vorgehend
Amtsgericht Stadthagen, 10 Lw 3/08, 04.11.2010
Oberlandesgericht Celle, 7 W 126/10, 21.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 7/11
vom
17. Oktober 2011
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 17. Oktober
2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter
Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung
ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsmittel gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 21. März 2011 werden auf Kosten des Beteiligten zu 1, der den Beteiligten zu 2 und 3 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsmittelverfahrens beträgt 130.492 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Kinder des am 30. Dezember 2007 verstorbenen
1
F. -W. M. (Erblasser) und der am 2. Februar 2007 vorverstorbenen W. M. . Sie streiten um die Hofeigenschaft der im Grundbuch von H. Blatt 82 eingetragenen Besitzung sowie die (Hof-)Erbfolge nach dem Erblasser. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat festgestellt, dass es sich
2
bei der Besitzung am 30. Dezember 2007 nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe und der Beteiligte zu 1 in diesem Zeitpunkt nicht wirtschaftsfähig gewesen sei. Weiter hat es festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 Erbe des Betriebsvermögens der Besitzung und die Beteiligte zu 2 Erbin des hoffreien Vermögens sei. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat
3
das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - zurückgewiesen und zudem auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 festgestellt, dass die Beteiligte zu 2 Alleinerbin des gesamten Nachlasses einschließlich der Besitzung geworden sei. Mit dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rechtsmittel des Beteilig4 ten zu 1, welches er nach dem Prinzip der Meistbegünstigung als Rechtsbeschwerde und als Nichtzulassungsbeschwerde durchführt, verfolgt er das Ziel, den Beschluss das Oberlandesgerichts aufzuheben, soweit die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin festgestellt und seine Beschwerde in Bezug auf Feststellungen bezüglich sämtlicher erbrechtlichen Streitfragen zurückgewiesen worden ist, und auszusprechen, dass insoweit mangels sachlicher Zuständigkeit der Landwirtschaftsgerichte keine Sachentscheidung ergeht, sowie die auf Feststellung der Erbfolge gerichteten Anträge der Beteiligten zu 2 und 3 als unzulässig abzuweisen.

II.

1. Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sind auf das Rechtsmittel die bis
5
zum 31. August 2009 geltenden Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen anzuwenden, weil der Beteiligte zu1 das Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 HöfeVfO mit seinem Antrag vom 9. Juli 2009 eingeleitet hat. 2. Einziges in Betracht kommendes Rechtsmittel ist die Rechtsbe6 schwerde nach §§ 24 ff. LwBG aF. Entgegen der in der Rechtsmittelbegründung vertretenen Ansicht kommt der Meistbegünstigungsgrundsatz nicht zum Tragen. Nach diesem steht zwar einem Rechtsmittelführer dann, wenn das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlassen hat, sowohl das Rechtsmittel zu, welches nach der Art der tatsächlichen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, welches bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (st. BGH-Rechtsprechung, siehe nur Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06, MDR 2009, 1000 mwN). Aber ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Beteiligte zu 1 rügt nicht, das Beschwerdegericht habe seine Entscheidung in der falschen Form erlassen; er macht vielmehr geltend, dass es über die Frage, wer Erbe geworden ist, nicht habe entscheiden dürfen. Die Entscheidung ist jedoch in der richtigen Form ergangen , so dass der Grundsatz der Meistbegünstigung schon deshalb nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2011 - V ZR 259/10 Rn. 7, juris

).

3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht
7
sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG aF) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG aF nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG aF zulässig. Daran fehlt es jedoch.
a) Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerde8 gericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - BLw 3/11, GuT 2011, 85 Rn. 4; Beschluss vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Diese Abweichung ist von der Rechtsbeschwerde aufzuzeigen. Ein Hinweis auf Unterschiede in einzelnen Elementen der Begründung der miteinander verglichenen Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit der Abweichungsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall (st.
Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - BLw 3/11, aaO; Beschluss vom 1. Juni 1977 - V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschluss vom 19. Februar 2004 - BLw 24/03, NL-BzAR 2004, 192, 193).
b) Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht.
9
aa) Sie entnimmt dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. April 2001
10
(IX ZR 53/00, NJW 2001, 2477) zwar zutreffend den abstrakten Rechtssatz, dass die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch nachträgliche Umstände auch dann nicht berührt wird, wenn diese bei einem Eintritt vor Rechtshängigkeit eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet hätten. Ist eine Klage bei einem nach der prozessrechtlichen Ordnung zuständigen Gericht erhoben worden, soll in der Regel jeder weitere Zuständigkeitsstreit ausgeschlossen sein. Das Beschwerdegericht hat aber keinen hiervon abweichenden Obersatz aufgestellt, wenn es seine Zuständigkeit damit begründet, dass bereits das Landwirtschaftsgericht eine Sachentscheidung über die Erbfolge getroffen hat. Denn die Vergleichsentscheidung verhält sich nur zu der Vorschrift des § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und nicht zu den hier einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 9 LwVG aF). Im Übrigen ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts insoweit richtig (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1996 - II ZR 293/93, WM 1996, 1198, 1199 f.). bb) Eine Divergenz zu dem von der Rechtsbeschwerde in diesem Zu11 sammenhang genannten Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Januar 1976 (7 Wx 2/75, AgrarR 1976, 143) besteht ebenfalls nicht. Der Vergleichsentscheidung kann zwar der abstrakte Rechtssatz entnommen werden, dass die sachliche Zuständigkeit der Landwirtschaftsgerichte in jeder Instanz von Amts wegen zu überprüfen ist. Einen davon abweichenden Rechtssatz, den das Beschwerdegericht aufgestellt hat, zeigt der Beteiligte zu 1 jedoch nicht auf.
12
cc) Auch eine Divergenz zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 1982 (IVa ZR 94/81, BGHZ 86, 41) besteht nicht. Der Beteiligte zu 1 entnimmt der Vergleichsentscheidung den abstrakten Rechtssatz, dass durch den Verlust der Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung zu Lebzeiten des Erblassers die Frage aufgedeckt werde, ob der Erblasser bei der Einsetzung des Hoferben lediglich an den Hof im höferechtlichen Sinne gedacht habe, oder es ihm auch oder sogar in erster Linie darum zu tun gewesen sei, dem eingesetzten Hoferben den Hof unabhängig von dessen höferechtlicher Einordnung im Sinne einer landwirtschaftlichen Einheit seiner vermögensmäßigen Substanz zuzuwenden, sei es nun auf dem Weg über eine (dann mögliche) Miterbenseinsetzung in Verbindung mit einer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) oder auch als Vermächtnis. Von diesem Rechtssatz ist das Beschwerdegericht jedoch nicht abgewichen, indem es nicht geprüft hat, ob dem Beteiligten zu 1 ein Vermächtnis ausgesetzt wurde. Demgemäß rügt der Beteiligte zu 1 lediglich einen Rechtsanwendungsfehler, der eine Divergenz nicht begründet. dd) Zutreffend macht er jedoch geltend, die Beschwerdeentscheidung
13
stehe in Divergenz zu den Entscheidungen des Senats vom 14. Mai 1987 (BLw 2/87, AgrarR 1987, 222, 224 und BLw 29/85, AgrarR 1987, 350). Die Vergleichsentscheidungen enthalten die abstrakten Rechtssätze, dass eine landwirtschaftliche Besitzung, welche die Eigenschaft als Hof im Zeitpunkt des Erbfalls bereits verloren hat, nicht als Sondervermögen nach Maßgabe der Höfeordnung vererbt werden kann, sie vielmehr Teil des allgemeinen Nachlasses ist und nach den Regeln des bürgerlichen Rechts vererbt wird, so dass über die hiernach begründeten Rechte nicht die Landwirtschaftsgerichte zu entscheiden haben. Der von dem Beschwerdegericht aufgestellte Rechtssatz, die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts sei für eine Entscheidung über die Erbfolge nach bürgerlichem Recht bereits dann gegeben, wenn zum Nachlass eine Besitzung gehöre, für welche im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hofvermerk eingetra- gen gewesen sei, steht dazu in Widerspruch. Das führt jedoch nicht zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde, weil diese Begründung des Beschwerdegerichts die angefochtene Entscheidung nicht trägt. Denn es hat sich für die Annahme seiner Zuständigkeit in erster Linie darauf gestützt, dass in erster Instanz bereits das Landwirtschaftsgericht über die Erbfolge entschieden hat. Der dagegen gerichtete Angriff bleibt, wie vorstehend unter aa) ausgeführt, ohne Erfolg.

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ebenfalls nicht statthaft. Dies folgt
14
aus den Ausführungen unter II. 2. dieses Beschlusses.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG, die Entscheidung
15
über die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 19 Abs. 2 bis 5 KostO.
Krüger Lemke Czub
Vorinstanzen:
AG Stadthagen, Entscheidung vom 04.11.2010 - 10 Lw 3/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.03.2011 - 7 W 126/10 (L) -

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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Auf Antrag eines Beteiligten, der ein rechtliches Interesse an der Entscheidung glaubhaft macht, entscheidet das Landwirtschaftsgericht im Wege eines besonderen Feststellungsverfahrens,

a)
ob ein Hof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften vorliegt oder vorgelegen hat,
b)
ob ein Hof ein Ehegattenhof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften ist oder war,
c)
ob ein Gegenstand Bestandteil oder Zubehör eines Hofes ist,
d)
ob ein Hoferbe wirtschaftsfähig ist,
e)
ob für die Erbfolge in einen Hof Ältesten- oder Jüngstenrecht gilt,
f)
von wem der Hof stammt,
g)
wer nach dem Tode des Eigentümers eines Hofes Hoferbe geworden ist,
h)
über sonstige nach den höferechtlichen Vorschriften bestehende Rechtsverhältnisse.

(2) Das Gericht soll alle Personen, deren Rechte durch die Entscheidung betroffen werden können, von der Einleitung des Feststellungsverfahrens unter Hinweis auf die in § 12 Abs. 1 genannten Folgen benachrichtigen. Entscheidungen in der Hauptsache sind auch diesen Personen zuzustellen.

(3) Jede der in Absatz 2 genannten Personen kann sich einem anhängigen Verfahren in jeder Instanz anschließen. Die Anschließung kann mit der Einlegung der Beschwerde verbunden werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 125/06
vom
17. Dezember 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Hat das Landgericht fehlerhaft durch Beschluss statt durch Urteil entschieden, ist
nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung gegen diesen Beschluss die sofortige
Beschwerde zulässig.

b) Ein Zwischenurteil über die Aufhebung eines trotz Unterbrechung des Rechtsstreits
ergangenen Versäumnisurteils ist selbständig anfechtbar.
BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2008 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina sowie den Richter Dr. Klinkhammer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: bis 30.000 €

Gründe:


I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten nach fristloser Kündigung eines Gewerberaummietvertrages Räumung und Herausgabe des Mietobjekts und Zahlung rückständiger Miete.
2
Die Klage wurde der Beklagten am 30. September 2005 um 10.25 Uhr zugestellt. Am selben Tag um 12.00 Uhr wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet. Hiervon setzte der am 13. Oktober 2005 von der Beklagten beauftragte Prozessbevollmächtigte das Gericht mit Schrift- satz vom 4. November 2005, der am gleichen Tag bei Gericht einging, in Kenntnis. Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 teilte der über das Vermögen der Beklagten bestellte Insolvenzverwalter dem Klägervertreter mit, dass er den Rechtsstreit nicht aufnehme, und erklärte, er gebe das mit dem Kläger bestehende Mietverhältnis aus der Insolvenzmasse frei. Dieses Schreiben übersandte der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 4. Januar 2006 an das Gericht mit der Bitte, den Rechtsstreit fortzuführen und ein Versäumnisurteil zu erlassen. Das Landgericht übermittelte den Schriftsatz dem Beklagten formlos. Nachdem dieser in der daraufhin anberaumten mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2006 keinen Antrag gestellt hatte, verurteilte das Landgericht die Beklagte antragsgemäß durch Versäumnisurteil zur Räumung, Herausgabe und Zahlung.
3
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. Februar 2006 zugestellte Versäumnisurteil am 15. Februar 2006 Einspruch eingelegt und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung einzustellen.
4
Mit Schriftsatz vom 10. April 2006 hat der Kläger vorsorglich nochmals ausdrücklich die Aufnahme des Verfahrens in Bezug auf den Räumungs- und Herausgabeantrag erklärt. Diesen Schriftsatz hat das Gericht dem Beklagten wiederum nur formlos übersandt.
5
Im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch am 24. April 2006 hat der Beklagtenvertreter beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Unterbrechung des Verfahrens, hilfsweise die Wirkungslosigkeit des Versäumnisurteils festzustellen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Landgericht das Versäumnisurteil für wirkungslos erklärt und die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO festgestellt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beschluss aufgehoben und die Rechts- beschwerde zugelassen. Die Beklagte begehrt mit der Rechtsbeschwerde die Wiederherstellung des landgerichtlichen Beschlusses. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie ist auch - unabhängig davon, ob das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist - zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445; BGHZ 50, 397, 400; 66, 59, 62) beschränkt sich die durch § 249 Abs. 2 ZPO angeordnete Unwirksamkeit auf Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind. Sie gilt nicht für Rechtsmittel gegen eine Gerichtsentscheidung, die darauf gestützt werden, dass die Entscheidung während der Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO ergangen ist.
7
Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht mangels Prozessführungsbefugnis der Beklagten unzulässig. Zwar geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Prozessführungsbefugnis des Gemeinschuldners auf den Insolvenzverwalter über, soweit der Rechtsstreit die Masse betrifft. Die Rechtsfolgen der Unterbrechung des Verfahrens kann der Gemeinschuldner jedoch geltend machen; insoweit bleibt er selbst prozessführungsbefugt (BGH Urteile vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96 - NJW 1997, 1445; vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563).

III.

8
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
9
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts sei zulässig. Hinsichtlich der Feststellung der Unterbrechung des Verfahrens gelte § 252 ZPO. Im Hinblick auf die Erklärung des Versäumnisurteils für wirkungslos sei § 269 Abs. 5 ZPO, dem eine vergleichbare Interessenlage zugrunde liege, entsprechend anwendbar. Treffe ein Gericht - wie hier - eine im Gesetz nicht vorgesehene Feststellung der Unwirksamkeit eines Urteils durch Beschluss, so bedürfe es einer Möglichkeit, den Beschluss mit einem Rechtsbehelf anzugreifen. Die analoge Anwendung von § 269 Abs. 5 ZPO sei auch deshalb geboten, weil dem Kläger ein anderer Weg, die Entscheidung des Landgerichts anzufechten, nicht zur Verfügung stehe.
10
Die sofortige Beschwerde sei auch begründet. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Versäumnisurteils durch Beschluss sei schon deshalb aufzuheben , weil ein derartiges Verfahren in der ZPO nicht vorgesehen sei. Die Feststellung der Unterbrechung des Verfahrens sei ebenfalls verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Hinsichtlich der Anträge auf Räumung und Herausgabe - die getrennt voneinander zu beurteilen seien - sei bereits fraglich, ob § 108 InsO eingreife, weil die Kündigungserklärung der Beklagten schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugegangen sei, weshalb allenfalls der Besitz am Mietgrundstück auf den Insolvenzverwalter übergegangen sein könne. Im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens griffen die §§ 108, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht ein. Der vertragliche Rückgabeanspruch könne sich dann nur gegen den Schuldner richten. Jedenfalls habe aber der Insolvenzverwalter durch die Freigabeerklärung klar gestellt, dass er den Besitz an dem Grundstück nicht in Anspruch nehme. Das Besitzrecht aufgrund des Mietvertrages und die Verfügungsbefugnis über die Geschäftsräume seien dadurch jedenfalls aus der Insolvenzmasse ausgeschieden und auf die Beklagte übergegangen. Die Freigabe durch den Insolvenzverwalter sei in diesem Umfang auch zulässig. Das habe zur Folge, dass sich der Herausgabeanspruch des Klägers trotz der Insolvenz der Beklagten gegen diese persönlich richte und insoweit keine Unterbrechung des Verfahrens (mehr) vorliege. Im Übrigen habe der Kläger auch die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.
11
Bezüglich des Zahlungsanspruchs scheide eine Freigabe zwar aus. Der Kläger habe seinen Anspruch zur Tabelle anzumelden. Allerdings wandle sich der Zahlungsanspruch bei Aufnahme des Rechtsstreits kraft Gesetzes gemäß § 180 InsO in einen entsprechenden Feststellungsanspruch um. Unerheblich sei, ob der Kläger bereits einen Feststellungsantrag angekündigt habe, weil das Gericht auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken habe. Entscheidend für die Aufnahme sei allein, dass der Berechtigte einen Schriftsatz einreiche , aus dem das Begehren der Aufnahme ersichtlich werde. Hierfür genüge, dass der Wille zur Fortsetzung erkennbar werde. Dies sei im Hinblick auf den Schriftsatz vom 4. Januar 2006 der Fall, nachdem der Kläger ausdrücklich um "Fortführung des Verfahrens" ersucht habe. Spätestens im Zeitpunkt des Beschlusses des Landgerichts sei klar erkennbar gewesen, dass der Kläger das Verfahren fortzusetzen wünsche, sei es auch gegen den Insolvenzverwalter. Zwar sei die Aufnahme des Verfahrens mangels Zustellung an den Insolvenzverwalter noch nicht wirksam gewesen, jedoch habe es allein in der Hand des Landgerichts gelegen, das Nötige von Amts wegen zu veranlassen. Die Entscheidung , die Unterbrechung des Verfahrens festzustellen, sei danach zwar formell in Bezug auf den Zahlungsantrag zutreffend. Die Aufhebung sei aber gleichwohl geboten, weil das Landgericht stattdessen die gebotenen Handlungen zur Vollendung der Aufnahme habe treffen müssen.
12
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
13
2. a) Zu Recht hat das Oberlandesgericht allerdings beanstandet, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft das Versäumnisurteil durch Beschluss für wirkungslos erklärt und nicht durch Zwischenurteil entschieden hat.
14
Ergeht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei und somit trotz Unterbrechung des Rechtsstreits entgegen § 249 Abs. 2 ZPO ein (Versäumnis-)Urteil, so ist dieses nicht nichtig, sondern als relativ unwirksam mit den gegebenen Rechtsmitteln anfechtbar (ständige Rechtsprechung , vgl. BGH Senatsbeschluss vom 31. März 2004 - XII ZR 167/00 - FamRZ 2004, 867, 868 m.w.N.; Jaeger/Windel InsO § 85 Rdn. 105). Der Betroffene hat in diesem Fall die Möglichkeit, mit seinem Rechtsmittel allein die Unterbrechung des Verfahrens zur Geltung zu bringen, ohne dieses zugleich gemäß § 250 ZPO aufnehmen zu müssen (Jaeger/Windel InsO § 85 Rdn. 106; BGHZ 66, 59, 62).
15
Dementsprechend konnte Ziel des nicht mit einer Aufnahme des Verfahrens verbundenen Einspruchs der Beklagten lediglich die Aufhebung des trotz Unterbrechung ergangenen Versäumnisurteils sein (vgl. MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 249 Rdn. 20). Demgegenüber kam eine Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache, solange der Rechtsstreit unterbrochen war, nicht in Betracht. Folglich hatte das Landgericht angesichts der von ihm bejahten Unterbrechung des Verfahrens über die mit dem Einspruch beantragte Aufhebung des Versäumnisurteils nicht mittels End-, sondern durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) zu befinden.
16
b) Das Oberlandesgericht ist im Ergebnis auch zu Recht davon ausgegangen , dass dem Kläger gegen die in der falschen Form des Beschlusses er- gangene Entscheidung des Landgerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zusteht.
17
aa) Nach allgemeiner Auffassung dürfen die Prozessparteien nämlich dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlässt, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (Grundsatz der "Meistbegünstigung", ständige Rechtsprechung , vgl. zuletzt BGH Urteile vom 17. März 2008 - II ZR 45/06 - NJWRR 2008, 846, 847 und vom 19. Juli 2007 - I ZR 136/05 - NJW-RR 2008, 218 m.w.N.). Allerdings vermag der Meistbegünstigungsgrundsatz keine Erweiterung des gesetzlichen Rechtsmittelzuges zu rechtfertigen. Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung soll die beschwerte Partei lediglich vor Nachteilen schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen, ihr aber nicht Vorteile verschaffen, die ihr im Falle der richtigen Entscheidungsform nicht zustünden. Das der tatsächlichen (inkorrekten) Entscheidungsform entsprechende Rechtsmittel ist folglich nur dann statthaft, wenn gegen eine formell richtige Entscheidung ein Rechtsmittel gegeben wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH Beschlüsse vom 8. Mai 2006 - II ZB 10/05 - NJW-RR 2006, 1184, 1185; vom 19. Dezember 1996 - IX ZB 108/96 - NJW 1997, 1448 m.w.N.; Althammer/ Löhnig, NJW 2004, 1567, 1568; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 3. Aufl. vor §§ 511 ff. Rdn. 80, 84; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. Einleitung Rechtsmittel Rdn. 52, 22. Aufl. § 338 Rdn. 3; Wieczorek/Schütz/Gerken ZPO 3. Aufl. vor § 511 Rdn. 79; Zöller/Heßler ZPO 27. Aufl. vor § 511 Rdn. 32).
18
bb) Hätte das Landgericht formell richtig durch Zwischenurteil entschieden , wäre gegen dieses Urteil die Berufung statthaft gewesen.
19
Der Grundsatz fehlender selbstständiger Anfechtbarkeit von Zwischenurteilen im Sinn des § 303 ZPO gilt nicht ausnahmslos. Vielmehr ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in bestimmten Fallgruppen als Ausfluss des Justizgewährleistungsanspruchs eine Ausnahme von diesem Grundsatz zuzulassen ist. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Zwischenurteil, welches die Fortdauer einer Unterbrechung des Verfahrens mit der Begründung feststellt, dass die als Kläger auftretende Partei den Rechtsstreit nicht wirksam aufnehmen kann, wegen der für die davon betroffene Partei ausgehenden Wirkungen wie ein Endurteil anfechtbar sei (Beschluss vom 8. Juni 2004 - IX ZR 281/03 - NJW 2004, 2983; vgl. auch BGH Beschluss vom 10. November 2005 - IX ZB 240/04 - NJW-RR 2006, 288). Ebenso hat der Bundesgerichtshof Zwischenurteile , die eine Unterbrechung feststellen, für anfechtbar erachtet, soweit der Rechtsmittelführer geltend macht, Gegenstand des Rechtsstreits seien Ansprüche , die weder die Insolvenzmasse beträfen noch auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem Anfechtungsgesetz gerichtet seien (Beschluss vom 21. Oktober 2004 - IX ZB 205/03 - NJW 2005, 290, 291). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof jeweils darauf abgestellt, dass die betroffene Partei infolge der Feststellungen des Zwischenurteils dauerhaft von der Prozessführung ferngehalten werde und auf unbestimmte Zeit auf die Wahrnehmung ihrer Rechte verzichten müsse, weshalb die Justizgewährleistungspflicht des Staates eine Anfechtbarkeit gebiete.
20
Eine weitere Ausnahme ist in Ansehung der Anfechtbarkeit eines Zwischenurteils geboten, welches über die Aufhebung eines ggf. trotz Unterbrechung des Verfahrens ergangenen Versäumnisurteils befindet, ohne zugleich in der Sache zu entscheiden.
21
Dies folgt bereits aus Sinn und Zweck des oben erwähnten Grundsatzes. Zwischenurteile im Sinne des § 303 ZPO dienen dazu, eine unter den Parteien streitige, das Verfahren betreffende Frage für die jeweilige Instanz verbindlich zu klären (vgl. MünchKomm/Musielak ZPO 3. Aufl. § 303 Rdn. 2; Stein/Jonas/ Leipold ZPO 22. Aufl. § 303 Rdn. 2, 7; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 303 Rdn. 4, 10). Während das das Zwischenurteil erlassende Gericht gemäß § 318 ZPO an die Entscheidung gebunden ist (MünchKomm/Musielak aaO Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold aaO Rdn. 13; Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 10), unterliegt diese der Beurteilung der nächsten Instanz, wenn gegen das Endurteil ein Rechtsmittel eingelegt wurde, §§ 512, 557 Abs. 2 ZPO. Dass das Zwischenurteil nach § 303 ZPO nicht selbstständig anfechtbar ist, verhindert folglich eine Überprüfung durch die nächste Instanz nicht dauerhaft, sondern schiebt diese nur auf.
22
Demgegenüber wäre ein Zwischenurteil, welches über die Aufhebung eines trotz Unterbrechung ergangenen Versäumnisurteils befindet, dauerhaft der Überprüfung durch die nächste Instanz entzogen, wenn man eine selbstständige Anfechtung nicht zuließe (vgl. zu diesem Aspekt OLG Rostock Urteil vom 21. Mai 2007 - 3 U 205/06 - juris - insoweit in OLGR 2007, 843 nicht abgedruckt ). Sobald nämlich eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist, hat sich die Frage nach dem Schicksal eines zuvor erlassenen bzw. aufgehobenen Versäumnisurteils erledigt, für eine Überprüfung im Rechtsmittelweg fehlt es am Rechtsschutzinteresse. Denn soweit im Endurteil der Klage stattgegeben wird, ist nunmehr ohnehin ein vorläufig vollstreckbarer Titel vorhanden. Soweit hingegen die Klage abgewiesen wird, wäre auch ein etwa zuvor ergangenes Versäumnisurteil aufgehoben worden.
23
Dieses Ergebnis kann insbesondere deshalb nicht hingenommen werden , weil sowohl die Aufhebung eines zu Recht ergangenen als auch die Versagung der Aufhebung eines trotz Unterbrechung des Verfahrens ergangenen Versäumnisurteils für die jeweils betroffene Partei mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann.
24
So hat die Aufhebung eines Versäumnisurteils zur Folge, dass der Kläger bis zum Abschluss des Rechtsstreits nicht mehr gegen den Beklagten vollstrecken kann; er verliert also eine Rechtsposition, die er vor Aufhebung des Versäumnisurteils innehatte. Besonders schwerwiegend können die Nachteile sein, wenn der Kläger - wie hier - die Räumung und Herausgabe von Räumen begehrt. In diesem Fall muss er unter Umständen jahrelang den Aufenthalt des Beklagten in den Räumlichkeiten in dem Bewusstsein dulden, etwaige Ansprüche auf Nutzungsentschädigung später möglicherweise nicht realisieren zu können.
25
Aber auch der Beklagte kann beschwert sein, wenn seinem Begehren auf Aufhebung eines Versäumnisurteils nicht entsprochen wird, obwohl dieses trotz Unterbrechung des Verfahrens und daher gegen eine Partei ergangen ist, die nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war (vgl. BGH Urteile vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94 - NJW 1995, 2563 und vom 11. Juli 1984 - VIII ZR 253/83 - WM 1984, 1170). Er muss dann nämlich befürchten, dass der Kläger aus dem Versäumnisurteil (weiterhin) vollstreckt, wenn auch ggf. erst nach Ende der Unterbrechung, beispielsweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Stellt sich später heraus, dass der eingeklagte Anspruch des Klägers nicht besteht, steht dem Beklagten zwar ein Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu. Allerdings kann er nicht sicher sein, ob er diesen Anspruch wird realisieren können, zumal Versäumnisurteile gemäß § 708 Nr. 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind.
26
Schließlich spricht für eine selbstständige Anfechtbarkeit, dass mit den aufgezeigten Nachteilen in vergleichbaren Fallgestaltungen ein entsprechender Rechtsschutz korrespondiert: Gemäß § 336 Abs. 1 ZPO findet gegen einen Beschluss , durch den der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen wird - etwa weil das Gericht ein solches gemäß § 335 ZPO für unzulässig hält - die sofortige Beschwerde statt. Daher muss auch die Möglichkeit der Anfechtung bestehen, wenn ein Versäumnisurteil zwar zunächst erlassen, später aber aufgehoben wird, ohne dass ein Urteil in der Sache ergeht. Auch ist anerkannt , dass ein trotz Unterbrechung ergangenes Versäumnisurteil mittels Einspruchs anfechtbar ist (vgl. die Nachweise unter III. 2. a). Ebenso muss ein Urteil , welches ein ggf. trotz Unterbrechung ergangenes Versäumnisurteil wiederherstellt , selbstständig anfechtbar sein.
27
Dem Kläger steht somit gegen die in der falschen Form des Beschlusses ergangene Entscheidung des Landgerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu.
28
c) Zu beanstanden ist indes, dass das Oberlandesgericht durch Beschluss über die sofortige Beschwerde entschieden hat. Vielmehr hätte es in das Berufungsverfahren überleiten und - nach mündlicher Verhandlung - über die sofortige Beschwerde durch Urteil befinden müssen. Denn der Grundsatz der Meistbegünstigung führt nicht dazu, dass das Rechtsmittelgericht auf dem vom unteren Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen müsste, vielmehr hat es das Verfahren so weiterzubetreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre (BGH Urteil vom 23. November 2007 - LwZR 11/06 - NL-BzAR 2008, 79, 80, Übergang vom Beschwerde- in das Berufungsverfahren ; Beschlüsse vom 11. November 1991 - II ZR 256/90 - MDR 1992, 72, 73; BGHZ 115, 162, 165, Übergang vom Revisions- zum Rechtsbeschwerdeverfahren ; vom 3. November 1988 - LwZB 2/88 - BGHR LwVG § 48 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittel 1, Übergang vom Beschwerde- in das Berufungsverfahren und vom 24. November 1965 - VIII ZR 168/65 - MDR 1966, 232, Übergang vom Berufungs- in das Beschwerdeverfahren; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 3. Aufl. vor §§ 511 ff. Rdn. 88; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. Einleitung Rechtsmittel Rdn. 49; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. vor § 511 Rdn. 33). Das Meistbegünstigungsprinzip will nur verhindern, dass eine Partei infolge der formfehlerhaften Entscheidung in ihren Rechtsmittelbefugnissen eingeschränkt wird, dagegen fordert es nicht die Perpetuierung des Formfehlers (OLG Köln OLGR 2000, 281, 282; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO 3. Aufl. vor §§ 511 ff. Rdn. 87).
29
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob das Oberlandesgericht im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht durch Beschluss hätte entscheiden können (vgl. OLG Köln Beschluss vom 19. Februar 2003 - 16 Wx 8/03 - juris; OLG Köln OLGR 2000, 281, 282). Das Oberlandesgericht hat nämlich den angefochtenen Beschluss lediglich aufgehoben, ohne die Sache zurückzuverweisen , mit der Konsequenz, dass das zuvor "für wirkungslos erklärte" Versäumnisurteil wieder aufgelebt ist. Das Oberlandesgericht hat also im Ergebnis in der Sache entschieden.
30
3. Auch in materiellrechtlicher Hinsicht sind die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.
31
a) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts hat das Landgericht inhaltlich zutreffend die Unterbrechung des Rechtsstreits bejaht und das Versäumnisurteil aufgehoben, soweit der Kläger Zahlung rückständiger Miete verlangt.
32
Nach § 240 ZPO ist der Rechtsstreit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochen, wenn er die Insolvenzmasse betrifft.
33
Das ist hier - wie das Oberlandesgericht nicht verkennt - hinsichtlich des Zahlungsanspruchs der Fall. Dieser kann als Insolvenzforderung nur durch Anmeldung zur Tabelle verfolgt werden und erst dann, wenn die angemeldete Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Prüfungsverfahren bestritten wird, von dem Kläger nach Aufnahme des Verfahrens gegen den Bestreitenden (Beklagte oder Insolvenzverwalter) mit dem Antrag auf Feststellung der angemeldeten Forderung zur Tabelle geltend gemacht werden (§§ 87, 174 ff., 180 Abs. 2, 184 Abs. 1 Satz 2 InsO; BGH Beschluss vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - NJW-RR 2004, 136, 137).
34
Zu Unrecht meint das Oberlandesgericht jedoch, der Beschluss des Landgerichts sei deshalb aufzuheben, weil das Landgericht im Hinblick darauf, dass der Kläger das Verfahren auch gegen den Insolvenzverwalter habe fortsetzen wollen, die gebotenen Handlungen zur Vollendung der Aufnahme hätte treffen müssen.
35
Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Oberlandesgericht insoweit erheblichen Vortrag des Klägers übergangen hat. Der Kläger hat die mit Schriftsatz vom 4. Januar 2006 allgemein erklärte Aufnahme des Verfahrens in seinem Schriftsatz vom 10. April 2006 nur hinsichtlich des Antrags auf Räumung und Herausgabe der Mieträume wiederholt. Mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 24. April 2006 hat er darauf hingewiesen, dass das Landgericht das Versäumnisurteil nur insoweit hätte aufrecht erhalten müssen, als darin dem Räumungsanspruch stattgegeben worden sei, und dass es hinsichtlich der Zahlungsansprüche die Unterbrechung des Verfahrens hätte feststellen müssen. Im Hinblick auf diesen Vortrag des Klägers bestand für das Landgericht kein Anlass anzunehmen, der Kläger wolle den Rechtsstreit in Bezug auf den Zahlungsanspruch mit dem Antrag auf Feststellung der Forderung zur Tabelle gegen den Insolvenzverwalter aufnehmen.
36
Zu einer etwaigen Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des Zahlungsanspruchs gegen die Beklagte hätte dem Kläger die Befugnis gefehlt. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters vom 3. Januar 2006. Die Freigabe eines Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter kommt bei einem Passivprozess nämlich nur in Betracht, wenn dieser die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse oder die abgesonderte Befriedigung betrifft (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO; BGH Beschluss vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - NJW-RR 2004, 136, 137; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 240 Rdn. 33).
37
b) Soweit das Landgericht die Unterbrechung des Verfahrens in Bezug auf den Räumungsanspruch bejaht und das Versäumnisurteil aufgehoben hat, ist seine Entscheidung zwar in der falschen Form, inhaltlich aber ebenfalls zu Recht ergangen. Denn der auf Wiederherstellung des mietvertraglich geschuldeten Zustandes gerichtete Räumungsanspruch, der die Wegnahme von Einrichtungen des Mieters und die Beseitigung von ihm vorgenommener Veränderungen beinhaltet, ist kein der Aussonderung unterliegender Anspruch (BGHZ 148, 252, 255 f.). Es handelt sich um eine bloße Insolvenzforderung (BGHZ 148, 252, 256; Hain ZInsO 2007, 192, 194, 195). Hieran würde sich auch dann nichts ändern, wenn die Räumungsverpflichtung - anders als im Streitfall - zu einer Masseverbindlichkeit geworden wäre. Diese wäre dann aus der Insolvenzmasse zu erfüllen; durch eine Freigabe könnte sich der Verwalter dieser Verpflichtung nicht entziehen (BGH Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 46/05 - NJW-RR 2006, 989 f. Rdn. 12). Dem Kläger verbleibt lediglich die Möglichkeit, den Räumungsanspruch in Höhe des hierfür erforderlichen Aufwandes als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden (MünchKomm/Eckert InsO 2. Aufl. § 108 Rdn. 116; vgl. auch Hain ZInsO 2007, 192, 195). Eine Aufnahme des Rechtsstreits gegen die Beklagte kommt hier ebenfalls nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 86 InsO nicht vorliegen.
38
c) Schließlich hält die angefochtene Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung auch insoweit nicht stand, als das Oberlandesgericht im Hinblick auf den Herausgabeanspruch des Klägers eine (Fortdauer der) Unterbrechung des Verfahrens verneint hat.
39
aa) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings davon aus, dass sich vorliegend der Herausgabeanspruch des Klägers trotz der Insolvenz der Beklagten gegen diese persönlich richtet.
40
Indes ist der Herausgabeanspruch des Vermieters in der Insolvenz des Mieters auch im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses vor Insolvenzeröffnung im Wege der Aussonderung gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen, wenn der herauszugebende Gegenstand infolge der Wahrnehmung des Verwaltungsbesitzes durch den Insolvenzverwalter massebefangen ist (BGH Urteile vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - NJW 2008, 2580; vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05 - NJW 2007, 1591, 1592; BGHZ 148, 252, 260; Senatsurteil BGHZ 127, 156, 160 f.). Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn der Verwalter den Besitz an dem Mietobjekt ausübt. Vielmehr ist das Mietobjekt auch dann massebefangen, wenn der Insolvenzverwalter unter Anerkennung des fremden Eigentums das Recht für sich in Anspruch nimmt, das Mietobjekt für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob, wann und in welcher Weise er es an den Vermieter zurückgibt (BGH Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - NJW 2008, 2580; Senatsurteil BGHZ 127, 156, 161; MünchKomm/Ganter InsO 2. Aufl. § 47 Rdn. 35 a). Eine tatsächliche Inanspruchnahme kann beispielsweise dann zu bejahen sein, wenn sich Gegenstände des Schuldners im Mietobjekt befinden, die der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegen (Senatsurteil BGHZ 127, 156, 162; MünchKomm /Ganter aaO Rdn. 35 a).
41
Dazu, ob das Mietobjekt in Anwendung dieser Grundsätze nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30. September 2005 zunächst massebefangen war, hat das Oberlandesgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch hat der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 3. Januar 2006 das Mietobjekt freigegeben. Die Auslegung dieser Erklärung durch das Oberlandesgericht ist nicht zu beanstanden. Spätestens mit der Freigabe hat die Beklagte aber die Verfügungsbefugnis über das Mietobjekt zurückerlangt, so dass der Kläger die Beklagte persönlich auf Herausgabe in Anspruch nehmen konnte und musste (BGH Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 - II ZA 9/02 - NJW-RR 2004, 136, 137; vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - NJW 1990, 1239; MünchKomm/ Schumacher InsO 2. Aufl. § 86 Rdn. 26).
42
bb) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts folgt hieraus aber nicht zwingend, dass das Verfahren in Ansehung des Herausgabeanspruchs nicht (mehr) unterbrochen ist. Vielmehr ist lediglich dann insoweit von vornherein keine Unterbrechung eingetreten, wenn der Insolvenzverwalter von Anfang an den Verwaltungsbesitz an dem Mietobjekt nicht wahrgenommen hat. War das Objekt demgegenüber zunächst massebefangen, vermochte allein die nach Rechtshängigkeit erklärte Freigabe nicht das Ende der Unterbrechung herbeizuführen. Denn im Falle einer Freigabe durch den Insolvenzverwalter endet die Unterbrechung des Verfahrens erst mit dessen Aufnahme durch den Schuldner oder den Prozessgegner (BGH Beschluss vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - NJW 1990, 1239; BGHZ 36, 258, 261, 264; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 240 Rdn. 22). Der Kläger hat das Verfahren indes nicht wirksam gemäß § 250 ZPO aufgenommen.
43
Zwar hat er mit Schriftsatz vom 4. Januar 2006 die Aufnahme des Verfahrens erklärt, indem er hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Rechtsstreit gegen die Beklagte fortsetzen will (vgl. BGH Beschluss vom 9. Mai 1995 - XI ZB 7/95 - NJW 1995, 2171, 2172; BGHZ 111, 104, 109; Urteil vom 7. Oktober 1982 - VII ZR 84/82 - ZIP 1983, 592, 593; BGHZ 23, 172, 175; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 250 Rdn. 4; MünchKomm/Schumacher InsO 2. Aufl. vor §§ 85 bis 87 Rdn. 80).
44
Allerdings ist die Aufnahme des Rechtsstreits mangels Zustellung nicht wirksam geworden. Das Landgericht hat weder den Schriftsatz vom 4. Januar 2006 noch den Schriftsatz vom 10. April 2006 der Beklagten zugestellt, sondern jeweils nur formlos übersandt. Eine wirksame Aufnahme setzt jedoch gemäß § 250 ZPO die amtswegige Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes an den Gegner voraus (BGHZ 146, 372, 373; Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1998 - XII ZB 148/98 - ZIP 1999, 75, 76; MünchKomm/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 251 Rdn. 10). Die fehlende Zustellung ist auch weder nach § 189 ZPO noch nach § 295 ZPO geheilt worden (zur Heilbarkeit nach § 295 ZPO vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1998 - XII ZB 148/98 - ZIP 1999, 75, 76; BGHZ 50, 397, 400). Eine Heilung nach § 189 ZPO kommt bereits deshalb nicht in Betracht , weil das Landgericht die Schriftsätze willentlich formlos übersandt hat, § 189 ZPO aber Zustellungswillen voraussetzt (BGH Beschluss vom 26. November 2002 - VI ZB 41/02 - NJW 2003, 1192, 1193 m.w.N.; Zöller/ Stöber ZPO 27. Aufl. § 189 Rdn. 2). Weiter hat die Beklagte nicht auf die Zustellung verzichtet, ebenso wenig hat sie rügelos verhandelt. Vielmehr hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2006 nach Eintritt in die streitige Verhandlung erklärt, er stelle keinen Antrag. Auch in der Verhandlung vom 24. April 2006 hat der Beklagtenvertreter nicht zur Sache verhandelt , vielmehr hat er sich ausdrücklich auf die Unterbrechung des Verfahrens berufen und einen entsprechenden Antrag gestellt (vgl. BGH Urteil vom 27. Mai 1986 - IX ZR 152/85 - WM 1986, 1127, 1129 zum Antrag auf Aussetzung des Verfahrens; MünchKomm/Prütting ZPO 3. Aufl. § 333 Rdn. 8).
45
4. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da das Oberlandesgericht die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
46
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
47
Das Oberlandesgericht wird nach Überleitung des Beschwerdeverfahrens in das Berufungsverfahren zu klären haben, ob der Insolvenzverwalter das Mietobjekt zunächst in Verwaltungsbesitz genommen hatte.
48
Sollte das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass das Mietobjekt von vornherein nicht massebefangen war, wäre es in Ansehung des Herausgabeanspruchs schon zu keiner Unterbrechung des Verfahrens gekommen. Das Landgericht hätte dann zu Unrecht hinsichtlich des Herausgabeanspruchs das Versäumnisurteil aufgehoben und die Unterbrechung des Verfahrens festgestellt.
49
Falls das Oberlandesgericht demgegenüber feststellen sollte, dass der Insolvenzverwalter zunächst den Verwaltungsbesitz wahrgenommen hat, wäre von einer fortbestehenden Unterbrechung des Verfahrens auch hinsichtlich des Herausgabeanspruchs auszugehen. In diesem Fall wird das Oberlandesgericht indes Gelegenheit haben, von Amts wegen die Zustellung des Aufnahme- schriftsatzes an die Beklagte nachzuholen. Der Rechtsstreit würde dann hinsichtlich des Herausgabeanspruchs in erster Instanz - gegebenenfalls nach Abtrennung der noch unterbrochenen Verfahrensteile - in der Hauptsache fortgesetzt werden können.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 24.04.2006 - 11 O 66/05 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 21.06.2006 - 3 W 31/06 -
7
b) Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, die mit einem Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO begründet worden ist, führt nicht zur Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde. Im Kern macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe nur über den Anspruch aus § 635 BGB aF entscheiden dürfen und ihr sei der Sache nach die Nichtzulassungsbeschwerde abgeschnitten worden, indem die Entscheidung über die Verjährung dieses Anspruchs gestützt auf den Anspruch aus dem Verwaltervertrag unterblieben sei. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG eröffnet aber keinen gesetzlich nicht vorgesehenen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 107, 395, 411 f.), sondern muss mit der Anhörungsrüge gemäß § 321 a ZPO geltend gemacht werden. Nichts anderes ergibt sich aus dem von der Beklagten herangezogenen Grundsatz der Meistbegünstigung, der schon deshalb nicht einschlägig ist, weil die Entscheidung in der richtigen Form ergangen ist. Ihr Einwand, der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG habe sich erst durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. März 2011 (I ZR 108/09, GRUR 2011, 521 ff.) "konkretisiert" und sie habe daher keine fristgerechte Anhörungsrüge erheben können, führt nicht weiter. Abgesehen davon, dass nicht jeder Verfahrensfehler und erst recht nicht eine zeitlich nach der Urteilsverkündung ergangene höchstrichterliche Entscheidung einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör begründen kann, über- sieht die Nichtzulassungsbeschwerde, dass die Prüfung der von ihr bemängelten Verfahrensfehler die Zulässigkeit des Rechtsmittels voraussetzt. Insbesondere kann die behauptete fehlende sachliche Zuständigkeit des Berufungsgerichts keine weitere Instanz eröffnen.
4
1. Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seiner Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Diese Abweichung ist von der Rechtsbeschwerde aufzuzeigen. Ein Hinweis auf Unterschiede in einzelnen Elementen der Begründung der miteinander verglichenen Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit der Abweichungsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall (st. Rspr., vgl. schon Senat, Beschluss vom 1. Juni 1977 - V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschluss vom 19. Februar 2004 - BLw 24/03, NL-BzAR 2004, 192, 193).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 24/03
vom
19. Februar 2004
in der Landwirtschaftssache
betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 19. Februar
2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 31. Juli 2003 und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem genannten Beschluß werden auf Kosten der Antragsgegnerin, die den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 2.000

Gründe:


I.


Die Antragsteller verlangen - jetzt nur noch aus abgetretenem Recht - u.a. hilfsweise im Wege des Stufenantrags die Berechnung von Abfindungsansprüchen nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz einschließlich der Vorlage der für die Personifizierung des Vermögens erforderlichen Unterlagen.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag zurückgewiesen; das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - hat ihm stattgegeben.
Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Ziel, den Antrag zurückzuweisen, weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
1. Entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen Auffassung mußte das Beschwerdegericht die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nicht aussprechen. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG bedarf nur die Zulassung der Rechtsbeschwerde eines entsprechenden Ausspruchs in der Beschwerdeentscheidung.
Das Rechtsmittel genügt nicht den Anforderungen an eine Abweichungsrechtsbeschwerde (vgl. BGHZ 89, 149 ff.).
2. Die Rechtsbeschwerde zeigt schon nicht einen von dem Beschwerdegericht aufgestellten Rechtssatz auf, der von einem in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts enthaltenen Rechtssatz abweicht. Soweit sie auf einzelne Begründungselemente in der Be-
schwerdeentscheidung hinweist, liegt das schon deshalb neben der Sache, weil entweder bloße Sachverhaltsfeststellungen des Beschwerdegerichts zitiert werden oder kein abstrakter Rechtssatz benannt wird. Das gilt auch, soweit geltend gemacht wird, das Beschwerdegericht habe den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 12 FGG) verletzt. Denn es hat nicht die Auffassung vertreten, der Amtsermittlungsgrundsatz gelte nicht. Zum Bestimmtheitserfordernis des Antrags , das das Beschwerdegericht nach Auffassung der Rechtsbeschwerde ebenfalls verletzt hat, verweist sie ebensowenig auf einen Rechtssatz in der Beschwerdeentscheidung.
3. Die Rechtsbeschwerdebegründung zeigt, daß die Antragsgegnerin die angefochtene Entscheidung in Wahrheit (nur) für rechtsfehlerhaft hält. Darauf kann eine Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG jedoch nicht gestützt werden. Ob dem Beschwerdegericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist, ist für die Frage der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ohne Belang; denn ein solcher Fehler macht - für sich genommen - sie nicht statthaft (ständige Senatsrechtsprechung , siehe schon BGHZ 15, 5, 9 f. und Senatsbeschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).
4. Die vorsorglich erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem angefochtenen Beschluß ist ebenfalls nicht statthaft, weil das Gesetz ein solches Verfahren nicht vorsieht.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Obwohl das Rechtsmittel ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen eingelegt worden ist, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Etwaige Ersatzansprüche der Antragsgegnerin gegen ihren Verfahrensbevollmächtigten werden hiervon jedoch nicht berührt.
Wenzel Krüger Lemke

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen. Er kann insbesondere anordnen, dass die Auseinandersetzung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll. Die von dem Dritten auf Grund der Anordnung getroffene Bestimmung ist für die Erben nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil.