Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - L 2 U 200/15

bei uns veröffentlicht am28.02.2018
vorgehend
Sozialgericht Landshut, S 15 U 92/14, 07.04.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.04.2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 43.352,76 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2012 in Höhe von 43.352,76 Euro rechtmäßig erhoben worden ist.

Die Klägerin ist ein Mitgliedsunternehmen der Beklagten, tätig im Bereich Arbeitnehmerüberlassung und Personalvermittlung. Auf den Veranlagungsbescheid vom 03.11.2010 wird verwiesen.

Mit Beitragsbescheid vom 22.04.2013 forderte die Beklagte von der Klägerin einen Beitrag für 2012 in Höhe von 986.318,89 €. Davon betrug der Beitragsanteil ohne Anteil an der Rentenaltlast und ohne die Anteile am berufsgenossenschaftlichem Ausgleichsverfahren 867.055,26 €.

Mit Schreiben vom 17.07.2013 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Liste von Arbeitsunfällen, die zu einem Beitragszuschlag führen könnten und gab Gelegenheit zur Stellungnahme bis 05.08.2013. Die Liste enthielt für den Versicherten S.F. 51 Belastungspunkte wegen Unfalls vom 08.02.2012 und wegen Rente sowie einen weiteren Belastungspunkt für den Versicherten A.E. wegen Unfalls am 17.07.2012. Hingewiesen wurde auf § 162 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i.V.m. § 29 der Satzung der VBG. Für das Beitragszuschlagsverfahren 2012 seien die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten von mehr als 10.000 € heranzuziehen. Darüber hinaus würden festgestellte neue Arbeitsunfallrenten mit Kosten im Jahr 2012 von mehr als 10.000 € berücksichtigt; hier würden die Kosten insgesamt einbezogen, also nicht nur die Rentenleistungen, sondern auch Behandlungskosten etc. Des Weiteren würden die im Beitragsjahr 2012 bekannt gewordenen tödlichen Arbeitsunfälle ins Zuschlagsverfahren einbezogen. Wegeunfälle (nicht jedoch Unfälle auf Betriebs- bzw. Dienstwegen) und Berufskrankheiten seien ausgenommen. Ebenso würden Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht seien, unberücksichtigt bleiben. Die vollständige Satzungsvorschrift sei unter www...de zum Suchbegriff „Satzung 2012“ zu finden.

Mit Bescheid vom 26.08.2013 forderte die Beklagte einen Beitragszuschlag 2012 in Höhe von 5% des anrechenbaren Jahresbeitrages von 867.055,26 € und somit in Höhe von 43.352,76 €. Für die Arbeitsunfälle von S. F. vom 08.02.2012 und von A.E. vom 17.07.2012 seien gemäß § 29 der Satzung 52 Unfallbelastungspunkte für das Unternehmen der Klägerin anzusetzen. Die Einzelbelastung des Unternehmens der Klägerin auf 10.000 € betrage damit 0,5997 (Berechnungsformel der Einzelbelastung:

„Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr 2012 x 10.000.“

./. „Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr 2012 .“

= 52 x 10.000 ./. 867.055,62).

Dagegen betrage die Durchschnittsbelastung aller Unternehmen derselben Gefahrtarifstelle im Beitragsjahr 2012 auf 10.000 € 0,4707 (Berechnungsformel der Durchschnittsbelastung:

„Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle im Beitragsjahr x 10.000.“

./. „Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstellen im Beitragsjahr“).

Da die Einzelbelastung der Klägerin die Durchschnittsbelastung aller Unternehmen derselben Gefahrtarifstelle um 27,41% übersteige, sei ein Beitragszuschlag von 5% des anrechenbaren Beitrags von 867.055,26 € anzusetzen.

Dagegen legte der Klägerbevollmächtigte am 26.09.2013 Widerspruch ein.

Die Beklagte teilte ergänzend zum Beitragszuschlagsverfahren mit Schreiben vom 26.09.2013 Folgendes mit: Nach § 162 Abs. 1 SGB VII seien gewerbliche Berufsgenossenschaften verpflichtet, unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Dabei habe der Unfallversicherungsträger die Wahl zwischen einem reinen Zuschlagsverfahren, einem reinen Nachlassverfahren oder einer Kombination von beiden. Das Nähere bestimme die Satzung. Die Regelung von § 29 der Satzung der Beklagten wurde im Einzelnen dargelegt. Insbesondere wurde ausgeführt, dass die Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der Gefahrtarifstelle der Klägerin im Beitragsjahr 2012 17.258 und der Beitrag aller Unternehmer derselben Gefahrtarifstelle 366.667.236,51 € betragen hätten. Daraus errechne sich eine Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle von 0,4707. Damit habe die Einzelbelastung der Klägerin die Durchschnittsbelastung um 27,41% - also um mehr als 25% - überstiegen, weshalb der Beitragszuschlag anzusetzen sei.

Auf Wunsch der Klägerin übersandte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 25.10.2013 eine Aufstellung der Aufwendungen im Jahr 2012 für die Arbeitsunfälle von S.F. und A.E. Für den Arbeitsunfall von S.F. waren insgesamt Kosten von 22.908,71 €, davon 1.646,13 € für Rentenleistungen, und für den Arbeitsunfall von A.E. Kosten von 18.328,79 € angefallen.

Mit Schreiben vom 05.11.2013 machte der Klägerbevollmächtigte geltend, dass die Beklagte für S.F. keine 50 Belastungspunkte habe ansetzen dürfen. Nach § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung der Beklagten seien nur dann 50 Belastungspunkte anzusetzen, wenn die Kosten für die Unfallrente (allein) über 10.000,00 € betragen hätten. Die Satzung unterscheide ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Damit stehe der Wortlaut der Regelung der Auslegung der Beklagten entgegen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2014 zurück. Nach § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung sei nicht entscheidend, ob für die Unfallrente allein Kosten von mehr als 10.000,00 € angefallen seien, sondern ob insgesamt im Beitragsjahr die Kosten für den jeweiligen Arbeitsunfall (Sach- und Geldleistungen) über 10.000,00 € gelegen hätten. Wenn keine Rente festgesetzt worden sei, dann sei pro Arbeitsunfall ein Belastungspunkt zu vergeben. Wenn zusätzlich im Beitragsjahr für den jeweiligen Arbeitsunfall eine Unfallrente festgestellt worden sei, so seien zusätzlich zu dem einen Punkt weitere 50 Belastungspunkte zu vergeben.

Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte am 26.03.2014 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und in der Begründung darauf hingewiesen, dass die Beklagte § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung unrichtig ausgelegt habe. Letztlich sei es allein wegen der fälschlicherweise angesetzten zusätzlichen 50 Belastungspunkte zu dem Beitragszuschlag gekommen. Auf das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG Karlsruhe) vom 15.01.2013 (Az. S 1 U 3577/12) hat der Klägerbevollmächtigte verwiesen. Dieses hatte § 29 der Satzung der Beklagten in der vor dem 2. Nachtrag geltenden Fassung (im Folgenden: Satzung a.F.) dahingehend ausgelegt, dass bei Festsetzung einer Unfallrente unter dem Begriff „Kosten“ allein die Aufwendungen für die Rentenzahlung zu subsumieren seien, nicht aber Kosten für Heilbehandlung und Verletztengeld. Der Klägerbevollmächtigte hat weiter moniert, dass die Definition der Kosten mit Sach- und Geldleistungen zu unbestimmt sei. Die Regelung sei intransparent. Bei Gesamtaufwendungen von 10.000 €, die mit einem Belastungspunkt bewertet würden, würden regelmäßig schon geringe Rentenleistungen 50 Belastungspunkte nach sich ziehen. Dieser Automatismus sei vor dem Hintergrund von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit weder geboten noch erforderlich. Ein solcher Sanktionscharakter lasse sich mit dem Präventionsgedanken nicht vereinbaren. Die Verhältnismäßigkeit werde nicht gewahrt.

Die Beklagte hat entgegnet, dass die Satzung der Beklagten nach dem Urteil des SG Karlsruhe durch den 2. Nachtrag angepasst worden sei. Nach der geltenden Fassung sei klargestellt, dass für die Berücksichtigung von Belastungspunkten wegen einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente entscheidend sei, ob alle im Beitragsjahr angefallenen Kosten einschließlich z.B. von Heilbehandlungskosten oder Verletztengeldzahlungen den Betrag von 10.000 € überstiegen.

Das SG hat die Akte zum Arbeitsunfall von S.F. beigezogen und die Klage mit Urteil vom 07.04.2015 abgewiesen. Die Satzungsregelung des § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht und sei im Rahmen des Bescheides vom 26.08.2013 zutreffend ausgelegt und angewandt worden. Der ab 01.01.2012 geltenden Fassung von § 29 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 der Satzung sei unmissverständlich zu entnehmen, dass für einen im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall, für den Kosten (Sach- und Geldleistungen) von über 10.000,00 € im Beitragsjahr angefallen seien, zunächst ein Belastungspunkt zu vergeben sei, und dass weitere 50 Belastungspunkte anfallen würden, wenn im Beitragsjahr für diesen Arbeitsunfall eine Arbeitsunfallrente neu festgestellt werde und die Kosten (Sach- und Geldleistungen) bezüglich dieses Arbeitsunfalles im Beitragsjahr insgesamt über 10.000,00 € betragen würden. In § 29 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2, 1. Halbsatz werde eindeutig klargestellt, dass für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen könnten. Seit der Neufassung der Satzung ab 2012 sei klar definiert, dass zu den Kosten sämtliche Sach- und Geldleistungen gehören würden, die in einem Beitragsjahr für den jeweiligen Arbeitsunfall anfielen. Das Urteil des SG Karlsruhe vom 15.01.2013 (Az. S 1 U 3577/12) habe sich auf die vorherige Fassung der Satzung bezogen, in der es diese klare Definition noch nicht gegeben habe. Dass bei Neufestsetzung einer Unfallrente die hohe Anzahl von 50 Belastungspunkten vergeben werde, sei nachvollziehbar. Denn eine Unfallrente setze gesundheitliche Dauerfolgen voraus, die zum Teil über Jahre entschädigt werden müssten, während Belastungspunkte allein im Jahr der Neufeststellung der Unfallrente vergeben werden könnten. Nur wenn die Gesamtkosten für einen Arbeitsunfall maximal bis zu 10.000,00 € betragen würden, würden wiederum keine Belastungspunkte anfallen, also bei Arbeitsunfällen mit relativ geringen Folgen.

Gegen das am 27.04.2015 zugestellte Urteil hat der Klägerbevollmächtigte am 13.05.2015 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt, seine bisherigen Einwände wiederholt und zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Änderung der Satzung nicht - wie vom SG angenommen - mit Wirkung zum 01.01.2012, sondern mit Wirkung zum 01.01.2013 erfolgt sei. Damit gelte die Neuregelung erst für Arbeitsunfälle, die sich ab 01.01.2013 ereignet hätten bzw. die Satzung verstoße gegen das verfassungsmäßige Verbot der „echten Rückwirkung“, das auch für untergesetzliche Normen wie Rechtsverordnungen oder Satzungen gelte. Gründe für eine ausnahmsweise zulässige Rückwirkung wie Unklarheit der bisherigen Rechtslage oder überragende Belange des Gemeinwohls würden nicht vorliegen. Außerdem verstoße die Regelung gegen das Übermaßverbot, denn für eine Rentenzahlung von höchsten ca. 3.900 € werde die Klägerin mit der elffachen Summe der Jahresrente belastet. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde nicht mehr gewahrt.

Die Beklagte hat erwidert, dass die Satzungsregelung in § 29 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. Nachtrags den Charakter einer Klarstellung habe, die Neuregelung nicht substantiell ändernd in Rechte und Pflichten der Klägerin eingreife, weil die Klägerin bereits nach der alten Regelung mit 52 Belastungspunkten erfasst worden wäre, und es sich um eine zulässige unechte Rückwirkung handele. Denn die Norm knüpfe an tatbestandliche Voraussetzungen an, die schon in der Vergangenheit vorgelegen hätten, aber noch nicht abgeschlossen gewesen seien, und lege Rechtsfolgen für den Zeitpunkt nach der Änderung fest. Eine solche unechte Rückwirkung sei nur ausnahmsweise unzulässig, nämlich wenn die Neufassung einen Eingriff vorgenommen hätte, mit dem die Klägerin nicht habe rechnen müssen, wenn das Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand der Satzungsregelung schutzwürdiger sei als die mit der Änderung verfolgten Anliegen und wenn bei Interessenabwägung das schutzwürdige Bestandsinteresse der Klägerin die verfolgten Gemeinwohlinteressen überwiegen würde. Dies sei nicht der Fall. Die Klägerin habe bereits mit Blick auf die vorherige Fassung der Satzung mit einem Beitragszuschlag rechnen müssen, die Höhe der Aufwendungen für die Versicherungsfälle 2012 seien der Klägerin erst im Jahr 2013, also nach Inkrafttreten des 2. Nachtrages, bekannt gegeben worden und erst nach Bekanntwerden der zum Beitragszuschlag herangezogenen Versicherungsfälle habe die Klägerin eine im Vertrauen schützenswerte Disposition treffen können. Die Satzungsregelung sei rückwirkend wirksam zustande gekommen.

Mit weiterem Schreiben vom 19.02.2018 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Bayerischen LSG in der mündlichen Verhandlung am 23.01.2018 das Beitragszuschlagsverfahren der Beklagten als rechtmäßig beurteilt habe, wobei die schriftlichen Urteilsgründe im Fall L 3 U 29/15 noch ausstünden, während das LSG Baden-Württemberg im beigefügten Urteil vom 26.01.2018 (L 8 U 1680/17) das Zuschlagsverfahren 2012 hinsichtlich der Regelung bezüglich der Arbeitsunfallrente für rechtswidrig gehalten habe. Die Beklagte hat zum Hintergrund für die Bepunktung der Arbeitsunfallrenten mit zwei Staffelungen vorgetragen, dass es sich bei Unfällen, die zu einer Rentenzahlung führen, um besonders schwere Unfälle handele, die häufig lange oder lebenslange Folgen für den Versicherten hätten. Diese seien deutlich schwerer zu bewerten als ein Arbeitsunfall mit möglicherweise hohen Kosten, aber nicht so dauerhaften Folgen. Da im Unfalljahr die Folgen eines Arbeitsunfalls häufig noch nicht abzusehen seien, werde hier auf das Datum des Rentenbescheides abgestellt.

Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 28.02.2018 wird verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.04.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die beigezogene Akte der Beklagten, des SG und die Akte des LSG, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.04.2015 erweist sich als unbegründet. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, denn der angegriffene Beitragszuschlagsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 26.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2014, mit dem ein Beitragszuschlag zum Beitrag für das Beitragsjahr 2012 in Höhe von 43.352,76 € festgesetzt worden ist, ist formell rechtmäßig und entspricht der Satzung.

Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 17.07.2013 der Klägerin die aus ihrer Sicht für einen Beitragszuschlag maßgeblichen Tatsachen mitgeteilt und sie gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dazu angehört. Soweit in der Höhe der Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der Gefahrtarifstelle der Klägerin ein wesentlicher Bestandteil der Begründung des Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 SGB X zu sehen sein könnte, war diese zwar nicht im Bescheid selbst, aber mit Schreiben vom 26.09.2013 der Klägerin ergänzend mitgeteilt worden, so dass - sollte man in der zunächst unterlassen Mitteilung einen wesentlichen Mangel in der Begründung des Verwaltungsaktes sehen - dieses Versäumnis gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X noch im Verwaltungsverfahren geheilt worden war.

Der Beitragszuschlag ist auch satzungskonform festgesetzt und erhoben worden. § 29 der Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags zur Satzung vom 04.07.2013, genehmigt am 18.07.2013 mit Wirkung zum 01.01.2013, lautete wie folgt:

§ 29 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jeder Unternehmerin bzw. jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jeder Unternehmerin bzw. jedem Unternehmer, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versichert sind (im Folgenden: Beitragspflichtige), werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt. Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (vgl. § 162 Abs. 1 SGB VII).“

(2) Führt die bzw. der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft sie bzw. er sich hierauf, so hat sie bzw. er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum: Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtig sind nur

Beitragspflichtige, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht. Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle liegt. Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag (sofern der Vorstand einen Mindestbeitrag festgesetzt hat gemäß § 24 Abs. 7) liegt, und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung: In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Nr. 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

– für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten (Sach- und Geldleistungen) des Unfalles bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten (Sach- und Geldleistungen) des Unfalles über 10.000 Euro: 1 Punkt

– für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten (Sach- und Geldleistungen) des Unfalles bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten (Sach- und Geldleistungen) des Unfalles über 10.000 Euro: 50 Punkte

– für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

a) Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmerin bzw. des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen. Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

./. Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

= Einzelbelastung

b) Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmerinnen bzw. der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle im Beitragsjahr x 10.000

./. Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstellen im Beitragsjahr

= Durchschnittsbelastung

4. Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

– 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle liegt,

– 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle liegt und

– 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle liegt.

Für die Berechnung der Beiträge nach den Nr. 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

Mit dem 2. Nachtrag wurde folglich § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung neu formuliert, denn dieser lautete zuvor:

3. Berechnung der Belastung: In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Nr. 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

– für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

– für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

– für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte

Dabei hatte der Satzungsgeber im 2. Nachtrag vom 04.07.2013 ausdrücklich geregelt, dass die darin enthaltene Neufassung von § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung zum 01.01.2013 in Kraft tritt, ohne für das Beitragsjahr 2012 eine abweichende Übergangs- oder Stichtagsregelung einzuführen. Da das Beitragszuschlagsverfahren gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 1 der Satzung „jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr)“ unter Berücksichtigung konkret definierter Ereignisse im Beitragsjahr durchgeführt wird, ist die Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags auf das im Jahr 2013 durchzuführende Beitragszuschlagsverfahren anzuwenden, auch wenn das Beitragszuschlagsverfahren 2013 den Zuschlag zu Beiträgen aus dem Beitragsjahr 2012 betrifft (vgl. zu den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts auch BVerwG, Urteil vom 25.10.2017 - 1 C 21/16 - Juris RdNr. 18, BSG, Urteil vom 27.08.1998 - B 10 AL 7/97 R - Juris RdNr. 23).

Dass die Arbeitsunfälle von S.F. und A.E. gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 der Satzung nicht zu berücksichtigen wären, weil sie durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wären oder weil es sich um Wegeunfälle handeln würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ferner haben sich beide Arbeitsunfälle im Beitragsjahr 2012 ereignet und für den Arbeitsunfall des S.F. ist im Beitragsjahr 2012 zudem eine unfallbedingte Verletztenrente neu festgestellt worden (§ 29 Abs. 3 Nr. 1 der Satzung).

Auch wurde die Belastung, insbesondere die Zahl der Belastungspunkte gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung zutreffend ermittelt. Da für die 2012 bekannt gewordenen Arbeitsunfälle von S.F. und A.E. jeweils über 10.000 € Kosten für Sach- und Geldleistungen angefallen waren, ergaben sich nach dem ersten Spiegelstrich zwei Belastungspunkte. Nach § 29 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 zweiter Spiegelstrich der Satzung waren für die im Beitragsjahr 2012 für S.F. festgestellte neue Arbeitsunfallrente weitere 50 Belastungspunkte anzusetzen, weil im Beitragsjahr 2012 - dem Jahr der Feststellung dieser neuen Arbeitsunfallrente - Kosten des Unfalls in Form von Sach- und Geldleistungen über 10.000 € angefallen waren. Dass maßgeblich für die Kostenüberschreitung der 10.000 €-Grenze nicht nur die Rentenleistungen selbst, sondern auch weitere Kosten in Form von Geld- und Sachleistungen im Jahr der Rentenbewilligung sind, u.a. für Heilbehandlung, Verletztengeld etc., ist in der Neufassung der Satzungsregelung mit Wirkung ab 01.01.2013 eindeutig klargestellt. Soweit der Klägerbevollmächtigte Bedenken an der Bestimmtheit der Vorschrift geäußert hat, überzeugen seine Ausführungen nicht. Dabei können nach § 29 Abs. 3 Nr. 3 Satz 3 der Satzung für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen, hier also für den Arbeitsunfall von S.F. insgesamt 51 Belastungspunkte, nämlich 50 Punkte wegen der neuen Arbeitsunfallrente und ein weiterer Punkt wegen des neuen Arbeitsunfalls mit Kosten über 10.000 €.

2. Die dem Beitragszuschlag zugrundeliegende Vorschrift in § 29 der Satzung der Beklagten ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Satzungen der Berufsgenossenschaften sind autonomes Recht (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV), wobei der Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung in deren besonderer Sachkunde und Sachnähe zu sehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2011 - B 2 U 18/10 - Juris RdNr. 38; BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 17). Von den Gerichten ist daher nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 18 m.w.N.). Die Satzungsregelungen unterliegen aber der gerichtlichen Nachprüfung im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (vgl. BSG, a.a.O.).

Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage der Beklagten als gewerbliche Berufsgenossenschaft für die Regelung von Zuschlägen und Nachlässen - die sogenannte Satzungskompetenz - ergibt sich aus § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII (vgl. zum Gesetzesvorbehalt nach § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I etc. BSG, Urteil vom 17.05.2011 - B 2 U 18/10 R - Juris RdNr. 37 ff.).

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags vom 04.07.2013 bestehen nicht; insbesondere wurden die Satzung sowie der 2. Nachtrag von der gemäß § 33 Abs. 1 SGB IV zuständigen Vertreterversammlung beschlossen und gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB IV i.V.m. § 114 Abs. 2 SGB VII vom Bundesversicherungsamt als zuständiger Aufsichtsbehörde am 18.07.2013 mit Wirkung zum 01.01.2013 genehmigt.

§ 29 der Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags ist ferner nach Überzeugung des Senats mit der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar.

Zuschläge und Nachlässe zu den Beiträgen i.S.v. § 162 SGB VII gehören zu den Regelungen über die Aufbringung der Mittel im 6. Kapitel des SGB VII. Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII werden Beiträge nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage sowie des Verwaltungsvermögens nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind dabei der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (vgl. § 153 Abs. 1 SGB VII bzw. § 24 Abs. 3 der Satzung). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII). Die Höhe des Beitragsfußes wiederum errechnet sich durch Division des Umlagesolls durch die Beitragseinheiten (= Arbeitsentgelte x Gefahrenklassen) (vgl. § 167 Abs. 2 SGB VII). Damit hängt die Höhe des Beitragsfußes von den Ausgaben und Einnahmen ab (= Umlagesoll), weshalb sich zusätzliche Einnahmen aufgrund von Beitragszuschlägen beitragsmindernd auswirken.

Des Weiteren haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften nach § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Dabei bleiben Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden (§ 162 Abs. 1 Satz 5 SGB VII).

Damit entspricht die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII im Wesentlichen der Regelung in § 725 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) i.d.F. des 19. Rentenanpassungsgesetzes (19. RAG) vom 03.06.1976 (BGBl. I 1373, 1377; vgl. BSG, Urteil vom 16.11. 2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 14 m.w.N., u.a. mit Verweis auf die Begründung zum Gesetzentwurf von § 162 Abs. 1 SGB VII, BT-Drucks 13/2204 S. 112). Unterschiede ergeben sich darin, dass in § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII der Begriff „Aufwendungen“ an Stelle des Begriffs „Kosten“ verwendet wird und dass die Möglichkeiten für Ausnahmen gegenüber der RVO-Regelung erweitert wurden (vgl. BSG, a.a.O.). Soweit nicht gerade diese Änderungen von Bedeutung sind, kann daher weiter auf die zu § 725 Abs. 2 RVO i.d.F. des 19. RAG ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (vgl. BSG, a.a.O.).

Entsprechend der Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin, dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist und dass das Verfahren Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 15). Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot; vgl. BSG, a.a.O.). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken (vgl. BSG, a.a.O. unter Verweis auf den schriftlichen Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik, BT-Drucks. IV/938, S. 23 f.). Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (vgl. BSG, a.a.O.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 18.10.1984 - 2 RU 31/83 - Juris RdNr. 19 m.w.N.). Die Beitragszuschläge wirken sich nämlich dahingehend aus, dass die Beitragsquote aller Unternehmen und die konkrete Beitragsbelastung aller nicht mit Zuschlägen belegten Unternehmen sinkt. Auch in der Literatur wird darauf hingewiesen, dass das Beitragsausgleichsverfahren größere Beitragsgerechtigkeit ermöglichen, teils mit erheblichem Kostenaufwand betriebene Prävention honorieren und durch Beitragsanreize die Prävention fördern soll (vgl. hierzu im Einzelnen Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris).

1) § 29 der Satzung entspricht den Regelungen in § 162 SGB VII. Insbesondere war die Beklagte gemäß § 162 Abs. 1 Satz 3 befugt, Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, sowie Berufskrankheiten von der Berücksichtigung auszunehmen. Dass Wegeunfälle unberücksichtigt bleiben, entspricht als deklaratorische Regelung § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII.

Dass die Satzung nur die Auferlegung von Zuschlägen und nicht zusätzlich die Bewilligung von Nachlässen vorsieht, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut von § 162 SGB VII neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren oder reine Nachlassverfahren zulässig sind (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.03.2010 - L 14 U 83/08 - Juris RdNr. 19; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.06.2008 - L 1 U 3732/07 - Juris RdNr. 38 ff.), zumal sich Beitragszuschläge dahingehend auswirken, dass die Beitragsquote aller Unternehmen und die konkrete Beitragsbelastung aller nicht mit Zuschlägen belegten Unternehmen sinkt (vgl. BSG, Urteil vom 18.10.1984 - 2 RU 31/83 - Juris RdNr. 19; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.06.2008 - L 1 U 3732/07 - Juris RdNr. 41).

Die Satzung der Beklagten bewegt sich also im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie in § 29 Abs. 1 Satz 1 der Satzung bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII werden die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft, so dass diese Berechnungselemente im Sinne einer Alternative zu verstehen sind; daher können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 21 m.w.N.).

Die Beklagte stellt bei der Zuschlagsgestaltung in § 29 Abs. 1 Satz 1 der Satzung durch Staffelung der Belastungspunkte besonders auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und bildet zunächst drei Fallgruppen zur Grundeinteilung, um entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung typisierend und vereinfachend den Schweregrad zu definieren (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris). So legt die Beklagte vorab in § 29 Abs. 3 Nr. 1 der Satzung die zu berücksichtigenden Fallgruppen fest, die dann als zu berücksichtigende Unfälle entsprechend § 29 Abs. 3 Nr. 3 mit Belastungspunkten bewertet werden, nämlich:

– im Beitragsjahr bekannt gewordene meldepflichtige Arbeitsunfälle (Fallgruppe 1),

– im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrenten (Fallgruppe 2) und

– im Beitragsjahr innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetretene Todesfälle (Fallgruppe 3).

Ein Arbeitsunfall, bei dem innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag der Tod des Versicherten eingetreten ist, wird ohne weitere Differenzierung als Fallgruppe des höchsten Schweregrades mit 100 Belastungspunkten bewertet.

Innerhalb der Bewertung der beiden anderen Fallgruppen - den meldepflichtigen Arbeitsunfällen im Beitragsjahr und den im Beitragsjahr neu festgestellten Unfallrenten - wird zusätzlich nach den im Beitragsjahr angefallenen Kosten der Unfälle in Form von Geld- und Sachleistungen differenziert und für die Vergabe der fallgruppenspezifischen Belastungspunkte eine Art Mindestkostengrenze eingeführt.

So wird ein Arbeitsunfall, der im Beitragsjahr erstmals zur Feststellung einer Unfallrente (sog. neue Unfallrente) geführt hat, mit 50 Belastungspunkten bewertet, sofern die Kosten für Geld- und Sachleistungen im Beitragsjahr über 10.000 € betragen haben, bzw. mit 0 Punkten, wenn nur Kosten bis zu 10.000 € angefallen sind. Ein im Beitragsjahr bekannt gewordener meldepflichtiger Arbeitsunfall wird mit einem Belastungspunkt bewertet, sofern die Kosten für Geld- und Sachleistungen im Beitragsjahr über 10.000 € betragen haben, ansonsten dagegen mit 0 Punkten.

Diese angesetzten Kriterien zur Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls sind nach Überzeugung des Senats rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2016 - L 3 U 29/15 - Juris). Dass ein Arbeitsunfall mit Todesfolge im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls mit entsprechend vielen Belastungspunkten bewertet wird, ohne dass die dadurch verursachten Kosten Berücksichtigung finden, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können (z.B. bei sofortigem Todeseintritt und fehlenden Hinterbliebenen), ist rechtlich nicht zu beanstanden, da das Beitragszuschlagsverfahren gerade dem Präventionsgedanken Rechnung trägt (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris).

Ebenso wenig ist rechtlich zu beanstanden, dass die Beklagte eine im Beitragsjahr neu festgestellte Unfallrente bei Überschreiten der Mindestkostengrenze von 10.000 € für Sach- und Geldleistungen mit 50 Belastungspunkten bewertet und damit zugleich deutlich höher gewichtet als einen Arbeitsunfall im Beitragsjahr mit gleichen (erheblichen) Kosten von mehr als 10.000 €, der keinen Rentenanspruch nach sich zieht und nur mit einem Belastungspunkt bewertet wird. Ein Arbeitsunfall, der einen Rentenanspruch begründet, muss zwangsläufig über die 26. Woche hinaus und nach dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit noch Gesundheitsschäden - Unfallfolgen - hinterlassen, die die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nennenswert mindern. Ein solcher Arbeitsunfall hat also typischerweise längere bzw. dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen für den Betroffenen zur Folge, die regelmäßig über das Beitragsjahr hinausgehen und oft langjährig, ggf. sogar lebenslang Einschränkungen des Betroffenen und Rentenleistungen nach sich ziehen, wie bereits das SG dargelegt hat. Aus Sicht des Verletzten liegt der Schweregrad von Arbeitsunfällen mit Rentenanspruch daher typischerweise höher als der von Arbeitsunfällen, die keinen Rentenanspruch begründen, selbst wenn diese hohe Kosten (z.B. für die Heilbehandlung) verursacht haben. Ferner sind angesichts bleibender Unfallfolgen in Fällen einer Unfallrente in der Regel auch in den Folgejahren weitere Aufwendungen - z.B. für Heilbehandlungen, Rehabilitation, Rentenleistungen etc. - zu erwarten. Auch dies rechtfertigt die einmalige deutliche Gewichtung mit 50 Belastungspunkten im Beitragsjahr der Erstfeststellung, auch wenn die Kosten für die Rente allein im Beitragsjahr (noch) gering sein mögen. Spätere Rentenänderungen – z.B. Rentenerhöhungen, aber auch Einstellungen der Rente - werden nämlich nicht berücksichtigt, weil nach der Satzung pauschalierend (nur) auf das Beitragsjahr als Beobachtungszeitraum abgestellt wird. Diese Beschränkung auf das Beitragsjahr entspricht der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen der Massenverwaltung. Denn die Beklagte muss bei Auswahl der Kriterien, z.B. zur Bestimmung der Schwere des Arbeitsunfalls, auch darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris). Außerdem dient es dem Präventionsgedanken, wenn sich Anreize zur Förderung weiterer Prävention bzw. eine Honorierung erfolgreicher Präventionsmaßnahmen möglichst zeitnah im Beitragsausgleichsverfahren niederschlagen.

Dass der Satzungsgeber im Rahmen der Fallgruppen 1 und 2 durch die Mindestkostengrenze Fälle mit Kosten bis zu 10.000 € im Beitragsjahr nicht mit Belastungspunkten bewertet, wird ebenfalls von dem weiten gesetzlich vorgesehenen Gestaltungspielraum gedeckt, zumal der Gesetzgeber ausdrücklich auch die Aufwendungen als zulässiges Merkmal für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe in § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII aufgenommen hat. Denn die Einführung einer Mindestkostengrenze dient entscheidend der weiteren Konkretisierung des Schweregrades innerhalb der großen Bandbreite von Fallgestaltungen, die nach der typisierenden Grundeinteilung den ersten beiden Fallgruppen zuzuordnen sind. Die Mindestkostengrenze als weiteres pauschalierendes Kriterium soll sicherstellen, dass die Vergabe der Belastungspunkte in der jeweiligen Fallgruppe dem typisierend vom Satzungsgeber zu Grunde gelegten Schweregrad dieser Fallgruppe entspricht, damit die mit pauschalierenden Regelungen unvermeidbar einhergehenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine kleinstmögliche Zahl von Unternehmern treffen. Die Kosten von Sach- und Geldleistungen sind - abgesehen von Arbeitsunfällen mit tödlichem Ausgang - durchaus ein geeignetes Merkmal, um die Schwere des Arbeitsunfalls typisierend zu erfassen bzw. um weniger schwere Fälle abzugrenzen (vgl. hierzu auch Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris). Denn typischerweise gehen schwerere Verletzungen auch mit aufwändigeren bzw. längerdauernden und damit kostspieligeren Heilbehandlungsmaßnahmen, längeren Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit höheren Verletztengeldansprüchen oder bei Hinterlassen von Dauerfolgen mit höheren Rentenansprüchen wegen entsprechend hoher Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) einher. Ausgenommen werden durch die Mindestkostengrenze z.B. in der ersten Fallgruppe Arbeitsunfälle mit Bagatellverletzungen, die ohne größere Heilbehandlung innerhalb weniger Tage vollständig ausgeheilt sind, oder in der zweiten Fallgruppe Zeit- oder Stützrententatbestände, bei denen verbleibende Unfallfolgen typischerweise den Versicherten weniger lang bzw. weniger stark einschränken, sofern nicht die Höhe weiterer Aufwendungen im Beitragsjahr (z.B. für Verletztengeld und Heilbehandlungsmaßnahmen) eine höhergradige Einschränkung und Unfallschwere belegen.

Die weitere Berechnung des Beitragszuschlags auf Basis der so ermittelten Belastungspunkte lässt ebenfalls keine Verstöße gegen höherrangiges Recht erkennen. Zunächst wird für das einzelne Unternehmen einerseits und für alle Unternehmen derselben Gefahrtarifstelle andererseits jeweils das Verhältnis zwischen den Belastungspunkten zu den Beiträgen ermittelt. Nur wenn bei Vergleich dieser Werte die Einzelbelastung des Unternehmens die Gesamtbelastung aller Unternehmen derselben Gefahrtarifstelle um mehr als 25 v.H. übersteigt, wird ein Beitragszuschlag verlangt. Die Höhe des Beitragszuschlags ist ferner abhängig vom Prozentsatz des Überschreitens der Durchschnittswerte gestaffelt und beträgt 5 v.H., 7,5 v.H. oder maximal - bei Überschreitung der Durchschnittswerte um mehr als 200 v.H. - 10 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags.

2) Der Anwendung von § 29 Abs. 3 in der Fassung des 2. Nachtrags zur Satzung vom 04.07.2013 bereits ab 01.01.2013 und damit rückwirkend schon für die Zeit vor seiner Bekanntgabe steht ferner das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot nicht entgegen.

Nach Überzeugung des Senats dient die Neufassung des 2. Nachtrags lediglich der Klarstellung, enthält aber keine inhaltliche Änderung des Beitragszuschlagsverfahrens. Denn anders als vom SG Karlsruhe in seinem Urteil vom 15.01.2013 (S 1 U 3577/12 - Juris) angenommen, ist bereits § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung in der Fassung des ersten Nachtrags (im Folgenden: a.F.) dahingehend zu verstehen, dass für das Erreichen der Mindestkostengrenze von 10.000 € auch im Rahmen des 2. Spiegelstrichs alle Kosten des Unfalls und nicht nur Kosten von Rentenleistungen maßgeblich sind.

Zwar ist einzuräumen, dass die isolierte Betrachtung der Formulierung in § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung a.F. zur Punktevergabe dafür sprechen könnte, als Kosten unter Spiegelstrich 2 nur Kosten der Arbeitsunfallrente zu verstehen. Dagegen sprechen aber insbesondere Systematik sowie Sinn und Zweck der Satzungsregelung. Die Regelung zur Vergabe von Belastungspunkten in § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung a.F. ist nicht isoliert zu sehen, sondern knüpft an die vorstehenden Regelungen an. Danach bemisst der Satzungsgeber - wie dargelegt - die Zuschläge zulässigerweise nach Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle (§ 29 Abs. 1 Satz 1 der Satzung) und bestimmt unter § 29 Abs. 3 Nr. 1 der Satzung die drei maßgeblichen Tatbestände (Fallgruppen), an die er bei Vergabe der Belastungspunkte unter Ziffer 3 anknüpft, nämlich neu bekannt gewordene meldepflichtige Arbeitsunfälle, festgestellte neue Unfallrenten und Todesfälle. Alle drei Fallgruppen werden unter § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung als „Unfall“ im Sinne des Zuschlagsverfahrens bezeichnet („alle Unfälle gemäß Nr. 1“) und der Regelung über die Punktevergabe vorangestellt. Die Punktestaffelung im Rahmen dieser drei Fallgruppen zeigt, dass der Satzungsgeber eine grundlegende Dreiteilung in leichte, mittelschwere und schwere Unfälle vorgenommen hat. Erst nach dieser Grundeinteilung der maßgeblichen Unfälle erfolgt innerhalb der ersten und zweiten Fallgruppe eine weitere Abstufung bzw. Konkretisierung des Schweregrades dieser Unfälle nach der Kostenhöhe im Beitragsjahr (bis 10.000 € bzw. über 10.000 €). Dafür, dass die Kostenhöhe ein eigenständiges, zusätzliches Kriterium zur Bestimmung des Schweregrades bildet und sich nicht nur auf die Arbeitsunfallrente bezieht, spricht auch der Aufbau der Vorschrift. Denn durch Verwendung des Doppelpunktes nach Benennung der Fallgruppe „für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“ wird die anschließende weitere Differenzierung nach Kosten klar abgegrenzt.

Außerdem würde die grundsätzliche Gewichtung der drei Fallgruppen (leicht - mittelschwer - schwer) konterkariert, wenn für das Erreichen der Kostengrenze innerhalb der Fallgruppe der neuen Arbeitsunfallrenten allein auf die Kosten für Rentenleistungen abgestellt würde. Denn jährliche Rentenleistungen von 10.000 € werden bei Erstbewilligung im Beitragsjahr eher selten erreicht, so dass dann ein Großteil der neuen Arbeitsunfallrenten überhaupt nicht berücksichtigt werden könnte.

So betrugen ausweislich der DGUV-Statistik für die Praxis 2016 (vgl. „DGUV-Statistiken für die Praxis 2016“; veröffentlicht als pdf-Datei unter www...de/de/zahlen-fakten/ index.jsp. unter dem Stichwort „Informationsschriften“) die Aufwendungen aller gewerblichen Berufsgenossenschaften für Renten je Rentenfall im Jahr 2012 durchschnittlich (Übersicht 38) an Versicherte 5.389 €, an Witwen / Witwer 12.586 €, an Waisen 7.228 € und an sonstige Berechtigte 6.406 €. Auch wenn diese Statistik keinen Aufschluss über die durchschnittliche Rentenhöhe der bei der Beklagten Versicherten gibt, weist sie doch darauf hin, dass Rentenzahlungen allein typischerweise selten zum Überschreiten der 10.000 €-Grenze führen.

Ähnliches gilt bei Überlegungen auf Basis des Durchschnittseinkommens. Gemäß § 56 Abs. 3 SGB VII beträgt die Vollrente 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) des Versicherten. Ausgehend vom durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt (ohne Sonderzahlungen im produzierenden Gewerbe und in Dienstleistungsunternehmen) eines in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers im Jahr 2012 von 3.391 € gemäß Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis; www...de/...html) würde sich bei einer MdE von 100 v.H. eine jährliche Rentenzahlung von 27.128 € errechnen (= 2/3 x 12 x 3.391 €). Voraussetzung für das Überschreiten der 10.000 €-Grenze im Beitragsjahr allein durch Rentenleistungen wäre danach für einen Durchschnittsverdiener bei Rentenbewilligung im Januar eine MdE von mindestens 40 v.H., bei Rentenbewilligung im Juli eine MdE von mind. 75 v.H. und bei einer Vollrente nach einer MdE von 100 v.H. eine Bewilligung spätestens im August.

Zugleich zeigt diese beispielhafte Berechnung, dass bei Abstellen allein auf die Rentenleistungen im Beitragsjahr Kriterien, die keine Aussagekraft für die Schwere des Unfalls haben, sich unverhältnismäßig auf die Vergabe von Belastungspunkten auswirken können. Denn neben der Höhe des JAV des Versicherten wirkt sich ganz erheblich der Zeitpunkt des Beginns der Verletztenrente im Beitragsjahr aus, der meist von Zufällen abhängt. Eine unterschiedliche Bewertung neuer Verletztenrenten mit Belastungspunkten bei gleicher MdE und gleichem JAV allein wegen des unterschiedlichen Zeitpunkts des Rentenbeginns im Beitragsjahr, begegnet erheblichen Bedenken. Daher erscheint es auch im Interesse einer dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG entsprechenden, grundrechtskonformen Auslegung der Satzungsvorschrift geboten, zur Bestimmung des Schweregrades alle im Beitragsjahr angefallenen Kosten zu berücksichtigen. Denn dadurch wird die Auswirkung dieser Zufälligkeit des Bewilligungszeitpunkts auf die Belastungspunkte abgemildert, weil der erstmaligen Rentenbewilligung typischerweise erhebliche Heilbehandlungsmaßnahmen und Verletztengeldzahlungen vorausgehen. Wird Verletztenrente erst spät im Beitragsjahr bewilligt, sind typischerweise für eine längere Zeit im Beitragsjahr andere Leistungen wie Verletztengeld oder Heilbehandlung mit entsprechend hohen Kosten erbracht worden. Erfolgt die erstmalige Rentenbewilligung dagegen frühzeitig im Beitragsjahr, sind typischerweise die Kosten für Rentenleistungen im Beitragsjahr höher, während Kosten für (begleitende) Heilbehandlungsmaßnahmen und ggf. zwischenzeitlich anfallende Verletztengeldzahlungen geringer sind. Die Satzungsänderung mit Wirkung zum 01.01.2013, sei sie nun deklaratorischer oder konstitutiver Natur, dient damit zumindest der Vermeidung einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung hinsichtlich der Belastungspunkte für neue Arbeitsunfallrenten gleichen Schweregrades.

Selbst wenn die Neufassung von § 29 der Satzung durch den 2. Nachtrag mit Wirkung zum 01.01.2013 eine inhaltliche Neuregelung und damit eine rückwirkende Rechtsänderung hinsichtlich der zur berücksichtigenden Kosten beinhalten würde, begegnet dies nach Überzeugung des Senats keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66 u.a. - Juris RdNr. 74). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - Juris RdNr. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - Juris RdNr. 41 m.w.N.). Dabei ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung von BVerfG und BSG bei rückwirkenden Gesetzen zu unterscheiden zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. z.B. BVerfGE 132, 302, 318 m.w.N.), und Gesetzen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. z.B. BVerfGE 132, 302, 318; BVerfG, Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - Juris RdNr. 40 ff.; BSG, Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R - Juris RdNr. 27 m.w.N.).

Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift, insbesondere wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll (sogenannte „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“; vgl. BVerfGE 127, 1, 16 f.). So liegt es regelmäßig, wenn der Gesetzgeber eine nicht nur vorläufig geregelte bereits entstandene Schuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1, 18 f; BVerfGE 132, 302, 319). Diese Fallgruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass der in der Vergangenheit liegende Sachverhalt mit dem Eintritt der Rechtsfolge kraft gesetzlicher Anordnung einen Grad an Abgeschlossenheit erreicht hat, über den sich der Normgeber vorbehaltlich besonders schwerwiegender Gründe nicht mehr hinwegsetzen darf (vgl. Burghart in Leibholz /Rinck, Kommentar zum Grundgesetz, 75. EL, zu Art. 20 RdNr. 1615). Dabei muss die gesetzliche Regelung jedoch generell geeignet sein, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen (vgl. Burghart a.a.O. RdNr. 1622; BVerfG, Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66 u.a. - Juris RdNr. 80). Denn das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfGE 122, 374, 394; 135, 1, 21). Vertrauensschutz kommt da nicht in Frage, wo das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.1965 - 1 BvR 228/65 - Juris RdNr. 20 m.w.N.).

Dagegen liegt eine unechte Rückwirkung vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. BVerfGE 132, 302, 318; BSG, Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R - Juris RdNr. 28), wenn also belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“; vgl. BVerfGE 127, 61, 76). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R - Juris RdNr. 27; BVerfGE 97, 378, 389; BVerfGE 101, 239, 263).

Angesichts der Besonderheiten des Beitragszuschlagsverfahrens nach § 162 SGB VII handelt es sich bei der Änderung durch den 2. Nachtrag der Satzung mit Wirkung zum 01.01.2013, sofern man darin eine inhaltliche Rechtsänderung sieht, um einen Fall der zulässigen unechten Rückwirkung. Zwar entstehen Beitragsansprüche in der gesetzlichen Unfallversicherung dem Grunde nach gemäß § 22 SGB IV bereits im Beitragsjahr kraft Gesetzes mit Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2007 - B 2 U 9/06 R - Juris RdNr. 10). Anders als in anderen Sozialversicherungssystemen gilt im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung jedoch das Umlageprinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung ohne die Möglichkeit steuerfinanzierter Zuschüsse (vgl. demgegenüber Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 213 SGB VI; Beteiligung des Bundes an Aufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen, § 221 SGB V). Gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII wird der im abgelaufenen Beitragsjahr angefallene Bedarf an Mitteln nach Ablauf des Kalenderjahres entsprechend dem in der Satzung festgelegten Verteilungsmaßstab auf die beitragspflichtigen Unternehmen umgelegt. Daher konkretisiert sich erst durch den im Wege der Beitragsberechnung tatsächlich ermittelten Finanzbedarf die Verpflichtung zur Beitragszahlung zu einer individuellen Beitragsschuld, die im Beitragsbescheid festgesetzt und nach seinem Erlass fällig wird (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 07.05.2009 - L 6 U 31/06 - Juris RdNr. 29). Daher wurden in der Rechtsprechung Satzungsänderungen mit Inkrafttreten zum 1. Januar eines Jahres für Beitragsumlagen bzw. Beitragsermäßigungen für das zurückliegende Beitragsjahr als Fall der unechten Rückwirkung gewertet, weil wegen der rechtlichen Struktur der Beitragserhebung die Beitragsberechnung vor der Satzungsänderung noch gar nicht habe erfolgen können und die Satzungsänderung daher nicht in bereits in der Vergangenheit abgeschlossene Verhältnisse ändernd eingegriffen habe (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 07.05.2009 - L 6 U 31/06 - und LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.04.2000 - L 3 U 254/98, beide veröffentlicht bei Juris).

Erst recht ließ sich die Höhe der Beitragszuschläge nicht vor Inkrafttreten der Satzungsänderung am 01.01.2013 abschätzen bzw. berechnen, auch wenn sie an Tatbestandsvoraussetzungen aus dem vorangegangenen Beitragsjahr anknüpfte. Bereits die gesetzliche Konzeption des § 162 SGB VII sieht Kriterien vor, die nicht der Disposition des Unternehmers unterliegen und seiner Kenntnis weitgehend entzogen sind. So hat der Unternehmer zwar in der Regel Kenntnis von der Zahl der von ihm gemeldeten Arbeitsunfälle, aber nur eingeschränkte Kenntnis von der Schwere und meist keine Kenntnisse über verursachte Aufwendungen; auch hat ein Unternehmer in der Regel keine Kenntnis, ob und wann erstmals eine Unfallrente bewilligt wird. Gerade die vorliegende Regelung in § 29 der Satzung a.F. setzt aber - unabhängig von der Auslegung - umfangreiche Tatsachenfeststellungen voraus, die außerhalb der Sphäre des einzelnen Unternehmers liegen. Denn maßgeblich für den Zuschlag waren neben dem Finanzbedarf im Beitragsjahr Zahl und Schwere der Unfälle, d.h. Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle und erstmals bewilligter Unfallrenten nebst Kosten sowie Zahl der unfallbedingten Todesfälle im gesamten Beitragsjahr, also bis einschließlich 31.12.2012, wobei Arbeitsunfälle auszusondern waren, die durch höhere Gewalt oder alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden waren (§ 29 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Außerdem hängt die Auferlegung von Beitragszuschlägen ganz wesentlich von dem Verhältnis der eigenen Belastungspunkte zu denen der anderen Unternehmer derselben Gefahrtarifklasse ab. Schon deswegen konnte sich vor dem 01.01.2013 kein schutzwürdiges Vertrauen eines Unternehmers darauf bilden, nicht oder nur in bestimmter Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden. Das gilt selbst für Unternehmer, die im Beitragsjahr 2012 keinen einzigen Arbeitsunfall melden mussten, denn dies schließt eine neue Unfallrentenbewilligung im Beitragsjahr (z.B. wegen Verschlechterung von Unfallfolgen eines Arbeitsunfalls vergangener Jahre) nicht aus. Ein schutzwürdiges Bestandsinteresse des einzelnen Unternehmers an der Fortgeltung des alten Rechts, welches das mit einer - unterstellten - rechtsändernden Neufassung der Satzung verfolgte Gemeinwohlinteresse überwiegt, liegt nicht vor.

Im Gegenteil greift hier nach Überzeugung des Senats selbst nach den strengeren Maßstäben, die in Fällen der echten Rückwirkung von Normen an deren Zulässigkeit angelegt werden, mangels schutzwürdigen Vertrauens der Unternehmer gegenüber den mit dem 2. Nachtrag zur Satzung verfolgten Interessen das Rückwirkungsverbot nicht. Selbst in Fällen echter Rückwirkung tritt nämlich das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und damit nicht schutzwürdig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66 - Juris RdNr. 74 ff.). Das ist insbesondere der Fall, wenn

* sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte,

* wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (BVerfG, Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - Juris RdNr. 97. m.w.N.),

* wenn in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge zurückbezogen wird, mit einer solchen Regelung zu rechnen war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66 - Juris RdNr. 75),

* wenn die Rechtslage unklar, verworren oder lückenhaft ist oder in dem Maße systemwidrig und unbillig, dass ernste Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestehen, denn in diesen Fällen erfordert das Rechtsstaatsprinzip selbst, dass die Rechtssicherheit und Gerechtigkeit durch eine klärende Regelung rückwirkend hergestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66 - Juris RdNr. 78),

* wenn eine Änderung der Rechtsprechung durch den Gesetzeber korrigiert wird (vgl. BVerfGE 72, 302, 325 ff.) oder

* wenn durch die rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird, denn die gesetzliche Regelung muss generell geeignet sein, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen (vgl. BVerfGE 13, 39, 45 f.).

Da die Beklagte als Normgeber und Normanwender bereits nach § 29 der Satzung a.F. bei Ermittlung von Belastungspunkten im Falle einer im Beitragsjahr neu festgestellten Arbeitsunfallrente die gesamten Kosten des Unfalls im Beitragsjahr berücksichtigt hatte, stand hier jedenfalls die ständige Verwaltungspraxis der Bildung schützenswerten Vertrauens der Mitgliedsunternehmen auf eine andere Auslegung der Norm entgegen. Mit der Neufassung durch den 2. Nachtrag zur Satzung vom 04.07.2013 hat die Vertreterversammlung der Beklagten die vom SG Karlsruhe im Urteil vom 15.01.2013 (S 1 U 3577/12) aufgezeigte Missverständlichkeit bzw. Unklarheit der Vorschrift rückwirkend beseitigt; der Satzungsgeber selbst sah - ebenso wie oben dargelegt der erkennende Senat - darin keine Rechtsänderung, sondern nur eine klarstellende Fassung der ursprünglichen Norm. Damit wurde der vom SG Karlsruhe aufgezeigten Auslegung von § 29 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung a.F., die - wie oben dargelegt - mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG rechtlichen Bedenken begegnet, die Grundlage entzogen. Außerdem richtet sich die Zulässigkeit der echten Rückwirkung danach, in welchem Ausmaß die Rückwirkung der Vorschrift berechtigtes Vertrauen enttäuscht haben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.06.1986 - 2 BvL 5/80, 2 BvL 12 BvL 17/82, 2 BvR 62 BvR 635/80 - Juris RdNr. 75 ff.). Wie dargelegt konnte sich bei den beitragspflichtigen Unternehmern aber vor dem 01.01.2013 kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden, im Jahr 2013 für das Beitragsjahr 2012 nicht oder nur in bestimmter Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden. Kenntnis davon, ob und ggf. welche Arbeitsunfälle zu Belastungspunkten führen können, hatte die Klägerin hier erst durch Empfang des Anhörungsschreibens der Beklagten vom 17.07.2013 erhalten und damit nach der Satzungsänderung im 2. Nachtrag vom 04.07.2013 bzw. frühestens am Tag der Genehmigung der Satzungsänderung durch das BVA am 18.07.2013. Schon deswegen ist nicht ersichtlich, dass und ggf. welche Dispositionen die Klägerin oder andere Unternehmer im Vertrauen auf die Regelung des § 29 der Satzung a.F. getroffen haben könnten.

3) Nach Überzeugung des Senats steht § 29 der Satzung der Beklagten auch in Einklang mit den Grundrechten der Unternehmer und wahrt Übermaßverbot und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Das Übermaßverbot verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 26 m.w.N.). Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vor. Legt der Staat den Bürgern Geldleistungspflichten auf, so greift er damit grundsätzlich nicht in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG ein, denn die Eigentumsgarantie schützt nicht das Vermögen als solches (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.2009 - L 6 U 1859/08 - Juris RdNr. 39 m.w.N.). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn eine Abgabe den Pflichtigen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, die Abgabe also „erdrosselnde Wirkung“ hat (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 29.11.1989 - 1 BvR 1402/87 - Juris RdNr. 48; BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988 - 1 BvL 22/85 - Juris RdNr. 32). Dafür besteht jedoch kein Anhaltspunkt, zumal der Höchstsatz des Beitragszuschlags auf 10 v.H. beschränkt ist bzw. bei der Klägerin sogar nur 5 v.H. der ansonsten zu zahlenden Beiträge betrug.

Mangels objektiv berufsregelnder Tendenz des Beitragszuschlags hinsichtlich Wahl oder Ausübung des Berufs ist auch der Schutzbereich des Grundrechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht tangiert (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.2009 - L 6 U 1859/08 - Juris RdNr. 40; BSG, Urteil vom 21.10.1999 - B 11/10 AL 8/98 R - Juris RdNr. 21; BVerfG, Beschluss vom 29.11.1989 - 1 BvR 1402/87 - Juris RdNr. 47; BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr.18)

Soweit mit der Verpflichtung der Unternehmer, Beiträge einschließlich Beitragszuschläge an die Beklagte zu zahlen, in deren allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen wird (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2017 - B 12 KR 14/15 R - Juris RdNr. 43; BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - Juris RdNr. 49 ff.), ist dieser Eingriff gerechtfertigt und verstößt auch in der hier maßgeblichen Gestaltung nicht gegen das Übermaßverbot bzw. gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. zum Übermaßverbot BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 26).

Soweit der Klägerbevollmächtigte geltend macht, dass die Klägerin wegen einer Rentenzahlung von höchsten ca. 3.900 € mit der elffachen Summe der Jahresrente belastet werde, lässt er schon die weiteren erheblichen Kosten im Beitragsjahr, die den 52 Belastungspunkten zu Grunde lagen, unter den Tisch fallen. Tatsächlich standen nämlich erbrachte Leistungen im Beitragsjahr 2012 von insgesamt 41.237,50 Euro dem geforderten Beitragszuschlag von 43.352,76 € gegenüber.

Selbst wenn aber ein Beitragszuschlag erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung zu berücksichtigenden Versicherungsfälle ist dies nach der Rechtsprechung des BSG kein Verstoß gegen das Übermaßverbot bzw. gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 27). Eine fühlbare Auswirkung von Unfällen im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens dient vielmehr dem Gesetzeszweck, wirksame Anreize für Präventionsmaßnahmen zu schaffen. So entspricht die Belastung des Unternehmers bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 29; BSG, Urteil vom 18.10.1984 - 2 RU 31/83 - Juris RdNr. 22). Dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, vermag daher keinen Verstoß der Satzungsregelung gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot zu begründen (vgl. BSG Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr. 29).

Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund der Satzungsregelung generell erheblich höhere Beitragszuschläge verlangt werden als Aufwendungen anfallen, liegen nicht vor. Im Gegenteil spricht die differenzierte Regelung der Satzung für ihre Verhältnismäßigkeit: So setzt ein Beitragszuschlag hier eine Überschreitung der eigenen Belastungspunkte um mehr als 25 v.H. im Vergleich zu den übrigen Unternehmen derselben Gefahrtarifklasse voraus, die Höhe des Zuschlags differenziert nach dem Ausmaß der Überschreitung durch die Staffelung des Zuschlags (5 v.H., 7,5 v.H., 10 v.H.) und ist generell auf maximal 10 v.H. der Beiträge begrenzt, selbst wenn die Aufwendungen im Beitragsjahr ein Vielfaches des Beitragszuschlags betragen.

Außerdem ist außerhalb der Aufstellung des Gefahrtarifs sowie der Veranlagung hierzu im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung für den Grundsatz von Leistung und Gegenleistung kein Raum (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr.28). Die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, Beitragszuschläge nur nach Zahl oder Schwere der Unfälle - also unabhängig von den Aufwendungen - zu erheben, spricht ferner dagegen, dass sich die Verhältnismäßigkeit des Zuschlags an einem Vergleich zwischen Zuschlagshöhe und Aufwendungen messen ließe, zumal gerade tödliche - also besonders schwere - Arbeitsunfälle ggf. (u.a. bei fehlenden anspruchsberechtigten Hinterbliebenen) nur geringe Aufwendungen nach sich ziehen können. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beitrag gemäß § 167 Abs. 1 SGB VII aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß ergibt und daher der von der Klägerin zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch sinkt, dass sich der ihr auferlegte Beitragszuschlag insoweit mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15 /04 R - Juris RdNr. 28).

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nach Überzeugung des Senats ebenfalls nicht vor (vgl. ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 23.01.2018 - L 3 U 29/15 - Juris RdNr. 107 ff). Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr. 11 m.w.N.); er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen, wobei es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (vgl. BVerfG, a.a.O.). Differenzierungen sind zulässig, bedürfen aber stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr. 12). Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr. 13). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfG a.a.O.). Ferner kann sich eine strengere Bindung des Gesetzgebers aus den betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, a.a.O.). Dabei ist dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts wegen der fortwährenden schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen, die nur einer eingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr. 14). Nicht zu prüfen ist insbesondere, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr. 14). Ferner ist der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen damit verbundener unvermeidlicher Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG. Beschluss vom 03.06.2013 - 1 BvR 131/13 - Juris RdNr. 15), sofern eintretende Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen, der Verstoß nicht sehr intensiv ist oder Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind (vgl. BVerfG, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund ist die Gestaltung des Beitragszuschlagsverfahrens in § 29 der Satzung rechtlich nicht zu beanstanden, die - wie bereits dargelegt - maßgeblich auf Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle abstellt. Die besondere Schwierigkeit der Bestimmung von Fallgruppen nach ihrem Schweregrad im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens liegt darin, dass die Einteilung des Schweregrades anhand eines begrenzten Beobachtungszeitraums erfolgen muss, damit eine Honorierung gelungener - ggf. kostenintensiver - Prävention bzw. eine Sanktionierung mangelhafter Prävention entsprechend dem Gesetzeszweck des § 162 SGB VII zeitnah gelingt. Dass mit Festlegung des maßgeblichen Beobachtungszeitraums in der Satzung zwangsläufig weitere Entwicklungen der Fallgruppen im zeitlichen Verlauf - z.B. spätere Aufwendungen, später eintretende unfallbedingte Todesfälle, Entfallen von Rentenansprüchen in den Folgejahren - bei der Beurteilung ausgeklammert werden, ist unvermeidlich. Gewisse daraus resultierende Härten, vergleichbar mit denen von Stichtagsregelungen, sind mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers hinzunehmen, sofern dieser seinen Gestaltungsspielraum sachgerecht genutzt hat und die gefundene Lösung nicht willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 - Juris RdNr. 73). Dass die Beklagte hier nur auf das vorangegangene Beitragsjahr als Beobachtungszeitraum abstellt, ist rechtlich nicht zu beanstanden, sondern dient der Verwaltungspraktikabilität, der zeitnahen und damit wirkungsvollen Umsetzung von Präventionsanreizen und im Rahmen der Refinanzierung des jeweils vorangegangenen Beitragsjahrs der Beitragsgerechtigkeit durch eine gewisse Umverteilung von Beitragslasten auf die Unternehmer entsprechend den Unfallgefahren, was sich im Folgejahr bei der Beitragserhebung auswirkt.

Die rechtlichen Bedenken des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 26.01.2018 (L 8 U 1680/17) gegen die schon wegen des begrenzten Beobachtungszeitraums notgedrungen typisierenden Regelungen in § 29 der Satzung überzeugen vor diesem Hintergrund nicht.

Soweit das LSG Baden-Württemberg Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot und die Beitragsgerechtigkeit gemäß Art. 3 Abs. 1 GG moniert, geht es bei Bildung der Vergleichsgruppen (z.B. beim Vergleich von Zeitrenten mit Dauerrenten) über den vom Satzungsgeber gewählten Beobachtungszeitraum hinaus, stellt abweichend von der Wertung des Satzungsgebers maßgeblich auf die Höhe der Aufwendungen als sachlichen Grund für Differenzierungen ab, ohne den Schweregrad des Unfalls zu berücksichtigen, und setzt letztlich eigene Wertungen an die Stelle der Wertungen des Satzungsgebers. So wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Satzungsgeber - rechtlich nicht zu beanstanden - den Fällen einer erstmaligen Rentenbewilligung wegen der dann regelmäßig vorliegenden langdauernden Unfallfolgen einen besonderen Schweregrad zuordnet und innerhalb dieser Fallgruppe nochmals nach den Kosten als weiterem Gradmesser für die Schwere eine Begrenzung vornimmt. Die typischerweise vorliegenden Dauerfolgen in Rentenfällen rechtfertigen aber gerade die höheren Belastungspunkte selbst kurzer bzw. (im Beitragsjahr selbst) in der Höhe geringer Rentenbewilligungen im Vergleich zu neuen Arbeitsunfällen mit langen Verletztengeldzahlungen oder hohen Sachleistungen. Soweit das LSG Baden-Württemberg moniert, die Gleichbehandlung von Zeitrenten und Dauerrenten sei gleichheitswidrig, begründet es dies einerseits mit höheren Aufwendungen für Dauerrenten außerhalb des Beobachtungszeitraums und andererseits mit seiner eigenen - keineswegs zwingenden - Wertung bzw. Behauptung, dass zeitlich befristete Renten kein Ausdruck für eine besondere Schwere des Unfalls sein können.

Dass sich der Zeitpunkt der Rentenbewilligung im Beitragsjahr auf die Kosten im Beobachtungszeitraum und damit die Vergabe der Belastungspunkte wesentlich auswirkt, wird - wie dargelegt - durch Mitberücksichtigung von Kosten außerhalb der Rentenzahlungen im Beitragsjahr abgemildert. Dass sich die Höhe des JAV bei gleicher MdE auf die Kosten im Beitragsjahr und damit die Höhe der Belastungspunkte auswirken kann, ist angesichts der vom Gesetz vorgesehenen Differenzierungsmöglichkeit beim Beitragszuschlag nach der Höhe der Aufwendungen im jeweiligen Beobachtungszeitraum rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die übrigen Ausführungen im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2018 (L 8 U 1680/17) vermögen nach Überzeugung des Senats keine ungerechtfertigten Differenzierungen aufzuzeigen, die über gewisse, im Rahmen notwendiger Pauschalierungen mit Festlegung von Kriterien für die Bestimmung des Schweregrades und Bestimmung des maßgeblichen Beobachtungszeitraums hinzunehmende, immanente Härten hinausgehen. Der Senat vermag daher keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat, hier also der Klägerin.

Die Zulassung der Revision dient mit Blick auf die oben zitierte Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2018 der Rechtsfortentwicklung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 43.352,76 Euro festzusetzen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, nämlich den Bescheid zum Beitragszuschlag, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - L 2 U 200/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - L 2 U 200/15

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - L 2 U 200/15 zitiert 36 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 24 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn 1. eine sof

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 41 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,2. die erforderliche Be

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 56 Voraussetzungen und Höhe des Rentenanspruchs


(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versich

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 35 Begründung des Verwaltungsaktes


(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 150 Beitragspflichtige


(1) Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die nach § 2 versicherten Unternehmer sowie die nach § 3 Abs. 1 Nr

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 22 Entstehen der Beitragsansprüche, Zusammentreffen mehrerer Versicherungsverhältnisse


(1) Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sowie bei Arbeitsentgelt, das aus dem aus Arbeitszeitguthaben

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 31 Vorbehalt des Gesetzes


Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zuläßt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 221 Beteiligung des Bundes an Aufwendungen


(1) Der Bund leistet zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen jährlich 14,5 Milliarden Euro in monatlich zum ersten Bankarbeitstag zu überweisenden Teilbeträgen an den Gesundheitsfonds. (2) De

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 213 Zuschüsse des Bundes


(1) Der Bund leistet zu den Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung Zuschüsse. (2) Der Bundeszuschuss zu den Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung ändert sich im jeweils folgenden Kalenderjahr in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne u

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 33 Vertreterversammlung, Verwaltungsrat


(1) Die Vertreterversammlung beschließt die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers sowie in den übrigen durch Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht vorgesehenen Fällen. Bei der Deutschen Rentenver

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 34 Satzung


(1) Jeder Versicherungsträger gibt sich eine Satzung. Sie bedarf der Genehmigung der nach den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige zuständigen Behörde. (2) Die Satzung und sonstiges autonomes Recht sind öffentlich bekannt

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 152 Umlage


(1) Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Umlage muß den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rück

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 162 Zuschläge, Nachlässe, Prämien


(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere b

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 153 Berechnungsgrundlagen


(1) Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt, der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen. (2) Das Arbeitsentgelt der Vers

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 114 Unfallversicherungsträger


(1) Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsträger) sind 1. die in der Anlage 1 aufgeführten gewerblichen Berufsgenossenschaften,2. die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau; bei Durchführung der Aufgaben

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 167 Beitragsberechnung


(1) Der Beitrag ergibt sich aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß. (2) Der Beitragsfuß wird durch Division des Umlagesolls durch die Beitragseinheiten (Arbeitsentgelte x Gefahrklassen) berechnet. Be

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - L 2 U 200/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - L 2 U 200/15 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Jan. 2018 - L 3 U 29/15

bei uns veröffentlicht am 23.01.2018

Tenor I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. III. Der Streitwert für das Beru

Bundessozialgericht Urteil, 20. Juli 2017 - B 12 KR 14/15 R

bei uns veröffentlicht am 20.07.2017

Tenor Auf die Revision der Kläger werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juni 2010 geändert.

Bundessozialgericht Urteil, 25. Okt. 2016 - B 1 KR 11/16 R

bei uns veröffentlicht am 25.10.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 17. Dez. 2013 - 1 BvL 5/08

bei uns veröffentlicht am 17.12.2013

Tenor § 43 Absatz 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nich

Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 15. Jan. 2013 - S 1 U 3577/12

bei uns veröffentlicht am 15.01.2013

Tenor Der Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 wird aufgehoben.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.Der Streitwert wird - endgültig - auf 27.732,08 EUR festgesetzt. Tatbestand  1 Zwisch

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 10. Okt. 2012 - 1 BvL 6/07

bei uns veröffentlicht am 10.10.2012

Tenor § 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 3858) verstößt gege

Bundessozialgericht Urteil, 17. Mai 2011 - B 2 U 18/10 R

bei uns veröffentlicht am 17.05.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 31. März 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Sozialgerichts auch den Beitragsbescheid vom 2

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07

bei uns veröffentlicht am 30.06.2008

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05.06.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklag

Referenzen

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Tenor

Der Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird - endgültig - auf 27.732,08 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte wegen ihrer Aufwendungen für einen Arbeitsunfall des bei der Klägerin beschäftigten X.Y. (im Folgenden: Versicherter) vom 06.12.2010 für das Beitragsjahr 2011 von der Klägerin einen Beitragszuschlag fordern kann.
Die Klägerin, ein Unternehmen für Bewachungsdienste, Werkschutz und Hausbesorgung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist seit dem ...1980 Mitglied der Beklagten (Aufnahmebescheid vom 04.06.1981). Der bei der Klägerin beschäftigte Versicherte erlitt am 06.12.2010 einen Arbeitsunfall (Sturz infolge Glatteises auf dem Betriebsgelände der Einsatzfirma in T.). Zum Unfallhergang äußerte sich der Versicherte in einem Fragebogen vom 20.12.2010 gegenüber der Bezirksverwaltung W. der Beklagten. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls erbrachte die Beklagte - eigenen Angaben zufolge - Aufwendungen für ambulante und stationäre Heilbehandlung in Höhe von 3.544,22 EUR und 3.088,36 EUR sowie weiteren 98,60 EUR für Transportkosten, außerdem weitere 5.953,78 EUR für Verletztengeldzahlungen einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung. Aufgrund des Bescheides vom 12.05.2011 gewährte sie dem Versicherten Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. der Vollrente zunächst im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 in Höhe von 1.713,75 EUR und aufgrund des weiteren Bescheides 10.12.2012 Verletztenrente als vorläufige Entschädigung für die Zeit ab dem 01.12.2011 bis auf weiteres nach einer MdE in gleichem Ausmaß.
Für das Beitragsjahr setzte die Beklagte die von der Klägerin zu zahlenden Beiträge auf 650.989,55 EUR fest (Bescheid vom 20.04.2012). Wegen ihrer Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten setzte sie ferner gegen die Klägerin einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2011 in Höhe von 27.732,08 EUR fest (Bescheid vom 24.07.2012). Hinsichtlich der Berechnung des Beitragszuschlags wird auf die Darlegungen im Bescheid vom 24.07.2012 verwiesen.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, der Versicherte sei weiterhin ununterbrochen bei ihr beschäftigt und habe seine Tätigkeit bereits Mitte April 2011 wieder aufgenommen. Eine Gewährung von Verletztenrente an den Versicherten sei ihr nicht bekannt. Nicht nachvollziehbar seien ferner von der Beklagten in Ansatz gebrachte 50 Belastungspunkte als Faktor für die Berechnung des Beitragszuschlags. Denn nach dem Wortlaut der Satzung der Beklagten sei bei der Kostenermittlung im Beitragszuschlagsverfahren bei einer Rentengewährung allein auf die Aufwendungen für die Verletztenrente, nicht aber auch auf sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall abzustellen. Schließlich habe sich der Arbeitsunfall des Versicherten infolge Ausrutschens auf Eis ereignet; dies sei witterungsbedingt im Winter nie auszuschließen und das dadurch bestehende Gefährdungsrisiko bereits durch ihre Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 31.08.2012).
Deswegen hat die Klägerin am 01.10.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Widerspruchsvorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
11 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Beitragsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010.
13 
1. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
14 
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften, zu denen auch die Beklagte gehört, haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
15 
2. Entsprechend der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII hat die Beklagte das Beitragszuschlagsverfahren in § 28 ihrer Satzung vom 10.07.2008 in der Fassung des ersten Nachtrags vom 12.11./10.12.2009, gültig ab dem 01.01.2010, geregelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung werden jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.
16 
Nach § 28 Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird die Berechnung der Zuschläge nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:
17 
1. Beobachtungszeitraum
18 
Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im Folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im Folgenden: Arbeitsunfall) der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle..., die sich im Beitragsjahr ereignet haben.
19 
2. Zuschlagspflichtige
20 
….
21 
3. Berechnung der Belastung
22 
In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.
23 
Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:
24 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:
25 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 1 Punkt
26 
- für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:
27 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 50 Punkte
28 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall: 100 Punkte
29 
Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.
30 
3. Gemessen an diesen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010 festgesetzt. Dabei braucht das erkennende Gericht vorliegend nicht darüber zu befinden, ob § 28 der Satzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig ist, insbesondere diese Regelung im Einklag mit höherrangigem Recht steht. Denn für die Festsetzung eines Beitragszuschlags unter Berücksichtigung von 50 Belastungspunkten kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf diese Regelung berufen. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung entgegen: § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten unterscheidet bei der Berechnung der Belastung - soweit hier von Belang - zwischen einem im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrente mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber. Dass der Beklagten der Arbeitsunfall des Versicherten vom 06.12.2010 erst im Beitragsjahr 2011 bekannt geworden ist, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Im Gegenteil steht aufgrund des von dem Versicherten bereits am 20.12.2010 ausgefüllten und unterzeichneten Unfallfragebogens, der an die Bezirksverwaltung W. der Beklagten adressiert war, zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte noch im Dezember 2010, und damit vor Beginn des Beitragsjahres 2011, Kenntnis von dem Arbeitsunfall hatte. Aufgrund der Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung der Beklagten ist deshalb vorliegend nicht rechtsrelevant, welche unfallbedingten Aufwendungen - mit Ausnahme derjenigen für die Verletztenrente - der Beklagten für den Versicherten im Jahr 2011 entstanden sind.
31 
Ihre Aufwendungen für die durch Bescheid vom 12.05.2011 festgesetzte Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 belaufen sich nach dem Inhalt dieses Bescheides und den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung (lediglich) 1.713,75 EUR. Diese Aufwendungen lösen nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt, der Satzung der Beklagten keinen Belastungspunkt im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens aus. Die weiteren Aufwendungen der Beklagten für die Verletztenrente aufgrund des Bescheides vom 10.12.2012 für die Zeit ab dem 01.12.2011 sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, weil sie erst außerhalb der Beitragsjahres 2011 entstanden sind.
32 
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dass im Beitragszuschlagsverfahren bei einer gewährten Verletztenrente als Kosten nicht nur die Rentenzahlungen als solche berücksichtigungsfähig sind, sondern alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 06.12.2010 angefallenen Aufwendungen. Denn dies gibt die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt ihrer Satzung bereits nach ihrem Wortlaut nicht her. Dieser bezieht sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts allein auf die Höhe der Aufwendungen, die im Beitragsjahr durch die Zahlung der Verletztenrente selbst entstanden sind. Sonstige Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall fallen dem gegenüber unter die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung. Für die Auslegung autonomer Satzungsbestimmungen als untergesetzlichem Recht ist - wie bei der Auslegung von Gesetzesnormen - maßgebend der in der Satzungsnorm zum Ausdruck kommende objektive Wille des Satzungsgebers (vgl. BVerfGE 105, 135, 157). Dabei kommen, um Inhalt und Bedeutung einer Norm zu ermitteln, die herkömmlichen Auslegungsmethoden zum Einsatz. Zulässig ist danach die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ggf. aus den Normmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Satzungsbestimmungen sind danach nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen, wobei Wortlaut, Sinn und Zweck dabei ebenso maßgebende Bedeutung zukommt wie dem systematischen Bezug der entsprechenden Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können demgegenüber zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (vgl. Bay. LAG vom 04.03.2010 - 2 Sa 977/08 - ).
33 
Danach kann sich die Beklagte vorliegend für den gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitragszuschlag nicht auf § 28 Abs. 3 Ziffer 3 ihrer Satzung stützen. Denn diese Satzungsregelung unterscheidet unter dem ersten und dem zweiten Gliederungspunkt ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Diese aus Sicht der Kammer eindeutige Unterscheidung lässt deshalb keine Auslegung des Begriffs „Kosten“ in dem von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwandten Umfang dahingehend zu, hierunter sämtliche im Beitragsjahr im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall angefallenen Aufwendungen zu subsumieren.
34 
Bestätigt wird dies durch die weitere Satzungsbestimmung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, derzufolge für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen und darüber hinaus ein Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann, wenn nämlich die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen. Diese Regelung wäre aus Sicht des erkennenden Gerichts überflüssig, wenn unter „Kosten“ im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 3, zweiter Gliederungspunkt der Satzung sämtliche im Beitragsjahr angefallenen Aufwendungen der Beklagten aus Anlass eines Arbeitsunfalls zu subsumieren wären.
35 
4. Sind deshalb vorliegend keine Unfallbelastungspunkte zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, darf die Beklagte gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 keinen Beitragszuschlag festsetzen.
36 
Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren stattzugeben.
37 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
38 
Die Festsetzung des endgültigen Streitwerts gründet sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Absätze 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.

Gründe

 
12 
Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010.
13 
1. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
14 
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften, zu denen auch die Beklagte gehört, haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
15 
2. Entsprechend der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII hat die Beklagte das Beitragszuschlagsverfahren in § 28 ihrer Satzung vom 10.07.2008 in der Fassung des ersten Nachtrags vom 12.11./10.12.2009, gültig ab dem 01.01.2010, geregelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung werden jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.
16 
Nach § 28 Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird die Berechnung der Zuschläge nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:
17 
1. Beobachtungszeitraum
18 
Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im Folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im Folgenden: Arbeitsunfall) der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle..., die sich im Beitragsjahr ereignet haben.
19 
2. Zuschlagspflichtige
20 
….
21 
3. Berechnung der Belastung
22 
In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.
23 
Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:
24 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:
25 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 1 Punkt
26 
- für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:
27 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 50 Punkte
28 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall: 100 Punkte
29 
Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.
30 
3. Gemessen an diesen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010 festgesetzt. Dabei braucht das erkennende Gericht vorliegend nicht darüber zu befinden, ob § 28 der Satzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig ist, insbesondere diese Regelung im Einklag mit höherrangigem Recht steht. Denn für die Festsetzung eines Beitragszuschlags unter Berücksichtigung von 50 Belastungspunkten kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf diese Regelung berufen. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung entgegen: § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten unterscheidet bei der Berechnung der Belastung - soweit hier von Belang - zwischen einem im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrente mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber. Dass der Beklagten der Arbeitsunfall des Versicherten vom 06.12.2010 erst im Beitragsjahr 2011 bekannt geworden ist, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Im Gegenteil steht aufgrund des von dem Versicherten bereits am 20.12.2010 ausgefüllten und unterzeichneten Unfallfragebogens, der an die Bezirksverwaltung W. der Beklagten adressiert war, zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte noch im Dezember 2010, und damit vor Beginn des Beitragsjahres 2011, Kenntnis von dem Arbeitsunfall hatte. Aufgrund der Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung der Beklagten ist deshalb vorliegend nicht rechtsrelevant, welche unfallbedingten Aufwendungen - mit Ausnahme derjenigen für die Verletztenrente - der Beklagten für den Versicherten im Jahr 2011 entstanden sind.
31 
Ihre Aufwendungen für die durch Bescheid vom 12.05.2011 festgesetzte Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 belaufen sich nach dem Inhalt dieses Bescheides und den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung (lediglich) 1.713,75 EUR. Diese Aufwendungen lösen nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt, der Satzung der Beklagten keinen Belastungspunkt im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens aus. Die weiteren Aufwendungen der Beklagten für die Verletztenrente aufgrund des Bescheides vom 10.12.2012 für die Zeit ab dem 01.12.2011 sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, weil sie erst außerhalb der Beitragsjahres 2011 entstanden sind.
32 
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dass im Beitragszuschlagsverfahren bei einer gewährten Verletztenrente als Kosten nicht nur die Rentenzahlungen als solche berücksichtigungsfähig sind, sondern alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 06.12.2010 angefallenen Aufwendungen. Denn dies gibt die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt ihrer Satzung bereits nach ihrem Wortlaut nicht her. Dieser bezieht sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts allein auf die Höhe der Aufwendungen, die im Beitragsjahr durch die Zahlung der Verletztenrente selbst entstanden sind. Sonstige Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall fallen dem gegenüber unter die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung. Für die Auslegung autonomer Satzungsbestimmungen als untergesetzlichem Recht ist - wie bei der Auslegung von Gesetzesnormen - maßgebend der in der Satzungsnorm zum Ausdruck kommende objektive Wille des Satzungsgebers (vgl. BVerfGE 105, 135, 157). Dabei kommen, um Inhalt und Bedeutung einer Norm zu ermitteln, die herkömmlichen Auslegungsmethoden zum Einsatz. Zulässig ist danach die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ggf. aus den Normmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Satzungsbestimmungen sind danach nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen, wobei Wortlaut, Sinn und Zweck dabei ebenso maßgebende Bedeutung zukommt wie dem systematischen Bezug der entsprechenden Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können demgegenüber zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (vgl. Bay. LAG vom 04.03.2010 - 2 Sa 977/08 - ).
33 
Danach kann sich die Beklagte vorliegend für den gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitragszuschlag nicht auf § 28 Abs. 3 Ziffer 3 ihrer Satzung stützen. Denn diese Satzungsregelung unterscheidet unter dem ersten und dem zweiten Gliederungspunkt ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Diese aus Sicht der Kammer eindeutige Unterscheidung lässt deshalb keine Auslegung des Begriffs „Kosten“ in dem von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwandten Umfang dahingehend zu, hierunter sämtliche im Beitragsjahr im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall angefallenen Aufwendungen zu subsumieren.
34 
Bestätigt wird dies durch die weitere Satzungsbestimmung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, derzufolge für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen und darüber hinaus ein Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann, wenn nämlich die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen. Diese Regelung wäre aus Sicht des erkennenden Gerichts überflüssig, wenn unter „Kosten“ im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 3, zweiter Gliederungspunkt der Satzung sämtliche im Beitragsjahr angefallenen Aufwendungen der Beklagten aus Anlass eines Arbeitsunfalls zu subsumieren wären.
35 
4. Sind deshalb vorliegend keine Unfallbelastungspunkte zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, darf die Beklagte gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 keinen Beitragszuschlag festsetzen.
36 
Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren stattzugeben.
37 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
38 
Die Festsetzung des endgültigen Streitwerts gründet sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Absätze 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.312,40 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten und Berufungsbeklagten festgesetzten Zuschlag zum Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2010.

Die Klägerin betreibt einen Eishockeyclub, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie ist Mitglied der Beklagten.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 25. August 2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach § 159 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nach dem geltenden Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Veranlagung erfolgte zu Gefahrtarifstelle 32 „Sportunternehmen“ (vgl. Teil I Buchstabe A des ab 1. Januar 2010 geltenden Gefahrtarifs). Die Gefahrtarifstelle war in drei Unterpunkte unterteilt:

– 32.1: bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81)

– 32.2: sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04)

– 32.3: übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42)

Zum 1. Januar 2010 trat außerdem eine geänderte Satzung der Beklagten in Kraft, die - insoweit gestützt auf § 162 Abs. 1 SGB VII - in § 28 (in der Fassung des 1. Nachtrages, der durch die damals fusionierenden Berufsgenossenschaften am 12. November bzw. 10. Dezember 2009 beschlossen und durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009 genehmigt wurde) das Beitragszuschlagsverfahren wie folgt neu regelte:

§ 28 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.

(2) Führt der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft er sich hierauf, so hat er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum

Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtige

Zuschlagspflichtig sind nur

2.1 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht sowie

2.2 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe VI bis VII der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen der jeweiligen Gruppe abweicht.

Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle bzw. der Gruppe liegt.

Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag liegt und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung

In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

* für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

3.1 Berechnung der Einzelbelastung Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen.

Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel:

Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

… = Einzelbelastung Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

3.2 Berechnung der Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle (siehe Ziffer 2.1) bzw. der Gruppe VI oder VII (siehe Ziffer 2.2 - im folgenden Gruppe -) addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe des § 3 der Satzung ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der Gruppe im Beitragsjahr x 10.000

… = Durchschnittsbelastung Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe im Beitragsjahr

4. Höhe des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

* 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt,

* 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt und

* 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt.

Für Unternehmen aus Unternehmensarten, deren Belastung im Umlagejahr zu 20 v.H. oder mehr aus Leistungen für Berufskrankheiten besteht, wird der Beitrag um den entsprechenden Anteil der Berufskrankheiten gekürzt (anrechenbarer Beitrag).

Für die Berechnung der Beiträge nach den Ziffern 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Zahlung des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Durchführungsbestimmungen

Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

§ 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten listet, unterteilt in sieben Gruppen, die Unternehmensarten auf, für die die Beklagte sachlich zuständig ist. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu Gruppe III, die mit „Verwaltungen“ überschrieben ist und die auch „Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen sowie selbständige Musikkapellen“ erfasst. Außerdem gehören zu dieser Gruppe u.a. Kirchenverwaltungen, diplomatische Kanzleien, Parteien, Berufs-, soziale und sonstige Verbände sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. „Banken“ bilden eine eigenständige Gruppe (Gruppe I).

Mit Beitragsbescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Gesamtbeitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 383.788,86 Euro mit. Der Gesamtbeitrag setzte sich zusammen aus dem Beitrag zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Höhe von (i.H.v.) 366.248,32 Euro und dem Betrag für Fremdumlagen. Bei der Berechnung des Beitrages zur VBG legte die Beklagte Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 205.055,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 und i.H.v. 1.681.091,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 45,04 zugrunde; bezogen auf die Gefahrklasse 57,81 wurden keine Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.

Aufgrund eines geänderten Entgeltnachweises für das Jahr 2010 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2011 mit weiterem Beitragsbescheid vom 1. Juli 2011 dahingehend ab, dass sie nun bei der Berechnung des Beitrages zur VBG bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 241.882,00 Euro zugrunde legte. Der Beitrag zur VBG erhöhte sich dadurch auf 366.684,45 Euro und der Gesamtbeitrag auf 384.317,96 Euro. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Nach Anhörung setzte die Beklagte außerdem mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 2011 gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag i.H.v. 36.624,81 Euro (Zuschlag von 10%) fest. Dabei berücksichtigte sie die vier Arbeitsunfälle folgender Spieler mit folgenden Daten:

– Sch. (nachfolgend: Sch.), Unfall vom 9. September 2007, Registrierdatum 6. November 2007, Entschädigungsdatum 09/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– K. (nachfolgend: K.), Unfall vom 2. Januar 2007, Registrierdatum 9. Januar 2007, Entschädigungsdatum 05/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– D. (nachfolgend: D.), Unfall vom 28. August 2009, Registrierdatum 2. September 2009, Entschädigungsdatum 11/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– S. (nachfolgend: S.), Unfall vom 12. Januar 2010, Registrierdatum 21. Januar 2010, Belastungstyp Unfall, Belastungspunkte 1,00 Der Beitragszuschlag errechnete sich nach § 162 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28 der Satzung der Beklagten aus dem anrechenbaren Beitrag zur VBG i.H.v. 366.248,13 Euro, Unfallbelastungspunkten von insgesamt 151,00, einer Belastungsziffer der Klägerin von 4,1228, einer Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 und einer Abweichung der Belastungsziffer der Klägerin zur Durchschnittsbelastungsziffer von 348,13%.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zugleich Einsicht in die Akten der dem Beitragszuschlag zugrunde gelegten Unfälle. Über Folgeschäden bzw. Rentenzahlungen an die betroffenen Eishockeyspieler sei der Klägerin nichts bekannt; vielmehr seien die betreffenden Personen auch nach den Unfällen als Eishockeyspieler voll im Einsatz gewesen. Zugleich wurden zahlreiche Bedenken gegen die Beitragszuschläge vorgetragen. Erstens handele es sich bei dem Beitragszuschlag in Wahrheit um ein „der Höhe nach willkürlich festgesetztes Ordnungsgeld als Beugemittel mit dem Anspruch auf künftiges präventives ‚Wohlverhalten'…“. Zweitens seien nach § 162 SGB VII Zuschläge „unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle“ möglich. Die Satzung der Beklagte stelle stattdessen jedoch auf das Beitragsjahr der Feststellung der Unfallrente ab (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 der Satzung). Überdies sei die Satzung nach ihrem § 56 erst am 1. Januar 2010 in Kraft getreten und eine rückwirkende Anwendung auf Unfälle aus den Jahren 2007 bzw. 2009 rechtswidrig. Die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Kosten der festgestellten Renten eine Rolle spielen würden, käme es jedenfalls nur auf die tatsächlich im Beitragsjahr gezahlten Rentenleistungen an. In dem vorliegenden Fall sei außerdem zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen der Profiligen insgesamt um das Dreifache höher liege als die Belastung der Beklagten durch entsprechende Entschädigungsleistungen. Durch die zusätzliche Auferlegung von Beitragszuschlägen gerate das Gesamtgefüge gänzlich außer Verhältnis und stehe jenseits des hier allein anzuwendenden Versicherungsprinzips. Die Zuschlagsbelastung führe bei Profisportunternehmen zu einer endgültigen Erdrosselung unter eklatantem Verstoß gegen das Übermaßverbot. Darüber hinaus würden die sehr hohen Gefahrklassen z.B. bei Sportunternehmen gegenüber Unternehmen mit sehr niedrigen Gefahrklassen (wie z.B. Banken) bei einer gleich hohen Einzelbelastung (gemessen an den Belastungspunkten) dazu führen, dass der Beitragszuschlag bei Sportunternehmen um ein Vielfaches höher ausfalle. Letztlich enthalte die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beseitige all diese Einwendungen nicht.

Mit undatiertem Widerspruchsbescheid, bei der Klägerin am 6. Dezember 2011 eingegangen, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 zurück. Bei der Erhebung des Zuschlages handele es sich gesetzessystematisch um eine Beitragsverpflichtung. Diese sei rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle Unternehmen der Beklagten der gleichen Beitragszuschlagsberechnung unterliegen würden. Ein Vergleich mit anderen Unternehmensarten mit deutlich geringerer Gefahrklasse (z.B. einer Bank) führe zu keinem verwertbaren Ergebnis. Vielmehr spiegle eine höhere Gefahrklasse die größere Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines Unfalls z.B. bei einem Eishockeyspieler gegenüber einem Bankangestellten wider. Darüber hinaus liege keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Eine Begrenzung des Zuschlages erfolge über § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten zu den Arbeitsunfällen bestehe aus Datenschutzgründen nicht. Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden würden sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergeben.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut mit dem Ziel, den Beitragszuschlagsbescheid aufzuheben. Zugleich beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 (S 9 U 338/11 ER) lehnte das SG Landshut den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 27. Juni 2012 (L 2 U 134/12 B ER) zurück.

Im Klageverfahren vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin seine bisherigen Ausführungen. Er bestritt, dass den Sportlern berechtigterweise Unfallrenten zugesprochen worden seien. Die Unfälle seien im Übrigen ausschließlich auf Fremdverschulden zurückzuführen. Dies ergebe sich aus den der Klägerin noch vorliegenden Kopien der Unfallanzeigen. Der Spieler K. sei z.B. von seinem Gegner gecheckt worden. Regelverstöße seien nicht durch die Einwilligung des kampfbetonten Eishockeyspiels gedeckt. Zivilrechtlich bestehe ein Schadensersatzanspruch, wenn nachgewiesen werden könne, dass der Mitspieler schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen habe. Soweit die Satzung die Frage einer überdurchschnittlichen Belastung mit Hilfe eines Vergleichs mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 ermittle, sei dies unrichtig. Der Vergleich habe nur im Verhältnis zu der Gefahrtarifstelle 32.2 erfolgen dürfen. Mit der Sonderregelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 2.2 der Satzung verstoße die Beklagte außerdem insofern gegen das Gleichheitsgebot, als dort die durchschnittliche Belastung nicht innerhalb der jeweiligen Gefahrtarifstelle berechnet werde, sondern innerhalb der Gruppe VI und VII des § 3 der Satzung. Die Satzung der Beklagten berücksichtige nach ihrem Wortlaut nur die Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle, nicht die Höhe der anfallenden Kosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2013 Bezug genommen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 10. Mai 2012 die Rentenbescheide der drei betroffenen Spieler vor und teilte mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2014 die Entschädigungsleistungen im Jahr 2010 mit. Daraus ergeben sich die folgenden weiteren Daten:

– Sch.: Rentenbescheid vom 1. September 2010, Rentenbeginn am 19. April 2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 62.584,23 Euro

– K.: Rentenbescheid vom 28. Mai 2010, Rentenzahlung vom 15. August 2007 bis 31. Dezember 2009 nach einer MdE von 20 v.H. (Zahlbetrag insg.: 17.264,42 Euro; Monatsbetrag zuletzt 618,67 Euro), außerdem Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 1.928,00 Euro

– D.: Rentenbescheid vom 3. November 2010, Rentenbeginn am 3. August 2010 nach einer MdE von 20 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 4.606,44 Euro, Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 59.779,73 Euro

– S.: Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 10.816,89 Euro Außerdem vertiefte die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2013 und vom 14. Februar 2014 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit ihrer Satzung sowie des angefochtenen Beitragszuschlagsbescheides. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17. September 2014 erklärte sich die Beklagte bereit, den Unfall des Spielers D. aus der Berechnung des Beitragszuschlages herauszunehmen. Der Zuschlag reduzierte sich damit auf 27.468,61 Euro.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 (S 9 U 339/11) änderte das SG Landshut den angefochtenen Bescheid der Beklagten dahingehend weiter ab, dass der Unfall des Spielers Sch. vom 9. September 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wodurch sich der Beitragszuschlag halbiere und die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den bereits gezahlten Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,41 Euro zurückzuzahlen. Im Übrigen wies das SG Landshut die Klage ab. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf 36.624,81 Euro fest. Zur Begründung wies die Kammer darauf hin, dass die Satzung der Beklagten zwar der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 162 Abs. 1 SGB VII entspreche und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot oder das Rückwirkungsverbot verstoße. Hierzu nahm die Kammer Bezug auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 10. Dezember 2013 (- S 1 U 74/12 -, Bl. 150 ff. der Akte des BayLSG), welches den Beteiligten bekannt war. Auch sei der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten formell rechtmäßig. Allerdings habe der Unfall des Spielers Sch. nicht berücksichtigt werden dürfen, da es sich nicht um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Soweit die Beklagte die Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. zutreffend mit insgesamt 51 Belastungspunkten berücksichtigt habe, würden sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Unfälle durch das alleinige Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden seien. Denn bei einer Sportart wie dem Eishockey liege eine gegenseitige Einwilligung der Spieler in Handlungen vor, wie sie dem üblichen Spielverlauf entsprechen. Ein Fremdverschulden im Sinne der Satzung der Beklagten könne nur dann vorliegen, wenn Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig in besonders rücksichtsloser Weise handeln. Hierfür ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte; insbesondere sei nicht ersichtlich, dass ein Strafverfahren durchgeführt oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht worden wären.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zum Kriterium der „Schwere“ eines Arbeitsunfalls ist nun vorgetragen worden, dass hierfür nicht die Kosten entscheidend seien, sondern der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der Grad der MdE bzw. die Art der Unfallfolgen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Beitragszuschlagsverfahren anderer Mitgliedsunternehmen bereit erklärt habe, die Bescheide aufzuheben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16. Januar 2015, vom 25. Oktober 2016, vom 24. Februar 2017, vom 19. Juni 2017, vom 2. Oktober 2017 und vom 4. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihrerseits die Berechnung des Beitragszuschlages näher erläutert sowie ihre Rechtsausführungen vertieft. Insbesondere liege es im Gestaltungsermessen der Vertreterversammlung der Beklagten, die Schwere eines Arbeitsunfalls vereinfachend anhand der Kosten, der Zahlung einer Unfallrente sowie des Eintrittes des Todes als schlimmster Unfallfolge zu differenzieren. Die Unterscheidung zwischen den Zuschlagspflichtigen in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass es sich bei dem Gefahrtarif 2010 um einen Fusionsgefahrtarif gehandelt habe, dem die Tarifstellen der Fusionspartner einfach angehängt worden seien. Durch das Abstellen auf die „Gruppe“ habe vermieden werden sollen, dass sich das Ausgleichsverfahren auf Kleinst-Gefahrtarifstellen beziehe. Somit werde nicht Gleiches ungleich behandelt. Ergänzend hat die Beklagte zahlreiche Kopien sozialgerichtlicher Urteile vorgelegt, die sich mit ihrer Satzungsregelung befassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016, vom 21. April 2017, vom 14. September 2017 und vom 1. Dezember 2017 Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge einschließlich der Akten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, am 6. Dezember 2011 bei der Klägerin eingegangen. Insoweit steht noch der hälftige Beitragszuschlag im Streit, nachdem zunächst die Beklagte den Unfall des Spielers D. aus der Zuschlagsberechnung herausgenommen und anschließend das SG Landshut den Beitragszuschlagsbescheid dahingehend abgeändert hat, dass auch der Unfall des Spielers Sch. nicht zu berücksichtigen ist. Berufung wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von der Beklagten eingelegt. Sonstige Fragen, insbesondere zur Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2010, sind nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Soweit der von der Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgesetzte Beitragszuschlag nach der Änderung durch den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 11. Dezember 2014 noch auf 18.312,40 Euro beläuft, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag wurde anhand der Satzungsregelungen, die ihrerseits nicht zu bestanden sind, zutreffend berechnet.

1. Das Beitragsbzw. Beitragszuschlagsverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung basiert - soweit hier relevant - auf folgenden Grundsätzen:

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden grundsätzlich durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, die den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge sowie des Verwaltungsvermögens decken muss (§ 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Veranlagung zu den Gefahrklassen erfolgt nach dem als Satzung anzusehenden Gefahrtarif der jeweiligen Berufsgenossenschaft (§ 159 Abs. 1 SGB VII). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 12). Gemäß § 168 Abs. 1 SGB VII teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (Beitragsbescheid).

Des Weiteren haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle (vgl. § 193 Abs. 1 und 2 SGB VII) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII können auch Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten durch die Satzung ausgenommen werden. Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 13).

Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 725 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Soweit nicht die geringfügigen Änderungen betroffen sind, kann daher weiterhin auf die zu § 725 Abs. 2 RVO ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und unter Benennung dieser Änderungen).

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin (und auch für das vorliegende Verfahren), dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist. Das Verfahren muss Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen. Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken. Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 19 m.w.N.).

In Einklang mit der Rechtsprechung des BSG wird in der Literatur zum Zweck des sog. Beitragsausgleichsverfahrens außerdem darauf hingewiesen, dass dieses auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens ausgerichtet ist. Es geht um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung, die in den Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität, aber auch teilweise mit erheblichem Kostenaufwand betrieben wird. Durch eine finanzielle Be- und Entlastung soll auf eine verstärkte Unfallverhütung und damit insbesondere auf eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes hingewirkt werden (Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 17, 19). Durch das Beitragsausgleichsverfahren wird die individuelle Unfallgefahr des Unternehmens zu einem Faktor der Beitragsberechnung (Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 2; ähnlich Schmidt., in: SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3). Es dient der Förderung der Prävention durch Beitragsanreize (Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 2). Das Einzelverhalten, also Erfolg und Misserfolg der Prävention im eigenen Unternehmen, soll unmittelbar zu finanziellen Vor- oder Nachteilen führen (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 2). Zuschläge und Nachlässe bewirken eine Umverteilung der Beitragsbelastung. Der Eintritt des Versicherungsfalles soll entsprechend § 1 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln vermieden werden. Das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen soll sich in der Beitragshöhe niederschlagen. Die genossenschaftlich haftenden Mitglieder sollen gerechter an dem wirtschaftlichen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben (Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 1, 2). Bigge (in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 1) spricht von einer verursachungsgerechten Heranziehung zu den Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Beklagte der Klägerin für das Beitragsjahr 2010 zu Recht einen im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,40 Euro auferlegt. Das von der Beklagten nach Maßgabe des § 28 ihrer Satzung durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren ist mit der Ermächtigungsnorm vereinbar (hierzu unter a) und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG; hierzu unter b), das Übermaßverbot bzw. den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hierzu unter c), das Rückwirkungsverbot (hierzu unter d) oder sonstiges höherrangiges Recht (hierzu unter e). Relevante Fehler bei der Berechnung des Zuschlages liegen ebenfalls nicht vor (hierzu unter f).

a) Das von der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren richtet sich nach § 28 ihrer ab 1. Januar 2010 geltenden (Fusions-)Satzung in der Fassung des 1. Nachtrages vom 12. November/ 10. Dezember 2009 (genehmigt durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009). Danach werden unter Bezugnahme auf § 162 SGB VII jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Von der Verpflichtung (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) bzw. der Möglichkeit (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII), Versicherungsfälle außer Ansatz zu lassen, hat die Beklagte (abgesehen von der Möglichkeit, Unfälle auf Betriebswegen auszunehmen) Gebrauch gemacht.

U.a. bleiben solche Arbeitsunfälle unberücksichtigt, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Letzteres ist vom Beitragspflichtigen nachzuweisen (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Zuschlagspflichtig ist der Beitragspflichtige, dessen Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der jeweiligen Vergleichsgruppe liegt. Abzustellen ist dabei auf das jeweilige Beitragsjahr (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung). Die Berechnung der Einzelsowie der Durchschnittsbelastung bestimmt sich nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung. Die Höhe des Beitragszuschlages bemisst sich in Prozentpunkten des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages und beträgt - abhängig von der Höhe der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung - 5 v.H., 7,5 v.H. oder höchstens 10 v.H. dieses Beitrages (§ 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung).

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Satzung der Beklagten ist zu beachten, dass es sich hierbei um autonomes Recht handelt (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), das - so auch hier - von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 Satz SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. § 162 SGB VII lässt den Berufsgenossenschaften daher einen weiten Spielraum zur Gestaltung ihres Beitragsausgleichsverfahrens. Auch die Entscheidung, auf welche Weise Zuschläge bzw. Nachlässe im Einzelnen berechnet werden, erfolgt nach § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch: BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 30 und BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 20, letzterer mit näherer Begründung). Ob die Vertreterversammlung in diesem Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden. Die Satzungsregelungen unterliegen der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vielmehr nur im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 18 m.w.N.). Relevant ist insbesondere, ob die Regelungen überhaupt geeignet sind, den mit dem Beitragsausgleichsverfahren verfolgten Zielen zu dienen. Dabei ist nicht auf die speziellen Verhältnisse des klagenden Unternehmens, sondern auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 22).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Grenzen richterlicher Prüfungsbefugnis bewegt sich die Satzung der Beklagten im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft und die damit im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist mithin zulässig (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Auffassung der Klägerin, wonach die Satzung, obwohl sie als Merkmale in § 28 Abs. 1 nur Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle nenne, tatsächlich doch auch auf die Kosten abstelle, trifft nicht zu. Selbst wenn diese Auffassung jedoch zuträfe, würde dies lediglich dazu führen, dass die Satzung tatsächlich alle drei Merkmale des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII für die Berechnung der Höhe des Beitragszuschlages heranziehen würde; sie würde sich auch damit noch innerhalb des Rahmens der Ermächtigungsnorm bewegen.

Tatsächlich jedoch benennt die Satzung der Beklagten in ihrem § 28 Abs. 1 nicht lediglich Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle als Berechnungsgrundlagen, sondern konkretisiert diese Vorgabe in § 28 Abs. 3, der die Details der Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge aufzeigt, konsequent und ermächtigungskonform. Dabei stellt die Satzung der Beklagten ganz vorrangig auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und definiert diesen Begriff typisierend und entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung vereinfachend anhand dreier Merkmale (§ 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung): Erstens unterscheidet sie alle anzuzeigenden Arbeitsunfälle anhand der anfallenden Kosten, wobei ein Unfall mit Kosten über 10.000 Euro als schwer im Sinne der Satzung bewertet wird (Bewertung mit 1 Belastungspunkt). Zweitens differenziert sie danach, ob eine Unfallrente festgestellt worden ist oder nicht; wenn ja, handelt es sich wiederum um einen schweren Unfall, sofern die Kosten mehr als 10.000 Euro betragen. Durch die Bewertung mit nunmehr 50 Belastungspunkten bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass ein entsprechend kostenintensiver Arbeitsunfall, der außerdem zu einer Rentenzahlung führt, deutlich schwerer zu gewichten ist, als ein vergleichbar kostenintensiver Arbeitsunfall ohne Rentenzahlung. Drittens werden mit 100 Belastungspunkten solche Unfälle (nunmehr unabhängig von ggf. nur geringen Kosten) als besonders schwer eingestuft, die zum Tod des Versicherten geführt haben.

Daraus ergibt sich, dass die Aufwendungen für den einzelnen Versicherungsfall nur eine untergeordnete Rolle in dem Sinne spielen, dass sie eine grobe Einteilung in jeweils schwere und weniger schwere Arbeitsunfälle bewirken. Darüber hinaus werden die konkreten Aufwendungen weder erfasst noch spielen sie eine Rolle für die Höhe des Beitragszuschlages oder die Berechnung der Einzelbzw. Durchschnittsbelastung. Eine vergleichende Berechnung der Kosten, die von den einzelnen Versicherungsfällen verursacht wurden, findet nicht statt.

Im Ergebnis erfolgt eine Einteilung aller anzuzeigenden Arbeitsunfälle in vier Fallgruppen mit aufsteigendem Schweregrad: Die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe mit den leichtesten bzw. am wenigsten schweren Unfälle erfüllen zwei verschiedene Sachverhaltskonstellationen. Erstens die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten bis 10.000 Euro und zweitens Arbeitsunfälle (ebenfalls mit Kosten bis 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden jeweils mit Null Punkten bewertet. Die zweite Fallgruppe bilden die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten über 10.000 Euro, die mit 1 Punkt bewertet werden. Zur dritten Fallgruppe gehören Arbeitsunfälle (mit Kosten über 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden mit 50 Punkten bewertet. In die vierte Fallgruppe der schwersten Arbeitsunfälle, die mit 100 Punkten bewertet werden, fallen die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfälle.

Wenn die Beklagte die genannten Merkmale als Maßstäbe für die Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls zugrunde legt, so ist dies nicht zu beanstanden. Eine einheitliche, ggf. gar verbindliche Festlegung, wonach die Schwere eines Arbeitsunfalles zu bemessen wäre, existiert nicht. Insbesondere ergeben sich keine Vorgaben aus der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Denkbar sind hier zweifellos zahlreiche Kriterien. Dem Bevollmächtigten der Klägerin kann daher zugestimmt werden, wenn er darauf hinweist, dass Kriterien wie der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der MdE und/ oder die Art der Unfallfolgen herangezogen werden könnten. Nicht zuzustimmen ist dem Bevollmächtigten jedoch darin, dass die Kosten überhaupt kein geeignetes Kriterium sein können. Überdies zeigen seine Darlegungen lediglich auf, dass auch andere Beurteilungsmaßstäbe möglich wären; eine Rechtswidrigkeit der Satzungsregelung ergibt sich daraus nicht.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Regelung insoweit am zweckmäßigsten, vernünftigsten und gerechtesten wäre. Diese Festlegung obliegt vielmehr der Beklagten; hierzu gehört es auch, sachgerechte Qualifizierungs- und Quantifizierungsmerkmale für die Schwere eines Arbeitsunfalls zu finden. Vorliegend sind die von der Satzung vorgesehenen Merkmale nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für das Merkmal der Kosten (hier bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr), welches durchaus geeignet ist, die Schwere eines Arbeitsunfalles typisierend zu erfassen. Denn erhebliche Verletzungen mit aufwendigem und/ oder langandauerndem Behandlungsbedarf und ggf. längerer Arbeitsunfähigkeit oder sogar eintretenden Dauerfolgen gehen regelmäßig mit höheren Kosten einher. So sind z.B. mit stationären Krankenhausaufenthalten regelmäßig höhere Kosten verbunden als mit ambulanten Behandlungen, langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten führen zusätzlich zu entsprechenden Ansprüchen auf Zahlung von Verletztengeld und die Höhe einer ggf. zu zahlenden Rente bemisst sich u.a. nach der Höhe der MdE. Die angefallenen Kosten stellen schließlich ein Merkmal dar, welches sich relativ einfach feststellen lässt - ein Umstand, dem im Rahmen einer Massenverwaltung ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht beigemessen werden kann.

Die Satzung der Beklagten trifft außerdem eine Unterscheidung zwischen Unfällen, die keine Rente nach sich ziehen und daher (abgesehen von Todesfällen) nur einmal - nämlich bei der Meldung - zu berücksichtigen sind, sowie Unfällen, die eine Rente nach sich ziehen und damit - bei der Feststellung der Rente - ein weiteres Mal zu berücksichtigen sind. Da die Feststellung einer Unfallrente regelmäßig voraussetzt, dass beim Versicherten länger andauernde gesundheitliche Unfallfolgen vorliegen, spricht auch dieser Umstand typisierend für einen erhöhten Schweregrad des Arbeitsunfalls. Zweifellos kann schließlich ein Unfall mit Todesfolge beanstandungsfrei im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls eingestuft werden - dies auch unabhängig von den anfallenden Kosten, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können. Die Beklagte stellt damit indirekt durchaus auf solche Umstände ab, die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgeschlagen worden sind, insbesondere den Grad der Verletzungen bzw. die Art der Unfallfolgen. Während es der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch offen lässt, wie diese Umstände gemessen werden könnten, hat die Beklagte hierauf mit ihrer Satzungsregelung eine Antwort gegeben.

Durch die Gerichte ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung solche Unfälle als (besonders) schwer ansieht, die erstens eine bestimmte Kostengrenze überschreiten, zweitens eine Unfallrente nach sich ziehen oder drittens sogar zum Tod des Versicherten führen. Die Beklagte muss bei der Auswahl der Merkmale, die sie zur Bestimmung der Schwere eines Arbeitsunfalls heranzieht, auch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung berücksichtigen. Sie muss daher darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind. Dabei können nicht alle Besonderheiten eines jeden Einzelfalles Berücksichtigung finden. Zugleich müssen die Merkmale mit einem möglichst hohen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Der Grad der Verletzung bzw. die Art der Unfallfolgen können vor diesem Hintergrund nur insoweit eine Bedeutung erlangen, als sie mit messbaren und leicht feststellbaren Kriterien konkretisiert werden. Grundsätzlich weniger geeignet erscheint ein Abstellen auf die Dauer der Heilbehandlung, da sich diese unter Umständen über Jahre und Jahrzehnte, ggf. sogar lebenslang erstrecken kann.

Die Berechnung des Beitragszuschlages unter Zugrundelegung eines Punktesystems, welches die dem Grunde nach in der jeweiligen Kategorie als schwer eingestuften Arbeitsunfälle (hohe Kosten im Beitragsjahr, Unfallrente mit zugleich hohen Kosten im Beitragsjahr bzw. Todesfall) nochmals hinsichtlich ihres jeweiligen Schweregrades gewichtet, ist ebenfalls von dem weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt; konkrete Vorgaben hierzu enthält die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII nicht. Gleiches gilt für die Differenzierung nach den anfallenden Kosten bis 10.000 Euro bzw. über 10.000 Euro. Insoweit muss der Beklagten als Satzungsgeber - vergleichbar einem Gesetzgeber - insbesondere auch zugestanden werden, die von ihr ursprünglich prognostizierten Auswirkungen ihrer Satzungsregelungen im Rahmen ihrer tatsächlichen Anwendung zu beobachten und dahingehend zu überprüfen, ob die gewünschten Anreizwirkungen bei den Mitgliedsunternehmen eintreten und unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Ggf. kann sie dann in den Folgejahren durch eine Änderung ihrer Satzung bzw. der darin enthaltenen Abgrenzungskriterien gegensteuern.

Dafür, dass es hier gegenüber den Mitgliedsunternehmen im Allgemeinen oder der Klägerin im Besonderen zu irgendwelchen untragbaren Auswirkungen gekommen wäre, ist nichts ersichtlich. Hierfür genügt es nicht, dass ggf. bereits - wie hier - ein Unfall mit Zahlung einer Unfallrente ausreicht, um einen Beitragszuschlag zu bewirken. Ab wann ein Beitragszuschlag faktisch wegen der Abweichung von der Durchschnittsbelastung eingreift, ist nicht zuletzt abhängig von der Struktur und dem Unfallrisiko der jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Unfallversicherungsträgers. Dabei widerspricht es keinesfalls dem Willen des Gesetzgebers, wenn eine Belastung des Unternehmens bereits bei einem einzigen Arbeitsunfall eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22). Da Ausgangspunkt der Auferlegung eines Beitragszuschlages hier eine entsprechend hohe Abweichung der Belastung des einzelnen Unternehmens von der Durchschnittsbelastung ist, kann ein Beitragszuschlag ohnehin nur dann eingreifen, wenn bereits durch diesen einen Unfall eine derartige Abweichung erreicht wird. Aufgrund der von der Satzung der Beklagten vorgegebenen Staffelung mittels eines Punktesystems mit Null, 1, 50 und 100 Punkten wird dies hier voraussichtlich erst bei einem einzigen Unfall mit festgestellter Rente oder mit Todesfolge der Fall sein. Die Staffelung durch das Punktesystem wird zudem im Ergebnis abgemildert durch die Deckelung des Zuschlages auf maximal 10 v.H. des Beitrages.

Es wird schließlich auch jeder anzuzeigende Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 SGB VII) für das Beitragszuschlagsverfahren im Sinne von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berücksichtigt. Berücksichtigen bedeutet seinem Wortsinn nach nicht mehr als zur Kenntnis nehmen (dudenonline: bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten, nicht übergehen, in seine Überlegungen einbeziehen). Eine bestimmte Konsequenz wird danach nicht vorausgesetzt. Dass sich ein Unfall ggf. mit dem Punktwert „Null“ auf die Höhe des Beitragszuschlags (nicht) auswirkt, bedeutet nicht, dass er nicht berücksichtigt wird. Die fehlende Auswirkung auf den Beitragszuschlag ist lediglich das konsequente Ergebnis der unterschiedlichen Gewichtung der Unfälle entsprechend ihrem jeweiligen Schweregrad und entspricht der ermächtigungskonformen Intention der Beklagten, vorrangig auf die Schwere eines Unfalls abzustellen. Diese Gewichtung wirkt sich dann - wie in § 162 Abs. 1 SGB VII vorgesehen - auf die Höhe des Beitragszuschlages aus. Schließlich fordert § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII auch bezüglich der Zahl der Versicherungsfälle keine spezifische Berücksichtigung dieses Merkmals. Die Ermächtigungsnorm verlangt nicht, dass jeder Unfall mit einer gleichen oder zumindest einer bestimmten Wertigkeit zu berücksichtigen ist.

Die Satzung der Beklagten zielt erkennbar darauf, durch das Beitragszuschlagsverfahren Anreize für eine gute Präventionsarbeit zu schaffen. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schwere Arbeitsunfälle; insbesondere die mit Feststellung einer Rente oder mit Todesfolge. Ist die Regelung somit - wie dargelegt - sachlich begründet, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 1 BvL 13/96 -, BVerfGE 106, 201 und juris Rn. 16). Soweit die Unternehmer durch das Beitragszuschlagsverfahren angeregt werden sollen, insbesondere schwere Unfälle zu vermeiden, bedeutet dies aber nicht, dass der Unternehmer jeden Unfall, der zu einem Zuschlag führt, auch tatsächlich verhindern kann bzw. verhindern können muss.

Der von der Beklagten gewählte Bewertungsmaßstab ist danach insgesamt nicht zu beanstanden und kann nicht durch einen anderen Bewertungsmaßstab, den ggf. das Gericht oder die Klägerin für sinnvoller oder zweckmäßiger halten, ersetzt werden.

bb) Die Satzung der Beklagten verstößt darüber hinaus nicht deshalb gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, weil sie lediglich die Auferlegung von Zuschlägen, nicht jedoch auch die Bewilligung von Nachlässen vorsieht. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren bzw. reine Nachlassverfahren zulässig sind. Die Zulässigkeit eines reinen Zuschlagsverfahrens steht außerdem mit dem Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens sowie mit dem Willen des Gesetzgebers, dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, in Einklang (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris, die dagegen eingelegte Revision wurde vom BSG mit Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 21/11 R - als unzulässig verworfen; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 2. März 2010 - L 14 U 83/08 -, juris, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -, juris, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2005 - L 2 U 39/04 -, juris; von der Zulässigkeit eines Zuschlagsverfahrens ging offenbar auch das BSG aus in: Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 20 m.w.N. und Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris; vgl. aus der Literatur: Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand: Juli 2017, § 162 SGB VII Rn. 8; Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 29, 35; Bigge, in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 14; Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 3, 16; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 5.1 und 5.3; Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 7 f.; Brandenburg/ K. Palsherm, jurisPraxisKommentar, SGB VII, 2. Auflage 2014, § 162 Rn. 17 ff., 47; Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 18 ff.). Dem schließt sich auch der Senat an.

b) Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Einzelbelastung des einzelnen Zuschlagspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmer der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.).

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 122 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Grundsätzlich ist der Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG kann dabei nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.).

cc) Der Bevollmächtigte der Klägerin macht insbesondere eine Ungleichbehandlung geltend, soweit die Durchschnittsbelastung im Beitragsjahr 2010 für Beitragspflichtige nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3, Unterziffer 3.2 aus den verschiedenen Gruppen des § 3 (Abs. 1) der Satzung unterschiedlich berechnet wurde (hierzu unter (1)). Darüber hinaus hätte der Vergleich nur im Verhältnis der Klägerin zu den anderen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32.2 „Sonstige bezahlte Sportler“ erfolgen dürfen (hierzu unter (2)).

(1) Der Bevollmächtigte der Kläger beanstandet, dass die Satzung der Beklagten nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 (i.V.m. Ziffer 3, Unterziffer 3.2) die Zuschlagspflichtigen danach unterscheidet, ob sie - wie die Klägerin - zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe I bis V der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternahmen der jeweils gleichen Tarifstelle des Gefahrtarifs abgestellt wird) oder ob sie zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe VI bis VII der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternehmen der jeweiligen Gruppe abgestellt wird).

Einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unterscheidet folgende Gruppen:

– I. Banken

– II. Versicherungen

– III. Verwaltungen

– IV. Freie Berufe

– V. Besondere Unternehmen

– VI. Unternehmen der keramischen und Glas-Industrie

– VII. Unternehmen der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Die in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung der Beklagten geregelte Differenzierung zwischen den Gruppen I bis V einerseits und VI bis VII andererseits ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die ab 1. Januar 2010 geltende Satzung der Beklagten eine Fusionssatzung darstellte; auch der zeitgleich geltende Gefahrtarif war ein Fusionsgefahrtarif. Anfang 2009 hatten die Beklagte und die Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie fusioniert, zum 1. Januar 2010 folgte die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN). Die (Fusions-)Satzung der Beklagten musste daher etwaige Unterschiede in der Struktur der Unternehmen sowie der Tarifstellen berücksichtigen. Der Gefahrtarif 2010 bestand aus über 60 Tarifstellen. Durch die Differenzierung sollte vermieden werden, dass sich das Beitragszuschlagsverfahren auf eine (zu) kleine Tarifstelle bezieht (so bereits: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Sitzung des 3. Hauptausschusses der Beklagten vom 10. November 2009 Seite 3 unten bis Seite 4 oben, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 64 ff. der Akte des BayLSG).

Vorliegend ist außerdem zu beachten, dass die Klägerin eher davon profitiert, dass ihre Eigenbelastung lediglich im Vergleich zu anderen Sportunternehmen beurteilt wird. Würde man sie demgegenüber mit allen Unternehmen aus § 3 Abs. 1 Gruppe III der Satzung (zu der die Klägerin gehört) vergleichen, so stünde zu erwarten, dass Sportunternehmen wie die Klägerin regelmäßig von Beitragszuschlägen betroffen wären, während die übrigen Unternehmen dieser Gruppe hiervon nicht betroffen wären. Denn die Unfallgefahr allgemein, aber auch die Gefahr schwerer Unfälle, ist in einem Sportunternehmen generell deutlich höher, als in den sonstigen Betrieben der Gruppe III, die überwiegend der allgemeinen Verwaltung zuzurechnen sind. Dies wird nicht zuletzt anhand der unterschiedlich hohen Gefahrklassen deutlich, die die jeweilige Unfallgefahr widerspiegeln. Somit ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerade geboten, dass die Beklagte als Vergleichsmaßstab solche Unternehmen heranzieht, die nach ihrer Unfallgefahr mit der Klägerin vergleichbar sind, nicht aber zusätzlich solche, die insbesondere aufgrund ihrer typischerweise deutlich geringeren Unfallgefahr gerade nicht vergleichbar sind. In welcher Weise sich die Regelung darüber hinaus benachteiligend gegenüber der Klägerin oder gegenüber Sportunternehmen allgemeinen auswirken könnte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Regelung lässt sich daher nicht feststellen. Im Übrigen enthält die Satzung der Beklagten die von der Klägerin angegriffene Differenzierung bereits seit 2012 nicht mehr. Dies bestätigt, dass die getroffene Differenzierung lediglich für eine kurze Übergangszeit aufgrund der Sondersituation nach den Fusionen notwendig gewesen ist, um den Übergang auf eine einheitliche Satzungsregelung für die neu hinzugekommenen Mitgliedsunternehmen zu erleichtern.

(2) Soweit die Klägerin zweitens meint, sie dürfe nicht mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 verglichen werden, sondern lediglich mit denen der Untergruppierung 32.2, ergibt sich dies aus § 28 der Satzung der Beklagten nicht. Denn die Satzung stellt nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 für Beitragspflichtige, die wie die Klägerin zur Gruppe I bis V nach § 3 (Abs. 1) der Satzung gehören, auf die Tarifstelle ab. Dies ist für die Klägerin die Tarifstelle 32 nach dem Gefahrtarif 2010. Diese Tarifstelle ist lediglich im Hinblick auf eine weitere Differenzierung bei den Gefahrklassen in drei Untertitel mit drei unterschiedlichen Gefahrklassen aufgeteilt. Wenn die Beklagte diese weitere Unterteilung, die im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungsrisiken sowie eine konkretere Zuordnung der einzelnen Beschäftigten/ Versicherten bzw. ihrer Arbeitsentgelte gebildet worden ist, bei der Berechnung des Beitragszuschlages nicht berücksichtigt, steht dies mit dem Wortlaut ihrer Satzung im Einklang. Es steht überdies im Einklang mit der Regelung im Gefahrtarif, wonach jedes Unternehmen, das nach Gefahrtarifstelle 32 veranlagt ist, zu allen Unterpunkten veranlagt wird (Teil II Ziffer 1. (2) des Gefahrtarifs für das Jahr 2010). Ein Vergleich ausschließlich mit Unternehmen der Untergruppierung 32.2 wäre daher aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich. Insoweit ist anzumerken, dass die Beklagte bei der Berechnung des Beitrages der Klägerin für das Jahr 2010 ebenfalls sowohl Arbeitsentgelte für „sonstige bezahlte Sportler“ als auch für „übrige Versicherte“ mit den jeweiligen Gefahrklassen der Unterpunkte 32.2 und 32.3 berücksichtigt hat.

Dass die Beklagte hier aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere bzw. die von der Klägerin vorgetragene Differenzierung hätte vornehmen müssen, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann es gerechtfertigt sein, die dem Beitragszuschlag zugrunde liegende vergleichende Betrachtung der Versicherungsfälle jeweils nur auf solche Mitgliedsunternehmen zu erstrecken, die insbesondere nach ihrer jeweiligen Struktur und ihrem jeweiligen Unfallrisiko vergleichbar sind. Diesem Erfordernis ist vorliegend aber ausreichend Rechnung getragen. Denn Sportunternehmen unterscheiden sich weder nach ihrer Struktur noch nach ihrem Unfallrisiko derart, dass eine getrennte Betrachtung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend zu fordern wäre. Zum einen findet in der Regel ohnehin eine Veranlagung zu allen oder jedenfalls mehreren Unterpunkten der Tarifstelle 32 statt. Insoweit sind durchaus Sportunternehmen denkbar, die zu allen drei Unterpunkten veranlagt werden, weil sie sowohl bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81) beschäftigen als auch sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04) sowie übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42). Zum anderen stehen die Gefahrklassen betreffend die sonstigen bezahlten Sportlern einerseits und die Sportler der genannten Fußballligen nicht derart außer Verhältnis, dass eine gemeinsame Betrachtung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Hierbei ist auch das Anliegen der Beklagten zu beachten, keine zu kleinen Vergleichsgruppen zu bilden. Überdies hat das BSG bereits entschieden, dass auch eine Berechnung der Durchschnittsbelastung auf Grundlage der Unfallbelastung aller Unternehmen und nicht nur der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG verlangt somit gerade nicht, jeweils nur diejenigen Unternehmen zu vergleichen, die der exakt gleichen Gefahrtarifstelle bzw. der gleichen Gefahrklasse zugeordnet sind, oder eine andere besonders kleinteilige Vergleichsgruppe zu wählen. Konkrete Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

(3) Das BSG hat schließlich bereits entschieden, dass es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass die Satzung der Beklagten die Auferlegung von Beitragszuschlägen und die Gewährung von Beitragsnachlässen als Vomhundertsatz des Normalbeitrages vorsieht, der auch anteilige Kosten für Wegeunfälle enthält, die nach § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Auferlegung von Zuschlägen außer Betracht bleiben. Auch soweit Unternehmen mit höheren Löhnen dadurch, dass Zuschläge bzw. Nachlässe in Vomhundertsätzen des Normalbeitrages berechnet werden, gegenüber Unternehmen mit niedrigeren Löhnen stärker belastet werden, ist diese Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Beitragszuschläge durch den Zweck der Unfallverhütung gerechtfertigt und damit nicht sachwidrig. Denn bei betragsmäßig fixierten Beitragszuschlägen bzw. -nachlässen wäre der Präventionszweck zumindest bei größeren Unternehmen nicht gewährleistet, weil der Höhe eines solchen einheitlichen Beitragszuschlages im Hinblick auf die Existenzsicherung kleiner Unternehmen enge Grenzen gesetzt wären (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35).

dd) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin schließlich meint, die Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Verfahren anderer Mitgliedsunternehmen gegen deren Beitragszuschlagsbescheide bereit erklärt habe, diese Bescheide aufzuheben, so kann diesem Argument nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Gericht nicht bekannt ist, aus welchen Gründen die Aufhebung dieser Bescheide erfolgt ist, kommt es hierauf nicht an. Denn eine Selbstbindung der Beklagten ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Überdies darf angemerkt werden, dass sich die Beklagte auch gegenüber der Klägerin bereit erklärt hatte, ihren Bescheid zumindest teilweise aufzuheben (soweit sich dieser auf den Unfall des Spielers D. bezogen hatte). Dass dies keine vollständige Aufhebung des Beitragszuschlagsbescheides zur Folge hatte, ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass vorliegend ursprünglich vier Arbeitsunfälle die Grundlage für den erhobenen Beitragszuschlag bildeten.

c) Mit der Rechtsprechung des BSG ist darüber hinaus eine Verletzung des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen. Die Klägerin trägt hierzu insbesondere vor, dass die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr vorsehe bzw. sich diese nicht mehr prozentual an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen orientiere. Diesem Einwand folgt der Senat jedoch nicht. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung der Beklagten sieht weiterhin eine Begrenzung des Beitragszuschlags vor. Diese Begrenzung bewegt sich innerhalb des dem Satzungsgeber der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und berücksichtigt die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

aa) Zunächst verlangt die Rechtsprechung des BSG, dass Zuschläge von wirtschaftlichem Gewicht vorgesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Das Übermaßverbot wiederum verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 26 m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das BSG bereits entschieden, dass selbst ein auferlegter Zuschlag, der erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung berücksichtigten Versicherungsfälle, nicht zu beanstanden ist. Denn erstens kann im Hinblick auf die gebotene typisierende Betrachtung aus der individuellen Situation des klagenden Unternehmens keine generelle Bewertung der Satzungsregelungen abgeleitet werden. Zweitens wird eine Existenzbedrohung, die ggf. eine weitergehende Prüfung rechtfertigen könnte, in der Regel nicht vorliegen. Drittens fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand der Berufsgenossenschaft für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen und dem Anteil des betreffenden beitragspflichtigen Unternehmers an der gesamten Unfalllast. Dieser Kostenaufwand findet vielmehr bereits Berücksichtigung bei der Aufstellung des Gefahrtarifs, der sich wie ein Belastungstarif auswirkt, und in der Veranlagung der Unternehmen zu einer bestimmten Gefahrklasse. Darüber hinaus hat der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Raum. Ergänzend ist viertens darauf hinzuweisen, dass der Beitragszuschlag nicht die tatsächliche Mehrbelastung des Beitragspflichtigen widerspiegelt (vgl. § 167 Abs. 1 SGB VII). Zudem sinkt der von dem betroffenen Unternehmen zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch, dass sich der auferlegte Beitragszuschlag diesbezüglich mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 27 f. m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 33 f.).

Auch daraus, dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, kann nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot der entsprechenden Satzungsregelung geschlossen werden. Denn Arbeitsunfälle sind in kleineren Unternehmen statistisch seltene Ereignisse, sodass sich ein Ausgleich im Laufe der Jahre vollzieht, weil in den meisten Jahren kein Beitragszuschlag zu leisten sein wird. Die Belastung des Unternehmens bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22).

Schließlich hat das BSG ausgeführt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze für Beitragszuschläge nicht vorsieht. Es liegt im Ermessen der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft, hier Grenzen nach oben bzw. unten zu regeln. Die Grenzen lassen sich nicht einheitlich fixieren, weil sie wesentlich von den berufsgenossenschaftlichen Mitgliederstrukturen bestimmt sind. Offen gelassen hat das BSG bislang, ob sich Höchstgrenzen für Zuschläge aus dem Versicherungsprinzip ableiten lassen, weil Anhaltspunkte für die Überschreitung einer solchen Obergrenze bei einem Beitragszuschlag von höchstens 30% jedenfalls noch nicht gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 30 zu einem Höchstzuschlag von 30% und m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 24; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, denen sich der Senat anschließt, genügen die Satzungsregelungen der Beklagten. Verletzungen des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus anderen Gründen sind nicht ersichtlich.

(1) Nach der Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach vorzusehen. Denn eine solche Begrenzung findet hier weiterhin statt - wenn auch im Vergleich zu der bis Ende 2009 geltenden Regelung in etwas veränderter Form. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung sieht für das Beitragsjahr 2010 eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach auf maximal 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages vor. Ein Beitragszuschlag bis zu dieser Höhe hätte aber bereits nach der für das Beitragsjahr 2009 geltenden Vorgängerregelung in § 28 Abs. 2 der damaligen Fassung der Satzung festgesetzt werden können. Denn der Beitragszuschlag betrug danach damals 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten ist, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) für alle Fälle, in denen im gleichen Zeitraum für Versicherte im Unternehmen des Beitragspflichtigen eine neue Unfallrente festgestellt worden ist.

Erwägungen dafür, dass sich die Begrenzung des Beitragszuschlages nicht bzw. nicht allein an der Höhe des Beitrages orientieren dürfte, sondern (ggf. zusätzlich) im Sinne eines prozentualen Anteiles an den tatsächlichen Aufwendungen erfolgen müsste, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine prozentuale Deckelung des Beitragszuschlages auf der Grundlage des gezahlten Beitrages durchaus geeignet, einen Beitragszuschlag von wirtschaftlichem Gewicht jeweils in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedsunternehmens festzusetzen. Denn die Beitragshöhe richtet sich u.a. nach den vom Mitgliedsunternehmen gezahlten Arbeitsentgelten, diese wiederum sind ein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um das Ziel der Auferlegung von Zuschlägen von wirtschaftlichem Gewicht für alle Mitgliedsunternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gleichermaßen zu erreichen, dürfte die Anknüpfung an den Beitrag sogar besser geeignet sein, als die Anknüpfung an die tatsächlichen Aufwendungen für den jeweiligen Versicherungsfall (in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25). Letztlich obliegt die Entscheidung über die konkrete Regelung jedoch der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie.

(2) Unbedenklich sind die Vorschriften der Satzung auch im Hinblick auf die Abhängigkeit des Zuschlags von der Eigenunfallbelastung des Einzelunternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsunfallbelastung aller Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23).

Aufgrund der Begrenzung des Beitragszuschlages wirkt sich die Einzelbelastung des betroffenen Unternehmens nach dem für das Beitragsjahr 2010 geltenden Beitragsausgleichsverfahren der Beklagten unter Umständen - so auch hier - nicht voll aus. Obwohl die im Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 ursprünglich zugrunde gelegte Einzelbelastung der Klägerin mit 348,13% deutlich über der Durchschnittsbelastung der maßgeblichen Gefahrtarifstelle gelegen hatte, ist diese überdurchschnittliche Belastung nur solange für die Höhe des Beitragszuschlages relevant, bis sie die Durchschnittsbelastung um mehr als 200% überschritten hat. Ab dieser prozentualen Überschreitung greift der maximale Beitragszuschlag in Höhe von 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages. Hierdurch wird dem Übermaßverbot nach der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen.

(3) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach eine verfassungswidrige Erdrosselungswirkung der Satzungsregelungen behauptet, verzichtet er ausdrücklich darauf, hierzu substantiiert vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung des Beitragszuschlages im Falle der Klägerin ergeben sich für den Senat nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Beitragszuschlag auf maximal 10 v.H. des Beitrages begrenzt ist und im Fall der Klägerin noch 5 v.H. beträgt, kann eine erdrosselnde Wirkung sogar ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Senat den Vortrag der Klägerin, die Gefahrklassen für Sportunternehmen (und deren angeblich explosionsartiger Anstieg) führten bereits grundsätzlich zu einem überhöhten Beitrag, als zutreffend unterstellt. Denn besteht eine Leistungsfähigkeit für den (notwendig) hohen Beitrag, kann in einem höchstens 10-prozentigen Zuschlag ohne konkrete weitere Anhaltspunkte grundsätzlich keine erdrosselnde Wirkung erkannt werden. Der Verweis auf den bereits gezahlten Beitrag ist unabhängig von dessen Höhe auch deshalb unbehelflich, weil der Gesetzgeber das Beitragsausgleichsverfahren in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als zusätzliches Instrumentarium verpflichtend vorgegeben hat, ohne Ausnahmen zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Schließlich ist vorliegend weder die Veranlagung zum Gefahrtarif 2010 noch die Höhe der Gefahrklassen streitgegenständlich, so dass es auf dieses Argument, welches sich im Ergebnis weniger gegen die Höhe des Beitragszuschlages als vielmehr gegen die Höhe des eigentlichen Beitrages richtet, ohnehin nicht entscheidungserheblich ankommen kann. Andererseits hat der Bevollmächtigte der Klägerin selbst zu bedenken gegeben, dass nach der früheren Satzung Zuschläge für Sportunternehmen in so maßvoller Höhe ausgefallen seien, dass mit ihnen eine „Disziplinierung“ der Unternehmen kaum zu erreichen gewesen sei. Er bestätigt damit eine etwaige Ungeeignetheit der früheren Regelung, Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15); hierauf hat die Beklagte mit der hier maßgeblichen Neuregelung reagiert.

(4) Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin sieht sich der Senat außerdem veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Aufwendungen der Beklagten selbstverständlich nicht ausschließlich über Beitragszuschläge abgedeckt werden. Vielmehr fließen die weit überwiegenden Aufwendungen in die Berechnung des „normalen“ Beitragsanteils zur VBG (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ein. Hier sind insbesondere die Aufwendungen für solche Versicherungsfälle zu nennen, die kraft Gesetz (sog. Wegeunfälle) bzw. Satzung (nicht anzuzeigende Versicherungsfälle, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt oder auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen, Berufskrankheiten) für den Beitragszuschlag außer Betracht bleiben. Überdies fließen auch die Aufwendungen für diejenigen Arbeitsunfälle, die von der Beklagten nach § 28 ihrer Satzung für den Beitragszuschlag berücksichtigt werden, weder unmittelbar in die Berechnung des Zuschlages ein noch werden die gesamten Kosten des Arbeitsunfalls vom Unternehmer geltend gemacht. Denn Aufwendungen für einen Arbeitsunfall, insbesondere für die hier in Rede stehenden schweren Arbeitsunfälle, fallen typischerweise nicht lediglich in dem Jahr an, in dem der Beitragszuschlag erhoben wird, sondern auch in weiteren Jahren. Dies gilt insbesondere für Leistungen wie Heilbehandlung und Verletztenrente, kommt aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Leistungen in Betracht.

d) Schließlich liegt keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 41 m.w.N.).

Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen:

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände (bzw. abgeschlossene Sachverhalte) eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt z.B. zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (hierzu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 95 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 42 f. m.w.N.). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, BVerfGE 135, 1 und juris Rn. 64)

bb) Der Fall einer Rückwirkung liegt hier gar nicht vor. Die hier maßgebliche Fassung der Satzung der Beklagten wurde im November/ Dezember 2009 beschlossen sowie durch das Bundesversicherungsamt genehmigt; sie ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Der angefochtene Beitragsbescheid datiert vom 23. August 2011. Er bezieht sich - soweit noch streitgegenständlich - auf Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. aus den Jahren 2007 und 2010, wobei maßgeblich für den Beitragszuschlag ausschließlich Umstände sind, die erst im Jahr 2010 eingetreten sind.

Hinsichtlich des Spielers S. ist entscheidend, dass dessen Arbeitsunfall vom 12. Januar 2010 bei der Beklagten am 21. Januar 2010 bekannt geworden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers K. ist zwar bereits am 2. Januar 2007 geschehen, maßgeblich für den Beitragszuschlag ist hier aber der Umstand, dass im Jahr 2010 eine Rente festgestellt und bezahlt worden ist. Konkret erfolgte die Feststellung der Unfallrente mit Bescheid vom 28. Mai 2010. Dieser Bescheid beruht auf einem ebenfalls erst am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Zu all diesen Zeitpunkten war bereits die geänderte Fassung des § 28 der Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung der Beiträge sowie auf Zahlung des Beitragszuschlages für das Jahr 2010 sind ebenfalls nicht vor dem 1. Januar 2010 entstanden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die zur Aufgabenerfüllung benötigten Finanzmittel im Wege einer Umlage aufgebracht. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, in der Weise festgesetzt, dass der Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge gedeckt wird (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Mit dieser Art der Mittelaufbringung müssen Rechtsansprüche auf Leistungen, die in der Vergangenheit, unter Umständen schon vor Jahrzehnten, entstanden sind, aktuell und in Zukunft erfüllt werden (BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 9/06 R -, juris Rn. 10). Im Beitragsbescheid, der mithin erst im Jahr nach der Entstehung der Beitragsansprüche erlassen werden kann, teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (§ 168 Abs. 1 SGB VII). Die danach geschuldeten Beiträge werden nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist.

Danach ist für den vorliegenden Fall festzustellen, dass im Jahr der Entstehung der Beitragsansprüche (2010) dieselbe Satzungsregelung galt, die bei der Festsetzung sowohl des Beitrages als auch des streitgegenständlichen Beitragszuschlages im Jahr 2011 zur Anwendung gekommen ist (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 8/2 RU 33/70 -, SozR Nr. 4 zu § 725 RVO und juris, insb. Rn. 24).

cc) Selbst wenn man bezogen auf den Arbeitsunfall des Spielers K. davon ausgeht, dass eine Rückwirkung vorliegt, weil der Unfall bereits im Jahr 2007 eingetreten ist, handelt es sich zumindest um einen Fall der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Denn es lag jedenfalls ein Sachverhalt vor, der Anfang 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, da die Unfallrente des Spielers K. erst innerhalb des Jahres 2010 festgestellt worden ist.

Hieran knüpft § 28 der Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 insoweit eine Rechtsänderung, als der Unfall des Spielers K. zwar auch nach der früheren Satzungsregelung bei der Berechnung eines Beitragszuschlages für das Jahr 2010 zu berücksichtigen gewesen wäre, da im Beitragsjahr 2010 eine neue Unfallrente festgestellt wurde (vgl. § 28 Abs. 1 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), sich nun aber die Berechnungsgrundsätze geändert haben. Da die vor 2010 geltende Satzungsregelung eine Begrenzung des Zuschlages auf 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) vorgesehen hat (vgl. § 28 Abs. 2 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), macht die Klägerin geltend, dass sich ihre finanzielle Belastung durch den Beitragszuschlag, der zuvor häufig kaum spürbar gewesen sei, massiv erhöht habe. Dies ist für das Beitragsjahr 2010 vergleichen mit der Vorgängerregelung auch tatsächlich der Fall. Denn die Gesamtaufwendungen für den Arbeitsunfall des Spielers K. beliefen sich im Jahr 2010 auf 19.192,42 Euro (Rentenzahlbetrag von 17.264,42 Euro zuzüglich 1.928,00 Euro sonstige Aufwendungen), 10% hiervon wären lediglich 1.919,24 Euro anstelle der noch im Streit stehenden 18.312,40 Euro.

Dennoch wird die grundsätzliche Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung hier nicht ausnahmsweise durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt. Dies gilt sowohl bezogen auf die konkrete Situation der Klägerin als auch allgemein. Denn dem Beitragsausgleichsverfahren ist bereits nach seiner gesetzlichen Konzeption immanent, dass sich ein Vertrauen des Unternehmers, nicht oder nur in einer bestimmten Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden, jedenfalls nicht vor Ablauf des Beitragsjahres (hier: 2010) bilden kann; aber selbst nach Ablauf des Beitragsjahres ist nicht ersichtlich, worauf sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers konkret stützen könnte.

Insoweit ist zunächst zu betonen, dass sich ein funktionierendes Beitragsausgleichsverfahren zwangsläufig immer auf Versicherungsfälle bzw. Rentenfälle beziehen muss, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und auf die somit faktisch kein Einfluss mehr genommen werden kann, die insbesondere nicht mehr verhindert werden können. Eine dementsprechende Rückanknüpfung ist der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII immanent. Dennoch setzt diese Art der Berechnung von Beitragszuschlägen Anreizwirkungen für die Zukunft. Das Beitragsausgleichsverfahren stellt eines der Mittel dar, mit denen die Unfallversicherung ihre Präventionsaufgabe erfüllen soll. Nach § 1 Nr. 1 SGB VII ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (d.h. des SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Prävention wiederum kann jedoch nur für die Zukunft betrieben werden. Ebenso können die hier von der Satzung der Beklagten vorgesehenen Beitragszuschläge die ihnen zugedachte Zielsetzung, mit den Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu setzen, jeweils nur für die Zukunft entfalten, d.h. für Unfälle die noch nicht stattgefunden haben und dank entsprechender Präventionsmaßnahmen ggf. auch gar nicht oder mit minder schweren Folgen stattfinden. Diese Prävention kann denknotwendig nur auf der Basis der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Unfällen der Vergangenheit effektiv betrieben werden.

Die Höhe der Beitragszuschläge richtet sich gemäß § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überdies nach der Zahl, der Schwere und/ oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle. Es handelt sich mithin um Umstände, die der Unternehmer zwar durch geeignete Präventionsmaßnahmen positiv zu beeinflussen versuchen kann, die jedoch letztlich nicht vollständig seiner Disposition unterliegen, von ihm nicht vorhersehbar sind und die ihm letztlich nicht einmal in vollem Umfang bekannt sind; letzteres betrifft insbesondere die Schwere eines Versicherungsfalles sowie die dafür anfallenden Aufwendungen. Gleiches gilt für den hier u.a. relevanten Umstand, ob und ggf. wann eine Rente festgestellt worden ist oder nicht.

Darüber hinaus enthielten bereits die vor dem 1. Januar 2010 geltenden Satzungsregelungen der Beklagten zum Beitragszuschlag mindestens seit 2007 eine letztlich vergleichbare Regelung mit Anknüpfung an neu festgestellte Unfallrenten, so dass der Klägerin das Kriterium bekannt war und sie sich darauf bereits eingestellt hatte bzw. zumindest hätte einstellen können. Die Anforderung, dass der Unternehmer das Fremdverschulden nachzuweisen hat, ist ebenfalls nicht neu. Denn nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der ab 1. Januar 2007 geltenden Satzung aus dem Jahr 1998 (in der Fassung des 5. Nachtrages vom 14. Dezember 2006) bzw. der ab 1. Januar 2009 geltenden Satzung (in der - insoweit gleichlautenden - Fassung des 1. Nachtrages vom 10./11. Dezember 2008) wurden Beitragszuschläge auferlegt, wenn im abgelaufenen Geschäftsjahr (Beitragsjahr) für einen freiwillig Versicherten oder den Versicherten eines Unternehmens eine neue Unfallrente festgestellt wurde. Neue Unfallrenten blieben u.a. für Unfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen unberücksichtigt. § 28 Abs. 1 Satz 3 dieser Satzungen bestimmte außerdem: „Beruft sich der Unternehmer im Gegensatz zur Berufsgenossenschaft auf höhere Gewalt oder Alleinverschulden, so hat er dies nachzuweisen.“

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht aus der Übergangsregelung in § 57 der Satzung der Beklagten, die auf den streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Anwendung findet. Insbesondere § 57 Abs. 3 der Satzung erfasst rückwirkende Veranlagungs- und Beitragsbescheide sowie – änderungen, die Zeiträume vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Diesbezüglich sollen die Berechnungsgrundlagen und -vorschriften der vorherigen Satzung weiter gelten. Vorliegend geht es jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Beitragszuschlagsbescheid als Beitragsbescheid zu qualifizieren ist oder nicht - jedenfalls um einen Bescheid, der einen Beitrag bzw. Beitragszuschlag für das Jahr 2010 betrifft.

Wenn Seitens der Klägerin vorgetragen wird, dass die Beitragszuschläge nach der früheren Regelung vernachlässigbar gering gewesen seien, so dass man sich über diese keine Gedanken habe machen müssen, belegt dies zum Einen, dass die Änderung der Berechnungsgrundlagen durch die Beklagte gerade zur Erreichung des Gesetzeszweckes einer ausreichenden Anreizwirkung geeignet und erforderlich gewesen ist. Die Änderung trägt der Anforderung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15) Rechnung, wonach das Beitragsausgleichsverfahren Zuschläge bzw. Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss. Dieses wirtschaftliche Gewicht war hier - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - offensichtlich nicht erreicht worden. Zum Anderen spiegelt der Vortrag der Klägerin lediglich ihre konkrete Situation wider und lässt unberücksichtigt, dass auch die frühere Regelung Beitragszuschläge bis zu 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten war (§ 28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung für das Beitragsjahr 2009), zugelassen hatte.

e) Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das GG sind von der Klägerin weder gerügt noch ersichtlich. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 38 bis 41), mit denen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12. Abs. 1 GG) sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zutreffend verneint worden sind (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris Rn. 25 bis 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23, 24, 25).

f) Relevante Fahler bei der konkreten Berechnung des Beitragszuschlages sind im Falle der Klägerin nicht (mehr) ersichtlich.

aa) Die Arbeitsunfälle der Spieler Sch. und D. wurden bereits aus der Berechnung des Beitragszuschlages herausgenommen.

bb) Der Arbeitsunfall des Spielers K. wurde zutreffend berücksichtigt.

(1) Es handelt sich um einen anzuzeigenden Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

(2) Mit ihrem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Spieler K. eine Unfallrente bezogen habe, obwohl er nach dem Unfall weiter professionell Eishockey gespielt habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Erstens spielt es für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente besteht, keine Rolle, ob der bisherige Beruf weiter ausgeübt werden kann oder nicht. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zweitens verlangt § 28 Abs. 3 Ziffer 3 eine „im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“. Eine bestandsbzw. rechtskräftige Feststellung der Rente gegenüber dem Spieler K. liegt hier jedoch eindeutig vor. Mit dem Bescheid vom 28. Mai 2010 bzw. dem am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich liegt ein Rechtsgrund für die Zahlung vor und die Aufwendungen sind der Beklagten tatsächlich entstanden. Dieser Rechtsgrund kann von der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beitragszuschlagsbescheides in Frage gestellt werden.

Überdies entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Einsicht in die Unfallakten seiner Beschäftigten hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine Einwilligungserklärung des Beschäftigten vorliegt. Denn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht die Gefahr einer faktischen Zwangssituation, die eine freiwillige Einwilligungsentscheidung ausschließt. Für das Beitragsverfahren im Rahmen des § 162 SGB VII ist es ausreichend, wenn dem Arbeitgeber mit dem Beitragsfestsetzungsbescheid die Eigen- und die Durchschnittsbelastungsziffer mitgeteilt werden. Auf Anfrage sind außerdem die Anzahl der berücksichtigten Unfälle, die Gesamthöhe der Aufwendungen und notfalls die Aufwendungen für einzelne Unfälle mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 12/4805, S. 100). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den beim Beschäftigten bestehenden Loyalitätskonflikt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris Rn. 22 ff. mit ausführlicher Begründung; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46; ebenso auch: Platz, a.a.O., § 162 Rn. 9; Höller, a.a.O., § 162 Rn. 22; Brandenburg/ K. Palsherm, a.a.O., § 162 Rn. 27). Ein solcher Konflikt kann selbst dann fortbestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten, der hier als professioneller Eishockeyspieler tätig ist bzw. zum fraglichen Zeitpunkt tätig war, auch gegenüber neuen potentiellen Arbeitgebern bekannt würden mit der Folge, dass die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten angezweifelt werden könnte. Da der Kreis möglicher Arbeitgeber für einen Profieishockeyspieler durchaus überschaubar sein dürfte, könnte dies für den Versicherten faktisch das Ende seiner beruflichen Laufbahn als Profisportler bedeuten.

Daraus folgt, dass dem Unfallversicherungsträger und den Gerichten ein Eingehen in der Sache regelmäßig verwehrt ist, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i.V.m. §§ 199 ff. SGB VII). Etwas anderes kann ggf. gelten, soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger kann sich daher grundsätzlich darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46, 49).

Diesen Anforderungen an ihre Mitteilungspflichten hat die Beklagte vorliegend ausreichend Rechnung getragen. Sie hat ausreichende allgemeine Angaben zu denjenigen Kriterien gemacht, die für die Zuschlagsberechnung im Fall der Klägerin relevant sind. Sie hat insbesondere Angaben zur Eigenbelastungsziffer der Klägerin und zur Durchschnittsbelastungsziffer aller Unternehmen der maßgeblichen Tarifstelle gemacht sowie konkret diejenigen Aufwendungen beziffert, die für die dem Beitragszuschlag zugrunde liegenden Arbeitsunfälle angefallen sind. Weitergehende Auskünfte sind nicht notwendig. Somit ist ihr Bescheid, zumindest unter Berücksichtigung der weiteren Angaben im Klage- und Berufungsverfahren hinreichend konkret begründet.

(3) Der Arbeitsunfall des Spielers K. bleibt auch nicht deshalb beim Beitragszuschlagsverfahren unberücksichtigt, weil er durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wäre.

Zum Begriff des Verschuldens hat das BSG bereits ausgeführt, dass dieser nicht im zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr muss er im Sinne einer „Verursachung“ verstanden werden (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 23; vgl. hierzu auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44 ff., welches ausdrücklich auf die Theorie der wesentlichen Bedingung zurückgreift).

Die Klägerin behauptet hier zwar, der Unfall sei durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden. Sie verweist hierzu jedoch lediglich auf die damalige Unfallanzeige, wonach der Spieler von einem Gegner gecheckt worden ist. Damit liegt jedoch kein Sachverhalt vor, der auf ein alleiniges Fremdverschulden im Sinne einer alleinigen Verursachung hindeuten würde. Dabei ist es die Klägerin selbst, die naturgemäß über nähere Informationen über den Arbeitsunfall verfügt, weil er in ihrem Unternehmen stattgefunden hat. Es ist daher vorrangig an ihr, näher vorzutragen; eine Einsicht in die Unfallakte des Spielers ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Zusätzliche Informationen liegen auch der Beklagten nicht vor. Weitere Ermittlungen des Senats ins Blaue hinein waren daher nicht veranlasst.

Ausgehend von einem Verschuldensbegriff im Sinne einer Verursachung kann der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückgeführt werden. Aus der Tatsache, dass der Spieler K. von einem Gegner gecheckt worden ist, ergibt sich lediglich, dass es im Rahmen eines Spielgeschehens mit einer gegnerischen Mannschaft und im Rahmen einer Zweikampfsituation zu dem Unfallereignis gekommen ist. Ein für ein Profieishockeyspiel unübliches Geschehen kann dem Vortrag nicht entnommen werden; hierfür ergeben sich auch ansonsten keine Anhaltspunkte. Ein solches Geschehen wird jedoch nicht von einem (hier dem gegnerischen) Spieler allein verursacht, sondern ist ursächlich auf das Spielgeschehen beider Mannschaften sowie aller beteiligten Spieler zurückzuführen; mithin hat auch der Spieler K. einen Verursachungsbeitrag gesetzt (in diesem Sinne auch: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 -). Das SG Gotha (Urteil vom 29. Mai 2017 - S 18 U 243/15 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 92 ff. der Akte des BayLSG, unter Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - L 4 U 254/12 B ER -, juris, relevant sind insb. Rn. 35, 56) hat für das professionelle Fußballspiel darauf hingewiesen, dass dieses „von einer Vielzahl robuster Körperkontakte unter weitestgehender Ausnutzung regeltechnischer Freiräume und auch darüber hinausgehender Regelverstöße, welche nicht in jedem Fall von Schiedsrichtern erkannt oder/ und geahndet werden können, geprägt [ist].“ Diesen Überlegungen zum Charakter von Sportveranstaltungen im professionellen Bereich schließt sich der Senat an. Sie gelten in gleicher Weise für das professionelle Eishockeyspiel. Darauf, ob der Spieler ausdrücklich oder konkludent in derartige Verletzungshandlungen gegnerischer Spieler eingewilligt hat oder nicht, kommt es aus Sicht des Senats für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich nicht an. Ein alleiniges Fremdverschulden ist für den Bereich des Profisports vielmehr erst dann zu prüfen, wenn ein völlig unübliches Spielgeschehen im Raum steht. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich oder vorgetragen.

Dieses Ergebnis sowie die Auslegung des Begriffsmerkmales des alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen steht aus Sicht des Senats im Einklang mit der Präventionsaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die hier mit Mitteln des Beitragsrechtes Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung bei den Unternehmen setzen soll. Zwar wird ein Sportunternehmen nicht jedweden Unfall verhüten können. Allerdings sind die Spielverbände, Vereine und Sportunternehmen keineswegs ohne Einflussmöglichkeiten. Sie haben es durchaus in der Hand, auf Zahl und Schwere der Unfälle einzuwirken, indem sie sich gegen eine unnötig aggressive Spielweise mit unnötigen bzw. übermäßigen Fouls einsetzen. Es besteht daher nach dem Sinn und Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens kein Grund, entsprechende Versicherungsfälle als solche zu qualifizieren, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eingetreten sind und deshalb unberücksichtigt bleiben müssten (ebenfalls auf die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Unfallverhütung abstellend: BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 2; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44).

Überdies liegt es nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII im Ermessen des Satzungsgebers, ob Versicherungsfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen bei der Berechnung des Beitragszuschlages ausgenommen werden oder nicht. Gleiches muss dann auch für die Voraussetzungen bzw. Modalitäten dieser Herausnahme gelten. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung eines Versicherungsfalles ihrerseits grundsätzlich keine Veranlassung oder gar Verpflichtung haben, zu Fragen des Verschuldens (d.h. der Verursachung) zu ermitteln. Die von der Beklagten in § 28 Abs. 2 ihrer Satzung eingeführte Nachweispflicht des Beitragspflichtigen, dem die Umstände im Zusammenhang mit dem Unfall gerade bekannt sein müssen, ist daher nicht zu beanstanden (so bereits: SG Dortmund, Urteil vom 12. Juli 2016 - S 36 U 5/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 36 ff. der Akte des BayLSG; ebenso: SG Nürnberg, Urteil vom 8. August 2016 - S 2 U 42/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 45 ff. der Akte des BayLSG mit dem zusätzlichen Hinweis, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine umfangreichen Ermittlungen Seitens der Unfallversicherungsträger erwartet werden können, die nicht im konkreten Zusammenhang mit dem Unfall stehen und die für die Entschädigung gegenüber dem Versicherten keine Rolle spielen). Erfolgt dann Seitens des Mitgliedsunternehmens kein substantiierter Vortrag, ergeben sich keine weiteren Amtsermittlungspflichten des Gerichts.

(4) Schließlich erfüllt der Arbeitsunfall des Spielers K. die Voraussetzung einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente mit Kosten über 10.000 Euro, so dass eine Bewertung mit 50 Belastungspunkten zutreffend erfolgt ist. Dass die Feststellung der Rente im Beitragsjahr 2010 erfolgt ist, wurde bereits dargelegt. Vorliegend belief sich außerdem allein die Zahlung für die Rente auf 17.264,42 Euro und somit auf mehr als 10.000 Euro. Diese Kosten sind der Beklagten im Jahr 2010 entstanden. Denn entscheidend ist ausschließlich, dass die Beklagte im Jahr 2010 für die Unfallrente des Spielers K. einen Betrag von mehr als 10.000 Euro gezahlt hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung spielt es demgegenüber keine Rolle, dass die Unfallrente nicht für das Jahr 2010 gezahlt worden ist, weil die Rente bis 31. Dezember 2009 befristet gewesen ist, jedoch erst nachträglich festgestellt und entsprechend nachgezahlt worden ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob der jährliche Rentenzahlbetrag an den Versicherten 10.000 Euro überschritten hat oder nicht. Denn § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung stellt lediglich darauf ab, dass im Beitragsjahr eine Arbeitsunfallrente festgestellt wird, was vorliegend der Fall gewesen ist. Auf die Frage, ob § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung insoweit ausschließlich die Kosten der Arbeitsunfallrente meint, die ihrerseits über 10.000 Euro liegen müssen, um einen Unfall mit 50 Punkten zu bewerten, oder ob - wie die Beklagte meint - auch andere Kosten des Arbeitsunfalls einfließen können (d.h. die Gesamtkosten des Arbeitsunfalls gemeint sind), kommt es daher nicht an.

cc) Auf die Berücksichtigung des Arbeitsunfalles des Spielers S. kommt es für die Berechnung des Beitragszuschlages letztlich nicht entscheidungserheblich an, da dieser aufgrund der Bewertung lediglich mit dem Punktwert 1 keine Auswirkung auf die Höhe des Beitragszuschlages der Klägerin hat. Weder bedingt allein dieser Unfall einen Beitragszuschlag noch führt der Unfall gemeinsam mit dem Arbeitsunfall des Spielers K. zu einer Erhöhung des Zuschlages.

dd) Schließlich kommt es für die Berechnung des Zuschlages nicht darauf an, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelbelastung der Klägerin von dem Beitrag gemäß Bescheid vom 20. April 2011 ausgegangen ist, anstatt (was zutreffend gewesen wäre) von dem Beitrag gemäß Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011. Abgesehen von der ohnehin nur sehr geringfügigen Differenz der Beiträge, stellt der Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011 einen unwesentlich höheren Beitrag fest, so dass sich der Fehler der Beklagten nicht zu Lasten der Klägerin auswirkt.

ee) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zuletzt aufgefordert hat, die Gesamtkosten aller Arbeitsunfälle und Renten der Unternehmen der Tarifstellen, 32.2 und 32.3 jeweils getrennt im Beitragsjahr 2010 mitzuteilen, kommt es auf diese Gesamtkosten nicht entscheidungserheblich an. Denn diese Gesamtkosten stellen kein Berechnungselement des Beitragszuschlages dar. Weitere Ermittlungen hierzu waren daher nicht veranlasst.

Letzteres gilt auch, soweit die Klägerin die Offenlegung des Zahlenwerkes für die Berechnung der Durchschnittsbelastung verlangt hat. Ein Mehrwert für das Verfahren ist - worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat - nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 18.312,40 Euro festzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Vorliegend ergibt sich der Streitwert aus der Höhe des Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin gefordert hat. Im Berufungsverfahren stand noch die Hälfte des ursprünglich geforderten Betrages i.H.v. 36.624,81 Euro im Streit. Der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes beläuft sich auf die Höhe der angefochtenen (Beitrags-)Forderung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 2/12 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 25 und juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, BSGE 104, 170 und juris Rn. 50; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 32/08 R -, SozR 4-2700 § 168 Nr. 2 und juris Rn. 26 f.).

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

(1) Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Umlage muß den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage sowie des Verwaltungsvermögens nötigen Beträge decken. Darüber hinaus dürfen Beiträge nur zur Zuführung zu den Betriebsmitteln erhoben werden.

(2) Abweichend von Absatz 1 werden die Beiträge für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten (nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten) außerhalb der Umlage erhoben.

(3) Die Satzung kann bestimmen, dass die Aufwendungen für Versicherte, die im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 9 zweite Alternative unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich in der Wohlfahrtspflege tätig sind, außerhalb der Umlage nach Absatz 1 auf die Unternehmen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege umgelegt werden.

(1) Jeder Versicherungsträger gibt sich eine Satzung. Sie bedarf der Genehmigung der nach den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige zuständigen Behörde.

(2) Die Satzung und sonstiges autonomes Recht sind öffentlich bekannt zu machen. Sie treten, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Die Art der Bekanntmachung wird durch die Satzung geregelt.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zuläßt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 31. März 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Sozialgerichts auch den Beitragsbescheid vom 28. Juli 2009 aufgehoben hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Der Streitwert wird für jede Instanz auf 454,28 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger vom 1.1.2008 bis zum 30.11.2008 bei der beklagten BG freiwillig versichert war, sie ihn zu Recht zu der entsprechenden Gefahrklasse veranlagte und Beiträge für diese Zeit festsetzte.

2

Der Kläger war, wie etwa 251.000 andere Kleinunternehmer im Gaststätten- und Nahrungsmittelbereich aufgrund einer Satzung der Beklagten, die auf § 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII gestützt war, pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Im Jahr 2007 beschloss die Beklagte eine Satzungsänderung, durch welche für diese Unternehmer die Pflichtversicherung kraft Satzung mit Ende des Jahres 2007 entfiel. Zugleich wurde in § 50 Abs 2 der Satzung eine Regelung getroffen, nach der die Mitgliedschaft ohne Antrag als freiwillige Versicherung ab dem 1.1.2008 fortbestehe, falls die davon unterrichteten Betroffenen nicht zuvor kündigten. Der Übergang zur freiwilligen Versicherung, über den im Oktober 2007 unterrichtet wurde, führte häufig zu einer höheren Beitragsbelastung.

3

Der Kläger betrieb seit August 1999 eine Gaststätte in dem Sportheim des FC C. e.V. Der Ausschank erfolgte bei Heimspielen wöchentlich für die Dauer von fünf bis sechs Stunden. Bis zum 31.12.2007 war der Kläger als Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) bei der BGN kraft Satzung pflichtversichert. Als Jahresbeitrag wurde der Mindestbeitrag in Höhe von zuletzt 50 € erhoben. Mit Schreiben vom 10.10.2007 teilte ihm die BG mit, seine kraft Satzung bestehende Pflichtversicherung werde zum 31.12.2007 enden. Alle Unternehmer, die zum 31.12.2007 bei der BGN pflichtversichert seien, blieben aber weiter versichert, wenn sie dies wünschten. Ihre Pflichtversicherung laufe automatisch als freiwillige Versicherung weiter, ohne dass ein Antrag nötig sei. Sofern der Kläger keine Fortführung des Versicherungsschutzes als freiwillige Versicherung wünsche, "genüge ein kurzes Schreiben". Bei Eingang einer Kündigung bei der BGN bis zum 31.12.2007 ende die Versicherung. Bei Kündigungen nach dem 1.1.2008 ende die eingetretene freiwillige Versicherung mit Ablauf des Monats des Kündigungseingangs. Für alle freiwillig Versicherten gelte einheitlich eine Mindestversicherungssumme von 24.000 € und eine Gefahrklasse von 5,2. Beigefügt war auch ein Antragsformular auf freiwillige Versicherung. Der Kläger reagierte auf dieses Schreiben nicht.

4

Mit Bescheid vom 22.10.2008, der in drei Abschnitte gegliedert war, erhielt der Kläger einen "Versicherungsschein über die freiwillige Versicherung nach § 6 SGB VII i.V.m. der Satzung" ab dem 1.1.2008, einen "Bescheid über die Veranlagung zu den Gefahrklassen (§ 159 SGB VII)" mit Veranlagung unter dem Gewerbezweig freiwillige Versicherung zur Gefahrklasse 5,2 sowie einen "Vorauszahlungsbescheid" für das laufende Jahr über 531,65 €. Im Abschnitt "Versicherungsschein" ist ausgeführt, die satzungsmäßige Pflichtversicherung des Klägers sei zum 1.1.2008 in eine freiwillige Versicherung überführt worden, die Versicherungssumme betrage 24.000 €.

5

Der Kläger legte mit Schreiben vom 17.11.2008 Widerspruch ein. Mit der Überführung in eine freiwillige Versicherung erkläre er sich nicht einverstanden. Er sehe nicht ein, dass der Beitrag nahezu auf das elffache des bisherigen Beitrags festgesetzt worden sei. Die Beklagte wertete den Widerspruch als Kündigung der freiwilligen Versicherung zum 30.11.2008. Mit Bescheid vom 28.7.2009 setzte sie den Beitrag für die Zeit vom 1.1. bis 30.11.2008 auf 454,28 € fest.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.9.2009). Die Überführung in die freiwillige Versicherung beruhe auf § 50 Abs 2 der Satzung idF des 9. Nachtrags vom 28.6.2007. Die Regelung diene dem Schutz der Unternehmer, die evtl auf die Fortdauer des Versicherungsschutzes vertrauten. Die vom Bundesversicherungsamt genehmigte Satzung sei rechtswirksam. Die Veranlagung sei nach dem seit 1.1.2008 gültigen Gefahrtarif mit Gefahrklasse 5,2 erfolgt. Der Beitrag sei im Bescheid vom 28.7.2009 zutreffend berechnet worden.

7

Dagegen hat der Kläger beim SG Aachen Klage erhoben. Eine freiwillige Versicherung komme nicht durch Schweigen eines Versicherten zustande. Die späte Übersendung des Versicherungsscheines im Oktober 2008 deute darauf hin, dass man die Adressaten bewusst habe in die Irre leiten wollen. Mit Urteil vom 31.3.2010 hat das SG den Bescheid vom 22.10.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2009 aufgehoben. Die Bescheide seien rechtswidrig, da keine freiwillige Unternehmerversicherung zustande gekommen sei. Es fehle der erforderliche Antrag des Unternehmers auf Abschluss einer freiwilligen Unternehmerversicherung, so dass auch Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien. § 50 der Satzung sei nach dem Gesamtzusammenhang so auszulegen, dass ein Antrag erforderlich sei. Eine andere Auslegung von § 50 Abs 2 der Satzung - im Sinne einer Überführung ohne Antrag - verstoße gegen § 6 Abs 1 SGB VII als höherrangiges Recht und könne keine rechtswirksame Grundlage für Erteilung eines Versicherungsscheines und die Erhebung von Beiträgen sein. Die Beklagte hat beim SG Antrag auf Zulassung der Sprungrevision gestellt. Sie hat das Schreiben des Klägerbevollmächtigten beigefügt, mit dem dieser mitgeteilt hat, dass er "die Zustimmung zum beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Revision" erteile. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen.

8

Die Beklagte hat die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt die Verletzung des § 50 Abs 2 Satz 1 ihrer Satzung sowie der §§ 6, 3 und 213 SGB VII. § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung regle rechtswirksam, dass für den Fall der Überführung der zum 31.12.2007 pflichtversicherten Unternehmer in die freiwillige Versicherung ausnahmsweise kein Antrag erforderlich sei, so dass die Beitragspflicht des Klägers entstanden sei. Dass die Vorschrift einen Antrag nicht voraussetze, ergebe sich schon aus dem Begriff "Überführung" sowie aus der Entstehungsgeschichte und dem Willen des Normgebers. Die Satzungsregelung orientiere sich an dem Entwurf zur Neufassung von § 213 SGB VII(§ 213 SGB VII-E), die in dem Referentenentwurf des "Gesetzes zur Reform der Gesetzlichen Unfallversicherung (UVRG)" als Übergangsregelung erwogen worden sei. § 213 SGB VII idF des Referentenentwurfs habe gelautet: "Unternehmer und ihre Ehegatten oder Lebenspartner, die am 31.12.2008 nach § 3 Abs 1 Nr 1 in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung in Verbindung mit der Satzung des Unfallversicherungsträgers versichert waren, bleiben versichert. Die Versicherung wird als freiwillige Versicherung weitergeführt; eines Antrags nach § 6 Abs 1 bedarf es nicht. […]" Zudem habe die Beklagte bestehende Übergangsregelungen für vergleichbare Fälle berücksichtigt, wie § 1149 Abs 2 RVO und § 213 Abs 1 SGB VII. Die Regelung sei in enger Abstimmung mit dem BVA getroffen worden, das die Satzungsänderung genehmigt und in späteren Stellungnahmen als rechtmäßig bestätigt habe. § 50 Abs 2 Satz 1 SGB VII verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere sei ein Antrag nach § 6 SGB VII nur erforderlich, wenn ein bislang nicht Versicherter erstmals "in den Kreis der freiwillig Versicherten" eintrete. Die Beklagte sei auch durch § 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu einer solchen Regelung ermächtigt. Der weitreichende Entscheidungsspielraum für die Regelung einer Pflichtversicherung von Unternehmern kraft Satzung erstrecke sich auf deren Abschaffung und ermächtige zu Übergangsregelungen.

9

Hilfsweise sei § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung im Falle seiner Rechtswidrigkeit entsprechend der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 4.12.2007 (B 2 U 36/06 R) aus "zwingenden Gründen" weiter anzuwenden.

10

Dass der Beitrag des Klägers zur freiwilligen Versicherung 2008 deutlich höher sei als der Beitrag zur Pflichtversicherung 2007, beruhe auf der vorherigen Sonderregelung des § 44 Abs 4 der Satzung idF des 8. Nachtrags und der geringen Arbeitsstundenzahl des Klägers.

11

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 31. März 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

12

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

13

Die mit dem Übergang auf eine freiwillige Versicherung verbundene Erhöhung der Beiträge sei unverhältnismäßig.

14

Das BSG hat Anfragen zur Zahl der betroffenen Unternehmer und zur Gestaltung von Satzungsregelungen beim Übergang von der Satzungspflichtversicherung auf die freiwillige Versicherung bei anderen BGen an das Bundesversicherungsamt (BVA) und die Beklagte gerichtet. Das BVA hat mit Schreiben vom 22.2.2011, die Beklagten mit Schreiben vom 28.2.2011 geantwortet.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist nicht begründet.

16

A. Die Revision ist zulässig.

17

Die von der Beklagten eingelegte Sprungrevision (§ 161 Abs 1 Satz 1 SGG) ist zulässig, denn das SG hat diese durch gesonderten Beschluss vom 21.7.2010 zugelassen. Dem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hat die Beklagte die für die Zulassung erforderliche schriftliche Zustimmung des Klägers zur Einlegung der Sprungrevision im Original beigefügt (§ 161 Abs 1 Satz 3 SGG). Auch ergibt sich aus der Zustimmungserklärung des Klägerbevollmächtigten hinreichend deutlich, dass er nicht nur der Zulassung, sondern auch der Einlegung der Sprungrevision zugestimmt hat, was aufgrund der erheblichen Bedeutung für den Rechtsschutz des Revisionsgegners erforderlich ist (vgl BSG vom 6.11.2008 - B 1 KR 37/07 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 15 RdNr 11; BSG vom 28.11.1990 - 4 RA 19/90 - SozR 3-2200 § 1304a Nr 1 S 3). Die Erklärung ist vom rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers in Kenntnis des vollständig zugestellten Urteils abgegeben worden. Sie umfasst auch die Zustimmung zur Einlegung der Revision durch die Beklagte (vgl zur Auslegung einer Erklärung nach Urteilszustellung ua BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252, 253 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 9; BSG vom 17.5.2000 - B 3 P 8/99 R - SozR 3-3300 § 39 Nr 2 - Juris RdNr 14; BSG vom 22.4.1998 - B 9 SB 7/97 R - SozR 3-1500 § 161 Nr 13 - Juris RdNr 17). Auch im Übrigen ist die Revision zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

18

B. Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

19

Das SG hat zu Recht die angefochtenen Verwaltungsakte in dem Bescheid der Beklagten vom 22.10.2008 sowie in dem Bescheid vom 28.7.2009, diese jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2009 aufgehoben. Die Beklagte war nicht ermächtigt, den bei ihr bis Ende 2007 kraft Satzung als Unternehmer pflichtversicherten Kläger ohne dessen Antrag ab 1.1.2008 als freiwilliges Mitglied zu versichern (1.). Die Beklagte war auch nicht ermächtigt, das Unternehmen zu veranlagen und den Kläger zur Zahlung von Beiträgen zu verpflichten (2.).

20

1. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 22.10.2008 aufgehoben, soweit dieser die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten als freiwillig versicherter Unternehmer feststellt. Der "Versicherungsschein" in dem Bescheid ist als Feststellung des Beginns einer freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten zu verstehen (a). Dem Erlass eines solchen Verwaltungsakts stand nicht die Bestandskraft des Verwaltungsakts entgegen, mit dem die Beklagte festgestellt hatte, der Kläger sei pflichtversichertes Mitglied kraft Satzung (b). Der Verwaltungsakt über die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers ist zwar formell rechtmäßig ergangen (c), er ist aber materiell rechtswidrig, da die Satzungsregelung, auf die die Beklagte den Verwaltungsakt gestützt hat, mit § 6 Abs 1 SGB VII nicht vereinbar ist (d).

21

a) Die Feststellung des Bestehens der freiwilligen Versicherung des Klägers in dem Versicherungsschein im Bescheid vom 22.10.2008 ist ein Verwaltungsakt.

22

Diese an den Kläger gerichtete behördliche Erklärung im sogenannten Versicherungsschein, dass seine satzungsmäßige Pflichtversicherung in eine freiwillige Versicherung mit Versicherungsbeginn ab dem 1.1.2008 und einer Versicherungssumme von 24.000 € überführt wurde, ist aus objektivem Empfängerhorizont unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auszulegen. Die Verwaltungserklärung ist so zu verstehen, dass sie dem Kläger gegenüber das Bestehen eines freiwilligen Versicherungsverhältnisses zwischen ihm und der Beklagten, also ein Rechtsverhältnis, feststellen und so eine Regelung (siehe § 31 SGB I) im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X treffen sollte(vgl § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII; dazu Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII § 136 Anm 3.1; Diel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 136 RdNr 10). Denn ein Empfänger des Versicherungsscheins, der zuvor mit Schreiben der Beklagten vom 10.10.2007 über die Beendigung der Pflichtversicherung und die "Überführung" in die freiwillige Versicherung informiert worden war, musste davon ausgehen, dass der an ihn individuell gerichtete Versicherungsschein nach Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen durch die BG in seinem konkreten Einzelfall im Rahmen eines - vom Amts wegen eingeleiteten - Verwaltungsverfahren iS von § 8 SGB X erfolgt ist. Der Abschluss dieses Verfahrens durch ein (Bestätigungs-)Schreiben der BG, hier Versicherungsschein genannt, ist aus Sicht eines objektiven Empfängers die Feststellung des Versicherungsverhältnisses im konkreten Einzelfall und damit ein Verwaltungsakt (vgl Ricke in Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2010, § 6 SGB VII RdNr 8; Wiester in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, Stand Dezember 2001, § 6 RdNr 48).

23

b) Dieser Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil ihm die Bindungswirkung des Verwaltungsakts entgegensteht, mit dem die Beklagte dem Kläger gegenüber die Pflichtmitgliedschaft kraft Satzung festgestellt hat.

24

Zwar hatte die Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Verwaltungsakt vom 10.12.1999 dem Kläger gegenüber bindend festgestellt, sie sei der für dessen Unternehmen zuständige Unfallversicherungsträger; die Pflichtversicherung des Unternehmers und seiner mitarbeitenden Ehegattin kraft Satzung werde hiermit festgestellt. Die Beklagte hat diesen Verwaltungsakt aber seinerseits durch Verwaltungsakt aufgehoben (§ 48 SGB X), als sie dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 10.10.2007 über die anstehende Änderung seiner Versicherung informiert und unmittelbar im ersten Absatz dieses Schreibens erklärt hat: "Wir informieren Sie heute über die Änderung Ihres Versicherungsschutzes … zum 1.1.2008. Die kraft Satzung bestehende Pflichtversicherung für Unternehmer und ihre mittätigen Ehegatten wird zum 31.12.2007 aufgehoben."

25

Nach § 31 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (vgl BSG vom 24.11.2005 - B 12 KR 18/04 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 6 RdNr 16; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 24 f). Die Regelung eines aufhebenden Verwaltungsakts iS von § 31 SGB X besteht darin, den früheren Verwaltungsakt aufzuheben.

26

Die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 10.10.2007 ist darauf gerichtet und vom Kläger so zu verstehen gewesen, dass die frühere Regelung einer Pflichtversicherung kraft Satzung, die im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger noch Bestand hatte, zum 31.12.2007 beseitigt werde. Zwar hat die Beklagte den aufzuhebenden Verwaltungsakt nicht ausdrücklich genannt, sondern nur geregelt, dass seine Pflichtversicherung als Unternehmer und diejenige seiner Ehefrau zum 31.12.2007 enden werde. Die Erklärung vom 10.10.2007, die bestehende Pflichtversicherung kraft Satzung werde beendet, ist eine Regelung. Denn für den Adressaten ist erkennbar gewesen, dass die früher durch Verwaltungsakt festgestellte Pflichtversicherung kraft Satzung beseitigt werden soll. Der Inhalt der Regelung ist jedoch entgegen § 33 Abs 1 SGB X nicht hinreichend bestimmt. Denn aus dem og Verfügungssatz ergibt sich für den Adressaten nicht klar und eindeutig, was die Beklagte geregelt hat. Es ist nicht konkret bestimmt, welcher frühere Verwaltungsakt in welchem Umfang aufgehoben wird (vgl BSG vom 30.3.2004 - B 4 RA 36/02 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 1 RdNr 14 mwN; von "Klarstellungsfunktion" spricht BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13). Die Regelung der Aufhebung ist mangels Nennung des aufzuhebenden Bescheids zwar rechtswidrig, sie ist aber nicht nichtig iS des § 40 SGB X und damit wirksam(§ 39 Abs 2, 3 SGB X). Da der aufhebende Verwaltungsakt nicht binnen Jahresfrist angefochten worden ist, ist er zudem bindend geworden.

27

c) Der angegriffene Verwaltungsakt (Versicherungsschein vom 22.10.2008) ist nicht formell rechtswidrig und nicht aufzuheben, obwohl eine Anhörung des Klägers unterblieben war, denn von dieser konnte abgesehen werden.

28

Insoweit ist schon umstritten, ob vor Erlass eines Verwaltungsakts über die Feststellung der Zuständigkeit (§ 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII) oder Bestätigung einer freiwilligen Versicherung der Unternehmer, dem gegenüber die Regelung getroffen wird, zuvor nach § 24 SGB X anzuhören ist(für das Erfordernis einer Anhörung: Diel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 136 RdNr 16; Krasney in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, Stand April 2009, § 136 RdNr 10; gegen Anhörung: Ricke in Kasseler Kommentar, Stand Januar 2009, § 136 SGB VII RdNr 5). Ob vor Erlass eines auf § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII gestützten Verwaltungsakt eine Anhörung des Adressaten zu erfolgen hat, kann hier dahingestellt bleiben. Der Verwaltungsakt ist schon deshalb nicht rechtswidrig, da eine Anhörungspflicht vorliegend nach § 24 Abs 2 Nr 4 Alt 2 SGB X nicht bestanden hat. Nach dieser Vorschrift kann von der Anhörung angesehen werden, wenn gleichartige Verwaltungsakte in großer Zahl erlassen werden sollen. Dies ist hier der Fall, denn die Beklagte hat mitgeteilt, dass bei ihr Ende 2007 ca 251.000 Unternehmer kraft Satzung pflichtversichert waren, deren Versicherungsverhältnisse zum 1.1.2008 auf freiwillige Versicherungen überführt werden sollten. Die Beklagte hatte gegenüber einer Vielzahl von Adressaten zum 1.1.2008 Regelungen zu treffen, die nach Art, Form und Inhalt gleich waren. In dieser Situation konnte sie von einer Anhörung absehen (vgl zur Umsetzung einer Satzungsregelung auch BSG vom 7.11.1991 - 12 RK 37/90 - BSGE 70, 13, 14; Mutschler in Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 24 SGB X RdNr 28).

29

d) Der die freiwillige Versicherung des Klägers ab 1.1.2008 feststellende Verwaltungsakt ist rechtswidrig, denn entgegen der Feststellung ist keine freiwillige Versicherung des Klägers bei der Beklagten begründet worden. Die Satzungsregelung, auf die der Verwaltungsakt gestützt wurde, ist nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und bietet deshalb keine materiell-rechtliche Grundlage für die getroffene Regelung.

30

aa) Die Beklagte kann sich für den Erlass eines Verwaltungsakts über die Feststellung einer freiwilligen Versicherung nach § 6 SGB VII auf die Ermächtigung des § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII stützen.

31

Ermächtigungsgrundlage für diese Feststellung ist § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII. Danach stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest(BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 3/07 R - SozR 4-2700 § 136 Nr 4 RdNr 14). Die Vorschrift ermächtigt nicht nur zur Feststellung der sachlichen und örtlichen "Zuständigkeit", sondern auch dazu, einem Unternehmer gegenüber (irgend)ein Versicherungsverhältnis zwischen diesem und dem Träger festzustellen. Die Ermächtigung gilt auch dann, wenn die Feststellung erfolgt, ohne dass materiell-rechtlich die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dann ist der Verwaltungsakt zwar rechtswidrig, aber wirksam (§ 39 Abs 1 bis 3 SGB X). Durch einen solchen materiell-rechtlich rechtswidrigen, aber wirksamen Verwaltungsakt wird ggf ein sog Formalversicherungsverhältnis begründet. Die Beklagte hat sich somit auf eine vorhandene Ermächtigungsgrundlage gestützt, um den Beginn der von ihr angenommenen Zuständigkeit aufgrund einer freiwilligen Versicherung des Unternehmers festzustellen (sog Aufnahmebescheid, dazu Streubel in LPK-SGB VII, 3. Aufl 2011, § 136 RdNr 5; zur Bestätigung einer freiwilligen Versicherung vgl auch Ricke in Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2010, § 6 SGB VII RdNr 8).

32

Der Verwaltungsakt ist aber rechtswidrig, da der Tatbestand des § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII nicht erfüllt ist, weil die Beklagte für den Kläger nicht zuständig war. Dies wäre sie nur gewesen, wenn ein freiwilliges Versicherungsverhältnis am 1.1.2008 entstanden wäre. Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VII (bb) und auch nach § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung (cc) ist dies aber nicht der Fall.

33

bb) Zwar ist der Kläger Unternehmer iS des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VII, da ihm das Ergebnis des Unternehmens - der Gaststätte - unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht(§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII); eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich (vgl auch BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 16/10 R - Juris RdNr 16 mwN). Eine freiwillige Versicherung gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder § 50 Abs 1 der Satzung kann aber nur durch schriftlichen Antrag begründet werden. Da der Kläger keinen schriftlichen Antrag auf freiwillige Versicherung bei der Beklagten gestellt hat, sind die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht erfüllt.

34

cc) Die freiwillige Versicherung des Klägers bei der Beklagten wurde auch nicht nach § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten begründet.

35

Zwar sieht diese Satzungsregelung vor, dass die Versicherung der Unternehmer, die bis 31.12.2007 kraft Satzung pflichtversichert waren, ohne Antrag als freiwillige Versicherung fortbesteht, wenn der Unternehmer nicht bis 31.12.2007 widerspricht oder kündigt.

36

Die Regelung des angegriffenen Verwaltungsakts entspricht inhaltlich der Satzungsregelung, ist also satzungskonform. Der Verwaltungsakt ist dennoch rechtswidrig, weil die Satzungsregelung, auf die er gestützt worden ist, unwirksam ist. Die Beklagte hatte für eine solche Satzungsregelung keine "Satzungskompetenz". Es gehörte nicht zu ihren gesetzlichen Aufgaben, eine freiwillige Versicherung ohne Antrag oder einen "Mischtyp" aus Pflichtversicherung kraft Satzung und freiwilliger Versicherung zu schaffen.

37

Über den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes hinaus hat der Gesetzgeber in § 31 SGB I bestimmt, dass in den Sozialleistungsbereichen des SGB I einschließlich der GUV(vgl § 22 SGB I) Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit es ein Gesetz vorschreibt oder zulässt. Ohne Ermächtigung durch Parlamentsgesetz ist dem Sozialversicherungsträger die Regelung von Rechten oder Pflichten des Bürgers verwehrt. Insoweit bedürfen untergesetzliche Normen wie Satzungen einer Inhalt und Umfang bestimmenden Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz (vgl Rüfner in Wannagat, SGB I, Stand Juli 2000, § 31 RdNr 7; Klose in Jahn, SGB I, Stand Februar 2011, § 31 RdNr 11 f; Seewald in Kasseler Kommentar, September 2007, § 31 SGB I RdNr 8 und 13). Die Unfallversicherungsträger als Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts gemäß § 29 SGB IV, denen das GG keine Aufgaben mittels Generalklausel zuweist(anders Art 28 Abs 2 GG für örtliche Angelegenheiten der Gemeinden, Allzuständigkeit), haben nur Satzungs- und Regelungskompetenz mit Wirkung gegenüber dem Bürger, wenn und soweit ihnen Aufgaben ausdrücklich vom Gesetzgeber übertragen worden sind (vgl Schlegel in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - UV-Recht , 1996, § 19 RdNr 5; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 34 RdNr 5; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 23 RdNr 42).

38

Zwar sind Satzungen der Berufsgenossenschaften autonomes Recht (§ 34 SGB IV), wobei der Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung in ihrer besonderen Sachkunde und Sachnähe zu sehen ist (vgl BSG vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr 17). Von den Gerichten ist daher nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat (vgl BSG vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr 18 mwN). Die Satzungsregelungen unterliegen aber der gerichtlichen Nachprüfung im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (vgl aaO). Für die Regelung in § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung, die eine freiwillige Versicherung bislang pflichtversicherter Unternehmer ohne schriftlichen Antrag zum 1.1.2008 begründet, fehlt der Beklagten eine Satzungskompetenz.

39

aaa) Eine Ermächtigung, die freiwillige Versicherung kraft Satzung zu regeln, besteht nicht.

40

§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB IV räumt der Beklagten zwar Satzungsautonomie ein, die Vorschrift bietet aber keine Ermächtigungsgrundlage für die getroffene Satzungsregelung. Die Satzungsregelungen der Versicherungsträger unterliegen trotz der durch § 34 Abs 1 Satz 1 SGB IV eingeräumten Kompetenz, Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, gemäß Art 20 Abs 3 GG dem Vorrang des Gesetzes und allen grund- und parlamentsgesetzlichen Gesetzesvorbehalten(vgl Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB IV, § 34 RdNr 43, 46). Die Inhalte der Satzungen sollen für die verschiedenen Zweige der Sozialversicherung unterschiedlich ausgestaltet werden. Deshalb finden sich die entsprechenden Ermächtigungen zu inhaltlichen Regelungen in den besonderen Vorschriften des SGB, hier im SGB VII. Aus der grundsätzlich eingeräumten Satzungsautonomie lässt sich deshalb keine Ermächtigung zu konkreten inhaltlichen Bestimmungen herleiten. Vielmehr dürfen die Versicherungsträger auch "Geschäfte" wie den Erlass einer Satzung nur zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen (§ 30 Abs 1 SGB IV).

41

bbb) Der Gesetzgeber hat den nicht in der GUV pflichtversicherten Personen, die von § 6 SGB VII erfasst werden, ein subjektiv-öffentliches Gestaltungsrecht zur Begründung einer freiwilligen Versicherung eingeräumt, sofern sie die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Er hat darin die Unfallversicherungsträger aber nicht ermächtigt, in ihrer Satzung eine "freiwillige Versicherung" unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 Abs 1 SGB VII zu schaffen, insbesondere unter "Verzicht" auf einen schriftlichen Antrag. Da § 6 SGB VII keine ausdrückliche Zuweisung einer Satzungskompetenz enthält, umfasst die (allgemeine) Kompetenz der Beklagten insoweit nur Regelungen über ein durch Antrag entstandenes freiwilliges Versicherungsverhältnis.

42

Dass § 6 SGB VII als Tatbestandsvoraussetzung für eine freiwillige Versicherung immer einen schriftlichen Antrag erfordert, folgt aus dem Gesetzeswortlaut und wird durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt. Bereits zu den Vorgängerregelungen des § 6 SGB VII, nach der sich Unternehmer versichern(so § 539 RVO idF des 6. UVÄndG vom 9.3.1942 - RGBl I 107) oder freiwillig der Unfallversicherung beitreten konnten (so § 545 Abs 1 RVO idF des UVNG vom 30.4.1963 - BGBl I 241), hat das BSG ausgeführt, dass es zur Begründung der freiwilligen Versicherung eines Antrags, also einer auf die Begründung des Versicherungsverhältnisses gerichteten Willenserklärung des Unternehmers, bedarf (vgl BSG vom 25.8.1965 - 2 RU 167/62 - BSGE 23, 248, 251; BSG vom 22.9.1988 - 2/9b RU 36/87 - BSGE 64, 89, 91 - Juris RdNr 20). Dieses Antragserfordernis hat der Gesetzgeber (vgl Art 1 des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch vom 7.8.1996, BGBl I 1254) ausdrücklich in den Wortlaut von § 6 SGB VII, der als Nachfolgeregelung im Wesentlichen § 545 Abs 1 Satz 1 RVO entsprechen soll(vgl BT-Drucks 13/2204 S 77 zu § 6), aufgenommen und zudem Schriftform vorgeschrieben.

43

§ 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung kann also nicht auf § 6 SGB VII gestützt werden.

44

ccc) Auch aus § 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII ergibt sich eine Ermächtigung zu einer Satzungsnorm, wie sie § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten enthält, nicht.

45

Die Vorschrift ermächtigt die Beklagte, als Satzungsgeberin zu regeln, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die Pflichtversicherung in der GUV auf Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner erstreckt (vgl BT-Drucks 13/2204 S 76 zu § 3). Miterfasst ist die Ermächtigung, mit Wirkung für die Zukunft zu bestimmen, dass eine bisher geltende Pflichtversicherung kraft Satzung endet, sich also nicht mehr auf den bisher versicherten Personenkreis erstreckt. Die Beklagte kann durch Satzung auch bestimmte Voraussetzungen für die Pflichtversicherung festlegen. Nach dieser Vorschrift ist die Beklagte ermächtigt gewesen, Satzungsregelungen wie §§ 43 bis 48 ihrer Satzung idF vom 15.9.2006 zu erlassen, die die Pflichtversicherung von Unternehmern mit Wirkung zum 1.1.2008 beenden.

46

Soweit § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung zum 1.1.2008 für ehemals kraft Satzung pflichtversicherte Unternehmer anordnet, dass die Versicherung unter bestimmten Voraussetzungen als eine freiwillige fortbesteht, liegt darin gerade keine Bestimmung über das "Ob" oder "Wie" einer Pflichtversicherung kraft Satzung im Sinne von § 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Die freiwillige Versicherung nach dem SGB VII ist nicht eine "Art" der Versicherung über die die Beklagte gemäß § 3 SGB VII kraft Satzung Regelungen treffen kann. Vielmehr sind die gesetzlichen Vorgaben beider Arten von Versicherungen hinsichtlich des betroffenen Personenkreises und des Beginns der Versicherung unterschiedlich ausgestaltet. § 3 SGB VII enthält keine (stillschweigende) gesetzliche Ermächtigung für die Schaffung einer freiwilligen Versicherung durch Satzung in Abweichung oder neben dem vom Gesetz ausgestalteten Institut der freiwilligen Versicherung gemäß § 6 SGB VII.

47

ddd) § 3 SGB VII verschafft der Beklagten auch keine Satzungsermächtigung, eine der getroffenen Regelung entsprechende "Übergangsregelung" im Zusammenhang mit der Beendigung der Pflichtversicherung kraft Satzung zu treffen.

48

Zunächst hat der Gesetzgeber selbst in § 213 SGB VII für bestimmte Unternehmer und ihre Ehegatten eine Übergangsregelung als eine von § 6 Abs 1 SGB VII abweichende Sonderregelung zum Entstehen und Beginn einer freiwilligen Versicherung geschaffen. Eine Satzungskompetenz hat er dafür den Unfallversicherungsträgern aber gerade nicht eingeräumt. Aus "eigenem Recht" können diese eine solche Übergangsregelung nicht schaffen, da eine solche Satzungskompetenz den Trägern der GUV nicht durch Gesetz übertragen worden ist. § 213 SGB VII ist ua schon mangels Regelungslücke im SGB VII auch nicht im Wege der Analogie auf die untergesetzliche Ebene der Satzungsregelungen zu übertragen, weil jede Satzungskompetenz gerade eine parlamentsgesetzliche Zuweisung von Normsetzungsmacht voraussetzt.

49

§ 3 SGB VII weist der Beklagten nur die Befugnis zu, für die Pflichtversicherung kraft Satzung Regelungen zu treffen. Die Anordnung der Fortsetzung der Versicherung als freiwillige ist aber keine Regelung mehr, die sich innerhalb der Kompetenz zur Regelung von Satzungspflichtversicherungen hält, sondern geht darüber hinaus. Wie die Beklagte gezeigt hat, hat der Gesetzgeber erwogen, den Trägern der GUV eine entsprechende Satzungskompetenz zu übertragen. An diesem Gesetzentwurf hat sich die Beklagte auch orientiert. Allerdings hat - aus welchen Gründen ist weder bekannt noch erheblich - der Gesetzgeber keinen Gesetzesbeschluss gefasst, der der Beklagten die Kompetenz zur Regelung solcher "Übergänge" eingeräumt hat.

50

§ 3 SGB VII ermächtigt die Beklagte schließlich nicht dazu, einen Mischtyp von Versicherungen zu schaffen, sozusagen eine Beendigung der Pflichtversicherung kraft Satzung unter der Bedingung der Fortführung als freiwillige Versicherung oder eine Pflichtversicherung kraft Satzung mit den Kündigungsrechten einer freiwilligen Versicherung. Das SGB VII kennt solche Mischformen nicht. § 3 SGB VII ermöglicht die Begründung einer Pflichtversicherung nur für Personengruppen, die ähnlich wie die in § 2 SGB VII genannten Gruppen des Schutzes der GUV bedürfen. Es wäre in sich widersprüchlich, eine Personengruppe nach Maßgabe des § 3 SGB VII aufgrund einer Satzung in die Versicherungspflicht einzubeziehen, da sie des Schutzes der GUV bedürfe, ihr aber zugleich die Entscheidung zu eröffnen, der Einbeziehung in die Versicherung widersprechen oder sie kündigen zu können.

51

Wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 1 SGB VII ist § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten nichtig, der darauf gestützte Verwaltungsakt rechtswidrig, da er ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII in den Rechtskreis des Klägers eingreift.

52

dd) Eine "weitere Anwendung" der mit dem SGB VII nicht vereinbaren Satzungsregelung für eine Übergangszeit, ist nicht erlaubt. Ein extremer Ausnahmefall, in dem anderes gelten könnte, liegt nicht vor. Insbesondere geht es nicht darum, eine durch die Nichtanwendung drohende Situation abzuwenden, die noch weiter von den gesetzlichen oder verfassungsrechtlichen Vorgaben entfernt wäre als die durch eine Anwendung der nichtigen Satzungsnorm entstehende, sondern nur um die Frage, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt eine freiwillige Versicherung begründet worden ist.

53

Grundsätzlich sind Satzungsregelungen, wie hier § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten, bei einem Verstoß gegen höherrangiges Recht nichtig(vgl BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 19). Normen, die gegen höhere Normen verstoßen, dürfen grundsätzlich nicht angewendet werden, da Verwaltung und Gerichte nach Art 20 Abs 3 GG an Gesetz und Recht gebunden und deshalb gehalten sind, gesetzeswidrige Handlungen zu unterlassen (vgl BVerfG vom 3.11.1982 - 1 BvR 620/78 - BVerfGE 61, 319-357 - Juris RdNr 101 mwN).

54

Zwar hat der Senat mehrfach entschieden, dass Satzungsregelungen, die im Falle des Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig sind, ausnahmsweise aber für eine Übergangszeit (weiter) anzuwenden sind (vgl BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38, 46 RdNr 19 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 18 - Juris RdNr 30; ebenso BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 18 f). Voraussetzung für die Weiteranwendung ist nach dieser Rechtsprechung aber, dass der Zustand bei Nichtanwendung der Norm für die Übergangszeit von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als ein Zustand, bei dem den Normunterworfenen die Anwendung der rechtswidrigen Norm für eine begrenzte Zeit zugemutet wird. Im Beitragsrecht kommt dies nur bei haushaltsrechtlich bedeutsamen Normen in Betracht, bei denen eine Rückabwicklung faktisch unmöglich ist und unkalkulierbare Haushaltsrisiken bis hin zu drohender Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsträgers vermieden werden müssen (vgl BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38, 46 RdNr 19 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 18 - Juris RdNr 30; BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 19 f). So hat es der Senat als nicht hinnehmbar angesehen, dass bis zum Erlass einer rechtskonformen Satzung alle Beitragsbescheide als rechtswidrig angegriffen und neue Beitragsbescheide aufgrund einer neuen Satzung ggf rückwirkend hätten erteilt werden müssen (vgl BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38, 47 RdNr 20 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 19 - Juris RdNr 31; BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 21), zumal das BSG in der Vergangenheit die Satzungen ausdrücklich als gesetzeskonform angesehen hatte.

55

Mit solchen Konstellationen ist der Fall des Klägers indes nicht vergleichbar. Denn während in den oben genannten Fällen der Satzungsgeber die notwendige Satzungskompetenz hatte, um - ggf uU sogar rückwirkend - eine rechtswirksame, mit dem Gesetz in Einklang stehende Beitragssatzung mit demselben Inhalt wie die bisherige Regelung zu erlassen und damit rückwirkend eine wirksame Rechtsgrundlage für die beanstandeten Verwaltungsakte zu schaffen, ist der Beklagten der rückwirkende Erlass einer Satzung, die eine freiwillige Versicherung ohne schriftlichen Antrag vorsieht, mangels entsprechender Satzungskompetenz dauerhaft verwehrt.

56

Die Anwendung des § 50 Abs 2 Satz 1 der Satzung scheidet deshalb aus.

57

2. Die Revision ist auch insoweit unbegründet, als das SG auch die Verwaltungsakte über die Veranlagung zum Gefahrtarif und die Beitragsfestsetzungen aufgehoben hat (vgl zum Beitragsverfahren auch Mutschler WzS 2009, 353, 354).

58

Der Verwaltungsakt vom 22.10.2008 über die Veranlagung des Klägers unter Gefahrtarifstelle 18 wegen freiwilliger Versicherung mit der Gefahrklasse 5,2 ist mangels freiwilliger Versicherung wegen unrichtiger Einordnung des Klägers rechtswidrig und beeinträchtigt ihn in seinen Rechten.

59

Soweit das SG auch den Vorauszahlungsbescheid vom 22.10.2008 idF des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2009 aufgehoben hat, bedarf das Urteil der Richtigstellung. Der Vorauszahlungsbescheid vom 22.10.2008 ist durch den endgültigen Beitragsbescheid vom 28.7.2009 vollständig ersetzt worden und war daher bereits vor Klageerhebung gemäß § 39 Abs 2 SGB X "auf andere Weise" erledigt(vgl hierzu Keller in Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 8a; BSG vom 13.11.1985 - 1/8 RR 5/83 - BSGE 59, 122, 126 und 131; BSG vom 27.3.2007 - B 13 RJ 43/05 R - Juris RdNr 13 mwN). Die Festsetzung des endgültigen Beitrags und das entsprechende Zahlungsgebot im Beitragsbescheid vom 28.7.2009 sind an die Stelle der Festsetzung der voraussichtlichen Beitragsschuld und des darauf bezogenen Zahlungsgebots getreten.

60

Zwar ist im Tenor des Urteils nur die Aufhebung des "Bescheides vom 22.10.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2009" ausgesprochen. Unter Berücksichtigung der Urteilsgründe hat das SG auch den Beitragsbescheid vom 28.7.2009 aufgehoben. Einerseits hat es durch seinen Ausspruch deutlich gemacht, dass es den Bescheid vom 22.10.2008 idF des Widerspruchsbescheides vom 30.9.2009 auch hinsichtlich seiner beitragsrechtlichen Regelung beseitigen wollte. Das SG hat auch gesehen, dass der Beitragsbescheid vom 28.7.2009 die Beitragsforderung durch die endgültige Festsetzung geändert hat. Entsprechend dem Klagebegehren des Klägers, der die Bescheide vom 8.4.2009 und 28.7.2009 seiner Klagebegründung beigefügt hat, ist der Ausspruch des SG dahingehend auszulegen, dass das SG auch den ersetzenden Verwaltungsakt vom 28.7.2009 aufgehoben hat, was aus Gründen der Rechtssicherheit klargestellt worden ist.

61

Die Revision der Beklagten ist auch unbegründet, soweit angefochten wird, dass das SG den Beitragsbescheid vom 28.7.2009 aufgehoben hat. Der Beitragsbescheid durfte nicht ergehen, da der Kläger nicht bei der Beklagten freiwillig versichert und daher nicht nach § 150 Abs 1 Satz 2 SGB VII beitragspflichtig ist.

62

3. Die Kostengrundentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

63

Der Kläger gehört - was das SG übersehen hat - nicht zu den in § 183 SGG kostenprivilegierten Personen, da er mit dem Rechtsstreit keine Rechte als Versicherter auf Leistungen aus der GUV verfolgt, sondern sich gegen die Einbeziehung in die GUV als freiwillig versicherter Unternehmer, gegen die Veranlagung und die Beitragserhebung gewandt hat(vgl BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 16/10 R - Juris RdNr 28; BSG vom 5.3.2008 - B 2 U 353/07 B - Juris RdNr 6; BSG vom 3.1.2006 - B 2 U 367/05 B; BSG vom 23.11.2006 - B 2 U 258/06 B). Der Senat kann die insoweit fehlerhafte Kostenentscheidung der Vorinstanz ändern, denn das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (vgl BSG vom 1.7.2010 - B 11 AL 6/09 R - Juris RdNr 24; BSG vom 5.10.2006 - B 10 LW 5/05 R - BSGE 97, 153, 157 RdNr 20; BSGE 62, 131, 136 = SozR 4100 § 141b Nr 40).

64

Gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO sind der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da die Klage Erfolg hatte und die Revision der Beklagten gegen das Urteil des SG trotz der Maßgabe im Tenor ohne Erfolg geblieben ist.

65

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Satz 1 und § 63 Abs 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

66

Der Streitwert ist in erster Linie nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs 1 GKG). Die Bedeutung der Sache bestimmt sich nach dem Gegenstand des konkreten Prozesses, evtl mittelbare Folgewirkungen sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 16/10 R - Juris RdNr 32). Die Bedeutung der Sache bestimmt sich für die Beteiligten in beiden Instanzen nach den geforderten Beiträgen in Höhe von 454,28 € (§ 52 Abs 3 GKG).

67

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats mindestens der Auffangstreitwert zu Grunde zu legen, wenn die Beteiligten über die Erhebung von Beiträgen als Unternehmer streiten, weil die den Gegenstand des Prozesses bildenden Rechtsfragen in der Regel über den konkret streitigen Zeitraum hinaus auch für die Beitragsfestsetzung in späteren Jahren von Bedeutung sind (vgl hierzu BSG vom 5.3.2008 - B 2 U 353/07 B - Juris RdNr 6 f; BSG vom 23.11.2006 - B 2 U 258/06 B - Juris). Diese Regel greift aber nicht, wenn - wie hier - bereits vor Klageerhebung die Mitgliedschaft unstreitig beendet worden und damit eine Bedeutung des Rechtsstreits für spätere Beitragsjahre ausgeschlossen ist.

68

Der Senat hat als Revisionsgericht den Streitwert zugleich für das Klageverfahren festgesetzt (§ 63 Abs 3 Satz 1 GKG). Zumindest bei betragsmäßig von vornherein feststehendem und in allen Instanzen offensichtlich gleich bleibendem Streitwert darf das Rechtsmittelgericht aus Gründen der Prozessökonomie die von den Instanzgerichten getroffene Festsetzung ändern und eine ggf unterbliebene Streitwertfestsetzung nachholen (vgl BSG vom 5.10.2006 - B 10 LW 5/05 R - BSGE 97, 153, 157 RdNr 23; BSG vom 1.7.2010 - B 11 AL 6/09 R - Juris RdNr 24).

(1) Die Vertreterversammlung beschließt die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers sowie in den übrigen durch Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht vorgesehenen Fällen. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund wird der Beschluss über die Satzung von der Bundesvertreterversammlung nach § 31 Absatz 3b gefasst; der Beschluss wird gemäß § 64 Absatz 4 gefasst, soweit die Satzung Regelungen zu Grundsatz- und Querschnittsaufgaben der Deutschen Rentenversicherung oder zu gemeinsamen Angelegenheiten der Träger der Rentenversicherung trifft. Im Übrigen entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen der durch Wahl der Versicherten und Arbeitgeber der Deutschen Rentenversicherung Bund bestimmten Mitglieder.

(2) Die Vertreterversammlung vertritt den Versicherungsträger gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern. Sie kann in der Satzung oder im Einzelfall bestimmen, dass das Vertretungsrecht gemeinsam durch die Vorsitzenden der Vertreterversammlung ausgeübt wird.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Verwaltungsrat nach § 31 Absatz 3a. Soweit das Sozialgesetzbuch Bestimmungen über die Vertreterversammlung oder deren Vorsitzenden trifft, gelten diese für den Verwaltungsrat oder dessen Vorsitzenden. Dem Verwaltungsrat oder dessen Vorsitzenden obliegen auch die Aufgaben des Vorstandes oder dessen Vorsitzenden nach § 37 Absatz 2, § 38 und nach dem Zweiten Titel.

(4) Soweit das Sozialgesetzbuch Bestimmungen über die Vertreterversammlung oder deren Vorsitzenden trifft, gelten diese für die Bundesvertreterversammlung oder deren Vorsitzenden entsprechend. Für den Beschluss über die Satzung gilt Absatz 1 Satz 2 und 3.

(1) Jeder Versicherungsträger gibt sich eine Satzung. Sie bedarf der Genehmigung der nach den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige zuständigen Behörde.

(2) Die Satzung und sonstiges autonomes Recht sind öffentlich bekannt zu machen. Sie treten, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Die Art der Bekanntmachung wird durch die Satzung geregelt.

(1) Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsträger) sind

1.
die in der Anlage 1 aufgeführten gewerblichen Berufsgenossenschaften,
2.
die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau; bei Durchführung der Aufgaben nach diesem Gesetz und in sonstigen Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung führt sie die Bezeichnung landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft,
3.
die Unfallversicherung Bund und Bahn,
4.
die Unfallkassen der Länder,
5.
die Gemeindeunfallversicherungsverbände und Unfallkassen der Gemeinden,
6.
die Feuerwehr-Unfallkassen,
7.
die gemeinsamen Unfallkassen für den Landes- und den kommunalen Bereich.
Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft nimmt in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung Verbandsaufgaben wahr.

(2) Soweit dieses Gesetz die Unfallversicherungsträger ermächtigt, Satzungen zu erlassen, bedürfen diese der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Ergibt sich nachträglich, daß eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, daß der Unfallversicherungsträger innerhalb einer bestimmten Frist die erforderliche Änderung vornimmt. Kommt der Unfallversicherungsträger der Anordnung nicht innerhalb dieser Frist nach, kann die Aufsichtsbehörde die erforderliche Änderung anstelle des Unfallversicherungsträgers selbst vornehmen.

(3) Für die Unfallversicherung Bund und Bahn gilt Absatz 2 mit der Maßgabe, dass bei der Genehmigung folgender Satzungen das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium der Finanzen erforderlich ist:

1.
Satzungen über die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf Personen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3,
2.
Satzungen über die Obergrenze des Jahresarbeitsverdienstes (§ 85 Abs. 2),
3.
Satzungen über Mehrleistungen (§ 94) und
4.
Satzungen über die Aufwendungen der Unfallversicherung Bund und Bahn (§ 186).

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

(1) Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die nach § 2 versicherten Unternehmer sowie die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 6 Abs. 1 Versicherten sind selbst beitragspflichtig. Für Versicherte nach § 6 Absatz 1 Satz 2 ist die jeweilige Organisation oder der jeweilige Verband beitragspflichtig. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 6 Absatz 1 Satz 3.

(2) Neben den Unternehmern sind beitragspflichtig

1.
die Auftraggeber, soweit sie Zwischenmeistern und Hausgewerbetreibenden zur Zahlung von Entgelt verpflichtet sind,
2.
die Reeder, soweit beim Betrieb von Seeschiffen andere Unternehmer sind oder auf Seeschiffen durch andere ein Unternehmen betrieben wird.
Die in Satz 1 Nr. 1 und 2 Genannten sowie die in § 130 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 genannten Bevollmächtigten haften mit den Unternehmern als Gesamtschuldner.

(3) Für die Beitragshaftung bei der Arbeitnehmerüberlassung gilt § 28e Abs. 2 und 4 des Vierten Buches, für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe gilt § 28e Absatz 3a bis 3f des Vierten Buches und für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers adressierte Pakete befördern, gilt § 28e Absatz 3g des Vierten Buches entsprechend. Der Nachunternehmer oder der von diesem beauftragte Verleiher hat für den Nachweis nach § 28e Absatz 3f des Vierten Buches eine qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Unfallversicherungsträgers vorzulegen; diese enthält insbesondere Angaben über die bei dem Unfallversicherungsträger eingetragenen Unternehmensteile und diesen zugehörigen Lohnsummen des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers sowie die ordnungsgemäße Zahlung der Beiträge.

(4) Bei einem Wechsel der Person des Unternehmers sind der bisherige Unternehmer und sein Nachfolger bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Wechsel angezeigt wurde, zur Zahlung der Beiträge und damit zusammenhängender Leistungen als Gesamtschuldner verpflichtet.

(1) Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Umlage muß den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage sowie des Verwaltungsvermögens nötigen Beträge decken. Darüber hinaus dürfen Beiträge nur zur Zuführung zu den Betriebsmitteln erhoben werden.

(2) Abweichend von Absatz 1 werden die Beiträge für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten (nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten) außerhalb der Umlage erhoben.

(3) Die Satzung kann bestimmen, dass die Aufwendungen für Versicherte, die im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 9 zweite Alternative unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich in der Wohlfahrtspflege tätig sind, außerhalb der Umlage nach Absatz 1 auf die Unternehmen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege umgelegt werden.

(1) Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt, der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen.

(2) Das Arbeitsentgelt der Versicherten wird bis zur Höhe des Höchstjahresarbeitsverdienstes zugrunde gelegt.

(3) Die Satzung kann bestimmen, daß der Beitragsberechnung mindestens das Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestjahresarbeitsverdienstes für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zugrunde gelegt wird. Waren die Versicherten nicht während des ganzen Kalenderjahres oder nicht ganztägig beschäftigt, wird ein entsprechender Teil dieses Betrages zugrunde gelegt.

(4) Soweit Rentenlasten nach § 178 Abs. 2 und 3 gemeinsam getragen werden, bleiben bei der Beitragsberechnung Unternehmen nach § 180 Abs. 2 außer Betracht. Soweit Rentenlasten nach § 178 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 gemeinsam getragen werden, werden sie auf die Unternehmen ausschließlich nach den Arbeitsentgelten der Versicherten in den Unternehmen unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 180 Abs. 1 umgelegt.

(1) Der Beitrag ergibt sich aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß.

(2) Der Beitragsfuß wird durch Division des Umlagesolls durch die Beitragseinheiten (Arbeitsentgelte x Gefahrklassen) berechnet. Beitragseinheiten der Unternehmen nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten werden nicht berücksichtigt; für diese Unternehmen wird der Beitrag nach dem Beitragsfuß des letzten Umlagejahres berechnet.

(3) Die Einzelheiten der Beitragsberechnung bestimmt die Satzung.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.312,40 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten und Berufungsbeklagten festgesetzten Zuschlag zum Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2010.

Die Klägerin betreibt einen Eishockeyclub, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie ist Mitglied der Beklagten.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 25. August 2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach § 159 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nach dem geltenden Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Veranlagung erfolgte zu Gefahrtarifstelle 32 „Sportunternehmen“ (vgl. Teil I Buchstabe A des ab 1. Januar 2010 geltenden Gefahrtarifs). Die Gefahrtarifstelle war in drei Unterpunkte unterteilt:

– 32.1: bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81)

– 32.2: sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04)

– 32.3: übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42)

Zum 1. Januar 2010 trat außerdem eine geänderte Satzung der Beklagten in Kraft, die - insoweit gestützt auf § 162 Abs. 1 SGB VII - in § 28 (in der Fassung des 1. Nachtrages, der durch die damals fusionierenden Berufsgenossenschaften am 12. November bzw. 10. Dezember 2009 beschlossen und durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009 genehmigt wurde) das Beitragszuschlagsverfahren wie folgt neu regelte:

§ 28 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.

(2) Führt der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft er sich hierauf, so hat er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum

Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtige

Zuschlagspflichtig sind nur

2.1 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht sowie

2.2 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe VI bis VII der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen der jeweiligen Gruppe abweicht.

Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle bzw. der Gruppe liegt.

Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag liegt und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung

In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

* für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

3.1 Berechnung der Einzelbelastung Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen.

Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel:

Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

… = Einzelbelastung Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

3.2 Berechnung der Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle (siehe Ziffer 2.1) bzw. der Gruppe VI oder VII (siehe Ziffer 2.2 - im folgenden Gruppe -) addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe des § 3 der Satzung ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der Gruppe im Beitragsjahr x 10.000

… = Durchschnittsbelastung Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe im Beitragsjahr

4. Höhe des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

* 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt,

* 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt und

* 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt.

Für Unternehmen aus Unternehmensarten, deren Belastung im Umlagejahr zu 20 v.H. oder mehr aus Leistungen für Berufskrankheiten besteht, wird der Beitrag um den entsprechenden Anteil der Berufskrankheiten gekürzt (anrechenbarer Beitrag).

Für die Berechnung der Beiträge nach den Ziffern 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Zahlung des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Durchführungsbestimmungen

Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

§ 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten listet, unterteilt in sieben Gruppen, die Unternehmensarten auf, für die die Beklagte sachlich zuständig ist. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu Gruppe III, die mit „Verwaltungen“ überschrieben ist und die auch „Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen sowie selbständige Musikkapellen“ erfasst. Außerdem gehören zu dieser Gruppe u.a. Kirchenverwaltungen, diplomatische Kanzleien, Parteien, Berufs-, soziale und sonstige Verbände sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. „Banken“ bilden eine eigenständige Gruppe (Gruppe I).

Mit Beitragsbescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Gesamtbeitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 383.788,86 Euro mit. Der Gesamtbeitrag setzte sich zusammen aus dem Beitrag zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Höhe von (i.H.v.) 366.248,32 Euro und dem Betrag für Fremdumlagen. Bei der Berechnung des Beitrages zur VBG legte die Beklagte Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 205.055,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 und i.H.v. 1.681.091,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 45,04 zugrunde; bezogen auf die Gefahrklasse 57,81 wurden keine Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.

Aufgrund eines geänderten Entgeltnachweises für das Jahr 2010 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2011 mit weiterem Beitragsbescheid vom 1. Juli 2011 dahingehend ab, dass sie nun bei der Berechnung des Beitrages zur VBG bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 241.882,00 Euro zugrunde legte. Der Beitrag zur VBG erhöhte sich dadurch auf 366.684,45 Euro und der Gesamtbeitrag auf 384.317,96 Euro. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Nach Anhörung setzte die Beklagte außerdem mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 2011 gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag i.H.v. 36.624,81 Euro (Zuschlag von 10%) fest. Dabei berücksichtigte sie die vier Arbeitsunfälle folgender Spieler mit folgenden Daten:

– Sch. (nachfolgend: Sch.), Unfall vom 9. September 2007, Registrierdatum 6. November 2007, Entschädigungsdatum 09/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– K. (nachfolgend: K.), Unfall vom 2. Januar 2007, Registrierdatum 9. Januar 2007, Entschädigungsdatum 05/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– D. (nachfolgend: D.), Unfall vom 28. August 2009, Registrierdatum 2. September 2009, Entschädigungsdatum 11/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– S. (nachfolgend: S.), Unfall vom 12. Januar 2010, Registrierdatum 21. Januar 2010, Belastungstyp Unfall, Belastungspunkte 1,00 Der Beitragszuschlag errechnete sich nach § 162 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28 der Satzung der Beklagten aus dem anrechenbaren Beitrag zur VBG i.H.v. 366.248,13 Euro, Unfallbelastungspunkten von insgesamt 151,00, einer Belastungsziffer der Klägerin von 4,1228, einer Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 und einer Abweichung der Belastungsziffer der Klägerin zur Durchschnittsbelastungsziffer von 348,13%.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zugleich Einsicht in die Akten der dem Beitragszuschlag zugrunde gelegten Unfälle. Über Folgeschäden bzw. Rentenzahlungen an die betroffenen Eishockeyspieler sei der Klägerin nichts bekannt; vielmehr seien die betreffenden Personen auch nach den Unfällen als Eishockeyspieler voll im Einsatz gewesen. Zugleich wurden zahlreiche Bedenken gegen die Beitragszuschläge vorgetragen. Erstens handele es sich bei dem Beitragszuschlag in Wahrheit um ein „der Höhe nach willkürlich festgesetztes Ordnungsgeld als Beugemittel mit dem Anspruch auf künftiges präventives ‚Wohlverhalten'…“. Zweitens seien nach § 162 SGB VII Zuschläge „unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle“ möglich. Die Satzung der Beklagte stelle stattdessen jedoch auf das Beitragsjahr der Feststellung der Unfallrente ab (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 der Satzung). Überdies sei die Satzung nach ihrem § 56 erst am 1. Januar 2010 in Kraft getreten und eine rückwirkende Anwendung auf Unfälle aus den Jahren 2007 bzw. 2009 rechtswidrig. Die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Kosten der festgestellten Renten eine Rolle spielen würden, käme es jedenfalls nur auf die tatsächlich im Beitragsjahr gezahlten Rentenleistungen an. In dem vorliegenden Fall sei außerdem zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen der Profiligen insgesamt um das Dreifache höher liege als die Belastung der Beklagten durch entsprechende Entschädigungsleistungen. Durch die zusätzliche Auferlegung von Beitragszuschlägen gerate das Gesamtgefüge gänzlich außer Verhältnis und stehe jenseits des hier allein anzuwendenden Versicherungsprinzips. Die Zuschlagsbelastung führe bei Profisportunternehmen zu einer endgültigen Erdrosselung unter eklatantem Verstoß gegen das Übermaßverbot. Darüber hinaus würden die sehr hohen Gefahrklassen z.B. bei Sportunternehmen gegenüber Unternehmen mit sehr niedrigen Gefahrklassen (wie z.B. Banken) bei einer gleich hohen Einzelbelastung (gemessen an den Belastungspunkten) dazu führen, dass der Beitragszuschlag bei Sportunternehmen um ein Vielfaches höher ausfalle. Letztlich enthalte die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beseitige all diese Einwendungen nicht.

Mit undatiertem Widerspruchsbescheid, bei der Klägerin am 6. Dezember 2011 eingegangen, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 zurück. Bei der Erhebung des Zuschlages handele es sich gesetzessystematisch um eine Beitragsverpflichtung. Diese sei rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle Unternehmen der Beklagten der gleichen Beitragszuschlagsberechnung unterliegen würden. Ein Vergleich mit anderen Unternehmensarten mit deutlich geringerer Gefahrklasse (z.B. einer Bank) führe zu keinem verwertbaren Ergebnis. Vielmehr spiegle eine höhere Gefahrklasse die größere Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines Unfalls z.B. bei einem Eishockeyspieler gegenüber einem Bankangestellten wider. Darüber hinaus liege keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Eine Begrenzung des Zuschlages erfolge über § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten zu den Arbeitsunfällen bestehe aus Datenschutzgründen nicht. Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden würden sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergeben.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut mit dem Ziel, den Beitragszuschlagsbescheid aufzuheben. Zugleich beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 (S 9 U 338/11 ER) lehnte das SG Landshut den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 27. Juni 2012 (L 2 U 134/12 B ER) zurück.

Im Klageverfahren vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin seine bisherigen Ausführungen. Er bestritt, dass den Sportlern berechtigterweise Unfallrenten zugesprochen worden seien. Die Unfälle seien im Übrigen ausschließlich auf Fremdverschulden zurückzuführen. Dies ergebe sich aus den der Klägerin noch vorliegenden Kopien der Unfallanzeigen. Der Spieler K. sei z.B. von seinem Gegner gecheckt worden. Regelverstöße seien nicht durch die Einwilligung des kampfbetonten Eishockeyspiels gedeckt. Zivilrechtlich bestehe ein Schadensersatzanspruch, wenn nachgewiesen werden könne, dass der Mitspieler schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen habe. Soweit die Satzung die Frage einer überdurchschnittlichen Belastung mit Hilfe eines Vergleichs mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 ermittle, sei dies unrichtig. Der Vergleich habe nur im Verhältnis zu der Gefahrtarifstelle 32.2 erfolgen dürfen. Mit der Sonderregelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 2.2 der Satzung verstoße die Beklagte außerdem insofern gegen das Gleichheitsgebot, als dort die durchschnittliche Belastung nicht innerhalb der jeweiligen Gefahrtarifstelle berechnet werde, sondern innerhalb der Gruppe VI und VII des § 3 der Satzung. Die Satzung der Beklagten berücksichtige nach ihrem Wortlaut nur die Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle, nicht die Höhe der anfallenden Kosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2013 Bezug genommen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 10. Mai 2012 die Rentenbescheide der drei betroffenen Spieler vor und teilte mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2014 die Entschädigungsleistungen im Jahr 2010 mit. Daraus ergeben sich die folgenden weiteren Daten:

– Sch.: Rentenbescheid vom 1. September 2010, Rentenbeginn am 19. April 2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 62.584,23 Euro

– K.: Rentenbescheid vom 28. Mai 2010, Rentenzahlung vom 15. August 2007 bis 31. Dezember 2009 nach einer MdE von 20 v.H. (Zahlbetrag insg.: 17.264,42 Euro; Monatsbetrag zuletzt 618,67 Euro), außerdem Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 1.928,00 Euro

– D.: Rentenbescheid vom 3. November 2010, Rentenbeginn am 3. August 2010 nach einer MdE von 20 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 4.606,44 Euro, Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 59.779,73 Euro

– S.: Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 10.816,89 Euro Außerdem vertiefte die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2013 und vom 14. Februar 2014 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit ihrer Satzung sowie des angefochtenen Beitragszuschlagsbescheides. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17. September 2014 erklärte sich die Beklagte bereit, den Unfall des Spielers D. aus der Berechnung des Beitragszuschlages herauszunehmen. Der Zuschlag reduzierte sich damit auf 27.468,61 Euro.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 (S 9 U 339/11) änderte das SG Landshut den angefochtenen Bescheid der Beklagten dahingehend weiter ab, dass der Unfall des Spielers Sch. vom 9. September 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wodurch sich der Beitragszuschlag halbiere und die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den bereits gezahlten Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,41 Euro zurückzuzahlen. Im Übrigen wies das SG Landshut die Klage ab. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf 36.624,81 Euro fest. Zur Begründung wies die Kammer darauf hin, dass die Satzung der Beklagten zwar der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 162 Abs. 1 SGB VII entspreche und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot oder das Rückwirkungsverbot verstoße. Hierzu nahm die Kammer Bezug auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 10. Dezember 2013 (- S 1 U 74/12 -, Bl. 150 ff. der Akte des BayLSG), welches den Beteiligten bekannt war. Auch sei der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten formell rechtmäßig. Allerdings habe der Unfall des Spielers Sch. nicht berücksichtigt werden dürfen, da es sich nicht um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Soweit die Beklagte die Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. zutreffend mit insgesamt 51 Belastungspunkten berücksichtigt habe, würden sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Unfälle durch das alleinige Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden seien. Denn bei einer Sportart wie dem Eishockey liege eine gegenseitige Einwilligung der Spieler in Handlungen vor, wie sie dem üblichen Spielverlauf entsprechen. Ein Fremdverschulden im Sinne der Satzung der Beklagten könne nur dann vorliegen, wenn Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig in besonders rücksichtsloser Weise handeln. Hierfür ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte; insbesondere sei nicht ersichtlich, dass ein Strafverfahren durchgeführt oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht worden wären.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zum Kriterium der „Schwere“ eines Arbeitsunfalls ist nun vorgetragen worden, dass hierfür nicht die Kosten entscheidend seien, sondern der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der Grad der MdE bzw. die Art der Unfallfolgen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Beitragszuschlagsverfahren anderer Mitgliedsunternehmen bereit erklärt habe, die Bescheide aufzuheben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16. Januar 2015, vom 25. Oktober 2016, vom 24. Februar 2017, vom 19. Juni 2017, vom 2. Oktober 2017 und vom 4. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihrerseits die Berechnung des Beitragszuschlages näher erläutert sowie ihre Rechtsausführungen vertieft. Insbesondere liege es im Gestaltungsermessen der Vertreterversammlung der Beklagten, die Schwere eines Arbeitsunfalls vereinfachend anhand der Kosten, der Zahlung einer Unfallrente sowie des Eintrittes des Todes als schlimmster Unfallfolge zu differenzieren. Die Unterscheidung zwischen den Zuschlagspflichtigen in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass es sich bei dem Gefahrtarif 2010 um einen Fusionsgefahrtarif gehandelt habe, dem die Tarifstellen der Fusionspartner einfach angehängt worden seien. Durch das Abstellen auf die „Gruppe“ habe vermieden werden sollen, dass sich das Ausgleichsverfahren auf Kleinst-Gefahrtarifstellen beziehe. Somit werde nicht Gleiches ungleich behandelt. Ergänzend hat die Beklagte zahlreiche Kopien sozialgerichtlicher Urteile vorgelegt, die sich mit ihrer Satzungsregelung befassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016, vom 21. April 2017, vom 14. September 2017 und vom 1. Dezember 2017 Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge einschließlich der Akten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, am 6. Dezember 2011 bei der Klägerin eingegangen. Insoweit steht noch der hälftige Beitragszuschlag im Streit, nachdem zunächst die Beklagte den Unfall des Spielers D. aus der Zuschlagsberechnung herausgenommen und anschließend das SG Landshut den Beitragszuschlagsbescheid dahingehend abgeändert hat, dass auch der Unfall des Spielers Sch. nicht zu berücksichtigen ist. Berufung wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von der Beklagten eingelegt. Sonstige Fragen, insbesondere zur Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2010, sind nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Soweit der von der Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgesetzte Beitragszuschlag nach der Änderung durch den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 11. Dezember 2014 noch auf 18.312,40 Euro beläuft, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag wurde anhand der Satzungsregelungen, die ihrerseits nicht zu bestanden sind, zutreffend berechnet.

1. Das Beitragsbzw. Beitragszuschlagsverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung basiert - soweit hier relevant - auf folgenden Grundsätzen:

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden grundsätzlich durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, die den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge sowie des Verwaltungsvermögens decken muss (§ 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Veranlagung zu den Gefahrklassen erfolgt nach dem als Satzung anzusehenden Gefahrtarif der jeweiligen Berufsgenossenschaft (§ 159 Abs. 1 SGB VII). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 12). Gemäß § 168 Abs. 1 SGB VII teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (Beitragsbescheid).

Des Weiteren haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle (vgl. § 193 Abs. 1 und 2 SGB VII) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII können auch Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten durch die Satzung ausgenommen werden. Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 13).

Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 725 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Soweit nicht die geringfügigen Änderungen betroffen sind, kann daher weiterhin auf die zu § 725 Abs. 2 RVO ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und unter Benennung dieser Änderungen).

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin (und auch für das vorliegende Verfahren), dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist. Das Verfahren muss Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen. Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken. Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 19 m.w.N.).

In Einklang mit der Rechtsprechung des BSG wird in der Literatur zum Zweck des sog. Beitragsausgleichsverfahrens außerdem darauf hingewiesen, dass dieses auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens ausgerichtet ist. Es geht um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung, die in den Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität, aber auch teilweise mit erheblichem Kostenaufwand betrieben wird. Durch eine finanzielle Be- und Entlastung soll auf eine verstärkte Unfallverhütung und damit insbesondere auf eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes hingewirkt werden (Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 17, 19). Durch das Beitragsausgleichsverfahren wird die individuelle Unfallgefahr des Unternehmens zu einem Faktor der Beitragsberechnung (Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 2; ähnlich Schmidt., in: SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3). Es dient der Förderung der Prävention durch Beitragsanreize (Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 2). Das Einzelverhalten, also Erfolg und Misserfolg der Prävention im eigenen Unternehmen, soll unmittelbar zu finanziellen Vor- oder Nachteilen führen (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 2). Zuschläge und Nachlässe bewirken eine Umverteilung der Beitragsbelastung. Der Eintritt des Versicherungsfalles soll entsprechend § 1 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln vermieden werden. Das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen soll sich in der Beitragshöhe niederschlagen. Die genossenschaftlich haftenden Mitglieder sollen gerechter an dem wirtschaftlichen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben (Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 1, 2). Bigge (in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 1) spricht von einer verursachungsgerechten Heranziehung zu den Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Beklagte der Klägerin für das Beitragsjahr 2010 zu Recht einen im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,40 Euro auferlegt. Das von der Beklagten nach Maßgabe des § 28 ihrer Satzung durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren ist mit der Ermächtigungsnorm vereinbar (hierzu unter a) und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG; hierzu unter b), das Übermaßverbot bzw. den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hierzu unter c), das Rückwirkungsverbot (hierzu unter d) oder sonstiges höherrangiges Recht (hierzu unter e). Relevante Fehler bei der Berechnung des Zuschlages liegen ebenfalls nicht vor (hierzu unter f).

a) Das von der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren richtet sich nach § 28 ihrer ab 1. Januar 2010 geltenden (Fusions-)Satzung in der Fassung des 1. Nachtrages vom 12. November/ 10. Dezember 2009 (genehmigt durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009). Danach werden unter Bezugnahme auf § 162 SGB VII jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Von der Verpflichtung (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) bzw. der Möglichkeit (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII), Versicherungsfälle außer Ansatz zu lassen, hat die Beklagte (abgesehen von der Möglichkeit, Unfälle auf Betriebswegen auszunehmen) Gebrauch gemacht.

U.a. bleiben solche Arbeitsunfälle unberücksichtigt, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Letzteres ist vom Beitragspflichtigen nachzuweisen (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Zuschlagspflichtig ist der Beitragspflichtige, dessen Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der jeweiligen Vergleichsgruppe liegt. Abzustellen ist dabei auf das jeweilige Beitragsjahr (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung). Die Berechnung der Einzelsowie der Durchschnittsbelastung bestimmt sich nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung. Die Höhe des Beitragszuschlages bemisst sich in Prozentpunkten des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages und beträgt - abhängig von der Höhe der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung - 5 v.H., 7,5 v.H. oder höchstens 10 v.H. dieses Beitrages (§ 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung).

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Satzung der Beklagten ist zu beachten, dass es sich hierbei um autonomes Recht handelt (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), das - so auch hier - von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 Satz SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. § 162 SGB VII lässt den Berufsgenossenschaften daher einen weiten Spielraum zur Gestaltung ihres Beitragsausgleichsverfahrens. Auch die Entscheidung, auf welche Weise Zuschläge bzw. Nachlässe im Einzelnen berechnet werden, erfolgt nach § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch: BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 30 und BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 20, letzterer mit näherer Begründung). Ob die Vertreterversammlung in diesem Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden. Die Satzungsregelungen unterliegen der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vielmehr nur im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 18 m.w.N.). Relevant ist insbesondere, ob die Regelungen überhaupt geeignet sind, den mit dem Beitragsausgleichsverfahren verfolgten Zielen zu dienen. Dabei ist nicht auf die speziellen Verhältnisse des klagenden Unternehmens, sondern auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 22).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Grenzen richterlicher Prüfungsbefugnis bewegt sich die Satzung der Beklagten im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft und die damit im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist mithin zulässig (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Auffassung der Klägerin, wonach die Satzung, obwohl sie als Merkmale in § 28 Abs. 1 nur Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle nenne, tatsächlich doch auch auf die Kosten abstelle, trifft nicht zu. Selbst wenn diese Auffassung jedoch zuträfe, würde dies lediglich dazu führen, dass die Satzung tatsächlich alle drei Merkmale des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII für die Berechnung der Höhe des Beitragszuschlages heranziehen würde; sie würde sich auch damit noch innerhalb des Rahmens der Ermächtigungsnorm bewegen.

Tatsächlich jedoch benennt die Satzung der Beklagten in ihrem § 28 Abs. 1 nicht lediglich Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle als Berechnungsgrundlagen, sondern konkretisiert diese Vorgabe in § 28 Abs. 3, der die Details der Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge aufzeigt, konsequent und ermächtigungskonform. Dabei stellt die Satzung der Beklagten ganz vorrangig auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und definiert diesen Begriff typisierend und entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung vereinfachend anhand dreier Merkmale (§ 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung): Erstens unterscheidet sie alle anzuzeigenden Arbeitsunfälle anhand der anfallenden Kosten, wobei ein Unfall mit Kosten über 10.000 Euro als schwer im Sinne der Satzung bewertet wird (Bewertung mit 1 Belastungspunkt). Zweitens differenziert sie danach, ob eine Unfallrente festgestellt worden ist oder nicht; wenn ja, handelt es sich wiederum um einen schweren Unfall, sofern die Kosten mehr als 10.000 Euro betragen. Durch die Bewertung mit nunmehr 50 Belastungspunkten bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass ein entsprechend kostenintensiver Arbeitsunfall, der außerdem zu einer Rentenzahlung führt, deutlich schwerer zu gewichten ist, als ein vergleichbar kostenintensiver Arbeitsunfall ohne Rentenzahlung. Drittens werden mit 100 Belastungspunkten solche Unfälle (nunmehr unabhängig von ggf. nur geringen Kosten) als besonders schwer eingestuft, die zum Tod des Versicherten geführt haben.

Daraus ergibt sich, dass die Aufwendungen für den einzelnen Versicherungsfall nur eine untergeordnete Rolle in dem Sinne spielen, dass sie eine grobe Einteilung in jeweils schwere und weniger schwere Arbeitsunfälle bewirken. Darüber hinaus werden die konkreten Aufwendungen weder erfasst noch spielen sie eine Rolle für die Höhe des Beitragszuschlages oder die Berechnung der Einzelbzw. Durchschnittsbelastung. Eine vergleichende Berechnung der Kosten, die von den einzelnen Versicherungsfällen verursacht wurden, findet nicht statt.

Im Ergebnis erfolgt eine Einteilung aller anzuzeigenden Arbeitsunfälle in vier Fallgruppen mit aufsteigendem Schweregrad: Die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe mit den leichtesten bzw. am wenigsten schweren Unfälle erfüllen zwei verschiedene Sachverhaltskonstellationen. Erstens die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten bis 10.000 Euro und zweitens Arbeitsunfälle (ebenfalls mit Kosten bis 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden jeweils mit Null Punkten bewertet. Die zweite Fallgruppe bilden die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten über 10.000 Euro, die mit 1 Punkt bewertet werden. Zur dritten Fallgruppe gehören Arbeitsunfälle (mit Kosten über 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden mit 50 Punkten bewertet. In die vierte Fallgruppe der schwersten Arbeitsunfälle, die mit 100 Punkten bewertet werden, fallen die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfälle.

Wenn die Beklagte die genannten Merkmale als Maßstäbe für die Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls zugrunde legt, so ist dies nicht zu beanstanden. Eine einheitliche, ggf. gar verbindliche Festlegung, wonach die Schwere eines Arbeitsunfalles zu bemessen wäre, existiert nicht. Insbesondere ergeben sich keine Vorgaben aus der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Denkbar sind hier zweifellos zahlreiche Kriterien. Dem Bevollmächtigten der Klägerin kann daher zugestimmt werden, wenn er darauf hinweist, dass Kriterien wie der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der MdE und/ oder die Art der Unfallfolgen herangezogen werden könnten. Nicht zuzustimmen ist dem Bevollmächtigten jedoch darin, dass die Kosten überhaupt kein geeignetes Kriterium sein können. Überdies zeigen seine Darlegungen lediglich auf, dass auch andere Beurteilungsmaßstäbe möglich wären; eine Rechtswidrigkeit der Satzungsregelung ergibt sich daraus nicht.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Regelung insoweit am zweckmäßigsten, vernünftigsten und gerechtesten wäre. Diese Festlegung obliegt vielmehr der Beklagten; hierzu gehört es auch, sachgerechte Qualifizierungs- und Quantifizierungsmerkmale für die Schwere eines Arbeitsunfalls zu finden. Vorliegend sind die von der Satzung vorgesehenen Merkmale nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für das Merkmal der Kosten (hier bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr), welches durchaus geeignet ist, die Schwere eines Arbeitsunfalles typisierend zu erfassen. Denn erhebliche Verletzungen mit aufwendigem und/ oder langandauerndem Behandlungsbedarf und ggf. längerer Arbeitsunfähigkeit oder sogar eintretenden Dauerfolgen gehen regelmäßig mit höheren Kosten einher. So sind z.B. mit stationären Krankenhausaufenthalten regelmäßig höhere Kosten verbunden als mit ambulanten Behandlungen, langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten führen zusätzlich zu entsprechenden Ansprüchen auf Zahlung von Verletztengeld und die Höhe einer ggf. zu zahlenden Rente bemisst sich u.a. nach der Höhe der MdE. Die angefallenen Kosten stellen schließlich ein Merkmal dar, welches sich relativ einfach feststellen lässt - ein Umstand, dem im Rahmen einer Massenverwaltung ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht beigemessen werden kann.

Die Satzung der Beklagten trifft außerdem eine Unterscheidung zwischen Unfällen, die keine Rente nach sich ziehen und daher (abgesehen von Todesfällen) nur einmal - nämlich bei der Meldung - zu berücksichtigen sind, sowie Unfällen, die eine Rente nach sich ziehen und damit - bei der Feststellung der Rente - ein weiteres Mal zu berücksichtigen sind. Da die Feststellung einer Unfallrente regelmäßig voraussetzt, dass beim Versicherten länger andauernde gesundheitliche Unfallfolgen vorliegen, spricht auch dieser Umstand typisierend für einen erhöhten Schweregrad des Arbeitsunfalls. Zweifellos kann schließlich ein Unfall mit Todesfolge beanstandungsfrei im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls eingestuft werden - dies auch unabhängig von den anfallenden Kosten, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können. Die Beklagte stellt damit indirekt durchaus auf solche Umstände ab, die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgeschlagen worden sind, insbesondere den Grad der Verletzungen bzw. die Art der Unfallfolgen. Während es der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch offen lässt, wie diese Umstände gemessen werden könnten, hat die Beklagte hierauf mit ihrer Satzungsregelung eine Antwort gegeben.

Durch die Gerichte ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung solche Unfälle als (besonders) schwer ansieht, die erstens eine bestimmte Kostengrenze überschreiten, zweitens eine Unfallrente nach sich ziehen oder drittens sogar zum Tod des Versicherten führen. Die Beklagte muss bei der Auswahl der Merkmale, die sie zur Bestimmung der Schwere eines Arbeitsunfalls heranzieht, auch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung berücksichtigen. Sie muss daher darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind. Dabei können nicht alle Besonderheiten eines jeden Einzelfalles Berücksichtigung finden. Zugleich müssen die Merkmale mit einem möglichst hohen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Der Grad der Verletzung bzw. die Art der Unfallfolgen können vor diesem Hintergrund nur insoweit eine Bedeutung erlangen, als sie mit messbaren und leicht feststellbaren Kriterien konkretisiert werden. Grundsätzlich weniger geeignet erscheint ein Abstellen auf die Dauer der Heilbehandlung, da sich diese unter Umständen über Jahre und Jahrzehnte, ggf. sogar lebenslang erstrecken kann.

Die Berechnung des Beitragszuschlages unter Zugrundelegung eines Punktesystems, welches die dem Grunde nach in der jeweiligen Kategorie als schwer eingestuften Arbeitsunfälle (hohe Kosten im Beitragsjahr, Unfallrente mit zugleich hohen Kosten im Beitragsjahr bzw. Todesfall) nochmals hinsichtlich ihres jeweiligen Schweregrades gewichtet, ist ebenfalls von dem weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt; konkrete Vorgaben hierzu enthält die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII nicht. Gleiches gilt für die Differenzierung nach den anfallenden Kosten bis 10.000 Euro bzw. über 10.000 Euro. Insoweit muss der Beklagten als Satzungsgeber - vergleichbar einem Gesetzgeber - insbesondere auch zugestanden werden, die von ihr ursprünglich prognostizierten Auswirkungen ihrer Satzungsregelungen im Rahmen ihrer tatsächlichen Anwendung zu beobachten und dahingehend zu überprüfen, ob die gewünschten Anreizwirkungen bei den Mitgliedsunternehmen eintreten und unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Ggf. kann sie dann in den Folgejahren durch eine Änderung ihrer Satzung bzw. der darin enthaltenen Abgrenzungskriterien gegensteuern.

Dafür, dass es hier gegenüber den Mitgliedsunternehmen im Allgemeinen oder der Klägerin im Besonderen zu irgendwelchen untragbaren Auswirkungen gekommen wäre, ist nichts ersichtlich. Hierfür genügt es nicht, dass ggf. bereits - wie hier - ein Unfall mit Zahlung einer Unfallrente ausreicht, um einen Beitragszuschlag zu bewirken. Ab wann ein Beitragszuschlag faktisch wegen der Abweichung von der Durchschnittsbelastung eingreift, ist nicht zuletzt abhängig von der Struktur und dem Unfallrisiko der jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Unfallversicherungsträgers. Dabei widerspricht es keinesfalls dem Willen des Gesetzgebers, wenn eine Belastung des Unternehmens bereits bei einem einzigen Arbeitsunfall eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22). Da Ausgangspunkt der Auferlegung eines Beitragszuschlages hier eine entsprechend hohe Abweichung der Belastung des einzelnen Unternehmens von der Durchschnittsbelastung ist, kann ein Beitragszuschlag ohnehin nur dann eingreifen, wenn bereits durch diesen einen Unfall eine derartige Abweichung erreicht wird. Aufgrund der von der Satzung der Beklagten vorgegebenen Staffelung mittels eines Punktesystems mit Null, 1, 50 und 100 Punkten wird dies hier voraussichtlich erst bei einem einzigen Unfall mit festgestellter Rente oder mit Todesfolge der Fall sein. Die Staffelung durch das Punktesystem wird zudem im Ergebnis abgemildert durch die Deckelung des Zuschlages auf maximal 10 v.H. des Beitrages.

Es wird schließlich auch jeder anzuzeigende Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 SGB VII) für das Beitragszuschlagsverfahren im Sinne von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berücksichtigt. Berücksichtigen bedeutet seinem Wortsinn nach nicht mehr als zur Kenntnis nehmen (dudenonline: bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten, nicht übergehen, in seine Überlegungen einbeziehen). Eine bestimmte Konsequenz wird danach nicht vorausgesetzt. Dass sich ein Unfall ggf. mit dem Punktwert „Null“ auf die Höhe des Beitragszuschlags (nicht) auswirkt, bedeutet nicht, dass er nicht berücksichtigt wird. Die fehlende Auswirkung auf den Beitragszuschlag ist lediglich das konsequente Ergebnis der unterschiedlichen Gewichtung der Unfälle entsprechend ihrem jeweiligen Schweregrad und entspricht der ermächtigungskonformen Intention der Beklagten, vorrangig auf die Schwere eines Unfalls abzustellen. Diese Gewichtung wirkt sich dann - wie in § 162 Abs. 1 SGB VII vorgesehen - auf die Höhe des Beitragszuschlages aus. Schließlich fordert § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII auch bezüglich der Zahl der Versicherungsfälle keine spezifische Berücksichtigung dieses Merkmals. Die Ermächtigungsnorm verlangt nicht, dass jeder Unfall mit einer gleichen oder zumindest einer bestimmten Wertigkeit zu berücksichtigen ist.

Die Satzung der Beklagten zielt erkennbar darauf, durch das Beitragszuschlagsverfahren Anreize für eine gute Präventionsarbeit zu schaffen. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schwere Arbeitsunfälle; insbesondere die mit Feststellung einer Rente oder mit Todesfolge. Ist die Regelung somit - wie dargelegt - sachlich begründet, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 1 BvL 13/96 -, BVerfGE 106, 201 und juris Rn. 16). Soweit die Unternehmer durch das Beitragszuschlagsverfahren angeregt werden sollen, insbesondere schwere Unfälle zu vermeiden, bedeutet dies aber nicht, dass der Unternehmer jeden Unfall, der zu einem Zuschlag führt, auch tatsächlich verhindern kann bzw. verhindern können muss.

Der von der Beklagten gewählte Bewertungsmaßstab ist danach insgesamt nicht zu beanstanden und kann nicht durch einen anderen Bewertungsmaßstab, den ggf. das Gericht oder die Klägerin für sinnvoller oder zweckmäßiger halten, ersetzt werden.

bb) Die Satzung der Beklagten verstößt darüber hinaus nicht deshalb gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, weil sie lediglich die Auferlegung von Zuschlägen, nicht jedoch auch die Bewilligung von Nachlässen vorsieht. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren bzw. reine Nachlassverfahren zulässig sind. Die Zulässigkeit eines reinen Zuschlagsverfahrens steht außerdem mit dem Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens sowie mit dem Willen des Gesetzgebers, dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, in Einklang (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris, die dagegen eingelegte Revision wurde vom BSG mit Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 21/11 R - als unzulässig verworfen; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 2. März 2010 - L 14 U 83/08 -, juris, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -, juris, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2005 - L 2 U 39/04 -, juris; von der Zulässigkeit eines Zuschlagsverfahrens ging offenbar auch das BSG aus in: Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 20 m.w.N. und Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris; vgl. aus der Literatur: Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand: Juli 2017, § 162 SGB VII Rn. 8; Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 29, 35; Bigge, in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 14; Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 3, 16; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 5.1 und 5.3; Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 7 f.; Brandenburg/ K. Palsherm, jurisPraxisKommentar, SGB VII, 2. Auflage 2014, § 162 Rn. 17 ff., 47; Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 18 ff.). Dem schließt sich auch der Senat an.

b) Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Einzelbelastung des einzelnen Zuschlagspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmer der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.).

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 122 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Grundsätzlich ist der Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG kann dabei nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.).

cc) Der Bevollmächtigte der Klägerin macht insbesondere eine Ungleichbehandlung geltend, soweit die Durchschnittsbelastung im Beitragsjahr 2010 für Beitragspflichtige nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3, Unterziffer 3.2 aus den verschiedenen Gruppen des § 3 (Abs. 1) der Satzung unterschiedlich berechnet wurde (hierzu unter (1)). Darüber hinaus hätte der Vergleich nur im Verhältnis der Klägerin zu den anderen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32.2 „Sonstige bezahlte Sportler“ erfolgen dürfen (hierzu unter (2)).

(1) Der Bevollmächtigte der Kläger beanstandet, dass die Satzung der Beklagten nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 (i.V.m. Ziffer 3, Unterziffer 3.2) die Zuschlagspflichtigen danach unterscheidet, ob sie - wie die Klägerin - zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe I bis V der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternahmen der jeweils gleichen Tarifstelle des Gefahrtarifs abgestellt wird) oder ob sie zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe VI bis VII der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternehmen der jeweiligen Gruppe abgestellt wird).

Einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unterscheidet folgende Gruppen:

– I. Banken

– II. Versicherungen

– III. Verwaltungen

– IV. Freie Berufe

– V. Besondere Unternehmen

– VI. Unternehmen der keramischen und Glas-Industrie

– VII. Unternehmen der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Die in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung der Beklagten geregelte Differenzierung zwischen den Gruppen I bis V einerseits und VI bis VII andererseits ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die ab 1. Januar 2010 geltende Satzung der Beklagten eine Fusionssatzung darstellte; auch der zeitgleich geltende Gefahrtarif war ein Fusionsgefahrtarif. Anfang 2009 hatten die Beklagte und die Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie fusioniert, zum 1. Januar 2010 folgte die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN). Die (Fusions-)Satzung der Beklagten musste daher etwaige Unterschiede in der Struktur der Unternehmen sowie der Tarifstellen berücksichtigen. Der Gefahrtarif 2010 bestand aus über 60 Tarifstellen. Durch die Differenzierung sollte vermieden werden, dass sich das Beitragszuschlagsverfahren auf eine (zu) kleine Tarifstelle bezieht (so bereits: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Sitzung des 3. Hauptausschusses der Beklagten vom 10. November 2009 Seite 3 unten bis Seite 4 oben, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 64 ff. der Akte des BayLSG).

Vorliegend ist außerdem zu beachten, dass die Klägerin eher davon profitiert, dass ihre Eigenbelastung lediglich im Vergleich zu anderen Sportunternehmen beurteilt wird. Würde man sie demgegenüber mit allen Unternehmen aus § 3 Abs. 1 Gruppe III der Satzung (zu der die Klägerin gehört) vergleichen, so stünde zu erwarten, dass Sportunternehmen wie die Klägerin regelmäßig von Beitragszuschlägen betroffen wären, während die übrigen Unternehmen dieser Gruppe hiervon nicht betroffen wären. Denn die Unfallgefahr allgemein, aber auch die Gefahr schwerer Unfälle, ist in einem Sportunternehmen generell deutlich höher, als in den sonstigen Betrieben der Gruppe III, die überwiegend der allgemeinen Verwaltung zuzurechnen sind. Dies wird nicht zuletzt anhand der unterschiedlich hohen Gefahrklassen deutlich, die die jeweilige Unfallgefahr widerspiegeln. Somit ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerade geboten, dass die Beklagte als Vergleichsmaßstab solche Unternehmen heranzieht, die nach ihrer Unfallgefahr mit der Klägerin vergleichbar sind, nicht aber zusätzlich solche, die insbesondere aufgrund ihrer typischerweise deutlich geringeren Unfallgefahr gerade nicht vergleichbar sind. In welcher Weise sich die Regelung darüber hinaus benachteiligend gegenüber der Klägerin oder gegenüber Sportunternehmen allgemeinen auswirken könnte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Regelung lässt sich daher nicht feststellen. Im Übrigen enthält die Satzung der Beklagten die von der Klägerin angegriffene Differenzierung bereits seit 2012 nicht mehr. Dies bestätigt, dass die getroffene Differenzierung lediglich für eine kurze Übergangszeit aufgrund der Sondersituation nach den Fusionen notwendig gewesen ist, um den Übergang auf eine einheitliche Satzungsregelung für die neu hinzugekommenen Mitgliedsunternehmen zu erleichtern.

(2) Soweit die Klägerin zweitens meint, sie dürfe nicht mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 verglichen werden, sondern lediglich mit denen der Untergruppierung 32.2, ergibt sich dies aus § 28 der Satzung der Beklagten nicht. Denn die Satzung stellt nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 für Beitragspflichtige, die wie die Klägerin zur Gruppe I bis V nach § 3 (Abs. 1) der Satzung gehören, auf die Tarifstelle ab. Dies ist für die Klägerin die Tarifstelle 32 nach dem Gefahrtarif 2010. Diese Tarifstelle ist lediglich im Hinblick auf eine weitere Differenzierung bei den Gefahrklassen in drei Untertitel mit drei unterschiedlichen Gefahrklassen aufgeteilt. Wenn die Beklagte diese weitere Unterteilung, die im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungsrisiken sowie eine konkretere Zuordnung der einzelnen Beschäftigten/ Versicherten bzw. ihrer Arbeitsentgelte gebildet worden ist, bei der Berechnung des Beitragszuschlages nicht berücksichtigt, steht dies mit dem Wortlaut ihrer Satzung im Einklang. Es steht überdies im Einklang mit der Regelung im Gefahrtarif, wonach jedes Unternehmen, das nach Gefahrtarifstelle 32 veranlagt ist, zu allen Unterpunkten veranlagt wird (Teil II Ziffer 1. (2) des Gefahrtarifs für das Jahr 2010). Ein Vergleich ausschließlich mit Unternehmen der Untergruppierung 32.2 wäre daher aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich. Insoweit ist anzumerken, dass die Beklagte bei der Berechnung des Beitrages der Klägerin für das Jahr 2010 ebenfalls sowohl Arbeitsentgelte für „sonstige bezahlte Sportler“ als auch für „übrige Versicherte“ mit den jeweiligen Gefahrklassen der Unterpunkte 32.2 und 32.3 berücksichtigt hat.

Dass die Beklagte hier aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere bzw. die von der Klägerin vorgetragene Differenzierung hätte vornehmen müssen, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann es gerechtfertigt sein, die dem Beitragszuschlag zugrunde liegende vergleichende Betrachtung der Versicherungsfälle jeweils nur auf solche Mitgliedsunternehmen zu erstrecken, die insbesondere nach ihrer jeweiligen Struktur und ihrem jeweiligen Unfallrisiko vergleichbar sind. Diesem Erfordernis ist vorliegend aber ausreichend Rechnung getragen. Denn Sportunternehmen unterscheiden sich weder nach ihrer Struktur noch nach ihrem Unfallrisiko derart, dass eine getrennte Betrachtung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend zu fordern wäre. Zum einen findet in der Regel ohnehin eine Veranlagung zu allen oder jedenfalls mehreren Unterpunkten der Tarifstelle 32 statt. Insoweit sind durchaus Sportunternehmen denkbar, die zu allen drei Unterpunkten veranlagt werden, weil sie sowohl bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81) beschäftigen als auch sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04) sowie übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42). Zum anderen stehen die Gefahrklassen betreffend die sonstigen bezahlten Sportlern einerseits und die Sportler der genannten Fußballligen nicht derart außer Verhältnis, dass eine gemeinsame Betrachtung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Hierbei ist auch das Anliegen der Beklagten zu beachten, keine zu kleinen Vergleichsgruppen zu bilden. Überdies hat das BSG bereits entschieden, dass auch eine Berechnung der Durchschnittsbelastung auf Grundlage der Unfallbelastung aller Unternehmen und nicht nur der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG verlangt somit gerade nicht, jeweils nur diejenigen Unternehmen zu vergleichen, die der exakt gleichen Gefahrtarifstelle bzw. der gleichen Gefahrklasse zugeordnet sind, oder eine andere besonders kleinteilige Vergleichsgruppe zu wählen. Konkrete Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

(3) Das BSG hat schließlich bereits entschieden, dass es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass die Satzung der Beklagten die Auferlegung von Beitragszuschlägen und die Gewährung von Beitragsnachlässen als Vomhundertsatz des Normalbeitrages vorsieht, der auch anteilige Kosten für Wegeunfälle enthält, die nach § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Auferlegung von Zuschlägen außer Betracht bleiben. Auch soweit Unternehmen mit höheren Löhnen dadurch, dass Zuschläge bzw. Nachlässe in Vomhundertsätzen des Normalbeitrages berechnet werden, gegenüber Unternehmen mit niedrigeren Löhnen stärker belastet werden, ist diese Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Beitragszuschläge durch den Zweck der Unfallverhütung gerechtfertigt und damit nicht sachwidrig. Denn bei betragsmäßig fixierten Beitragszuschlägen bzw. -nachlässen wäre der Präventionszweck zumindest bei größeren Unternehmen nicht gewährleistet, weil der Höhe eines solchen einheitlichen Beitragszuschlages im Hinblick auf die Existenzsicherung kleiner Unternehmen enge Grenzen gesetzt wären (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35).

dd) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin schließlich meint, die Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Verfahren anderer Mitgliedsunternehmen gegen deren Beitragszuschlagsbescheide bereit erklärt habe, diese Bescheide aufzuheben, so kann diesem Argument nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Gericht nicht bekannt ist, aus welchen Gründen die Aufhebung dieser Bescheide erfolgt ist, kommt es hierauf nicht an. Denn eine Selbstbindung der Beklagten ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Überdies darf angemerkt werden, dass sich die Beklagte auch gegenüber der Klägerin bereit erklärt hatte, ihren Bescheid zumindest teilweise aufzuheben (soweit sich dieser auf den Unfall des Spielers D. bezogen hatte). Dass dies keine vollständige Aufhebung des Beitragszuschlagsbescheides zur Folge hatte, ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass vorliegend ursprünglich vier Arbeitsunfälle die Grundlage für den erhobenen Beitragszuschlag bildeten.

c) Mit der Rechtsprechung des BSG ist darüber hinaus eine Verletzung des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen. Die Klägerin trägt hierzu insbesondere vor, dass die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr vorsehe bzw. sich diese nicht mehr prozentual an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen orientiere. Diesem Einwand folgt der Senat jedoch nicht. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung der Beklagten sieht weiterhin eine Begrenzung des Beitragszuschlags vor. Diese Begrenzung bewegt sich innerhalb des dem Satzungsgeber der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und berücksichtigt die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

aa) Zunächst verlangt die Rechtsprechung des BSG, dass Zuschläge von wirtschaftlichem Gewicht vorgesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Das Übermaßverbot wiederum verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 26 m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das BSG bereits entschieden, dass selbst ein auferlegter Zuschlag, der erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung berücksichtigten Versicherungsfälle, nicht zu beanstanden ist. Denn erstens kann im Hinblick auf die gebotene typisierende Betrachtung aus der individuellen Situation des klagenden Unternehmens keine generelle Bewertung der Satzungsregelungen abgeleitet werden. Zweitens wird eine Existenzbedrohung, die ggf. eine weitergehende Prüfung rechtfertigen könnte, in der Regel nicht vorliegen. Drittens fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand der Berufsgenossenschaft für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen und dem Anteil des betreffenden beitragspflichtigen Unternehmers an der gesamten Unfalllast. Dieser Kostenaufwand findet vielmehr bereits Berücksichtigung bei der Aufstellung des Gefahrtarifs, der sich wie ein Belastungstarif auswirkt, und in der Veranlagung der Unternehmen zu einer bestimmten Gefahrklasse. Darüber hinaus hat der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Raum. Ergänzend ist viertens darauf hinzuweisen, dass der Beitragszuschlag nicht die tatsächliche Mehrbelastung des Beitragspflichtigen widerspiegelt (vgl. § 167 Abs. 1 SGB VII). Zudem sinkt der von dem betroffenen Unternehmen zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch, dass sich der auferlegte Beitragszuschlag diesbezüglich mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 27 f. m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 33 f.).

Auch daraus, dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, kann nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot der entsprechenden Satzungsregelung geschlossen werden. Denn Arbeitsunfälle sind in kleineren Unternehmen statistisch seltene Ereignisse, sodass sich ein Ausgleich im Laufe der Jahre vollzieht, weil in den meisten Jahren kein Beitragszuschlag zu leisten sein wird. Die Belastung des Unternehmens bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22).

Schließlich hat das BSG ausgeführt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze für Beitragszuschläge nicht vorsieht. Es liegt im Ermessen der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft, hier Grenzen nach oben bzw. unten zu regeln. Die Grenzen lassen sich nicht einheitlich fixieren, weil sie wesentlich von den berufsgenossenschaftlichen Mitgliederstrukturen bestimmt sind. Offen gelassen hat das BSG bislang, ob sich Höchstgrenzen für Zuschläge aus dem Versicherungsprinzip ableiten lassen, weil Anhaltspunkte für die Überschreitung einer solchen Obergrenze bei einem Beitragszuschlag von höchstens 30% jedenfalls noch nicht gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 30 zu einem Höchstzuschlag von 30% und m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 24; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, denen sich der Senat anschließt, genügen die Satzungsregelungen der Beklagten. Verletzungen des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus anderen Gründen sind nicht ersichtlich.

(1) Nach der Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach vorzusehen. Denn eine solche Begrenzung findet hier weiterhin statt - wenn auch im Vergleich zu der bis Ende 2009 geltenden Regelung in etwas veränderter Form. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung sieht für das Beitragsjahr 2010 eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach auf maximal 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages vor. Ein Beitragszuschlag bis zu dieser Höhe hätte aber bereits nach der für das Beitragsjahr 2009 geltenden Vorgängerregelung in § 28 Abs. 2 der damaligen Fassung der Satzung festgesetzt werden können. Denn der Beitragszuschlag betrug danach damals 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten ist, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) für alle Fälle, in denen im gleichen Zeitraum für Versicherte im Unternehmen des Beitragspflichtigen eine neue Unfallrente festgestellt worden ist.

Erwägungen dafür, dass sich die Begrenzung des Beitragszuschlages nicht bzw. nicht allein an der Höhe des Beitrages orientieren dürfte, sondern (ggf. zusätzlich) im Sinne eines prozentualen Anteiles an den tatsächlichen Aufwendungen erfolgen müsste, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine prozentuale Deckelung des Beitragszuschlages auf der Grundlage des gezahlten Beitrages durchaus geeignet, einen Beitragszuschlag von wirtschaftlichem Gewicht jeweils in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedsunternehmens festzusetzen. Denn die Beitragshöhe richtet sich u.a. nach den vom Mitgliedsunternehmen gezahlten Arbeitsentgelten, diese wiederum sind ein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um das Ziel der Auferlegung von Zuschlägen von wirtschaftlichem Gewicht für alle Mitgliedsunternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gleichermaßen zu erreichen, dürfte die Anknüpfung an den Beitrag sogar besser geeignet sein, als die Anknüpfung an die tatsächlichen Aufwendungen für den jeweiligen Versicherungsfall (in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25). Letztlich obliegt die Entscheidung über die konkrete Regelung jedoch der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie.

(2) Unbedenklich sind die Vorschriften der Satzung auch im Hinblick auf die Abhängigkeit des Zuschlags von der Eigenunfallbelastung des Einzelunternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsunfallbelastung aller Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23).

Aufgrund der Begrenzung des Beitragszuschlages wirkt sich die Einzelbelastung des betroffenen Unternehmens nach dem für das Beitragsjahr 2010 geltenden Beitragsausgleichsverfahren der Beklagten unter Umständen - so auch hier - nicht voll aus. Obwohl die im Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 ursprünglich zugrunde gelegte Einzelbelastung der Klägerin mit 348,13% deutlich über der Durchschnittsbelastung der maßgeblichen Gefahrtarifstelle gelegen hatte, ist diese überdurchschnittliche Belastung nur solange für die Höhe des Beitragszuschlages relevant, bis sie die Durchschnittsbelastung um mehr als 200% überschritten hat. Ab dieser prozentualen Überschreitung greift der maximale Beitragszuschlag in Höhe von 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages. Hierdurch wird dem Übermaßverbot nach der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen.

(3) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach eine verfassungswidrige Erdrosselungswirkung der Satzungsregelungen behauptet, verzichtet er ausdrücklich darauf, hierzu substantiiert vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung des Beitragszuschlages im Falle der Klägerin ergeben sich für den Senat nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Beitragszuschlag auf maximal 10 v.H. des Beitrages begrenzt ist und im Fall der Klägerin noch 5 v.H. beträgt, kann eine erdrosselnde Wirkung sogar ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Senat den Vortrag der Klägerin, die Gefahrklassen für Sportunternehmen (und deren angeblich explosionsartiger Anstieg) führten bereits grundsätzlich zu einem überhöhten Beitrag, als zutreffend unterstellt. Denn besteht eine Leistungsfähigkeit für den (notwendig) hohen Beitrag, kann in einem höchstens 10-prozentigen Zuschlag ohne konkrete weitere Anhaltspunkte grundsätzlich keine erdrosselnde Wirkung erkannt werden. Der Verweis auf den bereits gezahlten Beitrag ist unabhängig von dessen Höhe auch deshalb unbehelflich, weil der Gesetzgeber das Beitragsausgleichsverfahren in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als zusätzliches Instrumentarium verpflichtend vorgegeben hat, ohne Ausnahmen zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Schließlich ist vorliegend weder die Veranlagung zum Gefahrtarif 2010 noch die Höhe der Gefahrklassen streitgegenständlich, so dass es auf dieses Argument, welches sich im Ergebnis weniger gegen die Höhe des Beitragszuschlages als vielmehr gegen die Höhe des eigentlichen Beitrages richtet, ohnehin nicht entscheidungserheblich ankommen kann. Andererseits hat der Bevollmächtigte der Klägerin selbst zu bedenken gegeben, dass nach der früheren Satzung Zuschläge für Sportunternehmen in so maßvoller Höhe ausgefallen seien, dass mit ihnen eine „Disziplinierung“ der Unternehmen kaum zu erreichen gewesen sei. Er bestätigt damit eine etwaige Ungeeignetheit der früheren Regelung, Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15); hierauf hat die Beklagte mit der hier maßgeblichen Neuregelung reagiert.

(4) Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin sieht sich der Senat außerdem veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Aufwendungen der Beklagten selbstverständlich nicht ausschließlich über Beitragszuschläge abgedeckt werden. Vielmehr fließen die weit überwiegenden Aufwendungen in die Berechnung des „normalen“ Beitragsanteils zur VBG (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ein. Hier sind insbesondere die Aufwendungen für solche Versicherungsfälle zu nennen, die kraft Gesetz (sog. Wegeunfälle) bzw. Satzung (nicht anzuzeigende Versicherungsfälle, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt oder auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen, Berufskrankheiten) für den Beitragszuschlag außer Betracht bleiben. Überdies fließen auch die Aufwendungen für diejenigen Arbeitsunfälle, die von der Beklagten nach § 28 ihrer Satzung für den Beitragszuschlag berücksichtigt werden, weder unmittelbar in die Berechnung des Zuschlages ein noch werden die gesamten Kosten des Arbeitsunfalls vom Unternehmer geltend gemacht. Denn Aufwendungen für einen Arbeitsunfall, insbesondere für die hier in Rede stehenden schweren Arbeitsunfälle, fallen typischerweise nicht lediglich in dem Jahr an, in dem der Beitragszuschlag erhoben wird, sondern auch in weiteren Jahren. Dies gilt insbesondere für Leistungen wie Heilbehandlung und Verletztenrente, kommt aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Leistungen in Betracht.

d) Schließlich liegt keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 41 m.w.N.).

Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen:

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände (bzw. abgeschlossene Sachverhalte) eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt z.B. zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (hierzu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 95 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 42 f. m.w.N.). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, BVerfGE 135, 1 und juris Rn. 64)

bb) Der Fall einer Rückwirkung liegt hier gar nicht vor. Die hier maßgebliche Fassung der Satzung der Beklagten wurde im November/ Dezember 2009 beschlossen sowie durch das Bundesversicherungsamt genehmigt; sie ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Der angefochtene Beitragsbescheid datiert vom 23. August 2011. Er bezieht sich - soweit noch streitgegenständlich - auf Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. aus den Jahren 2007 und 2010, wobei maßgeblich für den Beitragszuschlag ausschließlich Umstände sind, die erst im Jahr 2010 eingetreten sind.

Hinsichtlich des Spielers S. ist entscheidend, dass dessen Arbeitsunfall vom 12. Januar 2010 bei der Beklagten am 21. Januar 2010 bekannt geworden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers K. ist zwar bereits am 2. Januar 2007 geschehen, maßgeblich für den Beitragszuschlag ist hier aber der Umstand, dass im Jahr 2010 eine Rente festgestellt und bezahlt worden ist. Konkret erfolgte die Feststellung der Unfallrente mit Bescheid vom 28. Mai 2010. Dieser Bescheid beruht auf einem ebenfalls erst am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Zu all diesen Zeitpunkten war bereits die geänderte Fassung des § 28 der Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung der Beiträge sowie auf Zahlung des Beitragszuschlages für das Jahr 2010 sind ebenfalls nicht vor dem 1. Januar 2010 entstanden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die zur Aufgabenerfüllung benötigten Finanzmittel im Wege einer Umlage aufgebracht. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, in der Weise festgesetzt, dass der Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge gedeckt wird (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Mit dieser Art der Mittelaufbringung müssen Rechtsansprüche auf Leistungen, die in der Vergangenheit, unter Umständen schon vor Jahrzehnten, entstanden sind, aktuell und in Zukunft erfüllt werden (BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 9/06 R -, juris Rn. 10). Im Beitragsbescheid, der mithin erst im Jahr nach der Entstehung der Beitragsansprüche erlassen werden kann, teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (§ 168 Abs. 1 SGB VII). Die danach geschuldeten Beiträge werden nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist.

Danach ist für den vorliegenden Fall festzustellen, dass im Jahr der Entstehung der Beitragsansprüche (2010) dieselbe Satzungsregelung galt, die bei der Festsetzung sowohl des Beitrages als auch des streitgegenständlichen Beitragszuschlages im Jahr 2011 zur Anwendung gekommen ist (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 8/2 RU 33/70 -, SozR Nr. 4 zu § 725 RVO und juris, insb. Rn. 24).

cc) Selbst wenn man bezogen auf den Arbeitsunfall des Spielers K. davon ausgeht, dass eine Rückwirkung vorliegt, weil der Unfall bereits im Jahr 2007 eingetreten ist, handelt es sich zumindest um einen Fall der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Denn es lag jedenfalls ein Sachverhalt vor, der Anfang 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, da die Unfallrente des Spielers K. erst innerhalb des Jahres 2010 festgestellt worden ist.

Hieran knüpft § 28 der Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 insoweit eine Rechtsänderung, als der Unfall des Spielers K. zwar auch nach der früheren Satzungsregelung bei der Berechnung eines Beitragszuschlages für das Jahr 2010 zu berücksichtigen gewesen wäre, da im Beitragsjahr 2010 eine neue Unfallrente festgestellt wurde (vgl. § 28 Abs. 1 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), sich nun aber die Berechnungsgrundsätze geändert haben. Da die vor 2010 geltende Satzungsregelung eine Begrenzung des Zuschlages auf 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) vorgesehen hat (vgl. § 28 Abs. 2 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), macht die Klägerin geltend, dass sich ihre finanzielle Belastung durch den Beitragszuschlag, der zuvor häufig kaum spürbar gewesen sei, massiv erhöht habe. Dies ist für das Beitragsjahr 2010 vergleichen mit der Vorgängerregelung auch tatsächlich der Fall. Denn die Gesamtaufwendungen für den Arbeitsunfall des Spielers K. beliefen sich im Jahr 2010 auf 19.192,42 Euro (Rentenzahlbetrag von 17.264,42 Euro zuzüglich 1.928,00 Euro sonstige Aufwendungen), 10% hiervon wären lediglich 1.919,24 Euro anstelle der noch im Streit stehenden 18.312,40 Euro.

Dennoch wird die grundsätzliche Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung hier nicht ausnahmsweise durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt. Dies gilt sowohl bezogen auf die konkrete Situation der Klägerin als auch allgemein. Denn dem Beitragsausgleichsverfahren ist bereits nach seiner gesetzlichen Konzeption immanent, dass sich ein Vertrauen des Unternehmers, nicht oder nur in einer bestimmten Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden, jedenfalls nicht vor Ablauf des Beitragsjahres (hier: 2010) bilden kann; aber selbst nach Ablauf des Beitragsjahres ist nicht ersichtlich, worauf sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers konkret stützen könnte.

Insoweit ist zunächst zu betonen, dass sich ein funktionierendes Beitragsausgleichsverfahren zwangsläufig immer auf Versicherungsfälle bzw. Rentenfälle beziehen muss, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und auf die somit faktisch kein Einfluss mehr genommen werden kann, die insbesondere nicht mehr verhindert werden können. Eine dementsprechende Rückanknüpfung ist der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII immanent. Dennoch setzt diese Art der Berechnung von Beitragszuschlägen Anreizwirkungen für die Zukunft. Das Beitragsausgleichsverfahren stellt eines der Mittel dar, mit denen die Unfallversicherung ihre Präventionsaufgabe erfüllen soll. Nach § 1 Nr. 1 SGB VII ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (d.h. des SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Prävention wiederum kann jedoch nur für die Zukunft betrieben werden. Ebenso können die hier von der Satzung der Beklagten vorgesehenen Beitragszuschläge die ihnen zugedachte Zielsetzung, mit den Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu setzen, jeweils nur für die Zukunft entfalten, d.h. für Unfälle die noch nicht stattgefunden haben und dank entsprechender Präventionsmaßnahmen ggf. auch gar nicht oder mit minder schweren Folgen stattfinden. Diese Prävention kann denknotwendig nur auf der Basis der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Unfällen der Vergangenheit effektiv betrieben werden.

Die Höhe der Beitragszuschläge richtet sich gemäß § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überdies nach der Zahl, der Schwere und/ oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle. Es handelt sich mithin um Umstände, die der Unternehmer zwar durch geeignete Präventionsmaßnahmen positiv zu beeinflussen versuchen kann, die jedoch letztlich nicht vollständig seiner Disposition unterliegen, von ihm nicht vorhersehbar sind und die ihm letztlich nicht einmal in vollem Umfang bekannt sind; letzteres betrifft insbesondere die Schwere eines Versicherungsfalles sowie die dafür anfallenden Aufwendungen. Gleiches gilt für den hier u.a. relevanten Umstand, ob und ggf. wann eine Rente festgestellt worden ist oder nicht.

Darüber hinaus enthielten bereits die vor dem 1. Januar 2010 geltenden Satzungsregelungen der Beklagten zum Beitragszuschlag mindestens seit 2007 eine letztlich vergleichbare Regelung mit Anknüpfung an neu festgestellte Unfallrenten, so dass der Klägerin das Kriterium bekannt war und sie sich darauf bereits eingestellt hatte bzw. zumindest hätte einstellen können. Die Anforderung, dass der Unternehmer das Fremdverschulden nachzuweisen hat, ist ebenfalls nicht neu. Denn nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der ab 1. Januar 2007 geltenden Satzung aus dem Jahr 1998 (in der Fassung des 5. Nachtrages vom 14. Dezember 2006) bzw. der ab 1. Januar 2009 geltenden Satzung (in der - insoweit gleichlautenden - Fassung des 1. Nachtrages vom 10./11. Dezember 2008) wurden Beitragszuschläge auferlegt, wenn im abgelaufenen Geschäftsjahr (Beitragsjahr) für einen freiwillig Versicherten oder den Versicherten eines Unternehmens eine neue Unfallrente festgestellt wurde. Neue Unfallrenten blieben u.a. für Unfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen unberücksichtigt. § 28 Abs. 1 Satz 3 dieser Satzungen bestimmte außerdem: „Beruft sich der Unternehmer im Gegensatz zur Berufsgenossenschaft auf höhere Gewalt oder Alleinverschulden, so hat er dies nachzuweisen.“

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht aus der Übergangsregelung in § 57 der Satzung der Beklagten, die auf den streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Anwendung findet. Insbesondere § 57 Abs. 3 der Satzung erfasst rückwirkende Veranlagungs- und Beitragsbescheide sowie – änderungen, die Zeiträume vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Diesbezüglich sollen die Berechnungsgrundlagen und -vorschriften der vorherigen Satzung weiter gelten. Vorliegend geht es jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Beitragszuschlagsbescheid als Beitragsbescheid zu qualifizieren ist oder nicht - jedenfalls um einen Bescheid, der einen Beitrag bzw. Beitragszuschlag für das Jahr 2010 betrifft.

Wenn Seitens der Klägerin vorgetragen wird, dass die Beitragszuschläge nach der früheren Regelung vernachlässigbar gering gewesen seien, so dass man sich über diese keine Gedanken habe machen müssen, belegt dies zum Einen, dass die Änderung der Berechnungsgrundlagen durch die Beklagte gerade zur Erreichung des Gesetzeszweckes einer ausreichenden Anreizwirkung geeignet und erforderlich gewesen ist. Die Änderung trägt der Anforderung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15) Rechnung, wonach das Beitragsausgleichsverfahren Zuschläge bzw. Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss. Dieses wirtschaftliche Gewicht war hier - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - offensichtlich nicht erreicht worden. Zum Anderen spiegelt der Vortrag der Klägerin lediglich ihre konkrete Situation wider und lässt unberücksichtigt, dass auch die frühere Regelung Beitragszuschläge bis zu 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten war (§ 28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung für das Beitragsjahr 2009), zugelassen hatte.

e) Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das GG sind von der Klägerin weder gerügt noch ersichtlich. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 38 bis 41), mit denen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12. Abs. 1 GG) sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zutreffend verneint worden sind (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris Rn. 25 bis 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23, 24, 25).

f) Relevante Fahler bei der konkreten Berechnung des Beitragszuschlages sind im Falle der Klägerin nicht (mehr) ersichtlich.

aa) Die Arbeitsunfälle der Spieler Sch. und D. wurden bereits aus der Berechnung des Beitragszuschlages herausgenommen.

bb) Der Arbeitsunfall des Spielers K. wurde zutreffend berücksichtigt.

(1) Es handelt sich um einen anzuzeigenden Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

(2) Mit ihrem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Spieler K. eine Unfallrente bezogen habe, obwohl er nach dem Unfall weiter professionell Eishockey gespielt habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Erstens spielt es für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente besteht, keine Rolle, ob der bisherige Beruf weiter ausgeübt werden kann oder nicht. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zweitens verlangt § 28 Abs. 3 Ziffer 3 eine „im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“. Eine bestandsbzw. rechtskräftige Feststellung der Rente gegenüber dem Spieler K. liegt hier jedoch eindeutig vor. Mit dem Bescheid vom 28. Mai 2010 bzw. dem am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich liegt ein Rechtsgrund für die Zahlung vor und die Aufwendungen sind der Beklagten tatsächlich entstanden. Dieser Rechtsgrund kann von der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beitragszuschlagsbescheides in Frage gestellt werden.

Überdies entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Einsicht in die Unfallakten seiner Beschäftigten hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine Einwilligungserklärung des Beschäftigten vorliegt. Denn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht die Gefahr einer faktischen Zwangssituation, die eine freiwillige Einwilligungsentscheidung ausschließt. Für das Beitragsverfahren im Rahmen des § 162 SGB VII ist es ausreichend, wenn dem Arbeitgeber mit dem Beitragsfestsetzungsbescheid die Eigen- und die Durchschnittsbelastungsziffer mitgeteilt werden. Auf Anfrage sind außerdem die Anzahl der berücksichtigten Unfälle, die Gesamthöhe der Aufwendungen und notfalls die Aufwendungen für einzelne Unfälle mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 12/4805, S. 100). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den beim Beschäftigten bestehenden Loyalitätskonflikt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris Rn. 22 ff. mit ausführlicher Begründung; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46; ebenso auch: Platz, a.a.O., § 162 Rn. 9; Höller, a.a.O., § 162 Rn. 22; Brandenburg/ K. Palsherm, a.a.O., § 162 Rn. 27). Ein solcher Konflikt kann selbst dann fortbestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten, der hier als professioneller Eishockeyspieler tätig ist bzw. zum fraglichen Zeitpunkt tätig war, auch gegenüber neuen potentiellen Arbeitgebern bekannt würden mit der Folge, dass die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten angezweifelt werden könnte. Da der Kreis möglicher Arbeitgeber für einen Profieishockeyspieler durchaus überschaubar sein dürfte, könnte dies für den Versicherten faktisch das Ende seiner beruflichen Laufbahn als Profisportler bedeuten.

Daraus folgt, dass dem Unfallversicherungsträger und den Gerichten ein Eingehen in der Sache regelmäßig verwehrt ist, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i.V.m. §§ 199 ff. SGB VII). Etwas anderes kann ggf. gelten, soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger kann sich daher grundsätzlich darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46, 49).

Diesen Anforderungen an ihre Mitteilungspflichten hat die Beklagte vorliegend ausreichend Rechnung getragen. Sie hat ausreichende allgemeine Angaben zu denjenigen Kriterien gemacht, die für die Zuschlagsberechnung im Fall der Klägerin relevant sind. Sie hat insbesondere Angaben zur Eigenbelastungsziffer der Klägerin und zur Durchschnittsbelastungsziffer aller Unternehmen der maßgeblichen Tarifstelle gemacht sowie konkret diejenigen Aufwendungen beziffert, die für die dem Beitragszuschlag zugrunde liegenden Arbeitsunfälle angefallen sind. Weitergehende Auskünfte sind nicht notwendig. Somit ist ihr Bescheid, zumindest unter Berücksichtigung der weiteren Angaben im Klage- und Berufungsverfahren hinreichend konkret begründet.

(3) Der Arbeitsunfall des Spielers K. bleibt auch nicht deshalb beim Beitragszuschlagsverfahren unberücksichtigt, weil er durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wäre.

Zum Begriff des Verschuldens hat das BSG bereits ausgeführt, dass dieser nicht im zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr muss er im Sinne einer „Verursachung“ verstanden werden (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 23; vgl. hierzu auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44 ff., welches ausdrücklich auf die Theorie der wesentlichen Bedingung zurückgreift).

Die Klägerin behauptet hier zwar, der Unfall sei durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden. Sie verweist hierzu jedoch lediglich auf die damalige Unfallanzeige, wonach der Spieler von einem Gegner gecheckt worden ist. Damit liegt jedoch kein Sachverhalt vor, der auf ein alleiniges Fremdverschulden im Sinne einer alleinigen Verursachung hindeuten würde. Dabei ist es die Klägerin selbst, die naturgemäß über nähere Informationen über den Arbeitsunfall verfügt, weil er in ihrem Unternehmen stattgefunden hat. Es ist daher vorrangig an ihr, näher vorzutragen; eine Einsicht in die Unfallakte des Spielers ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Zusätzliche Informationen liegen auch der Beklagten nicht vor. Weitere Ermittlungen des Senats ins Blaue hinein waren daher nicht veranlasst.

Ausgehend von einem Verschuldensbegriff im Sinne einer Verursachung kann der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückgeführt werden. Aus der Tatsache, dass der Spieler K. von einem Gegner gecheckt worden ist, ergibt sich lediglich, dass es im Rahmen eines Spielgeschehens mit einer gegnerischen Mannschaft und im Rahmen einer Zweikampfsituation zu dem Unfallereignis gekommen ist. Ein für ein Profieishockeyspiel unübliches Geschehen kann dem Vortrag nicht entnommen werden; hierfür ergeben sich auch ansonsten keine Anhaltspunkte. Ein solches Geschehen wird jedoch nicht von einem (hier dem gegnerischen) Spieler allein verursacht, sondern ist ursächlich auf das Spielgeschehen beider Mannschaften sowie aller beteiligten Spieler zurückzuführen; mithin hat auch der Spieler K. einen Verursachungsbeitrag gesetzt (in diesem Sinne auch: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 -). Das SG Gotha (Urteil vom 29. Mai 2017 - S 18 U 243/15 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 92 ff. der Akte des BayLSG, unter Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - L 4 U 254/12 B ER -, juris, relevant sind insb. Rn. 35, 56) hat für das professionelle Fußballspiel darauf hingewiesen, dass dieses „von einer Vielzahl robuster Körperkontakte unter weitestgehender Ausnutzung regeltechnischer Freiräume und auch darüber hinausgehender Regelverstöße, welche nicht in jedem Fall von Schiedsrichtern erkannt oder/ und geahndet werden können, geprägt [ist].“ Diesen Überlegungen zum Charakter von Sportveranstaltungen im professionellen Bereich schließt sich der Senat an. Sie gelten in gleicher Weise für das professionelle Eishockeyspiel. Darauf, ob der Spieler ausdrücklich oder konkludent in derartige Verletzungshandlungen gegnerischer Spieler eingewilligt hat oder nicht, kommt es aus Sicht des Senats für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich nicht an. Ein alleiniges Fremdverschulden ist für den Bereich des Profisports vielmehr erst dann zu prüfen, wenn ein völlig unübliches Spielgeschehen im Raum steht. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich oder vorgetragen.

Dieses Ergebnis sowie die Auslegung des Begriffsmerkmales des alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen steht aus Sicht des Senats im Einklang mit der Präventionsaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die hier mit Mitteln des Beitragsrechtes Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung bei den Unternehmen setzen soll. Zwar wird ein Sportunternehmen nicht jedweden Unfall verhüten können. Allerdings sind die Spielverbände, Vereine und Sportunternehmen keineswegs ohne Einflussmöglichkeiten. Sie haben es durchaus in der Hand, auf Zahl und Schwere der Unfälle einzuwirken, indem sie sich gegen eine unnötig aggressive Spielweise mit unnötigen bzw. übermäßigen Fouls einsetzen. Es besteht daher nach dem Sinn und Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens kein Grund, entsprechende Versicherungsfälle als solche zu qualifizieren, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eingetreten sind und deshalb unberücksichtigt bleiben müssten (ebenfalls auf die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Unfallverhütung abstellend: BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 2; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44).

Überdies liegt es nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII im Ermessen des Satzungsgebers, ob Versicherungsfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen bei der Berechnung des Beitragszuschlages ausgenommen werden oder nicht. Gleiches muss dann auch für die Voraussetzungen bzw. Modalitäten dieser Herausnahme gelten. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung eines Versicherungsfalles ihrerseits grundsätzlich keine Veranlassung oder gar Verpflichtung haben, zu Fragen des Verschuldens (d.h. der Verursachung) zu ermitteln. Die von der Beklagten in § 28 Abs. 2 ihrer Satzung eingeführte Nachweispflicht des Beitragspflichtigen, dem die Umstände im Zusammenhang mit dem Unfall gerade bekannt sein müssen, ist daher nicht zu beanstanden (so bereits: SG Dortmund, Urteil vom 12. Juli 2016 - S 36 U 5/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 36 ff. der Akte des BayLSG; ebenso: SG Nürnberg, Urteil vom 8. August 2016 - S 2 U 42/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 45 ff. der Akte des BayLSG mit dem zusätzlichen Hinweis, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine umfangreichen Ermittlungen Seitens der Unfallversicherungsträger erwartet werden können, die nicht im konkreten Zusammenhang mit dem Unfall stehen und die für die Entschädigung gegenüber dem Versicherten keine Rolle spielen). Erfolgt dann Seitens des Mitgliedsunternehmens kein substantiierter Vortrag, ergeben sich keine weiteren Amtsermittlungspflichten des Gerichts.

(4) Schließlich erfüllt der Arbeitsunfall des Spielers K. die Voraussetzung einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente mit Kosten über 10.000 Euro, so dass eine Bewertung mit 50 Belastungspunkten zutreffend erfolgt ist. Dass die Feststellung der Rente im Beitragsjahr 2010 erfolgt ist, wurde bereits dargelegt. Vorliegend belief sich außerdem allein die Zahlung für die Rente auf 17.264,42 Euro und somit auf mehr als 10.000 Euro. Diese Kosten sind der Beklagten im Jahr 2010 entstanden. Denn entscheidend ist ausschließlich, dass die Beklagte im Jahr 2010 für die Unfallrente des Spielers K. einen Betrag von mehr als 10.000 Euro gezahlt hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung spielt es demgegenüber keine Rolle, dass die Unfallrente nicht für das Jahr 2010 gezahlt worden ist, weil die Rente bis 31. Dezember 2009 befristet gewesen ist, jedoch erst nachträglich festgestellt und entsprechend nachgezahlt worden ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob der jährliche Rentenzahlbetrag an den Versicherten 10.000 Euro überschritten hat oder nicht. Denn § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung stellt lediglich darauf ab, dass im Beitragsjahr eine Arbeitsunfallrente festgestellt wird, was vorliegend der Fall gewesen ist. Auf die Frage, ob § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung insoweit ausschließlich die Kosten der Arbeitsunfallrente meint, die ihrerseits über 10.000 Euro liegen müssen, um einen Unfall mit 50 Punkten zu bewerten, oder ob - wie die Beklagte meint - auch andere Kosten des Arbeitsunfalls einfließen können (d.h. die Gesamtkosten des Arbeitsunfalls gemeint sind), kommt es daher nicht an.

cc) Auf die Berücksichtigung des Arbeitsunfalles des Spielers S. kommt es für die Berechnung des Beitragszuschlages letztlich nicht entscheidungserheblich an, da dieser aufgrund der Bewertung lediglich mit dem Punktwert 1 keine Auswirkung auf die Höhe des Beitragszuschlages der Klägerin hat. Weder bedingt allein dieser Unfall einen Beitragszuschlag noch führt der Unfall gemeinsam mit dem Arbeitsunfall des Spielers K. zu einer Erhöhung des Zuschlages.

dd) Schließlich kommt es für die Berechnung des Zuschlages nicht darauf an, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelbelastung der Klägerin von dem Beitrag gemäß Bescheid vom 20. April 2011 ausgegangen ist, anstatt (was zutreffend gewesen wäre) von dem Beitrag gemäß Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011. Abgesehen von der ohnehin nur sehr geringfügigen Differenz der Beiträge, stellt der Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011 einen unwesentlich höheren Beitrag fest, so dass sich der Fehler der Beklagten nicht zu Lasten der Klägerin auswirkt.

ee) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zuletzt aufgefordert hat, die Gesamtkosten aller Arbeitsunfälle und Renten der Unternehmen der Tarifstellen, 32.2 und 32.3 jeweils getrennt im Beitragsjahr 2010 mitzuteilen, kommt es auf diese Gesamtkosten nicht entscheidungserheblich an. Denn diese Gesamtkosten stellen kein Berechnungselement des Beitragszuschlages dar. Weitere Ermittlungen hierzu waren daher nicht veranlasst.

Letzteres gilt auch, soweit die Klägerin die Offenlegung des Zahlenwerkes für die Berechnung der Durchschnittsbelastung verlangt hat. Ein Mehrwert für das Verfahren ist - worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat - nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 18.312,40 Euro festzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Vorliegend ergibt sich der Streitwert aus der Höhe des Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin gefordert hat. Im Berufungsverfahren stand noch die Hälfte des ursprünglich geforderten Betrages i.H.v. 36.624,81 Euro im Streit. Der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes beläuft sich auf die Höhe der angefochtenen (Beitrags-)Forderung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 2/12 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 25 und juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, BSGE 104, 170 und juris Rn. 50; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 32/08 R -, SozR 4-2700 § 168 Nr. 2 und juris Rn. 26 f.).

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.312,40 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten und Berufungsbeklagten festgesetzten Zuschlag zum Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2010.

Die Klägerin betreibt einen Eishockeyclub, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie ist Mitglied der Beklagten.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 25. August 2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach § 159 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nach dem geltenden Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Veranlagung erfolgte zu Gefahrtarifstelle 32 „Sportunternehmen“ (vgl. Teil I Buchstabe A des ab 1. Januar 2010 geltenden Gefahrtarifs). Die Gefahrtarifstelle war in drei Unterpunkte unterteilt:

– 32.1: bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81)

– 32.2: sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04)

– 32.3: übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42)

Zum 1. Januar 2010 trat außerdem eine geänderte Satzung der Beklagten in Kraft, die - insoweit gestützt auf § 162 Abs. 1 SGB VII - in § 28 (in der Fassung des 1. Nachtrages, der durch die damals fusionierenden Berufsgenossenschaften am 12. November bzw. 10. Dezember 2009 beschlossen und durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009 genehmigt wurde) das Beitragszuschlagsverfahren wie folgt neu regelte:

§ 28 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.

(2) Führt der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft er sich hierauf, so hat er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum

Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtige

Zuschlagspflichtig sind nur

2.1 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht sowie

2.2 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe VI bis VII der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen der jeweiligen Gruppe abweicht.

Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle bzw. der Gruppe liegt.

Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag liegt und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung

In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

* für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

3.1 Berechnung der Einzelbelastung Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen.

Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel:

Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

… = Einzelbelastung Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

3.2 Berechnung der Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle (siehe Ziffer 2.1) bzw. der Gruppe VI oder VII (siehe Ziffer 2.2 - im folgenden Gruppe -) addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe des § 3 der Satzung ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der Gruppe im Beitragsjahr x 10.000

… = Durchschnittsbelastung Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe im Beitragsjahr

4. Höhe des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

* 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt,

* 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt und

* 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt.

Für Unternehmen aus Unternehmensarten, deren Belastung im Umlagejahr zu 20 v.H. oder mehr aus Leistungen für Berufskrankheiten besteht, wird der Beitrag um den entsprechenden Anteil der Berufskrankheiten gekürzt (anrechenbarer Beitrag).

Für die Berechnung der Beiträge nach den Ziffern 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Zahlung des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Durchführungsbestimmungen

Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

§ 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten listet, unterteilt in sieben Gruppen, die Unternehmensarten auf, für die die Beklagte sachlich zuständig ist. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu Gruppe III, die mit „Verwaltungen“ überschrieben ist und die auch „Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen sowie selbständige Musikkapellen“ erfasst. Außerdem gehören zu dieser Gruppe u.a. Kirchenverwaltungen, diplomatische Kanzleien, Parteien, Berufs-, soziale und sonstige Verbände sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. „Banken“ bilden eine eigenständige Gruppe (Gruppe I).

Mit Beitragsbescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Gesamtbeitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 383.788,86 Euro mit. Der Gesamtbeitrag setzte sich zusammen aus dem Beitrag zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Höhe von (i.H.v.) 366.248,32 Euro und dem Betrag für Fremdumlagen. Bei der Berechnung des Beitrages zur VBG legte die Beklagte Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 205.055,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 und i.H.v. 1.681.091,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 45,04 zugrunde; bezogen auf die Gefahrklasse 57,81 wurden keine Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.

Aufgrund eines geänderten Entgeltnachweises für das Jahr 2010 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2011 mit weiterem Beitragsbescheid vom 1. Juli 2011 dahingehend ab, dass sie nun bei der Berechnung des Beitrages zur VBG bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 241.882,00 Euro zugrunde legte. Der Beitrag zur VBG erhöhte sich dadurch auf 366.684,45 Euro und der Gesamtbeitrag auf 384.317,96 Euro. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Nach Anhörung setzte die Beklagte außerdem mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 2011 gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag i.H.v. 36.624,81 Euro (Zuschlag von 10%) fest. Dabei berücksichtigte sie die vier Arbeitsunfälle folgender Spieler mit folgenden Daten:

– Sch. (nachfolgend: Sch.), Unfall vom 9. September 2007, Registrierdatum 6. November 2007, Entschädigungsdatum 09/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– K. (nachfolgend: K.), Unfall vom 2. Januar 2007, Registrierdatum 9. Januar 2007, Entschädigungsdatum 05/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– D. (nachfolgend: D.), Unfall vom 28. August 2009, Registrierdatum 2. September 2009, Entschädigungsdatum 11/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– S. (nachfolgend: S.), Unfall vom 12. Januar 2010, Registrierdatum 21. Januar 2010, Belastungstyp Unfall, Belastungspunkte 1,00 Der Beitragszuschlag errechnete sich nach § 162 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28 der Satzung der Beklagten aus dem anrechenbaren Beitrag zur VBG i.H.v. 366.248,13 Euro, Unfallbelastungspunkten von insgesamt 151,00, einer Belastungsziffer der Klägerin von 4,1228, einer Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 und einer Abweichung der Belastungsziffer der Klägerin zur Durchschnittsbelastungsziffer von 348,13%.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zugleich Einsicht in die Akten der dem Beitragszuschlag zugrunde gelegten Unfälle. Über Folgeschäden bzw. Rentenzahlungen an die betroffenen Eishockeyspieler sei der Klägerin nichts bekannt; vielmehr seien die betreffenden Personen auch nach den Unfällen als Eishockeyspieler voll im Einsatz gewesen. Zugleich wurden zahlreiche Bedenken gegen die Beitragszuschläge vorgetragen. Erstens handele es sich bei dem Beitragszuschlag in Wahrheit um ein „der Höhe nach willkürlich festgesetztes Ordnungsgeld als Beugemittel mit dem Anspruch auf künftiges präventives ‚Wohlverhalten'…“. Zweitens seien nach § 162 SGB VII Zuschläge „unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle“ möglich. Die Satzung der Beklagte stelle stattdessen jedoch auf das Beitragsjahr der Feststellung der Unfallrente ab (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 der Satzung). Überdies sei die Satzung nach ihrem § 56 erst am 1. Januar 2010 in Kraft getreten und eine rückwirkende Anwendung auf Unfälle aus den Jahren 2007 bzw. 2009 rechtswidrig. Die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Kosten der festgestellten Renten eine Rolle spielen würden, käme es jedenfalls nur auf die tatsächlich im Beitragsjahr gezahlten Rentenleistungen an. In dem vorliegenden Fall sei außerdem zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen der Profiligen insgesamt um das Dreifache höher liege als die Belastung der Beklagten durch entsprechende Entschädigungsleistungen. Durch die zusätzliche Auferlegung von Beitragszuschlägen gerate das Gesamtgefüge gänzlich außer Verhältnis und stehe jenseits des hier allein anzuwendenden Versicherungsprinzips. Die Zuschlagsbelastung führe bei Profisportunternehmen zu einer endgültigen Erdrosselung unter eklatantem Verstoß gegen das Übermaßverbot. Darüber hinaus würden die sehr hohen Gefahrklassen z.B. bei Sportunternehmen gegenüber Unternehmen mit sehr niedrigen Gefahrklassen (wie z.B. Banken) bei einer gleich hohen Einzelbelastung (gemessen an den Belastungspunkten) dazu führen, dass der Beitragszuschlag bei Sportunternehmen um ein Vielfaches höher ausfalle. Letztlich enthalte die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beseitige all diese Einwendungen nicht.

Mit undatiertem Widerspruchsbescheid, bei der Klägerin am 6. Dezember 2011 eingegangen, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 zurück. Bei der Erhebung des Zuschlages handele es sich gesetzessystematisch um eine Beitragsverpflichtung. Diese sei rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle Unternehmen der Beklagten der gleichen Beitragszuschlagsberechnung unterliegen würden. Ein Vergleich mit anderen Unternehmensarten mit deutlich geringerer Gefahrklasse (z.B. einer Bank) führe zu keinem verwertbaren Ergebnis. Vielmehr spiegle eine höhere Gefahrklasse die größere Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines Unfalls z.B. bei einem Eishockeyspieler gegenüber einem Bankangestellten wider. Darüber hinaus liege keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Eine Begrenzung des Zuschlages erfolge über § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten zu den Arbeitsunfällen bestehe aus Datenschutzgründen nicht. Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden würden sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergeben.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut mit dem Ziel, den Beitragszuschlagsbescheid aufzuheben. Zugleich beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 (S 9 U 338/11 ER) lehnte das SG Landshut den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 27. Juni 2012 (L 2 U 134/12 B ER) zurück.

Im Klageverfahren vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin seine bisherigen Ausführungen. Er bestritt, dass den Sportlern berechtigterweise Unfallrenten zugesprochen worden seien. Die Unfälle seien im Übrigen ausschließlich auf Fremdverschulden zurückzuführen. Dies ergebe sich aus den der Klägerin noch vorliegenden Kopien der Unfallanzeigen. Der Spieler K. sei z.B. von seinem Gegner gecheckt worden. Regelverstöße seien nicht durch die Einwilligung des kampfbetonten Eishockeyspiels gedeckt. Zivilrechtlich bestehe ein Schadensersatzanspruch, wenn nachgewiesen werden könne, dass der Mitspieler schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen habe. Soweit die Satzung die Frage einer überdurchschnittlichen Belastung mit Hilfe eines Vergleichs mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 ermittle, sei dies unrichtig. Der Vergleich habe nur im Verhältnis zu der Gefahrtarifstelle 32.2 erfolgen dürfen. Mit der Sonderregelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 2.2 der Satzung verstoße die Beklagte außerdem insofern gegen das Gleichheitsgebot, als dort die durchschnittliche Belastung nicht innerhalb der jeweiligen Gefahrtarifstelle berechnet werde, sondern innerhalb der Gruppe VI und VII des § 3 der Satzung. Die Satzung der Beklagten berücksichtige nach ihrem Wortlaut nur die Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle, nicht die Höhe der anfallenden Kosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2013 Bezug genommen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 10. Mai 2012 die Rentenbescheide der drei betroffenen Spieler vor und teilte mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2014 die Entschädigungsleistungen im Jahr 2010 mit. Daraus ergeben sich die folgenden weiteren Daten:

– Sch.: Rentenbescheid vom 1. September 2010, Rentenbeginn am 19. April 2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 62.584,23 Euro

– K.: Rentenbescheid vom 28. Mai 2010, Rentenzahlung vom 15. August 2007 bis 31. Dezember 2009 nach einer MdE von 20 v.H. (Zahlbetrag insg.: 17.264,42 Euro; Monatsbetrag zuletzt 618,67 Euro), außerdem Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 1.928,00 Euro

– D.: Rentenbescheid vom 3. November 2010, Rentenbeginn am 3. August 2010 nach einer MdE von 20 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 4.606,44 Euro, Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 59.779,73 Euro

– S.: Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 10.816,89 Euro Außerdem vertiefte die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2013 und vom 14. Februar 2014 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit ihrer Satzung sowie des angefochtenen Beitragszuschlagsbescheides. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17. September 2014 erklärte sich die Beklagte bereit, den Unfall des Spielers D. aus der Berechnung des Beitragszuschlages herauszunehmen. Der Zuschlag reduzierte sich damit auf 27.468,61 Euro.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 (S 9 U 339/11) änderte das SG Landshut den angefochtenen Bescheid der Beklagten dahingehend weiter ab, dass der Unfall des Spielers Sch. vom 9. September 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wodurch sich der Beitragszuschlag halbiere und die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den bereits gezahlten Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,41 Euro zurückzuzahlen. Im Übrigen wies das SG Landshut die Klage ab. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf 36.624,81 Euro fest. Zur Begründung wies die Kammer darauf hin, dass die Satzung der Beklagten zwar der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 162 Abs. 1 SGB VII entspreche und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot oder das Rückwirkungsverbot verstoße. Hierzu nahm die Kammer Bezug auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 10. Dezember 2013 (- S 1 U 74/12 -, Bl. 150 ff. der Akte des BayLSG), welches den Beteiligten bekannt war. Auch sei der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten formell rechtmäßig. Allerdings habe der Unfall des Spielers Sch. nicht berücksichtigt werden dürfen, da es sich nicht um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Soweit die Beklagte die Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. zutreffend mit insgesamt 51 Belastungspunkten berücksichtigt habe, würden sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Unfälle durch das alleinige Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden seien. Denn bei einer Sportart wie dem Eishockey liege eine gegenseitige Einwilligung der Spieler in Handlungen vor, wie sie dem üblichen Spielverlauf entsprechen. Ein Fremdverschulden im Sinne der Satzung der Beklagten könne nur dann vorliegen, wenn Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig in besonders rücksichtsloser Weise handeln. Hierfür ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte; insbesondere sei nicht ersichtlich, dass ein Strafverfahren durchgeführt oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht worden wären.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zum Kriterium der „Schwere“ eines Arbeitsunfalls ist nun vorgetragen worden, dass hierfür nicht die Kosten entscheidend seien, sondern der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der Grad der MdE bzw. die Art der Unfallfolgen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Beitragszuschlagsverfahren anderer Mitgliedsunternehmen bereit erklärt habe, die Bescheide aufzuheben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16. Januar 2015, vom 25. Oktober 2016, vom 24. Februar 2017, vom 19. Juni 2017, vom 2. Oktober 2017 und vom 4. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihrerseits die Berechnung des Beitragszuschlages näher erläutert sowie ihre Rechtsausführungen vertieft. Insbesondere liege es im Gestaltungsermessen der Vertreterversammlung der Beklagten, die Schwere eines Arbeitsunfalls vereinfachend anhand der Kosten, der Zahlung einer Unfallrente sowie des Eintrittes des Todes als schlimmster Unfallfolge zu differenzieren. Die Unterscheidung zwischen den Zuschlagspflichtigen in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass es sich bei dem Gefahrtarif 2010 um einen Fusionsgefahrtarif gehandelt habe, dem die Tarifstellen der Fusionspartner einfach angehängt worden seien. Durch das Abstellen auf die „Gruppe“ habe vermieden werden sollen, dass sich das Ausgleichsverfahren auf Kleinst-Gefahrtarifstellen beziehe. Somit werde nicht Gleiches ungleich behandelt. Ergänzend hat die Beklagte zahlreiche Kopien sozialgerichtlicher Urteile vorgelegt, die sich mit ihrer Satzungsregelung befassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016, vom 21. April 2017, vom 14. September 2017 und vom 1. Dezember 2017 Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge einschließlich der Akten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, am 6. Dezember 2011 bei der Klägerin eingegangen. Insoweit steht noch der hälftige Beitragszuschlag im Streit, nachdem zunächst die Beklagte den Unfall des Spielers D. aus der Zuschlagsberechnung herausgenommen und anschließend das SG Landshut den Beitragszuschlagsbescheid dahingehend abgeändert hat, dass auch der Unfall des Spielers Sch. nicht zu berücksichtigen ist. Berufung wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von der Beklagten eingelegt. Sonstige Fragen, insbesondere zur Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2010, sind nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Soweit der von der Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgesetzte Beitragszuschlag nach der Änderung durch den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 11. Dezember 2014 noch auf 18.312,40 Euro beläuft, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag wurde anhand der Satzungsregelungen, die ihrerseits nicht zu bestanden sind, zutreffend berechnet.

1. Das Beitragsbzw. Beitragszuschlagsverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung basiert - soweit hier relevant - auf folgenden Grundsätzen:

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden grundsätzlich durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, die den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge sowie des Verwaltungsvermögens decken muss (§ 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Veranlagung zu den Gefahrklassen erfolgt nach dem als Satzung anzusehenden Gefahrtarif der jeweiligen Berufsgenossenschaft (§ 159 Abs. 1 SGB VII). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 12). Gemäß § 168 Abs. 1 SGB VII teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (Beitragsbescheid).

Des Weiteren haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle (vgl. § 193 Abs. 1 und 2 SGB VII) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII können auch Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten durch die Satzung ausgenommen werden. Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 13).

Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 725 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Soweit nicht die geringfügigen Änderungen betroffen sind, kann daher weiterhin auf die zu § 725 Abs. 2 RVO ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und unter Benennung dieser Änderungen).

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin (und auch für das vorliegende Verfahren), dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist. Das Verfahren muss Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen. Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken. Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 19 m.w.N.).

In Einklang mit der Rechtsprechung des BSG wird in der Literatur zum Zweck des sog. Beitragsausgleichsverfahrens außerdem darauf hingewiesen, dass dieses auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens ausgerichtet ist. Es geht um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung, die in den Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität, aber auch teilweise mit erheblichem Kostenaufwand betrieben wird. Durch eine finanzielle Be- und Entlastung soll auf eine verstärkte Unfallverhütung und damit insbesondere auf eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes hingewirkt werden (Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 17, 19). Durch das Beitragsausgleichsverfahren wird die individuelle Unfallgefahr des Unternehmens zu einem Faktor der Beitragsberechnung (Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 2; ähnlich Schmidt., in: SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3). Es dient der Förderung der Prävention durch Beitragsanreize (Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 2). Das Einzelverhalten, also Erfolg und Misserfolg der Prävention im eigenen Unternehmen, soll unmittelbar zu finanziellen Vor- oder Nachteilen führen (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 2). Zuschläge und Nachlässe bewirken eine Umverteilung der Beitragsbelastung. Der Eintritt des Versicherungsfalles soll entsprechend § 1 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln vermieden werden. Das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen soll sich in der Beitragshöhe niederschlagen. Die genossenschaftlich haftenden Mitglieder sollen gerechter an dem wirtschaftlichen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben (Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 1, 2). Bigge (in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 1) spricht von einer verursachungsgerechten Heranziehung zu den Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Beklagte der Klägerin für das Beitragsjahr 2010 zu Recht einen im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,40 Euro auferlegt. Das von der Beklagten nach Maßgabe des § 28 ihrer Satzung durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren ist mit der Ermächtigungsnorm vereinbar (hierzu unter a) und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG; hierzu unter b), das Übermaßverbot bzw. den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hierzu unter c), das Rückwirkungsverbot (hierzu unter d) oder sonstiges höherrangiges Recht (hierzu unter e). Relevante Fehler bei der Berechnung des Zuschlages liegen ebenfalls nicht vor (hierzu unter f).

a) Das von der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren richtet sich nach § 28 ihrer ab 1. Januar 2010 geltenden (Fusions-)Satzung in der Fassung des 1. Nachtrages vom 12. November/ 10. Dezember 2009 (genehmigt durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009). Danach werden unter Bezugnahme auf § 162 SGB VII jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Von der Verpflichtung (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) bzw. der Möglichkeit (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII), Versicherungsfälle außer Ansatz zu lassen, hat die Beklagte (abgesehen von der Möglichkeit, Unfälle auf Betriebswegen auszunehmen) Gebrauch gemacht.

U.a. bleiben solche Arbeitsunfälle unberücksichtigt, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Letzteres ist vom Beitragspflichtigen nachzuweisen (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Zuschlagspflichtig ist der Beitragspflichtige, dessen Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der jeweiligen Vergleichsgruppe liegt. Abzustellen ist dabei auf das jeweilige Beitragsjahr (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung). Die Berechnung der Einzelsowie der Durchschnittsbelastung bestimmt sich nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung. Die Höhe des Beitragszuschlages bemisst sich in Prozentpunkten des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages und beträgt - abhängig von der Höhe der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung - 5 v.H., 7,5 v.H. oder höchstens 10 v.H. dieses Beitrages (§ 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung).

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Satzung der Beklagten ist zu beachten, dass es sich hierbei um autonomes Recht handelt (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), das - so auch hier - von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 Satz SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. § 162 SGB VII lässt den Berufsgenossenschaften daher einen weiten Spielraum zur Gestaltung ihres Beitragsausgleichsverfahrens. Auch die Entscheidung, auf welche Weise Zuschläge bzw. Nachlässe im Einzelnen berechnet werden, erfolgt nach § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch: BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 30 und BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 20, letzterer mit näherer Begründung). Ob die Vertreterversammlung in diesem Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden. Die Satzungsregelungen unterliegen der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vielmehr nur im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 18 m.w.N.). Relevant ist insbesondere, ob die Regelungen überhaupt geeignet sind, den mit dem Beitragsausgleichsverfahren verfolgten Zielen zu dienen. Dabei ist nicht auf die speziellen Verhältnisse des klagenden Unternehmens, sondern auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 22).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Grenzen richterlicher Prüfungsbefugnis bewegt sich die Satzung der Beklagten im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft und die damit im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist mithin zulässig (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Auffassung der Klägerin, wonach die Satzung, obwohl sie als Merkmale in § 28 Abs. 1 nur Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle nenne, tatsächlich doch auch auf die Kosten abstelle, trifft nicht zu. Selbst wenn diese Auffassung jedoch zuträfe, würde dies lediglich dazu führen, dass die Satzung tatsächlich alle drei Merkmale des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII für die Berechnung der Höhe des Beitragszuschlages heranziehen würde; sie würde sich auch damit noch innerhalb des Rahmens der Ermächtigungsnorm bewegen.

Tatsächlich jedoch benennt die Satzung der Beklagten in ihrem § 28 Abs. 1 nicht lediglich Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle als Berechnungsgrundlagen, sondern konkretisiert diese Vorgabe in § 28 Abs. 3, der die Details der Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge aufzeigt, konsequent und ermächtigungskonform. Dabei stellt die Satzung der Beklagten ganz vorrangig auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und definiert diesen Begriff typisierend und entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung vereinfachend anhand dreier Merkmale (§ 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung): Erstens unterscheidet sie alle anzuzeigenden Arbeitsunfälle anhand der anfallenden Kosten, wobei ein Unfall mit Kosten über 10.000 Euro als schwer im Sinne der Satzung bewertet wird (Bewertung mit 1 Belastungspunkt). Zweitens differenziert sie danach, ob eine Unfallrente festgestellt worden ist oder nicht; wenn ja, handelt es sich wiederum um einen schweren Unfall, sofern die Kosten mehr als 10.000 Euro betragen. Durch die Bewertung mit nunmehr 50 Belastungspunkten bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass ein entsprechend kostenintensiver Arbeitsunfall, der außerdem zu einer Rentenzahlung führt, deutlich schwerer zu gewichten ist, als ein vergleichbar kostenintensiver Arbeitsunfall ohne Rentenzahlung. Drittens werden mit 100 Belastungspunkten solche Unfälle (nunmehr unabhängig von ggf. nur geringen Kosten) als besonders schwer eingestuft, die zum Tod des Versicherten geführt haben.

Daraus ergibt sich, dass die Aufwendungen für den einzelnen Versicherungsfall nur eine untergeordnete Rolle in dem Sinne spielen, dass sie eine grobe Einteilung in jeweils schwere und weniger schwere Arbeitsunfälle bewirken. Darüber hinaus werden die konkreten Aufwendungen weder erfasst noch spielen sie eine Rolle für die Höhe des Beitragszuschlages oder die Berechnung der Einzelbzw. Durchschnittsbelastung. Eine vergleichende Berechnung der Kosten, die von den einzelnen Versicherungsfällen verursacht wurden, findet nicht statt.

Im Ergebnis erfolgt eine Einteilung aller anzuzeigenden Arbeitsunfälle in vier Fallgruppen mit aufsteigendem Schweregrad: Die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe mit den leichtesten bzw. am wenigsten schweren Unfälle erfüllen zwei verschiedene Sachverhaltskonstellationen. Erstens die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten bis 10.000 Euro und zweitens Arbeitsunfälle (ebenfalls mit Kosten bis 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden jeweils mit Null Punkten bewertet. Die zweite Fallgruppe bilden die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten über 10.000 Euro, die mit 1 Punkt bewertet werden. Zur dritten Fallgruppe gehören Arbeitsunfälle (mit Kosten über 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden mit 50 Punkten bewertet. In die vierte Fallgruppe der schwersten Arbeitsunfälle, die mit 100 Punkten bewertet werden, fallen die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfälle.

Wenn die Beklagte die genannten Merkmale als Maßstäbe für die Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls zugrunde legt, so ist dies nicht zu beanstanden. Eine einheitliche, ggf. gar verbindliche Festlegung, wonach die Schwere eines Arbeitsunfalles zu bemessen wäre, existiert nicht. Insbesondere ergeben sich keine Vorgaben aus der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Denkbar sind hier zweifellos zahlreiche Kriterien. Dem Bevollmächtigten der Klägerin kann daher zugestimmt werden, wenn er darauf hinweist, dass Kriterien wie der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der MdE und/ oder die Art der Unfallfolgen herangezogen werden könnten. Nicht zuzustimmen ist dem Bevollmächtigten jedoch darin, dass die Kosten überhaupt kein geeignetes Kriterium sein können. Überdies zeigen seine Darlegungen lediglich auf, dass auch andere Beurteilungsmaßstäbe möglich wären; eine Rechtswidrigkeit der Satzungsregelung ergibt sich daraus nicht.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Regelung insoweit am zweckmäßigsten, vernünftigsten und gerechtesten wäre. Diese Festlegung obliegt vielmehr der Beklagten; hierzu gehört es auch, sachgerechte Qualifizierungs- und Quantifizierungsmerkmale für die Schwere eines Arbeitsunfalls zu finden. Vorliegend sind die von der Satzung vorgesehenen Merkmale nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für das Merkmal der Kosten (hier bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr), welches durchaus geeignet ist, die Schwere eines Arbeitsunfalles typisierend zu erfassen. Denn erhebliche Verletzungen mit aufwendigem und/ oder langandauerndem Behandlungsbedarf und ggf. längerer Arbeitsunfähigkeit oder sogar eintretenden Dauerfolgen gehen regelmäßig mit höheren Kosten einher. So sind z.B. mit stationären Krankenhausaufenthalten regelmäßig höhere Kosten verbunden als mit ambulanten Behandlungen, langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten führen zusätzlich zu entsprechenden Ansprüchen auf Zahlung von Verletztengeld und die Höhe einer ggf. zu zahlenden Rente bemisst sich u.a. nach der Höhe der MdE. Die angefallenen Kosten stellen schließlich ein Merkmal dar, welches sich relativ einfach feststellen lässt - ein Umstand, dem im Rahmen einer Massenverwaltung ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht beigemessen werden kann.

Die Satzung der Beklagten trifft außerdem eine Unterscheidung zwischen Unfällen, die keine Rente nach sich ziehen und daher (abgesehen von Todesfällen) nur einmal - nämlich bei der Meldung - zu berücksichtigen sind, sowie Unfällen, die eine Rente nach sich ziehen und damit - bei der Feststellung der Rente - ein weiteres Mal zu berücksichtigen sind. Da die Feststellung einer Unfallrente regelmäßig voraussetzt, dass beim Versicherten länger andauernde gesundheitliche Unfallfolgen vorliegen, spricht auch dieser Umstand typisierend für einen erhöhten Schweregrad des Arbeitsunfalls. Zweifellos kann schließlich ein Unfall mit Todesfolge beanstandungsfrei im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls eingestuft werden - dies auch unabhängig von den anfallenden Kosten, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können. Die Beklagte stellt damit indirekt durchaus auf solche Umstände ab, die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgeschlagen worden sind, insbesondere den Grad der Verletzungen bzw. die Art der Unfallfolgen. Während es der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch offen lässt, wie diese Umstände gemessen werden könnten, hat die Beklagte hierauf mit ihrer Satzungsregelung eine Antwort gegeben.

Durch die Gerichte ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung solche Unfälle als (besonders) schwer ansieht, die erstens eine bestimmte Kostengrenze überschreiten, zweitens eine Unfallrente nach sich ziehen oder drittens sogar zum Tod des Versicherten führen. Die Beklagte muss bei der Auswahl der Merkmale, die sie zur Bestimmung der Schwere eines Arbeitsunfalls heranzieht, auch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung berücksichtigen. Sie muss daher darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind. Dabei können nicht alle Besonderheiten eines jeden Einzelfalles Berücksichtigung finden. Zugleich müssen die Merkmale mit einem möglichst hohen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Der Grad der Verletzung bzw. die Art der Unfallfolgen können vor diesem Hintergrund nur insoweit eine Bedeutung erlangen, als sie mit messbaren und leicht feststellbaren Kriterien konkretisiert werden. Grundsätzlich weniger geeignet erscheint ein Abstellen auf die Dauer der Heilbehandlung, da sich diese unter Umständen über Jahre und Jahrzehnte, ggf. sogar lebenslang erstrecken kann.

Die Berechnung des Beitragszuschlages unter Zugrundelegung eines Punktesystems, welches die dem Grunde nach in der jeweiligen Kategorie als schwer eingestuften Arbeitsunfälle (hohe Kosten im Beitragsjahr, Unfallrente mit zugleich hohen Kosten im Beitragsjahr bzw. Todesfall) nochmals hinsichtlich ihres jeweiligen Schweregrades gewichtet, ist ebenfalls von dem weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt; konkrete Vorgaben hierzu enthält die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII nicht. Gleiches gilt für die Differenzierung nach den anfallenden Kosten bis 10.000 Euro bzw. über 10.000 Euro. Insoweit muss der Beklagten als Satzungsgeber - vergleichbar einem Gesetzgeber - insbesondere auch zugestanden werden, die von ihr ursprünglich prognostizierten Auswirkungen ihrer Satzungsregelungen im Rahmen ihrer tatsächlichen Anwendung zu beobachten und dahingehend zu überprüfen, ob die gewünschten Anreizwirkungen bei den Mitgliedsunternehmen eintreten und unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Ggf. kann sie dann in den Folgejahren durch eine Änderung ihrer Satzung bzw. der darin enthaltenen Abgrenzungskriterien gegensteuern.

Dafür, dass es hier gegenüber den Mitgliedsunternehmen im Allgemeinen oder der Klägerin im Besonderen zu irgendwelchen untragbaren Auswirkungen gekommen wäre, ist nichts ersichtlich. Hierfür genügt es nicht, dass ggf. bereits - wie hier - ein Unfall mit Zahlung einer Unfallrente ausreicht, um einen Beitragszuschlag zu bewirken. Ab wann ein Beitragszuschlag faktisch wegen der Abweichung von der Durchschnittsbelastung eingreift, ist nicht zuletzt abhängig von der Struktur und dem Unfallrisiko der jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Unfallversicherungsträgers. Dabei widerspricht es keinesfalls dem Willen des Gesetzgebers, wenn eine Belastung des Unternehmens bereits bei einem einzigen Arbeitsunfall eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22). Da Ausgangspunkt der Auferlegung eines Beitragszuschlages hier eine entsprechend hohe Abweichung der Belastung des einzelnen Unternehmens von der Durchschnittsbelastung ist, kann ein Beitragszuschlag ohnehin nur dann eingreifen, wenn bereits durch diesen einen Unfall eine derartige Abweichung erreicht wird. Aufgrund der von der Satzung der Beklagten vorgegebenen Staffelung mittels eines Punktesystems mit Null, 1, 50 und 100 Punkten wird dies hier voraussichtlich erst bei einem einzigen Unfall mit festgestellter Rente oder mit Todesfolge der Fall sein. Die Staffelung durch das Punktesystem wird zudem im Ergebnis abgemildert durch die Deckelung des Zuschlages auf maximal 10 v.H. des Beitrages.

Es wird schließlich auch jeder anzuzeigende Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 SGB VII) für das Beitragszuschlagsverfahren im Sinne von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berücksichtigt. Berücksichtigen bedeutet seinem Wortsinn nach nicht mehr als zur Kenntnis nehmen (dudenonline: bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten, nicht übergehen, in seine Überlegungen einbeziehen). Eine bestimmte Konsequenz wird danach nicht vorausgesetzt. Dass sich ein Unfall ggf. mit dem Punktwert „Null“ auf die Höhe des Beitragszuschlags (nicht) auswirkt, bedeutet nicht, dass er nicht berücksichtigt wird. Die fehlende Auswirkung auf den Beitragszuschlag ist lediglich das konsequente Ergebnis der unterschiedlichen Gewichtung der Unfälle entsprechend ihrem jeweiligen Schweregrad und entspricht der ermächtigungskonformen Intention der Beklagten, vorrangig auf die Schwere eines Unfalls abzustellen. Diese Gewichtung wirkt sich dann - wie in § 162 Abs. 1 SGB VII vorgesehen - auf die Höhe des Beitragszuschlages aus. Schließlich fordert § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII auch bezüglich der Zahl der Versicherungsfälle keine spezifische Berücksichtigung dieses Merkmals. Die Ermächtigungsnorm verlangt nicht, dass jeder Unfall mit einer gleichen oder zumindest einer bestimmten Wertigkeit zu berücksichtigen ist.

Die Satzung der Beklagten zielt erkennbar darauf, durch das Beitragszuschlagsverfahren Anreize für eine gute Präventionsarbeit zu schaffen. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schwere Arbeitsunfälle; insbesondere die mit Feststellung einer Rente oder mit Todesfolge. Ist die Regelung somit - wie dargelegt - sachlich begründet, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 1 BvL 13/96 -, BVerfGE 106, 201 und juris Rn. 16). Soweit die Unternehmer durch das Beitragszuschlagsverfahren angeregt werden sollen, insbesondere schwere Unfälle zu vermeiden, bedeutet dies aber nicht, dass der Unternehmer jeden Unfall, der zu einem Zuschlag führt, auch tatsächlich verhindern kann bzw. verhindern können muss.

Der von der Beklagten gewählte Bewertungsmaßstab ist danach insgesamt nicht zu beanstanden und kann nicht durch einen anderen Bewertungsmaßstab, den ggf. das Gericht oder die Klägerin für sinnvoller oder zweckmäßiger halten, ersetzt werden.

bb) Die Satzung der Beklagten verstößt darüber hinaus nicht deshalb gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, weil sie lediglich die Auferlegung von Zuschlägen, nicht jedoch auch die Bewilligung von Nachlässen vorsieht. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren bzw. reine Nachlassverfahren zulässig sind. Die Zulässigkeit eines reinen Zuschlagsverfahrens steht außerdem mit dem Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens sowie mit dem Willen des Gesetzgebers, dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, in Einklang (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris, die dagegen eingelegte Revision wurde vom BSG mit Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 21/11 R - als unzulässig verworfen; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 2. März 2010 - L 14 U 83/08 -, juris, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -, juris, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2005 - L 2 U 39/04 -, juris; von der Zulässigkeit eines Zuschlagsverfahrens ging offenbar auch das BSG aus in: Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 20 m.w.N. und Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris; vgl. aus der Literatur: Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand: Juli 2017, § 162 SGB VII Rn. 8; Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 29, 35; Bigge, in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 14; Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 3, 16; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 5.1 und 5.3; Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 7 f.; Brandenburg/ K. Palsherm, jurisPraxisKommentar, SGB VII, 2. Auflage 2014, § 162 Rn. 17 ff., 47; Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 18 ff.). Dem schließt sich auch der Senat an.

b) Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Einzelbelastung des einzelnen Zuschlagspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmer der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.).

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 122 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Grundsätzlich ist der Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG kann dabei nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.).

cc) Der Bevollmächtigte der Klägerin macht insbesondere eine Ungleichbehandlung geltend, soweit die Durchschnittsbelastung im Beitragsjahr 2010 für Beitragspflichtige nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3, Unterziffer 3.2 aus den verschiedenen Gruppen des § 3 (Abs. 1) der Satzung unterschiedlich berechnet wurde (hierzu unter (1)). Darüber hinaus hätte der Vergleich nur im Verhältnis der Klägerin zu den anderen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32.2 „Sonstige bezahlte Sportler“ erfolgen dürfen (hierzu unter (2)).

(1) Der Bevollmächtigte der Kläger beanstandet, dass die Satzung der Beklagten nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 (i.V.m. Ziffer 3, Unterziffer 3.2) die Zuschlagspflichtigen danach unterscheidet, ob sie - wie die Klägerin - zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe I bis V der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternahmen der jeweils gleichen Tarifstelle des Gefahrtarifs abgestellt wird) oder ob sie zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe VI bis VII der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternehmen der jeweiligen Gruppe abgestellt wird).

Einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unterscheidet folgende Gruppen:

– I. Banken

– II. Versicherungen

– III. Verwaltungen

– IV. Freie Berufe

– V. Besondere Unternehmen

– VI. Unternehmen der keramischen und Glas-Industrie

– VII. Unternehmen der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Die in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung der Beklagten geregelte Differenzierung zwischen den Gruppen I bis V einerseits und VI bis VII andererseits ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die ab 1. Januar 2010 geltende Satzung der Beklagten eine Fusionssatzung darstellte; auch der zeitgleich geltende Gefahrtarif war ein Fusionsgefahrtarif. Anfang 2009 hatten die Beklagte und die Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie fusioniert, zum 1. Januar 2010 folgte die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN). Die (Fusions-)Satzung der Beklagten musste daher etwaige Unterschiede in der Struktur der Unternehmen sowie der Tarifstellen berücksichtigen. Der Gefahrtarif 2010 bestand aus über 60 Tarifstellen. Durch die Differenzierung sollte vermieden werden, dass sich das Beitragszuschlagsverfahren auf eine (zu) kleine Tarifstelle bezieht (so bereits: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Sitzung des 3. Hauptausschusses der Beklagten vom 10. November 2009 Seite 3 unten bis Seite 4 oben, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 64 ff. der Akte des BayLSG).

Vorliegend ist außerdem zu beachten, dass die Klägerin eher davon profitiert, dass ihre Eigenbelastung lediglich im Vergleich zu anderen Sportunternehmen beurteilt wird. Würde man sie demgegenüber mit allen Unternehmen aus § 3 Abs. 1 Gruppe III der Satzung (zu der die Klägerin gehört) vergleichen, so stünde zu erwarten, dass Sportunternehmen wie die Klägerin regelmäßig von Beitragszuschlägen betroffen wären, während die übrigen Unternehmen dieser Gruppe hiervon nicht betroffen wären. Denn die Unfallgefahr allgemein, aber auch die Gefahr schwerer Unfälle, ist in einem Sportunternehmen generell deutlich höher, als in den sonstigen Betrieben der Gruppe III, die überwiegend der allgemeinen Verwaltung zuzurechnen sind. Dies wird nicht zuletzt anhand der unterschiedlich hohen Gefahrklassen deutlich, die die jeweilige Unfallgefahr widerspiegeln. Somit ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerade geboten, dass die Beklagte als Vergleichsmaßstab solche Unternehmen heranzieht, die nach ihrer Unfallgefahr mit der Klägerin vergleichbar sind, nicht aber zusätzlich solche, die insbesondere aufgrund ihrer typischerweise deutlich geringeren Unfallgefahr gerade nicht vergleichbar sind. In welcher Weise sich die Regelung darüber hinaus benachteiligend gegenüber der Klägerin oder gegenüber Sportunternehmen allgemeinen auswirken könnte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Regelung lässt sich daher nicht feststellen. Im Übrigen enthält die Satzung der Beklagten die von der Klägerin angegriffene Differenzierung bereits seit 2012 nicht mehr. Dies bestätigt, dass die getroffene Differenzierung lediglich für eine kurze Übergangszeit aufgrund der Sondersituation nach den Fusionen notwendig gewesen ist, um den Übergang auf eine einheitliche Satzungsregelung für die neu hinzugekommenen Mitgliedsunternehmen zu erleichtern.

(2) Soweit die Klägerin zweitens meint, sie dürfe nicht mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 verglichen werden, sondern lediglich mit denen der Untergruppierung 32.2, ergibt sich dies aus § 28 der Satzung der Beklagten nicht. Denn die Satzung stellt nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 für Beitragspflichtige, die wie die Klägerin zur Gruppe I bis V nach § 3 (Abs. 1) der Satzung gehören, auf die Tarifstelle ab. Dies ist für die Klägerin die Tarifstelle 32 nach dem Gefahrtarif 2010. Diese Tarifstelle ist lediglich im Hinblick auf eine weitere Differenzierung bei den Gefahrklassen in drei Untertitel mit drei unterschiedlichen Gefahrklassen aufgeteilt. Wenn die Beklagte diese weitere Unterteilung, die im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungsrisiken sowie eine konkretere Zuordnung der einzelnen Beschäftigten/ Versicherten bzw. ihrer Arbeitsentgelte gebildet worden ist, bei der Berechnung des Beitragszuschlages nicht berücksichtigt, steht dies mit dem Wortlaut ihrer Satzung im Einklang. Es steht überdies im Einklang mit der Regelung im Gefahrtarif, wonach jedes Unternehmen, das nach Gefahrtarifstelle 32 veranlagt ist, zu allen Unterpunkten veranlagt wird (Teil II Ziffer 1. (2) des Gefahrtarifs für das Jahr 2010). Ein Vergleich ausschließlich mit Unternehmen der Untergruppierung 32.2 wäre daher aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich. Insoweit ist anzumerken, dass die Beklagte bei der Berechnung des Beitrages der Klägerin für das Jahr 2010 ebenfalls sowohl Arbeitsentgelte für „sonstige bezahlte Sportler“ als auch für „übrige Versicherte“ mit den jeweiligen Gefahrklassen der Unterpunkte 32.2 und 32.3 berücksichtigt hat.

Dass die Beklagte hier aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere bzw. die von der Klägerin vorgetragene Differenzierung hätte vornehmen müssen, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann es gerechtfertigt sein, die dem Beitragszuschlag zugrunde liegende vergleichende Betrachtung der Versicherungsfälle jeweils nur auf solche Mitgliedsunternehmen zu erstrecken, die insbesondere nach ihrer jeweiligen Struktur und ihrem jeweiligen Unfallrisiko vergleichbar sind. Diesem Erfordernis ist vorliegend aber ausreichend Rechnung getragen. Denn Sportunternehmen unterscheiden sich weder nach ihrer Struktur noch nach ihrem Unfallrisiko derart, dass eine getrennte Betrachtung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend zu fordern wäre. Zum einen findet in der Regel ohnehin eine Veranlagung zu allen oder jedenfalls mehreren Unterpunkten der Tarifstelle 32 statt. Insoweit sind durchaus Sportunternehmen denkbar, die zu allen drei Unterpunkten veranlagt werden, weil sie sowohl bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81) beschäftigen als auch sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04) sowie übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42). Zum anderen stehen die Gefahrklassen betreffend die sonstigen bezahlten Sportlern einerseits und die Sportler der genannten Fußballligen nicht derart außer Verhältnis, dass eine gemeinsame Betrachtung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Hierbei ist auch das Anliegen der Beklagten zu beachten, keine zu kleinen Vergleichsgruppen zu bilden. Überdies hat das BSG bereits entschieden, dass auch eine Berechnung der Durchschnittsbelastung auf Grundlage der Unfallbelastung aller Unternehmen und nicht nur der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG verlangt somit gerade nicht, jeweils nur diejenigen Unternehmen zu vergleichen, die der exakt gleichen Gefahrtarifstelle bzw. der gleichen Gefahrklasse zugeordnet sind, oder eine andere besonders kleinteilige Vergleichsgruppe zu wählen. Konkrete Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

(3) Das BSG hat schließlich bereits entschieden, dass es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass die Satzung der Beklagten die Auferlegung von Beitragszuschlägen und die Gewährung von Beitragsnachlässen als Vomhundertsatz des Normalbeitrages vorsieht, der auch anteilige Kosten für Wegeunfälle enthält, die nach § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Auferlegung von Zuschlägen außer Betracht bleiben. Auch soweit Unternehmen mit höheren Löhnen dadurch, dass Zuschläge bzw. Nachlässe in Vomhundertsätzen des Normalbeitrages berechnet werden, gegenüber Unternehmen mit niedrigeren Löhnen stärker belastet werden, ist diese Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Beitragszuschläge durch den Zweck der Unfallverhütung gerechtfertigt und damit nicht sachwidrig. Denn bei betragsmäßig fixierten Beitragszuschlägen bzw. -nachlässen wäre der Präventionszweck zumindest bei größeren Unternehmen nicht gewährleistet, weil der Höhe eines solchen einheitlichen Beitragszuschlages im Hinblick auf die Existenzsicherung kleiner Unternehmen enge Grenzen gesetzt wären (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35).

dd) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin schließlich meint, die Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Verfahren anderer Mitgliedsunternehmen gegen deren Beitragszuschlagsbescheide bereit erklärt habe, diese Bescheide aufzuheben, so kann diesem Argument nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Gericht nicht bekannt ist, aus welchen Gründen die Aufhebung dieser Bescheide erfolgt ist, kommt es hierauf nicht an. Denn eine Selbstbindung der Beklagten ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Überdies darf angemerkt werden, dass sich die Beklagte auch gegenüber der Klägerin bereit erklärt hatte, ihren Bescheid zumindest teilweise aufzuheben (soweit sich dieser auf den Unfall des Spielers D. bezogen hatte). Dass dies keine vollständige Aufhebung des Beitragszuschlagsbescheides zur Folge hatte, ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass vorliegend ursprünglich vier Arbeitsunfälle die Grundlage für den erhobenen Beitragszuschlag bildeten.

c) Mit der Rechtsprechung des BSG ist darüber hinaus eine Verletzung des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen. Die Klägerin trägt hierzu insbesondere vor, dass die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr vorsehe bzw. sich diese nicht mehr prozentual an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen orientiere. Diesem Einwand folgt der Senat jedoch nicht. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung der Beklagten sieht weiterhin eine Begrenzung des Beitragszuschlags vor. Diese Begrenzung bewegt sich innerhalb des dem Satzungsgeber der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und berücksichtigt die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

aa) Zunächst verlangt die Rechtsprechung des BSG, dass Zuschläge von wirtschaftlichem Gewicht vorgesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Das Übermaßverbot wiederum verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 26 m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das BSG bereits entschieden, dass selbst ein auferlegter Zuschlag, der erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung berücksichtigten Versicherungsfälle, nicht zu beanstanden ist. Denn erstens kann im Hinblick auf die gebotene typisierende Betrachtung aus der individuellen Situation des klagenden Unternehmens keine generelle Bewertung der Satzungsregelungen abgeleitet werden. Zweitens wird eine Existenzbedrohung, die ggf. eine weitergehende Prüfung rechtfertigen könnte, in der Regel nicht vorliegen. Drittens fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand der Berufsgenossenschaft für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen und dem Anteil des betreffenden beitragspflichtigen Unternehmers an der gesamten Unfalllast. Dieser Kostenaufwand findet vielmehr bereits Berücksichtigung bei der Aufstellung des Gefahrtarifs, der sich wie ein Belastungstarif auswirkt, und in der Veranlagung der Unternehmen zu einer bestimmten Gefahrklasse. Darüber hinaus hat der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Raum. Ergänzend ist viertens darauf hinzuweisen, dass der Beitragszuschlag nicht die tatsächliche Mehrbelastung des Beitragspflichtigen widerspiegelt (vgl. § 167 Abs. 1 SGB VII). Zudem sinkt der von dem betroffenen Unternehmen zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch, dass sich der auferlegte Beitragszuschlag diesbezüglich mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 27 f. m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 33 f.).

Auch daraus, dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, kann nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot der entsprechenden Satzungsregelung geschlossen werden. Denn Arbeitsunfälle sind in kleineren Unternehmen statistisch seltene Ereignisse, sodass sich ein Ausgleich im Laufe der Jahre vollzieht, weil in den meisten Jahren kein Beitragszuschlag zu leisten sein wird. Die Belastung des Unternehmens bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22).

Schließlich hat das BSG ausgeführt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze für Beitragszuschläge nicht vorsieht. Es liegt im Ermessen der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft, hier Grenzen nach oben bzw. unten zu regeln. Die Grenzen lassen sich nicht einheitlich fixieren, weil sie wesentlich von den berufsgenossenschaftlichen Mitgliederstrukturen bestimmt sind. Offen gelassen hat das BSG bislang, ob sich Höchstgrenzen für Zuschläge aus dem Versicherungsprinzip ableiten lassen, weil Anhaltspunkte für die Überschreitung einer solchen Obergrenze bei einem Beitragszuschlag von höchstens 30% jedenfalls noch nicht gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 30 zu einem Höchstzuschlag von 30% und m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 24; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, denen sich der Senat anschließt, genügen die Satzungsregelungen der Beklagten. Verletzungen des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus anderen Gründen sind nicht ersichtlich.

(1) Nach der Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach vorzusehen. Denn eine solche Begrenzung findet hier weiterhin statt - wenn auch im Vergleich zu der bis Ende 2009 geltenden Regelung in etwas veränderter Form. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung sieht für das Beitragsjahr 2010 eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach auf maximal 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages vor. Ein Beitragszuschlag bis zu dieser Höhe hätte aber bereits nach der für das Beitragsjahr 2009 geltenden Vorgängerregelung in § 28 Abs. 2 der damaligen Fassung der Satzung festgesetzt werden können. Denn der Beitragszuschlag betrug danach damals 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten ist, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) für alle Fälle, in denen im gleichen Zeitraum für Versicherte im Unternehmen des Beitragspflichtigen eine neue Unfallrente festgestellt worden ist.

Erwägungen dafür, dass sich die Begrenzung des Beitragszuschlages nicht bzw. nicht allein an der Höhe des Beitrages orientieren dürfte, sondern (ggf. zusätzlich) im Sinne eines prozentualen Anteiles an den tatsächlichen Aufwendungen erfolgen müsste, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine prozentuale Deckelung des Beitragszuschlages auf der Grundlage des gezahlten Beitrages durchaus geeignet, einen Beitragszuschlag von wirtschaftlichem Gewicht jeweils in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedsunternehmens festzusetzen. Denn die Beitragshöhe richtet sich u.a. nach den vom Mitgliedsunternehmen gezahlten Arbeitsentgelten, diese wiederum sind ein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um das Ziel der Auferlegung von Zuschlägen von wirtschaftlichem Gewicht für alle Mitgliedsunternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gleichermaßen zu erreichen, dürfte die Anknüpfung an den Beitrag sogar besser geeignet sein, als die Anknüpfung an die tatsächlichen Aufwendungen für den jeweiligen Versicherungsfall (in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25). Letztlich obliegt die Entscheidung über die konkrete Regelung jedoch der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie.

(2) Unbedenklich sind die Vorschriften der Satzung auch im Hinblick auf die Abhängigkeit des Zuschlags von der Eigenunfallbelastung des Einzelunternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsunfallbelastung aller Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23).

Aufgrund der Begrenzung des Beitragszuschlages wirkt sich die Einzelbelastung des betroffenen Unternehmens nach dem für das Beitragsjahr 2010 geltenden Beitragsausgleichsverfahren der Beklagten unter Umständen - so auch hier - nicht voll aus. Obwohl die im Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 ursprünglich zugrunde gelegte Einzelbelastung der Klägerin mit 348,13% deutlich über der Durchschnittsbelastung der maßgeblichen Gefahrtarifstelle gelegen hatte, ist diese überdurchschnittliche Belastung nur solange für die Höhe des Beitragszuschlages relevant, bis sie die Durchschnittsbelastung um mehr als 200% überschritten hat. Ab dieser prozentualen Überschreitung greift der maximale Beitragszuschlag in Höhe von 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages. Hierdurch wird dem Übermaßverbot nach der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen.

(3) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach eine verfassungswidrige Erdrosselungswirkung der Satzungsregelungen behauptet, verzichtet er ausdrücklich darauf, hierzu substantiiert vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung des Beitragszuschlages im Falle der Klägerin ergeben sich für den Senat nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Beitragszuschlag auf maximal 10 v.H. des Beitrages begrenzt ist und im Fall der Klägerin noch 5 v.H. beträgt, kann eine erdrosselnde Wirkung sogar ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Senat den Vortrag der Klägerin, die Gefahrklassen für Sportunternehmen (und deren angeblich explosionsartiger Anstieg) führten bereits grundsätzlich zu einem überhöhten Beitrag, als zutreffend unterstellt. Denn besteht eine Leistungsfähigkeit für den (notwendig) hohen Beitrag, kann in einem höchstens 10-prozentigen Zuschlag ohne konkrete weitere Anhaltspunkte grundsätzlich keine erdrosselnde Wirkung erkannt werden. Der Verweis auf den bereits gezahlten Beitrag ist unabhängig von dessen Höhe auch deshalb unbehelflich, weil der Gesetzgeber das Beitragsausgleichsverfahren in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als zusätzliches Instrumentarium verpflichtend vorgegeben hat, ohne Ausnahmen zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Schließlich ist vorliegend weder die Veranlagung zum Gefahrtarif 2010 noch die Höhe der Gefahrklassen streitgegenständlich, so dass es auf dieses Argument, welches sich im Ergebnis weniger gegen die Höhe des Beitragszuschlages als vielmehr gegen die Höhe des eigentlichen Beitrages richtet, ohnehin nicht entscheidungserheblich ankommen kann. Andererseits hat der Bevollmächtigte der Klägerin selbst zu bedenken gegeben, dass nach der früheren Satzung Zuschläge für Sportunternehmen in so maßvoller Höhe ausgefallen seien, dass mit ihnen eine „Disziplinierung“ der Unternehmen kaum zu erreichen gewesen sei. Er bestätigt damit eine etwaige Ungeeignetheit der früheren Regelung, Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15); hierauf hat die Beklagte mit der hier maßgeblichen Neuregelung reagiert.

(4) Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin sieht sich der Senat außerdem veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Aufwendungen der Beklagten selbstverständlich nicht ausschließlich über Beitragszuschläge abgedeckt werden. Vielmehr fließen die weit überwiegenden Aufwendungen in die Berechnung des „normalen“ Beitragsanteils zur VBG (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ein. Hier sind insbesondere die Aufwendungen für solche Versicherungsfälle zu nennen, die kraft Gesetz (sog. Wegeunfälle) bzw. Satzung (nicht anzuzeigende Versicherungsfälle, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt oder auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen, Berufskrankheiten) für den Beitragszuschlag außer Betracht bleiben. Überdies fließen auch die Aufwendungen für diejenigen Arbeitsunfälle, die von der Beklagten nach § 28 ihrer Satzung für den Beitragszuschlag berücksichtigt werden, weder unmittelbar in die Berechnung des Zuschlages ein noch werden die gesamten Kosten des Arbeitsunfalls vom Unternehmer geltend gemacht. Denn Aufwendungen für einen Arbeitsunfall, insbesondere für die hier in Rede stehenden schweren Arbeitsunfälle, fallen typischerweise nicht lediglich in dem Jahr an, in dem der Beitragszuschlag erhoben wird, sondern auch in weiteren Jahren. Dies gilt insbesondere für Leistungen wie Heilbehandlung und Verletztenrente, kommt aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Leistungen in Betracht.

d) Schließlich liegt keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 41 m.w.N.).

Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen:

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände (bzw. abgeschlossene Sachverhalte) eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt z.B. zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (hierzu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 95 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 42 f. m.w.N.). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, BVerfGE 135, 1 und juris Rn. 64)

bb) Der Fall einer Rückwirkung liegt hier gar nicht vor. Die hier maßgebliche Fassung der Satzung der Beklagten wurde im November/ Dezember 2009 beschlossen sowie durch das Bundesversicherungsamt genehmigt; sie ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Der angefochtene Beitragsbescheid datiert vom 23. August 2011. Er bezieht sich - soweit noch streitgegenständlich - auf Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. aus den Jahren 2007 und 2010, wobei maßgeblich für den Beitragszuschlag ausschließlich Umstände sind, die erst im Jahr 2010 eingetreten sind.

Hinsichtlich des Spielers S. ist entscheidend, dass dessen Arbeitsunfall vom 12. Januar 2010 bei der Beklagten am 21. Januar 2010 bekannt geworden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers K. ist zwar bereits am 2. Januar 2007 geschehen, maßgeblich für den Beitragszuschlag ist hier aber der Umstand, dass im Jahr 2010 eine Rente festgestellt und bezahlt worden ist. Konkret erfolgte die Feststellung der Unfallrente mit Bescheid vom 28. Mai 2010. Dieser Bescheid beruht auf einem ebenfalls erst am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Zu all diesen Zeitpunkten war bereits die geänderte Fassung des § 28 der Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung der Beiträge sowie auf Zahlung des Beitragszuschlages für das Jahr 2010 sind ebenfalls nicht vor dem 1. Januar 2010 entstanden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die zur Aufgabenerfüllung benötigten Finanzmittel im Wege einer Umlage aufgebracht. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, in der Weise festgesetzt, dass der Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge gedeckt wird (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Mit dieser Art der Mittelaufbringung müssen Rechtsansprüche auf Leistungen, die in der Vergangenheit, unter Umständen schon vor Jahrzehnten, entstanden sind, aktuell und in Zukunft erfüllt werden (BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 9/06 R -, juris Rn. 10). Im Beitragsbescheid, der mithin erst im Jahr nach der Entstehung der Beitragsansprüche erlassen werden kann, teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (§ 168 Abs. 1 SGB VII). Die danach geschuldeten Beiträge werden nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist.

Danach ist für den vorliegenden Fall festzustellen, dass im Jahr der Entstehung der Beitragsansprüche (2010) dieselbe Satzungsregelung galt, die bei der Festsetzung sowohl des Beitrages als auch des streitgegenständlichen Beitragszuschlages im Jahr 2011 zur Anwendung gekommen ist (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 8/2 RU 33/70 -, SozR Nr. 4 zu § 725 RVO und juris, insb. Rn. 24).

cc) Selbst wenn man bezogen auf den Arbeitsunfall des Spielers K. davon ausgeht, dass eine Rückwirkung vorliegt, weil der Unfall bereits im Jahr 2007 eingetreten ist, handelt es sich zumindest um einen Fall der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Denn es lag jedenfalls ein Sachverhalt vor, der Anfang 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, da die Unfallrente des Spielers K. erst innerhalb des Jahres 2010 festgestellt worden ist.

Hieran knüpft § 28 der Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 insoweit eine Rechtsänderung, als der Unfall des Spielers K. zwar auch nach der früheren Satzungsregelung bei der Berechnung eines Beitragszuschlages für das Jahr 2010 zu berücksichtigen gewesen wäre, da im Beitragsjahr 2010 eine neue Unfallrente festgestellt wurde (vgl. § 28 Abs. 1 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), sich nun aber die Berechnungsgrundsätze geändert haben. Da die vor 2010 geltende Satzungsregelung eine Begrenzung des Zuschlages auf 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) vorgesehen hat (vgl. § 28 Abs. 2 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), macht die Klägerin geltend, dass sich ihre finanzielle Belastung durch den Beitragszuschlag, der zuvor häufig kaum spürbar gewesen sei, massiv erhöht habe. Dies ist für das Beitragsjahr 2010 vergleichen mit der Vorgängerregelung auch tatsächlich der Fall. Denn die Gesamtaufwendungen für den Arbeitsunfall des Spielers K. beliefen sich im Jahr 2010 auf 19.192,42 Euro (Rentenzahlbetrag von 17.264,42 Euro zuzüglich 1.928,00 Euro sonstige Aufwendungen), 10% hiervon wären lediglich 1.919,24 Euro anstelle der noch im Streit stehenden 18.312,40 Euro.

Dennoch wird die grundsätzliche Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung hier nicht ausnahmsweise durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt. Dies gilt sowohl bezogen auf die konkrete Situation der Klägerin als auch allgemein. Denn dem Beitragsausgleichsverfahren ist bereits nach seiner gesetzlichen Konzeption immanent, dass sich ein Vertrauen des Unternehmers, nicht oder nur in einer bestimmten Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden, jedenfalls nicht vor Ablauf des Beitragsjahres (hier: 2010) bilden kann; aber selbst nach Ablauf des Beitragsjahres ist nicht ersichtlich, worauf sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers konkret stützen könnte.

Insoweit ist zunächst zu betonen, dass sich ein funktionierendes Beitragsausgleichsverfahren zwangsläufig immer auf Versicherungsfälle bzw. Rentenfälle beziehen muss, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und auf die somit faktisch kein Einfluss mehr genommen werden kann, die insbesondere nicht mehr verhindert werden können. Eine dementsprechende Rückanknüpfung ist der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII immanent. Dennoch setzt diese Art der Berechnung von Beitragszuschlägen Anreizwirkungen für die Zukunft. Das Beitragsausgleichsverfahren stellt eines der Mittel dar, mit denen die Unfallversicherung ihre Präventionsaufgabe erfüllen soll. Nach § 1 Nr. 1 SGB VII ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (d.h. des SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Prävention wiederum kann jedoch nur für die Zukunft betrieben werden. Ebenso können die hier von der Satzung der Beklagten vorgesehenen Beitragszuschläge die ihnen zugedachte Zielsetzung, mit den Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu setzen, jeweils nur für die Zukunft entfalten, d.h. für Unfälle die noch nicht stattgefunden haben und dank entsprechender Präventionsmaßnahmen ggf. auch gar nicht oder mit minder schweren Folgen stattfinden. Diese Prävention kann denknotwendig nur auf der Basis der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Unfällen der Vergangenheit effektiv betrieben werden.

Die Höhe der Beitragszuschläge richtet sich gemäß § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überdies nach der Zahl, der Schwere und/ oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle. Es handelt sich mithin um Umstände, die der Unternehmer zwar durch geeignete Präventionsmaßnahmen positiv zu beeinflussen versuchen kann, die jedoch letztlich nicht vollständig seiner Disposition unterliegen, von ihm nicht vorhersehbar sind und die ihm letztlich nicht einmal in vollem Umfang bekannt sind; letzteres betrifft insbesondere die Schwere eines Versicherungsfalles sowie die dafür anfallenden Aufwendungen. Gleiches gilt für den hier u.a. relevanten Umstand, ob und ggf. wann eine Rente festgestellt worden ist oder nicht.

Darüber hinaus enthielten bereits die vor dem 1. Januar 2010 geltenden Satzungsregelungen der Beklagten zum Beitragszuschlag mindestens seit 2007 eine letztlich vergleichbare Regelung mit Anknüpfung an neu festgestellte Unfallrenten, so dass der Klägerin das Kriterium bekannt war und sie sich darauf bereits eingestellt hatte bzw. zumindest hätte einstellen können. Die Anforderung, dass der Unternehmer das Fremdverschulden nachzuweisen hat, ist ebenfalls nicht neu. Denn nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der ab 1. Januar 2007 geltenden Satzung aus dem Jahr 1998 (in der Fassung des 5. Nachtrages vom 14. Dezember 2006) bzw. der ab 1. Januar 2009 geltenden Satzung (in der - insoweit gleichlautenden - Fassung des 1. Nachtrages vom 10./11. Dezember 2008) wurden Beitragszuschläge auferlegt, wenn im abgelaufenen Geschäftsjahr (Beitragsjahr) für einen freiwillig Versicherten oder den Versicherten eines Unternehmens eine neue Unfallrente festgestellt wurde. Neue Unfallrenten blieben u.a. für Unfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen unberücksichtigt. § 28 Abs. 1 Satz 3 dieser Satzungen bestimmte außerdem: „Beruft sich der Unternehmer im Gegensatz zur Berufsgenossenschaft auf höhere Gewalt oder Alleinverschulden, so hat er dies nachzuweisen.“

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht aus der Übergangsregelung in § 57 der Satzung der Beklagten, die auf den streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Anwendung findet. Insbesondere § 57 Abs. 3 der Satzung erfasst rückwirkende Veranlagungs- und Beitragsbescheide sowie – änderungen, die Zeiträume vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Diesbezüglich sollen die Berechnungsgrundlagen und -vorschriften der vorherigen Satzung weiter gelten. Vorliegend geht es jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Beitragszuschlagsbescheid als Beitragsbescheid zu qualifizieren ist oder nicht - jedenfalls um einen Bescheid, der einen Beitrag bzw. Beitragszuschlag für das Jahr 2010 betrifft.

Wenn Seitens der Klägerin vorgetragen wird, dass die Beitragszuschläge nach der früheren Regelung vernachlässigbar gering gewesen seien, so dass man sich über diese keine Gedanken habe machen müssen, belegt dies zum Einen, dass die Änderung der Berechnungsgrundlagen durch die Beklagte gerade zur Erreichung des Gesetzeszweckes einer ausreichenden Anreizwirkung geeignet und erforderlich gewesen ist. Die Änderung trägt der Anforderung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15) Rechnung, wonach das Beitragsausgleichsverfahren Zuschläge bzw. Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss. Dieses wirtschaftliche Gewicht war hier - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - offensichtlich nicht erreicht worden. Zum Anderen spiegelt der Vortrag der Klägerin lediglich ihre konkrete Situation wider und lässt unberücksichtigt, dass auch die frühere Regelung Beitragszuschläge bis zu 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten war (§ 28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung für das Beitragsjahr 2009), zugelassen hatte.

e) Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das GG sind von der Klägerin weder gerügt noch ersichtlich. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 38 bis 41), mit denen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12. Abs. 1 GG) sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zutreffend verneint worden sind (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris Rn. 25 bis 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23, 24, 25).

f) Relevante Fahler bei der konkreten Berechnung des Beitragszuschlages sind im Falle der Klägerin nicht (mehr) ersichtlich.

aa) Die Arbeitsunfälle der Spieler Sch. und D. wurden bereits aus der Berechnung des Beitragszuschlages herausgenommen.

bb) Der Arbeitsunfall des Spielers K. wurde zutreffend berücksichtigt.

(1) Es handelt sich um einen anzuzeigenden Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

(2) Mit ihrem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Spieler K. eine Unfallrente bezogen habe, obwohl er nach dem Unfall weiter professionell Eishockey gespielt habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Erstens spielt es für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente besteht, keine Rolle, ob der bisherige Beruf weiter ausgeübt werden kann oder nicht. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zweitens verlangt § 28 Abs. 3 Ziffer 3 eine „im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“. Eine bestandsbzw. rechtskräftige Feststellung der Rente gegenüber dem Spieler K. liegt hier jedoch eindeutig vor. Mit dem Bescheid vom 28. Mai 2010 bzw. dem am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich liegt ein Rechtsgrund für die Zahlung vor und die Aufwendungen sind der Beklagten tatsächlich entstanden. Dieser Rechtsgrund kann von der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beitragszuschlagsbescheides in Frage gestellt werden.

Überdies entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Einsicht in die Unfallakten seiner Beschäftigten hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine Einwilligungserklärung des Beschäftigten vorliegt. Denn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht die Gefahr einer faktischen Zwangssituation, die eine freiwillige Einwilligungsentscheidung ausschließt. Für das Beitragsverfahren im Rahmen des § 162 SGB VII ist es ausreichend, wenn dem Arbeitgeber mit dem Beitragsfestsetzungsbescheid die Eigen- und die Durchschnittsbelastungsziffer mitgeteilt werden. Auf Anfrage sind außerdem die Anzahl der berücksichtigten Unfälle, die Gesamthöhe der Aufwendungen und notfalls die Aufwendungen für einzelne Unfälle mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 12/4805, S. 100). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den beim Beschäftigten bestehenden Loyalitätskonflikt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris Rn. 22 ff. mit ausführlicher Begründung; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46; ebenso auch: Platz, a.a.O., § 162 Rn. 9; Höller, a.a.O., § 162 Rn. 22; Brandenburg/ K. Palsherm, a.a.O., § 162 Rn. 27). Ein solcher Konflikt kann selbst dann fortbestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten, der hier als professioneller Eishockeyspieler tätig ist bzw. zum fraglichen Zeitpunkt tätig war, auch gegenüber neuen potentiellen Arbeitgebern bekannt würden mit der Folge, dass die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten angezweifelt werden könnte. Da der Kreis möglicher Arbeitgeber für einen Profieishockeyspieler durchaus überschaubar sein dürfte, könnte dies für den Versicherten faktisch das Ende seiner beruflichen Laufbahn als Profisportler bedeuten.

Daraus folgt, dass dem Unfallversicherungsträger und den Gerichten ein Eingehen in der Sache regelmäßig verwehrt ist, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i.V.m. §§ 199 ff. SGB VII). Etwas anderes kann ggf. gelten, soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger kann sich daher grundsätzlich darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46, 49).

Diesen Anforderungen an ihre Mitteilungspflichten hat die Beklagte vorliegend ausreichend Rechnung getragen. Sie hat ausreichende allgemeine Angaben zu denjenigen Kriterien gemacht, die für die Zuschlagsberechnung im Fall der Klägerin relevant sind. Sie hat insbesondere Angaben zur Eigenbelastungsziffer der Klägerin und zur Durchschnittsbelastungsziffer aller Unternehmen der maßgeblichen Tarifstelle gemacht sowie konkret diejenigen Aufwendungen beziffert, die für die dem Beitragszuschlag zugrunde liegenden Arbeitsunfälle angefallen sind. Weitergehende Auskünfte sind nicht notwendig. Somit ist ihr Bescheid, zumindest unter Berücksichtigung der weiteren Angaben im Klage- und Berufungsverfahren hinreichend konkret begründet.

(3) Der Arbeitsunfall des Spielers K. bleibt auch nicht deshalb beim Beitragszuschlagsverfahren unberücksichtigt, weil er durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wäre.

Zum Begriff des Verschuldens hat das BSG bereits ausgeführt, dass dieser nicht im zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr muss er im Sinne einer „Verursachung“ verstanden werden (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 23; vgl. hierzu auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44 ff., welches ausdrücklich auf die Theorie der wesentlichen Bedingung zurückgreift).

Die Klägerin behauptet hier zwar, der Unfall sei durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden. Sie verweist hierzu jedoch lediglich auf die damalige Unfallanzeige, wonach der Spieler von einem Gegner gecheckt worden ist. Damit liegt jedoch kein Sachverhalt vor, der auf ein alleiniges Fremdverschulden im Sinne einer alleinigen Verursachung hindeuten würde. Dabei ist es die Klägerin selbst, die naturgemäß über nähere Informationen über den Arbeitsunfall verfügt, weil er in ihrem Unternehmen stattgefunden hat. Es ist daher vorrangig an ihr, näher vorzutragen; eine Einsicht in die Unfallakte des Spielers ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Zusätzliche Informationen liegen auch der Beklagten nicht vor. Weitere Ermittlungen des Senats ins Blaue hinein waren daher nicht veranlasst.

Ausgehend von einem Verschuldensbegriff im Sinne einer Verursachung kann der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückgeführt werden. Aus der Tatsache, dass der Spieler K. von einem Gegner gecheckt worden ist, ergibt sich lediglich, dass es im Rahmen eines Spielgeschehens mit einer gegnerischen Mannschaft und im Rahmen einer Zweikampfsituation zu dem Unfallereignis gekommen ist. Ein für ein Profieishockeyspiel unübliches Geschehen kann dem Vortrag nicht entnommen werden; hierfür ergeben sich auch ansonsten keine Anhaltspunkte. Ein solches Geschehen wird jedoch nicht von einem (hier dem gegnerischen) Spieler allein verursacht, sondern ist ursächlich auf das Spielgeschehen beider Mannschaften sowie aller beteiligten Spieler zurückzuführen; mithin hat auch der Spieler K. einen Verursachungsbeitrag gesetzt (in diesem Sinne auch: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 -). Das SG Gotha (Urteil vom 29. Mai 2017 - S 18 U 243/15 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 92 ff. der Akte des BayLSG, unter Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - L 4 U 254/12 B ER -, juris, relevant sind insb. Rn. 35, 56) hat für das professionelle Fußballspiel darauf hingewiesen, dass dieses „von einer Vielzahl robuster Körperkontakte unter weitestgehender Ausnutzung regeltechnischer Freiräume und auch darüber hinausgehender Regelverstöße, welche nicht in jedem Fall von Schiedsrichtern erkannt oder/ und geahndet werden können, geprägt [ist].“ Diesen Überlegungen zum Charakter von Sportveranstaltungen im professionellen Bereich schließt sich der Senat an. Sie gelten in gleicher Weise für das professionelle Eishockeyspiel. Darauf, ob der Spieler ausdrücklich oder konkludent in derartige Verletzungshandlungen gegnerischer Spieler eingewilligt hat oder nicht, kommt es aus Sicht des Senats für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich nicht an. Ein alleiniges Fremdverschulden ist für den Bereich des Profisports vielmehr erst dann zu prüfen, wenn ein völlig unübliches Spielgeschehen im Raum steht. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich oder vorgetragen.

Dieses Ergebnis sowie die Auslegung des Begriffsmerkmales des alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen steht aus Sicht des Senats im Einklang mit der Präventionsaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die hier mit Mitteln des Beitragsrechtes Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung bei den Unternehmen setzen soll. Zwar wird ein Sportunternehmen nicht jedweden Unfall verhüten können. Allerdings sind die Spielverbände, Vereine und Sportunternehmen keineswegs ohne Einflussmöglichkeiten. Sie haben es durchaus in der Hand, auf Zahl und Schwere der Unfälle einzuwirken, indem sie sich gegen eine unnötig aggressive Spielweise mit unnötigen bzw. übermäßigen Fouls einsetzen. Es besteht daher nach dem Sinn und Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens kein Grund, entsprechende Versicherungsfälle als solche zu qualifizieren, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eingetreten sind und deshalb unberücksichtigt bleiben müssten (ebenfalls auf die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Unfallverhütung abstellend: BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 2; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44).

Überdies liegt es nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII im Ermessen des Satzungsgebers, ob Versicherungsfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen bei der Berechnung des Beitragszuschlages ausgenommen werden oder nicht. Gleiches muss dann auch für die Voraussetzungen bzw. Modalitäten dieser Herausnahme gelten. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung eines Versicherungsfalles ihrerseits grundsätzlich keine Veranlassung oder gar Verpflichtung haben, zu Fragen des Verschuldens (d.h. der Verursachung) zu ermitteln. Die von der Beklagten in § 28 Abs. 2 ihrer Satzung eingeführte Nachweispflicht des Beitragspflichtigen, dem die Umstände im Zusammenhang mit dem Unfall gerade bekannt sein müssen, ist daher nicht zu beanstanden (so bereits: SG Dortmund, Urteil vom 12. Juli 2016 - S 36 U 5/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 36 ff. der Akte des BayLSG; ebenso: SG Nürnberg, Urteil vom 8. August 2016 - S 2 U 42/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 45 ff. der Akte des BayLSG mit dem zusätzlichen Hinweis, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine umfangreichen Ermittlungen Seitens der Unfallversicherungsträger erwartet werden können, die nicht im konkreten Zusammenhang mit dem Unfall stehen und die für die Entschädigung gegenüber dem Versicherten keine Rolle spielen). Erfolgt dann Seitens des Mitgliedsunternehmens kein substantiierter Vortrag, ergeben sich keine weiteren Amtsermittlungspflichten des Gerichts.

(4) Schließlich erfüllt der Arbeitsunfall des Spielers K. die Voraussetzung einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente mit Kosten über 10.000 Euro, so dass eine Bewertung mit 50 Belastungspunkten zutreffend erfolgt ist. Dass die Feststellung der Rente im Beitragsjahr 2010 erfolgt ist, wurde bereits dargelegt. Vorliegend belief sich außerdem allein die Zahlung für die Rente auf 17.264,42 Euro und somit auf mehr als 10.000 Euro. Diese Kosten sind der Beklagten im Jahr 2010 entstanden. Denn entscheidend ist ausschließlich, dass die Beklagte im Jahr 2010 für die Unfallrente des Spielers K. einen Betrag von mehr als 10.000 Euro gezahlt hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung spielt es demgegenüber keine Rolle, dass die Unfallrente nicht für das Jahr 2010 gezahlt worden ist, weil die Rente bis 31. Dezember 2009 befristet gewesen ist, jedoch erst nachträglich festgestellt und entsprechend nachgezahlt worden ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob der jährliche Rentenzahlbetrag an den Versicherten 10.000 Euro überschritten hat oder nicht. Denn § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung stellt lediglich darauf ab, dass im Beitragsjahr eine Arbeitsunfallrente festgestellt wird, was vorliegend der Fall gewesen ist. Auf die Frage, ob § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung insoweit ausschließlich die Kosten der Arbeitsunfallrente meint, die ihrerseits über 10.000 Euro liegen müssen, um einen Unfall mit 50 Punkten zu bewerten, oder ob - wie die Beklagte meint - auch andere Kosten des Arbeitsunfalls einfließen können (d.h. die Gesamtkosten des Arbeitsunfalls gemeint sind), kommt es daher nicht an.

cc) Auf die Berücksichtigung des Arbeitsunfalles des Spielers S. kommt es für die Berechnung des Beitragszuschlages letztlich nicht entscheidungserheblich an, da dieser aufgrund der Bewertung lediglich mit dem Punktwert 1 keine Auswirkung auf die Höhe des Beitragszuschlages der Klägerin hat. Weder bedingt allein dieser Unfall einen Beitragszuschlag noch führt der Unfall gemeinsam mit dem Arbeitsunfall des Spielers K. zu einer Erhöhung des Zuschlages.

dd) Schließlich kommt es für die Berechnung des Zuschlages nicht darauf an, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelbelastung der Klägerin von dem Beitrag gemäß Bescheid vom 20. April 2011 ausgegangen ist, anstatt (was zutreffend gewesen wäre) von dem Beitrag gemäß Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011. Abgesehen von der ohnehin nur sehr geringfügigen Differenz der Beiträge, stellt der Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011 einen unwesentlich höheren Beitrag fest, so dass sich der Fehler der Beklagten nicht zu Lasten der Klägerin auswirkt.

ee) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zuletzt aufgefordert hat, die Gesamtkosten aller Arbeitsunfälle und Renten der Unternehmen der Tarifstellen, 32.2 und 32.3 jeweils getrennt im Beitragsjahr 2010 mitzuteilen, kommt es auf diese Gesamtkosten nicht entscheidungserheblich an. Denn diese Gesamtkosten stellen kein Berechnungselement des Beitragszuschlages dar. Weitere Ermittlungen hierzu waren daher nicht veranlasst.

Letzteres gilt auch, soweit die Klägerin die Offenlegung des Zahlenwerkes für die Berechnung der Durchschnittsbelastung verlangt hat. Ein Mehrwert für das Verfahren ist - worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat - nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 18.312,40 Euro festzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Vorliegend ergibt sich der Streitwert aus der Höhe des Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin gefordert hat. Im Berufungsverfahren stand noch die Hälfte des ursprünglich geforderten Betrages i.H.v. 36.624,81 Euro im Streit. Der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes beläuft sich auf die Höhe der angefochtenen (Beitrags-)Forderung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 2/12 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 25 und juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, BSGE 104, 170 und juris Rn. 50; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 32/08 R -, SozR 4-2700 § 168 Nr. 2 und juris Rn. 26 f.).

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05.06.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für das Beitragsjahr 2004 einen Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR von der Klägerin fordern kann.
Die Klägerin ist Mitgliedsunternehmen der Beklagten und wird unter dieser Firmierung seit 01.01.1978 im Kataster der W. Bau-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, geführt.
Mit Beitragsbescheid vom 20.04.2005 setzte die W. Bau-Berufsgenossenschaft den Gesamtbeitrag für das Umlagejahr 2004 in Höhe von 60.689,09 EUR fest. Darin war ein Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR enthalten - neben einem Beitragsanteil von 49.795,58 EUR aus Arbeitsentgelt für versicherte Beschäftigte und für Unternehmerversicherung zuzüglich Anteile für arbeitsmedizinischen Dienst und Insolvenzgeld -. Dem Beitragszuschlag sind im Beitragsjahr gezahlte Aufwendungen in Höhe von 14.788,47 EUR zu Grunde gelegt.
Der Geschäftsführer der Klägerin hatte die Unfallanzeige vom 06.11.2003 zu dem Unfall des Beschäftigten R. am 25.09.2003 erstattet und darin angegeben, der Beschäftigte sei am Rande einer Senkgrube ausgerutscht und mit dem Rücken auf eine Betonplatte geschlagen. Die W. Bau-Berufsgenossenschaft hatte Ermittlungen aufgenommen, und u. a. zum Unfallhergang den Bericht ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 24.02.2004 und den Bericht der Ortsbehörde für die Arbeiter- und Angestelltenversicherung B. vom 29.07.2004 eingeholt. Die Beklagte gewährte Verletztengeld und Heilbehandlung. Auf der Grundlage des von Dr. H. erstatteten unfallchirurgischen Gutachtens vom 07.04.2005 wurde dem Beschäftigten R. mit Bescheid vom 24.05.2005 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 13.04.2004 als vorläufige Entschädigung gewährt und als Unfallfolge ein verheilter Kompressionsbruch des ersten Lendenwirbelkörpers neben anderen Beschwerden festgestellt; eine Beinverkürzung links mit dadurch ausgelöster Lumbalskoliose, ein Beckenschiefstand, ein lokales Lumbalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und Rundrücken und Hohlkreuz wurden nicht als Folgen des Versicherungsfalls anerkannt. Auf der Grundlage des unfallchirurgischen Gutachtens der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 23.05.2006 mit Ergänzung vom 20.06.2006 wurde mit Bescheid vom 24.08.2006 die vorläufige Entschädigung entzogen und Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt. Als Unfallfolge wurde eine knöchern mit geringer keilförmiger Deformität ausgeheilte Kompressionfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers festgestellt.
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.05.2005 insoweit Widerspruch ein, als ein Beitragszuschuss für das Jahr 2004 über 7401,09 EUR erhoben werde. Ursache für die angefallenen Aufwendungen sei der Arbeitsunfall am 25.09.2003 des Beschäftigten R., der entgegen der ihm erteilten Anweisungen eigenmächtig gehandelt habe und dadurch an dem Unfall selbst schuld gewesen sei (Widerspruchsbegründung vom 11.07.2005).
Nachdem zum Fälligkeitstermin keine Zahlung erfolgt ist, erließ die Beklagte den Säumniszuschlagsbescheid vom 17.01.2006 über jeweils am 16.05.2005 bis 16.12.2005 angefallene Säumniszuschläge von insgesamt 592,00 EUR. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 24.01.2006, das die Beklagte als Widerspruch wertete, gegen den Säumniszuschlagsbescheid.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 20.04.2005 und Säumniszuschlagsbescheid vom 17.01.2006 zurück. Bei der Berechnung des Beitragszuschlags für das Umlagejahr 2004 seien die im Jahr 2004 gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle der Klägerin berücksichtigt worden. Ein Beitragszuschlag werde nach der gültigen Satzung den Unternehmen auferlegt, wenn die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen die Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen überschreite. Die Eigenbelastung der Klägerin übersteige diese Schwelle. Die Aufwendungen seien zu berücksichtigen, denn ein verbotswidriges Handeln schließe einen Arbeitsunfall nicht aus. Die Erhebung der Säumniszuschläge sei korrekt, da von Gesetzes wegen für jeden angefangenen Monat nach Ablauf des Fälligkeitstages ein Säumniszuschlag in Höhe von ein Prozent des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeter Betrages zu zahlen sei. Der mit Beitragsbescheid erhobene Beitrag sei am 15.05.2005 fällig und nicht bezahlt worden.
Gegen den am 11.04.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 15.05.2006 beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, der Beschäftigte R. habe die gefährliche Situation erkannt und diese bewusst ausgenutzt, um seine Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen. Er habe eine absichtliche Eigenschädigung vorgenommen. Außerdem werde bestritten, dass die Aufwendungen im Jahr 2004 angefallen seien, da eine Behandlung bereits ab September 2003 stattgefunden habe. Zudem seien auch Aufwendungen zu Unrecht für nicht unfallbedingte Gesundheitsstörungen des Beschäftigten R. entstanden. Außerdem werde penibel die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften beachtet, so sei in den vergangenen Jahren überwiegend ein Nachlass gewährt worden. Außerdem sei die Regelung in der Satzung rechtswidrig, weil nach dieser nunmehr lediglich Zuschläge, nicht aber Nachlässe im Sinne von § 162 Sozialgesetzbuch (SGB) VII gewährt würden.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass bis zum Jahr 1997 bei günstigem Versicherungsverlauf Nachlässe gewährt worden seien. Ab Januar 1998 sei von den Selbstverwaltungsorganen beschlossen worden, Zuschläge zu erheben, was nach der gesetzlichen Bestimmung zulässig sei. Es sei den Berufsgenossenschaften freigestellt, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen.
10 
Den mit Widerrufsvorbehalt geschlossenen Prozessvergleich vom 24.04.2007, in dem sich die Beklagte zur Reduzierung des Beitragszuschlags auf 3865 EUR verpflichtete, hat die Beklagte widerrufen.
11 
Mit Urteil vom 05.06.2007 hat das Sozialgericht den angefochtenen Beitragsbescheid insoweit aufgehoben, als ein Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR festgesetzt worden ist. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, § 28 der Satzung der Beklagten verstoße gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Danach seien unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift seien Zuschläge und Nachlässe zwingend in der Satzung zu regeln, denn das Wort "oder" beziehe sich auf das einzelne beitragspflichtige Unternehmen, für das eine kumulativ Auferlegung von Zuschlägen und Gewährung von Nachlässen denknotwendig nicht möglich sei. Entscheidend sei nach der genetisch-systematischen und teleologischen Auslegung, dass der Gesetzgeber auf jeden Fall ein belohnendes Element - Nachlass oder Prämien - im Rahmen der Beitragserhebung verankert haben wollte, wenn er den Verzicht auf ein Nachlassverfahren unter die Bedingung stelle, dass Prämien zu gewähren seien. Zwar enthalte § 162 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der Prämiengewährung eine andere Regelung als § 725 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Die entscheidende Regelung in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei aber im Wesentlichen noch mit der Regelung der RVO identisch. Auch die Entstehungsgeschichte spreche für diese Auslegung. Im Gesetzgebungsverfahren zum Unfallversicherung-Neuregelungsgesetz sei darauf hingewiesen worden, dass es schon bislang möglich gewesen sei, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, aber hiervon zu wenig Gebrauch gemacht worden sei. Deshalb sei mit der Neuregelung dieses Verfahren künftig zur Pflicht gemacht worden. Dass ein reines Zuschlags- oder ein reines Nachlassverfahren diesem gesetzlichen Auftrag genüge, lasse sich dem aber nicht entnehmen.
12 
Das Urteil des Sozialgerichts ist mit Empfangsbekenntnis an die Beteiligten am 22.06.2007 abgesandt worden. Der Klägerbevollmächtigte hat im Empfangsbekenntnis den Zugang des Urteils für den 25.06.2007 bestätigt. In dem am 31.07.2007 eingegangenen Empfangsbekenntnis der Beklagten ist ein Zugang des Urteils am 30.07.2007 angegeben worden.
13 
Die Beklagte hat am 31.07.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und ihr Vorbringen in der ersten Instanz wiederholt, dass nach § 162 SGB VII bereits nach dem Wortlaut sowohl ein reines Zuschlagverfahren als auch ein reines Nachlassverfahren wie auch ein kombiniertes Zuschlags- und Nachlassverfahren zulässig sei. Dies entspreche der herrschenden Meinung. Die Satzungsregelung nach § 28 halte sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage. Bei der Berechnung der Beitragszuschläge seien auch die im Jahr 2004 gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle korrekt berücksichtigt worden. Zum Einwand der Klägerin, das Urteil des Sozialgerichts sei ihr tatsächlich früher als im Empfangsbekenntnis bestätigt zugegangen, sei auszuführen, dass das Urteil bei ihr am 02.07.2007 eingegangen und durch die Poststelle am gleichen Tag der Fachabteilung vorgelegt worden sei. Dort sei das Poststück mit dem Eingangsstempel vom 02.07.2007 versehen worden, was mit dem zwischen Fachabteilung und Poststelle vereinbarten Postgang für Fristsachen übereinstimme. Es sei nichts Ungewöhnliches, dass eine Sendung des Gerichts 10 Tage unterwegs sei. Im Empfangsbekenntnis sei versehentlich das Datum des Ausfüllens eingetragen worden, was bei den neuen vom Sozialgericht Reutlingen verwendeten Formularen nicht mehr vorkommen könne. Das Empfangsbekenntnis habe jetzt zwei getrennte Rubriken für das Datum des Eingangs des Poststücks und das Datum des Ausfüllen des Formulars. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin ergänzend ausgeführt, zum Zeitpunkt der Zustellung des Urteils des Sozialgerichts sei gerade die Umstellung auf die elektronische Aktenführung im Gange gewesen. Der Posteingang sei an die jeweilige Fachabteilung weitergeleitet worden, wo er einen Eingangsstempel erhält und von einer eigens eingerichteten Stelle eingescannt wird. Zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses sei die Stelle nicht berechtigt. Ob ihr das Urteil im Original vorgelegt worden sei, sie nur eine Kopie erhalten habe oder nur die elektronische Datei, könne sie im Nachhinein nicht mehr sagen. Diesbezüglich werde auch heute noch unterschiedlich verfahren.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05.06.2007 aufzuheben und
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Die Klägerin rügt die Verfristung der Berufung. Bei ihr sei das Urteil am 25.06.2007 eingegangen, was einem normalen Postlauf entspreche. Das Empfangsbekenntnis habe die Beklagte erst auf Mahnung des Sozialgerichts übersandt, wobei das Datum vom 30.07.2007 keinesfalls das Datum des Zugangs des Urteils sein könne. Soweit behauptet werde, dass die Entscheidung der Fachabteilung erst am 02.07.2007 vorgelegen habe, sei nicht bewiesen, dass das Urteil tatsächlich erst am 02.07.2007 bei der Poststelle eingegangen sei und diese es am gleichen Tag an die Fachabteilung weitergeleitet habe. Es sei üblich und auch geboten, das Empfangsbekenntnis am Tag des Eingangs gegenzuzeichnen. Was den Zeitpunkt des Eingangs eines Urteils anbelange, komme es nicht darauf an, wann das Schriftstück bei dem Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft oder einem mit Prozessvollmacht ausgestatteten Mitarbeiter angekommen sei. Wenn eine zentrale Posteingangsstelle eingerichtet sei, seien die Bediensteten der Posteingangsstelle Empfangsbevollmächtigte für zuzustellende Schriftstücke. Bei Zugrundelegung eines regulären Postlaufs sei das Urteil vor dem 30.06.2007 bei der Poststelle der Beklagten eingegangen, die Berufung sei damit verspätet. In der Sache seien keine weiteren Ausführungen erforderlich, es werde insoweit auf das angefochtene Urteil verwiesen.
20 
Der Senat hat die die Klägerin betreffenden Mitglieds- und Beitragsakten der Beklagten und die den Beschäftigten R. betreffende Unfallakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden.
22 
Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landessozialgericht einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).
23 
Das angefochtene Urteil ist wirksam mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 63 Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 174 Zivilprozessordnung) und zwar zur Überzeugung des Senats am 02.07.2007. Die Berufungsfrist begann somit am 03.07.2007 zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endete am 02.08.2007 (§ 64 Abs. 2 SGG). Die am 31.07.2007 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten ist daher innerhalb der Frist erhoben worden.
24 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Berufungsfrist wirksam am 02.07.2007 in Gang gesetzt worden. Die Zustellung ist ordnungsgemäß erfolgt. Die Zustellung ist die formgerechte Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person (vgl. § 166 Abs. 1 ZPO i. d. F. vom 05.12.2005, BGBl. I 3202). Ein Dokument kann eine Urkunde oder auch ein sonstiger mechanisch oder elektronisch abgefasster Text sein (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO Kommentar, § 166 Rdnr. 5). Der Zustellungsadressat kann bei nicht natürlichen Personen grundsätzlich nur der „Leiter“ der Behörde sein, an den die Zustellung zu bewirken ist (§ 170 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 63 Abs. 2 SGG). Damit ist bei Behörden die Zustellung nur wirksam ab dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem das zuzustellende Schriftstück dem Behördenleiter oder dem im Prozess Vertretungsberechtigten der Behörde zugegangen ist (vgl. auch BVerwG Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19). Dieser ist berechtigt, das Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Bedienstete der Poststelle einer Behörde gehören nicht zu diesem Personenkreis.
25 
Da nur die Bekanntgabe des Dokuments Wirksamkeitsvoraussetzung einer Zustellung ist, ist bei der Zustellung eines Schriftstückes mit Empfangsbekenntnis nach § 174 Abs. 1 ZPO nicht zwingende Voraussetzung, dass das Schriftstück dem Zustellungsadressaten tatsächlich körperlich übergeben wird. Ausreichend ist die seitens des Absenders hierzu eröffnete Möglichkeit. Wenn durch die innerbehördliche Organisation das in den Machtbereich des Zustellungsadressaten gelangte Schriftstück den zur Prozessführung befugten Bediensteten nicht mehr im Original zugänglich gemacht wird, sondern die mit der Bekanntgabe bezweckte Kenntnisnahme nur durch eine Kopie oder elektronische Datei bewerkstelligt wird, ist von einer von Amts wegen wirksam erfolgten Zustellung auszugehen. Die grundsätzlich ausreichende Kenntnisnahme einer Kopie oder eines elektronische Dokuments zum Zwecke der Zustellung auf Veranlassung des Absenders ist bereits nach § 174 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO zulässig. Daraus ist ersichtlich, dass die Bekanntgabe durch körperliche Übergabe des Originaldokuments nicht unabdingbar ist. Daher begründet auch die Entscheidung des Zustellungsadressaten, ein vom Absender übersandtes Schriftstück nicht im Original, was ihm faktisch möglich wäre, sondern auf andere Weise zum Zwecke der Zustellung zur Kenntnis zu nehmen, keinen Zustellungsmangel. Vorliegend kann deshalb dahinstehen, ob das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen der zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses befugten Bediensteten im Original vorgelegen hat.
26 
Die formgerechte Zustellung mit Empfangsbekenntnis ist darüber hinaus wirksam, wenn im Empfangsbekenntnis der Empfang zum Zweck der Zustellung des Schriftstückes bestätigt sowie die eigenhändige Unterschrift des Empfangsberechtigten mit Datum angebracht ist (§ 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für die Wirksamkeit ist entscheidend, dass der Adressat schriftlich bestätigt, das empfangene Schriftstück an einem bestimmten Tag mit dem Willen entgegengenommen zu haben, es als zugestellt gelten zu lassen und das Empfangsbekenntnis zurückgeschickt wird (vgl. Hüßtege a. a. O., § 174 RdNr. 5ff; BSG SozR 3- 1960 § 5 Nr. 1). Dies erbringt vollen Beweis dafür, dass an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt wurde.
27 
Fehlt die Datumsangabe beim unterschriebenen Empfangsbekenntnis, ist deshalb die Zustellung nicht unwirksam (BGH NJW 2005, 3216 ff), auch wenn das Datum des tatsächlichen Zuganges nicht mehr rekonstruierbar ist. Diesem Fall vergleichbar ist der einer versehentlich gemachten und vom Aussteller widerrufenen Datumsangabe im Empfangsbekenntnis, die die Wirksamkeit der Zustellung und damit den Beginn des Fristlaufs zu dem für nachgewiesen erachteten spätesten Zugangszeitpunkt nicht berührt. Nach dieser Rechtsprechung konnte bereits bisher die Zustellung auch dann noch (mit „Rückwirkung“) vollzogen werden, wenn der Zustellungsempfänger später, in einem anderen von ihm unterzeichneten Schriftstück, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Zustellungsvorgang stehen muss - etwa einer Berufungsschrift -, ausdrücklich den Tag der Zustellung angegeben hat (BSG a.a.O.; BGH a. a. O.; BGH NJW 1994, 2295).
28 
Nach diesen Grundsätzen ist zwar die Beweiskraft des von der Beklagten am 30.07.2007 ausgestellten Empfangsbekenntnisses durch die gemäß der Auflage des Senats abgegebene Erklärung der Beklagten vom 10.01.2008 erschüttert, doch ist darin zugleich der Zugang des angefochtenen Urteils für den 02.07.2007 bestätigt worden. Damit ist für den Senat durch die Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses, die auch die Erklärung vom 10.01.2008 abgegeben hat, nachträglich das Zugangsdatum festgestellt. Die zur Prozessführung ermächtigte Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses war als Angehörige der Fachabteilung auch hierzu befugt. Der Erklärung vom 10.01.2008 kommt die Beweiskraft eines Empfangsbekenntnisses nach § 174 Abs. 4 ZPO zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es unerheblich, ob das Urteil zu einem früheren Zeitpunkt bei der Post- oder der Einscannstelle der Beklagten eingegangen ist.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 20.04.2005 ist im angefochtenen Umfang nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben. Die Klägerin hat den Beitragszuschlag in voller Höhe angefochten, obgleich sie einen geringeren Betrag – nämlich den abzüglich der Beitragsvorauszahlung noch offenen Differenzbetrag - im Widerspruch (und nachfolgend) genannt hat. Aus ihrem Vorbringen ist aber erkennbar, dass sie sich gegen den Beitragszuschlag in voller Höhe wendet (falsa demonstratio non nocet), so dass bezüglich der Differenz zwischen Nachzahlungsbetrag (7.401,09 EUR) und Beitragszuschlag (7.731,60 EUR) der Bescheid nicht bestandskräftig geworden ist.
30 
Nach § 150 Abs. 1 SGB VII sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
31 
Die Berufsgenossenschaften haben ferner unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 2-4 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 1. Halbs. SGB VII) Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Betracht (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
32 
Nach diesen Grundsätzen ist der auf die Satzung der Württembergischen Bau-BG gestützte angefochtene Beitragsbescheid rechtmäßig.
33 
Die vom Bundesversicherungsamt am 29.04.2005 genehmigte Satzung der Beklagten über die Fusion der Unfallversicherungsträger der Bauwirtschaft (Fusionssatzung 2005) ist anstelle der Satzung der W. Bau-Berufsgenossenschaft vom 18.11.1997 (Satzung) am 01.05.2005 in Kraft getreten (§ 72 Abs. 2 Fusionssatzung 2005). Nach §§ 1, 2 des Anhangs 1 zur Fusionssatzung galten die Gefahrtarife und Regelungen zur Umlage der jeweils einzelnen fusionierten Bau-Berufsgenossenschaften bis zum Umlagejahr 2005 fort. Der Beitragszuschlag ist damit zutreffend auf die bis 30.04.2005 gültige Satzung der W. Bau-BG gestützt.
34 
Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 153 Abs. 3, 154 Abs. 1, 155, 166, 157 Abs. 1, 161, 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII, §§ 33 ff SGB IV) ist die Satzung nur daraufhin überprüfbar, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen (BSG SozR 3-2200 § in 125 Nr. 2 m. w. N.; BSGE 13, 189 = SozR Nr. 2 zu § 915 RVO; BSGE 27, 237, 240 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO; BSG SozR Nr. 4 zu § 725 RVO; BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10; SozR 2200 § 734 Nr. 5; BSG Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335 f; BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253, 255). Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27 = SozR 2200 § 734 Nr. 3; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.). Die Prüfung, ob die Satzung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte (BSG SozR 3-2200 § 724 Nr. 2; BSG SozR 2200, § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.); zum gesetzlichen Rahmen gehört, dass den Auswirkungen für den betroffenen Unternehmen nach oben und unten Grenzen gesetzt sind, sie dürfen zwar wirtschaftlich ins Gewicht fallen, dürfen aber nicht das Versicherungsprinzip der Solidarhaftung aufheben. Zu berücksichtigen ist ein Übermaß- und Untermaßverbot (vgl. BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10, BSG NZS 1986, 623; BSG SozR 3-2200 § 725 Nr. 2).
35 
Nach § 28 der Satzung (in der für die Umlage 2004 geregelten Neufassung) ist ein Beitragszuschlag unter den dort genannten Voraussetzungen vom Beitragspflichtigen zu erheben. Diese Regelung ist im wesentlichen inhaltsgleich mit § 30 der Fusionssatzung 2005. In beiden Satzungen ist kein Beitragsnachlassverfahren vorgesehen.
36 
Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung verstößt dies nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII. Es entspricht der einhelligen Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, dass sowohl ein reines Beitragsnachlass- als auch ein reines Beitragszuschlagverfahren wie auch eine Kombination von Beitragsnachlass-/Beitragszuschlagverfahren nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers zulässig ist (vgl. Platz in Schulin, Hdb. des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 58 Rdnr. 77ff; Burchardt in Brackmann, Hdb. der Sozialversicherung, § 162 SGB VII Rdnr. 24; Ricke in Kasseler Kommentar, § 162 Rdnr. 8; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung Handkommentar, § 162 Rdnr. 3; Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, § 162 Nr. 8; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung § 162 Rdnr. 3; Weiß in SGB VII, Lehr- und Praxiskommentar, § 162 Rdnr. 6ff; BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R -, Rdnr. 20 mit Hinweis auf Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O., Kater/Leube, a. a. O., Kasseler Kommentar a. a. O. - jeweils mit Verweis auf die Kommentierung zur Zulässigkeit reiner Zuschlags- oder Nachlassverfahren - veröffentlicht in Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.01.2006 - L 3 U 58/04 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.12.2007 - L 17 U 128/07 - , jeweils veröffentlicht in Juris). Dies entspricht auch der Rechtsprechungspraxis des Senats (vgl. Urteil vom 27.03.2006 - L 1 U 1430/05, Rdnr. 26, veröffentlicht in Juris, bestätigt durch BSG, Urteil vom 30.03.2007 - B 2 U 9/06 R-).
37 
Der Senat folgt nicht der vom Sozialgericht mit umfassender Begründung dargelegten, von der überwiegend vertretenen Rechtsmeinung abweichenden Auffassung. Der Auffassung des Sozialgerichts ist zuzugestehen, dass teilweise im Schrifttum und in der Rechtsprechung eine eingehende Begründung für die postulierte weitgehende Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers nicht gegeben wird. Doch ist die vom Sozialgericht vertretene Auffassung nicht überzeugend und die ihr zu Grunde liegende Auslegung der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII nicht zwingend. Eine gesetzgeberische Begrenzung der Satzungsautonomie mit dem grundsätzlich gegebenen weiten Gestaltungsermessen ist der gesetzlichen Vorschrift des § 162 SGB VII nicht zu entnehmen.
38 
Nach dem Wortlaut des § 162 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften durch das Wort "oder" die alternative Regelungsmöglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen, sodass eine Satzungsregelung mit reinem Zuschlagverfahren oder reinem Nachlassverfahren der Ermächtigungsnorm nicht widerspricht. Der Hinweis des Sozialgerichts, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.11.2005, a. a. O.) beziehe sich der Wortlaut auf das einzelne beitragspflichtige Mitgliedsunternehmen, sodass eine kumulative Auferlegung von Zuschlägen oder die Gewährung von Nachlässen denknotwendigen nicht möglich sei, führt nicht zu der Auslegung, dass die Ermächtigungsnorm für den Normadressaten - den Satzungsgeber - auch so zu verstehen sein muss, dass das „oder“ als „und“ zu lesen ist. Bei der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts bestand gerade Anlass für eine entsprechende Differenzierung, da die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Satzung ein kombiniertes Zuschlags-/Nachlassverfahren vorsah, was auf erstes Ansehen viel eher dem Wortlaut von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII widerspricht als ein reines Nachlass- oder Zuschlagverfahren.
39 
Eine teleologisch orientierte Auslegung führt ebenfalls nicht zu der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers. Weder ein aus der Gesetzeshistorie noch aus der Gesetzessystematik ableitbarer Gesetzeszweck zwingt zu der einschränkenden Auffassung, dass nur das kombinierte Beitragnachlass-/Zuschlagverfahren rechtlich zulässig ist.
40 
In der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30.04.1964 (BGBl I 241) geltenden Fassung des § 712 Reichsversicherungsordnung (RVO) war den Berufsgenossenschaften das Recht eingeräumt worden, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Eine zwingende Verpflichtung des Satzungsgebers, ein Beitragausgleichsverfahren in diesem Sinne durchzuführen, war gerade nicht in der Regelung des § 712 RVO begründet worden. Mit der Neuregelung in § 725 Abs. 2 RVO ist den Unfallversicherungsträgern zwingend vorgeschrieben worden, ein Beitragsausgleichsverfahren in der Satzung vorzusehen. Weder aus den Motiven des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Bundestagsdrucksache IV/938 S. 23f) noch aus dem damaligen Verständnis der Rechtsanwender (vgl. die Verfügungen des Bundesversicherungsamt vom 30.11.1964 - II 3 - 6103 - 1077/64 - und das Rundschreiben des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften VB 20/65 vom 18.02.1965, zitiert nach Buchardt a. a. O. Rdnr. 15) ist ersichtlich, dass nur eine Satzungsregelung mit einem kombinierten Beitragsnachlass- und Beitragzuschlagverfahren mit der Neuregelung des § 725 Abs. 2 RVO zulässig war. In der Gesetzesbegründung wird vielmehr darauf hingewiesen, dass die Berufsgenossenschaften bisher von der Möglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, zu wenig Gebrauch gemacht hätten. Dieses Verfahren sei den Berufsgenossenschaften künftig zur Pflicht zu machen. Die Selbstverwaltung sei bei der Ausgestaltung des Verfahrens jedoch völlig frei (Bundestagsdrucksache IV/938 a. a. O.). Dem Umstand, dass nunmehr in § 725 Abs. 2 Satz 4 RVO an Stelle von Nachlässen oder zusätzlich zu den Nachlässen auch gestaffelte Prämien gewährt werden konnten, kann die vom Sozialgericht zugemessene inhaltliche Bedeutung nicht beigelegt werden. Dieser Regelung ist nicht zu entnehmen, dass neben dem Malus-System durch Beitragszuschläge zugleich auch ein Bonus-System durch Nachlässe oder Prämien zwingend in der Satzung verankert sein musste. Die Fassung in § 162 Abs. 2 SGB VII zur möglichen Gewährung von Prämien bei der Effektivität von Präventionsmaßnahmen bietet hierfür ebenfalls keinen Ansatzpunkt. § 162 SGB VII hat im Wesentlichen das bis dahin geltende Recht in § 725 Abs. 2 RVO übernommen (so auch die Gesetzesmaterialien, vgl. Bundestagsdrucksache 13/2204, S. 112 ff).
41 
Dem gesetzgeberischen Willen entspricht es, mit dem Beitragausgleichsverfahren die Unternehmen durch Beitragsanreize zur Förderung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz anzuhalten (vgl. Ricke. a. a. O. Rdnr. 2; Burchardt a. a. O. Rdnr. 12ff). Das Beitragsausgleichsverfahren ist auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens anhand der eingetretenen Unfälle ausgerichtet, um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung herbeizuführen (Burchardt a. a. O.; ähnlich auch Weiß a. a. O., § 162 Rdnr. 5, der die Abschwächung der „ nivellierenden Wirkungen der Gefahrklassen" als zusätzliches Ziel benennt). Hierbei ist für die reinen Beitragzuschlagverfahren, wie bei der streitgegenständlichen Satzungsregelung der Beklagten, zu berücksichtigen, dass die Summe der Beitragzuschläge aller betroffenen Unternehmen das Umlagesoll insgesamt vermindert, da die Beitragszuschläge wie Einnahmen wirken. Damit sinkt auch der Beitragsfuß und der Normalbeitrag für alle Unternehmen. Für nicht zuschlagspflichtige Unternehmen wirkt dies wie ein Nachlass. Wirtschaftlich wirkt sich das sogar für die zuschlagspflichtigen Unternehmen aus, denn auch diese kommen in den Genuss des verminderten Normalbeitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 13). Dem gesetzgeberischen Zweck, Beitragsanreize zu schaffen und bessere Beitragsgerechtigkeit herzustellen, wird daher auch mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren Rechnung getragen, da von ihm entlastende und belastende Auswirkungen auf die Beitragsgestaltung ausgehen. Eine Satzung mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren läuft daher dem gesetzgeberischen Zweck, Beitraganreize für einen verstärkten Arbeitsschutz zu schaffen, nicht entgegen. Selbst wenn man - wie das Sozialgericht - unterstellt, dass Elemente eines Bonus/Malussystems aus gesetzessystematischen Gründen in dem vom Satzungsgeber gewählten Beitragsausgleichsverfahren enthalten sein müssen, wäre diese Voraussetzung zur Wahrung des Gesetzeszwecks erfüllt. Ob damit auch das zweckmäßigste und gerechteste Verfahren gewählt wird, ist der gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich.
42 
Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 2 der Satzung) mit Begrenzung des Beitragszuschlags auf 30% des Beitrags des Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 3 der Satzung) lässt nicht erkennen, dass damit gegen das aus der Solidarhaftung folgende Übermaßverbot verstoßen wird. In der Rechtsprechung sind Zuschlägen von 25 bis 30 v.H. des Beitrags (BSG NZS 1986, 623 -ohne ausdrückliche Festsetzung einer Höchstgrenze -; BSG, Urt. vom 16.11.2005 a. a. O.) bzw. Zuschlägen bis 60 v.H. des Beitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 6 mit weiteren Hinweisen) als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch vereinbar beurteilt worden. Die Anknüpfung an die Eigenbelastung berücksichtigt die in § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII genannten Berechnungsansätze der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für Versicherungsfälle. Es ist dem Satzungsgeber überlassen, ob und wie er die gesetzlichen Merkmale für die Regelung des Beitragausgleichsverfahrens kombiniert oder ob er nur eines als Berechnungsansatz verwendet (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 15ff, m. w. H.).
43 
Der angefochtene Beitragszuschlag ist auch zutreffend errechnet worden. Der Einwand der Klägerin, ihrer Eigenbelastung seien nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen zugrunde gelegt worden, trifft nicht zu.
44 
Zwar kann das Mitgliedsunternehmen dem ihn betreffenden Beitragsbescheid mit Beitragszuschlag entgegenhalten, dass ein Arbeitsunfall des bei ihm beschäftigten Versicherten nicht vorgelegen habe, auch wenn der an den Versicherten ergangene Leistungsbescheid mit der Feststellung eines Arbeitsunfalls rechtskräftig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.1990 - 2 RU 5/90 -, veröffentlicht in HBV-Info 1990, 2163-2168 und Juris), denn der Leistungsbescheid enthält keine Bindungswirkung gegenüber dem Beschäftigungsbetrieb und Beitragspflichtigen. Doch ist dem Mitgliedsunternehmen nicht jede Rüge der Höhe entstandener Aufwendungen möglich. Ein aus fehlerhafter ärztlicher Behandlung anlässlich eines Arbeitsunfalls entstandener Mehraufwand oder Aufwendungen, die aus Anlass eines Versicherungsfalles sowohl für dessen Folgen als auch für versicherungsfremde Gesundheitsstörungen entstanden sind und die der Versicherungsträger aber mangels Abgrenzbarkeit oder zur Vermeidung aufwändiger Ermittlungen insgesamt getragen hat, sind unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des Beitragzuschlagverfahrens noch wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückführbare Aufwendungen (zu den nicht rügbaren Aufwendungen eines Behandlungsfehlers vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 17, 18).
45 
Nach diesen Grundsätzen besteht kein Anlass, die von der Beklagten im Einzelnen dargelegten Aufwendungen für den Versicherungsfall des Beschäftigten R. nicht in die Berechnung der Eigenbelastung der Klägerin einzustellen. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt, da eine vorsätzliche Eigenverletzung des Versicherten vorgelegen habe, die die Legaldefinition des Arbeitsunfalls in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII nicht erfüllt, ist zur Überzeugung des Senats widerlegt. In der vom Geschäftsführer der Beklagten selbst erstatteten Unfallanzeige vom 06.11.2003 wird ein Unfallhergang geschildert, aus dem sich keine vorsätzliche Eigenschädigung ergibt. Auch im Widerspruchsverfahren gegen den Beitragsbescheid wird kein zu dieser Behauptung passender Vorgang geschildert, sondern auf ein eigenmächtiges Handeln entgegen ausdrücklicher Arbeitsanweisungen abgestellt, was für sich genommen aber noch keine vorsätzliche Eigenschädigung begründet. Ein verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus (§ 7 Abs. 2 SGB VII). Selbst eine in Kauf genommene Eigenschädigung steht der Annahme eines Arbeitsunfalls nicht entgegen, wenn sie nur als Zwischenziel einer darüber hinausgehenden, mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang stehenden Absicht anzusehen ist, (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. § 7 SGB VII Rdnr. 8). Dass der Versicherte R. aber überhaupt mit Eigenschädigungsabsicht gehandelt hat, ist aus den dargelegten Gründen für den Senat nicht ersichtlich. Für die letztlich hoch riskante unfallträchtige Situation spricht zudem, dass der Vater des Geschäftsführers der Klägerin während des zur Unfallverletzung des Beschäftigten R. führenden Arbeitsvorganges selbst auch in die Grube gestürzt ist.
46 
Soweit die Klägerin geltend macht, es seien auch Aufwendungen für die Behandlung der unfallvorbestehenden Wirbelsäulenerkrankung des Beschäftigten R. berücksichtigt worden, ist diese Rüge der Höhe der errechneten Eigenbelastung unbeachtlich. Eine Rüge zur fehlerhaften Berechnung der Eigenbelastung muss erkennen lassen, dass Aufwendungen entweder für eine von unfallbedingten Behandlungsmaßnahmen eindeutig abgrenzbare Behandlung oder für eine Abgeltung eindeutig abgrenzbarer unfallfremder Gesundheitsstörungen berücksichtigt worden sind. Eine Behauptung „ins Blaue hinein“, die der Arbeitgeber in der Regel ohne genaue Kenntnisse über die Krankheitsgeschichte seiner Beschäftigten aufstellt, löst keine Amtsermittlungspflicht des Unfallversicherungsträgers aus. Ein Eingehen in der Sache ist dem Unfallversicherungsträger auch regelmäßig verwehrt, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i. V. m. §§ 199ff SGB VII), soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners nicht erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. In diesem Fall kann sich der Unfallversicherungsträger darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern.
47 
Dies gilt auch dann, wenn der Unfallversicherungsträger unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen in einem Bescheid gegenüber dem verunglückten Versicherten festgestellt hat, da insoweit eine medizinische -gutachtliche- und rechtliche Abklärung erfolgt ist. Grundsätzlich sind nämlich die bei der Behandlung und Abgeltung von Unfallfolgen rechtmäßig mit erfassten Beschwerden einer unfallvorbestehenden Erkrankung noch zu den Aufwendungen des Versicherungsfalles zu zählen. Die Aufwendungen für nicht abgrenzbare Behandlungsmaßnahmen (z. B. physiotherapeutische Behandlung der Beschwerden eines unfallbedingten Wirbelkörperbruchs und Beschwerden einer unfallunabhängigen Bandscheibenerkrankung) sind direkte Folge des Versicherungsfalles. Soweit die Beschwerden selbst nicht von unfallbedingter und unfallfremder Erkrankung abgrenzbar sind, sind die Beschwerden als Ausfluss des "Alles-oder-Nichts-Prinzips" insgesamt bereits Unfallfolgen.
48 
Jedoch auch die Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallfremde Leiden, die zwar grundsätzlich von Unfallfolgen abgrenzbar wären, sind unter bestimmten Voraussetzungen noch dem Versicherungsfall zuzurechnen und daher bei der Berechnung der Eigenbelastung zu berücksichtigen. Hierzu gehören die aus Gründen der Verfahrensvereinfachung bei schwieriger Beweissituation oder faktischer Unmöglichkeit (z. B. Verweigerung der Zustimmung zu einem nichtduldungspflichtigen Eingriff) oder Unverhältnismäßigkeit der weiteren Aufklärung entstandenen Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallunabhängige Beschwerden. Der Versicherungsfall ist rechtlich als wesentliche Bedingung für das Entstehen dieser Aufwendungen zu bewerten. Der Versicherungsträger kann im Rahmen des ihm obliegenden Verwaltungshandelns die für zweckmäßig erachteten Maßnahmen treffen (§§ 9 Satz 2, 20 Abs. 1 Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Dazu gehört auch die Entscheidung, ob weitere Ermittlungen mit Erfolgsaussicht anzustellen sind, ggf. auch ob bei streitigen Rechtsfragen im Wege eines Vergleichs Kosten übernommen werden (für die Unbeachtlichkeit eines den Beitrag verringernden Vergleichs mit dem Deutschen Fußballbund mit Auswirkungen auf das Umlagesoll für alle Mitgliedsunternehmen, vgl. BSG Urteil vom 24.02.2004 - B 2 U 31/03 R - SozR 4-2700 § 152 Nr. 1). Die Rüge, es seien unfallfremde Leistungen bei der Berechnung der Eigenbelastung des Beitragsschuldners berücksichtigt worden, bedarf deshalb auch in den Fällen einer Konkretisierung, wenn der Unfallversicherungsträger tatsächlich Anlass gesehen hat, in einem gegenüber dem Versicherten erlassenen Bescheid unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen festzustellen.
49 
Vorliegend ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin auch nur pauschal und wenig substantiiert. Für den Senat bestand daher auch kein Anlass zu weitergehenden Ermittlungen. Die Beklagte hat mit Leistungsbescheid vom 24.05.2005 und 24.08.2006 Unfallfolgen festgestellt und davon auch ausdrücklich unfallunabhängige Erkrankungen und Gesundheitsstörungen abgegrenzt. Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass abgrenzbare Entschädigungsleistungen für unfallfremde Gesundheitsstörungen geleistet worden sind. Die Entscheidungen der Beklagten sind auf die eingeholten medizinischen Gutachten, in denen die bestehenden Unfallfolgen in Abgrenzung zu Vorerkrankungen umschrieben worden sind, gestützt. Hierzu hat die Klägerin auch nichts weiter vorgetragen. Auf die datenschutzrechtliche Problematik der Einbeziehung der dem Arbeitgeber unbekannten Aktenteile der Unfallakte des Beschäftigten im Hinblick auf den Schutz der in der Akte enthaltenen Sozialdaten (vgl. hierzu Ricke a. a. O. § 167 Rdnr. 22b) kommt es im weiteren daher nicht an.
50 
Eine rechnerische Fehlerhaftigkeit ist dem Beitragsbescheid nicht zu entnehmen. Eine solche hat die Klägerin auch nicht gerügt.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
21 
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden.
22 
Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landessozialgericht einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).
23 
Das angefochtene Urteil ist wirksam mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 63 Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 174 Zivilprozessordnung) und zwar zur Überzeugung des Senats am 02.07.2007. Die Berufungsfrist begann somit am 03.07.2007 zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endete am 02.08.2007 (§ 64 Abs. 2 SGG). Die am 31.07.2007 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten ist daher innerhalb der Frist erhoben worden.
24 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Berufungsfrist wirksam am 02.07.2007 in Gang gesetzt worden. Die Zustellung ist ordnungsgemäß erfolgt. Die Zustellung ist die formgerechte Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person (vgl. § 166 Abs. 1 ZPO i. d. F. vom 05.12.2005, BGBl. I 3202). Ein Dokument kann eine Urkunde oder auch ein sonstiger mechanisch oder elektronisch abgefasster Text sein (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO Kommentar, § 166 Rdnr. 5). Der Zustellungsadressat kann bei nicht natürlichen Personen grundsätzlich nur der „Leiter“ der Behörde sein, an den die Zustellung zu bewirken ist (§ 170 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 63 Abs. 2 SGG). Damit ist bei Behörden die Zustellung nur wirksam ab dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem das zuzustellende Schriftstück dem Behördenleiter oder dem im Prozess Vertretungsberechtigten der Behörde zugegangen ist (vgl. auch BVerwG Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19). Dieser ist berechtigt, das Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Bedienstete der Poststelle einer Behörde gehören nicht zu diesem Personenkreis.
25 
Da nur die Bekanntgabe des Dokuments Wirksamkeitsvoraussetzung einer Zustellung ist, ist bei der Zustellung eines Schriftstückes mit Empfangsbekenntnis nach § 174 Abs. 1 ZPO nicht zwingende Voraussetzung, dass das Schriftstück dem Zustellungsadressaten tatsächlich körperlich übergeben wird. Ausreichend ist die seitens des Absenders hierzu eröffnete Möglichkeit. Wenn durch die innerbehördliche Organisation das in den Machtbereich des Zustellungsadressaten gelangte Schriftstück den zur Prozessführung befugten Bediensteten nicht mehr im Original zugänglich gemacht wird, sondern die mit der Bekanntgabe bezweckte Kenntnisnahme nur durch eine Kopie oder elektronische Datei bewerkstelligt wird, ist von einer von Amts wegen wirksam erfolgten Zustellung auszugehen. Die grundsätzlich ausreichende Kenntnisnahme einer Kopie oder eines elektronische Dokuments zum Zwecke der Zustellung auf Veranlassung des Absenders ist bereits nach § 174 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO zulässig. Daraus ist ersichtlich, dass die Bekanntgabe durch körperliche Übergabe des Originaldokuments nicht unabdingbar ist. Daher begründet auch die Entscheidung des Zustellungsadressaten, ein vom Absender übersandtes Schriftstück nicht im Original, was ihm faktisch möglich wäre, sondern auf andere Weise zum Zwecke der Zustellung zur Kenntnis zu nehmen, keinen Zustellungsmangel. Vorliegend kann deshalb dahinstehen, ob das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen der zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses befugten Bediensteten im Original vorgelegen hat.
26 
Die formgerechte Zustellung mit Empfangsbekenntnis ist darüber hinaus wirksam, wenn im Empfangsbekenntnis der Empfang zum Zweck der Zustellung des Schriftstückes bestätigt sowie die eigenhändige Unterschrift des Empfangsberechtigten mit Datum angebracht ist (§ 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für die Wirksamkeit ist entscheidend, dass der Adressat schriftlich bestätigt, das empfangene Schriftstück an einem bestimmten Tag mit dem Willen entgegengenommen zu haben, es als zugestellt gelten zu lassen und das Empfangsbekenntnis zurückgeschickt wird (vgl. Hüßtege a. a. O., § 174 RdNr. 5ff; BSG SozR 3- 1960 § 5 Nr. 1). Dies erbringt vollen Beweis dafür, dass an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt wurde.
27 
Fehlt die Datumsangabe beim unterschriebenen Empfangsbekenntnis, ist deshalb die Zustellung nicht unwirksam (BGH NJW 2005, 3216 ff), auch wenn das Datum des tatsächlichen Zuganges nicht mehr rekonstruierbar ist. Diesem Fall vergleichbar ist der einer versehentlich gemachten und vom Aussteller widerrufenen Datumsangabe im Empfangsbekenntnis, die die Wirksamkeit der Zustellung und damit den Beginn des Fristlaufs zu dem für nachgewiesen erachteten spätesten Zugangszeitpunkt nicht berührt. Nach dieser Rechtsprechung konnte bereits bisher die Zustellung auch dann noch (mit „Rückwirkung“) vollzogen werden, wenn der Zustellungsempfänger später, in einem anderen von ihm unterzeichneten Schriftstück, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Zustellungsvorgang stehen muss - etwa einer Berufungsschrift -, ausdrücklich den Tag der Zustellung angegeben hat (BSG a.a.O.; BGH a. a. O.; BGH NJW 1994, 2295).
28 
Nach diesen Grundsätzen ist zwar die Beweiskraft des von der Beklagten am 30.07.2007 ausgestellten Empfangsbekenntnisses durch die gemäß der Auflage des Senats abgegebene Erklärung der Beklagten vom 10.01.2008 erschüttert, doch ist darin zugleich der Zugang des angefochtenen Urteils für den 02.07.2007 bestätigt worden. Damit ist für den Senat durch die Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses, die auch die Erklärung vom 10.01.2008 abgegeben hat, nachträglich das Zugangsdatum festgestellt. Die zur Prozessführung ermächtigte Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses war als Angehörige der Fachabteilung auch hierzu befugt. Der Erklärung vom 10.01.2008 kommt die Beweiskraft eines Empfangsbekenntnisses nach § 174 Abs. 4 ZPO zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es unerheblich, ob das Urteil zu einem früheren Zeitpunkt bei der Post- oder der Einscannstelle der Beklagten eingegangen ist.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 20.04.2005 ist im angefochtenen Umfang nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben. Die Klägerin hat den Beitragszuschlag in voller Höhe angefochten, obgleich sie einen geringeren Betrag – nämlich den abzüglich der Beitragsvorauszahlung noch offenen Differenzbetrag - im Widerspruch (und nachfolgend) genannt hat. Aus ihrem Vorbringen ist aber erkennbar, dass sie sich gegen den Beitragszuschlag in voller Höhe wendet (falsa demonstratio non nocet), so dass bezüglich der Differenz zwischen Nachzahlungsbetrag (7.401,09 EUR) und Beitragszuschlag (7.731,60 EUR) der Bescheid nicht bestandskräftig geworden ist.
30 
Nach § 150 Abs. 1 SGB VII sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
31 
Die Berufsgenossenschaften haben ferner unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 2-4 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 1. Halbs. SGB VII) Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Betracht (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
32 
Nach diesen Grundsätzen ist der auf die Satzung der Württembergischen Bau-BG gestützte angefochtene Beitragsbescheid rechtmäßig.
33 
Die vom Bundesversicherungsamt am 29.04.2005 genehmigte Satzung der Beklagten über die Fusion der Unfallversicherungsträger der Bauwirtschaft (Fusionssatzung 2005) ist anstelle der Satzung der W. Bau-Berufsgenossenschaft vom 18.11.1997 (Satzung) am 01.05.2005 in Kraft getreten (§ 72 Abs. 2 Fusionssatzung 2005). Nach §§ 1, 2 des Anhangs 1 zur Fusionssatzung galten die Gefahrtarife und Regelungen zur Umlage der jeweils einzelnen fusionierten Bau-Berufsgenossenschaften bis zum Umlagejahr 2005 fort. Der Beitragszuschlag ist damit zutreffend auf die bis 30.04.2005 gültige Satzung der W. Bau-BG gestützt.
34 
Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 153 Abs. 3, 154 Abs. 1, 155, 166, 157 Abs. 1, 161, 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII, §§ 33 ff SGB IV) ist die Satzung nur daraufhin überprüfbar, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen (BSG SozR 3-2200 § in 125 Nr. 2 m. w. N.; BSGE 13, 189 = SozR Nr. 2 zu § 915 RVO; BSGE 27, 237, 240 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO; BSG SozR Nr. 4 zu § 725 RVO; BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10; SozR 2200 § 734 Nr. 5; BSG Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335 f; BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253, 255). Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27 = SozR 2200 § 734 Nr. 3; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.). Die Prüfung, ob die Satzung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte (BSG SozR 3-2200 § 724 Nr. 2; BSG SozR 2200, § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.); zum gesetzlichen Rahmen gehört, dass den Auswirkungen für den betroffenen Unternehmen nach oben und unten Grenzen gesetzt sind, sie dürfen zwar wirtschaftlich ins Gewicht fallen, dürfen aber nicht das Versicherungsprinzip der Solidarhaftung aufheben. Zu berücksichtigen ist ein Übermaß- und Untermaßverbot (vgl. BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10, BSG NZS 1986, 623; BSG SozR 3-2200 § 725 Nr. 2).
35 
Nach § 28 der Satzung (in der für die Umlage 2004 geregelten Neufassung) ist ein Beitragszuschlag unter den dort genannten Voraussetzungen vom Beitragspflichtigen zu erheben. Diese Regelung ist im wesentlichen inhaltsgleich mit § 30 der Fusionssatzung 2005. In beiden Satzungen ist kein Beitragsnachlassverfahren vorgesehen.
36 
Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung verstößt dies nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII. Es entspricht der einhelligen Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, dass sowohl ein reines Beitragsnachlass- als auch ein reines Beitragszuschlagverfahren wie auch eine Kombination von Beitragsnachlass-/Beitragszuschlagverfahren nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers zulässig ist (vgl. Platz in Schulin, Hdb. des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 58 Rdnr. 77ff; Burchardt in Brackmann, Hdb. der Sozialversicherung, § 162 SGB VII Rdnr. 24; Ricke in Kasseler Kommentar, § 162 Rdnr. 8; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung Handkommentar, § 162 Rdnr. 3; Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, § 162 Nr. 8; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung § 162 Rdnr. 3; Weiß in SGB VII, Lehr- und Praxiskommentar, § 162 Rdnr. 6ff; BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R -, Rdnr. 20 mit Hinweis auf Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O., Kater/Leube, a. a. O., Kasseler Kommentar a. a. O. - jeweils mit Verweis auf die Kommentierung zur Zulässigkeit reiner Zuschlags- oder Nachlassverfahren - veröffentlicht in Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.01.2006 - L 3 U 58/04 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.12.2007 - L 17 U 128/07 - , jeweils veröffentlicht in Juris). Dies entspricht auch der Rechtsprechungspraxis des Senats (vgl. Urteil vom 27.03.2006 - L 1 U 1430/05, Rdnr. 26, veröffentlicht in Juris, bestätigt durch BSG, Urteil vom 30.03.2007 - B 2 U 9/06 R-).
37 
Der Senat folgt nicht der vom Sozialgericht mit umfassender Begründung dargelegten, von der überwiegend vertretenen Rechtsmeinung abweichenden Auffassung. Der Auffassung des Sozialgerichts ist zuzugestehen, dass teilweise im Schrifttum und in der Rechtsprechung eine eingehende Begründung für die postulierte weitgehende Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers nicht gegeben wird. Doch ist die vom Sozialgericht vertretene Auffassung nicht überzeugend und die ihr zu Grunde liegende Auslegung der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII nicht zwingend. Eine gesetzgeberische Begrenzung der Satzungsautonomie mit dem grundsätzlich gegebenen weiten Gestaltungsermessen ist der gesetzlichen Vorschrift des § 162 SGB VII nicht zu entnehmen.
38 
Nach dem Wortlaut des § 162 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften durch das Wort "oder" die alternative Regelungsmöglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen, sodass eine Satzungsregelung mit reinem Zuschlagverfahren oder reinem Nachlassverfahren der Ermächtigungsnorm nicht widerspricht. Der Hinweis des Sozialgerichts, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.11.2005, a. a. O.) beziehe sich der Wortlaut auf das einzelne beitragspflichtige Mitgliedsunternehmen, sodass eine kumulative Auferlegung von Zuschlägen oder die Gewährung von Nachlässen denknotwendigen nicht möglich sei, führt nicht zu der Auslegung, dass die Ermächtigungsnorm für den Normadressaten - den Satzungsgeber - auch so zu verstehen sein muss, dass das „oder“ als „und“ zu lesen ist. Bei der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts bestand gerade Anlass für eine entsprechende Differenzierung, da die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Satzung ein kombiniertes Zuschlags-/Nachlassverfahren vorsah, was auf erstes Ansehen viel eher dem Wortlaut von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII widerspricht als ein reines Nachlass- oder Zuschlagverfahren.
39 
Eine teleologisch orientierte Auslegung führt ebenfalls nicht zu der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers. Weder ein aus der Gesetzeshistorie noch aus der Gesetzessystematik ableitbarer Gesetzeszweck zwingt zu der einschränkenden Auffassung, dass nur das kombinierte Beitragnachlass-/Zuschlagverfahren rechtlich zulässig ist.
40 
In der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30.04.1964 (BGBl I 241) geltenden Fassung des § 712 Reichsversicherungsordnung (RVO) war den Berufsgenossenschaften das Recht eingeräumt worden, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Eine zwingende Verpflichtung des Satzungsgebers, ein Beitragausgleichsverfahren in diesem Sinne durchzuführen, war gerade nicht in der Regelung des § 712 RVO begründet worden. Mit der Neuregelung in § 725 Abs. 2 RVO ist den Unfallversicherungsträgern zwingend vorgeschrieben worden, ein Beitragsausgleichsverfahren in der Satzung vorzusehen. Weder aus den Motiven des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Bundestagsdrucksache IV/938 S. 23f) noch aus dem damaligen Verständnis der Rechtsanwender (vgl. die Verfügungen des Bundesversicherungsamt vom 30.11.1964 - II 3 - 6103 - 1077/64 - und das Rundschreiben des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften VB 20/65 vom 18.02.1965, zitiert nach Buchardt a. a. O. Rdnr. 15) ist ersichtlich, dass nur eine Satzungsregelung mit einem kombinierten Beitragsnachlass- und Beitragzuschlagverfahren mit der Neuregelung des § 725 Abs. 2 RVO zulässig war. In der Gesetzesbegründung wird vielmehr darauf hingewiesen, dass die Berufsgenossenschaften bisher von der Möglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, zu wenig Gebrauch gemacht hätten. Dieses Verfahren sei den Berufsgenossenschaften künftig zur Pflicht zu machen. Die Selbstverwaltung sei bei der Ausgestaltung des Verfahrens jedoch völlig frei (Bundestagsdrucksache IV/938 a. a. O.). Dem Umstand, dass nunmehr in § 725 Abs. 2 Satz 4 RVO an Stelle von Nachlässen oder zusätzlich zu den Nachlässen auch gestaffelte Prämien gewährt werden konnten, kann die vom Sozialgericht zugemessene inhaltliche Bedeutung nicht beigelegt werden. Dieser Regelung ist nicht zu entnehmen, dass neben dem Malus-System durch Beitragszuschläge zugleich auch ein Bonus-System durch Nachlässe oder Prämien zwingend in der Satzung verankert sein musste. Die Fassung in § 162 Abs. 2 SGB VII zur möglichen Gewährung von Prämien bei der Effektivität von Präventionsmaßnahmen bietet hierfür ebenfalls keinen Ansatzpunkt. § 162 SGB VII hat im Wesentlichen das bis dahin geltende Recht in § 725 Abs. 2 RVO übernommen (so auch die Gesetzesmaterialien, vgl. Bundestagsdrucksache 13/2204, S. 112 ff).
41 
Dem gesetzgeberischen Willen entspricht es, mit dem Beitragausgleichsverfahren die Unternehmen durch Beitragsanreize zur Förderung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz anzuhalten (vgl. Ricke. a. a. O. Rdnr. 2; Burchardt a. a. O. Rdnr. 12ff). Das Beitragsausgleichsverfahren ist auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens anhand der eingetretenen Unfälle ausgerichtet, um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung herbeizuführen (Burchardt a. a. O.; ähnlich auch Weiß a. a. O., § 162 Rdnr. 5, der die Abschwächung der „ nivellierenden Wirkungen der Gefahrklassen" als zusätzliches Ziel benennt). Hierbei ist für die reinen Beitragzuschlagverfahren, wie bei der streitgegenständlichen Satzungsregelung der Beklagten, zu berücksichtigen, dass die Summe der Beitragzuschläge aller betroffenen Unternehmen das Umlagesoll insgesamt vermindert, da die Beitragszuschläge wie Einnahmen wirken. Damit sinkt auch der Beitragsfuß und der Normalbeitrag für alle Unternehmen. Für nicht zuschlagspflichtige Unternehmen wirkt dies wie ein Nachlass. Wirtschaftlich wirkt sich das sogar für die zuschlagspflichtigen Unternehmen aus, denn auch diese kommen in den Genuss des verminderten Normalbeitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 13). Dem gesetzgeberischen Zweck, Beitragsanreize zu schaffen und bessere Beitragsgerechtigkeit herzustellen, wird daher auch mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren Rechnung getragen, da von ihm entlastende und belastende Auswirkungen auf die Beitragsgestaltung ausgehen. Eine Satzung mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren läuft daher dem gesetzgeberischen Zweck, Beitraganreize für einen verstärkten Arbeitsschutz zu schaffen, nicht entgegen. Selbst wenn man - wie das Sozialgericht - unterstellt, dass Elemente eines Bonus/Malussystems aus gesetzessystematischen Gründen in dem vom Satzungsgeber gewählten Beitragsausgleichsverfahren enthalten sein müssen, wäre diese Voraussetzung zur Wahrung des Gesetzeszwecks erfüllt. Ob damit auch das zweckmäßigste und gerechteste Verfahren gewählt wird, ist der gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich.
42 
Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 2 der Satzung) mit Begrenzung des Beitragszuschlags auf 30% des Beitrags des Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 3 der Satzung) lässt nicht erkennen, dass damit gegen das aus der Solidarhaftung folgende Übermaßverbot verstoßen wird. In der Rechtsprechung sind Zuschlägen von 25 bis 30 v.H. des Beitrags (BSG NZS 1986, 623 -ohne ausdrückliche Festsetzung einer Höchstgrenze -; BSG, Urt. vom 16.11.2005 a. a. O.) bzw. Zuschlägen bis 60 v.H. des Beitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 6 mit weiteren Hinweisen) als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch vereinbar beurteilt worden. Die Anknüpfung an die Eigenbelastung berücksichtigt die in § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII genannten Berechnungsansätze der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für Versicherungsfälle. Es ist dem Satzungsgeber überlassen, ob und wie er die gesetzlichen Merkmale für die Regelung des Beitragausgleichsverfahrens kombiniert oder ob er nur eines als Berechnungsansatz verwendet (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 15ff, m. w. H.).
43 
Der angefochtene Beitragszuschlag ist auch zutreffend errechnet worden. Der Einwand der Klägerin, ihrer Eigenbelastung seien nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen zugrunde gelegt worden, trifft nicht zu.
44 
Zwar kann das Mitgliedsunternehmen dem ihn betreffenden Beitragsbescheid mit Beitragszuschlag entgegenhalten, dass ein Arbeitsunfall des bei ihm beschäftigten Versicherten nicht vorgelegen habe, auch wenn der an den Versicherten ergangene Leistungsbescheid mit der Feststellung eines Arbeitsunfalls rechtskräftig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.1990 - 2 RU 5/90 -, veröffentlicht in HBV-Info 1990, 2163-2168 und Juris), denn der Leistungsbescheid enthält keine Bindungswirkung gegenüber dem Beschäftigungsbetrieb und Beitragspflichtigen. Doch ist dem Mitgliedsunternehmen nicht jede Rüge der Höhe entstandener Aufwendungen möglich. Ein aus fehlerhafter ärztlicher Behandlung anlässlich eines Arbeitsunfalls entstandener Mehraufwand oder Aufwendungen, die aus Anlass eines Versicherungsfalles sowohl für dessen Folgen als auch für versicherungsfremde Gesundheitsstörungen entstanden sind und die der Versicherungsträger aber mangels Abgrenzbarkeit oder zur Vermeidung aufwändiger Ermittlungen insgesamt getragen hat, sind unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des Beitragzuschlagverfahrens noch wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückführbare Aufwendungen (zu den nicht rügbaren Aufwendungen eines Behandlungsfehlers vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 17, 18).
45 
Nach diesen Grundsätzen besteht kein Anlass, die von der Beklagten im Einzelnen dargelegten Aufwendungen für den Versicherungsfall des Beschäftigten R. nicht in die Berechnung der Eigenbelastung der Klägerin einzustellen. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt, da eine vorsätzliche Eigenverletzung des Versicherten vorgelegen habe, die die Legaldefinition des Arbeitsunfalls in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII nicht erfüllt, ist zur Überzeugung des Senats widerlegt. In der vom Geschäftsführer der Beklagten selbst erstatteten Unfallanzeige vom 06.11.2003 wird ein Unfallhergang geschildert, aus dem sich keine vorsätzliche Eigenschädigung ergibt. Auch im Widerspruchsverfahren gegen den Beitragsbescheid wird kein zu dieser Behauptung passender Vorgang geschildert, sondern auf ein eigenmächtiges Handeln entgegen ausdrücklicher Arbeitsanweisungen abgestellt, was für sich genommen aber noch keine vorsätzliche Eigenschädigung begründet. Ein verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus (§ 7 Abs. 2 SGB VII). Selbst eine in Kauf genommene Eigenschädigung steht der Annahme eines Arbeitsunfalls nicht entgegen, wenn sie nur als Zwischenziel einer darüber hinausgehenden, mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang stehenden Absicht anzusehen ist, (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. § 7 SGB VII Rdnr. 8). Dass der Versicherte R. aber überhaupt mit Eigenschädigungsabsicht gehandelt hat, ist aus den dargelegten Gründen für den Senat nicht ersichtlich. Für die letztlich hoch riskante unfallträchtige Situation spricht zudem, dass der Vater des Geschäftsführers der Klägerin während des zur Unfallverletzung des Beschäftigten R. führenden Arbeitsvorganges selbst auch in die Grube gestürzt ist.
46 
Soweit die Klägerin geltend macht, es seien auch Aufwendungen für die Behandlung der unfallvorbestehenden Wirbelsäulenerkrankung des Beschäftigten R. berücksichtigt worden, ist diese Rüge der Höhe der errechneten Eigenbelastung unbeachtlich. Eine Rüge zur fehlerhaften Berechnung der Eigenbelastung muss erkennen lassen, dass Aufwendungen entweder für eine von unfallbedingten Behandlungsmaßnahmen eindeutig abgrenzbare Behandlung oder für eine Abgeltung eindeutig abgrenzbarer unfallfremder Gesundheitsstörungen berücksichtigt worden sind. Eine Behauptung „ins Blaue hinein“, die der Arbeitgeber in der Regel ohne genaue Kenntnisse über die Krankheitsgeschichte seiner Beschäftigten aufstellt, löst keine Amtsermittlungspflicht des Unfallversicherungsträgers aus. Ein Eingehen in der Sache ist dem Unfallversicherungsträger auch regelmäßig verwehrt, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i. V. m. §§ 199ff SGB VII), soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners nicht erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. In diesem Fall kann sich der Unfallversicherungsträger darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern.
47 
Dies gilt auch dann, wenn der Unfallversicherungsträger unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen in einem Bescheid gegenüber dem verunglückten Versicherten festgestellt hat, da insoweit eine medizinische -gutachtliche- und rechtliche Abklärung erfolgt ist. Grundsätzlich sind nämlich die bei der Behandlung und Abgeltung von Unfallfolgen rechtmäßig mit erfassten Beschwerden einer unfallvorbestehenden Erkrankung noch zu den Aufwendungen des Versicherungsfalles zu zählen. Die Aufwendungen für nicht abgrenzbare Behandlungsmaßnahmen (z. B. physiotherapeutische Behandlung der Beschwerden eines unfallbedingten Wirbelkörperbruchs und Beschwerden einer unfallunabhängigen Bandscheibenerkrankung) sind direkte Folge des Versicherungsfalles. Soweit die Beschwerden selbst nicht von unfallbedingter und unfallfremder Erkrankung abgrenzbar sind, sind die Beschwerden als Ausfluss des "Alles-oder-Nichts-Prinzips" insgesamt bereits Unfallfolgen.
48 
Jedoch auch die Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallfremde Leiden, die zwar grundsätzlich von Unfallfolgen abgrenzbar wären, sind unter bestimmten Voraussetzungen noch dem Versicherungsfall zuzurechnen und daher bei der Berechnung der Eigenbelastung zu berücksichtigen. Hierzu gehören die aus Gründen der Verfahrensvereinfachung bei schwieriger Beweissituation oder faktischer Unmöglichkeit (z. B. Verweigerung der Zustimmung zu einem nichtduldungspflichtigen Eingriff) oder Unverhältnismäßigkeit der weiteren Aufklärung entstandenen Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallunabhängige Beschwerden. Der Versicherungsfall ist rechtlich als wesentliche Bedingung für das Entstehen dieser Aufwendungen zu bewerten. Der Versicherungsträger kann im Rahmen des ihm obliegenden Verwaltungshandelns die für zweckmäßig erachteten Maßnahmen treffen (§§ 9 Satz 2, 20 Abs. 1 Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Dazu gehört auch die Entscheidung, ob weitere Ermittlungen mit Erfolgsaussicht anzustellen sind, ggf. auch ob bei streitigen Rechtsfragen im Wege eines Vergleichs Kosten übernommen werden (für die Unbeachtlichkeit eines den Beitrag verringernden Vergleichs mit dem Deutschen Fußballbund mit Auswirkungen auf das Umlagesoll für alle Mitgliedsunternehmen, vgl. BSG Urteil vom 24.02.2004 - B 2 U 31/03 R - SozR 4-2700 § 152 Nr. 1). Die Rüge, es seien unfallfremde Leistungen bei der Berechnung der Eigenbelastung des Beitragsschuldners berücksichtigt worden, bedarf deshalb auch in den Fällen einer Konkretisierung, wenn der Unfallversicherungsträger tatsächlich Anlass gesehen hat, in einem gegenüber dem Versicherten erlassenen Bescheid unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen festzustellen.
49 
Vorliegend ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin auch nur pauschal und wenig substantiiert. Für den Senat bestand daher auch kein Anlass zu weitergehenden Ermittlungen. Die Beklagte hat mit Leistungsbescheid vom 24.05.2005 und 24.08.2006 Unfallfolgen festgestellt und davon auch ausdrücklich unfallunabhängige Erkrankungen und Gesundheitsstörungen abgegrenzt. Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass abgrenzbare Entschädigungsleistungen für unfallfremde Gesundheitsstörungen geleistet worden sind. Die Entscheidungen der Beklagten sind auf die eingeholten medizinischen Gutachten, in denen die bestehenden Unfallfolgen in Abgrenzung zu Vorerkrankungen umschrieben worden sind, gestützt. Hierzu hat die Klägerin auch nichts weiter vorgetragen. Auf die datenschutzrechtliche Problematik der Einbeziehung der dem Arbeitgeber unbekannten Aktenteile der Unfallakte des Beschäftigten im Hinblick auf den Schutz der in der Akte enthaltenen Sozialdaten (vgl. hierzu Ricke a. a. O. § 167 Rdnr. 22b) kommt es im weiteren daher nicht an.
50 
Eine rechnerische Fehlerhaftigkeit ist dem Beitragsbescheid nicht zu entnehmen. Eine solche hat die Klägerin auch nicht gerügt.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.312,40 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten und Berufungsbeklagten festgesetzten Zuschlag zum Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2010.

Die Klägerin betreibt einen Eishockeyclub, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie ist Mitglied der Beklagten.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 25. August 2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach § 159 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nach dem geltenden Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Veranlagung erfolgte zu Gefahrtarifstelle 32 „Sportunternehmen“ (vgl. Teil I Buchstabe A des ab 1. Januar 2010 geltenden Gefahrtarifs). Die Gefahrtarifstelle war in drei Unterpunkte unterteilt:

– 32.1: bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81)

– 32.2: sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04)

– 32.3: übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42)

Zum 1. Januar 2010 trat außerdem eine geänderte Satzung der Beklagten in Kraft, die - insoweit gestützt auf § 162 Abs. 1 SGB VII - in § 28 (in der Fassung des 1. Nachtrages, der durch die damals fusionierenden Berufsgenossenschaften am 12. November bzw. 10. Dezember 2009 beschlossen und durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009 genehmigt wurde) das Beitragszuschlagsverfahren wie folgt neu regelte:

§ 28 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.

(2) Führt der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft er sich hierauf, so hat er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum

Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtige

Zuschlagspflichtig sind nur

2.1 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht sowie

2.2 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe VI bis VII der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen der jeweiligen Gruppe abweicht.

Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle bzw. der Gruppe liegt.

Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag liegt und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung

In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

* für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

3.1 Berechnung der Einzelbelastung Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen.

Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel:

Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

… = Einzelbelastung Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

3.2 Berechnung der Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle (siehe Ziffer 2.1) bzw. der Gruppe VI oder VII (siehe Ziffer 2.2 - im folgenden Gruppe -) addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe des § 3 der Satzung ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der Gruppe im Beitragsjahr x 10.000

… = Durchschnittsbelastung Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe im Beitragsjahr

4. Höhe des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

* 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt,

* 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt und

* 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt.

Für Unternehmen aus Unternehmensarten, deren Belastung im Umlagejahr zu 20 v.H. oder mehr aus Leistungen für Berufskrankheiten besteht, wird der Beitrag um den entsprechenden Anteil der Berufskrankheiten gekürzt (anrechenbarer Beitrag).

Für die Berechnung der Beiträge nach den Ziffern 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Zahlung des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Durchführungsbestimmungen

Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

§ 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten listet, unterteilt in sieben Gruppen, die Unternehmensarten auf, für die die Beklagte sachlich zuständig ist. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu Gruppe III, die mit „Verwaltungen“ überschrieben ist und die auch „Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen sowie selbständige Musikkapellen“ erfasst. Außerdem gehören zu dieser Gruppe u.a. Kirchenverwaltungen, diplomatische Kanzleien, Parteien, Berufs-, soziale und sonstige Verbände sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. „Banken“ bilden eine eigenständige Gruppe (Gruppe I).

Mit Beitragsbescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Gesamtbeitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 383.788,86 Euro mit. Der Gesamtbeitrag setzte sich zusammen aus dem Beitrag zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Höhe von (i.H.v.) 366.248,32 Euro und dem Betrag für Fremdumlagen. Bei der Berechnung des Beitrages zur VBG legte die Beklagte Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 205.055,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 und i.H.v. 1.681.091,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 45,04 zugrunde; bezogen auf die Gefahrklasse 57,81 wurden keine Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.

Aufgrund eines geänderten Entgeltnachweises für das Jahr 2010 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2011 mit weiterem Beitragsbescheid vom 1. Juli 2011 dahingehend ab, dass sie nun bei der Berechnung des Beitrages zur VBG bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 241.882,00 Euro zugrunde legte. Der Beitrag zur VBG erhöhte sich dadurch auf 366.684,45 Euro und der Gesamtbeitrag auf 384.317,96 Euro. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Nach Anhörung setzte die Beklagte außerdem mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 2011 gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag i.H.v. 36.624,81 Euro (Zuschlag von 10%) fest. Dabei berücksichtigte sie die vier Arbeitsunfälle folgender Spieler mit folgenden Daten:

– Sch. (nachfolgend: Sch.), Unfall vom 9. September 2007, Registrierdatum 6. November 2007, Entschädigungsdatum 09/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– K. (nachfolgend: K.), Unfall vom 2. Januar 2007, Registrierdatum 9. Januar 2007, Entschädigungsdatum 05/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– D. (nachfolgend: D.), Unfall vom 28. August 2009, Registrierdatum 2. September 2009, Entschädigungsdatum 11/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– S. (nachfolgend: S.), Unfall vom 12. Januar 2010, Registrierdatum 21. Januar 2010, Belastungstyp Unfall, Belastungspunkte 1,00 Der Beitragszuschlag errechnete sich nach § 162 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28 der Satzung der Beklagten aus dem anrechenbaren Beitrag zur VBG i.H.v. 366.248,13 Euro, Unfallbelastungspunkten von insgesamt 151,00, einer Belastungsziffer der Klägerin von 4,1228, einer Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 und einer Abweichung der Belastungsziffer der Klägerin zur Durchschnittsbelastungsziffer von 348,13%.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zugleich Einsicht in die Akten der dem Beitragszuschlag zugrunde gelegten Unfälle. Über Folgeschäden bzw. Rentenzahlungen an die betroffenen Eishockeyspieler sei der Klägerin nichts bekannt; vielmehr seien die betreffenden Personen auch nach den Unfällen als Eishockeyspieler voll im Einsatz gewesen. Zugleich wurden zahlreiche Bedenken gegen die Beitragszuschläge vorgetragen. Erstens handele es sich bei dem Beitragszuschlag in Wahrheit um ein „der Höhe nach willkürlich festgesetztes Ordnungsgeld als Beugemittel mit dem Anspruch auf künftiges präventives ‚Wohlverhalten'…“. Zweitens seien nach § 162 SGB VII Zuschläge „unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle“ möglich. Die Satzung der Beklagte stelle stattdessen jedoch auf das Beitragsjahr der Feststellung der Unfallrente ab (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 der Satzung). Überdies sei die Satzung nach ihrem § 56 erst am 1. Januar 2010 in Kraft getreten und eine rückwirkende Anwendung auf Unfälle aus den Jahren 2007 bzw. 2009 rechtswidrig. Die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Kosten der festgestellten Renten eine Rolle spielen würden, käme es jedenfalls nur auf die tatsächlich im Beitragsjahr gezahlten Rentenleistungen an. In dem vorliegenden Fall sei außerdem zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen der Profiligen insgesamt um das Dreifache höher liege als die Belastung der Beklagten durch entsprechende Entschädigungsleistungen. Durch die zusätzliche Auferlegung von Beitragszuschlägen gerate das Gesamtgefüge gänzlich außer Verhältnis und stehe jenseits des hier allein anzuwendenden Versicherungsprinzips. Die Zuschlagsbelastung führe bei Profisportunternehmen zu einer endgültigen Erdrosselung unter eklatantem Verstoß gegen das Übermaßverbot. Darüber hinaus würden die sehr hohen Gefahrklassen z.B. bei Sportunternehmen gegenüber Unternehmen mit sehr niedrigen Gefahrklassen (wie z.B. Banken) bei einer gleich hohen Einzelbelastung (gemessen an den Belastungspunkten) dazu führen, dass der Beitragszuschlag bei Sportunternehmen um ein Vielfaches höher ausfalle. Letztlich enthalte die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beseitige all diese Einwendungen nicht.

Mit undatiertem Widerspruchsbescheid, bei der Klägerin am 6. Dezember 2011 eingegangen, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 zurück. Bei der Erhebung des Zuschlages handele es sich gesetzessystematisch um eine Beitragsverpflichtung. Diese sei rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle Unternehmen der Beklagten der gleichen Beitragszuschlagsberechnung unterliegen würden. Ein Vergleich mit anderen Unternehmensarten mit deutlich geringerer Gefahrklasse (z.B. einer Bank) führe zu keinem verwertbaren Ergebnis. Vielmehr spiegle eine höhere Gefahrklasse die größere Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines Unfalls z.B. bei einem Eishockeyspieler gegenüber einem Bankangestellten wider. Darüber hinaus liege keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Eine Begrenzung des Zuschlages erfolge über § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten zu den Arbeitsunfällen bestehe aus Datenschutzgründen nicht. Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden würden sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergeben.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut mit dem Ziel, den Beitragszuschlagsbescheid aufzuheben. Zugleich beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 (S 9 U 338/11 ER) lehnte das SG Landshut den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 27. Juni 2012 (L 2 U 134/12 B ER) zurück.

Im Klageverfahren vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin seine bisherigen Ausführungen. Er bestritt, dass den Sportlern berechtigterweise Unfallrenten zugesprochen worden seien. Die Unfälle seien im Übrigen ausschließlich auf Fremdverschulden zurückzuführen. Dies ergebe sich aus den der Klägerin noch vorliegenden Kopien der Unfallanzeigen. Der Spieler K. sei z.B. von seinem Gegner gecheckt worden. Regelverstöße seien nicht durch die Einwilligung des kampfbetonten Eishockeyspiels gedeckt. Zivilrechtlich bestehe ein Schadensersatzanspruch, wenn nachgewiesen werden könne, dass der Mitspieler schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen habe. Soweit die Satzung die Frage einer überdurchschnittlichen Belastung mit Hilfe eines Vergleichs mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 ermittle, sei dies unrichtig. Der Vergleich habe nur im Verhältnis zu der Gefahrtarifstelle 32.2 erfolgen dürfen. Mit der Sonderregelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 2.2 der Satzung verstoße die Beklagte außerdem insofern gegen das Gleichheitsgebot, als dort die durchschnittliche Belastung nicht innerhalb der jeweiligen Gefahrtarifstelle berechnet werde, sondern innerhalb der Gruppe VI und VII des § 3 der Satzung. Die Satzung der Beklagten berücksichtige nach ihrem Wortlaut nur die Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle, nicht die Höhe der anfallenden Kosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2013 Bezug genommen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 10. Mai 2012 die Rentenbescheide der drei betroffenen Spieler vor und teilte mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2014 die Entschädigungsleistungen im Jahr 2010 mit. Daraus ergeben sich die folgenden weiteren Daten:

– Sch.: Rentenbescheid vom 1. September 2010, Rentenbeginn am 19. April 2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 62.584,23 Euro

– K.: Rentenbescheid vom 28. Mai 2010, Rentenzahlung vom 15. August 2007 bis 31. Dezember 2009 nach einer MdE von 20 v.H. (Zahlbetrag insg.: 17.264,42 Euro; Monatsbetrag zuletzt 618,67 Euro), außerdem Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 1.928,00 Euro

– D.: Rentenbescheid vom 3. November 2010, Rentenbeginn am 3. August 2010 nach einer MdE von 20 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 4.606,44 Euro, Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 59.779,73 Euro

– S.: Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 10.816,89 Euro Außerdem vertiefte die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2013 und vom 14. Februar 2014 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit ihrer Satzung sowie des angefochtenen Beitragszuschlagsbescheides. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17. September 2014 erklärte sich die Beklagte bereit, den Unfall des Spielers D. aus der Berechnung des Beitragszuschlages herauszunehmen. Der Zuschlag reduzierte sich damit auf 27.468,61 Euro.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 (S 9 U 339/11) änderte das SG Landshut den angefochtenen Bescheid der Beklagten dahingehend weiter ab, dass der Unfall des Spielers Sch. vom 9. September 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wodurch sich der Beitragszuschlag halbiere und die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den bereits gezahlten Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,41 Euro zurückzuzahlen. Im Übrigen wies das SG Landshut die Klage ab. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf 36.624,81 Euro fest. Zur Begründung wies die Kammer darauf hin, dass die Satzung der Beklagten zwar der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 162 Abs. 1 SGB VII entspreche und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot oder das Rückwirkungsverbot verstoße. Hierzu nahm die Kammer Bezug auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 10. Dezember 2013 (- S 1 U 74/12 -, Bl. 150 ff. der Akte des BayLSG), welches den Beteiligten bekannt war. Auch sei der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten formell rechtmäßig. Allerdings habe der Unfall des Spielers Sch. nicht berücksichtigt werden dürfen, da es sich nicht um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Soweit die Beklagte die Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. zutreffend mit insgesamt 51 Belastungspunkten berücksichtigt habe, würden sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Unfälle durch das alleinige Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden seien. Denn bei einer Sportart wie dem Eishockey liege eine gegenseitige Einwilligung der Spieler in Handlungen vor, wie sie dem üblichen Spielverlauf entsprechen. Ein Fremdverschulden im Sinne der Satzung der Beklagten könne nur dann vorliegen, wenn Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig in besonders rücksichtsloser Weise handeln. Hierfür ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte; insbesondere sei nicht ersichtlich, dass ein Strafverfahren durchgeführt oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht worden wären.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zum Kriterium der „Schwere“ eines Arbeitsunfalls ist nun vorgetragen worden, dass hierfür nicht die Kosten entscheidend seien, sondern der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der Grad der MdE bzw. die Art der Unfallfolgen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Beitragszuschlagsverfahren anderer Mitgliedsunternehmen bereit erklärt habe, die Bescheide aufzuheben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16. Januar 2015, vom 25. Oktober 2016, vom 24. Februar 2017, vom 19. Juni 2017, vom 2. Oktober 2017 und vom 4. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihrerseits die Berechnung des Beitragszuschlages näher erläutert sowie ihre Rechtsausführungen vertieft. Insbesondere liege es im Gestaltungsermessen der Vertreterversammlung der Beklagten, die Schwere eines Arbeitsunfalls vereinfachend anhand der Kosten, der Zahlung einer Unfallrente sowie des Eintrittes des Todes als schlimmster Unfallfolge zu differenzieren. Die Unterscheidung zwischen den Zuschlagspflichtigen in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass es sich bei dem Gefahrtarif 2010 um einen Fusionsgefahrtarif gehandelt habe, dem die Tarifstellen der Fusionspartner einfach angehängt worden seien. Durch das Abstellen auf die „Gruppe“ habe vermieden werden sollen, dass sich das Ausgleichsverfahren auf Kleinst-Gefahrtarifstellen beziehe. Somit werde nicht Gleiches ungleich behandelt. Ergänzend hat die Beklagte zahlreiche Kopien sozialgerichtlicher Urteile vorgelegt, die sich mit ihrer Satzungsregelung befassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016, vom 21. April 2017, vom 14. September 2017 und vom 1. Dezember 2017 Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge einschließlich der Akten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, am 6. Dezember 2011 bei der Klägerin eingegangen. Insoweit steht noch der hälftige Beitragszuschlag im Streit, nachdem zunächst die Beklagte den Unfall des Spielers D. aus der Zuschlagsberechnung herausgenommen und anschließend das SG Landshut den Beitragszuschlagsbescheid dahingehend abgeändert hat, dass auch der Unfall des Spielers Sch. nicht zu berücksichtigen ist. Berufung wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von der Beklagten eingelegt. Sonstige Fragen, insbesondere zur Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2010, sind nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Soweit der von der Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgesetzte Beitragszuschlag nach der Änderung durch den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 11. Dezember 2014 noch auf 18.312,40 Euro beläuft, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag wurde anhand der Satzungsregelungen, die ihrerseits nicht zu bestanden sind, zutreffend berechnet.

1. Das Beitragsbzw. Beitragszuschlagsverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung basiert - soweit hier relevant - auf folgenden Grundsätzen:

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden grundsätzlich durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, die den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge sowie des Verwaltungsvermögens decken muss (§ 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Veranlagung zu den Gefahrklassen erfolgt nach dem als Satzung anzusehenden Gefahrtarif der jeweiligen Berufsgenossenschaft (§ 159 Abs. 1 SGB VII). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 12). Gemäß § 168 Abs. 1 SGB VII teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (Beitragsbescheid).

Des Weiteren haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle (vgl. § 193 Abs. 1 und 2 SGB VII) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII können auch Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten durch die Satzung ausgenommen werden. Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 13).

Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 725 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Soweit nicht die geringfügigen Änderungen betroffen sind, kann daher weiterhin auf die zu § 725 Abs. 2 RVO ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und unter Benennung dieser Änderungen).

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin (und auch für das vorliegende Verfahren), dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist. Das Verfahren muss Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen. Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken. Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 19 m.w.N.).

In Einklang mit der Rechtsprechung des BSG wird in der Literatur zum Zweck des sog. Beitragsausgleichsverfahrens außerdem darauf hingewiesen, dass dieses auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens ausgerichtet ist. Es geht um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung, die in den Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität, aber auch teilweise mit erheblichem Kostenaufwand betrieben wird. Durch eine finanzielle Be- und Entlastung soll auf eine verstärkte Unfallverhütung und damit insbesondere auf eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes hingewirkt werden (Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 17, 19). Durch das Beitragsausgleichsverfahren wird die individuelle Unfallgefahr des Unternehmens zu einem Faktor der Beitragsberechnung (Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 2; ähnlich Schmidt., in: SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3). Es dient der Förderung der Prävention durch Beitragsanreize (Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 2). Das Einzelverhalten, also Erfolg und Misserfolg der Prävention im eigenen Unternehmen, soll unmittelbar zu finanziellen Vor- oder Nachteilen führen (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 2). Zuschläge und Nachlässe bewirken eine Umverteilung der Beitragsbelastung. Der Eintritt des Versicherungsfalles soll entsprechend § 1 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln vermieden werden. Das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen soll sich in der Beitragshöhe niederschlagen. Die genossenschaftlich haftenden Mitglieder sollen gerechter an dem wirtschaftlichen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben (Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 1, 2). Bigge (in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 1) spricht von einer verursachungsgerechten Heranziehung zu den Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Beklagte der Klägerin für das Beitragsjahr 2010 zu Recht einen im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,40 Euro auferlegt. Das von der Beklagten nach Maßgabe des § 28 ihrer Satzung durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren ist mit der Ermächtigungsnorm vereinbar (hierzu unter a) und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG; hierzu unter b), das Übermaßverbot bzw. den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hierzu unter c), das Rückwirkungsverbot (hierzu unter d) oder sonstiges höherrangiges Recht (hierzu unter e). Relevante Fehler bei der Berechnung des Zuschlages liegen ebenfalls nicht vor (hierzu unter f).

a) Das von der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren richtet sich nach § 28 ihrer ab 1. Januar 2010 geltenden (Fusions-)Satzung in der Fassung des 1. Nachtrages vom 12. November/ 10. Dezember 2009 (genehmigt durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009). Danach werden unter Bezugnahme auf § 162 SGB VII jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Von der Verpflichtung (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) bzw. der Möglichkeit (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII), Versicherungsfälle außer Ansatz zu lassen, hat die Beklagte (abgesehen von der Möglichkeit, Unfälle auf Betriebswegen auszunehmen) Gebrauch gemacht.

U.a. bleiben solche Arbeitsunfälle unberücksichtigt, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Letzteres ist vom Beitragspflichtigen nachzuweisen (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Zuschlagspflichtig ist der Beitragspflichtige, dessen Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der jeweiligen Vergleichsgruppe liegt. Abzustellen ist dabei auf das jeweilige Beitragsjahr (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung). Die Berechnung der Einzelsowie der Durchschnittsbelastung bestimmt sich nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung. Die Höhe des Beitragszuschlages bemisst sich in Prozentpunkten des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages und beträgt - abhängig von der Höhe der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung - 5 v.H., 7,5 v.H. oder höchstens 10 v.H. dieses Beitrages (§ 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung).

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Satzung der Beklagten ist zu beachten, dass es sich hierbei um autonomes Recht handelt (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), das - so auch hier - von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 Satz SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. § 162 SGB VII lässt den Berufsgenossenschaften daher einen weiten Spielraum zur Gestaltung ihres Beitragsausgleichsverfahrens. Auch die Entscheidung, auf welche Weise Zuschläge bzw. Nachlässe im Einzelnen berechnet werden, erfolgt nach § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch: BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 30 und BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 20, letzterer mit näherer Begründung). Ob die Vertreterversammlung in diesem Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden. Die Satzungsregelungen unterliegen der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vielmehr nur im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 18 m.w.N.). Relevant ist insbesondere, ob die Regelungen überhaupt geeignet sind, den mit dem Beitragsausgleichsverfahren verfolgten Zielen zu dienen. Dabei ist nicht auf die speziellen Verhältnisse des klagenden Unternehmens, sondern auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 22).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Grenzen richterlicher Prüfungsbefugnis bewegt sich die Satzung der Beklagten im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft und die damit im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist mithin zulässig (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Auffassung der Klägerin, wonach die Satzung, obwohl sie als Merkmale in § 28 Abs. 1 nur Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle nenne, tatsächlich doch auch auf die Kosten abstelle, trifft nicht zu. Selbst wenn diese Auffassung jedoch zuträfe, würde dies lediglich dazu führen, dass die Satzung tatsächlich alle drei Merkmale des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII für die Berechnung der Höhe des Beitragszuschlages heranziehen würde; sie würde sich auch damit noch innerhalb des Rahmens der Ermächtigungsnorm bewegen.

Tatsächlich jedoch benennt die Satzung der Beklagten in ihrem § 28 Abs. 1 nicht lediglich Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle als Berechnungsgrundlagen, sondern konkretisiert diese Vorgabe in § 28 Abs. 3, der die Details der Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge aufzeigt, konsequent und ermächtigungskonform. Dabei stellt die Satzung der Beklagten ganz vorrangig auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und definiert diesen Begriff typisierend und entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung vereinfachend anhand dreier Merkmale (§ 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung): Erstens unterscheidet sie alle anzuzeigenden Arbeitsunfälle anhand der anfallenden Kosten, wobei ein Unfall mit Kosten über 10.000 Euro als schwer im Sinne der Satzung bewertet wird (Bewertung mit 1 Belastungspunkt). Zweitens differenziert sie danach, ob eine Unfallrente festgestellt worden ist oder nicht; wenn ja, handelt es sich wiederum um einen schweren Unfall, sofern die Kosten mehr als 10.000 Euro betragen. Durch die Bewertung mit nunmehr 50 Belastungspunkten bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass ein entsprechend kostenintensiver Arbeitsunfall, der außerdem zu einer Rentenzahlung führt, deutlich schwerer zu gewichten ist, als ein vergleichbar kostenintensiver Arbeitsunfall ohne Rentenzahlung. Drittens werden mit 100 Belastungspunkten solche Unfälle (nunmehr unabhängig von ggf. nur geringen Kosten) als besonders schwer eingestuft, die zum Tod des Versicherten geführt haben.

Daraus ergibt sich, dass die Aufwendungen für den einzelnen Versicherungsfall nur eine untergeordnete Rolle in dem Sinne spielen, dass sie eine grobe Einteilung in jeweils schwere und weniger schwere Arbeitsunfälle bewirken. Darüber hinaus werden die konkreten Aufwendungen weder erfasst noch spielen sie eine Rolle für die Höhe des Beitragszuschlages oder die Berechnung der Einzelbzw. Durchschnittsbelastung. Eine vergleichende Berechnung der Kosten, die von den einzelnen Versicherungsfällen verursacht wurden, findet nicht statt.

Im Ergebnis erfolgt eine Einteilung aller anzuzeigenden Arbeitsunfälle in vier Fallgruppen mit aufsteigendem Schweregrad: Die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe mit den leichtesten bzw. am wenigsten schweren Unfälle erfüllen zwei verschiedene Sachverhaltskonstellationen. Erstens die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten bis 10.000 Euro und zweitens Arbeitsunfälle (ebenfalls mit Kosten bis 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden jeweils mit Null Punkten bewertet. Die zweite Fallgruppe bilden die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten über 10.000 Euro, die mit 1 Punkt bewertet werden. Zur dritten Fallgruppe gehören Arbeitsunfälle (mit Kosten über 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden mit 50 Punkten bewertet. In die vierte Fallgruppe der schwersten Arbeitsunfälle, die mit 100 Punkten bewertet werden, fallen die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfälle.

Wenn die Beklagte die genannten Merkmale als Maßstäbe für die Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls zugrunde legt, so ist dies nicht zu beanstanden. Eine einheitliche, ggf. gar verbindliche Festlegung, wonach die Schwere eines Arbeitsunfalles zu bemessen wäre, existiert nicht. Insbesondere ergeben sich keine Vorgaben aus der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Denkbar sind hier zweifellos zahlreiche Kriterien. Dem Bevollmächtigten der Klägerin kann daher zugestimmt werden, wenn er darauf hinweist, dass Kriterien wie der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der MdE und/ oder die Art der Unfallfolgen herangezogen werden könnten. Nicht zuzustimmen ist dem Bevollmächtigten jedoch darin, dass die Kosten überhaupt kein geeignetes Kriterium sein können. Überdies zeigen seine Darlegungen lediglich auf, dass auch andere Beurteilungsmaßstäbe möglich wären; eine Rechtswidrigkeit der Satzungsregelung ergibt sich daraus nicht.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Regelung insoweit am zweckmäßigsten, vernünftigsten und gerechtesten wäre. Diese Festlegung obliegt vielmehr der Beklagten; hierzu gehört es auch, sachgerechte Qualifizierungs- und Quantifizierungsmerkmale für die Schwere eines Arbeitsunfalls zu finden. Vorliegend sind die von der Satzung vorgesehenen Merkmale nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für das Merkmal der Kosten (hier bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr), welches durchaus geeignet ist, die Schwere eines Arbeitsunfalles typisierend zu erfassen. Denn erhebliche Verletzungen mit aufwendigem und/ oder langandauerndem Behandlungsbedarf und ggf. längerer Arbeitsunfähigkeit oder sogar eintretenden Dauerfolgen gehen regelmäßig mit höheren Kosten einher. So sind z.B. mit stationären Krankenhausaufenthalten regelmäßig höhere Kosten verbunden als mit ambulanten Behandlungen, langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten führen zusätzlich zu entsprechenden Ansprüchen auf Zahlung von Verletztengeld und die Höhe einer ggf. zu zahlenden Rente bemisst sich u.a. nach der Höhe der MdE. Die angefallenen Kosten stellen schließlich ein Merkmal dar, welches sich relativ einfach feststellen lässt - ein Umstand, dem im Rahmen einer Massenverwaltung ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht beigemessen werden kann.

Die Satzung der Beklagten trifft außerdem eine Unterscheidung zwischen Unfällen, die keine Rente nach sich ziehen und daher (abgesehen von Todesfällen) nur einmal - nämlich bei der Meldung - zu berücksichtigen sind, sowie Unfällen, die eine Rente nach sich ziehen und damit - bei der Feststellung der Rente - ein weiteres Mal zu berücksichtigen sind. Da die Feststellung einer Unfallrente regelmäßig voraussetzt, dass beim Versicherten länger andauernde gesundheitliche Unfallfolgen vorliegen, spricht auch dieser Umstand typisierend für einen erhöhten Schweregrad des Arbeitsunfalls. Zweifellos kann schließlich ein Unfall mit Todesfolge beanstandungsfrei im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls eingestuft werden - dies auch unabhängig von den anfallenden Kosten, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können. Die Beklagte stellt damit indirekt durchaus auf solche Umstände ab, die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgeschlagen worden sind, insbesondere den Grad der Verletzungen bzw. die Art der Unfallfolgen. Während es der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch offen lässt, wie diese Umstände gemessen werden könnten, hat die Beklagte hierauf mit ihrer Satzungsregelung eine Antwort gegeben.

Durch die Gerichte ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung solche Unfälle als (besonders) schwer ansieht, die erstens eine bestimmte Kostengrenze überschreiten, zweitens eine Unfallrente nach sich ziehen oder drittens sogar zum Tod des Versicherten führen. Die Beklagte muss bei der Auswahl der Merkmale, die sie zur Bestimmung der Schwere eines Arbeitsunfalls heranzieht, auch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung berücksichtigen. Sie muss daher darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind. Dabei können nicht alle Besonderheiten eines jeden Einzelfalles Berücksichtigung finden. Zugleich müssen die Merkmale mit einem möglichst hohen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Der Grad der Verletzung bzw. die Art der Unfallfolgen können vor diesem Hintergrund nur insoweit eine Bedeutung erlangen, als sie mit messbaren und leicht feststellbaren Kriterien konkretisiert werden. Grundsätzlich weniger geeignet erscheint ein Abstellen auf die Dauer der Heilbehandlung, da sich diese unter Umständen über Jahre und Jahrzehnte, ggf. sogar lebenslang erstrecken kann.

Die Berechnung des Beitragszuschlages unter Zugrundelegung eines Punktesystems, welches die dem Grunde nach in der jeweiligen Kategorie als schwer eingestuften Arbeitsunfälle (hohe Kosten im Beitragsjahr, Unfallrente mit zugleich hohen Kosten im Beitragsjahr bzw. Todesfall) nochmals hinsichtlich ihres jeweiligen Schweregrades gewichtet, ist ebenfalls von dem weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt; konkrete Vorgaben hierzu enthält die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII nicht. Gleiches gilt für die Differenzierung nach den anfallenden Kosten bis 10.000 Euro bzw. über 10.000 Euro. Insoweit muss der Beklagten als Satzungsgeber - vergleichbar einem Gesetzgeber - insbesondere auch zugestanden werden, die von ihr ursprünglich prognostizierten Auswirkungen ihrer Satzungsregelungen im Rahmen ihrer tatsächlichen Anwendung zu beobachten und dahingehend zu überprüfen, ob die gewünschten Anreizwirkungen bei den Mitgliedsunternehmen eintreten und unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Ggf. kann sie dann in den Folgejahren durch eine Änderung ihrer Satzung bzw. der darin enthaltenen Abgrenzungskriterien gegensteuern.

Dafür, dass es hier gegenüber den Mitgliedsunternehmen im Allgemeinen oder der Klägerin im Besonderen zu irgendwelchen untragbaren Auswirkungen gekommen wäre, ist nichts ersichtlich. Hierfür genügt es nicht, dass ggf. bereits - wie hier - ein Unfall mit Zahlung einer Unfallrente ausreicht, um einen Beitragszuschlag zu bewirken. Ab wann ein Beitragszuschlag faktisch wegen der Abweichung von der Durchschnittsbelastung eingreift, ist nicht zuletzt abhängig von der Struktur und dem Unfallrisiko der jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Unfallversicherungsträgers. Dabei widerspricht es keinesfalls dem Willen des Gesetzgebers, wenn eine Belastung des Unternehmens bereits bei einem einzigen Arbeitsunfall eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22). Da Ausgangspunkt der Auferlegung eines Beitragszuschlages hier eine entsprechend hohe Abweichung der Belastung des einzelnen Unternehmens von der Durchschnittsbelastung ist, kann ein Beitragszuschlag ohnehin nur dann eingreifen, wenn bereits durch diesen einen Unfall eine derartige Abweichung erreicht wird. Aufgrund der von der Satzung der Beklagten vorgegebenen Staffelung mittels eines Punktesystems mit Null, 1, 50 und 100 Punkten wird dies hier voraussichtlich erst bei einem einzigen Unfall mit festgestellter Rente oder mit Todesfolge der Fall sein. Die Staffelung durch das Punktesystem wird zudem im Ergebnis abgemildert durch die Deckelung des Zuschlages auf maximal 10 v.H. des Beitrages.

Es wird schließlich auch jeder anzuzeigende Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 SGB VII) für das Beitragszuschlagsverfahren im Sinne von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berücksichtigt. Berücksichtigen bedeutet seinem Wortsinn nach nicht mehr als zur Kenntnis nehmen (dudenonline: bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten, nicht übergehen, in seine Überlegungen einbeziehen). Eine bestimmte Konsequenz wird danach nicht vorausgesetzt. Dass sich ein Unfall ggf. mit dem Punktwert „Null“ auf die Höhe des Beitragszuschlags (nicht) auswirkt, bedeutet nicht, dass er nicht berücksichtigt wird. Die fehlende Auswirkung auf den Beitragszuschlag ist lediglich das konsequente Ergebnis der unterschiedlichen Gewichtung der Unfälle entsprechend ihrem jeweiligen Schweregrad und entspricht der ermächtigungskonformen Intention der Beklagten, vorrangig auf die Schwere eines Unfalls abzustellen. Diese Gewichtung wirkt sich dann - wie in § 162 Abs. 1 SGB VII vorgesehen - auf die Höhe des Beitragszuschlages aus. Schließlich fordert § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII auch bezüglich der Zahl der Versicherungsfälle keine spezifische Berücksichtigung dieses Merkmals. Die Ermächtigungsnorm verlangt nicht, dass jeder Unfall mit einer gleichen oder zumindest einer bestimmten Wertigkeit zu berücksichtigen ist.

Die Satzung der Beklagten zielt erkennbar darauf, durch das Beitragszuschlagsverfahren Anreize für eine gute Präventionsarbeit zu schaffen. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schwere Arbeitsunfälle; insbesondere die mit Feststellung einer Rente oder mit Todesfolge. Ist die Regelung somit - wie dargelegt - sachlich begründet, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 1 BvL 13/96 -, BVerfGE 106, 201 und juris Rn. 16). Soweit die Unternehmer durch das Beitragszuschlagsverfahren angeregt werden sollen, insbesondere schwere Unfälle zu vermeiden, bedeutet dies aber nicht, dass der Unternehmer jeden Unfall, der zu einem Zuschlag führt, auch tatsächlich verhindern kann bzw. verhindern können muss.

Der von der Beklagten gewählte Bewertungsmaßstab ist danach insgesamt nicht zu beanstanden und kann nicht durch einen anderen Bewertungsmaßstab, den ggf. das Gericht oder die Klägerin für sinnvoller oder zweckmäßiger halten, ersetzt werden.

bb) Die Satzung der Beklagten verstößt darüber hinaus nicht deshalb gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, weil sie lediglich die Auferlegung von Zuschlägen, nicht jedoch auch die Bewilligung von Nachlässen vorsieht. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren bzw. reine Nachlassverfahren zulässig sind. Die Zulässigkeit eines reinen Zuschlagsverfahrens steht außerdem mit dem Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens sowie mit dem Willen des Gesetzgebers, dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, in Einklang (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris, die dagegen eingelegte Revision wurde vom BSG mit Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 21/11 R - als unzulässig verworfen; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 2. März 2010 - L 14 U 83/08 -, juris, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -, juris, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2005 - L 2 U 39/04 -, juris; von der Zulässigkeit eines Zuschlagsverfahrens ging offenbar auch das BSG aus in: Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 20 m.w.N. und Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris; vgl. aus der Literatur: Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand: Juli 2017, § 162 SGB VII Rn. 8; Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 29, 35; Bigge, in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 14; Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 3, 16; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 5.1 und 5.3; Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 7 f.; Brandenburg/ K. Palsherm, jurisPraxisKommentar, SGB VII, 2. Auflage 2014, § 162 Rn. 17 ff., 47; Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 18 ff.). Dem schließt sich auch der Senat an.

b) Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Einzelbelastung des einzelnen Zuschlagspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmer der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.).

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 122 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Grundsätzlich ist der Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG kann dabei nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.).

cc) Der Bevollmächtigte der Klägerin macht insbesondere eine Ungleichbehandlung geltend, soweit die Durchschnittsbelastung im Beitragsjahr 2010 für Beitragspflichtige nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3, Unterziffer 3.2 aus den verschiedenen Gruppen des § 3 (Abs. 1) der Satzung unterschiedlich berechnet wurde (hierzu unter (1)). Darüber hinaus hätte der Vergleich nur im Verhältnis der Klägerin zu den anderen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32.2 „Sonstige bezahlte Sportler“ erfolgen dürfen (hierzu unter (2)).

(1) Der Bevollmächtigte der Kläger beanstandet, dass die Satzung der Beklagten nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 (i.V.m. Ziffer 3, Unterziffer 3.2) die Zuschlagspflichtigen danach unterscheidet, ob sie - wie die Klägerin - zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe I bis V der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternahmen der jeweils gleichen Tarifstelle des Gefahrtarifs abgestellt wird) oder ob sie zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe VI bis VII der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternehmen der jeweiligen Gruppe abgestellt wird).

Einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unterscheidet folgende Gruppen:

– I. Banken

– II. Versicherungen

– III. Verwaltungen

– IV. Freie Berufe

– V. Besondere Unternehmen

– VI. Unternehmen der keramischen und Glas-Industrie

– VII. Unternehmen der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Die in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung der Beklagten geregelte Differenzierung zwischen den Gruppen I bis V einerseits und VI bis VII andererseits ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die ab 1. Januar 2010 geltende Satzung der Beklagten eine Fusionssatzung darstellte; auch der zeitgleich geltende Gefahrtarif war ein Fusionsgefahrtarif. Anfang 2009 hatten die Beklagte und die Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie fusioniert, zum 1. Januar 2010 folgte die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN). Die (Fusions-)Satzung der Beklagten musste daher etwaige Unterschiede in der Struktur der Unternehmen sowie der Tarifstellen berücksichtigen. Der Gefahrtarif 2010 bestand aus über 60 Tarifstellen. Durch die Differenzierung sollte vermieden werden, dass sich das Beitragszuschlagsverfahren auf eine (zu) kleine Tarifstelle bezieht (so bereits: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Sitzung des 3. Hauptausschusses der Beklagten vom 10. November 2009 Seite 3 unten bis Seite 4 oben, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 64 ff. der Akte des BayLSG).

Vorliegend ist außerdem zu beachten, dass die Klägerin eher davon profitiert, dass ihre Eigenbelastung lediglich im Vergleich zu anderen Sportunternehmen beurteilt wird. Würde man sie demgegenüber mit allen Unternehmen aus § 3 Abs. 1 Gruppe III der Satzung (zu der die Klägerin gehört) vergleichen, so stünde zu erwarten, dass Sportunternehmen wie die Klägerin regelmäßig von Beitragszuschlägen betroffen wären, während die übrigen Unternehmen dieser Gruppe hiervon nicht betroffen wären. Denn die Unfallgefahr allgemein, aber auch die Gefahr schwerer Unfälle, ist in einem Sportunternehmen generell deutlich höher, als in den sonstigen Betrieben der Gruppe III, die überwiegend der allgemeinen Verwaltung zuzurechnen sind. Dies wird nicht zuletzt anhand der unterschiedlich hohen Gefahrklassen deutlich, die die jeweilige Unfallgefahr widerspiegeln. Somit ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerade geboten, dass die Beklagte als Vergleichsmaßstab solche Unternehmen heranzieht, die nach ihrer Unfallgefahr mit der Klägerin vergleichbar sind, nicht aber zusätzlich solche, die insbesondere aufgrund ihrer typischerweise deutlich geringeren Unfallgefahr gerade nicht vergleichbar sind. In welcher Weise sich die Regelung darüber hinaus benachteiligend gegenüber der Klägerin oder gegenüber Sportunternehmen allgemeinen auswirken könnte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Regelung lässt sich daher nicht feststellen. Im Übrigen enthält die Satzung der Beklagten die von der Klägerin angegriffene Differenzierung bereits seit 2012 nicht mehr. Dies bestätigt, dass die getroffene Differenzierung lediglich für eine kurze Übergangszeit aufgrund der Sondersituation nach den Fusionen notwendig gewesen ist, um den Übergang auf eine einheitliche Satzungsregelung für die neu hinzugekommenen Mitgliedsunternehmen zu erleichtern.

(2) Soweit die Klägerin zweitens meint, sie dürfe nicht mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 verglichen werden, sondern lediglich mit denen der Untergruppierung 32.2, ergibt sich dies aus § 28 der Satzung der Beklagten nicht. Denn die Satzung stellt nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 für Beitragspflichtige, die wie die Klägerin zur Gruppe I bis V nach § 3 (Abs. 1) der Satzung gehören, auf die Tarifstelle ab. Dies ist für die Klägerin die Tarifstelle 32 nach dem Gefahrtarif 2010. Diese Tarifstelle ist lediglich im Hinblick auf eine weitere Differenzierung bei den Gefahrklassen in drei Untertitel mit drei unterschiedlichen Gefahrklassen aufgeteilt. Wenn die Beklagte diese weitere Unterteilung, die im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungsrisiken sowie eine konkretere Zuordnung der einzelnen Beschäftigten/ Versicherten bzw. ihrer Arbeitsentgelte gebildet worden ist, bei der Berechnung des Beitragszuschlages nicht berücksichtigt, steht dies mit dem Wortlaut ihrer Satzung im Einklang. Es steht überdies im Einklang mit der Regelung im Gefahrtarif, wonach jedes Unternehmen, das nach Gefahrtarifstelle 32 veranlagt ist, zu allen Unterpunkten veranlagt wird (Teil II Ziffer 1. (2) des Gefahrtarifs für das Jahr 2010). Ein Vergleich ausschließlich mit Unternehmen der Untergruppierung 32.2 wäre daher aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich. Insoweit ist anzumerken, dass die Beklagte bei der Berechnung des Beitrages der Klägerin für das Jahr 2010 ebenfalls sowohl Arbeitsentgelte für „sonstige bezahlte Sportler“ als auch für „übrige Versicherte“ mit den jeweiligen Gefahrklassen der Unterpunkte 32.2 und 32.3 berücksichtigt hat.

Dass die Beklagte hier aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere bzw. die von der Klägerin vorgetragene Differenzierung hätte vornehmen müssen, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann es gerechtfertigt sein, die dem Beitragszuschlag zugrunde liegende vergleichende Betrachtung der Versicherungsfälle jeweils nur auf solche Mitgliedsunternehmen zu erstrecken, die insbesondere nach ihrer jeweiligen Struktur und ihrem jeweiligen Unfallrisiko vergleichbar sind. Diesem Erfordernis ist vorliegend aber ausreichend Rechnung getragen. Denn Sportunternehmen unterscheiden sich weder nach ihrer Struktur noch nach ihrem Unfallrisiko derart, dass eine getrennte Betrachtung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend zu fordern wäre. Zum einen findet in der Regel ohnehin eine Veranlagung zu allen oder jedenfalls mehreren Unterpunkten der Tarifstelle 32 statt. Insoweit sind durchaus Sportunternehmen denkbar, die zu allen drei Unterpunkten veranlagt werden, weil sie sowohl bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81) beschäftigen als auch sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04) sowie übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42). Zum anderen stehen die Gefahrklassen betreffend die sonstigen bezahlten Sportlern einerseits und die Sportler der genannten Fußballligen nicht derart außer Verhältnis, dass eine gemeinsame Betrachtung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Hierbei ist auch das Anliegen der Beklagten zu beachten, keine zu kleinen Vergleichsgruppen zu bilden. Überdies hat das BSG bereits entschieden, dass auch eine Berechnung der Durchschnittsbelastung auf Grundlage der Unfallbelastung aller Unternehmen und nicht nur der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG verlangt somit gerade nicht, jeweils nur diejenigen Unternehmen zu vergleichen, die der exakt gleichen Gefahrtarifstelle bzw. der gleichen Gefahrklasse zugeordnet sind, oder eine andere besonders kleinteilige Vergleichsgruppe zu wählen. Konkrete Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

(3) Das BSG hat schließlich bereits entschieden, dass es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass die Satzung der Beklagten die Auferlegung von Beitragszuschlägen und die Gewährung von Beitragsnachlässen als Vomhundertsatz des Normalbeitrages vorsieht, der auch anteilige Kosten für Wegeunfälle enthält, die nach § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Auferlegung von Zuschlägen außer Betracht bleiben. Auch soweit Unternehmen mit höheren Löhnen dadurch, dass Zuschläge bzw. Nachlässe in Vomhundertsätzen des Normalbeitrages berechnet werden, gegenüber Unternehmen mit niedrigeren Löhnen stärker belastet werden, ist diese Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Beitragszuschläge durch den Zweck der Unfallverhütung gerechtfertigt und damit nicht sachwidrig. Denn bei betragsmäßig fixierten Beitragszuschlägen bzw. -nachlässen wäre der Präventionszweck zumindest bei größeren Unternehmen nicht gewährleistet, weil der Höhe eines solchen einheitlichen Beitragszuschlages im Hinblick auf die Existenzsicherung kleiner Unternehmen enge Grenzen gesetzt wären (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35).

dd) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin schließlich meint, die Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Verfahren anderer Mitgliedsunternehmen gegen deren Beitragszuschlagsbescheide bereit erklärt habe, diese Bescheide aufzuheben, so kann diesem Argument nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Gericht nicht bekannt ist, aus welchen Gründen die Aufhebung dieser Bescheide erfolgt ist, kommt es hierauf nicht an. Denn eine Selbstbindung der Beklagten ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Überdies darf angemerkt werden, dass sich die Beklagte auch gegenüber der Klägerin bereit erklärt hatte, ihren Bescheid zumindest teilweise aufzuheben (soweit sich dieser auf den Unfall des Spielers D. bezogen hatte). Dass dies keine vollständige Aufhebung des Beitragszuschlagsbescheides zur Folge hatte, ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass vorliegend ursprünglich vier Arbeitsunfälle die Grundlage für den erhobenen Beitragszuschlag bildeten.

c) Mit der Rechtsprechung des BSG ist darüber hinaus eine Verletzung des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen. Die Klägerin trägt hierzu insbesondere vor, dass die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr vorsehe bzw. sich diese nicht mehr prozentual an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen orientiere. Diesem Einwand folgt der Senat jedoch nicht. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung der Beklagten sieht weiterhin eine Begrenzung des Beitragszuschlags vor. Diese Begrenzung bewegt sich innerhalb des dem Satzungsgeber der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und berücksichtigt die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

aa) Zunächst verlangt die Rechtsprechung des BSG, dass Zuschläge von wirtschaftlichem Gewicht vorgesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Das Übermaßverbot wiederum verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 26 m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das BSG bereits entschieden, dass selbst ein auferlegter Zuschlag, der erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung berücksichtigten Versicherungsfälle, nicht zu beanstanden ist. Denn erstens kann im Hinblick auf die gebotene typisierende Betrachtung aus der individuellen Situation des klagenden Unternehmens keine generelle Bewertung der Satzungsregelungen abgeleitet werden. Zweitens wird eine Existenzbedrohung, die ggf. eine weitergehende Prüfung rechtfertigen könnte, in der Regel nicht vorliegen. Drittens fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand der Berufsgenossenschaft für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen und dem Anteil des betreffenden beitragspflichtigen Unternehmers an der gesamten Unfalllast. Dieser Kostenaufwand findet vielmehr bereits Berücksichtigung bei der Aufstellung des Gefahrtarifs, der sich wie ein Belastungstarif auswirkt, und in der Veranlagung der Unternehmen zu einer bestimmten Gefahrklasse. Darüber hinaus hat der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Raum. Ergänzend ist viertens darauf hinzuweisen, dass der Beitragszuschlag nicht die tatsächliche Mehrbelastung des Beitragspflichtigen widerspiegelt (vgl. § 167 Abs. 1 SGB VII). Zudem sinkt der von dem betroffenen Unternehmen zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch, dass sich der auferlegte Beitragszuschlag diesbezüglich mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 27 f. m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 33 f.).

Auch daraus, dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, kann nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot der entsprechenden Satzungsregelung geschlossen werden. Denn Arbeitsunfälle sind in kleineren Unternehmen statistisch seltene Ereignisse, sodass sich ein Ausgleich im Laufe der Jahre vollzieht, weil in den meisten Jahren kein Beitragszuschlag zu leisten sein wird. Die Belastung des Unternehmens bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22).

Schließlich hat das BSG ausgeführt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze für Beitragszuschläge nicht vorsieht. Es liegt im Ermessen der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft, hier Grenzen nach oben bzw. unten zu regeln. Die Grenzen lassen sich nicht einheitlich fixieren, weil sie wesentlich von den berufsgenossenschaftlichen Mitgliederstrukturen bestimmt sind. Offen gelassen hat das BSG bislang, ob sich Höchstgrenzen für Zuschläge aus dem Versicherungsprinzip ableiten lassen, weil Anhaltspunkte für die Überschreitung einer solchen Obergrenze bei einem Beitragszuschlag von höchstens 30% jedenfalls noch nicht gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 30 zu einem Höchstzuschlag von 30% und m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 24; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, denen sich der Senat anschließt, genügen die Satzungsregelungen der Beklagten. Verletzungen des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus anderen Gründen sind nicht ersichtlich.

(1) Nach der Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach vorzusehen. Denn eine solche Begrenzung findet hier weiterhin statt - wenn auch im Vergleich zu der bis Ende 2009 geltenden Regelung in etwas veränderter Form. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung sieht für das Beitragsjahr 2010 eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach auf maximal 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages vor. Ein Beitragszuschlag bis zu dieser Höhe hätte aber bereits nach der für das Beitragsjahr 2009 geltenden Vorgängerregelung in § 28 Abs. 2 der damaligen Fassung der Satzung festgesetzt werden können. Denn der Beitragszuschlag betrug danach damals 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten ist, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) für alle Fälle, in denen im gleichen Zeitraum für Versicherte im Unternehmen des Beitragspflichtigen eine neue Unfallrente festgestellt worden ist.

Erwägungen dafür, dass sich die Begrenzung des Beitragszuschlages nicht bzw. nicht allein an der Höhe des Beitrages orientieren dürfte, sondern (ggf. zusätzlich) im Sinne eines prozentualen Anteiles an den tatsächlichen Aufwendungen erfolgen müsste, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine prozentuale Deckelung des Beitragszuschlages auf der Grundlage des gezahlten Beitrages durchaus geeignet, einen Beitragszuschlag von wirtschaftlichem Gewicht jeweils in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedsunternehmens festzusetzen. Denn die Beitragshöhe richtet sich u.a. nach den vom Mitgliedsunternehmen gezahlten Arbeitsentgelten, diese wiederum sind ein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um das Ziel der Auferlegung von Zuschlägen von wirtschaftlichem Gewicht für alle Mitgliedsunternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gleichermaßen zu erreichen, dürfte die Anknüpfung an den Beitrag sogar besser geeignet sein, als die Anknüpfung an die tatsächlichen Aufwendungen für den jeweiligen Versicherungsfall (in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25). Letztlich obliegt die Entscheidung über die konkrete Regelung jedoch der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie.

(2) Unbedenklich sind die Vorschriften der Satzung auch im Hinblick auf die Abhängigkeit des Zuschlags von der Eigenunfallbelastung des Einzelunternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsunfallbelastung aller Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23).

Aufgrund der Begrenzung des Beitragszuschlages wirkt sich die Einzelbelastung des betroffenen Unternehmens nach dem für das Beitragsjahr 2010 geltenden Beitragsausgleichsverfahren der Beklagten unter Umständen - so auch hier - nicht voll aus. Obwohl die im Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 ursprünglich zugrunde gelegte Einzelbelastung der Klägerin mit 348,13% deutlich über der Durchschnittsbelastung der maßgeblichen Gefahrtarifstelle gelegen hatte, ist diese überdurchschnittliche Belastung nur solange für die Höhe des Beitragszuschlages relevant, bis sie die Durchschnittsbelastung um mehr als 200% überschritten hat. Ab dieser prozentualen Überschreitung greift der maximale Beitragszuschlag in Höhe von 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages. Hierdurch wird dem Übermaßverbot nach der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen.

(3) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach eine verfassungswidrige Erdrosselungswirkung der Satzungsregelungen behauptet, verzichtet er ausdrücklich darauf, hierzu substantiiert vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung des Beitragszuschlages im Falle der Klägerin ergeben sich für den Senat nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Beitragszuschlag auf maximal 10 v.H. des Beitrages begrenzt ist und im Fall der Klägerin noch 5 v.H. beträgt, kann eine erdrosselnde Wirkung sogar ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Senat den Vortrag der Klägerin, die Gefahrklassen für Sportunternehmen (und deren angeblich explosionsartiger Anstieg) führten bereits grundsätzlich zu einem überhöhten Beitrag, als zutreffend unterstellt. Denn besteht eine Leistungsfähigkeit für den (notwendig) hohen Beitrag, kann in einem höchstens 10-prozentigen Zuschlag ohne konkrete weitere Anhaltspunkte grundsätzlich keine erdrosselnde Wirkung erkannt werden. Der Verweis auf den bereits gezahlten Beitrag ist unabhängig von dessen Höhe auch deshalb unbehelflich, weil der Gesetzgeber das Beitragsausgleichsverfahren in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als zusätzliches Instrumentarium verpflichtend vorgegeben hat, ohne Ausnahmen zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Schließlich ist vorliegend weder die Veranlagung zum Gefahrtarif 2010 noch die Höhe der Gefahrklassen streitgegenständlich, so dass es auf dieses Argument, welches sich im Ergebnis weniger gegen die Höhe des Beitragszuschlages als vielmehr gegen die Höhe des eigentlichen Beitrages richtet, ohnehin nicht entscheidungserheblich ankommen kann. Andererseits hat der Bevollmächtigte der Klägerin selbst zu bedenken gegeben, dass nach der früheren Satzung Zuschläge für Sportunternehmen in so maßvoller Höhe ausgefallen seien, dass mit ihnen eine „Disziplinierung“ der Unternehmen kaum zu erreichen gewesen sei. Er bestätigt damit eine etwaige Ungeeignetheit der früheren Regelung, Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15); hierauf hat die Beklagte mit der hier maßgeblichen Neuregelung reagiert.

(4) Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin sieht sich der Senat außerdem veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Aufwendungen der Beklagten selbstverständlich nicht ausschließlich über Beitragszuschläge abgedeckt werden. Vielmehr fließen die weit überwiegenden Aufwendungen in die Berechnung des „normalen“ Beitragsanteils zur VBG (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ein. Hier sind insbesondere die Aufwendungen für solche Versicherungsfälle zu nennen, die kraft Gesetz (sog. Wegeunfälle) bzw. Satzung (nicht anzuzeigende Versicherungsfälle, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt oder auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen, Berufskrankheiten) für den Beitragszuschlag außer Betracht bleiben. Überdies fließen auch die Aufwendungen für diejenigen Arbeitsunfälle, die von der Beklagten nach § 28 ihrer Satzung für den Beitragszuschlag berücksichtigt werden, weder unmittelbar in die Berechnung des Zuschlages ein noch werden die gesamten Kosten des Arbeitsunfalls vom Unternehmer geltend gemacht. Denn Aufwendungen für einen Arbeitsunfall, insbesondere für die hier in Rede stehenden schweren Arbeitsunfälle, fallen typischerweise nicht lediglich in dem Jahr an, in dem der Beitragszuschlag erhoben wird, sondern auch in weiteren Jahren. Dies gilt insbesondere für Leistungen wie Heilbehandlung und Verletztenrente, kommt aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Leistungen in Betracht.

d) Schließlich liegt keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 41 m.w.N.).

Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen:

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände (bzw. abgeschlossene Sachverhalte) eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt z.B. zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (hierzu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 95 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 42 f. m.w.N.). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, BVerfGE 135, 1 und juris Rn. 64)

bb) Der Fall einer Rückwirkung liegt hier gar nicht vor. Die hier maßgebliche Fassung der Satzung der Beklagten wurde im November/ Dezember 2009 beschlossen sowie durch das Bundesversicherungsamt genehmigt; sie ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Der angefochtene Beitragsbescheid datiert vom 23. August 2011. Er bezieht sich - soweit noch streitgegenständlich - auf Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. aus den Jahren 2007 und 2010, wobei maßgeblich für den Beitragszuschlag ausschließlich Umstände sind, die erst im Jahr 2010 eingetreten sind.

Hinsichtlich des Spielers S. ist entscheidend, dass dessen Arbeitsunfall vom 12. Januar 2010 bei der Beklagten am 21. Januar 2010 bekannt geworden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers K. ist zwar bereits am 2. Januar 2007 geschehen, maßgeblich für den Beitragszuschlag ist hier aber der Umstand, dass im Jahr 2010 eine Rente festgestellt und bezahlt worden ist. Konkret erfolgte die Feststellung der Unfallrente mit Bescheid vom 28. Mai 2010. Dieser Bescheid beruht auf einem ebenfalls erst am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Zu all diesen Zeitpunkten war bereits die geänderte Fassung des § 28 der Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung der Beiträge sowie auf Zahlung des Beitragszuschlages für das Jahr 2010 sind ebenfalls nicht vor dem 1. Januar 2010 entstanden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die zur Aufgabenerfüllung benötigten Finanzmittel im Wege einer Umlage aufgebracht. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, in der Weise festgesetzt, dass der Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge gedeckt wird (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Mit dieser Art der Mittelaufbringung müssen Rechtsansprüche auf Leistungen, die in der Vergangenheit, unter Umständen schon vor Jahrzehnten, entstanden sind, aktuell und in Zukunft erfüllt werden (BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 9/06 R -, juris Rn. 10). Im Beitragsbescheid, der mithin erst im Jahr nach der Entstehung der Beitragsansprüche erlassen werden kann, teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (§ 168 Abs. 1 SGB VII). Die danach geschuldeten Beiträge werden nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist.

Danach ist für den vorliegenden Fall festzustellen, dass im Jahr der Entstehung der Beitragsansprüche (2010) dieselbe Satzungsregelung galt, die bei der Festsetzung sowohl des Beitrages als auch des streitgegenständlichen Beitragszuschlages im Jahr 2011 zur Anwendung gekommen ist (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 8/2 RU 33/70 -, SozR Nr. 4 zu § 725 RVO und juris, insb. Rn. 24).

cc) Selbst wenn man bezogen auf den Arbeitsunfall des Spielers K. davon ausgeht, dass eine Rückwirkung vorliegt, weil der Unfall bereits im Jahr 2007 eingetreten ist, handelt es sich zumindest um einen Fall der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Denn es lag jedenfalls ein Sachverhalt vor, der Anfang 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, da die Unfallrente des Spielers K. erst innerhalb des Jahres 2010 festgestellt worden ist.

Hieran knüpft § 28 der Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 insoweit eine Rechtsänderung, als der Unfall des Spielers K. zwar auch nach der früheren Satzungsregelung bei der Berechnung eines Beitragszuschlages für das Jahr 2010 zu berücksichtigen gewesen wäre, da im Beitragsjahr 2010 eine neue Unfallrente festgestellt wurde (vgl. § 28 Abs. 1 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), sich nun aber die Berechnungsgrundsätze geändert haben. Da die vor 2010 geltende Satzungsregelung eine Begrenzung des Zuschlages auf 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) vorgesehen hat (vgl. § 28 Abs. 2 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), macht die Klägerin geltend, dass sich ihre finanzielle Belastung durch den Beitragszuschlag, der zuvor häufig kaum spürbar gewesen sei, massiv erhöht habe. Dies ist für das Beitragsjahr 2010 vergleichen mit der Vorgängerregelung auch tatsächlich der Fall. Denn die Gesamtaufwendungen für den Arbeitsunfall des Spielers K. beliefen sich im Jahr 2010 auf 19.192,42 Euro (Rentenzahlbetrag von 17.264,42 Euro zuzüglich 1.928,00 Euro sonstige Aufwendungen), 10% hiervon wären lediglich 1.919,24 Euro anstelle der noch im Streit stehenden 18.312,40 Euro.

Dennoch wird die grundsätzliche Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung hier nicht ausnahmsweise durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt. Dies gilt sowohl bezogen auf die konkrete Situation der Klägerin als auch allgemein. Denn dem Beitragsausgleichsverfahren ist bereits nach seiner gesetzlichen Konzeption immanent, dass sich ein Vertrauen des Unternehmers, nicht oder nur in einer bestimmten Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden, jedenfalls nicht vor Ablauf des Beitragsjahres (hier: 2010) bilden kann; aber selbst nach Ablauf des Beitragsjahres ist nicht ersichtlich, worauf sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers konkret stützen könnte.

Insoweit ist zunächst zu betonen, dass sich ein funktionierendes Beitragsausgleichsverfahren zwangsläufig immer auf Versicherungsfälle bzw. Rentenfälle beziehen muss, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und auf die somit faktisch kein Einfluss mehr genommen werden kann, die insbesondere nicht mehr verhindert werden können. Eine dementsprechende Rückanknüpfung ist der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII immanent. Dennoch setzt diese Art der Berechnung von Beitragszuschlägen Anreizwirkungen für die Zukunft. Das Beitragsausgleichsverfahren stellt eines der Mittel dar, mit denen die Unfallversicherung ihre Präventionsaufgabe erfüllen soll. Nach § 1 Nr. 1 SGB VII ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (d.h. des SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Prävention wiederum kann jedoch nur für die Zukunft betrieben werden. Ebenso können die hier von der Satzung der Beklagten vorgesehenen Beitragszuschläge die ihnen zugedachte Zielsetzung, mit den Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu setzen, jeweils nur für die Zukunft entfalten, d.h. für Unfälle die noch nicht stattgefunden haben und dank entsprechender Präventionsmaßnahmen ggf. auch gar nicht oder mit minder schweren Folgen stattfinden. Diese Prävention kann denknotwendig nur auf der Basis der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Unfällen der Vergangenheit effektiv betrieben werden.

Die Höhe der Beitragszuschläge richtet sich gemäß § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überdies nach der Zahl, der Schwere und/ oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle. Es handelt sich mithin um Umstände, die der Unternehmer zwar durch geeignete Präventionsmaßnahmen positiv zu beeinflussen versuchen kann, die jedoch letztlich nicht vollständig seiner Disposition unterliegen, von ihm nicht vorhersehbar sind und die ihm letztlich nicht einmal in vollem Umfang bekannt sind; letzteres betrifft insbesondere die Schwere eines Versicherungsfalles sowie die dafür anfallenden Aufwendungen. Gleiches gilt für den hier u.a. relevanten Umstand, ob und ggf. wann eine Rente festgestellt worden ist oder nicht.

Darüber hinaus enthielten bereits die vor dem 1. Januar 2010 geltenden Satzungsregelungen der Beklagten zum Beitragszuschlag mindestens seit 2007 eine letztlich vergleichbare Regelung mit Anknüpfung an neu festgestellte Unfallrenten, so dass der Klägerin das Kriterium bekannt war und sie sich darauf bereits eingestellt hatte bzw. zumindest hätte einstellen können. Die Anforderung, dass der Unternehmer das Fremdverschulden nachzuweisen hat, ist ebenfalls nicht neu. Denn nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der ab 1. Januar 2007 geltenden Satzung aus dem Jahr 1998 (in der Fassung des 5. Nachtrages vom 14. Dezember 2006) bzw. der ab 1. Januar 2009 geltenden Satzung (in der - insoweit gleichlautenden - Fassung des 1. Nachtrages vom 10./11. Dezember 2008) wurden Beitragszuschläge auferlegt, wenn im abgelaufenen Geschäftsjahr (Beitragsjahr) für einen freiwillig Versicherten oder den Versicherten eines Unternehmens eine neue Unfallrente festgestellt wurde. Neue Unfallrenten blieben u.a. für Unfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen unberücksichtigt. § 28 Abs. 1 Satz 3 dieser Satzungen bestimmte außerdem: „Beruft sich der Unternehmer im Gegensatz zur Berufsgenossenschaft auf höhere Gewalt oder Alleinverschulden, so hat er dies nachzuweisen.“

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht aus der Übergangsregelung in § 57 der Satzung der Beklagten, die auf den streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Anwendung findet. Insbesondere § 57 Abs. 3 der Satzung erfasst rückwirkende Veranlagungs- und Beitragsbescheide sowie – änderungen, die Zeiträume vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Diesbezüglich sollen die Berechnungsgrundlagen und -vorschriften der vorherigen Satzung weiter gelten. Vorliegend geht es jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Beitragszuschlagsbescheid als Beitragsbescheid zu qualifizieren ist oder nicht - jedenfalls um einen Bescheid, der einen Beitrag bzw. Beitragszuschlag für das Jahr 2010 betrifft.

Wenn Seitens der Klägerin vorgetragen wird, dass die Beitragszuschläge nach der früheren Regelung vernachlässigbar gering gewesen seien, so dass man sich über diese keine Gedanken habe machen müssen, belegt dies zum Einen, dass die Änderung der Berechnungsgrundlagen durch die Beklagte gerade zur Erreichung des Gesetzeszweckes einer ausreichenden Anreizwirkung geeignet und erforderlich gewesen ist. Die Änderung trägt der Anforderung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15) Rechnung, wonach das Beitragsausgleichsverfahren Zuschläge bzw. Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss. Dieses wirtschaftliche Gewicht war hier - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - offensichtlich nicht erreicht worden. Zum Anderen spiegelt der Vortrag der Klägerin lediglich ihre konkrete Situation wider und lässt unberücksichtigt, dass auch die frühere Regelung Beitragszuschläge bis zu 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten war (§ 28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung für das Beitragsjahr 2009), zugelassen hatte.

e) Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das GG sind von der Klägerin weder gerügt noch ersichtlich. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 38 bis 41), mit denen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12. Abs. 1 GG) sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zutreffend verneint worden sind (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris Rn. 25 bis 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23, 24, 25).

f) Relevante Fahler bei der konkreten Berechnung des Beitragszuschlages sind im Falle der Klägerin nicht (mehr) ersichtlich.

aa) Die Arbeitsunfälle der Spieler Sch. und D. wurden bereits aus der Berechnung des Beitragszuschlages herausgenommen.

bb) Der Arbeitsunfall des Spielers K. wurde zutreffend berücksichtigt.

(1) Es handelt sich um einen anzuzeigenden Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

(2) Mit ihrem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Spieler K. eine Unfallrente bezogen habe, obwohl er nach dem Unfall weiter professionell Eishockey gespielt habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Erstens spielt es für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente besteht, keine Rolle, ob der bisherige Beruf weiter ausgeübt werden kann oder nicht. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zweitens verlangt § 28 Abs. 3 Ziffer 3 eine „im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“. Eine bestandsbzw. rechtskräftige Feststellung der Rente gegenüber dem Spieler K. liegt hier jedoch eindeutig vor. Mit dem Bescheid vom 28. Mai 2010 bzw. dem am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich liegt ein Rechtsgrund für die Zahlung vor und die Aufwendungen sind der Beklagten tatsächlich entstanden. Dieser Rechtsgrund kann von der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beitragszuschlagsbescheides in Frage gestellt werden.

Überdies entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Einsicht in die Unfallakten seiner Beschäftigten hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine Einwilligungserklärung des Beschäftigten vorliegt. Denn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht die Gefahr einer faktischen Zwangssituation, die eine freiwillige Einwilligungsentscheidung ausschließt. Für das Beitragsverfahren im Rahmen des § 162 SGB VII ist es ausreichend, wenn dem Arbeitgeber mit dem Beitragsfestsetzungsbescheid die Eigen- und die Durchschnittsbelastungsziffer mitgeteilt werden. Auf Anfrage sind außerdem die Anzahl der berücksichtigten Unfälle, die Gesamthöhe der Aufwendungen und notfalls die Aufwendungen für einzelne Unfälle mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 12/4805, S. 100). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den beim Beschäftigten bestehenden Loyalitätskonflikt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris Rn. 22 ff. mit ausführlicher Begründung; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46; ebenso auch: Platz, a.a.O., § 162 Rn. 9; Höller, a.a.O., § 162 Rn. 22; Brandenburg/ K. Palsherm, a.a.O., § 162 Rn. 27). Ein solcher Konflikt kann selbst dann fortbestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten, der hier als professioneller Eishockeyspieler tätig ist bzw. zum fraglichen Zeitpunkt tätig war, auch gegenüber neuen potentiellen Arbeitgebern bekannt würden mit der Folge, dass die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten angezweifelt werden könnte. Da der Kreis möglicher Arbeitgeber für einen Profieishockeyspieler durchaus überschaubar sein dürfte, könnte dies für den Versicherten faktisch das Ende seiner beruflichen Laufbahn als Profisportler bedeuten.

Daraus folgt, dass dem Unfallversicherungsträger und den Gerichten ein Eingehen in der Sache regelmäßig verwehrt ist, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i.V.m. §§ 199 ff. SGB VII). Etwas anderes kann ggf. gelten, soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger kann sich daher grundsätzlich darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46, 49).

Diesen Anforderungen an ihre Mitteilungspflichten hat die Beklagte vorliegend ausreichend Rechnung getragen. Sie hat ausreichende allgemeine Angaben zu denjenigen Kriterien gemacht, die für die Zuschlagsberechnung im Fall der Klägerin relevant sind. Sie hat insbesondere Angaben zur Eigenbelastungsziffer der Klägerin und zur Durchschnittsbelastungsziffer aller Unternehmen der maßgeblichen Tarifstelle gemacht sowie konkret diejenigen Aufwendungen beziffert, die für die dem Beitragszuschlag zugrunde liegenden Arbeitsunfälle angefallen sind. Weitergehende Auskünfte sind nicht notwendig. Somit ist ihr Bescheid, zumindest unter Berücksichtigung der weiteren Angaben im Klage- und Berufungsverfahren hinreichend konkret begründet.

(3) Der Arbeitsunfall des Spielers K. bleibt auch nicht deshalb beim Beitragszuschlagsverfahren unberücksichtigt, weil er durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wäre.

Zum Begriff des Verschuldens hat das BSG bereits ausgeführt, dass dieser nicht im zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr muss er im Sinne einer „Verursachung“ verstanden werden (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 23; vgl. hierzu auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44 ff., welches ausdrücklich auf die Theorie der wesentlichen Bedingung zurückgreift).

Die Klägerin behauptet hier zwar, der Unfall sei durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden. Sie verweist hierzu jedoch lediglich auf die damalige Unfallanzeige, wonach der Spieler von einem Gegner gecheckt worden ist. Damit liegt jedoch kein Sachverhalt vor, der auf ein alleiniges Fremdverschulden im Sinne einer alleinigen Verursachung hindeuten würde. Dabei ist es die Klägerin selbst, die naturgemäß über nähere Informationen über den Arbeitsunfall verfügt, weil er in ihrem Unternehmen stattgefunden hat. Es ist daher vorrangig an ihr, näher vorzutragen; eine Einsicht in die Unfallakte des Spielers ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Zusätzliche Informationen liegen auch der Beklagten nicht vor. Weitere Ermittlungen des Senats ins Blaue hinein waren daher nicht veranlasst.

Ausgehend von einem Verschuldensbegriff im Sinne einer Verursachung kann der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückgeführt werden. Aus der Tatsache, dass der Spieler K. von einem Gegner gecheckt worden ist, ergibt sich lediglich, dass es im Rahmen eines Spielgeschehens mit einer gegnerischen Mannschaft und im Rahmen einer Zweikampfsituation zu dem Unfallereignis gekommen ist. Ein für ein Profieishockeyspiel unübliches Geschehen kann dem Vortrag nicht entnommen werden; hierfür ergeben sich auch ansonsten keine Anhaltspunkte. Ein solches Geschehen wird jedoch nicht von einem (hier dem gegnerischen) Spieler allein verursacht, sondern ist ursächlich auf das Spielgeschehen beider Mannschaften sowie aller beteiligten Spieler zurückzuführen; mithin hat auch der Spieler K. einen Verursachungsbeitrag gesetzt (in diesem Sinne auch: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 -). Das SG Gotha (Urteil vom 29. Mai 2017 - S 18 U 243/15 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 92 ff. der Akte des BayLSG, unter Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - L 4 U 254/12 B ER -, juris, relevant sind insb. Rn. 35, 56) hat für das professionelle Fußballspiel darauf hingewiesen, dass dieses „von einer Vielzahl robuster Körperkontakte unter weitestgehender Ausnutzung regeltechnischer Freiräume und auch darüber hinausgehender Regelverstöße, welche nicht in jedem Fall von Schiedsrichtern erkannt oder/ und geahndet werden können, geprägt [ist].“ Diesen Überlegungen zum Charakter von Sportveranstaltungen im professionellen Bereich schließt sich der Senat an. Sie gelten in gleicher Weise für das professionelle Eishockeyspiel. Darauf, ob der Spieler ausdrücklich oder konkludent in derartige Verletzungshandlungen gegnerischer Spieler eingewilligt hat oder nicht, kommt es aus Sicht des Senats für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich nicht an. Ein alleiniges Fremdverschulden ist für den Bereich des Profisports vielmehr erst dann zu prüfen, wenn ein völlig unübliches Spielgeschehen im Raum steht. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich oder vorgetragen.

Dieses Ergebnis sowie die Auslegung des Begriffsmerkmales des alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen steht aus Sicht des Senats im Einklang mit der Präventionsaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die hier mit Mitteln des Beitragsrechtes Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung bei den Unternehmen setzen soll. Zwar wird ein Sportunternehmen nicht jedweden Unfall verhüten können. Allerdings sind die Spielverbände, Vereine und Sportunternehmen keineswegs ohne Einflussmöglichkeiten. Sie haben es durchaus in der Hand, auf Zahl und Schwere der Unfälle einzuwirken, indem sie sich gegen eine unnötig aggressive Spielweise mit unnötigen bzw. übermäßigen Fouls einsetzen. Es besteht daher nach dem Sinn und Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens kein Grund, entsprechende Versicherungsfälle als solche zu qualifizieren, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eingetreten sind und deshalb unberücksichtigt bleiben müssten (ebenfalls auf die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Unfallverhütung abstellend: BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 2; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44).

Überdies liegt es nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII im Ermessen des Satzungsgebers, ob Versicherungsfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen bei der Berechnung des Beitragszuschlages ausgenommen werden oder nicht. Gleiches muss dann auch für die Voraussetzungen bzw. Modalitäten dieser Herausnahme gelten. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung eines Versicherungsfalles ihrerseits grundsätzlich keine Veranlassung oder gar Verpflichtung haben, zu Fragen des Verschuldens (d.h. der Verursachung) zu ermitteln. Die von der Beklagten in § 28 Abs. 2 ihrer Satzung eingeführte Nachweispflicht des Beitragspflichtigen, dem die Umstände im Zusammenhang mit dem Unfall gerade bekannt sein müssen, ist daher nicht zu beanstanden (so bereits: SG Dortmund, Urteil vom 12. Juli 2016 - S 36 U 5/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 36 ff. der Akte des BayLSG; ebenso: SG Nürnberg, Urteil vom 8. August 2016 - S 2 U 42/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 45 ff. der Akte des BayLSG mit dem zusätzlichen Hinweis, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine umfangreichen Ermittlungen Seitens der Unfallversicherungsträger erwartet werden können, die nicht im konkreten Zusammenhang mit dem Unfall stehen und die für die Entschädigung gegenüber dem Versicherten keine Rolle spielen). Erfolgt dann Seitens des Mitgliedsunternehmens kein substantiierter Vortrag, ergeben sich keine weiteren Amtsermittlungspflichten des Gerichts.

(4) Schließlich erfüllt der Arbeitsunfall des Spielers K. die Voraussetzung einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente mit Kosten über 10.000 Euro, so dass eine Bewertung mit 50 Belastungspunkten zutreffend erfolgt ist. Dass die Feststellung der Rente im Beitragsjahr 2010 erfolgt ist, wurde bereits dargelegt. Vorliegend belief sich außerdem allein die Zahlung für die Rente auf 17.264,42 Euro und somit auf mehr als 10.000 Euro. Diese Kosten sind der Beklagten im Jahr 2010 entstanden. Denn entscheidend ist ausschließlich, dass die Beklagte im Jahr 2010 für die Unfallrente des Spielers K. einen Betrag von mehr als 10.000 Euro gezahlt hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung spielt es demgegenüber keine Rolle, dass die Unfallrente nicht für das Jahr 2010 gezahlt worden ist, weil die Rente bis 31. Dezember 2009 befristet gewesen ist, jedoch erst nachträglich festgestellt und entsprechend nachgezahlt worden ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob der jährliche Rentenzahlbetrag an den Versicherten 10.000 Euro überschritten hat oder nicht. Denn § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung stellt lediglich darauf ab, dass im Beitragsjahr eine Arbeitsunfallrente festgestellt wird, was vorliegend der Fall gewesen ist. Auf die Frage, ob § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung insoweit ausschließlich die Kosten der Arbeitsunfallrente meint, die ihrerseits über 10.000 Euro liegen müssen, um einen Unfall mit 50 Punkten zu bewerten, oder ob - wie die Beklagte meint - auch andere Kosten des Arbeitsunfalls einfließen können (d.h. die Gesamtkosten des Arbeitsunfalls gemeint sind), kommt es daher nicht an.

cc) Auf die Berücksichtigung des Arbeitsunfalles des Spielers S. kommt es für die Berechnung des Beitragszuschlages letztlich nicht entscheidungserheblich an, da dieser aufgrund der Bewertung lediglich mit dem Punktwert 1 keine Auswirkung auf die Höhe des Beitragszuschlages der Klägerin hat. Weder bedingt allein dieser Unfall einen Beitragszuschlag noch führt der Unfall gemeinsam mit dem Arbeitsunfall des Spielers K. zu einer Erhöhung des Zuschlages.

dd) Schließlich kommt es für die Berechnung des Zuschlages nicht darauf an, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelbelastung der Klägerin von dem Beitrag gemäß Bescheid vom 20. April 2011 ausgegangen ist, anstatt (was zutreffend gewesen wäre) von dem Beitrag gemäß Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011. Abgesehen von der ohnehin nur sehr geringfügigen Differenz der Beiträge, stellt der Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011 einen unwesentlich höheren Beitrag fest, so dass sich der Fehler der Beklagten nicht zu Lasten der Klägerin auswirkt.

ee) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zuletzt aufgefordert hat, die Gesamtkosten aller Arbeitsunfälle und Renten der Unternehmen der Tarifstellen, 32.2 und 32.3 jeweils getrennt im Beitragsjahr 2010 mitzuteilen, kommt es auf diese Gesamtkosten nicht entscheidungserheblich an. Denn diese Gesamtkosten stellen kein Berechnungselement des Beitragszuschlages dar. Weitere Ermittlungen hierzu waren daher nicht veranlasst.

Letzteres gilt auch, soweit die Klägerin die Offenlegung des Zahlenwerkes für die Berechnung der Durchschnittsbelastung verlangt hat. Ein Mehrwert für das Verfahren ist - worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat - nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 18.312,40 Euro festzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Vorliegend ergibt sich der Streitwert aus der Höhe des Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin gefordert hat. Im Berufungsverfahren stand noch die Hälfte des ursprünglich geforderten Betrages i.H.v. 36.624,81 Euro im Streit. Der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes beläuft sich auf die Höhe der angefochtenen (Beitrags-)Forderung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 2/12 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 25 und juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, BSGE 104, 170 und juris Rn. 50; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 32/08 R -, SozR 4-2700 § 168 Nr. 2 und juris Rn. 26 f.).

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.312,40 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten und Berufungsbeklagten festgesetzten Zuschlag zum Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2010.

Die Klägerin betreibt einen Eishockeyclub, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie ist Mitglied der Beklagten.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 25. August 2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach § 159 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nach dem geltenden Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Veranlagung erfolgte zu Gefahrtarifstelle 32 „Sportunternehmen“ (vgl. Teil I Buchstabe A des ab 1. Januar 2010 geltenden Gefahrtarifs). Die Gefahrtarifstelle war in drei Unterpunkte unterteilt:

– 32.1: bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81)

– 32.2: sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04)

– 32.3: übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42)

Zum 1. Januar 2010 trat außerdem eine geänderte Satzung der Beklagten in Kraft, die - insoweit gestützt auf § 162 Abs. 1 SGB VII - in § 28 (in der Fassung des 1. Nachtrages, der durch die damals fusionierenden Berufsgenossenschaften am 12. November bzw. 10. Dezember 2009 beschlossen und durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009 genehmigt wurde) das Beitragszuschlagsverfahren wie folgt neu regelte:

§ 28 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.

(2) Führt der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft er sich hierauf, so hat er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum

Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtige

Zuschlagspflichtig sind nur

2.1 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht sowie

2.2 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe VI bis VII der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen der jeweiligen Gruppe abweicht.

Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle bzw. der Gruppe liegt.

Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag liegt und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung

In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

* für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

3.1 Berechnung der Einzelbelastung Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen.

Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel:

Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

… = Einzelbelastung Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

3.2 Berechnung der Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle (siehe Ziffer 2.1) bzw. der Gruppe VI oder VII (siehe Ziffer 2.2 - im folgenden Gruppe -) addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe des § 3 der Satzung ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der Gruppe im Beitragsjahr x 10.000

… = Durchschnittsbelastung Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe im Beitragsjahr

4. Höhe des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

* 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt,

* 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt und

* 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt.

Für Unternehmen aus Unternehmensarten, deren Belastung im Umlagejahr zu 20 v.H. oder mehr aus Leistungen für Berufskrankheiten besteht, wird der Beitrag um den entsprechenden Anteil der Berufskrankheiten gekürzt (anrechenbarer Beitrag).

Für die Berechnung der Beiträge nach den Ziffern 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Zahlung des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Durchführungsbestimmungen

Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

§ 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten listet, unterteilt in sieben Gruppen, die Unternehmensarten auf, für die die Beklagte sachlich zuständig ist. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu Gruppe III, die mit „Verwaltungen“ überschrieben ist und die auch „Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen sowie selbständige Musikkapellen“ erfasst. Außerdem gehören zu dieser Gruppe u.a. Kirchenverwaltungen, diplomatische Kanzleien, Parteien, Berufs-, soziale und sonstige Verbände sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. „Banken“ bilden eine eigenständige Gruppe (Gruppe I).

Mit Beitragsbescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Gesamtbeitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 383.788,86 Euro mit. Der Gesamtbeitrag setzte sich zusammen aus dem Beitrag zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Höhe von (i.H.v.) 366.248,32 Euro und dem Betrag für Fremdumlagen. Bei der Berechnung des Beitrages zur VBG legte die Beklagte Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 205.055,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 und i.H.v. 1.681.091,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 45,04 zugrunde; bezogen auf die Gefahrklasse 57,81 wurden keine Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.

Aufgrund eines geänderten Entgeltnachweises für das Jahr 2010 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2011 mit weiterem Beitragsbescheid vom 1. Juli 2011 dahingehend ab, dass sie nun bei der Berechnung des Beitrages zur VBG bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 241.882,00 Euro zugrunde legte. Der Beitrag zur VBG erhöhte sich dadurch auf 366.684,45 Euro und der Gesamtbeitrag auf 384.317,96 Euro. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Nach Anhörung setzte die Beklagte außerdem mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 2011 gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag i.H.v. 36.624,81 Euro (Zuschlag von 10%) fest. Dabei berücksichtigte sie die vier Arbeitsunfälle folgender Spieler mit folgenden Daten:

– Sch. (nachfolgend: Sch.), Unfall vom 9. September 2007, Registrierdatum 6. November 2007, Entschädigungsdatum 09/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– K. (nachfolgend: K.), Unfall vom 2. Januar 2007, Registrierdatum 9. Januar 2007, Entschädigungsdatum 05/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– D. (nachfolgend: D.), Unfall vom 28. August 2009, Registrierdatum 2. September 2009, Entschädigungsdatum 11/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– S. (nachfolgend: S.), Unfall vom 12. Januar 2010, Registrierdatum 21. Januar 2010, Belastungstyp Unfall, Belastungspunkte 1,00 Der Beitragszuschlag errechnete sich nach § 162 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28 der Satzung der Beklagten aus dem anrechenbaren Beitrag zur VBG i.H.v. 366.248,13 Euro, Unfallbelastungspunkten von insgesamt 151,00, einer Belastungsziffer der Klägerin von 4,1228, einer Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 und einer Abweichung der Belastungsziffer der Klägerin zur Durchschnittsbelastungsziffer von 348,13%.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zugleich Einsicht in die Akten der dem Beitragszuschlag zugrunde gelegten Unfälle. Über Folgeschäden bzw. Rentenzahlungen an die betroffenen Eishockeyspieler sei der Klägerin nichts bekannt; vielmehr seien die betreffenden Personen auch nach den Unfällen als Eishockeyspieler voll im Einsatz gewesen. Zugleich wurden zahlreiche Bedenken gegen die Beitragszuschläge vorgetragen. Erstens handele es sich bei dem Beitragszuschlag in Wahrheit um ein „der Höhe nach willkürlich festgesetztes Ordnungsgeld als Beugemittel mit dem Anspruch auf künftiges präventives ‚Wohlverhalten'…“. Zweitens seien nach § 162 SGB VII Zuschläge „unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle“ möglich. Die Satzung der Beklagte stelle stattdessen jedoch auf das Beitragsjahr der Feststellung der Unfallrente ab (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 der Satzung). Überdies sei die Satzung nach ihrem § 56 erst am 1. Januar 2010 in Kraft getreten und eine rückwirkende Anwendung auf Unfälle aus den Jahren 2007 bzw. 2009 rechtswidrig. Die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Kosten der festgestellten Renten eine Rolle spielen würden, käme es jedenfalls nur auf die tatsächlich im Beitragsjahr gezahlten Rentenleistungen an. In dem vorliegenden Fall sei außerdem zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen der Profiligen insgesamt um das Dreifache höher liege als die Belastung der Beklagten durch entsprechende Entschädigungsleistungen. Durch die zusätzliche Auferlegung von Beitragszuschlägen gerate das Gesamtgefüge gänzlich außer Verhältnis und stehe jenseits des hier allein anzuwendenden Versicherungsprinzips. Die Zuschlagsbelastung führe bei Profisportunternehmen zu einer endgültigen Erdrosselung unter eklatantem Verstoß gegen das Übermaßverbot. Darüber hinaus würden die sehr hohen Gefahrklassen z.B. bei Sportunternehmen gegenüber Unternehmen mit sehr niedrigen Gefahrklassen (wie z.B. Banken) bei einer gleich hohen Einzelbelastung (gemessen an den Belastungspunkten) dazu führen, dass der Beitragszuschlag bei Sportunternehmen um ein Vielfaches höher ausfalle. Letztlich enthalte die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beseitige all diese Einwendungen nicht.

Mit undatiertem Widerspruchsbescheid, bei der Klägerin am 6. Dezember 2011 eingegangen, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 zurück. Bei der Erhebung des Zuschlages handele es sich gesetzessystematisch um eine Beitragsverpflichtung. Diese sei rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle Unternehmen der Beklagten der gleichen Beitragszuschlagsberechnung unterliegen würden. Ein Vergleich mit anderen Unternehmensarten mit deutlich geringerer Gefahrklasse (z.B. einer Bank) führe zu keinem verwertbaren Ergebnis. Vielmehr spiegle eine höhere Gefahrklasse die größere Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines Unfalls z.B. bei einem Eishockeyspieler gegenüber einem Bankangestellten wider. Darüber hinaus liege keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Eine Begrenzung des Zuschlages erfolge über § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten zu den Arbeitsunfällen bestehe aus Datenschutzgründen nicht. Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden würden sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergeben.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut mit dem Ziel, den Beitragszuschlagsbescheid aufzuheben. Zugleich beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 (S 9 U 338/11 ER) lehnte das SG Landshut den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 27. Juni 2012 (L 2 U 134/12 B ER) zurück.

Im Klageverfahren vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin seine bisherigen Ausführungen. Er bestritt, dass den Sportlern berechtigterweise Unfallrenten zugesprochen worden seien. Die Unfälle seien im Übrigen ausschließlich auf Fremdverschulden zurückzuführen. Dies ergebe sich aus den der Klägerin noch vorliegenden Kopien der Unfallanzeigen. Der Spieler K. sei z.B. von seinem Gegner gecheckt worden. Regelverstöße seien nicht durch die Einwilligung des kampfbetonten Eishockeyspiels gedeckt. Zivilrechtlich bestehe ein Schadensersatzanspruch, wenn nachgewiesen werden könne, dass der Mitspieler schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen habe. Soweit die Satzung die Frage einer überdurchschnittlichen Belastung mit Hilfe eines Vergleichs mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 ermittle, sei dies unrichtig. Der Vergleich habe nur im Verhältnis zu der Gefahrtarifstelle 32.2 erfolgen dürfen. Mit der Sonderregelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 2.2 der Satzung verstoße die Beklagte außerdem insofern gegen das Gleichheitsgebot, als dort die durchschnittliche Belastung nicht innerhalb der jeweiligen Gefahrtarifstelle berechnet werde, sondern innerhalb der Gruppe VI und VII des § 3 der Satzung. Die Satzung der Beklagten berücksichtige nach ihrem Wortlaut nur die Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle, nicht die Höhe der anfallenden Kosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2013 Bezug genommen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 10. Mai 2012 die Rentenbescheide der drei betroffenen Spieler vor und teilte mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2014 die Entschädigungsleistungen im Jahr 2010 mit. Daraus ergeben sich die folgenden weiteren Daten:

– Sch.: Rentenbescheid vom 1. September 2010, Rentenbeginn am 19. April 2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 62.584,23 Euro

– K.: Rentenbescheid vom 28. Mai 2010, Rentenzahlung vom 15. August 2007 bis 31. Dezember 2009 nach einer MdE von 20 v.H. (Zahlbetrag insg.: 17.264,42 Euro; Monatsbetrag zuletzt 618,67 Euro), außerdem Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 1.928,00 Euro

– D.: Rentenbescheid vom 3. November 2010, Rentenbeginn am 3. August 2010 nach einer MdE von 20 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 4.606,44 Euro, Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 59.779,73 Euro

– S.: Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 10.816,89 Euro Außerdem vertiefte die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2013 und vom 14. Februar 2014 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit ihrer Satzung sowie des angefochtenen Beitragszuschlagsbescheides. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17. September 2014 erklärte sich die Beklagte bereit, den Unfall des Spielers D. aus der Berechnung des Beitragszuschlages herauszunehmen. Der Zuschlag reduzierte sich damit auf 27.468,61 Euro.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 (S 9 U 339/11) änderte das SG Landshut den angefochtenen Bescheid der Beklagten dahingehend weiter ab, dass der Unfall des Spielers Sch. vom 9. September 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wodurch sich der Beitragszuschlag halbiere und die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den bereits gezahlten Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,41 Euro zurückzuzahlen. Im Übrigen wies das SG Landshut die Klage ab. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf 36.624,81 Euro fest. Zur Begründung wies die Kammer darauf hin, dass die Satzung der Beklagten zwar der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 162 Abs. 1 SGB VII entspreche und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot oder das Rückwirkungsverbot verstoße. Hierzu nahm die Kammer Bezug auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 10. Dezember 2013 (- S 1 U 74/12 -, Bl. 150 ff. der Akte des BayLSG), welches den Beteiligten bekannt war. Auch sei der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten formell rechtmäßig. Allerdings habe der Unfall des Spielers Sch. nicht berücksichtigt werden dürfen, da es sich nicht um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Soweit die Beklagte die Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. zutreffend mit insgesamt 51 Belastungspunkten berücksichtigt habe, würden sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Unfälle durch das alleinige Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden seien. Denn bei einer Sportart wie dem Eishockey liege eine gegenseitige Einwilligung der Spieler in Handlungen vor, wie sie dem üblichen Spielverlauf entsprechen. Ein Fremdverschulden im Sinne der Satzung der Beklagten könne nur dann vorliegen, wenn Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig in besonders rücksichtsloser Weise handeln. Hierfür ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte; insbesondere sei nicht ersichtlich, dass ein Strafverfahren durchgeführt oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht worden wären.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zum Kriterium der „Schwere“ eines Arbeitsunfalls ist nun vorgetragen worden, dass hierfür nicht die Kosten entscheidend seien, sondern der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der Grad der MdE bzw. die Art der Unfallfolgen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Beitragszuschlagsverfahren anderer Mitgliedsunternehmen bereit erklärt habe, die Bescheide aufzuheben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16. Januar 2015, vom 25. Oktober 2016, vom 24. Februar 2017, vom 19. Juni 2017, vom 2. Oktober 2017 und vom 4. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihrerseits die Berechnung des Beitragszuschlages näher erläutert sowie ihre Rechtsausführungen vertieft. Insbesondere liege es im Gestaltungsermessen der Vertreterversammlung der Beklagten, die Schwere eines Arbeitsunfalls vereinfachend anhand der Kosten, der Zahlung einer Unfallrente sowie des Eintrittes des Todes als schlimmster Unfallfolge zu differenzieren. Die Unterscheidung zwischen den Zuschlagspflichtigen in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass es sich bei dem Gefahrtarif 2010 um einen Fusionsgefahrtarif gehandelt habe, dem die Tarifstellen der Fusionspartner einfach angehängt worden seien. Durch das Abstellen auf die „Gruppe“ habe vermieden werden sollen, dass sich das Ausgleichsverfahren auf Kleinst-Gefahrtarifstellen beziehe. Somit werde nicht Gleiches ungleich behandelt. Ergänzend hat die Beklagte zahlreiche Kopien sozialgerichtlicher Urteile vorgelegt, die sich mit ihrer Satzungsregelung befassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016, vom 21. April 2017, vom 14. September 2017 und vom 1. Dezember 2017 Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge einschließlich der Akten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, am 6. Dezember 2011 bei der Klägerin eingegangen. Insoweit steht noch der hälftige Beitragszuschlag im Streit, nachdem zunächst die Beklagte den Unfall des Spielers D. aus der Zuschlagsberechnung herausgenommen und anschließend das SG Landshut den Beitragszuschlagsbescheid dahingehend abgeändert hat, dass auch der Unfall des Spielers Sch. nicht zu berücksichtigen ist. Berufung wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von der Beklagten eingelegt. Sonstige Fragen, insbesondere zur Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2010, sind nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Soweit der von der Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgesetzte Beitragszuschlag nach der Änderung durch den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 11. Dezember 2014 noch auf 18.312,40 Euro beläuft, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag wurde anhand der Satzungsregelungen, die ihrerseits nicht zu bestanden sind, zutreffend berechnet.

1. Das Beitragsbzw. Beitragszuschlagsverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung basiert - soweit hier relevant - auf folgenden Grundsätzen:

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden grundsätzlich durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, die den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge sowie des Verwaltungsvermögens decken muss (§ 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Veranlagung zu den Gefahrklassen erfolgt nach dem als Satzung anzusehenden Gefahrtarif der jeweiligen Berufsgenossenschaft (§ 159 Abs. 1 SGB VII). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 12). Gemäß § 168 Abs. 1 SGB VII teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (Beitragsbescheid).

Des Weiteren haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle (vgl. § 193 Abs. 1 und 2 SGB VII) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII können auch Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten durch die Satzung ausgenommen werden. Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 13).

Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 725 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Soweit nicht die geringfügigen Änderungen betroffen sind, kann daher weiterhin auf die zu § 725 Abs. 2 RVO ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und unter Benennung dieser Änderungen).

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin (und auch für das vorliegende Verfahren), dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist. Das Verfahren muss Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen. Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken. Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 19 m.w.N.).

In Einklang mit der Rechtsprechung des BSG wird in der Literatur zum Zweck des sog. Beitragsausgleichsverfahrens außerdem darauf hingewiesen, dass dieses auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens ausgerichtet ist. Es geht um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung, die in den Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität, aber auch teilweise mit erheblichem Kostenaufwand betrieben wird. Durch eine finanzielle Be- und Entlastung soll auf eine verstärkte Unfallverhütung und damit insbesondere auf eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes hingewirkt werden (Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 17, 19). Durch das Beitragsausgleichsverfahren wird die individuelle Unfallgefahr des Unternehmens zu einem Faktor der Beitragsberechnung (Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 2; ähnlich Schmidt., in: SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3). Es dient der Förderung der Prävention durch Beitragsanreize (Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 2). Das Einzelverhalten, also Erfolg und Misserfolg der Prävention im eigenen Unternehmen, soll unmittelbar zu finanziellen Vor- oder Nachteilen führen (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 2). Zuschläge und Nachlässe bewirken eine Umverteilung der Beitragsbelastung. Der Eintritt des Versicherungsfalles soll entsprechend § 1 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln vermieden werden. Das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen soll sich in der Beitragshöhe niederschlagen. Die genossenschaftlich haftenden Mitglieder sollen gerechter an dem wirtschaftlichen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben (Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 1, 2). Bigge (in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 1) spricht von einer verursachungsgerechten Heranziehung zu den Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Beklagte der Klägerin für das Beitragsjahr 2010 zu Recht einen im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,40 Euro auferlegt. Das von der Beklagten nach Maßgabe des § 28 ihrer Satzung durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren ist mit der Ermächtigungsnorm vereinbar (hierzu unter a) und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG; hierzu unter b), das Übermaßverbot bzw. den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hierzu unter c), das Rückwirkungsverbot (hierzu unter d) oder sonstiges höherrangiges Recht (hierzu unter e). Relevante Fehler bei der Berechnung des Zuschlages liegen ebenfalls nicht vor (hierzu unter f).

a) Das von der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren richtet sich nach § 28 ihrer ab 1. Januar 2010 geltenden (Fusions-)Satzung in der Fassung des 1. Nachtrages vom 12. November/ 10. Dezember 2009 (genehmigt durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009). Danach werden unter Bezugnahme auf § 162 SGB VII jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Von der Verpflichtung (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) bzw. der Möglichkeit (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII), Versicherungsfälle außer Ansatz zu lassen, hat die Beklagte (abgesehen von der Möglichkeit, Unfälle auf Betriebswegen auszunehmen) Gebrauch gemacht.

U.a. bleiben solche Arbeitsunfälle unberücksichtigt, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Letzteres ist vom Beitragspflichtigen nachzuweisen (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Zuschlagspflichtig ist der Beitragspflichtige, dessen Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der jeweiligen Vergleichsgruppe liegt. Abzustellen ist dabei auf das jeweilige Beitragsjahr (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung). Die Berechnung der Einzelsowie der Durchschnittsbelastung bestimmt sich nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung. Die Höhe des Beitragszuschlages bemisst sich in Prozentpunkten des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages und beträgt - abhängig von der Höhe der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung - 5 v.H., 7,5 v.H. oder höchstens 10 v.H. dieses Beitrages (§ 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung).

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Satzung der Beklagten ist zu beachten, dass es sich hierbei um autonomes Recht handelt (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), das - so auch hier - von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 Satz SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. § 162 SGB VII lässt den Berufsgenossenschaften daher einen weiten Spielraum zur Gestaltung ihres Beitragsausgleichsverfahrens. Auch die Entscheidung, auf welche Weise Zuschläge bzw. Nachlässe im Einzelnen berechnet werden, erfolgt nach § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch: BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 30 und BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 20, letzterer mit näherer Begründung). Ob die Vertreterversammlung in diesem Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden. Die Satzungsregelungen unterliegen der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vielmehr nur im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 18 m.w.N.). Relevant ist insbesondere, ob die Regelungen überhaupt geeignet sind, den mit dem Beitragsausgleichsverfahren verfolgten Zielen zu dienen. Dabei ist nicht auf die speziellen Verhältnisse des klagenden Unternehmens, sondern auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 22).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Grenzen richterlicher Prüfungsbefugnis bewegt sich die Satzung der Beklagten im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft und die damit im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist mithin zulässig (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Auffassung der Klägerin, wonach die Satzung, obwohl sie als Merkmale in § 28 Abs. 1 nur Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle nenne, tatsächlich doch auch auf die Kosten abstelle, trifft nicht zu. Selbst wenn diese Auffassung jedoch zuträfe, würde dies lediglich dazu führen, dass die Satzung tatsächlich alle drei Merkmale des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII für die Berechnung der Höhe des Beitragszuschlages heranziehen würde; sie würde sich auch damit noch innerhalb des Rahmens der Ermächtigungsnorm bewegen.

Tatsächlich jedoch benennt die Satzung der Beklagten in ihrem § 28 Abs. 1 nicht lediglich Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle als Berechnungsgrundlagen, sondern konkretisiert diese Vorgabe in § 28 Abs. 3, der die Details der Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge aufzeigt, konsequent und ermächtigungskonform. Dabei stellt die Satzung der Beklagten ganz vorrangig auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und definiert diesen Begriff typisierend und entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung vereinfachend anhand dreier Merkmale (§ 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung): Erstens unterscheidet sie alle anzuzeigenden Arbeitsunfälle anhand der anfallenden Kosten, wobei ein Unfall mit Kosten über 10.000 Euro als schwer im Sinne der Satzung bewertet wird (Bewertung mit 1 Belastungspunkt). Zweitens differenziert sie danach, ob eine Unfallrente festgestellt worden ist oder nicht; wenn ja, handelt es sich wiederum um einen schweren Unfall, sofern die Kosten mehr als 10.000 Euro betragen. Durch die Bewertung mit nunmehr 50 Belastungspunkten bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass ein entsprechend kostenintensiver Arbeitsunfall, der außerdem zu einer Rentenzahlung führt, deutlich schwerer zu gewichten ist, als ein vergleichbar kostenintensiver Arbeitsunfall ohne Rentenzahlung. Drittens werden mit 100 Belastungspunkten solche Unfälle (nunmehr unabhängig von ggf. nur geringen Kosten) als besonders schwer eingestuft, die zum Tod des Versicherten geführt haben.

Daraus ergibt sich, dass die Aufwendungen für den einzelnen Versicherungsfall nur eine untergeordnete Rolle in dem Sinne spielen, dass sie eine grobe Einteilung in jeweils schwere und weniger schwere Arbeitsunfälle bewirken. Darüber hinaus werden die konkreten Aufwendungen weder erfasst noch spielen sie eine Rolle für die Höhe des Beitragszuschlages oder die Berechnung der Einzelbzw. Durchschnittsbelastung. Eine vergleichende Berechnung der Kosten, die von den einzelnen Versicherungsfällen verursacht wurden, findet nicht statt.

Im Ergebnis erfolgt eine Einteilung aller anzuzeigenden Arbeitsunfälle in vier Fallgruppen mit aufsteigendem Schweregrad: Die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe mit den leichtesten bzw. am wenigsten schweren Unfälle erfüllen zwei verschiedene Sachverhaltskonstellationen. Erstens die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten bis 10.000 Euro und zweitens Arbeitsunfälle (ebenfalls mit Kosten bis 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden jeweils mit Null Punkten bewertet. Die zweite Fallgruppe bilden die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten über 10.000 Euro, die mit 1 Punkt bewertet werden. Zur dritten Fallgruppe gehören Arbeitsunfälle (mit Kosten über 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden mit 50 Punkten bewertet. In die vierte Fallgruppe der schwersten Arbeitsunfälle, die mit 100 Punkten bewertet werden, fallen die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfälle.

Wenn die Beklagte die genannten Merkmale als Maßstäbe für die Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls zugrunde legt, so ist dies nicht zu beanstanden. Eine einheitliche, ggf. gar verbindliche Festlegung, wonach die Schwere eines Arbeitsunfalles zu bemessen wäre, existiert nicht. Insbesondere ergeben sich keine Vorgaben aus der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Denkbar sind hier zweifellos zahlreiche Kriterien. Dem Bevollmächtigten der Klägerin kann daher zugestimmt werden, wenn er darauf hinweist, dass Kriterien wie der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der MdE und/ oder die Art der Unfallfolgen herangezogen werden könnten. Nicht zuzustimmen ist dem Bevollmächtigten jedoch darin, dass die Kosten überhaupt kein geeignetes Kriterium sein können. Überdies zeigen seine Darlegungen lediglich auf, dass auch andere Beurteilungsmaßstäbe möglich wären; eine Rechtswidrigkeit der Satzungsregelung ergibt sich daraus nicht.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Regelung insoweit am zweckmäßigsten, vernünftigsten und gerechtesten wäre. Diese Festlegung obliegt vielmehr der Beklagten; hierzu gehört es auch, sachgerechte Qualifizierungs- und Quantifizierungsmerkmale für die Schwere eines Arbeitsunfalls zu finden. Vorliegend sind die von der Satzung vorgesehenen Merkmale nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für das Merkmal der Kosten (hier bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr), welches durchaus geeignet ist, die Schwere eines Arbeitsunfalles typisierend zu erfassen. Denn erhebliche Verletzungen mit aufwendigem und/ oder langandauerndem Behandlungsbedarf und ggf. längerer Arbeitsunfähigkeit oder sogar eintretenden Dauerfolgen gehen regelmäßig mit höheren Kosten einher. So sind z.B. mit stationären Krankenhausaufenthalten regelmäßig höhere Kosten verbunden als mit ambulanten Behandlungen, langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten führen zusätzlich zu entsprechenden Ansprüchen auf Zahlung von Verletztengeld und die Höhe einer ggf. zu zahlenden Rente bemisst sich u.a. nach der Höhe der MdE. Die angefallenen Kosten stellen schließlich ein Merkmal dar, welches sich relativ einfach feststellen lässt - ein Umstand, dem im Rahmen einer Massenverwaltung ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht beigemessen werden kann.

Die Satzung der Beklagten trifft außerdem eine Unterscheidung zwischen Unfällen, die keine Rente nach sich ziehen und daher (abgesehen von Todesfällen) nur einmal - nämlich bei der Meldung - zu berücksichtigen sind, sowie Unfällen, die eine Rente nach sich ziehen und damit - bei der Feststellung der Rente - ein weiteres Mal zu berücksichtigen sind. Da die Feststellung einer Unfallrente regelmäßig voraussetzt, dass beim Versicherten länger andauernde gesundheitliche Unfallfolgen vorliegen, spricht auch dieser Umstand typisierend für einen erhöhten Schweregrad des Arbeitsunfalls. Zweifellos kann schließlich ein Unfall mit Todesfolge beanstandungsfrei im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls eingestuft werden - dies auch unabhängig von den anfallenden Kosten, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können. Die Beklagte stellt damit indirekt durchaus auf solche Umstände ab, die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgeschlagen worden sind, insbesondere den Grad der Verletzungen bzw. die Art der Unfallfolgen. Während es der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch offen lässt, wie diese Umstände gemessen werden könnten, hat die Beklagte hierauf mit ihrer Satzungsregelung eine Antwort gegeben.

Durch die Gerichte ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung solche Unfälle als (besonders) schwer ansieht, die erstens eine bestimmte Kostengrenze überschreiten, zweitens eine Unfallrente nach sich ziehen oder drittens sogar zum Tod des Versicherten führen. Die Beklagte muss bei der Auswahl der Merkmale, die sie zur Bestimmung der Schwere eines Arbeitsunfalls heranzieht, auch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung berücksichtigen. Sie muss daher darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind. Dabei können nicht alle Besonderheiten eines jeden Einzelfalles Berücksichtigung finden. Zugleich müssen die Merkmale mit einem möglichst hohen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Der Grad der Verletzung bzw. die Art der Unfallfolgen können vor diesem Hintergrund nur insoweit eine Bedeutung erlangen, als sie mit messbaren und leicht feststellbaren Kriterien konkretisiert werden. Grundsätzlich weniger geeignet erscheint ein Abstellen auf die Dauer der Heilbehandlung, da sich diese unter Umständen über Jahre und Jahrzehnte, ggf. sogar lebenslang erstrecken kann.

Die Berechnung des Beitragszuschlages unter Zugrundelegung eines Punktesystems, welches die dem Grunde nach in der jeweiligen Kategorie als schwer eingestuften Arbeitsunfälle (hohe Kosten im Beitragsjahr, Unfallrente mit zugleich hohen Kosten im Beitragsjahr bzw. Todesfall) nochmals hinsichtlich ihres jeweiligen Schweregrades gewichtet, ist ebenfalls von dem weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt; konkrete Vorgaben hierzu enthält die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII nicht. Gleiches gilt für die Differenzierung nach den anfallenden Kosten bis 10.000 Euro bzw. über 10.000 Euro. Insoweit muss der Beklagten als Satzungsgeber - vergleichbar einem Gesetzgeber - insbesondere auch zugestanden werden, die von ihr ursprünglich prognostizierten Auswirkungen ihrer Satzungsregelungen im Rahmen ihrer tatsächlichen Anwendung zu beobachten und dahingehend zu überprüfen, ob die gewünschten Anreizwirkungen bei den Mitgliedsunternehmen eintreten und unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Ggf. kann sie dann in den Folgejahren durch eine Änderung ihrer Satzung bzw. der darin enthaltenen Abgrenzungskriterien gegensteuern.

Dafür, dass es hier gegenüber den Mitgliedsunternehmen im Allgemeinen oder der Klägerin im Besonderen zu irgendwelchen untragbaren Auswirkungen gekommen wäre, ist nichts ersichtlich. Hierfür genügt es nicht, dass ggf. bereits - wie hier - ein Unfall mit Zahlung einer Unfallrente ausreicht, um einen Beitragszuschlag zu bewirken. Ab wann ein Beitragszuschlag faktisch wegen der Abweichung von der Durchschnittsbelastung eingreift, ist nicht zuletzt abhängig von der Struktur und dem Unfallrisiko der jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Unfallversicherungsträgers. Dabei widerspricht es keinesfalls dem Willen des Gesetzgebers, wenn eine Belastung des Unternehmens bereits bei einem einzigen Arbeitsunfall eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22). Da Ausgangspunkt der Auferlegung eines Beitragszuschlages hier eine entsprechend hohe Abweichung der Belastung des einzelnen Unternehmens von der Durchschnittsbelastung ist, kann ein Beitragszuschlag ohnehin nur dann eingreifen, wenn bereits durch diesen einen Unfall eine derartige Abweichung erreicht wird. Aufgrund der von der Satzung der Beklagten vorgegebenen Staffelung mittels eines Punktesystems mit Null, 1, 50 und 100 Punkten wird dies hier voraussichtlich erst bei einem einzigen Unfall mit festgestellter Rente oder mit Todesfolge der Fall sein. Die Staffelung durch das Punktesystem wird zudem im Ergebnis abgemildert durch die Deckelung des Zuschlages auf maximal 10 v.H. des Beitrages.

Es wird schließlich auch jeder anzuzeigende Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 SGB VII) für das Beitragszuschlagsverfahren im Sinne von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berücksichtigt. Berücksichtigen bedeutet seinem Wortsinn nach nicht mehr als zur Kenntnis nehmen (dudenonline: bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten, nicht übergehen, in seine Überlegungen einbeziehen). Eine bestimmte Konsequenz wird danach nicht vorausgesetzt. Dass sich ein Unfall ggf. mit dem Punktwert „Null“ auf die Höhe des Beitragszuschlags (nicht) auswirkt, bedeutet nicht, dass er nicht berücksichtigt wird. Die fehlende Auswirkung auf den Beitragszuschlag ist lediglich das konsequente Ergebnis der unterschiedlichen Gewichtung der Unfälle entsprechend ihrem jeweiligen Schweregrad und entspricht der ermächtigungskonformen Intention der Beklagten, vorrangig auf die Schwere eines Unfalls abzustellen. Diese Gewichtung wirkt sich dann - wie in § 162 Abs. 1 SGB VII vorgesehen - auf die Höhe des Beitragszuschlages aus. Schließlich fordert § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII auch bezüglich der Zahl der Versicherungsfälle keine spezifische Berücksichtigung dieses Merkmals. Die Ermächtigungsnorm verlangt nicht, dass jeder Unfall mit einer gleichen oder zumindest einer bestimmten Wertigkeit zu berücksichtigen ist.

Die Satzung der Beklagten zielt erkennbar darauf, durch das Beitragszuschlagsverfahren Anreize für eine gute Präventionsarbeit zu schaffen. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schwere Arbeitsunfälle; insbesondere die mit Feststellung einer Rente oder mit Todesfolge. Ist die Regelung somit - wie dargelegt - sachlich begründet, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 1 BvL 13/96 -, BVerfGE 106, 201 und juris Rn. 16). Soweit die Unternehmer durch das Beitragszuschlagsverfahren angeregt werden sollen, insbesondere schwere Unfälle zu vermeiden, bedeutet dies aber nicht, dass der Unternehmer jeden Unfall, der zu einem Zuschlag führt, auch tatsächlich verhindern kann bzw. verhindern können muss.

Der von der Beklagten gewählte Bewertungsmaßstab ist danach insgesamt nicht zu beanstanden und kann nicht durch einen anderen Bewertungsmaßstab, den ggf. das Gericht oder die Klägerin für sinnvoller oder zweckmäßiger halten, ersetzt werden.

bb) Die Satzung der Beklagten verstößt darüber hinaus nicht deshalb gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, weil sie lediglich die Auferlegung von Zuschlägen, nicht jedoch auch die Bewilligung von Nachlässen vorsieht. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren bzw. reine Nachlassverfahren zulässig sind. Die Zulässigkeit eines reinen Zuschlagsverfahrens steht außerdem mit dem Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens sowie mit dem Willen des Gesetzgebers, dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, in Einklang (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris, die dagegen eingelegte Revision wurde vom BSG mit Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 21/11 R - als unzulässig verworfen; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 2. März 2010 - L 14 U 83/08 -, juris, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -, juris, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2005 - L 2 U 39/04 -, juris; von der Zulässigkeit eines Zuschlagsverfahrens ging offenbar auch das BSG aus in: Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 20 m.w.N. und Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris; vgl. aus der Literatur: Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand: Juli 2017, § 162 SGB VII Rn. 8; Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 29, 35; Bigge, in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 14; Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 3, 16; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 5.1 und 5.3; Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 7 f.; Brandenburg/ K. Palsherm, jurisPraxisKommentar, SGB VII, 2. Auflage 2014, § 162 Rn. 17 ff., 47; Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 18 ff.). Dem schließt sich auch der Senat an.

b) Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Einzelbelastung des einzelnen Zuschlagspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmer der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.).

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 122 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Grundsätzlich ist der Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG kann dabei nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.).

cc) Der Bevollmächtigte der Klägerin macht insbesondere eine Ungleichbehandlung geltend, soweit die Durchschnittsbelastung im Beitragsjahr 2010 für Beitragspflichtige nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3, Unterziffer 3.2 aus den verschiedenen Gruppen des § 3 (Abs. 1) der Satzung unterschiedlich berechnet wurde (hierzu unter (1)). Darüber hinaus hätte der Vergleich nur im Verhältnis der Klägerin zu den anderen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32.2 „Sonstige bezahlte Sportler“ erfolgen dürfen (hierzu unter (2)).

(1) Der Bevollmächtigte der Kläger beanstandet, dass die Satzung der Beklagten nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 (i.V.m. Ziffer 3, Unterziffer 3.2) die Zuschlagspflichtigen danach unterscheidet, ob sie - wie die Klägerin - zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe I bis V der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternahmen der jeweils gleichen Tarifstelle des Gefahrtarifs abgestellt wird) oder ob sie zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe VI bis VII der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternehmen der jeweiligen Gruppe abgestellt wird).

Einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unterscheidet folgende Gruppen:

– I. Banken

– II. Versicherungen

– III. Verwaltungen

– IV. Freie Berufe

– V. Besondere Unternehmen

– VI. Unternehmen der keramischen und Glas-Industrie

– VII. Unternehmen der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Die in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung der Beklagten geregelte Differenzierung zwischen den Gruppen I bis V einerseits und VI bis VII andererseits ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die ab 1. Januar 2010 geltende Satzung der Beklagten eine Fusionssatzung darstellte; auch der zeitgleich geltende Gefahrtarif war ein Fusionsgefahrtarif. Anfang 2009 hatten die Beklagte und die Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie fusioniert, zum 1. Januar 2010 folgte die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN). Die (Fusions-)Satzung der Beklagten musste daher etwaige Unterschiede in der Struktur der Unternehmen sowie der Tarifstellen berücksichtigen. Der Gefahrtarif 2010 bestand aus über 60 Tarifstellen. Durch die Differenzierung sollte vermieden werden, dass sich das Beitragszuschlagsverfahren auf eine (zu) kleine Tarifstelle bezieht (so bereits: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Sitzung des 3. Hauptausschusses der Beklagten vom 10. November 2009 Seite 3 unten bis Seite 4 oben, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 64 ff. der Akte des BayLSG).

Vorliegend ist außerdem zu beachten, dass die Klägerin eher davon profitiert, dass ihre Eigenbelastung lediglich im Vergleich zu anderen Sportunternehmen beurteilt wird. Würde man sie demgegenüber mit allen Unternehmen aus § 3 Abs. 1 Gruppe III der Satzung (zu der die Klägerin gehört) vergleichen, so stünde zu erwarten, dass Sportunternehmen wie die Klägerin regelmäßig von Beitragszuschlägen betroffen wären, während die übrigen Unternehmen dieser Gruppe hiervon nicht betroffen wären. Denn die Unfallgefahr allgemein, aber auch die Gefahr schwerer Unfälle, ist in einem Sportunternehmen generell deutlich höher, als in den sonstigen Betrieben der Gruppe III, die überwiegend der allgemeinen Verwaltung zuzurechnen sind. Dies wird nicht zuletzt anhand der unterschiedlich hohen Gefahrklassen deutlich, die die jeweilige Unfallgefahr widerspiegeln. Somit ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerade geboten, dass die Beklagte als Vergleichsmaßstab solche Unternehmen heranzieht, die nach ihrer Unfallgefahr mit der Klägerin vergleichbar sind, nicht aber zusätzlich solche, die insbesondere aufgrund ihrer typischerweise deutlich geringeren Unfallgefahr gerade nicht vergleichbar sind. In welcher Weise sich die Regelung darüber hinaus benachteiligend gegenüber der Klägerin oder gegenüber Sportunternehmen allgemeinen auswirken könnte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Regelung lässt sich daher nicht feststellen. Im Übrigen enthält die Satzung der Beklagten die von der Klägerin angegriffene Differenzierung bereits seit 2012 nicht mehr. Dies bestätigt, dass die getroffene Differenzierung lediglich für eine kurze Übergangszeit aufgrund der Sondersituation nach den Fusionen notwendig gewesen ist, um den Übergang auf eine einheitliche Satzungsregelung für die neu hinzugekommenen Mitgliedsunternehmen zu erleichtern.

(2) Soweit die Klägerin zweitens meint, sie dürfe nicht mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 verglichen werden, sondern lediglich mit denen der Untergruppierung 32.2, ergibt sich dies aus § 28 der Satzung der Beklagten nicht. Denn die Satzung stellt nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 für Beitragspflichtige, die wie die Klägerin zur Gruppe I bis V nach § 3 (Abs. 1) der Satzung gehören, auf die Tarifstelle ab. Dies ist für die Klägerin die Tarifstelle 32 nach dem Gefahrtarif 2010. Diese Tarifstelle ist lediglich im Hinblick auf eine weitere Differenzierung bei den Gefahrklassen in drei Untertitel mit drei unterschiedlichen Gefahrklassen aufgeteilt. Wenn die Beklagte diese weitere Unterteilung, die im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungsrisiken sowie eine konkretere Zuordnung der einzelnen Beschäftigten/ Versicherten bzw. ihrer Arbeitsentgelte gebildet worden ist, bei der Berechnung des Beitragszuschlages nicht berücksichtigt, steht dies mit dem Wortlaut ihrer Satzung im Einklang. Es steht überdies im Einklang mit der Regelung im Gefahrtarif, wonach jedes Unternehmen, das nach Gefahrtarifstelle 32 veranlagt ist, zu allen Unterpunkten veranlagt wird (Teil II Ziffer 1. (2) des Gefahrtarifs für das Jahr 2010). Ein Vergleich ausschließlich mit Unternehmen der Untergruppierung 32.2 wäre daher aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich. Insoweit ist anzumerken, dass die Beklagte bei der Berechnung des Beitrages der Klägerin für das Jahr 2010 ebenfalls sowohl Arbeitsentgelte für „sonstige bezahlte Sportler“ als auch für „übrige Versicherte“ mit den jeweiligen Gefahrklassen der Unterpunkte 32.2 und 32.3 berücksichtigt hat.

Dass die Beklagte hier aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere bzw. die von der Klägerin vorgetragene Differenzierung hätte vornehmen müssen, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann es gerechtfertigt sein, die dem Beitragszuschlag zugrunde liegende vergleichende Betrachtung der Versicherungsfälle jeweils nur auf solche Mitgliedsunternehmen zu erstrecken, die insbesondere nach ihrer jeweiligen Struktur und ihrem jeweiligen Unfallrisiko vergleichbar sind. Diesem Erfordernis ist vorliegend aber ausreichend Rechnung getragen. Denn Sportunternehmen unterscheiden sich weder nach ihrer Struktur noch nach ihrem Unfallrisiko derart, dass eine getrennte Betrachtung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend zu fordern wäre. Zum einen findet in der Regel ohnehin eine Veranlagung zu allen oder jedenfalls mehreren Unterpunkten der Tarifstelle 32 statt. Insoweit sind durchaus Sportunternehmen denkbar, die zu allen drei Unterpunkten veranlagt werden, weil sie sowohl bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81) beschäftigen als auch sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04) sowie übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42). Zum anderen stehen die Gefahrklassen betreffend die sonstigen bezahlten Sportlern einerseits und die Sportler der genannten Fußballligen nicht derart außer Verhältnis, dass eine gemeinsame Betrachtung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Hierbei ist auch das Anliegen der Beklagten zu beachten, keine zu kleinen Vergleichsgruppen zu bilden. Überdies hat das BSG bereits entschieden, dass auch eine Berechnung der Durchschnittsbelastung auf Grundlage der Unfallbelastung aller Unternehmen und nicht nur der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG verlangt somit gerade nicht, jeweils nur diejenigen Unternehmen zu vergleichen, die der exakt gleichen Gefahrtarifstelle bzw. der gleichen Gefahrklasse zugeordnet sind, oder eine andere besonders kleinteilige Vergleichsgruppe zu wählen. Konkrete Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

(3) Das BSG hat schließlich bereits entschieden, dass es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass die Satzung der Beklagten die Auferlegung von Beitragszuschlägen und die Gewährung von Beitragsnachlässen als Vomhundertsatz des Normalbeitrages vorsieht, der auch anteilige Kosten für Wegeunfälle enthält, die nach § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Auferlegung von Zuschlägen außer Betracht bleiben. Auch soweit Unternehmen mit höheren Löhnen dadurch, dass Zuschläge bzw. Nachlässe in Vomhundertsätzen des Normalbeitrages berechnet werden, gegenüber Unternehmen mit niedrigeren Löhnen stärker belastet werden, ist diese Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Beitragszuschläge durch den Zweck der Unfallverhütung gerechtfertigt und damit nicht sachwidrig. Denn bei betragsmäßig fixierten Beitragszuschlägen bzw. -nachlässen wäre der Präventionszweck zumindest bei größeren Unternehmen nicht gewährleistet, weil der Höhe eines solchen einheitlichen Beitragszuschlages im Hinblick auf die Existenzsicherung kleiner Unternehmen enge Grenzen gesetzt wären (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35).

dd) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin schließlich meint, die Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Verfahren anderer Mitgliedsunternehmen gegen deren Beitragszuschlagsbescheide bereit erklärt habe, diese Bescheide aufzuheben, so kann diesem Argument nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Gericht nicht bekannt ist, aus welchen Gründen die Aufhebung dieser Bescheide erfolgt ist, kommt es hierauf nicht an. Denn eine Selbstbindung der Beklagten ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Überdies darf angemerkt werden, dass sich die Beklagte auch gegenüber der Klägerin bereit erklärt hatte, ihren Bescheid zumindest teilweise aufzuheben (soweit sich dieser auf den Unfall des Spielers D. bezogen hatte). Dass dies keine vollständige Aufhebung des Beitragszuschlagsbescheides zur Folge hatte, ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass vorliegend ursprünglich vier Arbeitsunfälle die Grundlage für den erhobenen Beitragszuschlag bildeten.

c) Mit der Rechtsprechung des BSG ist darüber hinaus eine Verletzung des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen. Die Klägerin trägt hierzu insbesondere vor, dass die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr vorsehe bzw. sich diese nicht mehr prozentual an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen orientiere. Diesem Einwand folgt der Senat jedoch nicht. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung der Beklagten sieht weiterhin eine Begrenzung des Beitragszuschlags vor. Diese Begrenzung bewegt sich innerhalb des dem Satzungsgeber der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und berücksichtigt die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

aa) Zunächst verlangt die Rechtsprechung des BSG, dass Zuschläge von wirtschaftlichem Gewicht vorgesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Das Übermaßverbot wiederum verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 26 m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das BSG bereits entschieden, dass selbst ein auferlegter Zuschlag, der erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung berücksichtigten Versicherungsfälle, nicht zu beanstanden ist. Denn erstens kann im Hinblick auf die gebotene typisierende Betrachtung aus der individuellen Situation des klagenden Unternehmens keine generelle Bewertung der Satzungsregelungen abgeleitet werden. Zweitens wird eine Existenzbedrohung, die ggf. eine weitergehende Prüfung rechtfertigen könnte, in der Regel nicht vorliegen. Drittens fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand der Berufsgenossenschaft für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen und dem Anteil des betreffenden beitragspflichtigen Unternehmers an der gesamten Unfalllast. Dieser Kostenaufwand findet vielmehr bereits Berücksichtigung bei der Aufstellung des Gefahrtarifs, der sich wie ein Belastungstarif auswirkt, und in der Veranlagung der Unternehmen zu einer bestimmten Gefahrklasse. Darüber hinaus hat der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Raum. Ergänzend ist viertens darauf hinzuweisen, dass der Beitragszuschlag nicht die tatsächliche Mehrbelastung des Beitragspflichtigen widerspiegelt (vgl. § 167 Abs. 1 SGB VII). Zudem sinkt der von dem betroffenen Unternehmen zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch, dass sich der auferlegte Beitragszuschlag diesbezüglich mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 27 f. m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 33 f.).

Auch daraus, dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, kann nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot der entsprechenden Satzungsregelung geschlossen werden. Denn Arbeitsunfälle sind in kleineren Unternehmen statistisch seltene Ereignisse, sodass sich ein Ausgleich im Laufe der Jahre vollzieht, weil in den meisten Jahren kein Beitragszuschlag zu leisten sein wird. Die Belastung des Unternehmens bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22).

Schließlich hat das BSG ausgeführt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze für Beitragszuschläge nicht vorsieht. Es liegt im Ermessen der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft, hier Grenzen nach oben bzw. unten zu regeln. Die Grenzen lassen sich nicht einheitlich fixieren, weil sie wesentlich von den berufsgenossenschaftlichen Mitgliederstrukturen bestimmt sind. Offen gelassen hat das BSG bislang, ob sich Höchstgrenzen für Zuschläge aus dem Versicherungsprinzip ableiten lassen, weil Anhaltspunkte für die Überschreitung einer solchen Obergrenze bei einem Beitragszuschlag von höchstens 30% jedenfalls noch nicht gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 30 zu einem Höchstzuschlag von 30% und m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 24; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, denen sich der Senat anschließt, genügen die Satzungsregelungen der Beklagten. Verletzungen des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus anderen Gründen sind nicht ersichtlich.

(1) Nach der Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach vorzusehen. Denn eine solche Begrenzung findet hier weiterhin statt - wenn auch im Vergleich zu der bis Ende 2009 geltenden Regelung in etwas veränderter Form. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung sieht für das Beitragsjahr 2010 eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach auf maximal 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages vor. Ein Beitragszuschlag bis zu dieser Höhe hätte aber bereits nach der für das Beitragsjahr 2009 geltenden Vorgängerregelung in § 28 Abs. 2 der damaligen Fassung der Satzung festgesetzt werden können. Denn der Beitragszuschlag betrug danach damals 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten ist, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) für alle Fälle, in denen im gleichen Zeitraum für Versicherte im Unternehmen des Beitragspflichtigen eine neue Unfallrente festgestellt worden ist.

Erwägungen dafür, dass sich die Begrenzung des Beitragszuschlages nicht bzw. nicht allein an der Höhe des Beitrages orientieren dürfte, sondern (ggf. zusätzlich) im Sinne eines prozentualen Anteiles an den tatsächlichen Aufwendungen erfolgen müsste, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine prozentuale Deckelung des Beitragszuschlages auf der Grundlage des gezahlten Beitrages durchaus geeignet, einen Beitragszuschlag von wirtschaftlichem Gewicht jeweils in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedsunternehmens festzusetzen. Denn die Beitragshöhe richtet sich u.a. nach den vom Mitgliedsunternehmen gezahlten Arbeitsentgelten, diese wiederum sind ein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um das Ziel der Auferlegung von Zuschlägen von wirtschaftlichem Gewicht für alle Mitgliedsunternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gleichermaßen zu erreichen, dürfte die Anknüpfung an den Beitrag sogar besser geeignet sein, als die Anknüpfung an die tatsächlichen Aufwendungen für den jeweiligen Versicherungsfall (in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25). Letztlich obliegt die Entscheidung über die konkrete Regelung jedoch der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie.

(2) Unbedenklich sind die Vorschriften der Satzung auch im Hinblick auf die Abhängigkeit des Zuschlags von der Eigenunfallbelastung des Einzelunternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsunfallbelastung aller Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23).

Aufgrund der Begrenzung des Beitragszuschlages wirkt sich die Einzelbelastung des betroffenen Unternehmens nach dem für das Beitragsjahr 2010 geltenden Beitragsausgleichsverfahren der Beklagten unter Umständen - so auch hier - nicht voll aus. Obwohl die im Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 ursprünglich zugrunde gelegte Einzelbelastung der Klägerin mit 348,13% deutlich über der Durchschnittsbelastung der maßgeblichen Gefahrtarifstelle gelegen hatte, ist diese überdurchschnittliche Belastung nur solange für die Höhe des Beitragszuschlages relevant, bis sie die Durchschnittsbelastung um mehr als 200% überschritten hat. Ab dieser prozentualen Überschreitung greift der maximale Beitragszuschlag in Höhe von 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages. Hierdurch wird dem Übermaßverbot nach der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen.

(3) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach eine verfassungswidrige Erdrosselungswirkung der Satzungsregelungen behauptet, verzichtet er ausdrücklich darauf, hierzu substantiiert vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung des Beitragszuschlages im Falle der Klägerin ergeben sich für den Senat nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Beitragszuschlag auf maximal 10 v.H. des Beitrages begrenzt ist und im Fall der Klägerin noch 5 v.H. beträgt, kann eine erdrosselnde Wirkung sogar ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Senat den Vortrag der Klägerin, die Gefahrklassen für Sportunternehmen (und deren angeblich explosionsartiger Anstieg) führten bereits grundsätzlich zu einem überhöhten Beitrag, als zutreffend unterstellt. Denn besteht eine Leistungsfähigkeit für den (notwendig) hohen Beitrag, kann in einem höchstens 10-prozentigen Zuschlag ohne konkrete weitere Anhaltspunkte grundsätzlich keine erdrosselnde Wirkung erkannt werden. Der Verweis auf den bereits gezahlten Beitrag ist unabhängig von dessen Höhe auch deshalb unbehelflich, weil der Gesetzgeber das Beitragsausgleichsverfahren in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als zusätzliches Instrumentarium verpflichtend vorgegeben hat, ohne Ausnahmen zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Schließlich ist vorliegend weder die Veranlagung zum Gefahrtarif 2010 noch die Höhe der Gefahrklassen streitgegenständlich, so dass es auf dieses Argument, welches sich im Ergebnis weniger gegen die Höhe des Beitragszuschlages als vielmehr gegen die Höhe des eigentlichen Beitrages richtet, ohnehin nicht entscheidungserheblich ankommen kann. Andererseits hat der Bevollmächtigte der Klägerin selbst zu bedenken gegeben, dass nach der früheren Satzung Zuschläge für Sportunternehmen in so maßvoller Höhe ausgefallen seien, dass mit ihnen eine „Disziplinierung“ der Unternehmen kaum zu erreichen gewesen sei. Er bestätigt damit eine etwaige Ungeeignetheit der früheren Regelung, Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15); hierauf hat die Beklagte mit der hier maßgeblichen Neuregelung reagiert.

(4) Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin sieht sich der Senat außerdem veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Aufwendungen der Beklagten selbstverständlich nicht ausschließlich über Beitragszuschläge abgedeckt werden. Vielmehr fließen die weit überwiegenden Aufwendungen in die Berechnung des „normalen“ Beitragsanteils zur VBG (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ein. Hier sind insbesondere die Aufwendungen für solche Versicherungsfälle zu nennen, die kraft Gesetz (sog. Wegeunfälle) bzw. Satzung (nicht anzuzeigende Versicherungsfälle, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt oder auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen, Berufskrankheiten) für den Beitragszuschlag außer Betracht bleiben. Überdies fließen auch die Aufwendungen für diejenigen Arbeitsunfälle, die von der Beklagten nach § 28 ihrer Satzung für den Beitragszuschlag berücksichtigt werden, weder unmittelbar in die Berechnung des Zuschlages ein noch werden die gesamten Kosten des Arbeitsunfalls vom Unternehmer geltend gemacht. Denn Aufwendungen für einen Arbeitsunfall, insbesondere für die hier in Rede stehenden schweren Arbeitsunfälle, fallen typischerweise nicht lediglich in dem Jahr an, in dem der Beitragszuschlag erhoben wird, sondern auch in weiteren Jahren. Dies gilt insbesondere für Leistungen wie Heilbehandlung und Verletztenrente, kommt aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Leistungen in Betracht.

d) Schließlich liegt keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 41 m.w.N.).

Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen:

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände (bzw. abgeschlossene Sachverhalte) eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt z.B. zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (hierzu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 95 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 42 f. m.w.N.). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, BVerfGE 135, 1 und juris Rn. 64)

bb) Der Fall einer Rückwirkung liegt hier gar nicht vor. Die hier maßgebliche Fassung der Satzung der Beklagten wurde im November/ Dezember 2009 beschlossen sowie durch das Bundesversicherungsamt genehmigt; sie ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Der angefochtene Beitragsbescheid datiert vom 23. August 2011. Er bezieht sich - soweit noch streitgegenständlich - auf Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. aus den Jahren 2007 und 2010, wobei maßgeblich für den Beitragszuschlag ausschließlich Umstände sind, die erst im Jahr 2010 eingetreten sind.

Hinsichtlich des Spielers S. ist entscheidend, dass dessen Arbeitsunfall vom 12. Januar 2010 bei der Beklagten am 21. Januar 2010 bekannt geworden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers K. ist zwar bereits am 2. Januar 2007 geschehen, maßgeblich für den Beitragszuschlag ist hier aber der Umstand, dass im Jahr 2010 eine Rente festgestellt und bezahlt worden ist. Konkret erfolgte die Feststellung der Unfallrente mit Bescheid vom 28. Mai 2010. Dieser Bescheid beruht auf einem ebenfalls erst am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Zu all diesen Zeitpunkten war bereits die geänderte Fassung des § 28 der Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung der Beiträge sowie auf Zahlung des Beitragszuschlages für das Jahr 2010 sind ebenfalls nicht vor dem 1. Januar 2010 entstanden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die zur Aufgabenerfüllung benötigten Finanzmittel im Wege einer Umlage aufgebracht. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, in der Weise festgesetzt, dass der Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge gedeckt wird (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Mit dieser Art der Mittelaufbringung müssen Rechtsansprüche auf Leistungen, die in der Vergangenheit, unter Umständen schon vor Jahrzehnten, entstanden sind, aktuell und in Zukunft erfüllt werden (BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 9/06 R -, juris Rn. 10). Im Beitragsbescheid, der mithin erst im Jahr nach der Entstehung der Beitragsansprüche erlassen werden kann, teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (§ 168 Abs. 1 SGB VII). Die danach geschuldeten Beiträge werden nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist.

Danach ist für den vorliegenden Fall festzustellen, dass im Jahr der Entstehung der Beitragsansprüche (2010) dieselbe Satzungsregelung galt, die bei der Festsetzung sowohl des Beitrages als auch des streitgegenständlichen Beitragszuschlages im Jahr 2011 zur Anwendung gekommen ist (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 8/2 RU 33/70 -, SozR Nr. 4 zu § 725 RVO und juris, insb. Rn. 24).

cc) Selbst wenn man bezogen auf den Arbeitsunfall des Spielers K. davon ausgeht, dass eine Rückwirkung vorliegt, weil der Unfall bereits im Jahr 2007 eingetreten ist, handelt es sich zumindest um einen Fall der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Denn es lag jedenfalls ein Sachverhalt vor, der Anfang 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, da die Unfallrente des Spielers K. erst innerhalb des Jahres 2010 festgestellt worden ist.

Hieran knüpft § 28 der Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 insoweit eine Rechtsänderung, als der Unfall des Spielers K. zwar auch nach der früheren Satzungsregelung bei der Berechnung eines Beitragszuschlages für das Jahr 2010 zu berücksichtigen gewesen wäre, da im Beitragsjahr 2010 eine neue Unfallrente festgestellt wurde (vgl. § 28 Abs. 1 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), sich nun aber die Berechnungsgrundsätze geändert haben. Da die vor 2010 geltende Satzungsregelung eine Begrenzung des Zuschlages auf 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) vorgesehen hat (vgl. § 28 Abs. 2 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), macht die Klägerin geltend, dass sich ihre finanzielle Belastung durch den Beitragszuschlag, der zuvor häufig kaum spürbar gewesen sei, massiv erhöht habe. Dies ist für das Beitragsjahr 2010 vergleichen mit der Vorgängerregelung auch tatsächlich der Fall. Denn die Gesamtaufwendungen für den Arbeitsunfall des Spielers K. beliefen sich im Jahr 2010 auf 19.192,42 Euro (Rentenzahlbetrag von 17.264,42 Euro zuzüglich 1.928,00 Euro sonstige Aufwendungen), 10% hiervon wären lediglich 1.919,24 Euro anstelle der noch im Streit stehenden 18.312,40 Euro.

Dennoch wird die grundsätzliche Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung hier nicht ausnahmsweise durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt. Dies gilt sowohl bezogen auf die konkrete Situation der Klägerin als auch allgemein. Denn dem Beitragsausgleichsverfahren ist bereits nach seiner gesetzlichen Konzeption immanent, dass sich ein Vertrauen des Unternehmers, nicht oder nur in einer bestimmten Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden, jedenfalls nicht vor Ablauf des Beitragsjahres (hier: 2010) bilden kann; aber selbst nach Ablauf des Beitragsjahres ist nicht ersichtlich, worauf sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers konkret stützen könnte.

Insoweit ist zunächst zu betonen, dass sich ein funktionierendes Beitragsausgleichsverfahren zwangsläufig immer auf Versicherungsfälle bzw. Rentenfälle beziehen muss, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und auf die somit faktisch kein Einfluss mehr genommen werden kann, die insbesondere nicht mehr verhindert werden können. Eine dementsprechende Rückanknüpfung ist der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII immanent. Dennoch setzt diese Art der Berechnung von Beitragszuschlägen Anreizwirkungen für die Zukunft. Das Beitragsausgleichsverfahren stellt eines der Mittel dar, mit denen die Unfallversicherung ihre Präventionsaufgabe erfüllen soll. Nach § 1 Nr. 1 SGB VII ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (d.h. des SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Prävention wiederum kann jedoch nur für die Zukunft betrieben werden. Ebenso können die hier von der Satzung der Beklagten vorgesehenen Beitragszuschläge die ihnen zugedachte Zielsetzung, mit den Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu setzen, jeweils nur für die Zukunft entfalten, d.h. für Unfälle die noch nicht stattgefunden haben und dank entsprechender Präventionsmaßnahmen ggf. auch gar nicht oder mit minder schweren Folgen stattfinden. Diese Prävention kann denknotwendig nur auf der Basis der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Unfällen der Vergangenheit effektiv betrieben werden.

Die Höhe der Beitragszuschläge richtet sich gemäß § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überdies nach der Zahl, der Schwere und/ oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle. Es handelt sich mithin um Umstände, die der Unternehmer zwar durch geeignete Präventionsmaßnahmen positiv zu beeinflussen versuchen kann, die jedoch letztlich nicht vollständig seiner Disposition unterliegen, von ihm nicht vorhersehbar sind und die ihm letztlich nicht einmal in vollem Umfang bekannt sind; letzteres betrifft insbesondere die Schwere eines Versicherungsfalles sowie die dafür anfallenden Aufwendungen. Gleiches gilt für den hier u.a. relevanten Umstand, ob und ggf. wann eine Rente festgestellt worden ist oder nicht.

Darüber hinaus enthielten bereits die vor dem 1. Januar 2010 geltenden Satzungsregelungen der Beklagten zum Beitragszuschlag mindestens seit 2007 eine letztlich vergleichbare Regelung mit Anknüpfung an neu festgestellte Unfallrenten, so dass der Klägerin das Kriterium bekannt war und sie sich darauf bereits eingestellt hatte bzw. zumindest hätte einstellen können. Die Anforderung, dass der Unternehmer das Fremdverschulden nachzuweisen hat, ist ebenfalls nicht neu. Denn nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der ab 1. Januar 2007 geltenden Satzung aus dem Jahr 1998 (in der Fassung des 5. Nachtrages vom 14. Dezember 2006) bzw. der ab 1. Januar 2009 geltenden Satzung (in der - insoweit gleichlautenden - Fassung des 1. Nachtrages vom 10./11. Dezember 2008) wurden Beitragszuschläge auferlegt, wenn im abgelaufenen Geschäftsjahr (Beitragsjahr) für einen freiwillig Versicherten oder den Versicherten eines Unternehmens eine neue Unfallrente festgestellt wurde. Neue Unfallrenten blieben u.a. für Unfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen unberücksichtigt. § 28 Abs. 1 Satz 3 dieser Satzungen bestimmte außerdem: „Beruft sich der Unternehmer im Gegensatz zur Berufsgenossenschaft auf höhere Gewalt oder Alleinverschulden, so hat er dies nachzuweisen.“

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht aus der Übergangsregelung in § 57 der Satzung der Beklagten, die auf den streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Anwendung findet. Insbesondere § 57 Abs. 3 der Satzung erfasst rückwirkende Veranlagungs- und Beitragsbescheide sowie – änderungen, die Zeiträume vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Diesbezüglich sollen die Berechnungsgrundlagen und -vorschriften der vorherigen Satzung weiter gelten. Vorliegend geht es jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Beitragszuschlagsbescheid als Beitragsbescheid zu qualifizieren ist oder nicht - jedenfalls um einen Bescheid, der einen Beitrag bzw. Beitragszuschlag für das Jahr 2010 betrifft.

Wenn Seitens der Klägerin vorgetragen wird, dass die Beitragszuschläge nach der früheren Regelung vernachlässigbar gering gewesen seien, so dass man sich über diese keine Gedanken habe machen müssen, belegt dies zum Einen, dass die Änderung der Berechnungsgrundlagen durch die Beklagte gerade zur Erreichung des Gesetzeszweckes einer ausreichenden Anreizwirkung geeignet und erforderlich gewesen ist. Die Änderung trägt der Anforderung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15) Rechnung, wonach das Beitragsausgleichsverfahren Zuschläge bzw. Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss. Dieses wirtschaftliche Gewicht war hier - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - offensichtlich nicht erreicht worden. Zum Anderen spiegelt der Vortrag der Klägerin lediglich ihre konkrete Situation wider und lässt unberücksichtigt, dass auch die frühere Regelung Beitragszuschläge bis zu 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten war (§ 28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung für das Beitragsjahr 2009), zugelassen hatte.

e) Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das GG sind von der Klägerin weder gerügt noch ersichtlich. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 38 bis 41), mit denen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12. Abs. 1 GG) sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zutreffend verneint worden sind (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris Rn. 25 bis 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23, 24, 25).

f) Relevante Fahler bei der konkreten Berechnung des Beitragszuschlages sind im Falle der Klägerin nicht (mehr) ersichtlich.

aa) Die Arbeitsunfälle der Spieler Sch. und D. wurden bereits aus der Berechnung des Beitragszuschlages herausgenommen.

bb) Der Arbeitsunfall des Spielers K. wurde zutreffend berücksichtigt.

(1) Es handelt sich um einen anzuzeigenden Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

(2) Mit ihrem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Spieler K. eine Unfallrente bezogen habe, obwohl er nach dem Unfall weiter professionell Eishockey gespielt habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Erstens spielt es für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente besteht, keine Rolle, ob der bisherige Beruf weiter ausgeübt werden kann oder nicht. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zweitens verlangt § 28 Abs. 3 Ziffer 3 eine „im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“. Eine bestandsbzw. rechtskräftige Feststellung der Rente gegenüber dem Spieler K. liegt hier jedoch eindeutig vor. Mit dem Bescheid vom 28. Mai 2010 bzw. dem am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich liegt ein Rechtsgrund für die Zahlung vor und die Aufwendungen sind der Beklagten tatsächlich entstanden. Dieser Rechtsgrund kann von der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beitragszuschlagsbescheides in Frage gestellt werden.

Überdies entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Einsicht in die Unfallakten seiner Beschäftigten hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine Einwilligungserklärung des Beschäftigten vorliegt. Denn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht die Gefahr einer faktischen Zwangssituation, die eine freiwillige Einwilligungsentscheidung ausschließt. Für das Beitragsverfahren im Rahmen des § 162 SGB VII ist es ausreichend, wenn dem Arbeitgeber mit dem Beitragsfestsetzungsbescheid die Eigen- und die Durchschnittsbelastungsziffer mitgeteilt werden. Auf Anfrage sind außerdem die Anzahl der berücksichtigten Unfälle, die Gesamthöhe der Aufwendungen und notfalls die Aufwendungen für einzelne Unfälle mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 12/4805, S. 100). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den beim Beschäftigten bestehenden Loyalitätskonflikt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris Rn. 22 ff. mit ausführlicher Begründung; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46; ebenso auch: Platz, a.a.O., § 162 Rn. 9; Höller, a.a.O., § 162 Rn. 22; Brandenburg/ K. Palsherm, a.a.O., § 162 Rn. 27). Ein solcher Konflikt kann selbst dann fortbestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten, der hier als professioneller Eishockeyspieler tätig ist bzw. zum fraglichen Zeitpunkt tätig war, auch gegenüber neuen potentiellen Arbeitgebern bekannt würden mit der Folge, dass die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten angezweifelt werden könnte. Da der Kreis möglicher Arbeitgeber für einen Profieishockeyspieler durchaus überschaubar sein dürfte, könnte dies für den Versicherten faktisch das Ende seiner beruflichen Laufbahn als Profisportler bedeuten.

Daraus folgt, dass dem Unfallversicherungsträger und den Gerichten ein Eingehen in der Sache regelmäßig verwehrt ist, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i.V.m. §§ 199 ff. SGB VII). Etwas anderes kann ggf. gelten, soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger kann sich daher grundsätzlich darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46, 49).

Diesen Anforderungen an ihre Mitteilungspflichten hat die Beklagte vorliegend ausreichend Rechnung getragen. Sie hat ausreichende allgemeine Angaben zu denjenigen Kriterien gemacht, die für die Zuschlagsberechnung im Fall der Klägerin relevant sind. Sie hat insbesondere Angaben zur Eigenbelastungsziffer der Klägerin und zur Durchschnittsbelastungsziffer aller Unternehmen der maßgeblichen Tarifstelle gemacht sowie konkret diejenigen Aufwendungen beziffert, die für die dem Beitragszuschlag zugrunde liegenden Arbeitsunfälle angefallen sind. Weitergehende Auskünfte sind nicht notwendig. Somit ist ihr Bescheid, zumindest unter Berücksichtigung der weiteren Angaben im Klage- und Berufungsverfahren hinreichend konkret begründet.

(3) Der Arbeitsunfall des Spielers K. bleibt auch nicht deshalb beim Beitragszuschlagsverfahren unberücksichtigt, weil er durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wäre.

Zum Begriff des Verschuldens hat das BSG bereits ausgeführt, dass dieser nicht im zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr muss er im Sinne einer „Verursachung“ verstanden werden (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 23; vgl. hierzu auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44 ff., welches ausdrücklich auf die Theorie der wesentlichen Bedingung zurückgreift).

Die Klägerin behauptet hier zwar, der Unfall sei durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden. Sie verweist hierzu jedoch lediglich auf die damalige Unfallanzeige, wonach der Spieler von einem Gegner gecheckt worden ist. Damit liegt jedoch kein Sachverhalt vor, der auf ein alleiniges Fremdverschulden im Sinne einer alleinigen Verursachung hindeuten würde. Dabei ist es die Klägerin selbst, die naturgemäß über nähere Informationen über den Arbeitsunfall verfügt, weil er in ihrem Unternehmen stattgefunden hat. Es ist daher vorrangig an ihr, näher vorzutragen; eine Einsicht in die Unfallakte des Spielers ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Zusätzliche Informationen liegen auch der Beklagten nicht vor. Weitere Ermittlungen des Senats ins Blaue hinein waren daher nicht veranlasst.

Ausgehend von einem Verschuldensbegriff im Sinne einer Verursachung kann der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückgeführt werden. Aus der Tatsache, dass der Spieler K. von einem Gegner gecheckt worden ist, ergibt sich lediglich, dass es im Rahmen eines Spielgeschehens mit einer gegnerischen Mannschaft und im Rahmen einer Zweikampfsituation zu dem Unfallereignis gekommen ist. Ein für ein Profieishockeyspiel unübliches Geschehen kann dem Vortrag nicht entnommen werden; hierfür ergeben sich auch ansonsten keine Anhaltspunkte. Ein solches Geschehen wird jedoch nicht von einem (hier dem gegnerischen) Spieler allein verursacht, sondern ist ursächlich auf das Spielgeschehen beider Mannschaften sowie aller beteiligten Spieler zurückzuführen; mithin hat auch der Spieler K. einen Verursachungsbeitrag gesetzt (in diesem Sinne auch: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 -). Das SG Gotha (Urteil vom 29. Mai 2017 - S 18 U 243/15 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 92 ff. der Akte des BayLSG, unter Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - L 4 U 254/12 B ER -, juris, relevant sind insb. Rn. 35, 56) hat für das professionelle Fußballspiel darauf hingewiesen, dass dieses „von einer Vielzahl robuster Körperkontakte unter weitestgehender Ausnutzung regeltechnischer Freiräume und auch darüber hinausgehender Regelverstöße, welche nicht in jedem Fall von Schiedsrichtern erkannt oder/ und geahndet werden können, geprägt [ist].“ Diesen Überlegungen zum Charakter von Sportveranstaltungen im professionellen Bereich schließt sich der Senat an. Sie gelten in gleicher Weise für das professionelle Eishockeyspiel. Darauf, ob der Spieler ausdrücklich oder konkludent in derartige Verletzungshandlungen gegnerischer Spieler eingewilligt hat oder nicht, kommt es aus Sicht des Senats für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich nicht an. Ein alleiniges Fremdverschulden ist für den Bereich des Profisports vielmehr erst dann zu prüfen, wenn ein völlig unübliches Spielgeschehen im Raum steht. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich oder vorgetragen.

Dieses Ergebnis sowie die Auslegung des Begriffsmerkmales des alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen steht aus Sicht des Senats im Einklang mit der Präventionsaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die hier mit Mitteln des Beitragsrechtes Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung bei den Unternehmen setzen soll. Zwar wird ein Sportunternehmen nicht jedweden Unfall verhüten können. Allerdings sind die Spielverbände, Vereine und Sportunternehmen keineswegs ohne Einflussmöglichkeiten. Sie haben es durchaus in der Hand, auf Zahl und Schwere der Unfälle einzuwirken, indem sie sich gegen eine unnötig aggressive Spielweise mit unnötigen bzw. übermäßigen Fouls einsetzen. Es besteht daher nach dem Sinn und Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens kein Grund, entsprechende Versicherungsfälle als solche zu qualifizieren, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eingetreten sind und deshalb unberücksichtigt bleiben müssten (ebenfalls auf die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Unfallverhütung abstellend: BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 2; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44).

Überdies liegt es nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII im Ermessen des Satzungsgebers, ob Versicherungsfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen bei der Berechnung des Beitragszuschlages ausgenommen werden oder nicht. Gleiches muss dann auch für die Voraussetzungen bzw. Modalitäten dieser Herausnahme gelten. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung eines Versicherungsfalles ihrerseits grundsätzlich keine Veranlassung oder gar Verpflichtung haben, zu Fragen des Verschuldens (d.h. der Verursachung) zu ermitteln. Die von der Beklagten in § 28 Abs. 2 ihrer Satzung eingeführte Nachweispflicht des Beitragspflichtigen, dem die Umstände im Zusammenhang mit dem Unfall gerade bekannt sein müssen, ist daher nicht zu beanstanden (so bereits: SG Dortmund, Urteil vom 12. Juli 2016 - S 36 U 5/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 36 ff. der Akte des BayLSG; ebenso: SG Nürnberg, Urteil vom 8. August 2016 - S 2 U 42/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 45 ff. der Akte des BayLSG mit dem zusätzlichen Hinweis, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine umfangreichen Ermittlungen Seitens der Unfallversicherungsträger erwartet werden können, die nicht im konkreten Zusammenhang mit dem Unfall stehen und die für die Entschädigung gegenüber dem Versicherten keine Rolle spielen). Erfolgt dann Seitens des Mitgliedsunternehmens kein substantiierter Vortrag, ergeben sich keine weiteren Amtsermittlungspflichten des Gerichts.

(4) Schließlich erfüllt der Arbeitsunfall des Spielers K. die Voraussetzung einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente mit Kosten über 10.000 Euro, so dass eine Bewertung mit 50 Belastungspunkten zutreffend erfolgt ist. Dass die Feststellung der Rente im Beitragsjahr 2010 erfolgt ist, wurde bereits dargelegt. Vorliegend belief sich außerdem allein die Zahlung für die Rente auf 17.264,42 Euro und somit auf mehr als 10.000 Euro. Diese Kosten sind der Beklagten im Jahr 2010 entstanden. Denn entscheidend ist ausschließlich, dass die Beklagte im Jahr 2010 für die Unfallrente des Spielers K. einen Betrag von mehr als 10.000 Euro gezahlt hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung spielt es demgegenüber keine Rolle, dass die Unfallrente nicht für das Jahr 2010 gezahlt worden ist, weil die Rente bis 31. Dezember 2009 befristet gewesen ist, jedoch erst nachträglich festgestellt und entsprechend nachgezahlt worden ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob der jährliche Rentenzahlbetrag an den Versicherten 10.000 Euro überschritten hat oder nicht. Denn § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung stellt lediglich darauf ab, dass im Beitragsjahr eine Arbeitsunfallrente festgestellt wird, was vorliegend der Fall gewesen ist. Auf die Frage, ob § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung insoweit ausschließlich die Kosten der Arbeitsunfallrente meint, die ihrerseits über 10.000 Euro liegen müssen, um einen Unfall mit 50 Punkten zu bewerten, oder ob - wie die Beklagte meint - auch andere Kosten des Arbeitsunfalls einfließen können (d.h. die Gesamtkosten des Arbeitsunfalls gemeint sind), kommt es daher nicht an.

cc) Auf die Berücksichtigung des Arbeitsunfalles des Spielers S. kommt es für die Berechnung des Beitragszuschlages letztlich nicht entscheidungserheblich an, da dieser aufgrund der Bewertung lediglich mit dem Punktwert 1 keine Auswirkung auf die Höhe des Beitragszuschlages der Klägerin hat. Weder bedingt allein dieser Unfall einen Beitragszuschlag noch führt der Unfall gemeinsam mit dem Arbeitsunfall des Spielers K. zu einer Erhöhung des Zuschlages.

dd) Schließlich kommt es für die Berechnung des Zuschlages nicht darauf an, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelbelastung der Klägerin von dem Beitrag gemäß Bescheid vom 20. April 2011 ausgegangen ist, anstatt (was zutreffend gewesen wäre) von dem Beitrag gemäß Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011. Abgesehen von der ohnehin nur sehr geringfügigen Differenz der Beiträge, stellt der Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011 einen unwesentlich höheren Beitrag fest, so dass sich der Fehler der Beklagten nicht zu Lasten der Klägerin auswirkt.

ee) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zuletzt aufgefordert hat, die Gesamtkosten aller Arbeitsunfälle und Renten der Unternehmen der Tarifstellen, 32.2 und 32.3 jeweils getrennt im Beitragsjahr 2010 mitzuteilen, kommt es auf diese Gesamtkosten nicht entscheidungserheblich an. Denn diese Gesamtkosten stellen kein Berechnungselement des Beitragszuschlages dar. Weitere Ermittlungen hierzu waren daher nicht veranlasst.

Letzteres gilt auch, soweit die Klägerin die Offenlegung des Zahlenwerkes für die Berechnung der Durchschnittsbelastung verlangt hat. Ein Mehrwert für das Verfahren ist - worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat - nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 18.312,40 Euro festzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Vorliegend ergibt sich der Streitwert aus der Höhe des Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin gefordert hat. Im Berufungsverfahren stand noch die Hälfte des ursprünglich geforderten Betrages i.H.v. 36.624,81 Euro im Streit. Der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes beläuft sich auf die Höhe der angefochtenen (Beitrags-)Forderung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 2/12 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 25 und juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, BSGE 104, 170 und juris Rn. 50; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 32/08 R -, SozR 4-2700 § 168 Nr. 2 und juris Rn. 26 f.).

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

Tenor

Der Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird - endgültig - auf 27.732,08 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte wegen ihrer Aufwendungen für einen Arbeitsunfall des bei der Klägerin beschäftigten X.Y. (im Folgenden: Versicherter) vom 06.12.2010 für das Beitragsjahr 2011 von der Klägerin einen Beitragszuschlag fordern kann.
Die Klägerin, ein Unternehmen für Bewachungsdienste, Werkschutz und Hausbesorgung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist seit dem ...1980 Mitglied der Beklagten (Aufnahmebescheid vom 04.06.1981). Der bei der Klägerin beschäftigte Versicherte erlitt am 06.12.2010 einen Arbeitsunfall (Sturz infolge Glatteises auf dem Betriebsgelände der Einsatzfirma in T.). Zum Unfallhergang äußerte sich der Versicherte in einem Fragebogen vom 20.12.2010 gegenüber der Bezirksverwaltung W. der Beklagten. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls erbrachte die Beklagte - eigenen Angaben zufolge - Aufwendungen für ambulante und stationäre Heilbehandlung in Höhe von 3.544,22 EUR und 3.088,36 EUR sowie weiteren 98,60 EUR für Transportkosten, außerdem weitere 5.953,78 EUR für Verletztengeldzahlungen einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung. Aufgrund des Bescheides vom 12.05.2011 gewährte sie dem Versicherten Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. der Vollrente zunächst im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 in Höhe von 1.713,75 EUR und aufgrund des weiteren Bescheides 10.12.2012 Verletztenrente als vorläufige Entschädigung für die Zeit ab dem 01.12.2011 bis auf weiteres nach einer MdE in gleichem Ausmaß.
Für das Beitragsjahr setzte die Beklagte die von der Klägerin zu zahlenden Beiträge auf 650.989,55 EUR fest (Bescheid vom 20.04.2012). Wegen ihrer Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten setzte sie ferner gegen die Klägerin einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2011 in Höhe von 27.732,08 EUR fest (Bescheid vom 24.07.2012). Hinsichtlich der Berechnung des Beitragszuschlags wird auf die Darlegungen im Bescheid vom 24.07.2012 verwiesen.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, der Versicherte sei weiterhin ununterbrochen bei ihr beschäftigt und habe seine Tätigkeit bereits Mitte April 2011 wieder aufgenommen. Eine Gewährung von Verletztenrente an den Versicherten sei ihr nicht bekannt. Nicht nachvollziehbar seien ferner von der Beklagten in Ansatz gebrachte 50 Belastungspunkte als Faktor für die Berechnung des Beitragszuschlags. Denn nach dem Wortlaut der Satzung der Beklagten sei bei der Kostenermittlung im Beitragszuschlagsverfahren bei einer Rentengewährung allein auf die Aufwendungen für die Verletztenrente, nicht aber auch auf sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall abzustellen. Schließlich habe sich der Arbeitsunfall des Versicherten infolge Ausrutschens auf Eis ereignet; dies sei witterungsbedingt im Winter nie auszuschließen und das dadurch bestehende Gefährdungsrisiko bereits durch ihre Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 31.08.2012).
Deswegen hat die Klägerin am 01.10.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Widerspruchsvorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
11 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Beitragsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010.
13 
1. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
14 
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften, zu denen auch die Beklagte gehört, haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
15 
2. Entsprechend der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII hat die Beklagte das Beitragszuschlagsverfahren in § 28 ihrer Satzung vom 10.07.2008 in der Fassung des ersten Nachtrags vom 12.11./10.12.2009, gültig ab dem 01.01.2010, geregelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung werden jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.
16 
Nach § 28 Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird die Berechnung der Zuschläge nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:
17 
1. Beobachtungszeitraum
18 
Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im Folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im Folgenden: Arbeitsunfall) der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle..., die sich im Beitragsjahr ereignet haben.
19 
2. Zuschlagspflichtige
20 
….
21 
3. Berechnung der Belastung
22 
In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.
23 
Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:
24 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:
25 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 1 Punkt
26 
- für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:
27 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 50 Punkte
28 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall: 100 Punkte
29 
Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.
30 
3. Gemessen an diesen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010 festgesetzt. Dabei braucht das erkennende Gericht vorliegend nicht darüber zu befinden, ob § 28 der Satzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig ist, insbesondere diese Regelung im Einklag mit höherrangigem Recht steht. Denn für die Festsetzung eines Beitragszuschlags unter Berücksichtigung von 50 Belastungspunkten kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf diese Regelung berufen. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung entgegen: § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten unterscheidet bei der Berechnung der Belastung - soweit hier von Belang - zwischen einem im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrente mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber. Dass der Beklagten der Arbeitsunfall des Versicherten vom 06.12.2010 erst im Beitragsjahr 2011 bekannt geworden ist, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Im Gegenteil steht aufgrund des von dem Versicherten bereits am 20.12.2010 ausgefüllten und unterzeichneten Unfallfragebogens, der an die Bezirksverwaltung W. der Beklagten adressiert war, zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte noch im Dezember 2010, und damit vor Beginn des Beitragsjahres 2011, Kenntnis von dem Arbeitsunfall hatte. Aufgrund der Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung der Beklagten ist deshalb vorliegend nicht rechtsrelevant, welche unfallbedingten Aufwendungen - mit Ausnahme derjenigen für die Verletztenrente - der Beklagten für den Versicherten im Jahr 2011 entstanden sind.
31 
Ihre Aufwendungen für die durch Bescheid vom 12.05.2011 festgesetzte Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 belaufen sich nach dem Inhalt dieses Bescheides und den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung (lediglich) 1.713,75 EUR. Diese Aufwendungen lösen nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt, der Satzung der Beklagten keinen Belastungspunkt im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens aus. Die weiteren Aufwendungen der Beklagten für die Verletztenrente aufgrund des Bescheides vom 10.12.2012 für die Zeit ab dem 01.12.2011 sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, weil sie erst außerhalb der Beitragsjahres 2011 entstanden sind.
32 
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dass im Beitragszuschlagsverfahren bei einer gewährten Verletztenrente als Kosten nicht nur die Rentenzahlungen als solche berücksichtigungsfähig sind, sondern alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 06.12.2010 angefallenen Aufwendungen. Denn dies gibt die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt ihrer Satzung bereits nach ihrem Wortlaut nicht her. Dieser bezieht sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts allein auf die Höhe der Aufwendungen, die im Beitragsjahr durch die Zahlung der Verletztenrente selbst entstanden sind. Sonstige Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall fallen dem gegenüber unter die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung. Für die Auslegung autonomer Satzungsbestimmungen als untergesetzlichem Recht ist - wie bei der Auslegung von Gesetzesnormen - maßgebend der in der Satzungsnorm zum Ausdruck kommende objektive Wille des Satzungsgebers (vgl. BVerfGE 105, 135, 157). Dabei kommen, um Inhalt und Bedeutung einer Norm zu ermitteln, die herkömmlichen Auslegungsmethoden zum Einsatz. Zulässig ist danach die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ggf. aus den Normmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Satzungsbestimmungen sind danach nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen, wobei Wortlaut, Sinn und Zweck dabei ebenso maßgebende Bedeutung zukommt wie dem systematischen Bezug der entsprechenden Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können demgegenüber zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (vgl. Bay. LAG vom 04.03.2010 - 2 Sa 977/08 - ).
33 
Danach kann sich die Beklagte vorliegend für den gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitragszuschlag nicht auf § 28 Abs. 3 Ziffer 3 ihrer Satzung stützen. Denn diese Satzungsregelung unterscheidet unter dem ersten und dem zweiten Gliederungspunkt ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Diese aus Sicht der Kammer eindeutige Unterscheidung lässt deshalb keine Auslegung des Begriffs „Kosten“ in dem von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwandten Umfang dahingehend zu, hierunter sämtliche im Beitragsjahr im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall angefallenen Aufwendungen zu subsumieren.
34 
Bestätigt wird dies durch die weitere Satzungsbestimmung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, derzufolge für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen und darüber hinaus ein Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann, wenn nämlich die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen. Diese Regelung wäre aus Sicht des erkennenden Gerichts überflüssig, wenn unter „Kosten“ im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 3, zweiter Gliederungspunkt der Satzung sämtliche im Beitragsjahr angefallenen Aufwendungen der Beklagten aus Anlass eines Arbeitsunfalls zu subsumieren wären.
35 
4. Sind deshalb vorliegend keine Unfallbelastungspunkte zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, darf die Beklagte gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 keinen Beitragszuschlag festsetzen.
36 
Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren stattzugeben.
37 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
38 
Die Festsetzung des endgültigen Streitwerts gründet sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Absätze 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.

Gründe

 
12 
Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010.
13 
1. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
14 
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften, zu denen auch die Beklagte gehört, haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
15 
2. Entsprechend der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII hat die Beklagte das Beitragszuschlagsverfahren in § 28 ihrer Satzung vom 10.07.2008 in der Fassung des ersten Nachtrags vom 12.11./10.12.2009, gültig ab dem 01.01.2010, geregelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung werden jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.
16 
Nach § 28 Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird die Berechnung der Zuschläge nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:
17 
1. Beobachtungszeitraum
18 
Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im Folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im Folgenden: Arbeitsunfall) der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle..., die sich im Beitragsjahr ereignet haben.
19 
2. Zuschlagspflichtige
20 
….
21 
3. Berechnung der Belastung
22 
In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.
23 
Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:
24 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:
25 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 1 Punkt
26 
- für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:
27 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 50 Punkte
28 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall: 100 Punkte
29 
Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.
30 
3. Gemessen an diesen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010 festgesetzt. Dabei braucht das erkennende Gericht vorliegend nicht darüber zu befinden, ob § 28 der Satzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig ist, insbesondere diese Regelung im Einklag mit höherrangigem Recht steht. Denn für die Festsetzung eines Beitragszuschlags unter Berücksichtigung von 50 Belastungspunkten kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf diese Regelung berufen. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung entgegen: § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten unterscheidet bei der Berechnung der Belastung - soweit hier von Belang - zwischen einem im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrente mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber. Dass der Beklagten der Arbeitsunfall des Versicherten vom 06.12.2010 erst im Beitragsjahr 2011 bekannt geworden ist, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Im Gegenteil steht aufgrund des von dem Versicherten bereits am 20.12.2010 ausgefüllten und unterzeichneten Unfallfragebogens, der an die Bezirksverwaltung W. der Beklagten adressiert war, zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte noch im Dezember 2010, und damit vor Beginn des Beitragsjahres 2011, Kenntnis von dem Arbeitsunfall hatte. Aufgrund der Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung der Beklagten ist deshalb vorliegend nicht rechtsrelevant, welche unfallbedingten Aufwendungen - mit Ausnahme derjenigen für die Verletztenrente - der Beklagten für den Versicherten im Jahr 2011 entstanden sind.
31 
Ihre Aufwendungen für die durch Bescheid vom 12.05.2011 festgesetzte Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 belaufen sich nach dem Inhalt dieses Bescheides und den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung (lediglich) 1.713,75 EUR. Diese Aufwendungen lösen nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt, der Satzung der Beklagten keinen Belastungspunkt im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens aus. Die weiteren Aufwendungen der Beklagten für die Verletztenrente aufgrund des Bescheides vom 10.12.2012 für die Zeit ab dem 01.12.2011 sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, weil sie erst außerhalb der Beitragsjahres 2011 entstanden sind.
32 
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dass im Beitragszuschlagsverfahren bei einer gewährten Verletztenrente als Kosten nicht nur die Rentenzahlungen als solche berücksichtigungsfähig sind, sondern alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 06.12.2010 angefallenen Aufwendungen. Denn dies gibt die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt ihrer Satzung bereits nach ihrem Wortlaut nicht her. Dieser bezieht sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts allein auf die Höhe der Aufwendungen, die im Beitragsjahr durch die Zahlung der Verletztenrente selbst entstanden sind. Sonstige Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall fallen dem gegenüber unter die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung. Für die Auslegung autonomer Satzungsbestimmungen als untergesetzlichem Recht ist - wie bei der Auslegung von Gesetzesnormen - maßgebend der in der Satzungsnorm zum Ausdruck kommende objektive Wille des Satzungsgebers (vgl. BVerfGE 105, 135, 157). Dabei kommen, um Inhalt und Bedeutung einer Norm zu ermitteln, die herkömmlichen Auslegungsmethoden zum Einsatz. Zulässig ist danach die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ggf. aus den Normmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Satzungsbestimmungen sind danach nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen, wobei Wortlaut, Sinn und Zweck dabei ebenso maßgebende Bedeutung zukommt wie dem systematischen Bezug der entsprechenden Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können demgegenüber zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (vgl. Bay. LAG vom 04.03.2010 - 2 Sa 977/08 - ).
33 
Danach kann sich die Beklagte vorliegend für den gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitragszuschlag nicht auf § 28 Abs. 3 Ziffer 3 ihrer Satzung stützen. Denn diese Satzungsregelung unterscheidet unter dem ersten und dem zweiten Gliederungspunkt ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Diese aus Sicht der Kammer eindeutige Unterscheidung lässt deshalb keine Auslegung des Begriffs „Kosten“ in dem von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwandten Umfang dahingehend zu, hierunter sämtliche im Beitragsjahr im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall angefallenen Aufwendungen zu subsumieren.
34 
Bestätigt wird dies durch die weitere Satzungsbestimmung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, derzufolge für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen und darüber hinaus ein Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann, wenn nämlich die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen. Diese Regelung wäre aus Sicht des erkennenden Gerichts überflüssig, wenn unter „Kosten“ im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 3, zweiter Gliederungspunkt der Satzung sämtliche im Beitragsjahr angefallenen Aufwendungen der Beklagten aus Anlass eines Arbeitsunfalls zu subsumieren wären.
35 
4. Sind deshalb vorliegend keine Unfallbelastungspunkte zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, darf die Beklagte gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 keinen Beitragszuschlag festsetzen.
36 
Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren stattzugeben.
37 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
38 
Die Festsetzung des endgültigen Streitwerts gründet sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Absätze 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

§ 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 3858) verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit er § 8 Nummer 5 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts auf Dividendenvorabausschüttungen für anwendbar erklärt, die von der ausschüttenden Gesellschaft vor dem 12. Dezember 2001 verbindlich beschlossen wurden und der mit weniger als 10% an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligten Körperschaft vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind.

§ 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er § 8 Nummer 5 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts auf Dividendenvorabausschüttungen für anwendbar erklärt, die nach dem 11. Dezember 2001 zugeflossen sind.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 36 Abs. 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz - UntStFG -, BGBl I S. 3858), der mittlerweile nicht mehr im Gewerbesteuergesetz enthalten ist (im Folgenden: § 36 Abs. 4 GewStG a.F.), die Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes mit verfassungsrechtlich unzulässiger Rückwirkung bereits für den Erhebungszeitraum 2001 anordnet.

I.

2

1. § 8 Nr. 5 GewStG steht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom früheren Anrechnungsverfahren zum sogenannten Halbeinkünfteverfahren (vgl. BVerfGE 125, 1 <2 ff.>; 127, 224 <227 ff.>). Auch das Gewerbesteuerrecht war davon mittelbar betroffen. Die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG bestimmt die Auswirkungen des für das neue Körperschaftsteuersystem wesentlichen § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf die Gewerbesteuer.

3

§ 8b KStG regelt die steuerliche Behandlung der Erträge von Körperschaften aus Beteiligungen an anderen Körperschaften (Bezüge und Veräußerungsgewinne) und der mit diesen Erträgen zusammenhängenden Aufwendungen und Gewinnminderungen. Nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG sind die Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich bei der Einkommensermittlung der empfangenden Gesellschaft "außer Ansatz" zu lassen. Hierdurch wird zur Vermeidung von wirtschaftlichen Doppelbelastungen die Steuerfreiheit von Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinnen sichergestellt, solange die Erträge im Bereich von Kapitalgesellschaften verbleiben.

4

Die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 GewStG haben den Zweck, Folgewirkungen zu korrigieren, die sich aus der in § 7 Satz 1 GewStG geregelten Übernahme der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung in das Gewerbesteuerrecht ergeben, die jedoch bei der Gewerbesteuer nach Auffassung des Gesetzgebers unerwünscht sind. Dadurch, dass § 7 Satz 1 GewStG für die Ermittlung des gewerblichen Gewinns als Grundlage des Gewerbeertrags auf die Ergebnisrechnung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) und dem Körperschaftsteuergesetz verweist, bleiben nach inzwischen klargestellter Rechtslage Gewinnanteile (Dividenden) und ähnliche Bezüge aus Kapitalanteilen auch bei der Gewerbesteuer zunächst außer Ansatz, soweit sie bei der Einkommensteuer nach § 3 Nr. 40 EStG oder bei der Körperschaftsteuer nach § 8b KStG steuerfrei sind (vgl. den Ende 2004 eingefügten § 7 Satz 4 GewStG).

5

Zur Zeit des körperschaftsteuerlichen Systemwechsels enthielt das Gewerbesteuerrecht mit den Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG bereits Regelungen darüber, inwieweit eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung von Gewinnanteilen vermieden werden sollte. Eine doppelte Gewerbebesteuerung wurde bei sogenannten Schachtelbeteiligungen von mindestens 10% durch entsprechende Kürzung des Gewinns und der Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) ausgeschlossen, nicht dagegen bei sogenannten Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10%.

6

Mit der durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz eingefügten Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG neutralisierte der Gesetzgeber für die Gewerbesteuer die in § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG eingeführten teilweisen oder vollständigen Steuerfreistellungen von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer. Zu diesem Zweck ordnete er in § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG an, dass die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG über § 7 Satz 1 GewStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und ähnlichen Bezüge aus Kapitalanteilen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet werden. Die Hinzurechnung erfolgt, soweit nicht die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG erfüllt sind, das heißt nur bei Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10% (seit 2008 weniger als 15%). Im Ergebnis wurde und wird eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung damit lediglich bei Schachtelbeteiligungen von mindestens 10% (seit 2008 mindestens 15%) vermieden. Bei Erträgen aus bloßen Streubesitzbeteiligungen blieb die gewerbesteuerliche Doppelbelastung entsprechend der bisherigen Rechtslage erhalten.

7

2. § 8 Nr. 5 GewStG wurde durch Art. 4 Nr. 3 UntStFG in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Art. 4 Nr. 5 UntStFG enthielt die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG zum zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung.

8

Die für das Vorlageverfahren maßgeblichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz lauten:

9

§ 7 GewStG

Gewerbeertrag

Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. ...

10

§ 8 GewStG

Hinzurechnungen

Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind:

Nr. 5 die nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes oder § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 3c des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes unberücksichtigt bleiben. 2 Dies gilt nicht für Gewinnausschüttungen, die unter § 3 Nr. 41 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes fallen.

11

§ 9 GewStG

Kürzungen

Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um

Nr. 2a die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2, einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 23, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind. 2 Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, so ist die Beteiligung an dem Vermögen, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Beteiligung an der Summe der Geschäftsguthaben, maßgebend;

Nr. 7 die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten und aus Beteiligungen an Gesellschaften bezieht, an deren Nennkapital sie mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt ist, wenn...

12

§ 36 GewStG

Zeitlicher Anwendungsbereich

(1) Die vorstehende Fassung dieses Gesetzes ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

(4) § 8 Nr. 5 ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden.

13

3. Das Gesetzgebungsverfahren zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz begann mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 14/6882), der dem Bundesrat am 17. August 2001 zugeleitet und am 10. September 2001 beim Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Er sah keine Regelung zu der Frage vor, wie nach § 8b KStG steuerfreie Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne gewerbesteuerlich behandelt werden sollten. Der Bundesrat griff diese bereits zuvor diskutierte Frage in einer Stellungnahme vom 27. September 2001 mit dem Vorschlag auf, die körperschaftsteuerfreien Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne in voller Höhe der Gewerbesteuer zu unterwerfen (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.).

14

Die Bundesregierung stimmte dem nicht zu (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages vom 7. November 2001 (BTDrucks 14/7343) enthielt dazu keinen Vorschlag  ; die Forderung des Bundesrates nach einer "Gewerbesteuerpflicht der Gewinne von Kapitalgesellschaften aus (Streubesitz-)Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" wird lediglich im Bericht erwähnt (vgl. BTDrucks 14/7344, S. 2). Auf der Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses stimmte der Bundestag dem Entwurf des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes am 9. November 2001 zu (vgl. BRDrucks 893/01).

15

Der Bundesrat rief daraufhin am 30. November 2001 den Vermittlungsausschuss an (vgl. BRDrucks 893/01 und BTDrucks 14/7742). Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 enthielt den Entwurf des § 8 Nr. 5 GewStG in der später Gesetz gewordenen Fassung und sah eine erstmalige Anwendung für den Erhebungszeitraum 2001 vor (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5; Rödder/Schumacher, DStR 2002, S. 105 <108 f.>). Der Bundestag stimmte am 14. Dezember 2001 der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu. Am 20. Dezember 2001 stimmte der Bundesrat zu (BRDrucks 1061/01).

16

Am 24. Dezember 2001 wurde das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I S. 3858).

II.

17

1. Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine im Juli 2000 errichtete Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Streitjahr 2001 hielt die Klägerin eine Streubesitzbeteiligung von weniger als 10% des Stammkapitals einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gesellschafterversammlung dieser anderen Gesellschaft (im Folgenden: ausschüttende Gesellschaft) beschloss, nachdem zuvor ausweislich eines Protokolls vom 19. Oktober 2001 eine entsprechende Absicht bekundet worden war, am 15. Dezember 2001 eine Vorabausschüttung in Höhe von 3,75 Mio. DM. Hiervon entfiel auf die Klägerin ein Bruttobetrag von 257.953,56 DM, welcher ihr nach den Feststellungen des vorlegenden Finanzgerichts "spätestens am 19. Dezember 2001" durch Kontogutschrift zufloss. Nach Abzug anteiliger Betriebsausgaben ergibt sich ein der Höhe nach zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens unstreitiger Nettobetrag von 232.200 DM.

18

2. Das Finanzamt erfasste im Gewerbesteuermessbetragsbescheid für das Jahr 2001 diesen Betrag als Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb. Ihr hiergegen gerichteter Einspruch blieb ohne Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin Klage, mit der sie im Kern geltend machte, sie habe als Gesellschafterin der ausschüttenden Gesellschaft eine wirtschaftliche Disposition in dem Vertrauen darauf getroffen, dass die erhaltene Dividende nicht der Gewerbesteuer unterfallen werde. Durch die Gesetzesänderung sei das Halten der Beteiligung wirtschaftlich uninteressant geworden. Die Klägerin habe sie deshalb mittlerweile veräußert. Nach eigenem Bekunden hätte die Klägerin die Veräußerung ihrer Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft noch vor der Ausschüttung vorgenommen, wenn die Gesetzesänderung früher bekannt geworden wäre.

III.

19

1. Das Finanzgericht Münster hatte das Klageverfahren durch Beschluss vom 2. März 2007 ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die zu § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes ergangene Anwendungsregelung des § 36 Abs. 4 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes mit Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen, unter den in dieser Vorschrift weiter genannten Voraussetzungen auch dann dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Körperschaft vor dem 20. Dezember 2001 gefasst und der auf die als Gesellschafterin beteiligte Körperschaft entfallende Betrag auch vor dem 20. Dezember 2001 ausgezahlt wurde sowie das im Zeitpunkt der Beschlussfassung und Auszahlung geltende Gesetz eine Hinzurechnung zum Gewinn nicht vorsah.

20

2. Das vorlegende Gericht fasste am 1. September 2011 einen neuen Vorlagebeschluss, mit dem es an seiner Vorlagefrage festhält, die Begründung dafür aber mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rückwirkung im Steuerrecht neu formuliert. Das Finanzgericht ist weiterhin überzeugt von der Verfassungswidrigkeit des § 36 Abs. 4 GewStG in Verbindung mit § 8 Nr. 5 GewStG, jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20. Dezember 2001.

21

a) Im Zeitpunkt des Zuflusses der Gewinnausschüttung bei der Klägerin habe noch ein verfassungsrechtlich schützenswertes Vertrauen in die bestehende Rechtslage bestanden. Zwingende öffentliche Interessen an einer rückwirkenden Gesetzesänderung, die das Vertrauen der Steuerpflichtigen überwögen, lägen nicht vor. Da für die Entscheidung im Ausgangsverfahren nur erheblich sei, ob bereits vor der Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2001 realisierte Einkünfte dazu führten, das Vertrauen der Klägerin als grundsätzlich schützenswert anzusehen, beziehe sich die Vorlagefrage nur auf dieses Datum. Unerheblich sei für das Ausgangsverfahren, ob der Vertrauensschutz schon mit der Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2001 oder erst im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt am 24. Dezember 2001 entfallen sei. In jedem Fall sei der Sachverhalt durch den Ausschüttungsbeschluss vom 15. Dezember 2001, die Überweisung der Dividende am 17. Dezember 2001 und deren Zufluss spätestens am 19. Dezember 2001 vor dem 20. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen.

22

b) Nach zumindest ganz herrschender Meinung seien in einfachrechtlicher Hinsicht die Befreiungen nach § 8b Abs. 1, 2 KStG auch im Bereich der Gewerbesteuer anwendbar. Die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG wirke sich auf den körperschaftsteuerlichen Gewinn und damit vorbehaltlich der Hinzurechnungen und Kürzungen gemäß §§ 8, 9 GewStG auch auf den Gewerbeertrag im Sinne des § 7 Satz 1 GewStG aus. Das Gericht teile insofern nicht die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen. Eine verfassungskonforme Auslegung dahin, dass § 8b Abs. 1 KStG sich nicht auf § 7 GewStG auswirke und § 8 Nr. 5 in Verbindung mit § 36 Abs. 4 GewStG deshalb nur eine Klarstellung bedeute, sei nicht möglich. Die Hinzurechnung durch den neu in das Gesetz eingefügten § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes wirke konstitutiv und nicht nur deklaratorisch.

23

c) Bei der verfassungsrechtlichen Würdigung geht das vorlegende Gericht in seinem neuen Vorlagebeschluss nun von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1; 127, 31; 127, 61) aus. Danach könne ein im Zeitpunkt des Mittelzuflusses bereits schwebendes Gesetzgebungsverfahren die Gewährleistungsfunktionen des geltenden Rechts nicht von vornherein suspendieren. Diesen Grundsätzen folge das vorlegende Gericht. Insbesondere halte das Gericht es in der Regel nicht für zumutbar, dass Steuerpflichtige sich im Zeitpunkt der Verwirklichung eines Einkünfterealisierungstatbestandes auf das alte Recht "nicht mehr" und auf das neue Recht "noch nicht" verlassen dürften und sich deshalb nicht nur über den jeweiligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens informieren müssten, sondern darüber hinaus bei einem schwebenden Gesetzgebungsverfahren unter Umständen selbst bei den laufenden Geschäften über Monate hinaus nicht wüssten, welche Rechtslage letztlich gelten werde. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt einer zugeflossenen Gewinnausschüttung unterscheide sich in seinen relevanten Merkmalen nicht von dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall einer zugeflossenen Arbeitnehmerabfindung (BVerfGE 127, 31). Mit dem Zufluss sei der Einkünfteerzielungstatbestand bereits verwirklicht.

24

Die neuen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts seien als Weiterentwicklung der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu verstehen, und zwar unter Abwägung der in den dortigen Verfahren vorgebrachten Argumente. Den Beschlüssen vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1 <22>; 127, 61 <80>) sei auch darin zu folgen, dass es nicht auf die konkrete Motivations- und Entscheidungslage der einzelnen Steuerpflichtigen bei der Disposition und ihrer Umsetzung ankomme, sondern für die Frage der Verfassungsmäßigkeit die generalisierende Sicht des Gesetzgebers maßgeblich sei. Der erhöhte Rechtfertigungsbedarf folge bereits aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts. Die Steuerpflichtigen dürften bei ihren Entscheidungen über Sparen, Konsum oder Investition der erzielten Einnahmen darauf vertrauen, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu ihren Lasten verändere und dadurch den Nettoertrag der Einkünfte erheblich mindere (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>).

25

Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege im Streitfall des Ausgangsverfahrens eine verfassungswidrige unechte Rückwirkung vor, da der Sachverhalt (Einkünfteerzielungstatbestand) mit der dem Gewinnausschüttungsbeschluss nachfolgenden tatsächlichen Überweisung des entsprechenden Betrages am 17./19. Dezember 2001 bereits vor der Verkündung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes im Bundesgesetzblatt vom 24. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen sei.

26

d) Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung sehe sich das vorlegende Gericht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Finanzgerichts Berlin vom 13./26. Februar 2004 (6 B 6314/03, EFG 2004, S. 1146). Auch im Schrifttum seien - wenngleich mit unterschiedlicher und teilweise aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überholter Begründung - Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Geltung des § 8 Nr. 5 GewStG geäußert worden. Der gegenteiligen Auffassung des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 1. Juni 2006 (15 K 5537/03, EFG 2007, S. 1345, Revisionsverfahren anhängig beim Bundesfinanzhof unter I R 14/07) folge das Gericht nicht.

IV.

27

Das Bundesministerium der Finanzen hat namens der Bundesregierung zu beiden Vorlagebeschlüssen Stellung genommen; der Präsident des Bundesfinanzhofs hat eine Stellungnahme des I. Senats des Bundesfinanzhofs zum ursprünglichen Vorlagebeschluss übersandt.

28

1. a) Die Bundesregierung hielt die ursprüngliche Vorlage für unzulässig und jedenfalls unbegründet.

29

aa) Das Finanzgericht habe sich nicht mit einer sich aufdrängenden verfassungskonformen Auslegung auseinandergesetzt. Es beziehe sich auf die herrschende Meinung, wonach die Änderung im Körperschaftsteuergesetz vor Inkrafttreten des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. auf die Gewerbesteuer durchgeschlagen habe. Auf der Basis der dem Finanzgericht bekannten Gegenmeinung, wonach sich die Änderung im Körperschaftsteuerrecht nicht auf das Gewerbesteuerrecht ausgewirkt habe, würde § 36 Abs. 4 GewStG a.F. keine rückwirkende Belastung, sondern lediglich eine - unter Rückwirkungsgesichtspunkten unproblematische - Klarstellung der geltenden Rechtslage bedeuten. Eine verfassungskonforme Auslegung auch von Vorschriften, die mit der vorgelegten in engem Sachzusammenhang stünden, sei insbesondere dann geboten, wenn offensichtlich mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kämen und mindestens eine von ihnen nicht in gleicher Weise den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts ausgesetzt sei.

30

bb) Im Fall ihrer Zulässigkeit sei die Vorlage jedenfalls unbegründet. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens habe nicht auf die alte Gesetzeslage vertrauen können. § 36 Abs. 4 GewStG a.F. sei nach Auffassung der Bundesregierung im Ausgangsfall unbedenklich, weil es hier von vornherein an einem schutzwürdigen Vertrauen in die alte Rechtslage fehle. Der maßgebliche Beschluss über die Vor-abausschüttung sei erst nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages getroffen worden. Das maßgebliche Datum für den Vertrauensschutz sei der Tag des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages.

31

Das Bundesverfassungsgericht habe dies mit seiner neueren Rechtsprechung (Hinweis auf BVerfGE 127, 31) bestätigt. Im Ausgangsverfahren sei die Ausschüttung erst einen Tag nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages beschlossen worden. Insofern unterscheide sich der vorgelegte Fall von dem Ausgangsfall zu BVerfGE 127, 31. Jedenfalls auf den Tag des Gesetzesbeschlusses hätte der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die neue Rechtsfolge rückwirkend anordnen dürfen. Zumindest insoweit müsste der in § 36 Abs. 4 GewStG a.F. zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille zur rückwirkenden Regelung respektiert werden. Es erscheine ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber, hätte er nicht über den Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses hinaus rückwirkend eingreifen können, nicht zumindest diesen Zeitpunkt als maßgeblich benannt hätte. Darüber hinaus bestehe zur Vermeidung von Ankündigungseffekten ein Interesse des Gesetzgebers an einer möglichst früh geltenden Regelung, um Vorverlegungen von Dividendenausschüttungen zu begegnen, da es sich hierbei um einen besonders einfach gestaltbaren Vorgang handele.

32

b) Die Bundesregierung hat auch zum neuen Vorlagebeschluss Stellung genommen und dabei ihren bisherigen Standpunkt bekräftigt.

33

Die zu § 8 Nr. 5 GewStG ergangene Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. sei kein Fall echter Rückwirkung. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens könne sich aus den bereits in der ursprünglichen Stellungnahme der Bundesregierung vorgetragenen Gründen entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.

34

2. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat mitgeteilt, er habe sich mit der erstmaligen Anwendung von § 8 Nr. 5 GewStG in Verbindung mit § 36 Abs. 4 GewStG a.F. und einem dadurch möglicherweise bedingten Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bislang noch nicht auseinandersetzen müssen. Ein anhängiges Revisionsverfahren (Aktenzeichen I R 14/07) sei mit Blick auf das Vorlageverfahren zum Ruhen gebracht worden.

35

Der Senat habe mehrheitlich Zweifel, dass dem vorlegenden Finanzgericht beizupflichten sei. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Beschränkung der steuerlichen Entlastung von Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen unter anderem insoweit gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoße, als die Entschädigung vor der Verkündung des neuen Rechts ausgezahlt worden sei (Hinweis auf BVerfGE 127, 31 <56 ff.>). Hier betreffe die in Rede stehende Ausschüttung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft nur deren (Minderheits-)Anteilseigner als Empfänger der Ausschüttung. Er habe den Zeitpunkt, in welchem die Ausschüttung beschlossen worden sei, nicht beeinflussen können. Im Unterschied zur Entschädigungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebe es deswegen auch keinen Anlass, sein Vertrauen im Zeitpunkt des Ausschüttungszuflusses als schützenswert zu erachten.

B.

36

Die Vorlagefrage bedarf der geringfügigen Präzisierung und Erweiterung. Die Frage, ob die zu § 8 Nr. 5 GewStG ergangene, die Regelung für ab dem 1. Januar 2001 anwendbar erklärende Vorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG insoweit vereinbar ist, als die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) bei Streubesitzbeteiligungen auch dann dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Körperschaft vor dem 20. Dezember 2001 gefasst und der auf die als Gesellschafterin beteiligte Körperschaft entfallende Betrag auch vor dem 20. Dezember 2001 ausgezahlt wurde, ist zum einen auf Vorabausschüttungsbeschlüsse zu beschränken und zum anderen auf den Zeitraum bis zur Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt vom 24. Dezember 2001 zu erweitern.

37

Bei normalen Gewinnverwendungsbeschlüssen (Beschlüsse über offene Ausschüttungen von in bereits abgelaufenen Kalenderjahren entstandenen Gewinnen) fand der im Zuge des körperschaftsteuerlichen Systemwechsels neu gefasste § 8b Abs. 1 KStG im Jahr 2001 noch keine Anwendung (vgl. § 34 Abs. 7 Sätze 1 und 2 KStG sowie Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 28. April 2003 - IV A 2 - S 2750 a - 7/03 -, BStBl I S. 292, Rn. 60 ff.). Die Vorlagefrage wird daher auf Vorabausschüttungen beschränkt.

38

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung kommt es allenfalls darauf an, ob die Vorabausschüttung vor der Verkündung der Neuregelung am 24. Dezember 2001 erfolgt ist, statt, wie angefragt, vor dem 20. Dezember 2001, dem Tag der Zustimmung des Bundesrates zu dem Beschluss des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes durch den Bundestag.

39

Schließlich ist die Vorlagefrage des Finanzgerichts mit Rücksicht auf die Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens (vgl. dazu BVerfGE 44, 322 <337 f.>; 62, 354 <364>; 78, 132 <143>) über den für das Ausgangsverfahren unmittelbar erheblichen Zeitraum hinaus darauf zu erstrecken, inwieweit es mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar ist, auch weiter zurückliegende Ausschüttungsvorgänge bis zum Beginn des Rückwirkungszeitraums am 1. Januar 2001 der neuen Gewinnanrechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG zu unterwerfen.

C.

40

Das rückwirkende Inkraftsetzen der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes ist verfassungsgemäß, soweit es den Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses für den neuen § 8 Nr. 5 GewStG vom 11. Dezember 2001 betrifft; soweit hingegen bis zu diesem Zeitpunkt beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen hiervon erfasst werden, ist die Anwendungsregel des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes unvereinbar.

I.

41

1. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfGE 101, 239 <262>). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde Einzelne in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>).

42

2. Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <17>). Normen mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 101, 239 <263>). Erst mit der Verkündung, das heißt mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (vgl. BVerfGE 97, 67 <78 f.> m.w.N.), müssen von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfGE 63, 343 <353 f.>; 67, 1 <15>; 72, 200 <241 f.>; 97, 67 <78 f.>; 114, 258 <300>; 127, 1 <16 f.>).

43

3. a) Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>), so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. BVerfGE 63, 343 <356>; 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 105, 17 <37 f.>; 127, 1 <17>). Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 122, 374 <394 f.>; stRspr).

44

b) Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>). Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfGE 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; vgl. auch bereits BVerfGE 13, 261 <263 f., 272>; 13, 274 <277 f.>; 19, 187 <195>; 30, 272 <285>). Entsprechendes gilt für das Gewerbesteuerrecht im Hinblick auf den regelmäßig mit dem Kalenderjahr endenden Erhebungszeitraum (§§ 14, 18 GewStG).

45

c) Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen über den Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass rückwirkende Regelungen innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums, die danach der unechten Rückwirkung zugeordnet werden, in vielerlei Hinsicht den Fällen echter Rückwirkung nahe stehen. Freilich ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 127, 1 <17>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76>). Die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde andernfalls den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 105, 17 <40>; 114, 258 <301>). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 63, 312 <331>; 67, 1 <15>; 71, 255 <272>; 76, 256 <349 f.>). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 125, 104 <135>).

46

Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen der Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen (vgl. BVerfGE 30, 392 <404>; 50, 386 <395>; 67, 1 <15>; 75, 246 <280>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f.>; 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 116, 96 <132>; 122, 374 <394>; 123, 186 <257>). Soweit daher an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums angeknüpft wird, ist diese unechte Rückwirkung mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 127, 1 <17 f.>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76 f.>). Wenn der Gesetzgeber das Gewerbesteuerrecht während des laufenden Erhebungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens deshalb stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>; 127, 31 <48 f.>).

II.

47

Die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., nach der die Hinzurechnung von Dividenden und gleichgestellten Leistungen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 5 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden ist, führt zu einer unechten Rückwirkung (1). Sie ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie Vorabausschüttungen erfasst, die erst nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 beschlossen oder abgewickelt wurden (2), verstößt hingegen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie Vorabausschüttungen betrifft, die in dem Zeitraum bis einschließlich 11. Dezember 2001 beschlossen und abgewickelt wurden (3).

48

1. Der durch das am 24. Dezember 2001 verkündete Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 neu eingefügte § 8 Nr. 5 GewStG bestimmt, dass dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die nach dem Einkommensteuerrecht oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile (Dividenden) und gleichgestellten Bezüge und Leistungen aus Streubesitzbeteiligungen (vgl. den Verweis auf § 9 Nr. 2a und 7 GewStG in § 8 Nr. 5 GewStG und zum Zusammenhang der Normen BFH, Beschluss vom 9. November 2011 - I B 62/11 -, BFH/NV 2012, S. 449) wieder hinzugerechnet werden. Damit hat der Gesetzgeber die Auswirkung des im Zuge des Systemwechsels im Körperschaftsteuerrecht (vgl. BVerfGE 125, 1 <2 ff.>) durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) neu gefassten und später mehrfach geänderten § 8b KStG auf die Gewinnermittlung im Gewerbesteuerrecht korrigiert. Die neue Vorschrift (vgl. zu der ursprünglichen Fassung BVerfGE 127, 224 <229>) sah bei Anteilen an inländischen Gesellschaften zunächst eine vollständige Freistellung für Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne von der Körperschaft-steuer vor. Nach der im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. Eilers/Wienands, GmbHR 2000, S. 957 <963>; Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 74; Gröning/Siegmund, DStR 2003, S. 617; Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 5, Rn. 1 [5. Aufl. 2002, 7. Aufl. 2009]; Prinz/Simon, DStR 2002, S. 149; Ritzer/Stangl, INF 2002, S. 131 <133 ff.>; Roser, in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 75 [Stand: Juli 2009]) stehenden Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts führte die Befreiungsvorschrift des § 8b KStG über die Verknüpfungsnorm in § 7 GewStG - vorbehaltlich einer im Gesetz zunächst nicht enthaltenen Hinzurechnung nach § 8 GewStG - im Vergleich zur früheren Rechtslage zu einer entsprechenden Verringerung des Gewerbeertrags.

49

Für die vom Bundesministerium der Finanzen geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 7 Satz 1 GewStG im Sinne einer Nichtberücksichtigung des § 8b KStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist angesichts der eindeutigen, auch von den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 124) gestützten Rechtslage kein Raum. Unabhängig davon bietet das Mittel der verfassungskonformen Auslegung keine Handhabe dafür, ein vorlegendes Gericht zu einer bestimmten einfachrechtlichen Auslegung eines anderen, dem verfahrensgegenständlichen vorangegangenen Gesetzes nur deshalb anzuhalten, um so eine verfassungswidrige Rückwirkung der vorgelegten Norm zu vermeiden.

50

Indem § 36 Abs. 4 GewStG a.F. die erstmalige Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG für den noch nicht abgeschlossenen Erhebungszeitraum 2001 und damit beginnend mit dem 1. Januar 2001 anordnete, änderte er die Vorschriften über die Ermittlung des zu versteuernden Gewerbeertrags im Sinne einer unechten Rückwirkung.

51

2. Die Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie rückwirkend Vorabausschüttungen im Jahr 2001 erfasst, die erst nach dem Vermittlungsvorschlag vom 11. Dezember 2001 beschlossen oder abgewickelt wurden, selbst wenn sie dem Empfänger der Vorabausschüttung noch vor der Verkündung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes im Bundesgesetzblatt zugeflossen sind. Dies gilt erst recht für Beschlüsse über Vorabausschüttungen, die nach dem endgültigen Gesetzesbeschluss vom 14. Dezember 2001 gefasst wurden.

52

a) Gewinnausschüttungen beruhen zwar nicht zwingend auf einer besonderen Vertrauensdisposition der Streubesitzbeteiligten (aa). Letztere können sich aber gleichwohl auf Vertrauensschutz berufen (bb).

53

aa) Ausschüttungen oder - wie im Ausgangsfall - Vorabausschüttungen von Erträgen aus einer Beteiligung im Sinne des § 8 Nr. 5 GewStG, die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleiben, sind bei Streubesitzbeteiligungen, um die es hier allein geht (vgl. § 8 Nr. 5 in Verbindung mit § 9 Nr. 2a und 7 GewStG), typischerweise nicht Ausfluss einer Dispositionsentscheidung des Minderheitsgesellschafters, die besonderen Vertrauensschutz verdient. Der gewerbesteuerpflichtige Minderheitsgesellschafter trifft in diesen Fällen im Allgemeinen keine von ihm maßgeblich verantwortete Dispositionsentscheidung über die Gewinnausschüttung, die Vertrauensschutz begründen könnte. Sein Einfluss in der Gesellschafterversammlung dürfte allenfalls gering sein. Er wird die Entscheidung der Gesellschafterversammlung über das Ob und Wie einer Ausschüttung oder Vorabausschüttung daher regelmäßig lediglich hinnehmen. Zudem ist die Entscheidung über eine Gewinnausschüttung per se keine Maßnahme, die - wie etwa eine Investitionsentscheidung - im Vertrauen auf den längerfristigen Bestand einer Rechtslage erfolgt. Auch das der Vorlage zugrunde liegende Ausgangsverfahren bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die in Streit stehende Vorabausschüttung auf Maßnahmen der Klägerin zurückginge, die in besonderer Weise schutzwürdiges Vertrauen begründeten.

54

bb) Berechtigtes Vertrauen für den die Ausschüttung entgegennehmenden Minderheitsgesellschafter besteht danach vorrangig im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>). Steuerpflichtige müssen grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die zum Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses eines steuerrelevanten Geschäftsvorgangs geltende Steuerrechtslage nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund rückwirkend geändert wird. Andernfalls wäre das Vertrauen in die Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit der Rechtsordnung als Garanten einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ernsthaft gefährdet (vgl. BVerfGE 109, 133 <180>; 126, 369 <393>; 127, 1 <16>). Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt zwar, sofern keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 127, 1 <17>). Das diesen Grundsatz rechtfertigende Anliegen, die notwendige Flexibilität der Rechtsordnung zu wahren, zielt indes auf künftige Rechtsänderungen und relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums.

55

b) Die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag stellt das Vertrauen in den zukünftigen Bestand einer Rechtslage in Frage (aa), jedenfalls der endgültige Beschluss des Bundestages über das rückwirkende Gesetz zerstört es grundsätzlich (bb). Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses hat hier das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage beseitigt (cc).

56

aa) Mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ werden geplante Gesetzesänderungen öffentlich. Ab diesem Zeitpunkt sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar. Deshalb können Steuerpflichtige regelmäßig nicht mehr darauf vertrauen, das gegenwärtig geltende Recht werde auch in Zukunft, insbesondere im Folgejahr, unverändert fortbestehen; es ist ihnen vielmehr grundsätzlich möglich, ihre wirtschaftlichen Dispositionen durch entsprechende Anpassungsklauseln auf mögliche zukünftige Änderungen einzustellen (vgl. BVerfGE 127, 31 <50>).

57

bb) Jedenfalls ab dem endgültigen Beschluss des Deutschen Bundestages über einen Gesetzentwurf müssen die Betroffenen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen, weshalb es ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten ist, ihr Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber kann deshalb berechtigt sein, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Norm sogar im Sinne einer echten Rückwirkung auch auf den Zeitraum von dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken (vgl. BVerfGE 13, 261 <273>; 30, 272 <286 f.>; 72, 200 <260 ff.>; 95, 64 <86 f.>; 97, 67 <79>; 127, 31 <58>). Diese Zuordnung hat das Bundesverfassungsgericht als den "verhältnismäßig besten Ausgleich" zwischen den denkbaren Positionen - Abstellen auf die Einbringung des Gesetzentwurfs einerseits und die Verkündung der Neuregelung andererseits - bezeichnet (vgl. BVerfGE 72, 200 <261 f.>; 127, 31 <58>).

58

cc) (1) Der durch die Bundesregierung in den Deutschen Bundestag eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (BTDrucks 14/6882) enthielt noch keine den späteren § 8 Nr. 5 GewStG und § 36 Abs. 4 GewStG a.F. entsprechenden Bestimmungen. Die Anregung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 27. September 2001 zu dem Gesetzentwurf, die Hinzurechnung von Bezügen und Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG und von Bezügen und Gewinnen nach § 8b KStG zum Gewerbeertrag ausdrücklich zu regeln (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.), wurde von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung mit dem Argument abgelehnt, dass die Umsetzung des Vorschlags die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz mit Gewerbesteuer bedeuten würde (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Zu diesem Zeitpunkt mussten potenziell Betroffene ihr Verhalten daher noch nicht auf eine solche Regelung einstellen.

59

Erst nach Einleitung des Vermittlungsverfahrens und jedenfalls mit dessen Abschluss änderte sich dies. In der in der Bundestagsdrucksache 14/7780 vom 11. Dezember 2001 veröffentlichten Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses an den Bundestag zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz waren nunmehr Formulierungsvorschläge zu einem neuen § 8 Nr. 5 GewStG und zu § 36 Abs. 4 GewStG a.F. enthalten, die den später Gesetz gewordenen Regelungen entsprachen (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5). Hinsichtlich ihrer das Vertrauen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage beeinträchtigenden Wirkung entspricht die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses nicht nur derjenigen der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ, sondern geht sogar noch darüber hinaus. Die Annahme eines solchen Vermittlungsvorschlags durch den Bundestag ist regelmäßig erheblich wahrscheinlicher als die Verwirklichungschancen eines Gesetzentwurfs zu Beginn der parlamentarischen Beratungen, weil der Vermittlungsvorschlag am Ende des parlamentarischen Entscheidungsfindungsprozesses einschließlich der Kompromissbemühungen des Vermittlungsausschusses steht und deren Ergebnis markiert.

60

Es kann daher hier offen bleiben, ob die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ stets der maßgebliche Zeitpunkt ist, ab dem sich die Betroffenen nicht mehr auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtslage berufen können (s.o. aa, vgl. auch BVerfGE 127, 31 <50>). Mit dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 ist die Zerstörung schutzwürdigen Vertrauens hier jedenfalls eingetreten. Dies folgt aus der besagten hohen Wahrscheinlichkeit der Annahme des Vermittlungsvorschlags auf der einen Seite und der geringen Schutzwürdigkeit des Minderheitsgesellschafters im Hinblick auf einen Gewinnausschüttungsbeschluss der Gesellschaft (s. dazu oben 2 a) auf der anderen Seite  . 

61

(2) Schutzwürdiges Vertrauen in den künftigen Bestand der bisherigen Rechtslage besteht erst recht nicht mehr ab der Zustimmung des Bundestages zum Vermittlungsvorschlag des Vermittlungsausschusses (vgl. Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG) vom 14. Dezember 2001 (vgl. BRDrucks 1061/01). Dieser Zeitpunkt entspricht in jeder Hinsicht dem des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages über einen Gesetzentwurf, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - auch in den Fällen echter Rückwirkung - den zeitlichen Endpunkt eines schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der bisherigen Rechtslage bestimmt (s. vorstehend bb).

62

(3) Der Wegfall schutzwürdigen Vertrauens bereits durch den Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 führt dazu, dass Vorabausschüttungsbeschlüsse, die nach dem 11. Dezember 2001 gefasst worden sind, keinen verfassungsrechtlichen Schutz vor der Hinzurechnung der Vorabausschüttung zum Gewerbeertrag nach dem später in das Gewerbesteuergesetz eingefügten § 8 Nr. 5 GewStG genießen. Da es insoweit schon an einem schutzwürdigen Vertrauen auf das Nichtbestehen einer solchen Hinzurechnungsvorschrift fehlt, kommt eine Abwägung, ob das Interesse der Allgemeinheit an dem rückwirkenden Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG bis zum 11. Dezember 2001 dem Vertrauen Einzelner auf die Fortgeltung der Rechtslage über diesen Zeitpunkt hinaus unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 127, 31 <47 f.> und oben I 3 c) vorgeht, nicht in Betracht.

63

Das der Vorlage des Finanzgerichts zugrunde liegende Ausgangsverfahren betrifft einen solchen Fall; der Vorabausschüttungsbeschluss in jenem Verfahren datiert vom 15. Dezember 2001, liegt also zeitlich sowohl nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 als auch nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 14. Dezember 2001.

64

c) Das rückwirkende Inkraftsetzen von § 8 Nr. 5 GewStG ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes auch insoweit vereinbar, als die Regelung Vorab-ausschüttungen erfasst, die zwar erst nach dem 11. Dezember 2001 beschlossen wurden, jedoch - wie im Ausgangsverfahren - dem Steuerpflichtigen noch vor der Verkündung der Neuregelung am 24. Dezember 2001 zugeflossen sind.

65

Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings in seinem Beschluss vom 7. Juli 2010 zur sogenannten "Fünftel-Regelung" des § 34 Abs. 1 EStG (BVerfGE 127, 31<57 ff.>) die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Betroffenen in die Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts unabhängig von der Schutzwürdigkeit ihrer Dispositionen zum Zeitpunkt der zugrunde liegenden Vereinbarungen für den Fall bejaht, dass der Mittelzufluss vor Verkündung der Neuregelung erfolgt ist. Dabei ging es um Abfindungsvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmern. Bei den Entscheidungen über Sparen, Konsum oder Investition der erzielten Einnahmen durften die Arbeitnehmer nach dem Beschluss vom 7. Juli 2010 darauf vertrauen, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu ihren Lasten verändere und dadurch den Nettoertrag der erhaltenen Abfindungszahlung erheblich mindere. Die Vorhersehbarkeit einer möglichen zukünftigen Gesetzesänderung bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Entschädigungsvereinbarung und zum Zeitpunkt der Erfüllung des materiellen steuerbegründenden Tatbestands durch den Zufluss des Abfindungsbetrags stehe der Anerkennung grundrechtlich geschützten Vertrauens in geltendes Recht zum Zeitpunkt der Erfüllung nicht grundsätzlich entgegen (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>). Selbst wenn der Geldzufluss erst nach dem endgültigen Gesetzesbeschluss über die beabsichtigte Steuererhöhung erfolgt sei und die Betroffenen sich deshalb grundsätzlich schon auf die Neuregelung hätten einstellen können, bleibe in diesen Fällen des Mittelzuflusses vor Verkündung der Neuregelung das berechtigte Vertrauen der Steuerpflichtigen in die Gewährleistungsfunktion des Rechts, das nur durch überwiegende Gemeinwohlinteressen an einer rückwirkenden Neuregelung überwunden werden könne (vgl. BVerfGE 127, 31 <58 f.>).

66

Die Grundsätze dieser Fallgruppe sind auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar. Dort ging es um zweiseitige Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, auf deren Gültigkeit und Werthaltigkeit der Arbeitnehmer unter Umständen existenziell angewiesen war. Mit der Zustimmung zu einer Abfindungsvereinbarung disponiert der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsvertrags und damit über Teile seiner wirtschaftlichen Existenz. Dabei handelt er in einer gewissen Zwangslage. Er verliert seine Rechte zwar nicht ohne seinen Willen, gibt sie aber doch unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck auf (vgl. BVerfGE 127, 31 <52, 60>). In dieser besonderen Situation verdient das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des verfügbaren Werts einer solchen Vereinbarung in weitergehendem Umfang Schutz, selbst wenn sie erst nach der Zustimmung des Bundestages zu einem Steuererhöhungsgesetz geschlossen wurde, sofern die Abfindung noch vor der Verkündung des Gesetzes ausgezahlt wurde (vgl. BVerfGE 127, 31 <58 f.>).

67

Damit ist die Lage bei der Ausschüttung von Gewinnanteilen an Streubesitzbeteiligte in der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Art nicht vergleichbar. Eine Vertrauensschutz erfordernde Disposition über Teile seines Vermögens hat der Minderheitsgesellschafter hier nicht in einer dem Arbeitnehmer bei der Abfindungsvereinbarung vergleichbaren Weise getätigt. Als Streubesitzbeteiligter ist er im Fall einer Ausschüttung im Wesentlichen auf deren Entgegennahme beschränkt; schutzwürdiges Vertrauen investiert er dabei regelmäßig in allenfalls geringfügigem Umfang (s. dazu bereits oben 2 a aa). Nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zur rückwirkenden Einführung der Hinzurechnungsregelung vom 11. Dezember 2001, erst recht nach dem endgültigen Beschluss des Bundestages, im vorliegenden Fall nach der Zustimmung des Bundestages vom 14. Dezember 2001 zum Vermittlungsvorschlag, konnten sich die Begünstigten eines Vorabausschüttungsbeschlusses ohne Weiteres auf die sich konkret abzeichnende neue Rechtslage einstellen. Selbst bei Abwicklung dieses Beschlusses vor der Verkündung des Gesetzes am 24. Dezember 2001 ändert der dadurch erreichte "gesteigerte Grad an Abgeschlossenheit" (vgl. BVerfGE 127, 31 <59>) nichts am Fehlen schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der noch geltenden Steuerrechtslage für die Vorabausschüttung. Allein die Gewährleistungsfunktion des zum Zeitpunkt des Mittelzuflusses geltenden Rechts vermag das Fehlen schutzwürdigen Vertrauens wegen der bereits konkret absehbaren Neuregelung in solchen Fällen nicht zu kompensieren.

68

Fehlt es für die Zeit nach dem 11. Dezember 2001 an schutzwürdigem Vertrauen in das Fortbestehen der Steuerrechtslage zur Übertragbarkeit der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG auf das Gewerbesteuerrecht, bedarf die Zulässigkeit der Rückwirkung keiner Abwägung mehr unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und insbesondere der Zumutbarkeit (s.o. I 3 c).

69

3. § 36 Abs. 4 GewStG a.F. ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar und verstößt gegen Art. 20 Abs. 3 GG, soweit er die Anwendung des neuen § 8 Nr. 5 GewStG auf den Erhebungszeitraum 2001 auch mit Wirkung vor dem 12. Dezember 2001 erstreckt und dabei bis einschließlich 11. Dezember 2001 beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen erfasst.

70

a) Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 zur Einfügung des § 8 Nr. 5 in das Gewerbesteuergesetz, erst recht aber der Beschluss des Deutschen Bundestages hierzu vom 14. Dezember 2001 haben zwar das Vertrauen in den zukünftigen Bestand der bisherigen Rechtslage zur gewerbesteuerlichen Freistellung von Erträgen im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG aus Streubesitzbeteiligungen zerstört. Berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Steuerrechtslage für den davor liegenden Zeitraum wird durch diese Vorgänge im Gesetzgebungsverfahren allerdings nicht beseitigt. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um zurückliegende Zeiten innerhalb des laufenden Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums handelt. Denn die Behandlung steuerlich relevanter Vorgänge als bis zum Ende des Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums noch nicht abgeschlossene Sachverhalte bedeutet lediglich, dass Gesetze, die während, insbesondere gegen Ende eines Veranlagungszeitraums mit Wirkung für den gesamten Zeitraum erlassen werden, nach den für ein Gesetz mit unechter Rückwirkung anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Daraus folgt aber nicht, dass vor dem Gesetzeserlass getätigte Dispositionen des Steuerschuldners deshalb keinen Vertrauensschutz genössen. Hier ist eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinzunehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>).

71

Vertrauen erwächst in den von der Vorlage des Finanzgerichts angesprochenen Fällen der Vorabausschüttung nicht in erster Linie durch in besonderer Weise schützenswerte Dispositionen des gewerbesteuerpflichtigen, mit weniger als 10% beteiligten Minderheitsgesellschafters, sondern im Wesentlichen aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts (s.o. 2 a). Um Vertrauensschutz gegen rückwirkende Gesetzesänderungen auslösen zu können, bedarf ein Geschäftsvorgang eines erkenn- und belegbaren gesteigerten Grades der Abgeschlossenheit. Diese liegt nicht allein in dem Gesellschafterbeschluss über die Vorabausschüttung. Da er keinen besonderen Formbindungen unterliegt und deshalb weder hinsichtlich seines Inhalts noch hinsichtlich des Beschlusszeitpunktes ohne Weiteres objektiv gesichert ist, vermittelt er allein hier noch keine Rechtsbeständigkeit gegenüber einer Gesetzesänderung. Erst der in Umsetzung des Gesellschafterbeschlusses erfolgte Zufluss der Ausschüttung beim Empfänger verschafft dem Sachverhalt einen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit, der Schutz gegen eine rückwirkende Änderung der Rechtslage bietet (vgl. BVerfGE 127, 31 <59>). Die Anknüpfung an den Zufluss der Ausschüttung gewährleistet zudem eine einheitliche Handhabung solcher Rückwirkungsfälle unabhängig von der Geltung des Zu- und Abflussprinzips (vgl. § 4 Abs. 3, § 11 EStG), das heißt unabhängig von der Methode der Einkünfteermittlung und insbesondere auch unabhängig von einer etwaigen im Fall der Bilanzierung erfolgenden Aktivierung des Anspruchs auf die Vorabausschüttung schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung der ausschüttenden Gesellschaft.

72

b) Besondere Gründe, welche die nachträgliche Belastung vor dem 12. Dezember 2001 beschlossener und ausgezahlter Vorabausschüttungen mit einer höheren Gewerbesteuer rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.

73

Die allgemeinen Ziele der Umgestaltung des Steuerrechts und der Erhöhung des Steueraufkommens rechtfertigen die rückwirkende Steuerbelastung nicht (vgl. BVerfGE 127, 1 <26>; 127, 31 <59>).

74

Ein spürbarer Ankündigungs- oder Mitnahmeeffekt mit Blick auf die drohende Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer, der durch die Rückwirkung verhindert werden sollte, ist - zumal für die Zeit bis zum 11. Dezember 2001 - nicht erkennbar. Eine rein steuerlich motivierte Vorabausschüttung zu Gunsten einer mit weniger als 10% beteiligten Minderheitsgesellschafterin erscheint zudem generell eher ungewöhnlich. Es ist ferner nicht unüblich, dass Vorabausschüttungen kurz vor Jahresende beschlossen und durchgeführt werden. Auch das vorlegende Finanzgericht hat im konkreten Fall festgestellt, dass bei der Körperschaft, an der die Klägerin des Ausgangsverfahrens beteiligt war, in den Vorjahren regelmäßig Vorabausschüttungen erfolgt waren.

75

Der im Jahr 2001 vollzogene Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht (vgl. dazu BVerfGE 125, 1 <2 ff.>) bietet ebenfalls keinen Rechtfertigungsgrund für das rückwirkende Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG. Insbesondere war die sich vor Einfügung des § 8 Nr. 5 GewStG ergebende Rechtslage nicht systemwidrig. Die unmittelbare Auswirkung der körperschaftsteuerlichen Freistellung von Beteiligungserträgen und Veräußerungsgewinnen nach § 8b KStG auf das Gewerbesteuerecht war und ist eine systemgerechte Folge aus der Übernahme der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlungsregelungen in das Gewerbesteuerrecht (§ 7 Satz 1 GewStG). Um dies zu ändern, bedurfte es einer ausdrücklichen Korrektur durch den Gesetzgeber, wie sie durch den neuen § 8 Nr. 5 GewStG für Erträge aus Streubesitzbeteiligungen dann auch erfolgt ist. Die zwischenzeitlich im Jahr 2001 geltende Rechtslage war damit keineswegs offensichtlich so ungerecht oder auch nur im Hinblick auf das Gewerbesteuerrecht so systemwidrig, dass eine rückwirkende Änderung durch den Gesetzgeber als unabweisbar hätte erscheinen müssen. Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung auf den Vorschlag des Bundesrates vom 27. September 2001, die Hinzurechnung von Bezügen und Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG und von Bezügen und Gewinnen nach § 8b KStG zum Gewerbeertrag ausdrücklich zu regeln (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.), ihre Ablehnung damit begründet, dass die Umsetzung des Vorschlags die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz mit Gewerbesteuer bedeuten würde (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Die neue Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG war daher keine überfällige Fehlerkorrektur, mit der Steuerpflichtige ohne Weiteres hätten rechnen müssen, sondern eine bewusst die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abweichend von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer gestaltende Entscheidung des Gesetzgebers.

76

Liegen keine Gründe vor, welche die Rückwirkung der Regelung für bis einschließlich 11. Dezember 2001 erfolgte Vorabausschüttungen rechtfertigen könnten, erübrigt sich die Prüfung, ob eine darauf gestützte Rückwirkungsanordnung verhältnismäßig wäre. Eine Interessenabwägung kommt nicht in Betracht, wenn verfassungsrechtlich bereits kein für die Rückwirkung sprechendes öffentliches Interesse anzuerkennen ist.

III.

77

Soweit § 36 Abs. 4 GewStG a.F. den § 8 Nr. 5 GewStG auf Dividendenvorab-ausschüttungen an Minderheitsgesellschafter für anwendbar erklärt, die von der ausschüttenden Gesellschaft vor dem 12. Dezember 2001 verbindlich beschlossen wurden und der mit weniger als 10% beteiligten Körperschaft vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind, verstößt diese Anwendungsvorschrift gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig (§ 78 Satz 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG).

78

Die Entscheidung über die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Vorschlags des Vermittlungsausschusses anstelle des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages (C II) ist mit 5:3 Stimmen ergangen.

Tenor

§ 43 Absatz 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit danach § 40a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, rückwirkend bereits in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anzuwenden ist.

Gründe

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) insofern gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG verstößt, als darin die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle von dieser Vorschrift erfassten, noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen angeordnet worden ist. Dies hat zur Folge, dass Teilwertabschreibungen einer Körperschaft auf Anteile an Aktienfonds den steuerlichen Gewinn auch der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 nicht mehr mindern.

A.

I.

2

1. Das Recht der inländischen Investmentgesellschaften war bis zum 31. Dezember 2003 im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften geregelt. Die ursprüngliche Fassung dieses Gesetzes datiert vom 16. April 1957 (BGBl I S. 378). Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften enthielt die aufsichts- und steuerrechtlichen Vorschriften für inländische Kapitalanlagegesellschaften. Die entsprechenden Vorschriften für ausländische Kapitalanlagegesellschaften waren in dem ebenfalls zum Jahresende 2003 ausgelaufenen Auslandinvestment-Gesetz (AuslInvG) - ursprünglich in der Fassung vom 28. Juli 1969 (BGBl I S. 986) - enthalten.

3

Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und das Auslandinvestment-Gesetz wurden im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I S. 2676) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch das Investmentgesetz (InvG) für das Aufsichtsrecht und das Investmentsteuergesetz (InvStG) für das Steuerrecht abgelöst. Das Investmentgesetz wurde inzwischen durch das am 22. Juli 2013 in Kraft getretene Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt (BGBl I S. 1981), das Investmentsteuergesetz besteht fort.

4

Die Vorlage betrifft die Endphase der zeitlichen Anwendung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften. In dem Gesetzgebungsverfahren zum Investmentmodernisierungsgesetz setzte sich der Gesetzgeber unter anderem mit einem Auslegungsproblem zur ertragsteuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen auseinander (vgl. § 8 InvStG). Es ging um die Frage, ob der in § 8b Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung vorgesehene Ausschluss der Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 79; BGBl I 2000, S. 1433 <1453>, S. 1850 <1854> und BGBl I 2001, S. 3858 <3863>) auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung findet, obwohl § 40a KAGG auf diese Vorschrift nicht verwies. Der Gesetzgeber erstreckte die seiner Auffassung nach im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nur klarstellende Lösung, wonach § 8b Abs. 3 KStG auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finde, durch eine Änderung des auslaufenden Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften zugleich auf die Vergangenheit. Die dies anordnenden Regelungen des § 40a Abs. 1 Satz 2 und des § 43 Abs. 18 KAGG wurden in das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840), das auch Korb II-Gesetz genannt wird, aufgenommen. Die Gesetzgebungsverfahren zum Korb II-Gesetz und zum Investmentmodernisierungsgesetz wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2003 durchgeführt (vgl. zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung BRDrucks 560/03 vom 15. August 2003 und BRDrucks 609/03 vom 28. August 2003; vgl. BTDrucks 15/1518, 15/1553). Das Investmentmodernisierungsgesetz wurde am 19. Dezember 2003, das Korb II-Gesetz am 27. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt verkündet.

5

2. Hintergrund der Einführung des § 40a Abs. 1 KAGG war der Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (später Teileinkünfteverfahren). Dieser Systemwechsel (vgl. dazu BVerfGE 125, 1; 127, 224) hatte zu Änderungen des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Auslandinvestment-Gesetzes geführt (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 132). An den durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) eingeführten, zunächst nur aus einem Satz bestehenden § 40a Abs. 1 KAGG a.F. wurde durch das Korb II-Gesetz vom 22. Dezember 2003 ein zweiter Satz (im nachfolgenden Text in Fettdruck wiedergegeben) angefügt, für den es in der vorherigen Fassung noch keine Entsprechung gegeben hatte.

6

§ 40a KAGG in der hier maßgeblichen Fassung des Korb II-Gesetzes lautet:

7

§ 40a KAGG

(1) 1Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören. 2Auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören.

(2) …

8

Die zeitliche Anwendung des § 40a Abs. 1 KAGG wurde durch das Korb II-Gesetz in § 43 Abs. 18 KAGG wie folgt festgelegt:

9

§ 43 KAGG

(1) bis (17) …

(18) § 40a Abs. 1 in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2840) ist für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.

10

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17) handelt es sich bei § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG um eine "redaktionelle Klarstellung, dass § 8b Abs. 3 KStG auch bei Investmentanteilen gilt, wenn Verluste aus der Veräußerung der Anteilscheine oder Teilwertminderungen auf Wertminderungen der in dem Wertpapier-Sondervermögen befindlichen Beteiligungen beruhen".

11

Auf der Ebene der Finanzgerichte ist umstritten, ob die Vorschrift des § 40a Abs. 1 KAGG mit dem neuen Satz 2 im Vergleich zur vorherigen Gesetzesfassung ohne den Satz 2 - wie im Vorlagebeschluss vertreten - als konstitutive, die bisherige Rechtslage ändernde Regelung oder als deklaratorische, die bisherige Rechtslage lediglich klarstellende Regelung anzusehen ist (vgl. Finanzgericht München, Urteile vom 28. Februar 2008 - 7 K 917/07 -, EFG 2008, S. 991, - dazu BFHE 227, 73 - und vom 17. März 2009 - 6 K 3474/06 -, EFG 2009, S. 1053, das Revisionsverfahren ist anhängig unter dem Aktenzeichen I R 33/09, sowie Gerichtsbescheid vom 18. September 2012 - 7 K 2684/10 -, EFG 2013, S. 72, das Revisionsverfahren ist anhängig unter dem Aktenzeichen I R 74/12).

12

Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung des einfachen Rechts in dieser Frage liegt noch nicht vor. Beim Bundesfinanzhof sind zwei Revisionsverfahren hierzu anhängig (I R 33/09 und I R 74/12). Beide beziehen sich auf das Jahr 2002, welches auch das Streitjahr in dem Ausgangsverfahren der hier zu behandelnden Vorlage ist. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu dem § 40a Abs. 1 KAGG a.F. betreffenden Auslegungsproblem ist noch nicht ergangen (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2013 zur Aussetzung des Revisionsverfahrens I R 74/12, BFH/NV 2013, S. 1452).

13

3. Nach dem um den Satz 2 ergänzten § 40a Abs. 1 KAGG bleiben Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen einer Kapitalgesellschaft an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, bei der steuerlichen Gewinnermittlung unberücksichtigt. Im Gegensatz zur vorherigen Fassung enthält § 40a Abs. 1 KAGG neben der ausdrücklichen Verweisung auf § 8b Abs. 2 KStG durch den neuen Satz 2 nunmehr auch eine ausdrückliche Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG.

14

§ 8b KStG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Körperschaftsteuergesetzes vom 15. Oktober 2002 (BGBl I S. 4144, nachfolgend als KStG a.F. bezeichnet) lautet auszugsweise:

15

§ 8b KStG

Beteiligungen an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen

(1) …

(2) 1Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18, aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Werts sowie Gewinne im Sinne des § 21 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes außer Ansatz. 2Das gilt nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. 3Veräußerung im vorstehenden Sinne ist auch die verdeckte Einlage.

(3) Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.

(4) bis (7) …

16

§ 8 Abs. 3 KStG a.F. ("bei der Gewinnermittlung") ist mit § 8b Abs. 3 Satz 3 der aktuellen Fassung des KStG ("bei der Ermittlung des Einkommens") nahezu wortgleich. Bei dem steuerlichen Begriff des Teilwerts handelt es sich nach der Legaldefinition in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) um den Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (vgl. die Legaldefinition in § 10 Bewertungsgesetz). Sinkt der Teilwert im Vergleich zu den Anschaffungskosten, den Herstellungskosten oder zu dem Restbuchwert eines Wirtschaftsguts, kann eine Verpflichtung zur Teilwertabschreibung bestehen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG; vgl. zum Handelsrecht § 253 HGB). Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert mindern grundsätzlich das zu versteuernde Einkommen. In den Fällen des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG8b Abs. 3 KStG a.F.) gilt das jedoch ausnahmsweise nicht; hierunter fallende Gewinnminderungen bleiben steuerlich unberücksichtigt. Nach der Begründung zum Absatz 3 im Entwurf des Steuersenkungsgesetzes bleiben Veräußerungsverluste und Teilwertabschreibungen steuerlich unberücksichtigt, ebenso Wertaufholungen ("Konsequenz aus der Befreiung der Veräußerungsgewinne", vgl. BTDrucks 14/2683, S. 124; vgl. zu "Regelungssymmetrie" und steuersystematischer Korrektheit auch Gosch, in: Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 260 f.). Eine Ausnahme von der Steuerbefreiung sei vorgesehen, soweit sich Teilwertabschreibungen in früheren Jahren gewinnmindernd ausgewirkt hätten (vgl. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F., inzwischen Satz 4), insoweit sei eine Wertaufholung oder ein Veräußerungsgewinn zu versteuern.

17

Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen (vgl. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG), können - wie im Ausgangsverfahren des Finanzgerichts - bei im Wert gefallenen Anteilen an Aktienfonds vorliegen. Die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. hat zur Folge, dass diesbezügliche Teilwertabschreibungen - zum Beispiel infolge von Kursstürzen an der Börse - bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einer Körperschaft nicht berücksichtigt werden.

II.

18

Das Ausgangsverfahren betrifft die Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums 2002 der dortigen Klägerin. Sie ist ein Kreditinstitut, das am 31. Dezember 2002 (Stichtag des Jahresabschlusses) in seinem Umlaufvermögen Anteile an zwei Investmentfonds hielt. Zum 31. Dezember 2002 waren die Börsenkurse der Anteilscheine an diesen Fonds unter die jeweiligen im Jahresabschluss des Vorjahres ausgewiesenen Buchwerte gesunken.

19

Die klagende Bank nahm in ihrer am 14. Januar 2003 erstellten Handelsbilanz für das Jahr 2002 Abschreibungen auf die Fonds in Höhe von insgesamt 392.643,53 € vor. In seinem Lagebericht beschrieb der Vorstand den "stärksten Kurseinbruch in der Geschichte des DAX". Für den deutschen Aktienindex (DAX) sei das Jahr 2002 das dritte Verlustjahr in Folge gewesen. Nachdem der Index bereits in den Jahren 2000 und 2001 um 8% beziehungsweise 20% an Wert verloren habe, habe er im Jahr 2002 mit dem Verlust von 44% (DAX-Stand zum Jahresende 2002: 2.892,63 Punkte) die höchste Einbuße in seiner Geschichte verzeichnet.

20

In der am 10. Juli 2003 erstellten Steuerbilanz für das Jahr 2002 führten die Abschreibungen auf die Fondsanteile, nachdem deren Kurswerte bis zur Erstellung der Steuerbilanz wieder gestiegen waren, zu einer Gewinnminderung in Höhe von 357.493,73 €. Die Klägerin wurde gemäß ihrer im August 2003 beim Finanzamt eingereichten Körperschaftsteuererklärung veranlagt. Die Körperschaftsteuer laut dem ursprünglichen Bescheid vom 22. Oktober 2003 betrug 95.509 €.

21

Nach der Verabschiedung des Korb II-Gesetzes reichte die Klägerin Ende Februar 2004 beim Finanzamt eine geänderte Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 ein. Unter anderem erhöhte sie den bislang erklärten Gewinn um die für das Jahr 2002 vorgenommenen, als steuerwirksam behandelten Teilwertabschreibungen. Gleichzeitig kündigte die Klägerin einen Einspruch an, den sie sodann nach Erlass des Änderungsbescheids vom 27. April 2004 einlegte.

22

Im Rahmen einer während des Einspruchsverfahrens durchgeführten Betriebsprüfung teilte der Prüfer unter Hinweis auf das Korb II-Gesetz die Auffassung der Finanzverwaltung, dass eine steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung gemäß § 8b Abs. 3 KStG a.F. ausgeschlossen und der Gewinn daher entsprechend zu erhöhen sei. Unter Berücksichtigung der sich erhöhenden Gewerbesteuer-Rückstellung ergab sich im Hinblick auf die im Streit stehende Teilwertabschreibung für 2002 eine Gewinnerhöhung um einen Betrag von 282.019,50 €, die in dieser Höhe dem Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid vom 13. April 2005 zugrunde gelegt wurde. Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer nunmehr auf 140.570 € fest und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

23

Mit der gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage macht die Klägerin im Ausgangsverfahren geltend, § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG wirke in Verbindung mit der Anwendungsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG in konstitutiver und verfassungsrechtlich unzulässiger Weise in abgeschlossene Veranlagungszeiträume zurück. Sie beantragt eine Herabsetzung des zu versteuernden Einkommens um den Betrag von 282.019,50 €.

III.

24

Das Finanzgericht hat das Ausgangsverfahren ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (veröffentlicht in EFG 2008, S. 983).

25

Das vorlegende Gericht hält § 43 Abs. 18 KAGG wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, weil die neue Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG nicht lediglich klarstellend sei, sondern eine unzulässige echte Rückwirkung entfalte. § 8b Abs. 3 KStG sei weder unmittelbar auf Anteilscheine anwendbar gewesen, noch habe § 40a Abs. 1 KAGG a.F. die sinngemäße Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG angeordnet, noch folge der Ausschluss der Teilwertabschreibungen vom steuerrechtlichen Abzug bei der Gewinnermittlung aus § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 3c Abs. 1 EStG. Insbesondere der Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. mit der dort fehlenden Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG a.F. und eine systematische Auslegung der Vorschrift, wonach die steuerliche Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine nicht zu sinnwidrigen Ergebnissen führe, sprächen dafür, dass bis zur Neuregelung des § 40a Abs. 1 KAGG Teilwertabschreibungen bei Anteilscheinen gewinnmindernd berücksichtigungsfähig gewesen seien. Diese Möglichkeit werde rückwirkend versagt. Keine der Ausnahmefallgruppen, in denen eine echte Rückwirkung zulässig sein könne, sei einschlägig.

IV.

26

Zu dem Vorlagebeschluss haben Stellung genommen das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, die Bundessteuerberaterkammer, ein Zusammenschluss der Bundesverbände aus dem Bereich des Bankwesens, das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. sowie - im Auftrag der Klägerin des Ausgangsverfahrens - Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön.

27

Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage für unzulässig und überdies für unbegründet. Das vorlegende Gericht setze sich nicht näher mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung auseinander. § 43 Abs. 18 KAGG erfülle nicht den Tatbestand einer echten Rückwirkung. Der Verweis in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf § 8b Abs. 3 KStG sei nur deklaratorisch. Bereits § 40a Abs. 1 KAGG a.F. habe die Anwendung des Abzugsverbots nach § 8b Abs. 3 KStG mit eingeschlossen. Das Bundesministerium der Finanzen verweist ferner auf die Urteile des Finanzgerichts München vom 28. Februar 2008 (EFG 2008, S. 991) und vom 17. März 2009 (EFG 2009, S. 1053).

28

In den übrigen Stellungnahmen wird, soweit sie sich inhaltlich zu den aufgeworfenen Rechtsfragen äußern, die Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts Münster geteilt, dass § 43 Abs. 18 KAGG die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise anordne.

29

Der Bundesfinanzhof hat inhaltlich nicht Stellung bezogen. Das Offenlassen der verfassungsrechtlichen Frage in seinem Urteil vom 28. Oktober 2009 - I R 27/08 - (BFHE 227, 73) hat er mit der in diesem Fall gemeinschaftsrechtlich bedingten Unanwendbarkeit der Vorschrift begründet.

B.

I.

30

Die Vorlage ist zulässig.

31

1. Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 105, 61 <67>; 133, 1 <10 f.>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>; 133, 1 <11>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts vom einfachen Recht maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 133, 1 <11>).

32

2. Die Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. durch das vorlegende Gericht ist vertretbar. Sie lässt sich insbesondere auf den Wortlaut der Vorschrift stützen. Dass die gegenteilige Auslegung der Vorschrift ebenfalls vertretbar erscheint (vgl. die unter A I 2 zitierten Urteile des Finanzgerichts München aus den Jahren 2008 und 2009) und die maßgebliche Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Hierfür genügt es, dass die Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht offensichtlich unhaltbar ist. Es gehört nicht zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Antrags auf konkrete Normenkontrolle, die vorherige höchstrichterliche Klärung einer für die verfassungsrechtliche Beurteilung erheblichen Vorfrage des einfachen Rechts abzuwarten. Dagegen spricht schon die Befugnis von erst- oder zweitinstanzlichen Gerichten zum Antrag auf konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG.

33

3. Das Finanzgericht hat sich im Vorlagebeschluss hinreichend mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen einfachrechtlichen Vorschriften befasst und diese verneint. Der Gesetzgeber habe mit der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG in der Fassung des Korb II-Gesetzes bewusst und eindeutig die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen festgelegt. Das vorlegende Gericht sieht insofern zu Recht keinen Spielraum bei der Auslegung des § 43 Abs. 18 KAGG.

34

4. Das vorlegende Gericht war nicht verpflichtet, den Vorlagebeschluss vom 22. Februar 2008 im Hinblick auf mehrere zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 126, 369; 127, 1; 131, 20; 132, 302) zu ergänzen, die auch für die Vorlage relevante Aussagen zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Gesetze enthalten.

35

Es besteht keine generelle verfassungsprozessuale Verpflichtung eines vorlegenden Gerichts, den Vorlagebeschluss im Hinblick auf erhebliche tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen, die sich erst nach der Vorlage ergeben, fortlaufend zu überwachen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu dem auch für die Vorlagefrage maßgeblichen Verfassungsrecht, die erst nach dem Vorlagebeschluss veröffentlicht werden. Das vorlegende Gericht ist allerdings berechtigt, das Bundesverfassungsgericht über neue, aus seiner Sicht für das Vorlageverfahren bedeutsame Erkenntnisse zu unterrichten. Es kann auch einen Ergänzungsbeschluss fassen, wenn es Mängel im ursprünglichen Vorlagebeschluss beseitigen will (vgl. z.B. BVerfGE 132, 302 <310>).

36

5. Die auf Anteile an Aktienfonds zielende Vorlagefrage ist dem Wortlaut des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG entsprechend auf Anteile an Wertpapier-Sondervermögen und diesbezügliche Gewinnminderungen zu erstrecken. Die Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens (vgl. dazu BVerfGE 132, 302 <316> m.w.N.) spricht für diese Erweiterung der Vorlagefrage. Weitergehende verfassungsrechtliche Fragen werden dadurch nicht aufgeworfen.

37

Entsprechendes gilt für den Veranlagungszeitraum 2001, auf den die Vorlagefrage zu erstrecken ist. Die nach der Vorlage für den im Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Veranlagungszeitraum 2002 erheblichen Verfassungsrechtsfragen stellen sich in gleicher Weise für das Jahr 2001. Eine Erstreckung der Vorlage auf den Veranlagungszeitraum 2003 kommt hingegen nicht in Betracht, weil die verfassungsrechtliche Beurteilung bezüglich dieses Veranlagungszeitraums (vgl. Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 21. Juli 2009 - 1 K 733/2007 -, EFG 2010, S. 163) schon im Hinblick auf die Einordnung der gesetzlichen Rückwirkung eigene Probleme und teilweise andere Fragen aufwirft.

II.

38

§ 43 Abs. 18 KAGG ist verfassungswidrig, soweit er für Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anordnet. Insoweit entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG schon in formaler Hinsicht echte Rückwirkung (1). Die rückwirkende Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG in § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG ist aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutive Änderung der bisherigen Rechtslage zu behandeln und damit auch materiell an den Grundsätzen einer echten Rückwirkung zu messen (2). Die Voraussetzungen einer nur ausnahmsweise zulässigen echten Rückwirkung liegen hier nicht vor (3).

39

1. § 43 Abs. 18 KAGG hat § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 jedenfalls formal mit echter Rückwirkung in Kraft gesetzt.

40

a) Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; jeweils m.w.N.), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BVerfGE 132, 302 <318> m.w.N.).

41

Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 <145 f.>; 30, 367 <386>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <16 f.>).

42

Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>; 132, 302 <319>). Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum jedenfalls in formaler Hinsicht der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 Abgabenordnung in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfGE 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; 132, 302 <319>; vgl. auch bereits BVerfGE 13, 261 <263 f., 272>; 13, 274 <277 f.>; 19, 187 <195>; 30, 272 <285>). Dasselbe gilt für Veranlagungen zur Körperschaftsteuer (vgl. § 30 Nr. 3 KStG).

43

b) § 43 Abs. 18 KAGG, der durch das am 27. Dezember 2003 verkündete Korb II-Gesetz eingeführt wurde, entfaltet für die beiden Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 in formaler Hinsicht echte Rückwirkung (vgl. BVerfGE 126, 369 <391 f.>), soweit er noch nicht bestandskräftige Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume erfasst. Diese waren am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres und damit vor Verkündung des Korb II-Gesetzes abgelaufen, so dass die Neuregelung insoweit nachträglich einen abgeschlossenen Sachverhalt betrifft.

44

2. Die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Verbots echt rückwirkender Gesetze beanspruchen hier auch in materiellrechtlicher Hinsicht Geltung, weil § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG, anders als in der Begründung des Regierungsentwurfs angenommen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegenüber der alten Rechtslage als konstitutive Änderung zu behandeln ist.

45

a) Würde § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG rückwirkend lediglich das klarstellen, was ohnehin bereits Gesetz war, stellte sich die Frage nicht, ob die Vorschrift trotz formal echter Rückwirkung ausnahmsweise mit dem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze vereinbar ist. Das Vertrauen in das geltende Recht könnte dann von vornherein nicht berührt sein, weil das geltende Recht nachträglich keine materielle Änderung erfahren hätte.

46

Ob eine rückwirkende Gesetzesänderung gegenüber dem alten Recht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hängt vom Inhalt des alten und des neuen Rechts ab, der - abgesehen von eindeutigen Gesetzesformulierungen - zumeist erst durch Auslegung ermittelt werden muss.

47

Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG vertretene Auffassung, die Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17), ist für die Gerichte nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>).

48

Zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen (vgl. BVerfGE 65, 196 <215>; 111, 54 <107>; 126, 369 <392>). Dies gilt auch bei der Frage, ob eine Norm konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat. Allerdings ist der Gesetzgeber ebenfalls befugt, den Inhalt einer von ihm gesetzten Norm zu ändern oder klarstellend zu präzisieren und dabei gegebenenfalls eine Rechtsprechung zu korrigieren, mit der er nicht einverstanden ist. Dabei hat er sich jedoch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu halten, zu der auch die aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grenzen für rückwirkende Rechtsetzung gehören. Der Gesetzgeber kann diese Bindung und die Prüfungskompetenz der Gerichte nicht durch die Behauptung unterlaufen, seine Norm habe klarstellenden Charakter (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>). Es besteht keine Befugnis des Gesetzgebers zur authentischen Interpretation gesetzlicher Vorschriften (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>; 131, 20 <37>).

49

b) Die Auslegung des einfachen Rechts ist grundsätzlich Sache der Fachgerichte (aa); die Inhaltsbestimmung einer im Normenkontrollverfahren vorgelegten Norm obliegt allerdings regelmäßig dem Bundesverfassungsgericht (bb). Für die Klärung, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat, gelten jedoch Besonderheiten; eine solche Vorschrift ist aus verfassungsrechtlicher Sicht stets schon dann als konstitutiv anzusehen, wenn sie sich für oder gegen eine vertretbare Auslegung einer Norm entscheidet und damit ernstliche Auslegungszweifel im geltenden Recht beseitigt (cc).

50

aa) Die Auslegung des einfachen Rechts, die Wahl der hierbei anzuwendenden Methoden sowie die Anwendung des Rechts auf den Einzelfall sind primär Aufgabe der dafür zuständigen Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit zu untersuchen (vgl. BVerfGE 128, 193 <209>), solange nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; stRspr). Im Übrigen ist die Anwendung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange sie sich innerhalb der Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegen. Setzt sich ihre Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu den zur Anwendung gebrachten Normen, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen sind (vgl. BVerfGE 49, 304 <320>; 69, 315 <372>; 71, 354 <362 f.>; 113, 88 <103>; 128, 193 <209>).

51

bb) Soweit es für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle auf die Auslegung und das Verständnis des einfachen Rechts ankommt, erfolgt eine Vollprüfung des einfachen Rechts durch das Bundesverfassungsgericht selbst (vgl. BVerfGE 2, 181 <193>; 7, 45 <50>; 18, 70 <80>; 31, 113 <117>; 51, 304 <313>; 80, 244 <250>; 98, 145 <154>; 110, 412 <438>; stRspr). In diesem Fall ist es an die Auslegung des einfachen Rechts durch das vorlegende Gericht nicht gebunden. Es kann entscheidungserhebliche Vorfragen des einfachen Rechts selbst in vollem Umfang prüfen und darüber als Ausgangspunkt für die verfassungsrechtliche Prüfung entscheiden. Nur so kann verhindert werden, dass das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm auf der Grundlage einer womöglich einseitigen, aber noch vertretbaren Deutung veranlasst ist, die ansonsten nicht, auch in der übrigen Fachgerichtsbarkeit nicht, geteilt wird. Das Bundesverfassungsgericht ist freilich nicht gehindert, die im Vorlagebeschluss vertretene Auslegung des einfachen Rechts durch das Fachgericht zu übernehmen und wird dies regelmäßig tun, wenn keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

52

cc) (1) Unbeschadet der grundsätzlichen Befugnis des Bundesverfassungsgerichts zur Vollprüfung des einfachen Rechts im Normenkontrollverfahren genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutiv zu behandeln ist, die Feststellung, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, der mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (vgl. BVerfGE 131, 20 <37 f.>).

53

(a) Der Wunsch des Gesetzgebers, eine Rechtslage rückwirkend klarzustellen, verdient grundsätzlich nur in den durch das Rückwirkungsverbot vorgegebenen Grenzen verfassungsrechtliche Anerkennung. Andernfalls könnte der Gesetzgeber auch jenseits dieser verfassungsrechtlichen Bindung einer Rechtslage unter Berufung auf ihre Klärungsbedürftigkeit ohne Weiteres die von ihm für richtig gehaltene Deutung geben, ohne dass von den dafür letztlich zuständigen Gerichten geklärt wäre, ob dies der tatsächlichen Rechtslage entsprochen hat. Damit würde der rechtsstaatlich gebotene Schutz des Vertrauens in die Stabilität des Rechts empfindlich geschwächt. Angesichts der allgemeinen Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit des Rechts könnte es dem Gesetzgeber regelmäßig gelingen, einen Klärungsbedarf zu begründen. Eine von Vertrauensschutzerfordernissen weitgehend freigestellte Befugnis zur rückwirkenden Klarstellung des geltenden Rechts eröffnete dem Gesetzgeber den weit reichenden Zugriff auf zeitlich abgeschlossene Rechtslagen, ließe im Nachhinein politischen Opportunitätserwägungen Raum, die das einfache Recht zum Zeitpunkt der später als korrekturbedürftig empfundenen Auslegung nicht prägten, und beeinträchtigte so das Vertrauen in die Stabilität des Rechts erheblich.

54

Ein legislatives Zugriffsrecht auf die Vergangenheit folgt auch nicht ohne Weiteres aus dem Demokratieprinzip, sondern steht zu diesem in einem Spannungsverhältnis. Zwar begrenzt das Rückwirkungsverbot die legislativen Handlungsspielräume des Parlaments für die Vergangenheit. Die demokratische Verantwortung des Parlaments ist jedoch auf die Gegenwart und auf die Zukunft bezogen. Früher getroffene legislative Entscheidungen verfügen über eine eigenständige demokratische Legitimation. Der historische Legitimationskontext kann - jedenfalls soweit die Gesetzeswirkungen in der Vergangenheit liegen - nicht ohne Weiteres durch den rückwirkenden Zugriff des heutigen Gesetzgebers ausgeschaltet werden. Besonders augenfällig würde dies bei Gesetzen, welche Entscheidungen aus einer früheren Legislaturperiode, die unter anderen politischen Mehrheitsverhältnissen getroffen wurden, rückwirkend revidierten. Für die Vergangenheit beziehen diese Entscheidungen ihre demokratische Legitimation allein aus dem damaligen, nicht aus dem heutigen Entscheidungszusammenhang. Der demokratische Verfassungsstaat vermittelt eine Legitimation des Gesetzgebers in der Zeit. Auch vom Demokratieprinzip ausgehend muss der Zugriff des Gesetzgebers auf die Vergangenheit die Ausnahme bleiben.

55

(b) Eine rückwirkende Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist in jedem Fall als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn der Gesetzgeber damit nachträglich einer höchstrichterlich geklärten Auslegung des Gesetzes den Boden zu entziehen sucht. Der Gesetzgeber hat es für die Vergangenheit grundsätzlich hinzunehmen, dass die Gerichte das damals geltende Gesetzesrecht in den verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung verbindlich auslegen. Entspricht diese Auslegung nicht oder nicht mehr dem politischen Willen des Gesetzgebers, kann er das Gesetz für die Zukunft ändern.

56

Eine nachträgliche Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist aber grundsätzlich auch dann als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn die rückwirkende Regelung eine in der Fachgerichtsbarkeit kontroverse Auslegungsfrage entscheidet, die noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die klärende Regelung ist bereits dann konstitutiv, wenn sie eine - sei es auch unterinstanzliche - fachgerichtliche Auslegung durch nachträglichen Zugriff auf einen abgeschlossenen Sachverhalt ausschließen soll. Indem der Gesetzgeber mit einem in der maßgeblichen Aussage nunmehr regelmäßig eindeutigen Gesetz rückwirkend die insofern offenbar nicht eindeutige, in ihrer Anwendung jedenfalls uneinheitliche Rechtslage klären will, verleiht er dem rückwirkenden Gesetz konstitutive Wirkung.

57

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in diesen Fällen allein über die Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung, nicht über die verbindliche Auslegung des einfachen Rechts, das der Gesetzgeber rückwirkend ändern wollte. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die in diesen Fällen noch nicht höchstrichterlich entschiedene, aber umstrittene Auslegung des einfachen Rechts selbst vorzunehmen. Für die Feststellung einer konstitutiven rückwirkenden Gesetzesänderung genügt es, wenn das vorlegende Gericht vertretbar einen Standpunkt zur Auslegung des alten Rechts einnimmt, den der Gesetzgeber mit der rückwirkenden Neuregelung ausschließen will. Eine gefestigte oder gar höchstrichterlich bestätigte Rechtsprechungslinie verlangt dieser Rechtsstandpunkt nicht. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber ihn korrigieren und ausschließen will.

58

Ob Bürger oder Behörde im Ausgangsrechtsstreit ihren Rechtsstandpunkt zur alten Rechtslage zu Recht eingenommen haben, ist in einem solchen Fall durch die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine konstitutiv rückwirkende Neuregelung vorliegt, nicht entschieden. Hält das Bundesverfassungsgericht - wie hier - die Rückwirkung für verfassungswidrig, ist es weiterhin der Fachgerichtsbarkeit aufgegeben, den Inhalt der alten Rechtslage durch Auslegung zu klären. Dies entspricht der Funktionsteilung zwischen Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten. Die weitere, insbesondere höchstrichterliche Auslegung durch die Fachgerichte kann dabei ergeben, dass die Norm gerade so zu verstehen ist, wie es der Gesetzgeber nachträglich festgestellt wissen wollte. Dies bleibt jedoch eine Frage der Auslegung geltenden Rechts, die nicht dem Gesetzgeber, sondern der Gerichtsbarkeit und dabei in erster Linie der Fachgerichtsbarkeit obliegt.

59

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die rückwirkende "Klarstellung" der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG als konstitutiv. Der Gesetzgeber hat bei der Anfügung des Satzes 2 an § 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG seine Absicht der Klarstellung zur Beseitigung des entstandenen Auslegungsproblems zum Ausdruck gebracht (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17). § 40a Abs. 1 KAGG konnte vor der Klärung durch den Gesetzgeber in jeweils vertretbarer Weise im Sinne der Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. wie auch im Sinne seiner Nichtanwendung ausgelegt werden. Dass bis zu der Verkündung des Korb II-Gesetzes im Bundesgesetzblatt noch keine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage ergangen war, rechtfertigt mit Blick auf den verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab keine andere Betrachtung. Denn auch hier hat der Gesetzgeber die nachträglich klarstellend gemeinte Norm vor dem Hintergrund der als unklar erkannten Rechtslage und damit in einer Situation der Ungewissheit rückwirkend in das Gesetz aufgenommen. Diese Ungewissheit wurde durch die später ergangenen divergierenden Entscheidungen der Finanzgerichte bestätigt (vgl. oben A I 2).

60

Auch in diesen Konstellationen, in denen es auf die Frage ankommt, ob eine Neuregelung aus verfassungsrechtlicher Sicht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, bleibt es dem Bundesverfassungsgericht allerdings unbenommen, in eigener Zuständigkeit das einfache Recht als Grundlage seiner Entscheidung auszulegen, etwa weil der vom vorlegenden Gericht zum einfachen Recht vertretene Rechtsstandpunkt verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist. Verpflichtet dazu ist es in diesen Fällen freilich nicht. Die Vorlage gibt dem Bundesverfassungsgericht hier keine Veranlassung, eine eigenständige Auslegung des einfachen Rechts vorzunehmen, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die im Vorlagebeschluss zur Nichtanwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. vertretene Rechtsauffassung verfassungswidrig sein könnte.

61

3. Die mit der konstitutiven Wirkung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG verbundene Belastung ist verfassungswidrig, soweit sie nach § 43 Abs. 18 KAGG hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 mit echter Rückwirkung versehen ist.

62

Die im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen Gesetzen mit echter Rückwirkung grundsätzlich entgegen (a). Keine der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Verbot liegt hier vor (b). Auch ansonsten ist hier kein Grund für die Rechtfertigung der echten Rückwirkung erkennbar (c).

63

a) Die Verfassungsmäßigkeit eines rückwirkenden Gesetzes ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl. BVerfGE 24, 220 <229>; 32, 111 <123>; 50, 177 <193>; 101, 239 <262>; 131, 20 <36 f.>). Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 132, 302 <317>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. BVerfGE 101, 239 <262>; 132, 302 <317>). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>; 132, 302 <317>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>; 132, 302 <317>). Ausgehend hiervon sind Gesetze mit echter Rückwirkung grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; stRspr).

64

b) aa) Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen (vgl. BVerfGE 13, 261 <272 f.>; 18, 429 <439>; 30, 367 <387 f.>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>; 126, 369 <393 f.>; 131, 20 <39>; stRspr). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393>). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 50, 177 <193>). Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten, nicht abschließend definierten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. BVerfGE 72, 200 <258>; 97, 67 <80>). Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfGE 32, 111 <123>).

65

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 30, 367 <387>; 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>). Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 30, 367 <388>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393 f.>), oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden (vgl. BVerfGE 13, 215 <224>; 30, 367 <388>). Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 88, 384 <404>; 95, 64 <87>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>), wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 50, 177 <193 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>) oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (sogenannter Bagatellvorbehalt, vgl. BVerfGE 30, 367 <389>; 72, 200 <258>).

66

bb) Von den in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen zulässigerweise echt rückwirkender Gesetze kommen hier nur diejenigen der Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage oder ihrer Systemwidrigkeit und Unbilligkeit in Betracht. Keine von beiden vermag die Rückwirkung des § 43 Abs. 18 KAGG auf die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 zu rechtfertigen.

67

(1) (a) Allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm rechtfertigt nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken.

68

Den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fall-gruppen zu den Ausnahmen vom Verbot echt rückwirkender Gesetze ist sämtlich gemeinsam, dass besondere Umstände ein grundsätzlich berechtigtes Vertrauen in die bestehende Rechtslage erst gar nicht entstehen lassen oder entstandenes Vertrauen wieder zerstören. Die schlichte Auslegungsoffenheit und Auslegungsbedürftigkeit einer Norm und die damit bestehende Unsicherheit über deren Inhalt ist keine solche Besonderheit, die dieses grundsätzlich berechtigte Vertrauen zerstören könnte. Andernfalls könnte sich insbesondere in den Anfangsjahren einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich nie ein schutzwürdiges Vertrauen gegen rückwirkende Änderungen entwickeln, solange sich keine gefestigte Rechtsprechung hierzu herausgebildet hat.

69

Sähe man jede erkennbare Auslegungsproblematik als Entstehungshindernis für verfassungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen an, stünde es dem Gesetzgeber weitgehend frei, das geltende Recht immer schon dann rückwirkend zu ändern, wenn es ihm opportun erscheint, etwa weil die Rechtsprechung das geltende Recht in einer Weise auslegt, die nicht seinen Vorstellungen und Erwartungen entspricht. In diesem Fall kann der Gesetzgeber zwar stets die Initiative ergreifen und das geltende Recht für die Zukunft in seinem Sinne ändern, sofern er sich dabei an die Vorgaben des Grundgesetzes hält. Einen "Freibrief" für rückwirkende Gesetzesänderungen verschafft ihm eine schlicht auslegungsbedürftige und insofern unklare Rechtslage hingegen nicht. Eine so weitreichende Befugnis des Gesetzgebers zur Normsetzung mit echter Rückwirkung würde das durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen in die geltende Rechtslage weitgehend entwerten.

70

Außerdem würde eine über besondere Ausnahmefälle hinausgreifende Befugnis des Gesetzgebers zur rückwirkenden Präzisierung von Normen, die sich als auslegungsbedürftig erweisen, die vom Grundgesetz der rechtsprechenden Gewalt vorbehaltene Befugnis zur verbindlichen Auslegung von Gesetzen unterlaufen (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>).

71

Da sich Auslegungsfragen gerade bei neuen Normen häufig stellen, bestünde die Gefahr, dass auf diese Weise schließlich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der echten Rückwirkung in dem Sinne in sein Gegenteil verkehrt würde, dass auch sie nicht mehr grundsätzlich unzulässig bliebe, sondern - ebenso wie die unechte Rückwirkung - grundsätzlich zulässig wäre. Ein solches Ergebnis wäre mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nicht vereinbar.

72

(b) Die eine echt rückwirkende gesetzliche Klärung rechtfertigende Unklarheit einer Rechtslage erfordert vielmehr zusätzliche qualifizierende Umstände, die das geltende Recht so verworren erscheinen lassen, dass es keine Grundlage für einen verfassungsrechtlich gesicherten Vertrauensschutz mehr bilden kann. Eine solche Verworrenheit liegt insbesondere dann vor, wenn auch unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Normzweck völlig unverständlich ist, welche Bedeutung die fragliche Norm haben soll.

73

(c) § 40a Abs. 1 KAGG ließ vor der hier zu prüfenden Einfügung des Satzes 2 verschiedene Auslegungen zu. Das belegen die divergierenden finanzgerichtlichen Entscheidungen zur Auslegung dieser Vorschrift. Die höchstrichterlich nicht geklärte Auslegung im Hinblick auf die Anwendung des im ursprünglichen Wortlaut nicht erwähnten § 8b Abs. 3 KStG a.F. und die insoweit uneinheitliche Rechtsprechung auf der Ebene der Finanzgerichte begründen indes noch keine verworrene Rechtslage. Die Norm war hinsichtlich ihres Verständnisses nach Wortlaut und Regelungsgehalt nicht fragwürdig oder gar unverständlich, sondern klar formuliert. Ihre Auslegungsbedürftigkeit, insbesondere im Hinblick auf die systematische Verknüpfung mit § 8b KStG, hat zu divergierenden, für sich genommen aber jeweils vertretbaren Standpunkten geführt. Eine "Klarstellung" durch ein echt rückwirkendes Gesetz rechtfertigt dies nicht.

74

(2) Das ursprüngliche einfache Recht war auch nicht in einer Weise systemwidrig und unbillig, dass dies die durch § 43 Abs. 18 KAGG angeordnete echte Rückwirkung rechtfertigen könnte.

75

Weder die Auslegung des vorlegenden Finanzgerichts (keine Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) noch die gegenteilige Auslegung des ursprünglichen § 40a Abs. 1 KAGG (Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) sind von Verfassungs wegen zwingend geboten. Zwar mögen im vorliegenden Zusammenhang systematische und teleologische Aspekte bei der Interpretation des ursprünglichen § 40a Abs. 1 KAGG gute Gründe für ein von der reinen Wortlautauslegung abweichendes Auslegungsergebnis im Sinne der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. liefern (vgl. Gosch, in: Gosch, KStG, 1. Aufl. 2005, § 8b Rn. 52 und 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 49). Ungeachtet dessen führt auch die Sichtweise des vorlegenden Finanzgerichts nicht zu einem Ergebnis, das in einem Maße systemwidrig und unbillig ist, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestehen (vgl. BVerfGE 13, 215 <224>; 30, 367 <388>).

76

Den Gesetzesmaterialien zum Korb II-Gesetz lassen sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber Kapitalanlagegesellschaften gegenüber Körperschaften, für die das Körperschaftsteuergesetz unmittelbar gilt, im Hinblick auf die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG privilegieren wollte. Andererseits war das Transparenzprinzip im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften nicht uneingeschränkt verwirklicht; es galt vielmehr nur gemäß der jeweiligen Anordnung des Gesetzgebers (sogenanntes eingeschränktes Transparenzprinzip, vgl. BFHE 130, 287 <289>; 168, 111 <113>; 193, 330 <333 f.>; 229, 351 <357 f.>; vgl. BTDrucks 15/1553, S. 120 zum Transparenzprinzip als Leitidee der Investmentbesteuerung; Engl, Erträge aus Investmentvermögen, 2009, S. 73 ff.; Lübbehüsen, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, 2003, Vor §§ 37n ff. KAGG Rn. 11 ff.; Teichert, Die Besteuerung in- und ausländischer Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz, 2009, S. 78 ff.).

77

Vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Investmentsteuerrechts und des dieses prägenden eingeschränkten Transparenzprinzips führt die Auslegung durch das vorlegende Finanzgericht nicht zu einer so systemwidrigen und unbilligen Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaften, dass bereits ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Auslegung bestünden. Zwar erscheint systematisch fragwürdig, weshalb - abweichend vom "normalen" neuen Körperschaftsteuersystem - positive Wertentwicklungen nicht der Besteuerung unterliegen, negative Wertentwicklungen hingegen steuerliche Berücksichtigung finden sollten. Immerhin aber wurde durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. (inzwischen Satz 4) eine systemwidrige Begünstigung durch eine Steuerwirksamkeit von Gewinnminderungen und eine Steuerfreistellung der auf die nämlichen Beträge entfallenden Gewinne vermieden. Nach dieser Vorschrift gilt die Veräußerungsgewinnbefreiung nicht, "soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist". § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. war unzweifelhaft schon nach dem Wortlaut von der auf § 8b Abs. 2 KStG zielenden Verweisung in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. erfasst. Die Auslegung durch das vorlegende Finanzgericht führt daher nicht dazu, dass Kapitalanlagegesellschaften Gewinnminderungen von Anteilen an Wertpapier-Sondervermögen steuerwirksam berücksichtigen durften, auf die jeweiligen Anteile entfallende Gewinne aber nicht zu versteuern brauchten.

78

Daher kann von einer systemwidrigen Abwälzung der Verluste der Kapitalanlagegesellschaften auf die Allgemeinheit nicht die Rede sein. Eine Ausgestaltung der Besteuerung von Kapitalanlagegesellschaften im Sinne der Auffassung des vorlegenden Gerichts bewegt sich im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und ist keinesfalls so unbillig oder systemwidrig, dass ernsthafte Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit bestünden.

79

c) Sonstige Gründe, die jenseits der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fallgruppen hier ausnahmsweise eine gesetzliche Regelung mit echter Rückwirkung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 zum Fremdrentenrecht (BVerfGE 126, 369) und vom 2. Mai 2012 zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfGE 131, 20), in denen das Gericht jeweils rückwirkende Gesetzesänderungen als verfassungsgemäß beurteilt hat.

80

In dem Beschluss zum Fremdrentenrecht sah das Gericht, unabhängig von der Frage, ob die in Streit stehende rückwirkende Gesetzesänderung konstitutiv wirkte, das Vertrauen in ein geändertes Verständnis der alten Rechtslage, das durch eine Rechtsprechungsänderung des Bundessozialgerichts in Abweichung von der bis dahin in Rechtspraxis und Rechtsprechung gefestigten Rechtsauffassung herbeigeführt worden war, als von vornherein nicht gerechtfertigt an (vgl. BVerfGE 126, 369 <393 ff.>). Mit dieser Sondersituation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

81

Entsprechendes gilt für die Entscheidung zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz. Ihr lag ein Fall zugrunde, in dem das Bundesverwaltungsgericht eine gefestigte Rechtspraxis zur Berechnung des Mindestruhegehalts bei Zusammentreffen von beamtenrechtlicher Versorgung und gesetzlicher Rente änderte. Die Korrektur dieser Rechtsprechung durch den Gesetzgeber bewertete das Bundesverfassungsgericht zwar als konstitutive Gesetzesänderung mit zum Teil echter und zum Teil unechter Rückwirkung (vgl. BVerfGE 131, 20 <36 ff.>), stellte aber zugleich fest, dass sich ein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen in ein Verständnis der Rechtslage im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts unter den gegebenen Umständen nicht habe entwickeln können (vgl. BVerfGE 131, 20 <41 ff.>). Auch hier bezieht sich die Entscheidung mithin auf eine besondere Situation, der sich der Gesetzgeber angesichts einer kurzfristigen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der bis dahin gefestigten Rechtspraxis gegenüber sah. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

82

d) Es besteht kein Anlass, für die Fälle, in denen der Gesetzgeber die geltende Rechtslage für die Vergangenheit klarstellen will, von dem im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Vertrauensschutz und dem darin wurzelnden Ausnahmecharakter zulässiger echter Rückwirkung abzuweichen. Eine solche Abweichung wäre es jedoch, wenn dem Wunsch des Gesetzgebers, den "wahren" Inhalt früher gesetzten Rechts nachträglich festzulegen und eine seinen Vorstellungen widersprechende Auslegung auch für die Vergangenheit zu korrigieren, Grenzen nur im Hinblick auf bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Einzelverfahren oder bei Rechtslagen gesetzt wären, die keinen ernsthaften Auslegungsspielraum lassen. Damit würde der in der ständigen Rechtsprechung entwickelte besondere Schutz gegen Gesetze mit echter Rückwirkung ebenso preisgegeben wie die Differenzierung zwischen grundsätzlich unzulässiger echter und grundsätzlich zulässiger unechter Rückwirkung.

III.

83

Soweit § 43 Abs. 18 KAGG zur Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den körperschaftsteuerlichen Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 führt, verstößt diese Anwendungsvorschrift gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig (§ 78 Satz 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG).

IV.

84

Die Entscheidung ist im Ergebnis mit 5:3 Stimmen, hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grundsätze mit 6:2 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

85

Ich kann der Entscheidung nicht zustimmen. Entgegen ihrem ersten Anschein betrifft die Entscheidung nicht fachrechtliche Spezialprobleme, sondern grundsätzliche Fragen zur Reichweite der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers für unklare, offengebliebene Rechtsfragen der Vergangenheit - hier für steuerrechtliche Abschreibungsmöglichkeiten von Verlusten, die Finanzinstitute insbesondere in Folge der Anschläge des 11. September 2001 erlitten haben. Unter Berufung auf das Rückwirkungsverbot untersagt der Senat dem Gesetzgeber eine Klarstellung, dass diese Verluste nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen.

86

Damit verändert er der Sache nach das Fundament der Rückwirkungsrechtsprechung. Der Senat entzieht ihr - nicht dem Selbstverständnis nach, doch in Ergebnis und Begründung - die im Vertrauensschutz liegenden Wurzeln und ersetzt sie durch abstrakte, in der Sache fehlgeleitete Vorstellungen der Gewaltenteilung. An die Stelle des Schutzes subjektiver Freiheit tritt die Absicherung eines objektiv-rechtlichen Reservats der Fachgerichtsbarkeit. Der Verlierer ist das Parlament: In Umwertung der bisherigen Rechtsprechung wird ihm die rückwirkende Klarstellung ungeklärter Rechtsfragen nun nicht erst bei einem entgegenstehenden Vertrauen der Bürger, sondern grundsätzlich abgeschnitten. Die Übernahme von politischer Verantwortung wird ihm so für Altfälle schon prinzipiell aus der Hand geschlagen. Hierin liegt eine gravierende Störung der Balance zwischen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.

I.

87

Der Senat hebt die angegriffene Vorschrift wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot auf, obwohl er selbst der Auffassung ist, dass die ursprüngliche Rechtslage dem Beschwerdeführer keinerlei Vertrauen vermittelt hat, das durch die Gesetzesänderung enttäuscht würde. Damit entzieht er dem Rückwirkungsverbot sein auf subjektive Freiheitssicherung ausgerichtetes Fundament.

88

1. Gegenstand der in Frage stehenden Normen ist die Frage, ob Kapitalgesellschaften - in der Praxis insbesondere Banken - berechtigt sind, Wertverluste ihrer Anteile an Investmentfonds für die Jahre 2001 und 2002 steuerlich gewinnmindernd geltend zu machen, während das Gesetz Gewinne grundsätzlich steuerfrei stellt. Der Senat selbst ist der Auffassung, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu keiner Zeit ein berechtigtes Vertrauen dahin hatte, Teilwertabschreibungen für diese Zeit gewinnmindernd geltend machen zu können. Er hält die ursprüngliche Rechtslage diesbezüglich zu Recht für ungeklärt und erkennt an, dass sie sich sowohl subjektiv als auch bei verobjektivierter Betrachtung für die betroffenen Banken als offen darstellte. Dennoch ist er der Ansicht, dass der Gesetzgeber dies für die noch offenen Altfälle nicht rückwirkend klären durfte. Es sei Aufgabe der Fachgerichte, über diese Fälle zu entscheiden.

89

Mit dieser Argumentation wird die Fundierung des Rückwirkungsverbots im Vertrauensschutz der Sache nach aufgegeben: Der Senat geht ausdrücklich davon aus, dass die Fachgerichte für die hier in Rede stehenden Fälle in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis kommen können, dass der alte § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auch unabhängig von der gesetzlichen Klarstellung in § 43 Abs. 18 KAGG sachgerecht so auszulegen ist, dass die von der Klägerin geltend gemachten Teilwertabschreibungen nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden können. Diese Frage dürfe rückwirkend aber nicht der Gesetzgeber klären; die Klärung sei allein den Fachgerichten vorbehalten. Dem Gesetzgeber wird so eine Regelung verboten, die die Gerichte durch Auslegung ohne weiteres herbeiführen dürfen. Obwohl die alte Rechtslage kein Vertrauen der Bürger begründete, in Blick auf insoweit vorhersehbare Rechtsfolgen Dispositionen zu treffen, soll der Gesetzgeber an einer Klärung dennoch durch das - aus dem Vertrauensschutz hergeleitete - Rückwirkungsverbot gehindert sein. Die Instrumente des Vertrauensschutzes werden ihm so für die Anordnung von Rechtsfolgen entgegengehalten, mit denen die Betroffenen auch nach dem alten Recht schon rechnen mussten und weiterhin rechnen müssen.

90

2. Wenn hier überhaupt noch eine Brücke zu irgendeiner Form von Vertrauen auszumachen ist, so kann diese allenfalls in dem abstrakten Vertrauen auf die Gültigkeit einer inhaltsoffenen Norm gesucht werden - und damit auf eine Streit-entscheidung der politisch offen gebliebenen Frage durch die Fachgerichte. Geschützt wird durch die Entscheidung des Senats das Vertrauen in die Chance einer für die Betreffenden günstigen Rechtsprechung. Gerade dies aber zeigt, wie weit sich der Senat von dem ursprünglichen Anliegen der Rückwirkungsrechtsprechung entfernt. Das Rückwirkungsverbot sichert nicht mehr das Vertrauen in eine berechenbare Rechtsordnung, damit der Einzelne sein Verhalten im Blick auf vorhersehbare Rechtsfolgen selbstbestimmt ausrichten kann, sondern lediglich die Chance, dass die Rechtsprechung möglicherweise zu einer vorteilhafteren Klarstellung der ungeklärten Position führt als eine demokratisch-politische Entscheidung des Parlaments. Galt die Rückwirkungsrechtsprechung zunächst dem Schutz des Vertrauens zur Sicherung individueller Freiheitswahrnehmung, so gilt sie nun der Absicherung eines kompetentiellen Vorbehaltsbereichs der Rechtsprechung gegenüber dem Gesetzgeber. Aus dem Schutz subjektiver Freiheit wird die Durchsetzung objektiver Gewaltenteilungsvorstellungen und hierbei eines Reservats der Rechtsprechung.

II.

91

Das damit vom Senat zur Geltung gebrachte Verhältnis von Gesetzgebung und Rechtsprechung lässt sich aus der Ordnung des Grundgesetzes nicht herleiten. Es drängt den Gesetzgeber unberechtigt aus seiner Verantwortung.

92

1. Durch die Ablösung des Rückwirkungsverbots von dem Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage wird es für die Fälle der echten Rückwirkung im Ergebnis zu einem apriorischen Prinzip der Gewaltenteilung verselbständigt, das seinen Sinn darin hat, die rückwirkende Einmischung des Gesetzgebers in offene, noch ungeklärte Rechtsfragen schon prinzipiell auszuschalten. Statt einer politischen Entscheidung durch das Parlament soll grundsätzlich nur noch eine entpolitisierte Entscheidung durch die Justiz möglich sein.

93

a) Dies überzeugt schon vom Grundverständnis nicht. Ausgehend von dem aus dem Demokratieprinzip folgenden legislativen Zugriffsrecht des Parlaments kann sich der Gesetzgeber aller drängenden Fragen des Gemeinwesens annehmen. Zu entscheiden, was Recht sein soll, ist im demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, der hierfür gewählt wird und sich in einem politischen Prozess vor der Öffentlichkeit verantworten muss. Dies betrifft grundsätzlich auch die Entscheidung über Probleme, die in der Vergangenheit wurzeln, oder die Klärung von Streitfragen, die offengeblieben und lösungsbedürftig sind. Dass diese demokratische Verantwortung von vornherein auf die Zukunft beschränkt wäre, ist durch nichts begründet und lässt sich insbesondere auch der bisherigen Rechtsprechung nicht entnehmen. Insbesondere lassen sich hierfür nicht die Vorstellung eines je begrenzten historischen Legitimationskontextes und die eigene Dignität des je auf Zeit gewählten Gesetzgebers anführen. Denn auch mit solchen rückwirkenden Regelungen geht es um die Bewältigung von Problemen, die in der Vergangenheit gerade nicht inhaltlich sachhaltig bewältigt wurden und nun - offen und lösungsbedürftig - in die Gegenwart und Zukunft hineinwirken.

94

In der Tat freilich ist der Gesetzgeber in seiner Gestaltungsbefugnis rechtsstaatlich begrenzt und diese rechtsstaatlichen Grenzen können bei Gesetzen, die in die Vergangenheit hineinwirken, schneller berührt sein als bei anderen. So kann der Gesetzgeber selbstverständlich nicht ohne weiteres nachträglich in bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Einzelverfahren eingreifen oder für abgeschlossene Zeiträume ein Verhalten neu bewerten und mit Sanktionen belegen, mit denen die Betreffenden nicht rechnen mussten. Insbesondere die Grundrechte und die aus ihnen folgende Freiheitsvermutung setzen hier vielfach Grenzen. Dies ist der zutreffende Kern der Rückwirkungsrechtsprechung. Solche Einschrän-kungen des Gesetzgebers müssen sich aber jeweils mit einem spezifischen Schutzbedürfnis der Betroffenen begründen lassen. Sie ergeben sich nicht schon generell aus einer abstrakten Grenze der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers. Es gibt keinen Grund, warum der Gesetzgeber umstrittene und unklare Rechtsfragen nicht auch für offene Altfälle regeln können soll, solange dadurch berechtigtes Vertrauen nicht enttäuscht wird. Dass der Gesetzgeber bei Gesetzen, die in die Vergangenheit wirken, die zutage getretenen Interessenkonflikte möglicherweise konkreter vor Augen hat als bei zukunftsgerichteten Gesetzen, macht eine Klärung durch den Gesetzgeber nicht unzulässig. Gesetzgebung beschränkt sich im modernen Staat grundsätzlich nicht auf die Vorgabe situationsblinder Regelungen für die Zukunft, sondern hat fast immer einen konkreten Interessenausgleich zu ihrem Gegenstand.

95

b) Aus Gewaltenteilungsgesichtspunkten spricht vielmehr umgekehrt alles dafür, in ungeklärten Rechtslagen die rückwirkende Klarstellung offener und umstrittener Fragen auch durch den Gesetzgeber grundsätzlich für zulässig zu halten. Wenn sich in der Anwendungspraxis eines Gesetzes herausstellt, dass wichtige Fragen von allgemeiner Bedeutung offengeblieben oder Regelungen unklar oder missverständlich formuliert sind, gehört es zur Aufgabe der Volksvertretung, dass sie in politisch-demokratischer Verantwortung gesetzlich klarstellen kann, wie diese Fragen in den noch offenen Verfahren zu beantworten sind. Die Vorstellung, der Gesetzgeber habe nur einen Versuch frei, dürfe dann aber auf die im Laufe der Zeit aufkommenden Probleme bis zu einer Neuregelung pro futuro keinen klärenden Zugriff mehr nehmen, hat in den Legitimationsgrundlagen unserer Verfassungsordnung kein Fundament. Insbesondere lässt sich dies nicht mit Vorstellungen zeitlich segmentierter Legitimationszusammenhänge begründen. Denn der alte Gesetzgeber hatte hier die entsprechenden Fragen gerade nicht geklärt. Dies wird besonders deutlich, wenn der Gesetzgeber, wie vorliegend, nur das festschreiben will, was seiner Ansicht nach - mehr als nachvollziehbar (siehe unten IV.) - ohnehin auch mit der alten Regelung intendiert war.

96

2. Die vom Senat geschaffene Abgrenzung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung ist auch funktional nicht einleuchtend.

97

a) Angesichts der immer komplexer werdenden Anforderungen an die Gesetzgebung in einer hochdifferenzierten und sektoral wie international vielfältig vernetzten Welt kann nicht ernsthaft erwartet werden, dass alle Auswirkungen eines Gesetzgebungsvorhabens stets verlässlich von vornherein überschaut werden können. Normen können im Interessengeflecht der zahlreichen Anwender und Betroffenen Missverständnisse, Zweifelsfragen oder sinnwidrige Praktiken hervorrufen, die nicht vorhersehbar sind. Auch muss damit gerechnet werden, dass dabei dem Gesetzgeber Ungenauigkeiten oder Fehler unterlaufen. Gerade eine Gesetzesreform, wie sie den hier streitigen Normen zugrunde liegt, macht das besonders deutlich. Der Gesetzgeber hatte damals die Herkulesaufgabe auf sich genommen, das gesamte Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren umzustellen und damit die Besteuerung fast aller bedeutsamen Unternehmen - mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Konzernstrukturen ebenso wie auf internationale Zusammenhänge - auf grundlegend neue Füße zu stellen. Die hier in Frage stehenden Normen bildeten dabei nur einen ganz kleinen, untergeordneten Aspekt. Dass im Rahmen eines solchen Vorhabens nicht sofort alle Fragen eine klare, durchdachte und unmissverständliche Lösung erfahren, liegt auf der Hand - und davon mussten alle Betroffenen ausgehen.

98

b) Nach Ansicht des Senats sind alle insoweit aufkommenden Probleme bis auf Widerruf für die Zukunft grundsätzlich allein durch die Gerichte zu klären. Zwar dürfe der Gesetzgeber aufkommende Unklarheiten pro futuro neu regeln, jedoch seien gesetzliche Unzuträglichkeiten und Streitfragen, die unter einer gegebenen Rechtslage entstehen, - bis auf extreme Ausnahmen (siehe unten IV. 3) - ausschließlich von den Gerichten zu bewältigen.

99

Dies ist schon im Blick auf die den Gerichten im gewaltenteiligen Verfassungsstaat zugewiesene Aufgabe nicht überzeugend: Während diese angesichts unklarer Rechtslagen nach dem vom Gesetzgeber gemeinten Sinn zu suchen haben und sich, wenn es hieran fehlt, letztlich unter Umständen zu demokratisch nicht angeleiteten Setzungen eigener Gerechtigkeitsvorstellungen genötigt sehen, wird dem Gesetzgeber die Möglichkeit genommen, eine solche Klarstellung zur Entlastung der Gerichte vorzunehmen.

100

Ein solcher Ansatz leuchtet auch hinsichtlich der praktischen Konsequenzen nicht ein. Während eine rückwirkende Klarstellung durch den Gesetzgeber mit einem Schlag unmittelbar alle offenen Streitfälle einheitlich für Zukunft und Vergangenheit lösen und Rechtssicherheit schaffen kann, müssen als Folge der Entscheidung des Senats stattdessen alle vor der Gesetzesänderung angefallenen Fälle vor Gericht durch die Instanzen prozessiert werden. Das kann Jahre dauern, die Gerichte mit vielen Verfahren belasten, für die Betroffenen hohe Kosten mit sich bringen und für lange Zeit Rechtszersplitterung und Verunsicherung zur Folge haben. Die vom Senat aus der Taufe gehobene Chance des Bürgers auf eine für ihn vorteilhafte Entscheidung durch die Rechtsprechung, ist damit nicht nur Chance, sondern auch erhebliche Bürde - nicht nur für die Allgemeinheit, sondern auch für die Betroffenen selbst.

III.

101

In der Entscheidung liegt damit zugleich eine tiefgreifende Wende der Rückwirkungsrechtsprechung und ein Bruch mit den diesbezüglichen bisherigen Wertungen.

102

Allerdings knüpft der Senat an Obersätze an, die der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommen sind: Die grundsätzliche Unzulässigkeit der echten Rückwirkung entspricht ständiger - und in ihrem bisherigen Kontext auch zutreffender - Rechtsprechung. Wie die zahlreichen Zitatketten aus der Rechtsprechung zeigen, ist der Senat dabei von dem Anliegen getragen, diese lediglich stimmig weiterzuentwickeln. Dies gelingt jedoch überzeugend nicht. Denn er löst dabei die Obersätze von ihrer bisherigen Einbindung an die Grundsätze des Vertrauensschutzes ab und verselbständigt sie zu für sich stehenden abstrakten Regeln. Dies gibt ihnen eine neue Bedeutung, die wesentlich strenger ist und mit den Wertungen der bisherigen Entscheidungen des Gerichts bricht.

103

1. a) Mit der Nichtigkeitserklärung von Gesetzen wegen Verstoßes gegen das Verbot echter Rückwirkung war das Bundesverfassungsgericht bisher zurückhaltend. In der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts finden sich hierfür nur zwei Fälle und diese liegen lange zurück (vgl. BVerfGE 18, 429; 30, 272). Die Dogmatik hat sich seither naturgemäß weiterentwickelt und die Begründungen würden heute vielleicht differenzierter ausfallen. Im entscheidenden Punkt besteht jedoch Klarheit: In beiden Fällen stellte das Gericht ausdrücklich auf eine konkret vertrauensbegründende Rechtslage ab.

104

So begründete das Gericht in der ersten Entscheidung vom 31. März 1965 die Verfassungswidrigkeit der dort streitbefangenen Norm maßgeblich damit, dass die vom Gesetzgeber rückwirkend geänderte Rechtslage zwar zunächst von einigen Untergerichten verkannt, dann aber zugunsten der betroffenen Bürger vom Bundesgerichtshof höchstrichterlich geklärt war und diese Klärung sich zutreffend auf Grundsätze stützte, die "allgemeiner, in Rechtsprechung und Literatur einmütig vertretener Auffassung" entsprächen (vgl. BVerfGE 18, 429 <437>). Die Rechtslage sei nicht unklar, sondern "völlig klar" gewesen. Demgegenüber habe der Gesetzgeber versucht, die Rechtsprechung "gleichsam für die Vergangenheit ins Unrecht zu setzen" (a.a.O. S. 439). Auch vom Sachverhalt her ging es um eine Konstellation, die der Frage des Vertrauensschutzes wesentlich näher stand, nämlich um Regressforderungen des Staates für in der Vergangenheit über acht Jahre gezahlte Unterhaltsleistungen an ein Kind, von denen der unerwartet in Anspruch genommene Bürger bis dahin nichts wusste.

105

In der zweiten Entscheidung vom 10. März 1971 ging es um einen nachträglich für vorangehende steuerliche Veranlagungszeiträume vom Gesetzgeber eingeführten Progressionsvorbehalt, für den bis dahin unstreitig keinerlei Rechtsgrundlage bestand und der dazu führte, dass rückwirkend die Steuern höher ausfielen als nach der ursprünglichen Rechtslage. Das Gericht stellte hier darauf ab, dass das Vertrauen der Betroffenen enttäuscht werde, weil der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen anknüpfe als "diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte" (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>). Die Rechtslage sei nicht unklar gewesen und die Betroffenen hätten mit einer solchen Regelung nicht rechnen müssen (BVerfGE 30, 272 <285 f.>).

106

b) Erst recht stellte das Bundesverfassungsgericht auf die Enttäuschung eines durch die ursprüngliche Rechtslage spezifisch begründeten Vertrauens in den Fällen ab, in denen es Gesetze mit unechter Rückwirkung für verfassungswidrig befand. Da eine unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig ist und nur bei Vorliegen besonderer Vertrauenstatbestände zur Verfassungswidrigkeit führt, bedurfte es hier schon vom Ausgangspunkt her des Nachweises eines spezifischen Vertrauens (so zum Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Ausstellung eines Flüchtlingsausweises BVerfGE 59, 128 <164 ff.>; in die bisher erlaubte Widerrufbarkeit freiwillig gewährter Vorsorgeleistungen BVerfGE 74, 129 <155 ff.>; in die Fortdauer der Besteuerungsregelungen von Abfindungsvereinbarungen BVerfGE 127, 31 <49 ff.>). Nichts anderes gilt dabei für die insoweit besonders gelagerten, der echten Rückwirkung angenäherten Fälle, in denen für einen noch nicht abgelaufenen steuerlichen Veranlagungszeitraum rückwirkende Änderungen in Frage standen und für verfassungswidrig erklärt wurden (vgl. BVerfGE 72, 200; 127, 1; 127, 61; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, NJW 2013, S. 145 ff.). Dort mag man bei formaler Betrachtung zwar eine gewisse Relativierung des Vertrauenskriteriums sehen, da der Einzelne für den Veranlagungszeitraum einfachrechtlich mit einer rückwirkenden Änderung der Vorschriften stets rechnen müssen soll; tatsächlich verbindet die Rechtsprechung, indem sie dies teilweise für nicht hinnehmbar hält, die Rückwirkungslehre für diese Konstellation in spezifischer Weise mit dem eigenständigen Schutzaspekt der Rechtssicherheit. Auch dort aber bestand - ohne dass diese Entscheidungen hier in allen Aspekten zu würdigen wären - zunächst jedenfalls immer eine klare Rechtslage, die als solche geeignet war, Vertrauen für Dispositionen zu begründen und die durch den Gesetzgeber dann rückwirkend geändert wurde. Der Schutz konkreten Vertrauens ist auch hier der Kern der Rechtsprechung.

107

Weitere Fälle, in denen das Bundesverfassungsgericht Gesetze wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot aufgehoben hat, finden sich nicht. Insbesondere gibt es keinen Fall, in dem die Klarstellung einer unsicheren Rechtslage, die kein Vertrauen begründen konnte, für verfassungswidrig erklärt wurde.

108

2. Der Bruch mit den Wertungen der bisherigen Rechtsprechung wird um so deutlicher, wenn man umgekehrt die Fälle betrachtet, in denen das Bundesverfassungsgericht rückwirkende Gesetze zur Klärung offener Rechtsfragen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen hat. Es reicht dabei auf die Fälle einzugehen, in denen der Gesetzgeber in Reaktion auf unvorhergesehene Entwicklungen bei der Anwendung die bisherige Rechtslage lediglich bekräftigen wollte und die Klarstellung deshalb als "authentische Interpretation" verstand. Es zeigt sich dabei, dass der Senat mit der vorliegenden Entscheidung auch in der materiellen Bewertung wesentlich strengere Maßstäbe anlegt als die Rechtsprechung bisher.

109

a) In der Tat allerdings hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden, dass eine eigene Befugnis des Gesetzgebers zur "authentischen Interpretation" nicht anzuerkennen ist. Die Auslegung unklarer Rechtsnormen sei grundsätzlich Sache der Gerichte (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>; 131, 20 <37 ff.>; ähnlich bereits BVerfGE 111, 54 <107>). Auch diese Aussage blieb aber bisher stets in den Kontext des Vertrauensschutzes eingebunden. Sie wendet sich lediglich dagegen, die Berufung auf eine "authentische Interpretation" als eigenständigen Titel zur Rechtfertigung rückwirkender Gesetze anzuerkennen. Mit ihr sollte auf die allgemeinen - und damit vertrauensschutzbezogenen - Rückwirkungsgrundsätze verwiesen werden. Ausdrücklich hielt der Senat deshalb fest: "Eine durch einen Interpretationskonflikt zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung ausgelöste Normsetzung ist nicht anders zu beurteilen als eine durch sonstige Gründe veranlasste rückwirkende Gesetzesänderung" (BVerfGE 126, 369 <392>).

110

b) Dementsprechend wurde nach bisheriger Rechtsprechung in allen Fällen, in denen eine vertrauensbegründende Rechtslage nicht gegeben war, die rückwirkende Klärung offener Rechtsfragen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen.

111

Dies gilt naturgemäß zunächst für den ersten hier zu nennenden Fall vom 23. Februar 1960, da das Gericht damals von einer lediglich "deklaratorischen Bedeutung" der gesetzlichen Klarstellung ausging (vgl. BVerfGE 10, 332 <340>). Man mag in jenem Fall nur eine geringe Parallele sehen, da der Senat hier anders als dort gerade nicht von einem lediglich deklaratorischen Gesetz ausgeht. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass auch damals die Rechtslage objektiv keinesfalls so klar war, wie die verfassungsgerichtliche Beurteilung des Gesetzes als "deklaratorisch" vermuten lässt: Die Frage, die der Gesetzgeber rückwirkend änderte, war damals vielmehr durchaus umstritten und noch das vorlegende Gericht war der Auffassung, dass das Gesetz die Rechtslage verändert habe. Nach den heute vom Senat zugrunde gelegten, differenzierteren Kriterien, wäre deshalb wohl äußerst zweifelhaft, ob damals tatsächlich von einer bloß deklaratorischen Rechtsänderung die Rede sein konnte. Dennoch erkannte man damals nicht auf eine verfassungsrechtlich verbürgte Chance, fachgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, sondern sah es als Befugnis des Gesetzgebers an, diese Frage selbst rückwirkend klarzustellen.

112

Ebenso wurde eine rückwirkende Klärung in der Entscheidung zur Angestelltenversicherung vom 17. Januar 1979 als unbedenklich angesehen. Der Senat ließ dort ausdrücklich offen, ob die Gesetzesänderung deklaratorischen oder konstitutiven Charakter hatte. Es reichte ihm hier die Feststellung, dass "die ursprüngliche Norm … von vornherein Anlass zu zahlreichen Auslegungsproblemen gegeben" habe, "deren Lösung nicht allein aus dem Wortlaut, sondern nur in einer Zusammenschau von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, System und gesetzgeberischer Zielsetzung möglich war" (BVerfGE 50, 177 <194>). Der Bürger habe sich auf den durch die Norm erzeugten Rechtsschein deshalb nicht verlassen dürfen. Von den gesteigerten Anforderungen des Senats an eine besonders verworrene Rechtslage, die nur ausnahmsweise eine rückwirkende Klarstellung erlaube, ist hier nichts ersichtlich.

113

Besonders deutlich wird die Bewertungsverschiebung der Senatsmehrheit schließlich in Kontrast zu den beiden jüngeren Entscheidungen zur authentischen Auslegung. Im Fremdrentenbeschluss vom 21. Juli 2010 nahm der Senat sogar eine rückwirkende gesetzliche Klarstellung hin, die sich zu Lasten der Betroffenen über eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung hinwegsetzte. Das Vertrauen der betroffenen Rentner, unter leichteren Bedingungen eine Rente zu erhalten, war dort jedenfalls wesentlich gehaltvoller unterlegt als vorliegend das Vertrauen der Banken, ihre Verluste steuerlich geltend machen zu können: Das dort streitige Gesetz nahm den Betroffenen ganz erhebliche Aussichten, ihre Ansprüche im Prozesswege durchzusetzen. Als es in Kraft trat, hatte das Bundessozialgericht gerade in ihrem Sinne entschieden. Dennoch reichte dies dem Senat nicht, um dem Gesetzgeber eine rückwirkende Klarstellung zu untersagen. Von einem Reservat der Rechtsprechung, unklare Rechtslagen selbst aufzulösen, war hier nicht die Rede. Vielmehr stellte der Senat konsequent auf die Frage des Vertrauensschutzes ab: Selbst eine höchstrichterliche Klärung reiche nicht in jedem Fall, ein Vertrauen in die entsprechende Rechtslage zu begründen (vgl. BVerfGE 126, 369 <394 ff.>).

114

Nicht anders lag es bei der Entscheidung des Senats vom 2. Mai 2012 zur Beamtenversorgung. Auch dort setzte sich der Gesetzgeber über eine letztinstanzliche Auslegung eines Bundesgerichts - in concreto des Bundesverwaltungsgerichts - hinweg und führte damit für die Betroffenen rückwirkend eine ungünstigere Versorgungsregelung herbei. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte dies. Wiederum wurde als maßgebliches Kriterium das Vertrauen in die geltende Rechtslage zugrunde gelegt. Nur wenn die Rechtslage generell geeignet sei, ein Vertrauen zu begründen und darauf gegründete Entscheidungen - insbesondere Vermögensdispositionen - herbeizuführen, sei ein solches Vertrauen berechtigt (vgl. BVerfGE 131, 20 <41>). Selbst höchstrichterliche Entscheidungen würden ein solches Vertrauen nicht automatisch begründen. Es bedürfe insoweit vielmehr des Hinzutretens weiterer Umstände wie etwa einer langjährigen gefestigten Rechtsprechung. Die erhebliche Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Literatur und Praxis habe dazu geführt, dass Vertrauen in die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts nicht habe erwachsen können und der Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Klarstellung befugt sei (vgl. BVerfGE 131, 20 <41 ff.>).

115

c) Vergleicht man all diese Fälle mit der vorliegenden Konstellation, in der die Rechtslage sogar noch höchstrichterlich ungeklärt, zwischen Literatur und Fachgerichtsbarkeit vielfältig umstritten und damit insgesamt in jeder Hinsicht als offen bezeichnet werden kann, wird offensichtlich, dass ein Vertrauensschutz im vorliegenden Verfahren nach den Kriterien der bisherigen Rechtsprechung nicht ansatzweise begründet ist. Auch vom Gegenstand her gibt es keinen Grund, warum das Vertrauen von Banken in die teilweise Abwälzbarkeit ihrer Verluste auf die Allgemeinheit weitergehend geschützt sein soll als das Vertrauen von Rentnern oder Beamten in eine für sie günstige Berechnung ihrer Bezüge. Der Senat vollzieht mit dieser Entscheidung vielmehr eine grundlegende Umwertung der bisherigen Maßstäbe.

116

3. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein konsequentes Abstellen auf das Vertrauenskriterium den Grundsatz des Verbots echt rückwirkender Gesetze letztlich schon als solchen hinfällig werden ließe und damit seinerseits die Schutzstandards der Rechtsprechung preisgebe.

117

Dass diese Schutzstandards jedenfalls bisher nicht in der nun vom Senat zugrunde gelegten Strenge praktiziert wurden und das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender Gesetze, auch mittels der von der Rechtsprechung zugleich entwickelten Ausnahmemöglichkeiten, letztlich zu einer maßgeblichen Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten führte, hat die Durchsicht der Rechtsprechung deutlich gemacht. Die Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung wurde in ihr weniger als kategoriale denn als heuristische Unterscheidung verstanden - was sich mit dieser Entscheidung ändert.

118

Durch ein konsequentes Abstellen auf den Vertrauensschutz wird dem Gesetzgeber aber auch für die Zukunft kein Weg eröffnet, der es ihm erlaubte, angesichts der generellen Auslegungsbedürftigkeit des Rechts praktisch beliebig Klärungsbedarf geltend zu machen und damit gesetzliche Entscheidungen ohne weiteres nachträglich umzudrehen. Zwar ist Recht im Einzelfall meistens auslegungsbedürftig. Jedoch lässt sich aus solch abstrakter Aussage nicht herleiten, dass gesetzliche Grundentscheidungen und die zu ihrer Umsetzung getroffenen Be-stimmungen in aller Regel unbegrenzt auslegungsoffen sind. Man wird kaum davon ausgehen müssen, dass unsere Rechtsordnung schon grundsätzlich nicht in der Lage ist, konkretes Vertrauen in bestimmte Rechtsfolgen zu begründen oder Grundlagen zu schaffen, auf die sich Dispositionen stützen lassen. In allen Fällen jedoch, in denen die Rechtsordnung ein solches Vertrauen begründet - und hierüber zu entscheiden ist gegebenenfalls Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts - gilt der Grundsatz des Verbots echter Rückwirkung zu Recht. Schon die grundrechtlichen Freiheitsvermutungen führen insoweit dazu, dass das Rückwirkungsverbot nicht wirkungslos ist. Im Übrigen lässt sich auch aus dem Fallmaterial des Bundesverfassungsgerichts ersehen, dass der Erlass rückwirkender Gesetze keinesfalls in aller Regel oder auch nur einer Großzahl von Fällen als Klarstellung ungeklärter Auslegungsfragen gerechtfertigt werden könnte. Das Vertrauenskriterium erodiert nicht die bisherige Rechtsprechung, sondern ist vielmehr ihre maßgebliche Grundlage.

IV.

119

Die streitbefangenen Normen geben auch sachlich keinen Anlass, hier von einem Vertrauen der klagenden Banken in die steuerrechtliche Berücksichtigung ihrer Verluste auszugehen. Dass eine solche Berücksichtigung mit der alten Regelung des § 40a Abs. 1 KAGG nie intendiert war, ist bei sachgerechter Auslegung jedenfalls naheliegend. Ganz unzweifelhaft ist jedenfalls, dass die Kläger mit einer solchen Auslegung rechnen mussten und auf ein entgegenstehendes Verständnis keine Dispositionen stützen konnten.

120

1. Ein Vertrauen lässt sich insoweit jedenfalls nicht einfach hin auf den Wortlaut stützen. Die Auslegung einer solchen Bestimmung bedarf einer verständigen Würdigung in ihrem Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung auch von Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck.

121

Zwar verweist der Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. ausdrücklich nur auf § 8b Abs. 2 KStG a.F., der die steuerliche Nichtberücksichtigung der Gewinne anordnet, nicht aber auch auf dessen Abs. 3, der die Nichtberücksichtigung der Verluste regelt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass dieser Verweis möglicherweise doch weiter zu verstehen ist. Gerade in komplexen Materien wie dem Steuerrecht, in denen nicht jeder Fall vom Gesetzgeber vorgedacht werden kann, ist es Aufgabe der Fachgerichtsbarkeit, die Normen nicht in einer punktuell beziehungslosen Wortlautauslegung zu exekutieren, sondern sie aus ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Systematik und den gesetzgeberischen Leitideen heraus zu interpretieren, mit Sinn zu füllen und rechtsfortbildend weiter zu entwickeln. Die strengen Grenzen des Art. 103 Abs. 2 GG, die für den besonderen Bereich des Strafrechts im Zweifel alle Unklarheiten zugunsten des Bürgers durchschlagen lassen, gelten hier nicht. Die Rechtsprechung hat vielmehr den im Gesetz angelegten Ausgleich von privaten und öffentlichen Interessen in einer beiden Seiten gerecht werdenden Weise fort zudenken und ihm Gestalt zu geben. Insofern steht der Wortlaut einer Auslegung, die bei verständiger Würdigung aller Gesichtspunkte schon in der ursprünglichen Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG einen impliziten Verweis nicht nur auf § 8b Abs. 2 KStG a.F., sondern auch auf Abs. 3 KStG a.F. sieht, nicht entgegen. Eine solche Auslegung kommt auch nicht erst dann in Betracht, wenn sich anders unerträgliche Wertungswidersprüche auftun. Maßgeblich ist vielmehr, welches Verständnis sich nach Maßgabe der allgemeinen juristischen Auslegungsmethoden als das in der Sache überzeugendste und dem mutmaßlichen Willen des damaligen Gesetzgebers am nächsten kommende erweist.

122

2. Hiervon ausgehend musste auch für die alte Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG damit gerechnet werden, dass diese in der Rechtspraxis so verstanden wird, wie der Gesetzgeber dies später klarstellend angeordnet hat. Eine solche Auslegung war auch damals zumindest naheliegend.

123

a) Die Einfügung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. erfolgte im Gesamtzusammenhang mit der Umstellung des Körperschaftsteuerrechts vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren. Man wollte dabei auch die Investmentfonds möglichst systemgerecht in die neue Ordnung einbeziehen. Ausgehend von der Grundidee des § 8b KStG a.F. und in Verbindung mit dem für die Investmentfonds leitenden Transparenzprinzip liegt es insoweit nahe, dass hier Veräußerungsgewinne und -verluste ebenso wie Teilwertab- und -zuschreibungen möglichst systemgerecht, und das heißt gleichförmig und symmetrisch, in das Körperschaftsteuerrecht integriert werden sollten.

124

Der Gesetzgeber hat in den Materialien keinerlei Erklärung erkennen lassen, warum hier unter Abweichung von der Grundkonzeption des § 8b KStG a.F. nur dessen Abs. 2 anwendbar sein soll. Die Erläuterungen weisen die Einführung der §§ 38 ff. KAGG lediglich als Konsequenz der Gesetzesreform aus (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 132) und erläutern die spätere Einfügung des § 40a KAGG a.F. nur in einzelnen technischen Aspekten (vgl. BTDrucks 14/3366, S. 126). Hiervon ausgehend spricht wenig dafür, dass mit der Regelung systemwidrig eine Abweichung vom Transparenzprinzip statuiert werden sollte. Zwar darf der Rückgriff auf das Transparenzprinzip in der Tat nicht genutzt werden, um mit systematischen Erwägungen anderweitige Entscheidungen des Gesetzgebers zu überspielen. Das Transparenzprinzip gilt nur insoweit, als der Gesetzgeber hierauf rekurriert (vgl. BFHE 130, 287 <289>; 229, 351 <357>; Schnitger/Schachinger, BB 2007, S. 801). Wenn aber der Gesetzgeber durch nichts zu erkennen gibt, dass ihn irgendwelche Sachgründe angeleitet haben, hier zu anderen Regeln zu greifen, spricht schon dies dafür, hierin eher ein Redaktionsversehen zu sehen als eine bewusste anderweitige Entscheidung.

125

Ein Indiz für ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen lässt sich bei genetischer Auslegung im Übrigen auch daraus herleiten, dass § 8b Abs. 2 KStG a.F. nach dem ursprünglichen Stand des Gesetzentwurfs zunächst ausschließlich auf Gewinne im engeren Sinne Anwendung finden sollte, während § 8b Abs. 3 KStG a.F. sowohl Teilwertabschreibungen als auch Veräußerungsverluste erfasste. Ebenso spricht für die steuerrechtliche Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten die Spezialregelung des § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG a.F., wonach die Absätze 1 bis 6 nicht auf Anteile anzuwenden sind, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1 Abs. 12 des Kreditwesengesetzes a.F. dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Damit steht zugleich fest, dass bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten keine Differenzierung dahingehend erfolgt, dass Gewinnminderungen steuerwirksam bleiben, während Veräußerungsgewinne steuerfrei gestellt sind.

126

b) Auch in der Sache ist wenig wahrscheinlich, dass der Gesetzgeber Gewinne aus Anteilen an Investmentfonds von Steuern freistellen wollte, hiermit verbundene Verluste aber steuermindernd anerkennen wollte. Ein Hinweis darauf, dass eine solche steuerliche Form der Privatisierung von Gewinnen bei gleichzeitiger Sozialisierung der Verluste gewollt war, ist nicht ersichtlich, und Sachgründe hierfür sind nicht erkennbar. Allerdings weist das vorlegende Gericht zu Recht darauf, dass für die im konkreten Fall in Frage stehenden Teilwertabschreibungen der Wertungswiderspruch durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. ein Stück weit abgemildert wird. Diese Vorschrift führt dazu, dass Gewinne und Verluste so miteinander verrechnet werden, dass jedenfalls eine doppelte Begünstigung verhindert wird, die dadurch entstehen könnte, dass in einem Jahr erzielte Gewinne steuerfrei bleiben, entsprechende Verluste im nächsten Jahr aber steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Dennoch ändert dies nichts an der bei wörtlicher Anwendung der Norm verbleibenden Asymmetrie, dass im Gesamtergebnis die bei Veräußerung erzielten Gewinne steuerfrei sind, während Verluste zu Lasten der Allgemeinheit steuerlich in Ansatz gebracht werden können. Der Verweis auf § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. führt zu einer Verrechnung nur bezogen auf den jeweiligen Anteil und hilft bei den nur einmalig anfallenden Veräußerungsgewinnen und -verlusten generell nicht. Die Diskrepanz zwischen der steuerlichen Relevanz von Verlusten und Gewinnen kommt hier voll zur Geltung, ohne dass hierfür irgendeine Rechtfertigung ersichtlich wäre. Als fernliegend erscheint es dabei, die Bedeutung des Verweises auf § 8b Abs. 2 KStG a.F. für Teilwertab- und -zuschreibungen anders zu interpretieren als für die Veräußerungsgewinne und -verluste.

127

All diese Verkomplizierungen lösen sich auf, wenn man systematisch folgerichtig § 40a Abs. 1 KAGG a.F. von vornherein so versteht, dass er schon immer nicht nur auf Abs. 2, sondern auch auf Abs. 3 verwiesen hat - wie ja im Übrigen auch unstreitig ist, dass der gleichfalls nicht vom Wortlaut umfasste Abs. 4 anwendbar ist.

128

c) Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, diese Frage abschließend zu klären. Dies wird - in Folge der Mehrheitsmeinung im Senat - nun Aufgabe der Fachgerichte sein. Angesichts der triftigen Argumente, die schon ursprünglich für die Auslegung sprachen, die der Gesetzgeber dann auch ausdrücklich bekräftigt hat, kann die rückwirkende Erstreckung dieser Regelung auf die offen gebliebenen Altfälle dann aber nicht als Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes beurteilt werden. Die klagenden Banken mussten von Anfang an damit rechnen, dass sie ihre Teilwertabschreibungen nicht steuermindernd geltend machen können. Das gilt umso mehr, als die hier in Frage stehenden Auslegungsfragen schon früh bekannt waren und in der Regel Unternehmen, insbesondere Banken mit kompetenten Rechtsabteilungen, betreffen, die solche Unklarheiten im Zweifel schneller erkennen als die Finanzbehörden selbst.

129

3. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage nicht selbst auch für die Altfälle eine Regelung treffen darf, leuchtet nicht ein. Die Annahme eines prinzipiellen Reservats der Fachgerichtsbarkeit für die Lösung dieser Fälle überzeugt - wie dargelegt - schon grundsätzlich nicht. Wenig einleuchtend sind aber auch die vom Senat ergänzend herangezogenen Abgrenzungskriterien für die Anerkennung von Ausnahmen.

130

a) Eine rückwirkende Regelung soll nach Ansicht des Senats deshalb ausscheiden, weil die alte Rechtslage zwar ungeklärt und offen, aber in einem normalen Sinne auslegungsfähig war. Verfassungsrechtlich zulässig sei eine rückwirkende Regelung nur, wenn die alte Regelung zu einer durchgreifend unverständlichen oder verworrenen Rechtslage geführt hätte. Dies sei erst dann der Fall, wenn völlig unverständlich sei, welche Bedeutung die fragliche Norm haben solle, oder die Norm völlig wirr sei. Der Gesetzgeber darf also das, was er als Redaktionsfehler ansieht, hier deshalb nicht selbst klären, weil dieser Fehler zu geringfügig war. Er hätte also gravierendere und größere Verwirrung stiftende Fehler begehen müssen - dann wäre er auch nach Ansicht des Senats zu einer rückwirkenden Regelung befugt. Überzeugend sind solche Grenzlinien nicht.

131

b) Die für den Senat maßgebliche Abgrenzung zwischen einer ungeklärten Rechtslage, die ein rückwirkendes Gesetz noch nicht rechtfertigt, und unklarer und verworrener Rechtslage, die ein solches Gesetz rechtfertigen kann, ist eine Wertungsfrage, die für künftige Fälle Spielräume belässt. Es ist zu hoffen, dass hierüber der mit vorliegender Entscheidung vom Senat eingeschlagene Irrweg doch wieder eingefangen werden kann und sich diese Entscheidung dann im Rückblick nur als Einzelfall darstellt.

132

Gerade aber wenn sie nur ein Einzelfall bleibt, muss die Entscheidung auf Widerspruch stoßen. Denn der vorliegende Fall gibt zu einem Abweichen von der Rechtsprechung besonders wenig Anlass: Es geht hier um das Vertrauen insbesondere von Banken in die steuerliche Absetzbarkeit von Verlusten in einem Geschäftsbereich, der insgesamt durch einen spekulativen Charakter geprägt ist. Praktisch dürfte es in den betroffenen Jahren vor allem auch um die Verluste in Folge der durch die Anschläge des 11. September 2001 ausgelösten Kursstürze gehen. Warum nun ausgerechnet in dieser Konstellation strengere Anforderungen an den Gesetzgeber gestellt werden als in den Fällen, in denen es um den Zugang zur Angestelltenversicherung, die Erlangung von Renten oder die Höhe der Beamtenversorgung ging, leuchtet nicht ein.

V.

133

Richtigerweise hätte § 43 Abs. 18 KAGG für verfassungsgemäß erklärt werden müssen. Dabei ist es wenig wichtig, ob man angesichts der ungeklärten Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. schon das Vorliegen einer änderungsfähigen Rechtslage und damit überhaupt einer Rückwirkung verneint, ob man von einer nur formellen Rückwirkung ausgeht, die durch die ungeklärte Rechtslage gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 126, 369 <393 ff.>), oder ob man hier eine Rückwirkung sieht, die jenseits der Alternativen von echter und unechter Rückwirkung oder deklaratorischer oder konstitutiver Rechtsänderung unmittelbar durch Verweis auf die offene Rechtsfrage zu lösen ist (vgl. BVerfGE 50, 177 <193 f.>; 131, 20 <40 ff.>). Maßgeblich ist allein, dass im Ergebnis auf die Frage abgestellt werden muss, in welchem Umfang die bisherige Rechtslage ein berechtigtes Vertrauen begründet hat. Und ein solches Vertrauen besteht im vorliegenden Fall schlicht nicht.

134

Nur durch ein konsequentes Abstellen auf ein berechtigtes Vertrauen in die bestehende Rechtslage behält die Rückwirkungsrechtsprechung ihren Charakter als Schutz individueller Freiheit und Selbstbestimmung. Mit der vorliegenden Entscheidung verformt der Senat die Rückwirkungsrechtsprechung zu einem Instrument der Absicherung eines Reservats der Rechtsprechung. Der Gesetzgeber wird aus seiner Verantwortung gedrängt und der Bereich politisch-parlamentarischer Entscheidung ungerechtfertigt eingeengt. Dies entspricht dem Bild der Demokratie des Grundgesetzes nicht.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2013.

2

Der Gesetzgeber führte mit der Begründung von KKn-Wahlrechten für Versicherte 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus dem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst vorläufig als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" (für 2013 Grundlagenbescheid vom 16.11.2012) gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Sie stehen einer Korrektur lediglich in Folgejahren anlässlich eines Jahresausgleichsbescheids offen. Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds berücksichtigt die jeweilige Risikostruktur der KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern (sog Morbi-RSA). Die beklagte Bundesrepublik Deutschland, handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA), konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich in "Festlegungen". Die Beklagte erläutert hierzu jeweils den Entwurf zu den Festlegungen für den RSA, die sie zu treffen hat (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV), hört hierzu die Betroffenen an, entscheidet über die Festlegungen und veröffentlicht sie. Die KKn erhalten danach aus dem Gesundheitsfonds Zuweisungen. Sie setzen sich aus einer Grundpauschale, alters-, geschlechts- und risikoadjustierten Zu- und Abschlägen zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen sowie Zuweisungen für sonstige Aufgaben zusammen.

3

Als Grundlage der Ermittlung der Zuschlagshöhen im Ausgleichsjahr wird anhand der für die Versicherten tatsächlich im Ausgleichsjahr angefallenen Ausgaben krankenkassenübergreifend berechnet, welche Kosten ein Versicherter im Jahr nach der Diagnosestellung durchschnittlich verursacht ("prospektives Modell"). Nach diesen Ausgaben wird ein versichertenbezogener Tagesbetrag errechnet, der als Zu- oder Abschlag der Grundpauschale je versichertem Tag für Versicherte, die der jeweiligen Morbiditätsgruppe angehören, hinzugerechnet wird. Die Zu- und Abschläge führen zu einer risikoorientierten Anhebung oder Absenkung der für alle Versicherten zunächst einheitlichen Grundpauschale. Die Summe aus den Zu- und Abschlägen sowie der Grundpauschale entspricht den standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 SGB V, die die KK zur Deckung ihrer Ausgaben aus dem Gesundheitsfonds erhält.

4

Für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland hatten (Auslandsversicherte), werden abweichend von dem Vorgenannten gesonderte Risikogruppen nur nach Alter und Geschlecht gebildet (Auslands-Alters-Geschlechts-Gruppen ). Es fehlt nämlich für diese Versicherten an Morbiditätsinformationen aus dem Datenträgeraustauschverfahren (§§ 295, 300, 301 SGB V), die die Zuordnung der Versicherten zu einer hierarchisierten Morbiditätsgruppe ermöglichen. Die Beklagte regelt in Festlegungen auch die Zuweisungsgrundsätze für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland hatten (sog Auslandsversicherte). Die Beklagte traf die morbiditätsorientierten Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2013 (28.9.2012) und passte sie an (29.4.2014).

5

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz vom 21.7.2014, BGBl I 1133, soweit hier interessierend am 1.8.2014 in Kraft getreten, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG) führte eine Zuweisungsbegrenzung für Auslandsversicherte auf die tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppe ein (§ 269 Abs 2 SGB V, § 41 Abs 1 S 2, § 31 Abs 5 S 5 RSAV). Das BVA änderte daraufhin nach Anhörung des GKV-Spitzenverbandes, des AOK-Bundesverbandes sowie der Klägerin die Festlegungen und gab dies bekannt (29.9.2014): Es fügte unter dem Punkt 2.5 "Rechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge" der Festlegungen den neuen Abschnitt 2.5.7 ein. Hiernach werden die Risikozuschläge für die AusAGG proportional so weit gekürzt, bis die Höhe mit den tatsächlichen Leistungsausgaben für Auslandsversicherte aller KKn übereinstimmt. Die Beklagte erließ auf dieser Grundlage den Jahresausgleichsbescheid 2013 für die Klägerin (14.11.2014; bezüglich der Auslandsversicherten: Teil 1, Zuweisung von 53 976 145,29 Euro).

6

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht, die Deckelung der Zuweisung für die Auslandsversicherten sei rechtswidrig. Das LSG hat den Jahresausgleichsbescheid 2013 hinsichtlich der Zuweisungen für Auslandsversicherte aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit neu zu bescheiden: Die Beklagte habe ohne Ermächtigungsgrundlage die für das Ausgleichsjahr 2013 bereits getroffenen "Festlegungen" (28.9.2012 und 29.4.2014) um die Regelungen der Risikozuschläge mit Begrenzung der Zuweisungen für Auslandsversicherte ergänzt (Urteil vom 29.10.2015).

7

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 269 Abs 2 SGB V, § 41 Abs 1 S 2, § 31 Abs 5 S 5 RSAV und Art 17 Abs 3 GKV-FQWG. Sie habe zu Recht die Festlegungen für den RSA 2013 vor Erlass des Jahresausgleichsbescheids 2013 getroffen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Die Klage ist zwar zulässig (dazu 1.), aber nicht begründet (dazu 2.). Der klagenden KK steht kein Anspruch auf höhere Zuweisung für Auslandsversicherte im Jahr 2013 zu.

12

1. Die Sachurteilsvoraussetzungen für die Klage sind erfüllt.

13

a) Die Entscheidung der Beklagten über den Jahresausgleich 2013 (Bescheid vom 14.11.2014 auf der Grundlage der Festlegungen 2012 und 2014) ersetzte die Entscheidungen über vorläufige Zuweisungen für 2013 vollständig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 10 ff, auch für BSGE vorgesehen).

14

b) Die Klage ist als Verpflichtungsklage ohne Vorverfahren zulässig (vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 9, auch für BSGE vorgesehen). Gegenstand der Klage ist das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen für 2013 (Teilregelung im Jahresausgleichsbescheid 2013 vom 14.11.2014) aufzuheben und höhere Zuweisungen für 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Die Klägerin greift nur einen abtrennbaren Teil der Ablehnung höherer Zuweisungen an, nämlich die Ablehnung eines höheren Zahlbetrags wegen vermeintlich gebotener Zuweisung für Auslandsversicherte ohne Deckelung durch das GKV-FQWG in der Zuweisung für 2013 (vgl zu den Verfügungssätzen des Jahresausgleichsbescheids und zu ihrer Teilbarkeit BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 18 ff, auch für BSGE vorgesehen).

15

c) Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2013 zugrunde liegenden Festlegungen - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung, wie mit den Ausgaben für Auslandsversicherte zu verfahren ist, vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichsbescheids traf. Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen Festlegungen sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die Grundlagenbescheide Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X; BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 15) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzidenter mit zu überprüfen. Die Konzentration des gerichtlichen Rechtsschutzes auf Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA folgt aus der sinngemäßen Auslegung des in § 266 Abs 6 S 7 SGB V angelegten Regelungssystems(vgl näher BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 16). Soweit in der einheitlichen Entscheidung über den Jahresausgleich für ein Folgejahr eine Korrektur von Fehlern der Zuweisungen für das Vorjahr enthalten ist, tastet diese Korrektur den (ursprünglichen) Jahresausgleichsbescheid für das Vorjahr nicht an (vgl BSGE 116, 31 = SozR 4-2500 § 272 Nr 1, RdNr 12 mwN).

16

d) Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Es bedarf insbesondere keiner Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG(vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 23, auch für BSGE vorgesehen).

17

2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, der Klägerin für Auslandsversicherte für 2013 mehr als zuerkannt zuzuweisen. Entgegen der Auffassung der Klägerin legte die Beklagte rechtmäßig fest, dass die Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte im Rechtssinne zur Deckung ihrer standardisierten Leistungsausgaben begrenzt ist auf die tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppe, für die jeweilige KK entsprechend ihrer Buchung (KJ1, Konten 4800 und 4830) berücksichtigt (Festlegung vom 29.9.2014). Die Beklagte durfte schon nach Wortlaut und Regelungssystem der Rechtsgrundlagen mit Blick auf die eigenständige umfassende Regelung des § 31 Abs 5 RSAV für Auslandsfälle so verfahren(dazu a). Dem entsprechen Entstehungsgeschichte (dazu b) und Regelungszweck (dazu c). Verfassungsrecht steht dieser Auslegung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegen (dazu d). Die Berechnung erfolgte auch der Höhe nach rechtmäßig (dazu e).

18

a) Rechtsgrundlage der Festlegung ist § 269 Abs 2 und Abs 4 SGB V iVm § 31 und § 41 Abs 1 S 2 RSAV. Danach ist für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland hatten, die Höhe der Zuweisungen zur Deckung ihrer standardisierten Leistungsausgaben auf die tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppen zu begrenzen (vgl § 269 Abs 2 SGB V). Das Nähere zur Umsetzung dieser Vorgaben, insbesondere zur Abgrenzung der Leistungsausgaben, zum Verfahren einschließlich der Durchführung des Zahlungsverkehrs sowie zur Festlegung der Vorgaben für die Gutachten regelt die Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 S 1 SGB V(vgl § 269 Abs 4 SGB V), die RSAV (Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung - Risikostruktur-Ausgleichsverordnung, hier anzuwenden idF durch Art 15 GKV-FQWG mWv 1.8.2014, vgl Art 17 Abs 3 GKV-FQWG).

19

§ 31 Abs 1 RSAV regelt Vorgaben für die Auswahl des Versichertenklassifikationsmodells(§ 29 S 1 Nr 1 RSAV)und seine Anpassung an die Gegebenheiten der GKV, § 31 Abs 2 S 1 RSAV die Aufgaben des wissenschaftlichen Beirats beim BVA und § 31 Abs 4 RSAV Vorgaben für die "Festlegungen". Danach legt das BVA auf der Grundlage der Empfehlung nach § 31 Abs 2 Nr 2 und 3 RSAV die nach § 31 Abs 1 S 2 RSAV zu berücksichtigenden Krankheiten, die auf Grundlage dieser Krankheiten zugrunde zu legenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr nach Anhörung der Spitzenverbände der KKn bis zum 30. September fest und gibt diese in geeigneter Weise bekannt (vgl § 31 Abs 4 S 1 RSAV). Für die Ermittlung der Risikozuschläge für die in § 29 S 1 Nr 1 RSAV genannten Risikomerkmale sind nur die nach Satz 1 festgelegten Morbiditätsgruppen zu berücksichtigen(vgl § 31 Abs 4 S 2 RSAV). Das BVA kann nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der KKn die Festlegungen nach Satz 1 unterjährig anpassen, wenn die allgemein gültige Kodierung der Diagnosen oder die Arzneimittelklassifikation aktualisiert wird (vgl § 31 Abs 4 S 6 RSAV). Die Anpassungen nach Satz 6 sind in geeigneter Weise bekannt zu geben (vgl § 31 Abs 4 S 7 RSAV).

20

§ 31 Abs 5 RSAV ermächtigt das BVA eigenständig und abweichend von den spezifisch morbiditätsorientierten Grundsätzen nach § 31 Abs 4 RSAV, Festlegungen für Auslandsversicherte im Rechtssinne bezüglich des Jahresausgleichs(§ 41 RSAV)zu erlassen. Sie sind anders als im Festlegungsverfahren nach § 31 Abs 4 RSAV weder an bestimmte, weit im Vorfeld des Jahresausgleichsbescheids liegende gesetzliche Fristen gebunden noch im Falle ihrer bescheidmäßigen Fixierung einer eingeschränkten Abänderbarkeit unterworfen. Bei der Regelung für Auslandsversicherte im Rechtssinne geht es allein darum, die im Ausgleichsjahr den einzelnen KKn durch Auslandskrankenversicherte entstandene gesamte tatsächliche Kostenlast bis zum Erlass des Jahresausgleichsbescheids bestmöglich zu ermitteln und zwischen ihnen auszugleichen: Für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland hatten, sind gesonderte Risikogruppen nach Alter und Geschlecht zu bilden und Risikozuschläge anhand der durchschnittlichen Risikozuschläge für alle Versicherten der entsprechenden Alters- und Geschlechtsgruppen zu ermitteln. Bei Versicherten, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres Kostenerstattung für den Bereich der ärztlichen Versorgung nach § 13 Abs 2 oder § 53 Abs 4 SGB V gewählt haben, werden die Risikogruppen nach § 29 Nr 1 RSAV durch eine gesonderte Risikogruppe ersetzt; das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge nach Absatz 4 Satz 1 sind entsprechend anzuwenden. Im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn kann das BVA innerhalb der nach Satz 2 zu bildenden Risikogruppe weitere Differenzierungen vornehmen. Sofern Versicherte sowohl der Risikogruppe nach Satz 1 als auch der Risikogruppe nach Satz 2 zuzuordnen sind, ist die Risikogruppe nach Satz 1 maßgeblich (vgl § 31 Abs 5 S 1 bis 4). Festlegungen nach § 31 Abs 5 RSAV sind aus Gründen der Rechtsklarheit nach dem Regelungssystem ergänzend zu jenen nach § 31 Abs 4 RSAV zulässig.

21

Das Zusammenspiel von § 31 Abs 5 S 5 und 6 RSAV mit § 41 RSAV und Art 17 Abs 3 GKV-FQWG verdeutlicht die Ermächtigung der Beklagten, aktuelle, dem geänderten Rechtszustand angepasste Festlegungen für die Auslandsversicherten vor dem Jahresausgleich für 2013 zu erlassen. Die speziellen Regelungen des RSA verdrängen auch insoweit die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X, insbesondere auch des § 48 SGB X(vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014 - 109 = Juris RdNr 19). Nach der ab 1.8.2014 geltenden Änderung des § 31 Abs 5 S 5 RSAV(Art 15 und Art 17 Abs 3 GKV-FQWG) werden als Leistungsausgaben für die Risikogruppen nach Satz 1 die von den KKn in der Jahresrechnung gebuchten Ausgaben für im Ausland erbrachte Leistungen zugrunde gelegt; danach sind, entsprechend den Bestimmungen des Kontenrahmens, die Bereiche pauschalierter oder nach dem tatsächlichen Aufwand berechneter Erstattungen an ausländische Versicherungsträger sowie Erstattungen an Arbeitgeber nach § 17 SGB V zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der KKn kann im Einvernehmen mit dem BVA eine weitergehende oder abweichende Bestimmung der Bereiche, die Aufwendungen für Leistungen im Ausland betreffen, treffen (vgl § 31 Abs 5 S 6 RSAV in der ab 1.8.2014 geltenden Fassung).

22

§ 41 RSAV regelt den Jahresausgleich. Danach ermittelt das BVA nach Vorliegen der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse aller am monatlichen Ausgleich teilnehmenden KKn für das jeweilige abgelaufene Kalenderjahr (Ausgleichsjahr) 1. die alters-, geschlechts- und risikoadjustierten Zu- und Abschläge und 2. die Werte nach § 37 Abs 1 S 2 Nr 2 und 3 sowie Abs 4 S 2 Nr 2 RSAV neu. Die Summe der Risikozuschläge nach § 31 Abs 5 S 1 RSAV ist auf die Summe der Leistungsausgaben nach § 31 Abs 5 S 5 und 6 RSAV zu begrenzen. Die Hälfte der Zuweisungen für die Versichertengruppen nach § 29 Nr 4 RSAV ist für jede KK auf der Grundlage der Aufwendungen der KK für Krankengeld zu ermitteln(§ 41 Abs 1 RSAV). Das BVA ermittelt für jede KK nach Maßgabe von § 41 Abs 2 RSAV den Betrag, um den die Zuweisungen für jede KK im Jahresausgleich nach Absatz 3 zu verändern sind. Grundsätzlich berechnet das BVA danach auf der Grundlage der nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Zahlen sowie der Grundpauschalen nach § 36 RSAV für jede KK die Höhe der Zuweisungen nach § 266 Abs 2 S 1 und § 270 SGB V im Jahresausgleich(vgl näher § 41 Abs 3 RSAV). Das BVA gibt die nach den Absätzen 1 und 2 Nr 2 ermittelten Werte in geeigneter Weise bekannt und teilt den KKn die nach den Absätzen 2 und 3 ermittelten Beträge mit. Übersteigt die Höhe der nach Absatz 3 ermittelten Zuweisungen die monatlichen Zuweisungen, steht der KK der überschießende Betrag zu. Unterschreitet die Höhe der nach Absatz 3 ermittelten Zuweisungen die monatlichen Zuweisungen, ist der Unterschiedsbetrag an den Gesundheitsfonds zu zahlen. § 39 Abs 3a S 3 bis 6 RSAV gilt entsprechend(vgl § 41 Abs 4 RSAV). Der Jahresausgleich ist bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres - hier: 2014 - durchzuführen und im nächsten Jahresausgleich auf Grundlage der Datenmeldung nach § 30 Abs 4 S 2 Halbs 2 RSAV zu korrigieren. Das Nähere zum Verfahren bestimmt das BVA nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der KK (vgl § 41 Abs 5 RSAV).

23

Der Gesetzgeber durfte verfassungskonform die genannten Vorschriften der RSAV durch das GKV-FQWG selbst ohne Zustimmung des Bundesrates ändern (zu den Anforderungen vgl näher BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 23 ff und BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 43 ff, auch für BSGE vorgesehen, sowie BVerfGE 114, 196, 223). Die Regelung unterlag nicht der Zustimmungspflicht des Bundesrates. Ob der Bundesrat der gesetzlichen Regelung, die die Verordnungsänderung bewirkte, zuzustimmen hatte, richtet sich nach Art 84 Abs 1 GG. Danach bestand kein Zustimmungserfordernis, denn eine Regelung des Verfahrens der Landeseigenverwaltung enthält die Änderung der § 31 Abs 5 S 5 und S 6, § 41 Abs 1 S 2 RSAV nicht(vgl entsprechend BVerfGE 114, 196, 223). Der parlamentarische Gesetzgeber ist im Übrigen von Verfassungs wegen zur Änderung einer Rechtsverordnung in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren berechtigt, wenn bei der Änderung komplexer Regelungsgefüge, in denen förmliches Gesetzesrecht und auf ihm beruhendes Verordnungsrecht ineinander verschränkt sind, auch das Verordnungsrecht anzupassen ist. Ändert das Parlament wegen des sachlichen Zusammenhangs eines Reformvorhabens bestehende Rechtsverordnungen oder fügt es in diese neue Regelungen ein, so ist das dadurch entstandene Normengebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Rechtsverordnung zu qualifizieren (vgl BVerfGE 114, 196, 234 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 93 ff). Der Gesetzgeber des GKV-FQWG musste in diesem Sinne bei Einführung der Deckelung der Zuweisungen für Auslandsversicherte zur Finanzierung der KKn das komplexe, ineinander verschränkte Regelungsgefüge des Gesetzesrechts des SGB V und der RSAV ändern und hierbei auch das Recht der RSAV anpassen. Er beachtete hierbei die verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl hierzu näher BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 23 ff und BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 43 ff, auch für BSGE vorgesehen).

24

b) Die Gesetzesmaterialien unterstreichen, dass der Gesetzesentwurf eine Deckelung der Zuweisungen für die Auslandsversicherten bereits im Jahresausgleichsbescheid 2013 erstrebte. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-FQWG stellt heraus, dass der Gesetzgeber Sonderregelungen zur Verbesserung der Zielgenauigkeit der Zuweisungen auf der Grundlage der Analysen und Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des RSA beim BVA vom 22.6.2011 zum Krankengeld und zu den Auslandsversicherten einführen wollte (vgl BT-Drucks 18/1307 S 3). Nach den Erläuterungen zu den Änderungen des § 269 SGB V sind die Sonderregelungen geeignet, über Ausnahmeregelungen zum gesetzlich vorgegebenen Standardisierungsverfahren die Zielgenauigkeit in den betreffenden Bereichen zu verbessern. Hierzu legt die Vorschrift einerseits fest, dass Gutachten zu erstellen sind, in deren Rahmen unter Beachtung des gesetzlich vorgegebenen Standardisierungsverfahrens (§ 268 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V) Modelle zur zielgerichteteren Ermittlung der Zuweisungen zur Deckung der standardisierten Krankengeldausgaben sowie zur Deckung der standardisierten Ausgaben für Auslandsversicherte entwickelt und geprüft werden. Zusätzlich folgt die Regelung der Anregung des Beirats, als ersten Schritt zu zielgenaueren Zuweisungen übergangsweise die Summe der Zuweisungen für Auslandsversicherte an die KKn insgesamt auf die Summe der von diesen verursachten Leistungsausgaben zu begrenzen (vgl BT-Drucks 18/1307 S 48 zu Nr 34). Mit der Regelung des § 269 Abs 2 SGB V wird in diesem Sinne die Ermächtigungsgrundlage dafür geschaffen, dass die Zuweisungen an die KKn für Auslandsversicherte entsprechend dem Vorschlag des Beirats auf die Summe der von diesen verursachten Leistungsausgaben begrenzt werden. Der Gesetzesentwurf will die Regelungen des § 31 Abs 5 S 5 und S 6 sowie des § 41 Abs 1 S 2 RSAV unmittelbar ändern, bis ein Modell vorliegt, mit dem die Zuweisungen für Auslandsversicherte auf der Grundlage empirischer Untersuchungen insgesamt zielgerichteter verteilt werden können als bislang. Um finanzielle Verwerfungen zu vermeiden, erfolgt die Kappung ausschließlich im Jahresausgleich (vgl BT-Drucks 18/1307 S 59 f zu Art 15 zu Nr 10). Schließlich hebt die Begründung zur Regelung des Inkrafttretens hervor, dass auch die Regelungen zur Weiterentwicklung des Morbi-RSA im SGB V sowie in der RSAV am 1.8.2014 in Kraft treten. Hieraus folgert die Begründung, dass die Regelungen zu Krankengeld und Auslandsversicherten erstmals im Rahmen des Jahresausgleichs 2013, welcher im Herbst 2014 durchgeführt wird, umgesetzt werden. Damit wird gewährleistet, dass diese Umsetzung zeitgleich mit der veränderten Berücksichtigung der Ausgaben für Versicherte, die im Ausgleichsjahr verstorben sind, erfolgt, welche vom BVA auf der Grundlage der Rechtsprechung ebenfalls erstmals für das Ausgleichsjahr 2013 umgesetzt wird (vgl BT-Drucks 18/1307 S 61 zu Art 17 zu Abs 3).

25

c) Die Rechtsänderung durch das GKV-FQWG bezweckt nach der dargelegten Begründung, umgehend als ersten Schritt zu zielgenaueren Zuweisungen übergangsweise die Summe der Zuweisungen für Auslandsversicherte an die KKn insgesamt auf die Summe der von diesen verursachten Leistungsausgaben zu begrenzen. Dies zielt auf einen gerechteren, weniger verzerrenden Zuweisungsmodus, um dem Grundanliegen des RSA besser gerecht zu werden. Es fehlt jegliche Rechtfertigung, diese Zielsetzung nicht so früh wie nach der Rechtsordnung möglich umzusetzen.

26

d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der Regelungen des GKV-FQWG für die Zuweisungen für Auslandsversicherte in Festlegungen für den Jahresausgleich für das Ausgleichsjahr 2013 greifen nicht durch. Die Klägerin beruft sich hierfür auf das verfassungsrechtliche Verbot echter Rückwirkung. Der erkennende Senat lässt die Frage offen, inwieweit sich die klagende Körperschaft des öffentlichen Rechts hierauf berufen kann oder das Rückwirkungsverbot zumindest als objektiver Teil der Rechtsordnung, des Rechtsstaatsprinzips, für den Rechtsstreit Geltung beanspruchen kann (vgl entsprechend zur Geltung des Willkürverbots als allgemeiner Rechtsgrundsatz, der schon aus dem Wesen des Rechtsstaates, dem Prinzip der allgemeinen Gerechtigkeit folgt, BVerfGE 21, 362, 372 = Juris RdNr 30; offengelassen für den rechtsstaatlich verankerten Anspruch auf Vertrauensschutz in BVerfG Beschluss vom 19.5.1999 - 1 BvR 263/98 - Juris RdNr 13, 19; die Verfassungsmäßigkeit eines rückwirkenden Gesetzes nur dann als fraglich ansehend, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt, BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 63; einen etwaigen Bestandsschutz verneinend, weil es sich bei den KKn nicht um Grundrechtsträger handelt, BT-Drucks 18/1307 S 61 zu Art 17 zu Abs 3). Denn es liegt ein Fall der unechten Rückwirkung vor. Dessen verfassungsrechtliche Grenzen sind beachtet. Die Regelungen der § 31 Abs 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG und ihre Anwendung in Form des Erlasses entsprechender Festlegungen für den Jahresausgleich 2013 verstoßen nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot(Art 20 Abs 3 GG iVm Art 2 Abs 1 GG).

27

Der erkennende Senat unterscheidet mit dem BVerfG bei rückwirkenden Gesetzen zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (stRspr, vgl zB BVerfGE 45, 142, 167 f; BVerfGE 101, 239, 262; BVerfGE 132, 302, 318, jeweils mwN), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl zB BVerfGE 132, 302, 318; BVerfGE 135, 1 RdNr 39 mwN; vgl auch zB BSG SozR 4-5562 § 8 Nr 1 RdNr 28 f; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014 - 109 = Juris RdNr 21 ff mwN). Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl zB BVerfGE 11, 139, 145 f; BVerfGE 101, 239, 263; BVerfGE 132, 302, 318). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl BVerfGE 127, 1, 16 f). So liegt es regelmäßig, wenn der Gesetzgeber eine nicht nur vorläufig geregelte bereits entstandene Schuld nachträglich abändert (vgl zB entsprechend zum Steuerrecht, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert, BVerfGE 127, 1, 18 f; BVerfGE 127, 61, 77 f; BVerfGE 132, 302, 319). Daran fehlt es.

28

Eine echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) im dargelegten Sinne sehen die Regelungen der § 31 Abs 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG nicht vor. Sie greifen nicht nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände ein; sie regeln lediglich Rechtsverhältnisse für Zeiträume nach ihrer Verkündung, die zuvor bloß vorläufig geregelt waren. Hierfür ist wesentlich, dass die Gesetzeskonzeption des RSA bis zum Jahresausgleichsbescheid nur vorläufige Zuweisungen vorsieht (vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 11 ff, auch für BSGE vorgesehen), die keinen Vertrauensschutz begründen können. Der Jahresausgleichsbescheid schafft eine Zäsur. Sie hat die Folge, dass sich die vorangegangenen vorläufigen Verwaltungsakte mit dem Erlass des Bescheides über den Jahresausgleich nach § 39 Abs 2 SGB X erledigen(vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 11 ff, auch für BSGE vorgesehen). Korrekturen des Jahresausgleichsbescheids können aufgrund geänderter Daten erst im Folgejahr erfolgen (vgl zB BSGE 116, 31 = SozR 4-2500 § 272 Nr 1, RdNr 12 mwN), ohne damit den vorangegangenen Jahresausgleichsbescheid zu ändern (vgl oben II. 1. c). Rückwirkende Korrekturen sind ausgeschlossen (vgl entsprechend zur Fehlerkorrektur bei strukturierten Behandlungsprogrammen BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 18 mwN; vgl zum Ganzen BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 17).

29

Die Regelungen der § 31 Abs 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG und ihre Anwendung durch die Festlegungen für den Jahresausgleich 2013 bewirken eine unechte Rückwirkung. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (stRspr, vgl zB BVerfGE 43, 291, 391; BVerfGE 72, 175, 196; BVerfGE 79, 29, 45 f). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7; BVerfGE 101, 239, 263; BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014 - 109 = Juris RdNr 22). § 31 Abs 5 RSAV geht im Gegensatz zu den spezifisch morbiditätsorientierten Festlegungen nach § 31 Abs 4 RSAV bei der Anpassung des Klassifikationsmodells im Falle der Auslandskrankenversicherten - wie oben aufgezeigt - nach Regelungssystematik und -zweck von keinen fristgebundenen frühzeitigen und nur eingeschränkt abänderbaren Festlegungen des BVA aus. Die Festlegungen vom 29.9.2014 entsprechend § 31 Abs 5 S 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG tragen dem Interesse an einer zielgenaueren, gerechteren Eingrenzung der Zuweisungen für die Auslandsversicherten Rechnung, wie oben dargelegt. Das Interesse der von der bisherigen stärker pauschalisierenden Reglung begünstigten KK ist gegenüber dem gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteresse nicht schutzwürdig.

30

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin berechnete die Beklagte auch die Höhe der Zuweisungen für die Auslandsversicherten im Rechtssinne im Jahresausgleich 2013 zutreffend. Sie bilden nach der oben (siehe II. 2. a) dargelegten Regelungskonzeption des Gesetzes eine eigenständige Versichertengruppe, deren Zuweisungen im Umfang der tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppen gedeckelt sind (vgl § 269 Abs 2 SGB V). Als Leistungsausgaben werden für die Risikogruppen nach § 31 Abs 5 S 1 RSAV die von den KKn in der Jahresrechnung gebuchten Ausgaben für im Ausland erbrachte Leistungen zugrunde gelegt; danach sind, entsprechend den Bestimmungen des Kontenrahmens, die Bereiche pauschalierter oder nach dem tatsächlichen Aufwand berechneter Erstattungen an ausländische Versicherungsträger sowie Erstattungen an Arbeitgeber nach § 17 SGB V zu berücksichtigen(vgl § 31 Abs 5 S 5 RSAV). Die Beklagte verfuhr dementsprechend.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

(1) Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sowie bei Arbeitsentgelt, das aus dem aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben errechnet wird, entstehen die Beitragsansprüche, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Satz 2 gilt nicht, soweit das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt nur wegen eines Insolvenzereignisses im Sinne des § 165 Absatz 1 des Dritten Buches vom Arbeitgeber nicht ausgezahlt worden ist oder die Beiträge für aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben schon aus laufendem Arbeitsentgelt gezahlt wurden.

(2) Treffen beitragspflichtige Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen zusammen und übersteigen sie die für das jeweilige Versicherungsverhältnis maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze, so vermindern sie sich zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Die beitragspflichtigen Einnahmen aus dem jeweiligen Versicherungsverhältnis sind vor der Verhältnisrechnung nach Satz 1 auf die maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze zu reduzieren. Für die knappschaftliche Rentenversicherung und die allgemeine Rentenversicherung sind die Berechnungen nach Satz 1 getrennt durchzuführen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Personen, die als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen (§ 166 Absatz 1 Nummer 1c des Sechsten Buches).

(1) Der Bund leistet zu den Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung Zuschüsse.

(2) Der Bundeszuschuss zu den Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung ändert sich im jeweils folgenden Kalenderjahr in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Bei Veränderungen des Beitragssatzes ändert sich der Bundeszuschuss zusätzlich in dem Verhältnis, in dem der Beitragssatz des Jahres, für das er bestimmt wird, zum Beitragssatz des Vorjahres steht. Bei Anwendung von Satz 2 ist jeweils der Beitragssatz zugrunde zu legen, der sich ohne Berücksichtigung des zusätzlichen Bundeszuschusses nach Absatz 3 und des Erhöhungsbetrags nach Absatz 4 ergeben würde. Der Bundeszuschuss wird in den Jahren 2019 und 2020 um jeweils 400 Millionen Euro, im Jahr 2021 um 1,5 Milliarden Euro, im Jahr 2022 um 560 Millionen Euro und in den Jahren 2023 bis 2025 um jeweils 480 Millionen Euro erhöht; diese Beträge sind jeweils bei den Änderungen des Bundeszuschusses in den darauf folgenden Kalenderjahren nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigen.

(2a) Der allgemeine Bundeszuschuss wird für das Jahr 2006 um 170 Millionen Euro und ab dem Jahr 2007 um jeweils 340 Millionen Euro pauschal vermindert. Abweichungen des pauschalierten Minderungsbetrages von den tatsächlichen zusätzlichen Einnahmen eines Kalenderjahres durch Mehreinnahmen aus der Begrenzung der Sozialversicherungsfreiheit für Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge auf einen Stundenlohn bis zu 25 Euro und aufgrund der Erhöhung der Pauschalabgaben für geringfügige Beschäftigung ohne Versicherungspflicht im gewerblichen Bereich von 12 vom Hundert auf 15 vom Hundert des Arbeitsentgelts in der gesetzlichen Rentenversicherung sind mit dem Bundeszuschuss nach Absatz 2 des auf die Abrechnung folgenden Haushaltsjahres zu verrechnen; Ausgangsbetrag für den Bundeszuschuss ist der jeweils zuletzt festgestellte Bundeszuschuss nach Absatz 2 ohne Minderungsbetrag.

(3) Der Bund zahlt zur pauschalen Abgeltung nicht beitragsgedeckter Leistungen an die allgemeine Rentenversicherung in jedem Kalenderjahr einen zusätzlichen Bundeszuschuss. Der zusätzliche Bundeszuschuss beträgt für die Monate April bis Dezember des Jahres 1998 9,6 Milliarden Deutsche Mark und für das Jahr 1999 15,6 Milliarden Deutsche Mark. Für die Kalenderjahre ab 2000 verändert sich der zusätzliche Bundeszuschuss jährlich entsprechend der Veränderungsrate der Steuern vom Umsatz; hierbei bleiben Änderungen der Steuersätze im Jahr ihres Wirksamwerdens unberücksichtigt. Der sich nach Satz 3 ergebende Betrag des zusätzlichen Bundeszuschusses wird für das Jahr 2000 um 1,1 Milliarden Deutsche Mark, für das Jahr 2001 um 1,1 Milliarden Deutsche Mark, für das Jahr 2002 um 664,679 Millionen Euro und für das Jahr 2003 um 102,258 Millionen Euro gekürzt. Auf den zusätzlichen Bundeszuschuss werden die Erstattungen nach § 291b angerechnet. Für die Zahlung, Aufteilung und Abrechnung des zusätzlichen Bundeszuschusses sind die Vorschriften über den Bundeszuschuss anzuwenden.

(4) Der zusätzliche Bundeszuschuss nach Absatz 3 wird um die Einnahmen des Bundes aus dem Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform abzüglich eines Betrages von 2,5 Milliarden Deutsche Mark im Jahr 2000 sowie eines Betrages von 1,9 Milliarden Deutsche Mark ab dem Jahr 2001 erhöht (Erhöhungsbetrag). Als Erhöhungsbetrag nach Satz 1 werden für das Jahr 2000 2,6 Milliarden Deutsche Mark, für das Jahr 2001 8,14 Milliarden Deutsche Mark, für das Jahr 2002 6,81040 Milliarden Euro und für das Jahr 2003 9,51002 Milliarden Euro festgesetzt. Für die Kalenderjahre nach 2003 verändern sich die Erhöhungsbeträge in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen; § 68 Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend. Für die Zahlung, Aufteilung und Abrechnung des Erhöhungsbetrags sind die Vorschriften über den Bundeszuschuss anzuwenden.

(5) Ab dem Jahr 2003 verringert sich der Erhöhungsbetrag um 409 Millionen Euro. Bei der Feststellung der Veränderung der Erhöhungsbeträge nach Absatz 4 Satz 3 ist der Abzugsbetrag nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen.

(6) Die Festsetzung und Auszahlung der Monatsraten sowie die Abrechnung führt das Bundesamt für Soziale Sicherung durch.

(1) Der Bund leistet zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen jährlich 14,5 Milliarden Euro in monatlich zum ersten Bankarbeitstag zu überweisenden Teilbeträgen an den Gesundheitsfonds.

(2) Der Gesundheitsfonds überweist von den ihm zufließenden Leistungen des Bundes nach Absatz 1 der landwirtschaftlichen Krankenkasse den auf sie entfallenden Anteil an der Beteiligung des Bundes. Der Überweisungsbetrag nach Satz 1 bemisst sich nach dem Verhältnis der Anzahl der Versicherten dieser Krankenkasse zu der Anzahl der Versicherten aller Krankenkassen; maßgebend sind die Verhältnisse am 1. Juli des Vorjahres.

(3) Der Überweisungsbetrag nach Absatz 2 Satz 1 reduziert sich

1.
in den Jahren 2016 bis 2024 um den auf die landwirtschaftliche Krankenkasse entfallenden Anteil an der Finanzierung des Innovationsfonds nach § 92a Absatz 3 und 4 und
2.
ab dem Jahr 2016 um den auf die landwirtschaftliche Krankenkasse entfallenden Anteil an der Finanzierung des Strukturfonds nach Maßgabe der §§ 12 bis 14 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes.
Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Anteil nach Satz 1 Nummer 1 wird dem Innovationsfonds und der Anteil nach Satz 1 Nummer 2 dem Strukturfonds zugeführt. Die auf die landwirtschaftliche Krankenkasse nach Satz 1 Nummer 1 und 2 entfallenden Anteile an den Mitteln für den Innovationsfonds nach § 92a und den Strukturfonds nach den §§ 12 und 12a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes werden nach Vorliegen der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse des Gesundheitsfonds für das abgelaufene Kalenderjahr festgesetzt und mit der landwirtschaftlichen Krankenkasse abgerechnet. Solange ein Anteil nach Satz 4 noch nicht feststeht, kann das Bundesversicherungsamt einen vorläufigen Betrag festsetzen. Das Nähere zur Festsetzung des Betrags und zur Abrechnung mit der landwirtschaftlichen Krankenkasse bestimmt das Bundesversicherungsamt.

(1) Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Umlage muß den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage sowie des Verwaltungsvermögens nötigen Beträge decken. Darüber hinaus dürfen Beiträge nur zur Zuführung zu den Betriebsmitteln erhoben werden.

(2) Abweichend von Absatz 1 werden die Beiträge für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten (nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten) außerhalb der Umlage erhoben.

(3) Die Satzung kann bestimmen, dass die Aufwendungen für Versicherte, die im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 9 zweite Alternative unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich in der Wohlfahrtspflege tätig sind, außerhalb der Umlage nach Absatz 1 auf die Unternehmen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege umgelegt werden.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

Tenor

Der Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird - endgültig - auf 27.732,08 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte wegen ihrer Aufwendungen für einen Arbeitsunfall des bei der Klägerin beschäftigten X.Y. (im Folgenden: Versicherter) vom 06.12.2010 für das Beitragsjahr 2011 von der Klägerin einen Beitragszuschlag fordern kann.
Die Klägerin, ein Unternehmen für Bewachungsdienste, Werkschutz und Hausbesorgung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist seit dem ...1980 Mitglied der Beklagten (Aufnahmebescheid vom 04.06.1981). Der bei der Klägerin beschäftigte Versicherte erlitt am 06.12.2010 einen Arbeitsunfall (Sturz infolge Glatteises auf dem Betriebsgelände der Einsatzfirma in T.). Zum Unfallhergang äußerte sich der Versicherte in einem Fragebogen vom 20.12.2010 gegenüber der Bezirksverwaltung W. der Beklagten. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls erbrachte die Beklagte - eigenen Angaben zufolge - Aufwendungen für ambulante und stationäre Heilbehandlung in Höhe von 3.544,22 EUR und 3.088,36 EUR sowie weiteren 98,60 EUR für Transportkosten, außerdem weitere 5.953,78 EUR für Verletztengeldzahlungen einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung. Aufgrund des Bescheides vom 12.05.2011 gewährte sie dem Versicherten Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. der Vollrente zunächst im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 in Höhe von 1.713,75 EUR und aufgrund des weiteren Bescheides 10.12.2012 Verletztenrente als vorläufige Entschädigung für die Zeit ab dem 01.12.2011 bis auf weiteres nach einer MdE in gleichem Ausmaß.
Für das Beitragsjahr setzte die Beklagte die von der Klägerin zu zahlenden Beiträge auf 650.989,55 EUR fest (Bescheid vom 20.04.2012). Wegen ihrer Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten setzte sie ferner gegen die Klägerin einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2011 in Höhe von 27.732,08 EUR fest (Bescheid vom 24.07.2012). Hinsichtlich der Berechnung des Beitragszuschlags wird auf die Darlegungen im Bescheid vom 24.07.2012 verwiesen.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, der Versicherte sei weiterhin ununterbrochen bei ihr beschäftigt und habe seine Tätigkeit bereits Mitte April 2011 wieder aufgenommen. Eine Gewährung von Verletztenrente an den Versicherten sei ihr nicht bekannt. Nicht nachvollziehbar seien ferner von der Beklagten in Ansatz gebrachte 50 Belastungspunkte als Faktor für die Berechnung des Beitragszuschlags. Denn nach dem Wortlaut der Satzung der Beklagten sei bei der Kostenermittlung im Beitragszuschlagsverfahren bei einer Rentengewährung allein auf die Aufwendungen für die Verletztenrente, nicht aber auch auf sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall abzustellen. Schließlich habe sich der Arbeitsunfall des Versicherten infolge Ausrutschens auf Eis ereignet; dies sei witterungsbedingt im Winter nie auszuschließen und das dadurch bestehende Gefährdungsrisiko bereits durch ihre Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 31.08.2012).
Deswegen hat die Klägerin am 01.10.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Widerspruchsvorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
11 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Beitragsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010.
13 
1. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
14 
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften, zu denen auch die Beklagte gehört, haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
15 
2. Entsprechend der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII hat die Beklagte das Beitragszuschlagsverfahren in § 28 ihrer Satzung vom 10.07.2008 in der Fassung des ersten Nachtrags vom 12.11./10.12.2009, gültig ab dem 01.01.2010, geregelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung werden jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.
16 
Nach § 28 Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird die Berechnung der Zuschläge nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:
17 
1. Beobachtungszeitraum
18 
Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im Folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im Folgenden: Arbeitsunfall) der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle..., die sich im Beitragsjahr ereignet haben.
19 
2. Zuschlagspflichtige
20 
….
21 
3. Berechnung der Belastung
22 
In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.
23 
Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:
24 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:
25 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 1 Punkt
26 
- für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:
27 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 50 Punkte
28 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall: 100 Punkte
29 
Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.
30 
3. Gemessen an diesen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010 festgesetzt. Dabei braucht das erkennende Gericht vorliegend nicht darüber zu befinden, ob § 28 der Satzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig ist, insbesondere diese Regelung im Einklag mit höherrangigem Recht steht. Denn für die Festsetzung eines Beitragszuschlags unter Berücksichtigung von 50 Belastungspunkten kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf diese Regelung berufen. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung entgegen: § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten unterscheidet bei der Berechnung der Belastung - soweit hier von Belang - zwischen einem im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrente mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber. Dass der Beklagten der Arbeitsunfall des Versicherten vom 06.12.2010 erst im Beitragsjahr 2011 bekannt geworden ist, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Im Gegenteil steht aufgrund des von dem Versicherten bereits am 20.12.2010 ausgefüllten und unterzeichneten Unfallfragebogens, der an die Bezirksverwaltung W. der Beklagten adressiert war, zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte noch im Dezember 2010, und damit vor Beginn des Beitragsjahres 2011, Kenntnis von dem Arbeitsunfall hatte. Aufgrund der Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung der Beklagten ist deshalb vorliegend nicht rechtsrelevant, welche unfallbedingten Aufwendungen - mit Ausnahme derjenigen für die Verletztenrente - der Beklagten für den Versicherten im Jahr 2011 entstanden sind.
31 
Ihre Aufwendungen für die durch Bescheid vom 12.05.2011 festgesetzte Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 belaufen sich nach dem Inhalt dieses Bescheides und den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung (lediglich) 1.713,75 EUR. Diese Aufwendungen lösen nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt, der Satzung der Beklagten keinen Belastungspunkt im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens aus. Die weiteren Aufwendungen der Beklagten für die Verletztenrente aufgrund des Bescheides vom 10.12.2012 für die Zeit ab dem 01.12.2011 sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, weil sie erst außerhalb der Beitragsjahres 2011 entstanden sind.
32 
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dass im Beitragszuschlagsverfahren bei einer gewährten Verletztenrente als Kosten nicht nur die Rentenzahlungen als solche berücksichtigungsfähig sind, sondern alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 06.12.2010 angefallenen Aufwendungen. Denn dies gibt die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt ihrer Satzung bereits nach ihrem Wortlaut nicht her. Dieser bezieht sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts allein auf die Höhe der Aufwendungen, die im Beitragsjahr durch die Zahlung der Verletztenrente selbst entstanden sind. Sonstige Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall fallen dem gegenüber unter die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung. Für die Auslegung autonomer Satzungsbestimmungen als untergesetzlichem Recht ist - wie bei der Auslegung von Gesetzesnormen - maßgebend der in der Satzungsnorm zum Ausdruck kommende objektive Wille des Satzungsgebers (vgl. BVerfGE 105, 135, 157). Dabei kommen, um Inhalt und Bedeutung einer Norm zu ermitteln, die herkömmlichen Auslegungsmethoden zum Einsatz. Zulässig ist danach die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ggf. aus den Normmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Satzungsbestimmungen sind danach nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen, wobei Wortlaut, Sinn und Zweck dabei ebenso maßgebende Bedeutung zukommt wie dem systematischen Bezug der entsprechenden Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können demgegenüber zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (vgl. Bay. LAG vom 04.03.2010 - 2 Sa 977/08 - ).
33 
Danach kann sich die Beklagte vorliegend für den gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitragszuschlag nicht auf § 28 Abs. 3 Ziffer 3 ihrer Satzung stützen. Denn diese Satzungsregelung unterscheidet unter dem ersten und dem zweiten Gliederungspunkt ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Diese aus Sicht der Kammer eindeutige Unterscheidung lässt deshalb keine Auslegung des Begriffs „Kosten“ in dem von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwandten Umfang dahingehend zu, hierunter sämtliche im Beitragsjahr im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall angefallenen Aufwendungen zu subsumieren.
34 
Bestätigt wird dies durch die weitere Satzungsbestimmung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, derzufolge für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen und darüber hinaus ein Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann, wenn nämlich die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen. Diese Regelung wäre aus Sicht des erkennenden Gerichts überflüssig, wenn unter „Kosten“ im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 3, zweiter Gliederungspunkt der Satzung sämtliche im Beitragsjahr angefallenen Aufwendungen der Beklagten aus Anlass eines Arbeitsunfalls zu subsumieren wären.
35 
4. Sind deshalb vorliegend keine Unfallbelastungspunkte zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, darf die Beklagte gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 keinen Beitragszuschlag festsetzen.
36 
Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren stattzugeben.
37 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
38 
Die Festsetzung des endgültigen Streitwerts gründet sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Absätze 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.

Gründe

 
12 
Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht fordert die Beklagte von der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010.
13 
1. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
14 
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften, zu denen auch die Beklagte gehört, haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen (§ 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
15 
2. Entsprechend der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII hat die Beklagte das Beitragszuschlagsverfahren in § 28 ihrer Satzung vom 10.07.2008 in der Fassung des ersten Nachtrags vom 12.11./10.12.2009, gültig ab dem 01.01.2010, geregelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung werden jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.
16 
Nach § 28 Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird die Berechnung der Zuschläge nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:
17 
1. Beobachtungszeitraum
18 
Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im Folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im Folgenden: Arbeitsunfall) der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle..., die sich im Beitragsjahr ereignet haben.
19 
2. Zuschlagspflichtige
20 
….
21 
3. Berechnung der Belastung
22 
In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.
23 
Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:
24 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:
25 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 1 Punkt
26 
- für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:
27 
mit Kosten bis 10.000,-- EUR: 0 Punkte
mit Kosten über 10.000,-- EUR: 50 Punkte
28 
- für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall: 100 Punkte
29 
Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.
30 
3. Gemessen an diesen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 einen Beitragszuschlag wegen der Aufwendungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Versicherten vom 06.12.2010 festgesetzt. Dabei braucht das erkennende Gericht vorliegend nicht darüber zu befinden, ob § 28 der Satzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig ist, insbesondere diese Regelung im Einklag mit höherrangigem Recht steht. Denn für die Festsetzung eines Beitragszuschlags unter Berücksichtigung von 50 Belastungspunkten kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf diese Regelung berufen. Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung entgegen: § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten unterscheidet bei der Berechnung der Belastung - soweit hier von Belang - zwischen einem im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber sowie für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Unfallrente mit Kosten bis 10.000,-- EUR und darüber. Dass der Beklagten der Arbeitsunfall des Versicherten vom 06.12.2010 erst im Beitragsjahr 2011 bekannt geworden ist, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich. Im Gegenteil steht aufgrund des von dem Versicherten bereits am 20.12.2010 ausgefüllten und unterzeichneten Unfallfragebogens, der an die Bezirksverwaltung W. der Beklagten adressiert war, zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte noch im Dezember 2010, und damit vor Beginn des Beitragsjahres 2011, Kenntnis von dem Arbeitsunfall hatte. Aufgrund der Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung der Beklagten ist deshalb vorliegend nicht rechtsrelevant, welche unfallbedingten Aufwendungen - mit Ausnahme derjenigen für die Verletztenrente - der Beklagten für den Versicherten im Jahr 2011 entstanden sind.
31 
Ihre Aufwendungen für die durch Bescheid vom 12.05.2011 festgesetzte Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 16.04.2011 bis zum 30.11.2011 belaufen sich nach dem Inhalt dieses Bescheides und den eigenen Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung (lediglich) 1.713,75 EUR. Diese Aufwendungen lösen nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt, der Satzung der Beklagten keinen Belastungspunkt im Rahmen des Beitragszuschlagsverfahrens aus. Die weiteren Aufwendungen der Beklagten für die Verletztenrente aufgrund des Bescheides vom 10.12.2012 für die Zeit ab dem 01.12.2011 sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, weil sie erst außerhalb der Beitragsjahres 2011 entstanden sind.
32 
Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, dass im Beitragszuschlagsverfahren bei einer gewährten Verletztenrente als Kosten nicht nur die Rentenzahlungen als solche berücksichtigungsfähig sind, sondern alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 06.12.2010 angefallenen Aufwendungen. Denn dies gibt die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, zweiter Gliederungspunkt ihrer Satzung bereits nach ihrem Wortlaut nicht her. Dieser bezieht sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts allein auf die Höhe der Aufwendungen, die im Beitragsjahr durch die Zahlung der Verletztenrente selbst entstanden sind. Sonstige Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall fallen dem gegenüber unter die Regelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, erster Gliederungspunkt der Satzung. Für die Auslegung autonomer Satzungsbestimmungen als untergesetzlichem Recht ist - wie bei der Auslegung von Gesetzesnormen - maßgebend der in der Satzungsnorm zum Ausdruck kommende objektive Wille des Satzungsgebers (vgl. BVerfGE 105, 135, 157). Dabei kommen, um Inhalt und Bedeutung einer Norm zu ermitteln, die herkömmlichen Auslegungsmethoden zum Einsatz. Zulässig ist danach die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ggf. aus den Normmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Satzungsbestimmungen sind danach nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen, wobei Wortlaut, Sinn und Zweck dabei ebenso maßgebende Bedeutung zukommt wie dem systematischen Bezug der entsprechenden Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können demgegenüber zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (vgl. Bay. LAG vom 04.03.2010 - 2 Sa 977/08 - ).
33 
Danach kann sich die Beklagte vorliegend für den gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 festgesetzten Beitragszuschlag nicht auf § 28 Abs. 3 Ziffer 3 ihrer Satzung stützen. Denn diese Satzungsregelung unterscheidet unter dem ersten und dem zweiten Gliederungspunkt ausdrücklich zwischen Kosten aufgrund eines im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfalls und denjenigen für eine im Beitragsjahr festgestellte neue Verletztenrente. Diese aus Sicht der Kammer eindeutige Unterscheidung lässt deshalb keine Auslegung des Begriffs „Kosten“ in dem von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwandten Umfang dahingehend zu, hierunter sämtliche im Beitragsjahr im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall angefallenen Aufwendungen zu subsumieren.
34 
Bestätigt wird dies durch die weitere Satzungsbestimmung in § 28 Abs. 3 Ziffer 3, derzufolge für einen Unfall mehrere Punktwerte anfallen und darüber hinaus ein Unfall in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden kann, wenn nämlich die Meldung des Arbeitsunfalls und die Feststellung der Unfallrente in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen. Diese Regelung wäre aus Sicht des erkennenden Gerichts überflüssig, wenn unter „Kosten“ im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 3, zweiter Gliederungspunkt der Satzung sämtliche im Beitragsjahr angefallenen Aufwendungen der Beklagten aus Anlass eines Arbeitsunfalls zu subsumieren wären.
35 
4. Sind deshalb vorliegend keine Unfallbelastungspunkte zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, darf die Beklagte gegen die Klägerin für das Beitragsjahr 2011 keinen Beitragszuschlag festsetzen.
36 
Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und war dem Klagebegehren stattzugeben.
37 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
38 
Die Festsetzung des endgültigen Streitwerts gründet sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Absätze 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Revision der Kläger werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juni 2010 geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 3. Februar 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 1. November 2006 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) bei Eltern im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder zu reduzieren sind.

2

Die Kläger sind verheiratete Eltern ihrer 1990, 1993 und 1996 geborenen Kinder. Die Klägerin ist bei der Beigeladenen zu 4. als Krankenschwester teilzeit-, der Kläger ist beim Beigeladenen zu 3. als Gemeindereferent beschäftigt. Sie sind bei der Beigeladenen zu 1. pflege- und bei der Beigeladenen zu 2. rentenversichert. Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse, der Kläger war dort bis Ende 2010 Mitglied, danach war er in der GKV versicherungsfrei.

3

Am 28.1.2004 beantragten die Kläger bei der Beklagten auf die Erhebung von Beiträgen zur GRV zu verzichten, hilfsweise einen Beitragsnachlass zur gewähren. Mit Bescheiden vom 3.2.2004 lehnte die Beklagte gegenüber den Klägern die Anträge ab. Hiergegen legten die Kläger am 25.2.2004 Widerspruch ein und verwiesen zur Begründung auf das Urteil des BVerfG vom 3.4.2001 - 1 BvR 1629/94 - zur sPV (BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2, im Folgenden: sPV-Urteil) und auf die Begründung in den Verfahren, die am 23.9.2003 vor dem BSG verhandelt wurden (B 12 RA 7/01 R ua). Gleichzeitig erklärten sie ihr Einverständnis mit einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BSG, worauf die Beklagte den Widerspruch zunächst nicht weiterbearbeitete. Am 25.7.2006 erhoben die Kläger beim SG Untätigkeitsklage. Hierauf wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 1.11.2006 Bezug nehmend auch auf einen Antrag der Kläger vom 17.12.2005 den Widerspruch gegen die Bescheide vom 3.2.2004 zurück.

4

Daraufhin nahmen die Kläger die Untätigkeitsklage zurück, erhoben jedoch gleichzeitig beim SG Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 1.11.2006. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.6.2010).

5

Im anschließenden Berufungsverfahren haben die Kläger begehrt, dass die Sozialversicherungsbeiträge nur nach der "Hälfte der bisherigen Bemessung" erhoben werden, hilfsweise, dass bei der Beitragsbemessung 833 Euro je Kind und Monat bzw (weiter) hilfsweise, dass ein Betrag in Höhe des steuerlichen Existenzminimums abgezogen wird. Das LSG hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 27.1.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beitragsbemessung entspreche den gesetzlichen Regelungen. Diese verstießen nicht gegen Art 6 Abs 1 iVm Art 3 GG, weil der Gesetzgeber einen weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum habe. Als Konkretisierung und Ausformung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrages nach Art 6 Abs 1 GG sei dabei auch der Familienlastenausgleich zu berücksichtigen, selbst wenn sich die additive Höhe der hierdurch bewirkten Entlastung von Familien nicht konkret beziffern lasse. Der Gesetzgeber habe das Verfassungsrecht bei der Ausgestaltung der Teilsysteme der Sozialversicherung beachtet, weil er den Familienlastenausgleich durch zahlreiche Vorschriften ausgebaut (zB Kindererziehungszeiten in der GRV; kostenfreie Familienversicherung in der GKV) und er die Entscheidung des BVerfG für die sPV mit dem Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehung im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung (Kinder-Berücksichtigungsgesetz ) zudem beanstandungsfrei umgesetzt habe. Das BVerfG selbst habe die Erwägungen des sPV-Urteils in der Folgezeit nicht auf andere Sozialversicherungszweige übertragen, sondern sei - in einem Urteil zur Alterssicherung der Landwirte (BVerfGE 109, 96 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2) - davon sogar abgerückt. Auch das BSG habe aus dem sPV-Urteil keinen verfassungsrechtlichen Änderungsbedarf für andere Sozialversicherungszweige hergeleitet. Einer Beweiserhebung habe es bei alledem weder unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs der Kläger noch unter demjenigen der Amtsermittlungspflicht bedurft, insbesondere nicht zu der von den Klägern postulierten Pflicht, durch Sachverständige einzelne "Transfersalden" für Kinder zu ermitteln. Da der Familienlastenausgleich durch zahlreiche Regelungen des Sozialrechts und des Steuerrechts bewirkt werde, komme es auf solche Ermittlungen wegen des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht an. Der Familienlastenausgleich sei nicht isoliert auf das Sozialversicherungsrecht bezogen.

6

Mit ihrer Revision rügen die Kläger - mit umfänglichem Vorbringen - im Wesentlichen, das LSG habe verkannt, dass die einschlägigen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zur Beitragsbemessung gegen Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG verstießen, soweit versicherte Eltern mit gleich hohen Beiträgen wie kinderlose Versicherte belastet würden. Konkret rügen sie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG in Bezug auf die GRV durch § 157, § 161 Abs 1, § 162 Nr 1 SGB VI sowie § 1 der Verordnung zur Bestimmung der Beitragssätze in der GRV für das Jahr 2012(vom 19.12.2011, BGBl I 2795, Beitragssatzverordnung 2012 - BSV 2012), hinsichtlich der GKV durch § 223 Abs 2, § 226 Abs 1 S 1 Nr 1, § 241 SGB V, und im Hinblick auf die sPV durch § 55 Abs 3 S 1 SGB XI sowie durch § 54 Abs 2 S 1, § 55 Abs 1 SGB XI und § 57 Abs 1 S 1 SGB XI iVm § 226 SGB V.

7

Das BVerfG habe sich in seinem sPV-Urteil von einem leistungsrechtlichen Ansatz distanziert. Es diskutiere dort die unzureichende Kompensation der Erziehungslasten nicht mehr unter dem Aspekt der allgemeinen leistungsrechtlichen Förderungspflicht des Staates (Art 6 Abs 1 GG), sondern als Gleichheits- und Teilhabeproblem (Art 3 Abs 1 GG) unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz werde zu einem Grundrecht auf "intragene-rationelle Gleichbehandlung" fortentwickelt. Die Systeme der GRV, GKV und sPV erfüllten die Voraussetzungen, die das BVerfG für eine zu beanstandende fehlende Differenzierung im Beitragsrecht zwischen Eltern und Kinderlosen aufgestellt habe (= Abdeckung eines in einem geschlossenen intergenerationellen System erfassten Risikos, das überproportional im Alter auftrete und durch Beiträge nachwachsender Generationen finanziert werde; Absehbarkeit, dass ein signifikanter Teil der Versicherten kinderlos bleibe). Das sPV-Urteil sei auch auf die GRV und die GKV zu übertragen: GRV und GKV deckten als umlagefinanzierte Systeme ebenso wie die sPV ein Risiko ab, das überproportional im Alter auftrete. Die geforderte Mindestgeschlossenheit sei ebenso gegeben, wie die Absehbarkeit fehlender generativer Beiträge. In der GRV müsse die Umsetzung der Maßstäbe aus dem sPV-Urteil des BVerfG systemimmanent erfolgen. Die Rechtsprechung des BVerfG sei insoweit bindend (§ 31 BVerfGG). Die in der GRV anerkannten Kindererziehungszeiten seien für die Annahme eines Vorteilsausgleichs strukturell ungeeignet und stellten auch keinen echten Vorteilsausgleich dar, weil die Beiträge hierfür der Bund leiste (§ 177 Abs 1 SGB VI); dh alle Steuerpflichtigen und nicht nur Kinderlose. Gleichzeitig bestehe eine Benachteiligung der Eltern im Leistungsrecht. Diese erlitten durch die Unterbrechungen und Einschränkungen der Erwerbsbiografie (zB Teilzeitarbeit) vielfach Verluste an persönlichen Entgeltpunkten, die nicht durch Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) kompensiert würden. Das Argument, die demografische Entwicklung sei ein gesamtgesellschaftliches Problem und müsse abgabenpolitisch steuerfinanziert auf gesamtgesellschaftlicher Ebene gelöst werden, sei ohne verfassungsrechtliche Relevanz. Neben der GRV müsse aber auch in der GKV ein systeminterner Vorteilsausgleich gesucht werden. Die Möglichkeit der beitragsfreien Familienversicherung (§ 10 SGB V) reiche insoweit nicht aus. Das Beitragsrecht in der sPV sei auch nach den Änderungen durch das KiBG verfassungswidrig. Insbesondere fehle im geltenden Recht die - auf der Grundlage des sPV-Urteils gebotene - Berücksichtigung der Anzahl der Kinder bei der Beitragsbemessung. Die Kläger untermauern ihre Auffassung durch Gutachten der Bertelsmann-Stiftung (Niehaus, Familienlastenausgleich in der Gesetzlichen Krankenversicherung? Die "beitragsfreie Mitversicherung" auf dem Prüfstand, Gütersloh, 2013; Werding, Familien in der gesetzlichen Rentenversicherung: Das Umlageverfahren auf dem Prüfstand, Gütersloh, 2013).

8

Im Schriftsatz vom 20.7.2016 führen die Kläger ua ergänzend aus, die konkrete Beitragshöhe sei zwischen den Beteiligten bekannt und als gesetzeskonform völlig unstreitig; streitig sei nur die Frage, ob die Gesetzesgrundlage verfassungskonform sei. Für die vorliegende Konstellation einer Normenkontrolle gehe die Senatsrechtsprechung (Hinweis auf BSG Urteile vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R ua - und 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R -) ins Leere. Es könne nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, den Beteiligten einen völlig sinnlosen Arbeitsaufwand abzuverlangen, der letztlich wiederum nur die längst bekannten und völlig unstreitigen Ergebnisse zu Tage fördern könne und ohne jeglichen Belang für die zu entscheidende Rechtsfrage sei.

9

Im Schriftsatz vom 10.8.2016 tragen die Kläger in Kenntnis des Senatsurteils vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) ua ergänzend vor: Der Senat habe zwar die von den Klägern umschriebenen Voraussetzungen seiner damaligen Entscheidung zugrunde gelegt, das sPV-Urteil des BVerfG "nach wie vor marginalisiert" bzw es in "zum Teil sinnentstellender Weise" interpretiert. Der Revision gehe es um eine Sozialversicherung, die alle unabhängig davon schütze, wie sie leben, und wie die Lasten, die durch dieses Schutzversprechen ausgelöst würden, gleichmäßig verteilt würden. Dies sei nur möglich, wenn damit begonnen würde, den "historischen Konstruktionsfehler einer voremanzipatorischen Struktur zu korrigieren", die geprägt sei von der Alleinverdienerehe. Im Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) habe der Senat die Mindestgeschlossenheit im System der GRV "in einer geradezu abenteuerlichen Argumentation" verneint. Die GRV spiegele konzeptionell den Lebenslängsschnitt. Demgegenüber habe das BSG lediglich eine Querschnittsbetrachtung vorgenommen. Es müsse bei der Frage der Mindestgeschlossenheit auf Versicherte und nicht auf Beitragszahler abgestellt werden. So habe das BVerfG im sPV-Urteil nicht auf Beitragszahler, sondern auf Versicherte abgestellt und im Urteil zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung auf den Versichertengrad verwiesen. Für die "breitbasige allgemeine Rentenversicherung" trage nicht der Einwand, dass Kinder von Versicherten möglicherweise später keine Mitglieder würden. Eine fehlende Mindestgeschlossenheit ließe sich nur bejahen, wenn man das sPV-Urteil des BVerfG in Frage stellen würde. Der Senat habe sich schon im Ausgangspunkt außerhalb der verfassungsrechtlichen Grundrechtsdogmatik positioniert, indem er nach der durch das sPV-Urteil des BVerfG vorgegebenen gleichheitsrechtlichen Prüfung eine zweite Prüfung von Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG vorgenommen habe. Der Senat habe zu Unrecht das eigentliche "Referenzurteil" trotz § 31 Abs 1, Abs 2 S 2 BVerfGG schlicht abgelehnt. Die Aussage, der Gesetzgeber habe die durch die Kindererziehung entstehenden Nachteile systemgerecht bereits im Leistungsrecht der GRV ausgeglichen, würde auch durch ihre ständige Wiederholung nicht richtig. Gemäß dem sPV-Urteil des BVerfG sei vielmehr ein Vorteilsausgleich im Beitragsrecht erforderlich. Anderenfalls missachte man den "grundlegenden Paradigmenwechsel" zwischen dem Trümmerfrauenurteil und dem sPV-Urteil des BVerfG. Zu Unrecht habe der Senat versucht, die These des sPV-Urteils von der Gleichwertigkeit des monetären und des "generativen" Beitrags zu erschüttern. Gleiches gelte für die Hinweise auf die gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellung und die Möglichkeit neuer Verwerfungen. Zur GKV habe der Senat in seinem Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) "überraschend" ausgeführt, dass der überwiegende Teil der Gesamtkosten in der Generation der Erwerbstätigen auftrete und nicht wie vom BVerfG in dessen sPV-Urteil gefordert "überproportional" in der Generation der Älteren/Nichterwerbstätigen. Dem läge ein grundlegender methodischer Fehler zugrunde, weil die beiden Vergleichsgruppen unterschiedlich groß seien. Zu Unrecht habe der Senat auch in der GKV auf einen "obskuren" weiteren gleichheitsrechtlichen Kontext zurückgegriffen. Die Heranziehung der beitragsfreien Familienversicherung als eines von mehreren familienfördernden Elementen sei nach den Vorgaben im sPV-Urteil ausgeschlossen. Der Hinweis auf die Ungewissheit des Eintritts des in der GKV versicherten Risikos sei unverständlich, weil dies für jede Versicherung gelte. Zur sPV habe sich der Senat in seinem Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) zu Unrecht auf das KiBG und eine dem Gesetzgeber zukommende Befugnis, typisierende Regelungen zu schaffen, gestützt. Es sei sehr wohl verfassungsrechtlich und nach den Vorgaben des BVerfG geboten, nach der Zahl der Kinder zu differenzieren.

10

In einem weiteren Schriftsatz vom 17.8.2016 befassen sich die Kläger mit zwei im Nachgang zum Urteil des Senats vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) verfassten sozialrechtlichen Aufsätzen (Ruland, NZS 2016, 361; Seiler, NZS 2016, 641). Mit Telefax vom 18.7.2017 übersandten die Kläger den Entwurf einer Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung sowie eine Stellungnahme zu einem weiteren sozialrechtlichen Aufsatz (Kaltenstein, SGb 2017, 301).

11

Die Kläger haben wiederholt umfangreiche Unterlagen vorgelegt: Mit Schriftsätzen vom 20.7.2016 und 10.8.2016 ua Stellungnahmen von Prof. Dr. Werding vom 9.3.2016 sowie weitere Schriftstücke, ua die Abschrift einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Senats vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77). Mit Schriftsatz vom 18.2.2017 wurde eine weitere Stellungnahme von Prof. Dr. Werding vom 9.1.2017 vorgelegt. Mit Telefax vom 18.7.2017 übersandten die Kläger einen Schriftwechsel aus den Jahren 1988/1989 sowie eine Abhandlung des Deutschen Familienverbands zum "Horizontalen Vergleich 2017". In einem Telefax vom 19.7.2017 gaben die Kläger eine Stellungnahme von Prof. Birg wieder.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger im Revisionsverfahren wird vor allem auf Blatt 26 bis 99, Blatt 182 bis 240, Blatt 242 bis 337, Blatt 378 bis 383, Blatt 392 bis 396, Blatt 412 bis 441 und Blatt 473 bis 474 der Revisionsakte verwiesen.

13

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juni 2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 3. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. November 2006 aufzuheben sowie festzustellen, dass die monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Januar 2005 nicht über eine Höhe von 50 vH der gegenwärtigen Bemessung zu erheben sind,
hilfsweise
festzustellen, dass die Beitragsbemessung unter Abzug eines Betrags von 833 Euro je Kind von der Beitragsbemessungsgrundlage monatlich erfolgen muss,
weiter hilfsweise
festzustellen, dass die Beitragsbemessung unter Abzug des in § 32 Abs 6 EStG genannten Betrags je Kind von der Beitragsbemessungsgrundlage erfolgen muss,
hilfsweise
den Rechtsstreit gemäß Art 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge zur Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung regelnden Vorschriften (§§ 157, 161 Abs 1, 162 Nr 1 SGB VI, §§ 223 Abs 2, 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 sowie § 241 SGB V und §§ 54 Abs 2 Satz 1, 55 Abs 1 und 3 Satz 1, 57 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 226 SGB V) unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 3.4.2001 - 1 BvR 1629/94 - mit den Grundrechten der Kläger aus den Art 3, 6, 20 und 28 (Sozialstaatsprinzip) GG vereinbar sind.

14

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Revision der Kläger zurückzuweisen.

15

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

16

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
dir Revision zurückzuweisen.

17

Die Beigeladenen zu 1., 3. und 4. stellen keine Anträge.

18

Durch Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 4.7.2014 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass erstmals im Widerspruchsverfahren über das Begehren der Kläger in Bezug auf die Beitragsbemessung in der GKV und sPV entschieden wurde. Dies werfe Fragen der funktionellen und sachlichen Zuständigkeit auf. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG könne sich eine Auseinandersetzung mit den zur Entscheidung gestellten materiell-rechtlichen Fragen möglicherweise erübrigen. Durch Beschluss vom 21.8.2014 wurde das Ruhen des Verfahrens und durch Beschluss vom 5.11.2015 die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten aller Instanzen sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Kläger ist zulässig.

21

Das LSG hat die Revision gegen sein Urteil vom 27.1.2012 in vollem Umfang zugelassen. Zwar hat es zur Begründung ausgeführt, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sei deshalb gegeben, weil es zur GKV noch keine Rechtsprechung des BSG zu der Frage der Freistellung von der Beitragspflicht für Kinder erziehende Versicherte gebe. Weder dieser Begründung noch dem Tenor des LSG-Urteils ("Die Revision wird zugelassen.") kann jedoch eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung auf die GKV entnommen werden.

22

Die Revision ist allerdings im Wesentlichen unbegründet.

23

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die mit der Anfechtungsklage angegriffenen Bescheide der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle vom 3.2.2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 1.11.2006, in denen sie die von den Klägern erstrebte Beitragsminderung abgelehnt hat, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe. Zu befinden ist außerdem über einen Feststellungsantrag.

24

Streitig ist die Höhe der Beiträge zur GRV für den Zeitraum vom 1.1.2004 (= Monat der Antragstellung bei der Beklagten als Beginn) bis 27.1.2012 (= Tag der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen als Endzeitpunkt; vgl dazu allgemein zB BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 19; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 55 RdNr 21).

25

2. Statthafte Klageart für das klägerische Begehren ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 S 1 Alt 1, § 55 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGG(vgl zB BSG SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 35 ff, unter Hinweis auf BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 6 RdNr 15 ff).

26

3. Auf die Anfechtungsklage der Kläger sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben, weil sie rechtswidrig sind. Dementsprechend sind die Urteile des LSG und SG zu ändern; insoweit muss die Revision der Kläger (teilweise) erfolgreich sein.

27

Mit den Ausgangsbescheiden vom 3.2.2004 und dem Widerspruchsbescheid vom 1.11.2006 hat die Beklagte entgegen den einschlägigen Regelungen des materiellen Rechts zu Unrecht nur über die Beitragstragungspflicht und das Fehlen der Möglichkeit zu einer Beitragsreduzierung in der Sozialversicherung entschieden und sich dabei auf bloße allgemeine rechtliche Hinweise zur Bemessung und Tragung der Beiträge beschränkt. Sie hat dagegen - anders als hier erforderlich - nicht über die konkrete Beitragshöhe in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung selbst entschieden (vgl hierzu ausführlich BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 26 mwN sowie Urteil vom 20.7.2017 - B 12 KR 13/15 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Da der Widerspruchsbescheid vom 1.11.2006 schon aus diesem Grund rechtswidrig ist, kommt es auf die Frage einer darüber hinausgehenden Rechtswidrigkeit aufgrund der erstmaligen Entscheidung zur Beitragserhebung in der GKV und sPV im Widerspruchsverfahren (vgl zu dieser Problematik BSG Urteil vom 20.7.2010 - B 2 U 19/09 R - RdNr 15, Juris mwN) nicht an.

28

4. Die neben der erfolgreichen Anfechtungsklage erhobene Feststellungsklage ist nur hinsichtlich der GRV zulässig. Die Feststellungsklage ist unzulässig, soweit sie die Beitragserhebung in der GKV und sPV betrifft. Insoweit fehlt es an einer Verwaltungsentscheidung der zuständigen Behörde über einen entsprechenden Feststellungsantrag.

29

Solange die sachlich zuständige Ausgangsbehörde der Beklagten nicht über den erhobenen Feststellungsanspruch entschieden hat, kann ein Versicherter, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben (vgl BSG Urteil vom 20.7.2010 - B 2 U 19/09 R - RdNr 12, Juris mwN; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 55 RdNr 3b mwN). Deshalb ist in der Regel eine Feststellungsklage ohne vorangegangenes Verwaltungsverfahren unzulässig (vgl Groß/Castendiek in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 55 RdNr 26). Dies gilt in besonderem Maße, wenn um die Beitragshöhe gestritten wird. Die Einzugsstelle ist gehalten, streitige Beitragsforderungen jedenfalls gegenüber Beitragsschuldnern, die natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts sind, durch Verwaltungsakt geltend zu machen; diese Personen können auf eine solche Beitragskonkretisierung mittels Verwaltungsakt nicht dadurch verzichten, dass sie unmittelbar auf Feststellung klagen. Entsprechend sind auch Arbeitgeber und Versicherte selbst zunächst auf ein Verwaltungsverfahren zu verweisen (BSG Urteil vom 22.5.1985 - 12 RK 30/84 - BSGE 58, 150, 152 = SozR 1500 § 55 Nr 27 S 22). Etwas anderes gilt nur, wenn nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens die Feststellungsklage im Vergleich zur Anfechtungsklage eine umfassendere Klärung des Rechtsverhältnisses ermöglicht oder wenn nur noch die mit der Anfechtungsklage verbundene Feststellungsklage eine Entscheidung in der Sache zulässt (BSG Urteil vom 9.10.1984 - 12 RK 18/83 - BSGE 57, 184, 186 = SozR 2200 § 385 Nr 10 S 40 mwN). - Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Vorliegend haben die Kläger ihre ursprünglichen Anträge vom 26.1.2004 allein auf die Beitragserhebung in der GRV bezogen. Hierüber hat die Beklagte in ihren Ausgangsbescheiden vom 3.2.2004 entschieden. Erst im Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses der Beklagten vom 1.11.2006 waren die Regelungen des KiBG und damit - zumindest konkludent - die Beitragserhebung in der sPV gegenständlich. Zwar wird darin auch ein Schreiben der Kläger vom 17.12.2005 erwähnt. Das Schreiben befindet sich jedoch nicht in der Verwaltungsakte der Beklagten und hat diese - ausweislich eines Schreibens des SG Freiburg im Verfahren S 5 KR 3636/06 vom 12.9.2006 auch gar nicht erreicht. Jedenfalls vermag eine Ausdehnung des Begehrens der Kläger im Hinblick auf eine "Beitragsreduzierung" in der GKV und sPV die insoweit fehlende Entscheidung der Ausgangsbehörde durch einen Verwaltungsakt nicht zu ersetzen. Auch angesichts der bisherigen Verfahrensdauer ist ausnahmsweise ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Kläger hinsichtlich der GKV und sPV nicht anzuerkennen, weil sich ihr ursprünglicher Antrag ausdrücklich nur auf einen Beitragsverzicht bzw eine Beitragsreduzierung in der GRV bezogen hat. Erst im Laufe des (zunächst ruhenden) Widerspruchs- und späteren Klageverfahrens, vor allem aber im Berufungsverfahren haben die Kläger ihre Anträge - soweit der erste erweiternde Antrag dem Widerspruchsausschuss der Beklagten überhaupt vorlag - auch auf die GKV und sPV ausgedehnt und präzisiert. Damit fehlt es vorliegend hinsichtlich der Beitragserhebung in der GKV und sPV an einem berechtigten Feststellungsinteresse der Kläger.

30

5. Die hinsichtlich der GRV zulässige Feststellungsklage hat im Haupt- sowie hinsichtlich aller Hilfsanträge keinen Erfolg, weil die Bemessung der Beiträge der Kläger in der GRV den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Beitragsrechts der GRV entspricht.

31

Die feststellenden Ausführungen der Beklagten zur Beitragsbemessung in der GRV stehen einfachrechtlich betrachtet in Einklang mit den dafür einschlägigen gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften. Dies sind ua § 157, § 161 Abs 1, § 162 Nr 1 SGB VI sowie § 1 BSV 2012, hier anzuwenden in den jeweils zum Zeitpunkt der Beitragserhebung in der streitigen Zeit vom 1.1.2004 bis 27.1.2012 geltenden Fassungen. Danach ergibt sich der Beitrag, indem der jeweils gültige Beitragssatz mit der Beitragsbemessungsgrundlage, regelmäßig dem Bruttoarbeitsentgelt, vervielfacht wird. Freibeträge, insbesondere Kinderfreibeträge, mindern die Beitragsbemessungsgrundlage nicht. Die Beiträge werden von den Versicherten und ihren Arbeitgebern je zur Hälfte getragen. Eine Beitragsreduzierung für Versicherte mit Kindern oder erhöhte Beiträge für Versicherung ohne Kinder sind nicht vorgesehen.

32

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die von der Beklagten vorgenommene bzw für zutreffend erachtete Beitragsbemessung in Einklang mit den einfachgesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen stand. Streitig ist allein die Verfassungsmäßigkeit dieser beitragsrechtlichen Bestimmungen.

33

6. Die gesetzlichen Bestimmungen im Recht der GRV sowie ihre Anwendung im konkreten Einzelfall sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG iVm § 13 Nr 11, §§ 80 ff BVerfGG bedurfte es daher nicht. Der Senat ist wie bereits in den früheren Entscheidungen aus den Jahren 2006 (ua BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1) und 2015 (BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) nicht davon überzeugt, dass die hier maßgebenden gesetzlichen Vorschriften des Beitragsrechts der GRV (dazu a) verfassungswidrig sind, soweit danach der Rentenversicherungsbeitrag von Eltern nicht im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder (dazu b) in der von den Klägern geforderten Weise zu mindern ist (dazu c).

34

a) Abhängig beschäftigte Versicherte - wie die Kläger - haben sich während der Dauer der Beschäftigung in aller Regel durch die hälftige Tragung der nach ihrem Bruttoentgelt bemessenen Beitragslast an den Ausgaben der GRV zu beteiligen. Das ergibt sich einfachgesetzlich aus den Vorschriften des Vierten Kapitels (§§ 153 ff) des SGB VI (diese wie auch die folgenden Bestimmungen des SGB VI im Wesentlichen in bis heute fortgeltender Fassung). Einnahmen der allgemeinen Rentenversicherung sind hiernach insbesondere die Beiträge und die Zuschüsse des Bundes (§ 153 Abs 2 SGB VI). Die Beiträge werden nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben, die nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wird (§ 157 SGB VI). Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige sind die beitragspflichtigen Einnahmen (§ 161 Abs 1 SGB VI), die bei Beschäftigten wie den Klägern aus dem Arbeitsentgelt bestehen (§ 162 Nr 1 SGB VI). Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze sind von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung festzusetzen (§ 160 SGB VI). Insoweit ist § 158 SGB VI trotz mehrfacher Änderungen durchgehend zu entnehmen, dass der Beitragssatz grundsätzlich so festzusetzen ist, dass die voraussichtlichen Beitragseinnahmen ausreichen, um die voraussichtlichen Ausgaben zu decken (und sicherzustellen, dass die Mittel der Schwankungsreserve dem gesetzlich bestimmten Betrag entsprechen). Unter Zugrundelegung des hiernach festgesetzten jeweiligen Beitragssatzes und des bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts der Kläger ergibt sich die Versicherte neben dem Arbeitgeber treffende hälftige Beitragslast.

35

b) Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass Versicherte mit Kindern im Vergleich zu Versicherten ohne Kinder im Allgemeinen in ganz besonderem Maße zur Leistungsfähigkeit des Systems der GRV und dessen Nachhaltigkeit beitragen. Das umlagefinanzierte System der GRV funktioniert dauerhaft nur dann, wenn es stets genügend leistungsfähige Beitragszahler gibt, die für die Renten der jeweiligen Rentnergeneration aufkommen können. Ein nachhaltig gestaltetes System der Altersvorsorge setzt voraus, dass der gegenwärtige und zukünftige Sozialaufwand, der für die Gewährung rechtlich verbürgter Sozialleistungen wie Renten erforderlich ist, aus dem zum jeweiligen Zeitpunkt erwirtschaftete Volkseinkommen aufgebracht werden kann. Dies setzt voraus, dass es auch in Zukunft hinreichend viele Erwerbstätige und die Möglichkeit zu produktivem Erwerbsverhalten gibt. Die heute geborenen Kinder müssen - soll das System funktionieren - auch in Zukunft arbeiten können, arbeiten wollen und ausreichend produktive Arbeitsplätze oder sonstige sozialversicherungspflichtige Erwerbsmöglichkeiten vorfinden. Werden nicht ausreichend viele Kinder geboren und wird nicht in ausreichendem Maße für ihr künftiges Erwerbspotential vorgesorgt (Erziehung, Bildung, Infrastruktur, produktive Arbeitsplätze etc), ist die Stabilität des Systems gefährdet. Versicherte mit Kindern leisten insoweit bei typisierender Betrachtung im Allgemeinen mehr für die Nachhaltigkeit des Systems als Versicherte ohne Kinder, denn Versicherte mit Kindern und Versicherte ohne Kinder finanzieren durch ihre monetären Beiträge zwar die aktuellen Renten mit. Versicherte mit Kindern sorgen aber in besonderer Weise dafür, dass es auch künftig Beitragszahler gibt, die künftige Renten finanzieren können. Sie leisten damit zusätzlich zu ihren monetären Beiträgen einen generativen Beitrag. Unbestreitbar ist auch, dass Versicherte mit Kindern und dem damit verbundenen Betreuungs- und Erziehungsaufwand - bei wiederum typisierender Betrachtung - regelmäßig Einschränkungen persönlicher und finanzieller Art unterliegen, denen Versicherte ohne Kinder nicht unterliegen.

36

Zwischen Versicherten mit und ohne Kinder(n) bestehen erhebliche Unterschiede. Und obwohl Versicherte mit Kindern einen sog generativen Beitrag leisten, sind sie nach denselben Vorschriften zur Beitragszahlung in der GRV verpflichtet wie Versicherte ohne Kinder.

37

c) Die Kläger können jedoch nicht verlangen, von dieser Beitragsbelastung entgegen der einfachgesetzlichen Rechtslage deshalb in dem beantragten Umfang freigestellt zu werden, weil sie bereits durch Tragung des Betreuungs- und Erziehungsaufwandes für Kinder ausreichend Vorleistungen zugunsten des Systems erbracht hätten und andernfalls gegenüber Versicherten ohne Kinder bzw solchen mit weniger Kindern gleichheitswidrig benachteiligt würden. Sie können sich auf das sPV-Urteil des BVerfG und den dort enthaltenen Regelungsauftrag/Normprüfungsauftrag an den Gesetzgeber nicht berufen. Der Senat ist - was den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeht - im vorliegenden Fall nicht strikt und ausschließlich an die Maßstäbe im sPV-Urteil des BVerfG gebunden (dazu aa). Vielmehr sind die von den Klägern beanstandeten Regelungen des Beitragsrechts der GRV unter Beachtung der Ausführungen des BVerfG im sPV-Urteil in erster Linie anhand der vom BVerfG zum allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG - dazu bb) iVm mit dem Familienförderungsgebot des Art 6 GG (Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG - dazu cc) zu prüfen. Eine Verfassungswidrigkeit kann der Senat dabei auch in Kenntnis des zwischenzeitlichen umfangreichen Vorbringens der Kläger, der vorgelegten Stellungnahmen und der zum Senatsurteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) veröffentlichten sozialrechtlichen Literatur (vgl ua Blüggel, jurisPR-SozR 11/2016 Anm 2; Lenze, NVwZ 2015, 1658; Lenze, SGb 2017, 130; Ruland, NZS 2016, 361; Seiler, NZS 2016, 641; Wenner, SozSich 2015, 344) nicht erkennen.

38

aa) Das BVerfG hat im sPV-Urteil im Tenor ausgeführt, dass die beitragsrechtlichen Regelungen der sPV mit dem GG nicht vereinbar sind, "soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden". Es bleibe dem Gesetzgeber überlassen, wie er die Betreuungs- und Erziehungsleistung bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern berücksichtige. Spätestens bis zum 31.12.2004 habe der Gesetzgeber eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Bei der Bemessung der Frist sei berücksichtigt worden, dass die Bedeutung des vorliegenden Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen sein werde (BVerfG sPV-Urteil, Juris RdNr 69).

39

Das sPV-Urteil des BVerfG ist auf das Beitragsrecht der GRV nicht "1 : 1" übertragbar. Zwar kommt den Entscheidungen des BVerfG nach § 31 Abs 2 S 1 BVerfGG Gesetzeskraft und nach § 31 Abs 1 BVerfGG Bindungswirkung zu. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - (BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77) dargelegt, dass das sPV-Urteil auf das Beitragsrecht der GRV nicht im Wege der den Entscheidungen des BVerfG nach § 31 Abs 2 S 2 BVerfGG zukommenden Gesetzeskraft und der ihnen nach § 31 Abs 1 BVerfGG zukommenden Bindungswirkung "übertragbar" ist, weil es ausweislich des Tenors nur zur Pflegeversicherung und deren beitragsrechtliche Normen ergangen ist(BSG aaO RdNr 33). Hieran hält der Senat fest.

40

Hinzu kommt, dass die GRV in ihren wesentlichen Strukturprinzipien nicht den Anforderungen entspricht, die das BVerfG im sPV-Urteil für ein verfassungsrechtliches Gebot der beitragsrechtlichen Differenzierung zwischen Versicherten mit und solchen ohne Kinder aufgestellt hat. Insbesondere hatte das BVerfG im sPV-Urteil darauf abgestellt, dass eine Berücksichtigung des generativen Beitrags im Leistungsrecht der Pflegeversicherung nicht in Betracht kommt (BVerfG sPV-Urteil RdNr 71). In der GRV ist dies strukturell bereits anders (hierzu bb) (e)).

41

bb) Der allgemeine Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl zB BVerfGE 112, 268, 279; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl BVerfGE 79, 1, 17; 126, 400, 416 mwN). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfGE 129, 49, 68; 133, 1, 13 RdNr 44). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl BVerfGE 110, 274, 291; stRspr). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11; BVerfGE 93, 319, 348 f; 107, 27, 46; 126, 400, 416; 129, 49, 69; 132, 179, 188 RdNr 30). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl BVerfGE 88, 87, 96; 129, 49, 69; 130, 240, 254 = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 42) oder je mehr sie sich denen des Art 3 Abs 3 GG annähern (vgl BVerfGE 88, 87, 96; 124, 199, 220; 129, 49, 69; 130, 240, 254 = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 42). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl BVerfGE 88, 87, 96; 111, 176, 184 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 26; BVerfGE 129, 49, 69; 130, 240, 254 = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 42).

42

Vorliegend geht es um die Frage, ob der Gesetzgeber im Beitragsrecht der GRV wesentlich Ungleiches ohne hinreichende sachliche Gründe gleichbehandelt. Denn das Beitragsrecht sieht für Versicherte ohne Kinder und für Versicherte mit Kindern keine unterschiedlichen Regelungen vor; weder erhalten Versicherte mit Kindern einen - wie auch immer gearteten - Beitragsrabatt noch werden ihre Beiträge nach einer niedrigeren Bemessungsgrundlage oder einem geringeren Beitragssatz als bei Versicherten ohne Kinder berechnet.

43

Der Senat legt seiner Prüfung einen strengen Prüfungsmaßstab zugrunde, denn den Versicherten steht es nicht frei, an dem die GRV prägenden Umlageverfahren teilzunehmen. Vielmehr ordnet das Gesetz ua für abhängig Beschäftigte, zu denen die Kläger gehören, Versicherungs- und Beitragspflicht an. Dies ist verfassungsrechtlich betrachtet ein Eingriff in die durch Art 2 Abs 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit (vgl BVerfG Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18 = Juris RdNr 49, mwN). Danach ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft.

44

Auch unter Zugrundelegung eines strengen, am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Prüfungsmaßstabs ist es gerechtfertigt und verfassungsrechtlich nicht geboten, dass der Gesetzgeber im Beitragsrecht der GRV zwischen Versicherten mit und ohne Kinder(n) in der Weise differenziert, dass Versicherte ohne Kinder geringere Beiträge als Versicherte mit Kindern zu zahlen haben. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Versicherte mit Kindern in der GRV - ebenso wie in der sPV - anders als Versicherte ohne Kinder nicht nur einen pekuniären, sondern - wie bereits ausgeführt wurde - auch einen generativen Beitrag leisten, der für das Funktionieren des Umlageverfahrens unabdingbar ist.

45

Für die fehlende Differenzierung im Beitragsrecht der GRV gibt es hinreichende sachliche Gründe. Der Gesetzgeber hat insoweit die äußersten Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit gewahrt.

46

(a) Das Gesetz berücksichtigt den generativen Beitrag von Versicherten mit Kindern und allgemeinen Familienlasten zwar nicht im Beitragsrecht der GRV. Entgegen der Auffassung der Kläger ist aber eine alleinige Fokussierung auf das Beitragsrecht der GRV nicht durch das sPV-Urteil des BVerfG vorgegeben (vgl hierzu BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 49, 60).

47

(b) Das Recht der GRV berücksichtigt die generative Leistung in Form verschiedener familienfördernder Elemente zugunsten Versicherter mit Kindern in erster Linie innerhalb der GRV im Leistungsrecht, darüber hinaus aber auch in anderen Zweigen der Sozialversicherung, in weiteren Bereichen des Sozialrechts sowie in sonstigen Rechtsgebieten wie etwa dem Steuerrecht oder in Form kostenloser Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass auch Versicherte mit Kindern mit ihren Steuern und Beiträgen ihrerseits in erheblichem Umfang selbst zur Finanzierung von familienfördernden Leistungen beitragen.

48

Im Leistungsrecht gerade der GRV erhalten Versicherte mit Kindern für die durch Kindererziehung entstehenden Nachteile einen systemimmanenten Ausgleich zB durch Kindererziehungszeiten (§ 3 S 1 Nr 1 iVm §§ 56, 249, 249a SGB VI), Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Umfang von zwei - bzw ab Jahrgang 1992 drei - Jahren für jedes Kind (§ 57 SGB VI), Anrechnungszeiten für Schwangerschaft oder Mutterschaft (§ 58 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI), Zuschlag für Zeiten der Kindererziehung bei Witwen- und Witwerrenten (§ 78a SGB VI), Kinderzuschuss (§ 270 SGB VI), große Witwen- oder Witwerrente bei Kindererziehung (§ 46 Abs 2 S 1 Nr 1 und § 243 Abs 2 und Abs 3 SGB VI), Erziehungsrente (§§ 47, 243a SGB VI; vgl ausführlich Buntenbach, Leistungen der Rentenversicherung für Kindererziehung, DRV-Schriften, Band 108, S 19).

49

(c) Der Senat ist davon überzeugt, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums gesellschaftliche Entwicklungen gerade auch mit Blick auf Familien und deren Bedürfnisse berücksichtigt. Er gewährleistet durch die Gewährung von Leistungen vor allem in der GRV eine verfassungsgemäße Behandlung auch der Versicherten mit Kindern. Dass Versicherte mit Kindern durch familienfördernde Leistungen durch den Gesetzgeber "auf Euro und Cent" so gestellt werden müssten, als hätten sie keine Kinder, ist Wortlaut, Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften des Grundgesetzes (hier insbesondere Art 3 Abs 1 und 3 GG) ebenso wenig zu entnehmen, wie der Rechtsprechung des BVerfG hierzu.

50

Das BVerfG hat im sPV-Urteil ausgeführt, bei der Bemessung der Umsetzungsfrist habe der Senat berücksichtigt, dass die Bedeutung des vorliegenden Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen sei (BVerfG sPV-Urteil RdNr 69). Die Bundesregierung hat diesen sich aus dem sPV-Urteil des BVerfG ergebenden Prüfauftrag angenommen (siehe BT-Drucks 14/6099 und BT-Drucks 15/4375). Sie hat im November 2002 in Gestalt des damaligen Ministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung die Kommission "Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme" eingerichtet. Diese hat sich ua auch dieser Thematik angenommen und gelangte zu dem Ergebnis, dass der vom Gesetzgeber beschrittene Weg, Kindererziehung auf der Leistungsseite zu honorieren, sachgerecht sei.

51

Der Gesetzgeber hat zur Beseitigung der verfassungswidrigen Lage in der sPV den Pflegeversicherungsbeitrag für Versicherte ohne Kinder erhöht. Der Gesetzgeber hat indessen davon abgesehen, den generativen Beitrag auch in der GRV in entsprechender Weise zu berücksichtigen. Er überschreitet damit nach Überzeugung des Senats in der GRV die sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebenden Grenzen seines Gestaltungsspielraums nicht.

52

(d) Vor allem wird durch das geltende Recht ein Eingriff in das Beitragsrecht der GRV und der die GRV prinzipiell prägenden Beziehung von erbrachter Beitragsleistung und späterer (Renten-)Leistung verhindert. Rentenleistungen sind hinsichtlich der Voraussetzungen ihrer Inanspruchnahme und hinsichtlich ihrer Höhe von der individuellen Versicherungsbiografie, einschließlich der konkreten Beitragsleistung abhängig (vgl § 63 SGB VI). Dieses Prinzip fördert, weil es für jedermann ohne Weiteres nachvollziehbar ist, die Akzeptanz des Vorsorgesystems GRV.

53

(e) Zudem unterscheidet sich hierdurch das Leistungsrecht der GRV auch strukturell wesentlich von demjenigen der sPV: Geld- und Pflegesachleistungen in der sPV sind nicht arbeitsentgelt- oder beitragsbezogen, sondern bedarfsbezogen. Der Aufwand für die Betreuung und Erziehung von Kindern kann daher in der sPV - anders als in der GRV geschehen - von vornherein nur auf der Beitragsseite berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung der Kläger hält der Senat daran fest, dass es keine verfassungsrechtliche Verpflichtung gibt, den von den Klägern erstrebten Nachteilsausgleich allein im Beitragsrecht der GRV bzw kumulativ beitrags- und leistungsrechtlich in der GRV zu verwirklichen (so bereits BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 51; BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 47, 49). Soweit angenommen wird, das BVerfG habe demgegenüber in seinem sPV-Urteil diesbezüglich einen "qualitativen Sprung" (so Lenze, SGb 2017, 130, 133) zu den Ausführungen im Trümmerfrauenurteil (BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1) gemacht bzw - so die Kläger - einen "grundlegenden Paradigmenwechsel" vorgenommen, teilt der Senat diese Ansicht erneut nicht (vgl insoweit BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 60). Geld- und Pflegesachleistungen in der sPV sind nicht arbeitsentgelt- oder beitragsbezogen, sondern bedarfsbezogen. Der Aufwand für die Betreuung und Erziehung von Kindern kann daher in der sPV von vornherein nur auf der Beitragsseite berücksichtigt werden. Hiervon unterscheidet sich das Leistungsrecht in der GRV strukturell, weil danach Rentenleistungen hinsichtlich der Voraussetzungen ihrer Inanspruchnahme und hinsichtlich ihrer Höhe von der individuellen Versicherungsbiografie, einschließlich der konkreten Beitragsleistung abhängig sind (vgl § 63 SGB VI).

54

(f) Es ist nicht Sache des Revisionsgerichts darüber zu befinden, ob der Gesetzgeber seiner Pflicht, Versicherte mit Kindern mit Blick auf das Familienförderungsgebot "besser" durch Entlastungen der Versicherten auf der Beitragsseite statt - wie zB durch den Ausbau von Kindererziehungszeiten - auf der Leistungsseite nachgekommen wäre, ob der Gesetzgeber - mit anderen Worten - "die beste Lösung" gewählt hat. Eine zulässige Vorlage an das BVerfG kommt nur dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht von der Unvereinbarkeit der zur Prüfung gestellten Regelung mit der Verfassung ausgeht (vgl ua BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 RdNr 93 mwN). Bloße Zweifel sind nicht ausreichend. Erst recht würde es für eine zulässige Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG nicht ausreichen, wenn das Gericht lediglich eine andere, stärker familienfördernde gesetzliche Ausgestaltung des Beitragsrechts der GRV bzw der Sozialversicherung insgesamt für sozialpolitisch wünschenswert halten würde. Dies gilt auch hinsichtlich der von den Klägern thematisierten sozial- und gesellschaftspolitisch zukunftsgerichteten Angemessenheit der GRV aus volkswirtschaftlich/ökonomischer Sicht. Demzufolge bedarf ua die Frage, ob bei der Prüfung der Mindestgeschlossenheit der GRV (hierzu BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 36 ff) eine Quer- oder Längsschnittbetrachtung ökonomisch sinnvoller wäre (hierzu Stellungnahme Werding vom 9.3.2016 S 3 f), keiner Entscheidung. Es ist Aufgabe des dazu berufenen parlamentarischen Gesetzgebers, gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Entwicklungen zu beobachten und aus ihrer wissenschaftlichen Analyse Rückschlüsse für die künftige Ausgestaltung des Sozialversicherungssystems zu ziehen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Versicherte mit Kindern insoweit - aus ihrer subjektiven Sicht verständlich - weitergehende rechts- und familienpolitische Forderungen stellen. Deren Erfüllung ist verfassungsrechtlich jedoch nicht zwingend geboten.

55

cc) Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Beitragsrechts der GRV stehen auch nicht im Widerspruch zu Art 6 Abs 1 GG iVm Art 3 GG. Denn der besondere Schutz der Familie, zu dem Art 6 Abs 1 GG den Staat verpflichtet, hält den Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich an, jede zusätzliche finanzielle Belastung der Familie zu vermeiden. Der Staat ist durch die in Art 6 Abs 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie auch nicht gehalten, gerade die Beitragslast von Versicherten mit Kindern auszugleichen. Der Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ist zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, lassen sich konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten. Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl hierzu BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 35 mwN).

56

Im Übrigen ist festzustellen, dass das Gesetz zahlreiche derartige Leistungen vorsieht. Zu nennen sind ua familienfördernde und familienentlastende Leistungen in anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechts, des Sozialrechts und in anderen Rechtsbereichen zB die Gewährung von Versicherungspflichtzeiten im Arbeitsförderungsrecht für die Zeit der Kindererziehung (§ 26 Abs 2a SGB III), die Gewährung von Elterngeld und zuvor Erziehungsgeld (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, zuvor Bundeserziehungsgeldgesetz) oder die Gewährung von Kindergeld (Bundeskindergeldgesetz) oder bzw Kinderfreibeträgen im Steuerrecht (Einkommensteuergesetz).

57

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Der Beitrag ergibt sich aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß.

(2) Der Beitragsfuß wird durch Division des Umlagesolls durch die Beitragseinheiten (Arbeitsentgelte x Gefahrklassen) berechnet. Beitragseinheiten der Unternehmen nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten werden nicht berücksichtigt; für diese Unternehmen wird der Beitrag nach dem Beitragsfuß des letzten Umlagejahres berechnet.

(3) Die Einzelheiten der Beitragsberechnung bestimmt die Satzung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.312,40 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten und Berufungsbeklagten festgesetzten Zuschlag zum Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2010.

Die Klägerin betreibt einen Eishockeyclub, der in der Deutschen Eishockeyliga spielt. Sie ist Mitglied der Beklagten.

Mit bestandskräftigem Veranlagungsbescheid vom 25. August 2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach § 159 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nach dem geltenden Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Veranlagung erfolgte zu Gefahrtarifstelle 32 „Sportunternehmen“ (vgl. Teil I Buchstabe A des ab 1. Januar 2010 geltenden Gefahrtarifs). Die Gefahrtarifstelle war in drei Unterpunkte unterteilt:

– 32.1: bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81)

– 32.2: sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04)

– 32.3: übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42)

Zum 1. Januar 2010 trat außerdem eine geänderte Satzung der Beklagten in Kraft, die - insoweit gestützt auf § 162 Abs. 1 SGB VII - in § 28 (in der Fassung des 1. Nachtrages, der durch die damals fusionierenden Berufsgenossenschaften am 12. November bzw. 10. Dezember 2009 beschlossen und durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009 genehmigt wurde) das Beitragszuschlagsverfahren wie folgt neu regelte:

§ 28 Beitragszuschlagsverfahren

(1) Jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und jedem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versicherten Unternehmer (im Folgenden: Beitragspflichtige) werden unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 SGB VII). Wegeunfälle und Berufskrankheiten bleiben hierbei unberücksichtigt, ebenso Arbeitsunfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind.

(2) Führt der Beitragspflichtige einen Arbeitsunfall auf höhere Gewalt oder auf alleiniges Verschulden einer nicht zum Unternehmen gehörenden Person zurück und beruft er sich hierauf, so hat er den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach Einlegung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Bescheid zu führen.

(3) Die Berechnung der Zuschläge wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

1. Beobachtungszeitraum

Das Beitragszuschlagsverfahren wird jährlich nachträglich für das abgelaufene Geschäftsjahr (im folgenden: Beitragsjahr) durchgeführt unter Berücksichtigung der im Beitragsjahr bekannt gewordenen meldepflichtigen Arbeitsunfälle (im folgenden: Arbeitsunfall), der im Beitragsjahr festgestellten neuen Unfallrenten und der Todesfälle (gemeint sind nur Todesfälle, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfalltag eingetreten sind), die sich im Beitragsjahr ereignet haben.

2. Zuschlagspflichtige

Zuschlagspflichtig sind nur

2.1 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe I bis V der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Unternehmen ihrer Tarifstelle abweicht sowie

2.2 Beitragspflichtige gemäß § 3 Gruppe VI bis VII der Satzung, deren Belastung wesentlich von der Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen der jeweiligen Gruppe abweicht.

Wesentlich ist die Abweichung, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Tarifstelle bzw. der Gruppe liegt.

Beitragspflichtige, deren tatsächlich errechneter Beitrag unter dem jeweils geltenden Mindestbeitrag liegt und gemeinnützige Unternehmen sind vom Beitragszuschlagsverfahren ausgenommen.

3. Berechnung der Belastung

In das Zuschlagsverfahren werden grundsätzlich alle Unfälle gemäß Ziffer 1 einbezogen.

Jedes Unternehmen wird wie folgt belastet:

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfall:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 1 Punkt

* für jede im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente:

mit Kosten bis 10.000 Euro: Null Punkte mit Kosten über 10.000 Euro: 50 Punkte

* für jeden im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfall (siehe Absatz 3 Ziff. 1): 100 Punkte Für einen Unfall können mehrere Punktwerte anfallen; ein Unfall kann ferner in zwei verschiedenen Beitragsjahren bepunktet werden, wenn die Meldung des Arbeitsunfalles und die Feststellung der Unfallrente bzw. der Eintritt des Todesfalles in verschiedenen Beitragsjahren erfolgen.

3.1 Berechnung der Einzelbelastung Zur Berechnung der Einzelbelastung werden die Punkte jedes Unternehmens addiert (Belastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag des Unternehmers für das Beitragsjahr bezogen.

Für die Berechnung der Einzelbelastung gilt folgende Formel:

Belastungspunkte des Unternehmens im Beitragsjahr x 10.000

… = Einzelbelastung Beitrag des Unternehmers im Beitragsjahr

3.2 Berechnung der Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der Durchschnittsbelastung werden die Punkte aller Unternehmen einer Gefahrtarifstelle (siehe Ziffer 2.1) bzw. der Gruppe VI oder VII (siehe Ziffer 2.2 - im folgenden Gruppe -) addiert (Gesamtbelastungspunkte) und auf je 10.000 Euro Beitrag der Unternehmer einer Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe für das Beitragsjahr bezogen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe des § 3 der Satzung ist das Hauptunternehmen.

Für die Berechnung der Durchschnittsbelastung gilt folgende Formel:

Gesamtbelastungspunkte der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der Gruppe im Beitragsjahr x 10.000

… = Durchschnittsbelastung Beitrag aller Unternehmer der jeweiligen Gefahrtarifstelle/ der jeweiligen Gruppe im Beitragsjahr

4. Höhe des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag beträgt

* 5 v.H. des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages, wenn die Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. bis einschließlich 100 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt,

* 7,5 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 100 v.H. bis einschließlich 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt und

* 10 v.H., wenn die Einzelbelastung um mehr als 200 v.H. über der Durchschnittsbelastung der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe liegt.

Für Unternehmen aus Unternehmensarten, deren Belastung im Umlagejahr zu 20 v.H. oder mehr aus Leistungen für Berufskrankheiten besteht, wird der Beitrag um den entsprechenden Anteil der Berufskrankheiten gekürzt (anrechenbarer Beitrag).

Für die Berechnung der Beiträge nach den Ziffern 3 und 4 wird nur der Beitragsanteil herangezogen, der sich aus dem Umlagesoll für die Berufsgenossenschaft (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ergibt.

5. Zahlung des Beitragszuschlags

Der Zuschlag zum Beitrag wird mit dem Beitrag des Beitragsjahres erhoben, spätestens bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr folgenden Jahres.

(4) Durchführungsbestimmungen

Der Vorstand kann Übergangs- und Durchführungsbestimmungen erlassen.

§ 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten listet, unterteilt in sieben Gruppen, die Unternehmensarten auf, für die die Beklagte sachlich zuständig ist. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu Gruppe III, die mit „Verwaltungen“ überschrieben ist und die auch „Sportvereine und Sporteinrichtungen, Vereine und Einrichtungen, die der Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit dienen sowie selbständige Musikkapellen“ erfasst. Außerdem gehören zu dieser Gruppe u.a. Kirchenverwaltungen, diplomatische Kanzleien, Parteien, Berufs-, soziale und sonstige Verbände sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. „Banken“ bilden eine eigenständige Gruppe (Gruppe I).

Mit Beitragsbescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin den Gesamtbeitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 383.788,86 Euro mit. Der Gesamtbeitrag setzte sich zusammen aus dem Beitrag zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Höhe von (i.H.v.) 366.248,32 Euro und dem Betrag für Fremdumlagen. Bei der Berechnung des Beitrages zur VBG legte die Beklagte Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 205.055,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 und i.H.v. 1.681.091,00 Euro bezogen auf die Gefahrklasse 45,04 zugrunde; bezogen auf die Gefahrklasse 57,81 wurden keine Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.

Aufgrund eines geänderten Entgeltnachweises für das Jahr 2010 änderte die Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2011 mit weiterem Beitragsbescheid vom 1. Juli 2011 dahingehend ab, dass sie nun bei der Berechnung des Beitrages zur VBG bezogen auf die Gefahrklasse 2,42 Bruttoarbeitsentgelte i.H.v. 241.882,00 Euro zugrunde legte. Der Beitrag zur VBG erhöhte sich dadurch auf 366.684,45 Euro und der Gesamtbeitrag auf 384.317,96 Euro. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Nach Anhörung setzte die Beklagte außerdem mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 2011 gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag i.H.v. 36.624,81 Euro (Zuschlag von 10%) fest. Dabei berücksichtigte sie die vier Arbeitsunfälle folgender Spieler mit folgenden Daten:

– Sch. (nachfolgend: Sch.), Unfall vom 9. September 2007, Registrierdatum 6. November 2007, Entschädigungsdatum 09/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– K. (nachfolgend: K.), Unfall vom 2. Januar 2007, Registrierdatum 9. Januar 2007, Entschädigungsdatum 05/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– D. (nachfolgend: D.), Unfall vom 28. August 2009, Registrierdatum 2. September 2009, Entschädigungsdatum 11/2010, Belastungstyp Rente, Belastungspunkte 50,00

– S. (nachfolgend: S.), Unfall vom 12. Januar 2010, Registrierdatum 21. Januar 2010, Belastungstyp Unfall, Belastungspunkte 1,00 Der Beitragszuschlag errechnete sich nach § 162 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 28 der Satzung der Beklagten aus dem anrechenbaren Beitrag zur VBG i.H.v. 366.248,13 Euro, Unfallbelastungspunkten von insgesamt 151,00, einer Belastungsziffer der Klägerin von 4,1228, einer Durchschnittsbelastungsziffer von 0,92 und einer Abweichung der Belastungsziffer der Klägerin zur Durchschnittsbelastungsziffer von 348,13%.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zugleich Einsicht in die Akten der dem Beitragszuschlag zugrunde gelegten Unfälle. Über Folgeschäden bzw. Rentenzahlungen an die betroffenen Eishockeyspieler sei der Klägerin nichts bekannt; vielmehr seien die betreffenden Personen auch nach den Unfällen als Eishockeyspieler voll im Einsatz gewesen. Zugleich wurden zahlreiche Bedenken gegen die Beitragszuschläge vorgetragen. Erstens handele es sich bei dem Beitragszuschlag in Wahrheit um ein „der Höhe nach willkürlich festgesetztes Ordnungsgeld als Beugemittel mit dem Anspruch auf künftiges präventives ‚Wohlverhalten'…“. Zweitens seien nach § 162 SGB VII Zuschläge „unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle“ möglich. Die Satzung der Beklagte stelle stattdessen jedoch auf das Beitragsjahr der Feststellung der Unfallrente ab (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 der Satzung). Überdies sei die Satzung nach ihrem § 56 erst am 1. Januar 2010 in Kraft getreten und eine rückwirkende Anwendung auf Unfälle aus den Jahren 2007 bzw. 2009 rechtswidrig. Die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Kosten der festgestellten Renten eine Rolle spielen würden, käme es jedenfalls nur auf die tatsächlich im Beitragsjahr gezahlten Rentenleistungen an. In dem vorliegenden Fall sei außerdem zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen der Profiligen insgesamt um das Dreifache höher liege als die Belastung der Beklagten durch entsprechende Entschädigungsleistungen. Durch die zusätzliche Auferlegung von Beitragszuschlägen gerate das Gesamtgefüge gänzlich außer Verhältnis und stehe jenseits des hier allein anzuwendenden Versicherungsprinzips. Die Zuschlagsbelastung führe bei Profisportunternehmen zu einer endgültigen Erdrosselung unter eklatantem Verstoß gegen das Übermaßverbot. Darüber hinaus würden die sehr hohen Gefahrklassen z.B. bei Sportunternehmen gegenüber Unternehmen mit sehr niedrigen Gefahrklassen (wie z.B. Banken) bei einer gleich hohen Einzelbelastung (gemessen an den Belastungspunkten) dazu führen, dass der Beitragszuschlag bei Sportunternehmen um ein Vielfaches höher ausfalle. Letztlich enthalte die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beseitige all diese Einwendungen nicht.

Mit undatiertem Widerspruchsbescheid, bei der Klägerin am 6. Dezember 2011 eingegangen, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 zurück. Bei der Erhebung des Zuschlages handele es sich gesetzessystematisch um eine Beitragsverpflichtung. Diese sei rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle Unternehmen der Beklagten der gleichen Beitragszuschlagsberechnung unterliegen würden. Ein Vergleich mit anderen Unternehmensarten mit deutlich geringerer Gefahrklasse (z.B. einer Bank) führe zu keinem verwertbaren Ergebnis. Vielmehr spiegle eine höhere Gefahrklasse die größere Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines Unfalls z.B. bei einem Eishockeyspieler gegenüber einem Bankangestellten wider. Darüber hinaus liege keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Eine Begrenzung des Zuschlages erfolge über § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten zu den Arbeitsunfällen bestehe aus Datenschutzgründen nicht. Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden würden sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergeben.

Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut mit dem Ziel, den Beitragszuschlagsbescheid aufzuheben. Zugleich beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 (S 9 U 338/11 ER) lehnte das SG Landshut den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 27. Juni 2012 (L 2 U 134/12 B ER) zurück.

Im Klageverfahren vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin seine bisherigen Ausführungen. Er bestritt, dass den Sportlern berechtigterweise Unfallrenten zugesprochen worden seien. Die Unfälle seien im Übrigen ausschließlich auf Fremdverschulden zurückzuführen. Dies ergebe sich aus den der Klägerin noch vorliegenden Kopien der Unfallanzeigen. Der Spieler K. sei z.B. von seinem Gegner gecheckt worden. Regelverstöße seien nicht durch die Einwilligung des kampfbetonten Eishockeyspiels gedeckt. Zivilrechtlich bestehe ein Schadensersatzanspruch, wenn nachgewiesen werden könne, dass der Mitspieler schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfes verstoßen habe. Soweit die Satzung die Frage einer überdurchschnittlichen Belastung mit Hilfe eines Vergleichs mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 ermittle, sei dies unrichtig. Der Vergleich habe nur im Verhältnis zu der Gefahrtarifstelle 32.2 erfolgen dürfen. Mit der Sonderregelung in § 28 Abs. 3 Ziffer 2.2 der Satzung verstoße die Beklagte außerdem insofern gegen das Gleichheitsgebot, als dort die durchschnittliche Belastung nicht innerhalb der jeweiligen Gefahrtarifstelle berechnet werde, sondern innerhalb der Gruppe VI und VII des § 3 der Satzung. Die Satzung der Beklagten berücksichtige nach ihrem Wortlaut nur die Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle, nicht die Höhe der anfallenden Kosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2013 Bezug genommen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 10. Mai 2012 die Rentenbescheide der drei betroffenen Spieler vor und teilte mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2014 die Entschädigungsleistungen im Jahr 2010 mit. Daraus ergeben sich die folgenden weiteren Daten:

– Sch.: Rentenbescheid vom 1. September 2010, Rentenbeginn am 19. April 2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 62.584,23 Euro

– K.: Rentenbescheid vom 28. Mai 2010, Rentenzahlung vom 15. August 2007 bis 31. Dezember 2009 nach einer MdE von 20 v.H. (Zahlbetrag insg.: 17.264,42 Euro; Monatsbetrag zuletzt 618,67 Euro), außerdem Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 1.928,00 Euro

– D.: Rentenbescheid vom 3. November 2010, Rentenbeginn am 3. August 2010 nach einer MdE von 20 v.H., Rentenleistungen i.H.v. 4.606,44 Euro, Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 59.779,73 Euro

– S.: Heilverfahren und sonstige Kosten i.H.v. 10.816,89 Euro Außerdem vertiefte die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2013 und vom 14. Februar 2014 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit ihrer Satzung sowie des angefochtenen Beitragszuschlagsbescheides. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

In einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17. September 2014 erklärte sich die Beklagte bereit, den Unfall des Spielers D. aus der Berechnung des Beitragszuschlages herauszunehmen. Der Zuschlag reduzierte sich damit auf 27.468,61 Euro.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2014 (S 9 U 339/11) änderte das SG Landshut den angefochtenen Bescheid der Beklagten dahingehend weiter ab, dass der Unfall des Spielers Sch. vom 9. September 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wodurch sich der Beitragszuschlag halbiere und die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den bereits gezahlten Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,41 Euro zurückzuzahlen. Im Übrigen wies das SG Landshut die Klage ab. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf 36.624,81 Euro fest. Zur Begründung wies die Kammer darauf hin, dass die Satzung der Beklagten zwar der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 162 Abs. 1 SGB VII entspreche und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot oder das Rückwirkungsverbot verstoße. Hierzu nahm die Kammer Bezug auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 10. Dezember 2013 (- S 1 U 74/12 -, Bl. 150 ff. der Akte des BayLSG), welches den Beteiligten bekannt war. Auch sei der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten formell rechtmäßig. Allerdings habe der Unfall des Spielers Sch. nicht berücksichtigt werden dürfen, da es sich nicht um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Soweit die Beklagte die Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. zutreffend mit insgesamt 51 Belastungspunkten berücksichtigt habe, würden sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Unfälle durch das alleinige Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden seien. Denn bei einer Sportart wie dem Eishockey liege eine gegenseitige Einwilligung der Spieler in Handlungen vor, wie sie dem üblichen Spielverlauf entsprechen. Ein Fremdverschulden im Sinne der Satzung der Beklagten könne nur dann vorliegen, wenn Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig in besonders rücksichtsloser Weise handeln. Hierfür ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte; insbesondere sei nicht ersichtlich, dass ein Strafverfahren durchgeführt oder Schadensersatzforderungen geltend gemacht worden wären.

Gegen den ihm am 20. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zum Kriterium der „Schwere“ eines Arbeitsunfalls ist nun vorgetragen worden, dass hierfür nicht die Kosten entscheidend seien, sondern der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der Grad der MdE bzw. die Art der Unfallfolgen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Beitragszuschlagsverfahren anderer Mitgliedsunternehmen bereit erklärt habe, die Bescheide aufzuheben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 16. Januar 2015, vom 25. Oktober 2016, vom 24. Februar 2017, vom 19. Juni 2017, vom 2. Oktober 2017 und vom 4. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihrerseits die Berechnung des Beitragszuschlages näher erläutert sowie ihre Rechtsausführungen vertieft. Insbesondere liege es im Gestaltungsermessen der Vertreterversammlung der Beklagten, die Schwere eines Arbeitsunfalls vereinfachend anhand der Kosten, der Zahlung einer Unfallrente sowie des Eintrittes des Todes als schlimmster Unfallfolge zu differenzieren. Die Unterscheidung zwischen den Zuschlagspflichtigen in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass es sich bei dem Gefahrtarif 2010 um einen Fusionsgefahrtarif gehandelt habe, dem die Tarifstellen der Fusionspartner einfach angehängt worden seien. Durch das Abstellen auf die „Gruppe“ habe vermieden werden sollen, dass sich das Ausgleichsverfahren auf Kleinst-Gefahrtarifstellen beziehe. Somit werde nicht Gleiches ungleich behandelt. Ergänzend hat die Beklagte zahlreiche Kopien sozialgerichtlicher Urteile vorgelegt, die sich mit ihrer Satzungsregelung befassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016, vom 21. April 2017, vom 14. September 2017 und vom 1. Dezember 2017 Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge einschließlich der Akten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Beitragszuschlagsbescheid der Beklagten vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, am 6. Dezember 2011 bei der Klägerin eingegangen. Insoweit steht noch der hälftige Beitragszuschlag im Streit, nachdem zunächst die Beklagte den Unfall des Spielers D. aus der Zuschlagsberechnung herausgenommen und anschließend das SG Landshut den Beitragszuschlagsbescheid dahingehend abgeändert hat, dass auch der Unfall des Spielers Sch. nicht zu berücksichtigen ist. Berufung wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von der Beklagten eingelegt. Sonstige Fragen, insbesondere zur Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2010, sind nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.

Soweit der von der Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgesetzte Beitragszuschlag nach der Änderung durch den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 11. Dezember 2014 noch auf 18.312,40 Euro beläuft, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag wurde anhand der Satzungsregelungen, die ihrerseits nicht zu bestanden sind, zutreffend berechnet.

1. Das Beitragsbzw. Beitragszuschlagsverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung basiert - soweit hier relevant - auf folgenden Grundsätzen:

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden grundsätzlich durch Beiträge der beitragspflichtigen Unternehmer aufgebracht (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, die den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge sowie des Verwaltungsvermögens decken muss (§ 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Veranlagung zu den Gefahrklassen erfolgt nach dem als Satzung anzusehenden Gefahrtarif der jeweiligen Berufsgenossenschaft (§ 159 Abs. 1 SGB VII). Der von dem Unternehmer zu leistende Beitrag ergibt sich aus den Arbeitsentgelten sowie der Gefahrklasse seines Unternehmens und dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 12). Gemäß § 168 Abs. 1 SGB VII teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (Beitragsbescheid).

Des Weiteren haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle (vgl. § 193 Abs. 1 und 2 SGB VII) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII können auch Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten durch die Satzung ausgenommen werden. Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII; so insg. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 13).

Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 725 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Soweit nicht die geringfügigen Änderungen betroffen sind, kann daher weiterhin auf die zu § 725 Abs. 2 RVO ergangene Rechtsprechung abgestellt werden (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und unter Benennung dieser Änderungen).

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG gilt daher weiterhin (und auch für das vorliegende Verfahren), dass ein Zuschlags-Nachlass-Verfahren als solches zwingend vorgeschrieben ist. Das Verfahren muss Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen. Grenzen sind das Versicherungsprinzip und der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Das Verfahren soll dem Zweck dienen, mit Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu bewirken. Nach den im Gesetz vorgesehenen Kriterien für die Höhe der Zuschläge und Nachlässe („Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle“) ist das tatsächliche objektive Unfallgeschehen als Folge der durch den Betrieb bedingten Gefahrenlage ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.). Die Vorschrift dient außerdem dazu, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder der Berufsgenossenschaften gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 19 m.w.N.).

In Einklang mit der Rechtsprechung des BSG wird in der Literatur zum Zweck des sog. Beitragsausgleichsverfahrens außerdem darauf hingewiesen, dass dieses auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens ausgerichtet ist. Es geht um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung, die in den Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität, aber auch teilweise mit erheblichem Kostenaufwand betrieben wird. Durch eine finanzielle Be- und Entlastung soll auf eine verstärkte Unfallverhütung und damit insbesondere auf eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes hingewirkt werden (Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 17, 19). Durch das Beitragsausgleichsverfahren wird die individuelle Unfallgefahr des Unternehmens zu einem Faktor der Beitragsberechnung (Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 2; ähnlich Schmidt., in: SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3). Es dient der Förderung der Prävention durch Beitragsanreize (Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 2). Das Einzelverhalten, also Erfolg und Misserfolg der Prävention im eigenen Unternehmen, soll unmittelbar zu finanziellen Vor- oder Nachteilen führen (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 2). Zuschläge und Nachlässe bewirken eine Umverteilung der Beitragsbelastung. Der Eintritt des Versicherungsfalles soll entsprechend § 1 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln vermieden werden. Das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen soll sich in der Beitragshöhe niederschlagen. Die genossenschaftlich haftenden Mitglieder sollen gerechter an dem wirtschaftlichen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben (Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 1, 2). Bigge (in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 1) spricht von einer verursachungsgerechten Heranziehung zu den Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Beklagte der Klägerin für das Beitragsjahr 2010 zu Recht einen im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Beitragszuschlag in Höhe von 18.312,40 Euro auferlegt. Das von der Beklagten nach Maßgabe des § 28 ihrer Satzung durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren ist mit der Ermächtigungsnorm vereinbar (hierzu unter a) und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG; hierzu unter b), das Übermaßverbot bzw. den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hierzu unter c), das Rückwirkungsverbot (hierzu unter d) oder sonstiges höherrangiges Recht (hierzu unter e). Relevante Fehler bei der Berechnung des Zuschlages liegen ebenfalls nicht vor (hierzu unter f).

a) Das von der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 durchgeführte Beitragszuschlagsverfahren richtet sich nach § 28 ihrer ab 1. Januar 2010 geltenden (Fusions-)Satzung in der Fassung des 1. Nachtrages vom 12. November/ 10. Dezember 2009 (genehmigt durch das Bundesversicherungsamt am 17. Dezember 2009). Danach werden unter Bezugnahme auf § 162 SGB VII jedem Unternehmer mit Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Von der Verpflichtung (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) bzw. der Möglichkeit (§ 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII), Versicherungsfälle außer Ansatz zu lassen, hat die Beklagte (abgesehen von der Möglichkeit, Unfälle auf Betriebswegen auszunehmen) Gebrauch gemacht.

U.a. bleiben solche Arbeitsunfälle unberücksichtigt, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Letzteres ist vom Beitragspflichtigen nachzuweisen (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Zuschlagspflichtig ist der Beitragspflichtige, dessen Einzelbelastung um mehr als 25 v.H. über der Durchschnittsbelastung der jeweiligen Vergleichsgruppe liegt. Abzustellen ist dabei auf das jeweilige Beitragsjahr (§ 28 Abs. 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung). Die Berechnung der Einzelsowie der Durchschnittsbelastung bestimmt sich nach § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung. Die Höhe des Beitragszuschlages bemisst sich in Prozentpunkten des für das Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages und beträgt - abhängig von der Höhe der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung - 5 v.H., 7,5 v.H. oder höchstens 10 v.H. dieses Beitrages (§ 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung).

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Satzung der Beklagten ist zu beachten, dass es sich hierbei um autonomes Recht handelt (§ 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), das - so auch hier - von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 Satz SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. § 162 SGB VII lässt den Berufsgenossenschaften daher einen weiten Spielraum zur Gestaltung ihres Beitragsausgleichsverfahrens. Auch die Entscheidung, auf welche Weise Zuschläge bzw. Nachlässe im Einzelnen berechnet werden, erfolgt nach § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. auch: BSG, Urteil vom 6. Mai 2003 - B 2 U 7/02 R -, SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 und juris Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 30 und BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 20, letzterer mit näherer Begründung). Ob die Vertreterversammlung in diesem Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden. Die Satzungsregelungen unterliegen der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vielmehr nur im Hinblick darauf, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 18 m.w.N.). Relevant ist insbesondere, ob die Regelungen überhaupt geeignet sind, den mit dem Beitragsausgleichsverfahren verfolgten Zielen zu dienen. Dabei ist nicht auf die speziellen Verhältnisse des klagenden Unternehmens, sondern auf die Gesamtheit aller Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 22).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Grenzen richterlicher Prüfungsbefugnis bewegt sich die Satzung der Beklagten im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, wenn sie bestimmt, dass die Zuschläge zum Beitrag unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der anzuzeigenden Arbeitsunfälle auferlegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der die dort genannten Berechnungselemente (Zahl, Schwere oder Aufwendungen für die Versicherungsfälle) mit dem Wort „oder“ verknüpft und die damit im Sinne einer Alternative zu verstehen sind, können die vorgegebenen Merkmale ausdrücklich alternativ oder kombiniert verwendet werden. Auch ein allein auf eines der Berechnungselemente abstellendes Beitragsausgleichsverfahren ist mithin zulässig (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Auffassung der Klägerin, wonach die Satzung, obwohl sie als Merkmale in § 28 Abs. 1 nur Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle nenne, tatsächlich doch auch auf die Kosten abstelle, trifft nicht zu. Selbst wenn diese Auffassung jedoch zuträfe, würde dies lediglich dazu führen, dass die Satzung tatsächlich alle drei Merkmale des § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII für die Berechnung der Höhe des Beitragszuschlages heranziehen würde; sie würde sich auch damit noch innerhalb des Rahmens der Ermächtigungsnorm bewegen.

Tatsächlich jedoch benennt die Satzung der Beklagten in ihrem § 28 Abs. 1 nicht lediglich Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle als Berechnungsgrundlagen, sondern konkretisiert diese Vorgabe in § 28 Abs. 3, der die Details der Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge aufzeigt, konsequent und ermächtigungskonform. Dabei stellt die Satzung der Beklagten ganz vorrangig auf die Schwere des Arbeitsunfalls ab und definiert diesen Begriff typisierend und entsprechend den Anforderungen einer Massenverwaltung vereinfachend anhand dreier Merkmale (§ 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung): Erstens unterscheidet sie alle anzuzeigenden Arbeitsunfälle anhand der anfallenden Kosten, wobei ein Unfall mit Kosten über 10.000 Euro als schwer im Sinne der Satzung bewertet wird (Bewertung mit 1 Belastungspunkt). Zweitens differenziert sie danach, ob eine Unfallrente festgestellt worden ist oder nicht; wenn ja, handelt es sich wiederum um einen schweren Unfall, sofern die Kosten mehr als 10.000 Euro betragen. Durch die Bewertung mit nunmehr 50 Belastungspunkten bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass ein entsprechend kostenintensiver Arbeitsunfall, der außerdem zu einer Rentenzahlung führt, deutlich schwerer zu gewichten ist, als ein vergleichbar kostenintensiver Arbeitsunfall ohne Rentenzahlung. Drittens werden mit 100 Belastungspunkten solche Unfälle (nunmehr unabhängig von ggf. nur geringen Kosten) als besonders schwer eingestuft, die zum Tod des Versicherten geführt haben.

Daraus ergibt sich, dass die Aufwendungen für den einzelnen Versicherungsfall nur eine untergeordnete Rolle in dem Sinne spielen, dass sie eine grobe Einteilung in jeweils schwere und weniger schwere Arbeitsunfälle bewirken. Darüber hinaus werden die konkreten Aufwendungen weder erfasst noch spielen sie eine Rolle für die Höhe des Beitragszuschlages oder die Berechnung der Einzelbzw. Durchschnittsbelastung. Eine vergleichende Berechnung der Kosten, die von den einzelnen Versicherungsfällen verursacht wurden, findet nicht statt.

Im Ergebnis erfolgt eine Einteilung aller anzuzeigenden Arbeitsunfälle in vier Fallgruppen mit aufsteigendem Schweregrad: Die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe mit den leichtesten bzw. am wenigsten schweren Unfälle erfüllen zwei verschiedene Sachverhaltskonstellationen. Erstens die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten bis 10.000 Euro und zweitens Arbeitsunfälle (ebenfalls mit Kosten bis 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden jeweils mit Null Punkten bewertet. Die zweite Fallgruppe bilden die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Arbeitsunfälle mit Kosten über 10.000 Euro, die mit 1 Punkt bewertet werden. Zur dritten Fallgruppe gehören Arbeitsunfälle (mit Kosten über 10.000 Euro), für die im Beitragsjahr eine Unfallrente festgestellt wurde. Sie werden mit 50 Punkten bewertet. In die vierte Fallgruppe der schwersten Arbeitsunfälle, die mit 100 Punkten bewertet werden, fallen die im Beitragsjahr bekannt gewordenen Todesfälle.

Wenn die Beklagte die genannten Merkmale als Maßstäbe für die Beurteilung der Schwere eines Arbeitsunfalls zugrunde legt, so ist dies nicht zu beanstanden. Eine einheitliche, ggf. gar verbindliche Festlegung, wonach die Schwere eines Arbeitsunfalles zu bemessen wäre, existiert nicht. Insbesondere ergeben sich keine Vorgaben aus der Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Denkbar sind hier zweifellos zahlreiche Kriterien. Dem Bevollmächtigten der Klägerin kann daher zugestimmt werden, wenn er darauf hinweist, dass Kriterien wie der Grad der Verletzung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung, der MdE und/ oder die Art der Unfallfolgen herangezogen werden könnten. Nicht zuzustimmen ist dem Bevollmächtigten jedoch darin, dass die Kosten überhaupt kein geeignetes Kriterium sein können. Überdies zeigen seine Darlegungen lediglich auf, dass auch andere Beurteilungsmaßstäbe möglich wären; eine Rechtswidrigkeit der Satzungsregelung ergibt sich daraus nicht.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche Regelung insoweit am zweckmäßigsten, vernünftigsten und gerechtesten wäre. Diese Festlegung obliegt vielmehr der Beklagten; hierzu gehört es auch, sachgerechte Qualifizierungs- und Quantifizierungsmerkmale für die Schwere eines Arbeitsunfalls zu finden. Vorliegend sind die von der Satzung vorgesehenen Merkmale nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für das Merkmal der Kosten (hier bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr), welches durchaus geeignet ist, die Schwere eines Arbeitsunfalles typisierend zu erfassen. Denn erhebliche Verletzungen mit aufwendigem und/ oder langandauerndem Behandlungsbedarf und ggf. längerer Arbeitsunfähigkeit oder sogar eintretenden Dauerfolgen gehen regelmäßig mit höheren Kosten einher. So sind z.B. mit stationären Krankenhausaufenthalten regelmäßig höhere Kosten verbunden als mit ambulanten Behandlungen, langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten führen zusätzlich zu entsprechenden Ansprüchen auf Zahlung von Verletztengeld und die Höhe einer ggf. zu zahlenden Rente bemisst sich u.a. nach der Höhe der MdE. Die angefallenen Kosten stellen schließlich ein Merkmal dar, welches sich relativ einfach feststellen lässt - ein Umstand, dem im Rahmen einer Massenverwaltung ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht beigemessen werden kann.

Die Satzung der Beklagten trifft außerdem eine Unterscheidung zwischen Unfällen, die keine Rente nach sich ziehen und daher (abgesehen von Todesfällen) nur einmal - nämlich bei der Meldung - zu berücksichtigen sind, sowie Unfällen, die eine Rente nach sich ziehen und damit - bei der Feststellung der Rente - ein weiteres Mal zu berücksichtigen sind. Da die Feststellung einer Unfallrente regelmäßig voraussetzt, dass beim Versicherten länger andauernde gesundheitliche Unfallfolgen vorliegen, spricht auch dieser Umstand typisierend für einen erhöhten Schweregrad des Arbeitsunfalls. Zweifellos kann schließlich ein Unfall mit Todesfolge beanstandungsfrei im Rahmen des dem Satzungsgebers obliegenden Gestaltungsspielraumes als die schwerste Form eines Arbeitsunfalls eingestuft werden - dies auch unabhängig von den anfallenden Kosten, die in einem solchen Fall ggf. sogar vergleichsweise gering sein können. Die Beklagte stellt damit indirekt durchaus auf solche Umstände ab, die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgeschlagen worden sind, insbesondere den Grad der Verletzungen bzw. die Art der Unfallfolgen. Während es der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch offen lässt, wie diese Umstände gemessen werden könnten, hat die Beklagte hierauf mit ihrer Satzungsregelung eine Antwort gegeben.

Durch die Gerichte ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung solche Unfälle als (besonders) schwer ansieht, die erstens eine bestimmte Kostengrenze überschreiten, zweitens eine Unfallrente nach sich ziehen oder drittens sogar zum Tod des Versicherten führen. Die Beklagte muss bei der Auswahl der Merkmale, die sie zur Bestimmung der Schwere eines Arbeitsunfalls heranzieht, auch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen einer Massenverwaltung berücksichtigen. Sie muss daher darauf achten, dass die maßgeblichen Merkmale und Berechnungsgrundlagen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln und anzuwenden sind. Dabei können nicht alle Besonderheiten eines jeden Einzelfalles Berücksichtigung finden. Zugleich müssen die Merkmale mit einem möglichst hohen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit feststellbar sein. Der Grad der Verletzung bzw. die Art der Unfallfolgen können vor diesem Hintergrund nur insoweit eine Bedeutung erlangen, als sie mit messbaren und leicht feststellbaren Kriterien konkretisiert werden. Grundsätzlich weniger geeignet erscheint ein Abstellen auf die Dauer der Heilbehandlung, da sich diese unter Umständen über Jahre und Jahrzehnte, ggf. sogar lebenslang erstrecken kann.

Die Berechnung des Beitragszuschlages unter Zugrundelegung eines Punktesystems, welches die dem Grunde nach in der jeweiligen Kategorie als schwer eingestuften Arbeitsunfälle (hohe Kosten im Beitragsjahr, Unfallrente mit zugleich hohen Kosten im Beitragsjahr bzw. Todesfall) nochmals hinsichtlich ihres jeweiligen Schweregrades gewichtet, ist ebenfalls von dem weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt; konkrete Vorgaben hierzu enthält die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII nicht. Gleiches gilt für die Differenzierung nach den anfallenden Kosten bis 10.000 Euro bzw. über 10.000 Euro. Insoweit muss der Beklagten als Satzungsgeber - vergleichbar einem Gesetzgeber - insbesondere auch zugestanden werden, die von ihr ursprünglich prognostizierten Auswirkungen ihrer Satzungsregelungen im Rahmen ihrer tatsächlichen Anwendung zu beobachten und dahingehend zu überprüfen, ob die gewünschten Anreizwirkungen bei den Mitgliedsunternehmen eintreten und unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Ggf. kann sie dann in den Folgejahren durch eine Änderung ihrer Satzung bzw. der darin enthaltenen Abgrenzungskriterien gegensteuern.

Dafür, dass es hier gegenüber den Mitgliedsunternehmen im Allgemeinen oder der Klägerin im Besonderen zu irgendwelchen untragbaren Auswirkungen gekommen wäre, ist nichts ersichtlich. Hierfür genügt es nicht, dass ggf. bereits - wie hier - ein Unfall mit Zahlung einer Unfallrente ausreicht, um einen Beitragszuschlag zu bewirken. Ab wann ein Beitragszuschlag faktisch wegen der Abweichung von der Durchschnittsbelastung eingreift, ist nicht zuletzt abhängig von der Struktur und dem Unfallrisiko der jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Unfallversicherungsträgers. Dabei widerspricht es keinesfalls dem Willen des Gesetzgebers, wenn eine Belastung des Unternehmens bereits bei einem einzigen Arbeitsunfall eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22). Da Ausgangspunkt der Auferlegung eines Beitragszuschlages hier eine entsprechend hohe Abweichung der Belastung des einzelnen Unternehmens von der Durchschnittsbelastung ist, kann ein Beitragszuschlag ohnehin nur dann eingreifen, wenn bereits durch diesen einen Unfall eine derartige Abweichung erreicht wird. Aufgrund der von der Satzung der Beklagten vorgegebenen Staffelung mittels eines Punktesystems mit Null, 1, 50 und 100 Punkten wird dies hier voraussichtlich erst bei einem einzigen Unfall mit festgestellter Rente oder mit Todesfolge der Fall sein. Die Staffelung durch das Punktesystem wird zudem im Ergebnis abgemildert durch die Deckelung des Zuschlages auf maximal 10 v.H. des Beitrages.

Es wird schließlich auch jeder anzuzeigende Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 SGB VII) für das Beitragszuschlagsverfahren im Sinne von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII berücksichtigt. Berücksichtigen bedeutet seinem Wortsinn nach nicht mehr als zur Kenntnis nehmen (dudenonline: bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten, nicht übergehen, in seine Überlegungen einbeziehen). Eine bestimmte Konsequenz wird danach nicht vorausgesetzt. Dass sich ein Unfall ggf. mit dem Punktwert „Null“ auf die Höhe des Beitragszuschlags (nicht) auswirkt, bedeutet nicht, dass er nicht berücksichtigt wird. Die fehlende Auswirkung auf den Beitragszuschlag ist lediglich das konsequente Ergebnis der unterschiedlichen Gewichtung der Unfälle entsprechend ihrem jeweiligen Schweregrad und entspricht der ermächtigungskonformen Intention der Beklagten, vorrangig auf die Schwere eines Unfalls abzustellen. Diese Gewichtung wirkt sich dann - wie in § 162 Abs. 1 SGB VII vorgesehen - auf die Höhe des Beitragszuschlages aus. Schließlich fordert § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII auch bezüglich der Zahl der Versicherungsfälle keine spezifische Berücksichtigung dieses Merkmals. Die Ermächtigungsnorm verlangt nicht, dass jeder Unfall mit einer gleichen oder zumindest einer bestimmten Wertigkeit zu berücksichtigen ist.

Die Satzung der Beklagten zielt erkennbar darauf, durch das Beitragszuschlagsverfahren Anreize für eine gute Präventionsarbeit zu schaffen. Sie legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schwere Arbeitsunfälle; insbesondere die mit Feststellung einer Rente oder mit Todesfolge. Ist die Regelung somit - wie dargelegt - sachlich begründet, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt für eine willkürliche Regelung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 1 BvL 13/96 -, BVerfGE 106, 201 und juris Rn. 16). Soweit die Unternehmer durch das Beitragszuschlagsverfahren angeregt werden sollen, insbesondere schwere Unfälle zu vermeiden, bedeutet dies aber nicht, dass der Unternehmer jeden Unfall, der zu einem Zuschlag führt, auch tatsächlich verhindern kann bzw. verhindern können muss.

Der von der Beklagten gewählte Bewertungsmaßstab ist danach insgesamt nicht zu beanstanden und kann nicht durch einen anderen Bewertungsmaßstab, den ggf. das Gericht oder die Klägerin für sinnvoller oder zweckmäßiger halten, ersetzt werden.

bb) Die Satzung der Beklagten verstößt darüber hinaus nicht deshalb gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII, weil sie lediglich die Auferlegung von Zuschlägen, nicht jedoch auch die Bewilligung von Nachlässen vorsieht. Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach dem klaren Wortlaut der Regelung neben kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren auch reine Zuschlagsverfahren bzw. reine Nachlassverfahren zulässig sind. Die Zulässigkeit eines reinen Zuschlagsverfahrens steht außerdem mit dem Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens sowie mit dem Willen des Gesetzgebers, dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, in Einklang (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris, die dagegen eingelegte Revision wurde vom BSG mit Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 21/11 R - als unzulässig verworfen; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 2. März 2010 - L 14 U 83/08 -, juris, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris; LSG Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -, juris, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2005 - L 2 U 39/04 -, juris; von der Zulässigkeit eines Zuschlagsverfahrens ging offenbar auch das BSG aus in: Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 20 m.w.N. und Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris; vgl. aus der Literatur: Schmidt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2009, § 162 Rn. 3; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand: Juli 2017, § 162 SGB VII Rn. 8; Burchardt, in: Krasney/ Becker/ Burchardt/ Kruschinsky/ Heinz/ Bieresborn, SGB VII, Kommentar, Stand Juli 2017, § 162 Rn. 29, 35; Bigge, in: Eichenhofer/ Wenner, Kommentar zum SGB VII, 2010, § 162 Rn. 14; Platz, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand Juni 2017, § 162 Rn. 3, 16; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand der Erg.-Lieferung 03/2017, § 162 Rn. 5.1 und 5.3; Höller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Kommentar, Stand: September 2017, § 162 Rn. 7 f.; Brandenburg/ K. Palsherm, jurisPraxisKommentar, SGB VII, 2. Auflage 2014, § 162 Rn. 17 ff., 47; Brinkmann, in: Becker/ Franke/ Molkentin, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 18 ff.). Dem schließt sich auch der Senat an.

b) Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Einzelbelastung des einzelnen Zuschlagspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmer der Gefahrtarifstelle bzw. Gruppe verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.; BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.).

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 121 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, BVerfGE 138, 136 juris Rn. 122 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 97 m.w.N.). Grundsätzlich ist der Gesetzgeber frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Das BVerfG kann dabei nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, juris Rn. 96 m.w.N.).

cc) Der Bevollmächtigte der Klägerin macht insbesondere eine Ungleichbehandlung geltend, soweit die Durchschnittsbelastung im Beitragsjahr 2010 für Beitragspflichtige nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3, Unterziffer 3.2 aus den verschiedenen Gruppen des § 3 (Abs. 1) der Satzung unterschiedlich berechnet wurde (hierzu unter (1)). Darüber hinaus hätte der Vergleich nur im Verhältnis der Klägerin zu den anderen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32.2 „Sonstige bezahlte Sportler“ erfolgen dürfen (hierzu unter (2)).

(1) Der Bevollmächtigte der Kläger beanstandet, dass die Satzung der Beklagten nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 (i.V.m. Ziffer 3, Unterziffer 3.2) die Zuschlagspflichtigen danach unterscheidet, ob sie - wie die Klägerin - zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe I bis V der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternahmen der jeweils gleichen Tarifstelle des Gefahrtarifs abgestellt wird) oder ob sie zu den Unternehmen nach § 3 (Abs. 1) Gruppe VI bis VII der Satzung gehören (wobei in diesen Fällen für die Frage der Abweichung der Einzelvon der Durchschnittsbelastung auf alle Unternehmen der jeweiligen Gruppe abgestellt wird).

Einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz vermag der Senat insoweit nicht festzustellen. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten unterscheidet folgende Gruppen:

– I. Banken

– II. Versicherungen

– III. Verwaltungen

– IV. Freie Berufe

– V. Besondere Unternehmen

– VI. Unternehmen der keramischen und Glas-Industrie

– VII. Unternehmen der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Die in § 28 Abs. 3 Ziffer 2 der Satzung der Beklagten geregelte Differenzierung zwischen den Gruppen I bis V einerseits und VI bis VII andererseits ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die ab 1. Januar 2010 geltende Satzung der Beklagten eine Fusionssatzung darstellte; auch der zeitgleich geltende Gefahrtarif war ein Fusionsgefahrtarif. Anfang 2009 hatten die Beklagte und die Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie fusioniert, zum 1. Januar 2010 folgte die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen (BG BAHNEN). Die (Fusions-)Satzung der Beklagten musste daher etwaige Unterschiede in der Struktur der Unternehmen sowie der Tarifstellen berücksichtigen. Der Gefahrtarif 2010 bestand aus über 60 Tarifstellen. Durch die Differenzierung sollte vermieden werden, dass sich das Beitragszuschlagsverfahren auf eine (zu) kleine Tarifstelle bezieht (so bereits: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Sitzung des 3. Hauptausschusses der Beklagten vom 10. November 2009 Seite 3 unten bis Seite 4 oben, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 64 ff. der Akte des BayLSG).

Vorliegend ist außerdem zu beachten, dass die Klägerin eher davon profitiert, dass ihre Eigenbelastung lediglich im Vergleich zu anderen Sportunternehmen beurteilt wird. Würde man sie demgegenüber mit allen Unternehmen aus § 3 Abs. 1 Gruppe III der Satzung (zu der die Klägerin gehört) vergleichen, so stünde zu erwarten, dass Sportunternehmen wie die Klägerin regelmäßig von Beitragszuschlägen betroffen wären, während die übrigen Unternehmen dieser Gruppe hiervon nicht betroffen wären. Denn die Unfallgefahr allgemein, aber auch die Gefahr schwerer Unfälle, ist in einem Sportunternehmen generell deutlich höher, als in den sonstigen Betrieben der Gruppe III, die überwiegend der allgemeinen Verwaltung zuzurechnen sind. Dies wird nicht zuletzt anhand der unterschiedlich hohen Gefahrklassen deutlich, die die jeweilige Unfallgefahr widerspiegeln. Somit ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerade geboten, dass die Beklagte als Vergleichsmaßstab solche Unternehmen heranzieht, die nach ihrer Unfallgefahr mit der Klägerin vergleichbar sind, nicht aber zusätzlich solche, die insbesondere aufgrund ihrer typischerweise deutlich geringeren Unfallgefahr gerade nicht vergleichbar sind. In welcher Weise sich die Regelung darüber hinaus benachteiligend gegenüber der Klägerin oder gegenüber Sportunternehmen allgemeinen auswirken könnte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Benachteiligung der Klägerin durch die Regelung lässt sich daher nicht feststellen. Im Übrigen enthält die Satzung der Beklagten die von der Klägerin angegriffene Differenzierung bereits seit 2012 nicht mehr. Dies bestätigt, dass die getroffene Differenzierung lediglich für eine kurze Übergangszeit aufgrund der Sondersituation nach den Fusionen notwendig gewesen ist, um den Übergang auf eine einheitliche Satzungsregelung für die neu hinzugekommenen Mitgliedsunternehmen zu erleichtern.

(2) Soweit die Klägerin zweitens meint, sie dürfe nicht mit allen Unternehmen der Gefahrtarifstelle 32 verglichen werden, sondern lediglich mit denen der Untergruppierung 32.2, ergibt sich dies aus § 28 der Satzung der Beklagten nicht. Denn die Satzung stellt nach § 28 Abs. 3 Ziffer 2 für Beitragspflichtige, die wie die Klägerin zur Gruppe I bis V nach § 3 (Abs. 1) der Satzung gehören, auf die Tarifstelle ab. Dies ist für die Klägerin die Tarifstelle 32 nach dem Gefahrtarif 2010. Diese Tarifstelle ist lediglich im Hinblick auf eine weitere Differenzierung bei den Gefahrklassen in drei Untertitel mit drei unterschiedlichen Gefahrklassen aufgeteilt. Wenn die Beklagte diese weitere Unterteilung, die im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungsrisiken sowie eine konkretere Zuordnung der einzelnen Beschäftigten/ Versicherten bzw. ihrer Arbeitsentgelte gebildet worden ist, bei der Berechnung des Beitragszuschlages nicht berücksichtigt, steht dies mit dem Wortlaut ihrer Satzung im Einklang. Es steht überdies im Einklang mit der Regelung im Gefahrtarif, wonach jedes Unternehmen, das nach Gefahrtarifstelle 32 veranlagt ist, zu allen Unterpunkten veranlagt wird (Teil II Ziffer 1. (2) des Gefahrtarifs für das Jahr 2010). Ein Vergleich ausschließlich mit Unternehmen der Untergruppierung 32.2 wäre daher aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich. Insoweit ist anzumerken, dass die Beklagte bei der Berechnung des Beitrages der Klägerin für das Jahr 2010 ebenfalls sowohl Arbeitsentgelte für „sonstige bezahlte Sportler“ als auch für „übrige Versicherte“ mit den jeweiligen Gefahrklassen der Unterpunkte 32.2 und 32.3 berücksichtigt hat.

Dass die Beklagte hier aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere bzw. die von der Klägerin vorgetragene Differenzierung hätte vornehmen müssen, kann nicht festgestellt werden. Zwar kann es gerechtfertigt sein, die dem Beitragszuschlag zugrunde liegende vergleichende Betrachtung der Versicherungsfälle jeweils nur auf solche Mitgliedsunternehmen zu erstrecken, die insbesondere nach ihrer jeweiligen Struktur und ihrem jeweiligen Unfallrisiko vergleichbar sind. Diesem Erfordernis ist vorliegend aber ausreichend Rechnung getragen. Denn Sportunternehmen unterscheiden sich weder nach ihrer Struktur noch nach ihrem Unfallrisiko derart, dass eine getrennte Betrachtung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend zu fordern wäre. Zum einen findet in der Regel ohnehin eine Veranlagung zu allen oder jedenfalls mehreren Unterpunkten der Tarifstelle 32 statt. Insoweit sind durchaus Sportunternehmen denkbar, die zu allen drei Unterpunkten veranlagt werden, weil sie sowohl bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder den Fußballregionalligen (Gefahrklasse 57,81) beschäftigen als auch sonstige bezahlte Sportler (Gefahrklasse 45,04) sowie übrige Versicherte (Gefahrklasse 2,42). Zum anderen stehen die Gefahrklassen betreffend die sonstigen bezahlten Sportlern einerseits und die Sportler der genannten Fußballligen nicht derart außer Verhältnis, dass eine gemeinsame Betrachtung nicht mehr zu rechtfertigen wäre. Hierbei ist auch das Anliegen der Beklagten zu beachten, keine zu kleinen Vergleichsgruppen zu bilden. Überdies hat das BSG bereits entschieden, dass auch eine Berechnung der Durchschnittsbelastung auf Grundlage der Unfallbelastung aller Unternehmen und nicht nur der Unternehmen der jeweiligen Gefahrtarifstelle nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35). Die Rechtsprechung des BSG verlangt somit gerade nicht, jeweils nur diejenigen Unternehmen zu vergleichen, die der exakt gleichen Gefahrtarifstelle bzw. der gleichen Gefahrklasse zugeordnet sind, oder eine andere besonders kleinteilige Vergleichsgruppe zu wählen. Konkrete Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

(3) Das BSG hat schließlich bereits entschieden, dass es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass die Satzung der Beklagten die Auferlegung von Beitragszuschlägen und die Gewährung von Beitragsnachlässen als Vomhundertsatz des Normalbeitrages vorsieht, der auch anteilige Kosten für Wegeunfälle enthält, die nach § 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei der Auferlegung von Zuschlägen außer Betracht bleiben. Auch soweit Unternehmen mit höheren Löhnen dadurch, dass Zuschläge bzw. Nachlässe in Vomhundertsätzen des Normalbeitrages berechnet werden, gegenüber Unternehmen mit niedrigeren Löhnen stärker belastet werden, ist diese Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Beitragszuschläge durch den Zweck der Unfallverhütung gerechtfertigt und damit nicht sachwidrig. Denn bei betragsmäßig fixierten Beitragszuschlägen bzw. -nachlässen wäre der Präventionszweck zumindest bei größeren Unternehmen nicht gewährleistet, weil der Höhe eines solchen einheitlichen Beitragszuschlages im Hinblick auf die Existenzsicherung kleiner Unternehmen enge Grenzen gesetzt wären (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 35).

dd) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin schließlich meint, die Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sich in mehreren Verfahren anderer Mitgliedsunternehmen gegen deren Beitragszuschlagsbescheide bereit erklärt habe, diese Bescheide aufzuheben, so kann diesem Argument nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Gericht nicht bekannt ist, aus welchen Gründen die Aufhebung dieser Bescheide erfolgt ist, kommt es hierauf nicht an. Denn eine Selbstbindung der Beklagten ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Überdies darf angemerkt werden, dass sich die Beklagte auch gegenüber der Klägerin bereit erklärt hatte, ihren Bescheid zumindest teilweise aufzuheben (soweit sich dieser auf den Unfall des Spielers D. bezogen hatte). Dass dies keine vollständige Aufhebung des Beitragszuschlagsbescheides zur Folge hatte, ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass vorliegend ursprünglich vier Arbeitsunfälle die Grundlage für den erhobenen Beitragszuschlag bildeten.

c) Mit der Rechtsprechung des BSG ist darüber hinaus eine Verletzung des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verneinen. Die Klägerin trägt hierzu insbesondere vor, dass die Satzung der Beklagten keine feste Kappungsgrenze mehr vorsehe bzw. sich diese nicht mehr prozentual an den tatsächlich entstandenen Aufwendungen orientiere. Diesem Einwand folgt der Senat jedoch nicht. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung der Beklagten sieht weiterhin eine Begrenzung des Beitragszuschlags vor. Diese Begrenzung bewegt sich innerhalb des dem Satzungsgeber der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und berücksichtigt die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

aa) Zunächst verlangt die Rechtsprechung des BSG, dass Zuschläge von wirtschaftlichem Gewicht vorgesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Das Übermaßverbot wiederum verlangt, dass ein Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des jeweiligen Grundrechts, in das eingegriffen wird, steht (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 26 m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das BSG bereits entschieden, dass selbst ein auferlegter Zuschlag, der erheblich höher ist als die Entschädigungsleistungen der Beklagten für die bei der Zuschlagsberechnung berücksichtigten Versicherungsfälle, nicht zu beanstanden ist. Denn erstens kann im Hinblick auf die gebotene typisierende Betrachtung aus der individuellen Situation des klagenden Unternehmens keine generelle Bewertung der Satzungsregelungen abgeleitet werden. Zweitens wird eine Existenzbedrohung, die ggf. eine weitergehende Prüfung rechtfertigen könnte, in der Regel nicht vorliegen. Drittens fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand der Berufsgenossenschaft für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen und dem Anteil des betreffenden beitragspflichtigen Unternehmers an der gesamten Unfalllast. Dieser Kostenaufwand findet vielmehr bereits Berücksichtigung bei der Aufstellung des Gefahrtarifs, der sich wie ein Belastungstarif auswirkt, und in der Veranlagung der Unternehmen zu einer bestimmten Gefahrklasse. Darüber hinaus hat der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Raum. Ergänzend ist viertens darauf hinzuweisen, dass der Beitragszuschlag nicht die tatsächliche Mehrbelastung des Beitragspflichtigen widerspiegelt (vgl. § 167 Abs. 1 SGB VII). Zudem sinkt der von dem betroffenen Unternehmen zu leistende Normalbeitrag - wenn auch u.U. nur geringfügig - dadurch, dass sich der auferlegte Beitragszuschlag diesbezüglich mindernd auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 27 f. m.w.N.; vgl. in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 44/92 -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 2 und juris Rn. 33 f.).

Auch daraus, dass bereits ein einzelner anzuzeigender Unfall zur Auferlegung eines Beitragszuschlags führt bzw. führen kann, kann nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot der entsprechenden Satzungsregelung geschlossen werden. Denn Arbeitsunfälle sind in kleineren Unternehmen statistisch seltene Ereignisse, sodass sich ein Ausgleich im Laufe der Jahre vollzieht, weil in den meisten Jahren kein Beitragszuschlag zu leisten sein wird. Die Belastung des Unternehmens bei jedem anzuzeigenden Arbeitsunfall entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 22).

Schließlich hat das BSG ausgeführt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze für Beitragszuschläge nicht vorsieht. Es liegt im Ermessen der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft, hier Grenzen nach oben bzw. unten zu regeln. Die Grenzen lassen sich nicht einheitlich fixieren, weil sie wesentlich von den berufsgenossenschaftlichen Mitgliederstrukturen bestimmt sind. Offen gelassen hat das BSG bislang, ob sich Höchstgrenzen für Zuschläge aus dem Versicherungsprinzip ableiten lassen, weil Anhaltspunkte für die Überschreitung einer solchen Obergrenze bei einem Beitragszuschlag von höchstens 30% jedenfalls noch nicht gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 30 zu einem Höchstzuschlag von 30% und m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 24; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, denen sich der Senat anschließt, genügen die Satzungsregelungen der Beklagten. Verletzungen des Übermaßverbotes bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus anderen Gründen sind nicht ersichtlich.

(1) Nach der Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach vorzusehen. Denn eine solche Begrenzung findet hier weiterhin statt - wenn auch im Vergleich zu der bis Ende 2009 geltenden Regelung in etwas veränderter Form. § 28 Abs. 3 Ziffer 4 der Satzung sieht für das Beitragsjahr 2010 eine Begrenzung des Beitragszuschlages der Höhe nach auf maximal 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages vor. Ein Beitragszuschlag bis zu dieser Höhe hätte aber bereits nach der für das Beitragsjahr 2009 geltenden Vorgängerregelung in § 28 Abs. 2 der damaligen Fassung der Satzung festgesetzt werden können. Denn der Beitragszuschlag betrug danach damals 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten ist, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) für alle Fälle, in denen im gleichen Zeitraum für Versicherte im Unternehmen des Beitragspflichtigen eine neue Unfallrente festgestellt worden ist.

Erwägungen dafür, dass sich die Begrenzung des Beitragszuschlages nicht bzw. nicht allein an der Höhe des Beitrages orientieren dürfte, sondern (ggf. zusätzlich) im Sinne eines prozentualen Anteiles an den tatsächlichen Aufwendungen erfolgen müsste, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine prozentuale Deckelung des Beitragszuschlages auf der Grundlage des gezahlten Beitrages durchaus geeignet, einen Beitragszuschlag von wirtschaftlichem Gewicht jeweils in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitgliedsunternehmens festzusetzen. Denn die Beitragshöhe richtet sich u.a. nach den vom Mitgliedsunternehmen gezahlten Arbeitsentgelten, diese wiederum sind ein Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Um das Ziel der Auferlegung von Zuschlägen von wirtschaftlichem Gewicht für alle Mitgliedsunternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gleichermaßen zu erreichen, dürfte die Anknüpfung an den Beitrag sogar besser geeignet sein, als die Anknüpfung an die tatsächlichen Aufwendungen für den jeweiligen Versicherungsfall (in diesem Sinne bereits: BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 25). Letztlich obliegt die Entscheidung über die konkrete Regelung jedoch der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie.

(2) Unbedenklich sind die Vorschriften der Satzung auch im Hinblick auf die Abhängigkeit des Zuschlags von der Eigenunfallbelastung des Einzelunternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsunfallbelastung aller Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23).

Aufgrund der Begrenzung des Beitragszuschlages wirkt sich die Einzelbelastung des betroffenen Unternehmens nach dem für das Beitragsjahr 2010 geltenden Beitragsausgleichsverfahren der Beklagten unter Umständen - so auch hier - nicht voll aus. Obwohl die im Beitragszuschlagsbescheid vom 23. August 2011 ursprünglich zugrunde gelegte Einzelbelastung der Klägerin mit 348,13% deutlich über der Durchschnittsbelastung der maßgeblichen Gefahrtarifstelle gelegen hatte, ist diese überdurchschnittliche Belastung nur solange für die Höhe des Beitragszuschlages relevant, bis sie die Durchschnittsbelastung um mehr als 200% überschritten hat. Ab dieser prozentualen Überschreitung greift der maximale Beitragszuschlag in Höhe von 10 v.H. des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrages. Hierdurch wird dem Übermaßverbot nach der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen.

(3) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach eine verfassungswidrige Erdrosselungswirkung der Satzungsregelungen behauptet, verzichtet er ausdrücklich darauf, hierzu substantiiert vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung des Beitragszuschlages im Falle der Klägerin ergeben sich für den Senat nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Beitragszuschlag auf maximal 10 v.H. des Beitrages begrenzt ist und im Fall der Klägerin noch 5 v.H. beträgt, kann eine erdrosselnde Wirkung sogar ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Senat den Vortrag der Klägerin, die Gefahrklassen für Sportunternehmen (und deren angeblich explosionsartiger Anstieg) führten bereits grundsätzlich zu einem überhöhten Beitrag, als zutreffend unterstellt. Denn besteht eine Leistungsfähigkeit für den (notwendig) hohen Beitrag, kann in einem höchstens 10-prozentigen Zuschlag ohne konkrete weitere Anhaltspunkte grundsätzlich keine erdrosselnde Wirkung erkannt werden. Der Verweis auf den bereits gezahlten Beitrag ist unabhängig von dessen Höhe auch deshalb unbehelflich, weil der Gesetzgeber das Beitragsausgleichsverfahren in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als zusätzliches Instrumentarium verpflichtend vorgegeben hat, ohne Ausnahmen zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15). Schließlich ist vorliegend weder die Veranlagung zum Gefahrtarif 2010 noch die Höhe der Gefahrklassen streitgegenständlich, so dass es auf dieses Argument, welches sich im Ergebnis weniger gegen die Höhe des Beitragszuschlages als vielmehr gegen die Höhe des eigentlichen Beitrages richtet, ohnehin nicht entscheidungserheblich ankommen kann. Andererseits hat der Bevollmächtigte der Klägerin selbst zu bedenken gegeben, dass nach der früheren Satzung Zuschläge für Sportunternehmen in so maßvoller Höhe ausgefallen seien, dass mit ihnen eine „Disziplinierung“ der Unternehmen kaum zu erreichen gewesen sei. Er bestätigt damit eine etwaige Ungeeignetheit der früheren Regelung, Zuschläge und Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15); hierauf hat die Beklagte mit der hier maßgeblichen Neuregelung reagiert.

(4) Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin sieht sich der Senat außerdem veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Aufwendungen der Beklagten selbstverständlich nicht ausschließlich über Beitragszuschläge abgedeckt werden. Vielmehr fließen die weit überwiegenden Aufwendungen in die Berechnung des „normalen“ Beitragsanteils zur VBG (§ 152 Abs. 1 SGB VII) ein. Hier sind insbesondere die Aufwendungen für solche Versicherungsfälle zu nennen, die kraft Gesetz (sog. Wegeunfälle) bzw. Satzung (nicht anzuzeigende Versicherungsfälle, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt oder auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen, Berufskrankheiten) für den Beitragszuschlag außer Betracht bleiben. Überdies fließen auch die Aufwendungen für diejenigen Arbeitsunfälle, die von der Beklagten nach § 28 ihrer Satzung für den Beitragszuschlag berücksichtigt werden, weder unmittelbar in die Berechnung des Zuschlages ein noch werden die gesamten Kosten des Arbeitsunfalls vom Unternehmer geltend gemacht. Denn Aufwendungen für einen Arbeitsunfall, insbesondere für die hier in Rede stehenden schweren Arbeitsunfälle, fallen typischerweise nicht lediglich in dem Jahr an, in dem der Beitragszuschlag erhoben wird, sondern auch in weiteren Jahren. Dies gilt insbesondere für Leistungen wie Heilbehandlung und Verletztenrente, kommt aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Leistungen in Betracht.

d) Schließlich liegt keine Rückwirkung bzw. kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 94 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 41 m.w.N.).

Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen:

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.

Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände (bzw. abgeschlossene Sachverhalte) eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt z.B. zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (hierzu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239 und juris Rn. 95 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 und juris Rn. 42 f. m.w.N.). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 -, BVerfGE 135, 1 und juris Rn. 64)

bb) Der Fall einer Rückwirkung liegt hier gar nicht vor. Die hier maßgebliche Fassung der Satzung der Beklagten wurde im November/ Dezember 2009 beschlossen sowie durch das Bundesversicherungsamt genehmigt; sie ist am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Der angefochtene Beitragsbescheid datiert vom 23. August 2011. Er bezieht sich - soweit noch streitgegenständlich - auf Arbeitsunfälle der Spieler K. und S. aus den Jahren 2007 und 2010, wobei maßgeblich für den Beitragszuschlag ausschließlich Umstände sind, die erst im Jahr 2010 eingetreten sind.

Hinsichtlich des Spielers S. ist entscheidend, dass dessen Arbeitsunfall vom 12. Januar 2010 bei der Beklagten am 21. Januar 2010 bekannt geworden ist. Der Arbeitsunfall des Spielers K. ist zwar bereits am 2. Januar 2007 geschehen, maßgeblich für den Beitragszuschlag ist hier aber der Umstand, dass im Jahr 2010 eine Rente festgestellt und bezahlt worden ist. Konkret erfolgte die Feststellung der Unfallrente mit Bescheid vom 28. Mai 2010. Dieser Bescheid beruht auf einem ebenfalls erst am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Zu all diesen Zeitpunkten war bereits die geänderte Fassung des § 28 der Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten.

Die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung der Beiträge sowie auf Zahlung des Beitragszuschlages für das Jahr 2010 sind ebenfalls nicht vor dem 1. Januar 2010 entstanden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die zur Aufgabenerfüllung benötigten Finanzmittel im Wege einer Umlage aufgebracht. Die Beiträge werden gemäß § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, in der Weise festgesetzt, dass der Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge gedeckt wird (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Mit dieser Art der Mittelaufbringung müssen Rechtsansprüche auf Leistungen, die in der Vergangenheit, unter Umständen schon vor Jahrzehnten, entstanden sind, aktuell und in Zukunft erfüllt werden (BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 9/06 R -, juris Rn. 10). Im Beitragsbescheid, der mithin erst im Jahr nach der Entstehung der Beitragsansprüche erlassen werden kann, teilt der Unfallversicherungsträger den Beitragspflichtigen den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit (§ 168 Abs. 1 SGB VII). Die danach geschuldeten Beiträge werden nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist.

Danach ist für den vorliegenden Fall festzustellen, dass im Jahr der Entstehung der Beitragsansprüche (2010) dieselbe Satzungsregelung galt, die bei der Festsetzung sowohl des Beitrages als auch des streitgegenständlichen Beitragszuschlages im Jahr 2011 zur Anwendung gekommen ist (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 29. November 1973 - 8/2 RU 33/70 -, SozR Nr. 4 zu § 725 RVO und juris, insb. Rn. 24).

cc) Selbst wenn man bezogen auf den Arbeitsunfall des Spielers K. davon ausgeht, dass eine Rückwirkung vorliegt, weil der Unfall bereits im Jahr 2007 eingetreten ist, handelt es sich zumindest um einen Fall der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Denn es lag jedenfalls ein Sachverhalt vor, der Anfang 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, da die Unfallrente des Spielers K. erst innerhalb des Jahres 2010 festgestellt worden ist.

Hieran knüpft § 28 der Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 insoweit eine Rechtsänderung, als der Unfall des Spielers K. zwar auch nach der früheren Satzungsregelung bei der Berechnung eines Beitragszuschlages für das Jahr 2010 zu berücksichtigen gewesen wäre, da im Beitragsjahr 2010 eine neue Unfallrente festgestellt wurde (vgl. § 28 Abs. 1 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), sich nun aber die Berechnungsgrundsätze geändert haben. Da die vor 2010 geltende Satzungsregelung eine Begrenzung des Zuschlages auf 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, jedoch nicht mehr als 10 v.H. der im abgelaufenen Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen (Entschädigungsleistungen und Renten) vorgesehen hat (vgl. § 28 Abs. 2 der Satzung 2009 bzw. die nahezu inhaltsgleichen Regelungen der früheren Jahre), macht die Klägerin geltend, dass sich ihre finanzielle Belastung durch den Beitragszuschlag, der zuvor häufig kaum spürbar gewesen sei, massiv erhöht habe. Dies ist für das Beitragsjahr 2010 vergleichen mit der Vorgängerregelung auch tatsächlich der Fall. Denn die Gesamtaufwendungen für den Arbeitsunfall des Spielers K. beliefen sich im Jahr 2010 auf 19.192,42 Euro (Rentenzahlbetrag von 17.264,42 Euro zuzüglich 1.928,00 Euro sonstige Aufwendungen), 10% hiervon wären lediglich 1.919,24 Euro anstelle der noch im Streit stehenden 18.312,40 Euro.

Dennoch wird die grundsätzliche Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung hier nicht ausnahmsweise durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt. Dies gilt sowohl bezogen auf die konkrete Situation der Klägerin als auch allgemein. Denn dem Beitragsausgleichsverfahren ist bereits nach seiner gesetzlichen Konzeption immanent, dass sich ein Vertrauen des Unternehmers, nicht oder nur in einer bestimmten Höhe mit Zuschlägen belastet zu werden, jedenfalls nicht vor Ablauf des Beitragsjahres (hier: 2010) bilden kann; aber selbst nach Ablauf des Beitragsjahres ist nicht ersichtlich, worauf sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers konkret stützen könnte.

Insoweit ist zunächst zu betonen, dass sich ein funktionierendes Beitragsausgleichsverfahren zwangsläufig immer auf Versicherungsfälle bzw. Rentenfälle beziehen muss, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und auf die somit faktisch kein Einfluss mehr genommen werden kann, die insbesondere nicht mehr verhindert werden können. Eine dementsprechende Rückanknüpfung ist der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII immanent. Dennoch setzt diese Art der Berechnung von Beitragszuschlägen Anreizwirkungen für die Zukunft. Das Beitragsausgleichsverfahren stellt eines der Mittel dar, mit denen die Unfallversicherung ihre Präventionsaufgabe erfüllen soll. Nach § 1 Nr. 1 SGB VII ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (d.h. des SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Prävention wiederum kann jedoch nur für die Zukunft betrieben werden. Ebenso können die hier von der Satzung der Beklagten vorgesehenen Beitragszuschläge die ihnen zugedachte Zielsetzung, mit den Mitteln des Beitragsrechts positive Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung durch den Unternehmer in seinen Betrieben zu setzen, jeweils nur für die Zukunft entfalten, d.h. für Unfälle die noch nicht stattgefunden haben und dank entsprechender Präventionsmaßnahmen ggf. auch gar nicht oder mit minder schweren Folgen stattfinden. Diese Prävention kann denknotwendig nur auf der Basis der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus den Unfällen der Vergangenheit effektiv betrieben werden.

Die Höhe der Beitragszuschläge richtet sich gemäß § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überdies nach der Zahl, der Schwere und/ oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle. Es handelt sich mithin um Umstände, die der Unternehmer zwar durch geeignete Präventionsmaßnahmen positiv zu beeinflussen versuchen kann, die jedoch letztlich nicht vollständig seiner Disposition unterliegen, von ihm nicht vorhersehbar sind und die ihm letztlich nicht einmal in vollem Umfang bekannt sind; letzteres betrifft insbesondere die Schwere eines Versicherungsfalles sowie die dafür anfallenden Aufwendungen. Gleiches gilt für den hier u.a. relevanten Umstand, ob und ggf. wann eine Rente festgestellt worden ist oder nicht.

Darüber hinaus enthielten bereits die vor dem 1. Januar 2010 geltenden Satzungsregelungen der Beklagten zum Beitragszuschlag mindestens seit 2007 eine letztlich vergleichbare Regelung mit Anknüpfung an neu festgestellte Unfallrenten, so dass der Klägerin das Kriterium bekannt war und sie sich darauf bereits eingestellt hatte bzw. zumindest hätte einstellen können. Die Anforderung, dass der Unternehmer das Fremdverschulden nachzuweisen hat, ist ebenfalls nicht neu. Denn nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der ab 1. Januar 2007 geltenden Satzung aus dem Jahr 1998 (in der Fassung des 5. Nachtrages vom 14. Dezember 2006) bzw. der ab 1. Januar 2009 geltenden Satzung (in der - insoweit gleichlautenden - Fassung des 1. Nachtrages vom 10./11. Dezember 2008) wurden Beitragszuschläge auferlegt, wenn im abgelaufenen Geschäftsjahr (Beitragsjahr) für einen freiwillig Versicherten oder den Versicherten eines Unternehmens eine neue Unfallrente festgestellt wurde. Neue Unfallrenten blieben u.a. für Unfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen unberücksichtigt. § 28 Abs. 1 Satz 3 dieser Satzungen bestimmte außerdem: „Beruft sich der Unternehmer im Gegensatz zur Berufsgenossenschaft auf höhere Gewalt oder Alleinverschulden, so hat er dies nachzuweisen.“

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin - auch nicht aus der Übergangsregelung in § 57 der Satzung der Beklagten, die auf den streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Anwendung findet. Insbesondere § 57 Abs. 3 der Satzung erfasst rückwirkende Veranlagungs- und Beitragsbescheide sowie – änderungen, die Zeiträume vor dem 1. Januar 2010 betreffen. Diesbezüglich sollen die Berechnungsgrundlagen und -vorschriften der vorherigen Satzung weiter gelten. Vorliegend geht es jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Beitragszuschlagsbescheid als Beitragsbescheid zu qualifizieren ist oder nicht - jedenfalls um einen Bescheid, der einen Beitrag bzw. Beitragszuschlag für das Jahr 2010 betrifft.

Wenn Seitens der Klägerin vorgetragen wird, dass die Beitragszuschläge nach der früheren Regelung vernachlässigbar gering gewesen seien, so dass man sich über diese keine Gedanken habe machen müssen, belegt dies zum Einen, dass die Änderung der Berechnungsgrundlagen durch die Beklagte gerade zur Erreichung des Gesetzeszweckes einer ausreichenden Anreizwirkung geeignet und erforderlich gewesen ist. Die Änderung trägt der Anforderung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. November 2005 - B 2 U 15/04 R -, juris Rn. 15) Rechnung, wonach das Beitragsausgleichsverfahren Zuschläge bzw. Nachlässe von wirtschaftlichem Gewicht vorsehen muss. Dieses wirtschaftliche Gewicht war hier - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - offensichtlich nicht erreicht worden. Zum Anderen spiegelt der Vortrag der Klägerin lediglich ihre konkrete Situation wider und lässt unberücksichtigt, dass auch die frühere Regelung Beitragszuschläge bis zu 10 v.H. des anrechenbaren Beitrages des Beitragspflichtigen, der für das abgelaufene Geschäftsjahr (Beitragsjahr) zu entrichten war (§ 28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der Fassung für das Beitragsjahr 2009), zugelassen hatte.

e) Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das GG sind von der Klägerin weder gerügt noch ersichtlich. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 38 bis 41), mit denen Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12. Abs. 1 GG) sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zutreffend verneint worden sind (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 - L 17 U 128/07 -, juris Rn. 25 bis 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 31/83 -, SozR 2200 § 725 Nr. 10 und juris Rn. 23, 24, 25).

f) Relevante Fahler bei der konkreten Berechnung des Beitragszuschlages sind im Falle der Klägerin nicht (mehr) ersichtlich.

aa) Die Arbeitsunfälle der Spieler Sch. und D. wurden bereits aus der Berechnung des Beitragszuschlages herausgenommen.

bb) Der Arbeitsunfall des Spielers K. wurde zutreffend berücksichtigt.

(1) Es handelt sich um einen anzuzeigenden Arbeitsunfall (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

(2) Mit ihrem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Spieler K. eine Unfallrente bezogen habe, obwohl er nach dem Unfall weiter professionell Eishockey gespielt habe, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Erstens spielt es für die Frage, ob ein Anspruch auf eine Rente besteht, keine Rolle, ob der bisherige Beruf weiter ausgeübt werden kann oder nicht. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zweitens verlangt § 28 Abs. 3 Ziffer 3 eine „im Beitragsjahr festgestellte neue Arbeitsunfallrente“. Eine bestandsbzw. rechtskräftige Feststellung der Rente gegenüber dem Spieler K. liegt hier jedoch eindeutig vor. Mit dem Bescheid vom 28. Mai 2010 bzw. dem am 3. Mai 2010 geschlossenen Vergleich liegt ein Rechtsgrund für die Zahlung vor und die Aufwendungen sind der Beklagten tatsächlich entstanden. Dieser Rechtsgrund kann von der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung des Beitragszuschlagsbescheides in Frage gestellt werden.

Überdies entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Einsicht in die Unfallakten seiner Beschäftigten hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine Einwilligungserklärung des Beschäftigten vorliegt. Denn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht die Gefahr einer faktischen Zwangssituation, die eine freiwillige Einwilligungsentscheidung ausschließt. Für das Beitragsverfahren im Rahmen des § 162 SGB VII ist es ausreichend, wenn dem Arbeitgeber mit dem Beitragsfestsetzungsbescheid die Eigen- und die Durchschnittsbelastungsziffer mitgeteilt werden. Auf Anfrage sind außerdem die Anzahl der berücksichtigten Unfälle, die Gesamthöhe der Aufwendungen und notfalls die Aufwendungen für einzelne Unfälle mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 12/4805, S. 100). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf den beim Beschäftigten bestehenden Loyalitätskonflikt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 3577/10 -, juris Rn. 22 ff. mit ausführlicher Begründung; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46; ebenso auch: Platz, a.a.O., § 162 Rn. 9; Höller, a.a.O., § 162 Rn. 22; Brandenburg/ K. Palsherm, a.a.O., § 162 Rn. 27). Ein solcher Konflikt kann selbst dann fortbestehen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Gerade der vorliegende Fall verdeutlicht, dass anderenfalls die Gefahr bestünde, dass etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Versicherten, der hier als professioneller Eishockeyspieler tätig ist bzw. zum fraglichen Zeitpunkt tätig war, auch gegenüber neuen potentiellen Arbeitgebern bekannt würden mit der Folge, dass die berufliche Leistungsfähigkeit des Versicherten angezweifelt werden könnte. Da der Kreis möglicher Arbeitgeber für einen Profieishockeyspieler durchaus überschaubar sein dürfte, könnte dies für den Versicherten faktisch das Ende seiner beruflichen Laufbahn als Profisportler bedeuten.

Daraus folgt, dass dem Unfallversicherungsträger und den Gerichten ein Eingehen in der Sache regelmäßig verwehrt ist, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i.V.m. §§ 199 ff. SGB VII). Etwas anderes kann ggf. gelten, soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger kann sich daher grundsätzlich darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2008 - L 1 U 3732/07 -, juris Rn. 46, 49).

Diesen Anforderungen an ihre Mitteilungspflichten hat die Beklagte vorliegend ausreichend Rechnung getragen. Sie hat ausreichende allgemeine Angaben zu denjenigen Kriterien gemacht, die für die Zuschlagsberechnung im Fall der Klägerin relevant sind. Sie hat insbesondere Angaben zur Eigenbelastungsziffer der Klägerin und zur Durchschnittsbelastungsziffer aller Unternehmen der maßgeblichen Tarifstelle gemacht sowie konkret diejenigen Aufwendungen beziffert, die für die dem Beitragszuschlag zugrunde liegenden Arbeitsunfälle angefallen sind. Weitergehende Auskünfte sind nicht notwendig. Somit ist ihr Bescheid, zumindest unter Berücksichtigung der weiteren Angaben im Klage- und Berufungsverfahren hinreichend konkret begründet.

(3) Der Arbeitsunfall des Spielers K. bleibt auch nicht deshalb beim Beitragszuschlagsverfahren unberücksichtigt, weil er durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden wäre.

Zum Begriff des Verschuldens hat das BSG bereits ausgeführt, dass dieser nicht im zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr muss er im Sinne einer „Verursachung“ verstanden werden (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 23; vgl. hierzu auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44 ff., welches ausdrücklich auf die Theorie der wesentlichen Bedingung zurückgreift).

Die Klägerin behauptet hier zwar, der Unfall sei durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen verursacht worden. Sie verweist hierzu jedoch lediglich auf die damalige Unfallanzeige, wonach der Spieler von einem Gegner gecheckt worden ist. Damit liegt jedoch kein Sachverhalt vor, der auf ein alleiniges Fremdverschulden im Sinne einer alleinigen Verursachung hindeuten würde. Dabei ist es die Klägerin selbst, die naturgemäß über nähere Informationen über den Arbeitsunfall verfügt, weil er in ihrem Unternehmen stattgefunden hat. Es ist daher vorrangig an ihr, näher vorzutragen; eine Einsicht in die Unfallakte des Spielers ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich. Zusätzliche Informationen liegen auch der Beklagten nicht vor. Weitere Ermittlungen des Senats ins Blaue hinein waren daher nicht veranlasst.

Ausgehend von einem Verschuldensbegriff im Sinne einer Verursachung kann der Arbeitsunfall des Spielers K. nicht auf ein alleiniges Fremdverschulden zurückgeführt werden. Aus der Tatsache, dass der Spieler K. von einem Gegner gecheckt worden ist, ergibt sich lediglich, dass es im Rahmen eines Spielgeschehens mit einer gegnerischen Mannschaft und im Rahmen einer Zweikampfsituation zu dem Unfallereignis gekommen ist. Ein für ein Profieishockeyspiel unübliches Geschehen kann dem Vortrag nicht entnommen werden; hierfür ergeben sich auch ansonsten keine Anhaltspunkte. Ein solches Geschehen wird jedoch nicht von einem (hier dem gegnerischen) Spieler allein verursacht, sondern ist ursächlich auf das Spielgeschehen beider Mannschaften sowie aller beteiligten Spieler zurückzuführen; mithin hat auch der Spieler K. einen Verursachungsbeitrag gesetzt (in diesem Sinne auch: SG Braunschweig, Urteil vom 23. November 2016 - S 16 U 17/12 -). Das SG Gotha (Urteil vom 29. Mai 2017 - S 18 U 243/15 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 92 ff. der Akte des BayLSG, unter Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - L 4 U 254/12 B ER -, juris, relevant sind insb. Rn. 35, 56) hat für das professionelle Fußballspiel darauf hingewiesen, dass dieses „von einer Vielzahl robuster Körperkontakte unter weitestgehender Ausnutzung regeltechnischer Freiräume und auch darüber hinausgehender Regelverstöße, welche nicht in jedem Fall von Schiedsrichtern erkannt oder/ und geahndet werden können, geprägt [ist].“ Diesen Überlegungen zum Charakter von Sportveranstaltungen im professionellen Bereich schließt sich der Senat an. Sie gelten in gleicher Weise für das professionelle Eishockeyspiel. Darauf, ob der Spieler ausdrücklich oder konkludent in derartige Verletzungshandlungen gegnerischer Spieler eingewilligt hat oder nicht, kommt es aus Sicht des Senats für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung letztlich nicht an. Ein alleiniges Fremdverschulden ist für den Bereich des Profisports vielmehr erst dann zu prüfen, wenn ein völlig unübliches Spielgeschehen im Raum steht. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich oder vorgetragen.

Dieses Ergebnis sowie die Auslegung des Begriffsmerkmales des alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen steht aus Sicht des Senats im Einklang mit der Präventionsaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die hier mit Mitteln des Beitragsrechtes Anreize für eine verstärkte Unfallverhütung bei den Unternehmen setzen soll. Zwar wird ein Sportunternehmen nicht jedweden Unfall verhüten können. Allerdings sind die Spielverbände, Vereine und Sportunternehmen keineswegs ohne Einflussmöglichkeiten. Sie haben es durchaus in der Hand, auf Zahl und Schwere der Unfälle einzuwirken, indem sie sich gegen eine unnötig aggressive Spielweise mit unnötigen bzw. übermäßigen Fouls einsetzen. Es besteht daher nach dem Sinn und Zweck des Beitragsausgleichsverfahrens kein Grund, entsprechende Versicherungsfälle als solche zu qualifizieren, die durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eingetreten sind und deshalb unberücksichtigt bleiben müssten (ebenfalls auf die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Unfallverhütung abstellend: BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 29/98 R -, SozR 3-2200 § 725 Nr. 4 und juris Rn. 2; ähnlich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - L 6 U 1859/08 -, juris Rn. 44).

Überdies liegt es nach § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VII im Ermessen des Satzungsgebers, ob Versicherungsfälle durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen bei der Berechnung des Beitragszuschlages ausgenommen werden oder nicht. Gleiches muss dann auch für die Voraussetzungen bzw. Modalitäten dieser Herausnahme gelten. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung eines Versicherungsfalles ihrerseits grundsätzlich keine Veranlassung oder gar Verpflichtung haben, zu Fragen des Verschuldens (d.h. der Verursachung) zu ermitteln. Die von der Beklagten in § 28 Abs. 2 ihrer Satzung eingeführte Nachweispflicht des Beitragspflichtigen, dem die Umstände im Zusammenhang mit dem Unfall gerade bekannt sein müssen, ist daher nicht zu beanstanden (so bereits: SG Dortmund, Urteil vom 12. Juli 2016 - S 36 U 5/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 36 ff. der Akte des BayLSG; ebenso: SG Nürnberg, Urteil vom 8. August 2016 - S 2 U 42/12 -, das Urteil wurde von den Beteiligten vorgelegt, Bl. 45 ff. der Akte des BayLSG mit dem zusätzlichen Hinweis, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine umfangreichen Ermittlungen Seitens der Unfallversicherungsträger erwartet werden können, die nicht im konkreten Zusammenhang mit dem Unfall stehen und die für die Entschädigung gegenüber dem Versicherten keine Rolle spielen). Erfolgt dann Seitens des Mitgliedsunternehmens kein substantiierter Vortrag, ergeben sich keine weiteren Amtsermittlungspflichten des Gerichts.

(4) Schließlich erfüllt der Arbeitsunfall des Spielers K. die Voraussetzung einer im Beitragsjahr festgestellten neuen Arbeitsunfallrente mit Kosten über 10.000 Euro, so dass eine Bewertung mit 50 Belastungspunkten zutreffend erfolgt ist. Dass die Feststellung der Rente im Beitragsjahr 2010 erfolgt ist, wurde bereits dargelegt. Vorliegend belief sich außerdem allein die Zahlung für die Rente auf 17.264,42 Euro und somit auf mehr als 10.000 Euro. Diese Kosten sind der Beklagten im Jahr 2010 entstanden. Denn entscheidend ist ausschließlich, dass die Beklagte im Jahr 2010 für die Unfallrente des Spielers K. einen Betrag von mehr als 10.000 Euro gezahlt hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung spielt es demgegenüber keine Rolle, dass die Unfallrente nicht für das Jahr 2010 gezahlt worden ist, weil die Rente bis 31. Dezember 2009 befristet gewesen ist, jedoch erst nachträglich festgestellt und entsprechend nachgezahlt worden ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob der jährliche Rentenzahlbetrag an den Versicherten 10.000 Euro überschritten hat oder nicht. Denn § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung stellt lediglich darauf ab, dass im Beitragsjahr eine Arbeitsunfallrente festgestellt wird, was vorliegend der Fall gewesen ist. Auf die Frage, ob § 28 Abs. 3 Ziffer 3 der Satzung insoweit ausschließlich die Kosten der Arbeitsunfallrente meint, die ihrerseits über 10.000 Euro liegen müssen, um einen Unfall mit 50 Punkten zu bewerten, oder ob - wie die Beklagte meint - auch andere Kosten des Arbeitsunfalls einfließen können (d.h. die Gesamtkosten des Arbeitsunfalls gemeint sind), kommt es daher nicht an.

cc) Auf die Berücksichtigung des Arbeitsunfalles des Spielers S. kommt es für die Berechnung des Beitragszuschlages letztlich nicht entscheidungserheblich an, da dieser aufgrund der Bewertung lediglich mit dem Punktwert 1 keine Auswirkung auf die Höhe des Beitragszuschlages der Klägerin hat. Weder bedingt allein dieser Unfall einen Beitragszuschlag noch führt der Unfall gemeinsam mit dem Arbeitsunfall des Spielers K. zu einer Erhöhung des Zuschlages.

dd) Schließlich kommt es für die Berechnung des Zuschlages nicht darauf an, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelbelastung der Klägerin von dem Beitrag gemäß Bescheid vom 20. April 2011 ausgegangen ist, anstatt (was zutreffend gewesen wäre) von dem Beitrag gemäß Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011. Abgesehen von der ohnehin nur sehr geringfügigen Differenz der Beiträge, stellt der Änderungsbescheid vom 1. Juli 2011 einen unwesentlich höheren Beitrag fest, so dass sich der Fehler der Beklagten nicht zu Lasten der Klägerin auswirkt.

ee) Wenn der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zuletzt aufgefordert hat, die Gesamtkosten aller Arbeitsunfälle und Renten der Unternehmen der Tarifstellen, 32.2 und 32.3 jeweils getrennt im Beitragsjahr 2010 mitzuteilen, kommt es auf diese Gesamtkosten nicht entscheidungserheblich an. Denn diese Gesamtkosten stellen kein Berechnungselement des Beitragszuschlages dar. Weitere Ermittlungen hierzu waren daher nicht veranlasst.

Letzteres gilt auch, soweit die Klägerin die Offenlegung des Zahlenwerkes für die Berechnung der Durchschnittsbelastung verlangt hat. Ein Mehrwert für das Verfahren ist - worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat - nicht zu erkennen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 18.312,40 Euro festzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Vorliegend ergibt sich der Streitwert aus der Höhe des Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid von der Klägerin gefordert hat. Im Berufungsverfahren stand noch die Hälfte des ursprünglich geforderten Betrages i.H.v. 36.624,81 Euro im Streit. Der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes beläuft sich auf die Höhe der angefochtenen (Beitrags-)Forderung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 2/12 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 25 und juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, BSGE 104, 170 und juris Rn. 50; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 32/08 R -, SozR 4-2700 § 168 Nr. 2 und juris Rn. 26 f.).

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften haben unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale. Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 2. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann durch Satzung bestimmen, daß entsprechend den Sätzen 1 bis 5 Zuschläge auferlegt oder Nachlässe bewilligt werden.

(2) Die Unfallversicherungsträger können unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren. Dabei sollen sie auch die in Inklusionsvereinbarungen (§ 166 des Neunten Buches) getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention (§ 167 des Neunten Buches) berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.