Bundesfinanzhof Beschluss, 09. März 2012 - VII B 171/11

bei uns veröffentlicht am09.03.2012

Tatbestand

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I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) betreibt in X ein Kraftwerk. Im Juni 2011 setzte sie in den Kernreaktor Brennelemente ein und löste anschließend eine selbsttragende Kettenreaktion aus, was zur Steuerentstehung nach § 5 Abs. 1 des Kernbrennstoffsteuergesetzes (KernbrStG) führte. Die verwendeten Brennelemente enthielten ... Gramm Uran 235. In ihrer für den Monat Juni 2011 abgegebenen Steueranmeldung berechnete die Antragstellerin eine Steuer von ... €, die zunächst bezahlt worden ist. Die Antragstellerin hat jedoch Sprungklage erhoben und Aufhebung der Vollziehung beantragt. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) hat der Sprungklage nicht zugestimmt, sondern stattdessen im November 2011 eine Einspruchsentscheidung erlassen. Mit Beschluss vom 16. September 2011 hat das Finanzgericht (FG) die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung aufgehoben.

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In der Begründung seiner Entscheidung äußert das FG Bedenken, ob die Kernbrennstoffsteuer dem verfassungsrechtlichen Typus einer Verbrauchsteuer entspreche, so dass sie als Verbrauchsteuer i.S. des Art. 106 des Grundgesetzes (GG) angesehen werden könne, und ob dem Bund für die Einführung einer solchen Steuer nach Art. 105 Abs. 2 GG eine Gesetzgebungskompetenz zustehe. Die Kernbrennstoffe seien keine verbrauchsfähigen Güter im Sinne des herkömmlichen Verbrauchsteuerbegriffs, da sie ausschließlich im Rahmen eines Produktionsprozesses Verwendung fänden und nicht in den allgemeinen Wirtschaftsverkehr eingebracht würden. Besteuert werde die unternehmerische Tätigkeit der Erzeugung von Energie. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel, ob die Kernbrennstoffsteuer auf Abwälzbarkeit angelegt sei. In der Begründung zum Gesetzentwurf habe der Gesetzgeber ausgeführt, eine Überwälzung der den Stromerzeugern entstehenden zusätzlichen Kosten werde nur in geringem Umfang möglich sein (BTDrucks 17/3054 S. 1 und 2). Soweit nicht der Stromverbraucher belastet werden solle, kämen nur die Betreiber der Kernkraftwerke als Träger der Belastung in Betracht. Ernsthaft zweifelhaft sei auch, ob die Kernbrennstoffsteuer als "übrige Steuer" i.S. des Art. 105 Abs. 2 GG verstanden werden könne.

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Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung stehe der Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids nicht entgegen. Die Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer würden nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) jährlich ca. 2,3 Mrd. € betragen. Diesem Betrag stünden nach der gleichen Prognose wegen der steuerlichen Absetzbarkeit der Steuer Mindereinnahmen im Bereich der Ertragsteuern in Höhe von 1,4 Mrd. € gegenüber. Diese Mindereinnahmen seien bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses zu berücksichtigen, auch wenn insoweit zum Teil die Länderhaushalte betroffen seien. Darüber hinaus sei eine Verringerung der Mehreinnahmen durch die vorzeitige Stilllegung von 8 der ursprünglich 17 Kernkraftwerke um mindestens ein Drittel zu berücksichtigen. Die Steuermehreinnahmen würden daher höchstens noch 600 Mio. € betragen, mithin ca. 0,3 % der Steuer- und sonstigen Einnahmen des Bundes. Die Belastung der Antragstellerin bei Nichtaufhebung der Vollziehung sei im Verhältnis zur Belastung der öffentlichen Haushalte im Falle einer Aufhebung demnach sehr hoch und würde die Aufhebung der Vollziehung der Steueranmeldung auch dann rechtfertigen, wenn das KernbrStG einen Geltungsvorrang beanspruchen könne.

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Mit seiner Beschwerde begehrt das HZA die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung. Es hält das KernbrStG für verfassungsgemäß; am Verbrauchsteuercharakter der Kernbrennstoffsteuer, die auf Abwälzung angelegt sei, und an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes bestünden keine Zweifel. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes würde zur vorläufigen Nichtanwendung des KernbrStG und damit zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe führen. Allein für den Zeitraum Januar bis September 2011 beliefen sich die Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer auf über 875 Mio. €. Im Jahr 2011 sei mit einem Aufkommen von 1,3 Mrd. € und in den Folgejahren mit einem ähnlich hohen Aufkommen zu rechnen. Das öffentliche Interesse des Bundes an einer geordneten Haushaltsführung sei höher zu gewichten als das Individualinteresse der Antragstellerin.

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Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an.

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Mit Zwischenbeschluss vom 11. Januar 2012 VII B 171/11 hat der beschließende Senat festgestellt, dass die vom HZA eingelegte Beschwerde zulässig ist.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung. Dem öffentlichen Interesse am Vollzug des KernbrStG kommt nach den Umständen des Streitfalls der Vorrang gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu.

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1. Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts, hat das FG im Regelfall dessen Vollziehung auszusetzen oder im Falle eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt werden.

9

a) Ein solcher atypischer Fall kommt in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454). Ist dies der Fall, setzt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus (BFH-Beschlüsse vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 6. November 2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508; vom 30. Januar 2001 VII B 291/00, BFH/NV 2001, 1031, und vom 17. März 1994 VI B 154/93, BFHE 173, 554, BStBl II 1994, 567).

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b) Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an (BFH-Beschlüsse in BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104, und vom 20. Mai 1992 III B 100/91, BFHE 168, 174, BStBl II 1992, 729). Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes ist dann der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen sind und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat (BFH-Beschluss in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; a.A. offenbar Seer, Vorläufiger Rechtsschutz bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines Steuergesetzes, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 325).

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c) Wie das BVerfG entschieden hat, verstößt eine solche Interessensabwägung --die eine geordnete öffentliche Haushaltswirtschaft in den Blick nimmt-- nicht grundsätzlich gegen den aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz, zumindest solange der sofortige Vollzug des Verwaltungsakts die Ausnahme bleibt; in Ausnahmefällen können überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen (BVerfG-Beschluss vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283).

12

d) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin können diese Grundsätze nicht nur dann Geltung beanspruchen, wenn es um die Frage der materiellen Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm geht, sondern sie sind auch auf Fälle anzuwenden, in denen die formelle Verfassungsmäßigkeit einer Norm in Frage steht (zur fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes vgl. BFH-Beschluss in BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn ein Verfassungsverstoß offensichtlich wäre, so dass das Gesetz die formelle Verfassungswidrigkeit auf der Stirn trüge. In solchen Ausnahmefällen könnte Anlass bestehen, im Rahmen eines Aussetzungs- bzw. Aufhebungsverfahrens den Geltungsanspruch des Gesetzes in Frage zu stellen. So liegt es im Streitfall jedoch nicht (zur Verfassungsmäßigkeit des KernbrStG vgl. Wernsmann, Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Kernbrennstoffsteuer, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2011, 1367, und Jatzke, Die Kernbrennstoffsteuer - ein Exot im deutschen Verbrauchsteuerrecht, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2010, 278; Waldhoff, Die Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer und die steuerrechtliche Typenlehre, zur Veröffentlichung in der ZfZ 3/12 vorgesehen; a.A. Seer, DStR 2012, 325).

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2. Zu Unrecht hat das FG im Streitfall die Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung angeordnet. Die im Streitfall gebotene Abwägung des für eine Aufhebung der Vollziehung sprechenden individuellen Interesses der Antragstellerin und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung sowie die gebotene Beachtung der Verwerfungskompetenz des BVerfG führen zu dem Ergebnis, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden kann.

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a) In der praktischen Auswirkung käme die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einem einstweiligen Außerkraftsetzen des KernbrStG gleich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein dem BVerfG nach § 32 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes die Kompetenz zusteht, den Vollzug eines Gesetzes auszusetzen. Von dieser Möglichkeit ist nach Auffassung des BVerfG nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen, denn der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein Gesetz stellt stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar, so dass die Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, ein besonderes Gewicht haben müssen (BVerfG-Beschluss vom 22. Mai 2001  2 BvQ 48/00, BVerfGE 104, 23, 27 f.).

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b) Nach Auffassung des beschließenden Senats liegt ein überwiegendes besonderes berechtigtes Interesse der Antragstellerin nicht vor. Eine faktische Außerkraftsetzung des KernbrStG würde zu Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe führen. Ausweislich des Referentenentwurfs rechnete die Bundesregierung in den Jahren 2011 bis 2016 mit einem jährlichen Aufkommen in Höhe von ca. 2,3 Mrd. €, das ohne gesetzlich festgelegte Zweckbindung zur Konsolidierung des Bundeshaushalts beitragen sollte (BTDrucks 17/3054 S. 1). Auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Paus u.a. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDrucks 17/4609) hat die Bundesregierung mitgeteilt, im Rahmen der Verhandlungen zum Förderfondsvertrag habe unter den Vertragspartnern ein Konsens bestanden, nach dem bei einem Steuersatz von 145 €/g Kernbrennstoff von einem durchschnittlichen Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer von 2,3 Mrd. € auszugehen sei, wobei im Falle eines gemeinsamen Kalkulationsirrtums über die Höhe des zu erzielenden Aufkommens eine korrigierende Erhöhung des Steuersatzes erfolgen könne (BTDrucks 17/4832 S. 4 f.). Von vornherein war die Einführung der neuen Steuer darauf angelegt, dem Bund Steuereinnahmen in Milliardenhöhe zu verschaffen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Aufkommenserwartungen im ersten Jahr der Erhebung der Kernbrennstoffsteuer nicht vollständig erfüllt worden sind. Im Jahr 2011 betrug das Gesamtaufkommen lediglich 922 Mio. €. Nach den Ergebnissen des Arbeitskreises Steuerschätzungen wird in den Folgejahren mit einem durchschnittlichen Aufkommen von ca. 1,3 Mrd. € gerechnet (Monatsbericht des BMF, November 2011).

16

c) Im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung können die durch die steuerliche Absetzbarkeit der Kernbrennstoffsteuer als Betriebsausgaben zu erwartenden Mindereinnahmen im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuern zwar nicht völlig außer Acht gelassen werden, jedoch erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass die verbleibenden Mehreinnahmen ein überwiegendes öffentliches Interesse des Bundes an einer geordneten Haushaltsführung nicht mehr begründen können. In seinem Beschluss vom 26. November 2010 geht der Bundesrat unter Voraussetzung der Nichtabwälzbarkeit der Steuer von Mindereinnahmen bei Ländern und Gemeinden in Höhe von 500 Mio. € aus (BRDrucks 687/10 S. 2). In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung bestätigt, dass die Mindereinnahmen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer bei allen Gebietskörperschaften zwischen 25 % und 30 % des Aufkommens der Kernbrennstoffsteuer betragen könnten, jedoch zugleich auf die Möglichkeit der Abwälzung der Steuer und auf die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke hingewiesen. Diese führe zu Zusatzgewinnen bei den Betreibern von Kernkraftwerken und damit zu zusätzlichem Aufkommen bei den Ertragsteuern. Deshalb gehe die Bundesregierung davon aus, dass das Steueraufkommen die Steuermindereinnahmen aus dem Betriebsausgabenabzug der Kernbrennstoffsteuer überkompensieren werde (BTDrucks 17/4832 S. 5). Diese Gesichtspunkte hat das FG bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen und dem prognostizierten Gesamtaufkommen von 2,3 Mrd. € einen auf Steuermindereinnahmen zurückzuführenden Abzugsbetrag in Höhe von 1,4 Mrd. € gegenübergestellt, dessen Berechnung nicht belegt wird. Jedenfalls ergibt sich dieser Betrag nicht aus der vom FG angeführten BTDrucks 17/3054. Aus der Beantwortung der bereits in Bezug genommenen Kleinen Anfrage in BTDrucks 17/4609 lässt sich auf Mindereinnahmen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer von lediglich 690 Mio. € schließen, wobei auf die Länder und Gemeinden ca. 500 Mio. € entfallen (BTDrucks 17/4832 S. 5). Danach bleibt es für den Bundeshaushalt bei Mehreinnahmen von über 2 Mrd. €.

17

d) Allerdings hat das FG zu Recht auf das Atom-Moratorium und die Stilllegung der ältesten Atomkraftwerke hingewiesen. Nach § 7 Abs. 1a des Atomgesetzes sind bei insgesamt acht Kernkraftwerken die Berechtigungen zum Leistungsbetrieb mit Ablauf des 6. August 2011 erloschen. Wie die Bundesregierung mitgeteilt hat, kann das erwartete Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer durch die dauerhafte Abschaltung dieser Kernkraftwerke jährlich um einen "dreistelligen Millionenbetrag im oberen Bereich" geringer ausfallen (BTDrucks 17/5749 S. 3). Auch die Berücksichtigung der mit der Abschaltung verbundenen Mindereinnahmen führt nicht zu einer derartigen Minderung des Aufkommens der Kernbrennstoffsteuer, dass das berechtigte Interesse des Bundes an einer Haushaltskonsolidierung und geordneten Haushaltsführung vernachlässigt werden könnte. Aufgrund der dauerhaften Stilllegung von acht Kernkraftwerken ist nach den Ergebnissen des Arbeitskreises Steuerschätzungen das geschätzte Aufkommen für das Jahr 2012 um 830 Mio. € und für die folgenden Jahre um jeweils 1 Mrd. € zu korrigieren (Monatsbericht des BMF, November 2011). Danach verbleibt ein prognostiziertes jährliches Steueraufkommen der Kernbrennstoffsteuer von über 1 Mrd. €.

18

Letztlich können Unsicherheiten bei der exakten Bestimmung des Steuerausfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung auf sich beruhen. Entscheidend ist, dass durch eine Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids das KernbrStG faktisch mit der Folge von drohenden hohen Einnahmeausfällen außer Kraft gesetzt würde.

19

e) Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht schlüssig zu entnehmen, dass durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohen würden. In diesem Zusammenhang verweist sie lediglich auf den teilweisen Wegfall der kalkulierbaren Gewinne aus der Kernenergiegewinnung und auf --nicht näher bezifferte-- Kosten für frustrierte Aufwendungen und nutzlos gewordene Anlageninvestitionen sowie umfangreiche Investitionen in alternative Formen der Energiegewinnung. Auch die Behauptung, dass für Zwecke der Ertragsbesteuerung zumindest in 2011 im Inland ein negatives Jahresergebnis erzielt werde, wird nicht näher belegt. Jedenfalls lässt sich aus diesen Angaben nicht auf eine drohende Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin schließen. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt eine Aufhebung der Vollziehung wegen unbilliger Härte voraus, dass der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht (BFH-Beschlüsse vom 29. März 2001 III B 80/00, BFH/NV 2001, 1294, und in BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18). Nach Einschätzung des Senats ist die (vorläufige) Entrichtung der Steuer der Antragstellerin durchaus zumutbar. Dies wird auch durch den Verzicht des FG auf die Anforderung einer Sicherheitsleistung belegt, den es damit begründet hat, dass Anhaltspunkte für eine Gefährdung des --im Streitfall sehr hohen-- Steueranspruchs nicht ersichtlich seien.

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 105


(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole. (2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen diese

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 32


(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dring

Atomgesetz - AtG | § 7 Genehmigung von Anlagen


(1) Wer eine ortsfeste Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die Anlage oder ihren Betrieb wese

Kernbrennstoffsteuergesetz - KernbrStG | § 5 Entstehung der Steuer, Steuerschuldner


(1) Die Steuer entsteht dadurch, dass ein Brennelement oder einzelne Brennstäbe in einen Kernreaktor erstmals eingesetzt werden und eine sich selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wird. Der Austausch nachweislich defekter Brennstäbe führt nicht zur

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(1) Die Steuer entsteht dadurch, dass ein Brennelement oder einzelne Brennstäbe in einen Kernreaktor erstmals eingesetzt werden und eine sich selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wird. Der Austausch nachweislich defekter Brennstäbe führt nicht zur Steuer-entstehung.

(2) Steuerschuldner ist der Betreiber.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Wer eine ortsfeste Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die Anlage oder ihren Betrieb wesentlich verändert, bedarf der Genehmigung. Für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität und von Anlagen zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe werden keine Genehmigungen erteilt. Dies gilt nicht für wesentliche Veränderungen von Anlagen oder ihres Betriebs.

(1a)Die Berechtigung zum Leistungsbetrieb einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität erlischt, wenn die in Anlage 3 Spalte 2 für die Anlage aufgeführte Elektrizitätsmenge oder die sich auf Grund von Übertragungen nach Absatz 1b ergebende Elektrizitätsmenge erzeugt ist, jedoch spätestens

1.
mit Ablauf des 6. August 2011 für die Kernkraftwerke Biblis A, Neckarwestheim 1, Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser, Philippsburg 1 und Krümmel,
2.
mit Ablauf des 31. Dezember 2015 für das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld,
3.
mit Ablauf des 31. Dezember 2017 für das Kernkraftwerk Gundremmingen B,
4.
mit Ablauf des 31. Dezember 2019 für das Kernkraftwerk Philippsburg 2,
5.
mit Ablauf des 31. Dezember 2021 für die Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf,
6.
mit Ablauf des 31. Dezember 2022 für die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2.
Die Erzeugung der in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführten Elektrizitätsmengen ist durch ein Messgerät zu messen. Das Messgerät nach Satz 2 muss den Vorschriften des Mess- und Eichgesetzes und den auf Grund des Mess- und Eichgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechen. Ein Messgerät nach Satz 2 darf erst in Betrieb genommen werden, nachdem eine Behörde nach § 54 Absatz 1 des Mess- und Eichgesetzes dessen Eignung und ordnungsgemäßes Verwenden festgestellt hat. Wer ein Messgerät nach Satz 2 verwendet, muss das Messgerät unverzüglich so aufstellen und anschließen sowie so handhaben und warten, dass die Richtigkeit der Messung und die zuverlässige Ablesung der Anzeige gewährleistet sind. Die Vorschriften des Mess- und Eichgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung finden Anwendung. Der Genehmigungsinhaber hat den bestimmungsgemäßen Zustand des Messgerätes in jedem Kalenderjahr durch eine Sachverständigenorganisation und die in jedem Kalenderjahr erzeugte Elektrizitätsmenge binnen eines Monats durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüfen und bescheinigen zu lassen.

(1b) Elektrizitätsmengen nach Anlage 3 Spalte 2 können ganz oder teilweise von einer Anlage auf eine andere Anlage übertragen werden, wenn die empfangende Anlage den kommerziellen Leistungsbetrieb später als die abgebende Anlage begonnen hat. Elektrizitätsmengen können abweichend von Satz 1 auch von einer Anlage übertragen werden, die den kommerziellen Leistungsbetrieb später begonnen hat, wenn das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Übertragung zugestimmt hat. Die Zustimmung nach Satz 2 ist nicht erforderlich, wenn die abgebende Anlage den Leistungsbetrieb dauerhaft einstellt und ein Antrag nach Absatz 3 Satz 1 zur Stilllegung der Anlage gestellt worden ist. Elektrizitätsmengen nach Anlage 3 Spalte 2 können vorbehaltlich des Satzes 5 von Anlagen nach Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 bis 6 auch nach Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb nach den Sätzen 1 bis 3 übertragen werden. Aus den Elektrizitätsmengenkontingenten der Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel gemäß Anlage 3 Spalte 2 sind von einer Übertragung nach den Sätzen 1 bis 4 ausgenommen

1.
für das Kernkraftwerk Brunsbüttel Elektrizitätsmengen von 7 333,113 Gigawattstunden und
2.
für das Kernkraftwerk Krümmel Elektrizitätsmengen von 26 022,555 Gigawattstunden.

(1c) Der Genehmigungsinhaber hat der zuständigen Behörde

1.
monatlich die im Sinne des Absatzes 1a in Verbindung mit der Anlage 3 Spalte 2 im Vormonat erzeugten Elektrizitätsmengen mitzuteilen,
2.
die Ergebnisse der Überprüfungen und die Bescheinigungen nach Absatz 1a Satz 7 binnen eines Monats nach deren Vorliegen vorzulegen,
3.
die zwischen Anlagen vorgenommenen Übertragungen nach Absatz 1b binnen einer Woche nach Festlegung der Übertragung mitzuteilen.
Der Genehmigungsinhaber hat in der ersten monatlichen Mitteilung über die erzeugte Elektrizitätsmenge nach Satz 1 Nr. 1 eine Mitteilung über die seit dem 1. Januar 2000 bis zum letzten Tag des April 2002 erzeugte Elektrizitätsmenge zu übermitteln, die von einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüft und bescheinigt worden ist. Der Zeitraum der ersten monatlichen Mitteilung beginnt ab dem 1. Mai 2002. Die übermittelten Informationen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 sowie die Angabe der jeweils noch verbleibenden Elektrizitätsmenge werden durch die zuständige Behörde im Bundesanzeiger bekannt gemacht; hierbei werden die erzeugten Elektrizitätsmengen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 jährlich zusammengerechnet für ein Kalenderjahr im Bundesanzeiger bekannt gemacht, jedoch bei einer voraussichtlichen Restlaufzeit von weniger als sechs Monaten monatlich.

(1d) Für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich gelten Absatz 1a Satz 1, Absatz 1b Satz 1 bis 3 und Absatz 1c Satz 1 Nr. 3 mit der Maßgabe, dass vorbehaltlich des Satzes 2 die in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführte Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke in diesen produziert werden darf. Aus dem Elektrizitätsmengenkontingent des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich gemäß Anlage 3 Spalte 2 sind von einer Übertragung nach Absatz 1b Satz 1 bis 3 ausgenommen Elektrizitätsmengen von 25 900,00 Gigawattstunden.

(1e) Abweichend von Absatz 1a Satz 1 erlöschen die Berechtigungen zum Leistungsbetrieb für die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 mit Ablauf des 15. April 2023. Dies gilt unabhängig davon, ob die in Anlage 3 Spalte 2 für die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 jeweils aufgeführte Elektrizitätsmenge oder die sich auf Grund von Übertragungen nach Absatz 1b für diese Anlagen ergebende Elektrizitätsmenge erzeugt worden ist. Für den weiteren Leistungsbetrieb nach Satz 1 sind nur die in der jeweiligen Anlage noch vorhandenen Brennelemente zu nutzen. Auf die in Satz 1 genannten Kernkraftwerke ist § 19a Absatz 1 nicht anzuwenden. Im Übrigen bleiben die Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere die Befugnisse der zuständigen atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden nach den §§ 17 und 19 unberührt.

(2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn

1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben, und die für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen,
2.
gewährleistet ist, daß die bei dem Betrieb der Anlage sonst tätigen Personen die notwendigen Kenntnisse über einen sicheren Betrieb der Anlage, die möglichen Gefahren und die anzuwendenden Schutzmaßnahmen besitzen,
3.
die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist,
4.
die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist,
5.
der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist,
6.
überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Umweltauswirkungen, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Stillegung einer Anlage nach Absatz 1 Satz 1 sowie der sichere Einschluß der endgültig stillgelegten Anlage oder der Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen bedürfen der Genehmigung. Absatz 2 gilt sinngemäß. Eine Genehmigung nach Satz 1 ist nicht erforderlich, soweit die geplanten Maßnahmen bereits Gegenstand einer Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 oder Anordnung nach § 19 Abs. 3 gewesen sind. Anlagen nach Absatz 1 Satz 1, deren Berechtigung zum Leistungsbetrieb nach Absatz 1a erloschen ist oder deren Leistungsbetrieb endgültig beendet ist und deren Betreiber Einzahlende nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Entsorgungsfondsgesetzes sind, sind unverzüglich stillzulegen und abzubauen. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall für Anlagenteile vorübergehende Ausnahmen von Satz 4 zulassen, soweit und solange dies aus Gründen des Strahlenschutzes erforderlich ist.

(4) Im Genehmigungsverfahren sind alle Behörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Gebietskörperschaften zu beteiligen, deren Zuständigkeitsbereich berührt wird. Bestehen zwischen der Genehmigungsbehörde und einer beteiligten Bundesbehörde Meinungsverschiedenheiten, so hat die Genehmigungsbehörde die Weisung des für die kerntechnische Sicherheit und den Strahlenschutz zuständigen Bundesministeriums einzuholen. Im übrigen wird das Genehmigungsverfahren nach den Grundsätzen der §§ 8, 10 Abs. 1 bis 4, 6 bis 8, 10 Satz 2 und des § 18 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes durch Rechtsverordnung geregelt; dabei kann vorgesehen werden, dass bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit der insgesamt zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder von Anlagenteilen geplanten Maßnahmen von einem Erörterungstermin abgesehen werden kann.

(5) Für ortsveränderliche Anlagen gelten die Absätze 1, 2 und 4 entsprechend. Jedoch kann die in Absatz 4 Satz 3 genannte Rechtsverordnung vorsehen, daß von einer Bekanntmachung des Vorhabens und einer Auslegung der Unterlagen abgesehen werden kann und daß insoweit eine Erörterung von Einwendungen unterbleibt.

(6) § 14 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt sinngemäß für Einwirkungen, die von einer genehmigten Anlage auf ein anderes Grundstück ausgehen.