4.8 GmbH - Geschäftsführer - Haftung, allgemeine Haftung, Umfang der Haftung
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Der Mittelstand kämpft heute an allen Fronten, um zu überleben. Er ist einem immer härteren Wettbewerb, einer stets steigenden Abgabenlast und der Zurückhaltung bei der Ausstattung mit Fremdkapital ausgesetzt. Während bei Banken in der Kriese kurzerhand mittels Insolvenzrechtsänderung, Finanzmarktstabilisierungsfonds und Änderungen der Bewertungsrichtlinien Abhilfe geschafft wird, können kleinere sanierungsfähige Unternehmen mit solcher Unterstützung nicht rechnen. Hintergrund des Anstiegs bei den Pleiten ist vor allem die konjunkturelle Talfahrt. Sehr häufig handelt es sich bei den insolventen Unternehmen um Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Gläubiger in den meisten Fällen keine oder lediglich äußerst geringe Quoten zu erwarten haben.
In der Rechtsprechung zeigt sich eine deutliche Tendenz ab, die Verantwortlichkeit und Haftung der Organe einer juristischen Person immer mehr auszuweiten und die Handelnden persönlich in Anspruch zu nehmen. Das erklärt möglicherweise auch die parallele Entwicklung.
- die Entwicklung sachgerechter Grundsätze der Geschäftspolitik,
- die Organisation des Unternehmens in einer Weise, die die Realisierung des Gesellschaftszweckes optimal fördert,
- die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Buchhaltung und eines den Anforderungen des Unternehmens entsprechenden Rechnungswesens,
- die Überwachung der Belegschaft
- sowie grundsätzlich die Einhaltung sämtlicher verwaltungsrechtlicher (zum Beispiel Gewerberecht, Arbeitnehmerschutzvorschriften, Umweltrecht etc.) und sonstiger Gesetze (zum Beispiel Wettbewerbsrecht),
- die rechtzeitige und vollständige Entrichtung aller Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge und
- die Anmeldung eintragungspflichtiger Tatsachen zum Firmenbuch.
Die Gesellschaft muss zahlungsfähig sein und darf keine Überschuldung ausweisen. Die Rechtsprechung verlangt vom Geschäftsführer, diese beiden Kriterien ständig im Auge zu behalten.
Nach einem Urteil ist dies bereits gegeben, wenn die Gesellschaft 5% ihrer fälligen Verbindlichkeiten nicht innerhalb von 2 Wochen erfüllen kann.
Dabei beseitigen nach der Rechtsprechung des BGH nicht ausreichend schnell in Liquidität umzuwandelnde Vermögenswerte (wie z.B. Grundstücke) die Zahlungsunfähigkeit nicht.
Exkurs
Überschuldung im Sinne des § 64 Abs.1 GmbHG, § 19 Abs. 2 InsO liegt vor, wenn:
- das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt (rechnerische Überschuldung) und
- die Lebensfähigkeit der Gesellschaft, gemessen an ihrer Ertragsfähigkeit und ihren Zahlungspflichten, nicht hinreichend gesichert scheint (negative Überlebens- und Fortbestehensprognose)
Nach der Mitteilung des BMJ vom 13.10.2008 soll der Begriff der Überschuldung neu definiert werden in § 5 FMStG. Durch diese Insolvenzrechtsänderung sollen sanierungsfähige Unternehmen von der Insolvenzantragspflicht befreit werden. Wie die Regelung aussehen wird und ob sie Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Auch bisher ist der Insolvenzgrund der Zahlunsgunfähigkeit von wesentlich größerer Bedeutung.
4) Haftung unter sozialrechtliche Kriterien
Für den GmbH-Geschäftsführer bedeutet dies, dass auch bei unterbliebener Lohnzahlung eine Haftung für die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Betracht kommt.
DB 2002, 422)
Mit der Neufassung des § 28 e SGB IV werden die Zahlungen auf Arbeitnehmeranteile an die Kassen nochmals privilegiert. Unter Absatz 1 Satz 2 heißt es:
Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht.
Durch diese gesetzliche Fiktion wird dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit genommen, die in „letzter Sekunde“ an die Kassen bezahlten Arbeitnehmeranteile an zu fechten. Dies war in der Vergangenheit häufig der Fall. Nach der Entscheidung des BGH vom 27.3.2008 greift diese Rechtsänderung nicht in Altfällen. Nach der Entscheidung des AG Schwerin vom 1.7.2008 (17 C 64/08) soll dieses Privileg nur gelten, wenn es sich um eine Zahlung handelt, nicht hingegen bei Überweisungen aufgrund von Pfändungen.
- Festschreibung von Kreditrahmen bei der Hausbank;
- Stundungsvereinbarungen mit den Lieferanten und Gläubigern; Vor der sogenannten "Scheckfalle" ist in diesem Zusammenhang dringend zu warnen.
- Veräußerung nicht betriebsnotwendiger Gegenstände durch "Bargeschäft";
- Abforderung von Gesellschaftereinlagen bzw. –krediten;
- Optimierung des Forderungseinzugs.
Durch Eintreiben von Außenständen können nicht liquide Forderungen realisiert werden. - Durch Vereinbarungen mit den Mitarbeitern sind kurz- oder mittelfristige Verringerungen der Liquiditätsbelastung möglich.
- Testat über den Verkehrswert der Aktiva;
- wirksame Vereinbarungen über Rangrücktritt. Mittels einer Rangrücktrittserklärung kann erreicht werden, dass die Forderung eines Gesellschaftsgläubigers in der zu erstellenden Überschuldungsbilanz nicht mehr zu passivieren ist, so dass auf diesem Wege einer Überschuldung entgangen werden kann.
- Eine Rangrücktrittserklärung bietet sich vor allem bei Forderungen von Gesellschaftern gegenüber ihrer GmbH an.
- Patronatserklärungen sind verbindliche Erklärungen, in der Regel von verbundenen Firmen, die den Gläubigern eine Begleichung ihrer Forderungen zusichern.
- Durch außergerichtliche Vergleiche können die Schulden verringert werden. Vielen Gläubigern sind die Konsequenzen und Nachteile der rechtlichen Alternative - also des gesetzlichen Insolvenzverfahrens – hinlänglich bekannt.
Daneben müssen meist schwierige Verhandlungen mit den betroffenen Banken und Finanzämtern geführt werden. Diese machen Ihre Zustimmung zu Sanierungsversuchen oft davon abhängig, dass die bisherigen strukturellen Probleme der Firma aktiv angegangen werden. Hier ist die Mitwirkung einer qualifizierten Unternehmensberatung, regelmäßig unabdingbar, um das Vertrauen der Gläubiger in die Zukunft so weit wiederherzustellen, dass eine unmittelbare Insolvenzanmeldung vermieden werden kann.
Wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, dann sollte es zwischen diesen eine eindeutige Aufgaben- und Verantwortungsregelung geben. Zur Haftung wird dann Idealerweise nur der Geschäftsführer herangezogen, der nach der Geschäftsordnung bzw. der Aufgabenverteilung mit der Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten beauftragt ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass für bestimmte Angelegenheiten vom Gesetz zwingend die Gesamtverantwortung jedes geschäftsführenden Organs festgelegt ist, sodass beispielsweise für die rechtzeitige Beantragung eines Insolvenzverfahrens sowie die Erfüllung verschiedener öffentlich-rechtlicher Pflichten trotz Ressortverteilung jeder der Geschäftsleiter haftbar bleibt.
- Überschreitung von Zahlungszielen bei Lieferanten und Gläubigern
- Mahnungen der Gläubiger
- Mahnbescheide
- häufige Inanspruchnahme neuer Kredite
- sich verschlechternde Bewertungen bei Bonitätsauskünften
- Bewertung unter Branchendurchschnitt
- Auflösung von Reserven
- Verluste bei Aufträgen
- zu niedrige Auslastung von Sach- und Personalmitteln
- Kürzung von Aufträgen
- Zahlungen mit ungedeckten Schecks
- fruchtlos verlaufende Vollstreckungen
- Kreditkündigungen durch Banken
- gescheiterte Stundungs- und Vergleichsversuche
- Nichtzahlung von Mieten und Löhnen
- Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern
- fehlende Bereitstellung von Sicherheiten (Bürgschaften, Schuldbeitritten etc.)
- fehlende Mitwirkung an Aufträgen (Material- und Personalstellung)
- häufiger Personalwechsel
- auffallende Kündigungen / Wechsel von Mitarbeitern oder Geschäftsführern
- Umfirmierung
- Bankenwechsel
- Alle Gläubiger sind gleichmäßig zu befriedigen. Massesicherung hat Vorrang. Ausgenommen sind allenfalls notwendige Bargeschäfte.
- Die Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen kann ggf. sinnvoll sein.
- Zum Dokumentation der Rechtzeitigkeit der Antragstellung ist es unerlässlich die
Buchführung zu aktualisieren (Bilanz und zeitnahe BWA) - Holen Sie sich rechtlichen Rat.
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(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.
(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.
(1) Die Einzahlungen auf die Geschäftsanteile sind nach dem Verhältnis der Geldeinlagen zu leisten.
(2) Von der Verpflichtung zur Leistung der Einlagen können die Gesellschafter nicht befreit werden. Gegen den Anspruch der Gesellschaft ist die Aufrechnung nur zulässig mit einer Forderung aus der Überlassung von Vermögensgegenständen, deren Anrechnung auf die Einlageverpflichtung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 vereinbart worden ist. An dem Gegenstand einer Sacheinlage kann wegen Forderungen, welche sich nicht auf den Gegenstand beziehen, kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.
(3) Durch eine Kapitalherabsetzung können die Gesellschafter von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen höchstens in Höhe des Betrags befreit werden, um den das Stammkapital herabgesetzt worden ist.
(4) Ist eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten (verdeckte Sacheinlage), so befreit dies den Gesellschafter nicht von seiner Einlageverpflichtung. Jedoch sind die Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung nicht unwirksam. Auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht des Gesellschafters wird der Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder im Zeitpunkt seiner Überlassung an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt, angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nicht vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Die Beweislast für die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstandes trägt der Gesellschafter.
(5) Ist vor der Einlage eine Leistung an den Gesellschafter vereinbart worden, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage im Sinne von Absatz 4 zu beurteilen ist, so befreit dies den Gesellschafter von seiner Einlageverpflichtung nur dann, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Eine solche Leistung oder die Vereinbarung einer solchen Leistung ist in der Anmeldung nach § 8 anzugeben.
(6) Der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, so tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Eröffnung ein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Dezember 1998 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen einer GmbH. Sie wurde von den beiden Beklagten , die auch ihre je einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer waren, am 1. August 1991 gegründet. Satzungsgemäßer Gegenstand ihres Unternehmens war die Verwaltung und Vermietung von Einrichtungsgegenständen, Betriebsanlagen und Räumlichkeiten für Fitneß- und Freizeiteinrichtungen. Am
28. August 1991 zahlten beide Beklagten die gesellschaftsvertraglich vereinbarten Bareinlagen von je 25.000,00 DM auf das Bankkonto der Gemeinschuldnerin ein, das damit ein Haben von 50.000,00 DM aufwies. Dieser Betrag wurde am nächsten Tag auf das Konto einer OHG überwiesen, deren alleinige, paritätische Gesellschafter mit gemeinschaftlicher Vertretungsbefugnis die Beklagten waren. Der Überweisungsbetrag wurde jedenfalls in den Bilanzen der OHG als Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin ausgewiesen.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von den Beklagten erneute Einzahlung der nach seiner Ansicht nicht wirksam erbrachten oder jedenfalls unter Verstoß gegen § 30 GmbHG an sie zurückgezahlten Einlagebeträge von je 25.000,00 DM. Der Anspruch sei wegen "böslicher" Handlungsweise der Beklagten gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG nicht verjährt. Hilfsweise verlange er Rückzahlung des angeblichen Darlehens. Die Beklagten haben sich auf Verjährung berufen und ein bösliches Handeln in Abrede gestellt. Die Gemeinschuldnerin habe seinerzeit Räume zum Betrieb eines Fitneß-Studios angemietet, aber dafür keine Bankdarlehen erhalten. Deshalb sei die OHG als Betriebsgesellschaft gegründet und die Gemeinschuldnerin als Verwaltungsgesellschaft eingesetzt worden, welche die Räume an die OHG untervermietet und ihr für Renovierungsmaßnahmen ein Darlehen von 50.000,00 DM gewährt habe. Im Jahr 1996 habe dann die Gemeinschuldnerin den Betrieb des Fitneß-Studios der OHG zunächst im Wege eines - später wieder aufgehobenen - Kaufvertrages, anschließend pachtweise übernommen. Durch Vertrag vom 3. Juli 1998 sei die Darlehensforderung mit rückständigen Pachtzinsschulden der Gemeinschuldnerin verrechnet worden.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts schulden die Beklagten die erneute Einzahlung ihrer Stammeinlagen nach § 19 Abs. 1 GmbHG. Es fehle an einer Einlagenleistung zu freier Verfügung des Geschäftsführers (der Gemeinschuldnerin ), die grundsätzlich ausgeschlossen sei, wenn der Einlagebetrag - z.B. als Darlehen - alsbald wieder an den Gesellschafter oder an eine von ihm beherrschte Gesellschaft zurückfließe. Die an der OHG je hälftig beteiligten Beklagten beherrschten zwar diese je einzeln nicht. Darauf könne es aber wegen ihrer Identität mit den Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin nicht ankommen. Ebensowenig komme es auf die von den Beklagten behauptete Verrechnung der Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin mit rückständigen Pachtzinsverbindlichkeiten gegenüber der OHG an, weil darin eine unzulässige Umgehung des § 19 Abs. 5 GmbHG liege. Die auf § 31 Abs. 5 GmbHG gestützte Verjährungseinrede der Beklagten greife gegenüber dem Anspruch des Klägers aus § 19 Abs. 1 GmbHG nicht durch.
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Zutreffend geht allerdings das Berufungsgericht davon aus, daß die Beklagten mit der Einzahlung der Einlagebeträge auf das Konto der Gemeinschuldnerin am 28. August 1991 ihre Einlageschuld (§ 19 Abs. 1 GmbHG) nicht wirksam gemäß § 362 BGB getilgt haben, weil der Einlagebetrag am nächsten Tag an die OHG der Beklagten wieder abfloß und daher nicht zu freier Verfü-
gung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin geleistet wurde, wie für eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung erforderlich (vgl. Sen.Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 275/99, ZIP 2001, 1997 m.w.N.).
a) Der sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen der Ein- und Auszahlung begründet die Vermutung, daß dies von den Beklagten vorher so abgesprochen worden ist (s. zuletzt Sen.Urt. v. 16. September 2002 - II ZR 1/00, ZIP 2002, 2045, 2048). Das läßt auch die Revision gelten. Entgegen ihrer Ansicht kann hier eine zulässige Absprache über die Verwendung der Einlagemittel auch auf der Grundlage des von den Beklagten behaupteten (und unter Beweis gestellten) Darlehenszwecks der Auszahlung an die OHG nicht angenommen werden. Zwar sind schuldrechtliche Verwendungsabsprachen, durch welche die Geschäftsführung der Gesellschaft verpflichtet wird, mit den einzuzahlenden Einlagemitteln in bestimmter Weise zu verfahren, aus der Sicht der Kapitalaufbringung unschädlich, wenn sie allein der Umsetzung von Investitionsentscheidungen der Gesellschafter oder sonstiger ihrer Weisung unterliegender geschäftspolitischer Zwecke dienen (vgl. Sen.Urt. v. 24. September 1990 - II ZR 203/89, ZIP 1990, 1400 f.; v. 22. Juni 1992 - II ZR 30/91, ZIP 1992, 1303, 1305, zu 2). Anders ist es aber, wenn die Abrede (auch) dahin geht, die Einlagemittel unter (objektiver) Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln mittelbar oder gar unmittelbar wieder an den Einleger zurückfließen zu lassen (Senat aaO, Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 363/00, ZIP 2002, 799, 801). Das gilt auch im Fall einer Darlehensgewährung an den Inferenten, weil damit die Einlage im wirtschaftlichen Endergebnis nicht vom Inferenten bar geleistet, sondern von der Gesellschaft finanziert wird (verdeckte Finanzierung; vgl. BGHZ 28, 77 f.; Scholz/Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 19 Rdn. 40 m.w.N.). Zwar verbleibt der Gesellschaft, wenn sie das Darlehen nicht ihrerseits refinanzieren mußte (so im Fall von BGHZ 28, 77), sondern (absprachegemäß) aus einge-
zahlten Einlagemitteln gewährt, an deren Stelle in bilanzieller Hinsicht ein Aktivum in Form des Rückzahlungsanspruchs gemäß § 607 BGB (dazu unten 2), das aber weder der geschuldeten Bareinlage gleichsteht noch den primären Einlageanspruch der Gesellschaft (§ 19 Abs. 1 GmbHG) ersetzen kann, weil dadurch u.a. dessen Unverzichtbarkeit gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG sowie die zwingende Verzinsungspflicht gemäß § 20 GmbHG umgangen würden (vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. § 37 II 2 c, S. 1113). Durch den Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung des Inferenten unterscheidet sich die Darlehensgewährung in diesem Fall von einem entsprechenden Verkehrsgeschäft mit dem Gesellschafter oder mit einem Dritten. Das gilt auch dann, wenn sie zur Finanzierung von Gesellschafterleistungen dient, die der Gesellschaft zugute kommen sollen, weil dann der Gesichtspunkt der verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 5 GmbHG) eingreift.
b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision weiter die Auffassung des Berufungsgerichts , die Darlehensgewährung an die OHG sei einer solchen an die Beklagten gleichzustellen. Der Tatbestand einer Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln setzt die Identität zwischen Inferent und Auszahlungsempfänger nicht unbedingt voraus. Es genügt vielmehr, daß der oder die Inferenten durch die Leistung an den Dritten mittelbar in gleicher Weise begünstigt werden, wie durch eine unmittelbare Leistung an sie selbst, was u.a. bei der Leistung an ein von dem oder den Inferenten beherrschtes Unternehmen der Fall ist (vgl. BGHZ 125, 141, 144). Die an "ihrer" OHG je hälftig beteiligten Beklagten beherrschten diese zwar je einzeln nicht (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juni 1999 - II ZR 70/98, ZIP 1999, 1314). Darauf kommt es aber hier nicht an, weil die Beklagten zugleich Gesellschafter der Gemeinschuldnerin waren und diese übereinstimmend als bloßes Hilfsinstrument zu dem übergeordneten, gemeinsamen Zweck der Finanzierung des Betriebs "ihrer" OHG eingesetzt haben (vgl. Sen.Urt. v.
16. Dezember 1991 - II ZR 294/90, ZIP 1992, 242, 244). Da das Vorgehen der Beklagten im wirtschaftlichen Ergebnis darauf abzielte, der OHG den Barbetrag und der Gemeinschuldnerin (nur) den Darlehensrückzahlungsanspruch zu ver- schaffen, liegt zudem der Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 5 GmbHG) vor.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Anspruch des Klägers aus § 19 Abs. 1 GmbHG nicht entsprechend § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG verjährt. Der mangels einer Leistung zu freier Verfügung des Geschäftsführers nicht erfüllte Anspruch der Gesellschaft auf ordnungsgemäße Kapitalaufbringung (§ 19 Abs. 1 GmbHG) ist von dem durch § 31 GmbHG sanktionierten, auch nach ordnungsgemäßer Einlageleistung geltenden Kapitalerhaltungsgebot des § 30 GmbHG zu unterscheiden (vgl. Sen.Urt. v. 17. September 2001 aaO) und unterlag gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bis zum 1. Januar 2002 der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 a.F. BGB (vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 24. Juli 2000 - II ZR 202/98, WM 2000, 2301, 2303 f.). Entsprechendes gilt erst recht für den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung des angeblichen Darlehens der Gemeinschuldnerin gegenüber der OHG i.V. mit der Haftung der Beklagten aus § 128 HGB, wobei hier offenbleiben kann, ob der Darlehensvertrag entsprechend § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG unwirksam ist (vgl. Sen.Urt. v. 16. März 1998 - II ZR 303/96, ZIP 1998, 780 f.) und der Rückzahlungsanspruch deshalb nicht auf § 607 BGB, sondern auf § 812 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 128 HGB) zu stützen wäre. Dieser Anspruch besteht neben demjenigen aus § 19 Abs. 1 BGB, ohne daß dadurch eine Anspruchsverdoppelung eintritt , weil beide auf dasselbe Leistungsinteresse gerichtet sind.
3. Auch ohne Revisionsrüge aus Rechtsgründen zu beanstanden ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die von den Beklagten behauptete Verrechnung
der Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin mit rückständigen Pachtzinsforderungen der OHG komme von vornherein nicht in Betracht, weil darin eine Umgehung des § 19 Abs. 5 GmbHG liege. Richtig ist zwar, daß die gesetzlichen Kautelen für die Tilgung der Einlageschuld durch die hier gewählte Darlehenskonstruktion nicht umgangen werden durften und daher eine Tilgung der "Darlehensschuld" der OHG durch Aufrechnung nur unter den Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit nach §§ 19 Abs. 2, 5 GmbHG auch zur Tilgung der Einlageschuld der Beklagten führen konnte. Da es sich aber bei den Pachtzinsforderungen der OHG, mit denen der "Darlehensanspruch" der Gemeinschuldnerin im Jahr 1998 verrechnet worden sein soll, um lange Zeit nach Begründung der Einlagepflicht entstandene "Neuforderungen" (für die Überlassung des Gewerbebetriebes der OHG an die Gemeinschuldnerin) handelte, kommt statt § 19 Abs. 5 GmbHG nur dessen Absatz 2 Satz 2 zum Zuge, der eine im Einvernehmen mit der Gesellschaft durchgeführte Verrechnung der Einlageschuld gegen Neuforderungen des Gesellschafters zuläßt, wenn diese fällig, liquide und vollwertig sind (vgl. Sen.Urt. v. 16. September 2002 - II ZR 1/00, ZIP 2002, 2045). Die Beklagten haben vorgetragen, es sei im Jahr 1998 eine einvernehmliche Verrechnung erfolgt. Das Berufungsgericht hat dazu - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Das angefochtene Urteil kann daher nicht bestehen bleiben.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen zu der von den Beklagten behaupteten Verrechnung und den dafür maßgebenden Voraussetzungen zu treffen. Dabei wird es insbesondere darauf ankommen, ob die Pachtzinsforderung der OHG gegen die Gemeinschuldnerin bestand und vollwertig war. Letzteres setzt voraus, daß das Vermögen der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der Verrechnung zur Dekkung ihrer sämtlichen Verbindlichkeiten ausreichte (vgl. BGHZ 90, 370; 125,
141, 145). Die Beklagten trifft dafür die Beweislast (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 229/91, ZIP 1992, 992).
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.
(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.
(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.
(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.
(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.
(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.
(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 2 und 3 die Bezahlung einer Forderung von 82.175,92 DM aus einem mit der K GmbH (K.) im Oktober 1994 geschlossenen Werkvertrag, dessen Leistungen sie am 5. August 1995 in Rechnung gestellt hat. Die Vollstreckung der Forderung aus einem gegen die K. erwirkten Versäumnisurteil war erfolglos; die von dem Beklagten zu 3 am
29. März 1996 beantragte Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen ist am 12. April 1996 mangels Masse abgelehnt worden.
Die Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 100.000,00 DM ausgestatteten K., der Beklagte zu 2 (40 %) und der zum Geschäftsführer bestellte Beklagte zu 3 (60 %) beschlossen am 27. Dezember 1995, den Geschäftsbetrieb einzustellen, den mit dem Beklagten zu 2 über die Anmietung der Fabrikations - und Geschäftsräume geschlossenen Vertrag per 31. Dezember 1995 zu kündigen und das vorhandene Personal von der Beklagten zu 1 übernehmen zu lassen. Am 17. Januar 1996 schlossen die K., vertreten durch den Beklagten zu 3, und die Beklagte zu 1, vertreten durch den Beklagten zu 2 als deren Geschäftsführer , einen Vertrag, mit dem die K. alle ihr am 26. Januar 1996 zustehenden Forderungen an die Beklagte zu 1 abtrat und ihr ihren gesamten, zum 31. Dezember 1995 inventarisierten, mit 150.000,00 DM bewerteten Warenbestand übertrug. Im Gegenzug übernahm die Beklagte zu 1 Verbindlichkeiten der K. in Höhe von 822.273,87 DM. Darunter befand sich die Forderung der Klägerin nicht. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen dieser Gesellschaft ist am 5. Juni 1998 mangels Masse abgelehnt worden.
Nach einem von dem Beklagten zu 3 in Auftrag gegebenen Vermögensstatus der K. standen per 31. Dezember 1995 Aktiva in Höhe von ca. 1,637 Mio. DM Passiva in Höhe von ca. 5,477 Mio. DM gegenüber. Daraus errechnet sich bei einem Stammkapital von 100.000,00 DM ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von ca. 3,839 Mio. DM. Darin sind Gesellschafterdarlehen in Höhe von ca. 2,928 Mio. DM (davon des Beklagten zu 3 in Höhe von ca. 462.000,00 DM) enthalten.
Die Klägerin hält die Beklagten für verpflichtet, ihre Forderung gegen die K. unter Durchgriffsgesichtspunkten zu erfüllen bzw. ihr gemäû § 826 BGB Schadensersatz zu leisten. Sie weist darauf hin, daû der Beklagte zu 2 im Einvernehmen mit dem Beklagten zu 3 die Anlagegüter der K. erworben und den Kaufpreis mit angeblichen Zahlungsrückständen der K. verrechnet habe, die aus dem Mietvertrag über die Geschäfts- und Fabrikationsräume sowie den Leasingverträgen über Anlagegüter seit April 1995 aufgelaufen seien, weil die K. ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Beklagten zu 2 nicht mehr habe nachkommen können. Dieses Anlagevermögen habe der Beklagte zu 2 am 1. August 1998 versteigern lassen und den Versteigerungserlös für sich vereinnahmt.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB nicht. Ferner wird es zu prüfen haben, ob der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch - was es nach seinem Kenntnisstand über die Rechtsprechung des Senates bisher noch nicht berücksichtigen konnte - unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung begründet ist.
1. Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 826 BGB gegen beide Beklagte revisionsrechtlich nicht ausgeschlossen werden.
Unstreitig steht fest, daû die Beklagten zu 2 und 3 aufgrund der Vereinbarung vom 17. Januar 1996 sämtliche Forderungen der K. sowie deren gesamten Warenbestand auf die Beklagte zu 1 übertragen haben. Legt man den vom Beklagten zu 3 in Auftrag gegebenen, von dem Wirtschaftsprüfer H. per 31. Dezember 1995 gefertigten Vermögensstatus der K. zugrunde, hat der Warenwert ca. 215.000,00 DM betragen. An Forderungen verfügte die K. über ca. 990.000,00 DM, da von den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von ca. 1.303.000,00 DM ein Betrag von ca. 313.000,00 DM aufgrund Sicherheitsabtretung der V.bank I. zustanden, mit dem das bei dieser geführte Geschäftskonto sowie der von dieser gewährte Kredit noch valutierten. Dem Betrag von 990.000,00 DM stand eine Übernahme von Verbindlichkeiten der K. durch die Beklagte zu 1 in Höhe von rund 823.000,00 DM gegenüber. Daraus folgt, daû die Beklagten unter Zugrundelegung des Vermögensstatus der K. ein Vermögen von mehr als 380.000,00 DM (Warenwert: ca. 215.000,00 DM; Forderungen abzüglich Verbindlichkeiten: 167.000,00 DM) entzogen haben. Dieses Vermögen stand den Gläubigern der K., zu denen die Klägerin gehört, im Konkursverfahren nicht zur Verfügung.
Nach dem Vortrag der Klägerin hat die K., vertreten durch den Beklagten zu 3 als ihren Geschäftsführer, ihre Anlagegüter im Jahre 1995 an den Beklagten zu 2 veräuûert, nachdem sich etwa ab April 1995 herausgestellt hatte, daû die Gesellschaft dessen Forderungen aus Miet- und Leasingverträgen in Höhe von 100.000,00 DM monatlich nicht mehr erfüllen konnte. Der Kaufpreis soll gegen die aufgelaufenen Forderungen verrechnet worden sein. Auch durch die-
se Transaktion ist den Gläubigern der K. Zugriffsvermögen entzogen worden. War die K. nicht mehr in der Lage, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen, hätten ihr die Beklagten zu 2 und 3 als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zuführen müssen, statt ihre Liquidität durch Darlehen aufrechtzuerhalten (vgl. § 32 a Abs. 1 GmbHG), wie das nach dem Vortrag der Klägerin vom Beklagten zu 2 in Höhe von 1,2 Mio. DM getan worden ist. Befand sich die K., wie die Klägerin behauptet hat, in der Krise, kann nicht ausgeschlossen werden, daû die Mietpreis- und Leasingforderungen, die der Beklagte zu 2 gegen den Kaufpreis aus der Übernahme der Anlagegüter verrechnete, als Eigenkapitalersatz verhaftet waren. Unter einer solchen Voraussetzung war die Verrechnung unzulässig.
Da, wie die Klägerin behauptet hat, der Niedergang der K. ab April 1995 einsetzte, stellen sich die von den Beklagten zu 2 und 3 einverständlich durchgeführten Vermögenstransaktionen als Maûnahmen dar, mit denen der Beklagte zu 2 als Gesellschaftsgläubiger zu Lasten der übrigen Gläubiger der Gesellschaft bevorzugt befriedigt wurde, obwohl ihm ein durchsetzbarer Anspruch nicht zustand. In gleicher Weise ist die Übertragung des Gesellschaftsvermögens auf die Beklagte zu 1 zu beurteilen, soweit sie nicht durch Übernahme von Verbindlichkeiten gedeckt war. Im Zweifel kam auch diese Vermögensverlagerung dem Beklagten zu 2 oder beiden Beklagten als Gesellschafter der Beklagten zu 1 zugute; entsprechende Feststellungen des Berufungsgerichtes sind dazu bislang nicht getroffen worden.
Legt man diesen Sachverhalt zugrunde, ist das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB zu bejahen. Die Gläubiger der K. einschlieûlich der Klägerin sind durch die Verringerung der Zugriffsmasse geschädigt worden. Den Vermögensentzug haben beide Beklagte planmäûig zu La-
sten der Gläubiger und zum Vorteil des Beklagten zu 2 - möglicherweise auch zum Vorteil des Beklagten zu 3, soweit er Mitgesellschafter der Beklagten zu 1 ist - durchgeführt. Ein solches Verhalten erfüllt die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit und eines rechtswidrig vorsätzlichen Handelns.
Es mag sein, daû der Beklagte zu 2, wie der Beklagte zu 3 in seinem an die Staatsanwaltschaft M. gerichteten Schreiben vom 14. Oktober 1996 zum Ausdruck bringt, die treibende Kraft gewesen ist. Dem Beklagten zu 3 ist jedoch der Vorwurf zu machen, daû er sich diesem Verhalten nicht widersetzt, sondern einverständlich mit dem Beklagten zu 2 gehandelt hat. Als Geschäftsführer, der zugleich Mehrheitsgesellschafter war, hatte er die Pflicht, derart grob rechtswidrige Verhaltensweisen des Beklagten zu 2 im Interesse der Gesellschaft und ihrer Gläubiger zu unterbinden. Der Umstand, daû er sich zu seinem Mitwirken von dem Beklagten zu 2 hat bestimmen lassen, beseitigt weder die Sittenwidrigkeit noch die Vorsätzlichkeit seines Handelns.
2. Daneben könnte der Klägerin auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des sog. existenzvernichtenden Eingriffs zustehen.
Wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, müssen der Alleingesellschafter oder einverständlich handelnde Gesellschafter für Nachteile einstehen , die den Gesellschaftsgläubigern dadurch entstehen, daû sie der Gesellschaft Vermögen entziehen, das sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt (BGH, Urteil v. 17. September 2001 - II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874; Urteil v. 25. Februar 2002 - II ZR 196/00, ZIP 2002, 848).
Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das Recht der Kapitalgesellschaften
jedoch grundlegenden Voraussetzung, daû das Gesellschaftsvermögen, das zur Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft zum Zwecke der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muû und damit der - im Recht der GmbH im übrigen sehr weitgehenden - Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist. Die GmbH hat zwar keinen Anspruch gegen ihre Gesellschafter auf Gewährleistung ihres Bestandes. Sie können die Existenz der Gesellschaft im Grundsatz jederzeit - sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens - beenden (BGHZ 76, 352, 353; 103, 184, 192; 129, 136, 151). In jedem Fall hat ihre Beendigung jedoch in einem geordneten Verfahren zu erfolgen , in dem die Vermögenswerte der Gesellschaft zunächst zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu verwenden sind. Auf keinen Fall kann es ihnen erlaubt sein, der Gesellschaft ihr Vermögen ohne Rücksichtnahme auf ihre gesetzliche Funktion, anstelle ihrer Gesellschafter als Haftungsträger zu dienen, zu entziehen und ihr dadurch die Möglichkeit zu nehmen, ihre Verbindlichkeiten - ganz oder wenigstens teilweise - zu erfüllen. Den Gesellschaftern steht innerhalb wie auûerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuû zu. Die Notwendigkeit der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter und die strikte Bindung des ersteren zur - vorrangigen - Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide - Absonderung und Zweckbindung - sind unabdingbare Voraussetzung dafür, daû die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in Anspruch nehmen können. Allein dieses Zusammenspiel von Vermögenstrennung und Vermögensbindung einerseits sowie die Haftungsbeschränkung andererseits vermag das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG zu rechtfertigen. Entziehen die Gesellschafter unter Auûerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf diese Zweckbindung des Ge-
sellschaftsvermögens der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaû die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten , so liegt darin, wie der Senat schon früher ausgesprochen hat (vgl. BGHZ 122, 123 - TBB), ein Miûbrauch der Rechtsform der GmbH, der zum Verlust des Haftungsprivilegs führen muû, soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach §§ 30, 31 GmbHG vollständig ausgeglichen werden kann oder kein ausreichender Ausgleich in das Gesellschaftsvermögen erfolgt (vgl. Röhricht, FS 50 Jahre BGH, 2000, Bd. I, S. 83, 93 ff., 105 ff.). Das gilt auch und erst recht bei Vorliegen einer Unterbilanz. Auûerhalb des Insolvenzverfahrens müssen die Gläubiger, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können, deshalb grundsätzlich berechtigt sein, ihre Forderungen unmittelbar gegen die Gesellschafter geltend zu machen (zu den im Schrifttum entwickelten unterschiedlichen Haftungsmodellen vgl. Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2026; Wiedemann, FS 50 Jahre BGH, Bd. II, 2000, S. 353; Karsten Schmidt, NJW 2001, 3577, 3580; Bitter, WM 2001, 2133, 2139; derselbe, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften , 2000, S. 90 ff., insbesondere 99 f.; Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843 f.; derselbe ZIP 2002, 961, 966 f.).
Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten und im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt haben die Beklagten zu 2 und 3 diese Voraussetzungen erfüllt. Durch die von ihnen einverständlich vorgenommenen Zugriffe auf das Vermögen der K., durch die die Beklagten zu 2 und 3 der Gesellschaft die von ihr zur Befriedigung ihrer Gläubiger benötigten Vermögenswerte entzogen haben, haben sie die Abwicklung der Gesellschaft in einem geordneten , der Verwertung ihres Vermögens zur Befriedigung ihrer Gläubiger dienenden Verfahren verhindert und die Gesellschaft in einen masselosen Konkurs
geführt. Sie haben damit selber die Voraussetzungen beseitigt, auf denen ihr Recht zur Inanspruchnahme einer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruhte und haften deshalb den Gesellschaftsgläubigern für den Ausfall unmittelbar und persönlich. Dabei kann es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zu 3 von dem der K. entzogenen Vermögen, soweit es der Beklagten zu 1 übertragen worden ist, als möglicher Gesellschafter mittelbar etwas erlangt hat. Wie der Senat in dem zitierten Urteil vom 25. Februar 2002 ausgesprochen hat, haftet auch der Gesellschafter den Gläubigern für Ausfälle unter dem Gesichtspunkt des sog. existenzvernichtenden Eingriffs, der selbst nichts empfangen hat, jedoch durch sein Einverständnis mit dem Vermögensabzug an der Existenzvernichtung der Gesellschaft mitgewirkt hat. Diese Voraussetzungen treffen auf den Beklagten zu 3 unstreitig zu.
3. Damit die erforderlichen Feststellungen, insbesondere auch zur Fälligkeit der Forderung des Klägers - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag durch die
Parteien - getroffen werden können, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.
(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.
(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 29.11.1999
Az.: II ZR 273/98
a) Für den Beginn des mit der Ersatzpflicht des Geschäftsführers bewehrten Zahlungsverbots gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG genügt die für ihn erkennbare Überschuldung (oder Zahlungsunfähigkeit) der GmbH. Die Beweislast für fehlende Erkennbarkeit trifft den Geschäftsführer.
b) Der von dem Geschäftsführer einer insolvenzreifen GmbH veranlaßte Einzug eines Kundenschecks auf ein debitorisches Bankkonto der GmbH ist grundsätzlich als eine zur Ersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG führende "Zahlung" (an die Bank) zu qualifizieren.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h. c. Röhricht, die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. August 1998 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 2. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs und des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter in dem am 14. August 1996 eröffneten Konkurs über das Vermögen der K. GmbH, deren geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Beklagte war. Er reichte in der Zeit zwischen dem 27. November 1995 und dem 12. Juni 1996 acht Schecks von Kunden der Gemeinschuldnerin in Höhe eines Gesamtbetrages von 68.147,69 DM zur Gutschrift auf das debitorisch geführte Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin bei der V. bank B. ein.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG Erstattung der auf dem debitorischen Konto verrechneten Scheckbeträge, weil dadurch die Haftungsmasse der nach seinem Vortrag schon längere Zeit vor Einreichung des ersten der acht Schecks konkursreifen Gemeinschuldnerin zum Nachteil ihrer übrigen Gläubiger geschmälert worden sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
I.
Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).
II.
Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte dem Kläger Ersatz der auf das debitorische Konto der Gemeinschuldnerin eingezogenen Scheckbeträge gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG.
1. a) Die Feststellungen des Berufungsgerichts, daß die Gemeinschuldnerin spätestens Anfang November 1995 bei Ansatz von Liquidationswerten (rechnerisch) überschuldet war, der Beklagte die Fortführung ihres Unternehmens rechtfertigende Umstände nicht dargetan hat und er deshalb schon vor Einreichung des ersten der acht Schecks hätte Konkursantrag stellen müssen (§ 64 Abs. 1 GmbHG; vgl. BGHZ 126, 181, 199 f.), nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Nach diesen Feststellungen befand sich die Gemeinschuldnerin im November 1994 in einer wirtschaftlichen Situation, in der ein GmbH-Geschäftsführer bei Meidung seiner Ersatzpflicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich keine masseschmälernden "Zahlungen" mehr leisten darf. Für den Beginn dieses Verbots genügt die bestehende Konkursreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung). Auf eine positive "Feststellung" der Überschuldung durch den Geschäftsführer kommt es nicht an. Die scheinbar anderslautende Formulierung in § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist nur ein inzwischen überholtes Relikt aus der vor dem 1. August 1986 geltenden Fassung des Absatz 1, wonach es bei der Überschuldung auf deren bilanziellen Ausweis ankam (vgl. OLG Hamburg, ZIP 1995, 913; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 25). Für den subjektiven Tatbestand des § 64 Abs. 1 u n d 2 genügt die Erkennbarkeit der Konkursreife für den Geschäftsführer, wobei ein entsprechendes Verschulden zu vermuten ist (vgl. Sen. Urt. v. 1. März 1994 II ZR 61/92 bzw. II ZR 81/94, WM 1994, 1030, 1031 zu II 2. a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. § 64 Rdn. 10; a. A. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rdn. 18). Diese Vermutung ist von dem Beklagten nicht widerlegt.
2. Das Berufungsgericht meint indessen, der Beklagte hafte deshalb nicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG auf Erstattung der Scheckbeträge, weil mit der Einreichung von Kundenschecks auf ein debitorisches Konto der GmbH deren Vermögen nicht geschmälert, sondern ihr finanzielle Mittel zugeführt würden. Zwar werde durch den Scheckeinzug und die Gutschrift auf dem Konto der GmbH auch ihre Schuld gegenüber der Bank vermindert, was aber bei dem vorliegenden Kontokorrentkonto nur vorübergehend sei, weil die GmbH bzw. ihr Geschäftsführer über den zugeflossenen Betrag im Rahmen des ihr eingeräumten Kreditlimits sogleich wieder verfügen und damit z. B. gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG erlaubte, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns in Einklang stehende Zahlungen leisten könne.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, wie die Revision mit Recht rügt.
a) Sinn und Zweck des mit der Ersatzpflicht des Geschäftsführers bewehrten Zahlungsverbots gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG ist es, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer konkursreifen GmbH im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (vgl. Sen. Urt. v. 18. März 1974 II ZR 2/72, WM 1974, 412 = NJW 1974, 1088; Fleck, GmbHR 1974, 224, 230; Scholz/K. Schmidt aaO, § 64 Rdn. 35). Diesem Normzweck wird die Ansicht des Berufungsgerichts nicht gerecht, weil der auf das debitorische Konto eingezogene Scheckbetrag aufgrund der Kontokorrentabrede mit dem Sollsaldo bzw. mit dem Kreditrückzahlungsanspruch der Bank verrechnet wird und damit im Ergebnis ebenso an einen Gläubiger, hier die Bank, gezahlt wird wie in dem Fall, daß der Geschäftsführer mit dem von einem Schuldner der GmbH erhaltenen Barbetrag die Forderung eines ihrer Gläubiger begleicht. Da der Begriff der "Zahlungen" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG dem Zweck der Vorschrift entsprechend weit auszulegen ist (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 40), besteht kein rechtserheblicher Unterschied zwischen diesen beiden Zahlungsvorgängen. In beiden Fällen wird der Insolvenzmasse zugunsten der Befriedigung eines Gläubigers ein Betrag entzogen, der anderenfalls zur (teilweisen) Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Dementsprechend wird in Rechtsprechung und Schrifttum, soweit dort zu der vorliegenden Frage Stellung genommen wird, durchweg der Scheckeinzug auf ein debitorisches Konto als "Zahlung" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG angesehen (vgl. OLG Hamburg ZIP 1995, 913 mit zustimmender Anm. Bähr EWiR 1995, 587; vgl. auch LG Itzehoe ZIP 1996, 797; Baumbach/Hueck aaO, § 64 Rdn. 13; v. Gerkan in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB § 130 a Rdn. 10; Roth/Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 64 Rdn. 25).
b) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, daß die Verminderung des Debets infolge der Scheckeinlösung eventuell nur vorübergehend ist, weil dadurch der Spielraum des Kontokorrentkredits wieder erweitert und der GmbH die Möglichkeit gegeben wird, über den zugeflossenen Betrag sogleich bis zur Höhe ihres Kreditlimits wieder verfügen zu können. Denn dies ändert nichts daran, daß der Scheckbetrag im Ergebnis zum Nachteil der Gläubigergesamtheit in der Masse fehlt, der ihr ohne die Verrechnung mit dem Debet sei es als offene Forderung gegenüber dem Schuldner, sei es als vom Geschäftsführer unmittelbar eingezogener und von ihm zu thesaurierender Betrag zur Verfügung stünde, worauf es für § 64 Abs. 2 GmbHG entscheidend ankommt (vgl. Sen. Urt. v. 18. März 1974 aaO). Auf die Möglichkeit weiterer Kreditschöpfung mit Mitteln des debitorischen Kontos kann zumindest nach Entstehung der Konkursantragspflicht gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG schon deshalb nicht abgestellt werden, weil das dem Zweck dieser Pflicht widerspräche. Die durch den Scheckeinzug eventuell ermöglichte Befriedigung anderer Gläubiger mit Mitteln des debitorischen Kontos ist zwar ihrerseits nicht als erneute "Zahlung" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG zu qualifizieren, weil dies lediglich zu einem Gläubigeraustausch bzw. zu einer Umschuldung führt, durch die weder die Masse noch die Quote der Gläubiger berührt werden, abgesehen von der dadurch entstehenden Zinsschuld gegenüber der Bank, deren Begründung keine "Zahlung" darstellt (vgl. BGHZ 138, 211, 217). Auch das ändert aber nichts daran, daß die in das debitorische Konto eingegangene Schecksumme am Ende in der Masse fehlt und dies auf die von dem Geschäftsführer veranlaßte Scheckeinziehung als "Zahlung" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG zurückzuführen ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Verrechnung mit dem Debet jeweils sofort im Sinne eines Tagessaldo oder erst nach einer längeren Abrechnungsperiode erfolgt (vgl. dazu Heymann/Horn, HGB 2. Aufl. § 355 Rdn. 31).
Ebensowenig kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts darauf an, ob das Kreditlimit der Gemeinschuldnerin zur Zeit der jeweiligen Scheckeinlösungen noch unterschritten oder wie die Revision unter Hinweis auf den vorinstanzlichen Vortrag des Klägers geltend macht bereits überzogen war. Die Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 3. Dezember 1990 II ZR 215/89, ZIP 1991, 445 m. w. N.), wonach die Einzahlung einer Bareinlage auf ein debitorisches Konto der GmbH dann zulässig ist, wenn die Gesellschaft über den Betrag im Rahmen ihres Kreditlimits frei verfügen kann (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), weist keinen Bezug zu der vorliegenden Problematik des § 64 Abs. 2 GmbHG auf. Denn hier geht es nicht um die Kapitalaufbringung und das Interesse der GmbH an der freien Verfügbarkeit des betreffenden Betrages, sondern im Gegensatz dazu um die Masseerhaltung der nicht mehr überlebensfähigen Gesellschaft.
c) Nicht stichhaltig ist auch das eher pragmatische Argument des Berufungsgerichts, von dem Geschäftsführer könne nicht verlangt werden, zum Zwecke der Scheckeinziehung ein neues Konto bei einer anderen Bank einzurichten, weil sich dies namentlich in kleineren Gemeinden "herumsprechen" könne und dadurch die finanzielle Situation der Gesellschaft noch weiter verschlechtert werde. Eine derartige Rücksichtnahme liefe darauf hinaus, dem Geschäftsführer im Widerspruch zu § 64 Abs. 1 GmbHG eine weitere Konkursverschleppung zu ermöglichen. Was für den in § 64 Abs. 2 GmbHG miterfaßten Zeitraum von höchstens drei Wochen zwischen dem Eintritt der Konkursreife und dem Entstehen der Konkursantragspflicht (§ 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) gilt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, weil der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon vor Einreichung des ersten Schecks zur Konkursantragstellung verpflichtet gewesen wäre. Zumindest für die Zeit von da an hatte er der Masseerhaltung Priorität einzuräumen und deshalb den Scheckeinzug auf das debitorische Konto zu unterlassen. Da sonach schon die von dem Beklagten durch den Scheckeinzug bewirkte Zahlung an die Bank der Gemeinschuldnerin mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht mehr vereinbar war (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), hat auch die vom Berufungsgericht nur abstrakt und ohne konkrete Feststellungen erörterte Möglichkeit, den durch den Scheckeinzug erweiterten Kreditspielraum zu gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG privilegierten Zahlungen an andere Gläubiger der Gemeinschuldnerin zu nutzen, außer Betracht zu bleiben.
3. Nach allem schuldet der Beklagte dem Kläger Ersatz der eingezogenen Scheckbeträge gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG. Ein Abzug einer fiktiven Konkursquote, die auf die Bank der Gemeinschuldnerin ohne die Scheckeinzüge entfallen wäre (vgl. Sen. Urt. v. 1. März 1994 aaO zu II 2. a; Roth/Altmeppen aaO, § 64 Rdn. 26 m. w. N.), kommt hier nicht in Betracht, weil die Bank nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen bevorrechtigter Gläubiger ohnehin keine Aussicht auf eine Quote hat.
III.
Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und auf die Revision des Klägers das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 20.12.2002
Az.: 22 U 99/02
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 07. Mai 2002 wie folgt abgeändert:
Das Versäumnisurteil vom 22. August 2001 bleibt aufrecht erhalten, soweit der Beklagte darin zur Zahlung von 3.953,74 EUR (= 7.732,85 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, höchstens 9,26 % seit dem 26. Februar 2001, verurteilt worden ist. Im übrigen wird das Versäumnisurteil aufgeho-ben und die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte zu 77 % und die Klägerin zu 23 %, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Beklagten in erster Instanz, die der Beklagte zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, der in der Zeit vom 09.09.1997 bis zum September 1999 als alleiniger Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Komplementär-GmbH der Firma ... GmbH &Co. KG (Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am 06.04.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, im Handelsregister eingetragen war, die Zahlung von ausstehenden Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung in Höhe von 10.049,01 DM für die Monate April 1998 - Juni 1999. Der Beklagte, der am 29. März 1999 als Geschäftsführer abberufen worden ist, ist der Ansicht, insgesamt nicht zu haften, da er lediglich technischer Geschäftsführer gewesen sei und ab April 1999 schon deshalb nicht mehr zu haften, weil seine Geschäftsführertätigkeit geendet habe.
Mit Versäumnisurteil vom 22.08.2001 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses ihm am 29.08.2001 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte am 12.09.2001 Einspruch eingelegt. Mit dem Beklagten am 16.05.2002 zugestelltem Urteil vom 07. Mai 2002, auf das zur näheren Sachdarstellung bezug genommen wird, hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 22. August 2001 aufrecht erhalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 266a StGB für die Nichtzahlung der geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge hafte. Es hätte dem Beklagten oblegen, sich zu entlasten, wozu die bloße Behauptung, aufgrund einer Bilanz aus November 1998 habe kein Anlass zu Überlegungen im Hinblick auf eine drohende Insolvenz bestanden, nicht ausreiche. Da die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer erst im September 1999 in das Handelsregister eingetragen worden sei, entfalle eine Haftung gem. § 15 HGB auch nicht zu einem früheren Zeitpunkt.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit der am 28.05.2002 eingelegten und am 25.06.2002 begründeten Berufung und wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus der ersten Instanz. Er ist der Ansicht, er sei aufgrund der internen Aufteilung der Geschäftsführung nicht Organ im Sinne des § 14 Abs.1 S.1 StGB gewesen, da die kaufmännische Geschäftsführung von drei anderen Personen erledigt worden sei, während er selbst mit der Leitung der Produktion und der technischen Betriebsführung befasst gewesen sei. Irgendwelche Kenntnisse von der konkreten finanziellen Lage und den Sozialversicherungsbeitragsrückständen habe er nicht gehabt. Er bestreite die geltend gemachte Forderung. Es sei der Betrag aus einem Gesellschafterdarlehen an die Klägerin geflossen, was dazu geführt haben solle, dass die Rückstände bei der Klägerin von ursprünglich 75.163,80 DM auf 3.176 EUR in 1998 geschmolzen seien.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der ersten Instanz und führt weiter aus, dass der Beklagte persönlich von den Beitragsrückständen gewusst habe, was sich auch aus dem - unbestrittenen - Schreiben des Beklagten vom 17.09.1998 ergebe, mit dem dieser selbst der Klägerin einen Zahlungsvorschlag unterbreitet hat.
B.
I.
Die zulässige Berufung ist in Höhe von 1.184,23 EUR (=2.316,16 DM) begründet und im übrigen unbegründet.
1)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 3.953,74 EUR (= 7.732,85 DM) aus §§ 823 Abs.2 BGB, 14, 266 a Abs. 1 StGB.
In der Zeit zwischen dem 17.04.1998 und dem 31.03.1999 hat die Gemeinschuldnerin die von ihr an die Klägerin als Einzugsstelle abzuführenden Arbeitnehmeranteile für die Sozialversicherung mit einem Gesamtbetrag von 3.953,74 EUR nicht entrichtet. Soweit dies der Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung bestreitet, handelt es sich zum einen um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen zur Zulassung dieses neuen Vorbringens gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1-3 ZPO sind jedoch weder erkennbar noch vorgetragen. Zum anderen ist dieses Bestreiten jedoch auch in der erfolgten Form nicht erheblich. Um die Richtigkeit der Berechnung erheblich anzugreifen oder die Bezahlung der Rückstände erheblich einzuwenden, hätte es näheren Vortrages dazu bedurft, in welchem Punkt diese Berechnung fehlerhaft sein soll bzw. von den eigenen Angaben der Gemeinschuldnerin abweicht oder welche Zahlung konkret auf die Forderung erfolgt sein soll. Dazu reicht die pauschale Behauptung, es sei ein - nicht genannter - Betrag per Scheck an die Klägerin geflossen, aufgrund eines Gesellschafterdarlehens, was zu einem Zusammenschmelzen der Rückstände von ursprünglich 75.163,80 DM auf lediglich 3.176,-- EUR geführt haben soll, nicht aus. Damit ist der objektive Tatbestand des § 266 a StGB, der ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt, erfüllt. Dass die Gemeinschuldnerin zur Erfüllung dieser Pflicht finanziell nicht in der Lage gewesen ist, behauptet der Beklagte selbst nicht.
Die Pflicht, diese Beiträge abzuführen, trifft gem. § 266 a StGB den Arbeitgeber. Da hier Arbeitgeber eine juristische Person ist, haftet gem. § 14 StGB das sie vertretende Organ auf die Erfüllung dieser Pflicht (vgl. Tröndle/Fischer, § 266 a StGB, Rn 5). Dies ist vorliegend zumindest in dem oben genannten Zeitraum der Beklagte, der im September 1997 zum Alleingeschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt und erst mit Beschluss vom 29.03.1999 wieder abberufen worden ist. Für die Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit hätte es ihm oblegen, für die Erfüllung der öffentlichrechtlichen Pflicht zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge Sorge zu tragen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass er nach seinem Vortrag intern lediglich als technischer Geschäftsführer agiert hat. Selbst bei einer mehrgliedrigen Geschäftsführung obliegt allen Geschäftsführern zumindest eine Überwachungspflicht, die insbesondere auch das Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen umfasst (vgl. BGH Z 133, 370 ff., 378). Dies gilt erst recht, wenn wie vorliegend die juristische Person tatsächlich nur einen Geschäftsführer hat. Dieser kann sich nicht exculpieren durch die intern vorgenommene Verteilung von Zuständigkeiten. Auch hier müsste er zumindest überwachen, dass die Beitragsabgabepflichten auch tatsächlich erfüllt werden.
Dass der Beklagte auch tatsächlich mit der Frage des Abführens der Sozialversicherungsbeiträge befasst war und von deren Rückständen Kenntnis hatte, war in erster Instanz unstreitig und wird erstmals mit der Berufung bestritten. Die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 1-3 ZPO zur Zulassung dieses neuen Vortrages wurden nicht dargelegt. Letztlich kann dies aber auch dahinstehen, da sich die Kenntnis des Beklagten insbesondere ergibt aus dem von der Klägerin nunmehr vorgelegten und unbestritten gebliebenen Schreiben vom 17. September 1998 (Bl. 121 G.A.), mit dem der Beklagte für die Gemeinschuldnerin der Klägerin Ratenzahlung auf bestehende Beitragsrückstände angeboten und eine zukünftig pünktliche Zahlung der Beträge zugesagt hat. Zu dessen Vorlage bereits in erster Instanz hatte die Klägerin keine Veranlassung, da erstmals mit der Berufungsbegründung bestritten worden ist, dass der Beklagte Kenntnis von den Beitragsrückständen hatte.
Da der Beklagte in Kenntnis dieser Problemsituation die Zahlung der Rückstände und die pünktliche Zahlung der weiter monatlich fällig werdenden Beträge nicht veranlasst oder sicher gestellt hat, kann auf einen zumindest bedingten Vorsatz des Beklagten zur Vorenthaltung dieser Beträge geschlossen werden. Dies insbesondere, da es für die Verwirklichung des § 266 a StGB nicht des Vorsatzes bedarf, die Beiträge endgültig vorzuenthalten, sondern lediglich das Bewusstsein und der Wille vorhanden sein müssen, die Abführung der Beiträge bei Fälligkeit zu unterlassen (vgl. BGH Z 134, 304 ff., 315).
2)
Die Klägerin hat jedoch gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.184,23 EUR (= 2.316,16 DM) aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 14, 266 a Abs. 1 StGB.
Insoweit handelt es sich um die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge für die Monate April, Mai und Juni 1999. Zwar ist auch insoweit der objektive Tatbestand des § 266 a Abs. 1 StGB erfüllt, als auch diese Beiträge trotz Fälligkeit von dem Arbeitgeber nicht an die Klägerin abgeführt worden sind.
Jedoch war zu diesen Fälligkeitsterminen bereits der Beklagte aufgrund der Abberufung vom 29.03.1999 nicht mehr Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Gemeinschuldnerin. Damit war er kein Organ des Arbeitgebers mehr im Sinne der §§ 14, 266 a StGB. Dass er dennoch in dieser Zeit für die Gemeinschuldnerin gehandelt hat, hat die Klägerin nicht behauptet. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass es erst im September 1999 zu einer Eintragung der Abberufung in das Handelsregister gekommen ist. Die Eintragung hat lediglich deklaratorische Bedeutung, so dass die Abberufung zu dem Zeitpunkt wirksam geworden ist, zu dem sie auch tatsächlich erfolgt ist (vgl. BGH Z 133, 370 ff., 376). Etwas anderes ergibt sich auch entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht aus § 15 HGB. Diese Norm dient dem Schutz des guten Glaubens Dritter an die Richtigkeit der im Handelsregister eingetragenen Tatsachen im Geschäftsverkehr (BGH Z 65, 309ff., 311 / MünchKomm-Lieb, § 15 HGB, Rn 6,8, 33 / Röhricht/Graf von Westphalen-Ammon, § 15 HGB, Rn 1, 3). Dieser Dritte, der gutgläubig im Vertrauen auf die im Handelsregister eingetragenen Tatsachen Dispositionen getroffen hat, soll den Eingetragenen insoweit an dem Inhalt der Eintragung festhalten können (MünchKomm-Lieb, § 15 HGB, Rn 82). Daraus kann jedoch keine nach strafrechtlichen Gesichtspunkten zu bewertende persönliche Haftung (§§ 14, 266 a StGB) eines im Handelsregister fälschlich noch eingetragenen, aber tatsächlich bereits abberufenen Geschäftsführers für tatsächlich von diesem nicht mehr beeinflussbare Handlungen der juristischen Person erwachsen.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass §§ 14, 266 a StGB auf die tatsächliche Stellung als Organ einer juristischen Person abstellen (vgl. Tröndle/Fischer, § 288a StGB, Rn 5).
Auch hat die Klägerin vorliegend keine Dispositionen im Hinblick auf den eingetragenen Geschäftsführer getroffen, die vor der Einwendung der Falscheintragung zu schützen wären. Vielmehr beansprucht sie Ersatz für den Schaden, der ihr daraus entstanden ist, dass die juristische Person einer ihr als Arbeitgeber obliegenden öffentlichrechtlichen Pflicht nicht nachgekommen ist.
Das für eine Verwirklichung des Straf- und damit auch des Haftungstatbestandes erforderliche organschaftliche Handeln oder Unterlassen des Beklagten kann für die Zeit nach seiner Abberufung nicht mehr festgestellt werden.
3)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten weiterhin Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus 3.953,74 EUR in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, höchstens 9,26 %, seit dem 26.01.2001 aus §§ 284 ff., 288 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
III.
Die Voraussetzungen, unter denen die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO n.F. zuzulassen ist, liegen nicht vor.
IV.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 5.137,98 EUR (= 10.049,01 DM).
R. M. R.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer es als Geschäftsführer unterläßt, den Gesellschaftern einen Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzuzeigen.
(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, - 2.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert, - 3.
entgegen dem Handelsrecht - a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder - b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.
(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 oder 3 fahrlässig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, - 2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder - 3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht, - 3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht, - 4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder - 6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Großbäckerei W. + S. GmbH & Co. KG mit Sitz in Ke.. Der beklagte Bäckermeister führte die Geschäfte nicht nur der Gemeinschuldnerin, sondern auch ihrer ebenfalls als GmbH & Co. KG organisierten, in H.-B. ansässigen Schwestergesellschaft. Mit dieser Kommanditgesellschaft hat der Beklagte am 18. März 1993 einen Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen, in dessen § 1 Abs. 1 bestimmt ist:"... Er (scil. der Beklagte) übernimmt die Geschäftsführung für die Firmen Großbäckerei W.S., H.-B. und K.-Ke. (scil: das ist die Ge- meinschuldnerin)."
Nach § 5 Abs. 2 des Vertrages sind dem Geschäftsführer "Aufwendungen... anläßlich von Dienstreisen und Repräsentationen ... in nachgewiesener Höhe zu erstatten". § 8 Nr. 6 schließlich bestimmt:
"Alle Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis sind von den Vertragspartnern innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung, schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie erloschen. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, erlöschen sie, wenn der Anspruch nicht innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird." Der Kläger wirft dem Beklagten, gegen den in diesem Zusammenhang auch strafrechtliche Ermittlungen geführt werden, vor, seine Dienstpflichten gegenüber der Gemeinschuldnerin in grober Weise verletzt und ihr Schaden zugefügt zu haben, u.a. indem er Spesen und sonstige Aufwendungen unrichtig abgerechnet sowie Kosten seiner privaten Lebensführung auf die Gemeinschuldnerin abgewälzt habe. Er hat deswegen mit der Klage von dem Beklagten Schadenersatz i.H.v. 251.682,71 DM nebst Zinsen und die Feststellung der künftigen Ersatzpflicht des Beklagten verlangt. Da der Beklagte unstreitig neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer anderweitig auf dem Geschäftsfeld der Gemeinschuldnerin tätig geworden ist, hat er außerdem darauf angetragen, den Beklagten zur Auskunfterteilung über diese nicht erlaubten Aktivitäten und zur Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft zu verurteilen.
Durch Teilurteil hat das Landgericht den Beklagten teilweise zur Zahlung verurteilt (93.000,48 DM), teilweise die Zahlungsklage abgewiesen (hinsichtlich des 189.700,57 DM übersteigenden Betrages) und im übrigen die Entscheidung dem Schlußurteil vorbehalten. Abgewiesen hat es ferner den Auskunftsantrag, während es dem Feststellungsbegehren entsprochen hat. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, welcher sich der Kläger angeschlossen hat. Im zweiten Rechtszug hat der Beklagte Widerklage mit dem Antrag erhoben , den Kläger zu verurteilen, die von dem Beklagten während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erstellten monatlichen Geschäftsberichte zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Der Kläger seinerseits hat seinen noch in erster Instanz anhängigen Zahlungsantrag um rund 195.000,00 DM mit der Begründung erweitert, es habe sich zwischenzeitlich durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erwiesen, daß der Beklagte in dieser Größenordnung Schecks der Gemeinschuldnerin auf seinem Privatkonto eingelöst habe.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten lediglich i.H.v. 88.977,72 DM nebst Zinsen aufrechterhalten und die Klage insoweit abgewiesen , als der Kläger einen 185.677,81 DM nebst Zinsen übersteigenden Betrag fordert. Ferner hat es dem Auskunftsantrag stattgegeben, den Feststellungsantrag und die Widerklage aber als unzulässig abgewiesen.
Von den hiergegen eingelegten Revisionen der Parteien hat der Senat - nach Heraufsetzung der Beschwer des Klägers - nur das Rechtsmittel des Beklagten, der sein Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt, zur Entscheidung angenommen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Abweisung der Auskunftsklage und im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von ihm bejahte organschaftliche Haftung des Beklagten für pflichtwidrige und die Gemeinschuldnerin schädigende Geschäftsführung sei von § 8 Abs. 6 des Geschäftsführervertrages nicht erfaßt, weil die dort getroffene Regelung sich allein auf vertragliche Ansprüche beziehe; wie sich aus seiner Hilfserwägung ersehen läßt, hat es sich dabei wesentlich von der Vorstellung bestimmen lassen, wegen des im Interesse der Gläubiger zwingenden Charakters von § 43 GmbHG sei vor allem eine Abkürzung der Verjährungsfrist der nach § 43 Abs. 2 GmbHG bestehenden Haftung des Geschäftsführers unzulässig.
2. Dies hält, wie die Revision mit Recht rügt, rechtlicher Prüfung nicht stand. Die organschaftliche Haftung des Beklagten ist, da die Klage erst mehr als zwei Jahre nach Beendigung seines Dienstverhältnisses erhoben worden ist, erloschen. Die in § 8 Abs. 6 des Dienstvertrages aufgeführten tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen vor: Es ist weder festgestellt noch vorgetragen worden, daß die Gemeinschuldnerin die Ansprüche spätestens binnen sechs Monaten nach Ende des Anstellungsverhältnisses, d.h. bis zum 30. Juni 1998, geltend gemacht und der Beklagte ihre Erfüllung erst zu Beginn des Jahres 1999, zwei Monate vor Klageerhebung abgelehnt hätte.
a) Nicht nur der Senat (vgl. Urt. v. 15. November 1999 - II ZR 122/98, ZIP 2000, 135 f. mit Besprechung von Altmeppen, DB 2000, 261 und 657), sondern auch die ganz h.M. im Schrifttum (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 43 Rdn. 45; Scholz/U.H.Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 207; Hachenburg/Mertens, GmbHG 8. Aufl. § 43 Rdn. 95; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, GmbHG 4. Aufl. § 43 Rdn. 61; Roth/ Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 43 Rdn. 59 i.V.m. Rdn. 50; a.A. unter Hinweis auf den gebotenen Schutz der Gesellschaftsgläubiger Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 43 Rdn. 29 i.V.m. Rdn. 2) halten im Grundsatz - nämlich soweit nicht die Sondersituation des § 43 Abs. 3 GmbHG vorhanden ist - eine Abkürzung der Verjährungsfrist für zulässig. Dies wird - ähnlich wie bei dem grundsätzlich für zulässig erachteten Verzicht auf oder bei dem Vergleich über einen gegen den Geschäftsführer gerichteten Schadenersatzanspruch - von der Erwägung getragen, daß es, solange nicht der Anwendungsbereich des § 43 Abs. 3 GmbHG betroffen ist, Sache der Gesellschafter ist, nach § 46 Nr. 8 GmbHG darüber zu befinden, ob und ggfs. in welchem Umfang sie Ansprüche der Gesellschaft gegen einen pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer verfolgen wollen. Wie auf die Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs - sei es förmlich durch Vertrag, durch Entlastungs- oder durch Generalbereinigungsbeschluß - verzichtet werden kann, so kann auch schon im Vorfeld das Entstehen eines Ersatzanspruchs gegen den Organvertreter näher geregelt, insbesondere begrenzt oder ausgeschlossen werden, indem z.B. ein anderer Verschuldensmaßstab vereinbart oder dem Geschäftsführer eine verbindliche Gesellschafterweisung erteilt wird, die eine Haftungsfreistellung nach sich zieht. Die Abkürzung der Frist, binnen deren ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden muß, wenn nicht Verjährung oder gar - wie hier - das Erlöschen des Anspruchs eintreten soll, ist nur eine andere Form dieser Beschränkungs- und Verzichtsmöglichkeiten.
b) Unabhängig davon, daß danach die Unanwendbarkeit der Haftungbegrenzungsklausel des § 8 Abs. 6 des Geschäftsführervertrages nicht aus dem angeblich zwingenden Charakter der Haftung nach § 43 GmbHG hergeleitet werden kann, ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die genannte Regelung beziehe sich ausschließlich auf vertragliche Ansprüche, von Rechtsirrtum beeinflußt.
aa) Das Landgericht, dessen Begründung sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, hatte sich darauf gestützt, es seien wegen der Formulierung "Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis" nur die üblicherweise bestehenden gegenseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag wie "Abfindung, Rückgewähr des Dienstwagens etc." gemeint. Da nach der Rechtsprechung des Senats die organschaftliche Haftung als Spezialregelung die vertragliche Haftungsgrundlage in sich aufnehme, könne der Ausgestaltung von Verjährungsfristen durch den Anstellungsvertrag keine eigenständige Bedeutung mehr zukommen.
bb) Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist es zutreffend, daß auch bei Fehlen oder Unwirksamkeit eines Anstellungsverhältnisses die organschaftliche Haftung nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 GmbHG besteht. Das besagt aber nichts über die Berechtigung der Beteiligten, in dem sog. Geschäftsführerdienstvertrag auch Fragen des Organverhältnisses zu regeln. Soweit das GmbHG in diesem Bereich nicht zwingend ist, muß demnach der geschlossene Vertrag - unabhängig von seiner Bezeichnung - darauf hin untersucht werden, ob und welche Regelungen des Organverhältnisses er enthält.
Da hier die Auslegung des Tatrichters unvollständig ist und weitere tatsächliche Feststellungen ausscheiden, kann der Senat den Vertrag selbständig auslegen: Der zwischen dem Beklagten und der Gemeinschuldnerin geltende Vertrag beschränkt sich nicht, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht angenommen hat, auf die Regelung der persönlichen Stellung des Beklagten als einer zur Erbringung höherer Dienste verpflichteten Person, sondern enthält über diese Fragen des Anstellungsverhältnisses hinaus verschiedene dem Organverhältnis zuzuordnende Regelungen: Nach § 1 Abs. 1 ist der Beklagte verpflichtet, die Unternehmensleitung nicht nur für seine unmittelbare Vertragspartnerin, die H.er Schwester-GmbH & Co. KG der Gemeinschuldnerin , sondern auch für diese selbst zu übernehmen. Dasselbe gilt für § 1 Abs. 2, der inhaltlich mit § 43 Abs. 1 GmbHG übereinstimmt, oder für die in § 1 Abs. 3 des Vertrages niedergelegte Weisungsfolgepflicht oder die Pflicht, Gesetz und Satzung einzuhalten. Bei diesen Vertragsklauseln handelt es sich - ebenso wie bei der Verschwiegenheitsregelung in § 8 Abs. 1, der Pflicht, nur für das Unternehmen tätig zu sein (§ 8 Abs. 2), oder der Pflicht zum sorgsamen Umgang mit und zur Herausgabe von Firmenunterlagen auf jederzeitiges Verlangen der Gesellschafter (§ 8 Abs. 5) - um Bestimmungen, die das Organverhältnis regeln.
3. Es liegt kein Ausnahmefall vor, in dem die - wie ausgeführt - grundsätzlich mögliche Begrenzung der organschaftlichen Haftung des Beklagten durch Abkürzung der gesetzlichen Fristen unzulässig ist.
a) Nach § 43 Abs. 3 Satz 3 GmbHG (i.V.m. § 9 b Abs. 1 GmbHG) sind Erlaß, Verzicht und die dem im Ergebnis gleichkommende Verkürzung der Verjährungsfrist unzulässig, soweit der Pflichtverstoß des Geschäftsführers darin besteht, daß er eine Verletzung der Kapitalschutzvorschriften (§§ 30, 33 GmbHG) nicht unterbunden hat und seine Ersatzleistung benötigt wird, um Gesellschaftsgläubiger befriedigen zu können. Auch wenn letzteres angesichts der Eröffnung des Konkursverfahrens am 1. Dezember 1997, also schon vor dem Ende des ohne fristlose Kündigung am 31. Dezember 1997 auslaufenden Anstellungsverhältnisses des Beklagten anzunehmen sein wird, liegen die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 3 GmbHG nicht vor. Denn die von dem Berufungsgericht festgestellte Pflichtwidrigkeit besteht nicht in einer Verletzung der Kapitalschutzvorschriften des GmbHG, sondern darin, daß der an der Gesellschaft nicht beteiligte Beklagte unberechtigt sich hat Spesen und Aufwendungen ersetzen lassen, daß er es zu verantworten hat, daß unaufklärbare Kassenfehlbestände (Berlinerverkauf) vorhanden sind und daß er Mittel der Gesellschaft zur Bestreitung von Maßnahmen verwendet hat, die allein in seinem eigenen Interesse lagen.
b) In seiner Entscheidung vom 15. November 1999 (II ZR 122/98, ZIP 2000, 135 f.), in der es ebenfalls um eine Verkürzung der Frist für die Geltendmachung von nicht unter den Sondertatbestand des § 43 Abs. 3 GmbHG fallenden Schadenersatzansprüchen ging, hat der Senat zwar in den dort dem Berufungsgericht erteilten Hinweisen für die weitere Sachbehandlung ausgesprochen , die Abkürzung sei unwirksam, soweit der Schadenersatzbetrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger notwendig sei. An dieser Auffassung (vgl. dazu Altmeppen, DB 2000, 261 und 657; kritisch Baumbach/Hueck/Zöllner aaO, § 43 Rdn. 45; ebenso Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner aaO, § 43 Rdn. 61 Fn. 223) hält der Senat nicht fest, weil sie eine Erweiterung der Haftung des Geschäftsführers im Interesse der Gesellschaftsgläubiger zur Folge hätte, die zwar rechtspolitisch erwünscht sein mag, aber weder im Wortlaut noch in der Systematik des Gesetzes eine hinreichende Grundlage findet.
4. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob § 8 Abs. 6 aaO nach seinem Sinn und Zweck auch auf deliktisches Verhalten des Beklagten gestützte Schadenersatzansprüche der Gemeinschuldnerin - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist hier vornehmlich an § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zu denken - umfassen soll. Sollte das Berufungsgericht in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren zu dem Ergebnis gelangen, daß die genannte Klausel deliktische Ansprüche nicht einschließt, wird es zu beachten haben, daß - abweichend von der Behandlung dieser Frage für die organschaftliche Haftung (vgl. Rspr.Nachw. bei Goette ZGR 1995, 648 ff.) - die Darlegungs- und Beweislast für diese Ansprüche voll- ständig bei dem Kläger liegt. Die erforderliche Zurückverweisung der Sache eröffnet dem Berufungsgericht im übrigen die Möglichkeit, auch die von dem Beklagten hinsichtlich der Schadenhöhe erhobenen Einwände erneut zu prüfen.
II.
Der Auskunftsanspruch ist nicht begründet, weil insofern deliktische Ansprüche nicht in Rede stehen und auch für diesen auf § 8 Abs. 2 und Abs. 3 des Geschäftsführervertrages gestützten Hilfsanspruch § 8 Abs. 6 aaO Sperrwirkung entfaltet.
III.
Begründet ist die Revision schließlich insoweit, als sich der Beklagte gegen die Abweisung seiner Widerklage als unzulässig wendet. Die Widerklage ist - erst recht, nachdem das Berufungsgericht dem auf § 424 ZPO gestützten Antrag auf Urkundenvorlegung nicht entsprochen hat - sachdienlich. Denn der Beklagte ist - auch wenn ihn im Rahmen der jetzt allenfalls noch in Rede stehenden deliktischen Haftung die Darlegungs- und Beweislast dafür nicht trifft, daß er mit den Mitteln der Gemeinschuldnerin pflichtgemäß umgegangen ist, alle Geschäftsvorfälle buchmäßig ordnungsgemäß erfaßt und ggfs. für sein Vorgehen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt hat - zu seiner Verteidigung darauf angewiesen, Einblick in die von ihm selbst gefertigten Papiere zu nehmen. Wird ihm dies gestattet, besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eher die Möglichkeit, "den Streit zwischen den Parteien endgültig und alsbald beizulegen", als wenn ihm dies verwehrt wird.
Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt den Parteien die Gelegenheit, ggfs. ergänzend zu der Frage vorzutragen, ob über die bereits vorgelegten Geschäftsberichte hinaus weitere derartige Dokumente vorhanden sind, weil der Beklagte seiner Pflicht nach § 1 Abs. 4 des Geschäftsführervertrages nachgekommen ist und monatlich sowie halbjährlich schriftlich Bericht erstattet hat. Sollte sich erweisen, daß der Beklagte nur gelegentlich schriftlich berichtet hat, ginge es zu seinen Lasten, wenn er das Vorhandensein weiterer Berichte über die bereits vorgelegten Dokumente hinaus nicht darlegen und nachweisen kann. In diesem Fall erwiese sich die - zulässige, weil sachdienliche - Widerklage als unbegründet.
Röhricht Hesselberger Goette Kurzwelly Kraemer
(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.
(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.
(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.
Die Finanzbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere
- 1.
Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen, - 2.
Sachverständige zuziehen, - 3.
Urkunden und Akten beiziehen, - 4.
den Augenschein einnehmen.
(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde auf Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Im Vorlageverlangen ist anzugeben, ob die Urkunden für die Besteuerung des zur Vorlage Aufgeforderten oder für die Besteuerung anderer Personen benötigt werden. § 93 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Die Finanzbehörde kann die Vorlage der in Absatz 1 genannten Urkunden an Amtsstelle verlangen oder sie bei dem Vorlagepflichtigen einsehen, wenn dieser einverstanden ist oder die Urkunden für eine Vorlage an Amtsstelle ungeeignet sind. § 147 Abs. 5 gilt entsprechend.