Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2017 - 3 StR 272/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:281117B3STR272.17.0
28.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 272/17
vom
28. November 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zum Betrug
zu 2.: Betruges
ECLI:DE:BGH:2017:281117B3STR272.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 28. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2016
a) in den Schuldsprüchen dahin neu gefasst, dass jeweils die Worte "gemeinschaftlichen" sowie "in einem besonders schweren Fall" entfallen, und
b) in den Strafaussprüchen aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine Strafkammer des Landgerichts Osnabrück zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten S. mit Urteil vom 28. November 2008 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie den Angeklagten H. mit Urteil vom 29. April 2009 wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung und einer kumulativen Geldstrafe von 250 Tagessätzen verurteilt. Der Senat hatte mit Beschluss vom 13. Januar 2010 (3 StR 500/09) die Verurteilung des Angeklagten S. unter Aufrechterhaltung der Feststellungen , mit Beschluss vom 4. März 2010 (3 StR 498/09) die Verurteilung des Angeklagten H. samt der Feststellungen aufgehoben und jeweils die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
2
Nunmehr hat das Landgericht - nach Verbindung der Verfahren - den Angeklagten S. wegen "gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten H. wegen "Beihilfe zum gemeinschaftlichen Betrug in einem besonders schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die Vollstreckung beider Strafen zur Bewährung ausgesetzt und hiervon wegen rechtstaatswidriger Verfahrensverzögerung jeweils sechs Monate für vollstreckt erklärt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte H. beanstandet darüber hinaus das Verfahren.
3
Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel unter 1. b) ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Außerdem besteht Anlass zu der aus der Beschlussformel unter 1. a) ersichtlichen Schuldspruchkorrektur. Der Senat hat den Urteilstenor neu gefasst , weil weder ein Mitwirken von Mittätern ("gemeinschaftlich" im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB) noch eine Strafzumessungsregel ("besonders schwerer Fall" gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Schuldspruch (§ 260 Abs. 4 StPO) gehört (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289; vom 9. Dezember 1998 - 3 StR 558/98, juris Rn. 2; vom 26. Juni 2002 - 3 StR 202/02, NStZ 2002, 656; vom 13. Dezember 2006 - 5 StR 315/06, NStZ-RR 2007, 71; vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45; vom 9. Oktober 2013 - 4 StR 344/13, juris Rn. 5; vom 30. Mai 2017 - 3 StR 102/17, juris Rn. 7).

I.

4
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrieb der Angeklagte H. die Firma "N. ", die mit der litauischen "U. " sowie der litauischen "UA. " einen dreiseitigen Vertrag schloss. Vereinbart war, dass die Firma "N. " - als Verkäuferin - zehn Lkw mit Kühlaufliegern zu einem Kaufpreis von 1.286.900 € liefert, welche die "U. " - als Leasinggeberin - an die "UA. " - als Leasingnehmerin - verleast. Auf Initiative des früheren Mitangeklagten St. und des Angeklagten S. hatten dieser und der Angeklagte H. zuvor für die Firma "N. " ein entsprechendes Verkaufsangebot erstellt, auf dessen Grundlage sich der sogenannte "L. -Ausschuss" der "U. " und der Kreditausschuss deren Muttergesellschaft für das Geschäft entschieden hatten. Die Angeklagten beabsichtigten indes, die Lkw nicht zu liefern. Sie stellten Vertragsunterlagen und Rechnungen zur Abwicklung des Geschäfts nur zum Schein aus, um die Leasinggeberin zur Überweisung des Kaufpreises zu veranlassen. Im Vertrauen auf die Lieferbereitschaft zahlte diese zunächst 45 % des Kaufpreises an die Firma "N. " sowie später, nachdem ein von weiteren früheren Mitangeklagten betriebenes Unternehmen gegen Provisionszahlung an den Angeklagten H. in die Rechte und Pflichten der Verkäuferin aus dem dreiseitigen Vertrag eingetreten war, die restlichen 55 % an jenes. Die Lkw wurden vorgefasster Absicht entsprechend nicht geliefert.
5
Bei der "U. " und ihrer Muttergesellschaft war nicht bekannt, dass eine Lieferung nicht beabsichtigt war. Der Angeklagte S. nahm diese Gutgläubigkeit zumindest billigend in Kauf. Der Angeklagte H. ging demgegenüber - nicht ausschließbar - irrtümlich davon aus, "auf Seiten der Bank/Leasinggesellschaft handelnde Personen" wären "eingeweiht".
6
2. Das Landgericht hat die Tatbeiträge des Angeklagten S. als Mittäterschaft und diejenigen des Angeklagten H. als Beihilfe beurteilt, weil Letztgenannter - anders als Erstgenannter - keine Tatherrschaft innegehabt habe. Die Rolle des Angeklagten H. sei nur diejenige des nach außen Auftretenden gewesen, indem er im Wesentlichen seine Firma und sein Konto zur Verfügung gestellt habe, ohne dass er maßgeblichen Einfluss auf das übrige Tatgeschehen gehabt habe. Für seinen Gehilfenvorsatz genüge es, dass nach seiner Vorstellung die über das Vermögen der "U. " verfügenden Personen "durch täuschende oder in sonstiger Weise straf- bare Einflussnahme zur Zahlung des Kaufpreises … veranlasst" werden sollten; "selbst eine ausschließlich andere rechtliche Einordnung der Haupttat - etwa als Untreue (durch Verantwortliche der Leasinggeberin) - wäre unschädlich, sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat" handeln würde.

II.

7
1. Revision des Angeklagten S.
8
Die auf Grund der allgemeinen Sachbeschwerde veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs und der Kompensationsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. ergeben.
9
Der Strafausspruch gegen den Angeklagten S. hat hingegen keinen Bestand. Bei der Bestimmung des Strafmaßes hat die Strafkammer zu seinen Lasten gewertet, dass er "sich nicht in einer echten finanziellen Notlage befand". Diese Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn die Strafkammer hat die Tatmotivation des Angeklagten S. an einem hypothetischen Sachverhalt gemessen, der zu dem zu beurteilenden keinen Bezug hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1980 - 3 StR 176/80, NStZ 1981, 60; Beschlüsse vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350; vom 24. Oktober 2012 - 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81, 82); dem Angeklagten wird das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes angelastet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. September 2009 - 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25; vom 21. Dezember 2010 - 4 StR 610/10, juris Rn. 5; vom 13. August 2013 - 4 StR 288/13, StraFo 2014, 28).
10
2. Revision des Angeklagten H.
11
a) Die vom Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrügen dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Der näheren Erörterung bedarf lediglich die Verfahrensbeanstandung unter Punkt A. V. der Revisionsbegründung ("Verletzung von §§ 244 Abs. 6, 244 Abs. 2 StPO sowie 251 Abs. 1 Nr. 2, 250 StPO"):
12
aa) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
13
Im Hauptverhandlungstermin am 18. Juli 2016 stellte der Verteidiger des Angeklagten H. den Beweisantrag auf Vernehmung des in Litauen wohnhaften Zeugen Ne. zu einer Vielzahl von Beweisbehauptungen. Der Zeuge war im Tatzeitraum für ein Unternehmen tätig gewesen, das wegen der zu liefernden Lkw in Geschäftsbeziehung zu der "UA. " stand. Er- klärtes Beweisziel war, dass die für die "U. " maßgeblich handelnden Personen in den Tatplan "eingeweiht" gewesen seien.
14
Der Vorsitzende schrieb daraufhin den Zeugen Ne. mit einfachem Brief vom 2. August 2016 in litauischer Sprache an und bat - unter Nennung der Erreichbarkeit des Gerichts per Telefon, Telefax oder E-Mail - um Rückmeldung , ob er bereit sei, einer Ladung als Zeuge Folge zu leisten, entweder zum erkennenden Landgericht in Oldenburg oder für eine audiovisuelle Vernehmung zum litauischen Rechtshilfegericht in Vilnius. Zugleich wandte sich der Vorsitzende mit einfachem Brief vom selben Tag an den Richter P. des litauischen Rechtshilfegerichts, das im vorliegenden Verfahren bereits zuvor mit audiovisuellen Vernehmungen litauischer Zeugen befasst war, und bat ihn vorsorglich um Unterstützung bei der erneuten, im Wege der Videosimultanübertragung durchzuführenden Anhörung. Zugleich erbat er eine telefonische Kontaktaufnahme zu dem Zeugen, um dessen Bereitschaft zu einer Aussage in Oldenburg oder Vilnius zu klären. Als in der Folgezeit weder der Zeuge noch das Rechtshilfegericht auf die Schreiben, die nicht in Rücklauf gekommen waren , reagierte, ließ der Vorsitzende dem Zeugen am 25. August 2016 mit einfachem Brief eine Ladung zum Landgericht in Oldenburg für den Hauptverhandlungstermin am 15. September 2016 in litauischer Sprache übersenden.
15
Zu diesem Termin erschien der Zeuge Ne. nicht, ohne dass die Ladung in Rücklauf gekommen war und er sich gemeldet hatte. Noch an demselben Hauptverhandlungstag verkündete die Strafkammer einen Beschluss, mit dem sie gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 (in der bis zum 23. August 2017 geltenden Fassung), Abs. 4 Satz 1, 2 StPO die Verlesung eines Dokuments anordnete, das Angaben des Zeugen bei einer Vernehmung in Litauen enthielt. Es wurde anschließend verlesen.
16
bb) Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, das Vorgehen der Strafkammer sei in mehrfacher Hinsicht verfahrensfehlerhaft. Zum einen hätte die "Vernehmungszusammenfassung" nicht verlesen werden dürfen, weil es sich mangels Unterschriften und Wiedergabe der Zeugenangaben in direkter Rede nicht um eine Vernehmungsniederschrift handele und die Bemühungen des Landgerichts , den Zeugen zu erreichen, nicht ausreichend gewesen seien. Zum anderen sei der Beweisantrag seines Verteidigers nicht förmlich verbeschieden worden. Schließlich habe die Aufklärungspflicht die Vernehmung des Zeugen Ne. geboten.
17
cc) Die Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Strafkammer hat die Aussage des Zeugen Ne. nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO aF durch die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Verlesung der Urkunde über dessen Einvernahme in Litauen ersetzen dürfen. Mit dem die Verlesung anordnenden Beschluss hat sie zugleich die beantragte Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung abgelehnt. Gegen ihre Pflicht zur Sachaufklärung hat die Strafkammer nicht verstoßen. Im Einzelnen:
18
(1) Die Strafkammer hat ohne Rechtsfehler über die Aussage des Zeugen in Litauen Urkundsbeweis gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 aF, Abs. 4 Satz 1, 2 StPO erhoben.
19
(a) Bei dem verlesenen Schriftstück handelt es sich um eine "Niederschrift über eine Vernehmung" des Zeugen Ne. im Sinne des § 251 Abs. 1 StPO aF.
20
Vermerke von Polizeibeamten, in denen Angaben eines einvernommenen Zeugen niedergelegt sind, können solche Vernehmungsniederschriften darstellen, auch wenn es sich um Zusammenfassungen von Zeugenaussagen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1998 - 5 StR 574/97, BGHR StPO § 251 Abs. 2 Erklärung 2). Anderes gilt für polizeiliche Aktenvermerke, die keine Vernehmungen zum Gegenstand haben; sie sind lediglich schriftliche Erklärungen des betreffenden Polizeibeamten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 1991 - 2 StR 415/91, BGHR StPO § 251 Abs. 2 Erklärung 1). Von bestimmten Formerfordernissen - etwa Unterschriften - hängt die Verlesbarkeit einer Urkunde nach § 251 Abs. 1 StPO aF nicht ab (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 1953 - 5 StR 264/53, BGHSt 5, 214, 216 f.; vom 5. Dezember 1984 - 2 StR 526/84, BGHSt 33, 83, 88; zum Ganzen MüKoStPO/Kreicker, § 251 Rn. 18, 20; LR/Sander/Cirener, StPO, 26. Aufl., § 251 Rn. 8).
21
Dass es sich hier bei dem verlesenen Schriftstück der Sache nach um eine Niederschrift über eine in Litauen durchgeführte Vernehmung handelt, ergibt sich sowohl aus dessen Inhalt als auch den Umständen, wie das Dokument Eingang in die Verfahrensakten gefunden hatte. Neben den vorab aufgeführten vollständigen Personalien des Zeugen (einschließlich "Personenidentitätscode" ) enthält es dessen Bekundungen zu dem gegenständlichen Geschehen , die eingeleitet werden mit "Bei der Vernehmung am 11.09.2007 gab er an, dass ...". Die nachfolgenden Angaben nehmen ersichtlich auch auf konkrete Fragen Bezug, die in Zusammenhang mit dem Geschehen standen. Das Dokument war der Kriminalpolizei Oldenburg von litauischen Ermittlungsbehörden anlässlich eines Koordinierungstreffens zum Zweck der bilateralen Rechtshilfe übergeben worden. Fehlende Unterschriften und die Wiedergabe der Angaben in indirekter Rede führen nach dem oben Dargelegten - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht dazu, dass keine Vernehmungsniederschrift im Sinne des § 251 Abs. 1 StPO aF vorgelegen hätte.
22
(b) Die Wertung der Strafkammer, der Zeuge Ne. könne im Sinne des § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StPO aF in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden, begegnet ebenso wenig durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
23
Wohnt ein Zeuge im Ausland, so gilt, dass das Erfordernis, dort eine Ladung zu bewirken, für sich gesehen nicht die Verlesung einer Vernehmungsniederschrift nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StPO aF ermöglicht. Vielmehr muss das Gericht regelmäßig versuchen, ihn zu laden und zu einem Erscheinen in der Hauptverhandlung zu veranlassen. Für den Umfang der hierbei gebotenen Bemühungen gibt es keinen für alle Fälle gültigen Maßstab. Die gerichtliche Entscheidung erfordert vielmehr eine Abwägung der Bedeutung der Sache und der Wichtigkeit der Zeugenaussage für die Wahrheitsfindung einerseits gegen das Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens unter Berücksichtigung der Aufklärungspflicht andererseits (§ 244 Abs. 2 StPO). Die Bemühungen, die Vernehmung eines Zeugen trotz erheblicher Schwierigkeiten zu ermöglichen, müssen der Bedeutung der Aussage angemessen sein (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1968 - 4 StR 615/67, BGHSt 22, 118, 120; Beschluss vom 6. Mai 1997 - 1 StR 169/97, BGHR StPO § 251 Bemühungen 1; KK-Diemer, StPO, 7. Aufl., § 251 Rn. 13).
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Dem Vorsitzenden der Strafkammer war es rechtlich nicht verwehrt, den Zeugen mit einfachem Brief zu laden. Verfahrensurkunden, die für im litauischen Hoheitsgebiet aufhältige Personen bestimmt sind, sind diesen grundsätzlich unmittelbar durch die Post zu übersenden. Das folgt aus Art. 5 Abs. 1 des Rechtshilfeübereinkommens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 (EU-RhÜbk), das im Rechtshilfeverkehr mit Litauen Anwendung findet. Der Begriff der Verfahrensurkunde umfasst auch Ladungsschreiben (vgl. Gleß/Schomburg in Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., Art. 5 EU-RhÜbk Rn. 3). Eine spezifische Art der Versendung sieht Art. 5 EU-RhÜbk nicht vor. Dem in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 EU- RhÜbk geregelten Erfordernis einer Übersetzung des Ladungsschreibens in die litauische Sprache hatte der Vorsitzende Genüge getan. Auch das nationale Strafverfahrensrecht (s. § 48 Abs. 2 StPO) sieht für die Ladung eines - in- oder ausländischen - Zeugen keine bestimmte Form vor (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 4 StR 315/89, bei Schmidt, MDR 1989, 1039). Einfacher Brief genügt, wenngleich es sich für die Hauptverhandlung empfiehlt, dem Zeugen die Ladung zum Zweck des Nachweises förmlich zuzustellen (vgl. LR/Ignor/ Bertheau, StPO, 27. Aufl., § 48 Rn. 6; s. auch Nr. 117 Abs. 1 RiStBV); im Rechtshilfeverkehr mit Litauen erfordert die Zustellung nach § 37 Abs. 1 StPO, § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO mindestens ein Einschreiben mit Rückschein, wobei dieser für den Nachweis ausreichend ist (§ 37 Abs. 1 StPO, § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 ZPO).
25
Zwar wird eine Ladung mit einfachem Brief im Allgemeinen nicht ausreichend sein, um die Unmöglichkeit der Vernehmung des Zeugen auf absehbare Zeit feststellen zu können, weil der Zugang des Ladungsschreibens ungewiss ist (zum Ablehnungsgrund der Unerreichbarkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO, für den gleiche Gesichtspunkte maßgebend sind, vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1993 - 1 StR 419/92, NStZ 1993, 294, 295; Beschluss vom 2. Oktober 1984 - 1 StR 477/84, StV 1985, 48; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 253). Im hiesigen Fall ist das Unterbleiben einer förmlichen Zustellung indes auf Grund folgender Erwägungen unschädlich:
26
Um eine Vernehmung des Zeugen auch in der Hauptverhandlung zu ermöglichen , hatte der Vorsitzende zusätzliche Tätigkeiten für eine Kontaktaufnahme entfaltet, sowohl unmittelbar als auch mittelbar über das Rechtshilfegericht , das bereits in erheblichem Umfang mit der Durchführung audiovisueller Vernehmungen gemäß § 247a StPO befasst war. In Anbetracht dessen hat die Strafkammer in dem die Verlesung anordnenden Beschluss ersichtlich unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes sowie mit ausdrücklichem Hinweis auf die Aufklärungspflicht von weiteren Bemühungen abgesehen. Die Strafkammer hatte bereits seit 2011 Rechtshilfe mit den litauischen Behörden betrieben, um zu ermitteln, inwieweit auf der Seite der litauischen Gesellschaften beteiligte Personen in die Machenschaften der - diesbezüglich geständigen - Angeklagten sowie früherer Mitangeklagter involviert waren. So hatte sie wiederholt auf Antrag der Verteidigung umfangreiche litauische Ermittlungsakten und Gerichtsentscheidungen beigezogen und die Unterlagen bis in das Jahr 2014 hinein in die deutsche Sprache übersetzen lassen (UA S. 85 f.). In der Hauptverhandlung waren unter anderem 15 Zeugen aus Litauen einvernommen worden, davon neun aus den Reihen der Leasinggeberin und deren Muttergesellschaft. Die Beweisaufnahme hatte aus Sicht der Strafkammer keinen Anhalt dafür erbracht, dass für die Geschädigte verantwortlich Handelnde Kenntnis von der fehlenden Lieferbereitschaft der Firma "Nutzfahrzeugcentrum Elias Hachem" hatten (UA S. 30, 57). Die Strafkammer hatte dies, ohne dass dagegen sachlich etwas zu erinnern wäre, in Beweisbeschlüssen mehrfach zum Ausdruck gebracht. Da die das Vermögen der Leasinggeberin schmälernde Vermögensverfügungen ihre Grundlage in zwei Gremienentscheidungen hatten, lag eine die Betrugsstrafbarkeit ausschließende Bösgläubigkeit der Verfügenden umso ferner; selbst der frühere Mitangeklagte St. hatte nur von einem "involvierten Bankdirektor" gesprochen (UA S. 12). Hinzu kam, dass die Angaben, die der Zeuge Ne. bei seiner Vernehmung in Litauen gemacht hatte, den für das Beweisziel wesentlichen Beweisbehauptungen des Beweisantrags im Kern widersprachen.
27
Unter den gegebenen Umständen durfte die Strafkammer ausnahmsweise die Vernehmungsniederschrift auch ohne vorherige förmliche Zustellung des Ladungsschreibens verlesen. In Anbetracht der oben (unter II. 2. a) aa)) dargestellten Bemühungen des Vorsitzenden schien es ausgeschlossen, dass der Zeuge, sollte er noch an der Empfängeranschrift wohnhaft gewesen sein, von seiner beabsichtigen Einvernahme keine Kenntnis hatte. Wäre er indes - worauf der Beschwerdeführer hinweist - zuvor verzogen gewesen, so wäre er für die Strafkammer unbekannten Aufenthalts und eine Aufenthaltsermittlung im Ausland - gemäß den oben dargelegten Maßstäben - nach Maßgabe des Beschleunigungsgebots und der Pflicht zur Sachaufklärung nicht veranlasst gewesen.
28
(2) Die Verlesung der Vernehmungsniederschrift hat die mit dem Beweisantrag vom 18. Juli 2016 begehrte Vernehmung des Zeugen Ne. in der Hauptverhandlung ersetzt. Mit dem den Urkundsbeweis anordnenden Beschluss hat die Strafkammer eine solche persönliche Vernehmung abgelehnt und damit der Sache nach den Beweisantrag beschieden.
29
Das Gericht muss das vom Beweisantragsteller benannte Beweismittel nicht verwenden, wenn ihm das Gesetz die Befugnis einräumt, es durch ein anderes Beweismittel zu ersetzen. Darf das Gericht nach § 251 StPO Urkundsstatt Zeugenbeweis erheben und deckt das vernehmungsersetzende Schriftstück die behaupteten Beweistatsachen ab, so ist über die Anhörung des Zeugen nur noch nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht zu befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1979 - 5 StR 513/79, bei Pfeiffer, NStZ 1981, 95 [für eine Behördenauskunft nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 StPO]; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 145; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 116; ferner BGH, Beschluss vom 15. April 2003 - 1 StR 64/03, BGHSt 48, 268, 273 [für die Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO]).
30
Zwar neigt der Senat (entgegen BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - 2 StR 132/08, NStZ 2008, 529) zu der Ansicht, dass es in diesen Fällen gleichwohl eines das Beweisbegehren zurückweisenden Beschlusses bedarf; denn der Antragsteller muss sich darauf einstellen können, dass und aus welchen Gründen das Gericht den gewünschten Beweis nicht erheben wird. Das Beweisbegehren ist daher als Aufklärungsantrag zu bescheiden (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 177). Eine solche ablehnende Entscheidung liegt hier jedoch vor. In den Gründen des Beschlusses, mit dem die Verlesung der den Zeugen Ne. betreffenden Vernehmungsniederschrift angeordnet worden ist, hat die Strafkammer unmissverständlich und unbedingt dargetan , dass sie unter Berücksichtigung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht keine weiteren Bemühungen entfalten wird, den Zeugen beizubringen, und ihn somit in der Hauptverhandlung nicht vernehmen wird. Weitere Darlegungen waren nicht geboten.
31
(3) Wie sich aus den obigen Ausführungen (s. II. 2. a) cc) (1) (b)) ergibt, liegt ein vom Beschwerdeführer geltend gemachter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nicht vor.
32
b) Hinsichtlich des Schuldspruchs und der Kompensationsentscheidung hat die Nachprüfung des Urteils anhand der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten H. ergeben. Insbesondere hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei angenommen, der Angeklagte habe seine als Beihilfehandlungen beurteilten Tatbeiträge vorsätzlich in Bezug auf die gemeinschaftlich von dem Angeklagten S. und dessen Mittätern begangene Betrugstat erbracht:
33
aa) An den Vorsatz des Gehilfen sind geringere Anforderungen als an denjenigen des Täters zu stellen. Derjenige, der lediglich eine fremde Tat fördert , braucht Einzelheiten dieser Tat nicht zu kennen und keine bestimmten Vorstellungen von ihr zu haben. Allerdings ist ein Mindestmaß an Konkretisierung erforderlich. Der Hilfeleistende muss die zentralen Merkmale der Haupttat, namentlich den wesentlichen Unrechtsgehalt und die wesentliche Angriffsrichtung , im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 1990 - 3 StR 448/89, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 6; vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; vom 8. November 2011 - 3 StR 310/11, NStZ 2012, 264; vom 28. Februar 2012 - 3 StR 435/11, wistra 2012, 302).
34
Hat der Gehilfe bestimmte Vorstellungen, so ist es unschädlich, wenn diese in den Einzelheiten unzutreffend sind, sofern der Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der vorgestellten und der begangenen fremden Tat im Wesentlichen übereinstimmen. Dabei kommt es nicht notwendig darauf an, ob die tatsächlich verwirklichte Haupttat ihrer rechtlichen Beurteilung nach dieselbe ist, auf die sich die Vorstellung des Hilfeleistenden bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, BGHSt 11, 66). Der Gehilfenvorsatz wird nicht allein durch eine solche unterschiedliche rechtliche Einordnung in Frage gestellt, soweit es sich nicht um gänzlich verschiedene Taten im beschriebenen Sinne handelt; das gilt insbesondere auch für das Verhältnis von Beihilfe zum Betrug und zur Untreue (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; vom 28. Februar 2012 - 3 StR 435/11, wistra 2012, 302; ferner Fischer, StGB, 65. Aufl., § 27 Rn. 22; BeckOK StGB/Kudlich, § 27 Rn. 18).
35
bb) Gemessen daran handelte der Angeklagte H. mit Gehilfenvorsatz in Bezug auf die gegenständliche Betrugstat zum Nachteil der "U. ". Er wusste, dass die Lieferung der zehn Lkw nicht beabsichtigt war und somit das Verkaufsangebot der Firma "N. " ebenso wie die Vertragsunterlagen und Rechnungen zur Abwicklung des Geschäfts nur zum Schein erstellt wurden. Überdies hatte er Kenntnis vom alleinigen Zweck des Leistungsversprechens, ohne Gegenleistung eine Zah- lung des vereinbarten Kaufpreises durch die "U. " zu erlangen; dementsprechend umfasste sein Vorsatz den Vermögensschaden, den diese Gesellschaft erlitt. Außerdem war dem Angeklagten H. bekannt , dass die vorgespiegelten Verkaufsaktivitäten seiner Firma von entscheidender Bedeutung für den zumindest vom früheren Mitangeklagten St. und dem Angeklagten S. entwickelten Tatplan waren. Einzig der Umstand, dass der Angeklagte H. - nicht ausschließbar - dachte, über das Vermögen der "U. " verfügende Personen wären "eingeweiht" , bewirkt nicht, dass sich die von ihm angenommene Tat im Unrechtsgehalt und in der Angriffsrichtung wesentlich von der festgestellten unterscheidet. Die abweichende rechtliche Beurteilung einer solchen Haupttat als Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) schadet daher nicht.
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c) Der Strafausspruch gegen den Angeklagten H. hält hingegen sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat rechtsirrig den unzutreffenden Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt und dabei die vertypten Strafmilderungsgründe des § 27 StGB und des § 28 Abs. 1 StGB analog übersehen.
37
Die entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB ergibt sich daraus, dass sich der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. - nicht ausschließbar - allein auf eine Untreue bezog und diesem keine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der Geschädigten oblag. Infolge einer solchen Fehlvorstellung darf der Angeklagte nach Auffassung des Senats nicht schlechter gestellt werden, als wenn sein Vorstellungsbild den Tatsachen entsprochen hätte (zur Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 StGB neben § 27 Abs. 2 StGB, falls die Beihilfestrafbarkeit nicht allein auf dem Fehlen eines strafbegründenden persönlichen Merkmals beruht, s. BGH, Beschlüsse vom 25. Okto- ber 2011 - 3 StR 309/11, NStZ 2012, 630; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 118; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 28 Rn. 54 mwN).
38
Zwar stellt es hier keinen Erörterungsmangel dar, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob auf Grund allgemeiner (nicht vertypter) Strafmilderungsgründe trotz des Regelbeispiels des Vermögensverlusts großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) ein besonders schweren Fall (§ 263 Abs. 3 Satz 1 StGB) zu verneinen und daher vom Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB auszugehen war; denn dies lag fern. Die Strafkammer hätte aber prüfen müssen, ob unter Berücksichtigung eines oder beider vertypten Milderungsgründe Anlass bestand, den Grundstrafrahmen, gegebenenfalls nach nochmaliger Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB bzw. entsprechend § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB, zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2015 - 2 StR 369/15, StV 2016, 565; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 6. Aufl., Rn. 1143 f. mwN). Hätte die Strafkammer gleichwohl nicht von der Regelwirkung abgesehen, so wäre zumindest der in § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB normierte Sonderstrafrahmen zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen.

III.

39
Infolgedessen ist das Urteil in den Strafaussprüchen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die von der Strafkammer in dem angefochtenen Urteil zur Strafrahmenwahl und Strafzumessung getroffenen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler, der lediglich in einer rechtsfehlerhaften Wertung der festgestellten Tatsachen besteht, nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Hinsichtlich des Angeklagten S. haben die Feststellungen ohnehin auf Grund der Senatsentscheidung vom 13. Januar 2010 insoweit, als sie nicht über diejenigen des ersten Urteils vom 28. November 2008 hinausgehen, weiter Bestand. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung der Strafaussprüche nicht erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, NStZ 2010, 531, 532; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341, 343).
40
Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 StPO Gebrauch gemacht und die Sache an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen. Becker Schäfer Spaniol Berg Hoch

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


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Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, gena

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(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden, 1. wenn der Angeklagte einen Vert

Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

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(1) Für die Durchführung1.der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustel

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 500/09
vom
13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Januar 2010 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 28. November 2008 aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Der Schuldspruch wegen Betruges hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt : "Eine Strafbarkeit wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass eine andere Person über Tatsachen getäuscht wird und durch den so hervorgerufenen Irrtum zu einer vermögensmindernden Verfügung veranlasst wird (Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 5). Bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen müssen die Urteilsgründe daher regelmäßig darlegen, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat (Senat NStZ 2002 [richtig: 2003], 313, 314 f.). Im Allgemeinen werden bei einer Bank Auszahlungsanordnungen auf der üblicherweise dafür vorgesehenen Sachbearbeiterebene getroffen. Im vorliegenden Fall ist angesichts der Größenordnung des Geschäfts jedoch davon auszugehen, dass die Entscheidung auf einer vorgesetzten Ebene getroffen wurde oder diese dem Sachbearbeiter zumindest Anweisungen erteilt hat, bevor es zur Auszahlung des angeblichen Kaufpreises kam. Für die Beurteilung der lrrtumsfrage bedurfte es daher der Feststellung, wer die Verfügung traf und welche Erkenntnisse der Verfügende hinsichtlich des finanzierten Geschäfts hatte (vgl. Senat aaO; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9 und 15; Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 263 Rdn. 41a). Die knappen Feststellungen des Landgerichts bieten keine hinreichende Grundlage für die Beantwortung der Frage, inwieweit die Auszahlung des Kaufpreises durch einen täuschungsbedingten Irrtum des Verfügenden veranlasst wurde. Die Strafkammer hat insoweit lediglich festgestellt, dass durch die Vorlage der unter Mitwirkung des Angeklagten zum Schein erstellten Verträge und Rechnungen die den (angeblichen) Kauf finanzierende Iitauische Bank zur Überweisung des Kaufpreises veranlasst werden sollte. Zugleich hat sie jedoch festgestellt, dass ein 'involvierter Direktor der U. banko ' einen fest vereinbarten Anteil des ausgezahlten Betrages erhalten sollte (UA S. 5). Angesichts dieser Umstände hätte es der weiteren Klärung bedurft, inwieweit der Direktor, der offensichtlich Kenntnis von dem Scheingeschäft hatte, für die Auszahlung des Betrages verantwortlich war. Soweit dieser die Verfügung selbst vornahm oder eine entsprechende Anweisung erteilte, käme eine Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges nicht in Betracht. Es wäre dann zu prüfen, ob der Angeklagte Beihilfe zu der vom Direktor zum Nachteil der litauischen Bank begangenen Untreue geleistet hat ...
Der neue Tatrichter wird ergänzende Feststellungen hinsichtlich der Person des Verfügenden und dessen Vorstellungen treffen müssen. Da die bisher getroffenen Feststellungen von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind, können diese bestehen bleiben."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
2. Das weitergehende Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 498/09
vom
4. März 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Beihilfe zur Untreue
hier: Revisionen der Angeklagten B. und S.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 4. März 2010 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 357 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten B. und S. wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 29. April 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, auch soweit es die Angeklagten H. und St. betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten S. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt und gegen den Angeklagten B. eine solche von einem Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Angeklagten H. und St. hat es jeweils auf - ebenfalls zur Bewährung ausgesetzte - Freiheitsstrafen von zwei Jahren und daneben auf Geldstrafen von 250 Tagessätzen erkannt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten B. und S. mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte S. beanstandet auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg und sind auf die nicht revidierenden Angeklagten H. und St. zu erstrecken (§ 357 StPO). Auf die Verfahrensrügen des Angeklagten S. kommt es danach nicht mehr an.
2
Die Schuldsprüche halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die ihnen zugrunde liegenden Feststellungen enthalten einen offensichtlichen Widerspruch , der in den weiteren Entscheidungsgründen nicht aufgelöst wird. Sie vermögen daher das Urteil nicht zu tragen.
3
a) Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass die litauische Bank U. banko durch ein fingiertes Geschäft über die Lieferung von zehn Lkws mit Kühlaufliegern nach Litauen geschädigt wurde. Als vermeintlicher Verkäufer der Fahrzeuge trat zunächst auf Initiative des Angeklagten S. und des früheren Mitangeklagten Stä. die Firma des Angeklagten H. auf. Diese schloss mit der genannten Bank einen Kaufvertrag über die Fahrzeuge zu einem Kaufpreis von 1.286.000 €. Die Bank wiederum vereinbarte als Leasinggeberin mit der Firma U. Rent als Leasingnehmerin Leasingverträge über die Lkws. Deren Lieferung war indes zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt. Vielmehr sollten von dem seitens der U. banko gezahlten Kaufpreis 42,5 % an die U. Rent zurückfließen , 12,5 % sollte der Angeklagte S. erhalten, 30 % die als Verkäuferin auftretende deutsche Firma und 15 % ein "involvierter Direktor" der Bank. Dessen Beteiligung hat das Landgericht, ebenso wie diejenige "anderer relevanter Entscheidungsträger der beteiligten litauischen Firmen" zugunsten der Angeklagten unterstellt, da es ihre Einbindung in die Tat weder positiv feststellen noch hat ausschließen können.
4
Nachdem die litauische Bank 579.010 € an die Firma des Angeklagten H. gezahlt und dieser hiervon Teilbeträge an andere Beteiligte ausgekehrt hatte, wandte sich H. an den Angeklagten St. , durch dessen Vermittlung schließlich die Firma des Angeklagten B. als Verkäuferin in den Kaufvertrag über die Lkws mit der litauischen Bank eintrat. Diese zahlte sodann an die Firma des Angeklagten B. weitere 707.795 €. Wie von vornherein beabsichtigt, wurden die Lkw nicht geliefert.
5
b) Mit diesem Sachverhalt unvereinbar ist indes die Feststellung des Landgerichts (UA S. 10), dass der Geschäftsführer der U. Rent am 12. August 2006 die Firma B. aufsuchte, "um sich die Lkw zeigen zu lassen", und der frühere Mitangeklagte Stä. aus diesem Anlass telefonisch Kontakt zu dem Angeklagten St. aufnahm, "um zu erfragen, welche Grundstücke er den litauischen Besuchern zeigen solle, um die erforderlichen Abstellmöglichkeiten für die Lkw nachweisen zu können"; denn danach ging der Geschäftsführer der U. Rent ersichtlich davon aus, dass die Lkws geliefert werden sollten. Dies steht jedoch in einem offen Widerspruch zu der Feststellung, dass an die U. Rent 42,5 % des Kaufpreises zurückfließen sollten, mithin die dort Beteiligten notwendig um den Scheincharakter der Geschäfte wussten.
6
Dieser Widerspruch wird im Urteil nicht aufgelöst. Vielmehr wird der Besuch des Geschäftsführers der U. Rent bei der Firma B. in der Beweiswürdigung mehrfach belegt. Die Widersprüchlichkeit entzieht dem Urteil die Grundlage; denn ist es danach möglich, dass die Verantwortlichen der U. Rent von einer Lieferung der Lkws ausgingen, so entfällt ein wesentlicher Bestandteil der vom Landgericht angenommenen Untreuehandlung. Der Schädigung der Bank müssen dann völlig andere Absprachen zwischen den Beteiligten zugrunde gelegen haben. Danach hat das Urteil keinen Bestand; denn ihm kann vor diesem Hintergrund - insbesondere auch im Hinblick auf die teilweise Anwendung des Zweifelssatzes hinsichtlich der Tatbeteiligung auf litauischer Seite - nicht mit Sicherheit entnommen werden, dass sich die Angeklagten unabhängig von den genauen Vorgängen in Litauen und den Einzelheiten der dort getroffenen Absprachen auf jeden Fall der Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht haben. Die Sache muss daher erneut verhandelt werden.
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 202/02
vom
26. Juni 2002
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. Juni 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 14. März 2002 wird verworfen. Der verurteilende Teil der Entscheidungsformel wird dahin berichtigt, daß der Angeklagte wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern sowie wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in neun Fällen verurteilt ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten "des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 10 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung und in 4 Fällen begangen in einem besonders schweren Fall" schuldig gesprochen , ihn hinsichtlich zweier Tatvorwürfe freigesprochen und eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers ergeben. Der Senat hat jedoch die Entscheidungsformel berichtigt.
Die Strafkammer hat den Angeklagten wegen sexuellen Miûbrauchs von Kindern nach § 176 Abs. 1 StGB aF verurteilt und bei vier Taten einen besonders schweren Fall nach § 176 Abs. 3 StGB aF bejaht. Die Anwendung dieser Strafzumessungsvorschrift wird aber - anders als bei Annahme des nach § 176 a StGB nF nunmehr als Qualifikation ausgestalteten schweren sexuellen Miûbrauchs von Kindern - im Schuldspruch nicht erwähnt. Hat der Angeklagte bei einer Tat zugleich den Tatbestand eines Verbrechens (hier: sexuelle Nötigung) und den eines Vergehens (hier: sexueller Miûbrauch von Kindern) verwirklicht, so ist bei der rechtlichen Bezeichnung der Tat in der Entscheidungsformel das Verbrechen voranzustellen. Winkler Miebach Pfister von Lienen Becker
5 StR 315/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Dezember 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2006

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 16. Dezember 2003 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen und Bestechung in zwei Fällen verurteilt ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung in sieben Fällen, gemeinschaftlicher Bestechung in einem Fall sowie wegen Bestechung in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision , mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensbeanstandungen und die gegen den Schuldspruch gerichteten sachlichrechtlichen Angriffe des Beschwerdeführers bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift der Bundesanwaltschaft vom 18. August 2006 ohne Erfolg. Zur Klarstellung lässt der Senat in der Urteilsformel die Kennzeichnung von Taten als gemeinschaftlich begangen entfallen (vgl. BGHSt 27, 287, 289; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 24 m.w.N.).
3
2. Der Strafausspruch kann insgesamt keinen Bestand haben, weil sich das Landgericht in den Urteilsgründen nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob im vorliegenden Fall eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung gegeben war.
4
Zwar muss ein Revisionsführer, der das Vorliegen einer Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzenden Verfahrensverzögerung geltend machen will, grundsätzlich eine Verfahrensrüge erheben. Ergeben sich indes bereits aus den Urteilsgründen die Voraussetzungen einer solchen Verzögerung, hat das Revisionsgericht auf die Sachrüge hin einzugreifen. Das Gleiche gilt, wenn sich bei der auf die Sachrüge veranlassten Prüfung, namentlich anhand der Urteilsgründe, ausreichende Anhaltspunkte ergeben, die das Tatgericht zur Prüfung einer solchen Verfahrensverzögerung drängen mussten, so dass ein sachlichrechtlich zu beanstandender Erörterungsmangel vorliegt (BGHSt 49,

342).


5
So verhält es sich hier, denn das Landgericht hätte bei der vorliegenden außergewöhnlich langen Verfahrensdauer erörtern müssen, ob eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung gegeben war. Dies gilt in ganz besonderem Maße im Hinblick auf die bereits in den Jahren 1992 bis 1995 begangenen Taten der Steuerhinterziehung. Das insoweit ausweislich der Urteilsgründe schon seit 1996 gegen den Angeklagten geführte Ermittlungsverfahren wurde bereits am 6. Oktober 1998 mit Anklageerhebung abgeschlossen. Gleichwohl – und ohne dass sich das Urteil zu dem dazwischen liegenden Zeitraum verhält – eröffnete das Landgericht das Hauptverfahren erst am 25. Januar 2002. Auch das Ermittlungsverfahren wegen der dem Angeklagten zur Last gelegten Bestechungstaten aus den Jahren 1994 und 1995 wurde bereits am 15. August 2000 mit Anklageerhebung abgeschlossen. Die Hauptverhandlung fand dagegen erst vom 25. April bis zum 16. Dezember 2003 statt und begann damit erst mehr als viereinhalb Jahre nach Erhebung der Anklage wegen des Vorwurfes der Steuerhinterziehung und mehr als zweieinhalb Jahre nach Anklageerhebung wegen des Tatvorwurfes der Bestechung. Bei dieser Sachlage hätte sich das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung nicht damit begnügen dürfen, den „verhältnismäßig lange zurückliegenden Tatzeitraum“ (UA S. 122) und die „Belastungen, denen der Angeklagte durch das seit 1996 andauernde Strafverfahren einschließlich der acht Monate dauernden Hauptverhandlung ausgesetzt war“ (UA S. 117) lediglich pauschal strafmildernd in Ansatz zu bringen. Vielmehr hätte es die Gründe für die lange Verfahrensdauer, insbesondere diejenige nach Anklageerhebung , die sich nicht ohne weiteres aus der Komplexität des Verfahrensgegenstandes ergibt, erörtern und im Falle einer – hier nicht fern liegenden – rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung das Maß der gebotenen Kompensation durch Vergleich der an sich verwirkten mit der tatsächlich verhängten Strafe ausdrücklich und konkret bestimmen müssen (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 16).
6
Trotz der angesichts des festgestellten Sachverhalts erkennbar moderaten Strafzumessung kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil, soweit es den Beschwerdeführer betrifft, auf diesem Erörterungsmangel beruht. Gegen ihn sind die verhängten Strafen ohnehin deswegen deutlich zu ermäßigen, weil das Verfahren seit Urteilserlass erheblich verzögert worden ist. Das Urteil ist den Verteidigern des Angeklagten im Februar/März 2004 zugestellt worden und wurde von diesen noch im März 2004 begründet. Die Verfahrensakten gingen gleichwohl erst im Juli 2006 bei der Bundesanwaltschaft ein und wurden dem Senat erst im August 2006 vorgelegt. Dies ist im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH NStZ- RR 2002, 166; wistra 1999, 261). Die Gründe für diese Verfahrensverzögerung liegen ersichtlich im Bereich der Justiz.
7
3. Im Rahmen der neuen Strafzumessung wird das Landgericht die im angefochtenen Urteil versäumte Festsetzung der Tagessatzhöhe für die Einzelgeldstrafen (vgl. BGHSt 30, 93) nachzuholen haben.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 468/11
vom
8. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 8. November 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten F. gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 16. Mai 2011 wird das Urteil hinsichtlich dieser Angeklagten sowie der früheren Mitangeklagten K. dahin geändert, dass diese der sexuellen Nötigung schuldig sind.
2. Auf die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbezeichnete Urteil wird dessen Tenor hinsichtlich dieses Angeklagten dahin geändert, dass im Schuldspruch das Wort "gemeinschaftlichen" entfällt. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen. 4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten der "gemeinschaftlichen Vergewaltigung" schuldig gesprochen und sie - teils unter Einbeziehung früher verhängter Strafen - zu (Gesamt-)Freiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten F. und W. mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen; die Verteidigerin des Angeklagten W. hat zudem eine als Ver- fahrensrüge bezeichnete Beanstandung erhoben. Die Rechtsmittel führen zu einer Änderung des Schuldspruchs, die - soweit sie auf die Revision der Angeklagten F. hin erfolgt - gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die frühere Mitangeklagte K. zu erstrecken ist.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten W. ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 22. September 2011 dargelegten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch gehört die - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, zudem nicht zutreffende - Kennzeichnung der Vergewaltigung als "gemeinschaftlich" begangen nicht in die Urteilsformel (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 24 mwN). Der Senat lässt sie daher entfallen.
3
2. Das Rechtsmittel der Angeklagten F. führt ebenfalls zu einer Änderung des Schuldspruchs. Sie ist der sexuellen Nötigung (nicht der "gemeinschaftlichen Vergewaltigung") schuldig. Diese Änderung ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die Mitangeklagte K. zu erstrecken. Im Übrigen hat die Revision der Angeklagten F. aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat lediglich der Angeklagte W. an dem Tatopfer eine mit dem Eindringen in dessen Körper verbundene sexuelle Handlung (Oralverkehr) vorgenommen. Zu dem vom Opfer erzwungenen "Lecken" der Angeklagten F. hat die Strafkammer ein Eindringen in deren Körper nicht festgestellt; das Einführen der Zahnbürste und der Weinflasche erfolgte durch das Opfer selbst und erfüllt deshalb nicht den Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB (vgl. SSW-StGB/Wolters § 177 Rn. 7 mwN). Eine Verurteilung wegen "gemeinschaftlicher Vergewaltigung" scheidet daher aus (vgl. SSW-StGB/Wolters § 177 Rn. 50 mwN).
5
Jedoch ist die Strafkammer rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Angeklagte F. und die frühere Mitangeklagte K. den Tatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht haben. Dieser ist indes - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - im Urteilstenor als "sexuelle Nötigung" zu bezeichnen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08). Die Urteilsformel war daher entsprechend zu berichtigen.
6
Angesichts der Besonderheiten des Falles (Misshandlung und Demütigung des behinderten, die Freundschaft insbesondere der Angeklagten F. suchenden Opfers über den Zeitraum etwa einer Woche mit erheblicher Gewaltanwendung und Drohungen) und der milden (Einzel-)Strafen für die Angeklagten F. (zwei Jahre sieben Monate) und K. (zwei Jahre acht Monate ) schließt der Senat aus, dass die gegen diese Angeklagten verhängten Strafen auf der Bejahung von § 177 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB beruhen, zumal das Landgericht bei der Strafzumessung auf das Vorliegen dieser beiden Alternativen des § 177 Abs. 2 StGB nicht abgestellt, sondern sie lediglich in Zusammenhang mit der Benennung des Strafrahmens angeführt hat.
Ernemann Cierniak Franke Mutzbauer Quentin
5
3. Der Senat kann die Schuldspruchänderung selbst vornehmen, da auszuschließen ist, dass die Angeklagten sich gegen den Vorwurf tateinheitlicher Begehung erfolgreicher als geschehen hätten verteidigen können. Zugleich lässt der Senat die Bezeichnung der gefährlichen Körperverletzung als "gemeinschaftlich" begangen entfallen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 24 mwN).
7
b) Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Bezeichnung der Tat als "gemeinschaftlich" begangen nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist (BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289; vom 13. Dezember 2006 - 5 StR 315/06, NStZ-RR 2007, 71; vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45; vom 9. Oktober 2013 - 4 StR 344/13, juris Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 260 Rn. 24).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 294/09
vom
24. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
24. September 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 10. März 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 35 Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 38 Fällen, davon in drei Fällen in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 12 Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei er in fünf Fällen als Mitglied einer Bande handelte, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 5.000 € angeordnet und verschiedene Gegenstände sowie Bargeld in Höhe von 300 € eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. In den Fällen II. B. 2., 3., 6. bis 8. hat die jeweils tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge neben der - aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts rechtsfehlerfreien - Verurteilung wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 a Abs. 1 BtMG) keinen Bestand. Der Bandenhandel verbindet in den Fällen des § 30 a BtMG die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden Teilakte, insbesondere auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit (Weber , BtMG 3. Aufl. § 30 a Rdn. 36 m. w. N.). Als unselbständigem Teilakt des Handeltreibens kommt der Bandeneinfuhr neben dem Bandenhandel daher keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.
3
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert und den Tenor im Übrigen aus Gründen der Klarstellung neu gefasst.
4
2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.
5
Das Landgericht hat bei allen Taten gleichermaßen sowohl bei der Wahl des Strafrahmens als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten u. a. gewertet, dass der (Betäubungsmittel-) "Handel... nur dem eigenen Gewinnstreben, insbesondere nicht der Finanzierung einer eigenen Abhängigkeit" gedient habe. Diese Erwägung lässt besorgen, dass das Landgericht das zum Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehörende Gewinnstreben entgegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafzumessung rechtsfehlerhaft zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat.
6
Zwar ist es dem Tatrichter nach der bisherigen - allerdings keineswegs einheitlichen - Rechtsprechung nicht verwehrt, die ausschließlich gewinnorientierte Motivation eines Angeklagten als verwerflicher zu bewerten als den häufig vorkommenden Fall, dass der Täter nur deshalb Handel mit Betäubungsmitteln treibt, weil er keinen anderen Weg sieht, die Mittel für die Befriedigung seiner eigenen Rauschgiftabhängigkeit aufzubringen (BGHR StGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 2; BGH NStZ-RR 1997, 50; BGH, Urt. vom 11. September 2003 - 1 StR 146/03, insoweit in NStZ 2004, 398 nicht abgedruckt; einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB bejahend dagegen BGH, Beschl. vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00, insoweit in StV 2001, 68 nicht abgedruckt). Der Senat hat mit Blick auf das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB Bedenken, an dieser - soweit ersichtlich von ihm selbst begründeten (BGHR aaO) - Rechtsprechung festzuhalten. Denn das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens setzt stets voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt. Deshalb kann ihm dieses Gewinnstreben, jedenfalls solange es den Rahmen des Tatbestandsmäßigen nicht deutlich übersteigt (BGHR StGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 1), bei der Strafzumessung nicht zum Nachteil, sondern allenfalls bei Vorliegen einer weniger verwerflichen Tatmotivation zum Vorteil gereichen. Mit der strafschärfenden Berücksichtigung einer rein gewinnorientierten Motivation wird dem Täter deshalb auch - rechtsfehlerhaft - das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes angelastet (ebenso BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 11). Der Senat braucht die Rechtsfrage jedoch nicht zu entscheiden. Denn ein Fall eines rein gewinnorientierten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist hier nicht belegt. Vielmehr hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte seit seinem 16. Lebensjahr Kontakt zu Drogen hat und bis zu seiner Festnahme in vorliegender Sache selbst regelmäßig Haschisch und Kokain konsumierte. In Anbetracht dieser Feststellungen ist nicht auszuschließen, dass die Gewinne aus den Drogengeschäften auch der Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums des ansonsten einkommenslosen Angeklagten dienten und deshalb kein hiervon gänzlich unabhängiges Gewinnstreben des Angeklagten vorlag. Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil ein besonders verwerfliches, den Rahmen des tatbestandsmäßigen deutlich übersteigendes Gewinnstreben des Angeklagten bei Begehung der Taten gegeben war. Entsprechende Anhaltspunkte lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
7
Da sich der Rechtsfehler bei Bemessung sämtlicher Einzelstrafen ausgewirkt hat, unterliegt der Strafausspruch insgesamt der Aufhebung. Jedoch handelt es sich lediglich um einen Wertungsfehler, so dass die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben können. Im Rahmen der neuen Strafzumessung sind ergänzende Feststellungen möglich, sofern sie den bisher getroffenen nicht widersprechen. Die Anordnungen des Wertersatzverfalls und der Einziehung sind von der Aufhebung nicht betroffen. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer
5
Diese Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Vorhandensein einer für Motivation und Zielsetzung mitbestimmenden finanziellen Notlage wirkt in der Regel zu Gunsten des Täters. Das Fehlen eines solchen möglichen Strafmilderungsgrundes darf nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 1995 - 4 StR 233/95, StV 1995, 584, und vom 9. November 2010 - 4 StR 532/10; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 46 Rn. 57d mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 288/13
vom
13. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. August 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 13. März 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in zehn Fällen, des Diebstahls und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 14 Fällen, Diebstahls und Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch war abzuändern, weil sich der Angeklagte in den Fällen 12 und 13, 15 und 16 sowie 17, 18 und 19 der Urteilsgründe jeweils nur eines Betruges schuldig gemacht hat.
3
Nach den Feststellungen spiegelte der Angeklagte der Geschädigten am frühen Abend des 20. November 2012 vor, kurzfristig Geld für die Auslösung von Teppichen zu benötigen und sicherte bewusst wahrheitswidrig zu, dieses mit 20% Gewinn zurückzuzahlen. Nachdem ihm die Zeugin im Vertrauen hierauf zunächst nur 450 Euro gegeben hatte, weil sie an einem Tag keinen größeren Geldbetrag abheben konnte (Fall 12), suchte sie der Angeklagte nach Mitternacht erneut auf und erhielt aus einer weiteren Abhebung nochmals 400 Euro (Fall 13). Anlässlich eines weiteren Treffens am 22. November 2012 spiegelte der Angeklagte der Geschädigten vor, noch einen größeren Geldbetrag für das Auslösen der Teppiche zu benötigen. Darauf übergab ihm die Zeugin weitere 5.700 Euro (Fall 15) und schließlich auf sein Drängen kurz darauf nochmals 1.600 Euro (Fall 16). Im Fall 17 täuschte der Angeklagte der Zeugin vor, über eine Geldanlage bei einer Bank einen Gewinn in Höhe von 20% erzielen zu können. Die Zeugin überließ ihm daraufhin 18.000 Euro, die sie sich von einer Freundin geliehen hatte, sowie bei zwei weiteren Gelegenheiten aus eigenen Mitteln einmal 2.800 Euro (Fall 18) und nochmals 400 Euro (Fall 19).
4
Nach diesen Feststellungen hat der Angeklagte im Fall 13, im Fall 16 und in den Fällen 18 und 19 seinen ursprünglichen Tatplan lediglich weiterverfolgt und die in den jeweils vorgelagerten Fällen 12, 15 und 17 bei dem Tatopfer er- zeugten Irrtümer zur Erlangung weiterer Teilbeträge ausgenutzt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 1998 – 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110).
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
6
2. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
7
a) Das Landgericht hat bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Fälle des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass er aus eigennützigen Motiven, „ohne in einer Not- oder Konfliktlage gewesen zu sein“, wiederholt verschiedene Kraftfahrzeuge auch über längere Strecken ohne Fahrerlaubnis geführt hat (UA S. 19). Diese Erwägung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein Handeln aus eigennützigen Motiven wird durch die Feststellungen nicht belegt. Das zusätzliche Abstellen auf das Fehlen einer „Not- oder Konfliktlage“ lässt zudem besorgen, dass es sich bei dieser Formulierung um eine eigenständige – für den Angeklagten nachteilige – Wertung handelt. Hiergegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken, weil sich das Landgericht dabei nicht mehr auf die von ihm festgestellten Tatsachen beschränkt. Stattdessen wird die Tatmotivation des Angeklagten an einem hypothetischen Sachverhalt gemessen, der zu dem zu beurteilenden keinen Bezug hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81, 82; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350; Urteil vom 28. Mai 1980 – 3 StR 176/80, NStZ 1981, 60). Dem Angeklagten wird deshalb das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zur Last gelegt (BGH, Beschluss vom 24. September 2009 – 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25; Beschluss vom 16. Mai 1995 – 4 StR 233/95, StV 1995, 584).
8
b) Rechtlich bedenklich ist es auch, dass das Landgericht bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Betrugstaten und den Diebstahl (Fälle 6 bis 20) straferhöhend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte weder eine schulische und berufliche Ausbildung noch eine regelmäßige Erwerbstätigkeit angestrebt hat (UA S. 20). Umstände, die zur allgemeinen Art der Lebensführung des Täters gehören, dürfen ihm bei der Strafzumessung indes nur dann zur Last gelegt werden, wenn sie eine Beziehung zu der abgeurteilten Tat haben und sich daraus eine höhere Tatschuld ergibt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2000 – 2 StR 96/00, NStZ 2001, 87, 88; Beschluss vom 20. September 1996 – 2 StR 209/96, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 27; Beschluss vom 23. August 1989 – 3 StR 264/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 9; Beschluss vom 22. Juli 1988 – 2 StR 361/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 8; Beschluss vom 13. November 1987 – 2 StR 558/87, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 7). Dies ist hier jedenfalls in Bezug auf die angeführten schulischen und beruflichen Ausbildungsdefizite des Angeklagten, die – wie sich aus den Feststellungen zur Person ergibt (UA S. 2) – ihre Ursache bereits im Kindesalter und im Lebensstil seiner Herkunftsfamilie haben, nicht der Fall.
9
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Schlechterstellungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) sowohl für die Bestimmung der Einzelstrafen, als auch für die Bildung der Gesamtstrafe gilt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, Rn. 3; Urteil vom 21. Mai 1951 – 3 StR 224/51, BGHSt 1, 252, 253 ff.). Allerdings dürfen die neu festzusetzenden Einzelstrafen für die Fälle 12, 15 und 17 erhöht werden, weil diesen Taten durch die Schuldspruchänderung der Schuld- und Unrechtsgehalt aus den ursprünglich selbstständig abgeurteilten Fällen 13, 16 sowie 18 und 19 zugeordnet worden ist und deshalb höhere Schadenssummen zugrunde zu legen sind. Das Schlechterstellungsverbot gebietet bei der Neubemessung dieser Einzelstrafen nur, dass die Summe der jeweils betroffenen bisherigen Einzelstrafen nicht überschritten wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, Rn. 33; Beschluss vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168, 169; Beschluss vom 19. November 2002 – 1 StR 313/02, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12). Soweit wieder Freiheitsstrafen unter sechs Monaten verhängt werden (Fälle 6 und 7), wird § 47 Abs. 1 StGB zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 – 5 StR 490/00, BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 8).
Sost-Scheible Cierniak Franke
RiBGH Bender ist urlaubsabwesend und deshalb gehindert , zu unterschreiben. Sost-Scheible Quentin

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Zeugen sind verpflichtet, zu dem zu ihrer Vernehmung bestimmten Termin vor dem Richter zu erscheinen. Sie haben die Pflicht auszusagen, wenn keine im Gesetz zugelassene Ausnahme vorliegt.

(2) Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hinweis auf verfahrensrechtliche Bestimmungen, die dem Interesse des Zeugen dienen, auf vorhandene Möglichkeiten der Zeugenbetreuung und auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens.

(3) (weggefallen)

(1) Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.

(3) Ist einem Prozessbeteiligten gemäß § 187 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung des Urteils zur Verfügung zu stellen, so ist das Urteil zusammen mit der Übersetzung zuzustellen. Die Zustellung an die übrigen Prozessbeteiligten erfolgt in diesen Fällen gleichzeitig mit der Zustellung nach Satz 1.

(1) Für die Durchführung

1.
der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 2.12.2020, S. 40; L 173 vom 30.6.2022, S. 133) in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie
2.
des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; L 120 vom 5.5.2006, S. 23), das durch die Mitteilung Dänemarks vom 22. Dezember 2020 (ABl. L 19 vom 21.1.2021, S. 1) geändert worden ist,
gelten § 1067 Absatz 1, § 1069 Absatz 1 sowie die §§ 1070 und 1071. Soweit nicht für die Zustellung im Ausland die vorgenannten Regelungen maßgeblich sind, gelten für die Zustellung im Ausland die Absätze 2 bis 6.

(2) Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Wenn Schriftstücke aufgrund solcher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post zugestellt werden dürfen, dann soll dies durch Einschreiben mit Rückschein oder mittels eines gleichwertigen Nachweises bewirkt werden, anderenfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen. Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Absatzes 4 erfolgen.

(3) Bestehen keine völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Zustellung, so erfolgt die Zustellung vorbehaltlich des Absatzes 4 auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des ausländischen Staates.

(4) Folgende Zustellungen in den Fällen der Absätze 2 und 3 erfolgen auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung:

1.
Zustellungen, deren Erledigung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder für die ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt,
2.
Zustellungen an ausländische Staaten sowie
3.
Zustellungen an entsandte Beschäftigte einer deutschen Auslandsvertretung und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen.

(5) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz genügt der Rückschein oder ein gleichwertiger Nachweis. Im Übrigen wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen.

(6) Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen eine Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke ermöglichen, ist für die Übermittlung solcher Schriftstücke in das Ausland das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person, die die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei notariellen Urkunden ist auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz der juristischen Person.

(1) Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.

(3) Ist einem Prozessbeteiligten gemäß § 187 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung des Urteils zur Verfügung zu stellen, so ist das Urteil zusammen mit der Übersetzung zuzustellen. Die Zustellung an die übrigen Prozessbeteiligten erfolgt in diesen Fällen gleichzeitig mit der Zustellung nach Satz 1.

(1) Für die Durchführung

1.
der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 2.12.2020, S. 40; L 173 vom 30.6.2022, S. 133) in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie
2.
des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; L 120 vom 5.5.2006, S. 23), das durch die Mitteilung Dänemarks vom 22. Dezember 2020 (ABl. L 19 vom 21.1.2021, S. 1) geändert worden ist,
gelten § 1067 Absatz 1, § 1069 Absatz 1 sowie die §§ 1070 und 1071. Soweit nicht für die Zustellung im Ausland die vorgenannten Regelungen maßgeblich sind, gelten für die Zustellung im Ausland die Absätze 2 bis 6.

(2) Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Wenn Schriftstücke aufgrund solcher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post zugestellt werden dürfen, dann soll dies durch Einschreiben mit Rückschein oder mittels eines gleichwertigen Nachweises bewirkt werden, anderenfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen. Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Absatzes 4 erfolgen.

(3) Bestehen keine völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Zustellung, so erfolgt die Zustellung vorbehaltlich des Absatzes 4 auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des ausländischen Staates.

(4) Folgende Zustellungen in den Fällen der Absätze 2 und 3 erfolgen auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung:

1.
Zustellungen, deren Erledigung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder für die ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt,
2.
Zustellungen an ausländische Staaten sowie
3.
Zustellungen an entsandte Beschäftigte einer deutschen Auslandsvertretung und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen.

(5) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz genügt der Rückschein oder ein gleichwertiger Nachweis. Im Übrigen wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen.

(6) Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen eine Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke ermöglichen, ist für die Übermittlung solcher Schriftstücke in das Ausland das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person, die die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei notariellen Urkunden ist auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz der juristischen Person.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Besteht die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen, wenn er in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden vernommen wird, so kann das Gericht anordnen, daß der Zeuge sich während der Vernehmung an einem anderen Ort aufhält; eine solche Anordnung ist auch unter den Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 zulässig, soweit dies zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die Aussage wird zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen. Sie soll aufgezeichnet werden, wenn zu besorgen ist, daß der Zeuge in einer weiteren Hauptverhandlung nicht vernommen werden kann und die Aufzeichnung zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. § 58a Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

(2) Das Gericht kann anordnen, dass die Vernehmung eines Sachverständigen in der Weise erfolgt, dass dieser sich an einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Vernehmung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Sachverständige aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Dies gilt nicht in den Fällen des § 246a. Die Entscheidung nach Satz 1 ist unanfechtbar.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung oder einer Urkunde, die eine von ihm erstellte Erklärung enthält, ersetzt werden,

1.
wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat und der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind;
2.
wenn die Verlesung lediglich der Bestätigung eines Geständnisses des Angeklagten dient und der Angeklagte, der keinen Verteidiger hat, sowie der Staatsanwalt der Verlesung zustimmen;
3.
wenn der Zeuge, Sachverständige oder Mitbeschuldigte verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann;
4.
soweit das Protokoll oder die Urkunde das Vorliegen oder die Höhe eines Vermögensschadens betrifft.

(2) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten darf durch die Verlesung des Protokolls über seine frühere richterliche Vernehmung auch ersetzt werden, wenn

1.
dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen;
2.
dem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann;
3.
der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte mit der Verlesung einverstanden sind.

(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beschließt das Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird das Protokoll über eine richterliche Vernehmung verlesen, so wird festgestellt, ob der Vernommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig erscheint und noch ausführbar ist.

(1) Verlesen werden können

1.
die ein Zeugnis oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen
a)
öffentlicher Behörden,
b)
der Sachverständigen, die für die Erstellung von Gutachten der betreffenden Art allgemein vereidigt sind, sowie
c)
der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes mit Ausschluss von Leumundszeugnissen,
2.
unabhängig vom Tatvorwurf ärztliche Atteste über Körperverletzungen,
3.
ärztliche Berichte zur Entnahme von Blutproben,
4.
Gutachten über die Auswertung eines Fahrtschreibers, die Bestimmung der Blutgruppe oder des Blutalkoholgehalts einschließlich seiner Rückrechnung,
5.
Protokolle sowie in einer Urkunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben und
6.
Übertragungsnachweise und Vermerke nach § 32e Absatz 3.

(2) Ist das Gutachten einer kollegialen Fachbehörde eingeholt worden, so kann das Gericht die Behörde ersuchen, eines ihrer Mitglieder mit der Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhandlung zu beauftragen und dem Gericht zu bezeichnen.

BGHR: ja
BGHSt: ja zu II.3.
Veröffentlichung: ja
______________________
Die vernehmungsersetzende Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer früheren
richterlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung nach § 255a Abs. 2
Satz 1 StPO erfordert nicht, daß der Verteidiger vor seiner Mitwirkung an jener
früheren Vernehmung teilweise oder vollständige Akteneinsicht nehmen konnte.
Die Notwendigkeit zu einer ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung
kann sich nach Maßgabe der richterlichen Aufklärungspflicht ergeben (§
255a Abs. 2 Satz 2, § 244 Abs. 2 StPO). Die Beurteilung insoweit ist stets eine
Frage des Einzelfalles.
Ein Antrag auf ergänzende Vernehmung in der Hauptverhandlung ist nach den
Grundsätzen des Beweisantragsrechts zu behandeln, wenn der Zeuge zum
Beweis einer neuen Behauptung benannt ist, zu der er bei der aufgezeichneten
und vorgeführten Vernehmung noch nicht gehört werden konnte.
BGH, Beschluß vom 15. April 2003 - 1 StR 64/03 - LG München I

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 64/03
vom
15. April 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2003 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30. August 2002 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und zweier versuchter Vergewaltigungen, begangen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern, sowie wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei weiteren Fällen unter Einbeziehung anderweitig verhängter Einzelstrafen zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten erhebt Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen mißbrauchte der Angeklagte die am 18. März 1987 geborene Ni. J. in der Zeit vom Winter 1994 bis zum Jahr 1996 in fünf Fällen. Die Geschädigte ist die Tochter eines Arbeitskollegen des Angeklagten, der diesem vorübergehend Unterkunft gewährt hatte. In dreien der Fälle versuchte der Angeklagte, mit seinem Glied
in die Scheide des sich wehrenden Kindes einzudringen, was ihm indes nur in einem Falle teilweise gelang. II. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. 1. Die Revision macht als absoluten Revisionsgrund eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes geltend (§ 338 Nr. 6 StPO, § 169 GVG). Sie beanstandet , daß während des Ausschlusses der Öffentlichkeit (gemäß § 171b GVG) nicht nur der Polizeibeamte S. als Zeuge vernommen und eine Bild-Ton-Aufzeichnung der polizeilichen Vernehmung der Geschädigten vom 11. Oktober 2001 mit dem Zeugen in Augenschein genommen wurde, sondern auch über die Vereidigung und Entlassung des Zeugen S. befunden, die Hauptverhandlung sodann unterbrochen und Termin zu ihrer Fortsetzung bestimmt worden ist. Die Rüge ist unbegründet. Beschränkt sich der Ausschluß der Öffentlichkeit auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt, wie hier die Dauer der (weiteren) Vernehmung eines Zeugen unter Einschluß einer Augenscheinseinnahme , so umfaßt er alle Verfahrensvorgänge, die mit der Vernehmung in enger Verbindung stehen oder sich aus ihr entwickeln und die daher zu diesem Verfahrensabschnitt gehören. Dazu zählt nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Entscheidung über die Vereidigung des Zeugen, die noch während des Ausschlusses der Öffentlichkeit vorgenommen werden kann (vgl. nur BGH NJW 1996, 2663). Nichts anderes kann aber für die Entlassung des Zeugen gelten. Soweit die Anordnung der Unterbrechung der Hauptverhandlung im Anschluß an die Zeugenvernehmung in Rede steht und die Öffentlichkeit währenddessen nicht wiederhergestellt war, ist denkgesetzlich auszuschließen,
daß das Urteil hierauf beruhen kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 338 Rdn. 50b; siehe auch BGH NJW 1996, 138). Die Bestimmung des Termins zur Fortsetzung der Hauptverhandlung erfolgt zwar grundsätzlich in öffentlicher Hauptverhandlung. Sie unterfällt indessen nicht dem Schutz des Öffentlichkeitsgrundsatzes. Das ergibt sich schon daraus, daß der Fortsetzungstermin auch außerhalb der Hauptverhandlung verlegt werden kann und auch in jenem Falle der Schutz des Vertrauens in die Terminsankündigung am letzten voraufgegangenen Hauptverhandlungstag vom Öffentlichkeitsgrundsatz nicht erfaßt wird (BGH NStZ 1984, 134, 135). Handlungen, die auch außerhalb der Hauptverhandlung vorgenommen werden dürfen oder jedenfalls außerhalb der Hauptverhandlung in Abänderung von Anordnungen in der Hauptverhandlung ergehen dürfen, können auch im Rahmen der Hauptverhandlung während des Ausschlusses der Öffentlichkeit erledigt werden, ohne daß darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit liegt (vgl. BGH NStZ 2002, 106, 107). 2. Die Ablehnung des Beweisantrages, der auf die Vernehmung der Sa. J. als Zeugin gerichtet war, gefährdet den Bestand des Urteils nicht. Die Verteidigung erstrebte die Vernehmung dieser Zeugin, einer Cousine der Geschädigten, zum Nachweis dessen, daß ein von der Geschädigten behauptetes Gespräch über sexuelle Vorfälle mit ihr nicht stattgefunden habe, und daß die Geschädigte zu keinem Zeitpunkt - wie von ihr behauptet - während des Vollzugs des Geschlechtsverkehrs zwischen der benannten Zeugin und dem Angeklagten in das entsprechende Zimmer gekommen sei. Ziel dieses Antrages war es ersichtlich, generell die Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten zu erschüttern.
Der Revision ist einzuräumen, daß die Ablehnung des Antrages durch die Strafkammer mit der Begründung, es handele sich um Negativtatsachen, die nicht hinreichend bestimmt seien, hier nicht ohne weiteres tragfähig ist.
a) Der erste Teil der Beweisbehauptung - Nichtstattfinden eines Gesprächs der benannten Zeugin mit der Geschädigten - betraf freilich eine negative Beweistatsache, nicht jedoch nur ein Beweisziel, wie die Strafkammer zu meinen scheint (vgl. BGHSt 39, 251, 253 ff.). Da die Geschädigte eine Interaktion (hier ein Gespräch) mit Sa. J. geschildert hatte, hätte die benannte Zeugin aufgrund eigener Wahrnehmung bekunden können, ob ein solches Gespräch stattgefunden hat (vgl. BGH NStZ 2000, 267). Es lag also gerade keiner der Fälle vor, in denen aus der unmittelbaren Wahrnehmung der Beweisperson erst darauf geschlossen werden soll, daß ein weiteres Geschehen nicht stattgefunden habe. Die Beweisbehauptung konnte deshalb insoweit tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises sein (vgl. BGHSt 39, 251, 253 ff.). Die Strafkammer hat jedoch die Ablehnung ersichtlich auch auf die Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache gestützt. Sie hat ausgeführt, daß - sinngerecht verstanden - die Beweisbehauptung insoweit nicht geeignet sei, die Glaubwürdigkeit der Geschädigten in Zweifel zu ziehen und dies kurz begründet. Der Ablehnungsbeschluß ist grundsätzlich auslegungsfähig (vgl. BGHSt 1, 29, 32; Meyer-Goßner aaO § 24 Rdn. 4). Die Formulierung dieses Ablehnungsgrundes läßt noch hinreichend erkennen, daß die Strafkammer damit verdeutlichen wollte, sie werde den vom Beweisantragsteller gewünschten Schluß nicht ziehen. Damit hat sie den Antrag der Sache nach wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung abgelehnt. Das war auch für den Antragsteller erkennbar, der sich mithin darauf einstellen konnte.

b) Hinsichtlich des zweiten Behauptungsteils (die Geschädigte sei entgegen ihrer Aussage zu keinem Zeitpunkt ins Zimmer gekommen, während die benannte Zeugin mit dem Angeklagten den Geschlechtsverkehr ausgeübt habe ) ist die Verfahrensrüge nicht in zulässiger Form erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision teilt die polizeiliche Vernehmungsniederschrift zu den angeblich unzutreffenden Angaben der Geschädigten in dem hier entscheidenden Teil nicht vollständig mit. Die Geschädigte hatte in der in Bezug genommenen polizeilichen Vernehmung - was die Revision nicht vorträgt - auch ausgesagt , sie habe "nur ganz schnell reingeschaut" und dann "die Tür zugemacht" ; es habe "gewackelt", der Angeklagte habe "gestöhnt" (vgl. Bd. I Bl. 85 d.A.). Damit hat sie gerade nicht bekundet, was der unvollständige Revisionsvortrag nahelegen könnte, daß die benannte Zeugin ihre kurze Anwesenheit bemerkt hätte. Ob mit dem zweiten Teil der Beweisbehauptung eine dem unmittelbaren Zeugenbeweis zugängliche Tatsache unter Beweis gestellt oder nur ein Beweisziel bezeichnet wurde, hängt nach allem davon ab, ob die benannte Zeugin insoweit lückenlose eigene Wahrnehmungen gemacht haben konnte, was sich hier nicht von selbst verstand. Dies ist von den näheren Umständen, namentlich den Wahrnehmungsmöglichkeiten abhängig, wie sie sich aus der polizeilichen Aussage der Geschädigten in dem hier maßgeblichen Teil - die der Beweisantragsteller widerlegen wollte - erhellen. Die Strafkammer hat ihre Ablehnung auf die Erwägung gestützt, es seien keine konkreten Anhaltspunkte dafür dargetan, daß die Zeugin die kurze Anwesenheit der Geschädigten "in jedem Fall bemerkt hätte". Gerade deshalb war aber für einen vollständigen Vortrag der "den Mangel enthaltenden Tatsachen" die Mitteilung der Angaben der Geschädigten und auch der benannten Zeugin vor der Polizei erforderlich. Wäre das geschehen, hätte sich zudem ergeben, daß die Ablehnungsbegrün-
dung insoweit rechtlich sogar zutreffend war, insbesondere die Anforderungen des Landgerichts an die Beweisbehauptung der gegebenen Erkenntnislage entsprochen haben. Denn die von der Revision nicht mitgeteilten Bekundungen der Geschädigten bei der Polizei enthalten konkrete Hinweise darauf, daß die benannte Zeugin ein kurzes Hineinsehen der Geschädigten in das Zimmer gerade nicht wahrgenommen hatte. Es lag auch nicht nahe, daß demgegenüber die benannte Zeugin, dazu in der Hauptverhandlung befragt, plausibel hätte bekunden können, daß ihr ein solcher Vorgang nicht entgangen wäre. Die Kammer hat mit ihrer Ablehnungsbegründung zum Ausdruck gebracht , daß sie die aufgestellte negative Behauptung nach dem Wortlaut des Antrages und auf der Grundlage ihrer bisherigen Erkenntnis - nach den Grundsätzen von BGHSt 39, 251, 253 ff. - als Formulierung lediglich eines Beweiszieles gewertet hat. Die Angaben der Geschädigten und der benannten Zeugin vor der Polizei waren gerade im Blick darauf unerläßliche Voraussetzung für die revisionsgerichtliche Überprüfung des Ablehnungsbeschlusses. Soweit in der Begründung des Beweisantrages zu dessen zweitem Teil erwähnt wird, die Geschädigte habe sich zu den entsprechenden Zeitpunkten (zu denen Sa. J. mit dem Angeklagten Geschlechtsverkehr hatte) nicht in der Wohnung aufgehalten, war auch dies - ohne weitere Behauptung unmittelbarer Wahrnehmungen der benannten Zeugin hierzu - beweisantragsrechtlich kein tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises, sondern nur die Angabe eines Beweiszieles (vgl. BGHSt 39, 251, 253 ff.). 3. Die Ablehnung des Antrages auf ergänzende Vernehmung der Geschädigten in der Hauptverhandlung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

a) Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde: Die Strafkammer hat die Bild-Ton-Aufzeichnung der Vernehmung der Geschädigten durch die Ermittlungsrichterin in der Hauptverhandlung vorgeführt und dadurch die Vernehmung der Zeugin "ersetzt" (gemäß § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. UA S. 12). Nach der Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung hat der Verteidiger des Angeklagten die ergänzende Vernehmung der Geschädigten beantragt: Er habe zwar mit dem Angeklagten an der Vernehmung der Geschädigten (audiovisuell ) teilgenommen. Ihm hätten jedoch die Ermittlungsakten zuvor nicht zur Einsicht vorgelegen, so daß er keine genaue Kenntnis von der vorangegangenen kriminalpolizeilichen Vernehmung der Geschädigten gehabt habe. Er habe deshalb keine Gelegenheit zur Konfrontation der Geschädigten "mit dem restlichen Akteninhalt" und mit einem Widerspruch zu deren polizeilicher Vernehmung vom 11. Oktober 2001 gehabt. Deshalb wolle die Verteidigung der Geschädigten nun vorhalten, daß sie vor der Polizei den Analverkehr verneint habe , während sie vor der Ermittlungsrichterin "von einem versuchten Eindringen" in den Po berichtet habe. Der Geschädigten solle die ergänzende Frage gestellt werden, ob "der F. (der Angeklagte) nur bei ihr unten rein wollte, oder auch in den Po", und was sie zu dem Widerspruch zwischen den Aussagen sage. Darüber hinaus müsse der Geschädigten vorgehalten werden, daß die Großmutter ausgesagt habe, die Schlafzimmertür habe immer offen gestanden und sie habe den von der Geschädigten geschilderten "dritten Vorfall" bemerken müssen. Der Geschädigten, die in ihrer richterlichen Vernehmung angegeben habe, die Schlafzimmertür sei (während eines der Vorfälle) geschlossen gewesen, solle deshalb die Frage gestellt werden, was sie zur Aussage der Großmutter sage.
Das Landgericht hat den Antrag auf ergänzende Vernehmung abgelehnt. Hinsichtlich der Frage eines versuchten Analverkehrs bestehe der behauptete Widerspruch nicht. Die Geschädigte sei in der polizeilichen Vernehmung nicht ausdrücklich danach gefragt worden; eine detaillierte Befragung dazu sei erst in der richterlichen Vernehmung erfolgt. Aus der Aussage der Großmutter ergebe sich ebenfalls kein aufzuklärender Widerspruch zu der Aussage der Geschädigten. Die Großmutter habe bekundet, "sie lasse grundsätzlich ihre Schlafzimmertüre offen"; sie habe keine Angaben dazu machen können, ob die Tür, wie von der Geschädigten behauptet, in der Tatnacht offen gestanden habe.
b) Die Revision meint, die Ablehnung sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil Verteidiger und Angeklagter mangels vorheriger Akteneinsicht bei ihrer Teilnahme an der aufgezeichneten richterlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren der Geschädigten keine Vorhalte aus ihrer polizeilichen Vernehmung hätten machen können; zu einer sachgerechten Mitwirkung seien sie deshalb bei jener Vernehmung nicht in der Lage gewesen. Mit diesem grundsätzlichen Einwand dringt die Revision nicht durch. Bei der rechtlichen Beurteilung ist zwischen der Zulässigkeit der vernehmungsersetzenden Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO und der Pflicht zur ergänzenden Vernehmung des Zeugen aus § 244 Abs. 2 und 3 StPO (i.V.m. § 255a Abs. 2 Satz 2 StPO) zu unterscheiden. aa) Nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO kann die Vernehmung eines Zeugen in der Hauptverhandlung durch die Vorführung einer Bild-TonAufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an ihr mitzuwirken. Die Zulässigkeit der Vorführung ist nach dem Gesetz nicht von einer vorheri-
gen - ganz oder teilweise gewährten - Akteneinsicht abhängig. Diese ist anderweit näher geregelt und unterliegt besonderen Voraussetzungen und gegebenenfalls auch Einschränkungen (vgl. § 147 StPO). Allerdings wird es sich aus verfahrenspraktischen Erwägungen zumeist als sinnvoll erweisen, dem Verteidiger vor seiner Mitwirkung an der aufzuzeichnenden Vernehmung möglichst weitgehend Akteneinsicht zu gewähren. Mit der in Rede stehenden Regelung werden Zwecke des Zeugen- und Opferschutzes verfolgt (Vermeidung einer sog. sekundären Viktimisierung; siehe auch § 58a StPO). Zugleich soll der Garantie des Fragerechts des Beschuldigten gegenüber dem Belastungszeugen Rechnung getragen werden (Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK; vgl. BGHSt 46, 93 m.w.N. aus der Rspr. des EGMR). Das Gesetz (§ 255a Abs. 2 Satz 1 StPO) verlangt für die vernehmungsersetzende Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung indessen nicht, daß der Verteidiger vor seiner Mitwirkung an der aufgezeichneten Vernehmung Akteneinsicht nehmen oder die Niederschrift einer vorangegangenen polizeilichen Vernehmung des Zeugen einsehen konnte (vgl. Weigend, Gutachten C DJT 1998, S. 63, 64; siehe auch Bittmann DRiZ 2001, 112, 120; kritisch: Beulke ZStW Bd. 113 <2001> S. 709, 713 f.; Schünemann StV 1998, 391, 400; Schlothauer StV 1999, 47, 49). Für die „Vernehmungsersetzung“ ist die "Gelegenheit zur Mitwirkung" ausreichend. Dazu wird der Verteidiger allerdings regelmäßig - falls möglich - auch die Gelegenheit haben müssen, sich vor der Vernehmung mit dem Beschuldigten zu besprechen (vgl. BGHSt 46, 93). Das Fragerecht (Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK) selbst ist durch das etwaige Unterbleiben einer vorherigen Akteneinsicht nicht verletzt; es wird durch die Gelegenheit zur Teilnahme an der aufgezeichneten Vernehmung und zur Befragung der Beweisperson gewahrt. In seinen Gewährleistungsbereich fällt nicht, daß es auf der Grundlage der Kenntnis des aktuellen Standes der Ermittlungen ausgeübt wird. Ein
dahingehendes Verständnis würde die Regelung des Akteneinsichtsrechts mit ihrer den Untersuchungszweck sichernden Versagungsmöglichkeit und das Beweissicherungsinteresse, mithin das allgemeine Aufklärungs- und Wahrheitsfindungsinteresse nicht hinreichend berücksichtigen. Es fände auch in der Gesetzgebungsgeschichte zu § 255a StPO keine Stütze. Daß es bei der Vernehmungsersetzung nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO deshalb zu einer Einschränkung der "Konfrontationsmöglichkeiten" der Verteidigung kommen kann, ist wegen des zeugen- und opferschützenden Anliegens der Regelung hinzunehmen (vgl. BGHSt 46, 93, 96). Das alles ändert freilich nichts daran, daß es je nach Lage des Einzelfalles sowohl unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Fürsorge als auch dem der sachgerechten Förderung des Verfahrens mit Blick auf eine etwaige spätere Hauptverhandlung meist sinnvoll sein wird, dem Verteidiger zuvor die Niederschrift einer vorangegangenen Vernehmung derselben Aussageperson und auch die sonst bis dahin angefallenen Ermittlungsergebnisse offenzulegen , um so seine Möglichkeiten zu verbessern, verteidigungsgerechte Fragen zu stellen und Vorhalte anzubringen. Ist die Gewährung von Akteneinsicht im Blick auf eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht angezeigt (vgl. § 147 Abs. 2 StPO) oder sonst aus praktischen Gründen etwa allenfalls begrenzt möglich, beispielsweise weil der schnellen Beweissicherung Vorrang eingeräumt wird, so steht auch dies der Ersetzung der Vernehmung in der Hauptverhandlung durch das Vorführen der Aufzeichnung grundsätzlich nicht entgegen. bb) Der Aufklärungspflicht des erkennenden Richters in der Hauptverhandlung kommt bei einer Vernehmungsersetzung allerdings erhöhte Bedeutung zu. Eine ergänzende Vernehmung in der Hauptverhandlung wird sich oft aufdrängen, wenn nach der aufgezeichneten Vernehmung weitere Beweiser-
gebnisse angefallen sind, die mit den Angaben des Zeugen in wesentlichen Punkten nicht im Einklang stehen oder sonst klärungsbedürftige weitere Fragen aufwerfen (§ 255a Abs. 2 Satz 2, § 244 Abs. 2 StPO; vgl. Diemer NJW 1999, 1667, 1675; Schlüchter/Greff, Kriminalistik 1998, 530, 534). In praktischer Hinsicht wird - unter dem Zeugenschutzaspekt der Regelung - die Wahrscheinlichkeit des Erfordernisses einer ergänzenden Vernehmung steigen, wenn der Verteidiger vor der aufgezeichneten Vernehmung keine Akteneinsicht hatte. Denn er kann dazu beitragen, schon zu einem frühen Zeitpunkt auch den aus seiner Sicht klärungsbedürftigen Fragen nachzugehen, die sich in ihrer Bedeutung sonst möglicherweise erst in der Hauptverhandlung erhellen. Unterbleiben bei der aufgezeichneten Vernehmung Vorhalte und Fragen, die sich später für den Tatrichter als aufklärungspflichtig erweisen, wird die ergänzende Vernehmung oft zwingend sein. Sie kann dann möglicherweise auch in der Hauptverhandlung als audio-visuelle Vernehmung geführt werden (§ 247a StPO). cc) Für die Bescheidung eines Antrags auf ergänzende Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung ist in der Regel jedenfalls dann, wenn Angeklagter und Verteidiger bei der gemäß § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO durchgeführten ermittlungsrichterlichen Zeugenvernehmung mitgewirkt haben - nur diese Fallgestaltung ist hier zu entscheiden - nicht § 244 Abs. 3 StPO, sondern § 244 Abs. 2 StPO heranzuziehen. Da die Vorführung der aufgezeichneten Vernehmung (§ 255a Abs. 2 Satz 1 StPO) in der Hauptverhandlung die Vernehmung des Zeugen "ersetzt", ist diese Vernehmung grundsätzlich so zu behandeln , als sei der Zeuge in der Hauptverhandlung selbst gehört worden. Für die Stellung eines Beweisantrages auf ergänzende (nochmalige) Vernehmung gelten deshalb dieselben Maßstäbe wie bei einem Antrag auf wiederholte Vernehmung eines in der Hauptverhandlung bereits vernommenen Zeugen (BGH
StV 1995, 566; zustimmend Rieß StraFo 1999, 1, 5; Schlothauer StV 1999, 47, 49; Boetticher in Sonderheft für Gerhard Schäfer 2002, 8, 15 f.). dd) Dies hat zur Folge, daß grundsätzlich mit der Revision nicht beanstandet werden kann, dem Zeugen seien bestimmte Fragen nicht gestellt worden. Denn das liefe auf die Behauptung hinaus, ein Beweismittel sei nicht ausgeschöpft worden. Dem geht das Revisionsgericht grundsätzlich nicht nach, weil das einer teilweisen inhaltlichen Rekonstruktion der tatrichterlichen Beweisaufnahme gleichkäme, die dem System des Revisionsverfahrens nicht entspräche. Das gilt auch für die aufgezeichnete Vernehmung: Es widerstritte der Aufgabenverteilung zwischen Tatgericht und Revisionsgericht, wäre das Revisionsgericht in solchen Fällen gehalten, sich die Aufzeichnung selbst anzusehen und etwa daraufhin zu bewerten, ob die Beweisperson dies oder jenes so oder anders gesagt, ausgedrückt oder gemeint hat, und ob die vorangegangene Frage in diese oder jene Richtung ging. Es liegt auf der Hand, daß damit oft auch tatsächliche Wertungen zur Beweiswürdigung verlangt wären, die vorzunehmen nicht Aufgabe des Revisionsrichters ist. ee) Danach ist es zunächst stets eine Frage der Aufklärungspflicht, ob ein bereits vernommener Zeuge - wenn auch im Wege der "Ersetzung" nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO - nochmals ergänzend zu vernehmen ist. Die Aufklärungspflicht wird indessen nicht unmittelbar und von Rechts wegen, sondern allenfalls mittelbar in verfahrenspraktischer Hinsicht von dem Gesichtspunkt mitbestimmt, ob und inwieweit die Teilnahme- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Verteidigung bei der ersetzenden Vernehmung eingeschränkt waren. Entscheidend ist insoweit allein, ob aus Sicht des erkennenden Richters in der Hauptverhandlung - auf diesen Zeitpunkt kommt es an - bei der aufgezeichneten und vorgespielten Vernehmung Vorhalte und Fragen zu wesentlichen, auf-
klärungsbedürftigen Punkten unterblieben sind und sich deshalb auch im Blick auf die Beweislage im übrigen die ergänzende Vernehmung aufdrängt. Stets ist die Beurteilung eine Frage des Einzelfalles. Wird der Zeuge zum Beweis einer neuen Behauptung benannt, zu der er bei der aufgezeichneten und vorgeführten Vernehmung noch nicht gehört werden konnte, so kann eine ergänzende Vernehmung unabweisbar geboten sein. Insofern gilt nichts anderes als für den in der Hauptverhandlung bereits vernommenen und entlassenen Zeugen (vgl. dazu BGH StV 1995, 566); denn in solchen Fällen wird nicht nur die Wiederholung einer Beweiserhebung erstrebt. Bei dieser Fallgestaltung ist ein dahingehender Antrag deshalb nach den Grundsätzen des Beweisantragsrechts zu behandeln.
c) Der Ablehnungsbeschluß des Landgerichts begegnet nach allem keinen rechtlichen Bedenken. Unter den gegebenen Umständen zielte der abgelehnte Antrag lediglich auf eine teilweise Wiederholung der Vernehmung ab. Er ist deshalb am Maßstab der richterlichen Aufklärungspflicht zu messen, die nicht verletzt ist. Die von der Revision und zuvor von der Verteidigung in ihrem Antrag aufgegriffenen Sachverhaltspunkte waren bereits Gegenstand der vorgeführten ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Geschädigten sowie der ebenfalls eingeführten polizeilichen Vernehmung gewesen. Es ging um einen Vorhalt und eine Frage, die nichts grundlegend Neues beinhalteten. Eine neu zu Tage getretene Erkenntnis, die bei der vorgeführten Vernehmung noch nicht bekannt gewesen, nun aber zu ergänzender Vernehmung gedrängt hätte, stand nicht in Rede. Die Zeugin war vielmehr ausführlich zu dem Geschehen vernommen worden (vgl. § 69 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der von der Verteidigung beabsichtigte Vorhalt aus der Vernehmung der Großmutter der Geschädigten in der Hauptverhandlung war, wie die Revision selbst vorträgt, der Geschädig-
ten im wesentlichen inhaltsgleich schon beim Ermittlungsrichter durch den An- geklagten selbst gemacht worden, und sie hatte darauf geantwortet. Schließlich betrafen die Punkte ersichtlich eher Randfragen. Es gab zudem weitere Beweismittel und Beweisanzeichen, welche die Aussage der Geschädigten zum Tatgeschehen bestätigten. Die Strafkammer war nach allem nicht zur ergänzenden Vernehmung der Geschädigten gezwungen. Auch ein Verstoß gegen die prozessuale Fürsorgepflicht, der sich in der Entscheidung des erkennenden Richters fortgesetzt hätte, liegt nach allem nicht vor. 4. Die weitere Verfahrensrüge, mit der die Revision die Bescheidung eines Beweisantrages auf Vernehmung der P. V. als Zeugin rügt, ist aus den Erwägungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. III. Auch die sachlich-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt (§ 349 Abs. 2 StPO). Richter am BGH Dr. Boetticher ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack Nack Schluckebier Richter am BGH Hebenstreit ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack Elf

(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend.

(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuches) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches kann die Vernehmung eines Zeugen unter 18 Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken, und wenn der Zeuge, dessen Vernehmung nach § 58a Absatz 1 Satz 3 in Bild und Ton aufgezeichnet worden ist, der vernehmungsersetzenden Vorführung dieser Aufzeichnung in der Hauptverhandlung nicht unmittelbar nach der aufgezeichneten Vernehmung widersprochen hat. Dies gilt auch für Zeugen, die Verletzte einer dieser Straftaten sind und zur Zeit der Tat unter 18 Jahre alt waren oder Verletzte einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuches) sind. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch die schutzwürdigen Interessen des Zeugen zu berücksichtigen und den Grund für die Vorführung bekanntzugeben. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen ist zulässig.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 420/10
vom
20. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Begünstigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Mai 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Betrug schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Begünstigung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, führt auf die Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat sich der Angeklagte als Gehilfe an der Vor- tat beteiligt, so dass er nicht wegen Begünstigung bestraft werden kann (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB). Im Einzelnen:
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte sich der rechtskräftig wegen Betrugs verurteilte Haupttäter K. dazu entschlossen, rechtswidrige Einkünfte zum Nachteil des Telefonnetzanbieters M. zu erzielen. Dazu veranlasste er einen Mittäter, unter Verwendung falscher Personalien die Firma S. zu gründen, die sodann im März 2004 mit der M. einen sog. "Voice-Reseller-Vertrag" über einen lediglich geringfügigen Bezug von Telefonnetzkapazitäten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 € abschloss. Wie K. von Anfang an beabsichtigte, sollte zu einem späteren Zeitpunkt mit technischer Hilfe eines eingeweihten Mitarbeiters von M. der Bezug von Telefonnetzkapazitäten innerhalb kurzer Zeit deutlich über den vertraglich vereinbarten Umfang hinaus erhöht und die so (vertragswidrig) erlangten Netzkapazitäten - noch bevor die M. dies durch Sperrung des Zugangs verhindern konnte - über die von K. beherrschte Firma Mo. an andere Telekommunikationsanbieter veräußert werden. Die Forderungen der M. wollte K. nicht erfüllen; die mit dem Verkauf der erhöhten Netzkapazitäten erzielten Erlöse sollten vielmehr in vollem Umfang ihm zufließen.
4
a) Der Angeklagte erklärte sich in der Folgezeit, jedenfalls vor April 2005, damit einverstanden, dass zur Verschleierung der Verbindung zwischen S. und Mo. eine weitere Schnittstelle der vom Angeklagten beherrschten Firma T. zwischen denjenigen von S. und Mo. eingerichtet und - um dem Haupttäter die aus der Veräußerung der Telefonkapazitäten gezogenen finanziellen Vorteile (endgültig) zu verschaffen - Scheinrechnungen von S. an T. und von T. an Mo. gestellt sowie die bei T. daraufhin eingehenden Gelder an K. weitergeleitet werden. Als Entgelt für diese Tätigkeiten sollte der Angeklagte einen Anteil in Höhe von 2,3% der Rechnungsbeträge erhalten. Ohne nähere Hintergründe und Einzelheiten des Vorgehens zu kennen, ging der Angeklagte zutreffend davon aus, dass durch die Einbindung der T. der tatsächliche Weg der Weiterleitung der Leitungskapazitäten sowie die Zahlungswege verschleiert werden sollten, um die Rückverfolgung zu Mo. zu erschweren und es dieser zu ermöglichen, die Kapazitäten zu verwerten, ohne von M. in Anspruch genommen zu werden. Dabei hielt der Angeklagte es jedenfalls für wahrscheinlich, dass der Leistungserbringer durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme zur Freigabe der Leitungskapazitäten veranlasst und dass das hierfür zu entrichtende Entgelt nicht bezahlt werden würde.
5
b) Ab April 2005 wurde sodann plangemäß der Bezug von Telefonkapazitäten mit Hilfe eines beteiligten Mitarbeiters von M. deutlich erhöht, so dass S. im April 2005 Telefonnetzkapazitäten im Gegenwert von 652.562 €, im Mai 2005 von 820.243 € und vom 1. bis 24. Juni 2005 von 830.119 € (gesamt: 2.302.924 €) bezog. Der durch das Forderungsmanagement von M. deswegen gestellten Forderung weiterer Sicherheiten kam K. durch die Übersendung zweier gefälschter Bürgschaften am 22. April 2005 in Höhe von 200.000 € und am 19. Mai 2005 in Höhe von 600.000 € zum Schein nach, weshalb M. täuschungsbedingt zunächst davon absah, den weiterhin erhöhten Bezug von Telefonkapazitäten zu unterbinden. Erst als das Forderungsmanagement von M. erkannte, dass die Bürgschaften gefälscht waren, beendete es am 24. Juni 2005 die Bezugsmöglichkeit von Netzkapazitäten durch S. .
6
Die abgerufenen Telefonkapazitäten gab der Angeklagte über die - mit seiner Kenntnis und Billigung eingerichtete - Schnittstelle der T. an die Firma Mo. weiter, die sie an andere Telekommunikationsanbieter ver-äußerte.
Die vom Angeklagten in diesem Zusammenhang plangemäß erstellten Rechnungen der T. an Mo. in Höhe von 451.334,93 € für April 2005, von 651.816,98 € für Mai 2005 und von 613.434,57 € für Juni 2005 wurden von Mo. beglichen. Diese Geldbeträge wurden vom Angeklagten bzw. von dessen Mitarbeitern aber nicht an S. - und sodann an M. - , sondern - wiederum tatplangemäß - ausschließlich an K. weitergeleitet.
7
c) Das Landgericht hat das Geschehen als gemeinschaftlichen Betrug des K. und seiner Mittäter zum Nachteil von M. gewürdigt. Dem Tatentschluss folgend, Netzkapazitäten zu erlangen und die Rechnungsbeträge nach einer Anlaufzeit schuldig zu bleiben, hätten die Vortäter die M. über die Absicht getäuscht, nur Netzkapazitäten im vereinbarten Umfang abzurufen und die erhaltenen Leistungen auch zu bezahlen. Eine weitere - für einen Teil der empfangenen Leistungen ursächliche - Täuschungshandlung habe in der Vorlage der gefälschten Bürgschaftsurkunden bei dem Forderungsmanagement der M. gelegen. Hierdurch sei diese veranlasst worden, die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Netzkapazitäten nicht unverzüglich zu beenden. Dadurch sei der M. ein Vermögensschaden in Höhe von 2.302.924 € entstanden.
8
Die Mitwirkung des Angeklagten hat das Landgericht als Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) gewürdigt. Als Tathandlung sah die Strafkammer die Zusage , mit der zwischengeschalteten T. als "Puffer" zur Verfügung zu stehen , das Einverständnis mit der Weiterleitung der Netzkapazitäten über eine Schnittstelle der T. sowie die Erstellung der Rechnungen an. § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB stehe einer Bestrafung wegen Begünstigung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte mangels eines hinreichend bestimmten Gehilfenvorsatzes in Bezug auf die Haupttat nicht der Beihilfe zum Betrug schuldig gemacht habe.
9
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
a) Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht allerdings von einem Betrug als Vor- bzw. Haupttat aus, da jedenfalls die Entscheidung der Verantwortlichen bei M. , den weiteren Bezug von Telefonkapazitäten ab dem 22. April 2005 nicht zu unterbinden, eine durch die Übersendung der gefälschten Bürgschaftsurkunde veranlasste, irrtumsbedingte Vermögensverfügung auf Seiten der Geschädigten darstellt.
11
Rechtsfehlerfrei bejaht das Landgericht auch den objektiven Gehilfenbeitrag des Angeklagten, nämlich die zusagegemäße Weiterleitung von Telefonkapazitäten von S. an Mo. sowie das planmäßige Erstellen von Rechnungen im Namen der Firma T. an Mo. . Dass das Landgericht auch die Weiterleitung der aus der Veräußerung von Telefonkapazitäten erzielten Erlöse von Mo. über T. an K. festgestellt und als Teil der Gehilfen- bzw. Begünstigungshandlung gewürdigt hat, obwohl dieses Geschehen vom Anklagesatz nicht umfasst war, schadet im Ergebnis nicht; denn die vom Anklagesatz bezeichneten Teile des Geschehens stellen einen für die Bejahung eines Beihilfebeitrages ausreichenden Anknüpfungspunkt dar.
12
b) Allerdings überspannt das Landgericht die an den Gehilfenvorsatz zu stellenden Anforderungen, so dass es zu Unrecht eine Beihilfe des Angeklagten zum Betrug verneint hat. Im Einzelnen:
13
aa) In subjektiver Hinsicht genügt für eine Strafbarkeit als Gehilfe bedingter Vorsatz, d.h. der Gehilfe muss seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung , zumindest für möglich halten und billigen (BGH, Urteil vom 12. September 1984 - 3 StR 245/84, StV 1985, 100; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 15 Rn. 9b je- weils mwN). Einzelheiten der Haupttat braucht der Gehilfe hingegen nicht zu kennen und auch keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7).
14
bb) Danach sind hier die Voraussetzungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes festgestellt. Der Angeklagte hielt es für wahrscheinlich, dass der Leistungserbringer (M. ) durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme ohne Bezahlung des hierfür zu entrichtenden Entgelts zur Freigabe von Leitungskapazitäten veranlasst werden sollte. Er billigte dies und war sich auch bewusst, dass es mit Hilfe seines Beitrags zur Vollendung des Delikts der Haupttäter kommen wird. Dass der Angeklagte auch eine andere, ebenfalls strafbare Erlangung der Telefonkapazitäten für möglich hielt, steht einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Betrug nicht entgegen; selbst eine ausschließlich andere rechtliche Einordnung der Haupttat - etwa als Untreue - wäre unschädlich , sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat handelt (BGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7; BGH, Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, BGHSt 11, 66, 67).
15
c) Da sich der Angeklagte wegen der Beteiligung an der Vortat des Betrugs durch K. und dessen Mittäter strafbar gemacht hat, scheidet eine Bestrafung wegen Begünstigung (schon) von Gesetzes wegen aus (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB).
16
3. Ungeachtet dessen begegnet der Schuldspruch aber auch sonst rechtlichen Bedenken.
17
a) Soweit das Landgericht in Bezug auf die durch die Begünstigungshandlungen zu sichernden Vorteile auf die Weiterleitung der Telefonkapazitäten abstellt, diente diese dazu, den Haupttäter überhaupt erst in den Besitz der Vorteile zu bringen. Damit handelte der Angeklagte aber nicht in der von § 257 Abs. 1 StGB geforderten Absicht, dem Vortäter den bereits erlangten Vorteil vor dem Zugriff des Geschädigten oder des Staates zu sichern, da es hierzu erforderlich ist, dass der Vorteil im Augenblick der Hilfeleistung - bereits oder noch - beim Vortäter vorhanden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 1993 - 3 StR 458/93, NStZ 1994, 187; NK-StGB-Altenhain, 3. Aufl., § 257 Rn. 17 mwN).
18
b) Soweit das Landgericht daneben als Begünstigungshandlungen des Angeklagten auf die Erstellung der Scheinrechnungen sowie die Entgegennahme und Weiterleitung von Zahlungen abhebt, diente dies dem Ziel, dem Haupttäter das von der Firma Mo. durch die Veräußerung der Telefonkapazitäten erlöste Geld zu verschaffen. Diese Vorteile rührten indes nicht mehr unmittelbar aus der rechtswidrigen Vortat her, sondern stellten lediglich ein durch Veräußerung erzieltes, gegenüber dem ursprünglich Erlangten nicht stoffgleiches Surrogat dar, dessen Sicherung nicht vom Schutzzweck des § 257 Abs. 1 StGB erfasst ist (BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - 4 StR 148/08, NStZ 2008, 516; Urteil vom 27. August 1986 - 3 StR 256/86, NStZ 1987, 22; S/S - Stree/Hecker, StGB, 28. Aufl., § 257 Rn. 18; Cramer in MünchKomm StGB, § 257 Rn. 11).
19
4. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat des Angeklagten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte bereits vom Landgericht darauf hingewiesen worden ist, dass seine Tat als Beihilfe zum Betrug zu bewerten sein könnte.
20
5. Der Strafausspruch bleibt hiervon unberührt. Zwar führt die Änderung des Schuldspruchs zu einer Reduzierung der Obergrenze des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von fünf Jahren bei der Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) auf drei Jahre und neun Monate bei der Beihilfe zum Betrug (§ 263 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB). Da sich die Kammer bei der Strafzumessung an der unteren Grenze des Strafrahmens orientiert hat und das Gesamtunrecht der Beihilfe zum Betrug im Vergleich zur Begünstigung jedenfalls nicht niedriger ist, kann der Senat indes ausschließen, dass das Landgericht auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
Becker von Lienen Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 310/11
vom
8. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
zu 2.: Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. November
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 24. März 2011, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten D. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte der besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen "schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte L. hat es wegen "Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung" auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten erkannt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen richten sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten.
2
1. Die Revision der Angeklagten L. hat Erfolg.
3
a) Nach den Feststellungen übersandte die Angeklagte in den frühen Morgenstunden des 28. September 2010 ihrem Bekannten G. verschiedene Kurznachrichten auf sein Mobiltelefon, in denen sie ihn veranlasste, zu ihrer Wohnung zu kommen. Hintergrund waren Mutmaßungen, G. habe einen Amphetaminvorrat des nichtrevidierenden Mitangeklagten K. aus der Wohnung weggenommen.
4
Nach dem Eintreffen des G. kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen K. und G. , in deren Verlauf K. den G. beschuldigte , das Amphetamin gestohlen zu haben. K. verlangte eine "Entschädi- gung" von 1.000 €. Um dieser- von ihnen erkannt tatsächlich nicht bestehenden - Forderung Nachdruck zu verleihen, schlugen und traten K. und der Angeklagte D. den G. . D. stach dem G. mit einem Küchenmesser in den rechten Oberschenkel. Anschließend äußerte die Angeklagte mehrfach: "Komm, rück die Kohle schon raus", wobei sie wollte, dass G. - durch die körperlichen Misshandlungen, insbesondere den Messerstich, eingeschüchtert - eine "Entschädigung" zahle. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen überließ G. dem K. den Kraftfahrzeugbrief und die Schlüssel zu seinem Pkw.
5
Zum Gehilfenvorsatz hat das Landgericht festgestellt, die Angeklagte habe bei Versendung der Kurznachrichten gegen den G. "bzw. gegen des- sen körperliche Integrität und Vermögen" gerichtete vorsätzliche Haupttaten "der beiden im Vorfeld schon 'aufgestachelten'" K. und D. "konkret und nicht nur allgemein für möglich" gehalten. Dabei habe sie "einen entsprechenden Tatvorsatz bei den beiden bzw. dessen Förderung durch ihre Mitwirkung billigend in Kauf" genommen. Einen gemeinsamen Tatplan sämtlicher Angeklagter zu einer körperlichen Misshandlung des G. oder einen Entschluss , von ihm eine "Entschädigung" für das nicht auffindbare Amphetamin zu fordern, habe es zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht gegeben. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht zugunsten sämtlicher Angeklagter - auch der Angeklagten L. - berücksichtigt, dass "die Tat nicht von vornherein geplant war, die 'Klärung' der Situation vielmehr spontan entglitten ist".
6
b) Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe (auch) zur gefährlichen Körperverletzung nicht.
7
aa) Soweit das Landgericht die Verurteilung wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung auf die Übersendung von Kurznachrichten in den frühen Morgenstunden des 28. September 2010 gestützt hat, ergeben seine widersprüchlichen Feststellungen einen Gehilfenvorsatz nicht.
8
Zwar kann Beihilfe schon vor der Entschließung des Haupttäters zur Tat geleistet werden (BGH, Urteil vom 24. April 1952 - 3 StR 48/52, BGHSt 2, 344, 345 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 27 Rn. 38 a.E.). Auch genügt in subjektiver Hinsicht für eine Strafbarkeit als Gehilfe bedingter Vorsatz, d.h. der Gehilfe muss seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, zumindest für möglich halten und billigen. Einzelheiten der Haupttat braucht der Gehilfe hingegen nicht zu kennen und auch keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400 mwN).
9
Hier sprechen indessen die Ausführungen des Landgerichts zu einem spontanen Entgleiten der Situation gegen ein billigendes Fürmöglichhalten der Haupttaten zum Nachteil des G. bei der Versendung der Kurznachrichten. Jedenfalls lassen die gegensätzlichen Feststellungen keinen sicheren Schluss auf den Gehilfenvorsatz der Angeklagten zu.
10
bb) Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung konnte die Angeklagte durch ihre Äußerungen in ihrer Wohnung nicht mehr leisten.
11
Nach den Feststellungen war die gefährliche Körperverletzung in beiden vom Landgericht ausgeurteilten Varianten (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) beendet , als sich die Angeklagte mit der Aufforderung, G. solle "die Kohle herausrücken" , in das Geschehen einschaltete. Für das, was schon vollständig abgeschlossen ist, vermag das nachträgliche Einverständnis die strafrechtliche Verantwortlichkeit aber nicht mehr zu begründen (BGH, Urteil vom 24. April 1952 - 3 StR 48/52, BGHSt 2, 344, 346 f.; Beschluss vom 24. November1993 - 2 StR 606/93, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Beihilfe 1). Da die Gewaltanwendung mit der Körperverletzung bereits abgeschlossen war, konnte die Angeklagte mithin nur noch Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung, aber nicht mehr zur gefährlichen Körperverletzung leisten (vgl. LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 27 Rn. 43 a.E.).
12
c) Für die neue Hauptverhandlung gegen die Angeklagte weist der Senat darauf hin, dass die Strafbarkeit wegen Beihilfe gemäß § 27 StGB zwar nicht voraussetzt, dass die auf Unterstützung des Haupttäters gerichtete Handlung des Gehilfen sich auf die Begehung der Haupttat im Sinne der Bedingungsthe- orie kausal auswirkt. Ausreichend ist vielmehr, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung erleichtert oder fördert (BGH, Urteil vom 1. August 2000 - 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 109; Urteil vom 16. Januar 2008 - 2 StR 535/07, NStZ 2008, 284). Eine solche Erleichterung oder Förderung der besonders schweren räuberischen Erpressung vermittels der Äußerungen der Angeklagten in ihrer Wohnung bedarf indessen einer ausdrücklichen Feststellung.
13
2. Die Revision des Angeklagten D. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die unterlassene Anordnung nach § 64 StGB ist aufgrund der wirksamen Ausnahme vom Revisionsangriff nicht mehr Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362 ff.). Allerdings hat der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Unrechtsgehalt der vom Angeklagten verwirklichten Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Urteilsformel zum Ausdruck zu kommen (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - 3 StR 57/11 mwN). Der Senat hat den Urteilstenor deshalb entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ergänzt.
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 435/11
vom
28. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beilhilfe zum Computerbetrug u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 28. Februar 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 29. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte E. wegen Beihilfe zum Computerbetrug in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen den Angeklagten V. hat es wegen Beihilfe zum Computerbetrug in zwei Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt, deren Vollstreckung es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat. Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts geltend machen, haben Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch hat keinen Bestand, weil die Feststellungen des Landgerichts seine Annahme, beide Angeklagten hätten mit Gehilfenvorsatz gehandelt, nicht tragen.
3
a) Nach den Urteilsgründen leisteten die Angeklagten in unterschiedlichem Umfang durch das Bereitstellen von Bankkonten, durch Weiterüberweisung und die Abhebung eingegangener Geldbeträge Beihilfe zum Computerbetrug zum Nachteil von Online-Banking-Nutzern durch sogenanntes "Phishing". Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht festgestellt, den Angeklagten sei bewusst gewesen, "dass die Zahlungseingänge einen illegalen Hintergrund hatten". Die Angeklagte E. habe zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt , da "sie bewusst in Kauf genommen" habe, "jedwede, den Umständen nach nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, insbesondere auch Delikte des Computerbetrugs durch ihr Verhalten zu unterstützen". Ebenso habe der Angeklagte V. den subjektiven Tatbestand der Beihilfe zum Computerbetrug erfüllt. Auch wenn er Einzelheiten dazu, wie die Gelder auf die Konten gelangt seien, nicht "konkret" gekannt habe, sei ihm doch bewusst gewesen, dass es sich um etwas "Illegales" gehandelt habe. Er habe dies nicht weiter hinterfragt und damit "bewusst in Kauf genommen, irgendeine, nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, darunter auch einen etwaigen Computerbetrug, durch sein Verhalten zu unterstützen".
4
b) Damit ist der Gehilfenvorsatz der Angeklagten nicht belegt. Zwar braucht der Gehilfe Einzelheiten der Haupttat nicht zu kennen und keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137). Eine andere rechtliche Einordnung der Tat ist für den Gehilfenvorsatz unschädlich, sofern die vorgestellte Haupttat in ihrem Unrechtsgehalt von der tatsächlich begangenen nicht gänzlich abweicht (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 27 Rn. 22). Allerdings muss der Gehilfe seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen. Dieses Mindestmaß einer Konkretisierung des Gehilfenvorsatzes hat das Landgericht nicht festgestellt. Dass die Angeklagten "jedwedes" oder "irgendein" Vermögensdelikt fördern wollten, reicht nicht aus.
5
c) Eine Änderung des Schuldspruchs in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO kommt aufgrund der unzureichenden Feststellungen, die ihrerseits der Aufhebung unterliegen (§ 353 Abs. 2 StPO), nicht in Betracht. Im Übrigen schließt der Senat nicht aus, dass ein neuer Tatrichter weitergehende Feststellungen zur Frage des Gehilfenvorsatzes treffen kann.
6
2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
a) Der neue Tatrichter wird bei der Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten zu berücksichtigen haben, dass Beihilfe nur bis zur materiellen Beendigung der Haupttat, also bis zur endgültigen Sicherung ihres Erfolges, möglich ist. Danach kommt nach Maßgabe des § 257 Abs. 3 StGB eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht. Von einer materiellen Beendigung solcher Taten des Computerbetruges, bei denen aufgrund einer Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs Geldbeträge von Konten der Geschädigten auf Empfängerkonten geleitet werden, ist auszugehen, sobald entweder das überwiesene Geld vom Empfängerkonto abgehoben oder auf ein zweites Konto weiterüberwiesen worden ist.
8
b) Bei der Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses der der Angeklagten E. zur Last gelegten Taten wird der neue Tatrichter zu beachten haben , dass die Förderung mehrerer rechtlich selbständiger Taten durch eine Beihilfehandlung nur als eine Beihilfe im Rechtssinne zu werten ist. Leistet der Gehilfe allerdings nicht nur durch eine Beihilfehandlung zu verschiedenen Haupttaten, sondern zusätzlich zu jeder Haupttat noch durch weitere selbstän- dige Unterstützungshandlungen Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB, so stehen die Beihilfehandlungen für jede Haupttat im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Konkurrenzen 1; Beschluss vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, BGHR AO § 370 Abs. 1 Beihilfe 8). Sollte der neue Tatrichter daher feststellen, dass die Angeklagte E. nicht nur im Sinne einer Beihilfehandlung für mehrere Haupttaten Konten zur Verfügung gestellt oder einen Dritten als Empfänger von durch Computerbetrug erlangter Überweisungen gewonnen, sondern im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Haupttat durch das Abheben von Geldern vom ersten Empfängerkonto Hilfe geleistet hätte, hätte er auf dieser Grundlage von mehreren Beihilfetaten im Sinne des § 53 StGB auszugehen.
Becker Hubert Schäfer Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 420/10
vom
20. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Begünstigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Mai 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Betrug schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Begünstigung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, führt auf die Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat sich der Angeklagte als Gehilfe an der Vor- tat beteiligt, so dass er nicht wegen Begünstigung bestraft werden kann (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB). Im Einzelnen:
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte sich der rechtskräftig wegen Betrugs verurteilte Haupttäter K. dazu entschlossen, rechtswidrige Einkünfte zum Nachteil des Telefonnetzanbieters M. zu erzielen. Dazu veranlasste er einen Mittäter, unter Verwendung falscher Personalien die Firma S. zu gründen, die sodann im März 2004 mit der M. einen sog. "Voice-Reseller-Vertrag" über einen lediglich geringfügigen Bezug von Telefonnetzkapazitäten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 € abschloss. Wie K. von Anfang an beabsichtigte, sollte zu einem späteren Zeitpunkt mit technischer Hilfe eines eingeweihten Mitarbeiters von M. der Bezug von Telefonnetzkapazitäten innerhalb kurzer Zeit deutlich über den vertraglich vereinbarten Umfang hinaus erhöht und die so (vertragswidrig) erlangten Netzkapazitäten - noch bevor die M. dies durch Sperrung des Zugangs verhindern konnte - über die von K. beherrschte Firma Mo. an andere Telekommunikationsanbieter veräußert werden. Die Forderungen der M. wollte K. nicht erfüllen; die mit dem Verkauf der erhöhten Netzkapazitäten erzielten Erlöse sollten vielmehr in vollem Umfang ihm zufließen.
4
a) Der Angeklagte erklärte sich in der Folgezeit, jedenfalls vor April 2005, damit einverstanden, dass zur Verschleierung der Verbindung zwischen S. und Mo. eine weitere Schnittstelle der vom Angeklagten beherrschten Firma T. zwischen denjenigen von S. und Mo. eingerichtet und - um dem Haupttäter die aus der Veräußerung der Telefonkapazitäten gezogenen finanziellen Vorteile (endgültig) zu verschaffen - Scheinrechnungen von S. an T. und von T. an Mo. gestellt sowie die bei T. daraufhin eingehenden Gelder an K. weitergeleitet werden. Als Entgelt für diese Tätigkeiten sollte der Angeklagte einen Anteil in Höhe von 2,3% der Rechnungsbeträge erhalten. Ohne nähere Hintergründe und Einzelheiten des Vorgehens zu kennen, ging der Angeklagte zutreffend davon aus, dass durch die Einbindung der T. der tatsächliche Weg der Weiterleitung der Leitungskapazitäten sowie die Zahlungswege verschleiert werden sollten, um die Rückverfolgung zu Mo. zu erschweren und es dieser zu ermöglichen, die Kapazitäten zu verwerten, ohne von M. in Anspruch genommen zu werden. Dabei hielt der Angeklagte es jedenfalls für wahrscheinlich, dass der Leistungserbringer durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme zur Freigabe der Leitungskapazitäten veranlasst und dass das hierfür zu entrichtende Entgelt nicht bezahlt werden würde.
5
b) Ab April 2005 wurde sodann plangemäß der Bezug von Telefonkapazitäten mit Hilfe eines beteiligten Mitarbeiters von M. deutlich erhöht, so dass S. im April 2005 Telefonnetzkapazitäten im Gegenwert von 652.562 €, im Mai 2005 von 820.243 € und vom 1. bis 24. Juni 2005 von 830.119 € (gesamt: 2.302.924 €) bezog. Der durch das Forderungsmanagement von M. deswegen gestellten Forderung weiterer Sicherheiten kam K. durch die Übersendung zweier gefälschter Bürgschaften am 22. April 2005 in Höhe von 200.000 € und am 19. Mai 2005 in Höhe von 600.000 € zum Schein nach, weshalb M. täuschungsbedingt zunächst davon absah, den weiterhin erhöhten Bezug von Telefonkapazitäten zu unterbinden. Erst als das Forderungsmanagement von M. erkannte, dass die Bürgschaften gefälscht waren, beendete es am 24. Juni 2005 die Bezugsmöglichkeit von Netzkapazitäten durch S. .
6
Die abgerufenen Telefonkapazitäten gab der Angeklagte über die - mit seiner Kenntnis und Billigung eingerichtete - Schnittstelle der T. an die Firma Mo. weiter, die sie an andere Telekommunikationsanbieter ver-äußerte.
Die vom Angeklagten in diesem Zusammenhang plangemäß erstellten Rechnungen der T. an Mo. in Höhe von 451.334,93 € für April 2005, von 651.816,98 € für Mai 2005 und von 613.434,57 € für Juni 2005 wurden von Mo. beglichen. Diese Geldbeträge wurden vom Angeklagten bzw. von dessen Mitarbeitern aber nicht an S. - und sodann an M. - , sondern - wiederum tatplangemäß - ausschließlich an K. weitergeleitet.
7
c) Das Landgericht hat das Geschehen als gemeinschaftlichen Betrug des K. und seiner Mittäter zum Nachteil von M. gewürdigt. Dem Tatentschluss folgend, Netzkapazitäten zu erlangen und die Rechnungsbeträge nach einer Anlaufzeit schuldig zu bleiben, hätten die Vortäter die M. über die Absicht getäuscht, nur Netzkapazitäten im vereinbarten Umfang abzurufen und die erhaltenen Leistungen auch zu bezahlen. Eine weitere - für einen Teil der empfangenen Leistungen ursächliche - Täuschungshandlung habe in der Vorlage der gefälschten Bürgschaftsurkunden bei dem Forderungsmanagement der M. gelegen. Hierdurch sei diese veranlasst worden, die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Netzkapazitäten nicht unverzüglich zu beenden. Dadurch sei der M. ein Vermögensschaden in Höhe von 2.302.924 € entstanden.
8
Die Mitwirkung des Angeklagten hat das Landgericht als Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) gewürdigt. Als Tathandlung sah die Strafkammer die Zusage , mit der zwischengeschalteten T. als "Puffer" zur Verfügung zu stehen , das Einverständnis mit der Weiterleitung der Netzkapazitäten über eine Schnittstelle der T. sowie die Erstellung der Rechnungen an. § 257 Abs. 3 Satz 1 StGB stehe einer Bestrafung wegen Begünstigung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte mangels eines hinreichend bestimmten Gehilfenvorsatzes in Bezug auf die Haupttat nicht der Beihilfe zum Betrug schuldig gemacht habe.
9
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
a) Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht allerdings von einem Betrug als Vor- bzw. Haupttat aus, da jedenfalls die Entscheidung der Verantwortlichen bei M. , den weiteren Bezug von Telefonkapazitäten ab dem 22. April 2005 nicht zu unterbinden, eine durch die Übersendung der gefälschten Bürgschaftsurkunde veranlasste, irrtumsbedingte Vermögensverfügung auf Seiten der Geschädigten darstellt.
11
Rechtsfehlerfrei bejaht das Landgericht auch den objektiven Gehilfenbeitrag des Angeklagten, nämlich die zusagegemäße Weiterleitung von Telefonkapazitäten von S. an Mo. sowie das planmäßige Erstellen von Rechnungen im Namen der Firma T. an Mo. . Dass das Landgericht auch die Weiterleitung der aus der Veräußerung von Telefonkapazitäten erzielten Erlöse von Mo. über T. an K. festgestellt und als Teil der Gehilfen- bzw. Begünstigungshandlung gewürdigt hat, obwohl dieses Geschehen vom Anklagesatz nicht umfasst war, schadet im Ergebnis nicht; denn die vom Anklagesatz bezeichneten Teile des Geschehens stellen einen für die Bejahung eines Beihilfebeitrages ausreichenden Anknüpfungspunkt dar.
12
b) Allerdings überspannt das Landgericht die an den Gehilfenvorsatz zu stellenden Anforderungen, so dass es zu Unrecht eine Beihilfe des Angeklagten zum Betrug verneint hat. Im Einzelnen:
13
aa) In subjektiver Hinsicht genügt für eine Strafbarkeit als Gehilfe bedingter Vorsatz, d.h. der Gehilfe muss seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung , zumindest für möglich halten und billigen (BGH, Urteil vom 12. September 1984 - 3 StR 245/84, StV 1985, 100; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 15 Rn. 9b je- weils mwN). Einzelheiten der Haupttat braucht der Gehilfe hingegen nicht zu kennen und auch keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7).
14
bb) Danach sind hier die Voraussetzungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes festgestellt. Der Angeklagte hielt es für wahrscheinlich, dass der Leistungserbringer (M. ) durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme ohne Bezahlung des hierfür zu entrichtenden Entgelts zur Freigabe von Leitungskapazitäten veranlasst werden sollte. Er billigte dies und war sich auch bewusst, dass es mit Hilfe seines Beitrags zur Vollendung des Delikts der Haupttäter kommen wird. Dass der Angeklagte auch eine andere, ebenfalls strafbare Erlangung der Telefonkapazitäten für möglich hielt, steht einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Betrug nicht entgegen; selbst eine ausschließlich andere rechtliche Einordnung der Haupttat - etwa als Untreue - wäre unschädlich , sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat handelt (BGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7; BGH, Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, BGHSt 11, 66, 67).
15
c) Da sich der Angeklagte wegen der Beteiligung an der Vortat des Betrugs durch K. und dessen Mittäter strafbar gemacht hat, scheidet eine Bestrafung wegen Begünstigung (schon) von Gesetzes wegen aus (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB).
16
3. Ungeachtet dessen begegnet der Schuldspruch aber auch sonst rechtlichen Bedenken.
17
a) Soweit das Landgericht in Bezug auf die durch die Begünstigungshandlungen zu sichernden Vorteile auf die Weiterleitung der Telefonkapazitäten abstellt, diente diese dazu, den Haupttäter überhaupt erst in den Besitz der Vorteile zu bringen. Damit handelte der Angeklagte aber nicht in der von § 257 Abs. 1 StGB geforderten Absicht, dem Vortäter den bereits erlangten Vorteil vor dem Zugriff des Geschädigten oder des Staates zu sichern, da es hierzu erforderlich ist, dass der Vorteil im Augenblick der Hilfeleistung - bereits oder noch - beim Vortäter vorhanden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 1993 - 3 StR 458/93, NStZ 1994, 187; NK-StGB-Altenhain, 3. Aufl., § 257 Rn. 17 mwN).
18
b) Soweit das Landgericht daneben als Begünstigungshandlungen des Angeklagten auf die Erstellung der Scheinrechnungen sowie die Entgegennahme und Weiterleitung von Zahlungen abhebt, diente dies dem Ziel, dem Haupttäter das von der Firma Mo. durch die Veräußerung der Telefonkapazitäten erlöste Geld zu verschaffen. Diese Vorteile rührten indes nicht mehr unmittelbar aus der rechtswidrigen Vortat her, sondern stellten lediglich ein durch Veräußerung erzieltes, gegenüber dem ursprünglich Erlangten nicht stoffgleiches Surrogat dar, dessen Sicherung nicht vom Schutzzweck des § 257 Abs. 1 StGB erfasst ist (BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - 4 StR 148/08, NStZ 2008, 516; Urteil vom 27. August 1986 - 3 StR 256/86, NStZ 1987, 22; S/S - Stree/Hecker, StGB, 28. Aufl., § 257 Rn. 18; Cramer in MünchKomm StGB, § 257 Rn. 11).
19
4. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat des Angeklagten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte bereits vom Landgericht darauf hingewiesen worden ist, dass seine Tat als Beihilfe zum Betrug zu bewerten sein könnte.
20
5. Der Strafausspruch bleibt hiervon unberührt. Zwar führt die Änderung des Schuldspruchs zu einer Reduzierung der Obergrenze des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von fünf Jahren bei der Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) auf drei Jahre und neun Monate bei der Beihilfe zum Betrug (§ 263 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB). Da sich die Kammer bei der Strafzumessung an der unteren Grenze des Strafrahmens orientiert hat und das Gesamtunrecht der Beihilfe zum Betrug im Vergleich zur Begünstigung jedenfalls nicht niedriger ist, kann der Senat indes ausschließen, dass das Landgericht auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
Becker von Lienen Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 435/11
vom
28. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beilhilfe zum Computerbetrug u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 28. Februar 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 29. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte E. wegen Beihilfe zum Computerbetrug in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen den Angeklagten V. hat es wegen Beihilfe zum Computerbetrug in zwei Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt, deren Vollstreckung es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat. Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts geltend machen, haben Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch hat keinen Bestand, weil die Feststellungen des Landgerichts seine Annahme, beide Angeklagten hätten mit Gehilfenvorsatz gehandelt, nicht tragen.
3
a) Nach den Urteilsgründen leisteten die Angeklagten in unterschiedlichem Umfang durch das Bereitstellen von Bankkonten, durch Weiterüberweisung und die Abhebung eingegangener Geldbeträge Beihilfe zum Computerbetrug zum Nachteil von Online-Banking-Nutzern durch sogenanntes "Phishing". Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht festgestellt, den Angeklagten sei bewusst gewesen, "dass die Zahlungseingänge einen illegalen Hintergrund hatten". Die Angeklagte E. habe zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt , da "sie bewusst in Kauf genommen" habe, "jedwede, den Umständen nach nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, insbesondere auch Delikte des Computerbetrugs durch ihr Verhalten zu unterstützen". Ebenso habe der Angeklagte V. den subjektiven Tatbestand der Beihilfe zum Computerbetrug erfüllt. Auch wenn er Einzelheiten dazu, wie die Gelder auf die Konten gelangt seien, nicht "konkret" gekannt habe, sei ihm doch bewusst gewesen, dass es sich um etwas "Illegales" gehandelt habe. Er habe dies nicht weiter hinterfragt und damit "bewusst in Kauf genommen, irgendeine, nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, darunter auch einen etwaigen Computerbetrug, durch sein Verhalten zu unterstützen".
4
b) Damit ist der Gehilfenvorsatz der Angeklagten nicht belegt. Zwar braucht der Gehilfe Einzelheiten der Haupttat nicht zu kennen und keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137). Eine andere rechtliche Einordnung der Tat ist für den Gehilfenvorsatz unschädlich, sofern die vorgestellte Haupttat in ihrem Unrechtsgehalt von der tatsächlich begangenen nicht gänzlich abweicht (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 27 Rn. 22). Allerdings muss der Gehilfe seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen. Dieses Mindestmaß einer Konkretisierung des Gehilfenvorsatzes hat das Landgericht nicht festgestellt. Dass die Angeklagten "jedwedes" oder "irgendein" Vermögensdelikt fördern wollten, reicht nicht aus.
5
c) Eine Änderung des Schuldspruchs in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO kommt aufgrund der unzureichenden Feststellungen, die ihrerseits der Aufhebung unterliegen (§ 353 Abs. 2 StPO), nicht in Betracht. Im Übrigen schließt der Senat nicht aus, dass ein neuer Tatrichter weitergehende Feststellungen zur Frage des Gehilfenvorsatzes treffen kann.
6
2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
a) Der neue Tatrichter wird bei der Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten zu berücksichtigen haben, dass Beihilfe nur bis zur materiellen Beendigung der Haupttat, also bis zur endgültigen Sicherung ihres Erfolges, möglich ist. Danach kommt nach Maßgabe des § 257 Abs. 3 StGB eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht. Von einer materiellen Beendigung solcher Taten des Computerbetruges, bei denen aufgrund einer Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs Geldbeträge von Konten der Geschädigten auf Empfängerkonten geleitet werden, ist auszugehen, sobald entweder das überwiesene Geld vom Empfängerkonto abgehoben oder auf ein zweites Konto weiterüberwiesen worden ist.
8
b) Bei der Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses der der Angeklagten E. zur Last gelegten Taten wird der neue Tatrichter zu beachten haben , dass die Förderung mehrerer rechtlich selbständiger Taten durch eine Beihilfehandlung nur als eine Beihilfe im Rechtssinne zu werten ist. Leistet der Gehilfe allerdings nicht nur durch eine Beihilfehandlung zu verschiedenen Haupttaten, sondern zusätzlich zu jeder Haupttat noch durch weitere selbstän- dige Unterstützungshandlungen Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB, so stehen die Beihilfehandlungen für jede Haupttat im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Konkurrenzen 1; Beschluss vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, BGHR AO § 370 Abs. 1 Beihilfe 8). Sollte der neue Tatrichter daher feststellen, dass die Angeklagte E. nicht nur im Sinne einer Beihilfehandlung für mehrere Haupttaten Konten zur Verfügung gestellt oder einen Dritten als Empfänger von durch Computerbetrug erlangter Überweisungen gewonnen, sondern im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Haupttat durch das Abheben von Geldern vom ersten Empfängerkonto Hilfe geleistet hätte, hätte er auf dieser Grundlage von mehreren Beihilfetaten im Sinne des § 53 StGB auszugehen.
Becker Hubert Schäfer Mayer Menges

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 309/11
vom
25. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
25. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 14. April 2011 im Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges und wegen Beihilfe zur Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt sowie bestimmt, dass von dieser neun Monate wegen "überlanger Verfahrensdauer" als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. In den Fällen, in denen das Landgericht den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, ist es - rechtsfehlerfrei - jeweils von einem besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB ausgegangen. Es hat den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB sodann gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Eine weitere Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB hat es nicht in Betracht gezogen. Dies begegnet durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken.
3
Die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB. Bei einem Gehilfen, der - wie der Angeklagte - im Zeitpunkt der Gehilfenhandlung nicht selbst in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten stand, ist eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der Milderung nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu erörtern, es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen Fehlens des Treueverhältnisses Beihilfe statt Täterschaft angenommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 1988 - 2 StR 111/88, BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 2; Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109; Beschluss vom 26. November 2008 - 5 StR 440/08, NStZ-RR 2009, 102).
4
Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, ob das Landgericht den Tatbeitrag des Angeklagten an sich nur als den eines Gehilfen gewertet oder ob es den Angeklagten nur deshalb als Gehilfen angesehen hat, weil er nicht in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten stand. Im Rahmen der Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung findet § 28 Abs. 1 StGB keine Erwähnung. Die Ausführungen der Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung sind für die Strafzumessung unergiebig. Allein der Umstand, dass das Landgericht den § 28 Abs. 1 StGB bei der rechtlichen Bewertung des festge- stellten Sachverhalts - ohne jede weitere Erläuterung - in seine Paragraphenkette aufgenommen hat, belegt nicht, dass es die Norm bei der Strafzumessung bedacht hat und sich der Möglichkeit einer weiteren Milderung des Strafrahmens bewusst gewesen ist.
5
2. Soweit der Angeklagte wegen Betruges verurteilt worden ist, verstoßen die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer gegen § 46 Abs. 3 StGB. Diese hat zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, die Tat sei durch "eigennützige Bereicherungsabsicht" geprägt gewesen. Die Absicht, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist indes bereits Teil des subjektiven Tatbestands des § 263 Abs. 1 StGB; sie durfte deshalb bei der Strafzumessung nicht zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden.
6
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen, auf die das Landgericht erkannt hat, auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruhen. Er hält eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht für angezeigt. Aufgrund des Wegfalls der Einzelstrafen hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die Strafzumessungstatsachen, die das Landgericht festgestellt hat, werden allerdings von den dargelegten Rechtsfehlern nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind zulässig.
7
4. Die Kompensationsentscheidung wird von der Aufhebung des Strafausspruchs nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135). Der Angeklagte ist durch die rechtsfehlerhaft überhöhte Kompensation - neun Monate Freiheitsstrafe bei einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von zwei Jahren und fünf Monaten - nicht beschwert.
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 369/15
vom
12. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffern 1. c) und 2. auf dessen Antrag, und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 12. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO

beschlossen:
1. a) Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 9. März 2015 aufgehoben aa) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.1. bis II.3., bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. Jedoch bleiben die getroffenen Feststellungen aufrecht erhalten.
b) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
c) Die weitergehende Revision des Angeklagten A. wird verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten B. wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schweren Ban1 dendiebstahls in sechs Fällen und Diebstahls in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Den Angeklagten A. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen und Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel des Angeklagten A. hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet. Die Revision des Angeklagten B. bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat dem Angeklagten A. zugute gehalten, dass
2
er im Sinne von § 46b StGB Aufklärungshilfe geleistet hat. Diesen vertypten Milderungsgrund hat es bei der Strafrahmenwahl in den Fällen des schweren Bandendiebstahls berücksichtigt. Es hat aber bei der Prüfung des Strafrahmens in den Diebstahlsfällen nicht in Betracht gezogen, dass in den Fällen II.1. bis II.3. die Indizwirkung des Regelbeispiels des gewerbsmäßigen Handelns für einen besonders schweren Fall des Diebstahls wegen der geleisteten Aufklärungshilfe entfallen kann. Vielmehr hat es angemerkt, es sei „kein Umstand ersichtlich , der gegen die Indizwirkung des Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 sprach“, und hat den Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB gemäß § 49 StGB gemildert. Jedoch hätte der vertypte Milderungsgrund auch dazu führen können, dass von der Anwendung des Strafrahmens gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB abzusehen ist. In diesem Fall wäre der Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB anzuwenden gewesen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. Der vom Landgericht zu Grunde gelegte Strafrahmen umfasst demgegenüber Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu sieben Jahren und sechs Monaten. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Be3 rücksichtigung des vertypten Milderungsgrunds im Rahmen der Prüfung einer Ausnahme von der Regelwirkung des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB von einem für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen ausgegangen wäre und deshalb in den Fällen II.1. bis II.3. mildere Einzelstrafen verhängt hätte. Auch kann der Senat nicht ausschließen, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf dem Rechtsfehler beruht. Der Wertungsfehler lässt die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
4
zur Frage der Strafzumessung unberührt; sie können aufrecht erhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen sind stets möglich, soweit sie den getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
5
Da sich das Verfahren nur noch gegen Erwachsene richtet, war die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurückzuverweisen. Krehl Eschelbach Ott Zeng Bartel

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 250/09
vom
27. August 2009
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; StPO § 353 Abs. 1
Die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im
Strafausspruch erfasst grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur
revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung.
BGH, Urt. vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09 - LG Hannover
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. August
2009, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Februar 2009 im Ausspruch über die Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung aufgehoben; der Ausspruch entfällt. Die Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten, der bereits rechtskräftig wegen besonders schwerer Vergewaltigung schuldig gesprochen worden war, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von der verhängten Freiheitsstrafe neun Monate als verbüßt gelten. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten , auf die Sachrüge gestützten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe zu Unrecht einen Teil der verhängten Strafe als vollstreckt angesehen. Das trotz des umfassenden Aufhebungsantrags ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf den Kompensationsausspruch beschränkte (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09) Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Die angefochtene Kompensationsentscheidung kann nicht bestehen bleiben; denn ihr steht die auch insoweit eingetretene Teilrechtskraft des in die- sem Verfahren zuvor ergangenen landgerichtlichen Urteils vom 15. Februar 2008 entgegen.
3
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 15. Februar 2008 wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision hatte der Angeklagte unter anderem mit einer Verfahrensrüge einen Verstoß gegen Art. 6 MRK geltend gemacht, weil das Verfahren durch unzureichende Ermittlungen des Aufenthalts der Geschädigten durch die Polizeibehörden rechtsstaatswidrig verzögert worden sei; dies habe das Landgericht im Urteil feststellen und festlegen müssen, welcher Teil der Strafe zur Kompensation als vollstreckt gelte. Der Generalbundesanwalt hatte beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, und ausgeführt , die dargestellte Verfahrensrüge sei weder in der erforderlichen Form erhoben noch in der Sache begründet. Mit einer weiteren verfahrensrechtlichen Beanstandung hatte der Angeklagte gerügt, dass ein auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schuldfähigkeit gerichteter Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt worden sei. Auf diese Rüge hatte der Senat mit Beschluss vom 7. August 2008 (3 StR 274/08) das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB unterblieben war aufgehoben sowie die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen; die weitergehende Revision hatte er verworfen.
5
Nach der Zurückverweisung hat das Landgericht das nunmehr von der Staatsanwaltschaft im Kompensationsausspruch angegriffene Urteil erlassen.
Die nach seiner Ansicht gegebene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es damit begründet, dass die Polizeibehörden während des Ermittlungsverfahrens den Aufenthaltsort der Geschädigten nicht intensiv genug ermittelt hätten.
6
2. Das Landgericht durfte die angefochtene Kompensationsentscheidung nicht treffen. Hierzu gilt:
7
Führt die Revision nur teilweise zur Urteilsaufhebung, erwächst der bestehen bleibende Teil in Rechtskraft; dieser ist im neuen Verfahren nicht mehr nachzuprüfen (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 353 Rdn. 32). Der neue Tatrichter, an den das Verfahren nach der Zurückverweisung gelangt, hat lediglich den noch offenen Verfahrensgegenstand neu zu verhandeln und zu entscheiden (vgl. Wohlers in SK-StPO § 354 Rdn. 87). Hieraus folgt etwa, dass der Schuldspruch rechtskräftig wird, wenn das angefochtene Urteil allein im Strafausspruch aufgehoben wird (sog. horizontale Teilrechtskraft). Auch innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs kann horizontale Teilrechtskraft bezüglich einzelner Tatfolgen eintreten, wenn lediglich der Strafausspruch aufgehoben wird und weitere Rechtsfolgen, auf die das Tatgericht erkannt hat, von Art und Höhe der Strafe unabhängig sind. Dies richtet sich nach den für die Rechtsmittelbschränkung geltenden Grundsätzen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 353 Rdn. 8) und kann etwa der Fall sein bei Einziehungs- (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Dezember 1998 - 2 StR 536/98 Rdn. 5) sowie Unterbringungsanordnungen (vgl. BGH bei Holtz MDR 1980, 454 f.; NStZ 1982, 483) oder sonstigen Maßregeln wie der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 1983 - 3 StR 215/83 Rdn. 4 ff.). Maßgebend für den Umfang der Aufhebung ist die Formulierung im Urteilstenor bzw. der Beschlussformel der revisionsgerichtlichen Entscheidung. Die Aufhebung des Strafausspruchs betrifft regelmäßig nur die Strafe, die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs die gesamten Rechts- folgen der Tat (vgl. Kuckein aaO Rdn. 21 m. w. N.; weitergehend für § 76 a StGB aF noch BGHSt 14, 381, 382).
8
Nach diesen Maßstäben erfasst die Aufhebung allein des Strafausspruchs durch das Revisionsgericht grundsätzlich die Frage eines Ausgleichs für eine bis dahin eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht; vielmehr tritt insoweit horizontale (Teil-)Rechtskraft ein. Zwar wurde nach der früheren Rechtsprechung die übermäßige und von dem Angeklagten nicht zu vertretende Verzögerung des Verfahrens bei der Strafzumessung berücksichtigt. Demgemäß umfasste damals die Aufhebung eines tatgerichtlichen Urteils im Strafausspruch auch die Frage der Kompensation eines rechtsstaatswidrigen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot. Jedoch hat der Große Senat für Strafsachen dieses sog. Strafabschlagsmodell mit seiner Entscheidung vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124) aufgegeben und es durch die sog. Vollstreckungslösung ersetzt. Danach ist der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nunmehr getrennt und unabhängig von der Strafzumessung vorzunehmen. Er lässt die Frage des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe unberührt und stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. Meyer-Goßner aaO Art. 6 MRK Rdn. 9 a). Deshalb sind der Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung grundsätzlich je für sich auf Rechtsfehler überprüfbar (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09 Rdn. 27). Hieraus folgt im Einzelnen:
9
Enthält ein landgerichtliches Urteil - wie hier die ursprüngliche Entscheidung der Strafkammer vom 15. Februar 2008 - keine Kompensationsentscheidung für eine bis zur Urteilsverkündung eingetretene Verzögerung, kann der Angeklagte, wenn er dies für rechtsfehlerhaft hält, sich hiergegen mit seiner Revision wenden. Zu diesem Zweck muss er grundsätzlich - wenn sich die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht bereits aus den Urteilsgründen ergibt und deshalb mit der Sachrüge zur Prüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden kann (vgl. BGHSt 49, 342) - eine Verfahrensrüge erheben (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 50, 56). Dringt er wie hier mit seiner Beanstandung nicht durch, und hebt das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit auch nicht wegen einer erheblichen Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist auf eine zulässige Revision von Amts wegen auf (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 320), steht rechtskräftig fest, dass der Angeklagte nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 MRK vor Ergehen der Revisionsentscheidung zu entschädigen ist. Gleiches gilt, wenn das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil neben dem Strafausspruch aufhebt, soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist; denn die Frage, ob eine solche Maßregel anzuordnen ist, berührt die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung aus den genannten Gründen ebenfalls nicht. Es liegt zudem nahe, dass die vorgenannten Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn der Angeklagte keine Verfahrensrüge erhoben hat und für das Revisionsgericht auch sonst kein Anlass besteht, die Frage der Verfahrensverzögerung ausdrücklich in den Blick zu nehmen; denn diese Umstände sind für den Eintritt und die Wirkungen der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich ohne Belang.
10
Dem neuen Tatrichter ist es deshalb verwehrt, dem Angeklagten nach der Teilaufhebung eines Urteils ausschließlich im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist allein wegen eines zeitlich vor der Entscheidung des Revisionsgerichts liegenden Verstoßes gegen Art. 6 MRK eine Entschädigung zuzusprechen; er hat vielmehr lediglich neu über die Strafzumessung und den Maßregelausspruch zu befinden. Daneben hat er, sofern hierzu Anlass besteht, allerdings zu prüfen und zu entscheiden, ob nach der Entscheidung des Revisionsgerichts eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten und zu kompensieren ist; denn der Umstand, dass eine Entschädigungspflicht wegen eines bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung gegebenen Verstoßes gegen Art. 6 MRK nicht besteht, schließt es nicht aus, dass eine Kompensation aufgrund einer erst danach aufgetretenen Verzögerung ausgesprochen werden kann. Diese Frage hat das Tatgericht nach den insoweit allgemein geltenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. BGHSt 52, 124, 146 ff.); demgemäß hat es bei seiner Bewertung das gesamte Verfahren und damit auch diejenigen Teile in den Blick zu nehmen, die vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen. Diese Gesamtbetrachtung ist ihm nicht deshalb verschlossen, weil bereits rechtskräftig entschieden ist, dass dem Angeklagten allein aufgrund von Umständen, die zeitlich vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen, kein Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu gewähren ist.
11
Aus alldem ergibt sich, dass die nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zur sog. Vollstreckungslösung ergangene teilweise Aufhebung des landgerichtlichen Urteils durch den Beschluss des Senats vom 7. August 2008 die Frage der Entschädigung des Angeklagten für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung in der Zeit bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung nicht betroffen hat; insoweit ist vielmehr (Teil-)Rechtskraft eingetreten. Das Landgericht durfte deshalb nach der Zurückverweisung der Sache nicht einen - vermeintlichen - Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot im Ermittlungsverfahren kompensieren. Der entsprechende Ausspruch muss somit entfallen; dies hat der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entschieden.
12
3. Der Senat hat deshalb nicht mehr in der Sache zu entscheiden, ob die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung tragen. Die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils geben jedoch Anlass zu bemerken, dass nicht jedes Versäumnis der Ermittlungsbehörden einen zu kompensierenden Verstoß gegen Art. 6 MRK zu begründen vermag. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese wie hier nicht völlig untätig waren und der Vorwurf allein dahin geht, sie hätten möglicherweise noch intensiver ermitteln können. Der Senat neigt dazu, in solchen Fällen eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung - in Anlehnung an die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Kompensation von Verfahrensverzögerungen , die allein durch eine auf die Revision des Angeklagten erfolgte Aufhebung des tatgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache entstehen (vgl. BGH NStZ 2009, 104) - allenfalls bei ganz erheblichen, kaum verständlichen Ermittlungsfehlern in Betracht zu ziehen. In diesem Sinne gravierende Versäumnisse hat das Landgericht nicht festgestellt. Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 1 8 / 1 4
vom
23. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Bankrottes u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
zu 3.: Betruges u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten Am. und M.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 23. Juli
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten M. und Am. wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. Juni 2014,
a) soweit es den Angeklagten M. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist des Betruges in drei Fällen, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in vier Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 2. b) cc) (1)-(2), III. 2. b) dd) (1)-(2), III. 3. b)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe;
b) soweit es die Angeklagte Am. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass die Angeklagte schuldig ist der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe, über die Gesamtstrafe sowie über die Kompensation wegen Verfahrensverzögerung ;
c) soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Mitangeklagte schuldig ist des Betruges, der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts , bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. unter Freispruch im Übrigen wegen Betruges in fünf Fällen, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und bestimmt, dass drei Monate der Strafe als bereits vollstreckt gelten. Die Angeklagte Am. hat es der Beihilfe zum Betrug, der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie des vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue schuldig gesprochen und gegen sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und dahin erkannt, dass zwei Monate als bereits vollstreckt gelten. Den nicht revidierenden Mitangeklagten G. hat die Strafkammer wegen Betruges, Beihilfe zum Betrug, Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue, zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ebenfalls eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die Revisionsführer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Revision des Angeklagten M.
3
1. Der Schuldspruch weist mit Blick auf die konkurrenzrechtliche Bewertung einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. auf, soweit dieser wegen Betruges in fünf Fällen sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in fünf Fällen verurteilt worden ist. Im Einzelnen:
4
a) In den Fällen III. 2. b) cc) [S. GmbH] und dd) [h. GmbH & Co. KG] der Urteilsgründe täuschte der Angeklagte zu verschiedenen Zeitpunkten die jeweiligen Vertreter der geschädigten Gesellschaften vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht handelnd über die Leistungsfähigkeit der A. GmbH (im Folgenden: A. ) als Verkäuferin von Solarmodulen und erwirkte hierdurch jeweils den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages. Die S. GmbH zahlte als Käuferin auf eine erstellte Ab- schlagsrechnung zunächst 26.850,51 € und - nach weiteren bewussten Falsch- angaben des Angeklagten - auf eine zweite Abschlagsrechnung weitere 61.830,08 €. Im Fall h. GmbH& Co. KG leistete die getäuschte Käuferin auf eine erstellte Abschlagsrechnung zunächst eine Anzahlung in Höhe von 58.152,91 € und- ebenfalls nach einer weiteren Täuschung durch den Angeklagten - später auch den Restkaufpreis in Höhe von 135.690,12 €. Beide Verträge erfüllte die A. in der Folgezeit nicht.
5
Hiernach hat sich der Angeklagte nicht wegen vier, sondern nur wegen zwei tatmehrheitlich zueinander stehender Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Mehrere Handlungen während eines Gesamtablaufs, die ebenso wie die erste Täuschung nur auf die Herbeiführung des vom Täter von vornherein ins Auge gefassten endgültigen Erfüllungsschadens gerichtet sind, haben rechtlich keine selbständige Bedeutung, mag sich der Erfüllungsschaden auch nur in Etappen realisieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 1998 - 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110; vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 168). So liegt der Fall hier. Das Vermögen der Geschädigten war bereits durch den jeweiligen Vertragsabschluss geschädigt worden. Mit der Erbringung der versprochenen Leistung in jeweils zwei Raten (Erfüllungsschaden) materialisierte sich der zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertragli- chen Ansprüche zu bestimmende Schaden und bemaß sich - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, da die Gegenleistung völlig ausblieb (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91).
6
b) Auch in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH) hält die konkurrenzrechtliche Beurteilung durch das Landgericht, das drei selbständige Taten des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue angenommen hat, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei einer Deliktsserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; vom 17. September 2013 - 3 StR 259/13, juris Rn. 3).
7
Nach diesen Maßstäben liegen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe nur zwei Taten des Angeklagten vor: Die Strafkammer hat lediglich mit der von dem Angeklagten M. durchgeführten Überweisung vom 19. Mai 2008 einen individualisierten, nur diese Einzeltat [Fall III. 3. a) der Urteilsgründe] för- dernden Tatbeitrag dieses Angeklagten festgestellt. Im Übrigen hat sie keine Feststellungen dahin getroffen, welcher der Angeklagten den gemeinsam gefassten Tatentschluss hinsichtlich der im Einzelnen dargestellten Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH jeweils umsetzte. Der Beitrag desAngeklagten erschöpfte sich insoweit neben seiner Mitwirkung an der Tatabrede darin, dass er sich weiter um die Kundenakquise kümmerte und hierdurch half, den Geschäftsbetrieb der A. , aus dem heraus die Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH getätigt wurden, aufrecht zu erhalten. Zu dem durch die Überweisung vom 19. Mai 2008 verwirklichten Delikt des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue tritt somit lediglich eine weitere Tat des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue als uneigentliches Organisationdelikt hinzu.
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 15 mwN) ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen. Zusammen mit Fall III. 2. b) "cc)" (richtig "ee"), Fall 17 der Anklage) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei selbständige Delikte des Betruges und mit den Fällen III. 4. a)-b) vier Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Neufassung des Schuldspruchs hatte die Bezeichnung des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung als "vorsätzlich" zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1992 - 3 StR 61/92, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung

7).


9
2. Zum Strafausspruch gilt:
10
a) Die Änderung der Konkurrenzverhältnisse führt zum Wegfall der für die Fälle III. 2. b) cc) (1)-(2) und dd) (1)-(2) sowie für die Fälle III. 3. b) und c) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Die im Fall II. 3. a) festgesetzte Einzelstrafe kann bestehen bleiben, weil sie angesichts des von der Kammer festgestellten individualisierten Tatbeitrages des Angeklagten von dem Rechtsfehler nicht betroffen ist.
11
b) Keinen Bestand haben auch die Einzelstrafen für die Fälle III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die AngeklagtenM. und G. ). Die Strafkammer hat insoweit das Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB mit der Erwägung bejaht, dass der Angeklagte bei beiden Taten gewerbsmäßig gehandelt habe. Diese Annahme tragen die Urteilsgründe nicht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Zu der hiernach erforderlichen Wiederholungsabsicht verhalten sich die Urteilsgründe - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht.
12
c) Die Aufhebung der vorstehend genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
13
3. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
14
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO strafbar gemacht hat.
15
aa) Nach den diesbezüglichen Feststellungen waren die Angeklagten und der nicht revidierende Mitangeklagte G. Geschäftsführer und Gesellschafter der A. . Ab Dezember 2007 kam es mangels Deckung der auf Guthabenbasis geführten Geschäftskonten zu näher dargestellten Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 €. Am 31. Dezember 2007 betrug "das Ver- mögen derA. … 177.753,42 €", während sich "die Schulden auf 275.279,57 €" beliefen, "so dass sich ein negatives Reinvermögen und damit eine rechnerische Überschuldung in Höhe von 97.526,15 € ergaben. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Angeklagten zumindest, dass die A. ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen konnte." In der Folgezeit besserte sich die Situation nicht. Mit Versäumnisurteil vom 2. Januar 2008 titulierte das Landgericht Traunstein gegen die A. einen Zahlungsanspruch in Höhe von 63.592,89 €, es folgten weitere - in den Urteilsgründen näher dargelegte - Rückbuchungen, eine Kontenpfändung seitens des Finanzamtes, die Anmahnung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für die Monate August bis Oktober 2007 sowie am 18. April 2008 eine erneute Pfändungsandrohung durch das Finanzamt. In der Gesellschafterversammlung vom 27. April 2008 beschlossen die Angeklagten mit dem Mitangeklagten G. , dass die vollen Geschäftsführer-Gehälter zunächst nur noch anteilsmäßig gezahlt würden, wenn Geld auf dem Firmenkonto vorhanden sei. Einen Insolvenzantrag stellten die Angeklagten nicht; erst am 13. Januar 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgrund des Insolvenzantrags einer Gläubigerin eingeleitet.
16
bb) Diese Feststellungen belegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, dass die A. bereits zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig oder überschuldet im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO war.
17
Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Sie ist in der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits festzustellen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547, sog. betriebswirtschaftliche Methode). Eine derartige Gegenüberstellung enthält das Urteil nicht. Soweit dort die am 31. Dezember 2007 bestehenden "Schulden" dem "Vermögen" der A. gegenübergestellt werden, lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht erkennen, dass hiermit ausschließlich fällige Verbindlichkeiten gemeint waren.
18
Die Zahlungsunfähigkeit kann zwar auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (sog. wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 156). Als solche kommen unter anderem in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen , gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, BGHR InsO § 15a Abs. 4 Zahlungsunfähigkeit 1; G/J/W/Otte, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rn. 68 mwN). Auch aufgrund derartiger Indizien lässt sich anhand der Urteilsgründe aber nicht nachvollziehen, dass die A. zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig war. Festgestellt sind bis zu diesem Tag nur Rückbu- chungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 € und eine- durch ein zwei Tage später ergangenes Versäumnisurteil titulierte - Verbindlichkeit in Höhe von 63.592,84 €. Diesen Schulden stand jedoch ein Vermögen in Höhe von 177.753,42 € gegenüber. Angesichts dessen versteht es sich nicht von selbst, dass keine Finanzmittel zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten bereitstanden , was daher der näheren Begründung bedurft hätte.
19
Auch eine Überschuldung der A. zum 31. Dezember 2007 lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Diese liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Um sie zu ermitteln , bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547). Eine solche bilanzielle Darstellung des Überschuldungsstatus enthalten die Urteilsgründe nicht. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Tatbestandsalternative der Überschuldung auch ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten nicht festgestellt.
20
cc) Die Urteilsgründe belegen aber eine Zahlungsunfähigkeit der A. jedenfalls zum 27. April 2008. Neben den bereits dargestellten Krisensignalen sind insoweit weitere Rückbuchungen in Höhe von mindestens 15.945,45 €, eine Kontenpfändung in Höhe von 7.695,58 € und eine weitere Pfändungsan- drohung seitens des Finanzamtes in die Bewertung einzustellen, die schließlich in dem Gesellschafterbeschluss vom 27. April 2008 mündeten, wonach die Gehälter für die Geschäftsführung nur noch dann anteilsmäßig ausgezahlt werden sollten, soweit die - auf Guthabenbasis geführten - Gesellschaftskonten entsprechende Guthaben auswiesen. In einer Gesamtschau belegen diese Beweisanzeichen sicher, dass die A. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten kurzfristig zu erfüllen. Soweit die Urteilsgründe an anderer Stelle Zahlungseingänge vom 25. April 2008 (UA S. 19) und vom 30. April 2008 (UA S. 13) in fünf- und sechsstelliger Höhe ausweisen, sind diese nicht geeignet, die Indizwirkung der aufgeführten Beweisanzeichen zu entkräften. Da es sich hierbei um - rechtsfehlerfrei festgestellte - betrügerisch erwirkte Vorauszahlungen der Kunden der A. handelte, bestanden insoweit bereits mit der Zahlung fällige Rückzahlungsansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 31 BGB) in entsprechender Höhe.
21
dd) Soweit entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht bereits auf den 31. Dezember 2007, sondern auf den 27. April 2008 abgestellt wird, steht § 265 StPO dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den so gefassten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können; insbesondere hat die Strafkammer eine vom 31. Dezember 2007 an durchgängig bestehende Zahlungsunfähigkeit angenommen und sich insoweit auch mit Angaben des Angeklagten zu wirtschaftlichen Vorgängen auseinandergesetzt, die zeitlich nach dem 27. April 2008 lagen ("5-Megawatt-Deal").
22
ee) Auch der Strafausspruch bleibt unberührt. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Insolvenzantrag "über einen langen Zeitraum" nicht gestellt worden ist, trägt diese Erwägung auch hinsichtlich des 27. Aprils 2008 als maßgeblichem Stichtag für die Zahlungsunfähigkeit.
23

b) Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Schuld- und Strafausspruches nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, NStZ 2010, 531, 532).
24
Sie ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil sich das Landgericht bei der Bemessung der Kompensation rechtsfehlerhaft an der Höhe der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe orientiert hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Sie richtet sich nicht nach der Höhe der Strafe. Auch das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316, 317 mwN; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138). Der Senat kann aber ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des richtigen Maßstabs auf eine noch höhere Kompensation als drei Monate entschieden hätte.
25
II. Revision der Angeklagten Am.
26
1. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Taten zum Vorteil der P. GmbH) durch das Landgericht als drei selbständige Delikte des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue erweist sich auch hinsichtlich der Angeklagten Am. aus den zur Revision des Angeklagten M. dargestellten Gründen als rechtsfehlerhaft. Da die Strafkammer keine nur jeweils eine Einzeltat fördernden Tatbeiträge der Angeklagten Am. festge- stellt hat, ist die - im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte - mittäterschaftliche Mitwirkung der Angeklagten Am. hinsichtlich der Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH nach den im Rahmen der Revision des Angeklagten M. dargestellten Maßstäben zum uneigentlichen Organisationsdelikt als eine Tat zu werten.
27
Der Schuldspruch war entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. Der Senat kann ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zu individualisierten Tatbeiträgen der Angeklagten Am. möglich wären. Zusammen mit den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich die Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
28
2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses führt zum Wegfall der in den Fällen III. 3. a) bis c) festgesetzten Einzelstrafen.
29
Aufzuheben sind darüber hinaus die in den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die Angeklagten M. und G. ) verhängten Einzelstrafen. Die Strafkammer ist bei der Strafrahmenwahl vom Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Wie bereits dargelegt, handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Die Gewerbsmäßigkeit setzt dabei stets eigennütziges Handeln und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst voraus; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215; vom 19. De- zember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Dass die AngeklagteAm. aus den Darlehensgewährungen der A. an den Angeklagten M. und den Mitangeklagten G. eigene finanzielle Vorteile gezogen hat oder ziehen wollte, ist nicht festgestellt. Daneben belegen die Urteilsgründe auch nicht, dass die Angeklagte Am. mit der erforderlichen Wiederholungsabsicht handelte.
30
Auch wenn das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung mildernd zu Gunsten der Angeklagten Am. bedacht hat, dass diese von den Darlehen nicht selbst profitierte, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Regelstrafrahmens auf eine mildere Rechtsfolge erkannt hätte.
31
Der Wegfall der genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist. Der Beteiligte, bei dem sie fehlt, kann daher nicht allein deshalb nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bestraft werden, weil andere Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215).
33
3. Die Kompensationsentscheidung des Landgerichts kann keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat den Ausgleich für die festgestellten Verfahrensverzögerungen auch bei der Angeklagten Am. unter Berücksichtigung der konkreten Höhe der verhängten Freiheitsstrafen bestimmt. Dies ist aus den zur Revision des Angeklagten M. dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung der zutreffenden Maßstäbe zu einer der Angeklagten Am. günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
34
4. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg. Insbesondere hält auch der Schuldspruch wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Senat nimmt insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten M. Bezug.
35
III. Nach § 357 StPO ist die Entscheidung im Hinblick auf die fehlerhafte konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe auf den Mitangeklagten G. zu erstrecken, da insoweit Schuld- und Strafausspruch auf demselben sachlich-rechlichen Mangel (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 276/04, NJW 2005, 374, 376) beruhen.
36
Im Übrigen scheidet eine Erstreckung aus: Hinsichtlich der rechtsfehlerhaften Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Rahmen der Fälle III. 4. a)-b) der Urteilsgründe handelt es sich um einen Darstellungsmangel der Strafzumessung , der bei dem Mitangeklagten G. aufgrund derErleichterungen des § 267 Abs. 4 StPO (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 137) nicht gegeben ist. Bei der fehlerhaften Bestimmung der Kompensation kommt eine direkte oder analoge Anwendung von § 357 StPO schließlich ebenfalls nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 364/08, NJW 2009, 307, 308 mwN). Becker Hubert Schäfer RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Mayer Becker