Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Jan. 2018 - 1 VR 12/17

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2018:160118B1VR12.17.0
bei uns veröffentlicht am16.01.2018

Gründe

I

1

Der Antragsteller, ein in Deutschland geborener und aufgewachsener 28-jähriger türkischer Staatsangehöriger, begehrt einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf die Anordnung seiner Abschiebung in die Türkei.

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Mit Verfügung vom 16. Oktober 2017, dem Antragsteller anlässlich seiner Festnahme am 18. Oktober 2017 ausgehändigt, ordnete das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein - gestützt auf § 58a AufenthG - die Abschiebung des Antragstellers in die Türkei an. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Antragsteller dem jihadistischen Salafismus zuzurechnen sei und mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" zumindest sympathisiere. Regelmäßig besuche er salafistisch geprägte Moscheen und Seminare von "C. Y.". Er unterhalte engen Kontakt zu weiteren phänomenrelevanten Personen. Auf diversen Speichermedien des Antragstellers seien zahlreiche phänomenrelevante Audio-, Video- und Bilddateien vorhanden. Der Antragsteller bewerbe und verbreite seine ideologische Überzeugung mittels sozialer Netzwerke, insbesondere "Facebook". Letztlich habe er auch einen Hang zu Waffen aller Art. Daraus ergebe sich die auf Tatsachen gestützte Prognose, dass von dem Antragsteller eine terroristische Gefahr ausgehe, weil er die öffentliche Gewalt gegen "Ungläubige" befürworte und zu Anschlägen aufrufe. Diese Handlungen seien geeignet, andere Personen zu Anschlägen zu motivieren. Auch sei davon auszugehen, dass der Antragsteller zu denjenigen Personen gehöre, die die "Hijra (Auswanderung)" nicht vollzögen und sich daher verpflichtet sähen, selbst Anschläge zu verüben. Von dem Antragsteller gehe überdies eine besondere Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland aus. Aufgrund des Verhaltens des Antragstellers und der sich daraus ergebenden besonderen Gefährdungslage für die Bundesrepublik Deutschland überwiege bei der zutreffenden Ermessensentscheidung das Interesse an der Ausreise das Bleibeinteresse des Antragstellers. Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich.

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Am 25. Oktober 2017 hat der Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen die Abschiebungsanordnung erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, wobei er diesen Antrag mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2017 um einen Hilfsantrag ergänzt hat. Von ihm gehe keine Gefahr aus. Er beschäftige sich aus Gründen des persönlichen Interesses und der Klärung religiöser und philosophischer Fragen mit der muslimischen Religion. Er habe sich in keiner Weise mit dem Kampf gegen "Ungläubige" identifiziert, hierzu aufgerufen oder konkrete Vorbereitungen dazu getroffen. Die hierzu ermittelten Tatsachen seien nicht belastbar. Es gehe um Handlungen, welche er unbedarft und aus naivem Interesse für den Islam getätigt habe. Die Audio-, Video- und Bilddateien habe er auf sein Mobiltelefon geladen, um diese später im Hinblick auf die Glaubensausrichtung der Personen, die diese Texte verfasst haben, zu analysieren. Auch bei den über Facebook geteilten Texten handele es sich nicht um eigene Texte, sondern ausschließlich um Texte, die er auf der Suche nach der richtigen Auslegung des Islams habe lesen und einschätzen wollen. Die Abschiebungsanordnung verstoße ferner gegen Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963. Auch dürfe eine Abschiebung aus generalpräventiven Gründen nicht automatisch, sondern nur aufgrund einer Ermessensentscheidung erlassen werden. Eine solche sei in der Abschiebungsanordnung nicht enthalten. Diese stütze sich ersichtlich nicht auf belastbare Tatsachen. Im Übrigen stünden seiner Abschiebung die in der Türkei zu erwartenden Haftbedingungen entgegen. Es sei zu erwarten, dass er als "Gefährder" eingestuft und deshalb inhaftiert werde. Zudem drohe ihm im Falle der Abschiebung die Einberufung zum türkischen Militärdienst, den er trotz entgegenstehender Überzeugung nicht verweigern könne; auch deshalb müsse er mit einer Inhaftierung rechnen. Letztlich drohe ihm als mutmaßlichen "Gefährder" - nach der in der Türkei beabsichtigen Wiedereinführung - auch die Todesstrafe. In L. unterhalte er eine Lebenspartnerschaft zu einer jungen Frau, mit der er die Ehe eingehen wolle, mit der er bereits nach islamischem Ritus verheiratet sei und die zudem ein Kind von ihm erwarte.

4

Der Antragsgegner verteidigt die angegriffene Verfügung.

5

Der Senat hat eine Liste mit Erkenntnismitteln über die abschiebungsrelevante Lage in der Türkei erstellt. Die in der Liste aufgeführten Erkenntnismittel wurden den Beteiligten zur Kenntnis gebracht.

II

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Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein vom 16. Oktober 2017 anzuordnen, ist zulässig (§ 58a Abs. 4 Satz 2 AufenthG, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO), auch ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache zuständig (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 VwGO).

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Der Antrag ist aber unbegründet. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Klageverfahrens in Deutschland zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung überwiegt das öffentliche Interesse. An der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsanordnung bestehen keine ernstlichen Zweifel (1.). Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote, die einer Abschiebung des Antragstellers in die Türkei entgegenstehen könnten, liegen nicht vor (2.).

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1. Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 58a Abs. 1 AufenthG. Danach kann die oberste Landesbehörde gegen einen Ausländer aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen.

9

Diese Regelung ist formell und materiell verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 - juris und vom 26. Juli 2017 - 2 BvR 1606/17 - juris; BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 16).

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Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385) - ZP - steht der Anwendbarkeit von § 58a AufenthG unabhängig davon nicht entgegen, ob der Antragsteller sich (noch) auf den Schutz dieser Regelung berufen kann. Gemäß Art. 41 Abs. 1 ZP werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen. Selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des Art. 41 Abs. 1 ZP auf den Antragsteller und der Annahme, dass es sich bei § 58a AufenthG um eine "neue Beschränkung" im Sinne von Art. 41 Abs. 1 ZP handelt, wäre eine daraus resultierende Verschlechterung der rechtlichen Situation des Antragstellers jedenfalls gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Schaffung einer "neuen Beschränkung" nämlich dann nicht verboten, wenn diese "durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet ist, die Erreichung des angestrebten legitimen Ziels zu erreichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht" (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C 138/13 [ECLI:EU:C:2014:2066], Dogan - Rn. 37). Dies ist vorliegend der Fall. § 58a AufenthG dient dem Schutz höchster Schutzgüter, ist geeignet das angestrebte Ziel zu erreichen und geht nicht über das notwendige Maß hinaus. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Vereinbarkeit von § 58a AufenthG mit der Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80, da § 58a AufenthG jedenfalls als Beschränkung nach Art. 14 ARB 1/80 (vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-225/12 [ECLI:EU:C:2013:725], Demir - NVwZ-RR 2014, 115 Rn. 40) gerechtfertigt ist (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2017 - 1 VR 7.17 - NVwZ 2017, 1798 Rn. 45; s.a. - zu der mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 erfolgten Einführung des Regelausweisungstatbestands des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung - BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 64.).

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a) Die angegriffene Abschiebungsanordnung ist bei der hier gebotenen umfassenden Prüfung (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - NVwZ 2017, 1057 Rn. 13) nicht zu beanstanden.

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Der formellen Rechtmäßigkeit der Verfügung steht nicht entgegen, dass der Antragsteller vor Erlass der Verfügung nicht angehört worden ist, denn eine Anhörung war vorliegend jedenfalls entbehrlich.

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aa) Nach nationalem Verfahrensrecht war eine Anhörung hier jedenfalls entbehrlich. § 58a AufenthG schreibt eine Anhörung weder ausdrücklich vor, noch verbietet er eine solche, so dass § 87 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -) anzuwenden ist. Nach dieser Regelung ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (Abs. 1). Nach § 87 Abs. 2 LVwG kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (Nr. 1).

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Danach konnte hier auf eine Anhörung verzichtet werden, weil eine sofortige Entscheidung zumindest im öffentlichen Interesse notwendig war (§ 87 Abs. 2 Nr. 1 LVwG). § 58a AufenthG zielt auf die Bewältigung von beachtlichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter. Bei der mit einer Anhörung verbundenen "Vorwarnung" bestünde regelmäßig die Gefahr, dass sich der Betroffene durch Untertauchen der Abschiebung entzieht oder sonst den mit der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung verfolgten Zweck vereitelt. Der Gesetzgeber selbst trägt dem in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG Rechnung. Danach ist ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann; auch ist bei einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige Ausreise nicht zu ermöglichen. Unabhängig davon war eine sofortige Entscheidung auch deshalb im öffentlichen Interesse notwendig, weil von dem Antragsteller eine terroristische Gefahr ausgeht, die sich jederzeit aktualisieren kann (siehe näher unten). Besondere atypische Umstände, die hier eine Anhörung ohne Gefährdung des Zwecks der Abschiebungsanordnung oder zumindest eine eingehendere Begründung der Ermessensentscheidung für den Verzicht auf eine Anhörung erfordert hätten, liegen nicht vor (BVerwG, Beschlüsse vom 31. Mai 2017 - 1 VR 4.17 - juris Rn. 13 und vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - NVwZ 2017, 1531 Rn. 17). Soweit eine Anhörung zumindest im zeitlichen Zusammenhang mit der Bekanntgabe angezeigt sein sollte (offenlassend Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - NVwZ 2017, 1531 Rn. 22), ist hier auf die Einlassungen des Antragstellers im Rahmen des Abschiebehaftverfahrens hinzuweisen, die dem Antragsgegner zeitnah zur Kenntnis gebracht und gewürdigt worden sind (s. Vermerk vom 23. Oktober 2017, Bl. 451 f. Verwaltungsvorgang).

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bb) Auch nach Unionsrecht bedurfte es nicht zwingend einer Anhörung des Antragstellers vor Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung. Selbst wenn man unterstellt, dass die Abschiebungsanordnung eine dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 S. 98) unterfallende Rückkehrentscheidung darstellt, ist sie mit den sich hieraus dann ergebenden unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren.

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Die Richtlinie 2008/115/EG enthält selbst nicht ausdrücklich ein Anhörungsgebot vor Erlass einer Rückkehrentscheidung. Dieses gilt aber als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (vgl. näher EuGH, Urteil vom 5. November 2014 - C-166/13 [ECLI:EU:C:2014:2336], Mukarubega - Rn. 40 - 45). Das Recht auf Anhörung garantiert jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen nachteilige Entscheidung erlassen wird, sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen. Die Regel, wonach der Adressat einer beschwerenden Entscheidung in die Lage versetzt werden muss, seinen Standpunkt vorzutragen, bevor die Entscheidung getroffen wird, soll der zuständigen Behörde erlauben, alle maßgeblichen Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen. Werden mit der Beendigung der Legalität des Aufenthalts, die die Verpflichtung zum Verlassen Deutschlands begründet (§ 51 Abs. 1 Nr. 5a i.V.m. § 50 Abs. 1 AufenthG), der Rückkehrentscheidung und der Entscheidung über die Abschiebung drei verschiedene Regelungen in einer Entscheidung zusammengefasst (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens Art. 6 Abs. 6 Richtlinie 2008/115/EG), muss dem Betroffenen nicht ermöglicht werden, speziell und gesondert zur Rückkehrentscheidung Stellung zu nehmen. Ausreichend ist vielmehr, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, seinen Standpunkt zur Rechtswidrigkeit seines Aufenthalts und solche Gründe sachdienlich und wirksam vorzutragen, die es nach dem nationalen Recht rechtfertigen können, dass die Behörde vom Erlass einer Rückkehrentscheidung absieht (vgl. EuGH, Urteil vom 5. November 2014 - C-166/13). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Grundrechte wie das Recht auf Beachtung der Verteidigungsrechte aber nicht schrankenlos gewährleistet, sondern können Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen, die mit der fraglichen Maßnahme verfolgt werden, und keinen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-249/13 [ECLI:EU:C:2014:2431], Boudjlida - Rn. 43). Dabei ist auch das Ziel der Richtlinie, nämlich die wirksame Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger in ihr Herkunftsland, zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-249/13 - Rn. 45).

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Danach bedurfte es auch unionsrechtlich nicht zwingend einer Anhörung des Antragstellers vor Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung. Mit der grundsätzlichen Entbehrlichkeit einer Anhörung vor Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG wird u.a. bezweckt zu verhindern, dass sich die vorausgesetzte besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr (die hier auch tatsächlich besteht, s.u.), in der Zwischenzeit realisiert (BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - NVwZ 2017, 1531 Rn. 21). Dies wäre bei Durchführung einer vorherigen Anhörung durch die zuständige Behörde - wie oben ausgeführt - nicht hinreichend sicher gewährleistet.

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b) Die Verfügung ist auch materiell nicht zu beanstanden. Die Abschiebungsanordnung ist gegenüber der Ausweisung nach den §§ 53 ff. AufenthG eine selbstständige ausländerrechtliche Maßnahme der Gefahrenabwehr. Sie zielt auf die Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und/oder einer terroristischen Gefahr.

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aa) Der Begriff der "Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" ist - wie die wortgleiche Formulierung in § 54 Abs. 1 Nr. 2 und § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG - nach der Rechtsprechung des Senats enger zu verstehen als der Begriff der öffentlichen Sicherheit im Sinne des allgemeinem Polizeirechts. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland umfasst die innere und äußere Sicherheit und schützt nach innen den Bestand und die Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (BVerwG, Urteil vom 15. März 2005 - 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <120> = juris Rn. 17). In diesem Sinne richten sich auch Gewaltanschläge gegen Unbeteiligte zum Zwecke der Verbreitung allgemeiner Unsicherheit gegen die innere Sicherheit des Staates (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 21).

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Der Begriff der "terroristischen Gefahr" knüpft an die neuartigen Bedrohungen an, die sich nach dem 11. September 2001 herausgebildet haben. Diese sind in ihrem Aktionsradius nicht territorial begrenzt und gefährden die Sicherheitsinteressen auch anderer Staaten. Im Aufenthaltsgesetz findet sich zwar keine Definition, was unter Terrorismus zu verstehen ist, die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften zur Bekämpfung des Terrorismus setzen aber einen der Rechtsanwendung fähigen Begriff des Terrorismus voraus. Auch wenn bisher die Versuche, auf völkerrechtlicher Ebene eine allgemein anerkannte vertragliche Definition des Terrorismus zu entwickeln, nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts doch im Grundsatz geklärt, unter welchen Voraussetzungen die - völkerrechtlich geächtete - Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln anzunehmen ist. Wesentliche Kriterien können insbesondere aus der Definition terroristischer Straftaten in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. Dezember 1999 (BGBl. 2003 II S. 1923), aus der Definition terroristischer Straftaten auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft im Beschluss des Rates Nr. 2002/475/JI vom 13. Juni 2002 (ABl. L 164 S. 3) sowie dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates Nr. 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Dezember 2001 (ABl. L 344 S. 93) gewonnen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2005 - 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.>). Trotz einer gewissen definitorischen Unschärfe des Terrorismusbegriffs liegt nach der Rechtsprechung des Senats eine völkerrechtlich geächtete Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln jedenfalls dann vor, wenn politische Ziele unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen oder durch Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verfolgt werden (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2011 - 1 C 13.10 - BVerwGE 141, 100 Rn. 19 m.w.N.). Entsprechendes gilt bei der Verfolgung ideologischer Ziele. Eine terroristische Gefahr kann nicht nur von Organisationen, sondern auch von Einzelpersonen ausgehen, die nicht als Mitglieder oder Unterstützer in eine terroristische Organisation eingebunden sind oder in einer entsprechenden Beziehung zu einer solchen stehen. Erfasst sind grundsätzlich auch Zwischenstufen lose verkoppelter Netzwerke, (virtueller oder realer) Kommunikationszusammenhänge oder "Szeneeinbindungen", die auf die Realitätswahrnehmung einwirken und die Bereitschaft im Einzelfall zu wecken oder zu fördern geeignet sind (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 22).

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Das Erfordernis einer "besonderen" Gefahr bei der ersten Alternative bezieht sich allein auf das Gewicht und die Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie das Gewicht der befürchteten Tathandlungen des Betroffenen, nicht auf die zeitliche Eintrittswahrscheinlichkeit. In diesem Sinne muss die besondere Gefahr für die innere Sicherheit aufgrund der gleichen Eingriffsvoraussetzungen eine mit der terroristischen Gefahr vergleichbare Gefahrendimension erreichen. Dafür spricht auch die Regelung in § 11 Abs. 5 AufenthG, die die Abschiebungsanordnung in eine Reihe mit Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stellt. Geht es um die Verhinderung schwerster Straftaten, durch die im "politischen/ideologischen Kampf" die Bevölkerung in Deutschland verunsichert und/oder staatliche Organe der Bundesrepublik Deutschland zu bestimmten Handlungen genötigt werden sollen, ist regelmäßig von einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und jedenfalls von einer terroristischen Gefahr auszugehen. Da es um die Verhinderung derartiger Straftaten geht, ist es nicht erforderlich, dass mit deren Vorbereitung oder Ausführung in einer Weise begonnen wurde, die einen Straftatbestand erfüllt und etwa bereits zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen geführt hat (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 23).

22

Die für § 58a AufenthG erforderliche besondere Gefahrenlage muss sich aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose ergeben. Aus Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich, dass die Bedrohungssituation unmittelbar vom Ausländer ausgehen muss, in dessen Freiheitsrechte sie eingreift. Ungeachtet ihrer tatbestandlichen Verselbstständigung ähnelt die Abschiebungsanordnung in ihren Wirkungen einer für sofort vollziehbar erklärten Ausweisung nebst Abschiebungsandrohung. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung ist sie aber mit Verkürzungen im Verfahren und beim Rechtsschutz verbunden. Insbesondere ist die Abschiebungsanordnung kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 58a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AufenthG). Da es keiner Abschiebungsandrohung bedarf (§ 58a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AufenthG), erübrigt sich auch die Bestimmung einer Frist zur freiwilligen Ausreise. Zuständig sind nicht die Ausländerbehörden, sondern grundsätzlich die obersten Landesbehörden (§ 58a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG). Die Zuständigkeit für den Erlass einer Abschiebungsanordnung begründet nach § 58a Abs. 3 Satz 3 AufenthG zugleich eine eigene Zuständigkeit für die Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG ohne Bindung an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren. Die gerichtliche Kontrolle einer Abschiebungsanordnung und ihrer Vollziehung unterliegt in erster und letzter Instanz dem Bundesverwaltungsgericht (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 VwGO), ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes muss innerhalb einer Frist von sieben Tagen gestellt werden (§ 58a Abs. 4 Satz 2 AufenthG). Die mit dieser Ausgestaltung des Verfahrens verbundenen Abweichungen gegenüber einer Ausweisung lassen sich nur mit einer direkt vom Ausländer ausgehenden terroristischen und/oder dem gleichzustellenden Bedrohungssituation für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 24).

23

Die vom Ausländer ausgehende Bedrohung muss aber nicht bereits die Schwelle einer konkreten Gefahr im Sinne des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts überschreiten, bei der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verletzung des geschützten Rechtsguts zu erwarten ist. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, die zur Abwehr einer besonderen Gefahr lediglich eine auf Tatsachen gestützte Prognose verlangt. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen angesichts des hohen Schutzguts und der vom Terrorismus ausgehenden neuartigen Bedrohungen für einen abgesenkten Gefahrenmaßstab, weil seit den Anschlägen von 11. September 2001 damit zu rechnen ist, dass ein Terroranschlag mit hohem Personenschaden ohne großen Vorbereitungsaufwand und mit Hilfe allgemein verfügbarer Mittel jederzeit und überall verwirklicht werden kann. Eine Abschiebungsanordnung ist daher schon dann möglich, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte ein beachtliches Risiko dafür besteht, dass sich eine terroristische Gefahr und/oder eine dem gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik in der Person des Ausländers jederzeit aktualisieren kann, sofern nicht eingeschritten wird (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 25).

24

Diese Auslegung steht trotz der Schwere aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Einklang mit dem Grundgesetz. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht von vornherein für jede Art der Aufgabenwahrnehmung auf die Schaffung von Eingriffstatbeständen beschränkt, die dem tradierten sicherheitsrechtlichen Modell der Abwehr konkreter, unmittelbar bevorstehender oder gegenwärtiger Gefahren entsprechen. Vielmehr kann er die Grenzen für bestimmte Bereiche der Gefahrenabwehr mit dem Ziel schon der Straftatenverhinderung auch weiter ziehen, indem er die Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufs reduziert. Dann bedarf es aber zumindest einer hinreichend konkretisierten Gefahr in dem Sinne, dass tatsächliche Anhaltspunkte für die Entstehung einer konkreten Gefahr bestehen. Hierfür reichen allgemeine Erfahrungssätze nicht aus, vielmehr müssen bestimmte Tatsachen im Einzelfall die Prognose eines Geschehens tragen, das zu einer zurechenbaren Verletzung gewichtiger Schutzgüter führt. Eine hinreichend konkretisierte Gefahr in diesem Sinne kann schon bestehen, wenn sich der zum Schaden führende Kausalverlauf noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersehen lässt, aber bereits bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen. In Bezug auf terroristische Straftaten, die oft von bisher nicht straffällig gewordenen Einzelnen an nicht vorhersehbaren Orten und in ganz verschiedener Weise verübt werden, kann dies schon dann der Fall sein, wenn zwar noch nicht ein seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen erkennbar ist, jedoch das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie solche Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen wird. Angesichts der Schwere aufenthaltsbeendender Maßnahmen ist eine Verlagerung der Eingriffsschwelle in das Vorfeldstadium dagegen verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn nur relativ diffuse Anhaltspunkte für mögliche Gefahren bestehen, etwa allein die Erkenntnis, dass sich eine Person zu einem fundamentalistischen Religionsverständnis hingezogen fühlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 26.). Allerdings kann in Fällen, in denen sich eine Person in hohem Maße mit einer militanten, gewaltbereiten Auslegung des Islam identifiziert, den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung dieser radikal-islamischen Auffassung für gerechtfertigt und die Teilnahme am sogenannten "Jihad" als verpflichtend ansieht, von einer hinreichend konkreten Gefahr auszugehen sein, dass diese Person terroristische Straftaten begeht (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2017 - 1 VR 8.17 - juris Rn. 18).

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Für diese "Gefahrenprognose" bedarf es - wie bei jeder Prognose - zunächst einer hinreichend zuverlässigen Tatsachengrundlage. Der Hinweis auf eine auf Tatsachen gestützte Prognose dient der Klarstellung, dass ein bloßer (Gefahren-)Verdacht oder Vermutungen bzw. Spekulationen nicht ausreichen. Zugleich definiert dieser Hinweis einen eigenen Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Abweichend von dem sonst im Gefahrenabwehrrecht geltenden Prognosemaßstab der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit mit seinem nach Art und Ausmaß des zu erwartenden Schadens differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss für ein Einschreiten nach § 58a AufenthG eine bestimmte Entwicklung nicht wahrscheinlicher sein als eine andere. Vielmehr genügt angesichts der besonderen Gefahrenlage, der § 58a AufenthG durch die tatbestandliche Verselbstständigung begegnen soll, dass sich aus den festgestellten Tatsachen ein beachtliches Risiko dafür ergibt, dass die von einem Ausländer ausgehende Bedrohungssituation sich jederzeit aktualisieren und in eine konkrete terroristische Gefahr und/oder eine dem gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland umschlagen kann (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 27).

26

Dieses beachtliche Eintrittsrisiko kann sich auch aus Umständen ergeben, denen (noch) keine strafrechtliche Relevanz zukommt, etwa wenn ein Ausländer fest entschlossen ist, in Deutschland einen mit niedrigem Vorbereitungsaufwand möglichen schweren Anschlag zu verüben, auch wenn er noch nicht mit konkreten Vorbereitungs- oder Ausführungshandlungen begonnen hat und die näheren Tatumstände nach Ort, Zeitpunkt, Tatmittel und Angriffsziel noch nicht feststehen. Eine hinreichende Bedrohungssituation kann sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. In jedem Fall bedarf es einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Ausländers, seines bisherigen Verhaltens, seiner nach außen erkennbaren oder geäußerten inneren Einstellung, seiner Verbindungen zu anderen Personen und Gruppierungen, von denen eine terroristische Gefahr und/oder eine Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausgeht sowie sonstiger Umstände, die geeignet sind, den Ausländer in seinem gefahrträchtigen Denken oder Handeln zu belassen oder zu bekräftigen. Dabei kann sich - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - in der Gesamtschau ein beachtliches Risiko, das ohne ein Einschreiten jederzeit in eine konkrete Gefahr umschlagen kann, auch schon daraus ergeben, dass sich ein im Grundsatz gewaltbereiter und auf Identitätssuche befindlicher Ausländer in besonderem Maße mit dem radikal-extremistischen Islamismus in seinen verschiedenen Ausprägungen bis hin zum ausschließlich auf Gewalt setzenden jihadistischen Islamismus identifiziert, über enge Kontakte zu gleichgesinnten, möglicherweise bereits anschlagsbereiten Personen verfügt und sich mit diesen in "religiösen" Fragen regelmäßig austauscht (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 28).

27

Der obersten Landesbehörde steht bei der für eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG erforderlichen Gefahrenprognose aber keine Einschätzungsprärogative zu. Als Teil der Exekutive ist sie beim Erlass einer Abschiebungsanordnung - wie jede andere staatliche Stelle - an Recht und Gesetz, insbesondere an die Grundrechte, gebunden (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG) und unterliegt ihr Handeln nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG der vollen gerichtlichen Kontrolle. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für einen der gerichtlichen Überprüfung entzogenen behördlichen Beurteilungsspielraum. Auch wenn die im Rahmen des § 58a AufenthG erforderliche Prognose besondere Kenntnisse und Erfahrungswissen erfordert, ist sie nicht derart außergewöhnlich und von einem bestimmten Fachwissen abhängig, über das nur oberste (Landes-)Behörden verfügen. Vergleichbare Aufklärungsschwierigkeiten treten auch in anderen Zusammenhängen auf. Der hohe Rang der geschützten Rechtsgüter und die Eilbedürftigkeit der Entscheidung erfordern ebenfalls keine Einschätzungsprärogative der Behörde (BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 29).

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bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass von dem Antragsteller derzeit aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose ein beachtliches Risiko im Sinne des § 58a AufenthG ausgeht, auch wenn ihm noch kein konkreter Plan zur Ausführung einer terroristischen Gewalttat (im Stadium der Anklageerhebung) vorgeworfen wird. Es besteht ein zeitlich und sachlich beachtliches Risiko, dass er einen terroristischen Anschlag begeht oder sich an einem solchen beteiligt, bei dem Unbeteiligte ums Leben kämen.

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(1) Für die Beurteilung des Senats sind vor allem folgende Umstände maßgeblich, die sich aus der Ausländerakte des Antragstellers (AA), der Akte des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein (MI), den beigezogenen Ermittlungsakten sowie dem Vorbringen des Antragstellers und des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren ergeben.

30

Nach den Feststellungen der Landesbehörde für Verfassungsschutz Schleswig-Holstein hat der Antragsteller, wie er selbst einräumt (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 10), seit dem Jahr 2014 regelmäßig die salafistisch geprägte F. C. Moschee in N. besucht (Bl. 161 MI). Soweit er vorträgt, diese Moschee unabhängig von deren Ausrichtung auf eine bestimmte islamische Glaubensrichtung besucht zu haben, weil er dort aufgrund der 24-Stunden-Öffnung zu jeder Zeit einkehren könne (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 10), erscheint dies in Zusammenschau mit den weiteren im Folgenden angeführten Erkenntnissen und Wertungen nicht glaubhaft, zumal der Antragsteller nach den Feststellungen der Verfassungsschutzbehörde zu den maßgeblichen Akteuren im Umfeld der Moschee zählt und darüber hinaus gelegentlich auch die ebenfalls salafistisch geprägte Moschee Islamisches Zentrum L. besucht hat (Bl. 161 MI).

31

Zudem reiste der Antragsteller mindestens zweimal nach H. zum Deutschsprachigen Islamkreis H. (...) und nahm im Zeitraum 31. Dezember 2015 bis 1. Januar 2016 sowie 25. bis 28. März 2016 an Seminaren des bundesweit bekannten sogenannten Hasspredigers C. C. alias "C. Y." teil. Dieser war Imam in der Moschee des zwischenzeitlich rechtskräftig verbotenen Vereins ..., der unter anderem eine Anlaufstelle für jihadistische Salafisten darstellte, aus dessen Umfeld mehrere Personen zum "IS" in das Kriegsgebiet nach Syrien ausreisten (Bl. 162 MI, vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 30. August 2017 - 1 VR 5.17 - juris Rn. 37). Gegen "C. Y." wurde am 10. Juli 2017 Anklage unter anderem wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung "IS" (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 129b StGB) und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (§ 111 Abs. 1 StGB) erhoben (Bl. 161 MI). Einer der Teilnehmer des Seminars im März 2016 war nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden auch der spätere Attentäter Anis Amri, der am 19. Dezember 2016 einen Anschlag auf Besucher eines Weihnachtsmarktes in Berlin verübte (Bl. 161 MI). Den Besuch der Seminare räumt der Antragsteller ein (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 10). Soweit er dabei behauptet, ihm sei Anis Amri dort weder aufgefallen, noch habe er mit diesem persönlichen Kontakt gehabt, ist dies unerheblich, weil die Seminarteilnahme unabhängig von diesem Kontakt die Zugehörigkeit des Antragstellers zur jihadistischen-salafistischen Szene in Deutschland belegt.

32

Der Kontakt des Antragstellers zu "C. Y." ging über die bloße Seminarteilnahme hinaus. So ergab die Auswertung des vom Antragsteller genutzten iPhones 5s, dass zwischen dem von ihm genutzten Telegram-Account und dem von "C. Y." genutzten Telegram-Account von Februar bis Mai 2016 und im Juli 2016 ein Chat-Kontakt bestand. Neben religiösen Fragestellungen fragte der Antragsteller im Rahmen dieser Kommunikation bei "C. Y." am 16. April 2016 an, ob dieser zum Freitagsgebet "bei uns" predigen kommen könne, was dieser jedoch ablehnte, weil er bis zu dem am 10. Mai 2016 endenden Seminar "leider" nicht könne. Am 7. Mai 2016 wiederholte der Antragsteller seine Anfrage (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 9 = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018; Bl. 372 MI; Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Datenträgerauswertung II Bl. 11 und 52 f.). Diese Erkenntnisse widerlegen die zunächst vom Antragsteller aufgestellte (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 10), später von diesem selbst revidierte Behauptung (Schriftsatz vom 17. November 2017 S. 12), er habe keinen persönlichen Kontakt bzw. persönliche Chat-Korrespondenz zu "C. Y." unterhalten, und belegen zugleich die von den Verfassungsschutzbehörden festgestellte Rolle des Antragstellers als Akteur im Umfeld der F. C. Moschee in N. Der Einwand des Antragstellers, er habe zum Zeitpunkt der Kommunikation nicht um die Rolle des "C. Y." als Hassprediger gewusst (Schriftsatz vom 17. November 2017 S. 12), erscheint angesichts des hohen Bekanntheitsgrades des "C. Y." in der Salafistenszene und der Tatsache, dass die Kommunikation nach der Seminarteilnahme des Antragstellers stattfand, unglaubhaft. Hinzu kommt, dass der Antragsteller am 8. Mai 2016 gegenüber "C. Y." im Rahmen der Chat-Kommunikation äußerte, er habe gehört, dass [bei dem Seminar des "C. Y."] "viele Bullen" dagewesen seien (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Datenträgerauswertung II Bl. 52), was verdeutlicht, dass er die Rolle des "C. Y." richtig einordnen konnte. Dass der Antragsteller seine Sympathiebekundungen gegenüber "C. Y." auch noch nach dessen Verhaftung und der gegen ihn erfolgten Anklageerhebung uneingeschränkt aufrechterhalten hat, geht aus einem Eintrag des Antragstellers vom 26. September 2017 in der Facebook-Gruppe "Free our sisters - Fukuu Akhwatina" hervor. In der Gruppe postete er auf einen Beitrag, der den Beginn des Gerichtsprozesses gegen "C. Y." zum Gegenstand hatte, den Wunsch: "Möge Allah jeden einzelnen V-Mann verräter Heuchler die für die kuffar arbeiten sehr schlimm im Diesseits & jenseits bestrafen [...] die dawa geht hinter Gitter weiter [Fehler im Original]" (Bl. 440 f. MI).

33

Überdies stand der Antragsteller nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Kontakt zu weiteren radikal-islamistischen Personen. So ergab die Auswertung seines Mobiltelefons iPhone 5s, dass er im Zeitraum August 2016 bis Juni 2017 wiederholt mit einer Person in Kontakt stand, die sich im Kriegsgebiet aufhielt und von dort berichtete (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Datenträgerauswertung II Bl. 46 - 50; Bl. 315 MI). Diese Person konnte im Zuge der Ermittlungen als R. P. identifiziert werden, der im April 2016 nach Syrien ausreiste und sich dort der Nusra-Front (= Terrororganisation, die sich mit dem "IS" verbündet hat) angeschlossen hat (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 8 = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018; Ermittlungsvermerk vom 4. Januar 2018 S. 1 - 3, Bl. 368 ff. Gerichtsakte). Der Antragsteller räumte zwar ein, dass er R. P. in der N.er Moschee getroffen und ihm gestattet habe, einmal in seiner Wohnung zu übernachten, behauptete aber, über dessen weiteren Verbleib nichts zu wissen und keinen Kontakt zu ihm zu haben (Schriftsätze vom 25. Oktober 2017 S. 12 und vom 17. November 2017 S. 12), was jedoch durch die zuvor angeführten Erkenntnisse und mehrere auf dem Mobiltelefon des Antragstellers sichergestellte Bildaufnahmen des R. P., davon eine Aufnahme, auf der beide gemeinsam mit ausgestrecktem Zeigefinger abgebildet sind (eine häufig von den Anhängern des "IS" verwendete Geste), widerlegt ist (Bl. 313 - 314 MI).

34

Des Weiteren steht der Antragsteller in engem Kontakt zu O. W., der 2012 im Zusammenhang mit einer gewalttätigen salafistischen Demonstration in B. wegen Landfriedensbruchs sowie Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt und im August 2013 an der Ausreise in das syrische Kriegsgebiet gehindert wurde (Schriftsatz vom 3. Januar 2018 S. 4). Zuletzt wurden der Antragsteller und O. W. zusammen am 12. Mai 2017 als Beschuldigte in der Tatortnähe eines Wohnungseinbruchdiebstahls (Bl. 18 - 22 MI) und am 7. Juli 2017 anlässlich eines Geschwindigkeitsverstoßes als Beifahrer und Fahrer in einem Fahrzeug festgestellt (Bl. 45 f. MI). Nach der Festnahme des Antragstellers informierte O. W. die nach islamischem Ritus angetraute Frau des Antragstellers von dessen Inhaftierung (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Verdeckte Maßnahmen Bl. 61).

35

Des Weiteren stand der Antragsteller mit einer Person namens "W. O." in Kontakt, die durch die Ermittlungsbehörden als V. W. C. identifiziert werden konnte, der von den niedersächsischen Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestuft wird (Schriftsatz vom 3. Januar 2018 S. 4; Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. II Bl. 736). Mit diesem tauschte er sich im Zeitraum 20. bis 22. Oktober 2016 über die Kampfhandlungen des "IS" im Bereich der nordirakischen Stadt Kirkuk aus, wobei die Kämpfer des "IS" heroisiert wurden, und teilte am 29. Mai 2017 den Wunsch nach der Freilassung des "C. Y." (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Datenträgerauswertung II Bl. 259 - 261 und 308).

36

Weitere - für die Gefährderprognose relevante - Erkenntnisse folgen aus den beim Antragsteller sichergestellten Gegenständen. Im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchungsmaßnahme wurde am 9. Juni 2017 in der Wohnung des Antragstellers unter anderem eine schwarze Flagge, auf der auf Arabisch in weißen Buchstaben das islamische Glaubensbekenntnis gezeigt wird, aufgefunden. Diese Flagge ist ein Symbol für den offensiv verstandenen Jihad und kennzeichnet die Verwender als Anhänger eines wieder zu errichtenden Kalifats, mithin des durch den "IS" verfolgten Ziels (Bl. 89 MI; Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Durchsuchungsband Bl. 38 f.). Eine solche Flagge wurde bereits anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung am 21. Januar 2016 zusammengefaltet im Wohnzimmerschrank des Antragstellers aufgefunden und beschlagnahmt (Bl. 50 - 52 MI). Außerdem wurden bei der Durchsuchung am 9. Juni 2017 eine Mütze mit "IS"-Symbolik (Bl. 84 und 93 MI; Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Durchsuchungsband Bl. 36) und ein bei "IS"-Sympathisanten beliebter Prophetensiegelring (Bl. 91 MI; Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Durchsuchungsband Bl. 37 f.) aufgefunden. Der Einwand des Antragstellers, er habe den Siegelring und die Flagge schon jahrelang in seinem Besitz, ohne dass ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um dem "IS" zugehörige Symbole handele (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 12 f.), ist im Hinblick auf die festgestellten zahlreichen weiteren Erkenntnisse, welche die Sympathie des Antragstellers mit dem "IS" belegen, nicht glaubhaft. Entgegen der Darstellung des Antragstellers befand sich die Flagge (zumindest am 9. Juni 2017) auch nicht etwa zusammengefaltet im Schrank, so dass sie für Besucher seiner Wohnung nicht sichtbar war (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 13), sondern hing - wie auf einem Lichtbild von der Wohnungsdurchsuchung erkennbar - offen sichtbar an der Wand des Wohnzimmers (Bl. 89 MI). Mit dem Siegelring an der Hand wurde der Antragsteller am 24. März 2017 anlässlich einer Verkehrsunfallaufnahme angetroffen (Bl. 53 - 56 MI).

37

Auf dem vom Antragsteller verwendeten, im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung ebenfalls sichergestellten iPhone 5s wurden zahlreiche Mediendateien mit jihadistisch-salafistischen Inhalten festgestellt. Auf dem Handy wurden nach der vorläufigen Auswertung der Sicherheitsbehörden 133 Audiodateien mit radikal-islamistischen Inhalten, insbesondere sogenannte Naschids, welche mit der Bezeichnung "IS" versehen sind, sichergestellt (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 2 = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018). Dabei handelt es sich um Propaganda- und Kampflieder für den gewaltsamen Jihad, welche der Antragsteller auch regelmäßig - wie im Rahmen der PKW-Innenraumüberwachung festgestellt werden konnte - gehört hat (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. II Bl. 326 f.).

38

Insgesamt wurden im Rahmen der vorläufigen Auswertung auf dem iPhone 5s 81 als relevant eingestufte Videos gesichert, worunter sich neben "IS"-Propaganda-Videos auch Amateuraufnahmen aus den Kampfgebieten befanden. Dass es sich dabei um besonders extremistische Inhalte handelt, wird etwa dadurch deutlich, dass in einem der Videos das Selbstmordattentat eines 11-jährigen Kindes verherrlicht wird, in einem anderen zur Tötung des bekannten deutschen salafistischen Predigers R. X. aufgerufen wird, nachdem dieser Terroranschläge als "unislamisch" bezeichnet hatte, und in weiteren Videos mit Kampf- und grausamen Hinrichtungsszenen für den Anschluss an den "IS" geworben wird und Selbstmordanschläge abgebildet sind. In einigen Videos wird F. E. dargestellt, ein Deutscher, der sich im April 2014 dem "IS" angeschlossen hat, der u.a. in einem der Videos Deutschland mit Anschlägen bedroht ("Die deutschen Schläfer warten."; Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 1 f. = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018; Islamwissenschaftliche Bewertung von mehreren auf dem Handy des Antragstellers gespeicherten Videos = Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Datenträgerauswertung II Bl. 169 ff.).

39

Ferner stellten die Ermittlungsbehörden auf dem Mobiltelefon mehr als 25 000 als relevant eingestufte Bilder fest, darunter jihadistisch-salafistische und "IS"-Propagandaaufnahmen, Hinrichtungsbilder, Selbstaufnahmen des Antragstellers (u.a. mit "IS"-Mütze und Prophetensiegelring sowie in Kämpferpose), Bilder von Waffen und Kampfkleidung, Screenshots von Nachrichtenmeldungen über Terroranschläge in Europa (z.B. Paris, Berlin, Nizza, Ansbach). Auf einer Abbildung, auf der ein am Boden liegendes Opfer des Terroranschlags von London zu sehen ist, ist ein Tränen lachender Smiley und der Kommentar "Parr besoffene Hunde von London Eine Kreuzler Turirist am Sterben LACH MINUTE AN DIE OPFER [Fehler im Original]" eingefügt worden, wodurch zum Ausdruck gebracht wird, dass man sich über die Opfer des Terroranschlags lustig macht (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 2 = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018; Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Datenträgerauswertung II Bl. 66 ff., 120 und 148 ff.).

40

Die Einwände des Antragstellers, er bestreite die Anzahl der Bild-, Video- und Audiodateien, weil sein Handy nur 16 GB Speicher habe, zudem kenne er die Vielzahl der Inhalte nicht und vermute, dass diese aus dem "Hintergrundspeicher" des Mobiltelefons stammen könnten (Schriftsätze vom 25. Oktober 2017 S. 11 und vom 17. November 2017 S. 16 f.), wird zum einen durch das Ergebnis der Auswertung des Mobiltelefons widerlegt, wonach die Dateien auf dem Gerät gesichert wurden, und erscheint zum anderen als bloße Schutzbehauptung, weil es unglaubhaft erscheint, dass jemand auf seinem täglich genutzten Mobiltelefon eine solche Anzahl von Mediendateien mit sich führt, ohne diese - und sei es im Rahmen von Chats - angesehen bzw. angehört zu haben. Dass dem Antragsteller bewusst war, dass sich auf seinem Mobilfunkgerät für die Ermittlungsbehörden relevante Daten befinden, wird auch aus einem Telegram-Chat vom 11. August 2016 deutlich, in dem sich der Antragsteller nach Möglichkeiten erkundigte, ein Handy bzw. WhatsApp-Verläufe zu löschen, wenn ein Mobiltelefon beschlagnahmt wurde (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 7 = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018).

41

Nur drei Wochen nach der Sicherstellung des iPhones 5s wurde am 30. Juni 2017 erneut ein vom Antragsteller genutztes Mobiltelefon beschlagnahmt. Auf diesem Gerät, einem iPhone 7, wurden wiederum relevante Inhalte festgestellt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um drei verschiedene Banner bzw. Flaggen von terroristischen Organisationen ("Al-Qaida" in Nord-Algerien, "Kaukasisches Emirat" und "Al-Nusra-Front"), sechs Videos mit Naschid-Gesängen mit jihadistischem Inhalt und ein "IS"- Propaganda-Video mit Kampfszenen und 18 aus der Luft aufgenommenen, heroisch dargestellten Selbstmordattentaten. Außerdem ergab die Auslesung des Mobiltelefons, dass der Antragsteller Webseiten mit Hinrichtungsvideos besucht hat (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 12 ff. = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018).

42

Darüber hinaus verbreitete und bewarb der Antragsteller nach den Erkenntnissen der schleswig-holsteinischen Landesbehörde für Verfassungsschutz über ein von ihm genutztes Facebook-Profil über einen längeren Zeitraum und mit zunehmender Radikalisierung jihadistisch-salafistische Inhalte bzw. Inhalte islamistisch-terroristischer Gruppierungen, insbesondere des "IS", und rief dabei offen zu Gewalt gegen "Ungläubige" auf (Bl. 160 ff. MI). So postete er am 21. Oktober 2015 als Profilbild einen anscheinend gottesfürchtigen Kämpfer mit dem Spruch "Ich werde mit Männern kommen, die den Tod mehr lieben wie ihr das Leben." Dabei handelt es sich ausweislich der nachvollziehbaren islamwissenschaftlichen Einschätzung, die sich der Senat aus eigener Überzeugung zu eigen macht, um ein beliebtes Motiv bei jihadistischen Salafisten, mit dem die Jihadisten propagandistisch heroisiert und als Vorbild präsentiert werden, da sie als "wahre" Muslime bereit seien, sich Gott und dem Islam zu opfern (Bl. 78, 168 MI). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass ein Facebook-Nutzer mit seinem Profilbild unter Facebook agiert, z.B. damit bei Veröffentlichungen oder Postings in Facebook-Gruppen visuell in Erscheinung tritt, da zusammen mit dem eingestellten Beitrag jeweils der Name und (in kleinem Format) das Profilbild des Verfassers angezeigt wird, wodurch auch die über das Profilbild transportierte Nachricht weiterverbreitet wird.

43

Am 19. November 2015 stellte der Antragsteller unter seinem Facebook-Profil einen Beitrag in die Facebook-Gruppe "Konvertierte Muslime" ein, in welchem drei aneinandergereihte übersetzte Koran-Verse (Sure 2, Vers 191; Sure 4, Vers 89 und Sure 8, Vers 12), denen gemein ist, dass sie - zumindest wenn man allein den Wortlaut der übersetzten Fassungen betrachtet - zur Tötung von "Ungläubigen" aufrufen, mit dem Resümee verbunden sind:

"Durch die eben zitierten Verse lässt sich über die zwei Arten von Muslimen folgendes feststellen:

Die friedlichen Moslems lügen

Die gewalttätigen Muslime verhalten sich genau so, wie es ihnen zweifelsfrei vorgeschrieben wird und sind damit die 'wahren' Gläubigen [Fehler im Original]" (Bl. 166 f. MI mit zugehörigem Beleg auf Bl. 198 MI).

44

In einem am 23. November 2015 unter seinem Profil veröffentlichten Beitrag bringt der Antragsteller seine unmissverständliche Sympathie mit dem "IS" zum Ausdruck. Dieser stehe im Einklang mit dem Islam ("so sieht man NICHTS was dem Islam widerspricht", "Entweder man stand zu ihnen und steht jetzt immer noch zu ihnen oder man teilte NIE mit Ihnen den selben Gedanken. Aber bitte keine Heuchelei!!! Ja3ni es sind Muslime zu 100 %!" [Fehler im Original]), wobei er auch die Ermordung eines jordanischen Piloten, der durch den "IS" in einem Käfig gesperrt bei lebendigem Leib verbrannt wurde, als legitim erachtet ("... dass die Art und Weise wie der Pilot getötet wurde, eine Grundlage im Islaam hat." [Fehler im Original] Bl. 169 - 171 mit den zugehörigen Belegen auf Bl. 200 - 204 MI).

45

Am 2. Januar 2016 - mithin nur einen Tag nach der Teilnahme an dem Seminar des "C. Y." - stellte der Antragsteller unter seinem Profil eine Grafik ein, auf der in der Reihenfolge von oben nach unten in arabischer Schrift das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada), ein Ritter mit einem Schwert in der rechten Hand haltend, der Schriftzug "Fisabilillah" (übersetzt: "Auf dem Wege Gottes") und ein Schwert abgebildet sind. Nach der nachvollziehbaren islamwissenschaftlichen Einschätzung, die sich der Senat aus eigener Überzeugung zu eigen macht, stellen diese Motive den Jihad im Sinne des bewaffneten Kampfes im Namen der Religion dar (Bl. 76, 173 MI).

46

Der Antragsteller brachte seine radikal-islamische Überzeugung ferner dadurch zum Ausdruck, dass er über sein Facebook-Profil am 17. Juni 2016 in einer Facebook-Gruppe einen Link zum Telegram-Kanal und in einem Beitrag vom 14. Juli 2016 einen Link zur Internetseite des bereits oben erwähnten Hasspredigers "C. Y." veröffentlichte, damit bewarb und zu einer möglichen weitergehenden Radikalisierung anderer Nutzer beitrug (Bl. 179 mit den zugehörigen Belegen auf Bl. 226 - 227 MI).

47

Im Jahr 2017 ist eine weitere Zunahme der Radikalisierung des Antragstellers zu verzeichnen. Am 28. Mai 2017 stellte er unter seinem Facebook-Profil ein Foto ein, welches er zeitweise auch als Profilbild verwendete, auf dem eine Person abgebildet ist, die offenbar unmittelbar vom Gebet kommend zu einem Sturmgewehr greift (Bl. 168 MI). Die entgegenstehende Behauptung des Antragstellers, es handele sich nicht um sein eigenes Profilbild (Schriftsatz vom 17. November 2017 S. 13), ist dadurch widerlegt, dass dieses Bild bei der Auswertung des vom Antragsteller genutzten Facebook-Profils sichergestellt worden ist, wobei das Bild mehrfach auch als Profilbild neben dem vom Antragsteller verwendeten Nutzernamen zu erkennen ist (Bl. 167 f. MI). In einem Beitrag vom 3. Juni 2017, den der Antragsteller unter anderem in den jeweils über 20 000 Mitglieder zählenden Facebook-Gruppen "Islam" und "Geschwister im Islam" veröffentlichte, verbreitete er zunächst in Form eines Bittgebets (arab. "Douaa"), in dem er die "IS"-Kämpfer (als Mudschahedin bezeichnet) heroisiert, die Aufforderung für diese Kämpfer zu beten:

"[...] Schämt euch nicht Douaa für die Mujaheddin zu machen, für diejenigen die Ihre Heimat und Familien verließen um dieser Religion und der Ummah zum Sieg zu verhelfen.

Die Sterne sind Ihre Decke und der Kalte harte Boden ist Ihre Matratze. Sie stehen den Feinden ALLAHs Tag und Nacht gegenüber. Sie ertragen den ekelhaften Sound der Jets über Ihnen und deren Bombadierungen. Es gibt niemanden Heute der wie Sie ist!!!

Bittet ALLAH ta ALA das er den Mujaheddin den Sieg gibt und bittet ALLAH azza wa jall das die Frauen der Kuffar Witwen werden, so wie unsere Schwestern Witwen wurden!! Bittet ALLAH azza wa jall das Ihre Kinder Weisen werden sowie unsere Kinder Weisen wurden !!! Schämt euch nicht ALLAH darum zu bitten und tut es mit YAQIN! [Fehler im Original]"

48

Unmittelbar daran schließt sich im Rahmen dieses Bittgebets eine Sympathiebekundung zu terroristischen Anschlägen des "IS" gegen die "Ungläubigen" (arab. kuffār) in verschiedenen Städten der arabischen und westlichen Welt an:

"Bittet ALLAH ta ALA das die Mujaheddin das Blut der Kuffar in den Straßen von Bagdad, Mossul, Fallujah, Aleppo, Raqqa, London, New York, Rom, Berlin fließen lassen !!! Macht die Douaa mit Yaqin und wisset das noch bevor Ihr die Hände runter macht ALLAH irgendwo auf der Welt Antworten wird! [Fehler im Original]"

49

Es folgt ein Aufruf an diejenigen, die nicht in die Kriegsgebiete des "IS" reisen können ("Hijra" bzw. "Hidschra" = Auswanderung), einen terroristischen Anschlag vor Ort zu verüben und die nächsten "Ungläubigen", die ihnen über den Weg laufen, zu töten:

"[...] Ya Akhil Muslim wenn du nicht die Hijra in den Islamischen Staat machen kannst, sodann leg dein ganzes Vetrauen in ALLAH. Sag LA ILAHA ILA ALLAH und beseitige die nächsten Kuffar denen du über den Weg läufst. [...] [Fehler im Original]" (Bl. 164 - 166 MI mit den zugehörigen Belegen auf Bl. 192 - 195 MI).

50

Am 6. Juni 2017 stellte der Antragsteller in die Facebook-Gruppe "Islam" das folgende Zitat als Graphik ein:

"Es ist eine komische Ummah, in der niemand den Jihad führt, ausser die Khawarij. Und es ist eine komische Ummah, in der niemand die Scharia gründen will, ausser die Khawarij. Und es ist eine komische Ummah, in der niemand den Ungläubigen Angst einjagt, außer die Khawarij. Und es ist eine komische Ummah, in der niemand beim sterben lächelt, ausser die Khawarij. [Fehler im Original]" (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. I Bl. 5 und 13).

51

Durch dieses Zitat wird die muslimische Gemeinschaft ("Ummah") kritisiert, weil mit Ausnahme der "Khawarij" (Bezeichnung für Mitglieder eines extremistischen Islam-Verständnisses) niemand bereit sei, den Jihad zu führen und nach der Scharia zu leben.

52

Der Antragsteller räumt ein, die Texte über das Facebook-Profil unter dem Fantasienamen "O. R." eingestellt zu haben (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 13 f.).

53

Hinzu kommt, dass der Antragsteller zahlreiche radikale Beiträge anderer Facebook-Nutzer mit "gefällt mir" gekennzeichnet hat. So markierte er ein Bild als "gefällt mir", auf dem 4 Reiter zu sehen sind. Das Bild ist - wie auch das bereits oben dargestellte Profilbild vom 21. Oktober 2015 - überschrieben mit: "Ich werde mit Männern kommen, die den Tod mehr lieben, als ihr das Leben" (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. II Bl. 448). Auch markierte der Antragsteller ein Bild, welches mit dem Namen R. X. überschrieben ist und den folgenden Text enthält: "Wir rechnen mit allem, man muss aber eins wissen, wir gehen keinen Millimeter zurück, egal was es kostet, auch wenn es das Leben kostet" (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. II Bl. 449).

54

Der Antragsteller warb für seine Einstellung nicht nur über die sozialen Netzwerke, sondern auch in persönlichen Gesprächen. Dabei beließ er es nicht bei einem bloßen Werben, sondern kritisierte die eigene Untätigkeit mit Blick auf die vielen durch "Ungläubige" getöteten Muslime. Im Rahmen einer gemeinsamen Autofahrt mit mehreren türkischsprachigen Personen am 1. September 2017, sagte (vermutlich) der Antragsteller beispielsweise:

"Die Ungläubigen haben voll viele Muslime verbrannt und umgebracht ... da zählt jede Sekunde und wir sitzen hier ..." (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Wohnraum- und Fahrzeuginnenraumüberwachung II Bl. 190).

55

Als Grundlage der "Gefährdereinschätzung" ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Antragsteller wiederholt Waffen bzw. gefährliche Gegenstände mit sich geführt und zu Hause aufbewahrt hat.

56

Anlässlich einer Verkehrskontrolle am 11. September 2013 in N. wurde der Antragsteller mit einem Einhandmesser, einem Teleskopschlagstock und einem Tierabwehrspray angetroffen (Bl. 26 - 27 MI). Am 14. April 2014 wurde bei einer Verkehrskontrolle im vom Antragsteller geführten Fahrzeug eine Machete mit einer Klingenlänge von 55 cm festgestellt (Bl. 28 - 29 MI). Am 10. März 2015 transportierte er in seinem Fahrzeug (dieses Mal in einem verschlossenen Behältnis) einen Teleskopschlagstock und ein "Pfefferspray" (Bl. 30 - 32 MI). Auch am 8. November 2015 wurde er mit einem Teleskopschlagstock angetroffen (Bl. 33 - 34 MI). Anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung am 21. Januar 2016 wurde in der Wohnzimmerschrankwand des Antragstellers ein Schreckschussrevolver der Marke Röhm aufgefunden, weshalb die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel mit Datum vom 27. Januar 2017 Anklage wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe erhoben hat (Bl. 35 - 36 MI; Anklageschrift im Verfahren 588 Js 12162/16 vom 27. Januar 2017, Anlage zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018). Im Zusammenhang mit der Aufklärung eines Wohnungseinbruchdiebstahls, bei dem der Antragsteller als Beschuldigter geführt wird und in der Nähe des Tatorts festgestellt wurde, fand man bei ihm am 12. Mai 2017 ein Gürtelschnallenmesser. Dabei handelt es sich um eine sogenannte "Tarnwaffe" in Form eines Gürtels, dessen Gürtelschnalle aus einem feststehenden Messer mit einer Klingenlänge von 5,5 cm besteht (Bl. 37 - 39 MI). Ein ebensolches Gürtelschnallenmesser wurde - obwohl am 12. Mai 2017 eine Sicherstellung des dort aufgefundenen Messers erfolgte - auch im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung am 9. Juni 2017 aufgefunden. Daneben wurden diverse Messer in der Anbauwand und eine Machete im Wohnzimmer festgestellt. Im Spalt der Klappe des neben der Wohnungseingangstür befindlichen Sicherungskastens steckte griffbereit ein Messer (Bl. 83 ff. MI).

57

Relevant ist weiterhin, dass der Antragsteller sich bereits einmal wegen einer von ihm hervorgerufenen Bedrohungslage im Gewahrsam befand. Am Nachmittag des 9. Juni 2017 kam es zu einem Disput zwischen dem Antragsteller und einem Polizeibeamten, der im Rahmen der Observation des Antragstellers von diesem aufgedeckt worden war. Der Antragsteller beendete den Disput mit der Äußerung, dass er noch am Abend zur "..." (ein Stadtfest, das zu diesem Zeitpunkt in N. stattfand) gehen wolle und es dort "richtig krachen" werde. Aufgrund dieser Ankündigung, die zusammen mit den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen von radikal-islamistischen Äußerungen des Antragstellers im Internet von den Ermittlungsbehörden als ernsthafte Ankündigung eines möglichen Terroranschlags auf das Stadtfest aufgefasst wurde, kam es noch am Abend desselben Tages zur richterlich angeordneten Ingewahrsamnahme des Antragstellers und zur Durchsuchung seiner Wohnung. Nach Beendigung des Stadtfestes wurde der Antragsteller am Abend des 11. Juni 2017 wieder aus dem Gewahrsam entlassen (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. I Bl. 40 f.).

58

(2) Angesichts der vorstehend festgestellten Tatsachen, die sich auf Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden stützen, hält es der Senat für hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller seinen über einen langen Zeitraum gebildeten und bekundeten Überzeugungen auch Taten folgen lässt und einen - ohne großen Vorbereitungsaufwand möglichen - Terroranschlag in Deutschland begeht. Die von ihm ausgehende Bedrohungssituation kann sich jederzeit aktualisieren und in eine konkrete terroristische Gefahr und/oder eine dem gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland umschlagen.

59

Die Gesamtschau der den Antragsteller betreffenden Erkenntnisse ergibt, dass sich der Antragsteller seit 2014 zunehmend islamistisch radikalisiert hat und dem jihadistischen Salafismus zuzurechnen ist sowie mit der terroristischen Vereinigung "IS" sympathisiert.

60

Die auf den Mobiltelefonen des Antragstellers gefundenen unzähligen "IS"-Propaganda und grausame Gewalttaten darstellenden Bilder, Videos und Texte, zeigen in aller Deutlichkeit, dass der Antragsteller dem jihadistisch-salafistischen Spektrum zuzuordnen ist und eine sehr ausgeprägte Sympathie für den "IS" hegt. Zu diesem Ergebnis kommen auch die islamwissenschaftlichen Bewertungen der auf den Mobiltelefonen gespeicherten Bilder (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. III Bl. 683 ff.), Videos (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. III Bl. 697 ff.) und Textdokumente (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. III Bl. 718 ff.), die sich der Senat aus eigener Überzeugung zu eigen macht. Darüber hinaus war auf den Mobiltelefonen des Antragstellers eine sehr große Anzahl an Naschids gespeichert, welche er auch fortwährend gehört hat. Soweit der Antragsteller behauptet, er könne die Inhalte und Bedeutung dieser Lieder nicht verstehen und mithin keine Wertung damit verbinden, weil er der arabischen Sprache nicht mächtig sei (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 11 f.), handelt es sich nach Wertung des Senats um eine Schutzbehauptung. Es kann dabei dahinstehen, ob der Antragsteller der arabischen Sprache - wie er behauptet - nicht mächtig ist, da ihm die grundlegende Ausrichtung der Naschids bekannt ist. Hierfür spricht bereits, dass diese Audio-Dateien mit der Bezeichnung "IS" versehen waren. Zudem befanden sich auf den Mobiltelefonen des Antragstellers auch Videos mit "IS"-Propaganda, die ebenfalls mit Naschids hinterlegt waren, so dass jedenfalls in der Zusammenschau von bewegten Bildern und Gesängen die jihadistische Bedeutung der Naschids als solche ohne Weiteres erkennbar war. Auch die Regelmäßigkeit, mit der der Antragsteller Naschids hört, spricht ganz maßgeblich dafür, dass er um deren Bedeutung weiß. Die tiefe Verwurzelung des Antragstellers im jihadistischen Salafismus wird auch dadurch eindrucksvoll belegt, dass der Antragsteller, nachdem sein iPhone 5s im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung am 9. Juni 2017 beschlagnahmt worden ist, binnen weniger Wochen erneut diverse phänomenrelevante Bild- und Videodateien auf sein neues Mobiltelefon (iPhone 7) geladen hatte (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 12 ff. = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018). Dass der Antragsteller mit dem "IS" sympathisiert, bestätigt auch der Umstand, dass auf seinem Mobiltelefon Bilder vorhanden sind, die den Antragsteller mit "IS"-Mütze und einem Siegelring zeigen (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. III Bl. 685; Bl. 437 MI).

61

Der Antragsteller belässt es nicht bei einer innerlichen Identifikation mit dem jihadistischen Salafismus und "IS", sondern trägt seine extreme ideologische Überzeugung bewusst nach außen. Die zahlreichen Facebook-Einträge des Antragstellers - die im Laufe der Zeit immer radikalere Tendenzen aufweisen - belegen dies. Wer, wie der Antragsteller, den Bereich einer rein innerlichen Identifikation mit einer Ideologie verlässt, die seine Anhänger zum Handeln ("Jihad") auffordert, hat einen großen Schritt dahin getan, seiner Einstellung auch eigene Taten folgen zu lassen, was im Rahmen der Gefährderprognose zu berücksichtigen war. Den Einwand des Antragstellers, es handele sich bei den Facebook-Einträgen nicht um eigene Meinungen, die er damit habe kundtun oder anderen mitteilen wollen, sondern um ein Sammelsurium von Texten, die ihn interessierten und die er auf der Suche nach der richtigen Auslegung des Islam habe lesen und einschätzen wollen (Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 S. 13 f.), wertet der Senat als Schutzbehauptung. Das Facebook-Profil des Antragstellers enthält zahlreiche Einträge, die dem militanten Salafismus zuzurechnen sind (vgl. auch Islamwissenschaftliche Bewertung des Facebook-Profils vom 19. Mai 2017 = Bl. 73 ff. MI). Ein nur beiläufiges Interesse wird allein hierdurch widerlegt. Hinzu kommt, dass der Antragsteller zahlreiche radikale Beiträge anderer Facebook-Nutzer mit "gefällt mir" gekennzeichnet hat und so eindeutig zu verstehen gibt, dass er sich mit diesem Gedankengut identifiziert und dies in dieser Weise auch nach außen kenntlich machen will. So markierte er ein Bild als "gefällt mir", auf dem vier Reiter zu sehen sind. Das Bild ist überschrieben mit: "Ich werde mit Männern kommen, die den Tod mehr lieben, als ihr das Leben" (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. II Bl. 448); dieses Bild postete er im Übrigen auch als eigenes Profilbild. Auch markierte der Antragsteller ein Bild mit "gefällt mir", welches mit dem Namen R. X. überschrieben ist und den folgenden Text enthält: "Wir rechnen mit allem, man muss aber eins wissen, wir gehen keinen Millimeter zurück, egal was es kostet, auch wenn es das Leben kostet".

62

Dass sich der Antragsteller - im Laufe seiner Radikalisierung - mittlerweile nicht mehr damit zufrieden gibt, für seine ideologische Einstellung zu werben, sondern (indirekt) zu Anschlägen auffordert, verstärkt die von ihm ausgehende Gefahr einer eigenen Tat erheblich. Seine Entwicklung schlägt von einer einstmals passiven Ausrichtung zunehmend ins Aktive um. So belassen es einzelne Facebook-Einträge nicht mehr bei einem Werben für den jihadistischen Salafismus, sondern enthalten Aufrufe. Der Antragsteller stellte beispielsweise in die Facebook-Gruppe "Islam" das folgende Zitat als Graphik am 6. Juni 2017 ein:

"Es ist eine komische Ummah, in der niemand den Jihad führt, ausser die Khawarij. Und es ist eine komische Ummah, in der niemand die Scharia gründen will, ausser die Khawarij. Und es ist eine komische Ummah, in der niemand den Ungläubigen Angst einjagt, ausser die Khawarij. Und es ist eine komische Ummah, in der niemand beim sterben lächelt, ausser die Khawarij. [Fehler im Original]".

63

Bereits am 3. Juni 2017 postet der Antragsteller in der Gruppe "Islam" einen als Kopie gekennzeichneten Beitrag, in dem es u.a. heißt:

"Ya Akhil Muslim wenn du nicht die Hijra in den Islamischen Staat machen kannst, sodann leg dein ganzen Vertrauen in Allah. Sag LA ILAHA ILA ALLAH und beseitige den nächsten Kuffar denen du über den Weg läufst [Fehler im Original]" (Bl. 164 - 166 MI mit den zugehörigen Belegen auf Bl. 192 - 195 MI).

64

Darüber hinaus ruft der Antragsteller auch im persönlichen Gespräch indirekt zu Gewalttaten gegen "Ungläubige" auf, wie die PKW-Innenraumüberwachung vom 1. September 2017 eindrücklich gezeigt hat. Danach soll der Antragsteller im Beisein weiterer Personen geäußert haben:

"Die Ungläubigen haben voll viele Muslime verbrannt und umgebracht ... da zählt jede Sekunde und wir sitzen hier ..." (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB Wohnraum- und Fahrzeuginnenraumüberwachung II Bl. 190).

65

Selbst wenn der Senat zu Gunsten des Antragstellers unterstellt, dass diese Äußerung nicht von ihm stammt, so ist zumindest zu berücksichtigen, dass der Antragsteller, in dessen Fahrzeug das Gespräch stattfand, dem in keiner Weise entgegengetreten ist.

66

Die auf den Mobiltelefonen des Antragstellers festgestellten Bilder und Videos mit grausamen Inhalt (Hinrichtungen, getötete Zivilisten) lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller - aufgrund des Konsums dieser Medien - eine emotionale Abstumpfung erfahren hat, die die Gefahr einer Begehung terroristischer Anschläge weiter erhöht. Diese Gefahr wird durch den Kontakt zu bekannten Salafisten (z.B. "C. Y.", R. P., O. W.) noch verstärkt. Diese Kontakte versetzen den Antragsteller in die Lage, Gleichgesinnte und damit mutmaßliche Unterstützer für etwaige Anschläge zu finden und sich in der Gesinnung und in ihren Taten gegenseitig zu bestärken.

67

Besondere Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der Waffenaffinität des Antragstellers beizumessen. Bei diesem wurden über Jahre hinweg und wiederholt zahlreiche Waffen und gefährliche Gegenstände (z.B. Pfefferspray, Klappmesser, Machete, Gürtel mit verstecktem Messer, Schreckschusspistole, Teleskopschlagstock) aufgefunden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich unter den festgestellten Gegenständen auch solche befanden, die typischerweise als Angriffsmittel Verwendung finden. Die beim Antragsteller aufgefundene Machete ist beispielsweise bereits aufgrund ihrer Größe (Klingenlänge von 55 cm) und den damit verbundenen Transportschwierigkeiten ersichtlich nicht zur Selbstverteidigung bestimmt. Auch ein Teleskopschlagstock ist eher eine Angriffs- als eine Selbstverteidigungswaffe. Damit wird deutlich, dass der Antragsteller auch im Zusammenhang mit Waffen den Rahmen einer (in bestimmten Kreisen noch als gewöhnlich zu bezeichnenden) Ausstattung verlassen hat, ohne dass hierfür Gründe - wie beispielsweise eine besondere Bedrohungslage des Antragstellers - ersichtlich wären. Da sich dieser mit Waffen und gefährlichen Gegenständen ausstattet und diese bei sich führt, obwohl hierfür objektiv keine Notwendigkeit besteht, lässt auf eine erhebliche Gewaltbereitschaft und auf eine hiermit einhergehende erhöhte Gefährlichkeit des Antragstellers schließen.

68

Der vom Landeskriminalamt Schleswig-Holstein angefertigte Bericht zur Risikoanalyse des Antragstellers vom 24. November 2017 (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. III Bl. 725 ff.) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller ein "erhöhtes Potenzial zur Begehung von Gewaltstraftaten" aufweist.

69

Relevante Schutzfaktoren, welche die von dem Antragsteller ausgehende Gefahr für einen Anschlag verringern, sind nicht ersichtlich. Das Risiko eines terroristischen Anschlags wird auch nicht durch die geltend gemachte Bindung an seine ihm nach islamischem Ritus angetraute, die russische Staatsbürgerschaft besitzende Frau und deren ungeborenes Kind gemindert. Eine derartige Beziehung wirkt allzumal dann nicht deeskalierend, wenn der Partner das Weltbild teilt; ein mäßigender Einfluss der Frau auf den Antragsteller wird nicht substantiiert geltend gemacht und erschließt sich auch nicht aus deren Eingabe an den Senat. Ungeachtet dessen hält es der Senat für unglaubhaft, dass die Beziehung zu seiner Frau noch besteht und der Antragsteller der Vater des ungeborenen Kindes ist. Im Rahmen eines Telefonates zwischen dem Antragsteller und seiner Frau am 8. Oktober 2017 räumte diese ein, dass sie nicht von dem Antragsteller schwanger sei (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB TKÜ III Bl. 31). Dies bestätigte sie in einem Telefonat am 21. November 2017 gegenüber ihrer Betreuerin, in welchem sie abermals ausführte, nicht zu wissen, wer der Vater des Kindes sei (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. III Bl. 750). Aufgrund dieser Erkenntnis lehnte der Antragsteller in einem Telefonat am 13. Oktober 2017 einen Besuch durch seine Frau ab und erklärte, dass die Freundschaft zwischen ihnen nunmehr beendet sei (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB TKÜ III Bl. 56).

70

Soweit der Antragsteller erklärt, dass er sich "von gewaltsamen Aktionen distanzier[e] und ... das Angebot des in Schleswig-Holstein bestehenden Vereins R. und M" annehme (Schriftsatz vom 11. Januar 2018 S. 2), bewirkt dies keine im Ergebnis beachtliche Minderung der vom Antragsteller ausgehenden Gefährdung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass entsprechende Treffen bereits stattgefunden haben und nicht sicher auszuschließen ist, dass der Antragsteller an diesen Treffen aus mehr als nur "taktischen" Gründen teilgenommen hat. Indes fehlen bereits positive Anhaltspunkte für die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit der Bereitschaft des Antragstellers, sich auf einen Deradikalisierungsprozess einzulassen; auch sind - jenseits des durch die Abschiebungsanordnung und die Inhaftierungssituation geschaffenen äußeren Drucks, der für sich allein nicht ausreicht - keine nachvollziehbaren Anstöße für einen derart gravierenden Wandel vorgetragen oder ersichtlich, die dem Senat eine positive Prognose des Erfolges dieser Bemühungen ermöglichten. Solcher Anhaltspunkte bedarf es angesichts der bereits über Jahre hinweg bestehenden und stetig wachsenden Verwurzelung des Antragstellers im radikalen Gedankengut. Diese spricht gegen einen, aufgrund von (bislang) lediglich zwei Besuchen von PROvention erfolgten, ernstzunehmenden und grundlegenden Einstellungswandel beim Antragsteller. Der Antragsteller zeigte sich zudem auch ersichtlich unbeeindruckt von einer erfolgten mehrtägigen Ingewahrsamnahme und Wohnungsdurchsuchung am 9. Juni 2017 im Zusammenhang mit der Festveranstaltung "...". Auf dem ab diesem Zeitpunkt durch den Antragsteller genutzten Mobiltelefon "iPhone 7" konnten bereits wenige Wochen später erneut phänomenrelevante Bild- und Videodateien festgestellt werden (Ermittlungsbericht vom 21. Dezember 2017 S. 12 ff. = Anlage 1 zum Schriftsatz vom 3. Januar 2018). Dies unterstreicht die tiefe Verwurzelung des Antragstellers im radikalen Gedankengut und die damit einhergehenden Hürden, die mit einem ernsthaften Einstellungswandel verbunden sind. Hinzu kommt, dass der Antragsteller sich im Rahmen eines am 8. Dezember 2017 geführten Telefonats mit seiner ihm nach islamischem Ritus angetrauten Frau darüber lustig macht, dass er an dem "Deradikalisierungsprogramm" von R. teilnehmen "soll" (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 SB TKÜ III Bl. 137). Auch das - von ihm vorgetragene, durch zahlreiche Eingaben seiner Mutter bekräftigte - gute Verhältnis zu seiner Familie, insbesondere zu seiner Mutter, hat den Antragsteller nicht von der festgestellten fortschreitenden Radikalisierung abgehalten.

71

Die Gesamtschau der den Antragsteller betreffenden Erkenntnisse, seiner Persönlichkeit, seines Verhaltens, seiner nach außen erkennbaren Einstellung und der Verbindung zu anderen radikal-islamischen Personen ergibt nicht lediglich eine radikal-religiöse Einstellung. Vielmehr ergibt diese Gesamtschau, dass der Antragsteller inzwischen einen Grad der Radikalisierung erreicht hat, der konkret besorgen lässt, dass er bereit ist, seiner islamistischen Überzeugung auch durch gewaltsame oder terroristische Methoden Ausdruck zu verleihen. Dies hat der Antragsteller selbst schon zu Beginn seines Radikalisierungsprozesses bestätigt, auch wenn es aufgrund der vorstehenden Ausführungen hierauf nicht mehr entscheidungserheblich ankommt. Ausweislich der Angaben von Herrn C. T. vom 16. Dezember 2015 äußerte der Antragsteller diesem gegenüber, dass er - der Antragsteller - es "gut finden würde, wenn Ungläubige sterben würden, er fände den 'IS' gut und werde sich Waffen und Schwerter besorgen, um zu kämpfen, man werde schon sehen, was passiert" (Strafanzeige vom 8. Juni 2017 S. 4 = Bl. 14 MI).

72

cc) Auch bei unterstellter Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/115/EG musste dem Antragsteller keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt werden, da von ihm eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und die nationale Sicherheit ausgeht (Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG; vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 2017 - 1 A 3.17 - juris Rn. 35).

73

dd) Die Abschiebungsanordnung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner dem öffentlichen Interesse an der Abwehr der von dem Antragsteller ausgehenden terroristischen Gefahr ein höheres Gewicht beimisst als dessen Interesse am Verbleib in Deutschland. Der Schutz der Allgemeinheit vor Terroranschlägen gehört zu den wichtigsten öffentlichen Aufgaben und kann auch sehr weitreichende Eingriffe in die Rechte Einzelner rechtfertigen (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 Rn. 96, 132; Beschluss vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23/73, 1 BvR 155/73 - BVerfGE 35, 382 <402 f.>).

74

Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung gewürdigt, dass der Antragsteller in Deutschland geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist und die getrenntlebenden Eltern sowie der Bruder des Antragstellers in Deutschland leben. Auch hat der Antragsgegner berücksichtigt, dass der Antragsteller bei Erlass der Abschiebungsanordnung im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG war und - was zu seinen Gunsten unterstellt worden ist - über seine Mutter besondere Aufenthaltsrechte nach dem Abkommen EWG-Türkei ableitet, indem er sich auf Art. 7 ARB 1/80 berufen kann. Damit kann der Aufenthalt des Antragstellers nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 beendet werden, d.h. sein persönliches Verhalten muss gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Aufenthaltsbeendigung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-371/08 [ECLI:EU:C:2011:809], Ziebell - NVwZ 2012, 422 Rn. 80 ff.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der von dem Antragsteller ausgehenden Gefahr eines jederzeit möglichen terroristischen Anschlags nicht auf andere Weise gleich wirksam begegnet werden kann wie durch die Beendigung des Aufenthalts. Das nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu erfüllende Erfordernis einer gegenwärtigen "konkreten Gefährdung" der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-371/08 - NVwZ 2012, 422 Rn. 84 f.) bedeutet, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht auf vergangenes strafbares Verhalten gestützt werden dürfen, sondern gegenwärtig noch eine konkrete Bedrohung für hochrangige Rechtsgüter vorliegen muss. Eine "konkrete Gefahr" im Sinne des deutschen Polizeirechts wird damit nicht gefordert, vielmehr reicht eine terroristische Gefahr im Sinne von § 58a Abs. 1 AufenthG aus, die gegenwärtig ist und sich jederzeit realisieren kann.

75

Es stellt sich auch nicht als ermessensfehlerhaft dar, dass der Antragsgegner im Rahmen der streitgegenständlichen Verfügung die vermeintliche Beziehung des Antragstellers zu seiner nach islamischem Ritus angetrauten Frau und das nach seinen Angaben gemeinsame - aber noch ungeborene - Kind unberücksichtigt gelassen hat. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, ist es nicht glaubhaft, dass eine Beziehung zwischen dem Antragsteller und seiner nach islamischem Ritus angetrauten Frau noch besteht, weshalb diese Beziehung auch nicht (mehr) dem Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK unterfällt. Weiterhin ist nicht glaubhaft vorgetragen, dass der Antragsteller der leibliche Vater des ungeborenen Kindes seiner nach islamischem Ritus angetrauten Frau ist. Mithin waren diese Aspekte in die Abwägung nicht einzustellen.

76

2. Dem Vollzug der Abschiebungsanordnung stehen auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegen. Das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG hindert den Erlass einer Abschiebungsanordnung nicht, es führt aber dazu, dass der Betroffene nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf (§ 58a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 59 Abs. 2 und 3 AufenthG in entsprechender Anwendung). Aus diesem Grund hat die zuständige Behörde beim Erlass einer Abschiebungsanordnung in eigener Verantwortung zu prüfen, ob der beabsichtigten Abschiebung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG entgegensteht. Dies umfasst sowohl die Frage, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz als Flüchtling (§ 60 Abs. 1 AufenthG) oder als subsidiär Schutzberechtigter (§ 60 Abs. 2 AufenthG) vorliegen, als auch die Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG.

77

a) Für eine Verfolgung des Antragstellers wegen dessen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG liegen keine Anhaltspunkte vor. Selbst eine Bestrafung wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder terroristischer Betätigung würde keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG darstellen. Der Antragsteller selbst trägt eine solche Gefahr im Übrigen auch nicht vor.

78

b) Es besteht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG oder nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Weder drohen dem Antragsteller in der Türkei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung.

79

Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen werden Anhänger des sogenannten "Islamischen Staats" in der Türkei zwar grundsätzlich strafrechtlich verfolgt. Aus der Antwort des Auswärtigen Amtes vom 5. September 2017 auf Fragen des Senats in dem Verfahren 1 A 7.17 - als Erkenntnismittel in das hiesige Verfahren eingeführt - ergibt sich, dass sich im Februar 2017 nach Angaben des türkischen Justizministeriums insgesamt 498 ausländische "IS"-Anhänger in türkischen Haftanstalten befunden haben sollen, davon 470 in Untersuchungshaft und 28 im Strafvollzug. Zahlen zu türkischen Staatsangehörigen liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Es verfügt auch nicht über offizielle Angaben zu den angewandten Strafvorschriften und zur Strafhöhe. Nach Pressemeldungen zu Einzelfällen seien Artikel 309 tStGB und Artikel 314 tStGB angewandt worden. Amnesty International hat auf eine Anfrage des Senats in dem Verfahren 1 A 7.17 mit Schreiben vom 29. August 2017 - als Erkenntnismittel in das hiesige Verfahren eingeführt - mitgeteilt, sie verfügten über keine eigenen Erkenntnisse darüber, in welchem Ausmaß, mit welcher Konsequenz und ab welchem Grad der Unterstützungsaktivität "IS"-Anhänger in der Türkei verfolgt würden. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes geht der Senat allerdings davon aus, dass eine Strafverfolgung auch wegen Aktivitäten außerhalb der Türkei grundsätzlich möglich erscheint.

80

Im Falle des Antragstellers besteht bereits keine beachtliche Wahrscheinlichkeit ("real risk") dafür, dass gegen den Antragsteller bei Rückführung in die Türkei aufgrund des in Deutschland gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit Terrorismusvorwürfen ein Strafverfahren geführt oder es über eine Befragung hinaus sonst zu einer Inhaftierung kommen wird.

81

Zwar interessieren sich die türkischen Behörden ausweislich der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 5. September 2017 für Strafverfahren gegen eigene Staatsangehörige, die Terrorismusvorwürfe zum Gegenstand haben. Auch wird gegen den Antragsteller in Deutschland aktuell ein Ermittlungsverfahren wegen Straftaten nach § 89a StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat), § 89b StGB (Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) und § 129a Abs. 5 StGB (Unterstützung und Bildung einer terroristischen Vereinigung) geführt. Nach derzeitiger Einschätzung des Senats ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass das Ermittlungsverfahren zu einer Verurteilung des Antragstellers führen wird. Weder ist eine Anklageerhebung bislang erfolgt, noch künftig damit zu rechnen, weil die zuständige Staatsanwaltschaft ihr Einvernehmen zur Abschiebung gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erteilt hat (Bl. 363 MI), so dass es mit Vollzug der Abschiebung zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 154b Abs. 3 StPO kommen wird. Abgesehen davon ergeben sich nach der vorläufigen Wertung des Senats, die mit der Einschätzung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 12. Juli 2017 (Ermittlungsakte 107 Js 12051/17 Hauptakte Bd. II Bl. 358 ff.) übereinstimmt, mit der dieser die Übernahme des Verfahrens von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Flensburg abgelehnt hat, bereits erhebliche Zweifel, ob sich die im Rahmen des Anfangsverdachts gegen den Antragsteller aufgeworfenen Vorwürfe im Ergebnis der Ermittlungen mit dem für eine Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Tatverdacht gemäß § 170 Abs. 1 StPO bestätigen lassen.

82

Auch aus der Mitteilung des Auswärtigen Amtes, wonach sich die türkischen Behörden für die Gründe der Abschiebungen interessierten, ergibt sich keine andere Einschätzung, weil durch die deutschen Behörden auf Nachfrage der türkischen Behörden keine näheren Angaben zu den Gründen erfolgen, die über die Feststellung des unrechtmäßigen Aufenthalts hinausgehen (Mitteilung des Auswärtigen Amtes vom 5. September 2017), so dass insbesondere davon auszugehen ist, dass Einzelheiten über die hier vorliegenden Ermittlungserkenntnisse und Beweismittel nicht an die türkischen Behörden weitergegeben werden. Unabhängig davon weisen die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe keinen unmittelbaren Bezug zur Republik Türkei auf; namentlich hat er bislang spezifisch türkische Interessen nicht verletzt. Weder bestehen Erkenntnisse, dass er Kontakte zu jihadistisch-salafistisch geprägten Personen in der Türkei unterhält, noch dass er von Deutschland aus den "IS" oder andere Terrororganisationen unterstützende Tätigkeiten mit konkretem Bezug zur Türkei ausgeübt hat. Sofern er nach seiner Rückkehr in die Türkei den "IS" oder andere Terrororganisationen unterstützende Aktivitäten entfalten bzw. Terroranschläge planen oder unterstützen sollte, wäre dieses erst künftige Verhalten nicht geeignet, ein aktuelles Abschiebungsverbot zu begründen.

83

Abgesehen davon, droht dem Antragsteller auch deshalb nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, weil diese in der Türkei nicht vorgesehen ist. Seit dem Jahr 2004 ist in Art. 38 der Verfassung der Republik Türkei verankert, dass die Todesstrafe unzulässig ist. Zudem hat die Türkei die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ebenso wie das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnet und ratifiziert. Zwar gibt es seit dem Putschversuch im Juli 2016 eine Debatte um die Wiedereinführung der Todesstrafe. Jedoch ist derzeit weder erkennbar, welchen Ausgang die Debatte haben wird. Hinzu kommt, dass die Republik Türkei auch an das in Art. 7 EMRK manifestierte strafrechtliche Rückwirkungsverbot gebunden ist, welches zugleich in Art. 38 der türkischen Verfassung garantiert wird.

84

Dem Antragsteller droht auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung. Dies bereits deshalb, weil nach dem Vorstehenden nicht damit zu rechnen ist, dass der Antragsteller nach seiner Abschiebung in den Fokus der türkischen Sicherheitsbehörden geraten wird.

85

Fehlt es damit auch an der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Inhaftierung des Antragstellers nach seiner Abschiebung, bedarf es der hilfsweise von diesem beantragten Zusicherung bezüglich der Gestaltung der Haftbedingungen und der Ermöglichung von Besuchen eines Rechtsbeistandes nicht. Insofern ergibt sich auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2017 (2 BvR 2259/17) kein weiterer Aufklärungsbedarf zu den Haftbedingungen in der Türkei.

86

c) Auch aus der nicht auszuschließenden Möglichkeit, dass der Antragsteller bei seiner Rückkehr in die Türkei mit seiner Einberufung zum noch nicht abgeleisteten Wehrdienst rechnen müsste, den er nach der von ihm behaupteten entgegenstehenden Überzeugung nicht verweigern könnte, weshalb ihm die Inhaftierung drohe, folgt daraus für ihn kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1, 2 oder 5 AufenthG i.V.m Art. 9 EMRK. Die Heranziehung zum Wehrdienst in der Türkei stellt keine Form politischer Verfolgung dar, da sie allgemein gegenüber allen männlichen Staatsangehörigen ausgeübt wird (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 7. April 2016 - 3 A 557/13.A - juris Rn. 33). Auch eine eventuell drohende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung ist für sich genommen keine politische Verfolgung (zu den Kriterien: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1991 - 9 C 131.90 - Buchholz 402.25 § 2 AsylVfG Nr. 21 S. 63 = juris Rn. 19 m.w.N.). Abgesehen davon bestehen schon keine Anhaltspunkte für eine bereits bestehende Wehrdienstverweigerung, welche eine drohende Bestrafung nach sich ziehen könnte. Denn dass der Antragsteller bereits gemustert worden wäre oder ihm schon ein Einberufungsbescheid zugestellt worden sei oder er sogar schon gegenüber den türkischen Behörden erklärt habe, den Wehrdienst zu verweigern, trägt er selbst nicht vor.

87

Auch aus der möglichen Annahme einer künftigen, erst nach der Rückkehr des Antragstellers in die Türkei erklärten Wehrdienstverweigerung und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Bestrafung, ergibt sich nichts anderes. Zwar kann sich aus einem erst künftig zu erwartenden Geschehen ein Abschiebungsverbot ergeben, wenn bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung ein Kausalverlauf in Gang gesetzt worden ist, der bei ungehindertem Ablauf zwingend dazu führt, dass die Gründe für ein Abschiebungsverbot eintreten werden. Davon ist vorliegend aber nicht auszugehen. Zwar hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für das türkische System, das keinen Ersatzdienst und kein Verfahren vorsieht, in dem dargelegt werden kann, ob die Voraussetzungen einer Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen vorliegen, eine Verletzung der von Art. 9 EMRK garantierten Gewissensfreiheit angenommen, weil es keinen gerechten Ausgleich zwischen dem allgemeinen Interesse der Gesellschaft und jenem von Wehrdienstverweigern trifft (EGMR, Urteil vom 12. Juni 2012 - Nr. 42730/05, Sawda/Türkei). Jedoch kommt eine Verletzung von Art. 9 EMRK nur dann in Betracht, wenn der Betroffene glaubhaft machen kann, dass er den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigert. Daran fehlt es beim Antragsteller. Eine Gewissensentscheidung in diesem Sinne ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine sittliche Entscheidung, die der Kriegsdienstverweigerer innerlich als für sich bindend erfährt und gegen die er nicht handeln kann, ohne in schwere Gewissensnot zu geraten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 8 C 46.72 - BVerwGE 41, 53 <55> = juris Rn. 9 und vom 1. Februar 1989 - 6 C 61.86 - BVerwGE 81, 239 <240 f.> = juris Rn. 11 f.). Erforderlich ist eine Gewissensentscheidung gegen das Töten von Menschen im Krieg und damit die eigene Beteiligung an jeder Waffenanwendung. Sie muss absolut sein und darf nicht situationsbezogen ausfallen (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 5. Februar 2016 - 9 B 16/16 - juris Rn. 30). Der Antragsteller hat jedoch nur pauschal behauptet, er lehne den türkischen Militärdienst und den damit verbundenen möglichen Einsatz in Krisengebieten, in den kurdischen Siedlungsgebieten oder an der türkisch-syrischen Grenze entschieden ab. Abgesehen davon, dass dies den nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an die Glaubhaftmachung einer Gewissensentscheidung gegen das Töten von Menschen im Krieg zu stellenden Anforderungen nicht genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 8 C 46.72 - BVerwGE 41, 53 <56> = juris Rn. 12), wird diese Behauptung auch durch die auf den beschlagnahmten Datenträgern vorgefundenen zahlreichen Aufnahmen, insbesondere von Maschinengewehren und Pistolen, Hinrichtungen und getöteten Kämpfern, sowie die im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung und bei Verkehrskontrollen beim Antragsteller sichergestellten Waffen widerlegt. Sollte der Antragsteller dennoch den Wehrdienst verweigern und deshalb in der Türkei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden, wäre auch dieses künftige - nicht auf einer bindenden Gewissensentscheidung beruhende - Verhalten nicht geeignet, ein aktuelles Abschiebungsverbot zu begründen.

88

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Da die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorwegnimmt, war der Streitwert auf die Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 50 Ausreisepflicht


(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. (2) Der Ausländer hat da

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung


(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausg

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 72 Beteiligungserfordernisse


(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Rege

Strafgesetzbuch - StGB | § 89a Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat


(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 od

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 50


(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug1.über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,2.über Klagen gegen die vom B

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 58a Abschiebungsanordnung


(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Auswe

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 33 Geburt eines Kindes im Bundesgebiet


Einem Kind, das im Bundesgebiet geboren wird, kann abweichend von den §§ 5 und 29 Abs. 1 Nr. 2 von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 111 Öffentliche Aufforderung zu Straftaten


(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird wie ein Anstifter (§ 26) bestraft. (2) Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so ist die Strafe Freiheitsstraf

Strafprozeßordnung - StPO | § 154b Absehen von der Verfolgung bei Auslieferung und Ausweisung


(1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann abgesehen werden, wenn der Beschuldigte wegen der Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert wird. (2) Dasselbe gilt, wenn er wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert

Strafgesetzbuch - StGB | § 89b Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat


(1) Wer in der Absicht, sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 2 Nr. 1 unterweisen zu lassen, zu einer Vereinigung im Sinne des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b, Beziehungen aufnimmt oder unterhält, wir

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die in Ziffer 5 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2018 ausgesprochene Abschiebungsandrohung in die Türkei wird angeordnet. II. Die Antragsgegn

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(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug

1.
über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,
2.
über Klagen gegen die vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen,
3.
über Streitigkeiten gegen Abschiebungsanordnungen nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes und ihre Vollziehung sowie den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf dieser Grundlage,
4.
über Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen,
5.
über Klagen gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach § 12 Absatz 3a des Abgeordnetengesetzes, nach den Vorschriften des Elften Abschnitts des Abgeordnetengesetzes, nach § 6b des Bundesministergesetzes und nach § 7 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre in Verbindung mit § 6b des Bundesministergesetzes,
6.
über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Energieleitungsausbaugesetz, dem Bundesbedarfsplangesetz, dem § 43e Absatz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, dem § 76 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes oder dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz bezeichnet sind, über sämtliche Streitigkeiten, die Vorhaben zur Errichtung und zur Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff und Derivaten betreffen, sowie über die ihm nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz zugewiesenen Verfahren,
7.
über die ihm nach dem Energiesicherungsgesetz zugewiesenen Verfahren.

(2) In Verfahren nach Absatz 1 Nummer 6 ist § 48 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Hält das Bundesverwaltungsgericht nach Absatz 1 Nr. 1 eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung des Antrags, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung des Senators für Inneres der Freien Hansestadt Bremen vom 16. März 2017 anzuordnen.

I.

2

1. Der am 17. September 1980 geborene Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals Anfang September 2003 in das Bundesgebiet ein und betrieb unter fremdem Namen erfolglos ein Asylverfahren. Am 12. Oktober 2006 wurde er Vater eines Kindes, das die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. 2009/2010 und 2012/2013 hielt er sich mit diesem Kind und gegen den Willen der Kindesmutter für jeweils etwa ein Jahr in Algerien auf. Seit Mai 2016 ist er mit einer anderen deutschen Staatsangehörigen nach islamischem Ritus verheiratet; eine gemeinsame Tochter wurde am 26. Februar 2017 geboren. Gegen den Beschwerdeführer bestehen bis 2018 befristete Einreisesperren nach Spanien und in die Schweiz sowie eine lebenslange Einreisesperre nach Frankreich.

3

2. Mit Bescheid vom 16. März 2017 ordnete der Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen gemäß § 58a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien an, verbunden mit einem unbefristeten Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 5 AufenthG. Zur Begründung führte er an, vom Antragsteller gehe die Gefahr eines terroristischen Anschlags aus.

4

Ein Abschiebungsverbot gemäß § 58a Abs. 3 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG liege nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer in Algerien ein ernsthafter Schaden drohe. Denn es liege an ihm selbst, ob er sich dort als Islamist betätige oder offenbare; das deutsche Asylrecht biete jedenfalls keinen Schutz vor staatlicher Verfolgung wegen terroristischer Handlungen. Die Verfügung wurde dem Beschwerdeführer am 21. März 2017 ausgehändigt. Am gleichen Tag wurde gegen ihn Abschiebungshaft verhängt.

5

3. Der Beschwerdeführer beantragte beim Bundesverwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung. Er bestritt den Vorwurf, von ihm gehe eine Bedrohung aus. Die Subsumtion der Antragsgegnerin hierzu basiere auf generalisierenden Formulierungen zur Konnexität zwischen salafistischem Gedankengut und Gewaltanwendung, welche weder auf ihn zuträfen noch überhaupt hinreichend belegt seien. Im Übrigen sei § 58a AufenthG unionsrechtswidrig; § 58a AufenthG und § 50 VwGO seien außerdem formell verfassungswidrig und daher dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

6

4. Mit Verfügung vom 24. Mai 2017 wies die Ausländerbehörde den Beschwerdeführer aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer von zehn Jahren aus. Zugleich lehnte sie seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung ab und widerrief die ihm zuletzt am 5. Januar 2017 verlängerte Aussetzung der Abschiebung. Sie verpflichtete ihn unter Androhung der Abschiebung nach Algerien und ohne ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise zu gewähren, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unverzüglich zu verlassen. Die sofortige Vollziehung des Widerrufs, der Ausweisung und der Androhung der Abschiebung wurde angeordnet. Der Beschwerdeführer erhob Widerspruch.

7

5. Mit Beschluss vom 31. Mai 2017 lehnte das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des Beschwerdeführers gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. März 2017 mit der Maßgabe ab, dass der Antragsteller erst nach Erlangung einer Zusicherung einer algerischen Regierungsstelle abgeschoben werden dürfe, wonach dem Antragsteller "in Algerien keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ... (Art. 3 EMRK)" drohe.

8

Die Abschiebungsanordnung finde ihre Rechtsgrundlage in § 58a Abs. 1 AufenthG, der formell und materiell verfassungsgemäß sei. Die gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 BremVwVfG auch ohne vorherige Anhörung formell rechtmäßige Abschiebungsanordnung sei materiell rechtmäßig. Vom Beschwerdeführer gehe derzeit aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose ein beachtliches Risiko im Sinne des § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG aus, auch wenn den Sicherheitsbehörden kein konkreter Plan des Beschwerdeführers zur Ausführung einer terroristischen Gewalttat bekannt geworden sei. Der Beschwerdeführer sei - wie er selbst eingeräumt habe - der radikal-islamistischen Szene Deutschlands zuzurechnen und sympathisiere mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" und deren Märtyrerideologie. Er sorge nach Aussagen anderer Moschee-Besucher in einer Moschee in Bremen als Mitglied einer radikal-islamistischen Gruppe für Unruhe. Er habe sich nach den Anschlägen auf den Berliner Weihnachtsmarkt offen zum "IS" bekannt und die Tötung Ungläubiger gerechtfertigt. Er prahle damit, dass sein Bruder in Syrien ein Selbstmordattentat begangen habe und habe seinem Sohn dessen Abschiedsnachricht vorgespielt. Auch auf seiner Facebook-Seite habe er Inhalte gepostet, die seine Sympathie zum "IS" zum Ausdruck brächten, so dass auch das Landesamt für Verfassungsschutz entgegen früherer Einschätzungen eine jihadistische Gesinnung des Beschwerdeführers bejahe.

9

Seine Behauptung, er sei gegen den Terror des "IS" und verfolge dessen Veröffentlichungen nur, um dieses Phänomen besser verstehen zu können, sei als bloße Schutzbehauptung zu werten. Zudem ergebe sich aus seiner Biographie neben einer erheblichen Radikalisierung und offenen Glorifizierung des "IS" auch eine gewaltbereite Grundhaltung, mit der die Bereitschaft einhergehe, zur Erreichung eines nach islamistischen Vorgaben geprägten Zusammenlebens einen Anschlag zu begehen. Insbesondere habe er 2015 in Frankreich einen Amtsträger und eine von ihm für eine Jüdin gehaltene Person mit dem Tode bedroht, die "Charlie Hebdo" - Attentate gerechtfertigt und sich selbst als Terroristen bezeichnet. Angesichts dieser extremen Radikalisierung bestehe in Verbindung mit seiner gewaltbereiten Grundhaltung ein beachtliches Risiko, dass er mit einer jihadistischen Gewalttat ein Fanal setzen werde, um seine Verachtung der säkularen Welt europäischer Prägung zum Ausdruck zu bringen. Dieses Risiko könne sich ohne großen Vorbereitungsaufwand jederzeit realisieren und sei auch nicht dadurch gemindert, dass es bislang weder zu einer solchen Tat gekommen sei noch den Sicherheitsbehörden Hinweise für einen konkreten Anschlagsplan des Beschwerdeführers vorlägen. Zu dieser wertenden Gesamtschau könne der Senat ohne Rückgriff auf das vom Beschwerdeführer angesprochene, vom Bundeskriminalamt entwickelte Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE (Regelbasierte Analyse potentiell destruktiver Täter zur Einschätzung des akuten Risikos - islamistischer Terrorismus) oder vergleichbare Instrumente zur Risiko- beziehungsweise Gefährlichkeitseinschätzung gelangen. Das Risiko eines terroristischen Anschlags durch den Beschwerdeführer sei auch nicht durch das Zusammenleben mit seiner ihm seit Mai 2016 nach islamischem Ritus angetrauten Lebensgefährtin und die Geburt einer gemeinsamen Tochter im Februar 2017 oder sonstige Umstände entscheidungserheblich verringert. Es gebe weder Anhaltspunkte für eine glaubhafte Deradikalisierung des Beschwerdeführers noch für eine Distanzierung vom "IS".

10

Die Abschiebungsanordnung sei als Rückkehrentscheidung mit der Rückführungsrichtlinie zu vereinbaren und auch nicht ermessensfehlerhaft. Dies gelte auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK. Der Schutz der Allgemeinheit vor Terroranschlägen gehöre zu den wichtigsten öffentlichen Aufgaben und könne auch sehr weitreichende Eingriffe in das Privat- und Familienleben rechtfertigen.

11

Schließlich stünden dem Vollzug der Abschiebung auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegen. Zwar könnten in Algerien Personen, die unter dem Verdacht des Islamismus stehen, durchaus der konkreten Gefahr besonders schwerer körperlicher Misshandlungen, Folter und akuter Lebensgefahr ausgesetzt sein. Auch könne entgegen der Einschätzung der Freien Hansestadt Bremen nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Gefahr schon deshalb nicht bestehe, weil den algerischen Behörden die Abschiebungsgründe nicht bekannt seien. Jedoch bestehe im Fall des Beschwerdeführers die Gefahr einer Verhängung der Todesstrafe nicht mit entscheidungserheblicher Wahrscheinlichkeit, und auch die Gefahr der Folter oder einer anderen gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder Bestrafung erscheine im Ergebnis gering. Nach wie vor bestehenden Gefahren könne mit der im Tenor der Entscheidung geforderten geeigneten diplomatischen Zusicherung begegnet werden. In einer solchen Zusicherung erblicke auch der Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte unter bestimmten Voraussetzungen ein geeignetes Instrument zur Ausräumung der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung selbst bei Staaten, in denen - anders als in Algerien - systematisch gefoltert und misshandelt werde. Für Algerien habe das Auswärtige Amt die Anfrage des Senats in einem anderen Verfahren am 1. März 2017 dahingehend beantwortet, dass das algerische Justizministerium den deutschen Behörden in einem Auslieferungsfall schriftliche Garantien für Prozess- und Haftbedingungen gegeben habe; hierauf könne vertraut werden.

12

6. Der Beschwerdeführer hat am 30. Juni 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er die Verletzung seiner Rechte aus Art 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 3, Art. 8 EMRK rügt.

13

Die Abschiebungsanordnung beruhe schon auf einer formell und materiell verfassungswidrigen Rechtsgrundlage. Die formelle Verfassungswidrigkeit des § 58a AufenthG ergebe sich aus dem Umstand, dass der Vermittlungsausschuss diese Norm in seinen Einigungsvorschlag aufgenommen habe, ohne dass sie zuvor Gegenstand parlamentarischer Beratungen gewesen sei. Dass das Gesetzgebungsverfahren durch die Thematik des internationalen Terrorismus entscheidend geprägt worden sei, begründe keine inhaltlich enge Anknüpfung an den Gegenstand parlamentarischer Beratungen der höchst spezifischen, die rechtstaatliche Garantien in vielfacher Weise verkürzenden Regelung des § 58a AufenthG, die erstmals im Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses formuliert worden sei. § 58a AufenthG gehe in seinen Besonderheiten weit über die parlamentarisch diskutierten Vorschläge hinaus, die lediglich eine Ausweisungsmöglichkeit bei Terrorismusverdacht oder einen Ausschluss der Befristung der Ausweisungswirkungen zum Gegenstand gehabt hätten.

14

Die Regelung sei auch aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG materiell verfassungswidrig, weil der dort verwandte Gefahrenbegriff zu unbestimmt sei und die Verhältnismäßigkeitsprüfung in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt werde. Im Vergleich zu den §§ 53 ff. AufenthG, bei denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung tatbestandlich vorzunehmen sei, könne es nicht ausreichen, die Prüfung im Rahmen der Entscheidung nach § 58a AufenthG dem Ermessen der zuständigen Behörde zu überlassen und damit lediglich Ermessensfehler überprüfbar zu machen. Bei § 58a AufenthG handele es sich um eine starre Ausweisungsvorschrift. Zudem sei dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügt, denn der Regelungsgehalt einer "besonderen Gefahr" für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sei trotz ihres Bezuges zu einer "terroristischen Gefahr" unklar. Auch dem Bundesverwaltungsgericht sei es nicht gelungen, trennscharf zu benennen, was eine "terroristische Gefahr", geschweige denn eine "besondere Gefahr" auszeichne. Der Beschluss reihe zur Begründung der Gefahr Einzelaspekte willkürlich aneinander, ohne ein tragfähiges Beurteilungskonzept zu benennen.

15

Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK seien verletzt, weil die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner 2017 geborenen Tochter deutscher Staatsangehörigkeit und zu seiner mit ihm nach islamischem Ritus verheirateten deutschen Frau nur unzureichend berücksichtigt worden sei.

16

Schließlich verletze die Abschiebungsanordnung Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 3 EMRK, da der Beschluss keine Kriterien für die Geeignetheit einer diplomatischen Zusicherung, für taugliche Kontrollmechanismen in Algerien und insbesondere für die gerichtliche Kontrolle diplomatischer Zusicherungen enthalte. Eine diplomatische Zusicherung sei bei einem Verdacht terroristischer Aktivitäten nicht tragfähig, da sie bestehende Zweifel an der Einhaltung menschenrechtlicher Mindeststandards nicht ausräume. Dies gelte umso mehr, wenn wie vorliegend ihre gerichtliche Kontrolle nicht vorgesehen sei. Eine Abschiebung könne vielmehr stattfinden, bevor eine Möglichkeit bestehe, hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Zusicherung Rechtsschutz zu erlangen.

II.

17

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

18

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu; die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich auf dem Boden der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entscheiden. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist unbegründet.

19

Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen mit der Verfassungsbeschwerde rügefähigen Rechten. § 58a AufenthG ist formell (1.) und materiell (2.) verfassungsgemäß. Auch die Anwendung im konkreten Einzelfall begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (3.). Allerdings muss die nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts einzuholende Zusicherung einer algerischen Regierungsstelle, dass dem Beschwerdeführer in Algerien keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Art. 3 EMRK) droht, den aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 und 19 Abs. 4 GG abzuleitenden Anforderungen an eine derartige Zusicherung genügen (4.).

20

1. § 58a AufenthG ist in formeller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Vorschrift ist nicht unter Überschreitung der den Kompetenzen des Vermittlungsausschusses gesetzten Grenzen zustande gekommen.

21

a) Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe ergeben sich aus Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG.

22

aa) Die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses und ihre Grenzen sind in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergeben sich aber aus seiner Funktion und Stellung im Gesetzgebungsverfahren und sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 72, 175 <187 ff.>; 78, 249 <271>; 101, 297 <306 ff.>; 120, 56 <73 ff.>; 125, 104 <121 ff.>).

23

bb) Die Einrichtung des Vermittlungsausschusses beruht auf der bundesstaatlichen Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens (BVerfGE 120, 56 <73>). Gemäß Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG werden die Bundesgesetze vom Bundestag beschlossen. Danach sind sie unverzüglich dem Bundesrat zuzuleiten (Art. 77 Abs. 1 Satz 2 GG), dem im Gesetzgebungsverfahren Mitwirkungsrechte zukommen (Art. 50 GG). Der Bundesrat kann durch einen Einspruch oder die Verweigerung einer erforderlichen Zustimmung Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen (BVerfGE 120, 56 <73 f.>; 125, 104 <123>). Verweigert der Bundesrat einem zustimmungspflichtigen Gesetz die Zustimmung, so kommt das Gesetz vorerst nicht zustande (Art. 78 GG). In diesem Falle können die in Art. 76 Abs. 1 GG genannten Initiativberechtigten den Vermittlungsausschuss anrufen (vgl. BVerfGE 101, 297 <305>; 120, 56 <74>). Sofern der Vermittlungsausschuss die Änderung oder Aufhebung des Gesetzesbeschlusses vorschlägt, hat der Bundestag darüber Beschluss zu fassen (Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG); der Bundesrat muss sodann erneut über eine Zustimmung entscheiden. Für die Behandlung des Vorschlages des Vermittlungsausschusses im Bundestag gelten besondere, vom üblichen Gesetzgebungsverfahren zum Teil abweichende Regelungen. Nach § 10 Abs. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschluss nach Artikel 77 des Grundgesetzes (GO-VermA) stimmt der Bundestag nur über den Einigungsvorschlag ab, wobei zu dem Vorschlag vor der Abstimmung Erklärungen abgegeben werden können. Ein Antrag zur Sache ist indes nicht zulässig, eine Debatte über den Einigungsvorschlag somit grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 101, 297 <305 f.>).

24

cc) Der Vermittlungsausschuss hat kein eigenes Gesetzesinitiativrecht (Art. 76 Abs. 1 GG), sondern vermittelt zwischen den zuvor parlamentarisch beratenen Regelungsalternativen (vgl. BVerfGE 101, 297 <306>); über eine Entscheidungskompetenz verfügt er nicht. Vielmehr gibt er Empfehlungen für die Entscheidungen der Gesetzgebungsorgane Bundestag und Bundesrat ab (vgl. BVerfGE 101, 297 <306>); nach seiner Stellung im Gesetzgebungsverfahren zielt seine Tätigkeit nur auf die Vorbereitung und Ausgestaltung eines Kompromisses (vgl. BVerfGE 140, 115 <156 ff.> Rn. 105 ff.). Diese jeder Vermittlungstätigkeit innewohnende faktische Gestaltungsmacht ist jedoch durch die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens beschränkt (BVerfGE 120, 56 <73 f.>; 125, 104 <122>). Der Vermittlungsausschuss erarbeitet Änderungsvorschläge, ausgehend vom Anrufungsbegehren, nur auf der Grundlage des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens.

25

dd) Das zum Anrufungsbegehren führende Gesetzgebungsverfahren wird durch die in dieses eingeführten Anträge und Stellungnahmen der Abgeordneten, aber auch des Bundesrates sowie im Falle einer Regierungsvorlage gegebenenfalls der Bundesregierung bestimmt (vgl. BVerfGE 101, 297 <307>; 120, 56 <75>; 125, 104 <122>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Form der Bundestag die Anträge und Stellungnahmen in seinem Gesetzesbeschluss berücksichtigt (vgl. BVerfGE 101, 297 <307>; 120, 56 <75>; 125, 104 <122>). Der Vermittlungsvorschlag muss dem Bundestag aber auf dem Boden der dort geführten parlamentarischen Debatte zurechenbar sein (vgl. BVerfGE 120, 56 <76>; 125, 104 <122>). Der Vermittlungsvorschlag ist deshalb inhaltlich und formal an den durch den Deutschen Bundestag vorgegebenen Rahmen gebunden (vgl. BVerfGE 101, 297 <307>; 125, 104 <122>). Die andernfalls eintretende Verlagerung des Zentrums der politischen Entscheidung in den Vermittlungsausschuss und die damit verbundene Entparlamentarisierung der Gesetzgebung wären unvereinbar mit der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zwischen den Gesetzgebungsorganen, mit den Rechten der Abgeordneten, mit der Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte und mit der von ihr abhängigen demokratischen Kontrolle der Gesetzgebung (vgl. ausführlich BVerfGE 120, 56 <74 ff.>; 125, 104 <122 ff.>).

26

ee) Die Kompetenz des Vermittlungsausschusses beschränkt sich danach darauf, mit dem Beschlussvorschlag eine Brücke zwischen Regelungsalternativen zu schlagen, die bereits zuvor in den Gesetzgebungsorganen erörtert worden oder jedenfalls erkennbar geworden sind. Der Vermittlungsausschuss darf mit seinem Vorschlag weder ein ihm nicht zustehendes Gesetzesinitiativrecht beanspruchen noch das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren verkürzen und der öffentlichen Aufmerksamkeit entziehen. Der Bundestag muss den Vermittlungsvorschlag auf der Grundlage seiner Debatte über ihm vorliegende Anträge und Stellungnahmen als ein ihm zuzurechnendes und von ihm zu verantwortendes Ergebnis seines parlamentarischen Verfahrens erkennen und anerkennen können. Die Reichweite eines Vermittlungsvorschlags ist deshalb durch diejenigen Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur letzten Lesung im Bundestag in das jeweilige Gesetzgebungsverfahren eingeführt waren (BVerfGE 101, 297 <307>; 120, 56 <75>). Auch wenn diese Einführung in das Gesetzgebungsverfahren nicht in Form eines ausformulierten Gesetzentwurfs erfolgt sein muss, so muss der Regelungsgegenstand, der zur Grundlage eines Vorschlags im Vermittlungsausschuss werden kann, doch in so bestimmter Form vorgelegen haben, dass seine sachliche Tragweite dem Grunde nach erkennbar war. Eine allgemeine Zielformulierung genügt hierfür nicht (vgl. BVerfGE 120, 56 <76>; 125, 104 <123>). Dabei ist auch von Bedeutung, ob die Stellungnahme einen hinreichend klaren Bezug zu dem jeweiligen Gesetzgebungsverfahren aufweist (BVerfGE 125, 104 <123>).

27

b) Nach diesen Maßstäben ist § 58a AufenthG formell verfassungsmäßig zustande gekommen. Der Vermittlungsausschuss hat die Grenzen seines Vermittlungsauftrages nicht überschritten. Die Behandlung der Änderungsanträge sowie der zugehörigen Begründungen der Fraktion der CDU/CSU im Innenausschuss (4. Ausschuss) am 7. Mai 2003 erlaubten es dem Vermittlungsausschuss, die in § 58a AufenthG getroffene Regelung in seinen Einigungsvorschlag aufzunehmen.

28

aa) Dem Vermittlungsausschuss war ein weiter Vermittlungsrahmen eröffnet, weil das Anrufungsbegehren nicht beschränkt war. Die Bundesregierung verlangte mit Schreiben vom 2. Juli 2003 die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 GG, ohne konkrete Meinungsverschiedenheiten zu nennen (BTDrucks 15/1365).

29

bb) Der im Vermittlungsausschuss erzielte Kompromiss, der den Vorschlag für § 58a AufenhG enthielt, bewegt sich innerhalb des durch das Gesetzgebungsverfahren gezogenen Vermittlungsrahmens. Der Einigungsvorschlag (BTDrucks 15/3479 S. 9 f.) ist deshalb dem Deutschen Bundestag zurechenbar. Er beinhaltet Regelungsgegenstände, die jedenfalls dem Grunde nach im Gesetzgebungsverfahren erkennbar geworden und auf der Grundlage des Gesetzesbeschlusses und des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens erarbeitet worden sind. Die Änderungsanträge waren nach Struktur und Umfang auch einer angemessenen parlamentarischen Beratung zugänglich. Unschädlich ist daher, dass die konkrete Regelung im Wesentlichen erst im März 2004 im Zuge der Beratungen durch das Bundesministerium des Innern vorgeschlagen wurde (vgl. Erbslöh, NVwZ 2007,S. 155 <156>), und dass die endgültige Fassung in Spitzengesprächen zwischen den Fraktionen im Mai und Juni 2004 als Teil des sogenannten Zuwanderungskompromiss festgelegt und am 30. Juni 2004 als Nr. 42 der den Kompromiss umsetzenden Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses dem Bundestag vorgelegt wurde.

30

Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien hatte die Möglichkeit einer Ausweisung bei (bloßem) Terrorismusverdacht schon zuvor eine Rolle gespielt. So wiesen die Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU zu Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes vom 7. Mai 2003 Bezüge zu der später in § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG geregelten Abschiebungsanordnung auf und fanden Eingang in die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses vom 7. Mai 2003 (BTDrucks 15/955). Zu nennen sind insbesondere die Änderungsanträge zu § 5 AufenthG (BTDrucks 15/955, S. 7 f.), § 11 Abs. 1 Satz 5 - neu - und Abs. 2 AufenthG (BTDrucks 15/955, S. 10), § 55 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 8 - neu - AufenthG (BTDrucks 15/955, S. 25) und § 60 Abs. 8 Satz 1, Satz 2 und 3 - neu - AufenthG (BTDrucks 15/955, S. 25 ff.) sowie die Formulierung, dass wesentlicher Grundzug der Änderungsanträge eine Überarbeitung des Entwurfs in sicherheitsrechtlicher Hinsicht sei, wozu insbesondere auch die Möglichkeit der Ausweisung bei Terrorismusverdacht gehöre (BTDrucks 15/955, S. 49).

31

Eine wertende Gesamtbetrachtung dieser vorgeschlagenen Änderungen einschließlich der jeweiligen Begründung rechtfertigen die Annahme, dass sie die ausländerrechtliche Normierung der später in § 58a AufenthG geregelten Abschiebungsanordnung vorbereiteten, indem sie die Grundlage der parlamentarischen Beratung ausweiteten. Der Vermittlungsausschuss erarbeitete sodann auf dieser Basis einen Kompromiss zwischen einer reinen Verdachtsausweisung und dem Verzicht auf jegliche Änderungen im Ausweisungsrecht (vgl. Möller, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 58a Rn. 4).

32

In den genannten Änderungsanträgen und den zugehörigen Begründungen kam die Forderung nach einer effektiven Abwehr terroristischer Aktivitäten durch eine Verschärfung der Versagungsgründe, lebenslange Einreisesperren, die Erweiterung der Ausweisungstatbestände sowie durch zusätzliche Ausnahmen von den gesetzlich geregelten Abschiebungsverboten zum Ausdruck. Gemeinsamer Ausgangspunkt dieser Änderungsanträge war es, entsprechende Regelungen bereits für den Fall des Terrorismusverdachts vorzusehen. Im Innenausschuss wurde die Frage verhandelt, ob hinreichend konkrete Verdachtsmomente für die Zugehörigkeit zu oder Unterstützung von terroristischen Vereinigungen oder von Vereinigungen, die sich in extremistischer Weise verfassungsfeindlich betätigen, genügen sollen, um ausländerrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist auch der Regelungsansatz des § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, der eine Abschiebungsanordnung ohne vorhergehende Ausweisung und Abschiebungsandrohung (mit der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise) allein auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland ermöglicht.

33

Der Umstand, dass die Änderungsanträge die neuartige Maßnahme einer einstufigen Abschiebungsanordnung einschließlich der Folgeänderungen zu Rechtsschutzfragen in § 58a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 AufenthG sowie § 50 Nr. 3 VwGO noch nicht vorsahen, stellt diese Einschätzung nicht in Frage. Denn ein vom Vermittlungsvorschlag vorgelegter Einigungsvorschlag muss nicht in den parlamentarischen Beratungen bereits ausformuliert vorgelegen haben. Es reicht aus, wenn er aus der parlamentarischen Debatte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens abgeleitet werden konnte. Dies ist hier der Fall.

34

cc) Die Änderungsanträge waren auch ordnungsgemäß und rechtzeitig ins parlamentarische Verfahren eingeführt worden; sie waren am 7. Mai 2003 und damit vor der Beschlussfassung des Bundestages am 9. Mai 2003 eingebracht worden. Dass sie im Innenausschuss abgelehnt und im (ersten) Gesetzesbeschluss des Bundestages unberücksichtigt geblieben sind, ist unschädlich. Schließlich ist nichts dafür ersichtlich, dass der Verfahrensgang darauf angelegt gewesen wäre, einen von vornherein als notwendig erkannten politischen Kompromiss unter Vermeidung der Öffentlichkeit einer parlamentarischen Debatte erst im Vermittlungsausschuss herbeizuführen.

35

2. Auch gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 58a AufentG bestehen keine Bedenken. Die Vorschrift ist mit dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes vereinbar (a), und es ist nicht zu beanstanden, dass der Erlass einer Abschiebungsanordnung in das Ermessen der handelnden Behörde gestellt wird (b).

36

a) aa) Der Bestimmtheitsgrundsatz gebietet, dass eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß voraussehbar und berechenbar wird (vgl. BVerfGE 56, 1 <12> m.w.N.). Dass ein Gesetz unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Begriffe verwendet, verstößt nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit und Justitiabilität. Allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist allerdings, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (vgl. statt vieler BVerfGE 103, 332 <384> m.w.N.).

37

bb) Gemessen hieran bestehen gegen § 58a AufenthG keine Bedenken. Denn die Vorschrift normiert mit der Anknüpfung an eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise an eine terroristische Gefahr Tatbestandsmerkmale, die jedenfalls hinreichend bestimmbar sind. Auch wenn der Terrorismusbegriff teilweise noch unterschiedlich definiert werden mag, so steht dies seiner Verwendung als Rechtsbegriff jedenfalls dann nicht im Wege, wenn sich die Rechtsanwender bei seiner Auslegung dieser Schwierigkeiten bewusst sind, sich mit den unterschiedlichen vertretenen Auffassungen auseinandersetzen und diese im Rahmen der juristischen Methodik bewältigen (vgl. BVerfGE 110, 33, 56 f.). Dem wird die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerecht, wenn sie eine völkerrechtlich geächtete Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln jedenfalls dann bejaht, wenn politische Ziele unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen oder durch Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verfolgt werden. Auch die hieran anknüpfende "besondere" Gefahr in der ersten Alternative des § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG lässt sich auf dieser Grundlage hinlänglich präzise bestimmen.

38

Auch die Kumulation der in § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe mit der in § 50 Nr. 3 VwGO vorgesehenen Verkürzung des Instanzenzuges und der in § 58a Abs. 4 Satz 2 AufenthG normierten siebentägigen Frist zur Inanspruchnahme von Rechtsschutz ist im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn diese Einschränkungen ändern nichts daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen durch das Bundesverwaltungsgericht hinreichend konkretisiert worden sind und sich Betroffene hieran orientieren können.

39

Der Vortrag des Beschwerdeführers, dass die durch § 58a AufenthG normierten Gefahren insbesondere in Anbetracht der allgemeinen Ausweisungstatbestände in § 53 AufenthG nicht hinreichend bestimmt seien, verfängt vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat herausgearbeitet, worin die Unterschiede zwischen § 58a AufenthG und den allgemeinen Ausweisungstatbeständen liegen und dabei insbesondere in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die besonderen von terroristischen Straftaten ausgehenden Gefahren abgestellt, die sich jederzeit und ohne großen Vorbereitungsaufwand realisieren können.

40

b) Es begegnet entgegen dem Vortrag des Beschwerdeführers ebenfalls keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber die Frage der Verhältnismäßigkeit der Abschiebungsanordnung nicht schon im Tatbestand der Vorschrift geregelt, sondern diese auf Rechtsfolgenseite verortet hat, indem er der handelnden Behörde Ermessen eingeräumt hat. Einen zwingenden Ausweisungstatbestand, wie er früher in § 53 AufenthG normiert war, hat er damit ersichtlich nicht geschaffen (vgl. zu den hiermit verbundenen Problemen BVerfGK 12, 37 <40>). Vielmehr fordert und ermöglicht § 58a AufenthG, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei seiner Anwendung im Einzelfall in vollem Umfang Rechnung zu tragen (dazu unten 3. und 4.).

41

Das Grundgesetz gewährleistet, dass Eingriffe in Grundrechte nur erfolgen dürfen, wenn der Eingriff in Anbetracht des durch die staatliche Gewalt verfolgten Ziels verhältnismäßig ist (stRspr seit BVerfGE 7, 377 <404 ff.>). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, Regelungen zu treffen, die verhältnismäßige Entscheidungen der Verwaltung ermöglichen und deren Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte sicherstellen. Die Verfassung überlässt jedoch die Frage, ob diejenigen Anforderungen an das behördliche Handeln, die die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sichern sollen, auf der Tatbestandsseite oder auf der Rechtsfolgenseite einer Vorschrift vorgesehen werden, grundsätzlich dem Gesetzgeber. Räumt dieser der Behörde auf der Rechtsfolgenseite Ermessen ein, so muss diese ihr Ermessen stets in einer verhältnismäßigen, der Bedeutung betroffener Grundrechte gerecht werdenden Art und Weise ausüben. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip stellt dabei eine Grenze der Ermessensausübung dar, deren Überschreitung durch die Verwaltungsgerichte zu kontrollieren ist. Eine Einschätzungsprärogative steht den Behörden insoweit nicht zu.

42

3. Auch die Handhabung der Vorschrift durch das Bundesverwaltungsgericht begegnet im Ergebnis keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die durch das Bundesverwaltungsgericht für § 58a AufenthG entwickelten Maßstäbe verkennen die relevanten grundrechtlichen Vorgaben nicht und überschreiten damit den fachgerichtlichen Wertungsrahmen nicht. Das Bundesverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es an die Gefährlichkeitsbewertung der Sicherheitsbehörden nicht gebunden ist und dass diesen diesbezüglich auch kein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 -, juris, Rn. 22). Inwieweit dabei die von den Sicherheitsbehörden entwickelten Risikobewertungsinstrumente zumindest als relevante Tatsachengrundlage in die gerichtliche Gesamtschau Eingang finden müssen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da nicht im Ansatz ersichtlich ist, inwieweit eine solche Einbeziehung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

43

Auch der Vortrag des Beschwerdeführers, es verstoße gegen Grundrechte, dass (allein) aus der Ideologie des Betroffenen für diesen negative Schlüsse gezogen würden, geht fehl. Denn die von dem Beschwerdeführer ausgehende terroristische Gefahr ist nicht allein aus seiner ideologischen Überzeugung abgeleitet worden, sondern aus der Verknüpfung dieser Überzeugung mit der zu Tage getretenen Bereitschaft, die aus seiner extremen ideologische Überzeugung abgeleiteten Ziele mit Mitteln der Gewalt durchzusetzen. Damit wird eine negative Rechtsfolge nicht ausschließlich an die ideologische Überzeugung des Beschwerdeführers geknüpft, sondern seine Überzeugung wird in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als ein Baustein eines besonderen Gefährdungspotentials bewertet.

44

Schließlich dringt auch der Vorwurf des Beschwerdeführers nicht durch, es fehle an einem Konzept zur Beurteilung seiner Gefährlichkeit, und der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts erschöpfe sich in einer willkürlichen Aneinanderreihung von Tatsachen. Feststellung und Würdigung des Tatbestands sind zuvörderst Aufgabe der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht überprüft lediglich, ob die Sachverhaltsfeststellung und -bewertung durch ein Fachgericht auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruht (vgl. BVerfGE 67, 213 <222 f.>; BVerfGE 68, 361 <372>).

45

Dies ist hier nicht ersichtlich. Weder hat das Bundesverwaltungsgericht nach dem oben Dargelegten allein aus der religiösen Überzeugung des Beschwerdeführers negative Schlüsse gezogen, noch ist ansonsten dargelegt oder erkennbar, inwieweit es bei der Feststellung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung die Bedeutung von Grundrechten verkannt haben könnte. Die Bejahung einer in relevantem Umfang erhöhten Bereitschaft des Beschwerdeführers, seine religiös motivierten Ziele durch gewaltsame oder terroristische Methoden zu erreichen, ist auf der Grundlage der ausgewerteten umfangreichen Erkenntnismittel nicht zu beanstanden.

46

4. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch insofern verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, als sie die Abschiebung des Beschwerdeführers von einer von den algerischen Behörden zuvor einzuholenden Zusicherung abhängig macht. Die Einholung einer derartigen Zusicherung im vorliegenden Fall ist erforderlich (a); sie bietet eine hinreichende Grundlage für die Abschiebung des Beschwerdeführers, wenn sie hinreichend konkret abgefasst ist (b).

47

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht der Auslieferung sind vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen grundsätzlich geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>).

48

Dies lässt sich auf die besondere Konstellation des § 58a AufenthG übertragen. Auch hier ist es grundsätzlich zulässig, durch geeignete Zusicherungen die Befürchtung auszuräumen, dem betroffenen Ausländer drohe im Abschiebezielstaat möglicherweise eine gegen Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 16; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2017 - 2 BvR 157/17 -, juris, Rn. 16; zur Europäischen Menschenrechtskonvention Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 17. Januar 2012 - 8139/09 - Othman ./. U.K., Rn. 188 f.). Von der gänzlichen Ungeeignetheit der Zusicherung des anderen Staates muss dabei nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 17. Januar 2012 - 8139/09 - Othman ./. U.K., Rn. 188; vgl. allerdings dies für Algerien bejahend U.K. Special Immigration Appeals Commission, Urteil vom 18. April 2016 - SC/39/2005 u.a. - u.a. mit dem Hinweis in Rn. 121, dass die Auflösung des Geheimdienstes DRS an dem Fortbestand der Foltergefahr nichts ändere; anders hierzu die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Rn. 47).

49

Welche konkreten Anforderungen an eine solche Zusicherung zu stellen sind, lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern hängt insbesondere von den Bedingungen im Abschiebezielstaat und dem konkreten Inhalt der Zusicherung ab (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 17. Januar 2012 - 8139/09 - Othman ./. U.K., Rn. 189). Wie die Zusicherung auszulegen ist und ob sie jeweils bestehenden Bedenken Rechnung trägt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen. Das Fachgericht hat anhand dieser Maßstäbe zu prüfen, ob die Zusicherung die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK und Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wirksam ausschließt und insbesondere den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Anforderungen (vgl. den Katalog beispielhafter Gesichtspunkte in EGMR, Urteil vom 17. Januar 2012, a.a.O. Rn. 188, 189) entspricht.

50

b) Vor diesem Hintergrund wäre es nicht ausreichend, wenn die im angegriffenen Beschluss geforderte Zusicherung nur den in deren Tenor genannten gänzlich allgemeinen Inhalt hätte. Vielmehr ist es von Verfassungs wegen erforderlich, dass die einzuholende Zusicherung mit spezifischen Garantien verbunden ist, die eine Überprüfung der (eventuellen) Haftbedingungen des Beschwerdeführers im Falle von dessen Inhaftierung und insbesondere den ungehinderten Zugang zu seinen Prozessbevollmächtigten erlaubt; dies muss sich auf eine Inhaftierung sowohl durch die Polizei als auch durch den Geheimdienst beziehen. Bevor auf der Grundlage einer solchen Zusicherung die Abschiebung erfolgt, ist dem Betroffenen außerdem Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen und gegebenenfalls um Rechtsschutz nachzusuchen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Rechtsanwältin, Prof. Dr. G. wird abgelehnt.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Abschiebungsanordnung des Senators für Inneres der Freien Hansestadt Bremen vom 14. März 2017.

I.

2

1. Der am 14. März 1999 geborene Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger. Er stammt ursprünglich aus Dagestan und lebt seit dem Kleinkindalter in Deutschland. Dort wohnte er bis zu seiner Inhaftierung mit Ausnahme einer Zeit im Sommer 2015, in der er kurzzeitig bei einer Pflegefamilie untergebracht war, bei seinen Eltern. Er ist nach religiösem Ritus mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Diese Beziehung ist nach seinen Angaben allerdings inzwischen beendet. Seit dem 19. April 2014 ist der Beschwerdeführer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG); diese wurde zuletzt bis zum 15. März 2018 verlängert.

3

2. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2014 untersagte die Stadt Bremen dem Beschwerdeführer die Ausreise aus Deutschland, weil sie von dessen Ausreiseabsicht nach Syrien ausging. Die Staatsanwaltschaft Bremen leitete gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 91 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) ein.

4

3. Mit Bescheid vom 13. März 2017 ordnete der Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 58a AufenthG an. Aufgrund vorliegender Tatsachen sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer einen Anschlag verüben oder bei einem Anschlag mitwirken werde, bei dem die Verwendung gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Dritter zu befürchten seien. Gleichzeitig sei wahrscheinlich, dass staatliche Funktionen durch diese Gewalteinwirkung beeinträchtigt würden. Der Beschwerdeführer sei dem radikal-islamistischen Spektrum in Deutschland zuzurechnen und sympathisiere mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS). Ein Abschiebungsverbot gemäß § 58a Abs. 3 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG bestehe nicht. Auch wenn die russischen Behörden in Dagestan in großem Ausmaß gegen tatsächliche und mutmaßliche Terroristen vorgingen, liege es an dem Beschwerdeführer, ob er sich dort als Islamist betätige oder offenbare. Das deutsche Asylrecht biete ohnehin keinen Schutz vor Verfolgung wegen terroristischer Handlungen durch staatliche Organe. Zudem scheine der Beschwerdeführer Repressionen durch russische Behörden nicht zu befürchten, weil er beabsichtige, mit seiner Familie dessen Verwandte in Russland zu besuchen. Der Beschwerdeführer wurde am 14. März 2017 in der Wohnung seiner Eltern verhaftet, dabei wurde ihm der Bescheid vom 13. März 2017 ausgehändigt. Seit dem 14. März 2017 befindet sich der Beschwerdeführer in Abschiebungshaft. Zuletzt wurde die Abschiebungshaft durch Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 30. Juni 2017 bis zum 1. August 2017 verlängert. Für diesen Tag ist die Abschiebung des Beschwerdeführers geplant.

5

4. Am 21. März 2017 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und erhob gegen den Bescheid vom 13. März 2017 Klage. Zur Begründung machte er geltend, dass § 58a AufenthG formell und materiell verfassungswidrig sei. Zudem seien die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt. Er sei in Deutschland integriert, seine Familie lebe hier, und er spreche kein Russisch. Außerdem befürchte er, in Russland inhaftiert und gefoltert zu werden.

6

5. Mit Beschluss vom 13. Juli 2017 lehnte das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des Beschwerdeführers gegen die Abschiebungsanordnung vom 13. März 2017 ab. Die Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung, § 58a Abs. 1 AufenthG, sei formell und materiell verfassungsgemäß. Vor Erlass der Abschiebungsordnung habe es gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BremVwVfG) keiner Anhörung des Beschwerdeführers bedurft, weil eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig gewesen sei. Die Anordnung der Abschiebung ohne vorige Anhörung sei mit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 (Rückführungsrichtlinie) vereinbar.

7

Der Bescheid sei auch materiell nicht zu beanstanden. Von dem Beschwerdeführer gehe ein beachtliches Risiko aus, dass er einen terroristischen Anschlag begehen oder sich an einem solchen beteiligen werde, bei dem Unbeteiligte ums Leben kommen würden. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden sei er der radikal-islamistischen Szene in Deutschland zuzurechnen und pflege Kontakte mit Personen aus diesem Umfeld. Er sympathisiere mit der terroristischen Vereinigung des "IS" sowie deren Märtyrerideologie und billige die Anwendung von Gewalt bis hin zur Tötung von Menschen unter bestimmten, selbstdefinierten Voraussetzungen. Seine Einlassung, dass er keine Zivilisten und unschuldigen Menschen töten wolle, sei nicht glaubhaft, da er sich im Chat mit einem Islamisten aus Essen uneingeschränkt zur Durchführung eines Anschlags auf Zivilisten bereit erklärt habe. Die Einschätzung, dass ein Terroranschlag unter Beteiligung des Antragstellers in überschaubarer Zukunft hinreichend wahrscheinlich sei, werde auch durch die von ihm selbst gegenüber verschiedenen Adressaten (Schule, Polizei) geäußerten Suizidgedanken bestätigt. Seine spätere Distanzierung hiervon rechtfertige keine andere Beurteilung, weil sie Ausdruck der vielfältigen Stimmungs- und Meinungsschwankungen des Antragstellers und im Übrigen nicht glaubhaft sei.

8

Bei der Gefährdungseinschätzung sei weiter zu berücksichtigen, dass der Antragsteller von seinem Umfeld als naiv, leicht beeinflussbar und seine Meinungen rasch ändernd beschrieben werde, was durch zahlreiche seiner Aussagen bestätigt werde. Der Beschwerdeführer oszilliere zwischen einer gemäßigten und einer klar jihadistischen Ausrichtung seiner religiösen Vorstellungen jedenfalls verbal hin und her und habe auch für letztere deutliche Sympathien gezeigt. Er könne einer weiteren Einflussnahme durch Internetkontakte und schnell als Freunde betrachtete Bekannte aus der salafistischen Szene nichts Hinreichendes aus seiner Persönlichkeit heraus, aufgrund familiärer Einbindung oder einer Betreuung durch die Jugendhilfe entgegensetzen. Trotz mehrerer Gefährderansprachen und einer ihm zur Seite gestellten Erziehungsbeistandschaft habe er sich von der radikalen islamistischen Szene nicht lösen können. Noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung habe er aus der Abschiebehaft heraus Kontakt zu einer der Personen gesucht, die er zwecks Teilnahme an einem Attentat angefragt hatte. Auf der Grundlage dieser Tatsachen sei es hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller in überschaubarer Zukunft einen - ohne großen Vorbereitungsaufwand möglichen - Terroranschlag in Deutschland begehen werde, bei dem auch Unbeteiligte ums Leben kommen würden. Die von ihm ausgehende Bedrohungssituation könne sich jederzeit aktualisieren und in eine konkrete terroristische Gefahr und/oder eine gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik umschlagen.

9

Diese Bewertung könne das Bundesverwaltungsgericht vornehmen, ohne auf das vom Bundeskriminalamt entwickelte Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE (Regelbasierte Analyse potentiell destruktiver Täter zur Einschätzung des akuten Risikos - islamistischer Terrorismus) oder vergleichbare Instrumente zur Risiko- bzw. Gefährlichkeitseinschätzung zurückzugreifen. Da keine konkreten Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung beständen - eine forensisch-psychiatrische Stellungnahme zur Frage der Haftfähigkeit vom 4. Mai 2017 habe das Vorliegen einer psychischen Erkrankung verneint -, habe das Gericht die Gefahrenprognose aus eigener Kompetenz treffen können.

10

Die Abschiebungsanordnung sei als Rückkehrentscheidung auch mit der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) zu vereinbaren.

11

Die Abschiebungsandrohung weise keine Ermessensfehler auf und sei verhältnismäßig. Mildere, zur Gefahrenabwehr gleich geeignete Mittel seien nicht verfügbar. Insbesondere sei die einzig gleich geeignete stationäre, geschlossene Jugendhilfemaßnahme an der mangelnden Zustimmung des Beschwerdeführers gescheitert. Die Abschiebungsandrohung sei - auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer faktischer Inländer sei und in Deutschland über soziale Bindungen verfüge - nicht mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Eine Integration in die Lebensverhältnisse seines Herkunftslandes sei ihm möglich und zumutbar. Es sei davon auszugehen, dass er zumindest über einfache russische Sprachkenntnisse verfüge, da er in einem russischen Haushalt aufgewachsen sei. Seine Mutter habe bei Befragungen durch die Polizei stets Russisch gesprochen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer die ihm angebotene stationäre Jugendhilfemaßnahme abgelehnt habe. Angesichts der vom Antragsteller ausgehenden Gefahr eines jederzeit möglichen Terroranschlags führe es nicht zur Unverhältnismäßigkeit der verfügten Aufenthaltsbeendigung und ihres sofortigen Vollzugs, dass die oberste Landesbehörde den privaten und familiären Belangen nicht den Vorzug gegeben habe. Selbst wenn es ermessensfehlerhaft gewesen wäre, dass die oberste Landesbehörde davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer werde bei seinem Einleben in seinem Herkunftsstaat durch Verwandte, zu denen die Familie Kontakt habe, unterstützt, könne dieser Ermessensfehler im Verlauf des Hauptsacheverfahrens durch ergänzende Ermessenserwägungen korrigiert werden.

12

Dem Vollzug der Abschiebung ständen keine Abschiebungsverbote entgegen. Dem Beschwerdeführer drohe zwar in Dagestan beziehungsweise den Teilrepubliken des Nordkaukasus wegen des anzunehmenden Bekanntwerdens seiner Abschiebungsgründe eine menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK durch die dortigen Sicherheitsbehörden. Ihm stände jedoch in sonstigen Gebieten der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepubliken des Nordkaukasus (etwa in der Umgebung des voraussichtlichen Abschiebeziels Moskau) eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Dies gelte trotz des Umstandes, dass der russische Staat auch im übrigen Staatsgebiet konsequent gegen islamistische Terroristen vorgehe und insbesondere kaukasisch aussehende Personen als Terroristen verdächtigt würden. Der Beschwerdeführer habe zwar der Einschätzung der russischen Nichtregierungsorganisation "Komitee zur Verhinderung von Folter" zufolge bei einer Rückkehr mit einer Befragung und Überwachung zu rechnen. Es sei jedoch nahezu ausgeschlossen, dass er "präventiv" gefoltert oder einer anderen Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt würde. Dieser Erkenntnisquelle sei ein höherer Wert beizumessen als der einzelfallbezogenen Bewertung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, nach der der Beschwerdeführer bei Rückkehr in die Russische Föderation von der massiven Verfolgung von islamistischem Extremismus betroffen sein werde. Ein Interesse der russischen Behörden, gegen den Beschwerdeführer menschenrechtswidrig vorzugehen, sei mangels Referenzfällen nicht belegbar und könne auch nicht ohne Weiteres unterstellt werden; spezifisch russische Interessen habe der Beschwerdeführer nicht verletzt. Das Risiko, dass die Behörden in Dagestan den Beschwerdeführer außerhalb Dagestans aufsuchen und dort misshandeln oder nach Dagestan verbringen würden, sei gering. Auch eine Einziehung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst sei nicht wahrscheinlich. Schließlich lägen auch die übrigen Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative vor. Der Beschwerdeführer werde in die Russische Föderation außerhalb des Nordkaukasus abgeschoben. Zumindest außerhalb von Moskau werde es für ihn auch ohne Freunde oder Verwandte möglich sein, eine Bleibe und Arbeit zu finden.

13

6. Der Beschwerdeführer hat am 14. Juli 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben und beantragt, seine Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, zunächst für die Dauer von sechs Monaten zu untersagen. Zugleich hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren. Er rügt die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK.

14

Die Abschiebungsanordnung beruhe auf einer formell und materiell verfassungswidrigen Rechtsgrundlage. Der angegriffene Beschluss verstoße gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 EMRK, weil dem Beschwerdeführer bei einer Rückführung in die Russische Föderation eine menschenrechtswidrige Behandlung drohe. Das Bundesverwaltungsgericht habe in dem angegriffenen Beschluss nicht begründet, weshalb auf diplomatische Zusicherungen des russischen Staates, dass dem Beschwerdeführer keine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung widerfahren werde, habe verzichtet werden können. Die Begründung der vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen inländischen Ausweichmöglichkeit des Beschwerdeführers außerhalb des Nordkaukasus sei nicht hinreichend. Sie lasse eine Auseinandersetzung damit vermissen, wie der Beschwerdeführer seine Existenzgrundlage sichern solle, bis er eine Wohnung gefunden haben werde. Der Sachaufklärungspflicht, der das Bundesverwaltungsgericht nicht nachgekommen sei, komme bei der Beurteilung, ob einem Ausländer in einem Drittstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe, verfassungsrechtliches Gewicht zu.

II.

15

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

16

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist unbegründet.

17

Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen mit der Verfassungsbeschwerde rügefähigen Rechten.

18

1. Die Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung - § 58a AufenthG - begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschrift ist formell und materiell verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 -, www.bverfg.de).

19

2. Die Anwendung des § 58a AufenthG durch das Bundesverwaltungsgericht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist ohne Verfassungsverstoß zu der Einschätzung gelangt, dass die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung keinen ernstlichen Zweifeln unterliege. Feststellung und Würdigung des Tatbestands sowie die Auslegung des einfachen Rechts sind zuvörderst Aufgabe der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht überprüft lediglich, ob die Sachverhaltsfeststellung und -bewertung durch ein Fachgericht auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruht oder schlechthin nicht vertretbar erscheint (vgl. BVerfGE 67, 213 <222 f.>; 68, 361 <372>). Dies ist hier nicht der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58a AufenthG unter Beachtung der Grundrechte des Beschwerdeführers ausgelegt. Es ist nach ausführlicher Auswertung des Sachverhalts zu der Einschätzung gelangt, dass von dem Beschwerdeführer eine terroristische Gefahr ausgeht und seine Abschiebung in die Russische Föderation in ermessensfehlerfreier und verhältnismäßiger Weise angeordnet worden ist.

20

3. Auch die Verneinung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes durch das Bundesverwaltungsgericht beruht nicht auf einem Verfassungsverstoß.

21

a) Zwar lässt die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts zu der Annahme, dem Beschwerdeführer stehe die Möglichkeit offen, in Gebieten außerhalb des Nordkaukasus ohne die Gefahr einer drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch russische Sicherheitsbehörden zu leben und Wohnung und Arbeit zu finden, eine Tiefe vermissen, die den Ausführungen im angegriffenen Beschluss zu den in seiner Person und in der Situation in der Russischen Föderation begründeten Risiken die Waage halten könnte. Die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen internen Schutzes ist im Ergebnis jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat allen aufgeworfenen Bedenken gegen eine Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation seine eigene entgegenstehende Bewertung gegenübergestellt und sich mit aktuellen Erkenntnisquellen zur Lage von aus dem Nordkaukasus stammenden Rückkehrern nach Moskau und Umgebung auseinandergesetzt. Da das Bundesverwaltungsgericht die Gefahr einer menschenunwürdigen oder erniedrigenden Behandlung des Beschwerdeführers nicht als beachtlich wahrscheinlich bewertet hat, ist es auch folgerichtig, dass es die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht von einer einzuholenden Zusicherung, er werde nicht menschenrechtswidrig behandelt werden, abhängig gemacht hat.

22

b) Die Verneinung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich der Russischen Föderation wahrt auch die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG folgenden Anforderungen an die Beurteilung der Lage im Zielstaat der Abschiebung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2017 - 2 BvR 157/17 -, juris). Das Maß dessen, was wirkungsvoller Rechtsschutz ist, bestimmt sich entscheidend auch nach dem sachlichen Gehalt des als verletzt behaupteten Rechts, hier des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Sachverhaltsaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann daher bei der Überprüfung der Situation für Rückkehrer in den Zielstaat der Abschiebung verfassungsrechtliches Gewicht zukommen. Hier hat das Bundesverwaltungsgericht aktuelle Erkenntnisquellen zur Lage von aus dem Nordkaukasus stammenden Rückkehrern nach Moskau und Umgebung berücksichtigt und mehrere Anfragen an das Auswärtige Amt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gerichtet, die es seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug

1.
über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,
2.
über Klagen gegen die vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen,
3.
über Streitigkeiten gegen Abschiebungsanordnungen nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes und ihre Vollziehung sowie den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf dieser Grundlage,
4.
über Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen,
5.
über Klagen gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach § 12 Absatz 3a des Abgeordnetengesetzes, nach den Vorschriften des Elften Abschnitts des Abgeordnetengesetzes, nach § 6b des Bundesministergesetzes und nach § 7 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre in Verbindung mit § 6b des Bundesministergesetzes,
6.
über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Energieleitungsausbaugesetz, dem Bundesbedarfsplangesetz, dem § 43e Absatz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, dem § 76 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes oder dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz bezeichnet sind, über sämtliche Streitigkeiten, die Vorhaben zur Errichtung und zur Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff und Derivaten betreffen, sowie über die ihm nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz zugewiesenen Verfahren,
7.
über die ihm nach dem Energiesicherungsgesetz zugewiesenen Verfahren.

(2) In Verfahren nach Absatz 1 Nummer 6 ist § 48 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Hält das Bundesverwaltungsgericht nach Absatz 1 Nr. 1 eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird wie ein Anstifter (§ 26) bestraft.

(2) Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Die Strafe darf nicht schwerer sein als die, die für den Fall angedroht ist, daß die Aufforderung Erfolg hat (Absatz 1); § 49 Abs. 1 Nr. 2 ist anzuwenden.

Einem Kind, das im Bundesgebiet geboren wird, kann abweichend von den §§ 5 und 29 Abs. 1 Nr. 2 von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Wenn zum Zeitpunkt der Geburt beide Elternteile oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzen, wird dem im Bundesgebiet geborenen Kind die Aufenthaltserlaubnis von Amts wegen erteilt. Der Aufenthalt eines im Bundesgebiet geborenen Kindes, dessen Mutter oder Vater zum Zeitpunkt der Geburt im Besitz eines Visums ist oder sich visumfrei aufhalten darf, gilt bis zum Ablauf des Visums oder des rechtmäßigen visumfreien Aufenthalts als erlaubt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wer in der Absicht, sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 2 Nr. 1 unterweisen zu lassen, zu einer Vereinigung im Sinne des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b, Beziehungen aufnimmt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten dient.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn das Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen im Ausland erfolgt. Außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt dies nur, wenn das Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird.

(4) Die Verfolgung bedarf der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

1.
in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 oder
2.
wenn das Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht durch einen Deutschen begangen wird.

(5) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

(1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann abgesehen werden, wenn der Beschuldigte wegen der Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert wird.

(2) Dasselbe gilt, wenn er wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert oder an einen internationalen Strafgerichtshof überstellt wird und die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die inländische Verfolgung führen kann, neben der Strafe oder der Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen ihn im Ausland rechtskräftig verhängt worden ist oder die er im Ausland zu erwarten hat, nicht ins Gewicht fällt.

(3) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann auch abgesehen werden, wenn der Beschuldigte aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes abgeschoben, zurückgeschoben oder zurückgewiesen wird.

(4) Ist in den Fällen der Absätze 1 bis 3 die öffentliche Klage bereits erhoben, so stellt das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren vorläufig ein. § 154 Abs. 3 bis 5 gilt mit der Maßgabe entsprechend, daß die Frist in Absatz 4 ein Jahr beträgt.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 21. September 2017 - 8 L 6810/17.GI.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Der Beschluss vom 14. November 2017 - 8 L 7779/17.GI.A - ist gegenstandslos. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Gießen zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer ein Drittel seiner notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und die Auslagen für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der am 20. April 1987 in Rüsselsheim geborene Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend in Deutschland und heiratete im Februar 2008 eine türkische Staatsangehörige. Aus der Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen, die (auch) die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Seit dem Jahr 2011 wandte sich der Beschwerdeführer dem muslimischen Glauben zu und nahm Kontakt zu salafistischen Kreisen auf. Im Sommer 2013 reiste der Beschwerdeführer mehrfach, teilweise zusammen mit seiner Familie, in die Türkei und von dort weiter nach Syrien, wo er in einem von der terroristischen Vereinigung Junud al-Sham beherrschten Dorf lebte und der Organisation Geld und einen geländetauglichen PKW zur Verfügung stellte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland überwies er über Mittelsmänner einen Geldbetrag auf ein Konto des sogenannten "Islamischen Staates", nachdem er zuvor unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei einer Bank einen Kredit von 25.000 € aufgenommen hatte.

2

Der Beschwerdeführer wurde am 31. März 2014 in Haft genommen und vom Kammergericht mit Urteil vom 6. Juli 2015 unter anderem wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

3

2. Die Ausländerbehörde wies den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 3. Juni 2016 aus der Bundesrepublik aus, drohte die Abschiebung in die Türkei an und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die nach dem § 53 AufenthG durchzuführende Interessenabwägung führe zum Überwiegen des Ausweisungsinteresses.

4

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid Klage und beantragte die Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 29. Mai 2017 ab, da der Ausweisungsbescheid offensichtlich rechtmäßig sei. Von dem Beschwerdeführer gehe weiterhin eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit aus; insbesondere sei er noch nicht ausreichend stabil, um Anreizen für eine Rückkehr in sein früheres Leben zu widerstehen. Es liege auch kein Abschiebungsverbot für den Beschwerdeführer vor, da die Behauptung, ihm drohe in der Türkei Folter, unsubstantiiert sei. Selbst wenn in der Türkei bekannt geworden sein sollte, dass der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden sei, rechtfertige dies nicht den Schluss, dass ihm in der Türkei Verhaftung und Folter drohten.

5

4. Der Beschwerdeführer legte gegen den Beschluss Beschwerde ein, die der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 31. August 2017 zurückwies. Es bestehe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Beschwerdeführer, dessen terroristische Aktivitäten in der Türkei möglicherweise bekannt geworden seien, einer Gefahr von Folter oder einer anderen menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt sei. Dies entnehme der Senat dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 19. Februar 2017. Danach sei es zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, dass Anhänger der PKK und der Gülen-Bewegung solchen Behandlungen ausgesetzt seien. Für eine die Strafverfolgung wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung überschreitende Gefahr von Folter oder menschenrechtswidriger Behandlung fehlten jedoch bei islamistischen Kämpfern jegliche Anhaltspunkte. Auch das möglicherweise gegen den Beschwerdeführer geführte Ermittlungsverfahren führe nicht zu einer anderen Beurteilung.

6

5. Der Beschwerdeführer hatte schon unter dem 15. August 2017 einen Asylantrag gestellt. Er müsse bei einer Abschiebung in die Türkei mit Inhaftierung und Folter rechnen. Er habe im Juli erfahren, dass in der Türkei gegen ihn wegen einer angeblichen Mitgliedschaft bei Al-Qaida ermittelt werde; die entsprechende Anklageschrift könne er jedenfalls teilweise vorlegen.

7

Das Bundesamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. August 2017 gemäß § 30 Abs. 4 AsylG als offensichtlich unbegründet ab. Zur Begründung führte es insbesondere aus, dass die Zuerkennung internationalen Schutzes aufgrund der Ausschlusstatbestände der § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 AsylG ausscheide. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter seien noch enger, so dass auch diese ausscheide. Es lägen auch keine Abschiebungsverbote vor, da nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer menschenrechtswidrigen Behandlung in der Türkei auszugehen sei. Zu erwarten sei allenfalls eine kurzfristige Festnahme des Beschwerdeführers, jedoch nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts keine Folter oder sonstige unmenschliche Behandlung.

8

6. Am 30. August 2017 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamts Klage und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Er führte unter anderem aus, die Begründung des Offensichtlichkeitsurteils sei unzureichend. Ihm drohe politische Verfolgung, da die Strafverfolgung wegen eines politischen Delikts erfolge. Zudem stünden ihm Abschiebungsverbote zur Seite. Aufgrund der laufenden Ermittlungen würde er bei einer Abschiebung in die Türkei für unbestimmte Zeit in Polizeigewahrsam oder Untersuchungshaft genommen, in deren Verlauf er möglicherweise gefoltert werde. Auch im Auslieferungsverkehr werde zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass Auslieferungen in die Türkei nur bei konkreten Zusicherungen bezüglich der Haftbedingungen zulässig seien. Mit Schreiben vom 5. September 2017 legte der Beschwerdeführer ein Schreiben von amnesty international vor, in dem ausgeführt wurde, amnesty international lägen zwar keine eigenen Erkenntnisse über die Folter von Islamisten in der Türkei vor. Die deutsche Sektion von amnesty international habe jedoch Ende Juli 2017 eine E-Mail eines in Deutschland lebenden Vaters eines seit Oktober 2016 in der Türkei inhaftierten türkischen Staatsangehörigen erhalten. Dieser habe berichtet, sein Sohn sei in einem Gefängnis in Corum inhaftiert, wo er seit einiger Zeit zusammen mit den Mitgefangenen schwer geschlagen und gefoltert werde. Ärztliche Versorgung werde den Gefangenen vollständig verweigert; sie müssten in Zellen für Behinderte schlafen, die voll seien mit menschlichen Fäkalien.

9

Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 21. September 2017 ab. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet sei nicht zu beanstanden, da die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylG vorlägen. Die Vorschrift sei in Fällen, in denen Handlungen des internationalen Terrorismus in Rede stünden, nicht eng auszulegen. Zudem lägen auch keine Abschiebungsverbote vor. Der Verwaltungsgerichtshof habe dies im ausweisungsrechtlichen Verfahren zu Recht festgestellt. Die drohende Inhaftierung begründe nicht den Verdacht einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung. Lediglich Angehörigen der PKK oder der Gülen-Bewegung drohe Folter, ansonsten seien die Gefängnisse massiv überbelegt, wodurch sich nach dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 19. Mai 2017 die schon zuvor ungenügenden Bedingungen weiter verschlechtert hätten. Da jedoch nur Berichte über Folter an PKK und Gülen-Anhängern vorlägen, fehle es an jeglichen Anhaltspunkten für eine beachtliche Gefahr von Folter oder menschenrechtswidriger Behandlung im Falle des Beschwerdeführers.

10

7. Der Beschwerdeführer erhob unter dem 3. Oktober 2017 Anhörungsrüge. Er führte unter anderem aus, das Verwaltungsgericht habe das Schreiben von amnesty international vom 5. September 2017 nicht berücksichtigt.

11

Das Verwaltungsgericht wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 14. November 2017 zurück, vom Beschwerdeführer am 22. November 2017 vorgelegt. Ein Gehörsverstoß liege nicht vor. Das Gericht habe den amnesty international Report 2017 zur Kenntnis genommen, dieser entspreche aber weitgehend dem ausgewerteten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Dem Schreiben von amnesty international vom 5. September 2017 lasse sich ebenfalls keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer menschenrechtswidrigen Behandlung entnehmen. Die Schilderung zweier Folterfälle in dem Schreiben lasse sich nicht verifizieren; im Übrigen könne das Gericht nicht erkennen, was an einer Nutzung einer Zelle für behinderte Menschen menschenrechtswidrig sein solle.

II.

12

1. Der Beschwerdeführer hat Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit einstweiliger Anordnung vom 21. September 2017 hat das Bundesverfassungsgericht der zuständigen Ausländerbehörde bis zum Erlass einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde - längstens bis zum 30. November 2017 - untersagt, den Beschwerdeführer in die Türkei abzuschieben.

13

2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 16a Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG. Sowohl im ausweisungsrechtlichen als auch im asylrechtlichen Eilverfahren hätten die Gerichte einen unzutreffenden Prognosemaßstab, jenen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der nur im Hauptsacheverfahren Anwendung finde, für die dem Beschwerdeführer drohenden Gefahren angenommen. Insbesondere bei Foltergefahr seien die Fachgerichte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angehalten, besonders sorgfältig zu prüfen. Dabei dürften dem Betroffenen, der sich bezüglich der Verhältnisse in seinem Heimatland typischerweise in Beweisnot befinde, keine zu hohen Darlegungslasten auferlegt werden. Seiner Darlegungslast sei der Beschwerdeführer nachgekommen und habe insbesondere auf die drohende Inhaftierung bei einer polizeibegleiteten Abschiebung in die Türkei hingewiesen. Ob tatsächlich, wie Bundesamt und Verwaltungsgericht annähmen, nur Kurden und Gülen-Anhänger in türkischen Gefängnissen gefoltert würden, sei jedenfalls hoch zweifelhaft. Auch im Auslieferungsverkehr werde derzeit verbreitet die Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung bei der Auslieferung in die Türkei angenommen. Weiterhin sei den vorgelegten Berichten zu entnehmen gewesen, dass sich zum einen in der Türkei seit dem Putschversuch die Berichte über Folter gehäuft hätten. Auch türkische Offizielle hätten unverhohlen von Folter gegenüber Feinden der AKP gesprochen. Ein Bericht des Komitees des Europarats zur Verhütung der Folter, welches mit einer sechsköpfigen Delegation die Türkei bereist hätte, sei aufgrund des Widerspruchs der Türkei nicht veröffentlicht worden. Weiterhin habe das Verwaltungsgericht Art. 16a GG verletzt, da es nicht berücksichtigt habe, dass gegen den Beschwerdeführer in der Türkei aufgrund eines offensichtlich manipulierten Strafvorwurfs ermittelt werde. Manipulierte Strafvorwürfe indizierten eine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG. Zudem habe das Verwaltungsgericht den Ausschluss des § 3 Abs. 2 AsylG zu Unrecht auch auf das Asylgrundrecht erstreckt. Zwar könne auch die Anerkennung als Asylberechtigter versagt werden, wenn der Asylsuchende seine politische Überzeugung durch terroristische Mittel betätigt habe. Eigene terroristische Aktivitäten würden dem Beschwerdeführer jedoch nicht vorgeworfen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sei ferner deshalb verletzt, weil die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nicht hinreichend begründet worden sei. Die strafgerichtliche Verurteilung entfalte keine Bindungswirkung, sondern habe allenfalls Indizcharakter. Weiterhin verstoße die Entscheidung gegen das Willkürverbot, weil die Frage der Asylgewährung mit jener des Flüchtlingsschutzes gleichgesetzt worden sei. Schließlich habe das Verwaltungsgericht Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es das Schreiben von amnesty international vom 5. September 2017 nicht berücksichtigt und es zu Unrecht unterlassen habe, Auskünfte des Auswärtigen Amts dazu einzuholen. Auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht durch die unanfechtbare Eilantragsabweisung und die dadurch bedingte Schaffung vollendeter Tatsachen den Weg zum Europäischen Gerichtshof versperrt habe. Dieser habe jedoch zu entscheiden gehabt, ob der Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung gegriffen habe. Schließlich sei bei der Prüfung der Ausweisung das Bleibeinteresse des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt worden.

14

3. Die Akten der Ausgangsverfahren haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Die Bundesregierung und das Land Hessen haben von ihrem Äußerungsrecht Gebrauch gemacht.

III.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an und gibt ihr in diesem Umfang statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

16

1. Die Verfassungsbeschwerde ist in einer die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Weise offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 21. September 2017 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, indem sie ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids des Bundesamts auch bezüglich der geltend gemachten Abschiebungsverbote aus § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne weitere Sachaufklärung verneint.

17

a) Den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen muss im Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 2 GG wirksam Rechnung getragen werden (vgl. BVerfGK 10, 108 <112 f.>). Die Verfahrensgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG beschränkt sich nicht auf die Einräumung der Möglichkeit, die Gerichte gegen Akte der öffentlichen Gewalt anzurufen; sie gibt dem Bürger darüber hinaus einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt nicht nur, dass jeder potenziell rechtsverletzende Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt werden kann; vielmehr müssen die Gerichte den betroffenen Rechten auch tatsächliche Wirksamkeit verschaffen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 40, 272 <275>; 67, 43 <58>; 84, 34 <49>; stRspr). Das Maß dessen, was wirkungsvoller Rechtsschutz ist, bestimmt sich entscheidend auch nach dem sachlichen Gehalt des als verletzt behaupteten Rechts (vgl. BVerfGE 60, 253 <297>), hier - angesichts der in Rede stehenden Foltergefahr und der Gefahr unmenschlicher und entwürdigender Inhaftierungsbedingungen -, der Menschenwürde sowie des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Verbindung mit der Gewährleistung des Art. 3 EMRK im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

18

b) Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung haben dem hohen Wert dieser Rechte Rechnung zu tragen (vgl. zu den Anforderungen an einen wirkungsvollen Rechtsschutz im Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 2 GG; BVerfGE 117, 71 <106 f.>) und die Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 111, 307 <323 ff.>). In Fällen, in denen die möglicherweise bestehende Gefahr, Folter oder unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt zu sein, in Rede steht, kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verfassungsrechtliches Gewicht zu. Dies gilt insbesondere in Situationen, in denen sich der Betroffene auf eine in seinem Abschiebungszielstaat bestehende Foltergefahr beruft und für diese auch ernsthafte Anhaltspunkte bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1996 - 2 BvR 528/96 -, juris, Rn. 27 ff.).

19

c) Sowohl verfassungsrechtlich als auch konventionsrechtlich ist es in solchen Konstellationen geboten, dass sich die zuständigen Behörden und Gerichte vor einer Rückführung in den Zielstaat über die dortigen Verhältnisse informieren und gegebenenfalls Zusicherungen der zuständigen Behörden einholen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>; EGMR, Urteil vom 17. Januar 2012 - 8139/09 - Othman ./. U.K., Rn. 187). Diese Zusicherungen müssen geeignet sein, eine ansonsten bestehende beachtliche Gefahr einer Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung wirksam auszuschließen (zu den diesbezüglichen Anforderungen vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 -, juris, Rn. 46 ff.; EGMR, Urteil vom 17. Januar 2012 - 8139/09 - Othman ./. U.K., Rn. 188 f.); andernfalls kann es zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes geboten sein, die aufschiebende Wirkung der Klage - zunächst - anzuordnen (vgl. zur Bedeutung des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes für das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1; BVerfGE 126, 1 <27 ff.>; zuletzt BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 -, juris, Rn. 17 und vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 -).

20

2. Diesen Maßgaben wird die angegriffene Entscheidung vom 21. September 2017 nicht gerecht.

21

a) Dies gilt zum einen für die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter drohe. Mit menschenrechtswidriger Behandlung müssten nur kurdische Aktivisten und Anhänger der Gülen-Bewegung rechnen; dass auch Anhänger des "Islamischen Staates" oder Al-Qaidas gefoltert würden, sei nicht ersichtlich. Die ins Verfahren eingeführten entgegenstehenden Behauptungen von amnesty international seien nicht verifizierbar.

22

Mit dieser Begründung verfehlt das Verwaltungsgericht die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Es bestand im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer überreichte Schreiben von amnesty international vom 5. September 2017 vor dem Hintergrund der als gerichtsbekannt einzustufenden allgemeinen Erkenntnisse zur politischen Situation in der Türkei von Verfassungs wegen Anlass zu weiterer Sachaufklärung oder zur Einholung von Zusicherungen der türkischen Behörden zur Behandlung des Beschwerdeführers. Denn es bestanden hinreichende Anhaltspunkte für das Bestehen einer Foltergefahr auch im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Unterstützung des "Islamischen Staates" und damit auch in Bezug auf den Beschwerdeführer. In dem Schreiben vom 5. September 2017 ist von ausgedehnter Folter von Terrorverdächtigen sowie davon die Rede, dass die Zellen, in denen die Betroffenen untergebracht waren, voller menschlicher Fäkalien gewesen seien. Diese mit eine Nachprüfung ermöglichenden Einzelheiten belegten Angaben hätten einer Überprüfung bedurft; jedenfalls konnte sich das Verwaltungsgericht nicht darauf beschränken, die in dem Schreiben ebenfalls erwähnte Unterbringung in einer Zelle für Behinderte für sich genommen als nicht menschenrechtswidrig zu bewerten. Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten des vorliegenden Falles kommt es für das Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht auf die generelle Frage an, ob Personen, die wegen politischer Straftaten verdächtigt oder inhaftiert werden, auch dann Folter droht, wenn es sich nicht um kurdische Aktivisten oder Anhänger der Gülen-Bewegung handelt.

23

b) Entsprechendes gilt für die Frage der Haftbedingungen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht sich zwar auf Quellen bezogen, die eine deutliche Verschlechterung der Haftbedingungen in der Türkei beschreiben. Es hat jedoch nicht eigenständig begründet, warum bei dem Beschwerdeführer eine der Europäischen Menschenrechtskonvention genügende Inhaftierung gewährleistet sein soll und deshalb ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK ausscheidet. In Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Verfahren nach § 58a AufenthG (Beschluss vom 19. September 2017 - 1 VR 7/17 -, juris, Rn. 56) und zahlreicher Oberlandesgerichte in Auslieferungssachen zu den in der Türkei derzeit herrschenden Haftbedingungen (vgl. zuletzt OLG Celle, Beschluss vom 2. Juni 2017 - 2 AR (Ausl) 44/17 -, juris und Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 28. September 2017 - 1 Ausl. A 13/17 -, juris) konnte das Verwaltungsgericht auch insoweit nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Abschiebung keine menschenrechtswidrige Behandlung drohte.

24

c) Das Verwaltungsgericht war vor diesem Hintergrund verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären oder eine Abschiebung an die Einholung von geeigneten Zusicherungen der türkischen Stellen hinsichtlich einer menschenrechtskonformen Behandlung des Beschwerdeführers zu binden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 -, juris, Rn. 50). Im Hinblick auf den festgestellten Verstoß gegen die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sich ergebende Aufklärungspflicht bedarf die Frage, ob neben dem Beschwerdeführer andere oder alle dem "Islamischen Staat" zuzurechnenden Personen nach einer Abschiebung in die Türkei generell mit Folter zu rechnen haben (Art. 2 Abs. 2 GG), im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren keiner Entscheidung.

25

3. Die Kammer hebt den Beschluss nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurück, da der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. September 2017 auf der Grundrechtsverletzung beruht.

26

4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

27

5. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.