Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Vollziehung von Bescheiden wegen verfassungsrechtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der sog. Zinsschranke auszusetzen oder aufzuheben ist.

2

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine AG, die im Jahre 2008 durch Formwechsel einer GmbH entstanden ist. Ihr Unternehmensgegenstand war in den Streitjahren 2008 bis 2010 der Erwerb, die Nutzung und die Verwaltung von Liegenschaften auf eigene Rechnung, nicht aber in gewerbsmäßiger Art und Weise, sowie die Vornahme aller Handlungen, die dem Unternehmen förderlich und zweckdienlich sind. Aktionäre der Antragstellerin waren mit jeweils 50 % der Anteile X und die Y-GmbH. An der Y-GmbH war Z zu 25 % unmittelbar und mittelbar beteiligt. Die Antragstellerin war kein verbundenes Unternehmen i.S. des § 271 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs. Sie wurde insbesondere nicht in den Konzernabschluss der Y-GmbH nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einbezogen.

3

Die Antragstellerin war in den Streitjahren Eigentümerin von fünf Immobilienobjekten, deren Erwerb sie zum überwiegenden Teil fremdfinanzierte. Die Finanzierung erfolgte im Wesentlichen durch Bankkredite. Es handelt sich um größtenteils langfristige und objektbezogene Finanzierungen, die erst nach der Fertigstellung der Objekte und ihrer planmäßigen Nutzung langfristig aus den Mietüberschüssen zurückgeführt werden sollen.

4

Aus dem für das größte Objekt (A-Straße in B) vorgelegten Kreditvertrag (nebst Nachträgen) ergibt sich, dass die Antragstellerin verpflichtet ist, sämtliche Mieteinnahmen auf ein Mieteingangskonto einzahlen zu lassen, das an die Bank verpfändet ist. Die Mittel auf dem Mieteingangskonto sind vorrangig für die Begleichung der Betriebskosten, der Zahlungen an die Bank (Zinsen und Tilgungen) und für etwaige weitere Bau- und Baunebenkosten zu verwenden. Erst ab dem 1. Januar 2012 stehen die Mittel auf den Konten der Antragstellerin zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt ist sie verpflichtet, das Darlehen in Höhe von 3 % aus ... Mio. € pro Jahr zu tilgen.

5

Um die hohe Fremdfinanzierung zu erreichen, stellte die Y-GmbH nachrangige Gesellschafterdarlehen in Höhe von 8,948 Mio. € zum 31. Dezember 2008 zur Verfügung, die sich auf 10,6 Mio. € zum 31. Dezember 2009 und auf 10,758 Mio. € zum 31. Dezember 2010 erhöhten. Die Y-GmbH trat mit ihren Rückzahlungs- und Zinsansprüchen im Rang hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger zurück. Ferner verbürgten sich der unmittelbare Gesellschafter X und der mittelbare Gesellschafter Z anteilig für die Verbindlichkeiten der Antragstellerin. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Banken aufgrund der Bürgschaften auf X und Z in Höhe von mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen Rückgriff nehmen können.

6

Ende 2010 wurden vier GmbH & Co. KG gegründet, an denen die Antragstellerin als alleinige Kommanditistin vermögensmäßig zu 100 % beteiligt ist. In jede Gesellschaft brachte die Antragstellerin zum 1. Januar 2011 ein Objekt unentgeltlich ein; die Zinsen und Tilgungen aus den Darlehensverträgen trägt weiterhin die Antragstellerin. Sie selbst behielt nur das größte Objekt A-Straße, in dem stille Reserven von rund ... Mio. € enthalten sind. Allein die auf dieses Objekt entfallenden Zinsaufwendungen betragen unstreitig mehr als 3 Mio. € p.a.

7

Zum 31. Dezember 2007 stellte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) einen vortragsfähigen Verlust in Höhe von 1.686.796 € fest.

8

Für 2008 wies die Antragstellerin bilanziell einen Jahresfehlbetrag von 3.289.305 € (Ergebnis vor Steuern: ./. 3.279.657,22 €) aus. Die Zinserträge betrugen 38.617 €, während sich die Zinsaufwendungen auf 5.436.312,48 € beliefen. Diese entfielen in Höhe von 5.048.609,44 € auf Zinsen für Bankdarlehen und in Höhe von 387.703,04 € auf Zinsen für Gesellschafterdarlehen. Das FA ließ von den Zinsaufwendungen nur einen Betrag von 1.400.381 € zum Abzug zu. Den Differenzbetrag stellte es als Zinsvortrag fest. Nach Abzug verrechenbarer Verluste setzte das FA für 2008 eine Steuerschuld in Höhe von 9.146 € fest.

9

2009 verbuchte die Antragstellerin einen Zinsaufwand von 5.966.572,75 €, der in Höhe von 5.523.432,75 € auf Zinsen für Bankdarlehen und in Höhe von 443.090 € auf Zinsen für Gesellschafterdarlehen entfiel. Die Zinserträge lagen bei 23.944,36 €. Die Antragstellerin erwirtschaftete einen Jahresüberschuss in Höhe von 178.475,63 € (Ergebnis vor Steuern: 725.756,84 €). Den Zinsaufwand ließ das FA anteilig in Höhe von 2.730.240 € zum Abzug zu. Nach Abzug des verbleibenden Verlustvortrags (595.330 €) setzte das FA Körperschaftsteuer in Höhe von 518.751 € fest (Zahllast nach Abzug der Zinsabschlagsteuer: 516.203 €).

10

Mit Vorauszahlungsbescheid vom 9. Februar 2011 setzte das FA zudem eine Körperschaftsteuervorauszahlung für 2010 in Höhe von 516.203 € fest.

11

Über die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche ist bislang nicht entschieden worden. Nachdem das FA eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) abgelehnt hatte, lehnte auch das Finanzgericht (FG) München einen entsprechenden Antrag ab (Beschluss vom 1. Juni 2011  7 V 822/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1830).

12

Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung der AdV.

13

Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens hat das FA Vorsteuerguthaben der Antragstellerin mit der streitgegenständlichen Körperschaftsteuer 2008 und 2009 verrechnet. Die geschuldete Körperschaftsteuervorauszahlung für das vierte Quartal 2010 ist in Höhe von 126.275 € mit Vorsteuervergütungsansprüchen der Antragstellerin verrechnet worden.

14

Mit dem im hier anhängigen AdV-Verfahren ergangenen Bescheid für 2010 über Körperschaftsteuer vom 31. Januar 2012 hat das FA eine Steuerschuld in Höhe von 586.681 € festgesetzt, auf die Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.366 € angerechnet wurde. Hierbei ging es von einem Verlust in Höhe von 135.335 € aus. Von den Zinsaufwendungen in Höhe von 6.386.694 € seien 24.467 € aufgrund der erwirtschafteten Zinserträge und darüber hinaus nur weitere 2.941.447 € als Betriebsausgaben abziehbar.

15

Die Antragstellerin hat zunächst beantragt, den Beschluss des FG München vom 1. Juni 2011  7 V 822/11 aufzuheben und die Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2008 vom 24. Januar 2011 in Höhe von 9.555 € und für 2009 vom 28. Januar 2011 in Höhe von 544.594,39 € sowie des Vorauszahlungsbescheides über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2010 vom 9. Februar 2011 in Höhe von 544.594,16 € jeweils zuzüglich der jeweiligen Säumniszuschläge und ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, hilfsweise (soweit diese bereits durch Zahlung oder Aufrechnung vollzogen wurden) aufzuheben.

16

Nach Ersetzung des Vorauszahlungsbescheides für 2010 durch den Jahressteuerbescheid beantragt die Antragstellerin insoweit nunmehr, die Vollziehung des Bescheides für 2010 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 31. Januar 2012 auszusetzen bzw. aufzuheben.

17

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde des FA führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit das FG die AdV des Vorauszahlungsbescheides für 2010 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag abgelehnt hat. An dessen Stelle ist während des Beschwerdeverfahrens analog § 68 FGO der Bescheid für 2010 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 31. Januar 2012 getreten (zur analogen Anwendbarkeit des § 68 FGO s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. März 2006 V B 13/04, BFH/NV 2006, 1492; vom 15. November 2007 V B 63/06, BFH/NV 2008, 825). Damit liegt dem Beschluss des FG ein nicht mehr existierender Bescheid mit der Folge zugrunde, dass seine ablehnende Entscheidung insoweit ebenfalls gegenstandslos geworden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12. September 2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229).

19

Eine Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Entscheidung ist insoweit zwar zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II 1991, 463), aber nicht zweckmäßig. Die Sache ist spruchreif. Die Feststellungen des FG und die vorliegenden Akten reichen auch im Hinblick auf den nunmehr erlassenen Bescheid für 2010 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag aus, um über den Aussetzungsantrag abschließend entscheiden zu können (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 229).

III.

20

Die Beschwerde ist teilweise begründet. Sie führt unter Aufhebung des Beschlusses des FG zur Stattgabe des Antrags der Antragstellerin auf Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide 2008 und 2009. Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2010 ist teilweise auszusetzen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet und zurückzuweisen.

21

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO).

22

Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen u.a. dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156; vom 26. August 2010 I B 85/10, BFH/NV 2011, 220). Dies gilt auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm. An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (Senatsbeschlüsse vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826; vom 30. März 2011 I B 136/10, BFHE 232, 395).

23

Unter den gleichen Voraussetzungen ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO die Vollziehung aufzuheben, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung bereits vollzogen ist (Senatsbeschluss vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389). Insbesondere können bereits verwirkte Säumniszuschläge (§ 240 der Abgabenordnung) ab dem Zeitpunkt, ab dem ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestanden haben, rückwirkend durch Aufhebung der Vollziehung beseitigt werden (Senatsbeschluss vom 23. September 2008 I B 92/08, BFHE 223, 73, BStBl II 2009, 524).

24

2. Bei der im Verfahren auf AdV gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ernstlich zweifelhaft, ob es rechtmäßig ist, dass das FA die von der Antragstellerin gezahlten Schuldzinsen unter Hinweis auf die sog. Zinsschranke nur teilweise als Betriebsausgaben der jeweiligen Streitjahre zum Abzug zuließ.

25

a) Die Schuldzinsen können nach dem Wortlaut der sog. Zinsschranke nur teilweise als Betriebsausgaben abgezogen werden.

26

aa) Zinsaufwendungen eines Betriebs sind hiernach nur in Höhe des verrechenbaren EBITDA, d.h. 30 % des um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens, abziehbar (vgl. § 8 Abs. 1, § 8a Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG-- 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes --UntStRefG-- 2008 vom 14. August 2007, BGBl I 2007, 1912 --KStG 2002 n.F.-- i.V.m. § 4h Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- 2002 i.d.F. des UntStRefG 2008 --EStG 2002 n.F.--/§ 4h Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG 2009 i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums --Wachstumsbeschleunigungsgesetz-- vom 22. Dezember 2009, BGBl I 2009, 3950 --EStG 2009 n.F.--). Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (§ 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 n.F./§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG 2009 n.F.). Dass das FA diese Vorgaben in den Bescheiden zutreffend umgesetzt hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weiteren Vertiefung.

27

bb) Nach der sog. Stand-alone-Klausel des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG 2002 n.F./2009 n.F. (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002) ist die sog. Zinsschranke nicht anzuwenden, wenn der Betrieb --wie im Streitfall-- nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG 2002 n.F./2009 n.F. ist nach § 8a Abs. 2 KStG 2002 n.F. seinerseits wiederum nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahestehende Person oder einen Dritten, der auf einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft i.S. des § 4h Abs. 3 EStG 2002 n.F./2009 n.F. betragen und die Körperschaft dies nachweist. Im Streitfall betragen die Zinsen auf Gesellschafterdarlehen allein zwar nicht mehr als 10 % der den Zinsertrag übersteigenden Zinsaufwendungen. Zwischen den Beteiligten ist jedoch unstreitig, dass die kreditgewährenden Banken aufgrund der Bürgschaften auf X und Z in Höhe von mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen Rückgriff nehmen können. Die Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 KStG 2002 n.F. in dessen 3. Alternative sind damit erfüllt.

28

b) Der Senat hat im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einschränkung der sog. Stand-alone-Klausel durch § 8a Abs. 2 KStG 2002 n.F. in dieser 3. Regelungsalternative.

29

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, BFH/NV 2008, Beilage 3, 247; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009, 338). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192; vom 4. Februar 2009  1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1, BFH/NV 2009, 1068).

30

Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192; in BVerfGE 120, 1, BFH/NV 2008, Beilage 3, 247; in BVerfGE 123, 1, BFH/NV 2009, 1068). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 116, 164, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481; in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009, 338). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 116, 164, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009, 338). Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung zudem folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181). Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 123, 1, BFH/NV 2009, 1068; vom 21. Juli 2010  1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, BFH/NV 2010, 1985).

31

bb) Mit den Regelungen zur sog. Zinsschranke (§ 8a KStG 2002 n.F. i.V.m. § 4h EStG 2002 n.F./2009 n.F.) ist der Gesetzgeber von seiner Grundentscheidung abgewichen, dass Betriebsausgaben in dem Jahr abziehbar sein sollen, in dem sie angefallen sind und den Steuerpflichtigen belasten. Hierdurch will er die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen in Abhängigkeit vom Gewinn zur Sicherung inländischen Steuersubstrats sowie zur Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen beschränken (BTDrucks 16/4841, S. 35). Aufgrund der weiten Auslegung der unionsrechtlichen Marktfreiheiten durch den Europäischen Gerichtshof (jetzt Gerichtshof der Europäischen Union) werden speziell grenzüberschreitend verbundene Unternehmen in die Lage versetzt, mittels Gesellschafterfremdfinanzierungen inländische Gewinne in das abkommensbegünstigte Ausland zu verlagern und andererseits ohnehin entstehenden Aufwand wie Zinsen gezielt im Inland anfallen zu lassen (Seiler in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 4h Rz 1; s. auch BTDrucks 16/4841, S. 31). Der Zweck der Zinsschranke zur Vermeidung konzerninterner Gestaltungen zur Gewinnverlagerung kommt insbesondere durch die sog. Stand-alone-Klausel des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG 2002 n.F./2009 n.F. zum Ausdruck, nach der Betriebe, die nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehören, insoweit folgerichtig nicht von der Zinsschranke erfasst werden (Rödder, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, Beihefter zu Nr. 40, 1, 9).

32

cc) Ob die Zinsschranke --wie unter Hinweis auf das sog. objektive Nettoprinzip im Schrifttum überwiegend und auch von der Antragstellerin vertreten wird (s. z.B. FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2011  12 V 12089/11, EFG 2012, 358; Baumgärtel in Ballwieser/Grewe [Hrsg.], Wirtschaftsprüfung im Wandel, 2008, 575, 591; Beiser in Brähler/ Lösel [Hrsg.], Deutsches und internationales Steuerrecht, Gegenwart und Zukunft, Festschrift für Christiana Djanani, 2008, 3, 27; G. Förster in Breithecker/Förster/Förster/Klapdor, Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2007, § 4h EStG Rz 62; Hey, Betriebs-Berater --BB-- 2007, 1303, 1305 f.; dieselbe in Festschrift Djanani, a.a.O., 109, 122 ff.; Eilers in Spindler/ Tipke/Rödder [Hrsg.], Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, 275, 285; Goebel/ Eilinghoff, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2010, 550, 554; Gosch, DStR 2007, 1553, 1559; Gosch KStG, 2. Aufl., Exkurs § 4h EStG Rz 35 f.; Herzig/Bohn, Der Betrieb --DB-- 2007, 1, 2; Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4h EStG Rz 6; Kessler/ Dietrich, DB 2010, 240; Korn in Korn, § 4h EStG Rz 21; Lenz/ Dörfler, DB 2010, 18, 19; Seer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2007/2008, 9, 12; Schmidt/Loschelder, EStG, 30. Aufl., § 4h Rz 3; Seiler in Kirchhof, a.a.O., § 4h Rz 3 f.; Shou, Die Zinsschranke im Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2010, 48)-- bereits grundsätzlich verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, kann im Streitfall dahinstehen. Selbst wenn dies zu verneinen wäre und die in § 8a Abs. 2 KStG 2002 n.F. angeordnete (Rück-)Ausnahme damit lediglich eine (noch) verfassungskonforme Regelungslage (nach § 4h Abs. 1 EStG 2002 n.F./2009 n.F.) wiederherstellen würde, erscheint es bei summarischer Prüfung jedenfalls fraglich, ob ausgehend vom Gesetzeszweck die Rückausnahme des § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. sachlich gerechtfertigt werden kann. Durch die weite Formulierung dieser Vorschrift könnten die verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Typisierung überschritten worden sein.

33

aaa) Eine gesetzliche Typisierung darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181; vom 6. April 2011  1 BvR 1765/09, BFH/NV 2011, 1277). Zudem muss sich die Typisierung am allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen (BVerfG-Beschluss vom 4. April 2001  2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310; Huster in Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 3 Rz 130 f.). Die ungleichen Rechtsfolgen dürfen nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Personen treffen, und die Nachteile dürfen nicht zu schwer wiegen (BVerfG-Beschlüsse vom 30. Mai 1990  1 BvL 2/83, BVerfGE 82, 126; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348; Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art. 3 Rz 33).

34

bbb) Auf dieser Grundlage hat der Senat Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit des typisierenden § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. Es ist fraglich, ob die Vorschrift zur Vermeidung von Finanzierungsgestaltungen zwischen einer Körperschaft und ihrem Anteilseigner (BTDrucks 16/4841, S. 74 f.) erforderlich ist; aufgrund ihres weit gefassten Wortlauts hat sie einen deutlich überschießenden Anwendungsbereich.

35

Der Sinn der Ausdehnung des Tatbestandes besteht nur in der Verhinderung von Umgehungen (Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Freiburg 2011, § 8a KStG Rz 117), die darin bestehen können, dass nicht unmittelbar der Anteilseigner oder eine ihm nahestehende Person, sondern ein Dritter (z.B. eine Bank) der Körperschaft ein Darlehen gewährt und der zu mehr als einem Viertel beteiligte Anteilseigner (oder eine diesem nahestehende Person) seinerseits gegen den Dritten oder eine sonstige Person (z.B. gegenüber einer anderen Bank) eine verzinsliche Forderung hat, auf die der Dritte zugreifen kann (sog. Back-to-back-Finanzierung; s. BTDrucks 16/5377, S. 17 f.). Auf den Fall der sog. Back-to-back-Finanzierung, der im Streitfall nicht vorliegt, ist § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. indes nicht beschränkt; eine vom Bundesrat beantragte Einschränkung des Gesetzeswortlauts ist --unter pauschalem Hinweis auf eine anderenfalls eintretende Gestaltungsanfälligkeit-- nicht Gesetz geworden (BTDrucks 16/5377, S. 17 f. und S. 27; eine einschränkende Auslegung verlangen gleichwohl G. Förster in Breithecker/Förster/Förster/Klapdor, a.a.O., § 8a KStG Rz 47; Gosch, a.a.O., § 8a Rz 53; Streck/ Schwedhelm, KStG, 7. Aufl., § 8a Rz 43; kritisch auch Mössner/ Seeger/Wienbergen/Kolbe, Körperschaftsteuergesetz, § 8a Rz 147). § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. erfasst infolgedessen auch die Fälle, in denen eine Bank ein Darlehen gewährt, hierfür aber eine Bürgschaft oder eine anderweitige Sicherheit eines Gesellschafters oder einer nahestehenden Person verlangt, obwohl es sich hierbei grundsätzlich nicht um eine auf Gewinnverlagerung gerichtete Finanzierungsgestaltung zwischen der Körperschaft und ihrem Anteilseigner handelt. Die Bürgschaft oder Sicherheit ist in der Regel allein erforderlich, damit die Gesellschaft das Darlehen erhält.

36

Damit hat § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. aber nicht nur einen überschießenden Anwendungsbereich, sondern führt gerade im Bereich üblicher Fremdfinanzierungen zu unverhältnismäßigen Belastungswirkungen, durch die sich insbesondere die Situation insolvenzbedrohter Unternehmen weiter verschlechtert. Jenseits missbräuchlicher Gestaltungen belastet § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. gerade finanz- und ertragsschwache Unternehmen in besonderem Maße, die auf Fremdkapital angewiesen sind, um ihren Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, dieses aber nur erhalten, wenn sie durch ihre Gesellschafter Sicherheiten stellen können (Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259, 2261).

37

3. Entgegen der Auffassung des FG kann die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung im Streitfall nicht mit dem Argument verweigert werden, es fehle an einem besonderen Aussetzungs- oder Aufhebungsinteresse der Antragstellerin.

38

a) Bei der AdV von Steuerbescheiden wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die ihnen zugrundeliegenden Vorschriften folgt im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes nach der bisher ständigen Rechtsprechung des BFH, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geltend machen muss. Geboten ist eine Interessenabwägung zwischen der einer AdV entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für eine AdV sprechenden individuellen Interessen des Steuerpflichtigen (BFH-Beschlüsse vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104; vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663; vom 7. Juli 2004 XI B 231/02, BFH/NV 2005, 178; vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558). Bei der Abwägung kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer AdV hinsichtlich des Gesetzesvollzuges und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an (BFH-Beschlüsse in BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104; vom 19. August 1994 X B 318, 319/93, BFH/NV 1995, 143; vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 9. März 2012 VII B 171/11, DStR 2012, 605, BFHE 236, 206). Das Gewicht der ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Vorschrift ist bei dieser Abwägung nicht von ausschlaggebender Bedeutung (BFH-Beschlüsse vom 9. November 1992 X B 137/92, BFH/NV 1994, 324; in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558).

39

b) Ob an diesem Erfordernis uneingeschränkt festzuhalten ist (kritisch insoweit z.B. Niedersächsisches FG, Beschluss vom 6. Januar 2011  7 V 66/10, EFG 2011, 827; Gosch in Beermann/ Gosch, FGO, § 69 Rz 179 ff.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 113; Schallmoser, DStR 2010, 297 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 97; Specker, DStZ 2010, 800, 802 f.; einschränkend auch FG Berlin-Brandenburg, Beschluss in EFG 2012, 358) bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn im Streitfall liegt ein gegenüber einem öffentlichen budgetären Interesse überwiegendes besonderes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin vor. Denn während die Zinsschranke bei summarischer Prüfung für die Antragstellerin zu einem steuerlichen Eingriff mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen führt, ist die öffentliche Haushaltsführung in einem nur vergleichsweise geringen Maß betroffen.

40

aa) Zwar mag anhand der dem Senat vorliegenden Akten nicht feststellbar sein, dass die Antragstellerin durch die Anwendung der Zinsschranke bereits existenzgefährdend betroffen wird und aufgrund der Anwendbarkeit der Zinsschranke die Insolvenz droht. So hat die Antragstellerin in ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2010 selbst ausgeführt, trotz der Zinsschranke in den Jahren 2011 und 2012 positive Ergebnisse zu erwarten. Auch die bereits eingetretene bilanzielle Überschuldung stelle wegen der im Anlagevermögen enthaltenen stillen Reserven und der von einem Anteilseigner abgegebenen Rangrücktrittserklärung kein Problem dar.

41

Gleichwohl stellt die steuerliche Belastung für sie eine erhebliche finanzielle Belastung in Höhe von immerhin 1.114.578 € (ohne Solidaritätszuschlag) dar. Ohne die Zinsschranke wäre es aufgrund der zum 31. Dezember 2007 festgestellten hohen Verlustvorträge und des im Jahre 2008 erwirtschafteten Jahresfehlbetrages, der den Verlustvortrag noch weiter erhöht hätte, im Ergebnis zu Nullfestsetzungen in allen drei Streitjahren gekommen. Gemessen an den Ergebnissen der Jahre 2008 und 2010 führt die Zinsschranke darüber hinaus zu einer Substanzbesteuerung, weil die festgesetzte Körperschaftsteuer das Ergebnis vor Steuern jeweils deutlich übersteigt. Auch im Jahre 2009 hat das FA aufgrund der Anwendbarkeit der Zinsschranke Körperschaftsteuer in einer Höhe von 71,48 % des Ergebnisses vor Steuern festgesetzt.

42

Erschwerend kommt hinzu, dass die Antragstellerin bei summarischer Prüfung nicht über die ausreichende Liquidität verfügt, um die Steuern zahlen zu können, zumal sie --ausgehend von dem vorgelegten Darlehensvertrag-- nicht frei über ihre Mieteinnahmen und Vorsteuererstattungen verfügen kann. Da es der Antragstellerin als vermögensverwaltender Gesellschaft kaum zumutbar ist, ihr Aktivvermögen zum Zwecke der Steuerzahlung zu verwerten, muss sie zusätzliches Fremdkapital aufnehmen. Wenn die Antragstellerin auch vorgetragen hat, voraussichtlich weitere 1,8 Mio. € von den Banken erhalten und hiermit die Steuerschulden zahlen zu können, hätte dies aber wahrscheinlich zur Folge, dass sich die Wirkungen der Zinsschranke in den Folgejahren gegenüber dem derzeitigen Zustand nur aus dem Grund verschärfen würden, weil die Antragstellerin sich die Mittel für eine Steuerzahlung durch eine Darlehensaufnahme verschaffen musste. Zudem würde es für die Antragstellerin Probleme aufwerfen, die Zinsaufwendungen für das neu aufgenommene Darlehen zahlen zu können. Da der Darlehensbetrag nicht für ein Ertrag bringendes Projekt, sondern im Wesentlichen für die Steuerzahlung eingesetzt werden würde, müsste die Antragstellerin mit den Einnahmen auch die zusätzlichen Zinsen zahlen. Die Mieteinnahmen und die Vorsteuererstattungen sind indes anderweit gebunden und stehen damit für diese Zinszahlungen nicht zur Verfügung.

43

bb) Der Senat erkennt demgegenüber nicht, dass es bei Stattgabe des Antrags --wie es das FA und das FG meinen-- zu erheblichen haushaltsmäßigen Verwerfungen kommen würde. Durch die Zinsschranke in der für die Streitzeiträume geltenden Fassung wurden Mehreinnahmen in Höhe von 697,5 Mio. € p.a. erwartet (vgl. Bach/Buslei, Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 17/2009, 283 ff.), die im Vergleich zu dem Gesamtsteueraufkommen von geschätzten 229,2 Mrd. € im Jahre 2011 bzw. 247,4 Mrd. € im Jahre 2012 (vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Finanzplan des Bundes 2011 bis 2015; abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de) vergleichsweise gering sind (0,30 % des gesamten Steueraufkommens 2011 bzw. 0,28 % des gesamten Steueraufkommens 2012). Die Stattgabe des Antrags führt darüber hinaus auch nicht zu einem (vorübergehenden) Ausfall des Gesamtbetrags, sondern nur zum Ausfall eines Bruchteils. Zum einen stützt der Senat seine Entscheidung auf verfassungsrechtliche Zweifel an der Rückausnahme des § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. und stellt hierdurch nur einen Teil der Zinsschranke in Frage, der nur einen engen Kreis der von der Zinsschranke belasteten Steuerpflichtigen betreffen wird. Zum anderen führt die Entscheidung des Senats --anders als eine Entscheidung des BVerfG-- nicht zu einer automatischen Anwendungssperre des Gesetzes in allen von ihm betroffenen Fällen; die Entscheidung führt unmittelbar nur zu einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung im konkreten Streitfall (vgl. Seer, DStR 2012, 325, 328). Sie hat allenfalls insoweit mittelbar Breitenwirkung, als in einem vergleichbaren Fall im Rahmen einer Abwägung anhand der Umstände des Einzelfalls das Aussetzungsinteresse das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung überwiegt.

44

cc) Gegen eine Gewährung der Aussetzung bzw. der Aufhebung der Vollziehung spricht im Rahmen der Abwägung schließlich nicht, dass nach Auffassung des II. Senats des BFH im AdV-Verfahren regelmäßig keine weiter gehende Entscheidung getroffen werden kann, als vom BVerfG zu erwarten ist (BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807; vom 5. April 2011 II B 153/10, BFHE 232, 380, BStBl II 2011, 942; vom 4. Mai 2011 II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395). Sei zu erwarten, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem GG ausspreche und dem Gesetzgeber nur eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgebe, könne keine AdV gewährt werden (BFH-Beschluss in BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807).

45

Auch ob dieser Spruchpraxis zu folgen ist, kann im Streitfall dahinstehen (grundsätzlich ablehnend Gosch in Beermann/Gosch, § 69 FGO Rz 180.1; Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz 113; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 69 FGO Rz 96; derselbe, DStR 2012, 325, 328 f.). Es ist nicht zu erwarten, dass das BVerfG dem Gesetzgeber nur einen Regelungsauftrag für die Zukunft erteilen wird, überdies soll eine pro-futuro-Wirkung nur die Ausnahme darstellen; auch dürfen bei der Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit Art. 3 Abs. 1 GG Gerichte und Verwaltungsbehörden die Norm grundsätzlich nicht mehr anwenden (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 6. März 2002  2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618).

46

4. Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2010 kann aus prozessrechtlichen Gründen nur in Höhe von 69.112 €, nicht aber in Höhe der gesamten Steuerfestsetzung, ausgesetzt werden.

47

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 8 FGO ist die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung bei Steuerbescheiden auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

48

a) Hiernach sind nur 69.112 € der für 2010 festgesetzten Körperschaftsteuer von der Vollziehung auszusetzen, weil das FA Körperschaftsteuer in Höhe von 586.681 € festgesetzt hat und hierauf zum einen die Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.366 € anzurechnen und zum anderen die festgesetzten Vorauszahlungen in Höhe von 516.203 € abzuziehen sind.

49

b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die für 2010 festgesetzte Körperschaftsteuer nicht ausnahmsweise in vollem Umfang von der Vollziehung auszusetzen, weil dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

50

aa) Der Begriff der wesentlichen Nachteile i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO ist im Sinne der Rechtsprechung zu § 114 FGO zu verstehen (Senatsbeschluss vom 2. November 1999 I B 49/99, BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57, m.w.N.). Diese Beschränkung ist mit dem GG vereinbar und nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung zu korrigieren (BFH-Beschluss vom 24. Januar 2000 X B 99/99, BFHE 192, 197, BStBl II 2000, 559). Wesentliche Nachteile i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO sind dann gegeben, wenn durch die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen unmittelbar und ausschließlich bedroht sein würde (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. November 2001 V B 100/01, BFH/NV 2002, 519; vom 22. Dezember 2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367). Darüber hinaus gewährleistet § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO aufgrund des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes, dass wegen wesentlicher Nachteile zugunsten des Bürgers von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen werden kann, wenn ein unabweisbares Interesse dies gebietet (Senatsbeschluss in BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57; s. auch BVerfG-Beschluss vom 7. Dezember 1977  2 BvF 1/77, 2 BvF 2/77, 2 BvF 4/77, 2 BvF 5/77, BVerfGE 46, 337), um eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten zu vermeiden, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. August 2002 1 BvR 1790/00, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3691; vom 16. Mai 1995  1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1; vom 25. Oktober 1988  2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69). Allein bei einem Überwiegen der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erscheint eine Aufhebung der Vollziehung zur Vermeidung wesentlicher Nachteile hingegen nicht nötig (Senatsbeschluss in BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57; BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 519). Dies gilt auch im Falle von (schwerwiegenden) Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der angewandten Steuerrechtsvorschriften (BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache können jedoch zur Bejahung wesentlicher Nachteile führen, wenn die Rechtslage klar und eindeutig für die begehrte Regelung spricht und eine abweichende Beurteilung in einem etwa durchzuführenden Hauptsacheverfahren zweifelsfrei auszuschließen ist (BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367) oder wenn bei Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer Norm die Dringlichkeit, ihren Vollzug einstweilen auszusetzen, besonders deutlich wird (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 13. November 1957  1 BvR 78/56, BVerfGE 7, 175; BVerfG-Beschluss vom 17. November 1966  1 BvR 52/66, BVerfGE 20, 363, 364). In einem derartigen Fall sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache für das Vorliegen wesentlicher Nachteile in weitem Umfang vorgreiflich (BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367).

51

bb) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen führt die Vollziehung im Streitfall nicht zu wesentlichen Nachteilen, die eine AdV in vollem Umfang gebieten würden.

52

Die wirtschaftliche und persönliche Existenz der Antragstellerin ist durch die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2010 nicht unmittelbar und ausschließlich gefährdet. Wie die Antragstellerin vorgetragen hat, erhält sie voraussichtlich einen weiteren Kredit in Höhe von 1,8 Mio. €, der auch zur Zahlung noch offener Steuerschulden verwandt werden könne. Allein der Umstand, dass Steuerpflichtige nicht über die von ihnen verlangten Mittel verfügen und Zahlungen im Wege der Kreditaufnahme finanzieren müssen, ist kein wesentlicher Nachteil i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 519).

53

Es besteht aber auch im Übrigen kein unabweisbares Interesse der Antragstellerin, das eine AdV in Höhe der gesamten Steuerfestsetzung verlangt. Nicht ausreichend hierfür ist, dass der Senat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. hat; eine von dem Senat abweichende Beurteilung durch das BVerfG ist nicht zweifelsfrei auszuschließen.

54

Weitere Umstände, die die Dringlichkeit, den Vollzug des Steuerbescheides auszusetzen, besonders deutlich werden lassen, sind schließlich weder von der Antragstellerin substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht worden noch anhand der dem Senat vorliegenden Unterlagen erkennbar.

55

5. Die AdV ist im Streitfall ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung zu gewähren.

56

Die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO ist im Grundsatz dann geboten, wenn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der AdV gefährdet oder erschwert erscheint. Es ist hierbei zunächst einmal Sache des FA, die für die Gefährdung der Forderung sprechenden konkreten Anhaltspunkte vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 20. März 2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809; vom 10. Oktober 2002 VII S 28/01, BFH/NV 2003, 12).

57

Im Streitfall ist nicht vorgetragen worden und für den Senat anhand der vorliegenden Akten auch nicht erkennbar, dass die spätere Durchsetzung der Steuerforderungen gefährdet oder erschwert werden könnte. Die Antragstellerin ist vielmehr Eigentümerin eines Grundstücks, in dem stille Reserven in Höhe von … Mio. € enthalten sind. Allein durch die Möglichkeit, dieses Grundstück verwerten zu können, erscheint die Steuerzahlung in ausreichendem Maße gesichert.

58

6. Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde auch die AdV der Bescheide über die Solidaritätszuschläge begehrt, ist die Beschwerde unbegründet. Das FG hat den Antrag insoweit im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil der Antrag insoweit unzulässig ist. An einer AdV dieser Bescheide besteht kein schutzwürdiges Interesse.

59

In ständiger Rechtsprechung verneint der BFH das schutzwürdige Interesse an einer AdV, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann (BFH-Beschlüsse vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BFHE 173, 158, BStBl II 1994, 300; vom 14. Juli 1998 VIII B 38/98, BFHE 186, 379). Die AdV des Grundlagenbescheides begründet eine Verpflichtung der für den Erlass des Folgebescheides zuständigen Behörde, die Vollziehung dieses Bescheides auszusetzen (BFH-Beschluss vom 25. April 1977 IV S 3/77, BFHE 122, 18, BStBl II 1977, 612).

60

Hiervon ausgehend besteht im Streitfall kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen AdV der betreffenden Bescheide, weil sie Folgebescheide der Körperschaftsteuerbescheide sind (vgl. Senatsurteil vom 20. April 2011 I R 2/10, BFHE 233, 251, BStBl II 2011, 761; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss in EFG 2012, 358). Indem die Antragstellerin vorträgt, die Zinsschranke sei verfassungswidrig, wendet sie sich gegen die Höhe der festgesetzten Körperschaftsteuer, die die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag darstellt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Satz 1 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995). Spezifische Einwendungen gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

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(1) Beteiligungen sind Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen. Dabei ist es unerheblich, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft sind oder nicht. Eine Beteiligung wird vermutet, wenn die Anteile an einem Unternehmen insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieses Unternehmens oder, falls ein Nennkapital nicht vorhanden ist, den fünften Teil der Summe aller Kapitalanteile an diesem Unternehmen überschreiten. Auf die Berechnung ist § 16 Abs. 2 und 4 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden. Die Mitgliedschaft in einer eingetragenen Genossenschaft gilt nicht als Beteiligung im Sinne dieses Buches.

(2) Verbundene Unternehmen im Sinne dieses Buches sind unabhängig von ihrer Rechtsform und ihrem Sitz solche, die im Verhältnis zueinander Mutterunternehmen und Tochterunternehmen gemäß § 290 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bis 4 sind; alle mit demselben Mutterunternehmen verbundenen Tochterunternehmen sind auch untereinander verbundene Unternehmen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

Tatbestand

1

I. Mit notariellem Ehevertrag vom 4. November 1994 beendeten der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller zu 1.) und seine damalige Ehefrau, die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 2. (Antragstellerin zu 2.), ihren bisherigen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und vereinbarten Gütertrennung. Der bis zu diesem Vertrag entstandene Zugewinn der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. wurde auf 600.000 DM festgelegt. Der Antragsteller zu 1. verpflichtete sich, der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. diesen Betrag zinslos bis spätestens 31. Dezember 1999 als Ausgleichsbetrag zu zahlen. Der Antragsteller zu 1. verpflichtete sich zudem eine Grundschuld zur Sicherung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. in Höhe von 600.000 DM zu beantragen und dieses Grundpfandrecht samt Zinsen an die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. zur Sicherung des Zahlungsversprechens abzutreten. Er zahlte im Jahr 2002 (Streitjahr) der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. 600.000 DM.

2

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) ermittelte in Bezug auf die erhaltene Zahlung in Höhe von 600.000 DM auf der Grundlage des § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) einen Zinszufluss bei der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. im Jahr 2002 in Höhe von 72.092 €. Diesen Betrag setzte das FA als zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Dagegen legten der Antragsteller zu 1. und die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. Einspruch ein und beantragten zugleich die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Nachzahlungsbetrages ohne Sicherheitsleistungen. Dies lehnte das FA ab. Das Finanzgericht (FG) setzte die Vollziehung des streitigen Nachzahlungsbetrags mit Beschluss vom 6. April 2009 ohne Sicherheitsleistungen aus und ließ die Beschwerde gegen diese Entscheidung zu. Das FA legte gegen den Beschluss des FG Beschwerde ein.

3

Am … April 2009 verstarb die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. Die Antragstellerin zu 2. trat die Gesamtrechtsnachfolge an.

4

Mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 änderte das FA den streitigen Einkommensteuerbescheid hinsichtlich unstreitiger Beteiligungserträge. Die Höhe der Kapitaleinkünfte blieb unberührt.

5

Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Dezember 2009 wurde über das Vermögen des Antragstellers zu 1. das Insolvenzverfahren eröffnet.

Entscheidungsgründe

6

II. 1. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde des FA führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Denn Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 12. Dezember 2008. An dessen Stelle ist während des Beschwerdeverfahrens der Änderungsbescheid vom 9. Oktober 2009 getreten. Damit liegt dem Beschluss des FG ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass die gewährte AdV ebenfalls gegenstandslos geworden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Oktober 1994 VIII B 101/94, BFH/NV 1995, 611).

7

Der Bescheid vom 9. Oktober 2009 ist analog § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des AdV-Verfahrens geworden. Denn § 68 FGO gilt entsprechend im gerichtlichen Aussetzungsverfahren und zwar auch dann, wenn das Vorverfahren der Hauptsache noch nicht abgeschlossen ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 611). Eine Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Entscheidung ist zwar zulässig (Senatsbeschluss vom 26. März 1991 VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II 1991, 463), aber vorliegend nicht zweckmäßig. Die Sache ist spruchreif. Die Feststellungen des FG und die vorliegenden Akten reichen auch im Hinblick auf den geänderten Einkommensteuerbescheid aus, um über den Aussetzungsantrag abschließend entscheiden zu können. Insbesondere betrafen die vom FA durchgeführten Änderungen nicht die allein streitigen Einkünfte der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. aus Kapitalvermögen.

8

2. Die Beschwerde des FA ist in der Sache hinsichtlich des Antrags auf AdV des Antragstellers zu 1. begründet. Denn dieser Antrag ist unzulässig, weil es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehlt u.a. dann, wenn wegen eines laufenden Insolvenzverfahrens keine Zwangsvollstreckung stattfinden könnte (BFH-Beschluss vom 15. Februar 2002 XI S 32/01, BFH/NV 2002, 940). Über das Vermögen des Antragstellers zu 1. wurde am 31. Dezember 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet, welches bisher nicht beendet ist. Folglich droht derzeit keine Zwangsvollstreckung des FA in das Vermögen des Antragstellers zu 1. Der Umstand, dass die Unzulässigkeit des Antrags erst nach dem Beschluss der Vorinstanz eingetreten ist, hat keine Auswirkung auf das Ergebnis. Denn für die Prüfung der Begründetheit der Beschwerde ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung maßgeblich (BFH-Beschlüsse vom 15. Mai 2009 IV B 24/09, BFH/NV 2009, 1402; vom 12. Februar 1969 VII B 60/66, BFHE 95, 84, BStBl II 1969, 318).

9

3. Die Beschwerde des FA bleibt in Bezug auf den Aussetzungsantrag der Antragstellerin zu 2. in der Sache ohne Erfolg. Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2002 vom 9. Oktober 2009 ist aufgrund dieses Antrags ohne Sicherheitsleistung auszusetzen. Denn der Senat hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ansatzes der Zinsanteile der gestundeten Zugewinnausgleichsforderung als Kapitalerträge.

10

a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschlüsse vom 26. April 2004 VI B 43/04, BFH/NV 2004, 1257; vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).

11

b) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine AdV der streitigen Einkommensteuer auf die Kapitaleinkünfte der Antragstellerin zu 2. vor. Bei summarischer Prüfung sprechen gewichtige Argumente dafür, dass das FA bezüglich der Antragstellerin zu 2. zu Unrecht Zinsen für die Stundung der Ausgleichsforderung als Einnahmen aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterworfen hat. Zwar sind die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür dem Grunde nach erfüllt (s. unter II.3.b aa dieses Beschlusses). Jedoch kommt zugleich eine Schenkung der Antragstellerin zu 2. im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in Betracht (s. unter II.3.b bb dieses Beschlusses). Um eine Doppelbesteuerung dem Grunde nach zu verhindern, muss die Ertragsbesteuerung in derartigen Konstellationen zurücktreten (s. unter II.3.b cc dieses Beschlusses).

12

aa) Bei grundsätzlicher Betrachtung hat die Antragstellerin zu 2. durch die Stundung der Zugewinnausgleichsforderung Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt.

13

(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bezieht, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1987 VIII R 156/84, BFHE 151, 512, BStBl II 1988, 252). Dabei ist unerheblich, ob die zu Grunde liegende Kapitalforderung selbst steuerbar ist. Nach der Rechtsprechung des BFH fließen mit der Rückzahlung einer länger als ein Jahr gestundeten Forderung auch dann (einkommen-)steuerbare Zinsen zu, wenn die Unverzinslichkeit der Forderung explizit vereinbart wurde (BFH-Beschluss vom 8. Januar 1998 VIII B 76/96, BFH/NV 1998, 963, m.w.N.). In diesem Fall ist der Rückzahlungsbetrag grundsätzlich in einen nicht steuerbaren Tilgungs- und in einen steuerbaren Zinsanteil gemäß § 12 Abs. 3 BewG aufzuteilen (BFH-Urteile vom 26. Juni 1996 VIII R 67/95, BFH/NV 1997, 175; vom 17. März 2010 X R 38/06, BFHE 229, 163, BStBl II 2011, 622). Eine unverzinsliche Kapitalforderung i.S. des § 12 Abs. 3 BewG liegt vor, wenn zum einen Zinsen nicht vereinbart werden und zum anderen die Forderung bereits entstanden ist, aber nicht binnen eines Jahres getilgt wurde (Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 12 Rz 41).

14

(2) Würde die Beurteilung allein auf die vorstehenden Grundsätze gestützt, könnten der Antragstellerin zu 2. Zinsen in der vom FA ermittelten Höhe zuzurechnen sein. Denn die Zugewinnausgleichsforderung ist eine auf Geld gerichtete Kapitalforderung. Der Anspruch auf diese Ausgleichszahlung entstand mit Vollzug des Güterstandswechsels und damit mit Abschluss des Ehevertrages (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Der Ehevertrag beinhaltet weiterhin eine Vereinbarung über eine zinslose Stundung der Ausgleichszahlung über fünf Jahre zu einem bestimmten Termin. Für die Einordnung als gestundete Kapitalforderung ist unerheblich, dass der Antragsteller zu 1. berechtigt war, die Forderung jederzeit zu erfüllen.

15

bb) Allerdings kann der vorliegende Sachverhalt auch die Voraussetzungen einer Schenkung i.S. des § 1 Abs. 1 des ErbStG erfüllen.

16

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH kann in der unentgeltlichen Überlassung einer Kapitalsumme auf Zeit eine Schenkung i.S. des ErbStG liegen (BFH-Urteil vom 31. März 2010 II R 22/09, BFHE 229, 374, BStBl II 2010, 806, m.w.N.). Gegenstand der Schenkung bzw. freigebigen Zuwendung ist nicht ein konkreter Ertrag, der dem Zuwendenden entgeht, sondern die dem Verzicht auf die eigene Nutzungsmöglichkeit seitens des Zuwendenden korrespondierende Gewährung der Nutzungsmöglichkeit durch den Zuwendungsempfänger (BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631). Dabei ist für die Einordnung als freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 ErbStG unerheblich, dass die Überlassung von Kapital zivilrechtlich keine Schenkung ist (BFH-Urteil vom 30. März 1994 II R 105/93, BFH/NV 1995, 70). Ob eine Kapitalüberlassung aus erbschaftsteuerrechtlicher Sicht unentgeltlich erfolgt, beurteilt sich allein nach zivilrechtlichen Kriterien. Danach ist eine Kapitalüberlassung unentgeltlich, wenn der Erwerb nicht von einer ihn ausgleichenden Gegenleistung abhängt (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. November 1991 IV ZR 164/90, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 564). Eine sich danach ergebende Unentgeltlichkeit der Kapitalüberlassung zwischen Ehegatten wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verzicht auf Zinsen eine ehebedingte unbenannte Zuwendung ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1995, 70).

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(2) Vorliegend sind nach einer summarischen Prüfung die Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung erfüllt. Denn die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. hat eine Kapitalforderung objektiv unentgeltlich auf eine bestimmte Zeit ihrem Ehegatten, dem Antragsteller zu 1., überlassen. Sie hat sich damit der Nutzungsmöglichkeit dieses Kapitals für die Zeit der Stundung begeben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Gegenleistung an die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. vereinbart wurde. Zudem hat sich die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2. dahingehend eingelassen, dass sie ihrem Ehemann eine --entgeltliche-- Kreditaufnahme ersparen wollte. Folglich sprechen auch die Motive für eine freigebige Zuwendung. Da der Zugewinnausgleichsanspruch vorliegend zudem ehevertraglich anerkannt wurde, ist er nach § 852 Abs. 2 der Zivilprozessordnung auch pfändbar (MünchKommBGB/Koch, 5. Aufl., § 1378 Rz 18). Damit ist für eine Ausnahmekonstellation --wie dem Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteils-- kein Raum (vgl. zur Ausnahme BFH-Urteil in BFHE 229, 374, BStBl II 2010, 806).

18

Die Steuerbarkeit der freigebigen Zuwendung der Antragstellerin zu 2. ist auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG ausgeschlossen. Diese Norm betrifft nur den Zugewinnausgleichsanspruch selbst, nicht aber eine zinslose Stundung desselben (Kapp/Ebeling, § 5 ErbStG Rz 76).

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cc) Grundsätzlich ist es tatbestandlich ausgeschlossen, mit derselben Handlung sowohl eine freigebige Zuwendung zu verwirklichen (§ 7 ErbStG) als auch wirtschaftlich am Markt teilzunehmen (§ 2 EStG; Zugmaier in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 33). Vorliegend unterfällt jedoch ein und derselbe Lebenssachverhalt tatbestandlich sowohl der Einkommen- als auch der Schenkungsteuer. In diesem Fall hat bei summarischer Prüfung die Ertragsbesteuerung zurückzutreten. Es fehlt bei der Antragstellerin zu 2. an einer Handlung, die auf das Erzielen von Einnahmen am Markt gerichtet ist. Wenn jemand einer anderen Person etwas schenken möchte, ist seine Handlung gerade keine Erwerbshandlung, denn sie ist nicht auf Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen, ausgelegt (Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2 Rz A 117). Fehlt es jedoch an der notwendigen Erwerbshandlung, kommt eine Erfassung von Erträgen als Einkünfte im Sinne des EStG grundsätzlich nicht in Betracht.

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4. Die Vollziehung der streitigen Einkommensteuer ist ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

21

a) Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ist regelmäßig ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, wenn seine Rechtmäßigkeit ernstlich zweifelhaft ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei einem Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren die Durchsetzung des Steueranspruchs gefährdet wäre (BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2009 XI B 60/09, BFH/NV 2010, 58). Auch entfällt das öffentliche Interesse an einer Sicherheitsleistung, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2010 V S 24/09, BFH/NV 2010, 930).

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b) Nach diesen Grundsätzen kommt eine Sicherheitsleistung nicht in Betracht. Denn zum einen ist vorliegend mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem für die Antragstellerin zu 2. positiven Verfahrensausgang zu rechnen. Zum anderen hat das FA nicht dargelegt, dass der Steueranspruch im Fall des Unterliegens der Antragstellerin zu 2. gefährdet wäre. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Gefahr bestünde, dass die (jetzige) Antragstellerin zu 2. --als Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer Mutter, der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2.,-- zu einer späteren Zeit nicht in der Lage sein wird, den Steueranspruch zu erfüllen. Das FA hat sich über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin zu 2. jedoch nicht geäußert.

23

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 6. August 1971 III B 7/71, BFHE 103, 126, BStBl II 1972, 17), wobei die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten bei verbundenen Verfahren getrennt werden müssen (BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 III B 15/99, BFH/NV 2000, 827).

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Gewinne aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 5. Dezember 1966 --DBA-Spanien-- (BGBl II 1968, 10, BStBl I 1968, 297) in Deutschland besteuert werden dürfen.

2

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2003) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie waren bis zum Streitjahr an der X beteiligt, einer spanischen Gesellschaft in der Rechtsform einer Sociedad en Commandita (S.C.), deren Struktur der einer deutschen Kommanditgesellschaft entspricht. Persönlich haftende Gesellschafterin der X war die Y, eine ebenfalls spanische Gesellschaft in der Rechtsform der Sociedad Anónima (S.A.), die mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar ist. Die Antragsteller zählten zu den Gesellschaftern der Y und hielten ihre Beteiligungen jeweils im Sonderbetriebsvermögen der X.

3

Das Gesellschaftsvermögen der X bestand im Wesentlichen aus einem Hotelbetrieb in Spanien, der auf Grund eines von Y eingeräumten Erbbaurechts errichtet worden und ganz überwiegend verpachtet war. X selbst betrieb in der Hotelanlage eine Boutique; zudem überwachte sie mit der Bewirtschaftung, Unterhaltung und Instandsetzung des Hotelgebäudes beschäftigte Personen. Ob die Geschäftsleitung der Gesellschaften in der Hotelanlage oder im Inland ausgeübt wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Nach dem Vortrag des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) hat Y in Spanien Steuererklärungen abgegeben, ausweislich derer sie keine Aktivitäten entfaltet hat.

4

Im Streitjahr veräußerten die Antragsteller ihre Anteile an X und Y. In der für X abgegebenen Feststellungserklärung für das Streitjahr wurde der dabei erzielte Gewinn als nach dem DBA-Spanien steuerfrei erklärt. Dem folgte das FA im Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nicht; es stellte in Höhe des erklärten Betrags einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn fest. Über den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid ist nach Aktenlage noch nicht entschieden worden.

5

Die Antragsteller beantragten, nachdem das FA zuvor einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatte, beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Feststellungsbescheids im Hinblick auf die Veräußerungsgewinne. Das FG lehnte diesen Antrag ab (Beschluss vom 2. November 2009  6 V 2234/09). Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragsteller.

6

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Es bedarf in mehrfacher Hinsicht weiterer Sachaufklärung, dies vor allem dazu, ob es sich bei den veräußerten Beteiligungen an der X als auch der Anteile an der Y tatsächlich um Betriebsvermögen bzw. Sonderbetriebsvermögen der Antragsteller handelte oder aber, ob die Beteiligungen in deren Privatvermögen gehalten wurden, weil die X im Streitjahr einer lediglich vermögensverwaltenden Tätigkeit nachging. Davon kann im Ausgangspunkt die Antwort auf die Frage abhängen, ob Deutschland oder aber Spanien das Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen zusteht. Davon hängt es wiederum maßgeblich ab, ob die in Rede stehenden Einkünfte nach dem DBA-Spanien in Deutschland besteuert werden dürfen und ob die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ernstlich zweifelhaft i.S. des § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist.

8

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsaktes gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.).

9

Die AdV setzt nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826).

10

2. Die Beteiligten gehen im Streitfall übereinstimmend davon aus, dass die im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Antragsteller sowohl durch die Veräußerung ihrer Beteiligungen an der X als auch durch die Veräußerung der Anteile an der Y Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) erzielt haben. Diese Annahme einer Gewerblichkeit wird zwar nicht abschließend durch Tatsachen und eine dahingehende Subsumtion unter die einschlägigen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG 2002 gestützt. Sie steht aber in Einklang damit, dass es sich nach Aktenlage bei der X um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 gehandelt hat. Dass Y eine Kapitalgesellschaft spanischen Rechts ist, hindert die gewerbliche Prägung der X nicht, da diese auch durch eine ausländische Kapitalgesellschaft vermittelt werden kann (BFH-Urteil vom 14. März 2007 XI R 15/05, BFHE 217, 438, BStBl II 2007, 924).

11

3. Bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Gewinne der Antragsteller aus der Veräußerung der Anteile an der X nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien von der deutschen Besteuerung befreit sind. Eine abschließende Entscheidung bedarf jedoch weiterer Sachaufklärung und muss dem FG vorbehalten bleiben.

12

a) Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien werden bei einer in Deutschland (nach Art. 4 Abs. 1 DBA-Spanien) ansässigen Person u.a. die Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens ausgenommen, die nach dem DBA-Spanien in Spanien besteuert werden können. Das gilt nicht für Einkünfte, auf die Art. 23 Abs. 1 Buchst. b DBA-Spanien anzuwenden ist. Es gilt ferner nur mit Einschränkungen für Dividenden (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 3 DBA-Spanien).

13

b) Ob die in Rede stehenden Einkünfte i.S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien "in Spanien besteuert werden können", ist ernstlich zweifelhaft i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO. Der entgegenstehenden Ansicht des FG pflichtet der Senat nicht bei.

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aa) Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien können Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens i.S. des Art. 6 Abs. 2 DBA-Spanien in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt. Ferner können nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte darstellt, die ein Unternehmen eines Vertragstaates in dem anderen Vertragstaat hat, sowie derartige Gewinne aus der Veräußerung einer solchen Betriebstätte in dem anderen Staat besteuert werden. Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien, der das alleinige Besteuerungsrecht demgegenüber demjenigen Vertragstaat zuweist, in dem der Veräußerer ansässig ist, betrifft nur die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögen, das nicht in den Abs. 1 und 2 der Vorschrift genannt ist. Die in Art. 13 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien getroffenen Regelungen gehen daher der Regelung in Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien vor.

15

bb) Der Anwendungsvorrang von Art. 13 Abs. 2 DBA-Spanien setzt allerdings (zunächst und unbeschadet der nachfolgend anzustellenden Erwägungen) voraus, dass es sich bei den betreffenden Gewinnen aus der Veräußerung beweglichen Vermögens nicht nur aus innerstaatlicher, sondern auch aus abkommensrechtlicher Sicht um die Veräußerung von Betriebsvermögen handelt. Daran mangelt es bereits im Ausgangspunkt, wenn aus Abkommenssicht (bewegliches) Privatvermögen veräußert wird. Unter den im Streitfall in Rede stehenden Gegebenheiten ist Letzteres jedenfalls dann zu bejahen, sollte die X tatsächlich lediglich vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig gewesen sein. Davon gehen die Beteiligten zwar nicht aus (s. unter II.2.), es ist indes nach Aktenlage nicht von vornherein auszuschließen. Dass es sich nach Lage der Dinge bei der X nach den Maßstäben des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 um eine --durch die Y-- gewerblich geprägte Personengesellschaft handelt, schlösse eine bloße Vermögensverwaltung der X nicht aus; die innerstaatliche Gewerbeprägung schlägt auf die Abkommensrechtslage nicht durch. Der gegenteiligen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (vgl. Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076 Tz. 1.1.5.1, jetzt BMF-Schreiben vom 16. April 2010, BStBl I 2010, 354 Tz. 4.2.1) ist insoweit nicht beizupflichten. Im Einzelnen verweist der Senat dazu auf sein Urteil vom 28. April 2010 I R 81/09 (BFHE 229, 252). Es ist Sache des FG, die tatsächlichen Verhältnisse weiter aufzuklären. Ggf. sind jene Gewinnanteile, welche auf die Veräußerung unbeweglichen und in Spanien belegenen Vermögens herrühren, anteilig zu ermitteln. Ansonsten gebührt das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien von vornherein Deutschland.

16

cc) Sollte sich hiernach jedoch bestätigen, dass die X unbeschadet der besagten innerstaatlichen Gewerbeprägung tatsächlich gewerblich tätig war, ist weiter zu prüfen, ob Art. 13 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien der Besteuerungszuweisung in Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien aus anderen Gründen vorgeht. Das FG hat das verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Veräußerung auf Anteile an der X bezogen habe und dass X eine Personengesellschaft gewesen sei, die --wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- nach spanischem Steuerrecht wie eine juristische Person behandelt wurde. Die Veräußerung von Anteilen an einer solchen nach spanischem Recht "intransparenten" Personengesellschaft unterfalle stets Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien. Diese Ansicht wird zwar von der deutschen Finanzverwaltung vertreten (BMF-Schreiben vom 28. Mai 1998, BStBl I 1998, 557, zwischenzeitlich aufgehoben durch BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 354 Tz. 4.2.1 i.V.m. Tz. 4.1.3.3.2) und findet auch im Schrifttum Gefolgschaft (z.B. Herlinghaus in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 23 Spanien Rz 15). Sie ist aber nicht unbestritten (a.A. z.B. FG Hamburg, Urteil vom 22. August 2006  7 K 139/03, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 101; Lüdemann/Hruschka, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2000, 25, 27) und bei summarischer Betrachtung nicht zweifelsfrei zutreffend.

17

Denn Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 DBA-Spanien greift im Streitfall nur dann nicht ein, wenn X den Antragstellern weder unbewegliches Vermögen i.S. des Art. 6 DBA-Spanien noch eine in Spanien belegene Betriebstätte vermittelt hat. Letzteres hat das FG mit der Begründung angenommen, dass sowohl ein vorhandenes unbewegliches Vermögen als auch eine etwa in der Hotelanlage belegene Betriebstätte abkommensrechtlich nicht den Antragstellern, sondern der X zuzuordnen sei. Diese sei selbst "Person" i.S. des Art. 1 DBA-Spanien und als solche abkommensberechtigt, so dass die Veräußerung der Anteile an der X wie eine Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu behandeln sei. Diese Beurteilung begegnet ernstlichen Zweifeln, da die Einstufung der X als "Person" von der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Spanien abhängt und diese Vorschrift in dem hier maßgeblichen Punkt nicht eindeutig ist.

18

aaa) Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-Spanien umfasst der Begriff "Person" natürliche Personen und Gesellschaften. Als "Gesellschaft" bezeichnet das DBA-Spanien eine juristische Person oder einen anderen Rechtsträger, der für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt wird (Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Spanien). Diese Definitionen sind für die Auslegung des DBA-Spanien bindend. Streitig ist aber, ob bei der Frage nach dem Vorliegen einer "juristischen Person" oder eines "wie eine juristische Person besteuerten Rechtsträgers" für Zwecke der deutschen Besteuerung stets auf das deutsche Recht (so z.B. Senatsurteil vom 20. August 2008 I R 34/08, BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263 zum Abkommen mit den USA; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 3 MA Rz 18; Gaffron in Haase, Außensteuergesetz, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 3 MA Rz 25; Rosenthal, IStR 2007, 610, 611; ebenso wohl FG Hamburg, Urteil in EFG 2007, 101; Suchanek, IStR 2007, 654, 655 f.) oder ggf. auf das Recht des anderen Vertragstaates abzustellen ist (so. z.B. Reimer in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 13 Rz 83; Wilke in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-Kommentar, Art. 3 OECD-MA Rz 14; Strunk/Kaminski in Strunk/ Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 3 OECD-MA Rz 15; vgl. auch Schaumburg, IStR, 2. Aufl., Rz 16.171, m.w.N.). Zur Auslegung des --insoweit mit Art. 3 DBA-Spanien vergleichbaren-- Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MustAbk) folgt der dazu ergangene einschlägige Kommentar (OECD-MustKomm) der zuletzt genannten Ansicht (OECD-MustKomm Nr. 3 zu Art. 3). Die Finanzverwaltung hat sich dem angeschlossen. Der Senat hält jedoch angesichts des Umstands, dass Art. 3 Abs. 2 DBA-Spanien zur Auslegung von im Abkommen nicht definierten Ausdrücken, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, auf das Recht des Rechtsanwenderstaates verweist, die erstgenannte Deutung (auch) im Hinblick auf dieses Abkommen für nicht von vornherein fernliegend.

19

bbb) Dagegen spricht nicht, dass Art. 10 Abs. 4 Satz 2 DBA-Spanien die von einer sociedad de personas --also einer spanischen Personengesellschaft-- an ihre Gesellschafter ausgeschütteten Gewinne den Dividenden zuordnet. Darin kommt zwar zum Ausdruck, dass das Abkommensrecht sich insoweit an der Behandlung jener Gesellschaften im spanischen Steuerrecht orientiert. Es ist aber offen, ob diese Regelung klarstellender Natur ist oder ob sie im Gegenteil von der Annahme ausgeht, dass ohne eine solche Sonderbestimmung die dort behandelten Ausschüttungen in Deutschland --dem System des deutschen Einkommensteuerrechts entsprechend-- als Entnahmen und folglich nicht als Dividenden zu behandeln wären. Letzterenfalls könnte die Vorschrift sogar als Beleg dafür herangezogen werden, dass für Zwecke der Besteuerung in Deutschland die Frage der "Besteuerung wie eine juristische Person" i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA-Spanien ausschließlich nach deutschem Steuerrecht zu beantworten, eine spanische Personengesellschaft also unabhängig von ihrer steuerrechtlichen Behandlung in Spanien nicht als "Gesellschaft" anzusehen ist. Daher muss diese Frage bei summarischer Prüfung als offen angesehen werden.

20

dd) Richtet sich im Streitfall die abkommensrechtliche Behandlung nach den Maßstäben des deutschen Steuerrechts, so ist im Hinblick auf die Anwendung des Art. 13 DBA-Spanien maßgeblich, dass in Deutschland Personengesellschaften nicht nach den für juristische Personen geltenden Regeln besteuert werden.

21

Das deutsche Recht geht vielmehr davon aus, dass die von einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte stets deren Gesellschaftern zuzurechnen und bei diesen zu besteuern sind. Das hat abkommensrechtlich zur Folge, dass sowohl ein von einer Personengesellschaft betriebenes Unternehmen als auch die Betriebstätten eines solchen Unternehmens unmittelbar den Gesellschaftern der Personengesellschaft zugeordnet werden (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 2002 I R 92/01, BFHE 201, 447; vom 17. Oktober 2007 I R 96/06, BFHE 219, 534, BStBl II 2008, 953; in BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263, m.w.N.).

22

Daraus würde zunächst folgen, dass das von X betriebene Unternehmen für die Beurteilung des Streitfalls als deutsches Unternehmen i.S. des Art. 13 Abs. 2 DBA-Spanien anzusehen wäre. Denn dann wären die in Rede stehenden Gewinne aus abkommensrechtlicher Sicht von einem Unternehmen erzielt worden, das von den im Inland ansässigen Antragstellern betrieben wurde, und nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g DBA-Spanien richtet sich die territoriale Zuordnung eines Unternehmens nach der Ansässigkeit der das Unternehmen betreibenden Person. Das Besteuerungsrecht Spaniens hinge dann davon ab, ob und inwieweit die veräußerten Anteile an der X entweder in Spanien belegenes unbewegliches Vermögen (Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien) oder Betriebsvermögen einer in Spanien unterhaltenen Betriebstätte (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien) verkörperten. Das kann im summarischen Verfahren wiederum nicht abschließend beurteilt werden.

23

aaa) Zunächst ist aufklärungsbedürftig, inwieweit der bei der Veräußerung der Anteile erzielte Kaufpreis auf den Wert eines in Spanien belegenen unbeweglichen Vermögens entfällt. Das unbewegliche Vermögen der X bestand nach Aktenlage ursprünglich in einem von Y eingeräumten Erbbaurecht. Dieses Erbbaurecht war aber im Jahre 1988 bestellt und dabei auf 15 Jahre befristet worden; es könnte daher im Zeitpunkt der Veräußerung abgelaufen gewesen sein oder zumindest kurz vor dem Ablauf gestanden haben. Das wiederum lässt unklar erscheinen, ob die Anteile an der X im Zeitpunkt ihrer Veräußerung unbewegliches Vermögen i.S. des Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien repräsentiert haben. Dies aber wäre Voraussetzung dafür, dass die Veräußerung als "Veräußerung unbeweglichen Vermögens" i.S. jener Vorschrift angesehen werden könnte.

24

bbb) In Hinblick auf die Anwendung des Art. 13 Abs. 2 DBA-Spanien ist zwischen den Beteiligten streitig, ob im Zusammenhang mit dem Betrieb der X in Spanien eine Betriebstätte unterhalten worden ist, der ein veräußertes bewegliches Vermögen zugeordnet werden könnte. Insoweit hat das FA zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die von X errichtete Hotelanlage verpachtet war und dass ein verpachteter Betrieb regelmäßig nicht als Betriebstätte des Verpächters angesehen werden kann (Senatsurteil vom 13. Juni 2006 I R 84/05, BFHE 214, 178, BStBl II 2007, 94, m.w.N.). Ferner ist dem FA dahin zu folgen, dass bei summarischer Beurteilung zwar die von X in der Hotelanlage betriebene Boutique aus abkommensrechtlicher Sicht eine Betriebstätte der Antragsteller darstellte, dieser Betriebstätte aber zweifelsfrei nicht das gesamte Vermögen der X zuzurechnen ist. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich in der verpachteten Anlage eine weitere den Antragstellern zuzurechnende Betriebstätte befand und dass die veräußerten beweglichen Vermögenswerte dieser Betriebstätte als "Betriebsvermögen" i.S. des Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien zuzuordnen sind.

25

aaaa) Der Begriff "Betriebstätte" wird für Zwecke des DBA-Spanien in Art. 5 DBA-Spanien definiert. Danach umfasst er u.a. einen Ort der Leitung (Art. 5 Abs. 2 Buchst. a DBA-Spanien). Dieser liegt dort, wo eine das Unternehmen leitende Person Leitungsaufgaben wahrnimmt und in diesem Zusammenhang Entscheidungen von einigem Gewicht trifft (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 5 MA Rz 67). Im Streitfall ist in tatsächlicher Hinsicht unklar, ob sich in Spanien ein solcher Ort befunden hat.

26

Die Antragsteller haben dazu vorgetragen, dass in der Hotelanlage ein der X vorbehaltenes Büro vorhanden war und dass dieses Büro für Zwecke der Leitung der X genutzt wurde. Sie haben ferner behauptet, dass der Antragsteller und ein weiterer Gesellschafter der X anstehende Entscheidungen im Zusammenhang mit der Hotelanlage stets vor Ort getroffen haben. Das FA hat diese Angabe zwar in Zweifel gezogen. Die insoweit maßgeblichen Umstände können aber im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht näher aufgeklärt werden. Zudem hat das FG ausdrücklich unterstellt, dass sich in Spanien eine den Antragstellern zuzurechnende Betriebstätte befand; dem Gesamtzusammenhang seiner Entscheidung ist zu entnehmen, dass es damit nicht die von X betriebene Boutique, sondern einen Leitungsort gemeint hat. Daher geht der Senat im vorliegenden Verfahren davon aus, dass in Spanien ein solcher Leitungsort vorhanden war. Ob die genannten Angaben der Antragsteller zutreffen, welche Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb der X ggf. in Spanien wahrgenommen wurden und was daraus für die Zuordnung des Betriebsvermögens folgt, wird im Verfahren zur Hauptsache aufgeklärt und entschieden werden müssen.

27

bbbb) Im Streitfall ist daher zu Gunsten der Antragsteller davon auszugehen, dass der hier angenommene Betrieb der X insgesamt in Spanien geleitet worden ist und dass sich außerhalb Spaniens keine weitere Betriebstätte der X befunden hat. Unter dieser Voraussetzung liegt einerseits die Annahme nahe, dass das gesamte Betriebsvermögen der X abkommensrechtlich einer in Spanien belegenen Betriebstätte der Antragsteller zuzuordnen ist. Das würde wiederum dazu führen, dass der Gewinn aus der Veräußerung des beweglichen Betriebsvermögens gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien insgesamt in Spanien besteuert werden dürfte.

28

c) Eine sich daraus ergebende Befreiung des Gewinns von der deutschen Steuer (Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien) würde nicht notwendig durch Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien ausgeschlossen oder beschränkt. Zum einen bezieht sich Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien lediglich auf Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen und aus diesem Vermögen selbst und damit auf Einkünfte gemäß Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien, Veräußerungsgewinne gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien werden hingegen nicht in Bezug genommen (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 1982 I R 257/78, BFHE 136, 363, BStBl II 1982, 768; FG Münster, Urteil vom 16. Februar 2009  9 K 463/04 K,F, EFG 2009, 1222; Herlinghaus in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Art. 23 Spanien Rz 25; Suchanek, IStR 2007, 654, 657; Lemaitre/Lüdemann in Wassermeyer/Richter/ Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2010, Rz 7.73; Mensching/Tyarks, daselbst, Rz 10.14; anders Oberfinanzdirektion --OFD-- Frankfurt, Verfügung vom 15. März 2001, Betriebs-Berater 2001, 869; OFD Münster, Verfügung vom 29. November 1999, Deutsches Steuerrecht 2000, 522). Zum anderen nimmt die Vorschrift unbewegliches Vermögen, das zu einer in Spanien gelegenen Betriebstätte gehört, von der dort vorgesehenen Steueranrechnung aus; soweit es um in Spanien zu besteuernde Betriebstätteneinkünfte geht, bleibt es mithin auch im Bereich des unbeweglichen Vermögens bei der Steuerbefreiung nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Spanien. Um solche Einkünfte würde es indessen im Streitfall zumindest dann gehen, wenn sich in Spanien die einzige Betriebstätte der Antragsteller im Zusammenhang mit dem Betrieb der X befunden hätte.

29

4. Im Ergebnis geht der Senat mithin davon aus, dass die von den Antragstellern erzielten Veräußerungsgewinne möglicherweise nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien von der deutschen Steuer freizustellen sind. Vorausgesetzt, die X war eigengewerblich und nicht lediglich vermögensverwaltend tätig, rechtfertigt das die beantragte AdV. Dem steht § 50d Abs. 9 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28 --EStG 2002 n.F.-- nicht entgegen.

30

a) Nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. wird eine in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehene Steuerbefreiung nicht gewährt, wenn der andere Vertragstaat das Abkommen so anwendet, dass die in diesem Staat erzielten Einkünfte von der dortigen Besteuerung auszunehmen sind. Diese Situation liegt im Streitfall vor. Denn da das spanische Steuerrecht Personengesellschaften nach Art der X wie Kapitalgesellschaften behandelt, unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer solchen Gesellschaft aus der Sicht Spaniens grundsätzlich Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien. Anderes gilt allenfalls dann, wenn die Anteile ihrerseits zu einer in Spanien belegenen Betriebstätte eines weiteren Unternehmens gehören; um einen solchen Sachverhalt geht es im Streitfall nicht. In der hier gegebenen Situation weist das DBA-Spanien deshalb nach dem Verständnis Spaniens das Besteuerungsrecht ausschließlich der Bundesrepublik Deutschland zu. Dem entsprechend sind denn auch im Streitfall die Gewinne der Antragsteller aus der Veräußerung der Anteile an der X in Spanien nicht besteuert worden. Das FA macht deshalb zu Recht geltend, dass die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. genannte Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist.

31

b) Indessen ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. erst durch das Jahressteuergesetz 2007 geschaffen worden. Dieses Gesetz ist am 14. Dezember 2006 --und damit nach dem Ende des Streitjahres-- in Kraft getreten (Art. 20 Abs. 1 JStG 2007). Nach § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. zwar für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Es ist aber ernstlich zweifelhaft, ob die hiernach vorgesehene Anwendung der Neuregelung auf den Streitfall mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist.

32

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Insbesondere ist eine steuerbegründende oder steuererhöhende Bestimmung in der Regel mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar, wenn und soweit sie für einen Veranlagungszeitraum gelten soll, der im Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes bereits abgeschlossen war (BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261). Das gilt auch im Zusammenhang mit Rechtsänderungen im Bereich der DBA (BVerfG-Beschlüsse vom 10. März 1971  2 BvL 3/68, BStBl II 1973, 431; vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BStBl II 1986, 628).

33

bb) § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. entfaltet, soweit er eine Anwendung des § 50d Abs. 9 EStG 2002 n.F. für das Streitjahr anordnet, möglicherweise eine "echte" Rückwirkung in diesem Sinne. Diese könnte darin bestehen, dass die Regelung mit Wirkung für abgelaufene Veranlagungszeiträume eine Steuerbefreiung ausschließt, die sich vor ihrer Geltung u.a. aus Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien ergab.

34

aaa) Ausweislich der Gesetzesmaterialien hat der Gesetzgeber allerdings angenommen, dass die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. getroffene Regelung klarstellender Natur sei (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/2712, S. 61). Er ist mithin davon ausgegangen, dass jene Regelung nur verdeutliche, was ohnehin aus den einzelnen DBA abzuleiten sei. Dies entspricht dem Verständnis des OECD-Musterkommentars, der die in den DBA verwendete Formulierung "nach diesem Abkommen besteuert werden können" nicht allein auf die Auslegung des jeweiligen Abkommens durch den Rechtsanwenderstaat bezieht, sondern darüber hinaus die Sicht des jeweils anderen Vertragstaates berücksichtigt (OECD-MustKomm Nr. 32.1 ff. zu Art. 23). Nach diesem Regelungsverständnis soll namentlich dann, wenn beide Vertragstaaten einen bestimmten Abkommensbegriff auf Grund unterschiedlicher systematischer Vorverständnisse unterschiedlich auslegen und deshalb im Ausgangspunkt sich keiner von beiden für steuerberechtigt hält ("negativer Qualifikationskonflikt"), der betreffende Vorgang nicht "nach dem Abkommen besteuert werden können" und mithin eine an diese Voraussetzung geknüpfte Steuerbefreiung ausscheiden (OECD-MustKomm Nr. 32.6 zu Art. 23). Folgt man dem, so stellt § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. nur die unmittelbar in den entsprechenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verankerte Rechtslage klar (so z.B. Vogel, IStR 2007, 225, 228; Thiel in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 1023). Das gilt auch im Hinblick auf Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Spanien.

35

bbb) Eine solche Sicht der Dinge begegnet indessen bei summarischer Betrachtung ernstlichen Zweifeln. Denn in der Zeit vor der Geltung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. sind Rechtsprechung und Schrifttum stets davon ausgegangen, dass eine abkommensrechtliche Steuerfreistellung regelmäßig auch dann eingreift, wenn die in Deutschland freigestellten Einkünfte im anderen Vertragstaat nicht besteuert werden. Es sollte insoweit ein "Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung" gelten (Senatsurteile vom 14. Dezember 1988 I R 148/87, BFHE 155, 374, BStBl II 1989, 319; vom 17. Dezember 2003 I R 14/02, BFHE 204, 263, BStBl II 2004, 260; Schaumburg, a.a.O., Rz 16.534). Vor diesem Hintergrund stellt sich nunmehr die Frage, ob dieser Grundsatz u.a. die hier in Rede stehende Situation des (negativen) Qualifikationskonflikts erfasst oder ob er nur dann eingreift, wenn der andere Vertragstaat aus anderen als abkommensrechtlichen Gründen von einer Besteuerung absieht. Nimmt man ersteres an, so führt die in § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. getroffene Anwendungsregelung zu einer "echten" Rückwirkung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F.

36

Im Schrifttum ist die damit angesprochene Frage streitig. Das u.a. im OECD-Musterkommentar vertretene Verständnis des Ausdrucks "nach diesem Abkommen besteuert werden können" wird von zahlreichen Stimmen angezweifelt (z.B. Jankowiak, Doppelte Nichtbesteuerung im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 235 ff.; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 50d Rz 41; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 1 MA Rz 28g; M. Lang, IStR 2007, 606, 608; vgl. auch ders., IStR 2010, 114). Darüber hinaus wird die Ansicht vertreten, dass die im Jahr 2000 veröffentlichte Passage des OECD-Musterkommentars (Nr. 32.6 zu Art. 23 OECD-MustAbk) jedenfalls nicht für die "dynamische" Auslegung von schon zuvor in Kraft getretenen DBA maßgeblich sei (z.B. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 23A MA Rz 46; ders., IStR 2007, 413, 414; Gosch in Schaumburg/Piltz [Hrsg.], Veräußerungsgewinne im Internationalen Steuerrecht, 2004, S. 103, 117; ders. in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 41). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme verbreitet, dass die in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. getroffene Regelung rechtsändernd wirke (so z.B. Suchanek/Herbst, Finanz-Rundschau 2006, 1112, 1118; Rosenthal, IStR 2007, 610, 612; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 40; Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 50d Abs. 9 EStG Rz 33; zweifelnd auch Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 29. Aufl., § 50d Rz 56) und eine rückwirkende Anwendung daher aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig sei (Gosch, IStR 2008, 413, 416).

37

ccc) Unabhängig davon ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ernstlich zu bezweifeln, ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die nicht nur durch Art. 20 Abs. 3 GG, sondern auch durch den prinzipiellen Vorrang des Völkervertragsrechts vor "einfachem" Recht zu verlangen sind, uneingeschränkt gerecht wird. Denn aufgrund des vorstehend unter II.4.b bb aaa beschriebenen Abkommensverständnisses spricht manches dafür, dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. unilateral und konstitutiv die mit Spanien in Art. 23 Abs. 1 DBA-Spanien vereinbarte Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mittels "virtueller" Freistellung (als sog. treaty override) "überschreibt". Das mag prinzipiell in Einklang damit stehen, dass sowohl das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung infolge dessen Transformation in nationales Recht (vgl. im Hinblick auf das DBA-Spanien: Zustimmungsgesetz vom 16. Januar 1968, BGBl II 1968, 9) als auch das Einkommensteuergesetz in der Normenhierarchie gleichrangig auf derselben Stufe stehen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93, BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129). Es fragt sich indessen, ob nicht gleichwohl abkommensrechtlich und verfassungsrechtlich durchschlagende Gründe dafür ersichtlich sein müssen, die die Durchbrechung der völkerrechtlich verbindlich getroffenen Vereinbarungen (Art. 59 Abs. 2 GG) erzwingen und (ausnahmsweise) rechtfertigen können (vgl. jeweils m.w.N. z.B. Vogel in Vogel/Lehner, a.a.O., Einl. Rz 193 ff.; Gosch, IStR 2008, 413).

38

ddd) Die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. kann im summarischen Verfahren nicht abschließend vorgenommen werden. Gegen einen lediglich klarstellenden Charakter der Vorschrift könnte u.a. sprechen, dass die für die Steuerfreistellung maßgebliche Regelung im OECD-Musterabkommen im Jahr 2000 um eine ausdrückliche Bestimmung (Art. 23A Abs. 4 OECD-MustAbk) ergänzt worden ist, die inhaltlich § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. entspricht; das könnte darauf hindeuten, dass es nach den allgemeinen Grundsätzen der Abkommensauslegung einer solchen positiven Bestimmung bedarf, wenn ein negativer Qualifikationskonflikt zu einem ansonsten nicht bestehenden Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates führen soll. Nicht zuletzt deshalb sind die im Schrifttum geäußerten Bedenken gegen die rückwirkende Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. so gewichtig, dass deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit ernstlich zweifelhaft erscheint. Damit erscheint gleichermaßen zweifelhaft, ob diese Vorschrift im Streitfall berücksichtigt werden kann. Sie kann daher die aus abkommensrechtlichen Gründen gebotene AdV nicht hindern; nach den Umständen des Einzelfalles kommt dem Interesse der Antragsteller an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zu (vgl. zu diesem Abwägungsmaßstab zuletzt BFH, Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFH/NV 2010, 1033 --zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt--, m.w.N.).

39

5. Im Ergebnis dasselbe gilt im Hinblick auf die Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an der Y. Denn nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass erstens die Antragsteller nicht nur an X, sondern auch an Y beteiligt waren und dass zweitens Y sich auf die Leitung der X beschränkt und keinen eigenen operativen Geschäftsbetrieb unterhalten hat. Bei einem solchen Sachverhalt gehören nach deutschem Steuerrecht die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft (Y) zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters der Personengesellschaft (X). Das wiederum hat nach der Rechtsprechung des Senats zur Folge, dass die Beteiligung abkommensrechtlich einer durch die Personengesellschaft vermittelten Betriebstätte des Gesellschafters zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 13. Februar 2008 I R 63/06, BFHE 220, 415, BStBl II 2009, 414; Gosch in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 13 OECD-MA Rz 80, jeweils m.w.N.). Dieser Grundsatz muss möglicherweise auch im Streitfall gelten. Daraus würde wiederum folgen, dass die Anteile der Antragsteller an der Y einer in Spanien belegenen Betriebstätte zuzuordnen sind und die Gewinne aus ihrer Veräußerung daher gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA-Spanien in Deutschland nicht besteuert werden dürfen. Bis zur abschließenden Klärung dieser Frage ist auch insoweit die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids als ernstlich zweifelhaft anzusehen und deshalb seine Vollziehung auszusetzen.

40

Auch insoweit muss der Sachverhalt --vorausgesetzt, X ist tatsächlich einer gewerblichen Betätigung nachgegangen-- weiter aufgeklärt werden. Andernfalls greift abermals die Besteuerungszuordnung des Art. 13 Abs. 3 DBA-Spanien.

41

6. Der Beschluss der Vorinstanz, die verschiedentlich abweichende Rechtsauffassungen vertreten hat, ist aufzuheben. Es bedarf für eine abschließende Entscheidung aus den ausgeführten Gründen umfangreicher weiterer Sachaufklärung, insbesondere zu der vorrangig zu prüfenden Frage danach, ob die X tatsächlich gewerblich oder aber nur vermögensverwaltend tätig war. Davon hängt die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schon im weichenstellenden Ausgangspunkt ab. Der Senat hält es angesichts dessen für sachgerecht, die Sache an das FG zurückzuverweisen (zur Zurückverweisung im Verfahren auf AdV s. z.B. Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 69 FGO Rz 309; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 FGO Rz 998 ff., jeweils m.w.N.).

Tatbestand

1

I. Im Streitjahr 1999 war der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) Vorstandsvorsitzender und Aktionär einer seit … Juni 1999 an der Börse in A notierten AG. Bis Juli 1998 wurde der Geschäftsbetrieb der späteren AG in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betrieben. An ihr waren als Kommanditisten der Antragsteller mit 120.000 DM, dessen Ehefrau mit 40.000 DM und X mit 40.000 DM beteiligt. Als Komplementärin ohne Kapitalanteil fungierte eine GmbH. Mit Kapitalerhöhungs- und Umwandlungsbeschluss vom 27. Juli 1998 waren sämtliche Kommanditanteile nach § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1995) zu Zwischenwerten in die GmbH eingebracht worden. Anschließend wurde die GmbH in die AG umgewandelt. Das Grundkapital der AG betrug zunächst 2 Mio. DM (= 400 000 nennbetragslose Stückaktien). Nach § 4 der Satzung der AG bestimmte der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats die Formen der Aktienurkunden. Die Aktien der AG hielten zunächst der Antragsteller (240 000 Stückaktien) sowie dessen Ehefrau und X (jeweils 80 000 Stückaktien). Am 5. Oktober 1998 wurde die AG ins Handelsregister eingetragen.

2

Mit Verträgen vom 6. Oktober 1998 verkauften der Antragsteller und X jeweils 14 000 und die Ehefrau des Antragstellers 10 000 Stückaktien der AG an Y, dem weiteren Vorstand der AG. Am 16. Oktober 1998 beschloss der Vorstand der AG, die Aktien der Gesellschaft in einer Globalaktie zu verbriefen. Diesem Beschluss stimmte der Aufsichtsrat zu. Mit Beschluss vom 19. Oktober 1998 ordnete der Vorstand der AG im Wege einer Aktiennummerierung den Aktienbestand vom 5. Oktober 1998 sowie die Aktienverkäufe vom 6. Oktober 1998 den Aktionären zu. Zudem bestimmte er, dass bei Aktienverkäufen jeweils die Aktie mit der niedrigsten Aktiennummer aus dem Bestand des jeweiligen Verkäufers veräußert sein solle. Für seine 226 000 Aktien erhielt der Antragsteller die Nummern 14 001 bis 240 000.

3

Mit Vertrag vom 24. Dezember 1998 veräußerte X an den Antragsteller 60 000 seiner Stückaktien zum Kaufpreis von 14.650.000 DM. § 3 Nr. 2 des Kaufvertrages enthält zum Übergang der Aktien die Regelung, dass die Stückaktien in einer einzigen Globalurkunde mit Globalanteilsschein verbrieft seien und vom Aufsichtsratsmitglied Y treuhänderisch verwahrt würden. Dieser werde mittels Übersendung einer Vertragskopie von der erfolgten "Abtretung der Miteigentümeranteile an den Urkunden" in Kenntnis gesetzt. Eine Bezeichnung der veräußerten Stückaktien durch die Angabe von Aktiennummern enthielt der Vertrag nicht.

4

Am 11. Mai 1999 schloss die AG mit der P-AG einen Kooperationsvertrag über die Zusammenarbeit im Bereich der … zu marktüblichen Preisen ab. Grundlage des Vertrags war u.a. ein Rahmenvertrag vom 21. April 1999. Die langfristig angelegte Partnerschaft sollte danach durch eine Kapitalbeteiligung an der AG untermauert werden. Mit Vertrag vom 11. Mai 1999 räumte der Antragsteller der P-GmbH, einer Konzerngesellschaft der P-AG, die Option ein, eine bestimmte Anzahl von Aktien in zwei Tranchen zu einem festgelegten Kaufpreis zu erwerben. Der Antragsteller war nach der Vereinbarung berechtigt, die ggf. zu übertragenden Aktien nach Nummern frei zu bestimmen.

5

Zwischenzeitlich war mit Beschluss der Hauptversammlung vom 5. Mai 1999 das Grundkapital der AG von 2 Mio. DM auf rechnerisch 1.022.583,76 € umgestellt sowie aus Gesellschaftsmitteln auf 1.040.000 € erhöht worden. Eine neue Ausgabe von Aktien erfolgte anlässlich dieser Kapitalerhöhung nicht. Allerdings erging der Beschluss, das gesamte Grundkapital von ursprünglich 400 000 in 1 040 000 nennbetragslose Stückaktien neu einzuteilen. Jeweils 10 bisherige Stückaktien wurden in 26 neue Stückaktien umgewandelt. Infolgedessen erhöhte sich der Aktienbestand des Antragstellers von 286 000 (x 2,6) auf 743 600 Stückaktien.

6

Ferner wurde gegen Bareinlagen eine Erhöhung des Grundkapitals um 4.160.000 € auf 5.200.000 € beschlossen (Stückelung: 1 €). Zum Ausgabebetrag von 1 € bezugsberechtigt waren die bisherigen Aktionäre im Verhältnis 1:4. Dem Beschluss vom 5. Mai 1999 ist ein Verzeichnis beigefügt, aus dem sich die Zahl der vertretenen Stückaktien und der Aktionäre summarisch ergibt. Angaben über eine Aktiennummerierung oder eine Zuteilung der Aktien im Einzelnen enthält der Beschluss nicht. Die Maßnahmen wurden am 18. Mai 1999 ins Handelsregister eingetragen. Danach sah der Aktienbesitz wie folgt aus:

7

Aktionär Altbestand (x 4 =) neue Aktien Neubestand
Antragsteller 743 600 2 974 400 3 718 000
Ehefrau 182 000  728 000 910 000
X 15 600 62 400  78 000
Y 98 800  395 200 494 000
Summe 1 040 000 4 160 000 5 200 000

                                                                                                                                                                                                                                

8

Der Vorstand der AG hatte mit Beschluss vom 31. Mai 1999 eine neue Nummerierung der Stückaktien vorgenommen. Für seine 743 600 Altaktien erhielt der Antragsteller die Nummern 1 bis 743 600, für die neuen Aktien die Nummern 1 040 001 bis 4 014 400. In dem Beschluss ist ausgeführt, dass die von X erworbenen Aktien des Antragstellers die Nummern 1 bis 156 000 hätten. Ebenso hatte der Vorstand den wegen der geplanten weiteren Kapitalerhöhung von 1.300.000 € noch entstehenden neuen Stückaktien bereits Aktiennummern zugewiesen. Auch hatte er beschlossen, dass nach Durchführung der noch geplanten Kapitalerhöhung eine neue Globalaktie nebst Globalgewinnanteilsschein ausgestellt und die erste Globalaktie vernichtet werden solle.

9

Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 4. Juni 1999 wurde eine Kapitalerhöhung um 1.300.000 € auf 6.500.000 € durchgeführt und am … Juni 1999 ins Handelsregister eingetragen. Zum Bezug dieser neuen Stückaktien war eine Konsortialbank zugelassen worden, die die Aktien anderen (fremden) Anlegern als Streubesitz anbieten sollte. Zudem hatten sich die Aktionäre im Rahmen des von der AG geplanten Börsengangs am 7. Juni 1999 verpflichtet, die "Greenshoe-Aktien" (= 195 000 Stückaktien, wovon auf den Antragsteller 139 425, seine Ehefrau 34 125, X 2 925 und Y 18 525 entfielen) aus ihrem jeweiligen Aktienbestand zum Emissionspreis zu verkaufen (= "Greenshoe-Option"). Die neue Globalaktie war am 11. Juni 1999 ausgefertigt und der B-AG in A zur Verwahrung in einem Girosammeldepot übergeben worden. Am … Juni 1999 ging die AG an die Börse. Der Emissionspreis einer Aktie betrug 23 €.

10

Mit Schreiben vom 30. Juni 1999 übte die Konsortialbank die am 7. Juni 1999 eingeräumte "Greenshoe-Option" aus und schrieb den anteiligen Platzierungspreis in Höhe von 3.206.775 € dem Antragsteller nach Abzug der vereinbarten Provisionen (5 %) gut. Die übertragenen Aktien wurden dabei numerisch bezeichnet (Aktiennummern 156 001 bis 295 425).

11

Nachdem die P-GmbH die ihr eingeräumte Option Nr. 1 mit Schreiben vom 23. Juli 1999 ausgeübt hatte, übertrug ihr der Antragsteller am 3. August 1999  975 000 Stückaktien. Die übertragenen Aktien waren von ihm numerisch bezeichnet (Aktiennummern 1 bis 156 000, 295 426 bis 743 600 und 1 040 001 bis 1 410 825). Der Kaufpreis in Höhe von 23.771.897,55 DM wurde am 6. August 1999 auf dem Konto des Antragstellers gutgeschrieben.

12

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Antragsteller aus diesen Verkäufen einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 12.985.778 DM. Dem folgte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) im Ergebnis nicht. Er ermittelte vielmehr Veräußerungsgewinne von 22.837.131,82 DM, die wie folgt (in DM) errechnet wurden:

13

Veräußerungserlöse "Greenshoe-Aktien" 6.271.906,75
abzüglich Veräußerungskosten 313.595,34
abzüglich Anschaffungskosten  815.265,77
Veräußerungsgewinn "Greenshoe-Aktien" 5.143.045,64
Veräußerungserlös von der P-GmbH 23.771.897,55
abzüglich Veräußerungskosten 376.652,08
abzüglich Anschaffungskosten 5.701.159,29
Veräußerungsgewinn 17.694.086,16
Summe der Veräußerungsgewinne 22.837.131,82

                                                                                                                                                                                                                                            

14

Das FA ging bei seiner Berechnung von --zwischen den Beteiligten nicht streitigen-- durchschnittlichen Anschaffungskosten je Aktie von 2,9896988 € aus. Den gegen den hiernach geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 gerichteten Einspruch wies das FA zurück. Die dagegen erhobene Klage ist beim Finanzgericht (FG) noch anhängig. Das FA lehnte die beantragte Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1999 ab. Der Antragsteller beantragte daraufhin beim FG, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 1999 hinsichtlich des sich aus dem Bescheid ergebenden Nachzahlungsbetrags bis einen Monat nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens auszusetzen bzw. aufzuheben. Das FG lehnte den Antrag ab.

15

Mit seiner vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er beantragt, den Beschluss des FG aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 1999, zuletzt geändert am 11. Dezember 2008, hinsichtlich des sich aus dem Bescheid ergebenden Nachzahlungsbetrags bis einen Monat nach Abschluss des beim FG Baden-Württemberg anhängigen Hauptsacheverfahrens 14 K 4232/08 auszusetzen bzw. aufzuheben.

16

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat zutreffend angenommen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids nicht vorliegen.

18

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.).

19

Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826).

20

2. Die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegenden Veräußerungsgewinne wurden bei summarischer Prüfung zutreffend ermittelt.

21

a) Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht Einvernehmen darüber, dass die Veräußerung der Aktien steuerpflichtig war.

22

aa) Gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 (EStG 1997) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) --EStG 1997 n.F.-- zählt die Veräußerung von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt, zu den sonstigen Einkünften. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F., mit der die Spekulationsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert wurde, ist bereits im Streitjahr anzuwenden (§ 52 Abs. 39 EStG 1997 n.F.). Der Antragsteller hat mit dem Umwandlungsbeschluss vom 27. Juli 1998, mit dem die Kommanditanteile zu Zwischenwerten in die GmbH und spätere AG eingebracht wurden, die ersten Aktien der AG erworben. Er hat die "Greenshoe-Aktien" am 30. Juni 1999 und die an die P-GmbH verkauften Aktien am 23. Juli 1999 übertragen, demnach innerhalb der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. genannten Frist. Der bei beiden Veräußerungen entstandene Gewinn erfüllt daher die Voraussetzungen des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. Da der Antragsteller an der AG im Streitjahr wesentlich i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. beteiligt war, waren die Veräußerungsgewinne darüber hinaus gemäß § 17 EStG 1997 n.F. steuerpflichtig, der jedoch nach § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F. nicht anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. vorliegen. Soweit der Antragsteller einbringungsgeborene Anteile verkauft hat, unterlagen die hierbei erzielten Veräußerungsgewinne gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG 1997 n.F. der Besteuerung.

23

bb) Der Antragsteller hielt im Streitjahr 3 718 000 Aktien der AG, wovon unstreitig 2 938 000 Aktien einbringungsgeborene und 780 000 zugekaufte Aktien waren. Da der Antragsteller im Streitjahr insgesamt 1 114 425 Aktien verkauft hat, erfüllen rein rechnerisch zumindest 334 425 der verkauften Aktien den Tatbestand des § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG 1997 n.F., der der Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. vorgeht (§ 23 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997 n.F.).

24

b) Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, ist nach Aktenlage nicht feststellbar, welche der vom Antragsteller gehaltenen Aktien der AG im Streitjahr veräußert wurden. Der Antragsteller hat zwar die verkauften Aktien nach Nummern benannt. Es lässt sich aber anhand dieser Nummerierung nicht erkennen, ob es sich hierbei um einbringungsgeborene oder um zugekaufte Aktien handelt. Zwar wurde bei der erstmaligen Zuteilung und Nummerierung der Aktien zwischen einbringungsgeborenen und zugekauften Aktien unterschieden. Diese Unterscheidung wurde aber bei den nachfolgenden Kapitalerhöhungen nicht mehr beibehalten, so dass nicht klärbar ist, welche Aktien mit welcher Nummer einbringungsgeboren sind.

25

c) Das FA hat bei der Ermittlung der Veräußerungsgewinne zutreffend die durchschnittlichen Anschaffungskosten je Aktie zugrunde gelegt.

26

aa) Während § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 i.d.F. durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz --EURLUmsG--) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 bis einschließlich 2008 bestimmte, dass bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung i.S. des § 5 des Depotgesetzes anvertraut worden sind, zu unterstellen ist, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert wurden, enthielt § 23 EStG 1997 n.F. eine derartige Bestimmung noch nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 24. November 1993 X R 49/90, BFHE 173, 107, BStBl II 1994, 591; vom 4. Mai 1994 X R 157/90, BFH/NV 1995, 195) war in diesen Fällen weder die sog. Lifo- noch die sog. Fifo-Methode anzuwenden. Denn es gibt weder einen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere auch zuerst veräußert noch dass die zuletzt angeschafften Wertpapiere als erste veräußert werden. Hieraus hat der BFH abgeleitet, dass in Fällen, in denen ein Teil der zu verschiedenen Zeiten angeschafften Aktien derselben Art veräußert wird, nicht feststellbar sei, welche Aktien tatsächlich veräußert wurden. Daher seien, wenn feststehe, dass die Veräußerung der Aktien zu einem steuerpflichtigen Gewinn geführt habe, die durchschnittlichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen. Der Steuerpflichtige kann nicht bestimmen, welche Aktien als veräußert gelten sollen.

27

bb) Die Anwendung dieser Grundsätze, an denen trotz der hiergegen erhobenen Kritik (Witt, Der Betrieb --DB-- 1994, 1644; Demuth/Strunk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2001, 57; Loritz, Finanz-Rundschau 2001, 169) schon aus Gründen der Kontinuität festzuhalten ist, führt dazu, dass den Veräußerungserlösen als Anschaffungskosten die durchschnittlichen Anschaffungskosten der Aktien gegenüber zu stellen sind, was nach Abzug der (unstreitigen) Veräußerungskosten zu den von FA und FG ermittelten Veräußerungsgewinnen führt.

28

d) Dem steht nicht der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung entgegen. Im Streitfall steht fest, dass sämtliche Wertpapiere gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. bzw. dem subsidiären § 17 EStG 1997 n.F., ein Teil davon überdies gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG 1997 steuerverstrickt waren. Beide Veräußerungsgewinne waren daher steuerpflichtig. Werden gleichartige Aktien aus einem Sammeldepot veräußert und ist der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn nach mehreren Steuervorschriften steuerpflichtig, kann der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung allenfalls dazu führen, dass die Rechtsfolge der stärker belastenden Vorschrift nur dann eingreift, wenn und soweit feststeht, dass die Veräußerung die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch tatsächlich in vollem Umfang erfüllt. Er gebietet jedoch nicht zu unterstellen, dass zunächst die Aktien mit den niedrigsten Anschaffungskosten veräußert wurden. Im Streitfall führt die Anwendung der genannten Vorschriften zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen, so dass letztlich offenbleiben kann, in welchem Verhältnis der Antragsteller einbringungsgeborene und nicht einbringungsgeborene Aktien veräußert hat.

29

Aus diesem Grund bedarf es auch keiner Entscheidung, ob und ggf. welche Folgerungen sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (DB 2010, 1858) für § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. ergeben, mit dem das BVerfG entschieden hat, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG 1997 n.F. gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstößt und insoweit nichtig ist, als in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 am 31. März 1999 entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Verkündung steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Denn am Ergebnis änderte sich hierdurch nichts. Im Falle der Teilnichtigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 n.F. wäre der Veräußerungsgewinn insoweit gemäß § 17 EStG 1997 n.F. steuerpflichtig; auch diese Vorschrift ermöglicht dem Steuerpflichtigen bei girosammelverwahrten Wertpapieren nicht zu bestimmen, welche Anteile als veräußert gelten (Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 17 Rz 63; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 29. Aufl., § 17 Rz 156 a.E.).

30

Der Beschluss des BVerfG vom 7. Juli 2010  2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (DStR 2010, 1733) ist für den Streitfall nicht einschlägig, weil der Antragsteller auch vor den Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 wesentlich i.S. des § 17 EStG 1997 a.F. an der AG beteiligt war.

31

e) Das FG hat angenommen, der Antragsteller habe jeweils einbringungsgeborene und zugekaufte Aktien in dem Verhältnis veräußert, in dem er vor der Veräußerung einbringungsgeborene und zugekaufte Aktien gehalten habe. Ob dieser Annahme des FG zu folgen ist, bedarf keiner Klärung, denn sie ist aus den zuvor genannten Gründen für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich.

32

f) FA und FG sind zutreffend davon ausgegangen, dass dem Antragsteller keine nachträglichen Anschaffungskosten für die Aktien entstanden sind.

33

aa) Gemäß § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Grundsätzlich ist alles dazu zu zählen, was aufgewendet werden muss, um das Wirtschaftsgut zu erwerben und zu behalten (BFH-Urteil vom 8. April 1998 VIII R 21/94, BFHE 186, 194, BStBl II 1998, 660). Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen insbesondere dann, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (BFH-Urteil in BFHE 186, 194, BStBl II 1998, 660).

34

bb) Im Streitfall sind dem Antragsteller keine nachträglichen Anschaffungskosten entstanden, denn er hat weder Geld noch einen Vermögensgegenstand aufgewendet. Die unentgeltliche Einräumung einer Option zum Erwerb der Aktien der AG zu einem bestimmten Preis ist zwar ein im Gesellschaftsverhältnis wurzelnder Vorgang, da davon auszugehen ist, dass der Antragsteller nur mit Blick auf die Geschäftschancen, die sich für die AG aus dem Abschluss des Vertrages mit der P-AG ergab, bereit war, eine derartige Option ohne Entgelt einzuräumen. Dem Antragsteller sind hierdurch jedoch keine Aufwendungen erwachsen; ihm sind vielmehr durch die unentgeltliche Einräumung der Option Einnahmen entgangen. Entgangene Einnahmen sind jedoch keine Aufwendungen. Auch durch die nachfolgende Ausübung der Option sind dem Antragsteller, da er durch die Veräußerung einen Gewinn erzielt hat, keine Aufwendungen entstanden. Es liegt auch keine verdeckte Einlage vor. Die unentgeltliche Einräumung einer Option an einen Geschäftspartner der AG ist ebenso wenig ein einlagefähiger Vermögensgegenstand wie der anschließende Verkauf unter Verzicht auf einen höheren Veräußerungsgewinn (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348).

Tatbestand

1

I. Streitig ist im Rahmen eines Verfahrens wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) die Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung, bei der im Streitjahr 2007 ein Verlustvortrag, der im Folgejahr von einem weiteren Einfluss auf die Bemessungsgrundlage endgültig ausgeschlossen wurde, nur zu einem Teil bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einkommensmindernd zum Ansatz kam (sog. Mindestbesteuerung).

2

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine GmbH, ist Gesamtrechtsnachfolgerin der H-GmbH, für die zum 31. Dezember 2006 ein Verlustvortrag in Höhe von 35.303.643 € festgestellt worden war. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der H-GmbH für das Streitjahr betrug 4.361.627 €. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) setzte insoweit nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) i.V.m. § 10d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) --EStG 2002 n.F.-- eine Körperschaftsteuer in Höhe von 331.273 € fest. In 2008 kam es zu einem Gesellschafterwechsel bei der H-GmbH und einer Verschmelzung; in der Folge entfiel gemäß § 8c KStG 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) --KStG 2002 n.F.-- bzw. gemäß § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 2006) der verbleibende Verlustabzug zum 31. Dezember 2008 vollständig.

3

Das Finanzgericht (FG) hat die Vollziehung des Steuerbescheids des Streitjahres wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung ausgesetzt (FG Nürnberg, Beschluss vom 17. März 2010  1 V 1379/2009).

4

Das FA beantragt mit der vom FG zugelassenen Beschwerde, den Beschluss des FG aufzuheben und den Antrag auf AdV des Körperschaftsteuerbescheides 2007 abzulehnen.

5

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung des Streitjahres ist --wie auch das FG entschieden hat-- insoweit ernstlich zweifelhaft, als bei der Einkommensermittlung nach Maßgabe der sog. Mindestbesteuerung ein Verlustabzug nur eingeschränkt zugelassen wurde.

7

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll --u.a. und soweit hier einschlägig-- erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind u.a. dann zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. März 2003 XI B 76/02, BFHE 202, 147, BStBl II 2003, 523, unter II.1. der Gründe, m.w.N.). An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschluss vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454).

8

2. Es bestehen nach dieser Maßgabe bei einer wortlautgetreuen Anwendung des § 10d Abs. 2 EStG 2002 n.F. (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides.

9

a) Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz ließ der Gesetzgeber den innerperiodischen Verlustausgleich im Rahmen von § 2 Abs. 3 EStG 2002 n.F. wieder uneingeschränkt zu, während die Beschränkung des überperiodischen Verlustabzugs nach § 10d Abs. 2 EStG 2002 n.F. beibehalten und verschärft wurde: Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden konnten, sind ab Veranlagungszeitraum 2004 im Rahmen des Verlustvortrags nur noch begrenzt verrechnungsfähig. Gemäß § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. können sie nur noch bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. € unbeschränkt abgezogen werden. Darüber hinausgehende negative Einkünfte aus früheren Veranlagungszeiträumen sind nur noch in Höhe von 60 % des 1 Mio. € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte ausgleichsfähig. Im Ergebnis werden 40 % des positiven Gesamtbetrags der laufenden Einkünfte eines Veranlagungszeitraums unabhängig von etwaigen Verlusten in früheren Perioden der Besteuerung unterworfen, soweit sie die Schwelle von 1 Mio. € überschreiten. Diese Neuerungen im Bereich der Einkommensteuer sind auch bei der Veranlagung der Antragstellerin im Streitjahr zu beachten (§ 8 Abs. 1 KStG 2002), was unter den Beteiligten im Grundsatz nicht streitig ist.

10

b) Die Begründung zum Regierungsentwurf des § 10d Abs. 2 EStG 2002 n.F. (BTDrucks 15/1518, S. 13) führt an, dass "der Grund für die Beschränkung ... in dem gewaltigen Verlustvortragspotenzial der Unternehmen zu sehen (sei), das diese vor sich herschieben. Um das Steueraufkommen für die öffentlichen Haushalte kalkulierbarer zu machen, ist es geboten, den Verlustvortrag zu strecken. Nur so ist auf Dauer eine Verstetigung der Staatseinnahmen gewährleistet." Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass durch die sog. Mindestbesteuerung "keine Verluste endgültig verloren" gehen würden. Damit ist dem Regierungsentwurf eine ausschließlich fiskalischen Interessen geschuldete Begründung beigestellt worden (so auch die systematisierende Zuordnung durch Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung - Haushaltsverträglicher Ausstieg aus der Mindestbesteuerung, in Institut "Finanzen und Steuern" --FiSt--, Schrift Nr. 461, 2010, S. 27 ff.).

11

c) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich bereits mehrfach --wenn auch noch nicht zu § 10d Abs. 2 EStG 2002 n.F.-- zu Einschränkungen des Verlustvortrags geäußert. Danach ist ein uneingeschränkter Verlustvortrag verfassungsrechtlich nicht garantiert. Die Beschränkung des Verlustvortrags auf bestimmte Einkunftsarten und damit der Ausschluss anderer Einkunftsarten von jeglichem Verlustvortrag war ebenso wenig verfassungsrechtlich zu beanstanden (BVerfG-Beschluss vom 8. März 1978  1 BvR 117/78, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1978, 293) wie die Beschränkung des Verlustvortrags auf bestimmte, durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Betriebsverluste (BVerfG-Beschluss in HFR 1978, 293; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 30. Oktober 1980  1 BvR 785/80, HFR 1981, 181). Nach der Rechtsprechung des BVerfG bestanden ferner unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Beschränkung des Verlustabzugs auf einen einjährigen Verlustrücktrag und einen fünfjährigen Verlustvortrag (BVerfG-Beschluss vom 22. Juli 1991  1 BvR 313/88, HFR 1992, 423). Allerdings hat das BVerfG im Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91 (BVerfGE 99, 88) den völligen Ausschluss der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände (§ 22 Nr. 3 Satz 3 EStG 1983) für verfassungswidrig erklärt.

12

d) Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. dazu die Nachweise im Senatsurteil vom 1. Juli 2009 I R 76/08, BFHE 225, 566 und --zu der ebenfalls eine Mindestbesteuerung vorsehenden Regelung des § 10a des Gewerbesteuergesetzes [GewStG 2002]-- in dem BFH-Beschluss vom 27. Januar 2006 VIII B 179/05, BFH/NV 2006, 1150) bestehen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) grundsätzlich insoweit keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Verlustausgleichsbeschränkung, als der Verlustausgleich nicht versagt, sondern lediglich zeitlich gestreckt wird. Eine Verlagerung des Verlustausgleichs auf spätere Veranlagungszeiträume ist im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass das Grundrecht seine Wirkung grundsätzlich veranlagungszeitraumübergreifend entfaltet. Es genügt, wenn die Verluste überhaupt, sei es auch in einem anderen Veranlagungszeitraum, steuerlich berücksichtigt werden. Insbesondere erstarkt die bei ihrer Entstehung gegebene bloße Möglichkeit, die Verluste später ausgleichen zu können, nicht zu einer grundrechtlich geschützten Vermögensposition (Art. 14 Abs. 1 GG - dies relativierend Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, zu D.II.2.). Immerhin hat der BFH in seinem Beschluss vom 29. April 2005 XI B 127/04 (BFHE 209, 379, BStBl II 2005, 609), in dem eine Beschränkung des Verlustvortrags, wenn der Vortrag zeitlich über mehrere Veranlagungszeiträume gestreckt wird, grundsätzlich gebilligt wurde, ausgeführt, dass damit nicht zugleich über die Konstellation entschieden sei, dass "negative Einkünfte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen" in einem solchen System "nicht mehr vorgetragen werden können". Darüber hinaus hat der XI. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss an das BVerfG vom 6. September 2006 XI R 26/04 (BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167) hervorgehoben, dass die sog. Mindeststeuer durchaus den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG berühre; auch wenn in mehreren summarischen Verfahren nach § 69 Abs. 2 und 3 FGO wegen der die Veranlagungszeiträume übergreifenden Wirkung des Art. 3 Abs. 1 GG die Norm als verfassungsgemäß angesehen worden sei, sei nicht zu verkennen, dass die Begrenzung des vertikalen Verlustausgleichs (im dortigen Streitfall durch § 2 Abs. 3 EStG 2002) trotz der Streckung der Verlustverrechnung nicht nur bei einer kleinen Zahl von Steuerpflichtigen mit gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu nennenswerten Belastungsunterschieden führen könne. Auch bestehe naturgemäß keine Gewissheit, die Verluste in Zukunft verrechnen zu können.

13

e) In der Literatur wird die sog. Mindestbesteuerung teilweise für verfassungskonform gehalten (z.B. Lambrecht in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 10d Rz 4; Schlenker in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 10d EStG Rz 6; Schneider/Krammer in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 10d Rz 6; Müller-Gatermann, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 2004, 467, 468): Die im Einzelfall eintretende Einschränkung des objektiven Nettoprinzips habe der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot in vertretbarer Weise ausgestaltet, da sich Beschränkungen des Verlustvortrags in betragsmäßiger oder zeitlicher Hinsicht jedenfalls im Grundsatz als verfassungskonform erwiesen hätten. Dem wird von anderer Seite entgegengehalten, die durch die "Deckelung" des Abzugsbetrages bewirkte zeitliche Streckung des Verlustvortrages sei schon "als solche" verfassungswidrig (s. z.B. Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 263 ff., 355 ff.; Mönikes, Die Verlustverrechnungsbeschränkungen des Einkommensteuergesetzes im Lichte der Verfassung, 2006, S. 223 ff.; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 66; Lang/ Englisch, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2005, 3, 21 ff.; Lindauer, Betriebs-Berater --BB-- 2004, 2720, 2723 f.; Raupach in Lehner [Hrsg.], Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, 2004, S. 53, 60 f.; Eckhoff in von Groll [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft --DStJG-- Bd. 28 [2005], S. 11, 34; Kaminski in Korn, EStG, § 10d Rz 84.28). Andere Literaturstimmen nehmen einen Verfassungsverstoß der sog. Mindestbesteuerung nur in den Fällen an, in denen ein Verlust nicht nur zeitlich gestreckt, sondern von einer Wirkung auf die Ermittlung des Einkommens endgültig ausgeschlossen wird ("Definitiveffekte", s. z.B. Hallerbach in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 10d EStG Rz 13; Wendt, DStJG, Band 28, S. 41, 74 ff.; Fischer, Finanz-Rundschau --FR-- 2007, 281, 283 ff.; wohl auch Herzig/Wagner, WPg 2004, 53, 63 f.; Kempf/Vogel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 81), wobei insoweit auch eine verfassungskonforme Reduktion des Wortlauts des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. für möglich gehalten wird (z.B. Wendt, DStJG, Band 28, S. 41, 78; Fischer, FR 2007, 281, 285 f.). Solche Effekte können im Unternehmensbereich insbesondere auftreten bei der Liquidation körperschaftsteuerpflichtiger Unternehmen, soweit es sich um zeitlich begrenzt bestehende Projektgesellschaften handelt, aber auch etwa bei bestimmten Unternehmensgegenständen (z.B. bei langfristiger Fertigung) und in Sanierungsfällen (s. Lang/Englisch, StuW 2005, 3, 21 ff.; s.a. Dorenkamp, FiSt Nr. 461, S. 33 f.; Orth, FR 2005, 515, 530; Herzig/Wagner, Wpg 2004, 53, 58 ff.; Lindauer, BB 2004, 2720, 2722 f.).

14

3. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 11. Februar 1998 I R 81/97 (BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485) hervorgehoben, dass die Abzugsfähigkeit von Verlusten nicht in ihrem Kernbereich betroffen und gänzlich ausgeschlossen sein dürfe (s.a. Senatsurteil vom 5. Juni 2002 I R 115/00, BFH/NV 2002, 1549). Diesem Maßstab wird § 10d Abs. 2 EStG 2002 n.F. --bei der im Verfahren auf Gewährung von AdV gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage-- dann nicht gerecht, wenn ein sog. Definitiveffekt eintritt.

15

a) Die Grundkonzeption der zeitlichen Streckung des Verlustvortrages dürfte auch angesichts des Zins- bzw. Liquiditätsnachteils den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch entsprechen. Insoweit entnimmt der Senat der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Unterscheidung zwischen temporären und endgültigen Steuereffekten (s. den BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009  2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111; s.a. das BFH-Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 37/07, BFHE 229, 122, BStBl II 2010, 784). Wenn sich danach der maßgebliche Zeitpunkt der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung eines gewinnmindernden Aufwands, also das Wann, nicht das Ob der Besteuerung, nicht mit Hilfe des Maßstabs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder des objektiven Nettoprinzips bestimmen lässt, dürfte eine "Verluststreckung" verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein. Dabei wird es auch innerhalb der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis (z.B. BVerfG-Beschluss vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05, BGBl I 2010, 326) liegen, dass die zeitliche Streckung des Verlustvortrags das Risiko für den einkommenswirksamen Abzug des Verlustes erhöht, da "naturgemäß keine Gewissheit besteht, die Verluste in Zukunft verrechnen zu können" (Senatsurteil in BFHE 225, 566; BFH-Beschluss in BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167). Diesem Ergebnis dürfte auch die Existenz verschiedener gesetzlicher Regelungen ("abstrakt") nicht entgegenstehen, die als Rechtsfolge eine "Vernichtung" von Verlustvorträgen in bestimmten Fallsituationen vorsehen (z.B. im Zuge einer Anteilsübertragung: § 8c KStG 2002 n.F.); eher dürfte (umgekehrt) die Existenz der sog. Mindestbesteuerung dazu geeignet sein, den belastenden Effekt jener Regelungen aufzuzeigen (z.B. Hey, BB 2007, 1303, 1306). Dies gilt sinnentsprechend z.B. auch für die Situation der Beendigung der persönlichen Steuerpflicht angesichts der fehlenden Möglichkeit der "Verlustvererbung" (BFH-Beschluss in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608).

16

b) Diese Grenze zum Kernbereich der Gewährleistung eines Verlustausgleichs könnte aber überschritten sein, wenn auf der Grundlage eines inneren Sachzusammenhangs bzw. einer Ursachenidentität der sog. Mindestbesteuerung ("konkret") die Wirkung zukommt, den Verlustabzug gänzlich auszuschließen.

17

In diesem Zusammenhang hat das FG München in seinem (AdV-)Beschluss vom 31. Juli 2008  8 V 1588/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1736) bei der Anwendung des § 10a GewStG 2002 auf eine "Übermaßbesteuerung" und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erkannt, soweit durch einen Gesellschafterwechsel bei einer Personengesellschaft zwar einerseits ein außerordentlicher Gewerbeertrag i.S. des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG 2002 besteuert, andererseits der zum 31. Dezember des Vorjahres festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust nur eingeschränkt zum Ausgleich zugelassen wurde; der Steuerpflichtige werde auf die Möglichkeit des späteren Verlustausgleichs verwiesen, obgleich feststehe, dass dieser infolge der Veräußerung des Mitunternehmeranteils nicht mehr in Betracht komme. Die Finanzverwaltung zieht aus diesem Beschluss keine weitergehenden Folgerungen (s. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 5. Januar 2009, Der Betrieb 2009, 877). Auch sie verzichtet in Sanierungsfällen aber --allerdings antragsgebunden und aus Billigkeits-, nicht aus Rechtsgründen (ebenso FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Juni 2010  6 K 6216/06 B, nicht veröffentlicht)-- bis zur Höhe des (durch den Erlass von Schulden veranlassten) Sanierungsgewinns auf die Beschränkung der Verlustverrechnung durch die sog. Mindestbesteuerung (BMF-Schreiben vom 27. März 2003, BStBl I 2003, 240 Tz. 8; zur Rechtsverbindlichkeit dieses Schreibens bei unternehmensbezogenen Sanierungen s. BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08, BFHE 229, 502).

18

c) Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass dieser Fallgruppe (s. zu b) gleichzustellen ist, wenn eine Verlustverrechnung aufgrund der Eigenheiten der Einkunftserzielung (z.B. zeitlich begrenzt tätige Objektgesellschaften) oder eines anderen "tatsächlichen oder rechtlichen Grundes" (s. insoweit BFH-Beschluss in BFHE 209, 379, BStBl II 2005, 609) zum endgültigen Ausschluss der Verlustnutzungsmöglichkeit führt.

19

aa) Für die zuletzt genannte Situation ist dabei die Prüfung nicht isoliert auf § 10d Abs. 2 EStG 2002 n.F. zu beziehen, vielmehr kann diese Wirkung auch auf einer im konkreten Streitfall verwirklichten Verbindung mit anderen Rechtsvorschriften beruhen. In diesem Zusammenhang wird man es jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht als entscheidungserheblich ansehen müssen, dass eine solche Rechtsfolge auf dem eigenständigen Willen des Steuerpflichtigen beruht (im Streitfall: Umstrukturierung; so aber offenbar FG München, Urteil vom 4. August 2010  1 K 608/07, nicht veröffentlicht); man wird allerdings Regelungen auszuschließen haben, die der Missbrauchsvermeidung dienen. Letzteres ist bei der im Streitfall einschlägigen Regelung des § 8c Abs. 1 KStG 2002 n.F. (jedenfalls vor der für schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31. Dezember 2009 vollzogenen Einfügung der Sätze 6 und 7 durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009, BGBl I 2009, 3950, BStBl I 2010, 2) allerdings (und abweichend von der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG 2002 a.F., vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 78/01, BFHE 222, 568) nicht ohne weiteres anzunehmen.

20

bb) Insoweit geht es in der Sache um die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F. im Streitjahr (z.B. Wendt, DStJG, Band 28, S. 41, 78; Fischer, FR 2007, 281, 285 f.; ablehnend z.B. Röder, a.a.O., S. 357; Lang/Englisch, StuW 2005, 3, 14; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10d EStG Rz 13), die aufgrund der im Folgejahr eintretenden Rechtsfolge der "Verlustvernichtung" erforderlich wird.

21

Dieser möglichen Auslegung steht das gesetzgeberische Konzept der "Verluststreckung" nicht entgegen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der sog. Mindestbesteuerung deren überschießende Wirkung in einer Vielzahl von Fallsituationen (z.B. bei einer nachfolgenden Anteilsübertragung) bewusst in Kauf genommen hat (zweifelnd Wüllenkemper, EFG 2008, 1738, 1739). Die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs dürfte allein unter dem Gesichtspunkt einer "Verstetigung der Steuereinnahmen" --als Ausprägung des allgemeinen Fiskalzwecks jeder Steuer (Röder, a.a.O., S. 274)-- nicht ausreichend sein (s. zum "Ziel der Einnahmenvermehrung" BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, Deutsches Steuerrecht 2010, 1563; s.a. Röder, a.a.O., S. 269 ff., 273 ff., 278 f., 356; Lang/Englisch, StuW 2005, 3, 10 f.; Mönikes, a.a.O., S. 226 ff.; Fischer, FR 2007, 281, 285). Auch ein Verstoß gegen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung dürfte in dieser Restriktion des Regelungswortlauts entgegen der Ansicht des FA nicht liegen, da --was die Existenz des Verlustvor- und -rücktrags (§ 10d EStG 2002 n.F.) anzeigt-- die ertragsteuerliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen insoweit durchaus abschnittsübergreifend ermittelt wird. Verfahrensrechtlich ließe sich dieses Auslegungsergebnis durch die Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks i.S. des § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in den Fällen einer Besteuerung auf der Grundlage der sog. Mindestbesteuerung absichern. Denkbar wäre es auch, in der verlustabzugsschädlichen Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ein auf den Veranlagungszeitraum des Eingreifens der Mindestbesteuerung rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu sehen (so Kempf/Vogel in Lüdicke/Kempf/Brink, a.a.O., S. 81).

22

4. Das FG hat daher im angefochtenen Beschluss zu Recht wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung eine AdV für das Streitjahr angeordnet. Dies gilt ungeachtet der Möglichkeit, den belastenden Eingriff im konkreten Fall auf das Jahr des endgültigen Ausschlusses des Verlustvortrags (das Folgejahr) zu beziehen und damit ausschließlich der --nach einer häufig in der Literatur vertretenen Ansicht (stellvertretend Roser in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8c Rz 26, m.w.N.) durchaus ebenfalls mit verfassungsrechtlichen Zweifeln behafteten-- Rechtswirkung des § 8c KStG 2002 n.F. zuzuordnen.

Tatbestand

1

. In einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) streiten die Beteiligten über die Verfassungsmäßigkeit der Gebührenerhebung für verbindliche Auskünfte gemäß § 89 Abs. 3 bis 5 der Abgabenordnung i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) --AO--.

2

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Inhaber einer Firmengruppe (X), die im Jahr 1999 aus einer Realteilung hervorgegangen war und deshalb über eine unübersichtliche Beteiligungsstruktur verfügte. Um insbesondere den Anforderungen finanzierender Banken nach einer einfachen und durchschaubaren Beteiligungsstruktur zu entsprechen, plante die Gruppe eine Neustrukturierung. In diesem Zusammenhang beantragten der Antragsteller und Gesellschaften der Gruppe am 27. April 2009 beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eine verbindliche Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO. Soweit der Antragsteller als Kommanditist der X-Holding KG betroffen war, enthielt die Auskunft zwei Fragenkomplexe.

3

Fragenkomplex 1:

Fragenkomplex 1:

-

ob die Verschmelzung der X-Holding KG auf die X-Beteiligung GmbH steuerneutral abgewickelt werden könne,

-

ob der Antragsteller aus der Verschmelzung einen ertragsteuerlichen Übergangsgewinn erziele,

-

ob die bestehende ertragsteuerliche Organschaft zwischen der X-Holding KG und der X-Beteiligung GmbH steuerunschädlich beendet werden könne,

-

ob die Verschmelzung gewerbesteuerfrei abgewickelt werden könne und lediglich die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge entfielen,

-

ob der steuerliche Übertragungsstichtag auf den 31. Dezember 2008 zurückbezogen werden könne, und

-

ob die Verschmelzung Grunderwerbsteuer auslöse.

4

 

Fragenkomplex 2:

-

ob die Veräußerung der Beteiligung an der Y-GmbH bei der X-Beteiligung GmbH unter § 8b des Körperschaftsteuergesetzes falle,

-

ob ein bei dem Antragsteller durch diese Veräußerung anfallender Einbringungsgewinn bis zur Höhe von 500.000 € durch Bildung einer steuerfreien Rücklage nach § 6b Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes "neutralisiert" und ob diese Rücklage im Zuge der Anschaffung der Anteile an der Y-GmbH durch eine neu zu gründende Gesellschaft steuerunschädlich wieder aufgelöst werden könne.

5

Das FA erteilte die erbetene verbindliche Auskunft und stellte dabei der Sache nach die Steuerunschädlichkeit der Neustrukturierung fest. Mit Bescheid vom 20. Januar 2010 setzte es gegen den Antragsteller für den Fragenkomplex 1 auf der Basis eines Gegenstandswerts von 30 Mio. € eine Gebühr von 91.456 € und für den Fragenkomplex 2 eine Zeitgebühr von 500 € fest.

6

Der Antragsteller, der die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte des FA gemäß § 89 Abs. 2 AO dem Grunde und der Höhe nach für verfassungswidrig hält, erhob Einspruch gegen den Gebührenbescheid, über den das FA noch nicht entschieden hat. Zugleich beantragte er beim FA ohne Erfolg die AdV des Gebührenbescheids. Der gleichlautende Antrag an das Niedersächsische Finanzgericht (FG) blieb ebenfalls erfolglos; das FG hat ihn mit Beschluss vom 16. Juli 2010  10 V 101/10 abgelehnt.

7

Gegen den FG-Beschluss richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des Antragstellers.

8

Der Antragsteller beantragt, den FG-Beschluss aufzuheben und die Vollziehung des Gebührenbescheids vom 20. Januar 2010 in Höhe von 91.956 € ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

9

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den Antrag auf AdV des Gebührenbescheids zu Recht abgelehnt.

11

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll --u.a. und soweit hier einschlägig-- erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind u.a. dann zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm. An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (Senatsbeschluss vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, m.w.N.).

12

Soweit der Antragsteller dem BFH-Beschluss vom 18. Oktober 1989 IV B 149/88 (BFHE 158, 426, BStBl II 1990, 71) den Grundsatz entnimmt, unabhängig von der eigenen Beurteilung habe das Gericht bei Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung stets AdV zu gewähren, wenn auf der Grundlage der Auffassung namhafter Autoren im Fachschrifttum die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts zweifelhaft sei, ist dem nicht zu folgen. Das zuständige Gericht hat vielmehr --wie es auch der BFH in dem Beschluss in BFHE 158, 426, BStBl II 1990, 71 getan hat--, die im Schrifttum vertretenen Rechtsauffassungen auf ihre inhaltliche Plausibilität zu prüfen und darf die AdV nur gewähren, wenn es nach eigener Beurteilung die geltend gemachten Gründe für nennenswert und beachtlich hält (BFH-Beschluss vom 17. Februar 1970 II B 58/69, BFHE 98, 17, BStBl II 1970, 333; Gosch in Beermann/Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 123, 126).

13

2. Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen im Streitfall nicht. Der Senat hält nach summarischer Prüfung die in Bezug auf die Bestimmungen des § 89 Abs. 3 bis 5 AO über die Erhebung und die Bemessung der Auskunftsgebühren geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht für durchschlagend (so auch die bisher einhellige Auffassung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, vgl. neben dem angefochtenen FG-Beschluss die Urteile des FG Baden-Württemberg vom 20. Mai 2008  1 K 46/07, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1342, und vom 17. März 2010  1 K 661/08, EFG 2010, 1284; Urteil des Niedersächsischen FG vom 24. Juni 2010  6 K 12181/08, EFG 2010, 1562; Urteil des FG Münster vom 1. Juli 2010  3 K 722/08 S, EFG 2010, 1973; Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 1. Oktober 2010  1 K 282/07, EFG 2010, 2061).

14

a) Die Auskunftsgebühr nach § 89 Abs. 3 AO ist ihrem materiellen Gehalt nach eine nichtsteuerliche Abgabe. Denn sie wird nicht, wie eine Steuer i.S. der Art. 105, 106 des Grundgesetzes (GG), "voraussetzungslos", sondern als Gegenleistung für eine öffentlich-rechtliche Leistung --nämlich die Bearbeitung des Antrags auf verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO durch die Finanzbehörde-- erhoben. Da es sich bei der Auskunftsgebühr um eine öffentlich-rechtliche Geldleistung handelt, die aus Anlass einer dem jeweiligen Schuldner individuell zuzuordnenden öffentlichen (Dienst-)Leistung hoheitlich auferlegt wird und die jedenfalls auch dazu bestimmt ist, die Kosten dieser Leistung zu decken, handelt es sich dem Typus nach um eine Gebühr (vgl. zur Definition Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 19. März 2003  2 BvL 9-12/98, BVerfGE 108, 1, m.w.N.). Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Erhebung der Auskunftsgebühr ergibt sich aus Art. 108 Abs. 5 GG als Annex (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 3. März 1994  4 C 1/93, BVerwGE 95, 188) zum Recht, das Verfahren betreffend die Erhebung der Steuern zu regeln.

15

Soweit der Charakterisierung als Gebühr entgegengehalten wird, das Auskunftsverfahren sei --wegen der Verortung des § 89 AO im Abschnitt "allgemeine Verfahrensvorschriften"-- ein unselbständiger Teil des Besteuerungsverfahrens (Hans, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2007, 421, 423), kann dem nicht gefolgt werden. Die verbindliche Auskunft bezieht sich nach § 89 Abs. 2 Satz 1 AO ausschließlich auf die Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte, hinsichtlich derer folglich ein Besteuerungsverfahren noch nicht begonnen haben kann und von denen nicht sicher ist, dass sie später tatsächlich verwirklicht und im Rahmen von Besteuerungsverfahren zu beurteilen sein werden. Deshalb handelt es sich bei dem Auskunftsverfahren nach § 89 Abs. 2 AO um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren, in dem die Finanzbehörde gegenüber dem Auskunftssuchenden eine besondere Dienstleistung erbringt (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 89 AO Rz 323; Schmitz in Schwarz, Abgabenordnung, § 89 Rz 83; vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011, BTDrucks 17/5125, S. 67).

16

Nicht zu folgen ist auch der Auffassung, nach der es für die formelle Verfassungsmäßigkeit der Auskunftsgebühr unter dem finanzverfassungsrechtlichen Gesichtspunkt des "Funktionsvorbehalts der Steuer" von maßgeblicher Bedeutung sein soll, dass der abstrakte Gebührensatz maximal so hoch bemessen ist, dass das pro Rechnungsperiode zu veranschlagende Gesamtaufkommen aus der Gebühr diejenigen Kosten nicht übersteigt, welche der betreffenden Gebietskörperschaft durch die Erbringung der gebührenpflichtigen Leistungen insgesamt entstehen (so Wienbracke, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2007, 749, 750 f.). Denn zum einen können nach der Rechtsprechung des BVerfG Gebühren nicht deshalb ganz oder teilweise zu Steuern werden, weil sie unzulässig überhöht bemessen sind (BVerfG-Urteil in BVerfGE 108, 1). Zum anderen dient die Erhebung der Auskunftsgebühr nicht nur dem Zweck des Kostenausgleichs, sondern auch dem einer Vorteilsabschöpfung (dazu sogleich unter II.2.b), so dass der Vergleich des Gebührenaufkommens mit dem behördlichen Aufwand nicht der allein maßgebliche Beurteilungsmaßstab sein kann.

17

b) Die Erhebung von Gebühren bedarf im Hinblick auf die Wahrung der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) einer besonderen sachlichen Rechtfertigung; als solche kommen u.a. die Gebührenzwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs in Betracht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 108, 1; BVerfG-Beschluss vom 7. November 1995  2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93, BVerfGE 93, 319, jeweils m.w.N.). Beide Zwecke sind im Falle der Auskunftsgebühr nach § 89 Abs. 3 bis 5 AO gegeben und rechtfertigen diese dem Grunde nach (ebenso Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 89 AO Rz 321 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 89 AO Rz 63 ff.; Birk, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2007, 1325, 1327 f.; Wienbracke, NVwZ 2007, 749, 751 ff.; Fatouros, DStZ 2007, 382, 391 f.; Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 10. Aufl., § 89 Rz 17; Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 89 Rz 82; a.A. Stark, Der Betrieb --DB-- 2007, 2333, 2334 ff.; Simon, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 557, 563 f.; Hans, DStZ 2007, 421, 423 f.; Keß/Zillmer, DStR 2008, 1466, 1467; zweifelnd auch Roser in Beermann/Gosch, a.a.O., § 89 AO Rz 79).

18

aa) Die Gebührenpflicht nach § 89 Abs. 3 bis 5 AO ist auf Vorschlag des Bundesrats mit dem Jahressteuergesetz 2007 in das Gesetz aufgenommen worden, weil nach erstmaliger Normierung der verbindlichen Auskunft in § 89 Abs. 2 AO durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl I 2006, 2098) mit einem starken Anstieg der Zahl der Auskunftsanträge gerechnet wurde. In der Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (BRDrucks 622/06, S. 35) heißt es, die vermehrte Erteilung verbindlicher Auskünfte werde bei den zuständigen Finanzbehörden voraussichtlich zu einem erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand führen. Vor dem Hintergrund, dass die verbindliche Auskunft vor allem bei Dauersachverhalten die Finanzverwaltung für viele Jahre binden könne, sei eine sehr intensive Prüfung unerlässlich; die zu erhebenden Gebühren sollten sich am Verwaltungsaufwand und an den steuerlichen Auswirkungen beim Antragsteller bemessen und pauschaliert werden. Der Finanzausschuss (7. Ausschuss) des Bundestags führt in seinem Bericht zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (BTDrucks 16/3368, S. 24) aus, die vermehrte Erteilung verbindlicher Auskünfte, die nicht Hauptaufgabe der Finanzverwaltung sei, werde bei den zuständigen Finanzbehörden zu einem erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand führen; da es sich um eine Aufgabe handele, die nicht mehr im Bereich der Steuerfestsetzung und -erhebung liege, sondern eine individuelle Leistung gegenüber dem Antragsteller darstelle, sei die Erhebung einer Gebühr sachgerecht. Im Regelfall richte sich die Höhe der Gebühr nach dem Gegenstandswert, also dem Wert, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller habe.

19

Die Gesetzesmaterialien lassen mithin erkennen, dass mit der Einführung der Gebührenpflicht zum einen der mit der Bearbeitung des Antrags auf verbindliche Auskunft verbundene besondere Verwaltungsaufwand abgegolten werden soll. Zum anderen verdeutlicht die primäre Orientierung der Gebührenhöhe am Gegenstandswert (§ 89 Abs. 4 AO) den weiteren Gesetzeszweck der Abschöpfung des Vorteils, den der Steuerpflichtige mit der Beantragung der verbindlichen Auskunft zu erreichen trachtet. Beide Gesichtspunkte sind legitime Gebührenzwecke, die geeignet sind, die Erhebung einer Auskunftsgebühr zu rechtfertigen.

20

bb) Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass sich die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bereits aus den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden allgemeinen Fürsorge- und Betreuungspflichten des Staates ergebe, nach denen dieser verpflichtet sei, den Bürger im Bereich der Eingriffsverwaltung kostenfrei in Kenntnis seiner Rechte und Pflichten zu setzen (so aber Stark, DB 2007, 2333, 2335; Simon, DStR 2007, 557, 563; Hans, DStZ 2007, 421, 423). Diese Sichtweise berücksichtigt nicht hinreichend den vom Auskunftbegehrenden mit dem Auskunftsverfahren nach § 89 Abs. 2 AO angestrebten Vorteil. Mit der Auskunft erhält der Auskunftbegehrende schon vor Verwirklichung der geplanten Sachverhalte nicht nur Kenntnis über deren steuerliche Beurteilung durch die zuständigen Finanzbehörden. Vielmehr bewirkt § 89 Abs. 2 Satz 4 AO i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Durchführungsverordnung zu § 89 Abs. 2 AO vom 30. November 2007 (BGBl I 2007, 2783, BStBl I 2007, 820) --Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV)-- eine Selbstbindung der Verwaltung in dem künftigen Besteuerungsverfahren. Das führt dazu, dass die Finanzbehörde die erteilte Auskunft selbst dann, wenn sich später deren Unrichtigkeit herausstellt, mit Wirkung für die Vergangenheit nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 AO berichtigen, zurücknehmen oder widerrufen darf. Und bei der gemäß § 2 Abs. 3 StAuskV im Ermessen der Finanzverwaltung stehenden Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung der unrichtigen Auskunft mit Wirkung für die Zukunft ist der Vertrauensschutz zu beachten; zu Lasten des Steuerpflichtigen dürfen solche Korrekturen deshalb grundsätzlich nur dann vorgenommen werden, wenn der Sachverhalt, auf den sich die Auskunft bezogen hat, noch nicht verwirklicht ist (vgl. Bundesministerium der Finanzen, Anwendungserlass zur Abgabenordnung i.d.F. vom 2. Januar 2008, BStBl I 2008, 26 --AEAO--, Nr. 3.6.6 zu § 89 AO). Auch die Gerichte haben die Bindungswirkung der Auskunft zu beachten und dürfen im Falle der inhaltlichen Unrichtigkeit der Auskunft das materiell als zutreffend angesehene Recht nicht zu Lasten des Auskunftsadressaten anwenden. In der Bindungswirkung liegt mithin ein individuell dem Auskunftsadressaten zuzurechnender Sondervorteil. Eine Verpflichtung, dem Steuerpflichtigen das zur Erreichung dieses Vorteils erforderliche Verwaltungsverfahren kostenfrei zur Verfügung zu stellen, kann aus den im Bereich der Eingriffsverwaltung bestehenden Fürsorge- und Betreuungspflichten der öffentlichen Hand nicht abgeleitet werden.

21

cc) Der des Weiteren vorgebrachte Einwand, auch die Finanzverwaltung profitiere von der verbindlichen Auskunft, weil sie dadurch im späteren Veranlagungsverfahren und bei einer möglichen steuerlichen Außenprüfung entlastet werde (so Roser in Beermann/Gosch, a.a.O., § 89 AO Rz 79), überzeugt nicht. Denn zum einen steht nicht fest, dass die im Rahmen des Auskunftsverfahrens zu prüfenden Sachverhalte später überhaupt verwirklicht werden. Werden die Sachverhalte realisiert, entsteht der Behörde in den späteren Veranlagungs- und Prüfungsverfahren zudem dadurch Aufwand, dass sie zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen, unter denen die Zusage erteilt wurde, tatsächlich vorliegen (zutreffend Birk, NJW 2007, 1325, 1328). Zum anderen besteht die beschriebene Bindungswirkung nur zugunsten des Steuerpflichtigen, nicht aber zu dessen Ungunsten (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StAuskV). Die Finanzbehörden haben deshalb in den späteren Verfahren auch zu prüfen, ob die erteilte Auskunft möglicherweise zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht, und müssen sich ggf. mit den insoweit vorgebrachten Einwänden des Steuerpflichtigen befassen. Eine annähernd mit den Vorteilen des Auskunftsadressaten zu vergleichende Besserstellung der Finanzbehörde in den späteren Besteuerungs- und Prüfungsverfahren führt die Durchführung des Auskunftsverfahrens somit nicht herbei.

22

dd) Der Senat teilt nicht die Auffassung, die Gebührenpflicht sei deshalb sachlich nicht gerechtfertigt, weil der Staat als Gesetzgeber selbst für das komplizierte und unsystematische Steuerrecht verantwortlich sei; es könne deshalb nicht als Sondervorteil angesehen werden, wenn der Steuerpflichtige den Umfang seiner steuerlichen Rechte und Pflichten von der Behörde mitgeteilt bekomme (so Stark, DB 2007, 2333, 2336; Simon, DStR 2007, 557, 563 f.; vgl. auch Steinhauff, jurisPR-SteuerR 7/2007, Anm. 5, und die Nachweise aus der Tagespresse und aus den Pressemitteilungen der Verbände bei Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 89 AO Rz 63, und bei Birk, NJW 2007, 1325, 1327).

23

Gegen diese Sichtweise spricht zunächst, dass die Kompliziertheit des Steuerrechts ihre Ursache nicht ausschließlich in der unbestritten oft unsystematischen und nicht hinreichend durchdachten Vorgehensweise bei der Gesetzgebung hat. Zu einem erheblichen Teil beruht die Kompliziertheit und mangelnde Durchschaubarkeit des Steuerrechts auch auf der Komplexität und Vielgestaltigkeit des modernen Rechts- und Wirtschaftslebens, das einer Erfassung in schlichten, für jedermann durchschaubaren Steuertatbeständen nicht zugänglich ist. Zwar folgt aus dem auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG) beruhenden Bestimmtheitsgebot, dass der Gesetzgeber Vorschriften so genau zu fassen hat, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist; der Betroffene muss die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 108, 1; Senatsurteil vom 18. März 2009 I R 37/08, BFHE 225, 323, jeweils m.w.N.). Jedoch wäre angesichts der Komplexität der Lebenswirklichkeit auch ein idealer Gesetzgeber nicht in der Lage, z.B. in dem im Streitfall relevanten Bereich der Umstrukturierung einer Unternehmensgruppe ein Steuergesetz so zu formulieren, dass die Steuerschuld zweifelsfrei daraus abzulesen wäre (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 89 AO Rz 64; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 89 AO Rz 325; Wienbracke, NVwZ 2007, 749, 752).

24

Auch darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht bleiben, dass die Unübersichtlichkeit der steuerlichen Normen ihre Ursache zum Teil auch in der Kreativität der Steuerpflichtigen und deren Berater hat, die stets --in durchaus legitimer Weise-- bestrebt sind, etwa vorhandene Gesetzeslücken aufzuspüren und auszunutzen, und die dadurch den Gesetzgeber zu weiteren gesetzlichen Ergänzungen provozieren. Und schließlich trägt zweifelsohne mitunter auch die Rechtsprechung dazu bei, das Steuerrecht für den Anwender unübersichtlicher zu machen. Eine monokausale Zuweisung der Verantwortung an den Gesetzgeber erscheint deshalb nicht angebracht.

25

c) Die Regelungen zur Höhe der Auskunftsgebühren sind ebenfalls nicht als verfassungswidrig zu beurteilen.

26

aa) Allerdings sind Gebühren von Verfassungs wegen auch in ihrer Höhe rechtfertigungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die Bemessung einer Gebühr gerechtfertigt, wenn deren Höhe durch die zulässigen, vom Gesetzgeber bei der tatbestandlichen Ausgestaltung erkennbar verfolgten Gebührenzwecke legitimiert ist. Eine Gebührenbemessung ist verfassungsrechtlich dann nicht sachlich gerechtfertigt, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 108, 1). In erster Linie steht es in der Entscheidung des Gesetzgebers, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung aufstellen will und welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke er mit einer Gebührenregelung anstrebt (BVerfG-Beschlüsse vom 6. Februar 1979  2 BvL 5/76, BVerfGE 50, 217, und vom 10. März 1998  1 BvR 178/97, BVerfGE 97, 332). Die verfassungsrechtliche Kontrolle der gesetzgeberischen Gebührenbemessung, die ihrerseits komplexe Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen voraussetzt, darf daher nicht überspannt werden. Gebühren werden in der Regel in Massenverfahren erhoben, bei denen jede einzelne Gebühr nicht nach Kosten, Wert und Vorteil einer real erbrachten Leistung genau berechnet, sondern vielfach nur nach Wahrscheinlichkeit und Vermutungen in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden kann. Maßgebliche Bestimmungsgrößen der Gebührenbemessung, wie die speziellen Kosten der gebührenpflichtigen öffentlichen Leistungen oder der Vorteil der Leistungen für den Gebührenschuldner, werden sich häufig nicht exakt und im Voraus ermitteln und quantifizieren lassen. Bei der Ordnung der Gebührenerhebung und Gebührenbemessung ist der Gesetzgeber daher berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen. Er darf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können (BVerfG-Urteil in BVerfGE 108, 1).

27

bb) Nach diesen Maßgaben sind die im Streitfall zur Anwendung gekommenen Regelungen des § 89 Abs. 4 und 5 AO zur Höhe der Auskunftsgebühren nicht verfassungswidrig.

28

aaa) Gemäß § 89 Abs. 4 Satz 1 AO werden die Gebühren primär nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert); für die Gebührenhöhe verweist § 89 Abs. 5 AO auf die Bemessung der Wertgebühr nach § 34 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach ist im Streitfall die Auskunftsgebühr in Bezug auf den Fragenkomplex 1 anhand des von FA und FG angenommenen und vom Antragsteller nicht angezweifelten Gegenstandswerts von 30 Mio. € auf den Betrag von 91.456 € --das entspricht einer Gerichtsgebühr nach Maßgabe des § 34 GKG-- festgesetzt worden.

29

Die Orientierung der Auskunftsgebühr am Maßstab des § 34 GKG ist vertretbar und steht nicht in einem groben Missverhältnis zu den --legitimen (s. oben unter II.2.b)-- Gebührenzwecken der Kostendeckung und der Vorteilsabschöpfung. Zwar dürfte der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Bearbeitung eines Auskunftsantrags häufig geringer sein als der eines Gerichtsverfahrens, weil die Finanzbehörde angesichts des vom Antragsteller vorgegebenen Sachverhalts kein Streitverfahren gerichtsförmig zu ermitteln und zu leiten hat. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber aber dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass er die Kosten auf eine einzige Gebühr beschränkt hat, während im streitig geführten Finanzgerichtsverfahren vier Gebühren anfallen.

30

Soweit gegen die Verhältnismäßigkeit der Wertgebühr bei hohen Gegenstandswerten vorgebracht wird, dass die Höhe des Gegenstandswerts nicht zwingend etwas über den für die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Verwaltungsaufwand aussage (Keß/ Zillmer, DStR 2008, 1466, 1467; Lahme/Reiser, Betriebs-Berater --BB-- 2007, 408, 412; vgl. auch Steinhauff, jurisPR-SteuerR 7/2007, Anm. 5), wird der Blick zu sehr auf den Gebührenzweck der Kostendeckung verengt. Der Gebührenzweck der Abschöpfung des mit der verbindlichen Auskunft verbundenen Sondervorteils der Bindungswirkung der Auskunft bietet indessen durchaus einen sachlichen Grund für die Anknüpfung der Gebührenhöhe an den Maßstab des § 34 GKG (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 89 AO Rz 326 f.; Wienbracke, NVwZ 2007, 749, 753; Brockmeyer in Klein, a.a.O., § 89 Rz 17; im Grundsatz auch Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 89 AO Rz 66; Roser in Beermann/Gosch, a.a.O., § 89 AO Rz 79). Überdies vermeidet die Orientierung am Gegenstandswert die bei einer reinen Zeitgebühr zu erwartenden Streitigkeiten über die Angemessenheit der Bearbeitungsdauer (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011, BTDrucks 17/5125, S. 67). Jedenfalls in den Fällen, in denen es --wie im Streitfall-- tatsächlich zur Erteilung der beantragten Auskunft kommt, hält deshalb auch die Gebührenbemessung auf der Grundlage eines sehr hohen Gegenstandswerts dem aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleiteten verfassungsrechtlichen Äquivalenzprinzip, nach dem Gebühren in keinem Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung stehen dürfen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 7. Februar 1991  2 BvL 24/84, BVerfGE 83, 363; BVerwG-Urteil vom 25. August 1999  8 C 12/98, BVerwGE 109, 272), stand (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 89 AO Rz 330; a.A. Fatouros, DStZ 2007, 382, 392). Für die im Schrifttum erwogene Anwendung einer Höchstgrenze auf der Basis der Pauschalgebühr von 20.000 € für das Verfahren bezüglich der sog. Advance-Pricing-Agreements bei grenzüberschreitenden Sachverhalten gemäß § 178a Abs. 2 AO (vgl. Roser in Beermann/Gosch, a.a.O., § 89 AO Rz 79; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 89 AO Rz 67) fehlt es mithin an einem zwingenden verfassungsrechtlichen Erfordernis.

31

Keiner Entscheidung bedarf im Streitfall, ob der Verweis des § 89 Abs. 5 AO auf § 34 GKG nach geltendem Recht auch zur entsprechenden Anwendung des § 39 Abs. 2 GKG führt, der einen Streitwerthöchstbetrag von 30 Mio. € für das Gerichtsverfahren festlegt (so Lahme/Reiser, BB 2007, 408, 411; wohl auch Wienbracke, NVwZ 2007, 749, 753; vgl. auch die geplante Regelung des § 89 Abs. 5 Satz 2 AO gemäß Art. 3 Nr. 2 des Regierungsentwurfs eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011, BTDrucks 17/5125, S. 14), oder ob es sich bei der entsprechenden Regelung in Nr. 4.2.4 AEAO zu § 89 um einen Billigkeitserweis der Verwaltung handelt (so Roser in Beermann/Gosch, a.a.O., § 89 AO Rz 79; vgl. auch Hans, DStZ 2007, 421, 426). Denn der der streitgegenständlichen Gebührenfestsetzung zugrunde liegende Gegenstandswert von 30 Mio. € entspricht gerade jenem Höchstbetrag und übersteigt ihn folglich nicht. Ob dieser zwischen den Beteiligten unstreitige Gegenstandswert tatsächlich auf dem in dieser Höhe bestehenden Wert der Auskunft für den Antragsteller beruht oder ob dieser Wert noch höher zu veranschlagen ist, die Beteiligten bei ihrer Beurteilung aber die Begrenzung des § 39 Abs. 2 GKG entsprechend angewendet haben, ist insoweit unerheblich.

32

bbb) Die Festsetzung der Auskunftsgebühr für den Fragenkomplex 2 auf der Grundlage der sich aus § 89 Abs. 4 Satz 4 AO ergebenden Zeitgebühr von 50 € je angefangener halber Stunde auf insgesamt 500 € begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die im Schrifttum (vgl. Simon, DStR 2007, 557, 561 f.; Wienbracke, NVwZ 2007, 749, 753) geäußerte Kritik daran, dass der Stundensatz des § 89 Abs. 4 Satz 4 AO die gesetzlich vorgesehene maximale Zeitgebühr der Steuerberater von 46 € je angefangener halber Stunde (§ 13 Satz 2 der Gebührenverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften) übersteigt, beachtet wiederum nicht hinreichend den Vorteil der Bindungswirkung der Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO, der diese wesentlich vom Ergebnis der Beratung durch einen Steuerberater unterscheidet (zutreffend Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 89 AO Rz 331).

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

(1)1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt.2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes.3Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen.4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.

(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.

(3)1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.

(1)1Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA.2Das verrechenbare EBITDA ist 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Absatz 2 Satz 1 abzuziehenden, nach § 6 Absatz 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns.3Soweit das verrechenbare EBITDA die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt, ist es in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen (EBITDA-Vortrag); ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt.4Zinsaufwendungen, die nach Satz 1 nicht abgezogen werden können, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge.5Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).6Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn.

(2)1Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

a)
der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Millionen Euro beträgt,
b)
der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder
c)
der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich).2Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte ist unschädlich.3Eigenkapitalquote ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln.4Wahlrechte sind im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben; bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten ist insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen, das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergeben würde.5Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist das Eigenkapital um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, und um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 des Handelsgesetzbuchs) zu erhöhen sowie um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt – mit Ausnahme von Vorzugsaktien –, die Anteile an anderen Konzerngesellschaften und um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen.6Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 3 in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen.7Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist.8Die für den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Abschlüsse sind einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen.9Hiervon abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und für keines der letzten fünf Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS erstellt wurde; nach den Generally Accepted Accounting Principles der Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen und offen zu legen ist.10Der Konzernabschluss muss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291 und 292 des Handelsgesetzbuchs befreiende Wirkung hätte.11Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln.12Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen.13Auf Verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 des Handelsgesetzbuchs erfüllt.14Ist ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt der zutreffende Abschluss zu einer Erhöhung der nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Absatz 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung festzusetzen.15Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind die nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen.16§ 162 Absatz 4 Satz 5 bis 7 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
2Ist eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft § 8a Absatz 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(3)1Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn.2Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.3Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben.4Die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen.5Ein Betrieb gehört zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 Buchstabe c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte.6Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

(4)1Der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag sind gesondert festzustellen.2Zuständig ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige Finanzamt, im Übrigen das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.3§ 10d Absatz 4 gilt sinngemäß.4Feststellungsbescheide sind zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 1 festzustellenden Beträge ändern.

(5)1Bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs gehen ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag unter.2Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war.3§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes ist auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

(1)1Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA.2Das verrechenbare EBITDA ist 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Absatz 2 Satz 1 abzuziehenden, nach § 6 Absatz 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns.3Soweit das verrechenbare EBITDA die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt, ist es in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen (EBITDA-Vortrag); ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt.4Zinsaufwendungen, die nach Satz 1 nicht abgezogen werden können, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge.5Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).6Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn.

(2)1Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

a)
der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Millionen Euro beträgt,
b)
der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder
c)
der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich).2Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte ist unschädlich.3Eigenkapitalquote ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln.4Wahlrechte sind im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben; bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten ist insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen, das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergeben würde.5Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist das Eigenkapital um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, und um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 des Handelsgesetzbuchs) zu erhöhen sowie um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt – mit Ausnahme von Vorzugsaktien –, die Anteile an anderen Konzerngesellschaften und um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen.6Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 3 in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen.7Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist.8Die für den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Abschlüsse sind einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen.9Hiervon abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und für keines der letzten fünf Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS erstellt wurde; nach den Generally Accepted Accounting Principles der Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen und offen zu legen ist.10Der Konzernabschluss muss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291 und 292 des Handelsgesetzbuchs befreiende Wirkung hätte.11Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln.12Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen.13Auf Verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 des Handelsgesetzbuchs erfüllt.14Ist ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt der zutreffende Abschluss zu einer Erhöhung der nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Absatz 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung festzusetzen.15Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind die nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen.16§ 162 Absatz 4 Satz 5 bis 7 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
2Ist eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft § 8a Absatz 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(3)1Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn.2Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.3Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben.4Die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen.5Ein Betrieb gehört zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 Buchstabe c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte.6Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

(4)1Der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag sind gesondert festzustellen.2Zuständig ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige Finanzamt, im Übrigen das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.3§ 10d Absatz 4 gilt sinngemäß.4Feststellungsbescheide sind zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 1 festzustellenden Beträge ändern.

(5)1Bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs gehen ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag unter.2Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war.3§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes ist auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

(1)1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt.2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes.3Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen.4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.

(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.

(3)1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.

(1)1Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA.2Das verrechenbare EBITDA ist 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Absatz 2 Satz 1 abzuziehenden, nach § 6 Absatz 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns.3Soweit das verrechenbare EBITDA die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt, ist es in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen (EBITDA-Vortrag); ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt.4Zinsaufwendungen, die nach Satz 1 nicht abgezogen werden können, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge.5Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).6Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn.

(2)1Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

a)
der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Millionen Euro beträgt,
b)
der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder
c)
der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich).2Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte ist unschädlich.3Eigenkapitalquote ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln.4Wahlrechte sind im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben; bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten ist insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen, das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergeben würde.5Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist das Eigenkapital um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, und um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 des Handelsgesetzbuchs) zu erhöhen sowie um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt – mit Ausnahme von Vorzugsaktien –, die Anteile an anderen Konzerngesellschaften und um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen.6Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 3 in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen.7Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist.8Die für den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Abschlüsse sind einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen.9Hiervon abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und für keines der letzten fünf Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS erstellt wurde; nach den Generally Accepted Accounting Principles der Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen und offen zu legen ist.10Der Konzernabschluss muss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291 und 292 des Handelsgesetzbuchs befreiende Wirkung hätte.11Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln.12Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen.13Auf Verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 des Handelsgesetzbuchs erfüllt.14Ist ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt der zutreffende Abschluss zu einer Erhöhung der nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Absatz 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung festzusetzen.15Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind die nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen.16§ 162 Absatz 4 Satz 5 bis 7 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
2Ist eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft § 8a Absatz 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(3)1Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn.2Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.3Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben.4Die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen.5Ein Betrieb gehört zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 Buchstabe c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte.6Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

(4)1Der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag sind gesondert festzustellen.2Zuständig ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige Finanzamt, im Übrigen das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.3§ 10d Absatz 4 gilt sinngemäß.4Feststellungsbescheide sind zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 1 festzustellenden Beträge ändern.

(5)1Bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs gehen ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag unter.2Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war.3§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes ist auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist.

(1)1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt.2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes.3Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen.4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.

(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.

(3)1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

§ 8b Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 des Körperschaft-steuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 2840) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob die seit dem Jahr 2004 in § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) vorgesehene feste Hinzurechnung von 5% des Veräußerungsgewinns und der Bezüge aus Unternehmensbeteiligungen zu den Einkünften einer Körperschaft wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist.

I.

2

§ 8b KStG regelt die steuerliche Behandlung der Erträge von Körperschaften aus Beteiligungen an anderen Körperschaften (Bezüge und Veräußerungsgewinne) und der mit diesen Erträgen zusammenhängenden Aufwendungen und Gewinnminderungen. Nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG sind die Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich bei der Einkommensermittlung der empfangenden Gesellschaft "außer Ansatz" zu lassen. Hierdurch wird zur Vermeidung von wirtschaftlichen Doppelbelastungen die Steuerfreiheit von Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinnen sichergestellt, solange die Erträge im Bereich von Kapitalgesellschaften verbleiben. § 8b Abs. 1 KStG stellt zu diesem Zweck sämtliche Bezüge bei der empfangenden Kapitalgesellschaft steuerfrei, die diese von einer anderen Kapitalgesellschaft erhalten hat. Ein Abzug der mit der Beteiligung zusammenhängenden Betriebsausgaben bleibt möglich. Von den steuerfreien Beteiligungserträgen werden allerdings 5% fiktiv als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). Dies geschieht in der Weise, dass 5% der in der Bilanz erfassten steuerfreien Bezüge außerhalb der Bilanz dem zu versteuernden Einkommen steuererhöhend hinzugerechnet werden. Neben Bezügen stellt § 8b Abs. 2 KStG auch Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften steuerfrei. Ein Abzug der mit der Veräußerung zusammenhängenden Veräußerungskosten bleibt ebenfalls möglich. Auch hier erfolgt eine pauschale Hinzurechnung von 5% des jeweiligen Veräußerungsgewinns als nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG). Auf die Höhe der tatsächlich entstandenen Betriebsausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, kommt es für die Hinzurechnung der 5% des Veräußerungsgewinns und der Bezüge nicht an. Eine außerbilanzielle Zurechnung ist nach § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG auch dann vorzunehmen, wenn für die Beteiligung keine oder nur geringere Betriebsausgaben angefallen sind.

3

§ 8b KStG in der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840) lautet wie folgt:

4

§ 8b

5

Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen

6

(1) 1 Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. 2 Bezüge im Sinne des Satzes 1 sind auch Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes sowie Einnahmen aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes.

7

(2) 1 Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18 außer Ansatz. 2 Veräußerungsgewinn im Sinne des Satzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert). 3 Satz 1 gilt entsprechend für Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Werts sowie Gewinne im Sinne des § 21 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes. 4 Die Sätze 1 und 3 gelten nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. 5 Veräußerung im vorstehenden Sinne ist auch die verdeckte Einlage.

8

(3) 1 Von dem jeweiligen Gewinn im Sinne des Absatzes 2 Satz 1, 3 und 5 gelten 5 Prozent als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. 2 § 3c Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ist nicht anzuwenden. 3 Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, sind bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen.

9

(…)

10

(5) 1 Von den Bezügen im Sinne des Absatzes 1, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, gelten 5 Prozent als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. 2 § 3c Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ist nicht anzuwenden.

11

(…)

12

Von Einfluss auf die Ausgestaltung der Vorschrift, insbesondere auf die Fassung der Regelungen über die Ausgabenabzugsverbote in § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG, war von Anfang an Art. 4 der Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (Richtlinie 90/435/EWG vom 23. Juli 1990, ABl EG Nr. L 225/6-9 - Mutter-Tochter-Richtlinie). Während Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht einräumt, ob sie Gewinnausschüttungen von der Tochter- an die Muttergesellschaft steuerfrei stellen oder insoweit ein Anrechnungsverfahren vorsehen, gestattet Art. 4 Abs. 2 ihnen, ein Abzugsverbot für Beteiligungsaufwendungen zu bestimmen (Satz 1) und in diesem Fall die mit einer Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten pauschal mit 5% der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne festzusetzen (Satz 2).

II.

13

§ 8b KStG ist Teil des so genannten Halbeinkünfteverfahrens, das im Jahr 2001 das bis dahin im Körperschaftsteuerrecht geltende Anrechnungsverfahren (näher dazu vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2009 - 1 BvR 2192/05 -, DStR 2010, S. 434) abgelöst hat. Vor Geltung des Anrechnungsverfahrens erfolgte die Besteuerung der Körperschaften seit 1953 im "klassischen System" der Doppelbelastung von Körperschaften und Anteilseignern, das durch einen gespaltenen Tarif zwischen Ausschüttungs- und Regelsteuersatz gemildert war (vgl. dazu Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 11 Rn. 8).

14

Das für das Vorlageverfahren maßgebliche Halbeinkünfteverfahren will eine Doppelbelastung auf der Körperschaftsebene erwirtschafteter Gewinne durch Körperschaftsteuer und Einkommensteuer bei der Ausschüttung an den Gesellschafter in pauschaler Form durch eine Entlastung sowohl auf der Körperschaftsebene als auch auf der Ebene der Anteilseigner vermeiden (vgl. dazu allgemein Alvermann, in: Streck, KStG, 7. Aufl. 2008, Beratungs-ABC, Stichwort "Halbeinkünfteverfahren", Rn. 1). Dies geschieht dadurch, dass Gewinne auf der Ebene der Körperschaft einem im Vergleich zum Einkommensteuertarif ermäßigten Steuersatz unterliegen (erste Halbbelastung) und die Dividendeneinkünfte beim Gesellschafter nur zur Hälfte erfasst werden (zweite Halbbelastung; vgl. Lambrecht, in: Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 1 Rn. 25). Die Gewinne der Körperschaft werden im Halb-einkünfteverfahren auf der Ebene der Gesellschaft definitiv, das heißt ohne Anrechnung beim Gesellschafter, mit einem einheitlichen Körperschaftsteuersatz von 25% belastet. Die Veräußerung der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft wird steuerfrei gestellt (§ 8b Abs. 2 KStG). Damit soll die Realisierung der bei der Körperschaft vorhandenen stillen Reserven gleichhoch besteuert werden unabhängig davon, ob diese Reserven dem Anteilseigner über eine Gewinnausschüttung (§ 8b Abs. 1 KStG) oder über die Veräußerung der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft (§ 8b Abs. 2 KStG) zufließen (vgl. Menck, in: Blümich, KStG, § 8b Rn. 21 ). Bei dem abzüglich der Körperschaftsteuerbelastung von 25% (Bardividende) an den Anteilseigner ausgeschütteten und nach § 3 Nr. 40 Buchstabe d Einkommensteuergesetz (EStG) mit dem halben Betrag versteuerten Gewinn können auch die Werbungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG nur noch zur Hälfte berücksichtigt werden.

15

Das System des Halbeinkünfteverfahrens strebt danach eine Abstimmung der Besteuerung in der Sphäre der Kapitalgesellschaft und bei der natürlichen Person als Gesellschafter in der Weise an, dass die kumulierte Belastung der ausgekehrten Gewinne mit einer Körperschaftsteuer von 25% (erste Halbbelastung) und der hälftigen Belastung mit Einkommensteuer beim Gesellschafter  , wenn dieser eine natürliche Person ist (zweite Halbbelastung), im Ergebnis zu einer vollen Belastung führt. Diese Ertragsteuerbelastung ausgeschütteter Gewinne soll typisierend und generalisierend im Ergebnis der Steuerbelastung anderer Einkünfte entsprechen (BTDrucks 14/2683, S. 94). Die Regelung des § 8b KStG als allgemeine Freistellung von Dividendenerträgen und Veräußerungsgewinnen hat in diesem Zusammenhang zum Ziel, dass es in Beteiligungsketten bei einer einmaligen Körperschaftsteuerbelastung in Höhe des jeweiligen Körperschaftsteuersatzes bleibt, bis der Gewinn die Ebene der Körperschaft verlässt und an eine natürliche Person ausgeschüttet wird. Die Vorschrift wirkt über § 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG) auch in das Gewerbesteuerrecht hinein. Die Steuerfreistellungen des § 8b KStG gelten daher auch im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags (vgl. Dötsch/Franzen/Sädtler/Sell/Zenthöfer, Körperschaftsteuer, 15. Aufl. 2009, S. 248).

III.

16

1. § 8b KStG wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz - StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I S. 1569) in das Körperschaftsteuergesetz mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1994 eingefügt. § 8b Abs. 1 KStG ermöglichte es, aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei bezogene ausländische Einkünfte an eine inländische Muttergesellschaft steuerfrei weiterzuleiten. § 8b Abs. 2 KStG regelte unter bestimmten Bedingungen die Steuerfreiheit der Veräußerung von ausländischen Beteiligungen. Für die Berücksichtigung von Finanzierungskosten und sonstigen Betriebsausgaben galt über § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG allerdings der in § 3c EStG niedergelegte allgemeine Grundsatz, dass Aufwendungen zur Erzielung steuerfreier Einnahmen nicht steuermindernd abgezogen werden durften. Ziel der Neuregelung war es, die Bundesrepublik als Standort für Holdinggesellschaften attraktiver zu machen (vgl. BRDrucks 1/93, S. 26; Müller-Gatermann, FR 1993, S. 381 <383>).

17

2. Die Anwendung des § 3c EStG im Zusammenhang mit § 8b KStG - steuerfreie ausländische Einnahmen, dafür aber kein Abzug von Betriebsausgaben - führte in der Praxis zu Schwierigkeiten. Der Bundesfinanzhof verstand den für das Abzugsverbot von § 3c Abs. 1 EStG geforderten "unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang" zwischen Betriebsausgaben oder Werbungskosten und steuerfreien Einnahmen dergestalt, dass die Nichtabziehbarkeit von Betriebsausgaben für ausländische Beteiligungen der Höhe nach auf die im Veranlagungszeitraum empfangenen Gewinnausschüttungen begrenzt sein solle (vgl. BFHE 180, 410 <413 f.>; 180, 415 <419 ff.>; 180, 422 <428 ff.>; dazu auch Krebühl, DB 1994, S. 496 <498>).

18

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung wurden in der Unternehmenspraxis zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt, um trotz Steuerfreiheit der ausgeschütteten Dividenden und Veräußerungsgewinne den Betriebsausgabenabzug unter anderem für Finanzierungsaufwendungen zu erhalten. So wurden teilweise die Ausschüttungen künstlich gering gehalten, um in der übersteigenden Höhe den Betriebsausgabenabzug geltend machen zu können. Um dem Abzugsverbot zu entgehen, gingen Konzerne auch dazu über, die gesamten Beteiligungs- und sonstigen Finanzierungsbedürfnisse über einen konzerninternen Finanzierungspool abzuwickeln. Bezogen auf die einzelne Beteiligung ließ sich ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer bestimmten Auslandsbeteiligung dann nicht mehr feststellen (vgl. Frotscher, DStR 2001, S. 2045 <2049 f.>; Michaelis, Die territoriale Zuordnung von Beteiligungsaufwand im Europäischen Unternehmenssteuerrecht, 2006, S. 34; Utescher/Blaufus, DStR 2000, S. 1581 <1586>).

19

Geläufig waren auch "Ballooning"-Gestaltungen. Dabei wurden die Dividendenausschüttungen so gesteuert, dass in verschiedenen Veranlagungszeiträumen keine Ausschüttungen stattfanden und die einbehaltenen Gewinne stattdessen gesammelt in einem Veranlagungszeitraum zur Ausschüttung gelangten. Dadurch entstanden in den Veranlagungszeiträumen ohne Dividendenausschüttungen keine steuerfreien Einnahmen, so dass auch die mit der Beteiligung in Zusammenhang stehenden Kosten nicht nach § 3c Abs. 1 EStG vom Abzug ausgeschlossen waren. Lediglich in dem Jahr, in dem die Dividendenausschüttung konzentriert erfolgte, waren die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht abzugsfähig (vgl. Köllen/Vogl/Wagner, Lehrbuch Körperschaftsteuer, 2008, Rn. 714; Utescher/Blaufus, a.a.O., S. 1586). Vor allem finanzstarke Unternehmen machten vom "Ballooning" Gebrauch, indem Tochtergesellschaften so lange keine Gewinne ausschütteten, bis der zur Finanzierung des Beteiligungserwerbs aufgenommene Kredit zurückgezahlt war. Die Vorteile des "Ballooning" wurden in der Beratungspraxis noch weiter optimiert. So ließ sich in gleicher Weise die Abzugsfähigkeit der Betriebsausgaben sicherstellen, indem die Gewinne der ausländischen Gesellschaft zunächst einbehalten wurden und anschließend die Beteiligung mitsamt den in ihr belassenen Gewinnen zu einem höheren Preis veräußert wurde (vgl. Frotscher, a.a.O., S. 2049; Michaelis, a.a.O., S. 35). Da während der Beteiligungsdauer keine Gewinne ausgeschüttet wurden, waren derweil die Finanzierungsaufwendungen in voller Höhe abziehbar. Zudem bot es sich an, die Veräußerung lediglich konzernintern von einer Konzerngesellschaft an eine andere vorzunehmen, so dass die aufgewandten Gelder letztlich im Konzern verblieben (so Günkel/Hörger/Thöm- mes, DStR 1999, S. 1873 <1890>).

20

Schließlich wurden zur Erhaltung des Betriebsausgabenabzugs für Finanzierungsaufwendungen für Tochtergesellschaften auch (in- oder ausländische) Zwischengesellschaften geschaffen. Bei dieser Gestaltungsmaßnahme wurden die (steuerfreien) Dividenden und die Beteiligungsaufwendungen verschiedenen Rechtsträgern zugeordnet, um den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne von § 3c Abs. 1 EStG auszuschalten (vgl. Günkel/Hörger/Thömmes, a.a.O., S. 1890; Michaelis, a.a.O., S. 34; Prinz, in: Schaumburg , Unternehmenskauf im Steuerrecht, 2. Aufl. 2000, S. 271 f.).

21

3. Der Gesetzgeber reagierte auf diese Gestaltungen mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I S. 402). Zunächst war beabsichtigt, durch Änderung des § 3c Abs. 1 EStG klarzustellen, dass für das Abzugsverbot ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Beteiligungsaufwendungen und Dividendenausschüttungen nicht erforderlich sei. Damit sollte der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und dem darauf beruhenden Finanzierungspooling und "Ballooning" entgegengetreten werden (vgl. BTDrucks 14/23, S. 168). Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde dann jedoch aus systematischen Gründen nicht § 3c EStG, sondern § 8b KStG geändert (vgl. BTDrucks 14/443, S. 21). So wurde mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 an § 8b KStG ein neuer Absatz 7 angefügt. In ihm wurde für die Anwendung des § 3c EStG fingiert, dass 15% der aus einer ausländischen Gesellschaft stammenden, von der Körperschaftsteuer befreiten Gewinnausschüttung nicht abziehbare Betriebsausgaben darstellen. Im Übrigen sollten Betriebsausgaben unbeschränkt abziehbar sein. Die Regelung wollte den Vorteil ausgleichen, der darin bestand, dass Aufwendungen als steuerlich abzugsfähig behandelt wurden, obwohl die damit zusammenhängenden Einnahmen steuerfrei waren. Zudem sollten die Schwierigkeiten der Zuordnung von Fremdfinanzierungsaufwendungen zu bestimmten ausländischen Beteiligungen, die letztlich zur Abzugsfähigkeit der Finanzierungsaufwendungen führten, vermieden und die Regelung besser handhabbar gemacht werden (vgl. BTDrucks 14/443, S. 36; Seip/Krause, BB 1999, S. 713 <714>).

22

4. Noch bevor § 8b Abs. 7 KStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 zur Anwendung kommen konnte, wurde die Vorschrift durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999 - StBereinG 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2601) rückwirkend zum 1. Januar 1999 geändert. Statt der vorgesehenen Fiktion von 15% der steuerfreien Auslandsdividenden als nicht abziehbare Betriebsausgaben wurde nunmehr "zur Abwendung von Standortnachteilen" (vgl. BTDrucks 14/1514, S. 33) sowie zur Anpassung auf den in der Mutter-Tochter-Richtlinie enthaltenen Satz das pauschale Abzugsverbot für Betriebsausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien ausländischen Schachteldividenden auf 5% reduziert. § 3c EStG sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers daneben keine Anwendung mehr finden (vgl. BTDrucks 14/1514, S. 33 sowie Watermeyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG/KStG, § 8b KStG, Rn. 3 ). Über die Pauschale hinausgehender Aufwand konnte danach in voller Höhe steuermindernd geltend gemacht werden.

23

Mit § 8b Abs. 7 KStG schuf der Gesetzgeber zur Vermeidung der für unbillig gehaltenen, ansonsten geltenden Rechtsfolge, dass der Abzug von Aufwendungen trotz Nichtbesteuerung der Erträge möglich wäre, erstmals die Fiktion einer steuerlich nicht abziehbaren Betriebsausgabe in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der steuerfreien Einnahmen. Auf diese Weise wurde in Höhe der Fiktion das zu versteuernde Einkommen der Körperschaft wieder erhöht (vgl. Kerssenbrock, BB 2003, S. 2148 <2149>).

24

5.Auch diese Neuregelung wurde von den Steuerpflichtigen wiederum zu Gestaltungs- und Umgehungsmaßnahmen genutzt (vgl. Günkel/Hörger/Thömmes, a.a.O., S. 1890; Prinz, a.a.O., S. 275; Seip/Krause, a.a.O., S. 717). Das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) fasste die Vorschrift des § 8b KStG daraufhin neu. Sie stellt seitdem in- und ausländische Beteiligungserträge steuerfrei. Die Vorschrift ist damit Folge der mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens gebotenen Systementscheidung, die Durchleitung von Dividenden in einer Gesellschaftskette steuerfrei zu stellen, um die nur "hälftige" Besteuerung auf der Ebene der Körperschaft sicherzustellen (vgl. Gosch, in: KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 1).

25

Hinsichtlich der Abziehbarkeit von laufenden Beteiligungsaufwendungen bestand aber weiterhin ein Unterschied zwischen inländischen und ausländischen Beteiligungen. Aufwendungen für inländische Beteiligungen fielen nach herrschender Auffassung weiterhin unter das Abzugsverbot des § 3c EStG (h.M., vgl. u.a. Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 26. August 2003 - IV A 2-S 2770-18/03 -, BStBl I, S. 437, Rn. 23; Breuninger, Steuerberater-Jahrbuch 2002/2003, S. 333 <343>; Jakobs/Wittmann, GmbHR 2000, S. 910 <914>, S. 1015; Thiel, DB 2002, S. 1340; Watermeyer, a.a.O., Rn. 130 ). Für ausländische Anteile galt nach § 8b Abs. 5 KStG, der dem früheren § 8b Abs. 7 KStG entsprach, die Betriebsausgabenpauschalierung in Höhe von 5%. Beteiligungsaufwendungen waren hier daher abziehbar (vgl. Köllen/Vogl/Wagner, a.a.O., Rn. 712).

26

Allerdings war im Einzelnen umstritten, ob Finanzierungsaufwendungen und Veräußerungskosten im Zusammenhang mit den nach § 8b KStG befreiten inländischen Beteiligungseinkünften abgezogen werden konnten oder ob das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG eingriff (vgl. u.a. Beinert/Mikus, DB 2002, S. 1467 <1467 f.>; Breuninger, a.a.O., S. 343; Desens, Das Halbeinkünfteverfahren, 2004, S. 261 ff.; Herzig, DB 2003, S. 1459 ff.; Eilers/Wienands, GmbHR 2000, S. 957 <961 f.>; Hundsdoerfer, BB 2001, S. 2242 ff.; Menck, a.a.O., Rn. 56 ff. ; Münch, Die Abziehbarkeit von Finanzierungskosten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, 2006, S. 174 ff.; Rödder/Schumacher, DStR 2000, S. 353 <357>; Schön, FR 2001, S. 381 <381, 384 f.>). Nach herrschender - aber in vielen Einzelpunkten umstrittener - Auffassung war im Fall des § 8b Abs. 1 KStG (Dividenden) die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG anwendbar. Laufende Finanzierungsaufwendungen konnten daher nicht steuerwirksam abgezogen werden, soweit sie mit steuerbefreiten Inlandsdividenden in "unmittelbarem Zusammenhang" standen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erfasste das Abzugsverbot aber nur die Aufwendungen bis zur Höhe der in einem Veranlagungszeitraum tatsächlich zufließenden Dividenden (vgl. BFHE 180, 410 <413 f.>; 180, 415 <419 ff.>; 180, 422 <428 ff.>). Aufwendungen wie Fremdfinanzierungskosten waren daher abziehbar, soweit sie die steuerbefreiten Bezüge überstiegen. Veräußerungskosten bei der Veräußerung von Anteilen waren bei der Ermittlung des nach § 8b Abs. 2 KStG (außerhalb der Bilanz) steuerbefreiten Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen.

27

6. Schon im Jahr 2001 gab es von Seiten der Bundesregierung eine erste Initiative mit dem Ziel, eine Neuregelung des Abzugs von Beteiligungsaufwendungen von Körperschaften als Anteilseigner herbeizuführen. Im Anschluss an einen Regierungsbericht, der auf die Mängel der bestehenden Rechtslage wie zum Beispiel die Möglichkeit des "Balloonings" oder die Verlagerung von Finanzierungsaufwendungen hingewiesen hatte (vgl. Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 8. Juni 2001, Beilage zur FR 11/2001, S. 22), wurde mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz - UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3858) die Regelung des § 8b Abs. 5 KStG in ihrem Wortlaut von der Anknüpfung an § 3c Abs. 1 EStG gelöst. Zuvor galten noch 5% der Dividenden, die mit den Einnahmen "in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang" stehen, als nichtabziehbare Betriebsausgaben. Nunmehr wurden generell 5% der Bezüge als nichtabziehbare Betriebsausgaben fingiert. Das Abzugsverbot war damit unmittelbar in § 8b Abs. 5 KStG verankert worden (vgl. Münch, a.a.O., S. 185). Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst noch erwogen worden, § 3c EStG generell nicht auf Körperschaften als Anteilseigner anzuwenden. Begründet wurde dies mit dem bereits zuvor im Schrifttum angeführten Argument, angesichts der Vorbelastung der Dividenden bei der ausschüttenden Körperschaft handele es sich in Wahrheit nicht um eine steuerfreie Ausschüttung. § 8b KStG lasse vielmehr die Bezüge nur deshalb außer Ansatz, um eine doppelte Inlandsbesteuerung zu vermeiden (vgl. BRDrucks 638/01, S. 57).

28

Der Bundesrat äußerte jedoch grundlegende Bedenken gegen die dem Entwurf zugrunde liegende wirtschaftliche Betrachtungsweise, mit der eine doppelte Besteuerung vermieden werden sollte. Es gelte das Trennungsprinzip. Jedes Unternehmen sei hinsichtlich der Besteuerung gesondert zu betrachten. Zudem äußerte der Bundesrat gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen die Beibehaltung der Pauschalierung bei Auslandsdividenden (vgl. BRDrucks 638/01 , S. 5 f. und BRDrucks 638/1/01, S. 5 f.). Im Vermittlungsverfahren einigte man sich schließlich darauf, das Abzugsverbot mit den Gesetz gewordenen klarstellenden Formulierungsänderungen beizubehalten (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5).

29

7. Angesichts der unterschiedlichen Rechtslage für die Berücksichtigung von Beteiligungsaufwendungen für Inlands- und für Auslandsbeteiligungen wurden weiterhin Gestaltungsmöglichkeiten wahrgenommen, unter anderem durch die Zwischenschaltung einer ausländischen Zwischenholding oder die Gestaltung des "Debt-push-down" (vgl. Breuninger, a.a.O., S. 367 ff.; Gosch, in: KStG, 1. Aufl. 2005, Rn. 503; Krawitz/Büttgen-Pöhland, FR 2003, S. 877 <884 ff.>; Menck, a.a.O., Rn. 60a ). Gleichzeitig wurde in Bezug auf inländische Beteiligungen seit deren Einbeziehung in § 8b KStG umfangreich vom "Ballooning" Gebrauch gemacht. Für inländische Körperschaften war es weiterhin möglich, den vollen Abzug von Finanzierungsaufwendungen durch den Zeitpunkt von Gewinnausschüttungen zu steuern (vgl. Jakobs/Wittmann, a.a.O., S. 1017).

30

Ein erneuter Anlauf zur Neugestaltung des Beteiligungsausgabenabzugs bei Körperschaften wurde im Jahr 2002 in einem Referentenentwurf für das Steuervergünstigungsabbaugesetz unternommen (vgl. dazu Rödder/Schumacher, DStR 2002, S. 1969). Danach sollte ein generelles Abzugsverbot für in- und ausländische Beteiligungsaufwendungen unter gleichzeitiger Abschaffung der Sonderregelung für Auslandsbeteiligungen in § 8b Abs. 5 KStG eingeführt werden. Auf den von § 3c Abs. 1 EStG geforderten "unmittelbaren Zusammenhang" sollte verzichtet werden. An dem Vorhaben, das Abzugsverbot auf sämtliche Beteiligungsaufwendungen auszudehnen, wurde im Gesetzgebungsverfahren mit Rücksicht auf den Widerstand des Bundesrats nicht weiter festgehalten (vgl. BRDrucks 120/03; Rödder/Schumacher, DStR 2003, S. 805 <818 f.>). Stattdessen kündigte die Bundesregierung im Vermittlungsausschuss in einer "Protokollerklärung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz" an, eine Ausdehnung der Pauschalierungsregelung des § 8b Abs. 5 KStG auf sämtliche Beteiligungsaufwendungen zu prüfen (vgl. die Wiedergabe der Auffassung der Bundesregierung bei Rödder/Schumacher, a.a.O., S. 805). Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840) - Korb II-Gesetz - erlangte die Vorschrift die für das Ausgangsverfahren einschlägige Fassung.

31

Ziel des Korb II-Gesetzes war es, eine weitestgehende Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Beteiligungserträge zu erreichen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 10). Zudem wollte der Gesetzgeber das "Ballooning" endgültig bekämpfen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 15). Vereinheitlicht wurde ebenfalls die Behandlung der Finanzierungsaufwendungen für inländische und ausländische Beteiligungserträge. In beiden Fällen waren Finanzierungsaufwendungen nunmehr abziehbar (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 16).

32

8. Die dem Korb II-Gesetz folgenden Änderungsgesetze zum Körperschaftsteuergesetz haben im Bereich der Körperschaftsteuer nicht zu einer Änderung des § 8b Abs. 3 Satz 1 und 2 und Abs. 5 Satz 1 und 2 KStG geführt.

B.

I.

33

1. Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Holdinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Die Klägerin hatte im Jahr 2000 eine Beteiligung an einer Aktiengesellschaft von ihrem Alleingesellschafter sowie dessen nahen Angehörigen (Mutter, Bruder und Schwester) zum Preis von 6,8 Millionen € erworben, was einem Preis von 2,00 € je Aktie entspricht. Der tatsächliche Marktpreis lag zu diesem Zeitpunkt bei 2,70 €. In den Kaufverträgen war ursprünglich die Zahlung eines Zinses in Höhe von 6% des Kaufpreises sowie im Fall des Verzugs von 6% über dem geltenden Leitzins der Europäischen Zentralbank vorgesehen. Die Kaufpreisverbindlichkeiten wurden zunächst nicht gezahlt und bis zum Jahr 2005 im Wesentlichen nur gegenüber dem Alleingesellschafter der Klägerin, im Übrigen nur geringfügig, bedient. Im Januar 2001 erklärten die nahen Angehörigen gegenüber der Klägerin, auf die Verzinsung der Verbindlichkeiten zu verzichten. Bis zum Jahr 2007 wurden die Kaufpreisverbindlichkeiten dann vollständig beglichen.

34

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2005 einen Jahresüberschuss von rund 12 Millionen €. Darin enthalten war im Wesentlichen ein Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Tochtergesellschaft durch Verkauf der Aktien in Höhe von 11.575.106 €. Daneben erzielte die Klägerin aus Beteiligungen Dividendenerträge in Höhe von 700.728 €. An Betriebsausgaben fielen Depotgebühren, Zinsen und sonstige Aufwendungen in Höhe von insgesamt 27.806 € an, die fast ausschließlich durch das Halten und die Veräußerung der Aktien veranlasst waren. Zinsen gegenüber den nahen Angehörigen des Alleingesellschafters fielen aufgrund des im Jahr 2001 vereinbarten Zinsverzichts nicht an.

35

Im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung rechnete das Finanzamt nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG in Höhe von 578.755 € (= 5% von 11.575.106 €) sowie nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG in Höhe von 35.036 € (= 5% von 700.728 €) dem Gewinn der Klägerin hinzu. Die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag setzte es entsprechend fest. Das Einspruchsverfahren gegen die Hinzurechnung blieb erfolglos.

36

2. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Hinzurechnung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben. Wenn einer Gesellschaft tatsächlich nur ein geringerer Aufwand - hier 27.806 € - entstanden sei und die Gesellschaft ausschließlich Beteiligungserträge erziele, könne auch nur der tatsächlich entstandene Aufwand hinzugerechnet werden. Es sei erklärtes Ziel des § 8b KStG, Dividendenerträge und Veräußerungsgewinne auf der Ebene der Kapitalgesellschaft steuerfrei zu lassen. Es sei nachvollziehbar, wenn Ausgaben, die hiermit in Zusammenhang stünden, nicht auch noch steuerlich berücksichtigt werden könnten. Es sei jedoch nicht zulässig, fiktive Betriebsausgaben anzusetzen und diese nicht zum Abzug zuzulassen. Es sei zumindest eine Deckelung auf die Summe der tatsächlichen Betriebsausgaben geboten. Im Ergebnis könnten daher nur 27.806 € statt 613.791 € hinzugerechnet werden.

II.

37

1. Das Finanzgericht hat das Klageverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG in der Fassung des Korb II-Gesetzes insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, als typisierend 5% der Bezüge und Veräußerungsgewinne als nichtabziehbare Betriebsausgaben einkommenserhöhend berücksichtigt werden, ohne dass der Nachweis niedrigerer Betriebsausgaben gestattet ist.

38

Nach Auffassung des Finanzgerichts verstößt die Vorschrift gegen das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Vorschrift überschreite das Maß einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung und Pauschalierung, indem sie eine Hinzurechnung auch dann vornehme, wenn tatsächlich keine oder erheblich geringere Betriebsausgaben als die pauschalen 5% angefallen seien. Die Vorteile der mit einer Pauschalierung erreichten Typisierung stünden nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung. Zudem werde durch die Vorschrift kein typischer Lebenssachverhalt abgebildet. Es würden pauschalierte nichtabziehbare Betriebsausgaben auch in dem Fall angesetzt, in dem Kosten nicht angefallen seien oder ihr Betrag nur unwesentlich sei. Die durch die Vorschrift bewirkte Ungleichheit werde insbesondere im Fall der Klägerin des Ausgangsverfahrens deutlich. Die pauschale Hinzurechnung sei mehr als zweiundzwanzigmal so hoch wie die tatsächlichen Betriebsausgaben. Dass eine Abweichung von der pauschalierten und typisierten Planvorstellung des Gesetzgebers in dieser Größenordnung möglich sei, lasse erkennen, dass der Gesetzgeber den Maßstab nicht mehr sachgerecht gewählt habe.

39

Zudem verstößt die Vorschrift nach Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts gegen das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der Gesetzgeber habe in § 8b Abs. 1 und Abs. 2 KStG die Grundentscheidung getroffen, dass Bezüge und Veräußerungsgewinne bei der Ermittlung des Einkommens vollständig außer Ansatz bleiben sollen. Für die Pauschalierung der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben habe der Gesetzgeber an die Dividendenbezüge und Veräußerungsgewinne als Bemessungsgrundlagen angeknüpft. Diese seien aber nicht geeignet, typisierend die Betriebsausgaben, die durch die steuerfreien Bezüge und Veräußerungsgewinne tatsächlich veranlasst seien, zu erfassen. Die Anknüpfung der 5%igen Pauschalierung an die Dividendenbezüge und Veräußerungsgewinne zum Zweck der Fiktion nicht abziehbarer Betriebsausgaben bewirke keine zielgerichtete und gleichmäßig wirkende Steuerbelastung, sondern trete ungleichmäßig und willkürlich ein. Der Gesetzgeber habe an dynamische Bemessungsgrundlagen angeknüpft, deren Wert nicht durch die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft selbst, sondern durch die Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft gebildet werde. Die Regelungen des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG belasteten daher eine Kapitalgesellschaft in ganz unterschiedlichem Umfang je nachdem, welchen Ertrag die Tochtergesellschaft zu erwirtschaften in der Lage sei oder wie werthaltig die in der Tochtergesellschaft angesammelten und beim Verkauf abgegoltenen Wirtschaftsgüter und stillen Reserven seien.

40

Würden die auf diese Art ermittelten Pauschalbeträge der Besteuerung zugrunde gelegt, ohne dass dem Steuerpflichtigen in Gestalt einer "Escape-Klausel" der Nachweis geringerer Betriebsausgaben gestattet sei, verstoße diese Besteuerung gegen das objektive Nettoprinzip als Ausfluss des Gebots der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit. Zwar sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, der Besteuerung unterliegende Einkünfte freizustellen. Schränke er aber die Freistellung wie hier ein, müsse diese Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürften eines besonderen sachlichen Grundes. Eine relationsgerechte Abbildung der durch die Dividendenbezüge und den Veräußerungsgewinn veranlassten Betriebsausgaben finde bei der Anwendung der typisierenden und pauschalierenden Vorschrift des § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG nicht statt. Dies zeige sich insbesondere im Streitfall, wo den tatsächlichen Betriebsausgaben in Höhe von 27.807 € pauschalierte nicht abzugsfähige Betriebsausgaben von insgesamt 613.792 € gegenüberstünden. § 8b Abs. 3 KStG führe mit der Pauschalierung von 5% des Veräußerungsgewinns als nicht abziehbare Betriebsausgaben zudem unter Umständen zu einer doppelten Hinzurechnung der Veräußerungskosten zum Einkommen. Denn die durch die Veräußerung veranlassten Betriebsausgaben seien bereits aufgrund der Regelung des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dem Einkommen wieder hinzuzurechnen.

41

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens hänge von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorlagefrage ab. Seien § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG verfassungsgemäß, sei die Klage abzuweisen. Die vom Finanzamt berücksichtigten 613.792 € seien einkommenserhöhend als nicht abziehbare Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Sei die Vorschrift hingegen verfassungswidrig, soweit sie einen Nachweis niedrigerer Betriebsausgaben nicht gestatte, sei der Klage stattzugeben. In diesem Fall könnten nur 27.807 € als nicht abziehbare Betriebsausgaben einkommenserhöhend berücksichtigt werden.

42

2. Nachdem im Rahmen des Zustellungsverfahrens aufgrund von Stellungnahmen des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesfinanzhofs Zweifel unter anderem an der Höhe der tatsächlichen Betriebsausgaben und damit an der Zulässigkeit der Vorlage aufgekommen waren, wurde dem vorlegenden Finanzgericht Gelegenheit zur Rücknahme oder Ergänzung des Vorlagebeschlusses gegeben. Das Finanzgericht ergänzte darauf seinen Beschluss dahin, dass die Beteiligungsaufwendungen der Klägerin des Ausgangsverfahrens sich tatsächlich auf lediglich 27.807 € beliefen. Die aus der Bilanz der Klägerin ersichtlichen Verbindlichkeiten aufgrund von Darlehen von Familienangehörigen des Alleingesellschafters seien unverzinslich gewährt worden, so dass keine weiteren Aufwendungen in Gestalt von Finanzierungsaufwendungen zu berücksichtigen seien. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens sei auch kein Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes und habe die Beteiligungen auch nicht zum Zweck der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben.

III.

43

Zu der Vorlage haben namens der Bundesregierung das Bundesministerium der Finanzen (1.), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, die Bundessteuerberaterkammer, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. sowie der Bundesfinanzhof Stellung genommen (2.).

44

1. Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorschriften des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG für verfassungsgemäß. Die Entwicklung von § 8b Abs. 3 und 5 KStG sei geprägt durch ein ständiges Bemühen des Gesetzgebers, gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden und zugleich eine standortfreundliche Lösung bereit zu stellen. Dabei hätten grundlegende Prinzipien des Einkommensteuerrechts wie § 3c EStG nicht aufgegeben oder völlig umgestaltet werden sollen. Angesichts der restriktiven Auslegung des § 3c EStG durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien die eingeräumten Begünstigungen von den Steuerpflichtigen über das Maß hinaus in Anspruch genommen worden, das der Gesetzgeber vorhergesehen habe. Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere das objektive Nettoprinzip in seiner Bedeutung als Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, sei nicht verletzt. Im Rahmen des § 8b KStG könne nur bei einer Erhöhung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch Beteiligungserträge eine Steuerschuld entstehen. Der Gesetzgeber habe sich innerhalb des Rahmens seiner Typisierungsbefugnis gehalten. Der Typisierungsspielraum des Gesetzgebers sei im Anwendungsbereich des § 8b KStG eher weiter zu sehen. Die niedrige Einspruchsquote von nur 0,7% in den Fällen, in denen § 8b KStG zur Anwendung gelange, spreche dafür, dass die 5%ige Pauschale eine für die Steuerpflichtigen günstige Regelung sei. Schließlich sei eine zulässige Bemessungsgrundlage gewählt worden. Auch sei die körperschaftsteuerliche Belastung, die die Pauschale auslöse, gering. 5% des Ertrags würden mit einem Steuersatz von 25% belastet. Es bestehe nicht die Notwendigkeit, den Gegenbeweis in Gestalt einer "Escape-Klausel" zuzulassen.

45

2. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, die Bundessteuerberaterkammer, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. halten die Pauschalierung in § 8b Abs. 3 Satz 1 und § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG ohne die Möglichkeit des Nachweises geringerer Betriebsausgaben für verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

46

Die Regelung führe im mehrstufigen Konzern zu einer systemwidrigen und wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Besteuerung. Das Abzugsverbot werde zu einer generellen "Schachtelstrafe". Äußerst kritisch sei die Tatsache zu sehen, dass nicht abzugsfähige Betriebsausgaben auch dann fingiert würden, wenn überhaupt keine entsprechenden Ausgaben entstanden seien. Die pauschale Hinzurechnung führe zu einer nicht unerheblichen fiktiven Besteuerung, die in keinem Verhältnis zu dem tatsächlich entstandenen Aufwand stehe. In dem Fehlen einer "Escape-Klausel" liege eine erhebliche Belastung und Benachteiligung gegenüber anderen Einkommensteuerpflichtigen, die einen höheren Fremdfinanzierungsanteil hätten. Der Gesetzgeber habe mit der vorliegenden Pauschalierung daher die Grenzen der Zulässigkeit einer gesetzlichen Typisierung überschritten. Dies gelte auch deshalb, weil andere Pauschalierungsregeln die Möglichkeit des Nachweises der tatsächlichen Aufwendungen ermöglichten. Eine Orientierung am "typischen Lebenssachverhalt" sei in Bezug auf die streitige Regelung schwierig. Es sei kaum ein "typisches" Unternehmen bestimmbar. Die Regelung könne auch nicht durch Vereinfachungseffekte gerechtfertigt werden.

47

Die in § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG geregelte Pauschalierung verstoße gegen das objektive Nettoprinzip als Ausfluss des Gebots der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der Gesetzgeber knüpfe für die Pauschalierung an eine Bemessungsgrundlage an, die keinen realitätsgerechten Maßstab darstelle und die nicht geeignet sei, typisierend die Betriebsausgaben zu erfassen. Die in § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG gewählte Anknüpfung bewirke daher keine zielgerichtete und gleichmäßig wirkende Steuerbelastung, sondern wirke ungleichmäßig und willkürlich.

C.

48

Die Vorlage ist zulässig. Der Vorlagebeschluss und der Ergänzungsbeschluss legen ausreichend dar, dass das Ergebnis des Ausgangsrechtsstreits ungeachtet der Besonderheiten bei der Beteiligungsfinanzierung durch nahe Angehörige des Alleingesellschafters der Klägerin von der Gültigkeit der zur Entscheidung gestellten Regelungen abhängt. Dabei ist von der jedenfalls vertretbaren Auslegung des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG durch das Finanzgericht auszugehen (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 ff.>; 57, 295 <315>; 105, 61 <67>; 110, 94 <110 f.>; 111, 115 <136>; stRspr). Der Vorlagebeschluss enthält auch die erforderliche umfassende rechtliche Würdigung des Sachverhalts.

D.

49

§ 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungs-empfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBI I S. 2840) - Korb II-Gesetz - ist mit Art. 3 Abs. 1 GG als dem einzigen vom Finanzgericht herangezogenen und hier allein in Frage kommenden verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab vereinbar.

I.

50

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; stRspr). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 122, 210 <230>). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 123, 1 <19>; stRspr). Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 105, 73 <110 f.>; 112, 164 <174>; 122, 210 <230>; stRspr). Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. BVerfGE 112, 268 <279>; 122, 210 <230>; stRpr).

51

Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; 123, 1 <19>). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 117, 1 <30>; 122, 210 <230 f.>). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 122, 210 <231>). Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 116, 164 <180 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 123, 1 <19>).

52

Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen erkennt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung neben außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszwecken auch Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an (vgl. BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvL 13/09 -, DStR 2010, S. 1563 <1565>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 117, 1 <31> sowie 96, 1 <6>; 99, 280 <290>; 105, 73 <127>; 116, 164 <182 f.>; 120, 1 <30>). Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 27, 142 <150>; 112, 268 <280 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>).

II.

53

Das vorlegende Finanzgericht versteht die zur Überprüfung gestellten Vorschriften als gesetzliche Fiktion nicht abziehbarer Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit Beteiligungseinkünften als entstanden und pauschalierend in einer Größenordnung von 5% der Einkünfte als angefallen gelten. Dieses fachgerichtliche Verständnis der einfachrechtlichen Bestimmungen hat das Bundesverfassungsgericht seiner verfassungsrechtlichen Prüfung grundsätzlich zugrunde zu legen. In der steuerrechtlichen Literatur werden § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG zwar vielfach auch als generelle Absenkung der in § 8b Abs. 1 und 2 KStG angeordneten Steuerfreiheit von körperschaftlichen Beteiligungseinkünften auf 95% angesehen (vgl. Heger, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, S. 117 <119>; Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, S. 109 <110>; Rind, Veräußerungsprivileg und pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b KStG, 2007, S. 123 f., 132). Vom Standpunkt des Finanzgerichts abzuweichen, besteht gleichwohl kein Anlass. Die Auffassung des Finanzgerichts ist zumindest vertretbar. Sie wird insbesondere durch die Entstehungsgeschichte der Norm (s.o. A III), die eindeutig dahin geäußerte Absicht des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 15, 16 sowie oben unter A III 7) und die offenkundige Orientierung der Regelungen an Art. 4 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie gestützt, der den Mitgliedstaaten Vorgaben für die Pauschalierung von Beteiligungsaufwendungen macht (s.o. A III). Die finanzgerichtliche Sichtweise der vorgelegten Vorschriften als pauschaliertes Betriebsausgabenabzugsverbot ist damit Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung, ungeachtet dessen, dass sie im Ergebnis die gleiche Wirkung wie eine Absenkung der generellen Steuerbefreiung in Beteiligungsverhältnissen auf 95% haben.

54

Ist § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG demnach als echte Pauschalierung nicht abziehbarer Beteiligungsaufwendungen zu verstehen, hat dies zur Folge, dass sich die Vorschrift nicht nur daran messen lassen muss, ob sie zu einer Besteuerung führt, die den Grundsätzen der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und Folgerichtigkeit genügt, sondern auch daran, ob sie den von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für das Steuerrecht entwickelten Grundsätzen zur Verfassungsmäßigkeit von pauschalierenden und typisierenden Regelungen entspricht.

III.

55

Die Pauschalierungsregelung des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG verstößt weder gegen den Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (1.) noch erweist sie sich als verfassungswidrige Durchbrechung des Grundsatzes der Folgerichtigkeit (2.). Sie ist durch hinreichende, die Pauschalierung tragende Rechtfertigungsgründe gedeckt (3.).

56

1. a) Das Gebot der Steuergleichheit fordert zumindest für die direkten Steuern eine Belastung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfGE 99, 216 <232>). Der wirtschaftlich Leistungsfähigere muss einen höheren Prozentsatz seines Einkommens als Steuern zahlen als der wirtschaftlich Schwächere. Wirtschaftlich gleich Leistungsfähige müssen auch gleich hoch besteuert werden (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 122, 210 <231>). Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 120, 1 <44>; 123, 1 <19>) verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>). Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip (vgl. BVerfGE 122, 210 <233>; im Schrifttum vgl. u.a. Schneider, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, S. 87).

57

Die Grundsätze der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit das objektive Nettoprinzip gelten gleichermaßen im Bereich der Körperschaftsteuer (vgl. Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, S. 92; Heger, a.a.O., S. 118; Hey, a.a.O., S. 110). Die Körperschaftsteuer bemisst sich nach dem Einkommen der Körperschaft und damit nach der Ertragskraft des Unternehmens. Dies folgt auch aus § 8 Abs. 1 KStG, demzufolge sich das Einkommen und die Einkommensermittlung nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts bestimmen (vgl. Heger, a.a.O., S. 118). Danach unterliegt im Bereich der Unternehmensbesteuerung grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Einnahmen und den Betriebsausgaben (vgl. § 4 Abs. 4 EStG) der Besteuerung. Deshalb sind Betriebsausgaben grundsätzlich steuerlich abziehbar (vgl. BVerfGE 107, 27 <47> sowie Hey, a.a.O., S. 110; Schneider, a.a.O., S. 88, 90).

58

Das Bundesverfassungsgericht hat bisher offen gelassen, ob das objektive Nettoprinzip, wie es in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommt, Verfassungsrang hat; jedenfalls kann der Gesetzgeber dieses Prinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfGE 107, 27 <48>; 122, 210 <234>). Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung bedürfen allerdings eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes (vgl. BVerfGE 122, 210 <234>; zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010, a.a.O., S. 1566).

59

b) Gemessen hieran verletzen die zu prüfenden Bestimmungen nicht den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot führt jedenfalls nicht ohne entsprechend gestiegene Leistungsfähigkeit der Körperschaft zu einer steuerlichen Belastung. Daher kann auch im vorliegenden Fall die Frage nach der verfassungsrechtlichen Verankerung des objektiven Nettoprinzips offen bleiben.

60

aa) § 8b KStG enthält die Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass im unternehmenssteuerrechtlichen System des Halbeinkünfteverfahrens Bezüge und Veräußerungsgewinne innerhalb gesellschaftlicher Beteiligungsstrukturen nur einmal auf der Entstehungsebene und dann erst wieder auf der Gesellschafterebene anteilig als Einkommen versteuert werden. Demzufolge findet bei der Muttergesellschaft trotz eines Zuwachses an Leistungsfähigkeit durch die von der Tochtergesellschaft zufließenden Bezüge oder Veräußerungsgewinne keine Besteuerung statt. Das 5%ige Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG knüpft in diesem Zusammenhang an den in § 3c EStG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz an, dass Aufwendungen für steuerfreie Einnahmen nicht in Abzug gebracht werden dürfen. Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften (s.o. A III), ihrem diesen Grundsatz aufgreifenden Regelungsgehalt und aus dem mit dem Korb II-Gesetz in die jeweiligen Sätze 2 von § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG aufgenommenen ausdrücklichen Ausschluss der Anwendbarkeit von § 3c Abs. 1 EStG im Übrigen. Um Nachweisschwierigkeiten zu vermeiden und überhand genommene Gestaltungs- und Umgehungsmöglichkeiten einzuschränken, hat der Gesetzgeber dabei pauschalierend unterstellt, dass die Aufwendungen, die nicht abgezogen werden dürfen, ihrer Höhe nach 5% der Bezüge und Veräußerungsgewinne entsprechen.

61

Die Anknüpfung an den in § 3c EStG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz ist dem Gesetzgeber auch nicht etwa deshalb verwehrt, weil bei der Muttergesellschaft in Beteiligungsverhältnissen bei Gewinnausschüttungen oder Veräußerungsgewinnen in Wahrheit von vornherein kein steuerbarer Leistungszuwachs anfiele (vgl. dazu Rödder/Schumacher, DStR 2000, S. 353 <357>; Schön, a.a.O., S. 385). Die prinzipielle Freistellung von wirtschaftlicher Doppel- oder Mehrfachbelastung durch die Körperschaft- und nachfolgende Einkommen-steuer in Beteiligungsstrukturen, wie sie für das Halb- und Teileinkünfteverfahren in § 8b KStG festgelegt ist und auch dem vorangehenden System des Anrechnungsverfahrens zugrunde lag, ist in erster Linie eine finanz- und wirtschaftspolitische Entscheidung des Gesetzgebers. Von Verfassungs wegen ist er hingegen nicht gehindert, für die Beantwortung der Frage, ob bei einem Unternehmen ein grundsätzlich steuerbarer Leistungszuwachs eingetreten ist, an die rechtliche Selbständigkeit der Kapitalgesellschaft anzuknüpfen, wie dies im Rahmen des das Körperschaftsteuerrecht beherrschenden Trennungsprinzips zwischen den Vermögenssphären von Körperschaft und Anteilseigner (allgemein dazu vgl. nur Hey, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 11 Rn. 1 ff.) auch sonst geschieht.

62

So hat auch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass die Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern einen vor dem allgemeinen Gleichheitssatz ausreichenden Differenzierungsgrund für eine gesonderte steuerliche Behandlung der Kapitalgesellschaft liefern kann (vgl. BVerfGE 116, 164 <198 f.> zu § 32c EStG). Diese Abschirmung bewirkt, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit entsteht, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden darf. Das Steuerrecht nimmt damit bei der Bestimmung verschiedener Zurechnungssubjekte steuerlicher Leistungsfähigkeit verfassungsrechtlich bedenkenfrei die zivilrechtliche Grundentscheidung auf, nach der bei Personengesellschaften das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugerechnet wird (vgl. § 718 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), während das Vermögen der Kapitalgesellschaften gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter grundsätzlich selbständig ist (vgl. BVerfGE 116, 164 <198 f.>).

63

bb) Rechtstechnisch hat der Gesetzgeber nach dem für das Bundesverfassungsgericht im Grundsatz maßgeblichen Verständnis des Finanzgerichts das Betriebsausgabenabzugsverbot als Hinzurechnung zu den Einkünften der Muttergesellschaft ausgestaltet, so dass es sich letztlich als eine Erhöhung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage auswirkt. Die damit einhergehende Erhöhung der Körperschaftsteuer trifft indes immer auf eine entsprechend erhöhte Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Dass die Beteiligungseinkünfte vom Gesetzgeber nach § 8b KStG grundsätzlich steuerfrei gestellt sind, ändert nichts daran, dass sie gleichwohl die steuerliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft erhöhen.

64

Selbst wenn die Beteiligungseinkünfte bei der Muttergesellschaft mit Betriebsausgaben in einem Umfang von weniger als 5% der Einkünfte oder gar ganz ohne Betriebsausgaben erzielt worden sein sollten, geht die gleichwohl im Ergebnis um 5% "erhöhte Besteuerung" nach der gesetzlichen Ausgestaltung doch stets mit einem weitaus höheren Zuwachs an leistungssteigernden Einnahmen, die von der Tochtergesellschaft zufließen, einher. Ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, das für die Besteuerung jedenfalls einen Leistungszuwachs voraussetzt, ist damit ausgeschlossen.

65

cc) Sofern das pauschalierte Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG in den Fällen, in denen die tatsächlichen Betriebsausgaben unter 5% der Einkünfte liegen, keine dem objektiven Nettoprinzip entsprechende Besteuerung gewährleistet, weil die mit den steuerfreien Beteiligungseinkünften in Zusammenhang stehenden nichtabziehbaren Betriebsausgaben geringer sind als die durch die pauschale Hinzurechnung bewirkte Steuererhöhung, ist dies durch die Grundsätze einer zulässigen Pauschalierung gerechtfertigt (dazu unter 3.). Unabhängig hiervon gebietet der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit entgegen der Auffassung des Finanzgerichts auch deshalb nicht die Begrenzung des Abzugsverbots auf die tatsächlich angefallenen Betriebsaufwendungen, sofern diese unter der Pauschalierungsgrenze von 5% liegen ("Escape-Klausel"), weil die Leistungsfähigkeit der Gesellschaften mit niedrigen Betriebsausgaben bei gleichen Einkünften höher ist als diejenige von Gesellschaften mit hohen Betriebsausgaben. Dem widerspräche es, wenn die Gesellschaft mit einem unter 5% liegenden Betriebsausgabensatz nur einer entsprechend niedrigeren Hinzurechnung unterworfen würde, während die leistungsschwächere Kapitalgesellschaft mit gleichhohen Einkünften, aber über 5% liegenden Betriebsaufwendungen die pauschale Hinzurechnung in Höhe von 5% hinnehmen müsste.

66

dd) Ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip liegt auch nicht darin begründet, dass die Kosten für die Veräußerung einer Beteiligung im Rahmen der pauschalen Hinzurechnung doppelt berücksichtigt würden. Zwar führt die Systematik der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dazu, dass mit der Veräußerung zusammenhängende Veräußerungskosten nicht allgemein als Betriebsausgaben abgezogen werden können, sondern ausschließlich im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigt werden, der nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit ist. Gleichwohl mindert der Abzug der Veräußerungskosten den (steuerbefreiten) Veräußerungsgewinn und damit die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der 5%igen Pauschale, die außerhalb der Bilanz hinzugerechnet wird, so dass letztlich insoweit eine entlastende Wirkung eintritt.

67

2. Die pauschale Anordnung eines Abzugsverbots für Betriebsausgaben in § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG in Höhe von 5% der Bezüge und Veräußerungsgewinne verstößt nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit.

68

Systemleitender Gedanke des Halbeinkünfteverfahrens ist es, die Gewinne einer Kapitalgesellschaft jeweils zur Hälfte auf der Ebene der sie erstmals erwirtschaftenden körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft (erste Halbbelastung) und zur Hälfte auf der Ebene des einkommensteuerpflichtigen Gesellschafters (zweite Halbbelastung) zu erfassen. Um wirtschaftliche Doppelbelastungen zu vermeiden, sollen Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne zwischen körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften nach § 8b KStG grundsätzlich nicht der Besteuerung unterliegen (s.o. III 1 b aa). Aufwendungen, die in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, werden nach dem in § 3c Abs. 1 EStG zum Ausdruck kommenden Grundsatz in aller Regel nicht zum Abzug zugelassen. Gleichwohl erlaubt § 8b Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 KStG durch den Ausschluss von § 3c Abs. 1 EStG den Betriebsausgabenabzug in grundsätzlich vollem Umfang.

69

Die 5%ige Hinzurechnung der Beteiligungseinkünfte nach § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG bewegt sich innerhalb dieser Gesamtkonzeption des Gesetzgebers für das Ertragsteuer- und hier insbesondere für das Körperschaftsteuerrecht. Damit sollen im Ergebnis mit Rücksicht auf die Steuerfreiheit der Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne der Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft die damit in Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben in bestimmter Höhe nicht zum Ausgabenabzug zugelassen werden. In seiner Grundkonzeption ist dies durchaus folgerichtig. Denn die Vorschrift ersetzt bei der Muttergesellschaft den ansonsten einschlägigen, allgemeinen Abzugsausschluss von Betriebsausgaben nach § 3c Abs. 1 EStG, der nach § 8b Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 KStG unanwendbar ist (vgl. BFHE 224, 50 <53 f.>).

70

Soweit die Hinzurechnungsbestimmungen im Hinblick auf die Höhe der 5%igen Pauschalierung, den Anknüpfungspunkt für das Abzugsverbot und bei tatsächlich niedrigeren Betriebsausgaben Abweichungen von dem Grundsatz der Folgerichtigkeit im Einzelnen bedingen, sind diese durch die Grundsätze einer zulässigen Pauschalierung gerechtfertigt (s. im Folgenden 3.).

71

3. Der Gesetzgeber hält sich mit der Vorschrift innerhalb seiner Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis.

72

a) Das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot in § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG dient, wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (s.o. A III 4-7), die Gesetzesmaterialien (vgl. insbesondere BTDrucks 15/1518, S. 10, 15 f., zuvor bereits BTDrucks 14/1514, S. 33) und ihre objektive Funktionsweise belegen, der Abwehr unerwünschter steuerlicher Gestaltungen, der Vereinfachung und der Vereinheitlichung bei der Besteuerung in- und ausländischer Bezüge. Es verfolgt damit legitime und zur Rechtfertigung von Typisierungsregelungen grundsätzlich geeignete Ziele. Auch die konkrete Ausgestaltung der Pauschalierungsvorschrift erweist sich als mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Voraussetzungen einer zulässigen Typisierung (s.o. D I) vereinbar.

73

b) Die Vorschrift hat die mit ihr verfolgte vereinfachende Wirkung (aa) und beugt unerwünschten Gestaltungen vor, die bei Einfügung der vom Finanzgericht geforderten "Escape-Klausel" wieder möglich wären (bb). Sie orientiert sich am Regelfall des Vorhandenseins von Beteiligungsaufwendungen und ist dabei auch mit dem Pauschalsatz von 5% auf die Beteiligungseinkünfte im Ergebnis nicht zu beanstanden (cc). Darüber hinaus ist die mit der Vorschrift verbundene Belastungswirkung regelmäßig geringfügig (dd). Keiner abschließenden verfassungsrechtlichen Bewertung bedarf der im Schrifttum befürchtete Kaskadeneffekt bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen, weil hierzu keine belastbaren Erkenntnisse des Finanzgerichts vorliegen und sein Eintreten zudem eher unwahrscheinlich sein dürfte (ee).

74

aa) Die mit der Vorschrift verbundene Typisierung und Pauschalierung dient der Vereinfachung. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesichtspunkt der Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit vielfach als Rechtfertigungsgrund für eine Typisierung und Pauschalierung anerkannt (vgl. BVerfGE 63, 119 <128>; 84, 348 <360>; 122, 210 <232 f.> m.w.N.). Die wesentliche Funktion der Typisierung im Steuerrecht ist die Entlastung des Rechtsanwenders im Massenfallrecht (vgl. Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1975, S. 52; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn. 132).

75

Die Vorschrift des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG vereinfacht die steuerliche Behandlung von Beteiligungen (vgl. Desens, a.a.O., S. 291; Gosch, in: Festschrift für Norbert Herzig, 2010, S. 63 <71>; Rind, a.a.O., S. 160). Die bis zum 31. Dezember 2003 erforderliche und im Einzelfall schwierige Zuordnung von Finanzierungsaufwendungen und sonstigen Aufwendungen zu den einzelnen (Inlands- und Auslands-)Beteiligungen nach Maßgabe des "unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs" im Sinne des § 3c Abs. 1 EStG und damit insbesondere die Frage der Abzugsfähigkeit der Zinsen entfällt mit der Einführung der Vorschrift. Zudem erlaubt sie nunmehr eine einheitliche Behandlung von in- und ausländischen Beteiligungserträgen.

76

bb) § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG beseitigt die vor Inkrafttreten der Regelung bestehenden steuerlichen Missbrauchsmöglichkeiten (1). Die Einfügung einer "Escape-Klausel" würde dagegen neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, mit denen das Anliegen des Gesetzgebers einer Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs weithin unterlaufen werden könnte (2).

77

(1) Vor Inkrafttreten der Regelung konnten die Unternehmen das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG durch verschiedene Gestaltungsmaßnahmen umgehen (s.o. unter A III 2 und 5). Dies geschah insbesondere durch das so genannte "Ballooning", indem vor allem finanzstarke Unternehmen auf Ausschüttungen verzichteten, bis die Darlehen zur Fremdfinanzierung zurückgezahlt waren. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist, dem ausdrücklichen Ziel des Gesetzgebers entsprechend (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 15), durch die Neuregelung beseitigt. Zwar kann auch unter der neuen Rechtslage von "Ballooning"-Gestaltungen Gebrauch gemacht werden. Diese haben ihren steuerlichen Vorteil aber größtenteils verloren. Denn Beteiligungsaufwendungen sind  , weil die Anwendung von § 3c EStG ausgeschlossen ist, steuerlich ohnehin abziehbar. Die Versteuerung der Beteiligungseinkünfte durch die Hinzurechnung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben in pauschalierter Höhe tritt jedes Mal im Fall der Gewinnausschüttung oder Anteilsveräußerung ein. Das Einbehalten von Gewinnen kann daher auf Ebene der Tochtergesellschaft allenfalls einen Zinseffekt bewirken, der aber aufgrund der niedrigen Hinzurechnungsquote und damit der niedrigen tatsächlichen Steuerquote auf die Ausschüttung in Höhe von 1,25% deutlich hinter die Liquiditätsvorteile zurücktreten dürfte, welche die Muttergesellschaft so erzielen kann.

78

(2) Würde, wie vom vorlegenden Finanzgericht zur Vermeidung der mit der 5%-Regelung einhergehenden Pauschalierungshärten für geboten gehalten, eine Ausnahmeregelung in Gestalt einer "Escape-Klausel" eingefügt und damit die Hinzurechnung von 5% auf die tatsächliche Höhe der angefallenen Betriebsausgaben gedeckelt werden, eröffnete dies erneut die Möglichkeit und den Anreiz, durch Gestaltungsmaßnahmen die mit der Vorschrift des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG verbundene Belastungswirkung weitestgehend zu umgehen. So würden "Ballooning"-Gestaltungen wieder wirtschaftlich sinnvoll werden, weil durch gezieltes Aufblähen der Bemessungsgrundlage für die 5%ige Hinzurechnung ein Missverhältnis zwischen pauschaler Hinzurechnung und tatsächlichen Aufwendungen geschaffen werden könnte. So könnte bei Vorhandensein einer "Escape-Klausel" durch "Ballooning" im Extremfall die 5%ige Hinzurechnung sogar vollständig umgangen werden. Bei einer fremdfinanzierten Beteiligung könnte mit der Ausschüttung und dem Verkauf so lange gewartet werden, bis die aufgenommenen Fremdmittel bei der Muttergesellschaft vollständig getilgt wären und keine Finanzierungskosten mehr anfielen (vgl. Michaelis, a.a.O., S. 33). Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts müsste dann die Hinzurechnung auf 0% begrenzt werden.

79

In gleicher Weise böte die Existenz einer Ausnahmeregelung in Gestalt einer Beschränkung der Hinzurechnung auf die tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben den Anreiz, die Fremdfinanzierung im Konzern auf eigene Finanzierungsgesellschaften zu verlagern, um so - wie unter der Geltung des § 8b KStG a.F. - durch Finanzierungspooling die Zuordnung der Finanzierungsaufwendungen zu den einzelnen Beteiligungen zu erschweren und auf diese Weise das Abzugsverbot zu umgehen. Bereits im Rahmen einer "normalen" Konzernfinanzierung ist es schwierig, aufgenommene Darlehen eindeutig und unmittelbar einem wirtschaftlichen Engagement und damit einer bestimmten Tochtergesellschaft zuzuordnen. In der Regel lässt sich nicht feststellen, welche Betriebsausgabe mit welcher Einnahme bezahlt worden ist (vgl. Wassermeyer, in: Herzig, Gesellschafterfremdfinanzierung und Beteiligung an ausländischen Gesellschaften im Körperschaft- steuerrecht, 1995, S. 157). Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Datums- und Betragsgleichheit, wird eine unzweifelhafte Zuordnung möglich sein (vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 4. Aufl. 1999, S. 751; Utescher/Blaufus, a.a.O., S. 1586). Verschärft wird dies noch im Rahmen einer Poolfinanzierung. Hier lässt sich ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der jeweiligen Beteiligung und dem zugehörigen Darlehen kaum ermitteln (vgl. Utescher/Blaufus, a.a.O., S. 1586).

80

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei dieser Sachlage die mit der 5%igen Pauschalierungsklausel in § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG verfolgten und grundsätzlich auch erreichbaren legitimen Ziele der Vereinfachung der Steuererhebung und der Verhinderung oder zumindest Eindämmung steuerpolitisch unerwünschter Gestaltungsmöglichkeiten nicht durch die Anknüpfung des Abzugsverbots an die tatsächlich entstandenen Beteiligungsaufwendungen wieder in Frage stellen lässt, zumal die mit der Pauschalierung verbundene Belastung in der Regel nicht schwer wiegt (unten dd).

81

cc) Die Vorschrift des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG orientiert sich auch in vertretbarer und plausibler Weise am Vorliegen von 5% Beteiligungsaufwendungen als Regelfall.

82

(1) Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 82, 159 <185 f.>; 84, 348 <359 f.>; 96, 1 <6>). Dabei ist der Gesetzgeber berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (vgl. BVerfGE 112, 268 <280>). Ein atypischer oder gar realitätsferner Fall darf nicht als Leitbild gewählt werden (vgl. BVerfGE 66, 214 <223>; 112, 268 <280 f.>; 117, 1 <31>). Auf dieser Grundlage darf der Gesetzgeber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.

83

(2) § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG orientiert sich - wie bereits die ausdrückliche Fiktion als "nichtabziehbare Betriebsausgaben" zeigt - an dem Fall, dass einer Muttergesellschaft regelmäßig Aufwendungen für ihre Tochtergesellschaft entstehen. Ansonsten hätte es der Regelung im jeweiligen Satz 2 der Bestimmungen, wonach beteiligungsbezogene Aufwendungen entgegen § 3c Abs. 1 EStG abziehbar sind, nicht bedurft. Denn eine Ausnahme von dem Abzugsverbot des § 3c EStG für Betriebsausgaben hätte der Gesetzgeber nicht zu regeln brauchen, wenn er davon ausgegangen wäre, dass regelmäßig keine oder nur geringe beteiligungsbezogene Aufwendungen anfallen. Im Einklang mit dieser Einschätzung steht auch Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie, an dem § 8b Abs. 3 und Abs. 5 KStG erkennbar ausgerichtet ist. Diese Vorschrift geht nach ihrem Wortlaut, der einen von den Mitgliedstaaten etwa festzusetzenden Pauschbetrag für die "mit der Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten" auf 5% der ausgeschütteten Gewinne begrenzt, gleichfalls ersichtlich davon aus, dass beim Halten einer Beteiligung typischerweise Kosten anfallen.

84

Der Vorlagebeschluss hält dem zwar zu Recht entgegen, dass keine statistischen Daten dazu vorliegen, wie hoch die bei einer Muttergesellschaft für die jeweilige Tochtergesellschaft anfallenden Aufwendungen regelmäßig sind (so auch Beck, Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, S. 226; Schmidt/Hage-böke, IStR 2002, S. 150 <153>). Ein Regelfall für die Finanzierungs- und Kostenstruktur von Konzernen wird sich allerdings auch kaum feststellen lassen. Denn es steht dem Steuerpflichtigen frei, wie er seine Beteiligungen finanziert und welche Aufwendungen er im Rahmen des Beteiligungsverhältnisses tätigt. Die Entscheidung sowohl über die Finanzierungs- als auch die Kostenstruktur von Konzernen - insbesondere der grenzüberschreitenden - wird durch eine Vielzahl individueller Determinanten wie auch allgemeiner und sich zudem ständig ändernder Marktvariablen beeinflusst, welche die Wahl der geeigneten Finanzierungskonstruktion und Gestaltungsvariante bestimmen (vgl. Breuninger, a.a.O., S. 335; Breuninger/Prinz, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2003/2004, S. 433 f.; Jacobs, a.a.O., S. 731 f.; Prinz, a.a.O., S. 235 f.; ders., in: Festschrift für Norbert Herzig, 2010, S. 147 <147, 149>).

85

Vor diesem Hintergrund ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in den vorgelegten Bestimmungen nicht nur von der zumindest realitätsnahen, wenn nicht gar sich aufdrängenden Annahme ausging, dass einer Muttergesellschaft für das Halten der Tochtergesellschaft Aufwendungen entstehen, sondern dass er sich auch ohne erkennbaren Rückgriff auf statistische Erhebungen und ohne die vorherige Schaffung solcher Grundlagen auf deren Pauschalierung in Höhe von 5% der Beteiligungseinkünfte festgelegt hat.

86

(a) In aller Regel verursacht jede Beteiligung auf der Ebene der Muttergesellschaft einen bestimmten (meist auch bezifferbaren) Beteiligungsaufwand (so auch Dötsch/Pung, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG, Rn. 231 ; Dötsch/Pung, DB 1999, S. 867 <868>; Thömmes/Scheipers, DStR 1999, S. 609 <612>). Zudem spielt in der Praxis die Finanzierung des fremdfinanzierten Erwerbs von Tochtergesellschaften eine überaus wichtige Rolle (vgl. Rödder, ZHR 171, S. 380 <394 f.>). Unternehmenskäufe erfolgen häufig mit einem nicht unerheblichen Fremdfinanzierungseinsatz (vgl. Prinz, in: Schaumburg , Unternehmenskauf im Steuerrecht, 2. Aufl. 2000, S. 236; ders., in: Festschrift für Norbert Herzig, 2010, S. 147 <153 f.>). Die Frage der Höhe der damit verbundenen Aufwendungen spielt daher beim Erwerb einer Beteiligung eine wichtige Rolle (vgl. Gran, NJW 2008, S. 1409 <1414>; Prinz, in: Schaumburg , Unternehmenskauf im Steuerrecht, 2. Aufl. 2000, S. 237). Verwaltungskosten fallen ebenfalls regelmäßig an, auch wenn diese in der Höhe oftmals hinter die Finanzierungsaufwendungen zurücktreten. Selbst im einstufigen Konzern mit nur einer Tochtergesellschaft müssen der Beteiligung zumindest ein Teil des Geschäftsführergehalts sowie die für die Beteiligung anfallenden Kosten (zum Beispiel für Gesellschafterversammlungen) zugerechnet werden.

87

(b) Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Pauschalierung des Aufwendungsabzugsverbots an den Dividendenbezügen und Veräußerungsgewinnen anknüpft.

88

Eine Bemessung des Abzugsverbots nach den tatsächlichen Betriebsausgaben scheidet aus, da damit sämtliche Ziele der typisierenden Regelung konterkariert würden; der angestrebte Vereinfachungseffekt entfiele und insbesondere veranlagungszeitraumbezogene Gestaltungen wieder möglich wären (s.o. bb (2)). Der Pauschalierungssatz kann auch nicht an den typischen Betriebsaufwendungen einer Beteiligung orientiert werden. Denn eine typische Höhe von Beteiligungsaufwendungen lässt sich - wie dargelegt - ebensowenig feststellen wie sich ohne größere Schwierigkeiten eine zutreffende Zuordnung von Aufwendungen zu den einzelnen Beteiligungen durchführen lässt. Eine Anknüpfung der Pauschalierung an die Anschaffungskosten der Beteiligung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass die - gegebenenfalls historischen - Anschaffungskosten keinen Anhaltspunkt für die Ertragsaussichten einer Beteiligung geben und deren gegenwärtigen Wert nicht abbilden, versagt eine Anknüpfung an die Anschaffungskosten etwa auch dann, wenn eine Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft mittels Bargründung neu gegründet wird und dann anschließend im Wege der Einbringung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten nach dem Umwandlungssteuergesetz Aufgaben (wie zum Beispiel Vertriebs- oder Verwaltungsaufgaben) im Konzern übernimmt.

89

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts fehlt der im Gesetz vorgesehenen Bezugnahme auf die Bezüge und Veräußerungsgewinne nicht jeder Bezug zu Beteiligungsaufwendungen. Die Anknüpfung an die von der Tochtergesellschaft erhaltenen Ausschüttungen und die erzielten Veräußerungsgewinne bildet die mit dieser Beteiligung verbundenen Ertragsaussichten ab. Dies kann als Maßstab akzeptiert werden, orientiert sich der Wert einer Beteiligung doch im Wesentlichen an ihren Ertragsaussichten oder - falls ein solcher tatsächlich realisiert wurde - an dem Veräußerungsgewinn. Das zeigen die in der Praxis üblichen Bewertungsverfahren, die den Wert einer Beteiligung regelmäßig anhand der zukünftig zu erwartenden Erträge ermitteln (vgl. Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, 6. Aufl. 2009, Rn. 33). Die den vorgelegten Bestimmungen zugrunde liegende Annahme, dass die zu erwartenden Beteiligungsaufwendungen regelmäßig in einer gewissen Relation zur Ertragskraft der Beteiligungsgesellschaft stehen, erscheint vor diesem Hintergrund mangels besser geeigneter Maßstäbe zumindest vertretbar. Zudem hat der Gesetzgeber damit erkennbar die Pauschalierungsgröße aus der Mutter-Tochter-Richtlinie übernommen.

90

(c) Schließlich hat auch die gesetzliche Festlegung auf einen Pauschalierungssatz in Höhe von 5% verfassungsrechtlich Bestand. Anhaltspunkte dafür, warum der Prozentsatz in dieser Höhe gewählt wurde, lassen sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht unmittelbar entnehmen. Der Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerbereinigungsgesetz und zum Korb II-Gesetz spricht aber dafür, dass der 5%-Satz in Anlehnung an die Obergrenze der Mutter-Tochter-Richtlinie gewählt worden ist. Denn der zunächst nach dem Steuerentlastungsgesetz noch in Höhe von 15% vorgesehene Pauschalierungssatz wurde wegen gemeinschaftsrechtlicher Zweifel auf 5% gesenkt (vgl. Gosch, a.a.O., S. 70; Kerssenbrock, a.a.O., S. 2148; Michaelis, a.a.O., S. 44; Schmidt/Hageböke, IStR 2002, S. 153).

91

Weitere Anhaltspunkte für die Wahl des Pauschalierungssatzes sind nicht ersichtlich. Weder den Erwägungsgründen zur Mutter-Tochter-Richtlinie noch der zu ihr ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen (vgl. EuGH, Urteile vom 18. September 2003 - C-168/01 "Bosal" -, Slg. 2003, S. I-9409 und vom 23. Februar 2006 - C-471/04 "Keller Holding" -, Slg. 2006, S. I-2107).

92

Allerdings spricht auch nichts dagegen, dass es sich - gerade mit Rücksicht auf die relativ geringe Höhe der Hinzurechnung - um eine plausible und damit vertretbare Annahme des Gesetzgebers handelt. Darauf lässt nicht zuletzt der Umstand schließen, dass sich in der Vergangenheit in der Praxis verhältnismäßig wenige Körperschaften mit Rechtsbehelfen gegen die Anwendung dieser Pauschalierungsregelung gewendet haben, was sich insbesondere an der nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen niedrigen Einspruchsquote in diesem Bereich zeigt. Außerdem gibt es - wie dargelegt - gerade auch dem Umfang nach keinen typischen Fall von Beteiligungsaufwendungen. Schon daraus folgt, dass kein eindeutig geeigneteres Pauschalierungsmaß zur Verfügung steht, das der Gesetzgeber mit seiner Quote verfehlt haben könnte.

93

dd) Die durch den Pauschalierungseffekt der streitigen Vorschriften hervorgerufene Belastung ist schließlich als eher geringfügig einzustufen. Zu einer, gemessen am objektiven Nettoprinzip, ungleichen Belastung führen die vorgelegten Bestimmungen nur insoweit, als sie Aufwendungen pauschal auch dann als nichtabziehbar fingieren, wenn sie überhaupt nicht oder nur in geringerer Höhe als 5% der Bezüge oder des Veräußerungsgewinns angefallen sind. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Pauschalierung nur eine verhältnismäßig geringe Steuerlast nach sich zieht. So werden 5% der steuerfreien Einnahmen hinzugerechnet und nach der im Vorlageverfahren maßgeblichen Rechtslage einem Steuersatz von 25% (mittlerweile 15%) unterworfen. Dies entspricht einer effektiven Steuerbelastung der an sich steuerfreien Einnahmen von 1,25%. Folglich ist die mit der Pauschalierung und Typisierung durch die vorgelegten Bestimmungen verbundene Ungleichbehandlung in den Fällen niedrigerer Beteiligungsaufwendungen regelmäßig nicht sehr intensiv (so auch Rind, a.a.O., S. 165, 188). So führt die Pauschalierung des Ausgabenabzugsverbots auch bei der Klägerin des Ausgangsverfahrens lediglich zu einer Steuerlast von 1,25% der Einnahmen.

94

Bei der Mehrzahl der Körperschaften wird sich die pauschale Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG im Ergebnis als vorteilhaft erweisen. Dies folgt aus der in § 8b Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 KStG angeordneten Nichtanwendbarkeit des § 3c EStG, wonach auch unmittelbar mit den steuerfreien Bezügen und Gewinnen aus der Beteiligung an der Tochtergesellschaft in Zusammenhang stehende Betriebsausgaben uneingeschränkt geltend gemacht werden können, selbst wenn sie weit über den 5% der § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG liegen. Die aus § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG folgenden steuerlichen Belastungen müssen stets in Zusammenhang mit diesen erweiterten Abzugsmöglichkeiten der Betriebsausgaben im Übrigen gesehen werden. Damit erweisen sich die aus der Pauschalierung möglicherweise folgenden Härten einer ungleichen Belastung, zumal sie eher selten auftreten dürften, nicht als so gravierend, dass der Gesetzgeber den mit der Regelung verfolgten gewichtigen legitimen Zielen nicht hätte den Vorrang einräumen dürfen.

95

ee) Offen bleibt in diesem Zusammenhang, ob der in der Literatur der Pauschalierung des Ausgabenabzugsverbots in mehrfach gestaffelten Beteiligungsstrukturen entgegengehaltene mögliche "Kaskadeneffekt" (vgl. dazu u.a. Dötsch/Franzen/Sädtler/Sell/Zenthöfer, a.a.O., S. 279; Gosch, a.a.O., S. 73; Michaelis, a.a.O., S. 90 ff.; Rogall, DB 2003, S. 2185; Schiffers, GmbHR 2004, S. 69 <77>) im Extremfall eine abweichende verfassungsrechtliche Bewertung verlangen kann. Das vorlegende Finanzgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und in welcher Häufigkeit in der Unternehmenspraxis mit Konzernstrukturen zu rechnen ist, die das Problem eines solchen Kaskadeneffekts aufwerfen und wie dieser sich dort auswirken würde.

E.

96

Die Entscheidung ist mit 6:2 Stimmen ergangen.

(1)1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt.2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes.3Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen.4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.

(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.

(3)1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.

(1)1Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA.2Das verrechenbare EBITDA ist 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Absatz 2 Satz 1 abzuziehenden, nach § 6 Absatz 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns.3Soweit das verrechenbare EBITDA die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt, ist es in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen (EBITDA-Vortrag); ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt.4Zinsaufwendungen, die nach Satz 1 nicht abgezogen werden können, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge.5Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).6Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn.

(2)1Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

a)
der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Millionen Euro beträgt,
b)
der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder
c)
der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich).2Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte ist unschädlich.3Eigenkapitalquote ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln.4Wahlrechte sind im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben; bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten ist insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen, das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergeben würde.5Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist das Eigenkapital um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, und um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 des Handelsgesetzbuchs) zu erhöhen sowie um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt – mit Ausnahme von Vorzugsaktien –, die Anteile an anderen Konzerngesellschaften und um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen.6Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 3 in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen.7Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist.8Die für den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Abschlüsse sind einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen.9Hiervon abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und für keines der letzten fünf Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS erstellt wurde; nach den Generally Accepted Accounting Principles der Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen und offen zu legen ist.10Der Konzernabschluss muss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291 und 292 des Handelsgesetzbuchs befreiende Wirkung hätte.11Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln.12Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen.13Auf Verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 des Handelsgesetzbuchs erfüllt.14Ist ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt der zutreffende Abschluss zu einer Erhöhung der nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Absatz 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung festzusetzen.15Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind die nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen.16§ 162 Absatz 4 Satz 5 bis 7 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
2Ist eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft § 8a Absatz 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(3)1Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn.2Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.3Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben.4Die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen.5Ein Betrieb gehört zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 Buchstabe c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte.6Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

(4)1Der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag sind gesondert festzustellen.2Zuständig ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige Finanzamt, im Übrigen das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.3§ 10d Absatz 4 gilt sinngemäß.4Feststellungsbescheide sind zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 1 festzustellenden Beträge ändern.

(5)1Bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs gehen ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag unter.2Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war.3§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes ist auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist.

(1)1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt.2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes.3Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen.4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.

(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.

(3)1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.

(1)1Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA.2Das verrechenbare EBITDA ist 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Absatz 2 Satz 1 abzuziehenden, nach § 6 Absatz 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns.3Soweit das verrechenbare EBITDA die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt, ist es in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen (EBITDA-Vortrag); ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt.4Zinsaufwendungen, die nach Satz 1 nicht abgezogen werden können, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge.5Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag).6Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn.

(2)1Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

a)
der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Millionen Euro beträgt,
b)
der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder
c)
der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich).2Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte ist unschädlich.3Eigenkapitalquote ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln.4Wahlrechte sind im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben; bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten ist insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen, das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergeben würde.5Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist das Eigenkapital um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, und um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 des Handelsgesetzbuchs) zu erhöhen sowie um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt – mit Ausnahme von Vorzugsaktien –, die Anteile an anderen Konzerngesellschaften und um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen.6Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 3 in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen.7Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist.8Die für den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Abschlüsse sind einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen.9Hiervon abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und für keines der letzten fünf Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS erstellt wurde; nach den Generally Accepted Accounting Principles der Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen und offen zu legen ist.10Der Konzernabschluss muss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291 und 292 des Handelsgesetzbuchs befreiende Wirkung hätte.11Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln.12Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen.13Auf Verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 des Handelsgesetzbuchs erfüllt.14Ist ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt der zutreffende Abschluss zu einer Erhöhung der nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Absatz 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung festzusetzen.15Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind die nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen.16§ 162 Absatz 4 Satz 5 bis 7 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
2Ist eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft § 8a Absatz 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(3)1Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn.2Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.3Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben.4Die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen.5Ein Betrieb gehört zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 Buchstabe c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte.6Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

(4)1Der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag sind gesondert festzustellen.2Zuständig ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige Finanzamt, im Übrigen das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.3§ 10d Absatz 4 gilt sinngemäß.4Feststellungsbescheide sind zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 1 festzustellenden Beträge ändern.

(5)1Bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs gehen ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag unter.2Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war.3§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes ist auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe verbundene Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die verfahrensrechtliche Schlechterstellung bei der Gewährung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz gegenüber einer Kindergeldleistung nach dem Bundeskindergeldgesetz.

I.

2

1. Die Zahlung vom Kindergeld ist seit 1. Januar 1996 im X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes geregelt; die Regelung wurde durch das Jahressteuergesetz 1996 eingefügt (BGBl I 1995 S. 1250). Das Kindergeld ist danach als Steuervergütung ausgestaltet (§ 31 Satz 3 EStG). Sie soll das Existenzminimum des Kindes durch eine Kindergeldzahlung in Form einer Steuererstattung bei den Eltern sicherstellen.

3

Nach dem System des sogenannten Familienleistungsausgleichs wird gemäß § 31 Satz 1 EStG die steuerliche Freistellung des Einkommensbetrages der Eltern in Höhe des Existenzminimums eines Kindes entweder durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das im X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes geregelte Kindergeld bewirkt. Wirkt sich bei den Eltern der Kinderfreibetrag dergestalt aus, dass er in vollem Umfang zur Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage führt, wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums allein durch den Kinderfreibetrag bewirkt. Das gezahlte Kindergeld wird der Steuerschuld der Eltern als vorab gezahlte Steuervergütung dann wieder hinzugerechnet. Wirkt sich der Kinderfreibetrag hingegen nicht aus, weil das Einkommen der Eltern ihr eigenes steuerfreies Existenzminimum nicht übersteigt oder weil die steuerliche Entlastung durch den Freibetrag geringer ist als das gezahlte Kindergeld, so dient das Kindergeld gemäß § 31 Satz 2 EStG der Förderung der Familie. Auch insoweit stellt es jedoch keine Sozialleistung im formellen Sinne dar, sondern eine einkommensteuerliche Förderung der Familie durch eine Sozialzwecknorm. In verfahrensrechtlicher Hinsicht bedeutet dies, dass im Verwaltungsverfahren die Bestimmungen der Abgabenordnung (nachfolgend: AO), nicht hingegen diejenigen des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (nachfolgend: SGB X) zur Anwendung kommen (stRspr des Bundesfinanzhofs, vgl. zuletzt Urteil vom 19. November 2008 - III R 108/06 -, BFH/NV 2009, 357).

4

Die Änderung von Kindergeldbescheiden nach dem Einkommensteuergesetz für die Zukunft richtet sich nach § 70 Abs. 2 EStG; für Änderungen wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel für die Vergangenheit gelten die allgemeine Verfahrensbestimmung in § 173 AO, die gemäß § 155 Abs. 4 AO auch auf Steuervergütungen Anwendung findet.

5

§ 173 AO lautet auszugsweise:

6

§ 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel

7

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

8

1. soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,

9

2. soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

10

(...)

11

2. Eltern, die in Deutschland nicht steuerpflichtig sind, aber in einer Weise mit dem deutschen Arbeits-, Dienst- und Sozialrechtssystem verbunden sind, die eine Kindergeldzahlung erfordert oder angemessen erscheinen lässt, erhalten Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz. Gleiches gilt für Vollwaisen und Kinder, die den Aufenthalt ihrer Eltern nicht kennen und für die die Kindergeldzahlung zur Vermeidung sozialer Härten weiter erforderlich ist. Diese Kinder sind zwar wegen ihres Wohnsitzes oder unbeschränkten Aufenthaltes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Ihr eigener Kindergeldanspruch wird jedoch im Bundeskindergeldgesetz geregelt, da ihnen im Einkommensteuerrecht neben der steuerlichen Freistellung ihres Existenzminimums nicht zusätzlich ein Kinderfreibetrag oder ein Steuererstattungsbetrag gewährt werden kann (vgl. Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 31. Mai 1995, BTDrucks 13/1558, S. 163).

12

Bei dem Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) handelt es sich um eine materielle Sozialleistung. Es kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn nicht der Familienleistungsausgleich nach § 31 EStG zur Anwendung kommt (§ 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, Allgemeiner Teil - SGB I). Kindergeldansprüche nach dem Bundeskindergeldgesetz und dem Einkommensteuerrecht schließen sich mithin gegenseitig aus.

13

Bei der Ausführung des Bundeskindergeldgesetzes ist nach § 18 BKGG das Sozialgesetzbuch anzuwenden, soweit das Bundeskindergeldgesetz selbst keine ausdrückliche Regelung trifft. Die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes ist in § 44 SGB X geregelt; die Vorschrift lautet auszugsweise:

14

§ 44 [SGB X] Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes

15

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

16

(2) Im Übrigen ist ein rechtwidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

17

(...)

18

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

19

Das Bundeskindergeldgesetz regelt ergänzend:

20

§ 11 [BKGG] Zahlung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags

21

(...)

22

(4) Ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt ist abweichend von § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch für die Zukunft zurückzunehmen; er kann ganz oder teilweise auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

23

3. Bei den materiellrechtlichen Anforderungen an das Kind für die Inanspruchnahme von Kindergeld trafen EStG und BKGG keine unterschiedlichen Regelungen. Die einschlägige Regelung für ein berücksichtigungsfähiges Kind in § 32 EStG lautete für den Streitzeitraum:

24

§ 32 EStG Kinder, Freibeträge für Kinder

25

(...)

26

(4) Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

27

(...)

28

3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist.

29

§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BKGG enthält für den Streitzeitraum eine identische Bestimmung für das nach dem Bundeskindergeldgesetz zu gewährende Kindergeld.

II.

30

1. Der im Jahr 1967 geborene Sohn des Beschwerdeführers leidet seit 1992 an einer psychischen Krankheit. Der Grad der Behinderung beträgt 60 %. Im Februar 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung von Kindergeld für seinen mittlerweile 38-jährigen Sohn. Mit Bescheid vom 6. April 2005 lehnte die zuständige Familienkasse den Antrag des Beschwerdeführers ab Januar 2001 ab. Kindergeld für ein Kind über 18 Jahre könne bei Vorliegen einer Behinderung des Kindes nur dann gewährt werden, wenn die Behinderung bereits vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sei. Nach den von dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sei dies im Fall der Behinderung des Sohnes jedoch nicht der Fall. Einen Einspruch legte der Beschwerdeführer - trotz beigefügter Rechtsbehelfsbelehrung - gegen diesen Bescheid nicht ein.

31

2. Mit Schreiben vom 28. September 2005 beantragte der Beschwerdeführer, den mittlerweile bestandskräftigen Bescheid vom 6. April 2005 nach § 44 SGB X aufzuheben und ihm für die vergangenen vier Jahre für seinen Sohn Kindergeld zu gewähren. Aus einer fachärztlichen Stellungnahme und anderen Unterlagen ergebe sich, dass die Behinderung seines Sohnes bereits vor Vollendung dessen 27. Lebensjahres eingetreten sei. Unter anderem legte der Beschwerdeführer Schreiben aus den 1990er Jahren vor, die auf die psychische Erkrankung des Sohnes schließen lassen.

32

Die Familienkasse gewährte mit Bescheid vom 24. Januar 2006 dem Beschwerdeführer für seinen Sohn ab Mai 2005 laufendes Kindergeld. Für die Zeit bis zur Bekanntgabe des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides vom 6. April 2005 wurde die Gewährung von Kindergeld jedoch abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Korrektur dieses Bescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO hätten nicht vorgelegen. Der Beschwerdeführer sei erst nach Ablauf der Einspruchsfrist seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen.

33

3. Einspruch und Klage des Beschwerdeführers blieben erfolglos. Das Finanzgericht begründete sein abweisendes Urteil im Wesentlichen damit, dem Beschwerdeführer sei grobes Verschulden daran vorzuwerfen, dass die Tatsache, wonach sein Sohn schon im Alter von 27 Jahren behindert gewesen sei, erst nachträglich bekannt geworden sei. Die Voraussetzungen der einschlägigen Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO lägen deshalb nicht vor. Die Änderungsvorschrift des § 44 SGB X sei nicht einschlägig. Eine Änderung nach § 44 SGB X wäre nur dann möglich, wenn es sich um eine Kindergeldfestsetzung nach dem Bundeskindergeldgesetz gehandelt hätte. Im Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes gelte das nur subsidiär anwendbare Bundeskindergeldgesetz nicht. Da der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz im Inland habe und damit unbeschränkt steuerpflichtig sei, finde das Einkommensteuergesetz Anwendung. Dies sei auch verfassungsgemäß.

34

4. Der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Nichtzulassung der Revision zurück. Angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltung des Kindergelds nach dem Einkommensteuergesetz als Steuervergütung einerseits und nach dem Bundeskindergeldgesetz als Sozialleistung andererseits, sei der Gesetzgeber nicht gehalten, auch für das Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz eine § 11 Abs. 4 BKGG bzw. § 44 SGB X vergleichbare Regelung vorzusehen, die die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit in das Ermessen der zuständigen Behörde stelle und nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 172 ff. AO abhängig mache.

III.

35

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 sowie des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

36

Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Januar 2005 - 2 BvR 167/02 -, BVerfGE 112, 164 entschieden, dass bei unterschiedlichen Regelungssystemen für eine Materie auch bei Begünstigungen keine Schlechterstellung vorgenommen werden dürfe. Im Streitfall liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber Empfängern von Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz vor. Jenen stehe die Möglichkeit einer rückwirkenden Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheids nach § 44 SGB X offen. Dem Beschwerdeführer hingegen werde das verwehrt. Er werde daher dafür "bestraft", dass er arbeite und deshalb Kindergeld nach dem System des Einkommensteuergesetzes und der Abgabenordnung beziehe. Dies sei aber kein zulässiges Differenzierungskriterium. Ein Ausgleich durch andere Vorteile sei nicht ersichtlich.

37

Der Bundesfinanzhof und das Finanzgericht hätten die Frage nach der verfassungskonformen Auslegung des § 173 AO im Wege der Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müssen. Daher sei auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.

IV.

38

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die in § 93a Abs. 2 BVerfGG genannten Gründe für eine Annahme nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits grundsätzlich geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt; die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

39

1. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, soweit sie die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter durch die Entscheidungen des Finanzgerichts und des Bundesfinanzhofs nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen Nichtvorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG rügt. Der Beschwerdeführer hat nicht, wie er es nach §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG hätte tun müssen, substantiiert aufgezeigt, dass eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes nicht möglich und das Gericht von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt ist (vgl. BVerfGE 85, 329 <333>; 88, 187 <194>; 90, 145 <170>; 96, 315 <324 f.>). Die angerufenen Gerichte sind vielmehr selbst nicht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ausgegangen.

40

2. Der allgemeine Gleichheitssatz wird nicht dadurch verletzt, dass im Falle des Beschwerdeführers die Rücknahmeregelungen der Abgabenordnung Anwendung finden, bei der Gewährung von Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz die Rücknahme eines Kindergeldbescheides sich hingegen nach den grundsätzlich günstigeren Verfahrensvorschriften des § 44 SGB X beziehungsweise des § 11 Abs. 4 BKGG bestimmt.

41

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 110, 412 <431>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 122, 210 <230>; 125, 1 <17>; stRspr). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 <291>; 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 39 <52>; 125, 1 <17>; stRspr). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2010 - 1 BvL 14/09 -, juris, Rn. 45; siehe auch BVerfGE 88, 87 <96>; 98, 365 <389>; 121, 317 <369>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07 u.a.-, juris, Rn. 83).

42

Eine Ungleichbehandlung kann unter anderem auf der Grundlage einer zulässigen Typisierung und Pauschalierung gerechtfertigt sein. Denn Gesetze, die Massenvorgänge betreffen, dürfen, um praktikabel zu sein, typisieren und damit in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen (vgl. BVerfGE 96, 1 <6 f.>; 101, 297 <309 f.>; 110, 412 <436 f.>). Die ungleiche Wirkung darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit stehen. Außerdem darf die gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 112, 268 <280 f.>; 117, 1 <31>; 122, 39 <59>; 123, 1 <19>).

43

Die Entscheidung darüber, welches Verfahrensrecht beim Vollzug und der Abwicklung bestimmter Rechtsmaterien Anwendung finden und wie es im einzelnen ausgestaltet sein soll, knüpft grundsätzlich nicht an Persönlichkeitsmerkmale des Rechtsunterworfenen, sein persönliches Verhalten oder an seine Ausübung von Freiheitsrechten an. Sie ist vielmehr an Zweckmäßigkeitsüberlegungen und Sachgesetzlichkeiten der geregelten Materie sowie den vorhandenen oder zu schaffenden Strukturen einer Verwaltungsorganisation orientiert. Der Gleichheitssatz lässt dem Gesetzgeber hier eine weite, nur auf willkürliche Unterscheidungen zu überprüfende Gestaltungsfreiheit.

44

Für den Bereich des Kindergelds hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass der Grundsatz der horizontalen Steuergleichheit nach Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1GG die volle steuerliche Freistellung des existentiell notwendigen Bedarfs für die Kinder aller Steuerpflichtigen verlangt (vgl. BVerfGE 99, 216 <233 ff.>; 99, 246 <263 f.>; 110, 412 <436>; 124, 282 <294>). Für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienleistungsausgleich zu verwirklichen ist, besteht im Übrigen grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 110, 412 <436>). In besonderem Maße gilt dies für das Verwaltungsverfahren zur Abwicklung des Familienleistungsausgleichs.

45

b) Die Anwendung unterschiedlichen Verfahrensrechts zwischen Kindergeldempfängern nach Einkommensteuerrecht einerseits und solchen nach dem Bundeskindergeldgesetz andererseits führt zwar, wie auch im Ausgangsfall, zu einer Ungleichbehandlung grundsätzlich vergleichbarer Sachverhalte (aa). Diese ist jedoch gerechtfertigt (bb).

46

aa) Wird Kindergeld auf Grundlage der Regelungen des Einkommensteuergesetzes gewährt, wie dies bei nahezu 99 % der Kindergeldgewährungen der Fall ist (vgl. BVerfGE 122, 39 <45> m.w.N.), so finden neben den speziellen Korrekturnormen des steuerlichen Kindergeldrechts in § 70 Abs. 2 bis 4 EStG die Vorschriften der Abgabenordnung über die Aufhebung von Steuerverwaltungsakten nach §§ 129, 172 ff. AO über § 155 Abs. 4 AO, § 31 Satz 3 EStG Anwendung. Danach wird eine fehlerhafte Entscheidung zwar für die Zukunft korrigiert; demgegenüber ist in Fällen wie dem vorliegenden eine Aufhebung oder Änderung des bereits bestandskräftigen, belastenden rechtswidrigen Kindergeldbescheides nach dem steuerlichen Verfahrensrecht nur dann möglich, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass Tatsachen oder Beweismittel erst nach der Festsetzung bekannt geworden sind (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO).

47

Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz nicht vor und wird gemäß § 25 SGB I Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz geleistet, richtet sich die Korrektur ergangener Kindergeldbescheide nach § 11 BKGG, §§ 44 ff. SGB X, die dem Kindergeldempfänger eine im Vergleich zu § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO grundsätzlich günstigere Verfahrensposition einräumen. Auch hiernach ist für die Zukunft ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt zwingend zurückzunehmen (§ 11 Abs. 4 Halbs. 1 BKGG, § 44 Abs. 2 SGB X). Die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit - wie sie hier in Rede steht - wird nach § 11 Abs. 4 Halbs. 2 BKGG, abweichend von dem allgemeinen Sozialverfahrensrecht in § 44 Abs. 1 SGB X, in das Ermessen der Behörde gestellt. Diese Ermessensvorschrift war mit Gesetz vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469) eingeführt worden. Der Gesetzesentwurf war mit der Erwägung begründet worden, im Kindergeldrecht seien überwiegend nur verhältnismäßig kurze Leistungszeiträume ab dem 18. Lebensjahr des Kindes betroffen. Es sei nicht durch Billigkeitsgesichtspunkte geboten und würde zu einem unvertretbaren Verwaltungsaufwand führen, alle diese Fälle entsprechend dem allgemeinen sozialrechtlichen Verfahrensrecht wieder aufzunehmen. Deshalb sei es sachgerecht, die Rücknahme für die Vergangenheit dem Ermessen der Kindergeldstellen zu überlassen (vgl. BTDrucks 8/2034, S. 41). Nach einer in der Literatur geäußerten Auffassung ist das Rücknahmeermessen im Bereich des Kindergeldrechts an der Frage auszurichten, ob der Kindergeldberechtigte den bisher ergangenen, rechtswidrigen Verwaltungsakt durch unrichtige Angaben (mit)verursacht hat (vgl. Helmke, in: Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, § 11 BKGG Rn. 10 ). Kommt es zu einer Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit, so wird Kindergeld bis zu einem Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme gezahlt (§ 44 Abs. 4 SGB X). Im Ergebnis bewertet danach das bei der Gewährung von Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz maßgebliche Verfahrensrecht das Interesse des Kindergeldempfängers an einer materiell richtigen Kindergeldentscheidung höher, wohingegen die Abgabenordnung der Bestandskraft des rechtswidrigen Verwaltungsakts eher den Vorrang gibt.

48

bb) Die ungleiche Ausgestaltung der Verfahrensregelungen über die Rücknahme einer rechtswidrigen Ablehnung von Kindergeld für die Vergangenheit ist sachlich gerechtfertigt, jedenfalls nicht willkürlich.

49

Von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist es zunächst, dass der Gesetzgeber den Familienleistungsausgleich in das Einkommensteuerrecht integriert hat. Nach dem System des Familienleistungsausgleichs wird die steuerliche Freistellung des Einkommensbetrages der Eltern in Höhe des Existenzminimums eines Kindes entweder durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes bewirkt (vgl. § 31 Satz 1 EStG). Die Regelung des Familienleistungsausgleichs im Einkommensteuergesetz bot sich schon deshalb für den Gesetzgeber an, weil jedenfalls die Freistellung des steuerrechtlichen Existenzminimums für Kinder im Einkommensteuerrecht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von Verfassungs wegen geboten ist (vgl. BVerfGE 99, 246 <259 f.>; 112, 164 <175>). So hat der Gesetzgeber die Regelungen des Familienleistungsausgleichs in ein abgestimmtes System von Steuerentlastung und Sozialleistung eingefügt (vgl. BVerfGE 112, 164 <176>). Es war daher zumindest nicht verfassungswidrig, die Gewährung von Kindergeld, die gemäß § 31 Satz 2 EStG im überschießenden Bereich eine sozialrechtliche Förderung der Familie darstellt (vgl. BVerfGE 110, 412 <432 f.>; 112, 164 <174 ff.>), auch verfahrenstechnisch in diesem Zusammenhang und an dieser Stelle mitzuregeln. Auf diese Weise kann die Prüfung des Finanzamtes, ob der Abzug eines Kinderfreibetrages vom Einkommen nach § 32 Abs. 6, § 2 Abs. 5 EStG oder die Zahlung von Kindergeld als eine Steuervergütung nach §§ 62 ff. EStG günstiger für den Steuerpflichtigen ist (vgl. § 31 Satz 4 EStG), gleichsam "aus einer Hand" durch dieselbe Behörde erfolgen. Wird eine solche Regelung gewählt, liegt es schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nahe, im Interesse eines Gleichlaufs der Verfahren die Verwaltung der Kinderfreibeträge und der Kindergeldzahlung, die der Günstigerprüfung des § 31 Satz 4 EStG unterliegen, dem einheitlichen Verfahrensrecht der Abgabenordnung zu unterwerfen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

50

Praktikabilitätserwägungen sprechen ferner dafür, für das nach dem Einkommensteuergesetz festzusetzende Kindergeld die Anwendung des steuerlichen Verfahrensrechts der Abgabenordnung vorzuschreiben, weil die für die Streitigkeiten aus dem Einkommensteuergesetz zuständigen Finanzgerichte mit der Anwendung dieses Verfahrensrechts besonders vertraut sind.

51

Bei Personen, die nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind und denen damit ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG nicht zustehen kann, vermag das in § 31 EStG gesetzlich eingeführte System des Familienleistungsausgleichs demgegenüber von vornherein nicht zu greifen. Der Gesetzgeber war daher gehalten, für diesen Personenkreis eine andere Lösung des Familienleistungsausgleichs zu schaffen. Dass er hierzu das - bei Einführung des Familienleistungsausgleichs nach dem Einkommensteuergesetz ohnehin schon bestehende - Bundeskindergeldgesetz entsprechend ausgestaltet hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ausgehend hiervon war es wiederum folgerichtig, für diese materiell sozialrechtliche Regelung die Verfahrensvorschriften des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch für anwendbar zu erklären, da sie auf Sozialleistungen zugeschnitten sind und die Kindergeldbehörden sowie die nach § 15 BKGG zuständigen Sozialgerichte mit dieser Verfahrensordnung besonders vertraut sind.

52

Die unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Regelungen für die Gewährung von Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz einerseits und dem Einkommensteuergesetz andererseits sind mithin durch das jeweilige Rechtssystem bedingt, in das sie eingebunden sind. Für sie sprechen jeweils Gründe der Verwaltungspraktikabilität und der Rechtsklarheit. Die gesetzgeberische Verfahrensge-staltung ist damit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

53

c) Dass der Ausschluss der Rücknahme eines rechtswidrigen Kindergeldbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er bestandskräftig ist und der Steuerpflichtige die rechtzeitige Vorlage der die Rechtswidrigkeit belegenden Unterlagen grob fahrlässig versäumt hat, auch im Bereich des Familienleistungsausgleichs nicht aus sich heraus - also jenseits der Frage einer gleichheitswidrigen Schlechterstellung im Verhältnis zu den Verfahrensvorschriften des Bundeskindergeldrechts - verfassungswidrig sei, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich (vgl. dazu auch die Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 1982 - 1 BvR 1465/82 -, Information StW 1983, 313 und vom 2. März 1984 - 1 BvR 23/84 -, HFR 1984, 434).

54

3.Da die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen ist, sind der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes abzulehnen.

55

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1)1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt.2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes.3Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen.4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.

(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.

(3)1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) betreibt in X ein Kraftwerk. Im Juni 2011 setzte sie in den Kernreaktor Brennelemente ein und löste anschließend eine selbsttragende Kettenreaktion aus, was zur Steuerentstehung nach § 5 Abs. 1 des Kernbrennstoffsteuergesetzes (KernbrStG) führte. Die verwendeten Brennelemente enthielten ... Gramm Uran 235. In ihrer für den Monat Juni 2011 abgegebenen Steueranmeldung berechnete die Antragstellerin eine Steuer von ... €, die zunächst bezahlt worden ist. Die Antragstellerin hat jedoch Sprungklage erhoben und Aufhebung der Vollziehung beantragt. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) hat der Sprungklage nicht zugestimmt, sondern stattdessen im November 2011 eine Einspruchsentscheidung erlassen. Mit Beschluss vom 16. September 2011 hat das Finanzgericht (FG) die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung aufgehoben.

2

In der Begründung seiner Entscheidung äußert das FG Bedenken, ob die Kernbrennstoffsteuer dem verfassungsrechtlichen Typus einer Verbrauchsteuer entspreche, so dass sie als Verbrauchsteuer i.S. des Art. 106 des Grundgesetzes (GG) angesehen werden könne, und ob dem Bund für die Einführung einer solchen Steuer nach Art. 105 Abs. 2 GG eine Gesetzgebungskompetenz zustehe. Die Kernbrennstoffe seien keine verbrauchsfähigen Güter im Sinne des herkömmlichen Verbrauchsteuerbegriffs, da sie ausschließlich im Rahmen eines Produktionsprozesses Verwendung fänden und nicht in den allgemeinen Wirtschaftsverkehr eingebracht würden. Besteuert werde die unternehmerische Tätigkeit der Erzeugung von Energie. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel, ob die Kernbrennstoffsteuer auf Abwälzbarkeit angelegt sei. In der Begründung zum Gesetzentwurf habe der Gesetzgeber ausgeführt, eine Überwälzung der den Stromerzeugern entstehenden zusätzlichen Kosten werde nur in geringem Umfang möglich sein (BTDrucks 17/3054 S. 1 und 2). Soweit nicht der Stromverbraucher belastet werden solle, kämen nur die Betreiber der Kernkraftwerke als Träger der Belastung in Betracht. Ernsthaft zweifelhaft sei auch, ob die Kernbrennstoffsteuer als "übrige Steuer" i.S. des Art. 105 Abs. 2 GG verstanden werden könne.

3

Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung stehe der Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids nicht entgegen. Die Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer würden nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) jährlich ca. 2,3 Mrd. € betragen. Diesem Betrag stünden nach der gleichen Prognose wegen der steuerlichen Absetzbarkeit der Steuer Mindereinnahmen im Bereich der Ertragsteuern in Höhe von 1,4 Mrd. € gegenüber. Diese Mindereinnahmen seien bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses zu berücksichtigen, auch wenn insoweit zum Teil die Länderhaushalte betroffen seien. Darüber hinaus sei eine Verringerung der Mehreinnahmen durch die vorzeitige Stilllegung von 8 der ursprünglich 17 Kernkraftwerke um mindestens ein Drittel zu berücksichtigen. Die Steuermehreinnahmen würden daher höchstens noch 600 Mio. € betragen, mithin ca. 0,3 % der Steuer- und sonstigen Einnahmen des Bundes. Die Belastung der Antragstellerin bei Nichtaufhebung der Vollziehung sei im Verhältnis zur Belastung der öffentlichen Haushalte im Falle einer Aufhebung demnach sehr hoch und würde die Aufhebung der Vollziehung der Steueranmeldung auch dann rechtfertigen, wenn das KernbrStG einen Geltungsvorrang beanspruchen könne.

4

Mit seiner Beschwerde begehrt das HZA die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung. Es hält das KernbrStG für verfassungsgemäß; am Verbrauchsteuercharakter der Kernbrennstoffsteuer, die auf Abwälzung angelegt sei, und an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes bestünden keine Zweifel. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes würde zur vorläufigen Nichtanwendung des KernbrStG und damit zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe führen. Allein für den Zeitraum Januar bis September 2011 beliefen sich die Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer auf über 875 Mio. €. Im Jahr 2011 sei mit einem Aufkommen von 1,3 Mrd. € und in den Folgejahren mit einem ähnlich hohen Aufkommen zu rechnen. Das öffentliche Interesse des Bundes an einer geordneten Haushaltsführung sei höher zu gewichten als das Individualinteresse der Antragstellerin.

5

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an.

6

Mit Zwischenbeschluss vom 11. Januar 2012 VII B 171/11 hat der beschließende Senat festgestellt, dass die vom HZA eingelegte Beschwerde zulässig ist.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung. Dem öffentlichen Interesse am Vollzug des KernbrStG kommt nach den Umständen des Streitfalls der Vorrang gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu.

8

1. Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts, hat das FG im Regelfall dessen Vollziehung auszusetzen oder im Falle eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt werden.

9

a) Ein solcher atypischer Fall kommt in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454). Ist dies der Fall, setzt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus (BFH-Beschlüsse vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 6. November 2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508; vom 30. Januar 2001 VII B 291/00, BFH/NV 2001, 1031, und vom 17. März 1994 VI B 154/93, BFHE 173, 554, BStBl II 1994, 567).

10

b) Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an (BFH-Beschlüsse in BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104, und vom 20. Mai 1992 III B 100/91, BFHE 168, 174, BStBl II 1992, 729). Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes ist dann der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen sind und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat (BFH-Beschluss in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; a.A. offenbar Seer, Vorläufiger Rechtsschutz bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines Steuergesetzes, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 325).

11

c) Wie das BVerfG entschieden hat, verstößt eine solche Interessensabwägung --die eine geordnete öffentliche Haushaltswirtschaft in den Blick nimmt-- nicht grundsätzlich gegen den aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz, zumindest solange der sofortige Vollzug des Verwaltungsakts die Ausnahme bleibt; in Ausnahmefällen können überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen (BVerfG-Beschluss vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283).

12

d) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin können diese Grundsätze nicht nur dann Geltung beanspruchen, wenn es um die Frage der materiellen Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm geht, sondern sie sind auch auf Fälle anzuwenden, in denen die formelle Verfassungsmäßigkeit einer Norm in Frage steht (zur fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes vgl. BFH-Beschluss in BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn ein Verfassungsverstoß offensichtlich wäre, so dass das Gesetz die formelle Verfassungswidrigkeit auf der Stirn trüge. In solchen Ausnahmefällen könnte Anlass bestehen, im Rahmen eines Aussetzungs- bzw. Aufhebungsverfahrens den Geltungsanspruch des Gesetzes in Frage zu stellen. So liegt es im Streitfall jedoch nicht (zur Verfassungsmäßigkeit des KernbrStG vgl. Wernsmann, Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Kernbrennstoffsteuer, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2011, 1367, und Jatzke, Die Kernbrennstoffsteuer - ein Exot im deutschen Verbrauchsteuerrecht, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2010, 278; Waldhoff, Die Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer und die steuerrechtliche Typenlehre, zur Veröffentlichung in der ZfZ 3/12 vorgesehen; a.A. Seer, DStR 2012, 325).

13

2. Zu Unrecht hat das FG im Streitfall die Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung angeordnet. Die im Streitfall gebotene Abwägung des für eine Aufhebung der Vollziehung sprechenden individuellen Interesses der Antragstellerin und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung sowie die gebotene Beachtung der Verwerfungskompetenz des BVerfG führen zu dem Ergebnis, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden kann.

14

a) In der praktischen Auswirkung käme die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einem einstweiligen Außerkraftsetzen des KernbrStG gleich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein dem BVerfG nach § 32 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes die Kompetenz zusteht, den Vollzug eines Gesetzes auszusetzen. Von dieser Möglichkeit ist nach Auffassung des BVerfG nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen, denn der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein Gesetz stellt stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar, so dass die Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, ein besonderes Gewicht haben müssen (BVerfG-Beschluss vom 22. Mai 2001  2 BvQ 48/00, BVerfGE 104, 23, 27 f.).

15

b) Nach Auffassung des beschließenden Senats liegt ein überwiegendes besonderes berechtigtes Interesse der Antragstellerin nicht vor. Eine faktische Außerkraftsetzung des KernbrStG würde zu Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe führen. Ausweislich des Referentenentwurfs rechnete die Bundesregierung in den Jahren 2011 bis 2016 mit einem jährlichen Aufkommen in Höhe von ca. 2,3 Mrd. €, das ohne gesetzlich festgelegte Zweckbindung zur Konsolidierung des Bundeshaushalts beitragen sollte (BTDrucks 17/3054 S. 1). Auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Paus u.a. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDrucks 17/4609) hat die Bundesregierung mitgeteilt, im Rahmen der Verhandlungen zum Förderfondsvertrag habe unter den Vertragspartnern ein Konsens bestanden, nach dem bei einem Steuersatz von 145 €/g Kernbrennstoff von einem durchschnittlichen Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer von 2,3 Mrd. € auszugehen sei, wobei im Falle eines gemeinsamen Kalkulationsirrtums über die Höhe des zu erzielenden Aufkommens eine korrigierende Erhöhung des Steuersatzes erfolgen könne (BTDrucks 17/4832 S. 4 f.). Von vornherein war die Einführung der neuen Steuer darauf angelegt, dem Bund Steuereinnahmen in Milliardenhöhe zu verschaffen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Aufkommenserwartungen im ersten Jahr der Erhebung der Kernbrennstoffsteuer nicht vollständig erfüllt worden sind. Im Jahr 2011 betrug das Gesamtaufkommen lediglich 922 Mio. €. Nach den Ergebnissen des Arbeitskreises Steuerschätzungen wird in den Folgejahren mit einem durchschnittlichen Aufkommen von ca. 1,3 Mrd. € gerechnet (Monatsbericht des BMF, November 2011).

16

c) Im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung können die durch die steuerliche Absetzbarkeit der Kernbrennstoffsteuer als Betriebsausgaben zu erwartenden Mindereinnahmen im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuern zwar nicht völlig außer Acht gelassen werden, jedoch erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass die verbleibenden Mehreinnahmen ein überwiegendes öffentliches Interesse des Bundes an einer geordneten Haushaltsführung nicht mehr begründen können. In seinem Beschluss vom 26. November 2010 geht der Bundesrat unter Voraussetzung der Nichtabwälzbarkeit der Steuer von Mindereinnahmen bei Ländern und Gemeinden in Höhe von 500 Mio. € aus (BRDrucks 687/10 S. 2). In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung bestätigt, dass die Mindereinnahmen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer bei allen Gebietskörperschaften zwischen 25 % und 30 % des Aufkommens der Kernbrennstoffsteuer betragen könnten, jedoch zugleich auf die Möglichkeit der Abwälzung der Steuer und auf die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke hingewiesen. Diese führe zu Zusatzgewinnen bei den Betreibern von Kernkraftwerken und damit zu zusätzlichem Aufkommen bei den Ertragsteuern. Deshalb gehe die Bundesregierung davon aus, dass das Steueraufkommen die Steuermindereinnahmen aus dem Betriebsausgabenabzug der Kernbrennstoffsteuer überkompensieren werde (BTDrucks 17/4832 S. 5). Diese Gesichtspunkte hat das FG bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen und dem prognostizierten Gesamtaufkommen von 2,3 Mrd. € einen auf Steuermindereinnahmen zurückzuführenden Abzugsbetrag in Höhe von 1,4 Mrd. € gegenübergestellt, dessen Berechnung nicht belegt wird. Jedenfalls ergibt sich dieser Betrag nicht aus der vom FG angeführten BTDrucks 17/3054. Aus der Beantwortung der bereits in Bezug genommenen Kleinen Anfrage in BTDrucks 17/4609 lässt sich auf Mindereinnahmen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer von lediglich 690 Mio. € schließen, wobei auf die Länder und Gemeinden ca. 500 Mio. € entfallen (BTDrucks 17/4832 S. 5). Danach bleibt es für den Bundeshaushalt bei Mehreinnahmen von über 2 Mrd. €.

17

d) Allerdings hat das FG zu Recht auf das Atom-Moratorium und die Stilllegung der ältesten Atomkraftwerke hingewiesen. Nach § 7 Abs. 1a des Atomgesetzes sind bei insgesamt acht Kernkraftwerken die Berechtigungen zum Leistungsbetrieb mit Ablauf des 6. August 2011 erloschen. Wie die Bundesregierung mitgeteilt hat, kann das erwartete Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer durch die dauerhafte Abschaltung dieser Kernkraftwerke jährlich um einen "dreistelligen Millionenbetrag im oberen Bereich" geringer ausfallen (BTDrucks 17/5749 S. 3). Auch die Berücksichtigung der mit der Abschaltung verbundenen Mindereinnahmen führt nicht zu einer derartigen Minderung des Aufkommens der Kernbrennstoffsteuer, dass das berechtigte Interesse des Bundes an einer Haushaltskonsolidierung und geordneten Haushaltsführung vernachlässigt werden könnte. Aufgrund der dauerhaften Stilllegung von acht Kernkraftwerken ist nach den Ergebnissen des Arbeitskreises Steuerschätzungen das geschätzte Aufkommen für das Jahr 2012 um 830 Mio. € und für die folgenden Jahre um jeweils 1 Mrd. € zu korrigieren (Monatsbericht des BMF, November 2011). Danach verbleibt ein prognostiziertes jährliches Steueraufkommen der Kernbrennstoffsteuer von über 1 Mrd. €.

18

Letztlich können Unsicherheiten bei der exakten Bestimmung des Steuerausfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung auf sich beruhen. Entscheidend ist, dass durch eine Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids das KernbrStG faktisch mit der Folge von drohenden hohen Einnahmeausfällen außer Kraft gesetzt würde.

19

e) Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht schlüssig zu entnehmen, dass durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohen würden. In diesem Zusammenhang verweist sie lediglich auf den teilweisen Wegfall der kalkulierbaren Gewinne aus der Kernenergiegewinnung und auf --nicht näher bezifferte-- Kosten für frustrierte Aufwendungen und nutzlos gewordene Anlageninvestitionen sowie umfangreiche Investitionen in alternative Formen der Energiegewinnung. Auch die Behauptung, dass für Zwecke der Ertragsbesteuerung zumindest in 2011 im Inland ein negatives Jahresergebnis erzielt werde, wird nicht näher belegt. Jedenfalls lässt sich aus diesen Angaben nicht auf eine drohende Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin schließen. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt eine Aufhebung der Vollziehung wegen unbilliger Härte voraus, dass der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht (BFH-Beschlüsse vom 29. März 2001 III B 80/00, BFH/NV 2001, 1294, und in BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18). Nach Einschätzung des Senats ist die (vorläufige) Entrichtung der Steuer der Antragstellerin durchaus zumutbar. Dies wird auch durch den Verzicht des FG auf die Anforderung einer Sicherheitsleistung belegt, den es damit begründet hat, dass Anhaltspunkte für eine Gefährdung des --im Streitfall sehr hohen-- Steueranspruchs nicht ersichtlich seien.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. P beteiligte sich als einziger Kommanditist an der durch notariell beurkundeten Vertrag vom 8. November 2006 gegründeten P GmbH & Co. KG (KG). P erbrachte seine Verpflichtung, eine Kommanditeinlage von 100.000 € zu leisten, durch Einbringung von Grundbesitz unter Abzug der darauf ruhenden Belastungen. Im August 2008 beschlossen die Gesellschafter der KG, diese durch Formwechsel in die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine AG, umzuwandeln. Einziger Aktionär ist P. Der Umwandlungsbeschluss wurde notariell beurkundet. Die Umwandlung wurde im September 2008 in das Handelsregister eingetragen.

2

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, Grunderwerbsteuer für die Einbringung des Grundbesitzes in die KG sei zunächst nach § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nicht zu erheben gewesen. Aufgrund der Umwandlung der KG in die Antragstellerin seien jedoch gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer entfallen. Das FA setzte demgemäß für die Einbringung Grunderwerbsteuer gegen die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der KG fest und bemaß diese nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG nach den gemäß § 138 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) gesondert festgestellten Grundstückswerten. Es erklärte die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 der Abgabenordnung (AO) für vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 BewG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

3

Das Finanzgericht (FG) gab dem vom FA abgelehnten Antrag der Antragstellerin, die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, beschränkt auf die Zeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder nach sonstiger Erledigung des Einspruchsverfahrens mit der Begründung statt, das FA habe zwar dem Grunde nach zu Recht angenommen, dass für die Einbringung Grunderwerbsteuer festzusetzen sei. Die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids sei aber wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der maßgebenden Vorschriften über die Grundstücksbewertung auszusetzen.

4

Dagegen wendet sich das FA mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat. Es vertritt die Auffassung, der Grunderwerbsteuerbescheid sei in jeder Hinsicht rechtmäßig. Jedenfalls fehle es aber an einem berechtigten Interesse der Antragstellerin an der begehrten Aussetzung der Vollziehung (AdV).

5

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

6

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie weist darauf hin, dass sich das FA gegenüber dem FG zu einer AdV gegen Sicherheitsleistung bereit erklärt habe.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben; der Antrag ist abzulehnen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von AdV nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt.

8

1. Das FA hat die Einbringung des Grundbesitzes in die KG zu Recht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterworfen. Ein Vertrag, durch den die Verpflichtung begründet wird, Grundstücke auf eine Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zu übertragen, ist im Sinne dieser Vorschrift ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet (Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 1 Rz 377; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 1 Rz 40; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 1 Rz 153).

9

2. Der Besteuerung steht § 5 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen.

10

a) Geht ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand über, so wird zwar nach dieser Vorschrift die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Diese Regelung ist aber nach § 5 Abs. 3 GrEStG insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert. Diese Voraussetzung des § 5 Abs. 3 GrEStG ist auch dann erfüllt, wenn die Gesamthand innerhalb dieser Frist durch Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird. Die den §§ 5 und 6 GrEStG zugrundeliegenden wirtschaftlichen Gesichtspunkte lassen es nicht zu, das Tatbestandsmerkmal der "Gesamthand" auf juristische Personen auszudehnen. Bei den Gesellschaftern juristischer Personen fehlt es an der bei Gesamthändern gegebenen unmittelbaren dinglichen Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Dezember 2002 II R 13/01, BFHE 200, 426, BStBl II 2003, 358, und vom 9. April 2008 II R 32/06, BFH/NV 2008, 1526; BFH-Beschluss vom 9. April 2009 II B 95/08, BFH/NV 2009, 1148, unter II. 2. d). Dass die früheren Gesamthänder als Gesellschafter an der durch den Formwechsel entstandenen Kapitalgesellschaft beteiligt sind, kann demgemäß die weitere Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG nach dem Formwechsel nicht mehr begründen.

11

b) Für die Einbringung des Grundbesitzes in die KG war demgemäß Grunderwerbsteuer festzusetzen. Da die KG innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundbesitzes auf die KG in eine AG umgewandelt wurde, sind die in § 5 Abs. 3 GrEStG bestimmten Voraussetzungen für die Erhebung der Steuer erfüllt. Die in § 5 Abs. 2 GrEStG zunächst vorgesehene Nichterhebung der Steuer für die Einbringung ist aufgrund der Umwandlung entfallen.

12

3. Die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids ist auch nicht deshalb auszusetzen, weil nach der Überzeugung des BFH § 11 GrEStG mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S. des § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 3 BewG zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet (Vorlagebeschlüsse vom 2. März 2011 II R 64/08 und II R 23/10, jeweils www.bundesfinanzhof.de; diese Verfahren sind ausgesetzt bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- in den Verfahren 1 BvL 14/11 und 1 BvL 13/11). Es ist nämlich nicht zu erwarten, dass eine BVerfG-Entscheidung, die dieser Ansicht folgt, zu einer Änderung bereits ergangener Steuerbescheide führen wird. Wegen der Einzelheiten wird auf den BFH-Beschluss vom 5. April 2011 II B 153/10 (Deutsches Steuerrecht 2011, 769) verwiesen. Dem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin wird auf hinreichende Art und Weise dadurch entsprochen, dass das FA die Steuerfestsetzung hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 BewG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist, gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO für vorläufig erklärt hat.

13

4. Der Ablehnung des AdV-Antrags steht nicht entgegen, dass das FA in dem an das FG gerichteten Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 erklärt hatte, es sei ausnahmsweise bereit, die AdV gegen Sicherheitsleistung zu gewähren. Hierbei handelte es sich lediglich um eine Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren und nicht um eine vom FA selbst vorgenommene AdV gegen Sicherheitsleistung. Das FA hat vielmehr in dem Schriftsatz ausgeführt, es beantrage die Ablehnung des Antrags, wenn eine AdV gegen Sicherheitsleistung nicht in Betracht komme.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Streitpunkt ist, ob in Zusammenhang mit der Einbringung von Kapitalgesellschaftsanteilen aufgrund Anteilsvereinigung angefallene Grunderwerbsteuern als Anschaffungskosten der erworbenen Anteile zu aktivieren sind oder ob es sich dabei um sofort abzugsfähigen Aufwand handelt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 30. September, die im Streitjahr (2000) die Rechtsform einer AG hatte und deren sämtliche Anteile --teilweise mittelbar-- von der X-AG gehalten wurden. Die X-AG war ferner unmittelbar zu jeweils 50,1 v.H. an der A-GmbH sowie an der B-AG beteiligt. Zu den Betriebsvermögen der beiden letztgenannten Gesellschaften zählte jeweils auch Grundbesitz. Die restlichen Anteile an der A-GmbH und an der B-AG gehörten zum ganz überwiegenden Teil der Y-AG, an der die Klägerin im Streitjahr zu 88 v.H. beteiligt war und zu der sie als Organträgerin in einem körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnis stand.

3

Mit Einbringungsvertrag vom 29. Juni 2000 übertrug die X-AG ihre Anteile an der A-GmbH und an der B-AG im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Kapitalerhöhung durch Sacheinlage gemäß § 183 des Aktiengesetzes (AktG) auf diese. Die Einbringung erfolgte nach § 20 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 zu Buchwerten. Nach Erwerb der Anteile war die Klägerin auf Grundlage des Berechnungsmodus des § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b des Grunderwerbsteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) --GrEStG-- für die Hinzurechnung von Anteilen abhängiger Gesellschaften zu mehr als 95 v.H. unmittelbar und mittelbar an beiden Gesellschaften beteiligt. Das zuständige Betriebsfinanzamt wertete den Einbringungsvorgang als grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG und stellte die grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen entsprechend fest. Die jeweiligen Belegenheitsfinanzämter setzten gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuern in Höhe von zuletzt insgesamt 435.283,23 € fest.

4

Die Klägerin zog die Zahlungen für die Grunderwerbsteuern in ihrer Steuerbilanz zum 30. September 2000 als Betriebsausgaben ab. In ihrer Handelsbilanz --nicht aber in der Steuerbilanz-- aktivierte die Klägerin die Grunderwerbsteuern als Anschaffungsnebenkosten auf die eingebrachten Beteiligungen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, bei den Aufwendungen für die Grunderwerbsteuern handele es sich um aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten auf die eingebrachten Beteiligungen und erließ entsprechende körperschaftsteuerrechtliche Änderungsbescheide für das Streitjahr.

5

Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg; das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hat sie als unbegründet abgewiesen. Sein Urteil vom 8. Dezember 2009  6 K 4720/07 K,F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 666 abgedruckt.

6

Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin.

7

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Bescheid über Körperschaftsteuer 2000, Solidaritätszuschlag und Feststellungen nach § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) vom 2. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2007 dahingehend zu ändern, dass von einem um die aktivierte Grunderwerbsteuer geringeren zu versteuernden Einkommen ausgegangen wird.

8

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer begründet und führt insoweit gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur antragsgemäßen Änderung des angefochtenen Bescheids. Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

10

1. Bei der Ermittlung des Bilanzgewinns der Klägerin sind die infolge der grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsvereinigungen hinsichtlich der A-GmbH und der B-AG gegen die Klägerin festgesetzten Grunderwerbsteuern nicht als Anschaffungsnebenkosten der durch Sacheinlage erworbenen Beteiligungen an diesen Gesellschaften zu aktivieren.

11

a) Im Ausgangspunkt zutreffend --und auch von der Revision nicht beanstandet-- hat das FG allerdings angenommen, dass die Beteiligungen an den Kapitalgesellschaften in der Bilanz der Klägerin zum 30. September 2000 gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1999 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind. Denn der Klägerin wurden die Beteiligungen nicht durch eine Einlage der X-AG i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG 1997 zugeführt, für die die in dieser Vorschrift normierten Bewertungsregeln gelten würden, sondern durch einen Erwerbsvorgang. Die Einbringung der Beteiligungen im Wege der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage (§ 183 AktG) ist steuerrechtlich als tauschähnliches Geschäft (Hingabe der Einlageforderung gegen den Empfang des Sachwertes, vgl. Senatsurteile vom 24. April 2007 I R 35/05, BFHE 218, 97, BStBl II 2008, 253, und vom 7. April 2010 I R 55/09, BFHE 229, 518, BStBl II 2010, 1094, m.w.N.) und nicht als Einlage anzusehen.

12

b) Die gegen die Klägerin festgesetzten Grunderwerbsteuern rechnen indes entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht zu den Anschaffungs(neben)kosten.

13

Nach der Definition des § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer abweichenden Definition im Körperschaft- oder Einkommensteuergesetz auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen (Senatsurteil vom 3. August 2005 I R 36/04, BFHE 211, 112, BStBl II 2006, 369, m.w.N.).

14

Der Begriff der Anschaffungskosten ist wegen der Einbeziehung von Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich umfassend. Er enthält --unter Ausschluss der Gemeinkosten-- alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. April 1977 VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II 1977, 600; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 255 HGB Rz 18), somit neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Juli 1989 IV R 27/87, BFHE 157, 554, BStBl II 1990, 126). Nicht entscheidend ist, ob diese Kosten bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder erst im Anschluss hieran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs entstehen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620).

15

Allerdings können "Anschaffungs"kosten eines Wirtschaftsguts nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind (BFH-Urteile vom 3. Juli 1997 III R 114/95, BFHE 183, 504, BStBl II 1997, 811; vom 17. Oktober 2001 I R 32/00, BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349). Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an (finaler Begriff der Anschaffungskosten, vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101; Senatsurteil in BFHE 211, 112, BStBl II 2006, 369, jeweils m.w.N.). Dieser Zweck muss --aus der Sicht des Bilanzierenden-- auf die beabsichtigte Funktion und Eigenschaft ("angestrebter Erfolg und betriebsbereiter Zustand", vgl. BFH-Beschluss in BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620) des angeschafften Wirtschaftsguts als Teil des Betriebsvermögens gerichtet sein (Senatsurteil in BFHE 211, 112, BStBl II 2006, 369).

16

c) Ob nach diesen Maßgaben die Grunderwerbsteuern, die bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG infolge unmittelbarer oder mittelbarer Anteilsvereinigung entstehen können, als Anschaffungsnebenkosten auf die hinzuerworbenen Anteile anzusehen sind, wird unterschiedlich beurteilt. Einige FG und die Finanzverwaltung bejahen dies (neben der vorinstanzlichen Entscheidung auch Urteil des FG München vom 21. Juni 2005  2 K 3182/02, EFG 2007, 252; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juli 2009  6 K 2349/08, juris; Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 20. August 2007, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 1679; Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 24. Juli 2007 S 2171-65-StO 221/222, juris; ebenso Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 30. Aufl., § 6 Rz 54 --anders Glanegger in Schmidt, 28. Aufl., § 6 Rz 84--; Gosch in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 17 Rz 105; Grotherr, Betriebs-Berater --BB-- 1994, 1970, 1975; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 6 EStG Rz 167 --offenlassend ders. in Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 2. Aufl., § 255 Rz 27 [Fn. 36]--; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz 1009; Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 21 UmwStG [SEStEG] Rz 70; Menner in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 20 Rz 370; Mayer-Wegelin in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 6 Rz 311). Ein Teil der Literatur ist gegenteiliger Auffassung und spricht sich für eine Behandlung der Grunderwerbsteuern als sofort abziehbarer Aufwand aus (Ellrott/Brendt in Beck'scher Bilanzkommentar, 7. Aufl., § 255 Rz 325 "Grunderwerbsteuer"; Heine, Die Information über Steuer und Wirtschaft --INF-- 2002, 44, 45, und INF 2004, 583, 586 sowie INF 2005, 782, 783; Lohmann/von Goldacker/Gick, BB 2007, 295, 296 f.; Lohmann/von Goldacker/Zeitz, BB 2007, 2777 und BB 2009, 477; Behrens, DStR 2008, 338, 341 f.; Müller, Der Betrieb 1997, 1433, 1435; Korn/Strahl in Korn, EStG, § 6 Rz 294; Ortmann-Babel in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 6 Rz 283m "Grunderwerbsteuer"; Roser in Gosch/Schwedhelm/Spiegelberger, GmbH-Beratung, Nr. 7 zu Grunderwerbsteuer). Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend.

17

aa) Nach der im Streitfall zur Anwendung gekommenen Bestimmung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt --soweit hier von Interesse-- der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 v.H. der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen vereinigt werden würden. Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (BFH-Urteil vom 2. April 2008 II R 53/06, BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544, m.w.N.). Das Gesetz fingiert folglich mit Hilfe des Ersatztatbestands der Anteilsvereinigung einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang (vgl. BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 65/08, BFHE 231, 239, zu § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG).

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bb) Das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsobjekt bei der Anteilsvereinigung --nämlich der fiktive Erwerb der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke-- findet im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung. Die Grundstücke befinden sich nach dem Anteilserwerb unverändert im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Gesellschaft und sind weiterhin bei dieser und nicht bei dem Anteilserwerber zu bilanzieren. Die Verfügungsmacht über die Grundstücke ist weder rechtlich noch wirtschaftlich Gegenstand der Erwerbsvorgänge in Bezug auf die Geschäftsanteile.

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cc) Aus dieser fehlenden Entsprechung im Ertragsteuerrecht folgt nicht --wie die Vorinstanz offenbar meint--, dass mangels Anknüpfungsmöglichkeit an das "eigentliche" Besteuerungsobjekt die Grunderwerbsteuer stattdessen dem Anteilserwerb als Anschaffungskosten zugeordnet werden müsste, weil dieser das letzte die Grunderwerbsteuerpflicht auslösende Tatbestandselement ist. Vielmehr fehlt es in ertragsteuerlicher Hinsicht an einem über die reine Kausalität hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Anschaffungsvorgang. Da Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Steuer nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern eine spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein anderes, nicht vom Anteilserwerber angeschafftes und nicht bei diesem zu erfassendes Wirtschaftsgut ist, handelt es sich dabei um Aufwand, der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final dem hinzuerworbenen Geschäftsanteil zugeordnet werden kann.

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dd) Auch das FG hat diese Zusammenhänge im Ansatz zutreffend erkannt, da auch aus seiner Sicht die Grunderwerbsteuer im Falle der Anteilsvereinigung nicht "für" den Anteilerwerb entrichtet wird. Soweit die Vorinstanz (ähnlich Urteil des FG München in EFG 2007, 252) aber meint, es komme in diesem Fall für den Anschaffungskostenbegriff nicht auf die Zweckgerichtetheit der Aufwendungen an, weil die Entstehung der Grunderwerbsteuer auf einer der Disposition des Steuerpflichtigen entzogenen, zwingenden Folge des Anteilserwerbs beruhe, folgt der Senat dem nicht. Denn es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, bei der Prüfung von Aufwendungen auf ihren Zweckzusammenhang mit der Anschaffung eines Wirtschaftsguts unterschiedliche Maßstäbe anzulegen, je nachdem, ob es sich um vermeidbare oder um gesetzlich festgelegte Aufwendungen handelt. Aus dem vom FG herangezogenen BFH-Urteil in BFHE 157, 554, BStBl II 1990, 126 --betreffend einen baurechtlichen Flächenbeitrag in Bezug auf ein Grundstück-- ergibt sich nichts Gegenteiliges. Auch im Hinblick auf gesetzlich angeordnete Aufwendungen bleibt es deshalb dabei, dass die bloße Ursächlichkeit des Erwerbs für die Entstehung der Aufwendungen zur Charakterisierung als Anschaffungs(neben)kosten nicht ausreicht, sondern zusätzlich auch ein innerer, finaler Zweckzusammenhang zwischen Anschaffungsvorgang und Aufwendung erforderlich ist, an dem es hier fehlt.

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ee) Für die Richtigkeit dieser Lösung spricht, dass eine Aktivierung der Grunderwerbsteuer insbesondere beim Erwerb von sog. "Zwerganteilen" zu überhöhten und deshalb wenig sachgerechten Bilanzansätzen führen könnte. Denn weil die Grunderwerbsteuer in den Fällen der Anteilsvereinigung nicht anhand der für den Anteilserwerb gezahlten Vergütung, sondern auf der Grundlage des sog. Bedarfswertes der fiktiv erworbenen Grundstücke bemessen wird (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 2 oder 3 des Bewertungsgesetzes, s. dazu BFH-Beschluss vom 2. März 2011 II R 23/10, BFHE 232, 358), kann der Erwerb einer geringfügigen Beteiligung, wenn dadurch der Tatbestand einer unmittelbaren oder mittelbaren Anteilsvereinigung verwirklicht wird, Grunderwerbsteuern auslösen, die die "Haupt"-Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen Anteile erheblich übersteigen. So wären z.B. gleich hohe Grunderwerbsteuern wie die im Streitfall festgesetzten entstanden, wenn die Klägerin anstatt 50,1 v.H. nur jeweils 0,1 v.H. der Anteile der A-GmbH und der B-AG erworben hätte (und die Y-GmbH jeweils mindestens 94,9 v.H. der Geschäftsanteile innegehabt hätte).

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d) Das FG hat eine andere Auffassung vertreten. Sein Urteil ist deshalb hinsichtlich der Festsetzung der Körperschaftsteuer aufzuheben. Der angefochtene Bescheid ist dahin abzuändern, dass bei der Ermittlung des Gewinns die von der Klägerin gezahlten Grunderwerbsteuern nicht als Anschaffungskosten auf die Beteiligungen an der A-GmbH und an der B-AG aktiviert werden. Die Berechnung der Körperschaftsteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.

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2. Im Übrigen (Festsetzung des Solidaritätszuschlags, gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG 1999 zum 30. September 2000 und Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG 1999) ist die Revision unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Einwendungen der Klägerin betreffen ausschließlich die Ermittlung ihres Bilanzgewinns als Grundlage ihres zu versteuernden Einkommens. Insoweit ist der Körperschaftsteuerbescheid aber Grundlagenbescheid sowohl für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags (vgl. § 1 Abs. 5 des Solidaritätszuschlagsgesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern vom 21. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1978, BStBl I 2001, 38) als auch für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 (§ 47 Abs. 2 KStG 1999). Die diesbezüglichen Einwendungen können deshalb gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung nur im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid als Grundlagenbescheid, nicht aber in den Verfahren gegen die Folgebescheide geltend gemacht werden (vgl. z.B. Senatsurteil vom 12. Oktober 2010 I R 99/09, BFH/NV 2011, 650, m.w.N.).

(1) Der Solidaritätszuschlag bemisst sich vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5,

1.
soweit eine Veranlagung zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer vorzunehmen ist:nach der nach Absatz 2 berechneten Einkommensteuer oder der festgesetzten Körperschaftsteuer für Veranlagungszeiträume ab 1998, vermindert um die anzurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag verbleibt;
2.
soweit Vorauszahlungen zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer zu leisten sind:nach den Vorauszahlungen auf die Steuer für Veranlagungszeiträume ab 2002;
3.
soweit Lohnsteuer zu erheben ist:nach der nach Absatz 2a berechneten Lohnsteuer für
a)
laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31. Dezember 1997 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird,
b)
sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 1997 zufließen;
4.
soweit ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durchzuführen ist, nach der nach Absatz 2a sich ergebenden Jahreslohnsteuer für Ausgleichsjahre ab 1998;
5.
soweit Kapitalertragsteuer oder Zinsabschlag zu erheben ist außer in den Fällen des § 43b des Einkommensteuergesetzes:nach der ab 1. Januar 1998 zu erhebenden Kapitalertragsteuer oder dem ab diesem Zeitpunkt zu erhebenden Zinsabschlag;
6.
soweit bei beschränkt Steuerpflichtigen ein Steuerabzugsbetrag nach § 50a des Einkommensteuergesetzes zu erheben ist:nach dem ab 1. Januar 1998 zu erhebenden Steuerabzugsbetrag.

(2) Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag die Einkommensteuer, die abweichend von § 2 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes in allen Fällen des § 32 des Einkommensteuergesetzes festzusetzen wäre.

(2a) Vorbehaltlich des § 40a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist beim Steuerabzug vom Arbeitslohn Bemessungsgrundlage die Lohnsteuer; beim Steuerabzug vom laufenden Arbeitslohn und beim Jahresausgleich ist die Lohnsteuer maßgebend, die sich ergibt, wenn der nach § 39b Absatz 2 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes zu versteuernde Jahresbetrag für die Steuerklassen I, II und III im Sinne des § 38b des Einkommensteuergesetzes um den doppelten Kinderfreibetrag sowie den doppelten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und für die Steuerklasse IV im Sinne des § 38b des Einkommensteuergesetzes um den Kinderfreibetrag sowie den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (§ 32 Absatz 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes) für jedes Kind vermindert wird, für das eine Kürzung der Freibeträge für Kinder nach § 32 Absatz 6 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Betracht kommt. Bei der Anwendung des § 39b des Einkommensteuergesetzes für die Ermittlung des Solidaritätszuschlages ist die als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildete Zahl der Kinderfreibeträge maßgebend. Bei Anwendung des § 39f des Einkommensteuergesetzes ist beim Steuerabzug vom laufenden Arbeitslohn die Lohnsteuer maßgebend, die sich bei Anwendung des nach § 39f Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ermittelten Faktors auf den nach den Sätzen 1 und 2 ermittelten Betrag ergibt.

(3) Der Solidaritätszuschlag ist von einkommensteuerpflichtigen Personen nur zu erheben, wenn die Bemessungsgrundlage nach Absatz 1 Nummer 1 und 2, vermindert um die Einkommensteuer nach § 32d Absatz 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes,

1.
in den Fällen des § 32a Absatz 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes 35 086 Euro,
2.
in anderen Fällen 17 543 Euro
übersteigt. Auf die Einkommensteuer nach § 32d Absatz 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes ist der Solidaritätszuschlag ungeachtet des Satzes 1 zu erheben.

(4) Beim Abzug vom laufenden Arbeitslohn ist der Solidaritätszuschlag nur zu erheben, wenn die Bemessungsgrundlage im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum

1.
bei monatlicher Lohnzahlung
a)
in der Steuerklasse III mehr als 2 923,83 Euro und
b)
in den Steuerklassen I, II, IV bis VI mehr als 1 461,92 Euro,
2.
bei wöchentlicher Lohnzahlung
a)
in der Steuerklasse III mehr als 682,23 Euro und
b)
in den Steuerklassen I, II, IV bis VI mehr als 341,11 Euro,
3.
bei täglicher Lohnzahlung
a)
in der Steuerklasse III mehr als 97,46 Euro und
b)
in den Steuerklassen I, II, IV bis VI mehr als 48,73 Euro beträgt.

(4a) Beim Abzug von einem sonstigen Bezug ist der Solidaritätszuschlag nur zu erheben, wenn die Jahreslohnsteuer im Sinne des § 39b Absatz 3 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes unter Berücksichtigung des Kinderfreibetrags und des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf für jedes Kind entsprechend den Vorgaben in Absatz 2a folgende Beträge übersteigt:

1.
in den Steuerklassen I, II, IV bis VI 17 543 Euro und
2.
in der Steuerklasse III 35 086 Euro.
Die weiteren Berechnungsvorgaben in § 39b Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes finden Anwendung.

(5) Beim Lohnsteuer-Jahresausgleich ist der Solidaritätszuschlag nur zu ermitteln, wenn die Bemessungsgrundlage in Steuerklasse III mehr als 35 086 Euro und in den Steuerklassen I, II oder IV mehr als 17 543 Euro beträgt.

Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 Prozent der Bemessungsgrundlage. Er beträgt nicht mehr als 11,9 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen der Bemessungsgrundlage, vermindert um die Einkommensteuer nach § 32d Absatz 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes, und der nach § 3 Absatz 3, 4 und 5 jeweils maßgebenden Freigrenze. Bruchteile eines Cents bleiben außer Ansatz. Der Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer nach § 32d Absatz 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes und auf die Lohnsteuer nach § 39b Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes beträgt ungeachtet des Satzes 2 5,5 Prozent.