Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 20. Nov. 2015 - 4 B 1851/15 SN

bei uns veröffentlicht am20.11.2015

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 1,5 Mio. € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt als zwischenzeitliche Erwerberin einstweiligen Rechtsschutz gegen ein vom Antragsgegner betriebenes Verfahren zur Zwangsversteigerung von Grundstücken wegen offener Kanalanschlussbeiträge.

2

Bei den beschlagnahmten Objekten handelt es sich zum einen um das im Grundbuch von …, Blatt a, eingetragene Grundstück. Es besteht aus dem 20.220 m² großen Flurstück b (Gebäude- und Freifläche) und dem 41.478 m² großen Flurstück c (Gebäude- und Freifläche), jeweils der Flur e der Gemarkung Z. Zum anderen handelt es sich um das im Grundbuch von …, Blatt f, eingetragene Grundstück, das aus dem 12.339 m² großen Flurstück d (Gebäude- und Freifläche) der Flur e der Gemarkung Z. besteht.

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Beide Grundstücke sind bebaut, das erstgenannte mit einer eingeschossigen großen Produktionshalle und Lagerhallen, aber auch mit einem kleineren zweigeschossigen Büro- und Verwaltungsgebäude, das letztgenannte mit der wohl baulichen Fortsetzung der Hallen.

4

Die Grundstücke sind jedenfalls an die öffentliche Einrichtung der Trinkwasserversorgung des Antragsgegners angeschlossen.

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Im Hinblick auf die Schmutzwasserentsorgung ergibt sich aus einem Schreiben des Antragsgegners vom 3. Juli 2003, dass ein Anschluss an die öffentliche Einrichtung zur Schmutzwasserentsorgung des Antragsgegners offenbar nicht vorgenommen wurde, da diese technisch nicht in der Lage sei, die anfallenden Abwässer der dort betriebenen Konservenfabrik aufzunehmen und zu reinigen und auch eine Erweiterung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Die Stadtwerke … als Betriebsführer des Abwasserentsorgungsbetriebs … seien aber bereit, den Anschluss der Konservenfabrikgrundstücke an die städtische Kläranlage vorzunehmen. Es werde gegenüber dem anwaltlichen Adressaten um Erarbeitung einer Vereinbarung zwischen dem Antragsgegner und den Stadtwerken über die Kostenübernahme für die Erstellung des Abwasserkonzepts zum Anschluss der Konservenfabrik an die städtische Abwasserbeseitigungsanlage gebeten.

6

Es ist offen, ob die Grundstücke in einem als Gewerbegebiet ausgewiesenen B-Plangebiet liegen, wie es das Verkehrswertgutachten vom 6. Mai 2014 behauptet.

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Die Grundstücke gehörten jedenfalls zuletzt der K. Fabrik Z. GmbH & Co. KG. Über das Vermögen dieser Gesellschaft eröffnete das Amtsgericht … auf Antrag des Geschäftsführers mit Beschluss vom 1. Mai 2011 (Az. 580 IN 60/11) das Insolvenzverfahren und bestellte Herrn Rechtsanwalt D. D., B-Stadt, zum Insolvenzverwalter.

8

Mit Schreiben vom 3. August 2011 meldete der Antragsgegner gegenüber dem Insolvenzverwalter Forderungen in Höhe von 291.523,05 Euro zur Tabelle an. Dabei handele es sich um die Schmutzwasseranschlussbeitragsforderung betreffend das Grundstück, bestehend aus den Flurstücken g und b - so laut Betreffzeile -, auf der zweiten Seite mit insgesamt 61.698 m² Größe bezeichnet (dies entspricht allerdings der Summe des „großen“ Grundstücks, Flurstücke b und c).

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Mit Duldungsbescheid vom 29. Oktober 2012 forderte der Antragsgegner den Insolvenzverwalter zur Abwendung der Zwangsversteigerung in „das“ Grundstück Gemarkung Z., Flur e, Flurstücke g, d und c auf, einen Betrag in Höhe von insgesamt 491.350,62 Euro bis Anfang November 2012 zu zahlen. Soweit die Zahlung nicht geleistet werde, sei der Insolvenzverwalter verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in „das“ Grundstück der Gemarkung Z., Flur e, Flurstücke g, d und c bis zu einem Betrag in dieser Höhe zu dulden. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt, dass Beitragsbescheide aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr hätten erlassen werden können. Die Anschlussbeiträge seien (nachträglich) zur Tabelle angemeldet worden. Sie setzten sich zusammen aus den Anschlussbeiträgen für die Trinkwasserversorgung in Höhe von 141.525,80 Euro und die Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von 349.824,82 Euro. Die Anschlussbeiträge seien bisher nicht beglichen worden. Die Beiträge ruhten als öffentliche Last auf „dem“ Grundstück. Die Duldungspflicht treffe auch den Insolvenzverwalter (§ 77 Abs. 1 der Abgabenordnung [AO]).

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Der Insolvenzverwalter legte wenige Tage später gegen diesen Duldungsbescheid Widerspruch ein, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

11

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 machte der Antragsgegner gegenüber dem Insolvenzverwalter weitere Absonderungsrechte in Höhe von 189.806,82 Euro geltend und meldete in dieser Höhe Forderungen für den Ausfall zur Tabelle an. Unter Hinweis auf die mit Schreiben vom 3. August 2011 („2012“ ist wohl ein Schreibversehen) geltend gemachten Absonderungsrechte wurde mitgeteilt, es seien Anschlussbeiträge für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung zu den für das Grundstück der Insolvenzschuldnerin, Gemarkung Z., Flur e, Flurstück d, mit einer Größe von 12.339 m² zu erheben. Darüber hinaus seien für beide Grundstücke Anschlussbeiträge für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung entstanden. Diese beliefen sich auf insgesamt 131.134,05 Euro. Entsprechend den Beitragssatzungen beliefen sich die weiteren mit diesem Schreiben angemeldeten Beitragsforderungen für das Grundstück „A. R. h“ in Z. auf 189.806,82 Euro. Der weitere Schmutzwasserbeitrag für das genannte Grundstück, Flurstück d, in Höhe von 58.672,77 Euro und die Anschlussbeiträge für die zentrale Trinkwasserversorgung für das Grundstück, Flurstück d sowie Flurstück c und Flurstück g in Höhe von insgesamt 131.134,05 Euro seien bisher nicht beglichen worden. Die entsprechenden Beitragsbescheide seien als Entwurf ohne Leistungsgebot als Anlage beigefügt. Die noch nicht angemeldeten Anschlussbeiträge für die Trinkwasserversorgung und Schmutzwasserbeseitigung würden hiermit für den Ausfall zur Insolvenztabelle in folgender Höhe angemeldet:

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 Schmutzwasserbeitrag

  58.672,77 Euro

 Trinkwasserbeitrag

  131.134,05 Euro

 Summe der angemeldeten Beträge:

 189.806,82 Euro

13

Der Antragsgegner gab dem Widerspruch des Insolvenzverwalters mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2013 unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen insoweit statt, als in dem Duldungsbescheid ein Betrag von mehr als 480.958,87 Euro gefordert wurde. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Der Widerspruchsbescheid ist dem Insolvenzverwalter am 15. Februar 2013 zugestellt worden.

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Die Antragstellerin kaufte die beiden Grundstücke mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 24. April 2013 aus der Insolvenzmasse; es wurden auch jeweils Auflassungsvormerkungen zur Eintragung in das jeweilige Grundbuch bewilligt.

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Mit Schreiben vom 3. Juni 2013 beantragte der Antragsgegner die Anordnung der Zwangsversteigerung nach § 15 ZVG im Hinblick auf die beiden nicht beglichenen Anschlussbeiträge, die mitBeschluss des Amtsgerichts … vom 11. Juni 2013 unter Bezug auf entsprechende dingliche Ansprüche in Höhe von 480.958,87 € öffentliche Lasten erfolgt ist. In der Zweiten Abteilung der Grundbücher für die Grundstücke wurden am 17. Juni 2013 zunächst die Auflassungsvormerkung und sodann die Anordnung der Zwangsversteigerung eingetragen.

16

Die Antragstellerin wurde als jeweilige Grundstückseigentümerin am 13. März 2014 eingetragen.

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Bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Februar 2014 beantragte die Antragstellerin, hilfsweise namens und in Vollmacht des Insolvenzverwalters, den Duldungsbescheid vom 29. Oktober 2012 teilweise zurückzunehmen, soweit dieser eine Zahlungsverpflichtung eines Betrages von mehr als 86.842,96 Euro anordnet, hilfsweise,

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die Zahlungsverpflichtung teilweise zu erlassen, soweit diese den vorgenannten Betrag übersteigt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf dieses Schreiben Bezug genommen, auch zur Berechnung des in den Anträgen genannten Betrags.

19

Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Teilrücknahme des Duldungsbescheids mit Bescheid vom 6. März 2014 ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Bescheids Bezug genommen.

20

Der Antragsgegner lehnte auch den Antrag auf „Teilerlass des Duldungsbescheids“ - gemeint ist wohl der Teilerlass der diesem Bescheid zugrunde gelegten Anschlussbeitragsforderungen - mit Bescheid vom 12. März 2014 ab. Wegen der Einzelheiten wird ebenfalls auf den Inhalt dieses Bescheids verwiesen.

21

Der erstgenannte Bescheid wurde dem anwaltlichen Bevollmächtigten der Antragstellerin am 7. März 2014 zugefaxt, der letztgenannte am 12. März 2014.

22

Die Antragstellerin legte im eigenen und im Namen des Insolvenzverwalters jeweils mit anwaltlichem Schreiben vom 7. April 2014 Widerspruch gegen die Ablehnungsbescheide ein. Sie begründete ihren Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. März 2014 mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Juli 2014, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Das Schreiben enthält vom Umfang des Widerspruchs her ausweislich des Antrags offenbar eine Einschränkung dergestalt, dass nunmehr beantragt werde, den Duldungsbescheid vom 29. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 insofern aufzuheben, als dieser eine Zahlungsverpflichtung über den Betrag von 86.842,96 Euro anordnet.

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Mit jeweiligem Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2014 wies der Antragsgegner die Widersprüche gegen die beiden Bescheide vom 6. März und 12. März 2014 zurück. Die Zustellung der Widerspruchsbescheide ist wohl am 23. Juli 2014 erfolgt.

24

Am 25. August 2014, einem Montag, haben sowohl die Antragstellerin als auch der Insolvenzverwalter daraufhin Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. März 2014 erhoben (Az.: 4 A 1550/14). Am gleichen Tag haben sie ebenfalls Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 6. März 2014 erhoben (Az.: 4 A 1549/14).

25

Am 4. Mai 2015 hat die Antragstellerin darüber hinaus um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und trägt vor:

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Der Eilantrag sei als Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig.

27

Es fehle auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Eine andere und einfachere Möglichkeit liege nicht vor, eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen. Vor dem Amtsgericht …, Vollstreckungsgericht, stünden der Antragstellerin keine anderen Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung, weil sie gegenüber dem Antragsgegner nicht als Eigentümerin gelte. Als das Amtsgericht …, Grundbuchamt, die Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragstellerin eingetragen habe, seien die Grundstücke nach § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG bereits beschlagnahmt gewesen. Das Eintragungsersuchen sei am 14. Juli 2013 beim Grundbuchamt eingegangen.

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Sie sei antragsbefugt, weil sie die Wahrung eigener Rechte verfolge.

29

Sie habe einen gebundenen Anspruch, weil das Ermessen des Antragsgegners auf „Null“ reduziert sei. Jede andere Entscheidung, als den Duldungsbescheid teilweise zurückzunehmen, sei ermessensfehlerhaft. Sie sei auch analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Die Zwangsversteigerung greife sowohl in die Berufsfreiheit aus Art. 12 als auch in das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG ein.

30

Die Argumentation des Antragsgegners zur Antragsbefugnis und zum Rechtsschutzbedürfnis sei widersprüchlich. Einerseits werde ausgeführt, dass die Antragstellerin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen sei, andererseits sei der Antragsgegner der Ansicht, dass sie eine Zwangsvollstreckung in ihr Eigentum nicht dulden müsse. Nach dem modernen Eingriffsbegriff liege ein bevorstehender Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragstellerin aus Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 903 BGB vor. Es sei zwar richtig, dass sie im Zwangsversteigerungsverfahren ihre Rechte nicht geltend machen könne. Dies betreffe jedoch nur die prozessuale Stellung der Antragstellerin. An ihrem Eigentum ändere dies nichts. Deshalb wäre ihr Eigentum verletzt, wenn der Antragsgegner aufgrund eines rechtswidrigen und unverhältnismäßigen (aber bestandskräftigen) Duldungsbescheids in die Grundstücke vollstrecken würde.

31

Der Eilantrag sei auch begründet.

32

Der Anordnungsanspruch ergebe sich zum einen aus § 12 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) i. V. m. den §§ 130 Abs. 1, 227 AO. Der Duldungsbescheid vom 29. Oktober 2012, der Ablehnungsbescheid vom 12. März 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2014 seien rechtswidrig und verletzten sie in ihren Rechten. Ihr stehe ein Anspruch auf Teilrücknahme des Duldungsbescheids zu.

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Zur Begründung der Rechtswidrigkeit des Duldungsbescheids werde auf die Klagebegründung in dem Verfahren 4 A 1549/14 verwiesen.

34

Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aber auch aus dem Anspruch auf Teilerlass gemäß § 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V, weil die Durchsetzung des rechtswidrigen Duldungsbescheids unbillig sei. Die sachliche Unbilligkeit ergebe sich daraus, dass insbesondere die Höhe des Beitrags vom Wert des jeweiligen Grundstücks außer Verhältnis stehe (wird ausgeführt).

35

Ein Anordnungsgrund könne ebenfalls glaubhaft gemacht werden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nötig, um wesentliche Nachteile im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO abzuwenden. Sie, die Antragstellerin, bemühe sich derzeit, die Grundstücke freihändig zu verkaufen. Ihr Ziel sei es dabei, einen Kaufpreis von 4,8 Mio. Euro zu erzielen. Dieser Bewertung liege das Wertgutachten der … GmbH vom 29. März 2011 zugrunde, die den Sachwert der Grundstücke mit der Bebauung nach WertR 2006 auf ca. 14,4 Mio. Euro ausweise. Demgegenüber habe die Gutachterin im Zwangsversteigerungsverfahren den Verkehrswert der Grundstücke mit 2,4 Mio. Euro bewertet. Sollte dieser Betrag in der Zwangsversteigerung erreicht werden, würde das Vollstreckungsgericht der Antragstellerin nach Abzug der rechtswidrigen Forderungen des Antragsgegners einen Betrag von lediglich ca. 1,9 Mio. Euro auskehren, also nicht einmal 40 % des avisierten Grundstückswerts. Ihr Vermögensschaden würde sich dann auf 2,9 Mio. Euro belaufen. Wesentlich wahrscheinlicher sei allerdings, dass das Zwangsversteigerungsverfahren den Verkehrswert nicht erreiche. Dann läge der Vermögensschaden bei mindestens 3 Mio. Euro.

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Die Antragstellerin beantragt,

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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens beim Amtsgericht … (Az. …) gemäß § 30 ZVG zu bewilligen.

38

Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen,

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und trägt dazu vor:

41

Der Antrag sei unzulässig und unbegründet.

42

Der Eilantrag verfehle bereits nach dem Klagebegehren in den Hauptsacheverfahren zu den Geschäftszeichen 4 A 1549/14 und 4 A 1550/14 sein Rechtsschutzziel. Nach dem in der Hauptsache begehrten Rechtsschutz werde lediglich die Teilrücknahme bzw. ein Teilerlass begehrt, so dass die Zwangsversteigerung zumindest hinsichtlich des verbleibenden Teilbetrags fortzuführen wäre. Deshalb gehe im Übrigen auch das Teilrücknahmebegehren fehl, weil der Regelungsgehalt eines Duldungsbescheids nicht die Zahlungs-, sondern die Duldungspflicht betreffe.

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Für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO der gestellten Art fehle der Antragstellerin in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie in dem Zwangsversteigerungsverfahren nicht verfahrensbeteiligt sei. Der Antragsgegner mache mit der Zwangsversteigerung aus einem gegenüber dem Insolvenzverwalter bestandskräftig gewordenen Duldungsbescheid die genannten Absonderungsrechte geltend. Die Antragstellerin sei am 13. März 2014 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden, nachdem die Zwangsversteigerung bereits angeordnet und der Zwangsversteigerungsvermerk in das Grundbuch eigetragen gewesen sei. Der BGH habe mit Beschlüssen vom 25. Januar 2007, Az.: V ZB 125/05, und vom 9. Mai 2014, Az.: V ZB 123/13, festgestellt, dass ein Wechsel der Beteiligten und eine Einstellung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG bei Anordnung der Zwangsversteigerung aus öffentlicher Last nach Eintragung der Vormerkung und vor Eintragung des neuen Eigentümers nicht stattfinde. Die Antragstellerin müsse demnach nicht die Zwangsversteigerung in ihr Eigentum dulden, sondern im Verhältnis zu dem die Zwangsversteigerung aus einem gegenüber der Vormerkung vorrangigen Recht betreibenden Beklagten sei kein „rückwirkender“ Eigentumserwerb eingetreten. Die Zwangsversteigerung erfolge mithin weiterhin gegen die Insolvenzmasse.

44

Die Rechtsordnung sehe keine Verfahrensbeteiligung der Antragstellerin vor, sondern ein Ablösungsrecht gemäß § 268 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit der Folge, dass die Forderung des Antragsgegners gemäß § 268 Abs. 3 Satz 1 BGB auf sie übergehe (zur Anwendung bei öffentlich-rechtlichen Forderungen vgl. BGH, Urt. v. 18. Juni 1979 - VII ZR 84/78 - und Urt. v. 12. Juli 1996 - V ZR 106/95 -; VG Leipzig, Urt. v. 24. September 2013 - 6 K 363/11 -).

45

Das Rechtsschutzbedürfnis fehle der Antragstellerin auch, weil sie das Grundstück gemäß § 4 des notariellen Kaufvertrags in Kenntnis des bestandskräftigen Duldungsbescheids und damit in Kenntnis der Belastung des Grundstücks erworben habe. Es sei davon auszugehen, dass die Belastung des Grundstücks bei der Kaufpreisbildung Berücksichtigung gefunden habe. Wenn die Antragstellerin ausführe, sie begehre die Sicherung ihres Eigentumsrechts an den beiden Grundstücken, so sei dem zu entgegnen, dass sie dieses nur mit der Belastung mit öffentlichen Lasten in Höhe der zur Tabelle angemeldeten Beitragsforderungen und in Kenntnis eines bestandskräftig gewordenen Duldungsbescheids erworben habe. Seit Anordnung der Zwangsversteigerung seien zwei Jahre vergangen, weshalb im Übrigen das Vorliegen eines Anordnungsgrunds zweifelhaft geworden sei.

46

Der Eilantrag sei auch unbegründet, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch geltend machen könne. Der Duldungsbescheid, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben werde, sei bestandskräftig geworden.

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Das Verwaltungsgericht Dresden habe mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 (- 2 L 240/14 -, juris, Rn. 5) festgestellt, dass sich ein Rechtsbehelf gegen die Vollstreckungsmaßnahme nicht mehr auf Einwände gegen die sich aus einem bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt ergebene Zahlungsverpflichtung stützen könne, denn für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme komme es auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung nicht an. Dies gelte für die Duldungsverpflichtung aus einem bestandskräftig gewordenen Duldungsbescheid entsprechend.

48

Auch das Verwaltungsgericht Köln habe mit Beschluss vom 17. Mai 2013 (- 14 L 637/13 -, juris, Rn. 11) festgestellt, dass ein Anordnungsanspruch regelmäßig dann nicht gegeben sei, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorlägen. Dies sei hier unter Hinweis auf § 111 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes i.V.m. § 3 VwVG der Fall. Die gemäß § 7 Abs. 6 KAG M-V mit öffentlichen Lasten gesicherten und zur Tabelle angemeldeten Beitragsforderungen seien gemäß § 49 InsO i.V.m. § 15 ZVG als Absonderungsrecht im Insolvenzverfahren durch Zwangsversteigerung vollstreckbar.

49

Die im Hauptsacheverfahren begehrte teilweise Rücknahme des Duldungsbescheids vom 29. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 scheide bereits deshalb aus, weil für die Beitragsforderungen die Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die sachlichen Beitragspflichten seien mit Inkrafttreten der Beitragssatzungen vom 10. Dezember 2010 entstanden und die Festsetzungsverjährung sei mit Ablauf des 31. Dezember 2014 eingetreten. Mit Ablauf der Festsetzungsfrist sei die Rücknahmebefugnis entfallen (vgl. Pahlke, Abgabenordnung, 3. Auflage 2014, § 130 Rn. 52). Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V sei eine Aufhebung oder Änderung einer Abgabenfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen sei (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 10. Aug. 2011 - 3 A 141/08 -, juris, Rn. 22; Au- sprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: April 2013, § 12 Erl. 47.5, Seite 63). Aufgrund der Akzessorietät des Duldungsbescheids zur Abgabenfestsetzung gelte dies für den Duldungsbescheid entsprechend (anders als beim Haftungsbescheid nach den Absätzen 3 bis 5 des § 191 AO, die für den Duldungsbescheid nicht gelten würden, vgl. VG Köln, Urt. v. 26. Nov. 2008 - 23 K 31/07 -, juris Rn. 22).

50

Im Übrigen fehle der Antragstellerin für einen Rücknahmeanspruch aus den vorgenannten Gründen die Anspruchsbefugnis. Sie sei nicht Adressat der Duldungsverpflichtung aus dem Duldungsbescheid, dessen teilweise Rücknahme sie begehre.

51

Die Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids griffen auch in der Sache nicht durch. Für die Beurteilung der baulichen Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks sei die gesamte Fläche einheitlich, nicht jedoch Teilflächen in Betracht zu ziehen. Mit seinem Beschluss vom 26. Februar 2004 (- 1 M 242/03 -, juris Rn. 55 zum Straßenausbaubeitragsrecht) habe das Oberverwaltungsgericht Greifswald selbst bei einem übergroßen Grundstück die Anwendung eines einheitlichen Nutzungsfaktors für die Gesamtfläche des Grundstücks für unbedenklich gehalten.

52

Dass bei einem bebauten Grundstück auf die höchste Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse abgestellt werden dürfe, sei von der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt.

53

Der darüber hinaus im Hauptsacheverfahren begehrte teilweise Erlass des Duldungsbescheids sei nicht statthaft, weil Gegenstand eines Erlasses nach § 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V nur Ansprüche aus einem Abgabenschuldverhältnis im Sinne des § 37 Abs. 1 AO sein könnten. Ansprüche, die eine sonstige Handlung oder wie hier eine Duldung der Vollstreckung im Sinne des § 191 AO beinhalteten, könnten nicht Gegenstand eines Erlasses sein (vgl. Pahlke/König, AO, 2. Auflage, § 227 Rn. 4 und § 37 Rn. 8 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs). Der Duldungsbescheid enthalte keine Zahlungs-, sondern lediglich eine Duldungsverpflichtung mit dem Hinweis auf das Ablöserecht. Deshalb gehe im Übrigen auch das Teilrücknahmebegehren fehl, weil es sich nicht auf den Regelungsgehalt des Duldungsbescheids, die Duldungspflicht, sondern auf die Abwendungsbefugnis beziehe.

54

Abgesehen davon, dass der Duldungsbescheid rechtmäßig sei, würde vorliegend aufgrund der Bestandskraft dieses Bescheids das Interesse der Allgemeinheit am Eintritt von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit gegenüber dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gerechtigkeit im Einzelfall überwiegen. Mit der Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheids werde die Durchbrechung seiner Bestandskraft beantragt. Mit der Vorschrift des § 130 AO dürften jedoch die Rechtsmittelfristen nicht unterlaufen werden (vgl. VGH München, Urt. v. 15. Juli 2010 - 6 BV 08.1087 -; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 24. April 2013 - 13 K 1262/12 -; BFH BStBl. 89,749).

55

Das Amtsgericht … legte mit Beschluss vom 27. Februar 2015 den Verkehrswert für das kleine Grundstück auf 76.000 Euro und denjenigen für das große Grundstück auf 2,41 Mio. Euro fest. Grundlage der Verkehrswertfestsetzung bildete das Gutachten der Sachverständigen für Grundstücks- und Gebäudebewertung vom 6. Mai 2014.

56

Das (nach der Gerichtsstrukturreform nunmehr zuständige) Amtsgericht … – Zweigstelle … – hat am 13. Oktober 2015 den Termin zur öffentlichen Versteigerung der beiden Grundstücke auf den 27. Januar 2016 bestimmt.

II.

57

Der nach § 123 Abs. 1 VwGO statthafte Eilantrag (vgl. VG Köln, Beschl. v. 17. Mai 2013 – 14 L 637/13 –, juris, Rn. 6) ist unzulässig.

58

Die Antragstellerin besitzt nicht die Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO, welche wegen der Akzessorietät zwischen vorläufigem Rechtsschutz und Hauptsacheverfahren auch hier zu fordern ist (Puttler, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 123 Rn. 69; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 20). Sie ergibt sich nicht aus ihrer derzeitigen Rechtsposition als Eigentümerin der beschlagnahmten und auf Betreiben des Antragsgegners zur Zwangsversteigerung anstehenden Grundstücke.

59

Als subjektiv-öffentliches Recht schützt Art. 14 Abs. 1 GG die im Rahmen der privaten Eigentumsordnung konkret erworbene vermögenswerte Position des Einzelnen; geschützt ist der konkrete Bestand in der Hand der einzelnen Eigentümer (BVerfG, Urt. v. 17. Dez. 2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 31 BvR 3386/08 –, BVerfGE 134, 242 ff. Rn. 270 m. w. N.). Insoweit ist der Begriff des Eigentums den inhaltsbestimmenden einfachen Gesetzen des Privat- und Öffentlichen Rechts zu entnehmen.

60

§ 26 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) entwertet hier die eigentumsrechtliche Position des Erwerbers eines zur Zwangsversteigerung beschlagnahmten Grundstücks nach § 903 BGB im Hinblick auf Angriffsmöglichkeiten gegen die (davon nämlich unbeeinflusste) Zwangsversteigerung. Nach dieser Vorschrift hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluss, wenn die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet ist. Entsprechend liegen die Dinge hier.

61

Hier geht es zwar nicht um einen Anspruch aus einem eingetragenen Recht; dem steht jedoch eine außerhalb des Grundbuchs liegende öffentliche Last gleich, wie auch § 10 Nr. 3 ZVG zeigt.

62

Kommunale Beiträge – so auch die vorliegenden Anschlussbeiträge nach § 9 KAG M-V - ruhen gemäß § 7 Abs. 6 KAG M-V als öffentliche Last auf dem Grundstück. Die jeweilige öffentliche Last im Hinblick auf diese Anschlussbeiträge ruht auf dem jeweiligen Buchgrundstück, sobald die jeweilige sachliche Beitragspflicht entstanden ist.

63

Die Angriffe der Antragstellerin gegen die jeweilige sachliche Kanalanschlussbeitragspflicht im Hinblick auf die konkrete Situation der beiden Grundstücke wie auch hinsichtlich der möglicherweise verfassungsrechtlich begründeten Bedenken (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. April 2015 – 9 C 15.14 u. a. -, juris) sind für sie aber mangels Abwehr- bzw. Anspruchsrechts insoweit im Hinblick auf das Zwangsversteigerungsverfahren nicht wehrfähig. Dies gilt in gleicher Weise, wenn in einem anderen (hier: verwaltungsgerichtlichen) Verfahren auf das Zwangsversteigerungsverfahren Einfluss genommen werden soll. Die Antragstellerin kann sich wegen der Rechtswirkungen des § 26 ZVG auch im vorliegenden Verfahren nicht zur Abwehr bzw. Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens auf an den Grundstücken erworbenen Rechtspositionen berufen.

64

Der Beschluss des Amtsgerichts … zur Anordnung der Zwangsversteigerung der beiden streitbefangenen Grundstücke, ist am 11. Juni 2013 ergangen und gilt zugunsten des Gläubigers, hier also des Zweckverbands, als Beschlagnahme der Grundstücke, § 20 Abs. 1 ZVG. Die Beschlagnahme ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG mit Zustellung dieses Beschlusses an den Schuldner bzw. im vorliegenden Fall an den Insolvenzverwalter wirksam, von der zeitnah nach dem 11. Juni 2013 ausgegangen wird. Andernfalls griffe aber jedenfalls die Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG, wonach die Wirksamkeit der Beschlagnahme auch mit dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem das Eintragungsersuchen des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst (hier am 17. Juni 2013) erfolgt; hier behauptet die Antragstellerin, das Ersuchen sei am 14. Juni 2013 dort eingegangen.

65

Dem stünde nicht einmal entgegen, wenn die grundbuchliche Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragstellerin am 17. Juni 2013 vor dem soeben geschilderten Zeitpunkt der (wirksamen) Beschlagnahme liegt (vgl. BGH, Beschl. v. 25. Jan. 2007 – V ZB 125/05 -, BGHZ 170, 378 ff. = juris, Rn. 13), was vorliegend aber ohnehin nicht der Fall ist.

66

Die Auflassungsvormerkung führt zwar in vielerlei, nicht aber in jeder Hinsicht dazu, dass der Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten auf den Zeitpunkt ihrer Eintragung zurückbezogen wird. Sie hat zur Folge, dass - auch im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB) - Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen werden, insoweit unwirksam sind, als sie den gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Wirkung hätte hier zwar zu einem auch gegenüber dem Zweckverband als Gläubiger wirksamen Eigentumserwerb der Antragstellerin geführt, nicht aber dazu, dass die Fortsetzung des - auch in Ansehung der Auflassungsvormerkung zulässigerweise begonnenen - Zwangsversteigerungsverfahrens unzulässig war (vgl. BGH, Beschl. v. 25. Jan. 2007, a. a. O., Rn. 13; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 19. Aufl. 2009, § 26 Rn. 2 Ziff. 2.8). Vor der Fortsetzung des eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens schützte die Auflassungsvormerkung jedenfalls nicht. Mit dem Erwerb des Eigentums an den beiden beschlagnahmten Grundstücken durch die Antragstellerin war der Sicherungszweck der Vormerkung erreicht. Dass dieses Grundeigentum jeweils mit öffentlichen Lasten belastet ist, beruht darauf, dass diese der Auflassungsvormerkung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG (sog. Rangklasse 3) im Rang vorgeht; die Auflassungsvormerkung ist demgegenüber wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG zu behandeln (BGH, Beschl. v. 9. Mai 2014 – V ZB 123/13 –, BGHZ 201, 157 ff. = juris, Rn. 16). Ein besserrangiges Recht muss der Vormerkungsberechtigte stets gegen sich gelten lassen. Deshalb gewährt die Vormerkung auch keinen Schutz vor der Durchsetzung eines solchen Rechts im Wege der Zwangsvollstreckung. Hiermit muss der Vormerkungsberechtigte von vornherein rechnen, weil der Grundbesitz schon bei Eintragung der Vormerkung belastet war. Die Vormerkung schützt den Berechtigten nur davor, dass der Erwerb des (belasteten) Eigentums vereitelt oder beeinträchtigt wird, nicht aber davor, dass der Gläubiger eines vorrangigen Rechts dieses im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 25. Jan. 2007, a. a. O., Rn. 15). Wird ein nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung aus einem der Vormerkung vorgehenden dinglichen Recht angeordnetes Zwangsversteigerungsverfahren durchgeführt, beschränkt sich die Wirkung der Vormerkung nach § 883 Abs. 2 BGB somit darauf, dass die durch die Beschlagnahme eingetretene relative Verfügungsbeschränkung des Schuldners einen Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten vor Erteilung des Zuschlags nicht hindert. Da die Geltendmachung des vorrangigen dinglichen Rechts demgegenüber nicht vormerkungswidrig ist, hat die Vormerkung insoweit keine Wirkung; insbesondere findet keine Rückbeziehung des Rechtserwerbs auf den Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung statt. Das Verfahren ist deshalb gemäß § 26 ZVG fortzusetzen (BGH, Beschl. v. 25. Jan. 2007, a. a. O., Rn. 17 m. w. N. und Beschl. v. 9. Mai 2014 – V ZB 123/13 -, BGHZ 201, 157 ff. = juris, Rn. 22; Goldbach, Ist die Auflassungsvormerkung ein Hindernis bei der Vollstreckung öffentlicher Grundstückslasten?, KKZ 2015, 184, 185 u. 186).

67

Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf die Rechtsstellung der Erwerber sachgerecht, welche trotz der Beschlagnahme im Verhältnis zu dem betreibenden Gläubiger ebenfalls wirksam Eigentum erwerben, nämlich auf der Grundlage von § 878 BGB oder von § 892 BGB. Für diesen Fall steht außer Frage, dass § 26 ZVG Anwendung findet und das Zwangsversteigerungsverfahren deshalb ohne weiteres, also ohne Umschreibung und ohne erneute Zustellung des Titels, gegen den alten Schuldner fortzusetzen ist. Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass das dingliche Recht, aus dem die Vollstreckung betrieben wird, diesen Erwerbern gegenüber Bestand hat und sie deshalb mit einer Vollstreckung durch den Gläubiger rechnen müssen (BGH, Beschl. v. 25. Jan. 2007, a. a. O., Rn. 18 m. w. N.).

68

Diese zunächst zivilprozessuale Rechtssituation, die der Gesetzgeber geschaffen hat, muss nach Auffassung der Kammer auch im Verwaltungsprozess bzw. verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren Beachtung finden. Andernfalls stünde ein solcher Grundstückserwerber in seinen Rechtsschutzmöglichkeiten zur Abwendung einer Grundstückszwangsversteigerung besser da als in dem Fall, in dem ein (vermeintlich) rangbesserer privater Forderungsgläubiger die Zwangsvollstreckung in ein Grundstücks des Schuldners durch Zwangsversteigerung betreibt.

69

Die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das jeweilige Grundstück aus dem unanfechtbar gewordenen Duldungsbescheid vom 29. Oktober 2012 trifft bei der vorliegenden Konstellation nicht die Antragstellerin, sondern hier wegen des Insolvenzverfahrens den Insolvenzverwalter. Mit Blick auf § 26 ZVG bedarf es deshalb trotz ihrer Stellung als aktuelle Grundstückseigentümerin nicht des Erlasses eines Duldungsbescheids gegenüber der Antragstellerin.

70

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

71

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Das Gericht bringt unter Bezug auf die Festlegungen im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht etwa auf der Homepage des Bundesverwaltungsgerichts, http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php), hier Nr. 1.5 Satz 1 Halbsatz 1, vorliegend die Hälfte des Werts von (mindestens) 3 Mio. € an. Diesen Betrag beziffert die Antragstellerin als ihren voraussichtlichen Vermögensschaden, wenn die Zwangsversteigerung der Grundstücke durchgeführt wird. Darin liegt nach Auffassung der Kammer die sich für die Antragstellerin ergebende Bedeutung des vorliegenden Verfahrens i. S. der genannten Normen.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

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(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht. (2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind: a) der Leistungsbescheid, durch d

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 268 Ablösungsrecht des Dritten


(1) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. Das gle

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Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), sind nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltun

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 28


(1) Wird dem Vollstreckungsgericht ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt, welches der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, so hat das Gericht das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 77 Duldungspflicht


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Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag angeordnet.

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Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß.

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibende

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(1) Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, eine Steuer aus Mitteln, die seiner Verwaltung unterliegen, zu entrichten, ist insoweit verpflichtet, die Vollstreckung in dieses Vermögen zu dulden.

(2) Wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Grundbesitz ruht, hat der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Zugunsten der Finanzbehörde gilt als Eigentümer, wer als solcher im Grundbuch eingetragen ist. Das Recht des nicht eingetragenen Eigentümers, die ihm gegen die öffentliche Last zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt unberührt.

Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag angeordnet.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Beschlagnahme des Grundstücks wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet ist, dem Schuldner zugestellt wird. Sie wird auch wirksam mit dem Zeitpunkt, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt.

(2) Erstreckt sich die Beschlagnahme auf eine Forderung, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Die Beschlagnahme wird dem Drittschuldner gegenüber erst mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm bekannt oder das Zahlungsverbot ihm zugestellt wird. Die Vorschriften des § 845 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.

(2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

13
aa) Dem steht nicht entgegen, dass vor der Beschlagnahme eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 in das Grundbuch eingetragen worden war. Die Auflassungsvormerkung führt zwar in vielerlei, nicht aber in jeder Hinsicht dazu, dass der Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten auf den Zeitpunkt ihrer Eintragung zurückbezogen wird (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 883 Rdn. 31; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 883 Rdn. 63). Sie hat zur Folge, dass - auch im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB) - Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen werden, insoweit unwirksam sind, als sie den gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Wirkung hat hier zwar zu einem auch gegenüber der Gläubigerin wirksamen Eigentumserwerb der Beklagten zu 3 geführt, nicht aber dazu, dass die Fortsetzung des - auch in Ansehung der Auflassungsvormerkung zulässigerweise begonnenen (vgl. Senat, BGHZ 46, 124, 127; BGH Urt. v. 11. Juli 1996, IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148) - Zwangsversteigerungsverfahrens unzulässig war.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 9. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert beträgt 3.000 € für die Gerichtskosten, 4.563,38 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1 und 6.000 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3 und 4.

Gründe

A.

1

Im Grundbuch der eingangs genannten Teileigentumseinheit der Beteiligten zu 2 ist seit dem 20. Januar 1999 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eingetragen. Die Beteiligte zu 1 - die Wohnungseigentümergemeinschaft, zu deren Anlage das Teileigentum gehört - betreibt wegen titulierter Wohngeldansprüche aus dem Jahr 2008 die Zwangsversteigerung. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 wegen der Ansprüche der Beteiligten zu 1 die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG angeordnet. Vor dem Versteigerungstermin haben die Beteiligten zu 3 und 4 mitgeteilt, dass die Teileigentumseinheit am 15. Februar 2013 an sie aufgelassen worden sei und sie ihre Eintragung als Eigentümer beantragt hätten. Die Umschreibung des Eigentums ist nicht erfolgt. In dem Versteigerungstermin am 21. Februar 2013 hat das Vollstreckungsgericht die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot aufgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag ist der Beteiligten zu 5 als Meistbietender der Zuschlag erteilt worden; die Vormerkung ist in dem Zuschlagsbeschluss nicht als bestehenbleibendes Recht aufgeführt.

2

Die gegen den Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen sie die Aufnahme der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot erreichen.

B.

3

Das Beschwerdegericht meint, das Verfahren sei nicht gemäß § 28 Abs. 1 ZVG aufzuheben. Dies setze voraus, dass die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgrund der Auflassungsvormerkung erfolgt sei; dazu sei es aber nicht gekommen. Die Auflassungsvormerkung sei zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen worden, weil sie gegenüber den Ansprüchen der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG nachrangig sei. Zwar werde die Vormerkung in § 10 ZVG nicht ausdrücklich erwähnt. Nach zutreffender Ansicht falle sie aber in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG; hieraus ergebe sich ihre Nachrangigkeit gegenüber Ansprüchen, die der Rangklasse 2 zuzuordnen seien.

C.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5

Weil eine Partei mit ihrer Prozesshandlung im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 233/11, ZfIR 2013, 23 Rn. 11 mwN), ist der Antrag der Beteiligten zu 3 und 4 dahingehend auszulegen, dass sie die Versagung des Zuschlags begehren; nur diese, nicht aber die beantragte Änderung des geringsten Gebots kann mit der Rechtsbeschwerde erreicht werden. Ein Zuschlagsversagungsgrund liegt jedoch nicht vor.

6

I. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet verneint das Beschwerdegericht der Sache nach einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 5 ZVG. Nach dieser Bestimmung ist der Zuschlag zu versagen, wenn das Recht eines Beteiligten der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Ist ein solches Recht aus dem Grundbuch ersichtlich, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG aufzuheben oder einstweilen einzustellen bzw. gemäß § 33 ZVG den Zuschlag zu versagen. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG lagen aber schon deshalb nicht vor, weil eine Umschreibung des Eigentums aufgrund des vorgemerkten Anspruchs auf die Beteiligten zu 3 und 4 nicht erfolgt ist. Die Auflassungsvormerkung als solche stellt kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG dar (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 126 f.; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 f. jeweils mwN).

7

II. Ebenso wenig ist der Zuschlag wegen einer Verletzung der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots im Sinne von § 83 Nr. 1 ZVG zu versagen. Das Vollstreckungsgericht hat die für die Beteiligten zu 3 und 4 im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen.

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1. Im Ausgangspunkt ist eine Auflassungsvormerkung wie ein eingetragenes Recht zu behandeln (§ 9 Nr. 1, § 48 ZVG).

9

a) In das geringste Gebot ist sie aufzunehmen, wenn sie dem Anspruch des (bestrangig betreibenden) Gläubigers vorgeht (§ 44 Abs. 1 ZVG); dies gilt auch dann, wenn sie einen bedingten Anspruch sichert (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124 ff.). Fällt die Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot, bleibt sie bei dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung bestehen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Weil der Eigentumserwerb des Erstehers dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam ist (§ 883 Abs. 2 BGB), kann dieser den gesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums trotz des erfolgten Zuschlags gegenüber dem Ersteher durchsetzen (§ 888 Abs. 1 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 298 ff.).

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b) Dagegen ist die Vormerkung nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie dem Recht des (bestrangig betreibenden) Gläubigers im Rang nachgeht. Der Vormerkungsberechtigte muss den Eigentumserwerb des Erstehers gegen sich gelten lassen, weil die Vormerkung mangels Aufnahme in das geringste Gebot mit dem Zuschlag erlischt (§ 91 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG). An die Stelle des zuvor durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs tritt der Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös (§ 92 Abs. 1 ZVG; vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 304 f.).

11

2. Ob eine vor der Beschlagnahme eingetragene Auflassungsvormerkung dem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 44 Abs. 1 ZVG vorgeht, wenn diese die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen betreibt, die der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen sind, ist umstritten.

12

a) Nach überwiegender Ansicht gehen die bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Auflassungsvormerkung vor. Teils wird dies vornehmlich aus deren vermeintlich dinglichem Charakter hergeleitet (Alff, ZWE 2010, 105, 112; ders., Rpfleger 2013, 15, 18 f.; Schmidberger, ZfIR 2013, 113 ff.; Schneider, ZMR 2009, 165, 169 f.; ZMR 2013, 305 f.; ZWE 2013, 246, 249; Suilmann, NotBZ 2010, 365, 368). Andere sehen Ansprüche der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG unabhängig von ihrer Rechtsnatur als vorrangig an; die Auflassungsvormerkung müsse wie jedes andere aus dem Grundbuch ersichtliche Recht in das Rangklassensystem des § 10 ZVG eingeordnet werden und falle in die (nachrangige) Rangklasse 4 (Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Stöber, ZVG, 20. Aufl. § 10 Rn. 16.8; Schmidt-Räntsch, ZWE 2011, 429, 439; wohl auch Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., Anhang IV Rn. 49; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 44 Rn. 11; Franck, MittBayNot 2012, 345, 349; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347).

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b) Nach der Gegenauffassung bietet eine Auflassungsvormerkung Schutz vor einer Zwangsversteigerung, die aus Rechten der Rangklasse 2 betrieben wird. Zur Begründung wird teilweise darauf verwiesen, dass die bevorrechtigten Hausgeldansprüche keine dingliche Wirkung hätten. Könne das Vorrecht einem Erwerber nicht entgegengehalten werden, sei die Beschlagnahme als vormerkungswidrig anzusehen; der Vormerkungsberechtigte müsse sie nicht gegen sich gelten lassen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft stehe im Verhältnis zu dem Vormerkungsberechtigten gewöhnlichen persönlichen Gläubigern gleich (Reymann, ZWE 2013, 446, 449; Herrler, NJW 2013, 3518; Fabis, ZfIR 2010, 354, 357 f.). Vereinzelt wird auch die Einordnung der Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 bestritten, weil die Vormerkung ebenso wie das Eigentum selbst außerhalb des Rangklassensystems des § 10 Abs. 1 ZVG stehe; ihre Schutzwirkung bestimme sich ausschließlich nach § 883 Abs. 2 BGB (Kesseler, NJW 2009, 121, 123 f.; zustimmend MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 883 Rn. 62 Fn. 428; offen gelassen von Reymann, ZWE 2013, 446, 448).

14

c) Der Senat entscheidet die Frage mit der zuerst genannten Auffassung dahingehend, dass Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, stets Vorrang gegenüber einer Auflassungsvormerkung zukommt; diese ist auch dann nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen, wenn sie - wie hier - bereits vor dem Entstehen der bevorrechtigten Hausgeldansprüche in das Grundbuch eingetragen worden ist.

15

aa) Dies ergibt sich allerdings nicht aus einer vermeintlich dinglichen Wirkung des Vorrechts der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Rechtsprechung des Senats enthält § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG lediglich eine Privilegierung schuldrechtlicher Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren und verleiht diesen keine dingliche Wirkung (Senat, Urteil vom 13. September 2013 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 8 ff.). Aus dem schuldrechtlichen Charakter der bevorrechtigten Ansprüche folgt aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung Schutz vor der aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG betriebenen Zwangsversteigerung bietet (zutreffend Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schneider, ZWE 2014, 61, 70 f.).

16

bb) Der Vorrang der § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG unterfallenden Hausgeldansprüche ergibt sich vielmehr daraus, dass die Auflassungsvormerkung der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen ist.

17

(1) Welches Recht dem Anspruch des betreibenden Gläubigers im Sinne von § 44 Abs. 1 ZVG vorgeht und folglich im geringsten Gebot Berücksichtigung finden muss, richtet sich nach §§ 10 bis 12 ZVG (Stöber, ZVG, 20. Aufl. § 44 Rn. 4.2; Löhnig/Siwonia, ZVG, § 44 Rn. 2 f.). Aus diesem Grund muss auch die Vormerkung zwingend in das Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG - also in eine der in dieser Norm unter Nr. 1 bis 8 aufgeführten Rangklassen - eingeordnet werden (zutreffend Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht eine Auflassungsvormerkung im Zwangsversteigerungsverfahren in einem Rangverhältnis zu den Rechten der Rangklasse 4 (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148); nichts anderes gilt für ihr Verhältnis zu Rechten der Rangklassen 1 bis 3. Zwar trifft es zu, dass die Vormerkung wie das vorgemerkte Eigentum zu behandeln ist (§ 48 ZVG) und dass das Eigentum als solches nicht rangfähig ist (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 16; Assmann, Die Vormerkung (1998) S. 146, 194). Daraus ergibt sich aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung außerhalb des Rangklassensystems des § 10 Abs. 1 ZVG steht; sie sichert zwar den Anspruch auf Verschaffung des Eigentums, ist aber ein Sicherungsrecht eigener Art und kein gegenüber dem Eigentum wesensgleiches Minus.

18

(2) Dass Auflassungsvormerkungen in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG einzuordnen sind, entspricht der nahezu einhelligen Auffassung (vgl. Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 10 Rn. 15; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 294; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883 Rn. 40; MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 883 Rn. 60; Jauernig, BGB, 15. Aufl., § 883 Rn. 20; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., Anhang IV Rn. 49; Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. Rn. 1532; Schmidt-Räntsch, ZWE 2011, 429, 439; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347, jeweils mwN). So sieht es auch der Senat. Weil die in § 10 Abs. 1 ZVG nicht ausdrücklich geregelte Vormerkung - wie ausgeführt - zwingend einer der in der Norm enthaltenen Rangklassen zugeordnet werden muss, kommt nur die Rangklasse 4 in Betracht. Denn sie ist am ehesten mit den darin aufgeführten dinglichen Rechten vergleichbar, während sie mit den in den anderen Rangklassen geregelten Rechten keine Ähnlichkeiten aufweist.

19

(3) Aus der Einordnung der Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG ergibt sich ohne weiteres, dass sie gegenüber Rechten der Rangklasse 2 nachrangig ist. Denn die Rechte der Rangklasse 2 gehen insgesamt den Rechten aus den nachfolgenden Rangklassen 3 bis 8 vor. Auf die zeitliche Entstehung der Rechte kommt es insoweit nicht an; diese ist von Bedeutung, wenn mehrere Rechte innerhalb der Rangklasse 4 konkurrieren (vgl. § 11 Abs. 1 ZVG, §§ 879 ff. BGB). Auch hängt die bevorzugte Stellung der Ansprüche von Wohnungseigentümergemeinschaften im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht von deren Rechtsnatur ab. Sie ergibt sich vielmehr aus der Einordnung der Hausgeldansprüche in dem Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG. Mit diesem wäre es unvereinbar, wenn die der Rangklasse 2 unterfallenden Ansprüche im Verhältnis zu Auflassungsvormerkungen den nicht bevorrechtigten Ansprüchen aus der Rangklasse 5 der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft gleichgesetzt würden (zutreffend Schneider, ZWE 2014, 61, 70 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 13/08, NJW 2008, 1956 Rn. 17).

20

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht § 883 Abs. 2 BGB diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Aufstellung des geringsten Gebots richtet sich nicht nach dieser Norm, sondern allein nach dem Rangklassensystem des Zwangsversteigerungsgesetzes. Die Wirkungen des § 883 Abs. 2 BGB kann die Vormerkung gegenüber dem Ersteher nur dann entfalten, wenn sie gegenüber dem Recht des betreibenden Gläubigers (nach § 10 Abs. 1 ZVG) vorrangig ist, infolgedessen in das geringste Gebot fällt und trotz des Zuschlags bestehen bleibt. Nicht das Rangklassensystem wird durch § 883 Abs. 2 BGB durchbrochen, sondern im Gegenteil wird die Schutzwirkung der Vormerkung durch die Spezialregelungen des Zwangsversteigerungsgesetzes erheblich modifiziert und eingeschränkt (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 293 aE; Rosenberg, Sachenrecht [1919], § 883 Anm. IV 3 c); Meiser, Gruchot Bd. 57, 769 f.; unzutreffend daher Reymann, ZWE 2013, 446, 448; Kesseler, NJW 2009, 121, 123; Herrler, NJW 2013, 3518). Durch die Geltendmachung eines (nach dem Rangklassensystem) vorrangigen Anspruchs des betreibenden Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung wird der vorgemerkte Auflassungsanspruch nämlich in gesetzlich zulässiger Weise beeinträchtigt (Meiser, Gruchot Bd. 57, 769, 770).

21

dd) Gegen den Vorrang der Ansprüche der Beteiligten zu 1 lässt sich auch nicht einwenden, dass hierdurch ein „Wettlauf“ zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Vormerkungsberechtigten entstehe, weil ein Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten während des Zwangsversteigerungsverfahrens dessen Fortsetzung entgegenstehe (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 1133; ders., Notar 2013, 331, 334).

22

(1) Richtig ist allerdings, dass es widersprüchlich wäre, wenn - wie es das Beschwerdegericht annimmt - einerseits die Vormerkung nicht in das geringste Gebot fiele, andererseits aber ein nach der Beschlagnahme erfolgter vollendeter Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu der Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens führte. Zu einem solchen Wertungswiderspruch kommt es aber nicht, weil eine nach der Beschlagnahme erfolgte Umschreibung des Eigentums auf den Vormerkungsberechtigten keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens hat, wenn die Zwangsversteigerung aus einem gegenüber der Vormerkung (nach dem Rangklassensystem) vorrangigen Recht betrieben wird (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff.).

23

(2) So liegt es, wenn die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betrieben wird (ebenso im Ergebnis LG Heilbronn, ZWE 2013, 230 f.; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; aA Krauß, Notar 2013, 331, 334; Reymann, ZWE 2013, 446, 448, jeweils mwN). Der auf dem vorgemerkten Anspruch beruhende Eigentumserwerb ist aufgrund der Beschlagnahme gegenüber der aus einem besseren Recht betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft relativ unwirksam (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB) und hindert die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens deshalb nicht (vgl. Stöber, BGHReport 2007, 580 f.). Soweit sich aus dem Senatsbeschluss vom 25. Januar 2007 insoweit etwas anderes ergibt (V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 12 ff.), hält der Senat hieran nicht fest.

24

ee) Im Ergebnis setzt sich danach das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus Rechten der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets durch. Diese ist nicht in das geringste Gebot aufzunehmen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der Vormerkungsberechtigte nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen. Dieses Ergebnis ist eine Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG selbst betreiben darf (vgl. § 10 Abs. 3, § 52 Abs. 2 Satz 2 ZVG; BT-Drucks. 16/887, S. 44; Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 13/08, NJW 2008, 1956 Rn. 17); der Gesetzgeber hat - in den Grenzen von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG - eine umfassende Privilegierung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Zwangsversteigerungsverfahren geschaffen (vgl. Senat, Urteil vom 13. September 2009 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 13, 16).

25

ff) Verfassungsrechtliche Bedenken stehen nicht entgegen. Allerdings droht Berechtigten, zu deren Gunsten - wie hier - am 1. Juli 2007 eine Auflassungsvormerkung eingetragen war, ein Rechtsverlust infolge der an diesem Tag in Kraft getretenen Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Es handelt sich insoweit um eine unechte Rückwirkung. Eine solche liegt vor, wenn eine Norm - wie hier - auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt und auf Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (st. Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfGE 132, 302 Rn. 43 mwN).

26

(1) § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG verfolgt das legitime Ziel, die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen bei Hausgeldrückständen zu erleichtern. Nach der zuvor bestehenden Rechtslage waren Hausgeldrückstände im Zwangsversteigerungsverfahren nur in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG zu berücksichtigen und damit nachrangig gegenüber den Rechten der Rangklasse 4. Deshalb verlief die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen wegen Hausgeldrückständen meist erfolglos. Die Rückstände mussten von den anderen Wohnungseigentümern getragen werden, wodurch notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterblieben (siehe insgesamt BT-Drucks. 16/887, S. 1, 43 f.). Dieses Ziel würde verfehlt, wenn eine Auflassungsvormerkung vor einer aus Rechten der Rangklasse 2 betriebenen Zwangsversteigerung schützte. Kann nämlich der Vormerkungsberechtigte seinen Anspruch auf Eigentumsübertragung gegen den Ersteher durchsetzen, finden sich in aller Regel keine Bietinteressenten mit der Folge, dass eine Zwangsversteigerung faktisch unmöglich wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 302; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 28 Rn. 5.1 unter b); Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts S. 344 Rn. 296a).

27

(2) Die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen die genannten Veränderungsgründe des Gesetzgebers nicht.

28

(a) Der mit der Neubelegung der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG verbundene Eingriff in die Rechte der Realkreditgläubiger ist diesen insbesondere deshalb zuzumuten, weil der Gesetzgeber das Vorrecht sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe nach begrenzt hat (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 43 f.). Vormerkungsberechtigten droht allerdings - anders als den dinglich berechtigten Gläubigern - mit dem Erlöschen der Auflassungsvormerkung durch den Zuschlag ein vollständiger Rechtsverlust. Gleichwohl kommt die zeitliche und summenmäßige Begrenzung des Vorrechts mittelbar auch den Vormerkungsberechtigten zugute, weil diese ihr Interesse an einem Fortbestehen der Auflassungsvormerkung durch Ablösung der vorrangigen Ansprüche wahren können.

29

(b) Zudem bot selbst eine erstrangige Auflassungsvormerkung auch vor der Gesetzesänderung keinen vollständigen Schutz. Sie war - unbestritten - stets durch eine Zwangsversteigerung gefährdet, die aus Ansprüchen der vorangehenden Rangklassen betrieben wurde, etwa aufgrund öffentlicher Lasten der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 ZVG (vgl. Alff, Rpfleger 2013, 15, 19; Kesseler, NJW 2009, 121 f.; Stöber, NJW 2000, 3600 ff. zu der Versteigerung aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a iVm § 174a ZVG). Die Inhaber einer Auflassungsvormerkung konnten nicht darauf vertrauen, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 ZVG dauerhaft unverändert bleiben und keine weiteren Ansprüche in eine der vorangehenden Rangklassen aufgenommen werden würden.

D.

30

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7).

31

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert des Zuschlags, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Wert der anwaltlichen Vertretung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 richtet sich nach § 26 Nr. 1 RVG.

Stresemann                     Lemke                        Schmidt-Räntsch

                   Brückner                   Weinland

(1) Wird dem Vollstreckungsgericht ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt, welches der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, so hat das Gericht das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist, binnen welcher der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuweisen hat, einstweilen einzustellen. Im letzteren Fall ist das Verfahren nach dem Ablauf der Frist aufzuheben, wenn nicht inzwischen der Nachweis erbracht ist.

(2) Wird dem Vollstreckungsgericht eine Verfügungsbeschränkung oder ein Vollstreckungsmangel bekannt, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(1) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren.

(2) Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.

(3) Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:

a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)
die Fälligkeit der Leistung;
c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), sind nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt.

Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag angeordnet.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung eines Straßenausbaubeitragsbescheides.

2

Herr W. war Eigentümer des Grundstücks Flurstück G1 (nunmehr G2) in einer Größe von 77 m². Herr W. fiel am 18.03.1943. Mit Beschluss vom 30.11.1999 - 3 VI 33/98 - hob das Amtsgericht Waren die Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben des Herrn W. auf und stellte das fiskalische Erbrecht des Klägers fest.

3

Das Grundstück Flurstück G1 grenzt an die H.-Straße, einer Gemeindestraße in Penzlin. Sie liegt im Geltungsbereich im vereinfachten Verfahren beschlossenen Satzung der Stadt Penzlin über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes „Stadtkern Penzlin“ vom 21.01.1992. Mit der 1. Änderungssatzung vom 04.10.2005 wurde vom vereinfachten Verfahren auf das „umfassende“ Sanierungsverfahren umgestellt.

4

Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hatte der Beklagte die H.-Straße ausbauen lassen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 10.12.1998. Fördermittel sind für die Maßnahme nicht ausgereicht worden.

5

Mit Bescheid vom 26.09.2001 zog der Beklagte den Kläger für das Grundstück Flurstück G1 zu einem Straßenausbaubeitragsbescheid für den Ausbau der H.-Straße i.H.v. 999,81 DM (entspricht 511,20 EUR) heran. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid ist dem Beklagten am 01.10.2001 bekannt gegeben worden. Seinen Widerspruch nahm der Kläger mit Schreiben vom 01.11.2001 zurück. In der Folgezeit bezahlte er die Beitragsforderung.

6

Mit Beschluss vom 26.07.2004 hob das Amtsgericht Waren den Beschluss vom 30.11.1999 in Bezug auf das fiskalische Erbrecht des Klägers auf. Zur Begründung führte es aus, es sei zwischenzeitlich bekannt geworden, dass der Erblasser sechs Geschwister hatte. Erbausschlagungen dieser Geschwister lägen nicht vor.

7

Unter dem 18.10.2006 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Hinweis auf den Beschluss vom 26.07.2004 die Erstattung des Straßenausbaubeitrages, was der Beklagte mit Schreiben vom 16.11.2006 ablehnte. Mit Schreiben vom 13.12.2006 und 06.03.2007 lehnte der Beklagte Anträge des Klägers auf Aufhebung des Beitragsbescheides ab. Die Schreiben enthalten keine Rechtsbehelfsbelehrung. Mit Schreiben vom 06.03.2007 legte der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung der Rücknahme ein, der vom Beklagten nicht beschieden worden ist.

8

Am 06.02.2008 hat die Klägerin Verpflichtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihr stehe eine Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO), zumindest aber ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Aufhebungsbegehren zu. Der Beitragsbescheid sei rechtswidrig, da der Kläger nicht Eigentümer des Grundstücks sei. Der Beschluss des Amtsgerichts Waren vom 30.11.1999 habe lediglich die widerlegliche Vermutung begründet, dass der Kläger Fiskalerbe sei. Die Vermutung sei jedoch ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Waren vom 26.07.2004 widerlegt worden. Bei der Existenz erbberechtigter Geschwister des Erblassers handele es sich um das nachträgliche Bekanntwerden einer Tatsachen i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Den Kläger treffe kein grobes Verschulden daran, dass die Tatsache erst nachträglich bekannt worden sei. Der Ablauf der Festsetzungsfrist stehe der Rücknahme nicht entgegen, da in Ansehung des betroffenen Nachlasses gemäß § 171 Abs. 12 AO eine Ablaufhemmung eingetreten sei. Ungeachtet dessen bestehe ein Aufhebungsanspruch nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Dem Beschluss des Amtsgerichts Waren vom 26.07.2004 komme - obwohl nur feststellender Natur - eine Rückwirkung zu. Schließlich werde bezweifelt, dass die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes im vereinfachten Verfahren in rechtlich zutreffender Weise erfolgt sei.

9

Der Kläger beantragt - sinngemäß -,

10

den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 13.12.2006 und 06.03.2007 zu verpflichten, den Straßenausbaubeitragsbescheid vom 26.09.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger den Betrag von 511,20 EUR zu zahlen,

11

hilfsweise,

12

den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 13.12.2006 und 06.03.2007 zu verpflichten, über die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 26.09.2001 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Er ist der Auffassung, dem Kläger stehe kein Aufhebungsanspruch zu. Es liege kein Fall des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vor, denn die Frage der Eigentümerstellung des Klägers zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides sei eine Rechtsfrage, aber keine Tatsachen- oder Beweismittelfrage. Der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers erbberechtigte Geschwister vorhanden gewesen seien, könne nicht als nachträglich bekannt gewordene Tatsache berücksichtigt werden, da dieser Umstand nicht zu einem anderen Veranlagungsergebnis geführt hätte, denn diese Geschwister oder deren Erben seien weder dem Kläger noch dem Beklagten bekannt. Zudem treffe den Kläger ein grobes Verschulden im Sinne dieser Vorschrift, denn dadurch, dass er den Beitragsbescheid habe bestandskräftig werden lassen, habe er sich ohne Not die Möglichkeit einer erneuten Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Widerspruchsverfahren oder einem sich anschließenden Klageverfahren genommen. Weiter sei die Aufhebung des Beitragsbescheides wegen zwischenzeitlich eingetretener Festsetzungsverjährung ausgeschlossen. Zudem verstoße das Aufhebungsbegehren gegen Treu- und Glauben. Ein Aufhebungsanspruch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bestehe ebenfalls nicht. Eine rückwirkende Änderung der Rechtsprechung werde von der Vorschrift nicht erfasst. Zudem komme dem Beschluss vom 26.07.2004 keine Rückwirkung zu. Auch § 171 Abs. 12 AO sei vorliegend nicht einschlägig.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

17

Der Rechtsstreit kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 08.07.2011 bzw. 12.07.2011 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

18

Die als sog. Untätigkeitsklage auch ohne abgeschlossenes Vorverfahren zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheides vom 26.09.2001 zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Demgemäß kann er vom Beklagten nicht die Auskehrung des gezahlten Beitrages verlangen (vgl. § 113 Abs. 4 VwGO). Auch ein Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über den Aufhebungsantrag besteht nicht.

19

1. Der Aufhebungsanspruch folgt zunächst nicht aus § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO). Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.

20

a. Zwar findet die Vorschrift kraft der Verweisung in § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) vorliegend Anwendung. Auch dürften ihre Voraussetzungen vorliegen. Der Beitragsbescheid vom 26.09.2001 ist durch die Zurücknahme des Widerspruchs des Klägers bestandskräftig geworden (zu diesem Erfordernis siehe die Gliederungsüberschrift „III. Bestandkraft“ über § 172 ff. AO). Der Umstand, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens sechs Geschwister hatte, ist unstreitig erst nach dem Erlass des Beitragsbescheides vom 26.09.2001 bekannt geworden. Wäre dieser Umstand vor dem Erlass des Bescheides bekannt gewesen, so wäre selbst dann, wenn zu diesem Zeitpunkt alle Geschwister des Erblasser verstorben gewesen wären und in Bezug auf alle Geschwister die Voraussetzungen des § 1936 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorgelegen hätten, jedenfalls das gesetzliche Erbrecht des Klägers ausgeschlossen gewesen, da diese Geschwister - soweit bekannt - ihren letzten Wohnsitz außerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern hatten. Damit hätte der Kläger nicht als Eigentümer des Grundstücks Flurstück G1 angesehen werden dürfen. Der Beitragsbescheid hätte nicht ihm gegenüber erlassen werden dürfen (vgl. § 8 Abs. 10 Satz 1 KAG 1993). Anhaltspunkte dafür, dass den Kläger ein grobes Verschulden daran trifft, dass die genannte Tatsache erst nachträglich bekannt wurde, sind nicht ersichtlich. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten übersieht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO der Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides und nicht der Zeitpunkt des Eintritts seiner Bestandskraft ist. Daher kann dem Kläger nicht vorgehalten werden, den Zeitpunkt des Eintritts der Bestandskraft nicht durch Einlegung von Rechtsbehelfen hinausgezögert zu haben. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides keine Hinweise auf die Geschwister der Erblassers vorlagen und er deshalb keinen Anlass hatte, an seiner Erben- und damit Eigentümerstellung zu zweifeln.

21

Dem Aufhebungsanspruch nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO steht auch nicht entgegen, dass zum Erlasszeitpunkt das fiskalische Erbrecht des Klägers durch den Beschluss des Amtsgerichts Waren vom 30.11.1999 festgestellt war, denn der Beschluss begründet gemäß § 1964 Abs. 2 BGB lediglich die (widerlegliche) Vermutung, der Kläger sei gesetzlicher Erbe.

22

b. Der Aufhebungsanspruch ist jedoch nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Auch diese Bestimmung ist vorliegend anwendbar (§ 12 Abs. 1 KAG M-V). Ihre Voraussetzungen liegen vor.

23

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG 1993 beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Straßenausbaubeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist begann gemäß § 12 Abs. 1 KAG 1993 i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. In Ansehung der H.-Straße ist die Beitragspflicht mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung vom 10.12.1998 entstanden. Demgemäß ist die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2002 eingetreten. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

24

aa. Die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes 1993 über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sind in Ansehung des Grundstücks Flurstück G1 anwendbar, obwohl es im Geltungsbereich der Sanierungssatzung „Stadtkern Penzlin“ liegt. Zwar bestimmt § 154 Abs. 1 Satz 3 Baugesetzbuch (BauGB), dass, wenn im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 hergestellt, erweitert oder verbessert werden, Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen auf Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nicht anzuwenden sind. Die Vorschrift findet vorliegend jedoch keine Anwendung, da die Sanierung zum Zeitpunkt der Fertigstellung der abgerechneten Baumaßnahme im vereinfachten Sanierungsverfahren durchgeführt wurde, § 152 BauGB. Dabei kann dahin stehen, ob die ursprüngliche Entscheidung, die Sanierung im vereinfachten Verfahren durchzuführen, fehlerfrei war. Maßgeblich ist nicht, welches Verfahren der Beklagte hätte wählen müssen, sondern welches Verfahren er gewählt hat. Die Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB tritt nur ein, wenn die Sanierung im förmlichen Verfahren durchgeführt wird. Hieran fehlte es zu dem vorliegend maßgebenden Zeitpunkt.

25

bb. Voraussetzung für die Erhebung eines Straßenausbaubeitrages ist die Existenz einer wirksamen Beitragssatzung, die zum Zeitpunkt der Schaffung der Vorteilslage gilt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 09.06.1999 - 1 L 307/98). Dies trifft auf die Satzung der Stadt Penzlin über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) vom 17.11.2000 zu, die rückwirkend zum 28.10.1993 in Kraft getreten ist (§ 13 Satz 1 SBS). Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nicht und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Von einer weiteren Darlegung wird daher abgesehen.

26

cc. Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 erste Var. KAG 1993 entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage. Das Merkmal „endgültige Herstellung“ wird in § 11 SABS definiert. Danach entsteht die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb durchgeführt ist (§ 11 Satz 1 SABS). Dies ist nach § 11 Satz 2 SABS frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Diese datiert vorliegend vom 10.12.1998 und ist am 11.12.1998 beim Beklagten eingegangen. Fördermittel sind für die abgerechnete Maßnahme nicht ausgereicht worden, so dass eine Verwendungsnachweisprüfung nicht erfolgt ist. Damit ist die sachliche Beitragspflicht für die Baumaßnahme H.-Straße am 11.12.1998 entstanden. Die Festsetzungsfrist ist mit Ablauf des Jahres 1998 an- und mit Ablauf des Jahres 2002 abgelaufen.

27

dd. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch eine Ablaufhemmung hinausgezögert worden. Dies folgt insbesondere nicht aus § 171 Abs. 12 erste Var. AO. Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nach dieser Vorschrift nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft vom Erben angenommen wird. Die Vorschrift ist vorliegend bereits deshalb nicht einschlägig, weil unter Steuern, die sich gegen den Nachlass richten, nur solche zu verstehen sind, die bereits in der Person des Erblassers entstanden sind und gegen den Erben oder von diesem geltend gemacht werden (Baum in: Koch/Scholz, Abgabenordnung, 5. Auflage 1996, § 171 Rn. 50). Der vorliegend in Rede stehende Beitragsanspruch ist nicht bereits in der Person des Erblassers entstanden.

28

2. Ein Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheides folgt auch nicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Nach dieser Bestimmung ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).

29

a. Zwar steht der Ablauf der Festsetzungsfrist dem Anspruch aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht entgegen, da diese in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das Ereignis eintritt (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO). Mit Blick auf die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO ist die Frist auch gegenwärtig noch nicht abgelaufen.

30

b. Die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist vorliegend jedoch nicht einschlägig. Es fehlt am Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses. Ein solches Ereignis muss sich steuerlich für die Vergangenheit auswirken, was z.B. vor allem dann der Fall ist, wenn die Abgabenerhebung nicht an Lebensvorgänge, sondern unmittelbar oder mittelbar an Rechtsgeschäfte, Rechtsverhältnisse oder Verwaltungsakte anknüpft und diese Umstände nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit gestaltet werden. Daher erfasst § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nur den Fall, dass derrichtig ermittelte und beurteilte Sachverhalt durch eine später eingetretene Entwicklung verändert worden ist, welcher nach den einschlägigen Rechtsvorschriften Rechtserheblichkeit für den bereits erlassenen Steuerbescheid zuzumessen ist (vgl. Rüsken in: Klein, AO, 10. Auflage 2009, § 175 Rn. 50 m.w.N.). Bei der Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 AO erfährt der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt dagegen nicht wie bei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nachträglich und rückwirkend eine andere Gestaltung, sondern es wird nur die Kenntnis der Behörde bezüglich des vorhandenen Sachverhalts nachträglich erweitert (vgl. BFH, Urt. v. 21.04.1988 - IV R 215/85). Die Vorschrift des § 173 Abs. 1 AO erfasst daher denfehlerhaften Abgabenbescheid. Folglich schließen die Möglichkeit einer Änderung nach § 173 Abs. 1 und die Möglichkeit einer Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO einander aus (vgl. Szymezak in: Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Auflage 1996, § 175 Rn. 11 m.w.N. aus der Rspr. des BFH).

31

Gemessen an diesen Kriterien liegt in dem Umstand, dass der Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls sechs Geschwister hatte, kein nachträgliches Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Vielmehr hätte das nachträgliche Bekanntwerden dieses vorhandenen Sachverhalts zu einer Aufhebung des Beitragsbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO führen müssen, wenn nicht die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen wäre. Denn zum Zeitpunkt des Ergehens des Beitragsbescheides hatte der Beklagte die Erbenstellung des Klägers und demgemäß seine persönliche Beitragspflicht fehlerhaft beurteilt. Dem steht nicht entgegen, dass zu diesem Zeitpunkt die Vermutung nach § 1964 Abs. 2 BGB galt, denn die Vermutung ist widerlegt worden. Eine Fiktionswirkung kommt § 1964 Abs. 2 BGB nicht zu.

32

Auch in dem Beschluss des Amtsgerichts Waren vom 26.07.2004 liegt kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er an das nachträgliche Bekanntwerden eines anfänglich vorhandenen Sachverhalts anknüpft und damit keine andere rechtliche Bedeutung haben kann als dieser Sachverhalt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dem Beschluss nur eine deklaratorische Wirkung zukommt, was der Einstufung als rückwirkendes Ereignis ebenfalls entgegen steht. Entgegen der Auffassung des Klägers scheidet die Annahme einer gestaltenden oder feststellenden Wirkung aus, denn die Vermutung nach § 1964 Abs. 2 BGB war bereits durch das im Laufe des Erbscheinsverfahrens erfolgte Bekanntwerden des Umstandes, dass der Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls sechs Geschwister hatte, widerlegt worden. Einer förmlichen Aufhebung des Beschlusses vom 30.11.1999 bedurfte es hierzu nicht.

33

3. Dem Kläger steht schließlich weder ein Anspruch auf Rücknahme des Beitragsbescheides noch ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Aufhebungsanträge nach § 130 Abs. 1 AO zu, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden kann.

34

a. Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist vorliegend jedoch gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 lit. d zweite Var. AO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung darf ein (bestandskräftiger) Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden, soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht. Auch diese Vorschrift findet kraft der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V auf kommunale Abgabenbescheide entsprechende Anwendung (so auch Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 06/11, § 12 Rn. 35).

35

Die Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, wonach die Bestimmungen der §§ 172 ff. AO der Nacherhebung von Anschlussbeiträgen nicht entgegen stehen (Urt. v. 15.12.2009 - 1 L 323/06, juris Rn. 59 f.), zwingt zu keiner anderen Betrachtung. Denn der Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Unanwendbarkeit der §§ 172 ff. AO allein für den Bereich der Nacherhebung angenommen wird. Das OVG Mecklenburg-Vorpommern hat seine Auffassung damit begründet, dass nach dem Kommunalabgabengesetz im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen das „besondere" Gebot der Ausschöpfung des Beitragsanspruchs gelte, das keinen einschränkenden Voraussetzungen unterliege. Da die Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V unter dem Vorbehalt der „besonderen Vorschriften nach diesem Gesetz" stehe, sei die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO ausgeschlossen, da sie in zahlreichen Fällen dazu führen würde, dass die Ausschöpfung des Anschlussbeitragsanspruchs nicht möglich wäre. Darüber hinaus liege in der Nacherhebung keine Änderung oder Aufhebung des ursprünglichen Beitragsbescheides, sondern lediglich seine Ergänzung.

36

b. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Rücknahme des Beitragsbescheides auch deshalb ausgeschlossen ist, weil die Festsetzungsfrist - wie dargelegt - abgelaufen ist. § 169 Abs. 1 AO bildet eine absolute Rücknahmesperre, die auch die Anwendung des § 130 AO von vornherein ausschließt (VG Saarlouis, Urt. v. 10.03.2010 - 11 K 848/09, juris Rn. 43).

37

4. Ein Anspruch auf Rücknahme bzw. ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Rücknahmebegehren folgt schließlich auch nicht aus § 48 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG M-V), da diese Vorschrift vorliegend ebenfalls keine Anwendung findet (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG M-V).

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Unter Berücksichtigung der subjektiven und besonderen objektiven Bedeutung der Verfahren und ihrer Förderung durch die anwaltliche Tätigkeit (vgl. BVerfGE 79, 365 <369 f.>) wird der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 250.000,- € (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) festgesetzt.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß.

(1) Der Beschluß, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet wird, gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks.

(2) Die Beschlagnahme umfaßt auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt.

(1) Die Beschlagnahme des Grundstücks wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet ist, dem Schuldner zugestellt wird. Sie wird auch wirksam mit dem Zeitpunkt, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt.

(2) Erstreckt sich die Beschlagnahme auf eine Forderung, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Die Beschlagnahme wird dem Drittschuldner gegenüber erst mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm bekannt oder das Zahlungsverbot ihm zugestellt wird. Die Vorschriften des § 845 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.

13
aa) Dem steht nicht entgegen, dass vor der Beschlagnahme eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 in das Grundbuch eingetragen worden war. Die Auflassungsvormerkung führt zwar in vielerlei, nicht aber in jeder Hinsicht dazu, dass der Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten auf den Zeitpunkt ihrer Eintragung zurückbezogen wird (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 883 Rdn. 31; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 883 Rdn. 63). Sie hat zur Folge, dass - auch im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB) - Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen werden, insoweit unwirksam sind, als sie den gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Wirkung hat hier zwar zu einem auch gegenüber der Gläubigerin wirksamen Eigentumserwerb der Beklagten zu 3 geführt, nicht aber dazu, dass die Fortsetzung des - auch in Ansehung der Auflassungsvormerkung zulässigerweise begonnenen (vgl. Senat, BGHZ 46, 124, 127; BGH Urt. v. 11. Juli 1996, IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148) - Zwangsversteigerungsverfahrens unzulässig war.

(1) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.

(2) Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.

(3) Der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 9. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert beträgt 3.000 € für die Gerichtskosten, 4.563,38 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1 und 6.000 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3 und 4.

Gründe

A.

1

Im Grundbuch der eingangs genannten Teileigentumseinheit der Beteiligten zu 2 ist seit dem 20. Januar 1999 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eingetragen. Die Beteiligte zu 1 - die Wohnungseigentümergemeinschaft, zu deren Anlage das Teileigentum gehört - betreibt wegen titulierter Wohngeldansprüche aus dem Jahr 2008 die Zwangsversteigerung. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 wegen der Ansprüche der Beteiligten zu 1 die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG angeordnet. Vor dem Versteigerungstermin haben die Beteiligten zu 3 und 4 mitgeteilt, dass die Teileigentumseinheit am 15. Februar 2013 an sie aufgelassen worden sei und sie ihre Eintragung als Eigentümer beantragt hätten. Die Umschreibung des Eigentums ist nicht erfolgt. In dem Versteigerungstermin am 21. Februar 2013 hat das Vollstreckungsgericht die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot aufgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag ist der Beteiligten zu 5 als Meistbietender der Zuschlag erteilt worden; die Vormerkung ist in dem Zuschlagsbeschluss nicht als bestehenbleibendes Recht aufgeführt.

2

Die gegen den Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen sie die Aufnahme der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot erreichen.

B.

3

Das Beschwerdegericht meint, das Verfahren sei nicht gemäß § 28 Abs. 1 ZVG aufzuheben. Dies setze voraus, dass die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgrund der Auflassungsvormerkung erfolgt sei; dazu sei es aber nicht gekommen. Die Auflassungsvormerkung sei zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen worden, weil sie gegenüber den Ansprüchen der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG nachrangig sei. Zwar werde die Vormerkung in § 10 ZVG nicht ausdrücklich erwähnt. Nach zutreffender Ansicht falle sie aber in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG; hieraus ergebe sich ihre Nachrangigkeit gegenüber Ansprüchen, die der Rangklasse 2 zuzuordnen seien.

C.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5

Weil eine Partei mit ihrer Prozesshandlung im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 233/11, ZfIR 2013, 23 Rn. 11 mwN), ist der Antrag der Beteiligten zu 3 und 4 dahingehend auszulegen, dass sie die Versagung des Zuschlags begehren; nur diese, nicht aber die beantragte Änderung des geringsten Gebots kann mit der Rechtsbeschwerde erreicht werden. Ein Zuschlagsversagungsgrund liegt jedoch nicht vor.

6

I. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet verneint das Beschwerdegericht der Sache nach einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 5 ZVG. Nach dieser Bestimmung ist der Zuschlag zu versagen, wenn das Recht eines Beteiligten der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Ist ein solches Recht aus dem Grundbuch ersichtlich, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG aufzuheben oder einstweilen einzustellen bzw. gemäß § 33 ZVG den Zuschlag zu versagen. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG lagen aber schon deshalb nicht vor, weil eine Umschreibung des Eigentums aufgrund des vorgemerkten Anspruchs auf die Beteiligten zu 3 und 4 nicht erfolgt ist. Die Auflassungsvormerkung als solche stellt kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG dar (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 126 f.; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 f. jeweils mwN).

7

II. Ebenso wenig ist der Zuschlag wegen einer Verletzung der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots im Sinne von § 83 Nr. 1 ZVG zu versagen. Das Vollstreckungsgericht hat die für die Beteiligten zu 3 und 4 im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen.

8

1. Im Ausgangspunkt ist eine Auflassungsvormerkung wie ein eingetragenes Recht zu behandeln (§ 9 Nr. 1, § 48 ZVG).

9

a) In das geringste Gebot ist sie aufzunehmen, wenn sie dem Anspruch des (bestrangig betreibenden) Gläubigers vorgeht (§ 44 Abs. 1 ZVG); dies gilt auch dann, wenn sie einen bedingten Anspruch sichert (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124 ff.). Fällt die Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot, bleibt sie bei dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung bestehen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Weil der Eigentumserwerb des Erstehers dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam ist (§ 883 Abs. 2 BGB), kann dieser den gesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums trotz des erfolgten Zuschlags gegenüber dem Ersteher durchsetzen (§ 888 Abs. 1 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 298 ff.).

10

b) Dagegen ist die Vormerkung nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie dem Recht des (bestrangig betreibenden) Gläubigers im Rang nachgeht. Der Vormerkungsberechtigte muss den Eigentumserwerb des Erstehers gegen sich gelten lassen, weil die Vormerkung mangels Aufnahme in das geringste Gebot mit dem Zuschlag erlischt (§ 91 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG). An die Stelle des zuvor durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs tritt der Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös (§ 92 Abs. 1 ZVG; vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 304 f.).

11

2. Ob eine vor der Beschlagnahme eingetragene Auflassungsvormerkung dem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 44 Abs. 1 ZVG vorgeht, wenn diese die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen betreibt, die der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen sind, ist umstritten.

12

a) Nach überwiegender Ansicht gehen die bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Auflassungsvormerkung vor. Teils wird dies vornehmlich aus deren vermeintlich dinglichem Charakter hergeleitet (Alff, ZWE 2010, 105, 112; ders., Rpfleger 2013, 15, 18 f.; Schmidberger, ZfIR 2013, 113 ff.; Schneider, ZMR 2009, 165, 169 f.; ZMR 2013, 305 f.; ZWE 2013, 246, 249; Suilmann, NotBZ 2010, 365, 368). Andere sehen Ansprüche der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG unabhängig von ihrer Rechtsnatur als vorrangig an; die Auflassungsvormerkung müsse wie jedes andere aus dem Grundbuch ersichtliche Recht in das Rangklassensystem des § 10 ZVG eingeordnet werden und falle in die (nachrangige) Rangklasse 4 (Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Stöber, ZVG, 20. Aufl. § 10 Rn. 16.8; Schmidt-Räntsch, ZWE 2011, 429, 439; wohl auch Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., Anhang IV Rn. 49; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 44 Rn. 11; Franck, MittBayNot 2012, 345, 349; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347).

13

b) Nach der Gegenauffassung bietet eine Auflassungsvormerkung Schutz vor einer Zwangsversteigerung, die aus Rechten der Rangklasse 2 betrieben wird. Zur Begründung wird teilweise darauf verwiesen, dass die bevorrechtigten Hausgeldansprüche keine dingliche Wirkung hätten. Könne das Vorrecht einem Erwerber nicht entgegengehalten werden, sei die Beschlagnahme als vormerkungswidrig anzusehen; der Vormerkungsberechtigte müsse sie nicht gegen sich gelten lassen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft stehe im Verhältnis zu dem Vormerkungsberechtigten gewöhnlichen persönlichen Gläubigern gleich (Reymann, ZWE 2013, 446, 449; Herrler, NJW 2013, 3518; Fabis, ZfIR 2010, 354, 357 f.). Vereinzelt wird auch die Einordnung der Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 bestritten, weil die Vormerkung ebenso wie das Eigentum selbst außerhalb des Rangklassensystems des § 10 Abs. 1 ZVG stehe; ihre Schutzwirkung bestimme sich ausschließlich nach § 883 Abs. 2 BGB (Kesseler, NJW 2009, 121, 123 f.; zustimmend MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 883 Rn. 62 Fn. 428; offen gelassen von Reymann, ZWE 2013, 446, 448).

14

c) Der Senat entscheidet die Frage mit der zuerst genannten Auffassung dahingehend, dass Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, stets Vorrang gegenüber einer Auflassungsvormerkung zukommt; diese ist auch dann nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen, wenn sie - wie hier - bereits vor dem Entstehen der bevorrechtigten Hausgeldansprüche in das Grundbuch eingetragen worden ist.

15

aa) Dies ergibt sich allerdings nicht aus einer vermeintlich dinglichen Wirkung des Vorrechts der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Rechtsprechung des Senats enthält § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG lediglich eine Privilegierung schuldrechtlicher Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren und verleiht diesen keine dingliche Wirkung (Senat, Urteil vom 13. September 2013 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 8 ff.). Aus dem schuldrechtlichen Charakter der bevorrechtigten Ansprüche folgt aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung Schutz vor der aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG betriebenen Zwangsversteigerung bietet (zutreffend Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schneider, ZWE 2014, 61, 70 f.).

16

bb) Der Vorrang der § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG unterfallenden Hausgeldansprüche ergibt sich vielmehr daraus, dass die Auflassungsvormerkung der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen ist.

17

(1) Welches Recht dem Anspruch des betreibenden Gläubigers im Sinne von § 44 Abs. 1 ZVG vorgeht und folglich im geringsten Gebot Berücksichtigung finden muss, richtet sich nach §§ 10 bis 12 ZVG (Stöber, ZVG, 20. Aufl. § 44 Rn. 4.2; Löhnig/Siwonia, ZVG, § 44 Rn. 2 f.). Aus diesem Grund muss auch die Vormerkung zwingend in das Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG - also in eine der in dieser Norm unter Nr. 1 bis 8 aufgeführten Rangklassen - eingeordnet werden (zutreffend Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht eine Auflassungsvormerkung im Zwangsversteigerungsverfahren in einem Rangverhältnis zu den Rechten der Rangklasse 4 (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148); nichts anderes gilt für ihr Verhältnis zu Rechten der Rangklassen 1 bis 3. Zwar trifft es zu, dass die Vormerkung wie das vorgemerkte Eigentum zu behandeln ist (§ 48 ZVG) und dass das Eigentum als solches nicht rangfähig ist (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 16; Assmann, Die Vormerkung (1998) S. 146, 194). Daraus ergibt sich aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung außerhalb des Rangklassensystems des § 10 Abs. 1 ZVG steht; sie sichert zwar den Anspruch auf Verschaffung des Eigentums, ist aber ein Sicherungsrecht eigener Art und kein gegenüber dem Eigentum wesensgleiches Minus.

18

(2) Dass Auflassungsvormerkungen in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG einzuordnen sind, entspricht der nahezu einhelligen Auffassung (vgl. Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 10 Rn. 15; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 294; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883 Rn. 40; MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 883 Rn. 60; Jauernig, BGB, 15. Aufl., § 883 Rn. 20; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., Anhang IV Rn. 49; Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. Rn. 1532; Schmidt-Räntsch, ZWE 2011, 429, 439; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347, jeweils mwN). So sieht es auch der Senat. Weil die in § 10 Abs. 1 ZVG nicht ausdrücklich geregelte Vormerkung - wie ausgeführt - zwingend einer der in der Norm enthaltenen Rangklassen zugeordnet werden muss, kommt nur die Rangklasse 4 in Betracht. Denn sie ist am ehesten mit den darin aufgeführten dinglichen Rechten vergleichbar, während sie mit den in den anderen Rangklassen geregelten Rechten keine Ähnlichkeiten aufweist.

19

(3) Aus der Einordnung der Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG ergibt sich ohne weiteres, dass sie gegenüber Rechten der Rangklasse 2 nachrangig ist. Denn die Rechte der Rangklasse 2 gehen insgesamt den Rechten aus den nachfolgenden Rangklassen 3 bis 8 vor. Auf die zeitliche Entstehung der Rechte kommt es insoweit nicht an; diese ist von Bedeutung, wenn mehrere Rechte innerhalb der Rangklasse 4 konkurrieren (vgl. § 11 Abs. 1 ZVG, §§ 879 ff. BGB). Auch hängt die bevorzugte Stellung der Ansprüche von Wohnungseigentümergemeinschaften im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht von deren Rechtsnatur ab. Sie ergibt sich vielmehr aus der Einordnung der Hausgeldansprüche in dem Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG. Mit diesem wäre es unvereinbar, wenn die der Rangklasse 2 unterfallenden Ansprüche im Verhältnis zu Auflassungsvormerkungen den nicht bevorrechtigten Ansprüchen aus der Rangklasse 5 der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft gleichgesetzt würden (zutreffend Schneider, ZWE 2014, 61, 70 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 13/08, NJW 2008, 1956 Rn. 17).

20

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht § 883 Abs. 2 BGB diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Aufstellung des geringsten Gebots richtet sich nicht nach dieser Norm, sondern allein nach dem Rangklassensystem des Zwangsversteigerungsgesetzes. Die Wirkungen des § 883 Abs. 2 BGB kann die Vormerkung gegenüber dem Ersteher nur dann entfalten, wenn sie gegenüber dem Recht des betreibenden Gläubigers (nach § 10 Abs. 1 ZVG) vorrangig ist, infolgedessen in das geringste Gebot fällt und trotz des Zuschlags bestehen bleibt. Nicht das Rangklassensystem wird durch § 883 Abs. 2 BGB durchbrochen, sondern im Gegenteil wird die Schutzwirkung der Vormerkung durch die Spezialregelungen des Zwangsversteigerungsgesetzes erheblich modifiziert und eingeschränkt (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 293 aE; Rosenberg, Sachenrecht [1919], § 883 Anm. IV 3 c); Meiser, Gruchot Bd. 57, 769 f.; unzutreffend daher Reymann, ZWE 2013, 446, 448; Kesseler, NJW 2009, 121, 123; Herrler, NJW 2013, 3518). Durch die Geltendmachung eines (nach dem Rangklassensystem) vorrangigen Anspruchs des betreibenden Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung wird der vorgemerkte Auflassungsanspruch nämlich in gesetzlich zulässiger Weise beeinträchtigt (Meiser, Gruchot Bd. 57, 769, 770).

21

dd) Gegen den Vorrang der Ansprüche der Beteiligten zu 1 lässt sich auch nicht einwenden, dass hierdurch ein „Wettlauf“ zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Vormerkungsberechtigten entstehe, weil ein Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten während des Zwangsversteigerungsverfahrens dessen Fortsetzung entgegenstehe (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 1133; ders., Notar 2013, 331, 334).

22

(1) Richtig ist allerdings, dass es widersprüchlich wäre, wenn - wie es das Beschwerdegericht annimmt - einerseits die Vormerkung nicht in das geringste Gebot fiele, andererseits aber ein nach der Beschlagnahme erfolgter vollendeter Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu der Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens führte. Zu einem solchen Wertungswiderspruch kommt es aber nicht, weil eine nach der Beschlagnahme erfolgte Umschreibung des Eigentums auf den Vormerkungsberechtigten keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens hat, wenn die Zwangsversteigerung aus einem gegenüber der Vormerkung (nach dem Rangklassensystem) vorrangigen Recht betrieben wird (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff.).

23

(2) So liegt es, wenn die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betrieben wird (ebenso im Ergebnis LG Heilbronn, ZWE 2013, 230 f.; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; aA Krauß, Notar 2013, 331, 334; Reymann, ZWE 2013, 446, 448, jeweils mwN). Der auf dem vorgemerkten Anspruch beruhende Eigentumserwerb ist aufgrund der Beschlagnahme gegenüber der aus einem besseren Recht betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft relativ unwirksam (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB) und hindert die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens deshalb nicht (vgl. Stöber, BGHReport 2007, 580 f.). Soweit sich aus dem Senatsbeschluss vom 25. Januar 2007 insoweit etwas anderes ergibt (V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 12 ff.), hält der Senat hieran nicht fest.

24

ee) Im Ergebnis setzt sich danach das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus Rechten der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets durch. Diese ist nicht in das geringste Gebot aufzunehmen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der Vormerkungsberechtigte nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen. Dieses Ergebnis ist eine Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG selbst betreiben darf (vgl. § 10 Abs. 3, § 52 Abs. 2 Satz 2 ZVG; BT-Drucks. 16/887, S. 44; Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 13/08, NJW 2008, 1956 Rn. 17); der Gesetzgeber hat - in den Grenzen von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG - eine umfassende Privilegierung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Zwangsversteigerungsverfahren geschaffen (vgl. Senat, Urteil vom 13. September 2009 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 13, 16).

25

ff) Verfassungsrechtliche Bedenken stehen nicht entgegen. Allerdings droht Berechtigten, zu deren Gunsten - wie hier - am 1. Juli 2007 eine Auflassungsvormerkung eingetragen war, ein Rechtsverlust infolge der an diesem Tag in Kraft getretenen Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Es handelt sich insoweit um eine unechte Rückwirkung. Eine solche liegt vor, wenn eine Norm - wie hier - auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt und auf Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (st. Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfGE 132, 302 Rn. 43 mwN).

26

(1) § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG verfolgt das legitime Ziel, die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen bei Hausgeldrückständen zu erleichtern. Nach der zuvor bestehenden Rechtslage waren Hausgeldrückstände im Zwangsversteigerungsverfahren nur in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG zu berücksichtigen und damit nachrangig gegenüber den Rechten der Rangklasse 4. Deshalb verlief die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen wegen Hausgeldrückständen meist erfolglos. Die Rückstände mussten von den anderen Wohnungseigentümern getragen werden, wodurch notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterblieben (siehe insgesamt BT-Drucks. 16/887, S. 1, 43 f.). Dieses Ziel würde verfehlt, wenn eine Auflassungsvormerkung vor einer aus Rechten der Rangklasse 2 betriebenen Zwangsversteigerung schützte. Kann nämlich der Vormerkungsberechtigte seinen Anspruch auf Eigentumsübertragung gegen den Ersteher durchsetzen, finden sich in aller Regel keine Bietinteressenten mit der Folge, dass eine Zwangsversteigerung faktisch unmöglich wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 302; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 28 Rn. 5.1 unter b); Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts S. 344 Rn. 296a).

27

(2) Die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen die genannten Veränderungsgründe des Gesetzgebers nicht.

28

(a) Der mit der Neubelegung der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG verbundene Eingriff in die Rechte der Realkreditgläubiger ist diesen insbesondere deshalb zuzumuten, weil der Gesetzgeber das Vorrecht sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe nach begrenzt hat (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 43 f.). Vormerkungsberechtigten droht allerdings - anders als den dinglich berechtigten Gläubigern - mit dem Erlöschen der Auflassungsvormerkung durch den Zuschlag ein vollständiger Rechtsverlust. Gleichwohl kommt die zeitliche und summenmäßige Begrenzung des Vorrechts mittelbar auch den Vormerkungsberechtigten zugute, weil diese ihr Interesse an einem Fortbestehen der Auflassungsvormerkung durch Ablösung der vorrangigen Ansprüche wahren können.

29

(b) Zudem bot selbst eine erstrangige Auflassungsvormerkung auch vor der Gesetzesänderung keinen vollständigen Schutz. Sie war - unbestritten - stets durch eine Zwangsversteigerung gefährdet, die aus Ansprüchen der vorangehenden Rangklassen betrieben wurde, etwa aufgrund öffentlicher Lasten der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 ZVG (vgl. Alff, Rpfleger 2013, 15, 19; Kesseler, NJW 2009, 121 f.; Stöber, NJW 2000, 3600 ff. zu der Versteigerung aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a iVm § 174a ZVG). Die Inhaber einer Auflassungsvormerkung konnten nicht darauf vertrauen, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 ZVG dauerhaft unverändert bleiben und keine weiteren Ansprüche in eine der vorangehenden Rangklassen aufgenommen werden würden.

D.

30

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7).

31

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert des Zuschlags, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Wert der anwaltlichen Vertretung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 richtet sich nach § 26 Nr. 1 RVG.

Stresemann                     Lemke                        Schmidt-Räntsch

                   Brückner                   Weinland

(1) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.

(2) Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.

(3) Der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.

Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 9. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert beträgt 3.000 € für die Gerichtskosten, 4.563,38 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1 und 6.000 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3 und 4.

Gründe

A.

1

Im Grundbuch der eingangs genannten Teileigentumseinheit der Beteiligten zu 2 ist seit dem 20. Januar 1999 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eingetragen. Die Beteiligte zu 1 - die Wohnungseigentümergemeinschaft, zu deren Anlage das Teileigentum gehört - betreibt wegen titulierter Wohngeldansprüche aus dem Jahr 2008 die Zwangsversteigerung. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 wegen der Ansprüche der Beteiligten zu 1 die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG angeordnet. Vor dem Versteigerungstermin haben die Beteiligten zu 3 und 4 mitgeteilt, dass die Teileigentumseinheit am 15. Februar 2013 an sie aufgelassen worden sei und sie ihre Eintragung als Eigentümer beantragt hätten. Die Umschreibung des Eigentums ist nicht erfolgt. In dem Versteigerungstermin am 21. Februar 2013 hat das Vollstreckungsgericht die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot aufgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag ist der Beteiligten zu 5 als Meistbietender der Zuschlag erteilt worden; die Vormerkung ist in dem Zuschlagsbeschluss nicht als bestehenbleibendes Recht aufgeführt.

2

Die gegen den Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen sie die Aufnahme der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot erreichen.

B.

3

Das Beschwerdegericht meint, das Verfahren sei nicht gemäß § 28 Abs. 1 ZVG aufzuheben. Dies setze voraus, dass die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgrund der Auflassungsvormerkung erfolgt sei; dazu sei es aber nicht gekommen. Die Auflassungsvormerkung sei zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen worden, weil sie gegenüber den Ansprüchen der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG nachrangig sei. Zwar werde die Vormerkung in § 10 ZVG nicht ausdrücklich erwähnt. Nach zutreffender Ansicht falle sie aber in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG; hieraus ergebe sich ihre Nachrangigkeit gegenüber Ansprüchen, die der Rangklasse 2 zuzuordnen seien.

C.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5

Weil eine Partei mit ihrer Prozesshandlung im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 233/11, ZfIR 2013, 23 Rn. 11 mwN), ist der Antrag der Beteiligten zu 3 und 4 dahingehend auszulegen, dass sie die Versagung des Zuschlags begehren; nur diese, nicht aber die beantragte Änderung des geringsten Gebots kann mit der Rechtsbeschwerde erreicht werden. Ein Zuschlagsversagungsgrund liegt jedoch nicht vor.

6

I. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet verneint das Beschwerdegericht der Sache nach einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 5 ZVG. Nach dieser Bestimmung ist der Zuschlag zu versagen, wenn das Recht eines Beteiligten der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Ist ein solches Recht aus dem Grundbuch ersichtlich, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG aufzuheben oder einstweilen einzustellen bzw. gemäß § 33 ZVG den Zuschlag zu versagen. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG lagen aber schon deshalb nicht vor, weil eine Umschreibung des Eigentums aufgrund des vorgemerkten Anspruchs auf die Beteiligten zu 3 und 4 nicht erfolgt ist. Die Auflassungsvormerkung als solche stellt kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG dar (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 126 f.; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 f. jeweils mwN).

7

II. Ebenso wenig ist der Zuschlag wegen einer Verletzung der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots im Sinne von § 83 Nr. 1 ZVG zu versagen. Das Vollstreckungsgericht hat die für die Beteiligten zu 3 und 4 im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen.

8

1. Im Ausgangspunkt ist eine Auflassungsvormerkung wie ein eingetragenes Recht zu behandeln (§ 9 Nr. 1, § 48 ZVG).

9

a) In das geringste Gebot ist sie aufzunehmen, wenn sie dem Anspruch des (bestrangig betreibenden) Gläubigers vorgeht (§ 44 Abs. 1 ZVG); dies gilt auch dann, wenn sie einen bedingten Anspruch sichert (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124 ff.). Fällt die Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot, bleibt sie bei dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung bestehen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Weil der Eigentumserwerb des Erstehers dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam ist (§ 883 Abs. 2 BGB), kann dieser den gesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums trotz des erfolgten Zuschlags gegenüber dem Ersteher durchsetzen (§ 888 Abs. 1 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 298 ff.).

10

b) Dagegen ist die Vormerkung nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie dem Recht des (bestrangig betreibenden) Gläubigers im Rang nachgeht. Der Vormerkungsberechtigte muss den Eigentumserwerb des Erstehers gegen sich gelten lassen, weil die Vormerkung mangels Aufnahme in das geringste Gebot mit dem Zuschlag erlischt (§ 91 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG). An die Stelle des zuvor durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs tritt der Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös (§ 92 Abs. 1 ZVG; vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 304 f.).

11

2. Ob eine vor der Beschlagnahme eingetragene Auflassungsvormerkung dem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 44 Abs. 1 ZVG vorgeht, wenn diese die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen betreibt, die der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen sind, ist umstritten.

12

a) Nach überwiegender Ansicht gehen die bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Auflassungsvormerkung vor. Teils wird dies vornehmlich aus deren vermeintlich dinglichem Charakter hergeleitet (Alff, ZWE 2010, 105, 112; ders., Rpfleger 2013, 15, 18 f.; Schmidberger, ZfIR 2013, 113 ff.; Schneider, ZMR 2009, 165, 169 f.; ZMR 2013, 305 f.; ZWE 2013, 246, 249; Suilmann, NotBZ 2010, 365, 368). Andere sehen Ansprüche der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG unabhängig von ihrer Rechtsnatur als vorrangig an; die Auflassungsvormerkung müsse wie jedes andere aus dem Grundbuch ersichtliche Recht in das Rangklassensystem des § 10 ZVG eingeordnet werden und falle in die (nachrangige) Rangklasse 4 (Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Stöber, ZVG, 20. Aufl. § 10 Rn. 16.8; Schmidt-Räntsch, ZWE 2011, 429, 439; wohl auch Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., Anhang IV Rn. 49; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 44 Rn. 11; Franck, MittBayNot 2012, 345, 349; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347).

13

b) Nach der Gegenauffassung bietet eine Auflassungsvormerkung Schutz vor einer Zwangsversteigerung, die aus Rechten der Rangklasse 2 betrieben wird. Zur Begründung wird teilweise darauf verwiesen, dass die bevorrechtigten Hausgeldansprüche keine dingliche Wirkung hätten. Könne das Vorrecht einem Erwerber nicht entgegengehalten werden, sei die Beschlagnahme als vormerkungswidrig anzusehen; der Vormerkungsberechtigte müsse sie nicht gegen sich gelten lassen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft stehe im Verhältnis zu dem Vormerkungsberechtigten gewöhnlichen persönlichen Gläubigern gleich (Reymann, ZWE 2013, 446, 449; Herrler, NJW 2013, 3518; Fabis, ZfIR 2010, 354, 357 f.). Vereinzelt wird auch die Einordnung der Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 bestritten, weil die Vormerkung ebenso wie das Eigentum selbst außerhalb des Rangklassensystems des § 10 Abs. 1 ZVG stehe; ihre Schutzwirkung bestimme sich ausschließlich nach § 883 Abs. 2 BGB (Kesseler, NJW 2009, 121, 123 f.; zustimmend MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 883 Rn. 62 Fn. 428; offen gelassen von Reymann, ZWE 2013, 446, 448).

14

c) Der Senat entscheidet die Frage mit der zuerst genannten Auffassung dahingehend, dass Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, stets Vorrang gegenüber einer Auflassungsvormerkung zukommt; diese ist auch dann nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen, wenn sie - wie hier - bereits vor dem Entstehen der bevorrechtigten Hausgeldansprüche in das Grundbuch eingetragen worden ist.

15

aa) Dies ergibt sich allerdings nicht aus einer vermeintlich dinglichen Wirkung des Vorrechts der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Rechtsprechung des Senats enthält § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG lediglich eine Privilegierung schuldrechtlicher Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren und verleiht diesen keine dingliche Wirkung (Senat, Urteil vom 13. September 2013 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 8 ff.). Aus dem schuldrechtlichen Charakter der bevorrechtigten Ansprüche folgt aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung Schutz vor der aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG betriebenen Zwangsversteigerung bietet (zutreffend Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schneider, ZWE 2014, 61, 70 f.).

16

bb) Der Vorrang der § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG unterfallenden Hausgeldansprüche ergibt sich vielmehr daraus, dass die Auflassungsvormerkung der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen ist.

17

(1) Welches Recht dem Anspruch des betreibenden Gläubigers im Sinne von § 44 Abs. 1 ZVG vorgeht und folglich im geringsten Gebot Berücksichtigung finden muss, richtet sich nach §§ 10 bis 12 ZVG (Stöber, ZVG, 20. Aufl. § 44 Rn. 4.2; Löhnig/Siwonia, ZVG, § 44 Rn. 2 f.). Aus diesem Grund muss auch die Vormerkung zwingend in das Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG - also in eine der in dieser Norm unter Nr. 1 bis 8 aufgeführten Rangklassen - eingeordnet werden (zutreffend Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht eine Auflassungsvormerkung im Zwangsversteigerungsverfahren in einem Rangverhältnis zu den Rechten der Rangklasse 4 (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - V ZR 11/64, BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148); nichts anderes gilt für ihr Verhältnis zu Rechten der Rangklassen 1 bis 3. Zwar trifft es zu, dass die Vormerkung wie das vorgemerkte Eigentum zu behandeln ist (§ 48 ZVG) und dass das Eigentum als solches nicht rangfähig ist (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 16; Assmann, Die Vormerkung (1998) S. 146, 194). Daraus ergibt sich aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung außerhalb des Rangklassensystems des § 10 Abs. 1 ZVG steht; sie sichert zwar den Anspruch auf Verschaffung des Eigentums, ist aber ein Sicherungsrecht eigener Art und kein gegenüber dem Eigentum wesensgleiches Minus.

18

(2) Dass Auflassungsvormerkungen in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG einzuordnen sind, entspricht der nahezu einhelligen Auffassung (vgl. Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 10 Rn. 15; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 294; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883 Rn. 40; MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 883 Rn. 60; Jauernig, BGB, 15. Aufl., § 883 Rn. 20; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., Anhang IV Rn. 49; Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. Rn. 1532; Schmidt-Räntsch, ZWE 2011, 429, 439; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347, jeweils mwN). So sieht es auch der Senat. Weil die in § 10 Abs. 1 ZVG nicht ausdrücklich geregelte Vormerkung - wie ausgeführt - zwingend einer der in der Norm enthaltenen Rangklassen zugeordnet werden muss, kommt nur die Rangklasse 4 in Betracht. Denn sie ist am ehesten mit den darin aufgeführten dinglichen Rechten vergleichbar, während sie mit den in den anderen Rangklassen geregelten Rechten keine Ähnlichkeiten aufweist.

19

(3) Aus der Einordnung der Auflassungsvormerkung in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG ergibt sich ohne weiteres, dass sie gegenüber Rechten der Rangklasse 2 nachrangig ist. Denn die Rechte der Rangklasse 2 gehen insgesamt den Rechten aus den nachfolgenden Rangklassen 3 bis 8 vor. Auf die zeitliche Entstehung der Rechte kommt es insoweit nicht an; diese ist von Bedeutung, wenn mehrere Rechte innerhalb der Rangklasse 4 konkurrieren (vgl. § 11 Abs. 1 ZVG, §§ 879 ff. BGB). Auch hängt die bevorzugte Stellung der Ansprüche von Wohnungseigentümergemeinschaften im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht von deren Rechtsnatur ab. Sie ergibt sich vielmehr aus der Einordnung der Hausgeldansprüche in dem Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG. Mit diesem wäre es unvereinbar, wenn die der Rangklasse 2 unterfallenden Ansprüche im Verhältnis zu Auflassungsvormerkungen den nicht bevorrechtigten Ansprüchen aus der Rangklasse 5 der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft gleichgesetzt würden (zutreffend Schneider, ZWE 2014, 61, 70 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 13/08, NJW 2008, 1956 Rn. 17).

20

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht § 883 Abs. 2 BGB diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Aufstellung des geringsten Gebots richtet sich nicht nach dieser Norm, sondern allein nach dem Rangklassensystem des Zwangsversteigerungsgesetzes. Die Wirkungen des § 883 Abs. 2 BGB kann die Vormerkung gegenüber dem Ersteher nur dann entfalten, wenn sie gegenüber dem Recht des betreibenden Gläubigers (nach § 10 Abs. 1 ZVG) vorrangig ist, infolgedessen in das geringste Gebot fällt und trotz des Zuschlags bestehen bleibt. Nicht das Rangklassensystem wird durch § 883 Abs. 2 BGB durchbrochen, sondern im Gegenteil wird die Schutzwirkung der Vormerkung durch die Spezialregelungen des Zwangsversteigerungsgesetzes erheblich modifiziert und eingeschränkt (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 293 aE; Rosenberg, Sachenrecht [1919], § 883 Anm. IV 3 c); Meiser, Gruchot Bd. 57, 769 f.; unzutreffend daher Reymann, ZWE 2013, 446, 448; Kesseler, NJW 2009, 121, 123; Herrler, NJW 2013, 3518). Durch die Geltendmachung eines (nach dem Rangklassensystem) vorrangigen Anspruchs des betreibenden Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung wird der vorgemerkte Auflassungsanspruch nämlich in gesetzlich zulässiger Weise beeinträchtigt (Meiser, Gruchot Bd. 57, 769, 770).

21

dd) Gegen den Vorrang der Ansprüche der Beteiligten zu 1 lässt sich auch nicht einwenden, dass hierdurch ein „Wettlauf“ zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Vormerkungsberechtigten entstehe, weil ein Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten während des Zwangsversteigerungsverfahrens dessen Fortsetzung entgegenstehe (vgl. Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 1133; ders., Notar 2013, 331, 334).

22

(1) Richtig ist allerdings, dass es widersprüchlich wäre, wenn - wie es das Beschwerdegericht annimmt - einerseits die Vormerkung nicht in das geringste Gebot fiele, andererseits aber ein nach der Beschlagnahme erfolgter vollendeter Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu der Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens führte. Zu einem solchen Wertungswiderspruch kommt es aber nicht, weil eine nach der Beschlagnahme erfolgte Umschreibung des Eigentums auf den Vormerkungsberechtigten keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens hat, wenn die Zwangsversteigerung aus einem gegenüber der Vormerkung (nach dem Rangklassensystem) vorrangigen Recht betrieben wird (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff.).

23

(2) So liegt es, wenn die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betrieben wird (ebenso im Ergebnis LG Heilbronn, ZWE 2013, 230 f.; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; aA Krauß, Notar 2013, 331, 334; Reymann, ZWE 2013, 446, 448, jeweils mwN). Der auf dem vorgemerkten Anspruch beruhende Eigentumserwerb ist aufgrund der Beschlagnahme gegenüber der aus einem besseren Recht betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft relativ unwirksam (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB) und hindert die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens deshalb nicht (vgl. Stöber, BGHReport 2007, 580 f.). Soweit sich aus dem Senatsbeschluss vom 25. Januar 2007 insoweit etwas anderes ergibt (V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 12 ff.), hält der Senat hieran nicht fest.

24

ee) Im Ergebnis setzt sich danach das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus Rechten der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets durch. Diese ist nicht in das geringste Gebot aufzunehmen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der Vormerkungsberechtigte nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen. Dieses Ergebnis ist eine Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG selbst betreiben darf (vgl. § 10 Abs. 3, § 52 Abs. 2 Satz 2 ZVG; BT-Drucks. 16/887, S. 44; Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 13/08, NJW 2008, 1956 Rn. 17); der Gesetzgeber hat - in den Grenzen von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG - eine umfassende Privilegierung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Zwangsversteigerungsverfahren geschaffen (vgl. Senat, Urteil vom 13. September 2009 - V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 Rn. 13, 16).

25

ff) Verfassungsrechtliche Bedenken stehen nicht entgegen. Allerdings droht Berechtigten, zu deren Gunsten - wie hier - am 1. Juli 2007 eine Auflassungsvormerkung eingetragen war, ein Rechtsverlust infolge der an diesem Tag in Kraft getretenen Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Es handelt sich insoweit um eine unechte Rückwirkung. Eine solche liegt vor, wenn eine Norm - wie hier - auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt und auf Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (st. Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfGE 132, 302 Rn. 43 mwN).

26

(1) § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG verfolgt das legitime Ziel, die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen bei Hausgeldrückständen zu erleichtern. Nach der zuvor bestehenden Rechtslage waren Hausgeldrückstände im Zwangsversteigerungsverfahren nur in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG zu berücksichtigen und damit nachrangig gegenüber den Rechten der Rangklasse 4. Deshalb verlief die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen wegen Hausgeldrückständen meist erfolglos. Die Rückstände mussten von den anderen Wohnungseigentümern getragen werden, wodurch notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterblieben (siehe insgesamt BT-Drucks. 16/887, S. 1, 43 f.). Dieses Ziel würde verfehlt, wenn eine Auflassungsvormerkung vor einer aus Rechten der Rangklasse 2 betriebenen Zwangsversteigerung schützte. Kann nämlich der Vormerkungsberechtigte seinen Anspruch auf Eigentumsübertragung gegen den Ersteher durchsetzen, finden sich in aller Regel keine Bietinteressenten mit der Folge, dass eine Zwangsversteigerung faktisch unmöglich wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 883 Rn. 302; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 28 Rn. 5.1 unter b); Morvilius in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts S. 344 Rn. 296a).

27

(2) Die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen die genannten Veränderungsgründe des Gesetzgebers nicht.

28

(a) Der mit der Neubelegung der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG verbundene Eingriff in die Rechte der Realkreditgläubiger ist diesen insbesondere deshalb zuzumuten, weil der Gesetzgeber das Vorrecht sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe nach begrenzt hat (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 43 f.). Vormerkungsberechtigten droht allerdings - anders als den dinglich berechtigten Gläubigern - mit dem Erlöschen der Auflassungsvormerkung durch den Zuschlag ein vollständiger Rechtsverlust. Gleichwohl kommt die zeitliche und summenmäßige Begrenzung des Vorrechts mittelbar auch den Vormerkungsberechtigten zugute, weil diese ihr Interesse an einem Fortbestehen der Auflassungsvormerkung durch Ablösung der vorrangigen Ansprüche wahren können.

29

(b) Zudem bot selbst eine erstrangige Auflassungsvormerkung auch vor der Gesetzesänderung keinen vollständigen Schutz. Sie war - unbestritten - stets durch eine Zwangsversteigerung gefährdet, die aus Ansprüchen der vorangehenden Rangklassen betrieben wurde, etwa aufgrund öffentlicher Lasten der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 ZVG (vgl. Alff, Rpfleger 2013, 15, 19; Kesseler, NJW 2009, 121 f.; Stöber, NJW 2000, 3600 ff. zu der Versteigerung aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a iVm § 174a ZVG). Die Inhaber einer Auflassungsvormerkung konnten nicht darauf vertrauen, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 ZVG dauerhaft unverändert bleiben und keine weiteren Ansprüche in eine der vorangehenden Rangklassen aufgenommen werden würden.

D.

30

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7).

31

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert des Zuschlags, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Wert der anwaltlichen Vertretung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 richtet sich nach § 26 Nr. 1 RVG.

Stresemann                     Lemke                        Schmidt-Räntsch

                   Brückner                   Weinland

Eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 abgegebene Erklärung wird nicht dadurch unwirksam, dass der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist.

(1) Zugunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht durch Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Ist der Berechtigte in der Verfügung über ein im Grundbuch eingetragenes Recht zugunsten einer bestimmten Person beschränkt, so ist die Beschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist.

(2) Ist zu dem Erwerb des Rechts die Eintragung erforderlich, so ist für die Kenntnis des Erwerbers die Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung oder, wenn die nach § 873 erforderliche Einigung erst später zustande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.

Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.