Bundessozialgericht Urteil, 17. Aug. 2017 - B 5 R 8/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:170817UB5R816R0
bei uns veröffentlicht am17.08.2017

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte für den Zeitraum September 2014 bis März 2015.

2

Der am geborene Kläger war nach einer Fachschulausbildung im August 1968 mit der Aufnahme einer beruflichen Ausbildung in das Arbeitsleben eingetreten und langjährig berufstätig. Zu Beginn des Jahres 2014 war er bei der "N. Transport K. GmbH" (im Folgenden: Arbeitgeberin) im Bereich des Rechnungswesens beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis kündigte die Arbeitgeberin am 12.12.2013 zum 31.1.2014. In einer Bescheinigung vom 10.6.2014 erklärte sie, dass die Kündigung als Kostensenkungsmaßnahme eine seinerzeit drohende Insolvenz abwenden sollte. Im Ergebnis blieb diese Maßnahme jedoch ohne Erfolg. Am 31.3.2014 stellte die Arbeitgeberin den Insolvenzantrag. Ab Februar 2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Alg) von der Bundesagentur für Arbeit (BA), die aufgrund des Leistungsbezugs auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtete.

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Am 26.8.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab September 2014. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2.10.2014 ab, weil der Kläger statt der erforderlichen 540 Monate nur 533 Wartezeitmonate zurückgelegt habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014 zurück. Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung könnten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur bei der Wartezeit berücksichtigt werden, sofern das vorangegangene Beschäftigungsverhältnis durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe beendet worden sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die Kündigung durch die Arbeitgeberin sei bereits vor der Stellung des Insolvenzantrags erklärt worden.

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Bereits im September 2014 hatte der Kläger eine geringfügige versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen, die er bis März 2015 ausübte. Unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenden sieben weiteren Beitragsmonate bewilligte die Beklagte dem Kläger mit weiterem Bescheid vom 25.3.2015 die begehrte Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab April 2015.

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Gegen die Ablehnung der Rente für den Zeitraum September 2014 bis März 2015 hat der Kläger beim SG Stade Klage erhoben. Mit Urteil vom 14.9.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung hat das LSG Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 2.3.2016 zurückgewiesen. Im Zeitraum September 2014 bis März 2015 sei die Wartezeit von 45 Jahren für die Bewilligung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte noch nicht erfüllt gewesen. Die sieben Monate des Alg-Bezugs mit Beitragszahlung durch die BA von Februar bis August 2014 könnten nicht auf die Wartezeit angerechnet werden, weil sie in den letzten zwei Jahren vor dem gewünschten Rentenbeginn lägen und daher nach den Vorgaben des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 SGB VI für die Berechnung der 45-jährigen Wartezeit nicht berücksichtigungsfähig seien. Die (Rück-)Ausnahmeregelung, wonach solche Zeiten gleichwohl angerechnet werden dürften, wenn der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt sei, greife nicht ein. Die Arbeitgeberin habe sich im Zeitpunkt der Kündigung im Dezember 2013 zwar in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden, sei aber seinerzeit noch nicht in Insolvenz geraten. Der Insolvenzantrag sei vielmehr erst am 31.3.2014 gestellt worden. Eine Auslegung, wonach auch eine nur zur Abwehr einer möglicherweise in Betracht kommenden Insolvenz ausgesprochene Kündigung für das Eingreifen der (Rück-)Ausnahmeregelung ausreiche, sei mit dem Gesetzeswortlaut nicht zu vereinbaren. Es finde sich auch keine tragfähige Grundlage in den Gesetzesmaterialien und in der Systematik, die die Annahme rechtfertige, dass eine solche Auslegung über den Wortlaut hinaus dem gesetzgeberischen Willen entspreche. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung bestünden im Ergebnis nicht.

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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 51 Abs 3a SGB VI. Das Berufungsgericht habe den Anwendungsbereich der Norm verkannt. Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung seien auf die Wartezeit von 45 Jahren auch dann anzurechnen, wenn der Insolvenzantrag noch nicht gestellt worden, die Kündigung aber dennoch - wie in seinem Fall - durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers bedingt sei, also zeitlich mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang stehe. Nach dem Wortlaut der Vorschrift müsse die Kündigung nur durch eine Insolvenz bedingt sein. In der Gesetzesbegründung fänden sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung von der Stellung eines Insolvenzantrags oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens abhängig habe machen wollen. In der Insolvenzordnung (InsO) sei die drohende Zahlungsunfähigkeit der Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund eines Insolvenzverfahrens gleichgestellt. Es reiche daher bereits die Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers und die kausale Verknüpfung zwischen Kündigung und Zahlungsunfähigkeit bzw drohender Zahlungsunfähigkeit aus. Sofern dieser Argumentation nicht gefolgt werde, müsse die Regelung jedenfalls verfassungskonform auf den Fall einer Kündigung im Rahmen einer Insolvenz, dh einer zeitlich kurz vor der Stellung eines Insolvenzantrags ausgesprochenen Kündigung angewandt werden. Dies gebiete der allgemeine Gleichbehandlungssatz des Art 3 Abs 1 GG bei einem Vergleich mit Personen, die nach der Anmeldung einer Insolvenz gekündigt würden. Beide Personengruppen seien unfreiwillig und unverschuldet entlassen worden. Auch könnten bei beiden die objektiven Umstände, die zu einer Kündigung geführt hätten, von außen überprüfbar und unkompliziert nachvollzogen werden. Zudem handele es sich bei beiden Gruppen um Härtefälle, bei denen die gesetzliche (Rück-)Ausnahme greifen soll. Sofern auch eine verfassungskonforme Auslegung nicht für möglich gehalten werde, müsse das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 51 Abs 3a SGB VI zur Entscheidung vorgelegt werden. Die Vorschrift verstoße neben Art 3 Abs 1 GG zudem in der Auslegung des LSG gegen Art 14 GG. Es liege ein unverhältnismäßiger Eingriff in rentenrechtliche Anwartschaften vor.

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Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 2. März 2016 und des Sozialgerichts Stade vom 14. September 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Altersente für besonders langjährig Versicherte bereits für den Zeitraum vom 1. September 2014 bis einschließlich 31. März 2015 zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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A. Die kraft Zulassung durch das LSG statthafte Revision (§ 160 Abs 1 und 3 SGG) ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere entgegen den von dem Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken formgerecht iS des § 164 Abs 2 S 1 und S 3 SGG begründet.

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Wendet sich die Revision - wie hier - gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden ist. Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedankengang des Vordergerichts einzugehen. Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsbeschlüsse vom 10.2.2016 - B 5 RS 1/15 R - BeckRS 2016, 66775 RdNr 6; vom 5.5.2015 - B 5 R 18/14 R - BeckRS 2015, 69242 RdNr 6; vom 9.1.2014 - B 5 RE 1/14 R - BeckRS 2014, 65978 RdNr 7 und vom 23.2.2017 - B 5 SF 5/16 AR - Juris RdNr 13). Diesen Anforderungen kann eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts nur genügen, wenn sie den vom Vordergericht festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich relevanter Tatumstände) vollständig darlegt (Senatsbeschluss vom 23.2.2017 - B 5 SF 5/16 AR - Juris RdNr 14).

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Welche inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhaltes im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts konkret zu stellen sind, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung. Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind naturgemäß am geringsten, wenn das Tatsachengericht in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich kundgetan hat, wovon es aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt ist und was es demgemäß festgestellt hat. Die Aufgabe des Revisionsführers wächst in dem Umfang, in dem das LSG von dieser Idealform abweicht und Feststellungen auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise trifft, dass allenfalls aus seiner weiteren Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es überzeugt war. Insoweit muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit (BSG vom 25.7.1968 - 8 RV 361/66 - SozEntsch BSG 1/4 § 164 Nr 17 - Juris RdNr 15) - und nicht von "copy and paste" - darlegen, in welcher Weise sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt als dessen geistigen Gehalt entnimmt (Senatsbeschluss vom 23.2.2017 - B 5 SF 5/16 AR - Juris RdNr 22; zustimmend 12. Senat des BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - Juris RdNr 20 ff, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR).

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Eine formgerechte Revisionsbegründung erfordert daher weder stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffs und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes noch bedarf sie zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - Juris RdNr 23). Unzulässig sind solche Formen der Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts allerdings nicht. Etwas Gegenteiliges ist auch nicht dem Urteil des 13. Senats des BSG vom 24.2.2016 (B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 20) zu entnehmen. Dieser hat lediglich darauf hingewiesen, dass die Wiedergabe des kompletten Berufungsurteils in der Revisionsbegründung wegen deren Überfrachtung mit Unwesentlichem und der damit verbundenen Erschwernis der Arbeit des Revisionsgerichts nicht wünschenswert ist.

14

Der Kläger, der in der Revisionsbegründung die angefochtene Entscheidung nahezu vollständig wiedergegeben hat, hat mit dieser Art der Darstellung - unabhängig von der Frage ihrer Sachdienlichkeit - den rechtlichen Anforderungen an die gebotene Form genügt.

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B. Die Revision ist allerdings unbegründet.

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Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte bereits ab 1.9.2014. Er hat die gesetzlichen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt (dazu I.). Auch verstößt § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 2 und 3 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) vom 23.6.2014 (BGBl I 787) nicht gegen die Verfassung (dazu II.). Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG kommen daher nicht in Betracht.

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I. Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 236b Abs 1 iVm Abs 2 S 1 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte, die vor dem 1.1.1953 geboren sind, Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet (Abs 1 Nr 1) und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben (Abs 1 Nr 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar ist der Kläger vor dem 1.1.1953 - am 29.12.1950 - geboren und hatte am 1.9.2014 das 63. Lebensjahr vollendet. Er erfüllte jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht die 45-jährige Wartezeit.

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1. Welche Zeiten auf die 45-jährige Wartezeit angerechnet werden, regelt § 51 Abs 3a S 1 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014. Danach werden auf die Wartezeit von 45 Jahren Kalendermonate angerechnet mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr 1), Berücksichtigungszeiten (Nr 2), Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung (Nr 3 Buchst a), Leistungen bei Krankheit (Nr 3 Buchst b) und Übergangsgeld (Nr 3 Buchst c), soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind (Teils 1), wobei Zeiten nach Buchst a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt werden (Teils 2), es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt (Teils 3). Ferner werden auf die Wartezeit von 45 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen Kalendermonate mit freiwilligen Beiträgen angerechnet (Nr 4).

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Nach den nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat der Kläger bis Ende Januar 2014 533 Kalendermonate zurückgelegt, die auf die 45-jährige Wartezeit (= 540 Monate) anrechenbar sind. Die darüber hinaus von Februar bis August 2014 zurückgelegten 7 Monate des Bezugs von Alg, einer Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung (§ 3 Abs 4 Nr 1 SGB III), sind nach den Vorgaben des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 2 und 3 SGB VI nicht anrechnungsfähig. Sie liegen in den letzten zwei Jahren vor dem gewünschten Rentenbeginn 1.9.2014 (Teils 2), ohne dass der Alg-Bezug durch eine Insolvenz - die vorliegend allein als Rückausnahmefall in Betracht kommt - bedingt ist (Teils 3).

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Insolvenzbedingt ist der Alg-Bezug nur dann, wenn sich die Beendigung einer Beschäftigung - die ihrerseits Ursache der Arbeitslosigkeit als Voraussetzung für Alg ist (§ 136 Abs 1 Nr 1 SGB III) - als Ergebnis einer verfahrensrechtlich durch die InsO gelenkten Tätigkeit darstellt. Dies ist der Fall, wenn die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses auf der Erklärung zB Kündigung einer Person beruht, deren Handlungsbefugnis durch die InsO begründet ist. Als solche Person kommt der (vorläufige) Insolvenzverwalter oder der Arbeitgeber in der Funktion als Schuldner in Eigenverwaltung in Betracht.

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Ein solches Verständnis des im Gesetz nicht näher umschriebenen und auch durch den Sprachgebrauch nicht eindeutig bestimmten Rechtsbegriffs der "Insolvenz" (dazu a) ergibt sich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm (dazu b) sowie systematischer Erwägungen (dazu c) insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit.

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a) § 51a Abs 3a SGB VI definiert den Begriff "Insolvenz" nicht. Ebenso wenig ergibt sich ein eindeutiger Wortsinn aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Insoweit wird unter dem Begriff "Insolvenz" insbesondere "Zahlungsunfähigkeit" (Gabler, Lexikon Recht in der Wirtschaft, 1998, S 519; Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl 2007, S 631), aber auch zusätzlich "Bankrott, Ruin, Pleite, Illiquidität" (Duden, Das Synonymwörterbuch, Bd 8, 6. Aufl 2014, S 530) verstanden, wobei die Erläuterung "Zahlungsunfähigkeit" teilweise mit dem Hinweis verbunden wird, dass die InsO das Verfahren zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger eines Schuldners regelt (Der Brockhaus in einem Band, 14. Aufl 2011, S 416). Ähnlich verhält es sich im allgemeinen rechtlichen Sprachgebrauch, bei dem unter dem Begriff "Insolvenz" ua auf das Insolvenzrecht und das Insolvenzverfahren nach der InsO verwiesen wird (vgl Creifelds, Rechtswörterbuch, 21. Aufl 2014, S 669 iVm 672). Danach bezeichnet der Begriff "Insolvenz" entweder inhaltlich einen bestimmten finanziellen Zustand oder aber ist in Anlehnung an die InsO verfahrensrechtlich geprägt.

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b) Unter Berücksichtigung des sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Sinns und Zwecks des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 2 und 3 SGB VI ist der Begriff "Insolvenz" in letzterem Sinn zu verstehen.

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Welches Verständnis dem Begriff "Insolvenz" bei der Konzeption des § 51 Abs 3a SGB VI zugrunde gelegt worden ist, geben die Gesetzesmaterialien nicht ausdrücklich an. Der ursprüngliche Entwurf des § 51 Abs 3a SGB VI sah weder eine Ausnahme von der Anrechenbarkeit der Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die 45-jährige Wartezeit noch eine Rückausnahmeregelung für bestimmte Fälle vor(vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 25.3.2014 - BT-Drucks 18/909, S 7 Anlage 1 Art 1 Nr 2 und S 13 f Begründung A.I.). Erst im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens empfahl der Ausschuss für Arbeit und Soziales zwecks Vermeidung von Fehlanreizen, die sich aus der Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die Wartezeit von 45 Jahren bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte ergeben könnten, diese Zeiten nicht zu berücksichtigen, wenn sie in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn lägen; um Härtefälle zu verhindern, sollten diese Zeiten zwei Jahre vor Rentenbeginn nur dann anrechnungsfähig sein, wenn sie durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt seien (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales <11. Ausschuss> vom 21.5.2014 - BT-Drucks 18/1489, S 5 und S 26 zu Buchst b). Welche Voraussetzungen an das Vorliegen einer Insolvenz zu stellen sind, ist dabei nicht erläutert worden.

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Anhaltspunkte für die Bedeutung des Begriffs "Insolvenz" bzw "durch eine Insolvenz … des Arbeitgebers bedingt" lassen sich aber der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.7.2014 (BT-Drucks 18/2186) entnehmen, in der die Formulierung Vermeidung bzw Verhinderung von "Fehlanreizen" wieder aufgenommen wird. Im Einzelnen heißt es dort (BT-Drucks 12/2186, S 9):

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"Bereits bei Kabinettsbeschluss bestand Einigkeit, dass im parlamentarischen Verfahren zu prüfen sein wird, wie Frühverrentung verhindert werden kann. Denn Ziel der sogenannten Rente ab 63 soll nicht sein, bereits zwei Jahre vor Rentenbeginn aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und über den Bezug von Arbeitslosengeld in die abschlagsfreie Rente zu gehen. Um derartige Missbräuche von vornherein auszuschließen, werden Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 63 Jahre nicht mitgezählt. Eine Ausnahme gilt für diejenigen Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs, die durch eine Insolvenz oder eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers verursacht wurden. Denn in diesen Fällen liegt typischerweise keine missbräuchliche Frühverrentung vor.

           

                 
        

Zutreffend ist, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus anderen Gründen als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos werden können. Die Einführung großzügigerer Kriterien als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe wäre jedoch missbrauchsanfällig und daher ungeeignet, Fehlanreize zu verhindern. Denn in anderen als den geregelten Ausnahmefällen ist kein Nachweis darüber möglich, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich waren, die frei von missbräuchlichen Absichten sind."

27

Das Ziel, eine missbräuchliche Frühverrentung von vornherein auszuschließen, ist regelmäßig nur erreichbar, wenn die Insolvenz in einem durch die InsO geprägten Sinn zu verstehen ist.

28

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw der Anordnung vorläufiger Maßnahmen bereits vor der Eröffnung verliert der Arbeitgeber die Verfügungs- bzw unkontrollierte Verfügungsbefugnis über sein Unternehmen oder fällt dieses bei Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse als Basis von Beschäftigungen weg mit der Folge, dass zumindest im Regelfall rechtlich oder faktisch eine missbräuchliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zwecks Frühverrentung durch ein Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgeschlossen ist (dazu aa). Dieses Ziel ist nicht erreichbar, wenn dem Begriff "Insolvenz" die Bedeutung einer bloßen Zahlungsunfähigkeit oder eines vergleichbaren finanziellen Zustands beigemessen wird (dazu bb).

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aa) (1) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, ernennt das Insolvenzgericht im Regelfall einen Insolvenzverwalter (§ 27 Abs 1 S 1 InsO). Mit der Eröffnung des Verfahrens tritt der Insolvenzverwalter in die Arbeitgeberstellung ein (Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2. Aufl 2010, S 643 RdNr 4; Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl 2017, Einführung InsO RdNr 37, § 113 RdNr 1). Damit ist er aus den Arbeitsverhältnissen, die auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestehen (§ 108 Abs 1 S 1 InsO), nach Maßgabe der geltenden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsvertragsregelungen und Gesetze berechtigt und verpflichtet (Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO). Die Kündigungs- und Anfechtungsbefugnis gehen auf ihn über (Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO; Berscheid, Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz, 1999, RdNr 518). Bereits vor der Eröffnung hat das Insolvenzgericht die Befugnis, vorläufige Maßnahmen zur Sicherung des Schuldnervermögens anzuordnen. Bei der Anordnung der vorläufigen Verwaltung wird differenziert zwischen der sog "schwachen" Verwaltung mit Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs 2 Nr 2 Alt 2 InsO und der sog "starken" Verwaltung mit Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs 2 Nr 2 Alt 1, § 22 InsO(Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO, S 641 RdNr 2). Die Anordnung der "schwachen" vorläufigen Verwaltung hat keine Auswirkung auf die Arbeitgeberstellung; der Insolvenzschuldner bleibt Arbeitgeber (Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO; Berscheid, aaO, RdNr 499). Eine von ihm ausgesprochene Kündigung von Arbeitsverhältnissen ist jedoch nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam, sofern sich nichts anderes aus den Anordnungen des Insolvenzgerichts ergibt (vgl BAG Urteil vom 10.10.2002 - 2 AZR 532/01 - Juris RdNr 23 ff; Rüntz in Kayser/Thole, Insolvenzordnung, 8. Aufl 2016, S 227 RdNr 17). Ordnet das Insolvenzgericht die "starke" vorläufige Verwaltung an, so geht mit diesem Zeitpunkt die Arbeitgeberstellung, insbesondere das Kündigungsrecht auf den Insolvenzverwalter über (vgl Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO; Berscheid, aaO, RdNr 492).

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Im Regelinsolvenzverfahren hat damit der Arbeitgeber nach Eröffnung des Verfahrens keine Möglichkeit mehr, Arbeitsverhältnisse zu beenden und ist auch vor dem Eröffnungsbeschluss bei Anordnung vorläufiger Maßnahmen zumindest von der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bei Kündigungen abhängig.

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Ordnet das Gericht dagegen ausnahmsweise (dazu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO, S 498 RdNr 7) Eigenverwaltung an (§§ 270 ff InsO), erhält der Schuldner zwar die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse, unterliegt aber der umfassenden Aufsicht und Überwachung eines vom Insolvenzgericht eingesetzten Sachwalters (§ 270 Abs 1 S 1 InsO; Undritz in Schmidt, InsO, 19. Aufl 2016, § 270 InsO RdNr 25; Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 3. Aufl 2017, § 270 RdNr 29). Dabei schließt der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§§ 21 ff InsO) grundsätzlich nicht aus (Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO, S 502 RdNr 14).

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Bei Anordnung der Eigenverwaltung wird der Schuldner daher zumindest in seinen Verfügungen kontrolliert.

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(2) Die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse gemäß § 26 Abs 1 S 1 InsO führt etwa bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Offenen Handelsgesellschaften sowie Kommanditgesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, zu deren Auflösung(§ 60 Abs 1 Nr 5 GmbHG, § 262 Abs 1 Nr 4 AktG, § 81a Nr 1 GenG, § 131 Abs 2 Nr 1 HGB, § 161 Abs 2 HGB). Die Auflösung führt zur Abwicklung (Liquidation) der Gesellschaft (vgl Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl 2017, § 60 RdNr 2; Kamanabrou in Oetker, HGB, 5. Aufl 2017, § 131 RdNr 19; Füller in Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl 2017, § 262 RdNr 12) und anschließender Beendigung (vgl Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl 2016, § 60 RdNr 19 mwN; vgl zur Löschung vermögensloser Gesellschaften und Genossenschaften § 394 FamFG). Damit entfällt in diesen Fällen das Unternehmen als Basis der Beschäftigung des Arbeitnehmers, sodass eine missbräuchliche Kündigung insoweit ebenfalls ausscheidet. Dies gilt letztlich ebenso, wenn der Arbeitgeber eine natürliche Person ist. Auch diese ist im Fall ihrer - durch Beschluss des Insolvenzgerichts nachgewiesenen - Vermögenslosigkeit wirtschaftlich nicht in der Lage, ein Unternehmen fortzuführen.

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bb) Verstünde man dagegen unter Insolvenz iS von § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 3 SGB VI nur den Zustand der Zahlungsunfähigkeit oder einen vergleichbaren finanziellen Zustand, bliebe die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers rechtlich uneingeschränkt, sodass ein Zusammenwirken zwischen ihm und dem Arbeitnehmer nicht ausgeschlossen werden kann. Interne, nicht dokumentierte Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die sich eines Nachweises entziehen, sind insoweit immer möglich. Abgesehen davon wäre auch die Zahlungsunfähigkeit nicht in einem geregelten Verfahren festgestellt worden, was zusätzlich Raum für eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Alg und anschließender Rente bietet.

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c) Für das hier vertretene Begriffsverständnis sprechen schließlich auch systematische Erwägungen, insbesondere der zweite gesetzlich geregelte Rückausnahmetatbestand, die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers. Hierbei entfällt die Basis vorhandener Beschäftigungsverhältnisse und damit die Gelegenheit für eine missbräuchliche Frühverrentung durch ein Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die zweite Rückausnahmeregelung entspricht insoweit der oben dargestellten zweiten Variante einer verfahrensrechtlich geprägten Insolvenz, der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, und ist mit der aufgezeigten ersten verfahrensrechtlichen Insolvenzvariante, der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in der Wirkung vergleichbar. Beide schließen typischerweise einen Missbrauch aus, die vollständige Geschäftsaufgabe in tatsächlicher Hinsicht durch Wegfall der Beschäftigungsbasis und das eröffnete Insolvenzverfahren in rechtlicher Hinsicht durch Wegfall der uneingeschränkten oder unkontrollierten Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers.

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Darüber hinaus verwenden auch die sonstigen Bücher des SGB, soweit sie Rechtsfolgen an die Insolvenz knüpfen, einen durch die InsO verfahrensrechtlich geprägten Insolvenzbegriff.

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So setzt zB in § 165 Abs 1 S 1 SGB III der Anspruch auf Insolvenzgeld den Eintritt eines Insolvenzereignisses voraus, das in § 165 Abs 3 S 2 SGB III definiert wird. Danach gilt als Insolvenzereignis die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Im SGB IV normiert zB § 28a Abs 1 S 1 Nr 3 eine Meldepflicht des Arbeitgebers oder eines anderen Meldepflichtigen bei der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten bei Eintritt eines Insolvenzereignisses. § 8a der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung, der die Meldepflicht für bereits vor dem Insolvenzereignis freigestellte Beschäftigte betrifft(vgl Erkelenz in Jahn/Jansen, SGB IV, § 28a RdNr 16a, Stand 30.6.2015), konkretisiert diesen Begriff iS der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder dessen Nichteröffnung mangels Masse. § 19 Abs 1a S 1 SGB V nennt die Insolvenz einer Krankenkasse als Grund für das Ende der Mitgliedschaft eines Versicherten. § 171b SGB V, der die "Insolvenz von Krankenkassen" näher regelt, bestimmt in Abs 1, dass vom 1.1.2010 an die InsO für die Krankenkassen nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze gilt und regelt in Abs 5, dass mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dem Tag der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, die Krankenkasse mit der Maßgabe geschlossen ist, dass die Abwicklung der Geschäfte der Krankenkasse im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften der InsO erfolgt. Hiermit übereinstimmend definiert § 171d Abs 1 SGB V den Insolvenzfall als Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Krankenkasse oder die rechtskräftige Abweisung der Eröffnung mangels Masse.

38

Ein insolvenzbedingter Alg-Bezug im dargelegten Sinn liegt bei dem Kläger nicht vor. Seine Arbeitgeberin hat ihre Befugnis zur Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses am 12.12.2013 nicht aus den Regelungen der InsO abgeleitet. Das Insolvenzverfahren war vielmehr zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeleitet.

39

2. Eine analoge Anwendung des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 3 SGB VI auf Fälle des Alg-Bezugs aufgrund der Kündigung eines Beschäftigungsverhältnisses zur Abwendung einer dann doch eingetretenen Insolvenz des Arbeitgebers oder gar auf sämtliche unfreiwilligen und unverschuldeten Beendigungen von Arbeitsverhältnissen kommt nicht in Betracht.

40

Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz voraus (BGHZ 149, 165, 174; BGH NJW 2007, 992, 993 und 2008, 1446 Tz 14; BAG NJW 2003, 2473, 2474 f; BFH NJW 2006, 1837). Eine solche liegt hier nicht vor. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus anderen Gründen als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos werden können. Er hat sich trotz dieser Erkenntnis lediglich für die zwei genannten Rückausnahmen entschieden, weil in allen anderen Fällen kein Nachweis darüber möglich sei, dass die Arbeitslosigkeit nicht auf missbräuchlichen Absichten beruhe (vgl Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.7.2014 - BT-Drucks 18/2186, S 9). Der Gesetzgeber hat daher wissentlich und willentlich eine nur enge Rückausnahmeregelung geschaffen.

41

II. § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 2 und 3 SGB VI stehen mit der Verfassung in Einklang.

42

1. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor.

43

a) Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung gemäß § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teil 2 SGB VI in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn entgegen der Grundregel des Teils 1 nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden.

44

Der allgemeine Gleichheitssatz iS von Art 3 Abs 1 GG gebietet zwar, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl nur BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 - stRspr).

45

Die Regelung des Teils 2 benachteiligt die Personengruppe, die Zeiten im Sinne des Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a SGB VI in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn zurückgelegt hat, gegenüber der Personengruppe, die derartige Zeiten vor diesem Zeitraum absolviert hat und damit der Grundregel des Teils 1 unterfällt.

46

Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen durch den Gesetzgeber wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt.

47

Da eine Anordnung des Gesetzgebers, Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind, auf die 45-jährige Wartezeit anzurechnen, angesichts der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit (BVerfGE 122, 1, 23; 130, 240, 254 = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1; BVerwGE 101, 86, 95; BSGE 70, 62, 67 = SozR 3-5750 Art 2 § 62 Nr 6)aus Verfassungsgründen nicht geboten war, kann es ihm grundsätzlich auch nicht verwehrt sein, für sie zeitliche Grenzen zu setzen. Insoweit liegt ein Vergleich mit der Zulässigkeit von Stichtagsregelungen nahe (vgl BVerfGE 80, 297, 311 = SozR 5795 § 4 Nr 8).

48

Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags überhaupt notwendig ist und sich die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (vgl zB BVerfGE 101, 239, 270; 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7; BVerfGE 123, 111, 128; 126, 369, 399 = SozR 5050 § 226 Nr 9).

49

Einer Prüfung anhand dieser Kriterien hält § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 2 SGB VI stand.

50

aa) Der Gesetzgeber durfte die Einführung einer zeitlichen Begrenzung der Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die Wartezeit von 45 Jahren iS eines Berücksichtigungsausschlusses in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn für notwendig halten.

51

Die Ausschlussregelung iS des Teils 2 ist in das Gesetz aufgenommen worden, um eine missbräuchliche Frühverrentung von vornherein zu verhindern. Die sog "Rente ab 63" dient - wie bereits oben ausgeführt - nicht dem Ziel, bereits zwei Jahre vor Rentenbeginn aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und über den Bezug von Alg in die abschlagsfreie Rente zu wechseln (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.7.2014 - BT-Drucks 18/2186, S 9). Der Gesetzgeber durfte von der Gefahr einer missbräuchlichen Frühverrentung ausgehen. Es liegt im Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers, bei einer nicht eindeutig geklärten und auch nicht ohne Weiteres aufklärbaren Sachlage seinen Entscheidungen über zu ergreifende Maßnahmen eine Gefährdungsprognose zugrunde zu legen, wobei er sich allerdings nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützen darf (BVerfGE 138, 136 RdNr 144 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

52

Die Einschätzung einer missbräuchlichen Frühverrentung kann sich nicht auf empirisch nachweisbare Befunde stützen; ebenso wenig ist ein derartiger Sachverhalt im voraus aufklärbar oder vorhersehbar, weil das Rentenzugangsgeschehen multifaktoriell ist und sich aus dem Zusammenwirken verschiedener Akteure, wie zB individuellen Überlegungen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebersicht, ergibt (vgl schriftliche Stellungnahme der BA zur öffentlichen Anhörung vom Sachverständigen am 5.5.2014 - Ausschussdrucks 18<11>82 S 32, 33). Es stellt auch keine der Lebenserfahrung widersprechende Würdigung des Lebenssachverhalts dar, dass ältere Arbeitnehmer, die bereits ein langes und in der Regel anstrengendes Erwerbsleben absolviert, die 45-jährige Wartezeit möglicherweise aber dennoch nicht erfüllt haben, sich unter Inanspruchnahme von Alg aus dem Erwerbsleben verabschieden, um ggf über den Leistungsbezug die noch nicht erfüllte Wartezeit zu erreichen und anschließend mit 63 in die abschlagsfreie Rente zu wechseln. Die Möglichkeit, ein langes Erwerbsleben bei vorhandener sozialer Absicherung vorzeitig beenden zu können, stellt einen nicht zu leugnenden Anreiz dar (so auch die Einschätzung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der BA - schriftliche Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung vom Sachverständigen am 5.5.2014 - Ausschussdrucks 18<11>82, S 27, 28 und 33, 34; vgl auch schriftliche Stellungnahme des Prof. Dr. Bromsdorf zur öffentlichen Anhörung vom Sachverständigen am 5.5.2014 und Information des ULA-Deutschen Führungskräfteverbandes - Ausschussdrucks 18<11>82 S 63, 65 und 82) (so auch die Einschätzung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der BA - schriftliche Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung vom Sachverständigen am 5.5.2014 - Ausschussdrucks 18<11>82, S 27, 28 und 33, 34; vgl auch schriftliche Stellungnahme des Prof. Dr. Bromsdorf zur öffentlichen Anhörung vom Sachverständigen am 5.5.2014 und Information des ULA-Deutschen Führungskräfteverbandes - Ausschussdrucks 18<11>82 S 63, 65 und 82), der durch interne Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unschwer umgesetzt werden kann. Angesichts dieser Lebenswirklichkeit hält der Senat den moralischen Vorwurf der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, die Ausschlussregelung stelle Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter den "Generalverdacht" einer missbräuchlichen Absprache über die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses (Sachstand WD 6 - 3000 - 133/14 S 9), für nicht gerechtfertigt. Erst recht vermag er nicht die Legitimität der gesetzgeberischen Erwägung in Frage zu stellen.

53

bb) Ein Ausschluss der Anrechnung für die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn orientiert sich auch am gegebenen Sachverhalt und ist damit vertretbar.

54

Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte wird gemäß § 236b SGB VI frühestens ab Vollendung des 63. Lebensjahres geleistet. Die Personen, die von der Ausschlussregelung des Teils 2 betroffen sind, haben daher mindestens das 61. Lebensjahr vollendet. Versicherte dieser Altersgruppe erhalten nach § 147 Abs 2 SGB III - vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren dort normierten Anspruchsvoraussetzungen - Alg für 24 Monate, mithin also zwei Jahre. Der vom Gesetzgeber im Teils 2 gewählte Ausschlusszeitraum entspricht damit dem Zeitraum, in dem Alg maximal vor dem Rentenbeginn bezogen werden kann.

55

cc) Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Regelung des Teils 2 eine Härte für ihn - und vergleichbar betroffene Personen - darstellt, weil die Kündigung durch seine Arbeitgeberin zu einem Zeitpunkt (12.12.2013) erklärt worden ist, zu dem der Entwurf des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes noch nicht vorgelegen hat, sodass missbräuchliche Absichten bezogen auf die ab 1.7.2014 neu geregelte Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht vorgelegen haben können. Gleichwohl ist der Teils 2 zur Überzeugung des Senats mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren, weil jede Stichtagsregelung gewisse Härten mit sich bringt und Art 3 Abs 1 GG dem Gesetzgeber nicht aufgibt, die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BVerfGE 84, 348, 359; 110, 412, 436; 122, 151, 714 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16). Dies gilt umso mehr, als der Kläger seinerzeit kein Vertrauen auf die Anrechenbarkeit von Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung innerhalb der letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn auf die 45-jährige Wartezeit haben konnte, weil derartige Zeiten nach der damaligen Rechtslage insoweit überhaupt nicht berücksichtigungsfähig waren (vgl § 51 Abs 3a SGB VI idF von Art 1 Nr 17 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554).

56

b) Ebenso erweist sich die Rückausnahmeregelung des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 3 SGB VI, nach dem Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn in den Fällen angerechnet werden, in denen dieser Bezug durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt ist, als mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar.

57

Da die Rückausnahmeregelung des Teils 3 die Personengruppen begünstigt, die aufgrund einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers zwei Jahre vor Rentenbeginn Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung beziehen, kommen als Vergleichsgruppen solche Personengruppen in Betracht, die aus anderen betriebsbedingten Gründen ihren Arbeitsplatz verloren haben und ebenfalls im vorgenannten Zeitraum Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung beziehen. Ihnen wird anders als den begünstigten Personengruppen diese Zeit nicht auf die 45-jährige Wartezeit angerechnet, was zu einem Rentenausschluss führt, falls die Wartezeit nicht bereits zu diesem Zeitpunkt erfüllt ist.

58

aa) Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen durch den Gesetzgeber wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt.

59

Der Gesetzgeber hat die Anrechnung von Zeiten des Alg-Bezugs in den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 63 Jahre grundsätzlich ausgeschlossen, um - wie bereits oben dargelegt - eine missbräuchliche Frühverrentung zu verhindern. Versicherte sollen nicht bereits zwei Jahre vor Rentenbeginn aus dem Erwerbsleben ausscheiden und über den Bezug von Alg in die abschlagsfreie Rente gehen. Eine Ausnahme gilt für diejenigen Zeiten des Alg-Bezugs, die durch eine Insolvenz oder die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers verursacht werden, weil in diesen Fällen typischerweise keine missbräuchliche Frühverrentung vorliegt. Nach der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.7.2014 (BT-Drucks 18/2186, S 9) ist die Einführung großzügigerer Kriterien missbrauchsanfällig und daher ungeeignet, Fehlanreize zu verhindern. In anderen als den geregelten Ausnahmefällen sei kein Nachweis darüber möglich, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich waren, die frei von missbräuchlichen Absichten sind.

60

Diese Gründe sind sachgerecht. Der Arbeitgeber verliert im Fall der Insolvenz, dh der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw der Anordnung vorläufiger Maßnahmen vor der Eröffnung die Verfügungs- bzw uneingeschränkte oder unkontrollierte Verfügungsbefugnis über sein Unternehmen oder bei einer Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse das Unternehmen als Basis von Beschäftigungen mit der Folge, dass zumindest im Regelfall rechtlich oder faktisch eine missbräuchliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zwecks Frühverrentung durch ein Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgeschlossen ist (vgl B.I.1.b aa). Letzteres gilt auch für die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers (vgl B.I.1.c).

61

Für alle sonstigen Fälle eines betriebsbedingten Verlustes des Arbeitsplatzes lässt sich dagegen ein Missbrauch nicht ausschließen. Zwischen einem Arbeitgeber, der die unkontrollierte und uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über seinen laufenden Betrieb hat, und Arbeitnehmern sind vielmehr interne Absprachen über die Auflösung von Arbeitsverhältnissen möglich, die sich eines Nachweises entziehen.

62

bb) Schließlich liegen auch keine Fälle unzulässiger Typisierung vor.

63

Insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - wie der Normierung von Voraussetzungen für den Anspruch einer gesetzlichen Rente - sind generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen allgemein als notwendig anerkannt und vom BVerfG im Grundsatz ständig als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen worden (vgl nur BVerfGE 103, 310, 319; 113, 167, 236 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 136; stRspr); der Gesetzgeber hat sich dabei am Regelfall zu orientieren. Unbedenklich ist eine Typisierung aber nur, solange eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen benachteiligt wird und der Grundrechtsverstoß nicht sehr intensiv ist (vgl nur BVerfGE 133, 377, 413); wesentlich für die Zulässigkeit einer typisierenden Regelung ist hierbei auch, ob durch sie eintretende Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl nur BVerfGE 133, 377, 413). Außerdem ist zu beachten, dass die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers besonders groß bei einer bevorzugenden Typisierung ist (BVerfGE 17, 1, 24 = SozR Nr 52 zu Art 3 GG; BVerfGE 103, 310, 319).

64

(1) Die in den Teils 3 aufgenommenen Ausnahmefälle stellen gemessen am Normzweck Regelfälle dar. Der Gesetzgeber hat die Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung innerhalb der letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn auf die Wartezeit ausgenommen, um von vornherein eine missbräuchliche Frühverrentung auszuschließen (BT-Drucks 18/2186, S 9). Hiervon hat er lediglich die Fälle der Insolvenz und der vollständigen Geschäftsaufgabe rückausgenommen, weil in diesen typischerweise keine Frühverrentung vorliegt, während in anderen Fällen kein Nachweis möglich ist, dass die Arbeitslosigkeit nicht auf missbräuchlichen Absichten beruht (BT-Drucks aaO).

65

(2) Auch wird durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Typisierung nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen benachteiligt.

66

Nach der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 2.9.2016 (BT-Drucks 18/9513, S 4) sind von 199 560 im Jahre 2014 gestellten Neuanträgen auf Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte 195 833 Anträge bewilligt und 1653 Anträge abgelehnt worden, wobei die Ablehnung von 1425 Anträgen wegen Nichterfüllung der Wartezeit erfolgt ist. Damit sind lediglich 0,714 % der 2014 gestellten Anträge an der Nichterreichung der 45-jährigen Wartezeit gescheitert. Im Jahr 2015 ist dieser Anteil noch geringer ausgefallen. Von 264 236 Neuanträgen auf Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte sind 260 394 Anträge bewilligt und 1488 abgelehnt worden, von denen 1250 auf dem Ablehnungsgrund "Wartezeit nicht erfüllt" beruhen (BT-Drucks 18/9513, S 4). Dies entspricht einem Anteil von 0,4731 % an allen gestellten Rentenanträgen.

67

Zwar handelt es sich bei diesen Werten nicht um eine präzise Berechnung der Auswirkungen der zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a Teils 2 iVm 3 SGB VI. Denn die og Zahlen erfassen auch Personen, die nach altem Recht (vor dem 1.7.2014) eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen konnten (vgl BT-Druck 18/9513, S 3 und 4), und auf die sich die umstrittene Regelung möglicherweise nicht ausgewirkt hat. Außerdem könnte ein Teil der Ablehnungsfälle aufgrund nicht erfüllter Wartezeit auf anderen Gründen als der Regelung des Teils 2 iVm Teils 3 beruhen. Insoweit ist insbesondere zu bedenken, dass nicht nur Versicherte aus der Arbeitslosigkeit heraus, sondern auch "Beschäftigte", "geringfügig Beschäftigte", Personen "ohne Versicherungsereignis" und "Sonstige" die Gewährung einer "Rente ab 63" beantragt haben (so Versichertenbericht der Deutschen Rentenversicherung 2016, S 24 über die Rentenzugänge aus diesen Gruppen im Jahr 2014). Bei den zuletzt genannten Gruppen kann die Wartezeit von 45 Jahren ebenso nicht erfüllt sein, ohne dass hierfür die umstrittene Regelung ursächlich gewesen sein dürfte. Auch unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte behalten die ermittelten Werte indes eine hinreichend verlässliche Aussagekraft. Da nur weniger als ein Prozent aller Rentenanträge an der nicht erfüllten Wartezeit gescheitert sind, erlaubt dieser Befund trotz einer gewissen Ungenauigkeit die Aussage, dass die Ausschlussregelung in Verbindung mit den eng gefassten Rückausnahmen nur einen geringen Anteil von Personen erfasst.

68

(3) Schließlich wiegt die Ungleichbehandlung auch nicht sehr intensiv. Wie der Fall des Klägers zeigt, können Versicherte, die mangels Anrechenbarkeit von Zeiten des Alg-Bezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn die Wartezeit von 45 Jahren nicht erfüllen, die fehlenden Beitragsmonate durch Ausübung einer (geringfügigen) versicherungspflichtigen Beschäftigung nachträglich erwirtschaften. Angesichts der Arbeitsmarktlage ist der Fall des Klägers auch nicht als Ausnahmefall anzusehen. In der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 25.3.2014 (BT-Drucks 18/909, Begründung A I S 14) ist darauf hingewiesen, dass sich seit dem Jahr 2000 die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen von knapp 20 % auf 46,5 % im Jahr 2012 mehr als verdoppelt hat. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung realisierten immer mehr Unternehmen, dass ältere Erwerbstätige dringend gebraucht würden, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Entsprechend sei die Wertschätzung der Unternehmen gegenüber ihren älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich gestiegen. Die Unternehmen investierten im eigenen Interesse zunehmend in altersgerechte Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und Gesundheitsmanagement. Es seien keine Anzeichen erkennbar, dass sich dieser Trend umkehren könnte. Dem entspricht die Hintergrundinformation der BA - Statistik - vom Dezember 2015 (S 2 und 7): Danach hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in den letzten Jahren auch aus demografischen Gründen stark zugenommen. Seit 2009 sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über 63 kontinuierlich gestiegen. Nach Einführung der "Rente ab 63" im Juli 2014 habe sich zwar die Beschäftigtenzahl verringert; ein Zusammenhang mit der Einführung der Rente könne plausibel vermutet werden. In der Altersgruppe der 61 und 62-Jährigen ist von 2010 bis Ende 2015 ein Beschäftigungsanstieg zu verzeichnen.

69

Angesichts der nachträglich möglichen Erfüllung der 45-jährigen Wartezeit durch Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stellt die Regelung des Teils 2 iVm 3 für die nicht privilegierten Personengruppen entgegen der Ansicht der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (Sachstand WD 6 - 3000 - 133/14 S 10 f) auch keine unzumutbare Belastung dar.

70

(4) Schließlich wäre die durch die Ungleichbehandlung entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar.

71

Bei einer Privilegierung auch solcher Personen, die aus anderen Gründen als der Insolvenz oder der vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers betriebsbedingt ihren Arbeitsplatz verloren haben, könnte die Regelung ihre Zweckbestimmung, Missbrauchsfälle von vornherein auszuschließen, nicht erreichen. Nach der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.7.2014 ist in anderen als den geregelten Ausnahmefällen kein Nachweis darüber möglich, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich waren, die frei von missbräuchlichen Absichten sind (BT-Drucks 18/2186, S 9). Diese Erwägung ist vor dem Hintergrund stets möglicher, nicht dokumentierter Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachvollziehbar und plausibel.

72

(5) Letztlich ist im Rahmen der Prüfung eines Gleichheitsverstoßes zu bedenken, dass es sich bei der Rückausnahme des Teils 3 um eine bevorzugende Typisierung handelt, bei der die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers weiter gespannt ist als bei einer benachteiligenden Typisierung (BVerfGE 17, 1, 23 f = SozR Nr 52 zu Art 3 GG; BVerfGE 65, 325, 356; 103, 310, 319).

73

Ob eine bevorzugende oder benachteiligende Typisierung vorliegt, ist ausgehend vom Normalfall zu beurteilen, dh ausgehend von dem Fall, der nach Sinn und Zweck des Gesetzes in der Regel erfasst werden soll und erfasst wird (BVerfGE 17, 1, 23 f = SozR Nr 52 zu Art 3 GG). Grundsätzlich will der Gesetzgeber keine Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Leistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn, um eine missbräuchliche Frühverrentung zu verhindern (BT-Drucks 18/2186, S 9). Ausgehend hiervon stellt die Rückausnahme der in Teils 3 privilegierten Personengruppen eine Bevorzugung dar. Die Zahl der infolge der Typisierung bevorzugten Personen dürfte sich in solchen Grenzen halten, die angesichts der bei Bevorzugungen weit gespannten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers hingenommen werden kann (vgl hierzu BVerfGE 17, 1, 25 = SozR Nr 52 zu Art 3 GG).

74

Nach dem Versichertenbericht der Deutschen Rentenversicherung 2016 (S 24) wechseln in die Altersrente für besonders langjährig Versicherte vor allem beschäftigte Personen. Im Jahr 2014 stellten "Beschäftigte" 77 % der Zugänge in diese Rente. Die restlichen 23 % entfielen auf "geringfügig Beschäftigte", "Arbeitslose", Personen "ohne Versicherungsereignis" und "Sonstige". Der Anteil der Arbeitslosen lag hierbei bei nur knapp 10 %. Hiervon wird nach der Lebenserfahrung nur ein Teil zu denjenigen gehören, die Leistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn infolge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe ihres Arbeitgebers bezogen haben und nur über die Rückausnahmeregelung des Teils 3 und die hierdurch mögliche Anrechnung dieser Zeiten die Wartezeit erfüllt haben. Eine nicht mehr hinnehmbare Begünstigungsquote von mehr als 10 % (vgl hierzu Jarass in ders/Pieroth, GG, 14. Aufl 2016, Art 3 RdNr 31) wird auf keinen Fall erreicht.

75

2. Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Art 14 Abs 1 S 1 GG vor.

76

Was zum "Inhalt" des Eigentums gehört, bestimmen entsprechend Art 14 Abs 1 S 2 GG die Gesetze (BVerfGE 52, 1, 27). Der Gesetzgeber schafft auf der Ebene des objektiven Rechts diejenigen Rechtssätze, die die Rechtsstellung des Eigentümers begründen und ausformen; sie können privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sein (BVerfGE 58, 300, 330).

77

Die Anrechnung von Zeiten des Alg-Bezugs auf die 45-jährige Wartezeit ist erst durch § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a SGB VI mit Wirkung zum 1.7.2014 angeordnet worden, wobei zugleich die Berücksichtigung dieser Zeiten für die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn ausgeschlossen worden ist. Die Vorschrift hat damit nicht in eine den Versicherten bereits zuerkannte Rechtsposition eingegriffen, sondern ihnen vielmehr von Anfang an nur eine beschränkte Rechtsposition eingeräumt. Art 14 GG schützt aber lediglich Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (BVerfGE 68, 193, 222 = SozR 5495 Art 5 Nr 1; BVerfGE 78, 205, 211; 95, 173, 187 f).

78

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

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(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geld

Insolvenzordnung - InsO | § 108 Fortbestehen bestimmter Schuldverhältnisse


(1) Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse des Schuldners bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Dies gilt auch für Miet- und Pachtverhältnisse, die der Schuldner als Ve

Insolvenzordnung - InsO | § 270 Grundsatz


(1) Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. Für d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 19 Erlöschen des Leistungsanspruchs


(1) Der Anspruch auf Leistungen erlischt mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist. (1a) Endet die Mitgliedschaft durch die Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse, gelten die von dieser Krank

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 60 Auflösungsgründe


(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird aufgelöst: 1. durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit;2. durch Beschluß der Gesellschafter; derselbe bedarf, sofern im Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes bestimmt ist, einer Mehr

Handelsgesetzbuch - HGB | § 131


(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst: 1. durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;2. durch Beschluß der Gesellschafter;3. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;4. durch gerichtlic

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 165 Anspruch


(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als I

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 394 Löschung vermögensloser Gesellschaften und Genossenschaften


(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werd

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 51 Anrechenbare Zeiten


(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet. (2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit stän

Insolvenzordnung - InsO | § 27 Eröffnungsbeschluß


(1) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so ernennt das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter. § 270 bleibt unberührt. (2) Der Eröffnungsbeschluß enthält: 1. Firma oder Namen und Vornamen, Geburtsdatum, Registergericht und Registernummer, un

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 147 Grundsatz


(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach1.der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und2.dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 136 Anspruch auf Arbeitslosengeld


(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld1.bei Arbeitslosigkeit oder2.bei beruflicher Weiterbildung. (2) Wer das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet hat, hat vo

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 3 Leistungen der Arbeitsförderung


(1) Leistungen der Arbeitsförderung sind Leistungen nach Maßgabe des Dritten und Vierten Kapitels dieses Buches. (2) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind Leistungen nach Maßgabe des Dritten Kapitels dieses Buches und Arbeitslosengeld bei

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236b Altersrente für besonders langjährig Versicherte


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet und2. die Wartezeit von 45 Jahren erfüllthaben. (2) Versicherte, di

Aktiengesetz - AktG | § 262 Auflösungsgründe


(1) Die Aktiengesellschaft wird aufgelöst 1. durch Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit;2. durch Beschluß der Hauptversammlung; dieser bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaß

Genossenschaftsgesetz - GenG | § 81a Auflösung bei Insolvenz


Die Genossenschaft wird aufgelöst 1. mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;2. durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in

Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung - DEÜV | § 8a Meldung bei Eintritt eines Insolvenzereignisses


Der Arbeitgeber oder die mit der Insolvenzabwicklung betraute Person hat für freigestellte Beschäftigte für den Zeitraum bis zum Tag vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Nichteröffnung mangels Masse eine Abmeldung mit der nächsten folgenden L

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Bundessozialgericht Beschluss, 23. Feb. 2017 - B 5 SF 5/16 AR

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Bundessozialgericht Urteil, 28. Juni 2018 - B 5 AL 1/17 R

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Referenzen

(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.

(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.

(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.

(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit

1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten des Bezugs von
a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)
Leistungen bei Krankheit und
c)
Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet.

(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Tenor

Der 5. Senat hält an der Rechtsauffassung fest, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist.

Gründe

1

I. Dem anfragenden 12. Senat des BSG liegt ein Rechtsstreit vor, in dem zuletzt noch darüber zu befinden ist, ob der Kläger Beiträge zu seiner freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten für die Monate Januar 2010 bis März 2010 zu entrichten hat oder ob hinsichtlich der streitigen Beitragsforderung bereits Erfüllung durch konkludente Genehmigung des Forderungseinzugs im Lastschriftverfahren eingetreten ist.

2

Der 12. Senat beabsichtigt die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Er sieht sich hieran durch die vom 5. Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung gehindert. Würde der 12. Senat dem 5. Senat folgen, wäre die Revision des Klägers nach Ansicht des 12. Senats als unzulässig zu verwerfen. Er hat daher beim 5. Senat mit Beschluss vom 29.6.2016 (B 12 KR 2/15 R - Juris) angefragt,

        

"ob dieser an seiner Rechtsprechung festhält, dass die formgerechte Begründung einer Revision iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG auch im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts

        

a)    

die ausdrückliche Angabe erfordert, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, und 'an welcher genauen Stelle' er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7),

        

b)    

es erfordert, das Bundessozialgericht in die Lage zu versetzen, 'ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind' (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7; vgl auch Beschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 8 f)."

3

II. Im Mittelpunkt der Anfrage des 12. Senats steht die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG und die sich hieraus ergebende Pflicht zur Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

4

1. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach Satz 3 muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

5

a) § 164 Abs 2 S 3 SGG ist dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 5.6.1905, RGBl S 536, 537) nachgebildet (vgl BSG Urteil vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG); die für das Verfahren nach der ZPO gültigen Maßstäbe gelten daher auch für die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG(vgl BSG Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269 f).

6

aa) Anlass der Einfügung des § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF war die - trotz Vergrößerung des Personalbestandes - bestehende Arbeitsbelastung des Reichsgerichts (RG), die sich durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 1.1.1900 weiter verschärft hatte (vgl RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 4). Der Gesetzesentwurf der Reichsregierung betreffend Änderungen der ZPO sah einen Grund hierfür auch in der Ausgestaltung der auf die Begründung der Revision bezogenen Bestimmung des § 554 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898, RGBl 514 f) als Sollvorschrift. Der Umstand, dass ohne Nachteil für den Erfolg des Rechtsmittels eine Begründung der Revision unterbleiben durfte, hatte nämlich zur Folge, dass eine solche häufig entweder gar nicht oder zu einem Zeitpunkt einging, in welchem sie zur Vorbereitung des Berichterstatters wie des Revisionsgegners nicht mehr dienen konnte, bzw Revisionen kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurden, nachdem der Berichterstatter seine Bearbeitung bereits abgeschlossen hatte (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 9 f). Gleichwohl sah der Regierungsentwurf den Weg zur Entlastung des RG nicht in der Einführung eines Revisionsbegründungszwangs, sondern in der Erhöhung der Revisionssumme, um auf diese Weise die Zahl der zu bearbeitenden Fälle zu vermindern (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 10 ff). Auch von Mitgliedern der im Weiteren mit dem Gesetzesentwurf befassten XII. Kommission des Reichstages wurde die Auffassung vertreten, dass die fehlende Pflicht zur Revisionsbegründung in unnötiger Weise die Vorarbeit des Senatspräsidenten und des Berichterstatters erschwere, weil diese die gesamten Akten auch ihrerseits darauf zu prüfen hätten, ob eine Rechtsverletzung vorliege, gleichviel ob diese gerügt worden sei oder nicht (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 26). Anders als die Regierungsvorlage sprach sich die Kommission für die Einführung eines Begründungszwangs aus (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 81). Dieser würde mehr wie bisher davon abhalten, ohne genauere Prüfung eine Revision einzulegen, und dazu führen, dass aussichtslose Revisionen früher zurückgezogen würden. Dem Gericht werde dadurch unnötiges Aktenstudium erspart; die Vorbereitung des Berichterstatters würde erheblich erleichtert und könnte eine viel gründlichere sein, da das gesamte Vorbringen des Revisionsklägers in seinen wesentlichen Punkten rechtzeitig schriftlich vorliege (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 59 f). In den anschließenden Verhandlungen des Reichstags wurde die mit der Einführung des Begründungszwangs bezweckte Entlastung des RG nochmals hervorgehoben und auch auf die für die Anwälte einhergehende Mehrbelastung hingewiesen (vgl Stenographische Berichte über die Verhandlungen des RT 1903/1905, S 6031, 6043 und 6090).

7

bb) Die Rechtsprechung des RG hat in der Pflicht zur Begründung der Revision ein formales Erfordernis erblickt, deren notwendiger Inhalt nicht ohne Rücksicht auf den gesamten Zweck der Vorschriften zur Revisionsbegründung zu bestimmen sei (RG Urteile vom 11.1.1907 - II 357/06 - RGZ 65, 81, 84; vom 3.6.1907 - VI 418/06 - RGZ 66, 178, 180 und vom 3.5.1915 - VI 547/14 - RGZ 87, 5, 6). Die Revisionsbegründungspflicht sei eingeführt worden, um eine Entlastung des RG herbeizuführen (RG Urteile vom 12.12.1918 - VI 251/18 - RGZ 95, 70, 72 und vom 22.3.1926 - IV 362/25 - RGZ 113, 166, 168). Diesem Zweck entsprechend sei die Formvorschrift des § 554 ZPO streng auszulegen und anzuwenden(RG Urteile vom 26.11.1929 - VII 256/29 - RGZ 126, 245, 249 und vom 16.6.1921 - VI 84/21 - RGZ 102, 280, 281 f). Insoweit hat das RG in ständiger Rechtsprechung das Erfordernis aufgestellt, dass nicht nur für die verfahrensrechtlichen Rügen die Tatsachen, die den Mangel ergeben sollen, in der Begründungsschrift im Einzelnen bestimmt bezeichnet werden müssen, sondern auch den sachlich-rechtlichen Revisionsangriffen eine sorgfältige, über ihren Umfang und Zweck keinen Zweifel lassende Begründung zuteilwerden muss, die erkennen lässt, dass der die Revisionsbegründung einreichende Rechtsanwalt sich einer Nachprüfung des angegriffenen Urteils unterzogen hat (RG Urteil vom 27.5.1927 - III 390/26 - RGZ 117, 168, 170 und Beschluss vom 6.11.1928 - VII 514/28 - RGZ 123, 38).

8

In den 1950er und 1960er Jahren hat das BSG im Anschluss an diese Rechtsprechung des RG die grundlegenden Maßstäbe für die Anwendung und Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG herausgearbeitet. § 164 Abs 2 S 3 SGG sei dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet, diene demselben rechtspolitischen Zweck, nämlich der Entlastung des Revisionsgerichts, und sei zu dessen Erreichung streng auszulegen(BSG Urteile vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und vom 28.2.1962 - 2 RU 271/58 - BSGE 16, 227 = SozR Nr 48 zu § 164 SGG; Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG). Die Revisionsbegründung soll die Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtern; außerdem soll erreicht werden, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt und dass er infolgedessen unter Umständen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO; Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269, 270). Eine die Zulässigkeitsschwelle überwindende Revisionsbegründung muss aus sich heraus erkennen lassen, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil nachgeprüft hat (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO und Beschlüsse vom 17.1.1958, aaO und 24.9.1957, aaO).

9

Hieran anknüpfend und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des RG vom 27.5.1927 (RGZ 117, 168) hat im Weiteren der anfragende Senat mit Beschluss vom 13.12.1976 (12 RK 46/76 - SozR 1500 § 164 Nr 5 S 5) die an eine ordnungsmäßige Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen dahingehend konkretisiert, dass auch bei materiell-rechtlichen Revisionsangriffen die Revision sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei zu begründen sei. Wie im Rahmen von Verfahrensrügen seien auch bei materiell-rechtlichen Revisionsrügen die Tatsachen zu bezeichnen, die den Mangel ergeben. Das Revisionsgericht müsse nämlich anhand der Revisionsbegründung erkennen können, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel der Revision überprüft hat, um so dem gesetzgeberischen Zweck des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen, aussichtslose Revisionen nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern. Als Ergebnis der eigenen Nachprüfung habe der Prozessbevollmächtigte dem Revisionsgericht die Gründe darzulegen, die das Urteil als unrichtig erscheinen lassen.

10

Eine weitere Präzisierung erfuhr diese Rechtsprechung schließlich durch den Beschluss des 11. Senats vom 2.1.1979 (11 RA 54/78 - SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17),der ausgeführt hat:

        

"die Revision ist deshalb - auch bei materiell-rechtlichen Rügen - sorgfältig zu begründen; sie muss jedenfalls die Gründe aufzeigen, die nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten das Urteil im oder in den verbleibenden Streitpunkten unrichtig erscheinen lassen; hierzu bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl BSG SozR Nr 27 zu § 164 SGG; SozR 1500 § 164 Nr 5 mwH; BVerwG, Buchholz 310. § 139 VwGO Nr 34, BFHE 88, 230; 101, 356, 357; 102, 217, 219). Bei alledem sind stets die Voraussetzungen im Auge zu behalten, unter denen das Gesetz dem Revisionsgericht überhaupt eine Korrektur von unrichtigen Urteilen erlaubt; die Revisionsbegründung muss daher grundsätzlich von tatsächlichem Vorbringen frei sein; sie muss bei materiellrechtlichen Rügen darlegen, dass und warum eine revisible Rechtsvorschrift auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (§ 550 ZPO); dies kann nur mit rechtlichen Erwägungen zu dieser Vorschrift geschehen (vgl RGZ 117, 168, 171; BVerwG aaO)."

11

Der Entscheidung des 11. Senats vom 2.1.1979 (aaO) haben sich in der Folge alle Senate des BSG (der anfragende Senat mit Urteil vom 21.9.2005 - B 12 KR 1/05 R - Juris RdNr 11) ausdrücklich angeschlossen. Bereits mit Ende der 1970er Jahre war damit in der Rechtsprechung des BSG abschließend geklärt, welche Anforderungen an die Begründung einer Revision in Bezug auf materiell-rechtliche Rügen über Antrag und Bezeichnung der verletzten Norm hinaus zu stellen sind. Im Weiteren erfuhr die Ausgestaltung des Begründungserfordernisses lediglich neue sprachliche Aus- und Umformungen; eine inhaltliche Abkehr von früheren Entscheidungen - und insbesondere von BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 - verband sich hiermit nicht(vgl exemplarisch BSG Urteil vom 8.2.2000 - B 1 KR 18/99 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 11 S 19 unter Verweis auf BSG SozR 1500 § 164 Nr 12).

12

2. Diese die Vorschrift des § 164 Abs 2 S 1 und 3 SGG mit Inhalt füllende Rechtsprechung bildet auch die Grundlage der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Senats.

13

Wendet sich die Revision gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden ist. Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedankengang des Vordergerichts einzugehen. Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsbeschlüsse vom 10.2.2016 - B 5 RS 1/15 R - BeckRS 2016, 66775 RdNr 6; vom 5.5.2015 - B 5 R 18/14 R - BeckRS 2015, 69242 RdNr 6 und vom 9.1.2014 - B 5 RE 1/14 R - BeckRS 2014, 65978 RdNr 7).

14

3. Will man diese in ständiger Rechtsprechung aufgestellten strengen Anforderungen nicht als bloße Leerformeln begreifen, kann eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts diesen logisch und rechtlich nur dann genügen, wenn sie den vom Vordergericht festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich relevanter Tatumstände) vollständig darlegt.

15

a) Diese Notwendigkeit folgt aus dem Wesen deduktiver Rechtsanwendung als einem Zusammenfügen von Sätzen über Realitätsausschnitte und normativen Größen (aa) sowie der Bindung des BSG als Revisionsgericht an die vom Vordergericht festgestellten Tatsachen (bb), wird durch den Sinn und Zweck der zur Zulässigkeitsvoraussetzung erhobenen Revisionsbegründung getragen (cc) und entspricht in vergleichbarer Weise den vom BVerfG an die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG gestellten Anforderungen (dd).

16

aa) Nach § 162 SGG kann die Revision allein darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht. Wann eine Rechtsverletzung vorliegt, ist in § 546 ZPO geregelt, der iVm § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet(Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 162 RdNr 2). Danach ist das Recht verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Gleichbleibender Rahmen bzw logisches Gerüst jeder Rechtsanwendung ist die Figur des "Syllogismus der Rechtsfolgebestimmung"; der juristische Denkprozess beim Anwenden einer Norm auf die Beschreibung eines Lebenssachverhalts vollzieht sich nach seinen logischen Schlussregeln (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 271 f; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff 1982, S 395; Schmidt, JuS 2003, 649). In ihm bildet ein vollständiger Rechtssatz den Obersatz, die Unterordnung eines festgestellten und verbal umschriebenen Sachverhalts unter den Tatbestand des Rechtssatzes den Untersatz. Die Schlussfolge wiederum besagt, dass für den beschriebenen Sachverhalt die im Rechtssatz genannte Rechtsfolge gilt. Mit der Verneinung der Zuordnung der Beschreibung eines Sachverhalts zum Tatbestand eines Rechtssatzes ist indes nicht stets die Verneinung der hieraus ableitbaren konkreten Rechtsfolge verbunden; denn diese lässt sich möglicherweise in Anwendung eines anderen Tatbestands begründen. Ebenso bedarf es der Prüfung, ob der beschriebene Sachverhalt nicht unter den Tatbestand einer einschränkenden Norm fällt, welche die einstweilen gewonnene Rechtsfolgenanordnung begrenzt oder ausschließt.

17

Innerhalb dieses logischen Schlussverfahrens können Fehler nicht nur im Obersatz, sondern auch im Untersatz und in der Schlussfolgerung selbst auftreten (Heßler in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 546 RdNr 7; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2016, § 118 FGO RdNr 32 f; für eine Unterteilung nur in Interpretations- und Subsumtionsfehler etwa BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - Juris RdNr 14 zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 8 mwN; Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl 2015, § 118 FGO RdNr 6). Unrichtige Rechtsanwendung besteht danach zunächst darin, dass die abstrakten Tatbestandsmerkmale einer Norm unzutreffend ausgelegt wurden oder eine anzuwendende Norm übersehen wurde (Interpretationsfehler = Fehler im Obersatz). Fehler können aber auch beim Feststellen von Tatsachen unterlaufen (Feststellungsfehler = Fehler im Untersatz). Derartige Fehler sind, soweit sie die Feststellung selbst betreffen, als "ureigene tatrichterliche Aufgabe" (BSG vom 11.3.2016 - B 9 V 3/16 B - Juris RdNr 6) und Teil der Urteilsfindung allein des Berufungsgerichts einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zur Gänze entzogen. Beanstandungen des im Einzelfall gefundenen Ergebnisses und Versuche, es mit revisionsrechtlichen Angriffen durch ein eigenes abweichendes zu ersetzen, sind damit grundsätzlich unbeachtlich (BSG vom 8.2.2000 - B 1 KR 13/99 R - Die Beiträge Beilage 2002, 380 ff = Juris RdNr 14 und vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris RdNr 20). Eine Überprüfung kommt insofern allein auf Rüge eines verfahrensfehlerhaften äußeren Zustandekommens einer Tatsachenfeststellung (§ 164 Abs 2 S 3 SGG) in Betracht, wenn also im Einzelfall gegen das Gebot der Vollständigkeit (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) bzw gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 21 RdNr 26; BSG SozR Nr 34 und 56 zu § 128 SGG; BGH Urteil vom 17.5.2000 - VIII ZR 216/99 - NJW 2000, 3007). Schließlich kommt in Betracht, dass festgestellte Tatsachen fehlerhaft einer bestimmten Norm unterstellt oder zu Unrecht einem an sich verwirklichten Normtatbestand nicht unterstellt wurden (Subsumtionsfehler = Fehler im Schlusssatz).

18

Die zur Gewinnung eines Sachverhalts notwendige Abstrahierung von Unwesentlichem kann dabei immer nur in Bezug auf bestimmte Rechtsnormen vorgenommen werden. Umgekehrt können in Betracht zu ziehende Rechtsnormen nur bezüglich eines bestimmten Sachverhalts ausgewählt werden (Schlüter, Das obiter dictum, 1973, S 109). Ober- und Untersatz stehen demnach nicht beziehungslos nebeneinander, sondern greifen wechselwirksam ineinander oder anders gewendet: Für den Obersatz ist wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat, und für den konkreten Fall ist nur von Bedeutung, was auf den Obersatz Bezug hat (Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Aufl 1963, S 14 f). Für die Prüfung der Frage, ob die getroffene Entscheidung (Konklusion) von ihren beiden Prämissen getragen wird, dem Gesetz als Obersatz (normative Prämisse) und dem festgestellten Sachverhalt als Untersatz (tatsächliche Prämisse), bedarf es demnach stets und denknotwendig des Wissens um den entscheidungserheblichen Sachverhalt.

19

bb) Der konkret-individuelle Sachverhalt, für den die Rechtsfolgen ermittelt werden sollen und der den Untersatz des Syllogismus bildet, muss anders als der Obersatz, der regelmäßig in formulierten Sätzen vorgegeben ist, erst in solchen beschrieben, also festgestellt werden (Bydlinski, aaO, S 43 f). Der für das Revisionsverfahren relevante Sachverhalt, die tatsächlichen Feststellungen iS von § 163 SGG, findet seinen Ausdruck in dem Untersatz, den die Tatsachengerichte auf der Grundlage ihrer Ermittlungen unter Heranziehung der Beteiligten(§§ 103, 128 Abs 2 SGG)als Ausdruck ihrer begründeten, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen freien Überzeugung (§ 128 Abs 1 S 1, 2 SGG) im Urteil zum Ausdruck gebracht haben (§§ 128 Abs 1 S 2, 136 Abs 1 Nr 6 SGG). Die identische Tatsachengrundlage des Berufungs- wie des Revisionsurteils ist damit rechtlich abschließend und unvertretbar der "Überzeugung" des Tatsachengerichts zugewiesen. Das BSG als Revisionsgericht ist demgegenüber grundsätzlich weder befugt noch verpflichtet, eigene Tatsachen zu ermitteln; es prüft nur, ob im angefochtenen Urteil das revisible Recht richtig angewandt worden ist oder nicht. Dieser Eigenart des Revisionsgerichts als Rechtskontrollinstanz trägt § 163 SGG Rechnung(vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 1 und 4)und berücksichtigt dabei zugleich, dass das individuelle geistige Internum der "Überzeugung" (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) externer Kontrolle schon faktisch weitgehend entzogen ist. Nach § 163 SGG ist das BSG an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Diese gesetzlich vorgegebene Bindung legt für das BSG die tatsächliche Grundlage fest, auf der die Revisionsentscheidung allein getroffen werden darf. Es darf und kann seiner rechtlichen Beurteilung grundsätzlich nur den vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt zugrunde legen (vgl Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 137 RdNr 142; zur ausnahmsweise möglichen Tatsachenfeststellung durch das BSG vgl Behn in Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Juni 2015, § 163 RdNr 38 ff mit RsprNachw). Die revisionsrechtliche Prüfungsgrundlage muss demnach identisch mit dem Sachverhalt sein, der dem Urteil des Vordergerichts zugrunde liegt und von diesem festgestellt worden ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Revisionsgericht erkennen und darüber befinden, ob dem Tatsachengericht bei seiner Entscheidung Fehler in der Rechtsanwendung unterlaufen sind oder nicht.

20

cc) Die Pflicht zur Revisionsbegründung dient - wie dargelegt - dem Zweck, das Revisionsgericht zu entlasten, indem sie zum einen die Vorbereitung bzw Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtert; zum anderen soll erreicht werden, dass der Rechtsanwalt die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt, und dass er infolgedessen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (Senatsbeschluss vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 9; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 8 RdNr 206 f; Bley, Festschrift 25 Jahre BSG, 1979, S 817, 846). Vor allem die zweite Zielrichtung des Revisionsbegründungszwangs wäre unvollkommen und weniger effektiv, wenn in der Revisionsbegründung nicht die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade vom Vordergericht und im angegriffenen Urteil (exemplarisch BSG SozR 1500 § 164 Nr 28 S 44 f, BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 65 und vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16) festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssten. Denn erst so wird zum einen sichergestellt, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Ausführungen im Blick behält (vgl BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO, Juris RdNr 17 zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen), und zum anderen vermieden, dass er seine materiell-rechtlichen Beanstandungen nicht an dem vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt darstellt, sondern einen konstruierten Sachverhalt zur Grundlage seines - so möglicherweise leichter "begründbaren" - Vorbringens macht; eine solche, auf einen "erfundenen" Sachverhalt gestützte - und damit keine sachliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil zeigende - Revision wäre indes aussichtslos und als unzulässig zu verwerfen (vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - 1 BvL 21/83 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz; aA BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO, Juris RdNr 19 aE). Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt daher nach der Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass der Revisionskläger den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss (BVerwG vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 - Juris RdNr 3).

21

dd) In vergleichbarer Weise fordert auch das BVerfG für die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG die Darlegung des für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Sachverhalts (vgl BVerfG Beschlüsse vom 15.2.2016 - 1 BvL 8/12 - Juris RdNr 18 und vom 12.9.2012 - 1 BvL 11/12 - Juris RdNr 6). Nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Dadurch soll das vorlegende Gericht ua gezwungen werden, die mit dem Vorlagegegenstand verbundenen Rechtsfragen, insbesondere die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage und die Vereinbarkeit der vorzulegenden Rechtsnorm mit höherrangigem Recht, sorgfältig zu durchdenken. Unnötige Vorlagen sollen so vermieden, die Arbeit des BVerfG dementsprechend erleichtert und entlastet werden (Müller-Terpitz in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand Februar 2016, § 80 RdNr 238 mit RsprNachw). Um dem Entlastungszweck gerecht werden zu können, muss nach der Rechtsprechung des BVerfG der Vorlagebeschluss aus sich heraus, dh ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein (BVerfG Beschlüsse vom 6.9.2012 - 1 BvL 13/12 - NVwZ 2013, 61, 62 und vom 25.6.1974 - 1 BvL 13/69, 1 BvL 23/69, 1 BvL 25/69 - BVerfGE 37, 328, 333 und vom 3.11.1987 - 1 BvL 28/87 - BVerfGE 77, 259, 261; Dederer in Maunz/Dürig, GG, Stand Juli 2016, Art 100 RdNr 191 mit RsprNachw). Das vorlegende Gericht hat deshalb in den Gründen seines Beschlusses den Sachverhalt darzustellen, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen darzulegen, nach denen es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten gesetzlichen Vorschrift ankommt (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 314 f und Beschluss vom 2.12.2013 - 1 BvL 5/12 - Juris RdNr 6). Das BVerfG hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es nicht der Funktion eines Normenkontrollverfahrens entspricht und nicht seine Aufgabe sein kann, Rechtsfragen zu beantworten, die erkennbar für die Entscheidung der eigentlichen Streitfrage bedeutungslos sind (BVerfG Beschluss vom 22.11.1983 - 2 BvL 5/81 - BVerfGE 65, 265, 277); daher darf dem Vorlagebeschluss auch kein konstruierter Sachverhalt zugrunde liegen (BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz). Ohne zutreffende Sachverhaltsdarstellung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das vorlegende Gericht die Rechtslage umfassend gewürdigt, insbesondere die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorlage zutreffend festgestellt hat (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 315). Genügt eine Vorlage diesen Anforderungen an die Sachdarstellung nicht, ist sie als unzulässig zu verwerfen (vgl BVerfG Beschluss vom 16.11.1992 - 1 BvL 31/88, 1 BvL 10/92 und 1 BvL 11/92 - BVerfGE 87, 341, 346 f).

22

b) Welche inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhaltes im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts konkret zu stellen sind, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung. Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind naturgemäß am geringsten, wenn das Tatsachengericht in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich kundgetan hat, wovon es aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt ist und was es demgemäß festgestellt hat. Die Aufgabe des Revisionsführers wächst in dem Umfang, in dem das LSG von dieser Idealform abweicht und Feststellungen auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise trifft, dass allenfalls aus seiner weiteren Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es überzeugt war. Insoweit muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit (BSG vom 25.7.1968 - 8 RV 361/66 - SozEntsch BSG 1/4 § 164 Nr 17 - Juris RdNr 15) - und nicht von "copy and paste" - darlegen, in welcher Weise sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt als dessen geistigen Gehalt entnimmt.

23

aa) Zutreffend geht der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 17) daher davon aus, dass eine formgerechte Revisionsbegründung nicht stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffes und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes erfordert. Auch bedarf sie nicht zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände. Entsprechendes wird bisweilen auch gar nicht möglich sein, da bindende Feststellungen in der Entscheidung des Tatsachengerichts nicht ausdrücklich getroffen sein müssen; sie können sich auch mittelbar aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen ergeben (BFH Urteil vom 22.1.2013 - IX R 18/12 - HFR 2013, 783, 785; vgl auch BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 11 AL 83/99 R - Juris RdNr 21). Ebenso vertritt der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 17) die zutreffende Rechtsauffassung, dass das bloß punktuelle Ansprechen einzelner Sachverhaltselemente und Feststellungen des Vordergerichts ebenso wenig wie deren Behandlung mit eigenen tatsächlichen und rechtlichen Wertungen bzw deren Vermischung mit nicht berücksichtigungsfähigem neuen Tatsachenvorbringen ausreichend ist (vgl Senatsbeschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9).

24

bb) Soweit der anfragende Senat unter Buchst a) seines Tenors indes ausführt, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sei für eine formgerechte Revisionsbegründung "die ausdrückliche Angabe erforderlich, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat und an welcher genauen Stelle er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte", geht er von unzutreffenden Annahmen aus.

25

Die Revisionsbegründung muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allein erkennen lassen, dass der geschilderte Sachverhalt ganz oder teilweise mit demjenigen des angegriffenen Urteils identisch ist (Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 5 R 2/11 R - Juris RdNr 17), bzw keine Zweifel lassen, dass sie die Anwendung revisiblen Rechts allein und gerade hinsichtlich des entscheidungserheblichen, vom Tatsachengericht auf der Grundlage der diesem vorbehaltenen Überzeugung festgestellten Sachverhalts durch das Revisionsgericht überprüft wissen will (vgl Senatsbeschluss vom 16.3.2016 - B 5 RE 3/15 R - BeckRS 2016, 67705 RdNr 9). Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus der revisionsgerichtlichen Auslegung des Revisionsvorbringens im Einzelfall (Senatsbeschluss vom 16.3.2016, aaO); dabei ist die "Revisionsbegründung als Willenserklärung" der Auslegung grundsätzlich zugängig (so schon RG Urteil vom 7.4.1933 - I 303/33 - RGSt 67, 197, 198). Diese Rechtsauffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des anfragenden Senats. Nach dieser kann von einer notwendigen Durchdringung der Sach- und Rechtslage (erst dann) nicht mehr ausgegangen werden, wenn anhand der Revisionsbegründung nicht erkennbar wird, dass der Revisionsführer auch die - ohne zulässige Verfahrensrügen für das BSG bindenden (§ 163 SGG) - wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils erfasst, diese zutreffend mitgeteilt und seinen rechtlichen Erwägungen zugrunde gelegt hat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 15).

26

Die Rechtsprechung des erkennenden Senats fordert hingegen nicht - was der anfragende Senat verkennt - die "ausdrückliche Angabe", dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, sondern erachtet hierauf bezogene Hinweise als ausreichend (vgl etwa Senatsbeschlüsse vom 22.7.2015 - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9 und vom 13.2.2013 - B 5 R 28/12 R - BeckRS 2013, 66976 RdNr 9). Angaben, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen sind, bedarf es regelmäßig nur dann, wenn nicht ohne weiteres erkennbar ist, welchen Lebenssachverhalt sich das Tatsachengericht als für seine Entscheidung maßgeblich vorgestellt hat und dieser erst ermittelt werden muss, weil die Urteilsgründe einer entsprechenden Interpretation bedürfen (vgl Berchtold, aaO, § 8 RdNr 92, 257). Der erkennende Senat hat die vom anfragenden Senat unter Buchst a) des Tenors zitierte Formulierung im Kontext von Fällen gebraucht, in denen der festgestellte Sachverhalt lediglich bruchstückhaft oder in Ansätzen wiedergegeben wurde (vgl Senatsbeschlüsse vom 13.2.2013, aaO; vom 16.4.2013 - B 5 R 98/11 R - BeckRS 2013, 68747 RdNr 11 aE; vom 24.9.2013 - B 5 R 66/11 R - BeckRS 2013, 73558 RdNr 8; vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 12; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 8; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9 und vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). Es handelt sich hierbei um auf die Würdigung des Einzelfalles bezogene Aussagen, die nicht als unverzichtbares Element eines abstrakten Rechtssatzes, sondern nur als "Indizien" im Rahmen der Subsumtion unter diesen Verwendung finden. Eine Divergenz und damit eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen käme lediglich dann in Betracht, wenn den Entscheidungen des erkennenden Senats ein fallübergreifender Rechtssatz des vom anfragenden Senats zitierten Inhalts entnommen werden könnte (vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 65/11 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 6 RdNr 30 f; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 11). So liegen die Dinge hier jedoch nicht.

27

c) Diese Rechtsprechung des erkennenden Senats ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie macht die Revisionsbegründung nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig.

28

Zu Recht weist der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 23) darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG der Zugang zum jeweils vorgesehenen gerichtlichen Instanzenzug mit Rücksicht auf Art 19 Abs 4 S 1 GG nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf. Dies müssen die Gerichte auch bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 27.7.2016 - 2 BvR 2040/15 - Juris RdNr 13). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 19.11.2015 - 2 BvR 2577/14 - Juris RdNr 6). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 164 Abs 2 S 3 SGG, die nicht derart erschwert werden dürfen, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können.

29

Indes sind die vom erkennenden Senat aufgestellten Erfordernisse an eine materiell-rechtliche Revisionsrüge verfassungsrechtlich unbeanstandet geblieben (Senatsbeschluss vom 18.2.1980 - 5 RKn 1/78 - und nachgehend BVerfG Beschluss vom 7.7.1980 - 2 BvR 310/80 - SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29 f). Nach Auffassung des BVerfG steht es in Übereinstimmung mit Verfassungsrecht, wenn das BSG im Einklang mit seiner eigenen ständigen Rechtsprechung und mit der Rechtsprechung der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes die Begründung der Revision nur dann als formgerecht erachtet, wenn sie die Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffes durch den zugelassenen Prozessbevollmächtigten erkennen lässt. Diese an den Zwecken des Revisionsverfahrens ausgerichtete Auslegung der einschlägigen prozessrechtlichen Vorschriften verletze weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 103 Abs 1 GG; letztere Bestimmung schließe es nicht aus, dass ein Gericht das sachliche Vorbringen eines Beteiligten aus prozessrechtlichen Gründen unberücksichtigt lässt. Auch im Hinblick auf die durch Art 19 Abs 4 S 1 GG gewährleistete Rechtsweggarantie bestehen nach Ansicht des BVerfG keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Beschreitung des Rechtswegs könne in den Prozessordnungen von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden; durch die vom BSG für notwendig erachteten Anforderungen an die Begründung der Revision werde der Zugang zum Revisionsgericht nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise behindert. Soweit der Rechtsprechung des Senats entgegengehalten wird, sie überspanne die Anforderungen an eine formgerechte Revisionsbegründung, ist auf die ständige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die Bindung der Revisionsgerichte an das Prozessrecht streng ist und nicht durch Erwägungen der Prozessökonomie außer Kraft gesetzt werden kann (BVerfG Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 2.10.2006 - 2 BvR 2480/04 - Juris RdNr 18). Revisionsgerichtliche Sachentscheidungen kommen daher grundsätzlich nur nach Maßgabe des § 170 Abs 2 S 1 SGG in Betracht.

30

Insbesondere kann das - in konkreter Umsetzung der ständigen Rechtsprechung des BSG - vom erkennenden Senat aufgestellte Erfordernis der Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts mit zumutbarem Aufwand nicht allein von einem spezialisierten Rechtsanwalt erfüllt werden. Im Gegenteil ist die Wiedergabe der rechtlich relevanten Tatumstände idealiter das mit dem geringsten Aufwand verbundene Element der Revisionsbegründung. Es bedarf im Wesentlichen nur der allgemeinen Erkenntnis, dass Rechtsanwendung in seiner grundlegendsten Form darin besteht, dass ein Lebenstatbestand unter die maßgebende Rechtsnorm subsumiert wird, so dass sich eine bestimmte Rechtsfolge ergibt (vgl Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, 15. Aufl 1959, S 311), sowie des Wissens, dass ein Revisionsgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts gebunden ist. Von einer Überforderung eines durchschnittlichen Rechtsanwalts kann bei den Darlegungsanforderungen des skizzierten Inhalts keine Rede sein.

31

d) Entgegen dem anfragenden Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 24 f) überträgt der erkennende Senat durch Anwendung des unter Buchst b) des Tenors zitierten Rechtssatzes nicht die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten strengen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bzw an den Inhalt einer Revisionsbegründung im Falle von Verfahrensrügen auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

32

aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Revisionszulassungsgründe (§ 160a Abs 2 S 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 1 bis Nr 3 SGG) substantiiert und schlüssig darzulegen bzw zu bezeichnen (Senatsbeschlüsse vom 7.6.2016 - B 5 AL 1/16 B - BeckRS 2016, 71174 RdNr 8 f und vom 25.3.2014 - B 5 R 416/13 B - BeckRS 2014, 68316 RdNr 10, 13, 17; vgl auch Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 43). Durch die hohen Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde soll das Beschwerdegericht der Mühe enthoben sein, selbst die Akten auf mögliche Zulassungsgründe zu durchsuchen; die Beschwerdebegründung muss es in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des klägerischen Vortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (Senatsbeschluss vom 7.6.2016, aaO RdNr 11; vgl auch Karmanski, aaO, § 160a RdNr 44).

33

Soweit im Rahmen der Revision die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts angefochten werden (vgl § 163 SGG), sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Bezug auf diese Feststellungen zulässige Revisionsgründe vorzubringen und vollständig und schlüssig zu begründen. Dies erfordert zur Bezeichnung der Tatsachen, die den (behaupteten) Mangel ergeben, alle relevanten Verfahrensvorgänge so genau und widerspruchsfrei zu bezeichnen, dass das BSG allein aufgrund der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber zu entscheiden, ob das Urteil des LSG auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann, dh das Vordergericht ohne den gerügten Verfahrensmangel ggf anders entschieden hätte (Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13). Diese gesteigerten Anforderungen folgen aus dem Wortlaut des § 164 Abs 2 S 3 SGG und dienen zusammen mit der sich aus § 202 SGG iVm § 557 Abs 3 S 2 ZPO ergebenden Rügepflicht dem Zweck der Entlastung des Revisionsgerichts, welches andernfalls gehalten wäre, das gesamte vorhergehende Verfahren auf das Vorhandensein von Mängeln zu überprüfen(BSG Urteil vom 23.9.1955 - 3 RJ 26/55 - BSGE 1, 227, 231; Behn in Peters/Sautter/Wolff, § 164 RdNr 224).

34

bb) Werden materiell-rechtliche Rügen erhoben, stellt das Gesetz - worauf der anfragende Senat zu Recht hinweist (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 26) - keine so hohen Anforderungen an die Begründung der Revision (vgl Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 14). Das ergibt sich bereits daraus, dass insofern allein der Rückgriff auf die im Urteil ohnehin getroffenen Feststellungen möglich und zulässig ist (§ 163 SGG), während dies bei den tatsächlichen Grundlagen von Verfahrensmängeln, die erst zusammengetragen werden müssen, gerade nicht in Betracht kommt. Dennoch entspricht es der ständigen Rechtsprechung bereits des RG und des BSG, dass auch die Begründungserfordernisse bei materiell-rechtlichen Rügen ungeachtet der erst im Rahmen der Begründetheit zu klärenden Frage, ob die Revisionsbegründung den Revisionsangriff auch trägt (BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 - Juris RdNr 8), ua der Entlastung des Revisionsgerichts und seines Berichterstatters dienen (exemplarisch RGZ 87, 5, 6; BSG Urteil vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - USK 2005-95 - Juris RdNr 16 und Beschluss vom 28.1.2014 - B 13 R 31/13 R - Juris RdNr 8 mwN). Es bedarf daher als Teil einer sorgfältigen sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfreien Begründung zur Individualisierung des Lebenssachverhalts, aus dem sich die behauptete Rechtsverletzung herleitet (BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 11), in der Begründungsschrift selbst aus sich heraus erkennbar ua der Darlegung des im angegriffenen Urteil festgestellten Sachverhalts (BSG Beschluss vom 17.1.1958 - BSGE 6, 269, 270; Urteil vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG = Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 13.10.1983 - 11 RAz 3/82 - Juris RdNr 11; BSG Urteil vom 28.1.1981 - 9 RV 1/80 - Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 = Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 24.11.1983 - 3 RK 7/83 - Juris RdNr 8; BSG SozR 1500 § 164 Nr 25 = Juris RdNr 7; BSG SozR 1500 § 164 Nr 29 = Juris RdNr 9 f; BSG Beschluss vom 21.7.1988 - 3 RK 17/87 - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.6.1990 - 9a RVs 2/90 - Juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 10.4.1991 - 6 RKa 7/90 - Juris RdNr 6; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 = Juris RdNr 20; BSG Urteil vom 29.8.1996 - 4 RA 105/95 - Juris RdNr 12; BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 = Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16, stRspr; ebenso BFH Urteil vom 28.4.1987 - IX R 9/83 - BFH/NV 1988, 151 = Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 11.12.1986 - V R 135/85 - BFH/NV 1988, 92 = Juris RdNr 21 f; BFH Urteil vom 5.10.1999 - VII R 25/98 - BFH/NV 2000, 235 = Juris RdNr 14; BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; BVerwG Beschluss vom 6.12.1984 - 9 C 41/84 - NJW 1985, 1235 = Juris RdNr 3, stRspr; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 ff = Juris RdNr 14, stRspr). Nur so kann der Revisionsführer dem Revisionsgericht "erklären", warum er nach Durcharbeitung des Prozessstoffs und der gebotenen Selbstüberprüfung seines Vorbringens in der Vorinstanz mit der angefochtenen Entscheidung nicht einverstanden ist (BFH Beschluss vom 17.7.1985 - II R 122/83 - BFH/NV 1986, 164 = Juris RdNr 9).

35

Wie ausgeführt hat dies mit der Begründetheitsprüfung noch nichts zu tun. Vielmehr entspricht es auch der Rechtsprechung des Senats, dass es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung in einem Revisionsverfahren nicht darauf ankommt, ob die materielle Rüge den Revisionsangriff im Ergebnis trägt bzw die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil aus der Sicht des Revisionsgerichts überzeugend oder gar schlüssig ist; dies ist allein eine Frage der Begründetheit der Revision (Senatsurteil vom 25.6.1975 - 5 RKn 41/74 - SozR 2600 § 54 Nr 1 = Juris RdNr 16; vgl auch BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 17.12.1990 - 5 CB 42/90 - Juris RdNr 2; BGH Urteil vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2016, § 164 RdNr 27d; Neumann in Sodan/Ziekow, aaO, § 139 RdNr 95, 102; Krüger in MüKo zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 551 RdNr 20 aE). Die Pflicht zur Begründung der Revision zielt nicht darauf ab, eine qualifizierte Erfolgsprognose über das Rechtsmittel in der Hauptsache zu einem Bestandteil der Sachurteilsvoraussetzungen desselben zu erheben und die Begründetheitsprüfung gleichsam in die Zulässigkeitsprüfung vorzuverlagern (BSG Urteile vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - Juris RdNr 13 zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen und vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).

36

Den Beschlüssen des Senats vom 16.7.2014 (B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 12), vom 25.9.2014 (B 5 RE 14/14 R, aaO RdNr 8 und B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9), vom 5.11.2014 (B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8) und dem Urteil vom 23.7.2015 (B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7) kann nichts anderes entnommen werden. Der dortige Hinweis, dass die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts es ermöglichen muss, das BSG in die Lage zu versetzen, "ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind", vermittelt nur vordergründig und bei isolierter Orientierung am Wortlaut den unzutreffenden Eindruck einer vorgezogenen Begründetheitsprüfung. Es gehört zu den Grundsätzen der allgemeinen Hermeneutik, dass in sich geschlossene Ausführungen als Einheit zu begreifen sind; dh der Inhalt eines einzelnen Satzes kann nicht losgelöst vom Textganzen, sondern nur aus diesem heraus bestimmt werden (vgl Coing, Gesammelte Aufsätze zu Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Zivilrecht, Bd 1, 1982, S 208, 217). Der maßgebende und entscheidungstragende Rechtssatz, der die Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG präzisiert, findet sich in den vorbezeichneten Entscheidungen jeweils vorangehend(Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 10; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - aaO RdNr 6; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - aaO RdNr 6 und vom 5.11.2014, aaO RdNr 7; Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 5). Er lautet:

        

"Um anhand der Revisionsbegründung nachvollziehen zu können, ob der Revisionskläger bzw sein Prozessvertreter das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage genau durchdacht hat, muss die Revision daher sowohl bei prozessualen als auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig begründet werden".

37

Dieser öffnende Obersatz - zu dem alle weiteren Sätze in Beziehung zu setzen sind - macht deutlich, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die materiell-rechtliche Rüge im Revisionsverfahren nicht den gesteigerten Anforderungen einer Verfahrensrüge oder Nichtzulassungsbeschwerde genügen und die Revisionsentscheidung im Einzelnen auch nicht gleichsam vorwegnehmen muss; es ist ausreichend, dass die Begründung rechtliche Erwägungen anstellt, die das angegriffene Urteil als unrichtig, somit eine Rechtsnorm als verletzt erscheinen lassen können. Nach alldem mag allein eine zu kurz greifende, isolierte Betrachtung für die vom anfragenden Senat gezogene Schlussfolgerung sprechen; die gebotene Kontextualisierung des streitbefangenen Rechtssatzes trägt eine solche Interpretation indes nicht.

38

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dieser vom anfragenden Senat unter Buchst b) des Tenors zitierte Rechtssatz auch nicht der die bezeichneten Entscheidungen allein tragende rechtliche Gesichtspunkt war. Tragend sind diejenigen Rechtsauffassungen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele. Stützt sich ein konkretes Ergebnis der Entscheidung auf mehrere selbstständig tragfähige Begründungen und will der anfragende Senat nur von einer dieser Begründungen abweichen, liegt keine die Anrufung des Großen Senats des BSG begründende Divergenz vor (vgl BFH Beschluss vom 22.7.1977 - III B 34/74 - BFHE 123, 112, 116; Behn in Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 41 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 3.7.2012 - 2 PBvU 1/11 - BVerfGE 132, 1, 4 f). So liegen die Dinge hier. Der erkennende Senat hat die Notwendigkeit der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts in den vorbezeichneten Entscheidungen durchgehend vor allem damit begründet, dass eine Revision auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig zu begründen ist und ohne Angaben zum festgestellten Sachverhalt eine Überprüfung des vorgenommenen Subsumtionsschlusses von vornherein ausgeschlossen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 10 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 6 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 6, 9 und vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 7 f; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 5 f); zudem wurde in diesen Entscheidungen das Rechtsmittel auch deshalb als unzulässig verworfen, weil die jeweilige Revisionsbegründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils nicht in der gebotenen Weise eingegangen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 13 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R, aaO RdNr 9 ff; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R, aaO RdNr 10 ff und vom 5.11.2014, aaO RdNr 9 f; Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 8 f). Die vorerwähnten Entscheidungen des Senats wären mithin nicht anders ausgefallen, wenn die zweite vom anfragenden Senat aufgeworfene Rechtsfrage in den Gründen dieser Entscheidungen unerwähnt geblieben wäre. Ihre Niederlegung trägt diese nicht derart, dass sie jeweils ein unabdingbares Glied in der Gedankenkette des Senats darstellten (vgl BSG Urteil vom 24.4.2014 - B 13 R 23/13 R - Juris RdNr 23).

39

Der vorliegende Rechtsstreit zeigt nach Auffassung des 5. Senats exemplarisch, dass sich aus seiner Rechtsprechung keine unerfüllbaren Anforderungen an die Revisionsbegründung ergeben und der Zugang zur Revisionsinstanz hierdurch nicht etwa in unzumutbarer Weise erschwert wird. Der Kläger des beim 12. Senat anhängigen Revisionsverfahrens erfüllt diese Anforderungen mit seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 30.4.2015 nach einstimmiger Auffassung der Mitglieder des 5. Senats in vollem Umfang. Käme der 12. Senat zu einem übereinstimmenden Ergebnis, beruhte dies entgegen der im Anfragebeschluss vertretenen Auffassung nicht auf einer Abweichung von Rechtssätzen, die der 5. Senat seiner bisherigen Rechtsprechung in Übereinstimmung mit derjenigen aller obersten Gerichtshöfe des Bundes und des BVerfG tragend zugrunde gelegt hat.

40

Der Revisionskläger trägt der Entlastungsfunktion der Revisionsbegründung für das Revisionsgericht ausreichend Rechnung, indem er insbesondere die seiner Ansicht nach durch das angegriffene Urteil verletzten revisiblen Normen des Bundesrechts angibt, als maßgeblichen Sachverhalt gerade den vom Berufungsgericht festgestellten ausdrücklich benennt und auf dieser Grundlage die Rechtsanwendung des LSG kritisch nachvollzieht. Soweit er sich zur näheren Kennzeichnung des festgestellten Sachverhalts im Übrigen auf den "Tatbestand" des angefochtenen Urteils als Fundstelle beschränkt bzw vereinzelt Elemente des festgestellten Sachverhalts in einem spezifischen rechtlichen Kontext erwähnt, begegnet dies vorliegend keinen Bedenken. Entsprechend dem "schulmäßigen" Vorgehen des Berufungsgerichts, das seine tatsächlichen Feststellungen hinreichend klar als solche gekennzeichnet hat und begünstigt durch die einfache Struktur des zur Entscheidung stehenden Lebenssachverhalts konnte der Revisionsführer auf eine ins Einzelne gehende Ermittlung im Urteilstext verborgener oder diesem nur mittelbar zu entnehmender Feststellungen verzichten. In derartigen Fällen bedarf es auch nach der dargestellten Rechtsprechung des 5. Senats keiner näheren Bezeichnung von Fundstellen im angegriffenen Urteil.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2014 aufgehoben, soweit darin das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 geändert worden ist.

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. werden auch insoweit zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Synchronsprecher wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) versicherungspflichtig war, sowie darüber, ob er beitragsrechtlich als "unständig Beschäftigter" anzusehen ist.

2

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Krankenkasse und war ua zwischen dem 5.12.2006 und dem 16.11.2007 an 53 nicht zusammenhängenden Einzeltagen bei den Beigeladenen zu 4., 5. und 7. bis 9. sowie einem weiteren (inzwischen insolventen, durch den Beigeladenen zu 6. vertretenen) Synchronisationsunternehmen als Synchronsprecher tätig. Teilweise wurden auf seine Einkünfte aus diesen Tätigkeiten von den Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, teilweise wurden die Einkünfte von diesen als solche aus selbstständiger Tätigkeit abgerechnet. Den Antrag des Klägers, seine "Versicherungspflicht als unständig Beschäftigter festzustellen", lehnte die Beklagte als Einzugsstelle ab, weil er selbstständig tätig gewesen sei, und wies seinen Widerspruch - nach Anerkennung der Versicherungspflicht als Beschäftigter für wenige einzelne Tage - im Wesentlichen zurück (Bescheid vom 16.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 22.6.2009).

3

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger an den noch streitigen Tagen als Synchronsprecher wegen Ausübung unständiger Beschäftigung der Versicherungspflicht ua in der GRV unterlegen habe (Urteil vom 24.10.2012). Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. (Deutsche Rentenversicherung Bund) hat das LSG - nach vorheriger Abtrennung der die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung betreffenden Verfahrensteile - das vorinstanzliche Urteil teilweise - in Bezug auf dessen Feststellung "unständiger Beschäftigung" in der GRV - aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen; im Übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen: Für die Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung komme es jeweils auf die einzelnen Einsatztage an. Der Kläger sei in den Betrieb der Synchronisationsunternehmen eingegliedert gewesen, weil er in deren Räumen und mit deren Betriebs- und Produktionsmitteln gearbeitet habe, zeitlich in deren Arbeitsabläufe eingebunden und organisatorisch auf die Zusammenarbeit mit Regisseur, Cutter und Tonmeister angewiesen gewesen sei. Während der Einsätze habe er insoweit Weisungen und inhaltlicher Kontrolle unterlegen. Ein Unternehmerrisiko habe der Kläger im Hinblick auf die Vergütungsmodalitäten nicht getragen. Er sei in seinen Beschäftigungen nicht versicherungsfrei gewesen. Eine Beitragsberechnung nach der in der GRV bestehenden Regelung für "unständig Beschäftigte" könne der Kläger nicht verlangen, weil diese eine "berufsmäßige" Ausübung der Beschäftigung erfordere. Daran fehle es hier, da der zeitliche und wirtschaftliche Schwerpunkt seiner Erwerbstätigkeit im Bereich der Selbstständigkeit gelegen habe (Urteil vom 14.5.2014).

4

Hiergegen richten sich die Revisionen des Klägers und der Beklagten. Der Kläger rügt (sinngemäß) die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG und von § 163 Abs 1 SGB VI. Als nicht "berufsmäßig" tätig kämen nur Personengruppen in Betracht, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegten. Die Einkünfte aus "unständiger Beschäftigung" seien hingegen wesentlicher Teil seiner Gesamteinkünfte. Die Beklagte rügt die Verletzung von § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bereits keine Versicherungspflicht des Klägers als Beschäftigter wegen der streitigen Tätigkeiten annehmen dürfen. Nach den Grundsätzen, die die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in ihrer Verlautbarung vom 30.9.2005 aufgestellt hätten, sei der Kläger als Synchronsprecher Selbstständiger gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2014 aufzuheben, soweit darin das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 geändert worden ist, und die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. gegen dieses Urteil insgesamt zurückzuweisen,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

6

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2014 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 insgesamt aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.

8

Der Senat hat durch Beschluss vom 27.4.2016 beim 5. Senat des BSG angefragt, ob dieser an seiner Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine formgerechte Begründung einer Revision iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG, soweit es die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts betrifft, festhält. Der 5. Senat hat durch Beschluss vom 6.10.2016 (B 5 SF 3/16 AR) entschieden, dass er an der Rechtsauffassung festhält, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats des BSG in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers hat in der Sache Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil ist insoweit aufzuheben, als das LSG dort die Anwendung des für "unständig Beschäftigte" geltenden § 163 Abs 1 SGB VI auf die Synchronsprechertätigkeiten des Klägers verneint hat.

10

Die Revision der Beklagten ist als unbegründet zurückzuweisen.

11

1. Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind zulässig, denn ihre Begründungen genügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG in seiner Konkretisierung durch die ständige Rechtsprechung des BSG.

12

a) Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach S 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl dazu BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 11 ff mwN). Danach muss, wenn mit der Revision die Verletzung einer Rechtsnorm gerügt wird, in der Begründung dargelegt werden, weshalb eine Vorschrift im materiellen Sinne von der Vorinstanz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (vgl § 546 ZPO). Das Revisionsvorbringen muss eine Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffs durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lassen (vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 13; BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 11 mwN). Mit diesem Erfordernis soll zur Entlastung des Revisionsgerichts erreicht werden, dass der Revisionskläger bzw sein Prozessbevollmächtigter die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels eingehend prüft und von aussichtslosen Revisionen rechtzeitig Abstand nimmt.

13

b) Der notwendige Inhalt einer Revisionsbegründung ist im Einzelfall nach Maßgabe des mit dem Begründungserfordernis verfolgten Zwecks sowie unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben näher zu bestimmen. Denn aufgrund der Rechtsschutzgarantie in Art 19 Abs 4 S 1 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfG vom 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen, die nicht derart streng gehandhabt werden dürfen, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG vom 21.10.2015, aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).

14

c) Die Verletzung einer Norm iS des § 164 Abs 2 S 3 SGG(inhaltsgleich § 139 Abs 3 S 4 VwGO, § 554 Abs 3 Nr 3 Buchst a ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung und § 120 Abs 2 Finanzgerichtsordnung aF) ist das Ergebnis der fehlerhaften Anwendung eines Rechtssatzes (vgl § 546 ZPO), also eines Subsumtionsschlusses, bei dem ein nach abstrakten Merkmalen bestimmter rechtlicher Obersatz mit einem individuellen Lebenssachverhalt in Übereinstimmung gebracht wird. Der Fehler kann sowohl in einer unzutreffenden Inhaltsbestimmung der abstrakten Tatbestandsmerkmale der Rechtsnorm (Interpretationsfehler) als auch in der fehlerhaften Annahme von Deckungsgleichheit zwischen einem zutreffend ausgelegten Obersatz und dem maßgebenden Sachverhalt (Subsumtionsfehler) liegen. Für die Beurteilung einer Rechtsverletzung in der Revisionsinstanz unbeachtlich ist lediglich ein Fehler des Berufungsgerichts bei der Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, sofern nicht im Einzelfall zulässig und begründet ein Verfahrensmangel gerügt wird (§ 163 SGG).

15

d) Auf dieser Grundlage erfordert die Darlegung, weshalb die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Rechts von der Vorinstanz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, eine kurze Wiedergabe des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Die Rüge, dass ein im angefochtenen Urteil vorgenommener Subsumtionsschluss die Verletzung einer Rechtsnorm in dem genannten Sinne bewirkt haben soll, macht nicht nur Ausführungen zum rechtlichen Obersatz, sondern auch zu den tatsächlichen Umständen (= Sachverhalt), auf die dieser Obersatz angewendet wurde, erforderlich (vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 11 mwN). Rechtsausführungen in dem angefochtenen Urteil mögen für sich genommen zutreffend oder unzutreffend sein; eine mit der Revision angreifbare Rechtsverletzung bewirken solche Interpretationen einer Norm jedoch nur, wenn sie bei Anwendung auf den maßgebenden Sachverhalt auch entscheidungsrelevant sind (vgl BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 16 mwN; BSG vom 27.4.2016 - B 12 KR 16/14 R - Juris RdNr 18; BSG vom 27.4.2016 - B 12 KR 17/14 R - Juris RdNr 14). Das Erfordernis der Wiedergabe des für die geltend gemachte Rechtsverletzung wesentlichen Sachverhalts ist dabei kein Selbstzweck. Es dient dazu, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Rechtsausführungen im Blick behält und von der Durchführung von Verfahren, in denen es auf einen Streit über die zutreffende Auslegung einer Norm letztlich überhaupt nicht ankommt, Abstand nimmt. Hierfür genügt es, wenn der Revisionsführer in der Revisionsbegründung den entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt.

16

e) Der erkennende 12. Senat muss die vorliegende Sache nicht dem Großen Senat des BSG zur Klärung der Anforderungen an eine Revisionsbegründung vorlegen.

17

aa) Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 27.4.2016 (B 12 KR 16/14 R - Juris) beim 5. Senat des BSG angefragt, ob es für die formgerechte Begründung einer Revision erforderlich sei, "an welcher genauen Stelle" der Revisionsführer dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte, ob es erforderlich sei, das BSG mit der Revisionsbegründung in die Lage zu versetzen, "ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind".

18

bb) Der 5. Senat des BSG hat mit Beschluss vom 6.10.2016 (B 5 SF 3/16 AR - Juris) an seiner Rechtsauffassung festgehalten, zur Begründung jedoch darauf hingewiesen, dass die Ausführungen in den bisherigen Entscheidungen des 5. Senats zur formgerechten Revisionsbegründung vom erkennenden Senat nicht zutreffend bewertet worden seien.

19

cc) Nach Klarstellung des 5. Senats im Beschluss vom 6.10.2016 zu den Anforderungen an eine hinreichende Revisionsbegründung, die sich mit denen des erkennenden Senats decken und daher eine Vorlage an den Großen Senat des BSG nach § 41 SGG entbehrlich machen, geht auch der erkennende Senat von den nachfolgend genannten Anforderungen an die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts aus:

20

(1) Wird mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts gerügt, ist in der Revisionsbegründung auf den Gedankengang des Vordergerichts und damit zumindest kurz auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung einzugehen und der vom Vordergericht festgestellte entscheidungserhebliche Lebenssachverhalt darzulegen.

21

(2) Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind am geringsten, wenn in den Gründen der angegriffenen Entscheidung die ihr zugrunde liegenden Tatsachen ausdrücklich mitgeteilt werden.

22

(3) Weicht das Vordergericht von dieser Idealform tatrichterlicher Feststellungen ab und trifft es Feststellungen lediglich auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise, dass allenfalls aus seiner Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es ausgegangen ist, muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit - und nicht von "copy and paste" - darlegen, welchen Umständen sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt entnimmt.

23

(4) Eine formgerechte Revisionsbegründung erfordert weder stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffes und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes noch bedarf sie zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände.

24

(5) Angaben, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen sind, bedarf es in Ausnahmefällen nur dann, wenn nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welchen Lebenssachverhalt sich das Tatsachengericht als für seine Entscheidung maßgebend vorgestellt hat und dieser erst ermittelt werden muss, weil die Urteilsgründe einer entsprechenden Interpretation bedürfen.

25

f) Den oben erläuterten Anforderungen werden die Revisionsbegründungen des Klägers und der Beklagten gerecht. Insbesondere haben sie den für eine revisionsgerichtliche Prüfung notwendigen Sachverhalt in der gebotenen Weise dargestellt.

26

2. Der Kläger unterlag in seinen für die beigeladenen Produktionsunternehmen ausgeübten Synchronsprechertätigkeiten wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der GRV, die hier allein (noch) zu beurteilen ist (dazu a). Er war in diesen Tätigkeiten nicht ausnahmsweise wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei (dazu b). Bei der Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge sind die im Beitragsrecht der GRV für "unständig Beschäftigte" bestehenden Regelungen anzuwenden (dazu c).

27

a) Zutreffend hat das LSG - entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung - angenommen, dass der Kläger in den Synchronsprechertätigkeiten wegen Beschäftigung rentenversicherungspflichtig war, und die Entscheidung der beklagten Einzugsstelle insoweit als rechtsfehlerhaft angesehen.

28

aa) In den Jahren 2006 und 2007 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Rentenversicherungspflicht (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert fortgeltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 1 und 2 SGB IV). Das LSG ist zutreffend von den in der Rechtsprechung des Senats zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; auch schon BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; aus jüngerer Zeit: Senatsurteile vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 17 und vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 16) und hat diese in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise umgesetzt.

29

bb) Bei Gestaltungen der vorliegenden Art ist für die Prüfung der Versicherungspflicht nicht auf den gesamten Tätigkeitszeitraum, sondern - mit dem LSG - stets auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Einsatzangebots, dh hier jeweils an dem Tag, an dem bei einem der beigeladenen Produktionsunternehmen synchronisiert wurde, bestehen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 mwN, vor allem unter Hinweis auf BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24). Nach den für den Senat bindenden - weil insoweit von den Beteiligten nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen - Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) fehlen Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Kläger und den Synchronisationsunternehmen eine Dauerrechtsbeziehung bestand, aufgrund derer den Kläger vor Annahme eines der hier streitigen Einsätze eine - ggf auch nur latente - Verpflichtung traf, Tätigkeiten für diese auszuüben, oder dass umgekehrt eine Verpflichtung der Unternehmen bestand, dem Kläger Arbeit anzubieten oder Entgelt zu gewähren (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19).

30

Ausgehend von den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts ist dessen Würdigung, dass unter Gesamtabwägung aller Indizien und Umstände bei den hier maßgebenden einzelnen Einsätzen Beschäftigungen vorgelegen haben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht war der Kläger in den Betrieb des jeweiligen Synchronisationsunternehmens eingegliedert und unterlag unter Vorgabe von Terminen und zeitlicher Abfolge für die Aufnahmen, von Räumlichkeiten sowie Dialog- und Synchronbüchern im Einzelnen den Weisungen der von den Produktionsunternehmen gestellten Regisseure, Cutter und Tonmeister. Gesichtspunkte der Kunstfreiheit gebieten dabei keine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Beurteilung des Klägers als Beschäftigter; weder die künstlerische Freiheit der Sprecher bei der Gestaltung der Synchronisation noch ein möglicher Schutz auf die Synchronisation von Filmen gerichteter Tätigkeit nach Art 5 Abs 1 S 2 sowie Abs 3 GG (Film- und Kunstfreiheit) stehen demnach entgegen.

31

An den jeweiligen Synchronisationstagen war der Kläger verpflichtet, einen "Take" so oft zu wiederholen, wie dies durch den Regisseur in Wahrnehmung eines diesbezüglichen Weisungsrechts des Synchronisationsunternehmens angeordnet wurde. Schon aus diesem Grunde unterlag er nicht etwa nur künstlerisch-fachlichen Weisungen bezüglich der künstlerischen Gestaltung der Synchronisation, die für sich genommen einer Einordnung als selbstständige Tätigkeit noch nicht entgegenstehen. Auch gab das Produktionsunternehmen nach den bindenden Feststellungen des LSG ua die Reihenfolge für die Abarbeitung der einzelnen "Takes" sowie Beginn, Ende und Pausen der Aufnahmen und der verschiedenen Synchronsprecher einseitig vor.

32

cc) Soweit die Beklagte mit ihrer Revision geltend macht, der Kläger habe ein relevantes unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt, weil ihm beim Entfall des Synchroneinsatzes kein Entgelt zugestanden habe, verhilft ihr dieser Vortrag - mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen des LSG und ohne diesbezügliche Tatsachenrügen in der Revisionsinstanz (vgl § 163 SGG) - nicht zum Erfolg. So hat das Berufungsgericht jedenfalls festgestellt, dass als Teil des Gagensystems Mindesthonorare für Synchronsprecher vereinbart waren, deren Höhe von dem zunächst disponierten Zeitraum sowie dem Aufnahmeort abhing. Hieraus hat es zutreffend den Schluss gezogen, dass ein für Selbstständige typisches Risiko, die eigene Arbeitskraft mit der Ungewissheit einer Vergütung eingesetzt zu haben, (gerade) nicht bestanden hat.

33

Ein unternehmerisches Risiko des Klägers ist - mit dem LSG - auch nicht aus anderen Gründen anzunehmen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist der Umstand, dass eigenes Kapital oder eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, nur dann ein Hinweis auf das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (zuletzt ausführlich BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36 mwN). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können ("Auftragsrisiko"), folgt noch kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG Urteil vom 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f).

34

dd) Die Tätigkeit des Klägers als Synchronsprecher erfolgte auch nicht aufgrund von Werkverträgen (zur Abgrenzung von Werkvertrag und Dienstvertrag vgl BGH Urteil vom 16.7.2002 - X ZR 27/01 - BGHZ 151, 330 zu II. 1. der Gründe; BAG Urteil vom 25.9.2013 - 10 AZR 282/12 - AP Nr 126 zu § 611 BGB Abhängigkeit - Juris RdNr 15 ff). Nach den vom BAG (aaO) zur Abgrenzung von Werk- und Arbeitsvertrag entwickelten Grundsätzen, denen sich der Senat für die Prüfung der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung anschließt, kommt es entscheidend darauf an, ob sich Weisungsrechte des Werkbestellers/Dienstherrn ausschließlich auf die Ausführung des vereinbarten Werks beziehen (Werkvertrag), oder ob auch Weisungsrechte bezüglich des Arbeitsvorgangs und der Zeiteinteilung bestehen; wird die Tätigkeit durch den "Besteller" geplant und organisiert und ist der "Werkunternehmer" in den arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten "Werks" faktisch ausschließt, liegt ein Arbeitsvertrag nahe (BAG, aaO, Juris RdNr 17 mwN). Dass hier (gerade) Letzteres der Fall war, steht nach den vom LSG insoweit festgestellten Tatsachen zu Inhalt und Umfang der während der Ausübung der Tätigkeiten des Klägers als Synchronsprecher erteilten Weisungen außer Frage.

35

Die von der Beklagten für ihren Rechtsstandpunkt herangezogene Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Synchronsprechern vom 30.9.2005 ist schon vor dem Hintergrund der Senatsrechtsprechung zur (ausschließlichen) Bedeutung der Verhältnisse nach Annahme des einzelnen Einsatzangebots ohne Relevanz. Entgegen den in dem Rundschreiben enthaltenen Ausführungen kann für das Vorliegen von Beschäftigung insbesondere nicht verlangt werden, dass eine Rahmenvereinbarung besteht. Ebenso wenig sprechen nur kurzzeitige Einsätze zwingend für selbstständige Tätigkeit. Aus der bloßen Kurzzeitigkeit von Tätigkeiten kann - anders als der BFH dies für das Steuerrecht annimmt (BFH Urteil vom 1.3.1973 - IV R 231/69 - BFHE 109, 39; Urteil vom 3.8.1978 - VI R 212/75 - BFHE 126, 271; Urteil vom 12.10.1978 - IV R 1/77 - BFHE 133, 357) - schon deshalb nichts hergeleitet werden, weil das Sozialversicherungsrecht mit den Regelungen der Zeitgeringfügigkeit (vgl § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV) und für "unständig Beschäftigte" (anders als das Einkommensteuerrecht) Sondernormen für Personen mit sehr kurzfristigen Beschäftigungen enthält.

36

b) Der Kläger war als bei den beigeladenen Produktionsunternehmen beschäftigter Synchronsprecher an den einzelnen Einsatztagen nicht in der GRV wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei.

37

Nach § 5 Abs 2 S 1 Halbs 1 Nr 1 SGB VI in der seinerzeit geltenden Fassung(des Gesetzes vom 23.12.2002, BGBl I 4621) sind Personen, die eine geringfügige Beschäftigung (§ 8 Abs 1, § 8a SGB IV) ausüben, in dieser Beschäftigung in der GRV versicherungsfrei. Nach § 8 Abs 1 SGB IV in dessen in den Jahren 2006 und 2007 maßgebender Fassung(der Bekanntmachung vom 23.1.2006, BGBl I 86) ist eine Beschäftigung geringfügig, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt (Nr 1), die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt (Nr 2).

38

Einer Annahme von Geringfügigkeit im Sinne (zeit)geringfügiger Beschäftigungen nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV, die hier allein in Betracht kommen könnten, steht bereits entgegen, dass nicht erkennbar ist, dass die streitigen Synchronsprechertätigkeiten ihrer Eigenart nach auf die in § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV genannten Zeiträume begrenzt zu sein pflegten oder im Voraus vertraglich begrenzt waren.

39

c) Soweit es um die beitragsrechtliche Behandlung des Klägers als beschäftigter Synchronsprecher geht, also darum, ob von den beigeladenen Produktionsunternehmen als Arbeitgebern zu dessen Gunsten weitere Rentenversicherungsbeiträge zu erheben sind, gelangen die im Beitragsrecht der GRV für "unständig Beschäftigte" bestehenden Regelungen des § 163 Abs 1 SGB VI zur Anwendung. Bei der Bestimmung des Umfangs beitragspflichtiger Einnahmen "unständig Beschäftigter" in der GRV ist eine "Berufsmäßigkeit" der Beschäftigung als hinzutretendes, einschränkendes Tatbestandsmerkmal nicht zu fordern.

40

aa) Nach § 163 Abs 1 S 1 SGB VI(idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754) ist für unständig Beschäftigte als beitragspflichtige Einnahmen ohne Rücksicht auf die Beschäftigungsdauer das innerhalb eines Kalendermonats erzielte Arbeitsentgelt bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Unständig ist nach § 163 Abs 1 S 2 SGB VI die Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist.

41

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die streitigen Tätigkeiten des Klägers als Synchronsprecher sind ausgehend von den Feststellungen des LSG als wiederholte, iS des § 163 Abs 1 S 2 SGB VI kurzzeitige Beschäftigungen und nicht - zB wegen in der Zwischenzeit auch bestehender Dienstbereitschaft - als (dauernde) durchgehende Beschäftigung zu bewerten(vgl zu einer abweichenden Konstellation BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19 - als "Gäste" beschäftigte Bühnenkünstler). Ob sich die Befristung aus der Natur der Sache (Synchronisierung einer bestimmten Rolle) oder aus einer vertraglichen Abrede ergab, muss insoweit nicht entschieden werden. Auch das wiederholte Tätigwerden für stets bestimmte Synchronisationsunternehmen steht dieser Beurteilung nicht entgegen; denn eine bloße Aneinanderreihung unständiger Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber begründet noch kein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis (vgl BSG Urteil vom 13.2.1962 - 3 RK 2/58 - BSGE 16, 158, 163 = SozR Nr 1 zu § 441 RVO S Aa 2 f mwN; BSG Urteil vom 16.2.1983 - 12 RK 23/81 - SozR 2200 § 441 Nr 2). Wie bereits erörtert, erfordert Letzteres eine - hier nicht vorliegende - ununterbrochen anhaltende Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Betroffenen (vgl BSG Urteil vom 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 39 f; BSG Urteil vom 31.1.1973 - 12/3 RK 16/70 - USK 7311 S 50; BSG Urteil vom 22.11.1973 - 12 RK 17/72 - BSGE 36, 262, 264 f = SozR Nr 8 zu § 441 RVO S Aa 11 RS).

42

bb) Die Bestimmung des Umfangs beitragspflichtiger Einnahmen "unständig Beschäftigter" nach § 163 Abs 1 SGB VI setzt nicht zusätzlich voraus, dass diese ihre Beschäftigung "berufsmäßig" ausüben. Insoweit sind alle Voraussetzungen für die beitragsrechtliche Behandlung des Klägers in der GRV als "unständig Beschäftigter" gegeben. Dieses Ergebnis folgt aus einer Auslegung des § 163 Abs 1 SGB VI nach seinem Wortlaut und dem Gesetzeszusammenhang, in den die Norm gestellt ist(dazu (1)). Eine Auslegung nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers, die sich an dessen historischen Normvorstellungen (als Erkenntnisquelle) orientieren muss, liefert demgegenüber keinen klaren Befund bzw lässt mehrere Deutungsmöglichkeiten zu (dazu (2)).

43

(1) Weil § 163 Abs 1 S 2 SGB VI das Merkmal der "Berufsmäßigkeit" als hinzutretende Tatbestandsvoraussetzung mit den Personenkreis "unständig Beschäftigter" eingrenzender Wirkung nicht enthält, spricht schon der Gesetzeswortlaut dafür, dieses Merkmal hier - im Beitragsrecht der GRV - (gerade) nicht als für die Abgrenzung der genannten Personengruppe konstitutiv zu betrachten.

44

Ausschlaggebend ist darüber hinaus eine systematische Betrachtung der Gesetzesbestimmungen, die in den einzelnen Versicherungszweigen eine Anknüpfung an den Tatbestand "unständige Beschäftigung" enthalten (außerhalb des SGB VI: § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III, § 232 Abs 3, § 186 Abs 2 S 1, § 190 Abs 4 SGB V). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber das Merkmal der "Berufsmäßigkeit" - vom jeweiligen rechtlichen Kontext abhängig (Versicherungspflicht-, Beitrags-, Mitgliedschaftsrecht) - als die Personengruppe "unständig Beschäftigter" eingrenzende Tatbestandsvoraussetzung systematisch mal hinzugenommen (so in § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III: "… in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben …") und mal von einer Hinzunahme abgesehen hat (so in § 163 Abs 1 S 2 SGB VI).

45

(2) Ist eine Auslegung des § 163 Abs 1 SGB VI aus den obigen Gründen in dem genannten Sinne geboten, so lassen sich über eine Interpretation, die die Regelungsabsicht des Gesetzgebers berücksichtigt, keine dem gefundenen (Auslegungs)Ergebnis widersprechenden Anhaltspunkte gewinnen. Solche abweichenden Normvorstellungen lassen sich zwingend weder der Gesetzeshistorie noch der älteren Rechtsprechung des BSG entnehmen.

46

So wird in der Begründung des Entwurfs eines Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) zu § 158 Abs 1 - dem späteren § 163 Abs 1 SGB VI - zwar ausgeführt, Absatz 1 entspreche dem geltenden Recht(vgl den Entwurf eines RRG 1992 der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vom 7.3.1989, BT-Drucks 11/4124 S 184). § 1400 Abs 2 RVO(iVm §§ 232, 233 SGB V), auf den in einem Klammerzusatz verwiesen wird, gibt jedoch weder nach seinem Wortlaut noch sonst - etwa unter Berücksichtigung dort vorgenommener Verweisungen (auf den für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen Krankenversicherung maßgebenden Grundlohn, auf den Betrag nach § 1385 Abs 3a RVO) - Aufschluss darüber, welche Merkmale sich der Gesetzgeber des SGB VI im vorliegenden Zusammenhang des Beitragsrechts der GRV für den Anknüpfungstatbestand "unständige Beschäftigung" vorgestellt hat.

47

Andere - von den Verfassern des Entwurfs eines RRG 1992 - nicht in Bezug genommene Vorschriften der RVO (§ 442 iVm § 441 RVO, später wortgleich in den bis zum 31.12.1995 geltenden § 179 Abs 1 SGB V übernommen) oder des Angestelltenversicherungsgesetzes ( § 118 Abs 2, § 127 Abs 1 und 4 AVG, jeweils in der bis 31.12.1988 geltenden Fassung) legen die "Berufsmäßigkeit" - insoweit wie im geltenden Recht - je nach dem besonderen Kontext dieser Bestimmungen bereichsspezifisch als eine hinzutretende konstitutive Tatbestandsvoraussetzung fest (so in § 442 RVO - einer Zuständigkeits- bzw Mitgliedschaftsvorschrift aus der gesetzlichen Krankenversicherung; zu den hierfür aufgebotenen sozialpolitischen Motiven vgl schon die Begründung zum Reformbedarf der Krankenversicherung unständig Beschäftigter in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Verwaltung der Mittel der Träger der Krankenversicherung vom 22.8.1979, BT-Drucks 8/3126 S 10 f) oder sehen von einem solchen Hinzutreten ab.

48

Für eine Auslegung nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers einschlägige Erkenntnisse ergeben sich auch nicht aus älterer Rechtsprechung des Senats zu den früheren Vorschriften der §§ 441, 442 RVO:

49

Soweit der Senat in seinem Urteil vom 4.6.1998 (B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 40) ausgeführt hat, eine Beschäftigung sei nach den §§ 441, 442 RVO "unständig", wenn sie auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflege oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag beschränkt sei und der Arbeitnehmer solchen "unständigen Beschäftigungen" berufsmäßig nachgehe, kann hieraus für die Auslegung des § 163 Abs 1 SGB VI nichts hergeleitet werden. Die §§ 441 und 442 RVO sind weder Vorgängervorschriften des § 163 Abs 1 SGB VI(missverständlich insoweit der dortige Klammerzusatz mit seiner Verweisung auf § 163 Abs 1 S 2 SGB VI) noch wurde die Formulierung des § 442 RVO - "Personen, die berufsmäßig unständigen Beschäftigungen nachgehen, in denen sie versicherungspflichtig sind (unständig Beschäftigte), gehören der für ihren Wohnort zuständigen Ortskrankenkasse an - in § 163 Abs 1 SGB VI aufgegriffen.

50

Aus der Entscheidung des Senats vom 22.11.1973 (12 RK 17/72 - BSGE 36, 262, 265 = SozR Nr 8 zu § 441 RVO S Aa 12) kann ebenfalls nicht entnommen werden, dass "unständig" iS des § 163 Abs 1 SGB VI nur eine Beschäftigung sei, die auch "berufsmäßig" ausgeübt werde. In der genannten Entscheidung ging es nicht um Fragen der Beitragsbemessung, sondern um die Frage des Vorliegens von Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs 1 AVG in einer Nebenbeschäftigung und damit um einen anderen gesetzlichen Kontext.

51

3. Einer Prüfung der (sinngemäß) auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützten Verfahrensrüge des Klägers bedarf es nicht mehr.

52

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.

(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.

(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.

(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.

(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit

1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten des Bezugs von
a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)
Leistungen bei Krankheit und
c)
Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet.

(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung sind Leistungen nach Maßgabe des Dritten und Vierten Kapitels dieses Buches.

(2) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind Leistungen nach Maßgabe des Dritten Kapitels dieses Buches und Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung.

(3) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind Ermessensleistungen mit Ausnahme

1.
des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach § 45 Absatz 7,
2.
der Berufsausbildungsbeihilfe während der ersten Berufsausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme,
3.
der Leistung zur Vorbereitung auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme,
4.
der Weiterbildungskosten zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses, des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses,
5.
des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitsausfall,
6.
des Wintergeldes,
7.
der Leistungen zur Förderung der Teilnahme an Transfermaßnahmen,
8.
der besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und
9.
des Arbeitslosengeldes bei beruflicher Weiterbildung.

(4) Entgeltersatzleistungen sind

1.
Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit und bei beruflicher Weiterbildung,
2.
Teilarbeitslosengeld bei Teilarbeitslosigkeit,
3.
Übergangsgeld bei Teilnahme an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
4.
Kurzarbeitergeld bei Arbeitsausfall,
5.
Insolvenzgeld bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld

1.
bei Arbeitslosigkeit oder
2.
bei beruflicher Weiterbildung.

(2) Wer das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet hat, hat vom Beginn des folgenden Monats an keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.

(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.

(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.

(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit

1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten des Bezugs von
a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)
Leistungen bei Krankheit und
c)
Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet.

(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.

(1) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so ernennt das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter. § 270 bleibt unberührt.

(2) Der Eröffnungsbeschluß enthält:

1.
Firma oder Namen und Vornamen, Geburtsdatum, Registergericht und Registernummer, unter der der Schuldner in das Handelsregister eingetragen ist, Geschäftszweig oder Beschäftigung, gewerbliche Niederlassung oder Wohnung des Schuldners;
2.
Namen und Anschrift des Insolvenzverwalters;
3.
die Stunde der Eröffnung;
4.
die Gründe, aus denen das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters abgewichen ist; dabei ist der Name der vorgeschlagenen Person nicht zu nennen;
5.
eine abstrakte Darstellung der für personenbezogene Daten geltenden Löschungsfristen nach § 3 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 677), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) geändert worden ist.

(3) Ist die Stunde der Eröffnung nicht angegeben, so gilt als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluß erlassen worden ist.

(1) Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse des Schuldners bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Dies gilt auch für Miet- und Pachtverhältnisse, die der Schuldner als Vermieter oder Verpächter eingegangen war und die sonstige Gegenstände betreffen, die einem Dritten, der ihre Anschaffung oder Herstellung finanziert hat, zur Sicherheit übertragen wurden.

(2) Ein vom Schuldner als Darlehensgeber eingegangenes Darlehensverhältnis besteht mit Wirkung für die Masse fort, soweit dem Darlehensnehmer der geschuldete Gegenstand zur Verfügung gestellt wurde.

(3) Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der andere Teil nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter:

1.
das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten;
2.
ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stillegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden;
3.
zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird; das Gericht kann ihn zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen.

(2) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne daß dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie dürfen nicht über die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 hinausgehen.

(3) Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

(1) Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Vorschriften dieses Teils sind auf Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 nicht anzuwenden.

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird aufgelöst:

1.
durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit;
2.
durch Beschluß der Gesellschafter; derselbe bedarf, sofern im Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes bestimmt ist, einer Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen;
3.
durch gerichtliches Urteil oder durch Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder der Verwaltungsbehörde in den Fällen der §§ 61 und 62;
4.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens; wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben, so können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen;
5.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
6.
mit der Rechtskraft einer Verfügung des Registergerichts, durch welche nach § 399 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Mangel des Gesellschaftsvertrags festgestellt worden ist;
7.
durch die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Im Gesellschaftsvertrag können weitere Auflösungsgründe festgesetzt werden.

(1) Die Aktiengesellschaft wird aufgelöst

1.
durch Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit;
2.
durch Beschluß der Hauptversammlung; dieser bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt; die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen;
3.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;
4.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird;
5.
mit der Rechtskraft einer Verfügung des Registergerichts, durch welche nach § 399 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Mangel der Satzung festgestellt worden ist;
6.
durch Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Dieser Abschnitt gilt auch, wenn die Aktiengesellschaft aus anderen Gründen aufgelöst wird.

Die Genossenschaft wird aufgelöst

1.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
2.
durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst:

1.
durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;
2.
durch Beschluß der Gesellschafter;
3.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;
4.
durch gerichtliche Entscheidung.

(2) Eine offene Handelsgesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, wird ferner aufgelöst:

1.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
2.
durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(3) Folgende Gründe führen mangels abweichender vertraglicher Bestimmung zum Ausscheiden eines Gesellschafters:

1.
Tod des Gesellschafters,
2.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters,
3.
Kündigung des Gesellschafters,
4.
Kündigung durch den Privatgläubiger des Gesellschafters,
5.
Eintritt von weiteren im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen,
6.
Beschluß der Gesellschafter.
Der Gesellschafter scheidet mit dem Eintritt des ihn betreffenden Ereignisses aus, im Falle der Kündigung aber nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt.

(2) Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Registerbekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören.

(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt

1.
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers,
2.
die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder
3.
die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.
Auch bei einem ausländischen Insolvenzereignis haben im Inland beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf Insolvenzgeld.

(2) Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Als Arbeitsentgelt für Zeiten, in denen auch während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht (§ 7 Absatz 1a des Vierten Buches), gilt der Betrag, der auf Grund der schriftlichen Vereinbarung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmt war. Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer einen Teil ihres oder seines Arbeitsentgelts nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes umgewandelt und wird dieser Entgeltteil in einem Pensionsfonds, in einer Pensionskasse oder in einer Direktversicherung angelegt, gilt die Entgeltumwandlung für die Berechnung des Insolvenzgeldes als nicht vereinbart, soweit der Arbeitgeber keine Beiträge an den Versorgungsträger abgeführt hat.

(3) Hat eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weitergearbeitet oder die Arbeit aufgenommen, besteht der Anspruch auf Insolvenzgeld für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses.

(4) Anspruch auf Insolvenzgeld hat auch der Erbe der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers.

(5) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Beschluss des Insolvenzgerichts über die Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse dem Betriebsrat oder, wenn kein Betriebsrat besteht, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unverzüglich bekannt zu geben.

Der Arbeitgeber oder die mit der Insolvenzabwicklung betraute Person hat für freigestellte Beschäftigte für den Zeitraum bis zum Tag vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Nichteröffnung mangels Masse eine Abmeldung mit der nächsten folgenden Lohn- und Gehaltsabrechnung, spätestens aber nach sechs Wochen abzugeben.

(1) Der Anspruch auf Leistungen erlischt mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1a) Endet die Mitgliedschaft durch die Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse, gelten die von dieser Krankenkasse getroffenen Leistungsentscheidungen mit Wirkung für die aufnehmende Krankenkasse fort. Hiervon ausgenommen sind Leistungen aufgrund von Satzungsregelungen. Beim Abschluss von Wahltarifen, die ein Mitglied zum Zeitpunkt der Schließung in vergleichbarer Form bei der bisherigen Krankenkasse abgeschlossen hatte, dürfen von der aufnehmenden Krankenkasse keine Wartezeiten geltend gemacht werden. Die Vorschriften des Zehnten Buches, insbesondere zur Rücknahme von Leistungsentscheidungen, bleiben hiervon unberührt.

(2) Endet die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger, besteht Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Eine Versicherung nach § 10 hat Vorrang vor dem Leistungsanspruch nach Satz 1.

(3) Endet die Mitgliedschaft durch Tod, erhalten die nach § 10 versicherten Angehörigen Leistungen längstens für einen Monat nach dem Tode des Mitglieds.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.

(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach

1.
der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und
2.
dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.
Die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend.

(2) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monatenund nach Vollendung des … Lebensjahres… Monate
126
168
2010
2412
3050.15
3655.18
4858.24

(3) Bei Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 142 Absatz 2 beträgt die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld unabhängig vom Lebensalter

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monaten… Monate
63
84
105

Abweichend von Absatz 1 sind nur die Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der Rahmenfrist des § 143 zu berücksichtigen.

(4) Die Dauer des Anspruchs verlängert sich um die Restdauer des wegen Entstehung eines neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs, wenn nach der Entstehung des erloschenen Anspruchs noch nicht fünf Jahre verstrichen sind; sie verlängert sich längstens bis zu der dem Lebensalter der oder des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer.

(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.

(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.

(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.

(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit

1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten des Bezugs von
a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)
Leistungen bei Krankheit und
c)
Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet.

(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.