dass sie der verfassungsrechtlichen Prüfung zugrunde gelegt werden kann.

15

Die von dem Inhalt des DBA-Türkei 1985 abweichende Regelung ist überdies nicht durch einen dem Abkommen innewohnenden ungeschriebenen Missbrauchsvorbehalt gedeckt. Das Bestehen derartiger Vorbehalte ist generell umstritten (vgl. nur die Darstellung bei Frau/Trinks, DÖV 2013, S. 228 <229 f.>). Gegen einen solchen Vorbehalt im konkreten Fall spricht insbesondere, dass die Bundesrepublik Deutschland - anders als in dem Protokoll zum DBA-Türkei 1985 - in dem Protokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 19. September 2011 (BGBl II 2012 S. 527 [im Folgenden: DBA-Türkei 2011]) ausdrücklich eine Vereinbarung zur Anwendbarkeit innerstaatlicher Missbrauchsvorschriften getroffen hat (vgl. Ziffer 10 des Protokolls zum DBA-Türkei 2011, BTDrucks 17/8841 S. 29, und die Erläuterung in der Denkschrift, S. 34). Ein derartiges Vorgehen wäre beim Vorliegen eines allgemeinen ungeschriebenen Vorbehalts entbehrlich gewesen.

16

Es ist mithin von einer völkerrechtswidrigen Abkommensüberschreibung auszugehen.

17

2. Bei der Abwägung der für und gegen diese mit dem DBA Türkei 1985 nicht vereinbare Gesetzesbestimmung sind die oben genannten Kriterien (siehe unter Punkt I.3.a) heranzuziehen.

18

a) Laut Gesetzesbegründung verfolgt der Gesetzgeber mit der Regelung in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. das Ziel, zu verhindern, "dass die Einkünfte nicht besteuert werden, weil der Steuerpflichtige die Einkünfte im Tätigkeitsstaat pflichtwidrig nicht erklärt und dieser Staat deshalb häufig seinen Steueranspruch nicht mehr durchsetzen kann, wenn er von dem Sachverhalt erfährt, …" (BTDrucks 15/1562 S. 39 f.). Damit geht es dem Gesetzgeber bei der Nachweispflicht, wie auch der Bundesfinanzhof festgestellt hat, in erster Linie um die Herstellung von "Steuerehrlichkeit". Jedenfalls in den Fällen, in denen der andere Vertragsstaat nicht vollständig auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, soll zudem die so genannte Keinmalbesteuerung verhindert werden. Hierbei handelt es sich um legitime Ziele von erheblicher Bedeutung für das Gemeinwohl, weil verhindert werden soll, dass Steuerpflichtige, die ihre Einkünfte im Tätigkeitsstaat nicht erklären, im Vergleich zu "steuerehrlichen" Steuerpflichtigen von ihrem pflichtwidrigen Verhalten profitieren. An dieser Bewertung ändert sich auch nichts, wenn man - wie das vorlegende Gericht - davon ausgeht, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 50d Abs. 8 EStG n.F. eher von fiskalischen Überlegungen geleitet gewesen sein dürfte (BFH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - I R 66/09 -, juris, Rn. 27).

19

b) Die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der durch die völkerrechtliche Regelung begünstigten Personen können, je nach den konkreten Umständen, sehr unterschiedlich ausfallen. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass die im DBA-Türkei 1985 ohne Rückfallklausel vereinbarte Freistellungsmethode auf der Grundlage der virtuellen Doppelbesteuerung in erster Linie im Interesse der beiden Vertragsstaaten liegt, die nicht auf die Regelungslage und Besteuerungspraxis des jeweils anderen Staates oder deren Kenntnis angewiesen sein sollen (BFH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - I R 66/09 -, juris, Rn. 28). Demgegenüber liegt es nicht in der Absicht der Vertragsstaaten, dem von der Freistellung betroffenen Steuerpflichtigen eine Rechtsposition zu verschaffen, die es ihm ermöglicht, in keinem der beiden Staaten Steuern zu entrichten, auch wenn sich die völkerrechtliche Vereinbarung so auswirken kann. Damit stellt sich die mit einer "Keinmalbesteuerung" der im anderen Vertragsstaat erzielten Einkünfte verbundene finanzielle Begünstigung des Steuerpflichtigen eher als begünstigender Rechtsreflex dar, der bei der Abwägung nicht erheblich ins Gewicht fällt.

20

c) Nach dem DBA-Türkei 1985 standen mit dem Völkerrecht vereinbare Mittel zur Verfügung, um sich von dem Vertrag zu lösen. Gemäß Art. 30 Abs. 2 Satz 1 DBA Türkei 1985 kann jeder Vertragsstaat vom 1. Januar des dritten Jahres an, welches auf das Jahr der Ratifikation des Abkommens folgt, jeweils während der ersten sechs Monate eines Kalenderjahres das Abkommen kündigen. Es besteht also nach Ablauf von rund drei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags ein Kündigungsrecht, das jeweils in den ersten sechs Monaten des Jahres, in dem gekündigt werden soll, ausgeübt werden muss. Besonderer Gründe für die Kündigung bedarf es nicht.Damit hätte die Bundesrepublik Deutschland das DBA-Türkei 1985 bereits im Jahr 2003, als das Steueränderungsgesetz beraten wurde, oder im ersten Halbjahr 2004 kündigen und ein neues, verbessertes Abkommen aushandeln können. Dass dieser Weg grundsätzlich gangbar war, zeigt sich, wie auch das vorlegende Gericht hervorhebt, daran, dass das Abkommen von deutscher Seite am 27. Juli 2009 mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden ist. Das daraufhin neu verhandelte Doppelbesteuerungsabkommen vom 19. September 2011, welches das DBA-Türkei 1985 mit Wirkung vom 1. Januar 2011 ersetzt, sieht nach wie vor die Freistellungsmethode vor (vgl. Art. 22 Abs. 2Buchstabe a), enthält aber insbesondere in Art. 22 Abs. 2 Buchstabe e eine so genannte Umschwenk- oder Rückfallklausel, die es der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht, von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode zu wechseln. Zweck dieser Klausel ist es, dass es zu keinem deutschen Steuerverzicht kommt, wenn Einkünfte in keinem der beiden Vertragsstaaten besteuert werden (BTDrucks 17/8841 S. 33). Zudem ist, wie bereits erwähnt, im Protokoll zum DBA-Türkei 2011 ausdrücklich eine Klausel zur Anwendbarkeit innerstaatlicher Missbrauchsvorschriften vereinbart worden.

21

d) Für eine besondere Dringlichkeit der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG n.F., etwa zur Abwehr erheblicher Nachteile für den deutschen Fiskus, ist nichts ersichtlich. Die zeitliche Verzögerung, die mit der Ergreifung völkerrechtsgemäßer Handlungsoptionen zur Beendigung der völkerrechtlichen Bindung an das DBA-Türkei 1985 verbunden gewesen wäre, fällt daher nicht ins Gewicht.

22

e) Schließlich müssen die möglichen Rechtsfolgen eines Völkerrechtsbruchs in die Abwägung einfließen. Bei einem erheblichen Vertragsbruch (material breach) kann der damit konfrontierte andere Staat nicht nur seinerseits den Vertrag kündigen oder suspendieren (vgl. Art. 60, 65 ff. des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl II 1985 S. 927). Vielmehr kann er in jedem Fall - unabhängig von der Schwere der Rechtsverletzung - die Beendigung des völkerrechtswidrigen Verhaltens und - im Wege der Naturalrestitution - die Wiederherstellung eines vertragsgemäßen Zustands einfordern (vgl. Art. 30, 34 und 35 der ILC Draft Articles on State Responsibility for Internationally Wrongful Acts [2001] vom 26. Juli 2001 [im Folgenden: ILC-Entwurf]). Daraus ergibt sich zuvörderst die völkerrechtliche Verpflichtung Deutschlands, seine innerstaatliche Rechtslage mit dem Inhalt des betroffenen Vertrags (wieder) in Einklang zu bringen. Erst wenn dies tatsächlich unmöglich ist, kann der verletzte Staat - subsidiär - Schadensersatz in Geld verlangen (vgl. Art. 36 Abs. 1 des ILC-Entwurfs).

23

Selbst wenn der verletzte Staat, wie in diesem Fall, keine konkreten Schritte zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Wiedergutmachung einleitet, steht bei jedem bewusst herbeigeführten Vertragsbruch die Verlässlichkeit Deutschlands als Partner im internationalen Rechtsverkehr auf dem Spiel. Genauso wie Deutschland von seinen Vertragspartnern auf europäischer und internationaler Ebene Vertrags- beziehungsweise Rechtstreue erwartet, muss es bereit sein, seinerseits seine vertraglichen Pflichten einzuhalten und die vertragliche Bindung nicht einseitig durch ein späteres entgegenstehendes Gesetz "abzuschütteln".

24

f) Wägt man die genannten Kriterien gegeneinander ab, so überwiegen die Gesichtspunkte, die gegen die Abkommensüberschreibung sprechen. Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Erlass der Regelung in § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. zwar einen legitimen, für das Gemeinwohl auch erheblichen Zweck, indem er die Steuerpflichtigen durch die Nachweispflicht zu mehr "Steuerehrlichkeit" anhalten will. Zudem sind die Auswirkungen auf die Rechtsstellung der von der Anwendung des Abkommens begünstigten Steuerpflichtigen von geringem Gewicht. Für die Neuregelung bestand allerdings keine besondere Dringlichkeit, die es erfordert hätte, das abweichende Gesetz ohne vorherige Aufforderung der Bundesregierung, auf völkerrechtsgemäße Mittelzurückzugreifen, zu erlassen. Nach dem DBA-Türkei 1985 bestand auch die Möglichkeit, das Abkommen ohne weitere Begründung zeitnah zu kündigen. Hätte man eine Kündigung wegen der weitreichenden Folgewirkungen vermeiden wollen, so hätte die Bundesregierung - auf Aufforderung durch den Bundestag oder von sich aus - zumindest versuchen können, sich mit der Türkei auf eine nachträgliche Auslegung der einschlägigen Vertragsbestimmungen zu verständigen, der zufolge die Anwendung der Freistellungsmethode von einer Nachweispflicht abhängig gemacht werden darf. Schließlich schlägt der mit der Abkommensüberschreibung zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers, sich trotz Vorhandenseins völkerrechtsgemäßer Mittel einseitig vom DBA-Türkei 1985 zu lösen und damit bewusst und ohne Not über die völkerrechtliche Bindung hinwegzusetzen, wegen der damit verbundenen Signalwirkung negativ zu Buche.

III.

25

In der Folge wäre § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I S. 2645) verfassungswidrig und nichtig (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 BVerfGG).

IV.

26

Nach meiner Auffassung wäre es an der Zeit gewesen, den "Mentalitätenwandel", den Klaus Vogel für das Grundgesetz in Bezug auf die Öffnung des deutschen Staates für die internationale Zusammenarbeit und die Einbindung Deutschlands in die internationale Gemeinschaft im Vergleich zu früheren deutschen Verfassungen festgestellt hat (vgl. Vogel, JZ 1997, S. 161 <163>), auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu völkerrechtswidrigen späteren Gesetzen zu vollziehen. Zu meinem Bedauern hat sich die Senatsmehrheit hierzu nicht entschließen können.

(1) (weggefallen)

(1a) (weggefallen)

(2) (weggefallen)

(3)1Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat auf der Grundlage eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keinen Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer und vom Steuerabzug nach § 50a, soweit

1.
Personen an ihr beteiligt oder durch die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder die sonstige Verfassung begünstigt sind, denen dieser Anspruch nicht zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
2.
die Einkunftsquelle keinen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aufweist; das Erzielen der Einkünfte, deren Weiterleitung an beteiligte oder begünstigte Personen sowie eine Tätigkeit, soweit sie mit einem für den Geschäftszweck nicht angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausgeübt wird, gelten nicht als Wirtschaftstätigkeit.
2Satz 1 findet keine Anwendung, soweit die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, oder wenn mit der Hauptgattung der Anteile an ihr ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet.3§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(7) Werden Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 aus einer Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne der Vorschrift eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über den öffentlichen Dienst gewährt, so ist diese Vorschrift bei Bestehen eines Dienstverhältnisses mit einer anderen Person in der Weise auszulegen, dass die Vergütungen für der erstgenannten Person geleistete Dienste gezahlt werden, wenn sie ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden.

(8)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.2Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern.3§ 175 Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

(9)1Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, soweit

1.
der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können,
2.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist, oder
3.
die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie einer Betriebsstätte in einem anderen Staat zugeordnet werden oder auf Grund einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung die steuerliche Bemessungsgrundlage in dem anderen Staat gemindert wird.
2Nummer 2 gilt nicht für Dividenden, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, es sei denn, die Dividenden sind bei der Ermittlung des Gewinns der ausschüttenden Gesellschaft abgezogen worden.3Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie Absatz 8 und § 20 Absatz 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken.4Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, sind auch auf Teile von Einkünften anzuwenden, soweit die Voraussetzungen der jeweiligen Bestimmung des Abkommens hinsichtlich dieser Einkunftsteile erfüllt sind.

(10)1Sind auf eine Vergütung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und Nummer 3 zweiter Halbsatz die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden und enthält das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung, gilt die Vergütung für Zwecke der Anwendung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters.2Satz 1 gilt auch für die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen.3Die Vergütung des Gesellschafters ist ungeachtet der Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung über die Zuordnung von Vermögenswerten zu einer Betriebsstätte derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist; die in Satz 2 genannten Erträge und Aufwendungen sind der Betriebsstätte zuzurechnen, der die Vergütung zuzuordnen ist.4Die Sätze 1 bis 3 gelten auch in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 sowie in den Fällen des § 15 Absatz 1 Satz 2 entsprechend.5Sind Einkünfte im Sinne der Sätze 1 bis 4 einer Person zuzurechnen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als im anderen Staat ansässig gilt, und weist der Steuerpflichtige nach, dass der andere Staat die Einkünfte besteuert, ohne die darauf entfallende deutsche Steuer anzurechnen, ist die in diesem Staat nachweislich auf diese Einkünfte festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte, der deutschen Einkommensteuer entsprechende, anteilige ausländische Steuer bis zur Höhe der anteilig auf diese Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer anzurechnen.6Satz 5 gilt nicht, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine ausdrückliche Regelung für solche Einkünfte enthält.7Die Sätze 1 bis 6

1.
sind nicht auf Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 3 Nummer 2 anzuwenden;
2.
gelten entsprechend, wenn die Einkünfte zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 gehören; dabei tritt der Artikel über die selbständige Arbeit an die Stelle des Artikels über die Unternehmenseinkünfte, wenn das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einen solchen Artikel enthält.
8Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 bleibt unberührt.

(11)1Sind Dividenden bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Zahlungsempfänger nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind.2Soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei dieser Person freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden.

(11a) Ist der Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen eine Person, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach diesem Gesetz oder nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaats nicht zugerechnet werden, steht der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag oder nach § 50a auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Person zu, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden.

(12)1Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, gelten für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt.2Dies gilt nicht, soweit das Abkommen in einer gesonderten, ausdrücklich solche Abfindungen betreffenden Vorschrift eine abweichende Regelung trifft.3Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 sowie Rechtsverordnungen gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(13) Werden Aktien einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert, sind vom Erwerber an Stelle von Dividenden erhaltene sonstige Bezüge für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Dividenden, die von dieser Gesellschaft gezahlt werden, gleichgestellt.

(14)1Dem Gläubiger der Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 aus Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes steht ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung kein Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer zu, wenn die Kapitalerträge im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.2Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes sind ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu versteuern, wenn sie im anderen Staat aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der optierenden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger oder ein beschränkt Steuerpflichtiger, auf den § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Anwendung findet,

1.
a)
Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüsse zum Arbeitsentgelt, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, Übergangsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch; Insolvenzgeld, das nach § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch einem Dritten zusteht, ist dem Arbeitnehmer zuzurechnen,
b)
Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder vergleichbare Lohnersatzleistungen nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch, der Reichsversicherungsordnung, dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte oder dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte,
c)
Mutterschaftsgeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, die Sonderunterstützung nach dem Mutterschutzgesetz sowie den Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften,
d)
Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
e)
Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045),
f)
Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld nach dem Bundesversorgungsgesetz,
g)
nach § 3 Nummer 28 steuerfreie Aufstockungsbeträge oder Zuschläge sowie nach § 3 Nummer 28a steuerfreie Zuschüsse,
h)
Leistungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes,
i)
nach § 3 Nummer 60 steuerfreie Anpassungsgelder,
j)
Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz,
k)
nach § 3 Nummer 2 Buchstabe e steuerfreie Leistungen, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach den Buchstaben a bis j dem Progressionsvorbehalt unterfallen, oder
2.
ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben; dies gilt nur für Fälle der zeitweisen unbeschränkten Steuerpflicht einschließlich der in § 2 Absatz 7 Satz 3 geregelten Fälle; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
3.
Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind,
4.
Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind,
5.
Einkünfte, die bei Anwendung von § 1 Absatz 3 oder § 1a oder § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 im Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht der deutschen Einkommensteuer oder einem Steuerabzug unterliegen; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
bezogen, so ist auf das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden.2Satz 1 Nummer 3 gilt nicht für Einkünfte
1.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte,
2.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Absatz 2 Satz 1 erfüllt,
3.
aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem anderen Staat als in einem Drittstaat belegen sind, oder
4.
aus der entgeltlichen Überlassung von Schiffen, sofern diese ausschließlich oder fast ausschließlich in einem anderen als einem Drittstaat eingesetzt worden sind, es sei denn, es handelt sich um Handelsschiffe, die
a)
von einem Vercharterer ausgerüstet überlassen oder
b)
an in einem anderen als in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen oder
c)
insgesamt nur vorübergehend an in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen
worden sind, oder
5.
aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder der Übertragung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts im Sinne der Nummern 3 und 4.
3§ 2a Absatz 2a und § 15b sind sinngemäß anzuwenden.

(1a) Als unmittelbar von einem unbeschränkt Steuerpflichtigen bezogene ausländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 gelten auch die ausländischen Einkünfte, die eine Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder des § 17 des Körperschaftsteuergesetzes bezogen hat und die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, in dem Verhältnis, in dem dem unbeschränkt Steuerpflichtigen das Einkommen der Organgesellschaft bezogen auf das gesamte Einkommen der Organgesellschaft im Veranlagungszeitraum zugerechnet wird.

(2)1Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um

1.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 1 die Summe der Leistungen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Satz 1 Nummer 1), soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist;
2.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5 die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind.2Bei der Ermittlung der Einkünfte im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5
a)
ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) abzuziehen, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist;
b)
sind Werbungskosten nur insoweit abzuziehen, als sie zusammen mit den bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) übersteigen;
c)
sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.2§ 4 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend.

(3)1Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben die Träger der Sozialleistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 für jeden Leistungsempfänger der für seine Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörde neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben die Daten über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums zu übermitteln, soweit die Leistungen nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben sind (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 5); § 41b Absatz 2 und § 22a Absatz 2 gelten entsprechend.2Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Empfänger der Leistungen auf die steuerliche Behandlung dieser Leistungen und seine Steuererklärungspflicht hinzuweisen.3In den Fällen des § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gilt als Empfänger des an Dritte ausgezahlten Insolvenzgeldes der Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsentgeltanspruch übertragen hat.

(4)1In den Fällen des Absatzes 3 ist für die Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung das Betriebsstättenfinanzamt des Trägers der jeweiligen Sozialleistungen zuständig.2Sind für ihn mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig oder hat er keine Betriebsstätte im Sinne des § 41 Absatz 2, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich seine Geschäftsleitung nach § 10 der Abgabenordnung im Inland befindet.

(5) Die nach Absatz 3 übermittelten Daten können durch das nach Absatz 4 zuständige Finanzamt bei den für die Besteuerung der Leistungsempfänger nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörden abgerufen und zur Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung verarbeitet werden.

(1) Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes 2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

(2) Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.