Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2008 - XII ZB 125/06

bei uns veröffentlicht am17.12.2008
vorgehend
Landgericht Potsdam, 11 O 66/05, 24.04.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 125/06
vom
17. Dezember 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Hat das Landgericht fehlerhaft durch Beschluss statt durch Urteil entschieden, ist
nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung gegen diesen Beschluss die sofortige
Beschwerde zulässig.

b) Ein Zwischenurteil über die Aufhebung eines trotz Unterbrechung des Rechtsstreits
ergangenen Versäumnisurteils ist selbständig anfechtbar.
BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2008 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina sowie den Richter Dr. Klinkhammer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: bis 30.000 €

Gründe:


I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten nach fristloser Kündigung eines Gewerberaummietvertrages Räumung und Herausgabe des Mietobjekts und Zahlung rückständiger Miete.
2
Die Klage wurde der Beklagten am 30. September 2005 um 10.25 Uhr zugestellt. Am selben Tag um 12.00 Uhr wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet. Hiervon setzte der am 13. Oktober 2005 von der Beklagten beauftragte Prozessbevollmächtigte das Gericht mit Schrift- satz vom 4. November 2005, der am gleichen Tag bei Gericht einging, in Kenntnis. Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 teilte der über das Vermögen der Beklagten bestellte Insolvenzverwalter dem Klägervertreter mit, dass er den Rechtsstreit nicht aufnehme, und erklärte, er gebe das mit dem Kläger bestehende Mietverhältnis aus der Insolvenzmasse frei. Dieses Schreiben übersandte der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 4. Januar 2006 an das Gericht mit der Bitte, den Rechtsstreit fortzuführen und ein Versäumnisurteil zu erlassen. Das Landgericht übermittelte den Schriftsatz dem Beklagten formlos. Nachdem dieser in der daraufhin anberaumten mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2006 keinen Antrag gestellt hatte, verurteilte das Landgericht die Beklagte antragsgemäß durch Versäumnisurteil zur Räumung, Herausgabe und Zahlung.
3
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. Februar 2006 zugestellte Versäumnisurteil am 15. Februar 2006 Einspruch eingelegt und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung einzustellen.
4
Mit Schriftsatz vom 10. April 2006 hat der Kläger vorsorglich nochmals ausdrücklich die Aufnahme des Verfahrens in Bezug auf den Räumungs- und Herausgabeantrag erklärt. Diesen Schriftsatz hat das Gericht dem Beklagten wiederum nur formlos übersandt.
5
Im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch am 24. April 2006 hat der Beklagtenvertreter beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Unterbrechung des Verfahrens, hilfsweise die Wirkungslosigkeit des Versäumnisurteils festzustellen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Landgericht das Versäumnisurteil für wirkungslos erklärt und die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO festgestellt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beschluss aufgehoben und die Rechts- beschwerde zugelassen. Die Beklagte begehrt mit der Rechtsbeschwerde die Wiederherstellung des landgerichtlichen Beschlusses. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie ist auch - unabhängig davon, ob das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist - zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445; BGHZ 50, 397, 400; 66, 59, 62) beschränkt sich die durch § 249 Abs. 2 ZPO angeordnete Unwirksamkeit auf Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind. Sie gilt nicht für Rechtsmittel gegen eine Gerichtsentscheidung, die darauf gestützt werden, dass die Entscheidung während der Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO ergangen ist.
7
Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht mangels Prozessführungsbefugnis der Beklagten unzulässig. Zwar geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Prozessführungsbefugnis des Gemeinschuldners auf den Insolvenzverwalter über, soweit der Rechtsstreit die Masse betrifft. Die Rechtsfolgen der Unterbrechung des Verfahrens kann der Gemeinschuldner jedoch geltend machen; insoweit bleibt er selbst prozessführungsbefugt (BGH Urteile vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445; vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563).

III.

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Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
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1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts sei zulässig. Hinsichtlich der Feststellung der Unterbrechung des Verfahrens gelte § 252 ZPO. Im Hinblick auf die Erklärung des Versäumnisurteils für wirkungslos sei § 269 Abs. 5 ZPO, dem eine vergleichbare Interessenlage zugrunde liege, entsprechend anwendbar. Treffe ein Gericht - wie hier - eine im Gesetz nicht vorgesehene Feststellung der Unwirksamkeit eines Urteils durch Beschluss, so bedürfe es einer Möglichkeit, den Beschluss mit einem Rechtsbehelf anzugreifen. Die analoge Anwendung von § 269 Abs. 5 ZPO sei auch deshalb geboten, weil dem Kläger ein anderer Weg, die Entscheidung des Landgerichts anzufechten, nicht zur Verfügung stehe.
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Die sofortige Beschwerde sei auch begründet. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Versäumnisurteils durch Beschluss sei schon deshalb aufzuheben , weil ein derartiges Verfahren in der ZPO nicht vorgesehen sei. Die Feststellung der Unterbrechung des Verfahrens sei ebenfalls verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Hinsichtlich der Anträge auf Räumung und Herausgabe - die getrennt voneinander zu beurteilen seien - sei bereits fraglich, ob § 108 InsO eingreife, weil die Kündigungserklärung der Beklagten schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugegangen sei, weshalb allenfalls der Besitz am Mietgrundstück auf den Insolvenzverwalter übergegangen sein könne. Im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens griffen die §§ 108, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht ein. Der vertragliche Rückgabeanspruch könne sich dann nur gegen den Schuldner richten. Jedenfalls habe aber der Insolvenzverwalter durch die Freigabeerklärung klar gestellt, dass er den Besitz an dem Grundstück nicht in Anspruch nehme. Das Besitzrecht aufgrund des Mietvertrages und die Verfügungsbefugnis über die Geschäftsräume seien dadurch jedenfalls aus der Insolvenzmasse ausgeschieden und auf die Beklagte übergegangen. Die Freigabe durch den Insolvenzverwalter sei in diesem Umfang auch zulässig. Das habe zur Folge, dass sich der Herausgabeanspruch des Klägers trotz der Insolvenz der Beklagten gegen diese persönlich richte und insoweit keine Unterbrechung des Verfahrens (mehr) vorliege. Im Übrigen habe der Kläger auch die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.
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Bezüglich des Zahlungsanspruchs scheide eine Freigabe zwar aus. Der Kläger habe seinen Anspruch zur Tabelle anzumelden. Allerdings wandle sich der Zahlungsanspruch bei Aufnahme des Rechtsstreits kraft Gesetzes gemäß § 180 InsO in einen entsprechenden Feststellungsanspruch um. Unerheblich sei, ob der Kläger bereits einen Feststellungsantrag angekündigt habe, weil das Gericht auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken habe. Entscheidend für die Aufnahme sei allein, dass der Berechtigte einen Schriftsatz einreiche , aus dem das Begehren der Aufnahme ersichtlich werde. Hierfür genüge, dass der Wille zur Fortsetzung erkennbar werde. Dies sei im Hinblick auf den Schriftsatz vom 4. Januar 2006 der Fall, nachdem der Kläger ausdrücklich um "Fortführung des Verfahrens" ersucht habe. Spätestens im Zeitpunkt des Beschlusses des Landgerichts sei klar erkennbar gewesen, dass der Kläger das Verfahren fortzusetzen wünsche, sei es auch gegen den Insolvenzverwalter. Zwar sei die Aufnahme des Verfahrens mangels Zustellung an den Insolvenzverwalter noch nicht wirksam gewesen, jedoch habe es allein in der Hand des Landgerichts gelegen, das Nötige von Amts wegen zu veranlassen. Die Entscheidung , die Unterbrechung des Verfahrens festzustellen, sei danach zwar formell in Bezug auf den Zahlungsantrag zutreffend. Die Aufhebung sei aber gleichwohl geboten, weil das Landgericht stattdessen die gebotenen Handlungen zur Vollendung der Aufnahme habe treffen müssen.
12
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
13
2. a) Zu Recht hat das Oberlandesgericht allerdings beanstandet, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft das Versäumnisurteil durch Beschluss für wirkungslos erklärt und nicht durch Zwischenurteil entschieden hat.
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Ergeht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei und somit trotz Unterbrechung des Rechtsstreits entgegen § 249 Abs. 2 ZPO ein (Versäumnis-)Urteil, so ist dieses nicht nichtig, sondern als relativ unwirksam mit den gegebenen Rechtsmitteln anfechtbar (ständige Rechtsprechung , vgl. BGH Senatsbeschluss vom 31. März 2004 - XII ZR 167/00 - FamRZ 2004, 867, 868 m.w.N.; Jaeger/Windel InsO § 85 Rdn. 105). Der Betroffene hat in diesem Fall die Möglichkeit, mit seinem Rechtsmittel allein die Unterbrechung des Verfahrens zur Geltung zu bringen, ohne dieses zugleich gemäß § 250 ZPO aufnehmen zu müssen (Jaeger/Windel InsO § 85 Rdn. 106; BGHZ 66, 59, 62).
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Dementsprechend konnte Ziel des nicht mit einer Aufnahme des Verfahrens verbundenen Einspruchs der Beklagten lediglich die Aufhebung des trotz Unterbrechung ergangenen Versäumnisurteils sein (vgl. MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 249 Rdn. 20). Demgegenüber kam eine Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache, solange der Rechtsstreit unterbrochen war, nicht in Betracht. Folglich hatte das Landgericht angesichts der von ihm bejahten Unterbrechung des Verfahrens über die mit dem Einspruch beantragte Aufhebung des Versäumnisurteils nicht mittels End-, sondern durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) zu befinden.
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b) Das Oberlandesgericht ist im Ergebnis auch zu Recht davon ausgegangen , dass dem Kläger gegen die in der falschen Form des Beschlusses er- gangene Entscheidung des Landgerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zusteht.
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aa) Nach allgemeiner Auffassung dürfen die Prozessparteien nämlich dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlässt, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (Grundsatz der "Meistbegünstigung", ständige Rechtsprechung , vgl. zuletzt BGH Urteile vom 17. März 2008 - II ZR 45/06 - NJWRR 2008, 846, 847 und vom 19. Juli 2007 - I ZR 136/05 - NJW-RR 2008, 218 m.w.N.). Allerdings vermag der Meistbegünstigungsgrundsatz keine Erweiterung des gesetzlichen Rechtsmittelzuges zu rechtfertigen. Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung soll die beschwerte Partei lediglich vor Nachteilen schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen, ihr aber nicht Vorteile verschaffen, die ihr im Falle der richtigen Entscheidungsform nicht zustünden. Das der tatsächlichen (inkorrekten) Entscheidungsform entsprechende Rechtsmittel ist folglich nur dann statthaft, wenn gegen eine formell richtige Entscheidung ein Rechtsmittel gegeben wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH Beschlüsse vom 8. Mai 2006 - II ZB 10/05 - NJW-RR 2006, 1184, 1185; vom 19. Dezember 1996 - IX ZB 108/96 - NJW 1997, 1448 m.w.N.; Althammer/ Löhnig, NJW 2004, 1567, 1568; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 3. Aufl. vor §§ 511 ff. Rdn. 80, 84; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. Einleitung Rechtsmittel Rdn. 52, 22. Aufl. § 338 Rdn. 3; Wieczorek/Schütz/Gerken ZPO 3. Aufl. vor § 511 Rdn. 79; Zöller/Heßler ZPO 27. Aufl. vor § 511 Rdn. 32).
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bb) Hätte das Landgericht formell richtig durch Zwischenurteil entschieden , wäre gegen dieses Urteil die Berufung statthaft gewesen.
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Der Grundsatz fehlender selbstständiger Anfechtbarkeit von Zwischenurteilen im Sinn des § 303 ZPO gilt nicht ausnahmslos. Vielmehr ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in bestimmten Fallgruppen als Ausfluss des Justizgewährleistungsanspruchs eine Ausnahme von diesem Grundsatz zuzulassen ist. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Zwischenurteil, welches die Fortdauer einer Unterbrechung des Verfahrens mit der Begründung feststellt, dass die als Kläger auftretende Partei den Rechtsstreit nicht wirksam aufnehmen kann, wegen der für die davon betroffene Partei ausgehenden Wirkungen wie ein Endurteil anfechtbar sei (Beschluss vom 8. Juni 2004 - IX ZR 281/03 - NJW 2004, 2983; vgl. auch BGH Beschluss vom 10. November 2005 - IX ZB 240/04 - NJW-RR 2006, 288). Ebenso hat der Bundesgerichtshof Zwischenurteile , die eine Unterbrechung feststellen, für anfechtbar erachtet, soweit der Rechtsmittelführer geltend macht, Gegenstand des Rechtsstreits seien Ansprüche , die weder die Insolvenzmasse beträfen noch auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem Anfechtungsgesetz gerichtet seien (Beschluss vom 21. Oktober 2004 - IX ZB 205/03 - NJW 2005, 290, 291). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof jeweils darauf abgestellt, dass die betroffene Partei infolge der Feststellungen des Zwischenurteils dauerhaft von der Prozessführung ferngehalten werde und auf unbestimmte Zeit auf die Wahrnehmung ihrer Rechte verzichten müsse, weshalb die Justizgewährleistungspflicht des Staates eine Anfechtbarkeit gebiete.
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Eine weitere Ausnahme ist in Ansehung der Anfechtbarkeit eines Zwischenurteils geboten, welches über die Aufhebung eines ggf. trotz Unterbrechung des Verfahrens ergangenen Versäumnisurteils befindet, ohne zugleich in der Sache zu entscheiden.
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Dies folgt bereits aus Sinn und Zweck des oben erwähnten Grundsatzes. Zwischenurteile im Sinne des § 303 ZPO dienen dazu, eine unter den Parteien streitige, das Verfahren betreffende Frage für die jeweilige Instanz verbindlich zu klären (vgl. MünchKomm/Musielak ZPO 3. Aufl. § 303 Rdn. 2; Stein/Jonas/ Leipold ZPO 22. Aufl. § 303 Rdn. 2, 7; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 303 Rdn. 4, 10). Während das das Zwischenurteil erlassende Gericht gemäß § 318 ZPO an die Entscheidung gebunden ist (MünchKomm/Musielak aaO Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold aaO Rdn. 13; Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 10), unterliegt diese der Beurteilung der nächsten Instanz, wenn gegen das Endurteil ein Rechtsmittel eingelegt wurde, §§ 512, 557 Abs. 2 ZPO. Dass das Zwischenurteil nach § 303 ZPO nicht selbstständig anfechtbar ist, verhindert folglich eine Überprüfung durch die nächste Instanz nicht dauerhaft, sondern schiebt diese nur auf.
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Demgegenüber wäre ein Zwischenurteil, welches über die Aufhebung eines trotz Unterbrechung ergangenen Versäumnisurteils befindet, dauerhaft der Überprüfung durch die nächste Instanz entzogen, wenn man eine selbstständige Anfechtung nicht zuließe (vgl. zu diesem Aspekt OLG Rostock Urteil vom 21. Mai 2007 - 3 U 205/06 - juris - insoweit in OLGR 2007, 843 nicht abgedruckt ). Sobald nämlich eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist, hat sich die Frage nach dem Schicksal eines zuvor erlassenen bzw. aufgehobenen Versäumnisurteils erledigt, für eine Überprüfung im Rechtsmittelweg fehlt es am Rechtsschutzinteresse. Denn soweit im Endurteil der Klage stattgegeben wird, ist nunmehr ohnehin ein vorläufig vollstreckbarer Titel vorhanden. Soweit hingegen die Klage abgewiesen wird, wäre auch ein etwa zuvor ergangenes Versäumnisurteil aufgehoben worden.
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Dieses Ergebnis kann insbesondere deshalb nicht hingenommen werden , weil sowohl die Aufhebung eines zu Recht ergangenen als auch die Versagung der Aufhebung eines trotz Unterbrechung des Verfahrens ergangenen Versäumnisurteils für die jeweils betroffene Partei mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann.
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So hat die Aufhebung eines Versäumnisurteils zur Folge, dass der Kläger bis zum Abschluss des Rechtsstreits nicht mehr gegen den Beklagten vollstrecken kann; er verliert also eine Rechtsposition, die er vor Aufhebung des Versäumnisurteils innehatte. Besonders schwerwiegend können die Nachteile sein, wenn der Kläger - wie hier - die Räumung und Herausgabe von Räumen begehrt. In diesem Fall muss er unter Umständen jahrelang den Aufenthalt des Beklagten in den Räumlichkeiten in dem Bewusstsein dulden, etwaige Ansprüche auf Nutzungsentschädigung später möglicherweise nicht realisieren zu können.
25
Aber auch der Beklagte kann beschwert sein, wenn seinem Begehren auf Aufhebung eines Versäumnisurteils nicht entsprochen wird, obwohl dieses trotz Unterbrechung des Verfahrens und daher gegen eine Partei ergangen ist, die nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war (vgl. BGH Urteile vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563 und vom 11. Juli 1984 - VIII ZR 253/83 - WM 1984, 1170). Er muss dann nämlich befürchten, dass der Kläger aus dem Versäumnisurteil (weiterhin) vollstreckt, wenn auch ggf. erst nach Ende der Unterbrechung, beispielsweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Stellt sich später heraus, dass der eingeklagte Anspruch des Klägers nicht besteht, steht dem Beklagten zwar ein Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu. Allerdings kann er nicht sicher sein, ob er diesen Anspruch wird realisieren können, zumal Versäumnisurteile gemäß § 708 Nr. 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind.
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Schließlich spricht für eine selbstständige Anfechtbarkeit, dass mit den aufgezeigten Nachteilen in vergleichbaren Fallgestaltungen ein entsprechender Rechtsschutz korrespondiert: Gemäß § 336 Abs. 1 ZPO findet gegen einen Beschluss , durch den der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen wird - etwa weil das Gericht ein solches gemäß § 335 ZPO für unzulässig hält - die sofortige Beschwerde statt. Daher muss auch die Möglichkeit der Anfechtung bestehen, wenn ein Versäumnisurteil zwar zunächst erlassen, später aber aufgehoben wird, ohne dass ein Urteil in der Sache ergeht. Auch ist anerkannt , dass ein trotz Unterbrechung ergangenes Versäumnisurteil mittels Einspruchs anfechtbar ist (vgl. die Nachweise unter III. 2. a). Ebenso muss ein Urteil , welches ein ggf. trotz Unterbrechung ergangenes Versäumnisurteil wiederherstellt , selbstständig anfechtbar sein.
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Dem Kläger steht somit gegen die in der falschen Form des Beschlusses ergangene Entscheidung des Landgerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu.
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c) Zu beanstanden ist indes, dass das Oberlandesgericht durch Beschluss über die sofortige Beschwerde entschieden hat. Vielmehr hätte es in das Berufungsverfahren überleiten und - nach mündlicher Verhandlung - über die sofortige Beschwerde durch Urteil befinden müssen. Denn der Grundsatz der Meistbegünstigung führt nicht dazu, dass das Rechtsmittelgericht auf dem vom unteren Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen müsste, vielmehr hat es das Verfahren so weiterzubetreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre (BGH Urteil vom 23. November 2007 - LwZR 11/06 - NL-BzAR 2008, 79, 80, Übergang vom Beschwerde- in das Berufungsverfahren ; Beschlüsse vom 11. November 1991 - II ZR 256/90 - MDR 1992, 72, 73; BGHZ 115, 162, 165, Übergang vom Revisions- zum Rechtsbeschwerdeverfahren ; vom 3. November 1988 - LwZB 2/88 - BGHR LwVG § 48 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittel 1, Übergang vom Beschwerde- in das Berufungsverfahren und vom 24. November 1965 - VIII ZR 168/65 - MDR 1966, 232, Übergang vom Berufungs- in das Beschwerdeverfahren; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 3. Aufl. vor §§ 511 ff. Rdn. 88; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. Einleitung Rechtsmittel Rdn. 49; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. vor § 511 Rdn. 33). Das Meistbegünstigungsprinzip will nur verhindern, dass eine Partei infolge der formfehlerhaften Entscheidung in ihren Rechtsmittelbefugnissen eingeschränkt wird, dagegen fordert es nicht die Perpetuierung des Formfehlers (OLG Köln OLGR 2000, 281, 282; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 3. Aufl. vor §§ 511 ff. Rdn. 87).
29
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob das Oberlandesgericht im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht durch Beschluss hätte entscheiden können (vgl. OLG Köln Beschluss vom 19. Februar 2003 - 16 Wx 8/03 - juris; OLG Köln OLGR 2000, 281, 282). Das Oberlandesgericht hat nämlich den angefochtenen Beschluss lediglich aufgehoben, ohne die Sache zurückzuverweisen , mit der Konsequenz, dass das zuvor "für wirkungslos erklärte" Versäumnisurteil wieder aufgelebt ist. Das Oberlandesgericht hat also im Ergebnis in der Sache entschieden.
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3. Auch in materiellrechtlicher Hinsicht sind die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.
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a) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts hat das Landgericht inhaltlich zutreffend die Unterbrechung des Rechtsstreits bejaht und das Versäumnisurteil aufgehoben, soweit der Kläger Zahlung rückständiger Miete verlangt.
32
Nach § 240 ZPO ist der Rechtsstreit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochen, wenn er die Insolvenzmasse betrifft.
33
Das ist hier - wie das Oberlandesgericht nicht verkennt - hinsichtlich des Zahlungsanspruchs der Fall. Dieser kann als Insolvenzforderung nur durch Anmeldung zur Tabelle verfolgt werden und erst dann, wenn die angemeldete Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Prüfungsverfahren bestritten wird, von dem Kläger nach Aufnahme des Verfahrens gegen den Bestreitenden (Beklagte oder Insolvenzverwalter) mit dem Antrag auf Feststellung der angemeldeten Forderung zur Tabelle geltend gemacht werden (§§ 87, 174 ff., 180 Abs. 2, 184 Abs. 1 Satz 2 InsO; BGH Beschluss vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - NJW-RR 2004, 136, 137).
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Zu Unrecht meint das Oberlandesgericht jedoch, der Beschluss des Landgerichts sei deshalb aufzuheben, weil das Landgericht im Hinblick darauf, dass der Kläger das Verfahren auch gegen den Insolvenzverwalter habe fortsetzen wollen, die gebotenen Handlungen zur Vollendung der Aufnahme hätte treffen müssen.
35
Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Oberlandesgericht insoweit erheblichen Vortrag des Klägers übergangen hat. Der Kläger hat die mit Schriftsatz vom 4. Januar 2006 allgemein erklärte Aufnahme des Verfahrens in seinem Schriftsatz vom 10. April 2006 nur hinsichtlich des Antrags auf Räumung und Herausgabe der Mieträume wiederholt. Mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 24. April 2006 hat er darauf hingewiesen, dass das Landgericht das Versäumnisurteil nur insoweit hätte aufrecht erhalten müssen, als darin dem Räumungsanspruch stattgegeben worden sei, und dass es hinsichtlich der Zahlungsansprüche die Unterbrechung des Verfahrens hätte feststellen müssen. Im Hinblick auf diesen Vortrag des Klägers bestand für das Landgericht kein Anlass anzunehmen, der Kläger wolle den Rechtsstreit in Bezug auf den Zahlungsanspruch mit dem Antrag auf Feststellung der Forderung zur Tabelle gegen den Insolvenzverwalter aufnehmen.
36
Zu einer etwaigen Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des Zahlungsanspruchs gegen die Beklagte hätte dem Kläger die Befugnis gefehlt. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters vom 3. Januar 2006. Die Freigabe eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter kommt bei einem Passivprozess nämlich nur in Betracht, wenn dieser die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse oder die abgesonderte Befriedigung betrifft (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO; BGH Beschluss vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - NJW-RR 2004, 136, 137; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 240 Rdn. 33).
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b) Soweit das Landgericht die Unterbrechung des Verfahrens in Bezug auf den Räumungsanspruch bejaht und das Versäumnisurteil aufgehoben hat, ist seine Entscheidung zwar in der falschen Form, inhaltlich aber ebenfalls zu Recht ergangen. Denn der auf Wiederherstellung des mietvertraglich geschuldeten Zustandes gerichtete Räumungsanspruch, der die Wegnahme von Einrichtungen des Mieters und die Beseitigung von ihm vorgenommener Veränderungen beinhaltet, ist kein der Aussonderung unterliegender Anspruch (BGHZ 148, 252, 255 f.). Es handelt sich um eine bloße Insolvenzforderung (BGHZ 148, 252, 256; Hain ZInsO 2007, 192, 194, 195). Hieran würde sich auch dann nichts ändern, wenn die Räumungsverpflichtung - anders als im Streitfall - zu einer Masseverbindlichkeit geworden wäre. Diese wäre dann aus der Insolvenzmasse zu erfüllen; durch eine Freigabe könnte sich der Verwalter dieser Verpflichtung nicht entziehen (BGH Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 46/05 - NJW-RR 2006, 989 f. Rdn. 12). Dem Kläger verbleibt lediglich die Möglichkeit, den Räumungsanspruch in Höhe des hierfür erforderlichen Aufwandes als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden (MünchKomm/Eckert InsO 2. Aufl. § 108 Rdn. 116; vgl. auch Hain ZInsO 2007, 192, 195). Eine Aufnahme des Rechtsstreits gegen die Beklagte kommt hier ebenfalls nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 86 InsO nicht vorliegen.
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c) Schließlich hält die angefochtene Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung auch insoweit nicht stand, als das Oberlandesgericht im Hinblick auf den Herausgabeanspruch des Klägers eine (Fortdauer der) Unterbrechung des Verfahrens verneint hat.
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aa) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings davon aus, dass sich vorliegend der Herausgabeanspruch des Klägers trotz der Insolvenz der Beklagten gegen diese persönlich richtet.
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Indes ist der Herausgabeanspruch des Vermieters in der Insolvenz des Mieters auch im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses vor Insolvenzeröffnung im Wege der Aussonderung gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen, wenn der herauszugebende Gegenstand infolge der Wahrnehmung des Verwaltungsbesitzes durch den Insolvenzverwalter massebefangen ist (BGH Urteile vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - NJW 2008, 2580; vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05 - NJW 2007, 1591, 1592; BGHZ 148, 252, 260; Senatsurteil BGHZ 127, 156, 160 f.). Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn der Verwalter den Besitz an dem Mietobjekt ausübt. Vielmehr ist das Mietobjekt auch dann massebefangen, wenn der Insolvenzverwalter unter Anerkennung des fremden Eigentums das Recht für sich in Anspruch nimmt, das Mietobjekt für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob, wann und in welcher Weise er es an den Vermieter zurückgibt (BGH Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - NJW 2008, 2580; Senatsurteil BGHZ 127, 156, 161; MünchKomm/Ganter InsO 2. Aufl. § 47 Rdn. 35 a). Eine tatsächliche Inanspruchnahme kann beispielsweise dann zu bejahen sein, wenn sich Gegenstände des Schuldners im Mietobjekt befinden, die der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegen (Senatsurteil BGHZ 127, 156, 162; MünchKomm /Ganter aaO Rdn. 35 a).
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Dazu, ob das Mietobjekt in Anwendung dieser Grundsätze nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30. September 2005 zunächst massebefangen war, hat das Oberlandesgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch hat der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 3. Januar 2006 das Mietobjekt freigegeben. Die Auslegung dieser Erklärung durch das Oberlandesgericht ist nicht zu beanstanden. Spätestens mit der Freigabe hat die Beklagte aber die Verfügungsbefugnis über das Mietobjekt zurückerlangt, so dass der Kläger die Beklagte persönlich auf Herausgabe in Anspruch nehmen konnte und musste (BGH Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - NJW-RR 2004, 136, 137; vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - NJW 1990, 1239; MünchKomm/ Schumacher InsO 2. Aufl. § 86 Rdn. 26).
42
bb) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts folgt hieraus aber nicht zwingend, dass das Verfahren in Ansehung des Herausgabeanspruchs nicht (mehr) unterbrochen ist. Vielmehr ist lediglich dann insoweit von vornherein keine Unterbrechung eingetreten, wenn der Insolvenzverwalter von Anfang an den Verwaltungsbesitz an dem Mietobjekt nicht wahrgenommen hat. War das Objekt demgegenüber zunächst massebefangen, vermochte allein die nach Rechtshängigkeit erklärte Freigabe nicht das Ende der Unterbrechung herbeizuführen. Denn im Falle einer Freigabe durch den Insolvenzverwalter endet die Unterbrechung des Verfahrens erst mit dessen Aufnahme durch den Schuldner oder den Prozessgegner (BGH Beschluss vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - NJW 1990, 1239; BGHZ 36, 258, 261, 264; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 240 Rdn. 22). Der Kläger hat das Verfahren indes nicht wirksam gemäß § 250 ZPO aufgenommen.
43
Zwar hat er mit Schriftsatz vom 4. Januar 2006 die Aufnahme des Verfahrens erklärt, indem er hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Rechtsstreit gegen die Beklagte fortsetzen will (vgl. BGH Beschluss vom 9. Mai 1995 - XI ZB 7/95 - NJW 1995, 2171, 2172; BGHZ 111, 104, 109; Urteil vom 7. Oktober 1982 - VII ZR 84/82 - ZIP 1983, 592, 593; BGHZ 23, 172, 175; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 250 Rdn. 4; MünchKomm/Schumacher InsO 2. Aufl. vor §§ 85 bis 87 Rdn. 80).
44
Allerdings ist die Aufnahme des Rechtsstreits mangels Zustellung nicht wirksam geworden. Das Landgericht hat weder den Schriftsatz vom 4. Januar 2006 noch den Schriftsatz vom 10. April 2006 der Beklagten zugestellt, sondern jeweils nur formlos übersandt. Eine wirksame Aufnahme setzt jedoch gemäß § 250 ZPO die amtswegige Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes an den Gegner voraus (BGHZ 146, 372, 373; Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1998 - XII ZB 148/98 - ZIP 1999, 75, 76; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 251 Rdn. 10). Die fehlende Zustellung ist auch weder nach § 189 ZPO noch nach § 295 ZPO geheilt worden (zur Heilbarkeit nach § 295 ZPO vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1998 - XII ZB 148/98 - ZIP 1999, 75, 76; BGHZ 50, 397, 400). Eine Heilung nach § 189 ZPO kommt bereits deshalb nicht in Betracht , weil das Landgericht die Schriftsätze willentlich formlos übersandt hat, § 189 ZPO aber Zustellungswillen voraussetzt (BGH Beschluss vom 26. November 2002 - VI ZB 41/02 - NJW 2003, 1192, 1193 m.w.N.; Zöller/ Stöber ZPO 27. Aufl. § 189 Rdn. 2). Weiter hat die Beklagte nicht auf die Zustellung verzichtet, ebenso wenig hat sie rügelos verhandelt. Vielmehr hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2006 nach Eintritt in die streitige Verhandlung erklärt, er stelle keinen Antrag. Auch in der Verhandlung vom 24. April 2006 hat der Beklagtenvertreter nicht zur Sache verhandelt , vielmehr hat er sich ausdrücklich auf die Unterbrechung des Verfahrens berufen und einen entsprechenden Antrag gestellt (vgl. BGH Urteil vom 27. Mai 1986 - IX ZR 152/85 - WM 1986, 1127, 1129 zum Antrag auf Aussetzung des Verfahrens; MünchKomm/Prütting ZPO 3. Aufl. § 333 Rdn. 8).
45
4. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da das Oberlandesgericht die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
46
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
47
Das Oberlandesgericht wird nach Überleitung des Beschwerdeverfahrens in das Berufungsverfahren zu klären haben, ob der Insolvenzverwalter das Mietobjekt zunächst in Verwaltungsbesitz genommen hatte.
48
Sollte das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass das Mietobjekt von vornherein nicht massebefangen war, wäre es in Ansehung des Herausgabeanspruchs schon zu keiner Unterbrechung des Verfahrens gekommen. Das Landgericht hätte dann zu Unrecht hinsichtlich des Herausgabeanspruchs das Versäumnisurteil aufgehoben und die Unterbrechung des Verfahrens festgestellt.
49
Falls das Oberlandesgericht demgegenüber feststellen sollte, dass der Insolvenzverwalter zunächst den Verwaltungsbesitz wahrgenommen hat, wäre von einer fortbestehenden Unterbrechung des Verfahrens auch hinsichtlich des Herausgabeanspruchs auszugehen. In diesem Fall wird das Oberlandesgericht indes Gelegenheit haben, von Amts wegen die Zustellung des Aufnahme- schriftsatzes an die Beklagte nachzuholen. Der Rechtsstreit würde dann hinsichtlich des Herausgabeanspruchs in erster Instanz - gegebenenfalls nach Abtrennung der noch unterbrochenen Verfahrensteile - in der Hauptsache fortgesetzt werden können.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 24.04.2006 - 11 O 66/05 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 21.06.2006 - 3 W 31/06 -

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Der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 303 Zwischenurteil


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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil ergehen.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse des Schuldners bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Dies gilt auch für Miet- und Pachtverhältnisse, die der Schuldner als Vermieter oder Verpächter eingegangen war und die sonstige Gegenstände betreffen, die einem Dritten, der ihre Anschaffung oder Herstellung finanziert hat, zur Sicherheit übertragen wurden.

(2) Ein vom Schuldner als Darlehensgeber eingegangenes Darlehensverhältnis besteht mit Wirkung für die Masse fort, soweit dem Darlehensnehmer der geschuldete Gegenstand zur Verfügung gestellt wurde.

(3) Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der andere Teil nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.

(2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 167/00
vom
31. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine gerichtliche Entscheidung, die während eines Verfahrensstillstandes nach § 249
ZPO ergeht, ist nicht nichtig, sondern lediglich mit dem allgemein zulässigen
Rechtsmittel anfechtbar.
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann auch dann, wenn sie während der
Unterbrechung des Verfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen einer Partei ergangen ist, nicht angefochten werden.
BGH, Beschluß vom 31. März 2004 - XII ZR 167/00 - KG
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. März 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten, die Wirkungslosigkeit des Senatsbeschlusses vom 3. März 2004 festzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

Der Senat hat die Revision der Beklagten mit Beschluss vom 3. März 2004 nicht zur Entscheidung angenommen. Dieser Beschluss ist den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 4. März 2004 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 3. März 2004, eingegangen am 4. März 2004, trägt die Beklagte erstmals vor, über ihr Vermögen sei bereits am 1. August 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Sie beantragt, die Unterbrechung des Verfahrens und die Wirkungslosigkeit des Senatsbeschlusses vom 3. März 2004 festzustellen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg, weil das Verfahren mit Wirksamkeit des Senatsbeschlusses vom 3. März 2004 rechtskräftig abgeschlossen ist. Eine gerichtliche Entscheidung, die während eines Verfahrensstillstandes nach § 249 ZPO ergeht, ist nicht nichtig, sondern lediglich mit dem allgemein zulässigen Rechtsmittel anfechtbar (st. Rspr.; vgl. BGH Beschluss vom 11. Juli 2002 - VII ZR 63/00 - unveröffentlicht; Urteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563; BGHZ 66, 59, 61 f.; BGHZ 2, 278, 279 f.; Zöller /Greger ZPO 24. Aufl. § 240 Rdn. 3). Da ein Rechtsmittel gegen den Beschluß vom 3. März 2004 nicht statthaft ist, ist über die Revision der Beklagten rechtskräftig entschieden (vgl. BGH Beschluß vom 11. Juli 2002 aaO). Für eine Aufhebung des Beschlusses und eine Unterbrechung des Verfahrens ist danach kein Raum.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens und die in diesem Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.

(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil ergehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 45/06 Verkündet am:
17. März 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
"EKU"
AktG § 305; EG-InsO § 103; KO §§ 17, 26, 63 Nr. 1, 68

a) Der mit dem Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages
begründete Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionäre gegen Übertragung
ihrer Aktien auf das herrschende Unternehmen (§ 305 Abs. 1 AktG) besteht
im Grundsatz auch dann fort, wenn während eines laufenden Spruchverfahrens
das Konkurs- bzw. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des herrschenden
Unternehmens eröffnet wird. Entsprechend den Grundsätzen zu §§ 17, 26 Satz 2
KO, 103 InsO (vgl. dazu BGHZ 150, 353, 359; 155, 87, 90) kann der Aktionär "eine
Forderung wegen der Nichterfüllung" als Konkurs- bzw. Insolvenzgläubiger geltend
machen, wenn der Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter den Erwerb der ihm innerhalb
der Frist des § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG angedienten Aktien ablehnt. Der
Erlös aus einem Deckungsverkauf der Aktien ist auf die Abfindung, nicht auf die
Abfindungszinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) anzurechnen.

b) Die Abfindungsansprüche aus einem Unternehmensvertrag überdauern grundsätzlich
dessen Aufhebung während eines laufenden Spruchverfahrens (BGHZ
135, 374) und entfallen auch nicht ohne weiteres durch den Abschluss eines neuen
Unternehmensvertrages mit einem anderen herrschenden Unternehmen. Dieses
sowie die bisherige Abfindungsschuldnerin können vielmehr wahlweise auf
Zahlung der jeweiligen Abfindung in Anspruch genommen werden. Im Konkurs
beider sind sie wie Gesamtschuldner zu behandeln, soweit sich ihre Verpflichtungen
decken (§ 68 KO).

c) Abfindungszinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) können für die Zeit nach Konkurseröffnung
nicht geltend gemacht werden (§ 63 Nr. 1 KO).
BGH, Urteil vom 17. März 2008 - II ZR 45/06 - OLG Bamberg
LG Bayreuth
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die beiderseitigen Revisionen wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision der Kläger - das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 30. Dezember 2005 aufgehoben , soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt und die Klage in Höhe der von den Klägern im Konkursverfahren der M. AG erzielten Quote abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger waren Aktionäre der A. AG (nachfolgend: A. AG), die früher unter dem Namen H. AG (nachfolgend: H. AG) firmierte. Unter diesem Namen schloss sie am 16. März 1988 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der E. Ku. -AG (nachfolgend : EKU bzw. Gemeinschuldnerin), deren Konkursverwalter der Beklagte seit 30. April 1996 ist. In dem Vertrag verpflichtete sich die Gemeinschuldnerin (als herrschendes Unternehmen) u.a. dazu, auf Verlangen der außenstehenden Aktionäre der H. AG deren Aktien im Nennwert von je 50,00 DM gegen eine Barabfindung von 550,00 DM pro Aktie zu erwerben. Der Vertrag wurde von den Hauptversammlungen der beiden Gesellschaften genehmigt und am 30. Mai 1988 in das Handelsregister eingetragen. Mehrere außenstehende Aktionäre der H. AG, darunter der Ehemann der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 und 3, leiteten daraufhin ein gerichtliches Spruchverfahren gemäß § 306 a.F. AktG gegen die in dem Vertrag bestimmte Abfindungshöhe ein. Am 23. April 1990 schloss die H. AG einen - mit Ausnahme der Laufzeit - inhaltlich gleichen Unternehmensvertrag mit der M. AG (nachfolgend: M. AG), welche inzwischen die Aktienmehrheit an der Gemeinschuldnerin erworben hatte. Dieser Vertrag wurde nach Genehmigung durch die Hauptversammlungen am 31. Oktober 1990 in das Handelsregister eingetragen. Zeitgleich mit dessen Abschluss wurde der vorangegangene Vertrag zwischen der H. AG und der Gemeinschuldnerin durch eine entsprechende Vereinbarung mit Wirkung ab Beschlussfassung aufgehoben. Auch gegen die in dem Vertrag zwischen der H. AG und der M. AG festgelegte Abfindung wurde von außenstehenden Aktionären ein Spruchverfahren eingeleitet, was sich schon anlässlich der Genehmigung des Vertrages in der Hauptversammlung der H. AG vom 30. Mai 1990 abgezeichnet hatte. Dazu erklärte der damalige Vorstand der Gemeinschuldnerin , der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der H. AG war, dass eine etwaige Erhöhung der Abfindung im Spruchverfahren H. AG/M. AG in jedem Fall auch für die Aktionäre Anwendung finden werde, die sich entschließen sollten, ihre Aktien der EKU anzudienen. Gleichlautende Erklärungen wurden vom Vorstand der Gemeinschuldnerin in einem Vergleichsgespräch im zweiten Halbjahr 1990 sowie von der Gemeinschuldnerin und der H. AG im Spruchverfahren durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 9. November 1990 abgegeben.
2
Die beiden Spruchstellenverfahren endeten erst in der jeweiligen Beschwerdeinstanz mit Beschlüssen des Oberlandesgericht Frankfurt vom 9. Januar 2003, in denen die Abfindungen aus dem Vertrag H. AG/Gemeinschuldnerin auf 554,78 DM und die Abfindung aus dem Vertrag H. AG/M. AG auf 822,49 DM, jeweils pro 50,00 DM Aktie, festgesetzt wurden. Zugleich wurde eine Verzinsung gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG angeordnet. Beide Entscheidungen wurden am 24. Februar 2003 im Bundesanzeiger veröffentlicht.
3
Im April 2003 - noch innerhalb der Frist des § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG - dienten die Kläger ihre inzwischen auf einen Nennbetrag von je 5,00 DM gesplitteten insgesamt 12.750 Aktien der A. AG (vormals: H. AG) dem Beklagten als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin zum Erwerb an, Zug um Zug gegen Zahlung der Konkursquote auf die in dem Spruchverfahren H. AG/M. AG festgesetzte Abfindung von 82,35 DM pro 5,00 DM-Aktie zuzüglich aufgelaufener Zinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) in Höhe von 77,05 DM, insgesamt 159,30 DM pro 5,00 DM Aktie. Entsprechende (in Euro umgerechnete) Forderungen "aus Aktien" wurden von den Klägern auch zur Konkurstabelle in der Rangklasse 6 des § 61 Abs. 1 KO angemeldet, von dem Beklagten jedoch im Prüfungstermin vom 21. Oktober 2003 in voller Höhe bestritten, nachdem er bereits mit Schreiben an die Kläger vom 5. Juni 2003 den Ankauf der Aktien abgelehnt hatte. Mit Schreiben an ihn und das Insolvenzgericht vom 31. Juli 2003 wiesen die Kläger darauf hin, dass die Aktien nach Ablehnung ihres Erwerbs durch den Beklagten (§ 17 KO) nunmehr anderweitig zu verwerten seien; wegen des noch unsicheren Erlöses würden jedoch vorsorglich die bisher angemeldeten Beträge unverändert zur Tabelle angemeldet. Gleiche Forderungen wie gegenüber der Gemeinschuldnerin haben die Kläger auch zur Konkurstabelle der inzwischen ebenfalls insolventen M. AG gestellt. Hierauf haben sie eine Quote von 15,023 % erhalten. Im Oktober 2003 verkauften die Kläger die Aktien über die Börse.
4
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Feststellung von Schadensersatzforderungen in Höhe der Differenz zwischen den o.g. Abfindungsbeträgen nebst Zinsen und den erzielten Verkaufserlösen zur Konkurstabelle der Gemeinschuldnerin. Das Landgericht hat die Klage nach Hinweis auf ihre Unzulässigkeit gemäß § 146 Abs. 4 KO gegenüber den daraufhin nicht verhandelnden Klägern durch "Versäumnisurteil" als "unzulässig" abgewiesen. Nach fristgerechtem Einspruch (§§ 339 f. ZPO) haben die Kläger die mit der Klage geltend gemachten Forderungen mit der Bezeichnung "Schadensersatz" erneut zur Konkurstabelle der Gemeinschuldnerin angemeldet und ihre Klage hilfsweise auf diese - unter neuen Tabellennummern eingetragenen - Anmeldungen gestützt.
5
Das Landgericht hat "auf die Hilfsklage hin" - unter Aufrechterhaltung seines Versäumnisurteils - den Feststellungsanträgen der Kläger zum Teil stattgegeben. Auf die beiderseitigen Berufungen hat das Oberlandesgericht unter Aufhebung des erstinstanzlichen Versäumnisurteils den primär auf die erste Forderungsanmeldung gestützten Feststellungsanträgen der Kläger in Höhe von 65.014,84 € zugunsten der Klägerin zu 1, in Höhe von 15.877,66 € zugunsten des Klägers zu 2 sowie in Höhe von 297.981,82 € zugunsten des Klägers zu 3 entsprochen und die Revision zugelassen. Gegen das Berufungsurteil haben sämtliche Prozessparteien Revision, die Kläger vorsorglich auch Anschlussrevision und Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Entscheidungsgründe:

6
Die beiderseitigen Revisionen führen zur Aufhebung und Zurückverweisung , soweit nicht die Kläger die Abweisung ihrer Klage hingenommen haben (s. S. 19).
7
A. Revision des Beklagten.
8
I. Die Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts erfasst die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach insgesamt. Die Revision ist damit gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
9
II.1. Entgegen der Ansicht der Revision geht das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht von der Zulässigkeit der "Hauptanträge" der Kläger auf Feststellung der von ihnen geltend gemachten Forderungen zur Konkurstabelle der Gemeinschuldnerin (§ 146 Abs. 1, 4 KO i.V.m. § 103 EG InsO) aus.
10
a) Anders als das Berufungsgericht und die Revision meinen, handelt es sich allerdings bei der Frage, ob die Kläger ihre Feststellungsklagen auf die erste oder die zweite Anmeldung zur Konkurstabelle stützen konnten, nicht um das Verhältnis von Haupt- und Hilfsanträgen. Ebensowenig hat insoweit das Berufungsgericht , wie die Revisionserwiderung meint, eine gemäß § 268 ZPO nicht nachprüfbare Entscheidung über eine Klageänderung getroffen. Nach § 146 Abs. 4 KO kann eine Klage auf Feststellung zur Konkurstabelle nur auf den Grund und nur auf den Betrag gerichtet werden, welcher in der Anmeldung oder in dem Prüfungstermin angegeben ist. Dabei handelt es sich um eine Prozessbzw. Sachurteilsvoraussetzung für die Feststellungsklage (vgl. BGH, Urt. v. 27. September 2001 - IX ZR 71/00, WM 2001, 2180, 2181; v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, WM 2003, 2429, 2432; v. 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Tz. 12; MünchKommInsO/Schumacher 2. Aufl. § 181 Rdn. 3), die nach allgemeinen Grundsätzen zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muss (BGHZ 18, 98, 106 und st.Rspr.) und bis dahin auch nachträglich herbeigeführt werden kann. Insofern kommt es hier nicht darauf an, ob schon die erste oder erst die zweite Anmeldung der Kläger zur Konkurstabelle der Gemeinschuldnerin zur Zulässigkeit der Klage führte. Die in der Klage vor- genommene Ermäßigung des angemeldeten Betrages ist unschädlich (BGHZ 103, 1, 3).
11
b) Dem steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht die vermeintlichen "Hauptanträge" durch "Versäumnisurteil" als unzulässig abgewiesen und damit in Wahrheit ein nicht auf der Säumnis der Kläger (hier i.S. von § 333 ZPO) beruhendes, sondern ein kontradiktorisches Urteil erlassen hat (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1986 - I ZR 27/84, ZIP 1986, 740 f.; Musielak, ZPO 5. Aufl. vor § 330 Rdn. 12), das als solches nicht mit dem Einspruch gemäß § 338 ZPO, sondern nur mit der Berufung (§ 511 ff. ZPO) anfechtbar wäre. Nach allgemeiner Auffassung dürfen die Prozessparteien dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form verlautbart, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl derjenige Rechtsbehelf zu, der nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch dasjenige Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (Grundsatz der "Meistbegünstigung"; vgl. BGHZ 40, 265, 267 BGH, Beschl. v. 3. November 1998 - VI ZB 29/98, NJW 1999, 583 f.; Thomas /Putzo/Reichold, ZPO 28. Aufl. vor § 511 Rdn. 8 f.). Dementsprechend war hier der von den Klägern eingelegte Einspruch statthaft (§ 338 ZPO); er führte dazu, dass der Prozess in die Lage vor der Säumnis zurückversetzt wurde und sonach ein etwaiges ursprüngliches Fehlen der Prozessvoraussetzungen des § 146 Abs. 1, 4 KO durch erneute, trotz § 138 KO jederzeit mögliche Anmeldung zur Konkurstabelle mit geändertem Inhalt (vgl. § 142 KO; BGH, Urt. v. 5. Juli 2007 aaO Tz. 14) nachträglich behoben werden konnte, die ursprüngliche Klage also damit zulässig wurde. Richtigerweise hätte deshalb das Landgericht in seinem instanzabschließenden Urteil das Versäumnisurteil gemäß § 343 ZPO nicht aufrechterhalten dürfen, sondern aufheben müssen (vgl. Thomas /Putzo/Reichold aaO § 343 Rdn. 2). In diesem Sinne hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Kläger im Ergebnis zutreffend entschieden und zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger schon geraume Zeit vor dem Prüfungstermin (§ 141 KO) und vor Erhebung der Klage mit Schreiben an den Beklagten und an das Konkursgericht vom 31. Juli 2003 zum Ausdruck gebracht haben, dass sie nach Ablehnung ihres Erfüllungsanspruchs aus § 305 Abs. 1 Satz 1 AktG durch den Beklagten nunmehr Schadensersatzansprüche zur Konkurstabelle anmelden.
12
2. Entgegen der Ansicht der Revision scheitern die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung nicht schon daran, dass die Kläger ihr "Andienungsrecht" i.S. von § 305 Abs. 1 Satz 1 AktG erst nach Beendigung des Spruchstellenverfahrens (§ 306 a.F. AktG) im Jahr 2003 in dem - bereits 1996 eröffneten - Konkurs der Gemeinschuldnerin ausgeübt haben. Daraus folgt nicht, dass es sich um erst nach Konkurseröffnung "begründete" Forderungen handelt, die gemäß § 3 KO im Konkurs unberücksichtigt zu bleiben hätten.
13
a) Eine Forderung ist als Konkursforderung zu berücksichtigen, wenn der Rechtsgrund für ihre Entstehung zur Zeit der Konkurseröffnung bereits gelegt war, mag sie auch noch nicht fällig sein (vgl. BGHZ 72, 263, 265 f.; Kilger /K. Schmidt aaO § 3 KO Anm. 4). Rechtsgrund für die Entstehung eines Abfindungsanspruchs gemäß § 305 AktG ist der betreffende - hier bereits im Jahr 1988 abgeschlossene - Unternehmensvertrag, in dem sich das herrschende Unternehmen verpflichtet, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs der beherrschten Gesellschaft dessen Aktien gegen Zahlung der angemessenen, gerichtlicher Kontrolle im Spruchverfahren unterliegenden Abfindung zu erwerben. Gleichgültig, ob es sich insoweit um ein vertragliches Schuldverhältnis nach Art eines berechtigenden Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) oder um ein primär gesetzliches Schuldverhältnis handelt (vgl. dazu BGHZ 135, 374, 380; 147, 108, 112; 167, 299, 306 Tz. 27), entsteht die genannte Erwerbsver- pflichtung gegenüber den außenstehenden Aktionären dem Grunde nach jedenfalls mit Wirksamwerden des Unternehmensvertrages (§ 294 Abs. 2 AktG; vgl. Großkomm.z.AktG/Hasselbach/Hirte 4. Aufl. § 304 Rdn. 41; zwischen Anspruchsentstehung , Ausübung und Fälligkeit differenzierend Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht 5. Aufl. § 305 Rdn. 29; Spindler/Stilz/Veil, AktG § 305 Rdn. 17). Soweit im Schrifttum ausgeführt wird, der Anspruch "entstehe" erst mit dem "Verlangen" des betreffenden Aktionärs (vgl. MünchKommAktG/Bilda 2. Aufl. § 305 Rdn. 9; Hüffer, AktG 7. Aufl. § 305 Rdn. 7; Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner 3. Aufl. § 305 Rdn. 16), betrifft das nicht den konkursrechtlichen Aspekt. In dieser Hinsicht können z.B. auch aufschiebend bedingte Forderungen - einschließlich solcher aus § 328 Abs. 1 BGB (vgl. dazu Jaeger/Henckel KO 9. Aufl. § 3 Rdn. 41) - zu den Konkursforderungen (§ 3 KO) gehören, wie sich aus § 67 KO ergibt.
14
aa) Das gilt jedenfalls dann, wenn der Dritte bereits vorkonkurslich eine unwiderrufliche Anwartschaft erworben hat (vgl. Jaeger/Weber, KO 8. Aufl. § 3 Rdn. 45). Eine entsprechende Situation war im vorliegenden Fall gegeben, weil es den Parteien des Unternehmensvertrages nach Einleitung eines Spruchverfahrens (wie hier im Jahr 1988) bis zum Ablauf der Frist für die Geltendmachung des Abfindungsanspruchs gemäß § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG von Gesetzes und Verfassung wegen nicht freigestellt ist, den noch nicht ausgeübten, gemäß Art. 14 Abs. 1 GG besonders geschützten Abfindungsanspruch des außenstehenden Aktionärs durch Aufhebung des Unternehmensvertrages zu beseitigen (vgl. BGHZ 135, 374, 377 ff.; 147, 108, 112; 167, 299, 304 Tz. 13; BVerfG, AG 1999, 217; AG 1999, 218; ZIP 1999, 532). In einem solchen Fall bleibt der Abfindungsanspruch gemäß § 305 Abs. 1 AktG zugunsten der bei Aufhebung des Unternehmensvertrages vorhandenen außenstehenden Aktionäre , deren Dispositionsfreiheit im Hinblick auf die ihnen nicht anzulastende Dauer des Spruchverfahrens Schutz gebührt, bis zur Entscheidung des Spruchgerichts bestehen (vgl. BGHZ 167 aaO).
15
bb) Da der Abfindungsanspruch nach Einleitung eines Spruchverfahrens ebenso wie bei Fehlen einer Abfindungsregelung in dem Unternehmensvertrag (vgl. § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG) kraft Gesetzes gewährt wird (BGHZ 135, 374, 380), kommt es hier nicht darauf an, ob das nach verbreiteter Auffassung in dem Unternehmensvertrag enthaltene Abfindungs- bzw. Erwerbsangebot des herrschenden Unternehmens (vgl. Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner 3. Aufl. § 305 Rdn. 12; MünchKommAktG/Bilda 2. Aufl. § 305 Rdn. 9; K. Schmidt/Lutter/ Stephan, AktG § 305 Rdn. 10, 24; Emmerich aaO § 305 Rdn. 25) nach Insolvenz - bzw. Konkurseröffnung über dessen Vermögen noch mit Wirkung für die Insolvenzmasse (hier § 3 KO) angenommen werden könnte (vgl. dagegen allgemein zur konkursrechtlichen Behandlung eines Vertragsangebots BGHZ 149, 1, 4 f.; Jaeger/Henckel aaO § 7 Rdn. 40 f.; Staudinger/Bork, BGB 13. Aufl. § 153 Rdn. 14). Im Übrigen wäre auch nach § 328 Abs. 1 BGB für einen Rechtserwerb des Dritten (hier des außenstehenden Aktionärs) eine rechtsgeschäftliche Annahmeerklärung nicht erforderlich. Ihrer bedarf es auch nicht zwingend, um eine Verpflichtung des außenstehenden Aktionärs zur Hingabe seiner Aktien gegen die von ihm geforderte Abfindung zu begründen (so aber insbesondere Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner aaO). Denn diese Verpflichtung ist vielmehr die Folge der Ausübung seines "Andienungsrechts", dem das herrschende Unternehmen gemäß § 305 Abs. 1 AktG grundsätzlich zu entsprechen verpflichtet ist.
16
cc) Im Ergebnis verbietet sich jedenfalls aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Handhabung des einfachen Rechts, welche dem Schutz des - durch den Unternehmensvertrag in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigten - außenstehenden Aktionärs nicht Rechnung trägt (vgl. BGHZ 135, 374) und ihn von einer Teilnahme am Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren des herrschenden Unternehmens völlig ausschlösse (vgl. auch BVerfG, AG 1999 aaO).
17
b) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das im Belieben des außenstehenden Aktionärs stehende Wahlrecht, seine Aktien dem herrschenden Unternehmen gegen Zahlung der angemessenen Abfindung "anzudienen" und damit aus der beherrschten Gesellschaft auszuscheiden (vgl. BGHZ 167, 299, 303 Tz. 11), als "Optionsrecht" angesehen werden kann (vgl. BGHZ aaO; BGHZ 135, 374, 380; Emmerich aaO § 305 Rdn. 5). Soweit die Revision unter Hinweis auf knappe Ausführungen im Schrifttum meint, Gestaltungsrechte wie ein Optionsrecht könnten keine Konkursforderungen begründen, ist daran nur so viel richtig, dass Gestaltungsrechte überhaupt keine Forderungen sind (vgl. Kilger/K. Schmidt aaO § 3 KO Anm. 2 b) und sie deshalb auch nicht gemäß § 69 KO mit einem Geldbetrag angesetzt werden können (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 69 Rdn. 2 a.E.). Das heißt aber nicht, dass Gestaltungsrechte, zu denen z.B. auch ein vorkonkurslich erworbenes Anfechtungsrecht gemäß §§ 119, 123 BGB zu zählen wäre, bei ihrer Ausübung im Konkurs des anderen Vertragsteils keine Konkursforderungen auslösen können (vgl. dazu Jaeger/Henckel aaO § 1 Rdn. 55 und § 17 Rdn. 44).
18
c) Übt ein abfindungsberechtigter Aktionär das ihm in den hier interessierenden Fällen kraft Gesetzes zustehende Optionsrecht gemäß § 305 Abs. 1 AktG gegenüber dem herrschenden Unternehmen aus, so wird dadurch normalerweise unmittelbar dessen Erwerbsverpflichtung hinsichtlich der Aktien gegen Zahlung der angemessenen, gerichtlicher Kontrolle unterliegenden Abfindung als "Gegenleistung" ausgelöst (vgl. BGHZ 167, 299, 306 Tz. 18). Mit diesem Inhalt kann das Abfindungsrecht im Konkurs des herrschenden Unternehmens freilich nicht geltend gemacht werden, weil es auf einen Leistungsaustausch und nicht auf eine schlichte, zur Tabelle anzumeldende Geldforderung zielt (vgl.
BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, ZIP 2003, 2379, 2381 zu 2; MünchKommInsO/Kreft 2. Aufl. § 103 Rdn. 16). Hätte es damit sein Bewenden, würde sich konsequenterweise ein laufendes Spruchverfahren mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens erledigen. Das vertritt aber, soweit ersichtlich, niemand (vgl. Emmerich aaO § 11 SpruchG Rdn. 17 m.w.Nachw. und Hinweis auf fortbestehende "Kompensationsforderungen" der Antragsteller); es wäre auch kein verfassungskonformes Ergebnis (vgl. BayObLG, AG 1999, 43; vgl. auch BayObLG, AG 2001, 594 f.). Abzustellen ist vielmehr darauf, dass die Sach- und Rechtslage nach Ausübung der, wie dargelegt, vorkonkurslich erworbenen und durch den Konkurs nicht entfallenen Abfindungsoption der Situation eines beiderseits unerfüllten Vertrages gemäß § 17 KO (§ 103 InsO) entspricht. Der Konkursverwalter kann danach die ihm "angedienten" Aktien erwerben, wenn er sich davon Vorteile für die Masse verspricht. In diesem Fall entstünde eine Masseschuld gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO (vgl. BGHZ 150, 353, 359). Der Abfindungsberechtigte hat hierauf aber im Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren keinen Anspruch (vgl. BGHZ 150, 353, 359; 155, 87, 90; MünchKommInsO/Kreft aaO § 103 Rdn. 18). Lehnt der Verwalter ab, kann der Abfindungsberechtigte "eine Forderung wegen der Nichterfüllung" geltend machen (§ 26 Satz 2 KO), also statt des Leistungsaustauschs eine einseitige Schadensersatzforderung zur Tabelle anmelden (vgl. BGHZ 68, 379, 380), wie das im vorliegenden Fall geschehen ist.
19
d) Für die Bemessung des Schadensersatzes gelten die allgemeinen Grundsätze des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung (vgl. BGHZ 68 aaO; Kilger/K. Schmidt aaO § 17 Anm. 4 c m.w.Nachw. MünchKommInsO/Huber 2. Aufl. § 103 Rdn. 186 ff.). Der Ersatzanspruch ist auf das Erfüllungsinteresse gerichtet und kann abstrakt oder konkret berechnet werden (vgl. Jaeger/ Henckel aaO § 17 Rn. 175). Im vorliegenden Fall haben sich die Kläger für eine konkrete Schadensberechnung entschieden, indem sie die Aktien anderweitig verkauft haben und die Differenz zwischen dem Erlös und dem von der Gemeinschuldnerin gemäß § 305 Abs. 1 AktG geschuldeten Erwerbspreis als Schadensersatz geltend machen. Insoweit kommt es - anders als die Revision meint - nicht darauf an, welchen Wert die Aktien bei Konkurseröffnung hatten. Denn zum einen wurde der primäre Leistungsanspruch der Kläger erst mit Ausübung ihrer Abfindungsoption fällig (vgl. insoweit Jaeger/Henckel aaO § 17 Rn. 184). Zum anderen ist bei der konkreten Schadensberechnung aufgrund eines Deckungsgeschäfts der Zeitpunkt seiner Vornahme maßgebend (vgl. Palandt /Heinrichs BGB, 67. Aufl., § 281 Rn. 29).
20
e) Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch steht nicht entgegen , dass nach dem Senatsurteil vom 8. Mai 2006 (BGHZ 167, 299, 307 Tz. 18) die Veräußerung der Aktien des abfindungsberechtigten Aktionärs zum Erlöschen seines (originären) Abfindungsanspruchs führt (zust. BVerfG, ZIP 2007, 1055). Denn das gilt nur für den primären Abfindungsanspruch, der im Übrigen auch erst mit Einreichung der Aktien bei dem herrschenden Unternehmen fällig wird (vgl. BGHZ 155, 110, 120) und sonach den bisherigen Aktienbesitz des betreffenden Aktionärs voraussetzt. Dagegen geht es hier um einen Schadensersatzanspruch , in dessen Rahmen die Kläger von dem ihnen nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Recht eines Deckungsverkaufs nach erfolgloser (gem. § 305 Abs. 4 Satz 2 AktG fristgerechter) "Andienung" der Aktien (innerhalb der Frist des § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG) Gebrauch gemacht haben.
21
3. Voraussetzung für den von den Klägern geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist allerdings, dass ihnen ein primärer Abfindungsanspruch gemäß § 305 Abs. 1 AktG zur Zeit der "Andienung" ihrer Aktien gegenüber der Gemeinschuldnerin überhaupt zustand.
22
Dazu genügt nicht der Hinweis des Berufungsgerichts darauf, dass die Aufhebung eines Unternehmensvertrages - wie hier desjenigen zwischen der Gemeinschuldnerin und der H. AG im Jahr 1990 - nicht geeignet sei, bestehenden Abfindungsansprüchen außenstehender Aktionäre die Grundlage zu entziehen. Wie nämlich der Senat in seinem - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Urteil vom 8. Mai 2006 (BGHZ 167, 299, 303 ff. Tz. 11 bis 14) entschieden hat, hat einen Abfindungsanspruch nur derjenige außenstehende Aktionär, der seine Aktien vor Beendigung des Unternehmensvertrages erworben hat. Dafür hat er die Darlegungs- und Beweislast (Senat aaO S. 304 Tz. 14), was der Senat gemäß § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch ohne entsprechende Revisionsrüge des Beklagten zu berücksichtigen hat, weil davon die Schlüssigkeit der Klage abhängt. Die Kläger haben auf Anfrage des Senats mitgeteilt, der genaue Zeitpunkt des Aktienerwerbs sei ihnen nicht mehr erinnerlich ; er liege jedenfalls vor dem 23. April 1990; der Beklagte hat dies im Revisionsverfahren nicht unstreitig gestellt. Dass dies in den Vorinstanzen unstreitig war, ist von den Klägern nicht dargetan und auch schon deshalb nicht anzunehmen , weil die Prozessparteien die genannte Problematik in den Vorinstanzen gar nicht erkannt haben. Die Kläger selbst haben sich als ehemalige Aktionäre der A. AG bezeichnet, welche ausweislich der vorgelegten Unterlagen erst längere Zeit nach 1990 unter diesem Namen firmierte. Dass der hier maßgebliche Unternehmensvertrag am 23. April 1990 aufgehoben wurde, ist entgegen den Ausführungen der Revisionserwiderung in dem erstinstanzlichen Urteil tatbestandlich festgestellt.
23
Eine Abweisung der - bisher unschlüssigen Klage - durch den Senat kommt allerdings nicht in Betracht, weil den Klägern gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit gegeben werden muss, zu dem von ihnen bisher nicht erkannten Gesichtspunkt in tatsächlicher Hinsicht vorzutragen und Beweis anzutreten.
24
III. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Sache nicht aus anderen Gründen zugunsten des Beklagten entscheidungsreif.
25
1. Zutreffend meint das Berufungsgericht, der Umstand, dass die Minderheitsaktionäre der H. AG der Aufhebung des Unternehmensvertrages zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin durch Sonderbeschluss gemäß § 296 Abs. 2 Satz 1, § 293 Abs. 1 Satz 2, 3 AktG mit 3/4 Mehrheit - möglicherweise in der Hoffnung auf die Erzielung einer höheren Abfindung aus dem mit der M. AG zu schließenden Unternehmensvertrag - zugestimmt hätten, reiche nicht aus, etwaigen Abfindungsansprüchen der Kläger die Grundlage zu entziehen. Soweit das Bundesverfassungsgericht (z.B. AG 1999, 217 f.) ausgeführt hat, die "einseitige" Aufhebung eines Beherrschungsvertrages durch dessen Partner könne den Abfindungsansprüchen der außenstehenden Aktionäre nicht den Boden entziehen, wird zwar offenbar das Erfordernis eines Sonderbeschlusses der außenstehenden Aktionäre gemäß § 296 Abs. 2 AktG nicht gesehen. Auch ein solcher Beschluss könnte aber in die originär ad personam begründeten (BGHZ 167, 299, 306 f. Tz. 18), verfassungsrechtlich geschützten Abfindungsansprüche der nicht zustimmenden Minderheitsaktionäre nicht wirksam eingreifen. Das gilt auch dann, wenn mit der Aufhebung des einen Vertrages der Abschluss eines neuen, aus Sicht der Mehrheit der außenstehenden Aktionäre lukrativeren Unternehmensvertrages mit einem anderen Vertragsteil einhergeht, weil anderenfalls den nicht zustimmenden Minderheitsaktionären ein anderer Abfindungsschuldner und zudem ein späterer Beginn des Zinslaufs gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG aufgedrängt würde. Dass die Kläger einer solchen Veränderung zugestimmt haben, ist nicht ersichtlich, zumal in der Hauptversammlung vom 30. Mai 1990 ein (wahlweise auszuübendes) Nebeneinander der Abfindungsansprüche aus den beiden Unternehmensverträgen in Aussicht gestellt wurde und dies der Annahme eines Verzichts auf Ansprüche aus dem "alten" Unternehmensvertrag überhaupt entgegensteht.
26
2. Entgegen der Ansicht der Revision scheitert der Ersatzanspruch der Kläger gegenüber dem Beklagten des weiteren nicht daran, dass sie ihre Aktien auch dem Konkursverwalter der M. AG "angedient" und darauf - offenbar ebenfalls im Wege des Schadensersatzes - eine Konkursquote erhalten haben.
27
a) Für den Fall, dass eine AG nach Abschluss eines Beherrschungsvertrages während eines anschließenden Spruchstellungsverfahrens in die herrschende Gesellschaft eingegliedert wird (§§ 319 ff. AktG), hat der Senat (BGHZ 147, 108) entschieden, dass die Abfindungsansprüche der außenstehenden Aktionäre aus § 305 AktG und aus § 320 b AktG nebeneinander bestehen, jedoch die auf den einen Anspruch erbrachten Leistungen auf den anderen Anspruch gegenüber demselben herrschenden Unternehmen anzurechnen sind (aaO S. 113 unten). Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings um zwei verschiedene Abfindungsschuldner (M. AG und Gemeinschuldnerin). Beide Unternehmensverträge berührten aber, sofern die Kläger vor Aufhebung des Unternehmensvertrages im Jahr 1990 Aktionäre der H. AG waren, ein und dieselbe Mitgliedschaft der Kläger in der H. AG, aus der sie durch Andienung ihrer Aktien im Jahr 2003 auszuscheiden wünschten. Da sie ihre Aktien bei normaler Abwicklung außerhalb des Konkurses nicht an die M. AG und die Gemeinschuldnerin zugleich gegen doppelte Abfindung hätten verkaufen können, können sie auch nicht von beiden kumulativ Schadensersatz in voller Höhe fordern. Entgegen der Ansicht der Revision sind vielmehr beide, weil und soweit sie "nebeneinander für dieselbe Leistung auf das Ganze haften" (§ 68 KO), wie Gesamtschuldner (§ 421 BGB) zu behandeln. Unter der - hier gegebenen - Voraussetzung der Gleichstufigkeit der beiden Zahlungsverpflichtungen (vgl. dazu BGHZ 106, 313, 319; MünchKommBGB/Bydlinski 5. Aufl. § 421 Rdn. 12 m.w.Nachw.) steht der Annahme eines gesamtschuldartigen Verhältnisses nicht entgegen, dass die auf ein identisches Gläubigerinteresse zielenden Verpflichtungen aus verschiedenen Verträgen resultieren (vgl. BGHZ 137, 76, 82; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 421 Rdn. 10) und der Höhe nach nicht voll übereinstimmen (vgl. BGH, Urt. v. 27. März 1969 - VII ZR 165/66, NJW 1969, 1165; Palandt/Grüneberg aaO Rdn. 6). Unerheblich ist deshalb in diesem Zusammenhang , dass die mündlichen Zusagen der Verwaltungsorgane der Gemeinschuldnerin , die Abfindung aus dem von ihr abgeschlossenen Unternehmensvertrag an das Ergebnis des die Abfindung aus dem Vertrag H. AG/M. AG betreffenden Spruchstellenverfahrens anzupassen, gemäß §§ 293 Abs. 1, 3, 294 AktG formunwirksam waren, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend und von den Parteien in der Revisionsinstanz unangefochten ausführt. Das hindert die Annahme einer "Gesamtschuld" im Sinne von § 68 KO, soweit sich die Abfindungs- und Zinsansprüche der Kläger aus den beiden Unternehmensverträgen decken, nicht (vgl. die zuletzt genannten Nachweise). Davon geht auch das Berufungsgericht im Ansatz noch zutreffend aus.
28
b) Fehl geht es allerdings, soweit das Berufungsgericht die von den Klägern im Konkurs der M. AG erzielten Quotenbeträge auf die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche anrechnet bzw. von diesen in Abzug bringt. Es übersieht dabei § 68 KO. Danach kann der Gläubiger, dem mehrere Personen bis zu einem bestimmten Betrag nebeneinander haften, in den Konkursverfahren eines jeden von ihnen seine Forderung bis zur vollen Befriedigung in Höhe des genannten Betrages geltend machen. Das gilt auch bei einer unechten Gesamtschuld ohne eine innere Verbundenheit der Verpflichtungen durch einheitlichen Vertrag (vgl. BGHZ 117, 127, 132; Kilger/K. Schmidt aaO § 68 Anm. 2). Die von dem Berufungsgericht gewählte und von dem Beklagten in der Revisionsinstanz verteidigte "Anrechnungslösung" überließe es dem Zufall, welcher von beiden Konkursverwaltern zuerst zahlt. Im Ergebnis beschwert der Rechtsfehler des Berufungsgerichts aber nicht den Beklagten, sondern die Kläger (vgl. unten B II 2).
29
3. Zu Recht beanstandet die Revision indessen, dass das Berufungsgericht die von den Klägern aus dem Deckungsverkauf ihrer Aktien erzielten Erlöse allein auf die - ihnen für den Zeitraum bis zur Konkurseröffnung im Jahr 1996 zugebilligten - Abfindungszinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) angerechnet hat. Denn der Erlös aus dem Börsenverkauf der Aktien ist keine zur Anwendbarkeit des § 367 BGB führende Leistung eines Dritten (§ 267 BGB) auf die Forderungen der Kläger gegenüber der Gemeinschuldnerin. Vielmehr gilt insoweit der schadensersatzrechtliche Grundsatz der Kongruenz, nach dem ein schadensmindernder Vorteil, hier der Erlös aus dem Deckungsgeschäft, auf diejenige Schadensposition anzurechnen ist, der er sachlich entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 9. Dezember 1978 - VI ZR 218/76, NJW 1979, 760). Der Erlös aus dem Aktienverkauf tritt an die Stelle der Aktien, für welche normalerweise die Abfindung gemäß § 305 Abs. 1 AktG zu gewähren wäre. Er ist deshalb auf den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Abfindungsanspruchs und nicht etwa auf die Abfindungszinsen anzurechnen. Die den Klägern für den Zeitraum bis zur Konkurseröffnung zustehenden Abfindungszinsen sind aber aus dem vollen Abfindungsbetrag zu berechnen, weil der Verkaufserlös erst sehr viel später (im Jahr 2003) erzielt wurde.
30
4. Ohne Erfolg bleibt dagegen die - wiederum nur die Höhe etwaiger Schadensersatzanspruche der Kläger betreffende - Revisionsrüge, das Berufungsgericht habe den Wertverlust außer Acht gelassen, den die Aktien der Kläger seit der Beendigung des Unternehmensvertrages im Jahr 1990 bis zur "Andienung" der Aktien gegenüber dem Beklagten im April 2003 erlitten hätten. Die Annahme der Revision, das Risiko eines Wertverlustes der Aktien bei jahrelangem Zuwarten des Aktionärs bis zur Geltendmachung seines Abfindungsanspruchs müsse in seinen Risikobereich fallen (vgl. dazu Altmeppen, FS Ulmer, 2003, S. 3, 8 ff.) mag rechtspolitisch diskutabel sein, widerspricht aber dem Stichtagsprinzip des § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG. Denn danach bemisst sich der Abfindungsanspruch nach dem Aktienwert zur Zeit des dem Unternehmensvertrag zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses (§ 293 AktG) und ist auch von da an zu verzinsen. Zudem widerspricht jene Annahme dem durch das Bundesverfassungsgericht bestätigten Grundsatz, dass dem außenstehenden Aktionär ein Zuwarten bis zum Abschluss eines Spruchverfahrens nicht verwehrt werden kann. Die Folgen einer inzwischen eingetreten Wertminderung seiner Aktien trägt nur der abfindungsberechtigte Aktionär, der seinen Abfindungsanspruch nicht innerhalb der Frist des § 305 Abs. 4 AktG geltend macht (vgl. auch BVerfG, ZIP 2007, 1055 f. zu b). Diese Frist wurde von den Klägern eingehalten.
31
Nach allem bleibt es dabei, dass dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Revision des Beklagten wegen noch erforderlicher tatrichterlicher Feststellungen zum Anspruchsgrund nicht möglich und die Sache deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
32
B. Revision der Kläger
33
I. Die Revision nimmt das Berufungsurteil hin, soweit es die Höhe der Abfindungsansprüche der Kläger (§ 305 Abs. 1 AktG) nach dem im Spruchverfahren H. AG/Gemeinschuldnerin festgesetzten Betrag (554,78 DM pro 50,00 DM-Aktie) bemisst. Das Rechtsmittel richtet sich vielmehr dagegen, dass das Berufungsgericht den Klägern Ansprüche auf Abfindungszinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) für die Zeit ab Konkurseröffnung aberkannt und die von den Klägern im Konkursverfahren der M. AG erzielten Quotenzahlungen auf die verbleibenden Klageforderungen angerechnet hat, bzw. von diesen in Abzug gebracht hat.
34
Die Revision ist mit diesem Ziel gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision nicht ausdrücklich beschränkt und sie u.a. zur Klärung der Frage zugelassen, "ob Zinsen nach § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG auch über die Eröffnung des Konkursverfahrens des herrschenden Unternehmens hinaus (als Konkursforderung oder zumindest zur Verrechnung mit Verkaufserlösen oder Schadensersatzleistungen durch weitere Gesamtschuldner) geltend gemacht werden können". Das erfasst neben dem Zinsanspruch auch die Anrechnungsfrage, die überdies einer Zulassungsbeschränkung gar nicht zugänglich wäre, weil es sich insoweit nicht um eine Aufrechnung , sondern um eine Frage der Schadensberechnung handelt, und die Zulassung der Revision auf einzelne Rechtsfragen nicht beschränkt werden kann. Die nur vorsorglich für den Fall der Annahme einer Zulassungsbeschränkung eingelegten Rechtsbehelfe der Anschlussrevision und der Nichtzulassungsbeschwerde kommen deshalb nicht zum Zuge.
35
II. Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit das Berufungsgericht die von den Klägern im Konkursverfahren der M. AG erzielten Quotenzahlungen auf die Klageforderungen "angerechnet" hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
36
1. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht, wenn auch mit unrichtiger Begründung, den Klägern Ansprüche auf Abfindungszinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) für den Zeitraum ab Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin aberkannt.
37
a) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich zwar ein Wegfall der Verzinsungspflicht gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht darauf stützen, dass mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens der Unternehmensvertrag beendet werde und damit der in die Herrschafts- und Vermögensrechte der außenstehende Aktionäre eingreifende Zustand wegfalle. Abgesehen davon, dass der hier maßgebliche Unternehmensvertrag aus dem Jahr 1988 nicht erst mit Konkurseröffnung, sondern bereits mit seiner unstreitigen Aufhebung im Jahr 1990 beendet worden ist, ließe sich mit der Begründung des Berufungsgerichts allenfalls ein Wegfall der Ausgleichspflicht gemäß § 304 AktG rechtfertigen (vgl. dazu KölnerKomm.z.AktG /Koppensteiner aaO § 304 Rn. 12 m.w.N.). Das Berufungsgericht missversteht insoweit das Senatsurteil vom 16. September 2002 (BGHZ 152, 29). Die Verzinsungspflicht gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG ist - anders als der Ausgleich gemäß § 304 AktG - keine Kompensation für den mit dem Unternehmensvertrag einhergehenden Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der außenstehenden Aktionäre, sondern soll - als Annex der Barabfindungspflicht gemäß § 305 AktG - in erster Linie Verzögerungen des Spruchverfahrens von Seiten des Abfindungsschuldners entgegenwirken (BGHZ 152, 29, 31; BT-Drucks. 12/6699 S. 88). Dieser Zweck entfällt allerdings mit der Insolvenzeröffnung, weil dann etwaige Verzögerungen der Abfindungsleistung und ein etwaiger Verfall des Anspruchswertes in erster Linie mit der Insolvenz zusammenhängen.
38
b) Unabhängig davon sind jedenfalls ab Konkurseröffnung entstehende Zinsansprüche gemäß § 63 Nr. 1 KO ohnehin von der Geltendmachung im Konkurs ausgeschlossen. Für Zinsansprüche nach § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG gilt nichts anderes. Insoweit verwirklicht sich für den Abfindungsberechtigten lediglich das allgemeine Risiko jedes Konkursgläubigers. Die Abfindungs- und Verzinsungsansprüche nach § 305 AktG sind insolvenzrechtlich nicht privilegiert , sondern stellen gewöhnliche schuldrechtliche Forderungen dar (vgl. BGHZ 167, 299, 306). Das Fehlen eines besonderen Insolvenzschutzes abfindungsberechtiger Aktionäre hat das Bundesverfassungsgericht auch in anderem Zusammenhang nicht beanstandet (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2005 - II ZR 327/03, ZIP 2005, 2107 f. zu 3; OLG Köln, GmbHR 2002, 94). Die außenstehenden Aktionäre dürfen im Konkurs des herrschenden Unternehmens zwar nicht schlechter, müssen aber auch nicht besser gestellt werden als andere Konkursgläubiger. Das geschieht, indem ihnen die Umwandlung ihres im Konkurs des herrschenden Unternehmens nicht durchsetzbaren Erwerbsverlangens (§ 305 Abs. 1 AktG) in einen zur Tabelle anzumeldenden Schadensersatzanspruch ermöglicht wird.
39
2. Was die von dem Berufungsgericht vorgenommene und von der Revision angegriffene "Anrechnung" der von den Klägern im Konkursverfahren der M. AG erzielten Quote auf die bis zur Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin aufgelaufenen Zinsansprüche der Kläger (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) anbetrifft, so geht es zwar fehl, wenn die Revision meint, die Anrechnung sei auf diejenigen Zinsansprüche zu erstrecken, welche gemäß § 63 Nr. 1 KO im Konkurs nicht geltend gemacht werden könnten, aber gleichwohl entstanden seien (unter Hinweis auf BGHZ 134, 195, 198). Mit den Rechten eines absonderungsberechtigten oder sonst dinglich gesicherten Gläubigers (dazu BGHZ aaO) hat der vorliegende Fall keinen Zusammenhang. Im Ergebnis kommt es aber hierauf für einen Erfolg der Revision in diesem Punkt aus Rechtsgründen gar nicht an (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO), weil die von ihr bekämpfte Anrechnung schon wegen § 68 KO zu unterbleiben hat. Auf die entsprechenden Ausführungen zur Revision des Beklagten (oben A III 2) wird verwiesen.
40
Soweit die Kläger darüber hinaus in ihrer Revisionsbegründung ausführen , die Frage einer Anrechnung auf die nach Konkurseröffnung entstandenen Zinsansprüche stelle sich auch hinsichtlich des von dem Berufungsgericht auf vorkonkursliche Zinsen angerechneten Erlöses aus dem Aktienverkauf, fehlt es schon an einem entsprechenden Revisionsantrag. Davon abgesehen ist insoweit auf die obigen Ausführungen (zu A III 3) zu verweisen.
41
Da der Erfolg der Revision der Kläger, soweit sie im Hinblick auf § 68 KO begründet ist, von den noch erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen zum Anspruchsgrund abhängt (vgl. oben A II 3), ist die Sache in dem genannten Punkt nicht entscheidungsreif und daher auch insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Streitwert: vorinstanzliche Urteilssumme 378.874,32 € 40 % erwartete Quote 151.549,72 € Revision der Kläger 87.542,60 € Summe 239.092,32 €
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Bayreuth, Entscheidung vom 17.06.2005 - 32 O 673/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 30.12.2005 - 1 U 149/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
I ZR 136/05 Verkündet am:
19. Juli 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fehlende Unterschrift
§§ 418, 419, 542 Abs. 1

a) Die Entscheidung, durch die eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der
Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil versagt wird, muss auch dann
durch Urteil ergehen, wenn sie isoliert vorab und nicht zusammen mit der
Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung sowie ohne mündliche
Verhandlung getroffen wird.

b) Fehlt auf einer Zustellungsurkunde die nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforderliche
Unterschrift des Zustellers (hier: statt Unterschrift nur Paraphe), ist die
Zustellung nicht unwirksam. Die fehlende Unterschrift kann nachgeholt werden.
Eine entsprechend ergänzte Zustellungsurkunde hat nicht die Beweiskraft
des § 418 ZPO, sondern ist nach § 419 ZPO frei zu würdigen.
BGH, Vers.-Urt. v. 19. Juli 2007 - I ZR 136/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten werden die Beschlüsse des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Dezember 2004 und 20. Juni 2005 und der Beschluss des Landgerichts Köln, 15. Zivilkammer, vom 12. Oktober 2004 aufgehoben.
Der Beklagten wird wegen der Versäumung der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 12. Juli 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und das Revisionsverfahren wird abgesehen.
Die Entscheidung über die übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger hat am 12. Juli 2004 gegen die Beklagte im schriftlichen Verfahren ein Versäumnisurteil über 80.784,11 € nebst Zinsen erwirkt. Nach der Zustellungsurkunde ist das Versäumnisurteil der Beklagten am 13. Juli 2004 im Wege der Ersatzzustellung an ihren erwachsenen ständigen Mitbewohner S. zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil am 29. September 2004 Einspruch erhoben. Am 11. Oktober 2004 hat sie beantragt , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren.
2
Hierzu hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe vor dem 28. September 2004 weder von der Zustellung der Klage noch von der des Versäumnisurteils Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung angedroht. Sie sei von Anfang Juli bis Ende August 2004 nicht in Köln gewesen. Während ihrer Abwesenheit habe sie ihren Untermieter S. beauftragt, ihren Briefkasten zu leeren, ihre Post zu sichten, Briefe mit unklarem Inhalt zu öffnen und sie über Schriftstücke von Bedeutung zu informieren oder diese ihr zuzusenden. Der Untermieter habe in der Zeit ihrer Abwesenheit das Versäumnisurteil nicht entgegengenommen. Über den Erhalt von Gerichtspost habe er sie auch nicht unterrichtet, und sie habe das Versäumnisurteil auch nach der Rückkehr nicht vorgefunden.
3
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten mit Beschluss vom 12. Oktober 2004 zurückgewiesen.
4
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 zunächst als unzulässig verworfen, weil gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung nur das Rechtsmittel der Berufung statthaft sei. Auf die Gegenvorstellung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Beschluss vom 6. Dezember 2004 geändert und die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
5
Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren. Der Kläger war im Revisionsverfahren trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
7
Die Beklagte habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen zu sein. Nach der Zustellungsurkunde vom 13. Juli 2004 sei eine Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den Untermieter S. der Beklagten und nicht nur eine Benachrichtigung über eine Zustellung oder eine Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten erfolgt. Als öffentlicher Urkunde komme der Zustellungsurkunde volle Beweiskraft zu. Den nach § 418 Abs. 2 ZPO möglichen Gegenbeweis habe die Beklagte nicht geführt. Es sei schon fraglich, ob die Anordnung an S. ausgereicht habe. Die Anweisung sei unbestimmt und gewährleiste den Erhalt wichtiger Schriftstücke nicht im notwendigen Umfang.
8
Selbst wenn die Anordnung ausreichend gewesen sei, sei der Beklagten das Verschulden des Mitbewohners S. zuzurechnen, der zur Entgegennahme von zuzustellenden Schriftstücken bevollmächtigt gewesen sei. Die eidesstattliche Versicherung des S. sei nicht geeignet, den durch die Zustellungsurkunde erbrachten Beweis, dass die Zustellung an ihn erfolgt sei, zu erschüttern.
9
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Über die Revision ist auf Antrag der Beklagten durch Versäumnisurteil gemäß § 555 Abs. 1, § 331 Abs. 1 ZPO zu entscheiden, weil der Revisionsbeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war.
11
2. Die Revision ist zulässig.
12
a) Das Oberlandesgericht hat zwar nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden. Daraus folgt jedoch nicht die Unzulässigkeit der Revision, auch wenn dieses Rechtsmittel nach § 542 Abs. 1 ZPO nur gegen Endurteile statthaft ist. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung, der im Fall einer nicht korrekten Form der Entscheidung eingreift. Hat das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung gewählt, steht den Parteien sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben gewesen wäre (BGHZ 98, 362, 364; 152, 213, 216; Wieczorek /Prütting, ZPO, 3. Aufl., § 542 Rdn. 53; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., Vor § 511 Rdn. 30).
13
b) Im Streitfall hat das Landgericht über das Wiedereinsetzungsgesuch der Beklagten statt durch Urteil verfahrensfehlerhaft durch Beschluss entschieden.
14
Nach § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags und auf die Anfechtung der Entscheidung die Vorschriften anzuwenden, die für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob über das Wiedereinsetzungsgesuch isoliert vorab oder zusammen mit der nachgeholten Prozesshandlung eine Entscheidung getroffen wird.
15
aa) Nach § 341 Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 3. Dezember 1976 konnte das Gericht nach seinem Ermessen über die Unzulässigkeit des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss oder aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil befinden. Die Entscheidung durch Beschluss konnte die Partei mit der sofortigen Beschwerde, diejenige durch Urteil mit der Berufung anfechten (§ 341 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). Zweck der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung ist es, dieses unübersichtliche Nebeneinander verschiedener Rechtsmittel zu bereinigen, durch die zwingende Urteilsform die Entscheidung aufzuwerten und eine einheitliche Behandlung sicherzustellen (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 87). Die Neufassung des § 341 Abs. 2 ZPO sieht daher zwingend eine Entscheidung durch Urteil auch dann vor, wenn sie ohne mündliche Verhandlung getroffen wird (vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722, S. 86). Das Landgericht hätte daher über den Einspruch der Beklagten durch Urteil entscheiden müssen (vgl. Zöller/Herget aaO § 341 Rdn. 8 f.).
16
bb) Folglich hätte das Landgericht auch über die - regelmäßig unzweckmäßige - isolierte Versagung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Urteil erkennen müssen (a.A. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 238 Rdn. 6; Münch- Komm.ZPO/Feiber, 2. Aufl., § 238 Rdn. 11; Musielak/Grandel, ZPO, 5. Aufl., § 238 Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 238 Rdn. 9).
17
Die Entscheidung durch Urteil entspricht auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften. § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO soll die Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch an die nachgeholte Prozesshandlung binden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung nimmt deshalb denselben Gang wie die versäumte Prozesshandlung (Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 2, Abteilung 1, Begründung des Entwurfs §§ 206-208, S. 173). Dem Zweck des § 341 Abs. 2 ZPO n.F. entspricht es ebenfalls, die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag bei Versäumung der Einspruchsfrist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 341 Abs. 2 ZPO stets durch Urteil und nicht durch Beschluss zu treffen, um verschiedene Rechtsmittel gegen in unterschiedlicher Form ergangene Entscheidungen auszuschließen.
18
cc) Hätte das Landgericht über das Wiedereinsetzungsgesuch richtigerweise durch Urteil erkannt, hätte die Beklagte das die Wiedereinsetzung versagende Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung und das die Berufung zurückweisende Urteil des Berufungsgerichts gegebenenfalls mit der Revision anfechten können (vgl. BGHZ 47, 289, 291 f.; Zöller/Greger aaO § 238 Rdn. 7). Der Umstand, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht durch ein mit der Berufung anfechtbares Urteil entschieden und das Berufungsgericht die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten nicht durch ein gegebenenfalls mit der Revision anfechtbares Urteil zurückgewiesen haben, kann sich nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung nicht zum Nachteil der Beklagten auswirken.
19
3. Die Revision ist auch begründet.
20
a) Einer Entscheidung in der Sache steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde gegen den die Wiedereinsetzung versagenden Beschluss des Landgerichts zunächst mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 als unzulässig mit der Begründung verworfen hat, die Beklagte hätte die landgerichtliche Entscheidung mit der Berufung anfechten müssen. Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 20. Juni 2005 auf die Gegenvorstellung der Beklagten hin in prozessual zulässiger Weise geändert (vgl. BGHZ 150, 133, 136).
21
b) Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20. Juni 2005 kann aber schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Oberlandesgericht - ebenso wie schon das Landgericht - keine ausreichenden Feststellungen über die nach § 341 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit des Einspruchs getroffen hat.
22
aa) Die Vorinstanzen hätten zunächst von Amts wegen klären müssen, ob das Versäumnisurteil der Beklagten am 13. Juli 2004 durch Ersatzzustellung an den Mitbewohner S. nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugestellt worden war. Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt. Die Zustellungsurkunde über die Ersatzzustellung an den Mitbewohner S. begründete entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keinen vollen Beweis der in der Urkunde bezeugten Tatsachen nach § 418 ZPO.
23
bb) Die Zustellungsurkunde enthielt nicht die nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforderliche Unterschrift des Zustellers.
24
Für eine Unterschrift reicht es aus, dass ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt , der die Absicht erkennen lässt, eine volle Unterschrift zu leisten. Der Na- menszug kann flüchtig geschrieben sein und braucht weder die einzelnen Buchstaben klar erkennen zu lassen noch im Ganzen lesbar zu sein; ein Handzeichen genügt jedoch nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 8.10.1991 - XI ZB 6/91, NJW 1992, 243; OLG Frankfurt NJW 1993, 3079; Zöller/Stöber aaO § 182 Rdn. 12).
25
Diesen Anforderungen entspricht das auf der Zustellungsurkunde angebrachte Schriftzeichen des Zustellers nicht. Auch unter Heranziehung des Stempelaufdrucks mit dem vollständigen Vor- und Nachnamen des Zustellers besteht das Zeichen lediglich aus einer Paraphe, die als Unterschrift i.S. von § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO nicht ausreicht.
26
Das Fehlen der Unterschrift des Zustellers führt nach der Neufassung der Zustellungsvorschriften durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren vom 25. Juni 2001 (BGBl. I 1206) allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung, weil die Beurkundung des Zustellungsvorgangs nach § 182 ZPO nur dem Nachweis der Zustellung dient und nicht konstitutiver Bestandteil der Zustellung ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs , BT-Drucks. 14/4554, S. 15; Zöller/Stöber aaO § 167 Rdn. 1; Musielak/Wolst aaO § 166 Rdn. 2). Die Unterschrift des Zustellers könnte deshalb noch nachgeholt werden (vgl. Zöller/Stöber aaO § 182 Rdn. 18; enger: Wieczorek/Rohe aaO § 182 Rdn. 36: Nachholung nur in engem zeitlichen Zusammenhang ). Die Beweiskraft der entsprechend ergänzten Zustellungsurkunde wäre vom Tatrichter, gegebenenfalls nach Vernehmung des Zustellers und des Mitbewohners S. der Beklagten, nach freier Überzeugung gemäß § 419 ZPO ohne Bindung an die Beweiskraft öffentlicher Urkunden nach § 418 ZPO zu würdigen.
27
c) Einer nachträglichen Einholung der Unterschrift des Zustellers auf der Zustellungsurkunde und zusätzlicher Beweiserhebungen über eine Zustellung des Versäumnisurteils am 13. Juli 2004 an den Mitbewohner S. der Beklagten bedarf es im Streitfall aber ausnahmsweise nicht. Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - eine Partei an sich behauptet, eine gerichtliche Frist eingehalten zu haben, und den Antrag auf Wiedereinsetzung daher schlüssig nur hilfsweise für den Fall der Fristversäumnis stellt (zur hilfsweisen Stellung des Wiedereinsetzungsantrags : BGH, Beschl. v. 16.1.2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Tz. 12). Aus Gründen der Verfahrensvereinfachung kann in derartigen Fällen, in denen es noch weiterer Beweiserhebungen zur Rechtzeitigkeit eines Rechtsbehelfs bedarf, andererseits aber schon jetzt davon auszugehen ist, dass selbst dann, wenn sich die Fristwahrung nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lässt, jedenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren wäre, dem Wiedereinsetzungsgesuch stattgegeben werden (BGH, Beschl. v. 27.2.2002 - I ZB 23/01, NJW-RR 2002, 1070 f.). So liegen die Dinge im vorliegenden Fall.
28
aa) Das Oberlandesgericht hat der Beklagten die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht verwehrt. Die Beklagte war ohne ihr Verschulden verhindert, die Einspruchsfrist von zwei Wochen nach § 339 Abs. 1 ZPO einzuhalten (§ 233 Abs. 1 ZPO).
29
bb) Die Beklagte traf kein eigenes Verschulden an der Versäumung der Einspruchsfrist. Sie hat durch ihre eidesstattliche Versicherung vom 29. September 2004 glaubhaft gemacht, dass sie sich in der Zeit vom 3. Juli bis 31. August 2004 nicht in Köln aufgehalten hat.
30
Die Beklagte musste allerdings Vorkehrungen treffen, dass sie von gerichtlichen Zustellungen Kenntnis erlangte. Denn sie musste mit einer gerichtlichen Zustellung eines Versäumnisurteils rechnen, nachdem ihr die Klage mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens am 5. März 2004 durch Niederlegung gemäß § 181 Abs. 1 ZPO zugestellt worden war. Dem durch die Zustel- lungsurkunde erbrachten vollen Beweis gemäß § 418 Abs. 1 ZPO über die Zustellung der Klageschrift hat die Beklagte mit ihrer gegenteiligen eidesstattlichen Versicherung nicht widerlegt. Die Klageschrift wurde ihr nach der Zustellungsurkunde vom 5. März 2004 durch Niederlegung in ihren Hausbriefkasten zugestellt. Nach ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 29. September 2004 war die Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung nicht verreist. Einen Grund, warum sie die Klageschrift nicht erhalten hat, hat die Beklagte nicht dargelegt.
31
Die getroffenen Vorkehrungen, die die Beklagte durch ihre eigene eidesstattliche Versicherung und die ihres Mitbewohners S. glaubhaft gemacht hat, um von einer gerichtlichen Zustellung Kenntnis zu erlangen, waren entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts jedoch ausreichend. Die Beklagte hat ihren Mitbewohner beauftragt, den Briefkasten zu leeren, die Briefe zu sichten, Briefe mit unklarem Inhalt zu öffnen und sie über Schriftstücke von Bedeutung zu unterrichten. Dass der Mitbewohner S. unzuverlässig war, ist nicht ersichtlich. Die Vorgehensweise, die die Beklagte mit ihrem Mitbewohner verabredet hatte, war auch bestimmt genug, um von Gerichtssendungen Kenntnis zu erhalten. Gerichtspost wird ein zuverlässiger Erwachsener stets als wesentlich ansehen. Förmliche gerichtliche Zustellungen sind auch ohne Weiteres erkennbar. Sie erfolgen gemäß § 190 ZPO i.V. mit der Anlage 2 der Zustellungsvordruckverordnung vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 671, berichtigt S. 1019) in gelben Umschlägen. Diese enthalten als Absender das jeweilige Gericht, das Aktenzeichen sowie den Aufdruck "förmliche Zustellung". Auf der Rückseite ist unter der Überschrift "wichtiger Hinweis:" unter anderem der Vermerk enthalten: "Mit dieser Sendung werden Ihnen in gesetzlich vorgeschriebener Form die im Umschlag enthaltenen Schriftstücke förmlich zugestellt."
32
Die Beklagte durfte sich unter diesen Umständen darauf verlassen, dass ihr Mitbewohner S. sie von eingehender Gerichtspost verständigen würde.

33
cc) Ein etwaiges Verschulden des Mitbewohners S. muss sich die Beklagte entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht zurechnen lassen.
34
Eine Zurechnung eines möglicherweise gegebenen Verschuldens des S. nach § 85 Abs. 2 ZPO scheidet aus, weil S. nicht Bevollmächtigter im Sinne dieser Vorschrift war. Dazu reichte die mit S. getroffene Vereinbarung, sich in der dargestellten Weise um die Post der Beklagten zu kümmern, nicht aus. S. war lediglich eine Hilfsperson, die der Beklagten half, ihren Obliegenheiten bei möglichen Zustellungen nachzukommen. Für ein etwaiges Verschulden des S. im Zusammenhang mit der Zustellung des Versäumnisurteils und der Information der Beklagten haftet diese nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.1999 - VIII ZB 3/99, NJW-RR 2000, 444, 445; Beschl. v. 6.6.2001 - VIII ZB 8/01, NJW-RR 2002, 137).
35
III. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht und das Revisionsverfahren sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des Landgerichts nicht angefallen wären.
36
Eine Entscheidung über die übrigen Kosten ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorbehalten, bei dem das Berufungsverfahren gegen das Urteil des Landgerichts vom 20. Juli 2005 anhängig ist, durch das der Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen worden ist (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. v. 21.12.2005 - XII ZB 33/05, NJW 2006, 693, 695).
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12.10.2004 - 15 O 735/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.06.2005 - 12 U 8/05 -

Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil ergehen.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind.

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(3) Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.

Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil ergehen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 08.12.2006 - Az.: 9 O 114/01 - dahingehend abgeändert, dass Ziffer 2 des Urteils (Kostenentscheidung) ersatzlos entfällt.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 30.000,00 €.

Gründe

I.

1

Mit ihrer Klage vom 08.03.2001 hat die Klägerin die spätere Insolvenzschuldnerin TMW H. GmbH auf Zahlung von Kostenvorschuss sowie Erstattung von Kosten zur Mangelbeseitigung in Anspruch genommen. Am 02.08.2001 erging ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren; die Beklagte wurde antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 57.660,00 DM nebst Zinsen zu zahlen und es wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über diesen Betrag hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die durch den Austausch des optisch verfärbten Teppichbodens im Bereich des direkten Lichteinfalls in den Gebäuden Ä. Nr. sowie S. W. gegen neuen Teppichboden entstehen. Die beklagte Schuldnerin legte am 21.08.2001 Einspruch ein. Mit Beschluss vom 17.09.2001 stellte das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 59.000,00 DM vorläufig ein. Die beklagte Schuldnerin erbrachte Sicherheit durch eine unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft der Dresdner Bank vom 27.09.2001.

2

Mit Beschluss vom 25.03.2002, Az: 60 IN 62/02, eröffnete das Amtsgericht Rostock das Insolvenzverfahren über das Vermögen der TMW H. GmbH und bestellte Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter.

3

Mit Schriftsatz vom 20.04.2006 beantragte die Klägerin, das Verfahren aufzunehmen und das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass ihre Forderung in Höhe von 29.481,09 € nebst Zinsen zur Tabelle festgestellt werde. Der Beklagte erklärte, das Verfahren nicht aufzunehmen.

4

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Klägerin.

5

Mit Urteil vom 28.12.2006 wies das Landgericht Rostock den Wiederaufnahmeantrag der Klägerin als unzulässig zurück.

6

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Ansicht, dass ihr Aufnahmeantrag zulässig sei, weil sie Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft erwirkt habe.

7

Die Klägerin beantragt,

8

das am 08.12.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock abzuändern und das Verfahren aufzunehmen sowie das Versäumnisurteil vom 02.08.2001 aufrechtzuerhalten,

9

hilfsweise

10

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Rostock zurückzuverweisen.

11

Der Beklagte, der Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II.

12

Die Berufung der Klägerin hat nur hinsichtlich der Kostenentscheidung Erfolg.

13

1. Die Berufung ist statthaft.

14

Die angefochtene Entscheidung ist ihrer Natur nach ein Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO. Im Betreff der Rechtsmittel ist sie allerdings als Endurteil anzusehen (§ 280 Abs. 2 ZPO), da aufgrund der vom Gericht angenommene Unterbrechung kein Endurteil ergeht, mit Hilfe dessen Anfechtung die rechtschutzbegehrende Partei die Entscheidung über die Unterbrechung überprüfen lassen könnte.

15

Das Landgericht hat den Wiederaufnahmeantrag der Klägerin als unzulässig zurückgewiesen. Damit bliebe das Verfahren wegen der Insolvenz der ursprünglichen Beklagten unterbrochen. Zwischenurteile im Zusammenhang mit insolvenzbedingter Verfahrensunterbrechung sind selbstständig anfechtbar, und zwar gleichgültig, ob die Zulässigkeit der Verfahrensfortsetzung bejaht (BGH, Beschl. v. 09.03.2006, IX ZB 161/05, NJW-RR 2006, 913 = MDR 2006, 1007) oder - wie hier - verneint wird (BGH, Beschl. v. 08.06.2004, IX ZR 281/03, NJW 2004, 2983 = MDR 2004, 1312; Beschl. v. 21.10.2004, IX ZB 205/03, NJW 2005, 290 = MDR 2005, 345; Beschl. v. 10.11.2005, IX ZB 240/04, NJW-RR 2006, 288 = MDR 2006 529).

16

2. In der Sache hat die Berufung der Klägerin - mit Ausnahme der Kostenentscheidung - keinen Erfolg. Die von der Klägerin erklärte Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin unterbrochenen Rechtsstreits ist unwirksam, weil es sich vorliegend nicht um ein Aktivprozess im Sinne von § 85 Abs. 1 InsO handelt. Die Erklärung des Insolvenzverwalters, das Verfahren nicht wieder aufzunehmen, eröffnet der Klägerin daher nicht die Möglichkeit zur Aufnahme des Rechtsstreits gem. § 85 Abs. 2 InsO.

17

2.1. § 85 InsO regelt die Aufnahme von Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Recht zu Gunsten der Teilungsmasse in Anspruch genommen wird (Aktivprozesse). Wird ein Recht zu Lasten der Insolvenzmasse beansprucht (Passivprozess), ist zu unterscheiden: Stellt das geltend gemachte Recht ein Aus- oder Absonderungsrecht oder eine Masseverbindlichkeit dar (Passivprozess zur Teilungsmasse), so richtet sich die Aufnahme nach § 86 InsO. Ist eine Insolvenzforderung Gegenstand des unterbrochenen Rechtsstreits, so liegt ein "Passivprozess zur Schuldenmasse" vor, der erst nach Anmeldung, Prüfung und Widerspruch gegen die Forderung aufgenommen werden kann (§§ 87, 174 ff., 180 Abs. 2, 184 Abs. 2 InsO).

18

Die Frage, ob es sich bei einem durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochenen Rechtsstreit um einen Aktiv- oder Passivprozess handelt, ist grundsätzlich nicht danach zu beantworten, ob der Insolvenzschuldner Kläger oder Beklagter ist, sondern danach, ob in dem anhängigen Rechtsstreit über die Pflicht zu einer Leistung gestritten wird, die in die Masse zu gelangen hat (BGH, Beschl. v. 12.02.2004, V ZR 288/03, NJW-RR 2004, 925 m. w. N.).

19

Danach ist ein Aktivprozess zu bejahen, wenn die (spätere) Insolvenzschuldnerin zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einer für vorläufig vollstreckbar erklärten, nicht rechtskräftig gewordenen Entscheidung gezahlt hat (BGH, Urt. v. 27.03.1995 II ZR 140/93; NJW 1995, 1750). In einem solchen Fall geht es im weiteren Verlauf des Rechtsstreits darum, ob der Kläger die an ihn gezahlten Beträge behalten darf, oder ob er sie zur Insolvenzmasse zurückgewähren muss (a.a.O.); der ursprüngliche Passivprozess ist umgeschlagen in einen Aktivprozess. Dies gilt unabhängig davon, ob der Insolvenzschuldner bisher nur Klageabweisung beantragt, also noch keinen Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruch gem. § 717 Abs. 2 und 3 ZPO geltend gemacht hat (Schumacher in MüKo, InsO, § 85 Rn 9). Wird - wie hier - der Schuldner wegen eines Zahlungs- und eines Feststellungsbegehrens in Anspruch genommen, so können die Zahlungsklage ein Aktivprozess und die Feststellungsklage ein Passivprozess sein (BGH, Urt. v. 27.03.1995, II ZR 140/93, NJW 1995, 1759).

20

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob ein Rechtsstreit als Aktivprozess i.S.v. § 85 InsO anzusehen ist, ist die Zeit der Unterbrechung (a. a. O. m. w. N.).

21

2.2. Ursprünglich handelte es sich bei den mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen auf Zahlung und Feststellung um einen Schuldenmassestreit i. S. v. § 87 InsO (Passivprozess), denn sie sind auf eine aus der Insolvenzmasse zu erfüllende Forderung gerichtet. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

22

a) Hinsichtlich des titulierten Feststellungsanspruchs (Ziff. 2 des Versäumnisurteils) liegt unabhängig von der Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft weiterhin ein Passivprozess vor, der nur nach Anmeldung des Begehrens mit einem gem. § 45 InsO geschätzten Wert unter den Voraussetzungen der §§ 179 f InsO aufgenommen werden kann (BGH, Urt. v. 27.03.1995 a. a. O.). Unbeschadet ihres uneingeschränkten Berufungsantrages vertritt die Klägerin hierzu - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - keine abweichende Auffassung.

23

b) Auch hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsanspruches ist der Rechtsstreit nicht in einen Aktivprozess umgeschlagen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ließ die Sicherung der Ansprüche durch eine Bürgschaft den Rechtsstreit nicht zu einem für die Masse geführten Aktivprozess werden (BGH, Beschl. v. 14.04.2005, IX ZR 221/04, NJW-RR 2005, 989). Sicherungsgeberin ist hier die Dresdner Bank; folglich geht es in dem weiteren Verlauf des Rechtsstreits nicht um die Frage, ob die Klägerin das Erhaltene zur Insolvenzmasse zurückgewähren muss. Ein Rückgewähranspruch bestünde allein auf Seiten der Sicherungsgeberin. Ein Aktivprozess läge selbst dann nicht vor, wenn - was bisher nicht erfolgt ist - die Dresdner Bank als Bürgin durch Leistung auf die Bürgschaft die Forderung der Klägerin reguliert hätte (a. a. O.). Die Zahlung auf die Bürgschaft führte nur dazu, dass die im Umfang ihrer Leistung auf die Bürgin übergegangene Forderung in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin von der Bürgin geltend gemacht werden könnte, § 774 Abs. 1 BGB (BGH, Beschl. v. 12.02.2004, V ZR 288/03, NJW-RR 2004, 925).

24

Die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, bei Erhalt einer Sicherheitsleistung solle entsprechend § 86 InsO auch dem Kläger die Aufnahme gestattet sein, der weiterhin sein Recht zur Befriedigung aus der Sicherheit verfolge (RGZ 85, 214, 216; RGZ 86, 394, 396; Jaeger/Henckel, KO, § 10 Rn 108; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 85 Rn 48; Schumacher in Münchner Kommentar zur InsO, § 85 Rn 9), betrifft Sachverhalte, in denen der beklagte Schuldner selbst die Sicherheit geleistet und damit ein Pfand oder Absonderungsrecht für die Insolvenz eingeräumt hat, das den Kläger von der Anmeldung zur Tabelle befreit (vgl. RGZ 85, 214, 218). So liegt die Sache hier aber nicht, denn die Sicherheit hat ein Dritter, die Dresdner Bank, und nicht die beklagte Schuldnerin geleistet.

25

2.3. Die Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO ist durch die Erklärung der Klägerin, den Rechtsstreit aufzunehmen, nicht beendet.

26

Gem. § 87 InsO kann die Klägerin ihre Forderungen gegen das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Damit kann der Rechtsstreit nur nach nach Anmeldung der Forderungen - hinsichtlich des Feststellungsbegehrens mit einem gem. § 45 InsO geschätzten Wert - sowie Prüfung und Widerspruch gegen die Forderung aufgenommen werden (§§ 180 Abs. 2, 184 S. 2 InsO). Diese von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung (BGH. Urt. v. 21.02.2000, II ZR 231/98, ZIP 2000, 705) liegt unstreitig nicht vor.

27

3. Selbst wenn man mit der Klägerin annähme, wegen der erwirkten Sicherheitsleistung liege ein Aktivprozess vor, so hat das Landgericht jedenfalls zur Recht ihr Rechtschutzinteresse an der Fortsetzung des Rechtsstreits verneint, weil sie über die Anmeldung ihrer Forderung zur Tabelle nach §§ 179 ff InsO auf einem einfacheren Weg einen Titel erlangen kann.

28

Hiergegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, aus dem Wortlaut der Bürgschaft ergebe sich keine Verpflichtung der Bürgin, im Falle der Feststellung der Ansprüche der Klägerin zur Insolvenztabelle aus der Bürgschaft Zahlung zu leisten. Die Dresdner Bank hat die Bürgschaft zur Sicherung der Ansprüche der Klägerin gegen die beklagte Schuldnerin aus dem Versäumnisurteil vom 02.08.2001 und aus einem durch den Aufschub der Zwangsvollstreckung etwa entstehenden Schaden sowie der durch einen Prozessvergleich begründeten Ansprüche übernommen. Der Zweck der Bürgschaft bestand demnach in der Sicherung der Ansprüche, die die Klägerin in dem vorliegenden Verfahren gegen die beklagte Schuldnerin verfolgt und die durch das Versäumnisurteil vom 02.08.2001 vorläufig vollstreckbar tituliert sind. Der der Klage und dem Versäumnisurteil vom 02.08.2001 zu Grunde liegende Sachverhalt ist identisch mit dem der zur Tabelle anzumeldenden Forderung der Klägerin. Wird weder vom Insolvenzverwalter noch von einem der Insolvenzgläubiger Widerspruch gegen die angemeldete Forderung erhoben, dann gilt die Forderung als festgestellt (§ 178 Abs. 1 InsO). Gem. § 178 Abs. 3 InsO wirkt die Eintragung für die festgestellte Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und alle Insolvenzgläubigern. Nur wenn die beklagte Schuldnerin im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren die Forderung bestreitet, dann müsste (und könnte) die Klägerin den vorliegenden Rechtsstreit gegen die beklagte Schuldnerin aufnehmen (§ 184 InsO). Bestreitet auch sie im Insolvenzverfahren die Forderung nicht, dann wäre der vorliegende Rechtsstreit beendet und die beklagte Schuldnerin wäre mit ihren Einreden und Einwendungen gegen die Forderung der Klägerin ausgeschlossen. Mit der Übernahme der Bürgschaft hat die Dresdner Bank den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits als für sich verbindlich anerkannt. Sie hat damit auch auf alle Einreden und Einwendungen verzichtet, mit denen die beklagte Schuldnerin durch einen rechtskräftigen Titel in diesem Rechtsstreit oder durch einen Prozessvergleich ausgeschlossen wäre (BGH, Urt. v. 18.03.1975, VIII ZR 250/73, NJW 1975, 1119, 1121). Nichts anderes gilt, wenn die beklagte Schuldnerin mangels Bestreitens der zur Tabelle angemeldeten Forderung und der dadurch herbeigeführten Beendigung des Rechtsstreits mit mit ihren Einreden und Einwendungen gegen die Forderung ausgeschlossen ist.

29

4. Die Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts richtet, denn diese hätte nicht ergehen dürfen.

30

Die angefochtene Entscheidung ist - wie bereits ausgeführt - ihrer Natur nach ein Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO. Diese Entscheidung beendet das Verfahren nicht; es bleibt vielmehr bei der Unterbrechung nach § 240 ZPO. Eine Kostenentscheidung war folglich nicht veranlasst. Gesonderte Gerichtsgebühren entstehen durch den Erlass des Zwischenurteils nicht. Die anwaltliche Tätigkeit gehört zum Rechtszug (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG).

III.

31

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Da ihre Berufung nur hinsichtlich der erstinstanzlichen Kostenentscheidung Erfolg hat, hat die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

33

Den Streitwert bemisst der Senat nicht nach der etwaigen auf die Insolvenzgläubiger entfallenden Quote, sondern nach dem Wert der Sicherheit.

34

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils zurückgewiesen wird, findet sofortige Beschwerde statt. Wird der Beschluss aufgehoben, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin nicht zu laden.

(2) Die Ablehnung eines Antrages auf Entscheidung nach Lage der Akten ist unanfechtbar.

(1) Der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten ist zurückzuweisen:

1.
wenn die erschienene Partei die vom Gericht wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstandes erforderte Nachweisung nicht zu beschaffen vermag;
2.
wenn die nicht erschienene Partei nicht ordnungsmäßig, insbesondere nicht rechtzeitig geladen war;
3.
wenn der nicht erschienenen Partei ein tatsächliches mündliches Vorbringen oder ein Antrag nicht rechtzeitig mittels Schriftsatzes mitgeteilt war;
4.
wenn im Falle des § 331 Abs. 3 dem Beklagten die Frist des § 276 Abs. 1 Satz 1 nicht mitgeteilt oder er nicht gemäß § 276 Abs. 2 belehrt worden ist;
5.
wenn in den Fällen des § 79 Abs. 3 die Zurückweisung des Bevollmächtigten oder die Untersagung der weiteren Vertretung erst in dem Termin erfolgt oder der nicht erschienenen Partei nicht rechtzeitig mitgeteilt worden ist.

(2) Wird die Verhandlung vertagt, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin zu laden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 11/06 Verkündet am:
23. November 2007
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 23. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Krüger und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub sowie die ehrenamtlichen
Richter Rukwied und Gose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23. November 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der GmbH & Co. KG bestehendes Unternehmen, das mit dem Betriebsvermögen einer LPG ausgestattet wurde. Das Vermögen wurde auf Grund des Beschlusses einer Mitgliederversammlung der LPG vom 8. November 1991 und des notariellen Vertrages über die Gründung der Kommanditgesellschaft vom 28. November 1991 von der LPG als Kommanditeinlage auf die Klägerin übertragen.
2
Die LPG war zunächst alleinige Kommanditistin der Klägerin. Die Umwandlung wurde am 19. Juli 1992 in das Register eingetragen. Im April 1994 wurde die Kommanditeinlage der LPG auf Grund der Ermächtigung im Umwandlungsbeschluss auf 554 Kommanditisten übertragen, zu der auch der Beklagte gehörte. Die Eintragung der LPG i.L. wurde danach im Register gelöscht.
3
Der Beklagte hat zusammen mit anderen Kommanditisten bei dem Registergericht vorgebracht, dass die Umwandlung gescheitert sei, und die Bestellung eines Liquidators für die LPG i.L. beantragt. Der Antrag blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück. Dieses hat das Verfahren im Hinblick auf den anhängigen Rechtsstreit nach § 127 FGG ausgesetzt.
4
In diesem Rechtsstreit hat die Klägerin die Feststellung beantragt, dass sie die durch Umwandlung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz weiter bestehende Vereinigte LPG (P) G. sei. Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht ) hat durch Beschluss den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin als zulässige Berufung behandelt, das Rechtsmittel jedoch mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es die Klage als unbegründet abgewiesen hat. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass über die Feststellungsklage im ZPO-Verfahren zu entscheiden sei. Gegenstand der Klage sei eine bürgerlich -rechtliche Streitigkeit über die Wirksamkeit der Umwandlung nach § 65 Abs. 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 25 LwAnpG und nicht eine Vorfrage zur Entscheidung über Abfindungsansprüche. Der Fehler des Landwirtschaftsgerichts sei dem Grundsatz der Meistbegünstigung entsprechend dahin zu berichtigen, dass das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel als Berufung zu behandeln und der Rechtsstreit im ZPO-Verfahren fortzuführen sei.
6
Die auf Feststellung der Wirksamkeit der Umwandlung gerichtete Feststellungsklage sei zulässig. Ihr Gegenstand betreffe zwar das Rechtsverhältnis der Klägerin zur früheren LPG, sie berühre jedoch zugleich auch die Stellung des Beklagten als Mitglied der LPG und damit sein Rechtsverhältnis zur Klägerin. Würde gegenüber dem Beklagten die Wirksamkeit der Umwandlung festgestellt, wäre zwischen den Parteien die Frage der Rechtsnachfolge der LPG geklärt und die Antragsbefugnis des Beklagten im Registerverfahren entfallen.
7
Die Feststellungsklage sei jedoch unbegründet. Die Umwandlung sei gescheitert. Der für die Umwandlung unabdingbare Grundsatz der Mitgliederkontinuität sei nicht gewahrt worden, weil nicht die Mitglieder der LPG, sondern die LPG selbst Kommanditistin der Klägerin geworden sei. Auch der Umstand, dass die LPG den Kommanditanteil nur vorübergehend und treuhänderisch gehalten habe, rechtfertige es nicht, die mittelbare schuldrechtliche Beteiligung der LPG-Mitglieder an der Klägerin über die LPG i.L. als Treuhänderin einer unmittelbaren Beteiligung gleichzustellen. Die LPG habe nämlich die weitere Durchführung der Umwandlung aus der Hand gegeben, nachdem sie ihr Vermögen als Kommanditeinlage in die Klägerin eingebracht habe. Alle Rechtshandlungen und Erklärungen zur Übertragung des LPG-Vermögens und der Anteile auf die ehemaligen LPG-Mitglieder seien der neu gegründeten Komplementärin auferlegt worden. Hieraus habe sich die Gefahr von Interessenkollisionen zwischen dem Unternehmen und den LPG-Mitgliedern ergeben, ohne dass diese in der Zeit bis zu ihrem Beitritt auf Entscheidungen des Unternehmens hätten Einfluss nehmen können.

II.

8
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
9
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass über die Feststellungsklage im ZPO-Verfahren zu entscheiden ist (vgl. Senat, BGHZ 137, 134, 136 f.), die sofortige Beschwerde der Klägerin daher dem Meistbegünstigungsgrundsatz entsprechend als Berufung zu behandeln und das Verfahren nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung weiter zu betreiben ist (vgl. Senat, BGHZ 115, 162, 165).
10
2. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage zu Recht nach § 256 Abs. 1 ZPO für zulässig erachtet.
11
Der Senat hat zur Frage der Zulässigkeit solcher Feststellungsklagen, freilich in einer etwas anderen Konstellation, bereits Stellung genommen. Er bejaht sie für den Fall, dass ein ehemaliges LPG-Mitglied festgestellt wissen möchte, dass die LPG nicht identitätswahrend in ein Unternehmen anderer Rechtsform umgewandelt worden ist (BGHZ, 137, 134, 136 f.; Beschl. v. 7. November 1997, BLw 26/97, AgrarR 1998, 21, 22; ebenso BGHZ 142, 1, 3). Zur Begründung verweist er darauf, dass das Rechtsverhältnis des LPG-Mitglieds zu dem Unternehmen davon abhängt, ob dieses wirksam umgewandelt worden ist oder nicht. Ähnlich ist es, wenn wie hier das Unternehmen ihr Verhältnis zu einem Gesellschafter (Kommanditisten) geklärt wissen will, der die Wirksamkeit der Umwandlung in Frage gestellt und bei dem Registergericht die Bestellung von Liquidatoren für die seiner Auffassung nach fortbestehende LPG i.L. beantragt hat.
12
In beiden Fällen geht es zunächst um das Verhältnis von LPG und Unternehmen neuer Rechtsform. Unmittelbar betroffen ist davon aber auch das Verhältnis zu dem einzelnen Genossen bzw. Gesellschafter. In den von dem Senat bereits entschiedenen Fällen ergibt sich das daraus, dass die Frage der Wirksamkeit der Umwandlung Bedeutung für die aus der LPG-Mitgliedschaft erwachsenen Abfindungsansprüche hat. Bei wirksamer Umwandlung richten sich diese gegen das neue Unternehmen, bei fehlgeschlagener Umwandlung bestehen sie in der Beteiligung an der Vermögensauseinandersetzung und Abwicklung der unerkannt in Liquidation fortbestehenden LPG (Senat, BGHZ 137, 134, 136). Im vorliegenden Fall sind die Rechtsbeziehungen des Unternehmens zu den Gesellschaftern in anderer Weise betroffen. Ist die Umwandlung wirksam, ist zugleich das Rechtsverhältnis der Klägerin zu den Kommanditisten, hier also zu dem Beklagten, geklärt. Ist sie dagegen fehlgeschlagen, wäre die Klägerin zwar in neuer Rechtsform entstanden (vgl. Senat, Beschl. v. 8. Mai 1998, BLw 39/97, WM 1998, 1650, 1651), jedoch ausgestattet mit fremdem Kapital (vgl. Wenzel, AgrarR 1998, 134, 142). Die Gesellschafter müssten darauf reagieren, um ihre Einlageverpflichtung zu erfüllen (vgl. Wenzel aaO; s. auch BGH, Urt. v. 20. September 2004, II ZR 334/02, WM 2004, 2207, 2209 f.). Die beantragte Feststellung berührt daher auch insoweit das Verhältnis des klagenden Unternehmens zu dem beklagten Kommanditisten.
13
3. Die Revision hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Feststellungsklage hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
14
a) Die Klägerin ist nicht das durch die Umwandlung der LPG nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz entstandene Unternehmen. Die von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen sind entschieden.
15
aa) Die Umwandlung der LPG in die Klägerin ist gescheitert, weil die Kontinuität der Mitgliedschaften bei der umgewandelten Gesellschaft nicht fortbestand. Diese ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG für die Umwandlung unverzichtbar; fehlt sie, treten die Wirkungen einer Umwandlung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz auch dann nicht ein, wenn diese zu Unrecht in das Register eingetragen wird. So ist es hier. Kommanditistin der Klägerin wurden nicht die Mitglieder der LPG, sondern die LPG selbst. Eine lediglich auf schuldrechtlicher Basis beruhende Beteiligung des früheren LPG-Mitglieds über die LPG als Treuhandkommanditisten wahrt die vom Gesetz geforderte Kontinuität der Mitgliedschaft selbst dann nicht, wenn dem Mitglied nach dem Umwandlungsbeschluss ein vertraglicher Anspruch auf Begründung einer unmittelbaren Beteilung durch Übertragung eines Kommanditanteiles von der LPG eingeräumt worden ist (BGHZ 142, 1, 5).
16
bb) Die Übertragung des gesamten Vermögens der vereinigten LPG zur Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung gegenüber der Klägerin als deren Kommanditistin war keine Umwandlung der LPG nach den §§ 23 ff. LwAnpG, sondern eine das Vermögen auf die Klägerin übertragende Auflösung der LPG, die im Landwirtschaftsanpassungsgesetz indes keine gesetzliche Grundlage hat (BGHZ aaO, 6).
17
b) Neue Aspekte, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, zeigt die Revision nicht auf.
18
aa) Die von der Revision vorgebrachten Einwände von K. Schmidt (ZIP 1998, 181, 185), nach denen die Eintragung allein die im Gesetz bezeichneten Rechtsfolgen – insbesondere den umwandlungsrechtlichen Übergang des Vermögens im Wege der Universalsukzession – herbeiführen soll, und zwar selbst dann, wenn die im Gesetz benannten wesentlichen Merkmale einer Umwandlung nicht gewahrt wurden (Auffassung von der unbeschränkten konstitutiven Wirkung der Eintragung), hat der Senat bereits als mit dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz unvereinbar verworfen (BGHZ 138, 371, 275). Hierauf wird verwiesen.
19
Soweit die Revision zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht auf die Ausführungen von Henze (BB 1999, 2208 ff.) Bezug nimmt, übersieht sie, dass auch dieser Autor für das Sonderumwandlungsrecht des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes eine Einschränkung der Regeln über die Konstitutivwirkung der Eintragung befürwortet, weil diese Grundsätze für die kraft Gesetz angeordnete Umwandlung oder Auflösung der nicht auf freiem Willensentschluss der Mitglieder, sondern auf Zwang beruhenden Zusammenschlüsse bäuerlicher Betriebe in LPGen nicht passten (Henze, aaO, 2210).
20
bb) Wurde die LPG – wie hier – nicht in eine von dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz zur Verfügung gestellte Form umgewandelt, sondern deren Vermögen im Wege der übertragenden Auflösung als Einlage in das neu gegründete Unternehmen eingebracht, kommt es auch nicht darauf an, ob den ehemaligen LPG-Mitgliedern ein schuldrechtlicher Anspruch auf Begründung einer dem Wert ihres Anteils an der LPG entsprechende Beteiligung an den neu gegründeten Unternehmen eingeräumt wurde. Die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass die schuldrechtlichen Ansprüche den unmittelbaren Beteiligungen am Unternehmen in neuer Rechtsform, wie sie sich als Folge einer nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz vollzogenen Umwandlung ergäben hätten, hier wegen der Gefährdung der Erfüllung der Ansprüche durch Interessenkollisionen nicht gleichwertig gewesen seien, sind in der Sache ebenso entbehrlich wie die dagegen von der Revision erhobenen Einwendungen.
21
Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil solche Gestaltungen außerhalb der gesetzlichen Formen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes zur Umstrukturierung und Vermögensauseinandersetzung lagen, die Ausschließlichkeitscharakter haben (Senat, Beschl. v. 5. März 1999, BLw 57/98, WM 1999, 912, 913). Der Senat hat bereits unter Hinweis darauf Vorschläge einzelner Autoren (Hommelhoff/Schubel, ZIP 1998, 537, 547; Czub, OV-spezial 1998, 210, 213 ff.) zurückgewiesen, nach denen solche übertragenden Auflösungen ehemaliger LPGen dennoch wirksam sein sollten, wenn bei den Einbringungsvorgängen bestimmte Voraussetzungen zum Schutze der Rechte der ehemaligen LPG-Mitglieder auf Beteiligung oder Abfindung eingehalten wurden. Auf die Ausführungen in dem zitierten Senatsbeschluss (v. 5. März 1999, BLw 57/98, WM 1999, 912, 914) wird Bezug genommen.

III.

22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Czub
Vorinstanzen:
AG Fürstenwalde, Entscheidung vom 21.03.2006 - 29 Lw 15/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 23.11.2006 - 5 W (Lw) 4/06 -

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZA 9/02
vom
27. Oktober 2003
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Insolvenzverwalter kann nicht einen gemäß § 240 ZPO unterbrochenen
Passivprozeß über eine Insolvenzforderung zur Aufnahme durch den Gemeinschuldner
"freigeben".
BGH, Beschluß vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Antragsteller sind die Erben des vormaligen Beklagten zu 7 und Revisionsklägers in der Sache II ZR 144/00, den das Berufungsgericht gesamtschuldnerisch mit weiteren Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz an die Kläger zu 2, 3, 9, 11, 13 und 14 wegen Verlustes ihrer Einlagen als stille Gesellschafter einer in Konkurs gegangenen Aktiengesellschaft verurteilt hat. Das ihn betreffende Revisionsverfahren ist nach seinem Tod infolge Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens am 25. Juni 2001 unterbrochen worden (§ 240 ZPO). Die Antragsteller beantragen nunmehr Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren mit dem Vortrag, der Insolvenzverwalter habe am 4. Juni 2002 "den Rechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag gegenüber den Erben freigegeben".
II. Der Antrag ist zurückzuweisen, weil die von den Antragstellern beab- sichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 114 ZPO). Die Antragsteller sind infolge des nach ihrem Vortrag noch nicht beendeten Insolvenzverfahrens für das von ihnen beabsichtigte Revisionsverfahren schon nicht prozeßführungsbefugt.
1. Gemäß § 240 ZPO kann das Verfahren nur nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen werden. Da der Rechtsstreit nunmehr gegen den Nachlaß gerichtete Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) betrifft, können diese gemäß § 87 InsO von den Klägern als Insolvenzgläubigern nur im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 174 ff. InsO) weiterverfolgt werden (vgl. MünchKommZPO/Feiber, 2. Aufl. § 240 Rdn. 34; MünchKommInsO/Siegmann, § 325 Rdn. 10). Selbst wenn man unterstellt, daß die vorläufig vollstreckbar titulierten Klageforderungen in entsprechender Weise angemeldet und im Prüfungstermin (§ 176 f. InsO) von dem Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger bestritten worden sind, wären gemäß §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 2 InsO nur diese und gemäß §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 2 InsO die Kläger (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 1965 - VII ZR 15/65, NJW 1965, 1523) zur Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits befugt. Eine Aufnahmebefugnis des Insolvenzschuldners (hier also der Antragsteller) besteht selbst dann nicht, wenn allein er die Forderung im Prüfungstermin bestritten hat (vgl. MünchKommInsO/Schumacher, § 184 Rdn. 5 m.w.N.; vgl. auch Kuhn/ Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 144 Rdn. 6).
2. Eine Aufnahmebefugnis der Antragsteller ergibt sich auch nicht daraus , daß nach ihrem Vortrag der Insolvenzverwalter "den Rechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben" haben soll. Abgesehen davon, daß aus den Prozeßkostenhilfeunterlagen lediglich die Freigabe eines unter Zwangsverwal-
tung stehenden Wohnungseigentums der Antragsteller ersichtlich ist, kommt die Freigabe eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter mit der Folge einer Aufnahmebefugnis des Schuldners nur in Betracht, wenn es sich um einen Ak- tivprozeß über einen zur Vermehrung der Teilungsmasse dienlichen Anspruch (§ 85 InsO; vgl. Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 240 Rdn. 10 f.) oder um einen Passivprozeß der in § 86 InsO bezeichneten Art (z.B. Aussonderung, abgesonderte Befriedigung) handelt (vgl. MünchKommInsO/Schumacher § 86 Rdn. 26 f.; zu den entsprechenden §§ 10, 11 KO vgl. BGH, Urt. v. 21. Oktober 1965 - Ia ZR 144/63, NJW 1966, 51), wobei im letzteren Fall der Insolvenzverwalter zugleich den streitbefangenen Gegenstand aus der Masse freigegeben haben muß (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1973 - VIII ZR 9/72, NJW 1973, 2065). Ein Fall dieser Art liegt hier nicht vor. Das Wohnungseigentum der Beklagten ist im vorliegenden Passivprozeß nicht streitbefangen (i.S. von § 86 Abs. 1 InsO). Der Rechtsstreit betrifft vielmehr einfache Insolvenzforderungen der Kläger (§ 38 InsO) und kann daher nur nach Maßgabe der §§ 179 ff. InsO aufgenommen (vgl. oben a), nicht aber von dem Insolvenzverwalter an die An-
tragsteller "freigegeben" werden, weil seine Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO sich nicht auf die streitbefangenen Ansprüche der Kläger erstreckt.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:

1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse,
2.
die abgesonderte Befriedigung oder
3.
eine Masseverbindlichkeit.

(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZA 9/02
vom
27. Oktober 2003
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Insolvenzverwalter kann nicht einen gemäß § 240 ZPO unterbrochenen
Passivprozeß über eine Insolvenzforderung zur Aufnahme durch den Gemeinschuldner
"freigeben".
BGH, Beschluß vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Antragsteller sind die Erben des vormaligen Beklagten zu 7 und Revisionsklägers in der Sache II ZR 144/00, den das Berufungsgericht gesamtschuldnerisch mit weiteren Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz an die Kläger zu 2, 3, 9, 11, 13 und 14 wegen Verlustes ihrer Einlagen als stille Gesellschafter einer in Konkurs gegangenen Aktiengesellschaft verurteilt hat. Das ihn betreffende Revisionsverfahren ist nach seinem Tod infolge Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens am 25. Juni 2001 unterbrochen worden (§ 240 ZPO). Die Antragsteller beantragen nunmehr Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren mit dem Vortrag, der Insolvenzverwalter habe am 4. Juni 2002 "den Rechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag gegenüber den Erben freigegeben".
II. Der Antrag ist zurückzuweisen, weil die von den Antragstellern beab- sichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 114 ZPO). Die Antragsteller sind infolge des nach ihrem Vortrag noch nicht beendeten Insolvenzverfahrens für das von ihnen beabsichtigte Revisionsverfahren schon nicht prozeßführungsbefugt.
1. Gemäß § 240 ZPO kann das Verfahren nur nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen werden. Da der Rechtsstreit nunmehr gegen den Nachlaß gerichtete Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) betrifft, können diese gemäß § 87 InsO von den Klägern als Insolvenzgläubigern nur im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 174 ff. InsO) weiterverfolgt werden (vgl. MünchKommZPO/Feiber, 2. Aufl. § 240 Rdn. 34; MünchKommInsO/Siegmann, § 325 Rdn. 10). Selbst wenn man unterstellt, daß die vorläufig vollstreckbar titulierten Klageforderungen in entsprechender Weise angemeldet und im Prüfungstermin (§ 176 f. InsO) von dem Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger bestritten worden sind, wären gemäß §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 2 InsO nur diese und gemäß §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 2 InsO die Kläger (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 1965 - VII ZR 15/65, NJW 1965, 1523) zur Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits befugt. Eine Aufnahmebefugnis des Insolvenzschuldners (hier also der Antragsteller) besteht selbst dann nicht, wenn allein er die Forderung im Prüfungstermin bestritten hat (vgl. MünchKommInsO/Schumacher, § 184 Rdn. 5 m.w.N.; vgl. auch Kuhn/ Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 144 Rdn. 6).
2. Eine Aufnahmebefugnis der Antragsteller ergibt sich auch nicht daraus , daß nach ihrem Vortrag der Insolvenzverwalter "den Rechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben" haben soll. Abgesehen davon, daß aus den Prozeßkostenhilfeunterlagen lediglich die Freigabe eines unter Zwangsverwal-
tung stehenden Wohnungseigentums der Antragsteller ersichtlich ist, kommt die Freigabe eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter mit der Folge einer Aufnahmebefugnis des Schuldners nur in Betracht, wenn es sich um einen Ak- tivprozeß über einen zur Vermehrung der Teilungsmasse dienlichen Anspruch (§ 85 InsO; vgl. Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 240 Rdn. 10 f.) oder um einen Passivprozeß der in § 86 InsO bezeichneten Art (z.B. Aussonderung, abgesonderte Befriedigung) handelt (vgl. MünchKommInsO/Schumacher § 86 Rdn. 26 f.; zu den entsprechenden §§ 10, 11 KO vgl. BGH, Urt. v. 21. Oktober 1965 - Ia ZR 144/63, NJW 1966, 51), wobei im letzteren Fall der Insolvenzverwalter zugleich den streitbefangenen Gegenstand aus der Masse freigegeben haben muß (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1973 - VIII ZR 9/72, NJW 1973, 2065). Ein Fall dieser Art liegt hier nicht vor. Das Wohnungseigentum der Beklagten ist im vorliegenden Passivprozeß nicht streitbefangen (i.S. von § 86 Abs. 1 InsO). Der Rechtsstreit betrifft vielmehr einfache Insolvenzforderungen der Kläger (§ 38 InsO) und kann daher nur nach Maßgabe der §§ 179 ff. InsO aufgenommen (vgl. oben a), nicht aber von dem Insolvenzverwalter an die An-
tragsteller "freigegeben" werden, weil seine Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO sich nicht auf die streitbefangenen Ansprüche der Kläger erstreckt.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:

1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse,
2.
die abgesonderte Befriedigung oder
3.
eine Masseverbindlichkeit.

(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 84/07
Verkündet am:
19. Juni 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Vermieter kann, gleich ob ein mit dem Schuldner begründetes Wohnraummietverhältnis
vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wurde, den Insolvenzverwalter
nur auf Herausgabe der Wohnung in Anspruch nehmen, wenn dieser
sie in Besitz genommen hat oder daran für die Masse ein Recht beansprucht.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Prof.
Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Vill und Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 4. April 2007 und das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 23. Oktober 2006 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden wurde.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge, von den erstinstanzlichen Gerichtskosten und seinen erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten jeweils auch den Teil, der dem Beklagten auferlegt worden ist, sowie die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Beklagten insgesamt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger hatte an die früheren Beklagten zu 1 und 2 eine Wohnung vermietet. Am 17. März 2006 erklärte er wegen Zahlungsrückständen die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Mit der am 19. Mai 2006 zugestellten Klage hat er die früheren Beklagten zu 1 und 2 auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch genommen. Über das Vermögen beider früherer Beklagter ist - gegenüber der früheren Beklagten zu 1 am 22. Juni 2006 und gegenüber dem früheren Beklagten zu 2 am 20. Juli 2005 - das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte (früherer Beklagter zu 3) jeweils zum Treuhänder bestellt worden.
2
Der Kläger hat die Klage am 17. August 2006 auf den Beklagten erstreckt. Dieser hat dem Kläger mitgeteilt, dass die nach dem 30. November 2006 fällig werdenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Herausgabe sowie die früheren Beklagten zu 1 und 2 zur Räumung der Wohnung verurteilt. Gegen dieses Urteil hat lediglich der Beklagte Berufung eingelegt. Dem von dem Kläger nach Räumung der Wohnung durch die früheren Beklagten zu 1 und 2 gestellten Erledigungsantrag hat der Beklagte widersprochen. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Hauptsache erledigt sei, und die Revision zugelassen. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung des gegen ihn gerichteten Feststellungsantrags.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, vorliegend sei gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden. Durch die Räumung und Herausgabe der Wohnung sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Die Erklärung des Beklagten, wonach Mietforderungen nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten, habe nicht die Freigabe der Wohnung bewirkt. Deshalb sei der Mietvertrag nicht beendet worden und die Verfügungsbefugnis nicht an die früheren Mieter zurückgefallen. Da der Beklagte die Erklärung außerdem nach Klagezustellung abgegeben habe, sei die gegen ihn gerichtete Klage zunächst begründet gewesen. Seine Berufung hätte folglich ohne das erledigende Ereignis zurückgewiesen werden müssen.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
Das 1. Berufungsurteil unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urt. v. 20. April 2004 - XI ZR 164/03, NJW 2004, 2745, 2746; Urt. v. 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, NJW 2005, 594, 596).
8
2. Der Kläger konnte den Rechtsstreit ohne Einlegung einer Anschlussberufung (§ 524 ZPO) einseitig für erledigt erklären. Die einseitige Erledigungserklärung bildet eine gemäß § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung (BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, NJW 2002, 442). Da mit der Erledi- gung von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen wird, handelt es sich um eine Antragsbeschränkung. Bei dieser Sachlage soll durch den Erledigungsantrag nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreicht werden (vgl. BGH, Urt. v. 2. Oktober 1987 - V ZR 42/86, NJW-RR 1988, 185; Urt. v. 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669 f Rn. 9 f).
9
3. Zu Unrecht hat das Landgericht dem geänderten Klageantrag auf der Grundlage des § 91a ZPO stattgegeben.
10
a) Da der Beklagte dem Erledigungsantrag des Klägers widersprochen hat, fehlt es an übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien als Voraussetzung für die Anwendung des § 91a ZPO. Im Falle der einseitigen Erledigungserklärung muss das Gericht vielmehr im ordentlichen Streitverfahren prüfen, ob die Hauptsache erledigt ist, ob also die eingereichte Klage zulässig und begründet war, aber durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, spricht das Gericht die Erledigung durch Urteil aus (BGHZ 91, 126, 127; 106, 359, 366 f; BGH, Versäumnisurteil vom 13. September 2005 - X ZR 62/03, BGHReport 2006, 199).
11
b) Im Streitfall bestehen bereits Bedenken, ob sich der Rechtsstreit auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts durch den Auszug der früheren Beklagten tatsächlich erledigt hat. Das Landgericht geht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht davon aus, dass der Beklagte in seinem Amt als Treuhänder die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über die Wohnung erlangt hat. Dieser Verwaltungsbesitz des Beklagten ging infolge seines notwendig eigenständigen Charakters mit der Räumung der Wohnung durch die früheren Beklagten nicht ohne weiteres unter.

12
4. Letztlich kann die Frage einer Erledigung aber auf sich beruhen, weil das gegen den Beklagten gerichtete Herausgabeverlagen (§§ 985, 546 BGB) von Anfang an unbegründet war (BGHZ 106, 359, 367).
13
a) Das Amtsgericht hat angenommen, dass das Mietverhältnis gegenüber der früheren Beklagten zu 1 durch die Kündigung vom 17. März 2006 vor der am 22. Juni 2006 angeordneten Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden war, während die Beendigung im Verhältnis zum Beklagten zu 2 durch eine gegenüber dem Beklagten als Treuhänder (konkludent) erklärte Kündigung nach der am 20. Juli 2005 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintrat. Auf der Grundlage dieser rechtlichen Würdigung, die auch im Rahmen des vorliegenden Prozessrechtsverhältnisses nicht in Frage gestellt wurde, ist der Beklagte gemäß § 108 Abs. 1 InsO nur hinsichtlich des früheren Beklagten zu 2 in das Mietverhältnis mit dem Kläger eingerückt. Die von dem Beklagten gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO abgegebene Erklärung, deren Reichweite vorliegend dahingestellt bleiben kann (vgl. hierzu Mohrbutter/ Ringstmeier/Homann, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 7 Rn. 86: Freigabe des Vertragsverhältnisses zugunsten des Schuldners; MünchKommInsO /Eckert, 2. Aufl. § 109 Rn. 53 f: Lediglich Wegfall des Sonderkündigungsrechts aus § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO), bezog sich folglich ausschließlich auf die Insolvenz über das Vermögen des Beklagten zu 2.
14
b) Nach Beendigung des zwischen dem Vermieter und dem Schuldner begründeten Mietverhältnisses ist zwischen dem Anspruch auf Herausgabe der Mietsache und etwaigen die Masse treffenden Abwicklungsansprüchen (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO) zu unterscheiden. Der aus § 985 BGB sowie § 546 BGB folgende , durch die Insolvenzeröffnung inhaltlich unbeeinflusste (BGHZ 86, 204, 211) Herausgabeanspruch begründet ohne Rücksicht darauf, ob das Mietverhältnis vor oder nach Insolvenzeröffnung beendet wurde (MünchKommInsO /Ganter, aaO § 47 Rn. 341), ein Aussonderungsrecht (BGHZ 127, 156, 160). Dieses besteht allerdings nur, wenn der auszusondernde Gegenstand infolge der Wahrnehmung des Verwaltungsbesitzes durch den Insolvenzverwalter massebefangen ist (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 47 Rn. 35a). Andernfalls kann der Berechtigte allein den Schuldner persönlich in Anspruch nehmen (BGHZ aaO S. 161).
15
aa) Demgemäß ist der Verwalter dem Vermieter nur zur Herausgabe einer Mietwohnung verpflichtet, wenn er den Besitz daran ausübt (BGHZ 148, 252, 260 f; BGH, Urt. v. 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, ZIP 2007, 340, 341 Rn. 12) oder unter Anerkennung des fremden Eigentums das Recht beansprucht , die Mietwohnung für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob, wann und in welcher Weise er sie an den Vermieter zurückgibt (BGHZ 127, 156, 161). Greifen diese Ausnahmetatbestände nicht ein, weil der Verwalter im Blick auf die von dem Schuldner genutzte Wohnung keine eigenen Rechte behauptet , scheidet ein Herausgabeanspruch gegen ihn aus (LG Mannheim WuM 2006, 694 f; MünchKomm-InsO/Eckert, aaO § 108 Rn. 116; HK-InsO/ Marotzke, 4. Aufl. § 109 Rn. 16; Hain ZInsO 2007, 192, 195).
16
bb) Unstreitig hat der Beklagte an der Mietwohnung zu keinem Zeitpunkt Besitz begründet. Er hat auch - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - keine Entscheidung darüber in Anspruch genommen, unter welchen Voraussetzungen die Wohnung an den Kläger zurückgegeben wird. Der Beklagte hat es gerade abgelehnt, mit dem Kläger einen Räumungsvergleich zu schließen. In der Weigerung, auch nur vergleichsweise über die weitere Nutzungsdauer durch die früheren Beklagten zu 1 und 2 zu disponieren, kommt der Wille zum Ausdruck, keine Nutzungsrechte über die Wohnung auszuüben. In Einklang hiermit hat der Beklagte weiter im einzelnen vorgetragen, die Mietwohnung nicht zu nutzen und sie auch nicht für die Insolvenzmasse in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage war ein Herausgabeanspruch gegen den Beklagten von Anfang an unbegründet.
17
cc) Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, der Beklagte sei aus normativen Erwägungen als Besitzer der Wohnung anzusehen.
18
(1) Ein Besitz des Beklagten kann nicht aus § 148 Abs. 1 InsO hergeleitet werden.
19
Der Insolvenzverwalter hat nach dieser Vorschrift das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Die Besitzergreifung vollzieht sich jedoch entgegen der von dem Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung nicht kraft Gesetzes (wie etwa im Rahmen des § 857 BGB), sondern setzt - wie dem von § 80 Abs. 1 abweichenden Wortlaut des § 148 Abs. 1 InsO und der Vollstreckungsmöglichkeit durch § 148 Abs. 2 InsO zu entnehmen ist - die Erlangung der tatsächlichen Gewalt (§ 854 BGB) durch den Insolvenzverwalter voraus (MünchKommInsO /Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Andres, InsO § 148 Rn. 29; FK-InsO/Wegener, 4. Aufl. § 148 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Jarchow, 2. Aufl. § 148 Rn. 13). Für diese rechtliche Würdigung spricht ferner die dem Insolvenzverwalter bei einer schuldhaften Verzögerung der Inbesitznahme drohende Schadensersatzpflicht (vgl. FK-InsO/Wegener, aaO § 148 Rn. 5; Braun/Dithmar, InsO 3. Aufl. § 148 Rn. 6), die bei Annahme eines ohnehin bestehenden gesetzlichen Besitzerwerbs nie zum Tragen käme.
20
Davon abgesehen war der Beklagte nicht einmal gehalten, die Mietwohnung der Schuldner in Besitz zu nehmen. Eine Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Besitzergreifung scheidet aus, wenn die Belassung der Sache bei dem Schuldner die Befriedigung der Gläubiger nicht gefährdet (MünchKommInsO /Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 26). Der Insolvenzverwalter darf insbesondere davon absehen, an massefremden Gegenständen Besitz zu begründen , die er - wie etwa eine von dem Schuldner bewohnte Mietwohnung (MünchKomm -InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 26) - nicht für die Masse zu nutzen beabsichtigt (MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 12).
21
(2) Auch durch die Abgabe der auf § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO beruhenden Erklärung hat der Beklagte keinen Besitz an der Mietwohnung begründet.
22
Bestimmung Die dient dem Schutz der persönlichen Wohnung des Schuldners. Um dem Schuldner seine Mietwohnung möglichst zu belassen, ist dem Insolvenzverwalter die Befugnis, den Mietvertrag zu kündigen, entzogen. Durch die Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO kann der Insolvenzverwalter statt dessen eine Enthaftung der Masse von sämtlichen Ansprüchen aus dem Mietverhältnis bewirken (FK-InsO/Wegener, aaO § 109 Rn. 10c). Im Gegenzug erhält der Mieter die Chance, durch die Übernahme der Mietzahlung aus seinem freien Vermögen die Wohnung zu behalten (MünchKomm-InsO/Eckert, aaO § 109 Rn. 49). Die als Ersatz für eine Kündigung auf eine Pflichtenlösung gerichtete Verlautbarung des Verwalters bringt den eindeutigen Willen zum Ausdruck, sowohl von einem Besitz als auch einer Nutzung der Wohnung Abstand zu nehmen.
Ganter Kayser Gehrlein
Fischer Vill
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 23.10.2006 - 20 C 2451/06 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 04.04.2007 - 7 S 4508/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZA 9/02
vom
27. Oktober 2003
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Insolvenzverwalter kann nicht einen gemäß § 240 ZPO unterbrochenen
Passivprozeß über eine Insolvenzforderung zur Aufnahme durch den Gemeinschuldner
"freigeben".
BGH, Beschluß vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Antragsteller sind die Erben des vormaligen Beklagten zu 7 und Revisionsklägers in der Sache II ZR 144/00, den das Berufungsgericht gesamtschuldnerisch mit weiteren Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz an die Kläger zu 2, 3, 9, 11, 13 und 14 wegen Verlustes ihrer Einlagen als stille Gesellschafter einer in Konkurs gegangenen Aktiengesellschaft verurteilt hat. Das ihn betreffende Revisionsverfahren ist nach seinem Tod infolge Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens am 25. Juni 2001 unterbrochen worden (§ 240 ZPO). Die Antragsteller beantragen nunmehr Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren mit dem Vortrag, der Insolvenzverwalter habe am 4. Juni 2002 "den Rechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag gegenüber den Erben freigegeben".
II. Der Antrag ist zurückzuweisen, weil die von den Antragstellern beab- sichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 114 ZPO). Die Antragsteller sind infolge des nach ihrem Vortrag noch nicht beendeten Insolvenzverfahrens für das von ihnen beabsichtigte Revisionsverfahren schon nicht prozeßführungsbefugt.
1. Gemäß § 240 ZPO kann das Verfahren nur nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen werden. Da der Rechtsstreit nunmehr gegen den Nachlaß gerichtete Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) betrifft, können diese gemäß § 87 InsO von den Klägern als Insolvenzgläubigern nur im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 174 ff. InsO) weiterverfolgt werden (vgl. MünchKommZPO/Feiber, 2. Aufl. § 240 Rdn. 34; MünchKommInsO/Siegmann, § 325 Rdn. 10). Selbst wenn man unterstellt, daß die vorläufig vollstreckbar titulierten Klageforderungen in entsprechender Weise angemeldet und im Prüfungstermin (§ 176 f. InsO) von dem Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger bestritten worden sind, wären gemäß §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 2 InsO nur diese und gemäß §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 2 InsO die Kläger (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 1965 - VII ZR 15/65, NJW 1965, 1523) zur Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits befugt. Eine Aufnahmebefugnis des Insolvenzschuldners (hier also der Antragsteller) besteht selbst dann nicht, wenn allein er die Forderung im Prüfungstermin bestritten hat (vgl. MünchKommInsO/Schumacher, § 184 Rdn. 5 m.w.N.; vgl. auch Kuhn/ Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 144 Rdn. 6).
2. Eine Aufnahmebefugnis der Antragsteller ergibt sich auch nicht daraus , daß nach ihrem Vortrag der Insolvenzverwalter "den Rechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben" haben soll. Abgesehen davon, daß aus den Prozeßkostenhilfeunterlagen lediglich die Freigabe eines unter Zwangsverwal-
tung stehenden Wohnungseigentums der Antragsteller ersichtlich ist, kommt die Freigabe eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter mit der Folge einer Aufnahmebefugnis des Schuldners nur in Betracht, wenn es sich um einen Ak- tivprozeß über einen zur Vermehrung der Teilungsmasse dienlichen Anspruch (§ 85 InsO; vgl. Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 240 Rdn. 10 f.) oder um einen Passivprozeß der in § 86 InsO bezeichneten Art (z.B. Aussonderung, abgesonderte Befriedigung) handelt (vgl. MünchKommInsO/Schumacher § 86 Rdn. 26 f.; zu den entsprechenden §§ 10, 11 KO vgl. BGH, Urt. v. 21. Oktober 1965 - Ia ZR 144/63, NJW 1966, 51), wobei im letzteren Fall der Insolvenzverwalter zugleich den streitbefangenen Gegenstand aus der Masse freigegeben haben muß (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1973 - VIII ZR 9/72, NJW 1973, 2065). Ein Fall dieser Art liegt hier nicht vor. Das Wohnungseigentum der Beklagten ist im vorliegenden Passivprozeß nicht streitbefangen (i.S. von § 86 Abs. 1 InsO). Der Rechtsstreit betrifft vielmehr einfache Insolvenzforderungen der Kläger (§ 38 InsO) und kann daher nur nach Maßgabe der §§ 179 ff. InsO aufgenommen (vgl. oben a), nicht aber von dem Insolvenzverwalter an die An-
tragsteller "freigegeben" werden, weil seine Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO sich nicht auf die streitbefangenen Ansprüche der Kläger erstreckt.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens und die in diesem Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 41/02
vom
26. November 2002
in dem Verfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GVG § 13; GG § 51
Wendet sich eine Krankenkasse mit einer Presseerklärung gegen ein von ihr beanstandetes
Verhalten einer Kassenärztlichen Vereinigung, ist für die Unterlassungsklage
der Kassenärztlichen Vereinigung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten
eröffnet.
Eine Zustellung, deren Mängel durch tatsächlichen Zugang des Schriftstücks geheilt
werden könnten, ist nur dann anzunehmen, wenn das Gericht mit Zustellungswillen
gehandelt hat.
BGH, Beschluß vom 26. November 2002 - VI ZB 41/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluß des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 25. Februar 2002 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 18. Oktober 2001 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der durch die unzulässige Rechtsbeschwerde der Antragsstellerin vom 14./19. März 2002 entstandenen Kosten, über welche bereits entschieden ist. Gegenstandswert der Beschwerde: 3.000

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin hat in einer Presseerklärung vom 17. August 2001 im Zusammenhang mit "Bestechungsgeschenken" von Pharmakonzernen, also der Abgabe von Incentives an Ärzte geäußert, "Auch die Kassenärztliche Verei-
nigung Berlin ist aufgefordert,... ihre bisherige stillschweigende Unterstützung ... dieser ärgsten Auswüchse aggressiver Werbung der Pharmaindustrie aufzugeben". Die Antragsstellerin hat eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 28. August 2001 erwirkt, mit welcher der Antragsgegnerin die wortoder sinngemäße Verbreitung dieser Äußerung bei Meidung einer Ordnungsstrafe untersagt wurde. Die Antragsgegnerin hat dagegen Widerspruch eingelegt und u.a. den Rechtsweg beanstandet; es handele sich um eine Streitigkeit nach § 69 SGB V aus den Rechtsbeziehungen zwischen einer Krankenkasse und einem Ärzteverband , für die gemäß § 51 SGG die Sozialgerichte zuständig seien. Mit Beschluß vom 18. Oktober 2001 hat das Landgericht Berlin nach § 17 a Abs. 3 GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten bejaht. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Kammergericht in der angefochtenen Entscheidung vom 25. Februar 2002 den Beschluß des Landgerichts aufgehoben, das Verfahren an das Sozialgericht Berlin verwiesen und die weitere Beschwerde gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG zugelassen. Gegen diesen Beschluß hat die Antragsstellerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten II. Instanz am 14. März 2002 Beschwerde beim Kammergericht eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 19. März 2002 begründet. Mit Beschluß vom 16. April 2002 hat das Kammergericht der "sofortigen Beschwerde" der Antragsstellerin nicht abgeholfen und sie dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Der erkennende Senat hat die Rechtsbeschwerde der Antragsstellerin am 4. Juni 2002 als unzulässig verworfen.
Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2002 begehrt die Antragsstellerin Wiederein- setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Kammergerichts vom 25. Februar 2002, die Aufhebung dieses Beschlusses und die Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts; hilfsweise beantragt sie, den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Kammergericht zurückzuverweisen.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsstellerin ist statthaft und zulässig.
a) Das Kammergericht hat die "weitere Beschwerde" nach § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG zugelassen. Diese "weitere Beschwerde" ist seit dem 1. Januar 2002 als Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu werten. Eine "weitere Beschwerde" (vgl. § 568 ZPO a.F.) ist seit der Änderung der Zivilprozeßordnung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl I, 1887 ff.) nicht mehr vorgesehen. Zwar hat der Gesetzgeber die Bestimmung des § 17 a Abs. 4 GVG dieser geänderten Rechtslage nicht angepaßt , obwohl die Begründung der Bundesregierung zu § 574 des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses die "weitere Beschwerde" zum Bundesgerichtshof ausdrücklich erwähnt (vgl. BT-Drs. 14/4722 S. 116) und ausführt, die Rechtsbeschwerde trete an die Stelle der bisherigen weiteren Beschwerde. Auf die "weitere Beschwerde" finden deshalb die Regeln über die Rechtsbeschwerde Anwendung, worauf das Kammergericht den Prozeßbevollmächtigten der Antragsstellerin mit Beschluß vom 16. April 2002 zu Recht hingewiesen hat.
Hiernach ist die Zulassung der "weiteren Beschwerde" mit Beschluß vom 25. Februar 2002 als Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verstehen (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG). An diese Zulassung ist der erkennende Senat gebunden (§§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO, 17 a Abs. 4 Satz 6 GVG).
b) Die Rechtsbeschwerde ist jetzt durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht und begründet worden (§ 78 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluß vom 21. März 2002 - IX ZB 18/02 - NJW 2002, 2181).
c) Sie ist nicht verspätet eingelegt worden, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf. Eine Zustellung des angefochtenen Beschlusses durch das Kammergericht ist nicht erfolgt. Vielmehr ist der Beschluß des Kammergerichts am 6. März 2002 formlos dem Prozeßbevollmächtigten der Antragsstellerin übersandt worden. Diese formlose Mitteilung hat die Notfrist des § 575 Abs. 1 ZPO nicht in Lauf gesetzt (vgl. § 187 Satz 2 ZPO a.F.). § 189 ZPO in der Fassung des Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001 (BGBl. I 1206, 1213) ist erst am 1. Juli 2002 in Kraft getreten und auf den hier vorliegenden, vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Fall nicht anzuwenden. Zwar sieht Art. 4 des Zustellungsreformgesetzes ein Inkrafttreten zum 1. Juli 2002 ohne Überleitungsvorschrift vor. Auch nach der geänderten Bestimmung des § 189 ZPO n.F. wird die unwirksame Zustellung jedoch nur dann als wirksam angesehen, wenn das Gericht mit Zustellungswillen gehandelt hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO 23. Aufl., § 189 Rdn. 2; Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl., § 189 Rdn. 2; Münchener KommentarZPO/Aktualisierungsband-Wenzel, § 189 Rdn. 3; vgl. zum früheren Recht BGHZ 7, 268, 270; Münchener KommentarZPO-Wenzel, ZPO 2. Aufl., § 187 Rdn. 2). Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Heilung der fehlenden Zustellung hier aus. Das Kammergericht hat - wie sich aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 26. Februar 2002 ergibt - eine Zustellung nicht beabsichtigt , sondern ist (irrig) davon ausgegangen, eine formlose Mitteilung sei ausrei-
chend. Den hiernach fehlenden Zustellungswillen konnte auch § 189 ZPO in der nunmehr geltenden Fassung nicht ersetzen. Einer Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist bedarf es nach allem nicht. 2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Senat ist an einer erneuten Entscheidung durch seinen Beschluß vom 4. Juni 2002 in derselben Sache (VI ZB 19/02) nicht gehindert. Jene Entscheidung beschränkte sich auf eine Abweisung der damaligen Beschwerde als unzulässig wegen fehlender Postulationsfähigkeit des Prozeßbevollmächtigten der Beschwerdeführerin. Die Entscheidung des Kammergerichts kann im Rahmen der nunmehr zulässigen Rechtsbeschwerde in vollem Umfang nachgeprüft werden. Daran ändert es auch nichts, daß die zu überprüfende Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ergangen ist (vgl. BGH, Beschluß vom 30. September 1999 - V ZB 24/99 - VersR 2001, 1006). Die Entscheidung des Kammergerichts beruht auf einer Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften (§§ 13, 17 GVG), wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht (§ 576 Abs. 1 ZPO). Allerdings kann im Regelfall die Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat (§ 576 Abs. 2 ZPO). Das gilt jedoch nicht für eine zur Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs nach § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG zugelassene Rechtsbeschwerde. Maßgebend ist hier die Zulässigkeit des Rechtswegs am 27. August 2001, dem Zeitpunkt, an dem der vorliegende Antrag rechtshängig geworden ist
(vgl. BGH, Beschluß vom 11. Dezember 2001 - KZB 12/01 - NJW 2002, 1351 m.w.N.). § 51 SGG in der Fassung vom 19. Juni 2001 sah u.a. die Zuständigkeit der Sozialgerichte für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs. 1 SGG) sowie für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände und aufgrund von Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Ärzten und Krankenkassen vor (§ 51 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGG). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es handelt sich weder um eine Streitigkeit in einer Angelegenheit nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch noch um eine Streitigkeit aufgrund einer Entscheidung der gemeinsamen Gremien von Ärzten und Krankenkassen. Auch eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit der Parteien in einer Angelegenheit der Sozialversicherung ist entgegen der Ansicht des Kammergerichts nicht gegeben. Die Streitigkeit der Parteien ist zivilrechtlicher, nicht öffentlichrechtlicher Natur. Entscheidend ist, ob die Streitigkeit nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich ist. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ergibt sich aus der wirklichen Natur des behaupteten Anspruchs (§§ 13, 17 GVG; vgl. BGH, Beschluß vom 7. Dezember 1999 - XI ZB 7/99 - NJW 2000, 1042; GemSOGB BGHZ 97, 312, 313 f. und BGHZ 102, 280, 283). Hier handelt es sich um einen äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 824, 1004 BGB. Eine Zuständigkeit der Sozialgerichte wäre auch dann nicht gegeben, wenn § 51 Abs. 2 SGG in der nunmehr seit 2. Januar 2002 geltenden Fassung als Zuständigkeitsregelung für privatrechtliche Streitigkeiten aufzufassen wäre. Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgeführt hat (vgl. Beschluß vom
15. September 1999 - I ZB 59/98 - NJW 2000, 874), beschränken sich § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGG in der Fassung vom 20. Dezember 1988 auf die gerichtliche Überprüfung von Maßnahmen, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen. Das gilt in gleicher Weise für § 51 Abs. 2 Nr. 1 SGG in der Fassung des Artikels 12 Nr. 3 des Gesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl. I 1311) wie auch für § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGG in der Fassung vom 17. August 2001 (BGBl. I 2144, Art. 1 Nr. 22). Maßgeblich ist, ob das Schwergewicht des Rechtsstreits in einem Aufgabenbereich anzusiedeln ist, dessen Erfüllung den kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen unmittelbar aufgrund der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch obliegt (vgl. BGH, Beschluß vom 15. September 1999 - I ZB 59/98 - aaO). Grundlage der von der kassenärztlichen Vereinigung hier geltend gemachten Ansprüche ist aber die behauptete Ehrverletzung und damit §§ 823 Abs. 1, 824, 1004 BGB, nicht etwa §§ 63, 64, 69 bis 140 SGB V. Soweit sich die Antragsgegnerin auf § 106 SGB V berufen will, wonach sowohl die Krankenkassen als auch die kassenärztlichen Vereinigungen durch gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse (§ 106 Abs. 4 SGB V) die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung überwachen (vgl. auch § 69 SGB V in der Fassung vom 22. Dezember 1999 - BGBl. I 2626 Art. 1 Nr. 26 i.V.m. §§ 90 bis 94 SGB V), handelte sie mit ihrer Presseerklärung an die Öffentlichkeit nicht in einem gemeinsamen Prüfungsausschuß, insbesondere hat die Krankenkasse hier nicht auf eine wirtschaftliche Verordnungsweise der Vertragsärzte hingewirkt. Die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung wird von den Prüfungsgremien der Ärzte und Krankenkassen in dem dafür vorgesehenen Verfahren geprüft (§ 106 Abs. 5, 6 SGB V) und nicht mittels Pres-
seerklärungen. Letztere haben mit dem gesetzlich geregelten Verfahren nichts zu tun und dienen allenfalls einer mittelbaren Einflußnahme. Wenn und soweit die Antragsstellerin sich im Prüfungsausschuß anders verhalten sollte als von der Antragsgegnerin erwartet, steht letzterer der Gang zum Sozialgericht offen, um das von ihr beanstandete Verhalten überprüfen zu lassen. Dagegen erscheint der Gang der Antragsgegnerin an die Öffentlichkeit als allenfalls mittelbarer Weg, um ihre Wünsche durchzusetzen, und vermag nicht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten zu eröffnen. 3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr