Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 10/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0607.17A10.15.00
07.06.2018

Tenor

Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Kosten leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten.

2

Der am 15.03.1961 geborene Beklagte besuchte zunächst bis 1978 die zweijährige Handelsschule in .........., wo er die mittlere Reife erwarb. Mit Wirkung vom 01.10.1978 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiwachtmeister, mit Wirkung vom 02.10.1979 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Seit dem 15.02.1988 ist er Beamter auf Lebenszeit. Zuletzt war er bei der Polizeizentralstation – zuletzt Polizeirevier – C-Stadt im Ermittlungsdienst tätig. Ende August 2014 wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Seine letzte Amtsbezeichnung war Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9).

3

In seiner letzten dienstlichen Beurteilung erhielt der Beklagte das Gesamturteil „entspricht den Anforderungen voll“. Der Beklagte ist verheiratet und hat drei volljährige Kinder.

4

Der Beklagte erhält nach seiner Zurruhesetzung ein (erhöhtes) Unfallruhegehalt in Höhe von 80 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 11.

5

Er ist disziplinarrechtlich und strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

6

Das Amtsgericht C-Stadt verurteilte ihn durch Urteil vom 13.12.2005 (108 Js 25288/03 5 Ls 11/05) wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung gemäß §§ 240, 340, 223 und 229 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,-- €. Die dagegen eingelegte Berufung nahm der Beklagte zurück.

7

Das wegen dieser Taten eingeleitete und wegen des Strafverfahrens ausgesetzte Disziplinarverfahren unterliegt seit November 2011 der Tilgung.

8

Mit Verfügung vom 02.02.2011 leitete der Leiter der seinerzeitigen Polizeidirektion C-Stadt in seiner Eigenschaft als zuständiger Disziplinarvorgesetzter disziplinare Ermittlungen nach § 17 Abs. 1 des Landesdisziplinargesetzes (LDG) i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) gegen den Beklagten ein. Der Vorwurf lautete, dass der Beklagte nach seiner Einsetzung als Testamentsvollstrecker durch das Amtsgericht C-Stadt nicht nachvollziehbare Vermögensverfügungen zum Nachteil der Erbmasse sowie der begünstigten Erben und zu seinem Vorteil vorgenommen und sich entgegen seiner Pflicht zum Wohlverhalten, insbesondere seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Handeln, verhalten und sich damit dem Verdacht eines Dienstvergehens ausgesetzt zu haben.

9

Der Disziplinarvorgesetzte setzte das Disziplinarverfahren wegen des sachgleichen Strafverfahrens aus.

10

Unter dem 18.11.2015 ordnete das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein (jetzt: Ministerium für Inneres, Ländliche Räume und Integration) die Einbehaltung von 35 % der monatlichen Ruhestandsbezüge des Beklagten an. Den dagegen gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 16.03.2016 zurück (17 B 1/16).

11

Das Amtsgericht C-Stadt – Schöffengericht – verurteilte den Beklagten am 24.04.2013 wegen Untreue in zwei Fällen und gewerbsmäßiger Untreue in 129 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und drei Wochen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (5 Ls 104 Js 9086/09 (7/12). Das Urteil ist rechtskräftig.

12

In den Urteilsgründen heißt es u.a.:

I.

13

„In seiner Eigenschaft als Polizeibeamter kam der Angeklagte mit der mittlerweile verstorbenen Frau .......... .......... und einer von dieser erstatteten Strafanzeige zunächst in dienstlichen, später in persönlichen Kontakt.

14

Frau .......... stellte aufgrund dieses Kontakts für den Angeklagten am 01.11.2002 eine Vorsorgevollmacht aus. Nachdem sie am 14.09.2004 verstarb, wurde der Angeklagte zunächst am 01.10.2004 zum Notgeschäftsführer der ........../.......... Grundstücksverwaltung GmbH bestellt. Bis zu ihrem Tode war die verstorbene Frau .......... alleinige Gesellschafterin und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin. Unternehmenszweck der GmbH war die Rolle als persönlich haftende Gesellschafterin der .......... .......... GmbH und Co. KG in C-Stadt, deren alleinige Kommanditistin wiederum die Verstorbene mit einem Anteil von 100.000,-- € war.

15

Vom Amtsgericht C-Stadt wurde der Angeklagte am 03.04.2005 zum Testamentsvollstrecker über das Vermögen der verstorbenen Frau .......... bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 09.05.2008 wurde der Angeklagte schließlich wieder als Testamentsvollstrecker entlassen. Vorausgegangen waren einige Unstimmigkeiten. Insbesondere kam der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt seiner Rechenschaftspflicht gegenüber den Erben nach und erstellte bis zum Ende seiner Tätigkeit kein Nachlassverzeichnis.

16

Im Rahmen seiner Tätigkeit als Notgeschäftsführer bzw. als Testamentsvollstrecker verfügte der Angeklagte in einer Weise hinsichtlich des hinterlassenen Vermögens der Frau .........., die ihm aufgrund seiner Tätigkeit zwar möglich war, die jedoch seinen Pflichten als Notgeschäftsführer bzw. Testamentsvollstrecker zuwiderlief. Durch die Handlung erlangte der Angeklagte Vermögensvorteile, welche tatsächlich nicht ihm, sondern der Erbengemeinschaft der Verstorbenen zustanden. Dies war dem Angeklagten auch bewusst.

17

Der Angeklagte handelte nach den ersten beiden Fällen dabei jeweils, um sich über einen längeren Zeitraum hinweg eine Einnahmequelle von nicht unerheblichem Umfang zu verschaffen.

18

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Taten:

19

1. - 44. (Überweisungen)

20

Der Angeklagte nahm nach dem Tode der Frau .......... in der Zeit vom 10.12.2004 bis zum 17.05.2007, von Bankkonten der „........../.......... Grundstücksverwaltung“ und der „.......... .......... GmbH und Co. KG“, welche zur Erbmasse der verstorbenen Frau .......... gehörten, mehrfach Überweisungen zugunsten der Bankkonten der Familie des Angeklagten vor. Darüber hinaus wurden durch den Angeklagten Überweisungen an Gläubiger für eigene Verbindlichkeiten getätigt.

21

Im Einzelnen handelt es sich um 44 Überweisungen mit einer Schadenshöhe von insgesamt 26.090,15 €. …“.

22

Wegen der einzelnen Handlungen wird auf Seite 6 f des genannten Urteils (Bl.
28 f der Beiakte C) verwiesen.

23

Weiter führt das Amtsgericht aus:

24

„Sämtliche Überweisungen sind für private Schulden des Angeklagten verwandt worden.

25

52. - 140. (Barabhebungen).

26

Nach dem Tod der Frau .......... nahm der Angeklagte außerdem in der Zeit vom 31.01.2006 bis zum 22.08.2007 zu eigenen Gunsten Barabhebungen von den Bankkonten vor, welche der Erbmasse zuzurechnen waren. Der Angeklagte nutzte das hierdurch erhaltene Geld zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten. Dies führte dazu, dass das Geld nicht mehr pflichtgemäß an die Erben ausgekehrt werden konnte.

27

Im Einzelnen handelt es sich um 88 Barabhebungen mit einer Schadenshöhe von insgesamt 40.684,51 €. …“.

28

Wegen der einzelnen Abhebungen wird auf Seite 8 ff. des genannten Urteils (Blatt 30 ff. der Beiakte C) Bezug genommen.

29

Weiter führt das Amtsgericht aus:

30

„Die Barabhebungen hat der Angeklagte gleichfalls für seinen Lebensunterhalt verwandt. Dass von dem Geld etwas übrig geblieben ist, konnte das Gericht nicht feststellen.

III.

31

Der Sachverhalt steht durch die Angaben des Angeklagten fest, der die abgeurteilten Taten zugegeben hat. …

IV.

32

Der Angeklagte hat sich in den ersten beiden Fällen wegen Unterschlagung
(gemeint ist: Untreue) gemäß § 266 StGB und in den übrigen Fällen wegen gewerbsmäßiger Unterschlagung(gemeint ist: Untreue) gemäß §§ 266, 243 Abs. 1 Nr.3 entsprechend StGB strafbar gemacht. Er hat sich Geld, das nicht ihm, sondern der Erbengemeinschaft nach Frau .......... zustand, angeeignet und ist damit nach eigenem Gutdünken zu eigenen Gunsten verfahren, obwohl er durch entsprechende Bestellung eine Vermögensbetreuungspflicht zu Gunsten der Erben innehatte.

33

Er handelte vorsätzlich, denn er wusste, dass es sich um fremdes Geld handelte, für das er, als Geschäftsführer und Testamentsverwalter der Erbengemeinschaft nach Frau .......... die Verantwortung hatte.

34

Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor.“

35

Das Amtsgericht hat zu Gunsten des Beklagten nach Anhörung eines Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung angenommen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 21 StGB (verminderte Schuldfähigkeit) nicht ausgeschlossen werden könnten. Nach den Darlegungen des Sachverständigen, denen sich das Amtsgericht angeschlossen hat, habe beim Beklagten eine psychopathische Persönlichkeitsstörung vorgelegen, wobei die Schwerpunkte auf Grandiosität, Selbstbezogenheit und Exhibitionismus gelegen hätten. Durch den Zugriff auf das Geld habe sich die gestörte Persönlichkeit des Beklagten narzisstisch erhöht und hätte bei sonst emotionaler Labilisierung zu einem komplexhaften Zusammenhang zwischen strafbarer Handlung und Persönlichkeit geführt. Letztlich habe nicht ausgeschlossen werden können, dass die Steuerungsfähigkeit von den Defiziten des Angeklagten negativ beeinflusst worden sei.

36

Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt, dass sich der Strafrahmen von §§ 266, 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zehn Jahren sich zum einen durch die Anwendung von §§ 21, 49 StGB und zum anderen durch den avisierten Täter-Opfer-Ausgleich gemäß §§ 46 a, 49 StGB verschoben habe. Der Beklagte habe im Umfang von jedenfalls 50.000,-- € notarielle Schuldanerkenntnisse gegenüber den Erben nach der verstorbenen Frau .......... abgegeben und diese auf seinem Teileigentum am Hausgrundstück dinglich sichern lassen.

37

Nach Vorlage des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts – Schöffengericht – C-Stadt wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt.

38

Der Kläger hat unter dem 30.11.2015 Disziplinarklage erhoben.

39

Er trägt im Wesentlichen vor, dass der Beklagte schuldhaft ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen habe, indem er als noch aktiver Polizeivollzugsbeamter seine inner- und außerdienstlichen Beamtenpflichten in gravierender Weise verletzt habe. Er habe sich in seiner Eigenschaft als nebentätiger Notgeschäftsführer und Testamentsvollstrecker in zwei Fällen wegen Untreue (§ 266 StGB) sowie in weiteren 129 Fällen wegen gewerbsmäßiger Untreue (§§ 266, 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB) strafbar gemacht. Dieses Urteil habe Bindungswirkung für die im Disziplinarverfahren zu treffende Entscheidung (§ 23 Abs. 3 LDG). Ein Ausnahmefall, in dem die Durchbrechung der Bindungswirkung möglich sei, liege nicht vor. Er trete der Einschätzung des Strafgerichts in vollem Umfang bei. Der Beklagte habe danach vorsätzlich gegen seine Pflicht nach § 34 S. 3 BeamtStG verstoßen. Danach müsse das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. In seinem außerdienstlichen Pflichtenkreis habe der Beklagte im Rahmen seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten Vorschriften zu beachten, die, wie z. B. die Strafgesetze, wichtigen Gemeinschaftsinteressen dienten. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen; er habe eine Straftat begangen. Dies sei auch vorsätzlich und schuldhaft erfolgt. Das im Urteil des Amtsgerichts verwertete Gutachten des Sachverständigen, wonach beim Beklagten eine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausgeschlossen werden könne, stehe im Disziplinarverfahren nicht zur Verfügung. Der Gutachter habe mitgeteilt, dass er sein Gutachten ausschließlich in mündlicher Form abgegeben habe und schriftliche Unterlagen hierzu nicht existierten. Ungeachtet dessen ändere die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit nichts am Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung. Zwar sei die Annahme einer Pflichtverletzung durch die Regelung des § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG beschränkt. Danach liege nur dann ein Dienstvergehen vor, wenn das Verhalten des Beamten nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet sei, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Straftaten rechtfertigten jedoch Disziplinarmaßnahmen dann, wenn ein Bezug zwischen den begangenen Straftaten und dem mit dem Amt des Beamten verbundenen Pflichten bestehe. Dies sei hier der Fall. Polizeibeamte hätten Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen. Das für die Ausübung ihres Berufes unabdingbare Vertrauen werde beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte erhebliche Straftaten begingen. Das gelte unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten mit der Verfolgung gerade solcher Delikte betraut sei. Außerdem habe der Beklagte gegen Bestimmungen des Nebentätigkeitsrechts verstoßen. Der für das Dienstvergehen erforderliche Dienstbezug sei wegen der mit dem Amt des Polizeibeamten verbundenen Dienstpflichten zu bejahen. Beim Verstoß gegen Nebentätigkeitsbestimmungen läge wegen deren funktionalen Beziehungen zum Amt stets ein konkreter Dienstbezug vor, so dass dieser von innerdienstlicher Natur sei. Auch wenn für die angeschuldigten Taten noch die vor dem 01.04.2009 geltende Rechtslage maßgeblich sei, ändere dies materiell-rechtlich nichts an der Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Entscheidend sei, dass sich vorliegend die durch die angeschuldigten Taten des Beklagten begründete bedeutsame Vertrauensbeeinträchtigung auf das „Amt“ des Beklagten im konkret-funktionalen Sinne, d. h. seine damaligen konkreten Dienstaufgaben als selbst mit der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten betrauter Polizeibeamter beziehe.

40

Der Beklagte habe ein äußerst schweres Dienstvergehen begangen, was die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertige. Die Gesamtwürdigung der Pflichtverletzung ergebe, dass allein die Maßnahme der Entfernung aus dem Dienst bzw. nach Eintritt des Beklagten in den Ruhestand – die Aberkennung des Ruhegehaltes in Betracht komme. Das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn sei unwiederbringlich zerstört. Die gesetzliche Strafandrohung für die von dem Beklagten begangene Untreue nach § 266 StGB bestehe in einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, die begangene gewerbsmäßige Untreue sogar in einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren. Damit habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansehe. Nach der Rechtsprechung sei es so, dass bei einem Gesamtschaden von über 5.000,-- € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne. Derartige Bemessungsgrundsätze würden auch für außerdienstliche Betrugsfälle und Veruntreuung gelten.

41

Anhaltspunkte für das Vorliegen von Milderungsgründen seien vorliegend nicht erkennbar. Dies gelte sowohl für den Milderungsgrund des persönlichkeitsfremden Handelns in einer besonderen Versuchungssituation, wie für denjenigen des Handelns als Folge einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation. Die persönlichen Schicksalsschläge des Beklagten (Krebserkrankung seiner Vaters und seiner Tochter) seien dafür nicht ausreichend, weil solche belastenden Situationen jeden Beamten im Laufe seines Lebens treffen könnten und mit anderen Mitteln als mit einer Vielzahl von Untreuehandlungen hätten aufgearbeitet werden müssen.

42

Weiterhin könne das Handeln in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage ebensowenig wie das Nachtatverhalten des Beklagten entlastend herangezogen werden. Es fehle an entsprechenden Hinweisen auf eine derartige Notlage. Für das Nachtatverhalten des Beklagten als Milderungsgrund fehle es an der freiwilligen Offenbarung vor Tatentdeckung.

43

Die sonstigen entlastenden Umstände, insbesondere die schwierige persönliche Situation des Beklagten, rechtfertigten es in ihrer Gesamtheit nicht, die disziplinare Höchstmaßnahme nicht zu verhängen. Auch wenn der Beklagte seine Dienstpflichten erfüllt habe und über viele Jahre durchschnittlich bewertete dienstliche Leistungen gezeigt habe, könnte dies nicht dazu führen, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Hinzu komme, dass das Persönlichkeitsbild des Beklagten durch seine im Jahre 2003 begangene fahrlässige Körperverletzung im Amt in zwei Fällen im Amt, davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung, abgerundet werde. Diese strafgerichtliche, im Bundeszentralregister noch nicht getilgte Vorstrafe, sei bei der Maßnahmebemessung zu berücksichtigen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Rechtskraft dieses Strafurteils (03.11.2006) in die Zeit gefallen sei, als der Beklagte im nachgewiesenen Tatzeitraum vom 12.10.2004 bis zum 22.08.2007 insgesamt 131 Untreuehandlungen begangen habe. Schließlich könne auch die lange Verfahrensdauer, die ihre Ursache in nicht unerheblichem Umfang einerseits in der Dauer des Strafverfahrens, andererseits in dem Ruhenlassen während der Dauer des Zurruhesetzungsverfahrens habe, im Anbetracht der Schwere der Vorwürfe und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes nicht zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen. Da die disziplinare Höchstmaßnahme bereits wegen der geschilderten Verfehlungen unabweisbar sei, sei es nicht mehr erforderlich, den innerdienstlichen Verstoß gegen die Nebentätigkeitsbestimmungen im Einzelnen zu untersuchen. Schließlich sei die Höchstmaßnahme auch nicht unverhältnismäßig. Sie erweise sich als geeignete und erforderliche Maßnahme, den Zwecken von Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten - Generalprävention, Gleichbehandlung und Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes – Geltung zu verschaffen. Ohne Versorgung stehe der Beklagte ebenfalls nicht da; er wäre in der Rentenversicherung nachzuversichern.

44

Der Beklagte beantragt,

45

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

46

Der Beklagte beantragt,

47

auf eine mildere Maßnahme zu erkennen.

48

Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht gerechtfertigt sei. Zunächst müsse nicht der vorliegende Strafrahmen mit der hohen Strafandrohung, sondern die gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und drei Wochen in den Blick genommen werden. Weiterhin sei in die Betrachtung einzustellen, dass er seine Verpflichtung aus dem Täter-Opfer-Ausgleich voll umfänglich erfüllt habe. Zu seinen Gunsten wirke sich auch aus, dass er langjährig pflichtgemäß seinen Dienst ausgeübt habe.

49

Während der Begehung der angeschuldigten Taten habe bei ihm eine ganz außergewöhnlich belastende Lebenssituation vorgelegen. Nicht nur, dass er durch mehrere Dienstunfälle schwer belastet gewesen sei, was zu einem Grad der Behinderung von 30 geführt habe, sondern auch der durch die Krebserkrankung seines Vaters und seiner Tochter ausgelöste erhöhte Konsum von Medikamenten und Alkohol könne sich nur zu seinen Gunsten auswirken. Es habe sich um eine einmalige Situation gehandelt, eine Wiederholung dessen sei ausgeschlossen. Schließlich sei der Gutachter im Strafprozess auch von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen bzw. habe diese nicht ausschließen können.

50

Das Gericht hat zu der Frage, ob bei dem Beklagten im Zeitraum der ihm vorgeworfenen Taten vom Oktober 2004 bis August 2007 die Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB vorlagen, Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AG Forensik, unter Leitung von. .........., D-Stadt.

51

Der Sachverständige hat die Gutachtenfrage dahingehend beantwortet, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht gegeben seien. Es hätten sich keine Hinweise auf einen isolierten paranoiden Reaktionsmodus oder auf eine spezifische (z. B. psychopathische) Persönlichkeitsstörung ergeben.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 103 bis 146 der Gerichtsakte verwiesen.

53

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte 17 B 1/16 sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Klägers Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

54

Die Klage ist zulässig und begründet.

55

Der Beklagte hat ein Dienstvergehen begangen. Dieses Dienstvergehen rechtfertigt die Aberkennung des Ruhegehaltes.

56

Der Beklagte ist durch das Amtsgericht C-Stadt – Schöffengericht – (5 Ls 104 Js 9086/09 (7/12)) rechtskräftig verurteilt worden. Hinsichtlich des ihm vorgeworfenen Verhaltens wird auf die Ausführungen in dem Urteil vom 24.04.2013 Bezug genommen.

57

Die Kammer geht von den tatsächlichen Feststellungen aus, die das Amtsgericht C-Stadt
- Schöffengericht – in seinem Urteil vom 24.04.2013 getroffen hat. An diese Feststellungen ist die Kammer gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 Bundesdisziplinargesetz (BDG) gebunden. Mit der in diesen Normen getroffenen Bindungswirkung rechtskräftiger strafgerichtlicher Verurteilungen und dem darin zum Ausdruck kommenden Vorrang des „sachnäheren“ Strafverfahrens vor dem Disziplinarverfahren sollen einander widersprechende Tatsachenfeststellungen verschiedener Gerichte vermieden werden (vgl. allgemein Köhler in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, § 57 Rn. 1 ff.).

58

Nach der Vorschrift des § 57 Abs. 1 S. 2 BDG hat das Disziplinargericht allerdings die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind. Ein Lösungsbeschluss kommt damit nur dann in Frage, wenn das Disziplinargericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellung zu entscheiden, wenn etwa Feststellungen im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Ein Lösungsbeschluss kommt auch dann in Betracht, wenn neue Beweismittel – etwa neue Sachverständigengutachten – vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen die strafgerichtlichen Feststellungen offenbar unrichtig sind oder jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2000 – 1 D 13.99 – zur Vorgängervorschrift des § 18 Abs. 1 S. 2 BDO – Juris, Rn. 11). Nicht genügend ist, dass das Disziplinargericht aufgrund einer eigenen anderen Würdigung abweichende Feststellungen für richtig hält. Auch die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen, ganz oder teilweise anders gewesen sein könnte, oder der Umstand, dass der Beschuldigte Beklagte die ihm zur Last gelegte Tat bestreitet, reichen für einen Lösungsbeschluss nicht aus (vgl. Köhler in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack a.a.O. Rn. 10).

59

Die Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss liegen nicht vor. Sie sind weder vom Beklagten geltend gemacht worden, noch sind sie für die Kammer erkennbar.

60

Gemäß § 13 Abs. 1 LDG ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu bestimmen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für die dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das Kriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. Urteil vom 29.10.2013 – 1 D 1.12 – Juris, Rn. 39f. und vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 – Juris, Rn. 19f.).

61

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 LDG richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen zunächst nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 a.a.O.).

62

Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (§ 13 Abs. 2 S. 2 LDG). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2. S. 1 LDG). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 – 2 C 6.14 – Juris, Rn. 21).

63

Der Beklagte hat in einem erheblichen Umfang Untreuehandlungen begangen, wobei auch die Höhe der veruntreuten Gelder in einer Höhe von etwa 66.000,- € in den Blick zu nehmen ist. Der korrekte und redliche Umgang mit anvertrauten Geldern ist eine Grund- und Kernpflicht des Beamten und die Grundlage des gegenseitigen Treue- und Vertrauensverhältnisses. Der Zugriff auf anvertraute oder dienstlich zugängliche Gelder führt regelmäßig zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und bei einem zwischenzeitlich in den Ruhestand versetzten Beamten zur Aberkennung des Ruhegehaltes (Mayer in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, S. 264 – 266). Dieses Verhalten verletzt die Wohlverhaltensklausel des § 34 S.3 BeamtStG. Das Fehlverhalten lag hier zwar außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten, noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Der Beamte ist außerhalb seines Dienstes grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert. Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz belangt. Allerdings führen außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten bei Polizeibeamten angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben und der Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war (OVG Münster, Urteil vom 17.05.2017 – 3 d A 490/13. BDG – Juris Rn. 36 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Ein Polizeibeamter, der selbst vorsätzlich Straftaten begeht, beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit auf das Schwerste (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 26.05.2016 – 14 LB 4/15 –).

64

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen abzustellen. Begeht ein Beamter unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 a.a.O.). Vorliegend geht es um einen besonders schweren Fall der Untreue, dessen Strafdrohung auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren lautet (§§ 266 Abs. 1 und 2 i.V.m. 263 Abs. 3 Nr. 3 StGB). Auf die tatsächlich verhängte Strafe durch das Amtsgericht kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Ausweislich der Urteilsgründe ist für das Amtsgericht u. a. für die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von nur knapp unter einem Jahr (auch) maßgeblich gewesen, dass es dem Dienstherrn keine Vorgaben machen wollte. Bei einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Monaten hätte das Beamtenverhältnis des Beklagten mit Rechtskraft des Urteils (automatisch) geendet (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1
BeamtStG).

65

Zu Lasten des Beamten ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem veruntreuten Betrag um eine erhebliche Summe handelt und die Veruntreuungshandlungen sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken. Nach der - früheren - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu von Beamten begangenen Zugriffsdelikten, die nach Auffassung der Kammer hier entsprechend herangezogen werden kann, soll der Zugriff auf geringe Werte im Gegensatz zu einem ungehemmten Zugriff auf höhere Werte noch vertrauenserhaltende Persönlichkeitselemente enthalten (vgl. Mayer a.a.O., S. 277). Geringwertigkeit wurde insoweit bei einem Betrag von bis zu 50,-- € angenommen (Mayer a.a.O.) angenommen.

66

Das Bundesverwaltungsgericht geht im Übrigen in seinem Beschluss vom 06.05.2015 (2 B 19/14 - Juris Rn.11) davon aus, dass bei einem Schaden von über 5000,- € die Verhängung der Höchstmaßnahme auch ohne das Hinzutreten weiterer erschwerender Umstände gerechtfertigt ist. Der durch den Beklagten veruntreute Betrag beträgt indes ein Vielfaches davon.

67

Hinzu kommt, dass der Beklagte bereits zuvor strafrechtlich in Erscheinung getreten ist (fahrlässige Körperverletzung in zwei Fällen, einmal in Tateinheit mit Nötigung) und insofern auch nicht die von ihm als Beamten im Allgemeinen und als Polizeibeamter im Besonderen auferlegte Verpflichtung, die Gesetze zu beachten, nachgekommen ist.

68

Milderungsgründe stehen der Verhängung der Höchstmaßnahme nicht entgegen.

69

Eine langjährige Dienstleistung ohne Beanstandungen fällt jedenfalls bei – wie hier – gravierenden Dienstpflichtverletzungen neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht mildernd ins Gewicht. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten abgesenkt werden. Weder die langjährige Beachtung der dienstlichen und (über-)durchschnittlicher Leistungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2013 – 2 B 63/12 – Juris Rn. 13 m.w.N). Insoweit ist nicht zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er seinen Dienst lange Jahre unbeanstandet verrichtet hat.

70

Zugunsten eines Beamten kann im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen sein, dass er die von ihm eingeräumten Taten nachträglich aufgearbeitet hat (z. B. indem er innere Einsicht zeigt oder sie wieder gut zu machen sucht bzw. wieder gut gemacht hat) und eine erneute Begehung entsprechender Dienstvergehen nicht mehr zu besorgen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.05.2015 – 2 B 32/14 – Juris). Insoweit sind auch die Äußerungen des Beklagten, er habe sein Fehlverhalten eingesehen und im Rahmen des sogenannten Täter-Opfer-Ausgleichs eine Wiedergutmachungsleistung in Höhe von 50.000,-- € erbracht, zu berücksichtigen. Ihnen kommt aber nicht ein derartiges Gewicht zu, dass von einer Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden kann. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Beklagte seine Vertrauensposition ausgenutzt hat, einen erheblichen Schaden angerichtet hat und – das ist entscheidend – die materielle Wiedergutmachung erst nach Tatentdeckung geleistet hat. Der Beklagte hat insbesondere nicht bereits vor Entdeckung der Tat sein Fehlverhalten offenbart und/oder den entstandenen Schaden ausgeglichen.

71

Die Voraussetzungen des Milderungsgrundes des „Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage liegen ebenfalls nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass die Veruntreuung des Geldes allein zu dem Zweck erfolgt, eine für den Beamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern. Der Beklagte hat nicht dargetan, dass er sich zum fraglichen Zeitpunkt an einer derartigen „existenzbedrohenden“ Notlage befunden hat. Eine bloße Schuldenlast vermag eine „wirtschaftliche Notlage“ regelmäßig noch nicht zu begründen. (BVerwG, Urteil vom 25.04.1989 – 1 D 14.88 – Juris, Rn. 28). Denn dem Beamten bleibt zumindest immer der pfändungsfreie Teil seines Gehaltes (§§ 850 c, 850 Abs. 2 ZPO), aus dem er den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestreiten kann und muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.04.1989 a.a.O.). Damit erfüllt die Begleichung von Schulden nur dann die Voraussetzungen dieses Milderungsgrundes, wenn es sich um Verbindlichkeiten handelt, deren Nichterfüllung dem Beamten von den für den notwendigen Lebensunterhalt erforderlichen Leistungen abschneiden würde (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 – 1 D 34.00 – Juris m.w.N.). Es ist aber nichts dafür ersichtlich und auch nicht vom Beklagten dargetan, dass dies bei ihm der Fall gewesen wäre. Darüber hinaus hatte der Beklagte vor der Veruntreuung des Geldes alles ihm Zumutbare unternehmen müssen, um sich etwa erforderliche Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhalts auf legale Weise zu beschaffen, etwa dadurch, dass er sich bei Banken oder Sparkassen um einen Überbrückungskredit oder bei seinem Dienstherrn um einen Gehaltsvorschuss bemüht (dass die Kreditaufnahme möglich ist, zeigt die Abgabe des Schuldanerkenntnisses über 50.000,-- €, welches an dem Teileigentum des Beklagten an seinem Wohnhaus dinglich gesichert ist). Es ist nichts dafür ersichtlich oder von dem Beklagten geltend gemacht worden, dass er – zuvor - solche Anstrengungen unternommen hat.

72

Anhaltspunkte für eine psychische Ausnahmesituation des Beklagten im Zeitpunkt der Tatbegehung bestehen nicht. Eine solche Situation setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den plötzlichen, unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses voraus, dass gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerzeit zu einem für einen derartigen Schockzustand typischen Fehlverhalten des Betroffenen führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.09.2000 – 1 D 24.98 – Juris, Rn. 15). Ein Schockzustand kann durch ein Ereignis begründet werden, dass dem Beamten derart aus der Bahn wirft, dass er nicht mehr in der Lage ist, entsprechend den sonst vorgegebenen Wertvorstellungen zu handeln. Ein solcher Schock, der zur Begehung des Dienstvergehens des Beklagten geführt haben könnte, ist indes nicht ersichtlich. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass sich der Beklagte wegen der Erkrankung seines Vaters und seiner Tochter, sowie aufgrund der Vorgänge in seiner Dienststelle (unbefugtes Lesen seiner Emails, Öffnen seiner Post) in einer belastenden und schwierigen persönlichen Situation befunden hat, die auch Auswirkungen auf seine psychische Verfassung gehabt haben dürfte. Indes kann auch insoweit nicht von einem plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines belastenden Ereignisses gesprochen werden und erklären diese Umstände auch nicht, wieso der Beklagte gegen eine zentrale und leicht einsehbare Kernpflicht verstoßen hat, indem er ihm anvertrautes Geld veruntreut hat.

73

In diesem Zusammenhang kann sich der Beklagte im Ergebnis auch nicht auf den Entlastungsgrund einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit berufen.

74

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die hier relevante Frage der Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegen zu setzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichte Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB hängt von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit bei Zugriffs- und Aneignungsdelikten nur in Ausnahmefällen erreichen m.a.W. (lediglich) verminderte Schuldfähigkeit kann die Fortsetzung eines seiner Vertrauensgrundlage beraubten Beamtenverhältnisses grundsätzlich dann nicht rechtfertigen, wenn es sich - wie hier - um die Verletzung von leicht einsehbaren Kernpflichten des Beamten handelt (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 – 2 C 59.07 – Juris, Rn. 29 und Beschluss vom 27.10.2008 – 2 B 48.08 – Juris, Rn. 9). Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt.

75

Die Kammer vermag keine Gründe dafür zu erkennen, dass ein solcher Ausnahmefall für den Beklagten zum Zeitpunkt der Begehung der Untreue (2004 bis 2007) gegeben war. Dem Akteninhalt und den Ausführungen des Beklagten lassen sich zunächst keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen, dass er in dieser Zeit und zu den einzelnen Tathandlungen jeweils so stark unter Alkoholeinfluss bzw. Medikamenteneinfluss gestanden hat, dass sein Hemmungsvermögen in einem solchen Maße herabgesetzt war, dass er den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegen zu setzen vermochte. Es gibt keine ärztlichen Bescheinigungen, die auch nur ansatzweise von einer – etwa therapiebedürftigen – „unerkannten Alkoholerkrankung“ des Beklagten ausgehen, die in ihrem Ausmaß auf eine Einschränkung der Hemmungs- oder Steuerungsfähigkeit des Beklagten schließen lassen könnten.

76

Soweit das Amtsgericht – Schöffengericht – in seinem Strafurteil von einer (erheblich) verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung ausgegangen ist, ist dies für das vorliegende Verfahren nicht maßgeblich. Feststellungen zur Schuldfähigkeit binden das Disziplinargericht nur, soweit es sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist. Ist – wie hier – die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung ggf. erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindung des Disziplinargerichts nicht. Es muss vielmehr selbst die hierzu erforderlichen Tatsachen feststellen (BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 – 2010 59/07 – Juris, Rn. 29).

77

Das von der Kammer eingeholte Gutachten des Sachverständigen.......... vom 01.09.2017, dem die Kammer folgt, kommt indes zu dem Ergebnis, dass entsprechend der aktuellen Untersuchung unter Einbeziehung der aktenkundigen Vorgeschichte des Beklagten, der anamnestischen Angaben und der Befunde der aktuellen freien und standardisierten klinischen Erhebungen aus forensisch-psychiatrischer Sicht die Voraussetzungen der verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB nicht vorliegen. Ferner hat der Sachverständige festgestellt, dass sich keine Hinweise auf einen isolierten paranoiden Reaktionsmodus oder auf eine spezifische (z. B. psychopathische) Persönlichkeitsstörung ergeben haben.

78

Diese klaren, eindeutigen, nachvollziehbaren und für das Gericht überzeugenden Aussagen des Gutachters sind von dem Beklagten nicht dergestalt in Frage gestellt worden, dass ein weiteres Sachverständigengutachten hätte in Auftrag gegeben werden müssen. Die Angriffe des Beklagten gegen das Gutachten verfangen nämlich nicht. Soweit der Beklagte aus einzelnen Formulierungen in dem Gutachten ableiten will, dass der Gutachter „ungehalten“ bzw. „beleidigt“ gewesen ist, weil der Beklagte mehrere Untersuchungstermine nicht wahrgenommen hat und insofern dem Gutachter eine negative Vorbelastung bzw. Befangenheit attestiert, folgt die Kammer dem nicht. Insbesondere lässt sich daraus nicht ableiten, dass - soweit man dem Beklagten in seiner Bewertung folgen wollte – der Gutachter sein Gutachten nicht unparteiisch und objektiv erstellt hat. Gleiches gilt für die Einschätzung des Beklagten, der Umstand, dass er – der Beklagte – sich in dem Tatzeitraum keiner
psychiatrischen Hilfe bedient habe, sei in dem Gutachten vom Sachverständigen vorwurfsvoll erwähnt worden. Abgesehen davon, dass die Kammer den Formulierungen in dem Gutachten diese Einschätzung nicht entnehmen kann, ist nicht substantiiert dargetan, was die Annahme einer Voreingenommenheit des Sachverständigen begründen könnte.

79

Dem Gericht bot sich auch kein Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben, insofern war dem in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten-Vertreter gestellten Beweisantrag, den vom Strafgericht vernommen Sachverständigen nunmehr als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, nicht nachzugehen. Unbeschadet der Frage, ob der Beweisantrag hinreichend substantiiert war (Beweisthema, Beweisziel, Beweismittel) lag der Kammer bereits ein (ausreichendes) Sachverständigengutachten vor. Eine weitere Aufklärung war nach pflichtgemäßen Ermessen nicht erforderlich. Ähnlich wie die Einholung (weiterer) förmlicher Gutachten liegt auch die Anforderung von weiteren Sachverständigenäußerungen im Ermessen des Gerichts (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 31.05.1994 – A 14 S 461/94 – Juris, Rn. 5).

80

Nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 402 ff. ZPO gilt dies auch, wenn eine Partei dies beantragt. Ein solcher Antrag kann schon dann abgelehnt werden, wenn das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen eine weitere Aufklärung neben bereits vorliegenden anderen Erkenntnisquellen nicht für erforderlich hält und sich eine solche im Einzelfall auch nicht aufdrängt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 21.10.2010 – 1 A 1326/08 – Juris, Rn. 11 m.w.N). Dies ergibt sich auch aus dem in § 244 Abs. 4 S. 1 StPO enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken zur Ablehnung der Vernehmung eines Sachverständigen bei eigener Sachkunde des Gerichts (vgl. Kopp, VwGO, 21. Aufl. § 86 Anm. 6 b). Vorliegend hat die Kammer ihre Sachkunde zur Frage der verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten durch Einholung und Auswertung eines fachspezifischen Sachverständigengutachtens gewonnen und auf dieser Grundlage die Erforderlichkeit weiterer Beweiserhebungen verneint. Dass sich gleichwohl eine weitere Beweiserhebung zu dieser Frage aufgedrängt hätte, hat auch der Beklagte nicht dargetan. Eine weitere Beweiserhebung wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn das eingeholte Gutachten nicht hinreichend geeignet gewesen wäre, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen tatsächlichen Grundlagen zur vermitteln, namentlich, wenn es erkennbare (grobe) Mängel aufweist, nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters ergibt (OVG Münster, Beschluss vom 21.10.2010 a.a.O.). Für die Annahme solcher Mängel sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und vom Beklagten – wie bereits ausgeführt - auch nicht substantiiert vorgetragen worden.

81

Der Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass sich ein – entscheidungserhebli-cher – Widerspruch auch nicht aus den Ausführungen auf Seite 43 und 44 des Gutachtens ergibt. Richtig ist zwar, dass der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass im Tatzeitraum mit großer Wahrscheinlichkeit beim Beklagten “rezidivierend depressive Zustandsbilder“ vorgelegen haben, die „durchaus eine klinische Relevanz gehabt haben“. Allerdings schränkt er nachfolgend diese Einschätzung dahin ein, dass es sich „aber stets um ein eher leichtgradiges Störungsbild gehandelt haben (muss)“. Weiter heißt es, dass „Intensität und Ausprägungsgrad der genannten depressiv getönten Anpassungsstörungen im über zweijährigen Tatzeitraum stark geschwankt haben dürfte(n)“. Auch der Hinweis des Gutachters auf einen „relevanten Stellenwert“ der psychischen Störungen des Beklagten, den der Beklagte in seinem Beweisantrag offensichtlich mit „klinisch relevanter Weise“ meint, muss nicht (zwingend) zur Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten führen, so dass der Sachverständige nach Auffassung der Kammer ohne Verletzung von Denkgesetzen zu dem Ergebnis kommen durfte, dass eine - erhebliche – Beeinträchtigung - der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit und damit eine erhebliche Minderung der Schuldfähigkeit beim Beklagten nicht vorgelegen hat.

82

Die Aberkennung des Ruhegehalts ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, Urteil vom 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – Juris, Rn. 55). Für Ruhestandsbeamte gilt nichts anderes (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22.11.2001 – 2 BvR 2138/00 – Juris, Rn. 3).

83

Nachteilige Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts auf die finanzielle Situation können aus Rechtsgründen nicht zugunsten des Ruhestandsbeamten berücksichtigt werden. Ein Beamter, der das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn endgültig zerstört hat, kann nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis beibehalten wird, um soziale Härten dauerhaft zu vermeiden. Zur Vermeidung unbilliger Härten in der Übergangszeit nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis ist der disziplinarrechtliche Unterhaltsbeitrag vorgesehen. Allerdings ist es nicht Aufgabe des zu gewährenden Unterhaltsbeitrags, den Beamten auch von Schulden zu entlasten. Insoweit muss er sich auf die Regeln über den Pfändungsschutz und insbesondere über Pfändungsfreibeträge verweisen lassen, die ihm gegenüber Gläubigern ein ausreichendes Existenzminimum gewährleisten. Insoweit kann die angespannte und nach Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung sich möglicherweise noch weiter verschärfende finanzielle Situation des Beklagten nicht zum Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme führen. Darüber hinaus ist es allein Aufgabe der sozialrechtlichen Auffangbestimmungen und Schutzvorschriften, das Existenzminimum zu gewährleisten. So hängt vom Inhalt der maßgeblichen sozialrechtlichen Vorschriften ab, ob die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung angemessen ist. Entsprechendes gilt für den Schutz im Krankheitsfall. Bei den hier eintretenden Nachteilen handelt es sich um mittelbare Folgen der Aberkennung des Ruhegehalts, deren Bewältigung nicht Aufgabe des Disziplinarrechts ist (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2006 – 2 B 15/06 - Juris, Rn. 6).

84

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 77 BDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 4 LDG, § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 10/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 10/15

Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 10/15 zitiert 26 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Strafgesetzbuch - StGB | § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls


(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Gesc

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 77 Kostentragung und erstattungsfähige Kosten


(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. (2) Wird eine Diszip

Strafgesetzbuch - StGB | § 229 Fahrlässige Körperverletzung


Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 57 Bindung an tatsächliche Feststellungen aus anderen Verfahren


(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben

Strafgesetzbuch - StGB | § 340 Körperverletzung im Amt


(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 10/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Juni 2018 - 17 A 10/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Feb. 2014 - 16a D 12.2494

bei uns veröffentlicht am 05.02.2014

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Tatbestand I. Der 1961 geborene Beklagte ist gelernter Landschaftsmeister und bewirt

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Mai 2016 - 14 LB 4/15

bei uns veröffentlicht am 26.05.2016

Tenor Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 17. Kammer – vom 12. August 2015 wird geändert. Die Dienstbezüge des Beklagten werden für die Dauer von drei Jahren um 20 % gekürzt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiese

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 06. Mai 2015 - 2 B 19/14

bei uns veröffentlicht am 06.05.2015

Gründe 1 Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westf

Referenzen

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Es hat jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Tenor

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 17. Kammer – vom 12. August 2015 wird geändert.

Die Dienstbezüge des Beklagten werden für die Dauer von drei Jahren um 20 % gekürzt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens zu je ½.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch die Disziplinarkammer.

2

Der 1984 geborene Beklagte trat am 2. August 2004 als Polizeimeisteranwärter in den Dienst des Landes. Zum 1. Februar 2010 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Polizeimeister (A 7) ernannt. Er versah zuletzt seinen Dienst bei der Polizeidirektion ... – 1. Polizeirevier –. Die jüngste dienstliche Beurteilung datiert vom 1. Oktober 2011. Darin wurde er mit dem Prädikat „entspricht den Anforderungen voll“ beurteilt.

3

Der Beklagte ist seit dem ... 2012 verheiratet und hat drei am ... 2008, am ... 2012 und am ... 2014 geborene Söhne.

4

Der vorläufig des Dienstes enthobene Beklagte erhält um die Polizeizulage gekürzte Bezüge der Besoldungsgruppe A7 und wohnt zurzeit mietfrei. Wegen der weiteren Einzelheiten zu seinen aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen wird auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung eingereichte Übersicht (Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 26. Mai 2016) verwiesen.

5

Straf- und disziplinarrechtlich ist der Beklagte vor den Vorwürfen, die den Gegenstand dieses Verfahren bilden, nicht in Erscheinung getreten.

6

Mit Verfügung vom 25. September 2012 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts des Diebstahls eingeleitet und gleichzeitig bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Mit Verfügung vom 16. November 2012 wurde das Disziplinarverfahren um den Vorwurf der Unterschlagung eines Geldbetrages von 970 bis 1.230 Euro aus der Kaffeekasse der Dienstschicht des Beklagten erweitert. Wegen des sachgleichen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ... (Az. 719 Js 53114/12) wurde die Aussetzung des Disziplinarverfahrens weiter aufrechterhalten. Am 28. März 2014 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zum Vorwurf der Unterschlagung eines Geldbetrages aus der Kaffeekasse im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts ... (Az. 719 Js 39714/12) gemäß § 154 Abs. 1 StPO ein.

7

Im hinsichtlich des Diebstahlsvorwurfs sachgleichen Strafverfahren verurteilte das Amtsgericht ... (Az: -719 Js 39714/12- / -62 Ds (98/13)-) den Beklagten mit Urteil vom 19. September 2013, rechtskräftig seit dem 19. März 2014, wegen gewerbsmäßigen Diebstahls in 21 Fällen sowie gewerbsmäßigen Betruges in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gleichzeitig belegte es ihn mit einer Bewährungsauflage in Form der Erbringung von 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Dem Urteil liegen folgende Feststellungen zu Grunde:

8

Der Beklagte lebt seit 2002 mit seiner jetzigen Ehefrau, der Zeugin ..., zusammen. Die Zeugin arbeitet als Krankenschwester. Trotz zweier Einkommen häuften sie bis zum Jahr 2005 Konsumschulden von 20.000 bis 25.000 Euro an. Am ... 2008 wurde der Sohn ... geboren. Das Familieneinkommen schmälerte sich wegen des Elterngeldbezuges der Zeugin. Gleichzeitig gingen die Partner Darlehensverbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Umzug in ein Eigenheim ein, das sie 2009 von den Eltern des Beklagten mieteten. Die wirtschaftliche Lage der Familie war zum äußersten angespannt.

9

Als die Zeugin dem Beklagten im September 2011 mitteilte, dass sie wieder schwanger sei, sah dieser wegen erwarteter Mehrausgaben und Einkommenseinbußen die wirtschaftlichen Verhältnisse vollends aussichtslos. Er steigerte sich binnen kurzem in extreme Existenzängste hinein und verlor unter der Anspannung der als ausweglos erlebten Verhältnisse so viel Körpergewicht, dass er nacheinander drei Kleidergrößen schmaler wurde. Anspannung und Angst erreichten ein Ausmaß, dass er nachts wach blieb und sich übergeben musste. Um kleinere Geldbeträge für seine Familie zu erlösen, verkaufte er aus dem gemeinsamen Hausstand überflüssigen Hausrat und eigene Bekleidung. Als er aus dem Dienst einen blauen Müllsack mit weitgehend abgetragener eigener Dienstkleidung nach Hause nahm, um ihn zu entsorgen, kam ihm der Gedanke, ein noch hinlänglich erhaltenes Bekleidungsstück bei eBay zu veräußern. Überrascht über die große Nachfrage und den zu erlösenden Preis veräußerte er anschließend die wegen seines erheblichen Gewichtsverlustes überflüssige Dienstbekleidung aus eigenem Bestand. In der Zeit von Februar bis September 2012 entwendete der Beklagte aus den Räumlichkeiten seiner Dienststelle im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein oder im Eigentum seiner Kollegen stehende Dienstbekleidung sowie Pistolenholster und veräußerte sie dann bei eBay. Nach Überweisung des Kaufpreises übersandte er den Käufern die Sachen. Die Bekleidungsstücke waren von den Kollegen während der Arbeit in den Diensträumen, aber auch in der Damenumkleide und der Herrenumkleide vorübergehend abgelegt worden. Einen Teil der Bekleidungsstücke entnahm er auch einem Kleiderhaufen in der Dienststelle. Dort wurden alte, von den Beamten nicht mehr benötigte Bekleidungsstücke durch den Dienstherrn gesammelt, um sie einer Entsorgung zuzuführen. Der Beklagte nahm die Bekleidung und die Holster an sich und nahm dabei in allen Fällen – auch hinsichtlich der vom Kleiderhaufen genommenen Bekleidungsstücke – zumindest billigend in Kauf, dass die Sachen in fremdem Eigentum stehen und er die tatsächliche Herrschaft seiner Kollegen oder des Landes Schleswig-Holstein vermittelnd über die Dienststellenleitung gegen deren Willen brach und eigene begründete. Er nahm bei der Veräußerung auf eBay zumindest billigend in Kauf, dass die Käufer an den entwendeten Sachen kein Eigentum erwerben konnten, er sie hierüber täuschte, diese täuschungsbedingt einem inhaltsgleichen Irrtum erlagen, irrtumsbedingt den Kaufpreis überwiesen und überweisungsbedingt einen Schaden erlitten, da sie eigentumslos in den Besitz der Sachen gelangen und Rückgabeverlangen der Eigentümer ausgesetzt werden können. Der Beklagte handelte in allen Fällen, um sich eine fortlaufende, nicht unbeträchtliche Einnahmequelle zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes zu verschaffen. Wegen der einzelnen Taten und der Tatumstände wird auf die Darstellung in den Gründen des Strafurteils des Amtsgerichts ... vom 19. September 2013 Bezug genommen.

10

Nach Aufdeckung der Taten offenbarte sich der Beklagte wegen seiner desaströsen wirtschaftlichen Verhältnisse seinen Eltern, die seine wirtschaftlichen Verhältnisse geordnet haben. Wegen der aus den Existenzängsten rührenden Belastungssituation hat er sich in psychotherapeutische Behandlung begeben.

11

Dem Urteil lag eine Verständigung zugrunde. Wegen des Inhaltes wird auf die Sitzungsprotokolle vom 29. August 2013 und vom 19. September 2013 Bezug genommen. Die psychotherapeutische Behandlung ist mittlerweile erfolgreich abgeschlossen worden.

12

Der Kläger setzte das Disziplinarverfahren nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils am 19. März 2014 fort. Nach der abschließenden Anhörung unter dem 13. Juni 2014 und der Beteiligung des Hauptpersonalrates – Polizei – hat der Kläger am 10. September 2014 Disziplinarklage erhoben wegen der Vorfälle, die den Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung bilden, sowie wegen der Unterschlagung eines Geldbetrages von mindestens 950 Euro aus der vom Beklagten geführten Kaffeekasse seiner Dienstschicht.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen,

17

hilfsweise,

18

eine mildere Disziplinarmaßnahme zu verhängen.

19

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 12. August 2015 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Es hat den für die disziplinarrechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhalt entsprechend den bindenden Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts ... vom 19. September 2013 zugrunde gelegt und einen Anlass zur Lösung von diesen Feststellungen nicht gesehen. Danach habe der Beklagte innerdienstliche Zugriffsdelikte verwirklicht. Die Taten seien als schweres Dienstvergehen zu qualifizieren. Der Beklagte habe rechtswidrig und schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten im Kernbereich verletzt. Ein Polizeibeamter habe die Dienstpflicht, Straftaten zu verfolgen und zu verhindern. Das Begehen eigener Straftaten sei mit diesem Anspruch unvereinbar. Ein Polizeibeamter, der Straftaten begehe, verliere deshalb das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit. Weder lägen anerkannte Milderungsgründe vor noch bestünden Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung. Durch die begangenen Straftaten habe der Beklagte bei Würdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere auch einer nach Aufdeckung der Straftaten begonnenen Therapie, eine beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt habe. Vor diesem Hintergrund könne auch dem Umstand, dass der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei, kein in der Weise entlastendes Moment zukommen, dass von der Höchstmaßnahme abzusehen sei.

20

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten.

21

Wegen der vorgeworfenen Unterschlagung eines Geldbetrages aus der Kaffeekasse hat der Senat den Kläger mit Beschluss vom 22. April 2016 zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels der Klageschrift aufgefordert. Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 hat der Kläger ausgeführt, der Fehlbetrag ergebe sich aus einer Tabelle, in der die ermittelten Kaffeelieferungen den mutmaßlich erzielten Verbräuchen gegenübergestellt seien. Eine exaktere Berechnung der Einnahmen sei nicht möglich.

22

Der Beklagte trägt vor, er habe sich im Strafverfahren seiner Verantwortung gestellt und ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Er wolle sich auch seiner Verantwortung im Disziplinarverfahren stellen. Er habe die Taten in einer besonders stark ausgeprägten psychischen Drucksituation begangen. Ausweislich der Stellungnahme des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. ... vom 7. September 2013 habe er unter einer akuten Belastungsreaktion und Anpassungsstörungen mit vorherrschender Störung des Sozialverhaltens gelitten. Diese Erkrankungen hätten für das Strafgericht nur im Rahmen der Strafzumessung eine Rolle gespielt, da aus seiner Sicht weder die Schuldfähigkeit ausgeschlossen noch erheblich eingeschränkt gewesen sei. Insoweit bestehe im Disziplinarverfahren jedoch keine Bindungswirkung. Er - der Beklagte - habe sich freiwillig in psychotherapeutische Behandlung begeben. Ferner habe er seine finanziellen Verhältnisse mit Hilfe seiner Familie geordnet. Dies sei erst durch die psychotherapeutischen Maßnahmen möglich gewesen, da er bis dahin nicht im Stande gewesen sei, sich zu öffnen und offen über seine objektive Notlage und über seine Existenzängste zu sprechen. Er habe mithin eine negative Lebensphase überwunden. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, seine wirtschaftlichen Verhältnisse aufzuklären. Die Sachaufklärung zu den Milderungsgründen sei vollständig oder fast vollständig unterblieben. Ferner lasse das Urteil des Verwaltungsgerichts eine umfassende Würdigung des Persönlichkeitsbildes vermissen.

23

Der Beklagte beantragt,

24

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 12. August 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

25

Der Kläger beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe den Beklagten mit zutreffender Begründung aus dem Dienst entfernt. Es habe eine umfassende eigene Maßnahmebemessung vorgenommen und sich selbständig mit möglichen durchgreifenden Entlastungsgründen auseinandergesetzt, wobei es sich nicht auf von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe beschränkt habe. Aufklärungsmängel lägen nicht vor, da ein Tatsachengericht keine Ermittlungen anstelle müsse, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankomme. Die psychische Verfassung des Beklagten zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzungen sei nicht weiter aufzuklären gewesen, da ein Handeln in einer psychischen Ausnahmesituation nicht vorgelegen habe. Ferner habe die psychische Verfassung des Beklagten auch nicht zur Begründung des „Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ herangezogen werden können. Insofern habe es auch keiner weiteren Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse bedurft. Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten aufgehoben oder vermindert gewesen sei, hätten nicht vorgelegen.

28

Der Senat hat auf Grund des Beschlusses vom 25. Januar 2016 und der prozessleitenden Verfügungen vom 3. März 2016 und 18. März 2016 Beweis erhoben durch ein schriftliches und mündliches Gutachten des Sachverständigen Dr. ... und durch Vernehmung der Zeugin ... und des Zeugen ... . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 29. Februar 2016 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2016 Bezug genommen.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte sowie auf die Beiakten A bis H verwiesen.

Entscheidungsgründe

30

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Da nicht auszuschließen ist, dass der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, wiegt das von ihm begangene Dienstvergehen nicht ist so schwer, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerechtfertigt wäre. Vielmehr ist auf eine Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von drei Jahren um 20 % zu erkennen mit der Folge, dass insoweit zugleich die Disziplinarklage abzuweisen und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen war.

31

1. Die Disziplinarklage weist keine wesentlichen Mängel im Sinne des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 55 BDG auf.

32

a) Insbesondere ist sie von der gemäß § 34 Abs. 2 LDG zuständigen obersten Landesbehörde - dem Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten - erhoben worden. Auch sind die Klageschrift und die Nachbesserungsschrift von hierfür nach der hier maßgeblichen internen Geschäftsverteilung des Ministeriums zuständigen Mitarbeitern des Referats IV 15 gezeichnet worden.

33

Das Disziplinarverfahren ist zwar ein Verfahren eigener Art, richtet sich aber, soweit im Landesdisziplinargesetz keine eigenen Regelungen enthalten sind, nach dem Landesverwaltungsgesetz und der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Disziplinarrechts vom 28. März 2002, Drucksache 15/1767 S. 49 zu § 4). Dies hat in § 4 LDG seinen Niederschlag gefunden. Danach sind zur Ergänzung des Landesdisziplinargesetzes die Bestimmungen des Landesverwaltungsgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden. Gelten aber die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen, muss auch die Frage der funktionellen Zuständigkeit durch oder aufgrund spezieller Rechtsvorschriften angeordnet sein. Eine gesetzliche oder untergesetzliche Regelung, wonach die Erhebung der Disziplinarklage allein bestimmten Organwaltern vorbehalten ist, sieht das Landesdisziplinargesetz nicht vor. Soweit § 34 Abs. 2 LDG regelt, dass bei Beamten die Disziplinarklage durch die oberste Landesbehörde erhoben wird, wird hiermit allein eine Behördenzuständigkeit begründet, jedoch keine interne Zuständigkeitsregelung vorgenommen (so auch OVG Münster, Beschluss vom 22. August 2007 - 21d A 1624/06.BDG - Rn. 21, juris, bezogen auf die Regelung in § 84 Satz 1 BDG).

34

Die oberste Dienstbehörde wird, wie Behörden allgemein, nicht allein durch ihren Leiter persönlich tätig, sondern auch durch dessen Vertreter und weitere hierzu berechtigte und zeichnungsbefugte Mitarbeiter, d.h. solche, die nach den internen Regelungen über die behördliche Organisation und Geschäftsverteilung mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung der betreffenden Aufgabe betraut sind. Daher kann jeder Mitarbeiter der Behörde gegenüber Dritten für die Behörde tätig werden, wenn dies von seinem Aufgabenbereich umfasst ist. Einer fallbezogenen zusätzlichen Bevollmächtigung durch den Leiter der Behörde bedarf es dann nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. März 2010 - 2 B 3.10 - Rn. 9 f. m.w.N., juris; Weiß, GKÖD Band 2, 2015, Rn. 41 zu § 34 BDG).

35

b) Der Senat lässt dahinstehen, ob die Klageschrift hinsichtlich des Vorwurfs der Unterschlagung eines Geldbetrages von mindestens 950 Euro aus der vom Beklagten geführten Kaffeekasse seiner Dienstschicht nunmehr den Anforderungen des § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG genügt. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, ist der Beklagte von diesem Vorwurf freizustellen. Auch aufgrund der nachgebesserten Darlegungen kann der Senat nicht sicher feststellen, dass überhaupt ein Fehlbetrag in der Kaffeekasse vorlag. Die behaupteten Fehlbeträge des Kassenbestandes sind auf unsicherer Tatsachengrundlage ermittelt worden, da die Beträge, die der Beklagte für den konsumierten Kaffee kassiert hat, sich nicht mehr konkret bestimmen lassen. Dementsprechend lässt sich nicht ausschließen, dass keine Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen bestand.

36

2. Durch den im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts festgestellten Sachverhalt (a) hat der Beklagte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen (b). Für das innerdienstliche Dienstvergehen (c) wäre unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände eine Zurückstufung die angemessene und erforderliche Disziplinarmaßnahme (d). Da eine Zurückstufung jedoch gemäß § 9 Abs. 1 LDG nicht ausgesprochen werden kann, war auf die ausgesprochene Gehaltskürzung zu erkennen (e).

37

a) Hinsichtlich des Sachverhaltes ist der Senat gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG an die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts... vom 19. September 2013 -719 Js 39714/12- / -62 Ds (98/13)- gebunden. Zu den „tatsächlichen Feststellungen" gehören nicht nur die äußeren Aspekte eines Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes wie etwa die Zueignungsabsicht oder die Bereicherungsabsicht. Feststellungen zur Schuldfähigkeit binden das Gericht indes nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist; hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB hat der Senat eigene Feststellungen und im Rahmen der Maßnahmebemessung eine eigene Entscheidung zu treffen (zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07- Rn. 29, juris).

38

Das Disziplinargericht hat die erneute Prüfung nur solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind (§ 57 Abs. 1 Satz 2 BDG). Die Verwaltungsgerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen im Widerspruch zu Denkgesätzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, etwa einer den rechtlichen Anforderungen nicht genügenden Urteilsabsprache, zustande gekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 2014 - 2 B 84.13 -, Rn. 9 m.w.N., juris). Wird im gerichtlichen Disziplinarverfahren das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Verwaltungsgerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen (etwa, es habe einen Deal gegeben) oder bloßes Bestreiten genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG ergeben kann (BVerwG, Beschluss vom 26. August 2010 - 2 B 43.10 - Rn. 6, juris; zum Ganzen vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2011 - 2 B 74.11 - Rn. 13 m.w.N., juris).

39

Danach besteht kein Anlass für eine Lösung. Der Beklagte bestreitet die nach § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil nicht. Im Gegenteil entsprechen sie seiner geständigen Einlassung auch im Disziplinarverfahren. Einzig wiederholt er den bereits vom Strafgericht berücksichtigten Umstand, dass ihm die Dienstbekleidungsvorschriften und die aus ihnen resultierenden Eigentumsverhältnisse seinerzeit nicht bekannt gewesen seien.

40

Das Amtsgericht ... hat es in seinem Urteil als erwiesen erachtet, dass der Beklagte sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) begangen hat. Einen Tatumstandsirrtum i.S.d. § 16 StGB im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „fremde bewegliche Sache“ hat es nicht festgestellt. Dazu hat das Amtsgericht ... in seinen Feststellungen (II., UA Seite 4) ausgeführt:

41

Der Angeklagte nahm die Bekleidung und die Holster an sich und nahm dabei in allen Fällen - auch hinsichtlich der vom Kleiderhaufen genommenen Bekleidungsstücke - zumindest billigend in Kauf, dass die Sachen in fremdem Eigentum stehen und er die tatsächliche Herrschaft seiner Kollegen oder des Landes Schleswig-Holstein vermittelt über die Dienststellenleitung gegen deren Willen brach und eigene begründete.

42

Das gleiche gilt auch für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmales „Erregung eines Irrtums“ in § 263 Abs. 1 StGB. Hierzu führt das Amtsgericht ... in seinen Feststellungen (II., UA Seite 4) aus:

43

Er nahm bei der Veräußerung auf eBay zumindest billigend in Kauf, dass die Käufer an den entwendeten Sachen kein Eigentum erwerben konnten, er sie hierüber täuschte, diese täuschungsbedingt einem inhaltsgleichen Irrtum erlagen, irrtumsbedingt den Kaufpreis überwiesen und überweisungsbedingt einen Schaden erlitten, da sie eigentumslos in den Besitz der Sachen gelangen und Rückgabeverlangen der Eigentümer ausgesetzt werden könnten.

44

Unabhängig von der Bindungswirkung merkt der Senat an, dass auch er dem Beklagten nicht abnimmt, dass er ernsthaft von einer Berechtigung ausgegangen sein könnte, die „scheinbar herrenlos herumliegenden“ Sachen an sich zunehmen, um sie anschließend gewinnbringend zu veräußern. Es bedarf nicht der Kenntnis der einschlägigen Kleidervorschriften, um zu wissen, dass Polizeibekleidung - allein bereits wegen der Gefahr der missbräuchlichen Verwendung im Rechtsverkehr - nicht dazu bestimmt ist, Dritten zugänglich gemacht zu werden. Dies war auch dem Beklagten klar, so dass eine etwaige Entsorgung dem Eigentümer - hier dem Land Schleswig-Holstein - vorbehalten ist und nicht dem Beklagten in Form eines Verkaufs über die Internetplattform „eBay“. Dies leuchtet bereits jedem Durchschnittsbürger ein. Im Übrigen hätte eine Nachfrage bei seinem Dienstherrn Aufklärung gebracht.

45

Da auch hierzu keine Rügen vorgebracht worden sind, so dass es der Senat ebenfalls nicht prüfen dürfte, sei nur noch abschließend angemerkt, dass die in der Hauptverhandlung am 19. September 2013 vor dem Amtsgericht ... erfolgte Verständigung den rechtlichen Anforderungen des § 257c StPO genügt; insbesondere liegt ihr kein Formalgeständnis (vgl. § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO) zugrunde (vgl. die Beweiswürdigung im Strafurteil, UA S. 9-10 unter III.).

46

b) Nach den im Strafurteil des Amtsgerichts ... vom 19. September 2013 festgestellten Handlungen hat der Beklagte im Zeitraum von Februar 2012 bis September 2012 vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft in 42 Fällen seine ihm obliegenden Pflichten zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) und zu vollem persönlichen Einsatz (§ 34 Satz 1 BeamtStG) verletzt sowie gegen die Folgepflicht nach § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen.

47

c) Durch diese Pflichtverletzungen hat der Beklagte ein Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte hat in einem Zeitraum von acht Monaten Uniform- und Ausrüstungsgegenstände seines Dienstherrn gestohlen und anschließend über eBay veräußert. Auch wenn der Beklagte mehrere Pflichtverletzungen begangen hat, liegt nur ein Dienstvergehen vor (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185 Rn. 19, vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - Rn. 12, juris und vom 14. Februar 2007 - 1 D 12.05 -, BVerwGE 128, 125 Rn. 21 f.; Beschlüsse vom 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 - Rn. 14, juris, und vom 11. Februar 2014 - 2 B 37.12 - Rn. 17, juris).

48

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war. Dabei richtet sich die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Verfehlungen nicht entscheidend nach der formalen Dienstbezogenheit, dass heißt nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum Dienst, vielmehr kommt es in erster Linie auf die materielle Dienstbezogenheit an. Abzustellen ist darauf, ob durch das Verhalten inner- oder außerdienstliche Pflichten verletzt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - Rn. 57, juris). Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist danach dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Rn. 54, juris; zum Ganzen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 4.14 - Rn. 11 m.w.N., juris).

49

d) Das innerdienstliche Dienstvergehen wiegt zwar so schwer, dass es grundsätzlich die disziplinarische Höchstmaßnahme - hier die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis - rechtfertigen würde. Auch liegen keine anerkannten Milderungsgründe vor, jedoch ist zugunsten des Beklagten nach dem auch im Disziplinarrecht geltenden Grundsatz des in dubio pro reo eine verminderte Schuldfähigkeit im Tatzeitraum zu berücksichtigen, so dass der Senat nach Abwägung aller be- und entlastenden Umstände eine Zurückstufung für angemessen erachten würde.

50

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (stRpsr., vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 12 und 22 m.w.N., juris). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG).

51

Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 253 <259>; zuletzt vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 16, juris).

52

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konnte dabei auf die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen zurückgegriffen werden (vgl. dazu zuletzt BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - Rn. 14 m.w.N., juris). Für die hier verwirklichte Fallgruppe der Zugriffsdelikte, d.h. für die Veruntreuung dienstlich anvertrauter oder dienstlich zugänglicher Gelder und Güter, war die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit, die bei 50 Euro angenommen wurde, deutlich überstiegen (zuletzt BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 15 f. m.w.N., juris; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 19 ff., juris).

53

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht zwar in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - aufgegeben (LS 1 und Rn. 19, juris), indes ergibt sich danach vorliegend keine wesentlich andere Zuordnung in den Katalog der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 LDG. Nach dieser neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich auch bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen die an seiner Schwere orientierte grundsätzliche Zuordnung zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen. Dies war zuvor nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen entschieden worden (vgl. zu den außerdienstlichen Dienstvergehen grundlegend BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Rn. 22, juris, und - 2 C 13.10 - Rn. 25, juris, vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - Rn. 31, juris). Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen.

54

Das Amtsgericht hat den Beklagten wegen gewerbsmäßigen Diebstahls in 21 Fällen nach § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB sowie gewerbsmäßigen Betruges in 21 Fällen nach § 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Der Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB sieht eine Freiheitstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vor und der des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB eine solche von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - LS 2 und Rn. 20, juris).

55

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - Rn. 38 f. m.w.N., juris, und vom 10. Dezember 2015 a.a.O. Rn. 24, juris). Anzahl und Häufigkeit sind ebenfalls Kriterien, die die volle Ausschöpfung des Orientierungsrahmens auf einer ersten Stufe als geboten erscheinen lassen. Auch bei diesen Kriterien handelt es sich um solche, die der Gesetzgeber als „besonders schwere Fälle“ wertet und die ihn zu der genannten Strafrahmenhebung von bis zu zehn Jahren im Vergleich zu den „Grund“-tatbeständen des Betruges und des Diebstahls mit bis zu fünf Jahren veranlasst haben.

56

Das Kriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (stRspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 ff. = juris). Dahinstehen kann, ob nicht auch insoweit allein auf das Statusamt abgestellt werden müsste und nicht mehr auf das Amt im konkret funktionellen Sinn (so BVerwG zu außerdienstlichem Fehlverhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung im Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 -LS 1 und Rn. 16, BVerwGE 152, 228 ff. = juris), denn vorliegend fällt beides nicht auseinander. Die Berücksichtigung des Kriteriums der Vertrauensbeeinträchtigung würde ebenfalls die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens rechtfertigen, allerdings nur unter Außerachtlassung des Persönlichkeitsbildes.

57

Insofern kommt hier zweierlei zusammen: Zum Einen bewirken schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 14 f. m.w.N., juris unter Verweis auf die gesetzgeberische Wertung in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Zum Anderen haben Polizeibeamte Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen; sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Das zur Ausübung dieser Ämter erforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - LS 2 und Rn. 22, BVerwGE 152, 228 ff. = juris).

58

Indes darf nicht bei dieser Betrachtung der rein objektiven Umstände stehen geblieben werden, sondern es sind auch die persönlichen Umstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Zumessungsentscheidung einzubeziehen. Insoweit erfasst das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (stRspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 ff. = juris; zur Berücksichtigung dieser Umstände vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 -, Rn. 31 ff., juris).

59

Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelten sogenannten anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (etwa Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenhöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände. Entlastungsgründe sind bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (stRspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2007 - 1 D 2.06 - Rn. 25 m.w.N., juris).

60

Anerkannte Milderungsgründe vermag der Senat nicht zu erkennen. Beim anerkannten Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt zeitweilig aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden, wenn der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (stRspr.; vgl. BVerwG Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - Rn. 40 f., juris; Beschlüsse vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Rn. 29, juris, und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Rn. 32, juris). Dieser Milderungsgrund ist bereits deshalb zu verneinen, weil der auslösende Umstand - seine jetzige Frau teilte dem Beklagten mit, sie sei schwanger - nicht außergewöhnlich ist, sondern in vielen, wenn nicht den meisten Beziehungen mindestens einmal vorkommt. Der Beklagte steigerte sich zwar anschließend in Existenzängste, diese waren aber objektiv nicht begründet und konnten zudem mit Hilfe der Eltern und einer Umstellung des Lebensstils überwunden werden. Schon aus diesen Gründen (weder objektiv vorhanden noch unverschuldet) ist zugleich der anerkannte Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage zu verneinen, abgesehen davon, dass dieser Milderungsgrund ein zeitlich begrenztes Verhalten voraussetzt und mit einem Versagen über einen längeren Zeitraum nicht vereinbar ist (vgl. zu diesem Milderungsgrund BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Rn. 74 m.w.N., juris, und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 34 m.w.N., juris). Dem Milderungsgrund des Handelns in einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation steht ebenfalls schon entgegen. dass sich der Beklagte in einer länger andauernden psychischen Belastungssituation befand, die schon aufgrund ihrer Dauer nicht geeignet ist als „Ausnahmesituation" im Sinne des anerkannten Milderungsgrundes angesehen zu werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - BVerwG 1 D 77.97 - Rn. 14 f., juris).

61

Liegen - wie hier - Umstände vor, die für sich genommen nicht genügen, einen anerkannten Milderungsgrund zu erfüllen, muss ernsthaft ermittelt und geprüft werden, ob diese Umstände in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes vergleichbar sind (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - LS 1 und Rn. 23, juris; vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Rn. 22 m.w.N., juris, und vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - LS und Rn. 14, juris). Dabei ist auch eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB einzubeziehen (stRspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - LS 1 und Rn. 30, juris). Insoweit gilt, dass ein mildernder Umstand nach dem grundgesetzlich verankerten Rechtsgrundsatz des „in dubio pro reo“ schon dann berücksichtigt werden muss, wenn hierfür nach der Tatsachenlage hinreichende Anhaltspunkte bestehen (stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 30. September 1992 - 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>; vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - Rn. 30, juris, und vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - Rn. 22, juris, sowie Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Rn. 25, juris).

62

Danach ist beim Beklagten sowohl nach dem Grundsatz des in dubio pro reo von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung im Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzungen auszugehen als auch in der Zusammenschau von mildernden Umstände von erheblichem Gewicht.

63

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Rn. 31 m.w.N. aus der Rspr. des BGH, juris, vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - Rn. 30 m.w.N. aus der Rspr. des BGH, juris, und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - Rn. 33, juris). Die danach entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen sind durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten zu klären (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 11 und zuletzt etwa Beschlüsse vom 26. Mai 2014 - 2 B 69.12 -Rn. 10, juris, und vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 - Rn. 18, juris).

64

Kann eine krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden, so stellt sich die Frage nach der Erheblichkeit einer dadurch bewirkten Verminderung der Schuldfähigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - Rn. 33, juris). Dies ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Sie kann allerdings ohne Kenntnis der Auswirkungen der krankhaften seelischen Störung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in Bezug auf das Verhalten des Beamten nicht beurteilt werden. Zu ihrer Beantwortung bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Rn. 33 m.w.N. aus der Rspr. des BGH, juris, und vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - Rn. 30 m.w.N. aus der Rspr. des BGH, juris, sowie Beschlüsse vom 11. Januar 2012 - 2 B 78.11 - Rn. 6, juris, und vom 4. Juli 2013 - 2 B 76.12 - Rn. 20, juris).

65

Da - wie bereits ausgeführt - Feststellungen zur Schuldfähigkeit das Gericht nur binden, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist, war es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht, insbesondere war die Rechtsentscheidung treffen, ob die Minderung der Schuldfähigkeit eine erhebliche ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - Rn. 29, juris).

66

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme litt der Beklagte zum Tatzeitpunkt an einer Anpassungsstörung (F43.2). Aufgrund der durch eine depressive Reaktion in Verbindung mit Angstsymptomen gekennzeichneten Störung und der daraus ableitbaren Suizidgefahr mit Einschränkung der Handlungsmöglichkeit der Persönlichkeit handelt es sich hierbei um eine die Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB erfüllende „krankhafte seelischen Störung“. Es kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass der Beklagte bei erhalten gebliebener Einsichtsfähigkeit erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB beeinträchtigt war.

67

Bei dieser Beurteilung ist der Senat den überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. ... gefolgt. Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten aufgrund der ihm vorliegenden Befunde, der bei ihm durchgeführten Tests und zweier länger dauernder Explorationsgespräche sowie unter Berücksichtigung von Fachliteratur und aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Befragung des Beklagten sowie der beiden Zeugen näher erläutert und bestätigt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass beim Beklagten bezogen auf den Tatzeitraum vom Vorliegen einer Anpassungsstörung auszugehen ist. Zu dieser im Vordergrund stehenden Erkrankung kam jedoch eine die Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB erfüllende depressive Störung hinzu, die im Anschluss mit Antidepressiva behandelt worden ist. Bereits der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. ..., dessen Befund der Sachverständige ausgewertet hat und bei dem sich der Beklagte nach der Aufdeckung der Taten in medizinische Behandlung und Therapie begeben hat, hat bei dem Beklagten in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 7. September 2013 eine akute Belastungsreaktion (ICD: F43.G) sowie Anpassungsstörungen mit vorherrschender Störung des Sozialverhaltens (ICD: F43.24G) diagnostiziert.

68

Tatzeitbezogen wäre zwar - so der Sachverständige - von einer stärkergradigen Ausprägung einer depressiven Symptomatik nach ICD-10 nicht auszugehen, da der Beklagte in der Lage war, regulär seinen Dienst zu verrichten und seine sozialen Aktivitäten fortzusetzen. Allerdings war ausweislich des Ergebnisses der Zeugenbefragungen auch insoweit ein verändertes Verhalten zu bemerken: Im Dienst hat sich der Beklagte immer mehr zurückgezogen, ebenso gegenüber seiner jetzigen Ehefrau; die vorherigen Kontakte zu Freunden hat er abgebrochen. Insgesamt bestehen nach Aussage des Sachverständigen Schwierigkeiten in der Bewertung des Grades der affektiven Symptomatik bezogen auf den Tatzeitpunkt. Der Sachverständige kann daher nicht sicher ausschließen, dass der Beklagte in dieser Phase der Störung aufgrund der Ausprägung der depressiven Symptomatik mit anamnetischen Hinweisen auf eine erhöhte Suizidalität in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Dr. ... spricht insoweit von einer temporären Einschränkung der moralischen Selbstkontrolle. Hierzu bezieht sich der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten auf Venzlaff (in Psychiatrische Begutachtung - Praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen), nach welchem Anpassungsstörungen nicht selten mit depressiven Symptomen einhergehen. Nach seinen mündlichen Erläuterungen führen nicht nur die Stellungnahme von Dr. ..., sondern auch der Inhalt der Exploration des Beklagten und die Angaben der Zeugin in der mündlichen Verhandlung dazu, dass eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Denn hinzu kamen eine erhebliche vegetative Symptomatik (frühmorgendliches Erwachen, Magen-Darm-Störungen und ein erheblicher Gewichtsverlust) und suizidale Tendenzen, die typisch für eine stärker ausgeprägte Symptomatik sind, die der Beklagte jedoch durch seine Persönlichkeit in der Außendarstellung hat kompensieren können. Für die Diagnose einer depressiven Störung spricht nach den Ausführungen des Sachverständigen auch die vom Beklagten für den Tatzeitpunkt beschriebene finanzielle Angst im Sinne eines depressiven Verarmungswahns, ohne dass eine wirtschaftliche Notlage tatsächlich vorlag.

69

Wie der als Sachverständiger herangezogene forensische Psychiater Dr. med. ... vermag auch der Senat nicht sicher auszuschließen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Taten (Februar 2012 bis September 2012) unter einer durch eine depressive Reaktion in Verbindung mit Angstsymptomen gekennzeichneten Störung mit einer störungsbedingter Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Persönlichkeit litt. Insoweit kann eine krankhafte psychische Ausnahmesituation mit einer als ausweglos wahrgenommenen finanziellen Notlage - nahe dem Verarmungswahn - nicht sicher ausgeschlossen werden, aufgrund derer der Beklagte keine andere Möglichkeit sah, als mit dem Erlös aus dem Verkauf der zuvor entwendeten Gegenstände den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zeitweilig zu sichern. Vor diesem Hintergrund stellten sich die vom Beklagten begangenen Dienstpflichtverletzungen als zwangsläufige Folge seiner Erkrankung dar, die als krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB anzusehen wäre und die als auch im Rechtssinne erheblich angesehen werden müsste.

70

Lässt sich danach eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten im Sinne des § 21 StGB nicht sicher ausschließen, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - Rn. 32, juris, und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - Rn. 34, juris). In einem solchen Fall kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 a.a.O.).

71

Soweit das Bundesverwaltungsgericht darauf hinweist, dass im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten abhängt, so dass sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht sein wird (vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 34 und vom 29. Mai 2008 a.a.O. Rn. 30, beide juris), ist auf die Einsehbarkeit nur dann maßgeblich abzustellen, wenn die erhebliche Verminderung der Einsichtsfähigkeit betroffen ist und nicht - wie hier - die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. Im Gegenteil kann der mildernde Umstand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit im Rahmen der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit „kompensiert" werden (so auch BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Rn. 39, juris). Daher kann selbst bei einem Mehrfachversagen eines Beamten im Kernbereich seiner Amtspflichten im Rahmen von Zugriffsdelikten die Steuerungsfähigkeit (als eine der beiden in § 21 StGB genannten Alternativen) als Folge einer Störung im Sinne des § 20 StGB in erheblichem Maße eingeschränkt sein (BVerwG, Beschluss vom 15. April 2010 - 2 B 82.09 - Rn. 9, juris).

72

Hinzu kommt Folgendes: Zwar liegt ein anerkannter Milderungsgrund nicht vor (s.o.), jedoch sind die hier festgestellten Umstände in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes vergleichbar. Aus der subjektiven (krankheitsbedingten) Sicht des Beklagten befand er sich zum Tatzeitpunkt in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage. Er hat das zweite Kind zu dem Zeitpunkt nicht gewollt und glaubte, nun in große wirtschaftliche Not zu geraten, aus der er keinen anderen Ausweg sah. Sein Handeln resultierte aus einer hierdurch ausgelösten - allerdings länger dauernden - psychischen Ausnahmesituation. Es ist zugleich ähnlich wie eine persönlichkeitsfremde, allerdings länger dauernde Augenblickstat; nach den Zeugenaussagen hatte sich der Beklagte während des Zeitraums der Dienstpflichtverletzungen verändert, er war, so die Ehefrau, anders, „nicht mehr der Alte“. Der Sachverständige kann in diesem Zusammenhang nicht ausschließen, dass im Rahmen der depressiven Reaktion eine Aktualisierung finanzieller Ängste bis zum Bild eines depressiven Verarmungswahns vorgelegen hat.

73

Die im Vordergrund der medizinischen Symptomatik stehende Anpassungsstörung ist nach den gutachterlichen Feststellungen des medizinischen Sachverständigen mittlerweile überwunden; er hat keine Hinweise für die Annahme eines überdauernden Musters von Auffälligkeiten in den Bereichen der Affektivität, der Kognition und der zwischenmenschlichen Beziehungen bei dem Beklagten feststellen können. Zudem - so der Sachverständige - sei definitionsgemäß bei Annahme einer Anpassungsstörung von einer Remission des Störungsbildes auszugehen. Hierzu führt der Sachverständige weiter aus, dass bereits Dr. ... im September 2013 fachärztlich befunden habe, dass der Beklagte gefestigt aus der Krise hervorgegangen und seine Prognose als eindeutig gut anzusehen sei. Der Sachverständige sieht daher keine Hinweise auf ein Fortbestehen der Anpassungsstörung im Sinne einer depressiven Reaktion in Verbindung mit einer Angstsymptomatik. Auch diese erfolgreiche - nachträgliche - Therapie kann bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn - wie hier - eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann und eine erneute Begehung entsprechender Dienstvergehen nicht mehr zu besorgen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. November 2001 - 1 D 64.00 - Rn. 35, juris, und vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Rn. 29 f., juris, Beschluss vom 5. Mai 2015 - 2 B 32.14 -– LS 1 und Rn. 29 m.w.N., juris).

74

Vor diesem Hintergrund wiegt das Dienstvergehen nicht so schwer, dass auf die Höchstmaßnahme zu erkennen wäre. Die nicht sicher ausschließbare erhebliche verminderte Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt und der Umstand, dass der Beklagte die sein damaliges Verhalten auslösende krankhafte seelische Störung inzwischen überwunden hat, rechtfertigen die Wertung, dass noch ein Rest an Vertrauen in ihn gesetzt werden kann. Die Fortführung des Beamtenverhältnisses erscheint noch möglich, weil die vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen nicht Ausdruck einer in ihnen offenbarten inneren Einstellung sind.

75

Darauf, dass, wie dies der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung bekundete, weder er als zuständiger Dienstgruppenleiter noch seine Kollegen Vertrauen mehr zu dem Beklagten hätten, kann ebenso wenig abgestellt werden wie auf eine entsprechende Äußerung eines Vertreters des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit der Beamte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG beeinträchtigt hat, ist allein nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern schon aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) die Frage, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260>, vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Rn. 78, juris, und vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 - Rn. 56, juris, sowie Beschluss vom 2. März 2012 - 2 B 8.11 - Rn. 16, juris).

76

Für die danach gebotene objektive Bewertung der Beeinträchtigung des Vertrauens ist es ebenfalls unerheblich, inwieweit das Dienstvergehen im konkreten Einzelfall in der Öffentlichkeit bekannt geworden und inwieweit hierüber berichtet worden ist(vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O.). Schutzgut der Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes und des Landesdisziplinargesetzes über die Sanktionierung von Verstößen gegen die Dienstpflichten von Beamten ist auch nicht das Ansehen einer ganz konkreten Behörde in der Öffentlichkeit. Vielmehr geht es generell um die Integrität des Berufsbeamtentums und die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 58).

77

Wäre danach auf die nächst niedrigere Maßnahme, hier also die Zurückstufung zu erkennen, hält der Senat eine noch weitere Herabsetzung wegen unangemessen langer Verfahrensdauer nicht für angezeigt. Aufgrund Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK kann zwar in den Fällen, in denen - wie vorliegend - nach einer Gesamtwürdigung nicht auf die disziplinare Höchstmaßnahme zu erkennen ist, sondern eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme für ausreichend erachtet wird, eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (stRpr., vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - Rn. 54, juris und zuletzt Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - Rn. 44 m.w.N., juris, sowie Beschluss vom 10. Oktober 2014 – 2 B 66.14 – Rn. 8, juris, sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12, juris). Indes ist eine Dauer von drei Jahren und acht Monaten angesichts der Umstände in diesem Verfahren, insbesondere der von den Behörden und den Gerichten trotz eines umfassenden Geständnisses getätigten Ermittlungen nicht unangemessen lang. Zum anderen würde eine unangemessen lange Verfahrensdauer, selbst wenn sie vorläge, allenfalls zur nächstmilderen Maßnahme führen können. Auf diese kann aber vorliegend schon aus Rechtsgründen (dazu sogleich unter e) nur erkannt werden.

78

e) Die an sich bei der auch unter Berücksichtigung der erheblich verminderten Schuldfähigkeit noch verbleibenden Schwere des Dienstvergehens gebotene Zurückstufung kann nicht ausgesprochen werden, weil sich der Beklagte bereits im Eingangsamt seiner Laufbahn befindet, vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 LDG. Deshalb ist auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen. In diesem Fall ist § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG zu berücksichtigen, weil gegen den Beklagten wegen desselben Sachverhalts im Strafverfahren unanfechtbar eine Strafe verhängt worden ist. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung nach § 9 LDG verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 LDG) ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG stets erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung lässt die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe als erforderlich erscheinen, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr kommt es nicht an (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Rn. 34, juris, und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - Rn. 45, juris).

79

Aus den gleichen Erwägungen hält der Senat die Ausschöpfung des in § 8 Abs. 1 Satz 1 LDG vom Gesetzgeber nur nach oben hin beschränkten Rahmens für erforderlich und angemessen und sieht auch keinen Grund, die während der Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 LDG bestehende Beförderungssperre wegen der Dauer des Disziplinarverfahrens abzukürzen (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 1 LDG).

80

§ 15 Abs. 4 und 5 BDG steht einer Ahndung des Dienstvergehens des Beklagten mit einer Kürzung der Dienstbezüge nicht entgegen. Zwar sind seit der Vollendung des Dienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen. Aber der Lauf der Dreijahresfrist des § 15 Abs. 2 LDG war bereits durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens am 25. September 2012 unterbrochen worden (§ 15 Abs. 4 LDG) und ist danach aus verschiedenen Gründen, zuletzt für die Dauer des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, gehemmt (§ 15 Abs. 5 LDG).

81

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs. 1 Satz 1 LDG, § 77 Abs. 1 BDG, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte ist teilweise unterlegen, weil er sein mit der Berufung ausdrücklich verfolgtes Ziel der Klageabweisung nicht erreicht hat. Der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 4 LDG, § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

82

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 41 Abs. 1 Satz 1 LDG, § 69 BDG, § 132 Abs. 2 VwGO), sind nicht ersichtlich.


Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - LDG NRW - i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf dem vom Beklagten der Sache nach geltend gemachten Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO beruhen kann. Dagegen hat der Beklagte nicht dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO oder wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen ist.

2

1. Der 1956 geborene Beklagte steht seit 2001 als Professor für das Fach „Angewandte Biologie, insbesondere Molekularbiologie und Labormedizin“ (Besoldungsgruppe C 3 BBesO) im Dienst der Klägerin. In genehmigter Nebentätigkeit war der Beklagte zugleich Geschäftsführer zweier privater Unternehmen. Durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom Juli 2008 verurteilte ihn das Amtsgericht wegen Betrugs und Subventionsbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darin wurde dem Beklagten zur Last gelegt, in den Jahren 2004 und 2006 Scheinangebote nach Vorgaben des damaligen Prorektors der Klägerin abgegeben oder im Zuge von Förderanträgen unzutreffende Angaben gemacht zu haben, um dadurch zu Unrecht Fördermittel des Landes, seines damaligen Dienstherrn, in Höhe von insgesamt ca. 600 000 € zugunsten der Klägerin zu erlangen.

3

Auf die darauf gestützte und auf Entfernung aus dem Dienst gerichtete Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht gegen den Beklagten auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf Berufung der Klägerin geändert und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, der Beklagte habe, um der Klägerin als einer gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen selbständigen Körperschaft einen unberechtigten Vermögensvorteil zu verschaffen, an einer Täuschungsaktion gegenüber dem zuständigen Ministerium mitgewirkt, indem er mit falschen Angaben Fördergelder beantragt habe. Bei der Maßnahmebemessung sei insbesondere der Gesamtschaden von Bedeutung. Mildernd möge zwar zu berücksichtigen sein, dass die vom Land bereitgestellten 450 000 € den Zuwendungszweck zwar verfehlt, aber nicht völlig wertlos ausgefallen seien. Erschwerend wirke sich indes aus, dass es sich um zwei Betrugsstraftaten handele und der Beklagte mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. Besonders schwerwiegend sei, dass der Beklagte als Hochschullehrer und damit in einer besonderen Vertrauensposition versagt habe. Von einem Hochschullehrer werde erwartet, dass er mit den der Hochschule oder hochschuleigenen Einrichtungen zugewiesenen Mitteln absolut zuverlässig umgehe und Fehlverhalten anderer Hochschulangehöriger entgegentrete.

4

2. Die Revision ist nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz zuzulassen (§ 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

5

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht. Das Revisionszulassungsrecht kennt - anders als die Vorschriften zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) - den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht (BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 3 m.w.N.).

6

Die mit der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2001 (- 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Entscheidungen nicht zu derselben Rechtsvorschrift ergangen sind (vgl. zu diesem Erfordernis etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 4 f.). Überdies ist die Bundesdisziplinarordnung, die dem von der Beschwerde benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde lag, zwischenzeitlich außer Kraft getreten (vgl. zum Erfordernis einer noch gültigen Rechtsnorm: BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 1996 - 7 B 94.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 5 S. 4). Vor allem aber legt die Beschwerde nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Senats in der zitierten Entscheidung abgewichen sei. Sie arbeitet keine Rechtssätze aus diesem Urteil heraus, zu denen sie eine Divergenz sieht, und benennt keine Rechtssätze des Oberverwaltungsgerichts, die zu solchen Rechtssätzen divergieren könnten. Vielmehr rügt sie allein die vermeintlich unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall, insbesondere das aus ihrer Sicht zu hohe Disziplinarmaß bei einem Betrug ohne Eigenbereicherungsabsicht.

7

3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

8

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - NVwZ-RR 2015, 50 Rn. 7).

9

Die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG für eine Dienstpflichtverletzung durch innerdienstlichen Betrug ohne eigenes wirtschaftliches Interesse und potentiell zugunsten des Dienstherrn auf die für die Ahndung von Vermögensdelikten zum Nachteil des Dienstherrn oder Dritter ergangene Rechtsprechung über die Maßnahmebemessung vorrangig auf die Schadenshöhe abzustellen ist, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu den Grundsätzen der Zumessungsentscheidung auch ohne die Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

10

Die Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 Abs. 1 LDG NRW). Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist (§ 13 Abs. 2 LDG NRW). Wer durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW).

11

In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehen (stRspr, BVerwG, Urteile vom 28. November 2000 - 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23 S. 7, vom 26. September 2001 - 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 S. 9 und Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8). Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (BVerwG, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8). Die Höhe des Gesamtschadens ist danach ein Erschwerungsgrund neben anderen.

12

Soweit die Beschwerde mit der von ihr aufgeworfenen Frage bei innerdienstlichen Vermögensdelikten nach solchen mit und ohne eigenes wirtschaftliches Interesse und nach Vermögensdelikten zugunsten oder zulasten des Dienstherrn differenziert, ist sie nicht klärungsbedürftig, weil die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Maßnahmebemessung eine solche Differenzierung nicht kennt. Sie ist auch nicht in verallgemeinerungsfähiger Form klärungsfähig, weil die Bedeutung dieser Umstände für die Maßnahmebemessung nur aufgrund einer Einzelfallwürdigung am Maßstab des § 13 LDG NRW (§ 13 BDG) ermittelt werden kann.

13

4. Die Beschwerde hat allerdings unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg, soweit sie rügt, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nehme als besonderen Erschwerungsgrund für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme an, dass der Beklagte als Hochschullehrer versagt habe, weil Hochschullehrer gegenüber Studierenden und Bediensteten eine besondere Vertrauensstellung hätten. Dabei ist unerheblich, dass in der Beschwerde zu diesem Gesichtspunkt der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht ausdrücklich benannt worden ist. Da die Beschwerde den Verfahrensmangel der Sache nach hinreichend substantiiert dargelegt hat, ist die fehlerhafte Einordnung unter den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unschädlich (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. September 2008 - 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 4 und zuletzt vom 6. Mai 2014 - 2 B 68.13 - juris Rn. 8; vgl. zur Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 19 Abs. 4 GG im Zulassungsrecht auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Juni 2005 - 1 BvR 2615/04 - BVerfGK 5, 369).

14

Der Sache nach erhebt die Beschwerde eine Gehörsrüge (§ 108 Abs. 2 VwGO), weil das Oberverwaltungsgericht den Status des Beklagten als Hochschullehrer bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme erschwerend berücksichtigt hat, ohne darauf zuvor hinzuweisen.

15

Der in Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert den Beteiligten eines Gerichtsverfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <408 f.>). Hieraus ergibt sich zwar keine allgemeine Frage- oder Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204>, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.> und BVerwG, Beschluss vom 12. November 2014 - 2 B 67.14 - ZBR 2015, 92 Rn. 10).

16

Nach diesen Maßstäben hätte das Oberverwaltungsgericht den Beklagten spätestens in seiner Berufungsverhandlung darauf hinweisen müssen, dass es seine Amtsstellung als Hochschullehrer im Rahmen der Maßnahmebemessung erschwerend berücksichtigen will. Damit musste der Beklagte nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens nicht rechnen, so dass die Würdigung des Gerichts als „überraschend“ zu beurteilen ist.

17

Im angefochtenen Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Gesamtwürdigung zulasten des Beklagten darauf abgestellt, dass er als Hochschullehrer und damit in einer besonderen Vertrauensposition versagt habe. Der Status des Beklagten als Hochschullehrer, von dem erwartet werde, dass er mit den der Hochschule zugewiesenen Mitteln absolut zuverlässig umgehe und dem Fehlverhalten anderer Hochschulangehöriger entgegentrete, führe dazu, dass das Vertrauen sowohl seines Dienstherrn als auch der Allgemeinheit durch Straftaten in besonderer Weise erschüttert werde.

18

Dieser Gesichtspunkt war im gesamten bisherigen Disziplinarverfahren nicht für bedeutsam erachtet worden. Weder in der Klageschrift noch im Urteil des Verwaltungsgerichts ist dieser Aspekt auch nur erwähnt worden. Die Beteiligten haben den Status des Beklagten als Hochschullehrer der Besoldungsgruppe C 3 BBesO in ihrem Vorbringen vor dem Oberverwaltungsgericht in Bezug zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht diskutiert. Auch in den ausführlichen Hinweisen des Senatsvorsitzenden des Oberverwaltungsgerichts zur Maßstabsbildung zu Beginn der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts vom 17. Juli 2013 (Bl. 319 OVG-Akte) wird der Status des Beklagten - anders als etwa das Kriterium der Schadenshöhe - nicht als besonderer Erschwerungsgrund für die disziplinare Maßnahmebemessung benannt.

19

Dies gilt umso mehr, als ein „Hochschullehrer-Malus“ für innerdienstliche Vermögensdelikte in der bisherigen Disziplinar-Rechtsprechung nicht angenommen worden ist. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht den Rückgriff auf die Amtsstellung bei Polizeibeamten (für innerdienstliche Pflichtverletzungen allerdings nur, wenn diese unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Stellung begangen wurden: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20) oder für Lehrer (allerdings nur, soweit ein Dienstbezug zur Aufgabenwahrnehmung vorliegt; Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 sowie Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11) unter bestimmten Umständen gebilligt. Entsprechende Entscheidungen für Hochschullehrer liegen indes nicht vor.

20

Der Beklagte hatte daher weder im Hinblick auf den konkreten Prozessverlauf noch in Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung Anlass, zur besonderen Bedeutung der Amtsstellung eines Hochschullehrers für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bei innerdienstlichen Vermögensdelikten Stellung zu nehmen.

21

Von seiner Äußerungsmöglichkeit hat der Beklagte im Übrigen nunmehr im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Gebrauch gemacht und darauf hingewiesen, dass er seine Stellung als Hochschullehrer in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 1) eher wissenschaftsrechtlich als beamtenrechtlich verstehe. Zudem liege keine Rechtsprechung der Disziplinargerichte zur Maßnahmebemessung vor, die sich auf das Statusamt eines Professors an einer Fachhochschule beziehe. Schließlich sei er bloßer „Mitläufer“ gewesen, der die ihm disziplinarisch vorgehaltenen Taten auf Veranlassung der Leitungskräfte der Hochschule begangen habe.

22

Mit diesen Gesichtspunkten hat sich das Oberverwaltungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die angegriffene Entscheidung auf dem unterlassenen Hinweis beruht.

23

Die weiteren Verfahrensrügen greifen nicht durch. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

24

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Umstände, die die Schwere des Dienstvergehens, d.h. dessen Unrechtsgehalt kennzeichnen, dem Beklagten im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht nochmals angelastet werden dürfen (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - NVwZ-RR 2015, 50 Rn. 49).

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 1961 geborene Beklagte ist gelernter Landschaftsmeister und bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Hof mit Milchvieh und Bullenmast. Seit 1996 ist er ehrenamtlicher erster Bürgermeister der Gemeinde R. Mit Wirkung vom 18. Mai 1996 wurde er zum Standesbeamten des Standesamtsbezirks F. berufen. Nach eigenen Angaben ist er seit 1990 Vorstand der örtlichen Feuerwehr und seit knapp 30 Jahren Mitglied im örtlichen Pfarrgemeinderat. Für seine Tätigkeit als Bürgermeister erhält er eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von zuletzt 2.576,86 Euro brutto (inklusive Reisekosten und Telefonpauschale). Der Beklagte ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

II.

Gegen den Beklagten erging das Urteil des Amtsgerichts C. vom 15. Dezember 2004 (Az. 123 Js 13573/04) wegen Beleidigung und übler Nachrede mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 50 Euro.

In einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Amtsgerichts T. vom 18. Juni 2008 (Az. 522 OWi 330 Js 11407/08) wegen fahrlässigen Nichtanlegens des vorgeschriebenen Sicherheitsgurtes zu einer Geldbuße von 30 Euro verurteilt.

Disziplinarrechtlich ist der Beklagte nicht vorbelastet.

III.

Der Beklagte ist strafrechtlich weiter wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts T. - Schöffengericht - vom 9. April 2009 (Az. 525 Ls 300 Js 21379/08) wurde u. a. der Beklagte wegen Meineids gemäß § 154 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gemäß Bewährungsbeschluss vom selben Tage setzte das Amtsgericht die Bewährungszeit auf zwei Jahre fest. Dem Beklagten wurde zudem auferlegt, 2000 Euro an eine soziale Einrichtung zu zahlen. Gegen das Urteil legten sowohl der Beklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Die Berufungen wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht T. (Az. 6 Ns 300 Js 21379/8) am 17. Februar 2011 nach Durchführung der Beweisaufnahme zurückgenommen. Das Urteil des Amtsgerichts T. ist seit 17. Februar 2011 rechtskräftig.

Dem Urteil des Amtsgerichts T. vom 9. April 2009 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

„Am 19. 02. 2008 gegen 14.20 Uhr fuhr der Angeklagte E. mit dem VW-Bus -amtliches Kennzeichen …- 3630 auf der B 306 von I. kommend in Richtung des Ortsteils S., wobei der Angeklagte G. Beifahrer war und die Angeklagte S. auf dem Rücksitz saß. Sowohl der Angeklagte E. als auch der Angeklagte G. hatten den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt hierbei nicht angelegt. Diese Feststellung erfolgte durch PHK L., PI R., durch die Zieloptik seiner Laserpistole vom Typ Rigl FG 21 P, welche eine sechsfache Vergrößerung aufweist. Kontrollpunkt von PHK L. war auf der B 306 bei km 14,300. PHK L. erstattete Anzeige.

Im Ordnungswidrigkeitsverfahren 520 OWi 320 Js 11437/08 wurde der Angeklagte E. mit Urteil des Amtsgerichts T. vom 26. 06. 2008 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Nichtanliegens des vorgeschriebenen Sicherheitsgurtes zu einer Geldbuße von Euro 30,- verurteilt. Dieses Urteil ist seit dem 21. 07. 2008 rechtskräftig. In der Hauptverhandlung am 26. Juni 2008 sagten die Angeklagten G. und S. als Zeugen nach ordnungsgemäßer Belehrung und unter Eid aus, dass der Betroffene E. den Sicherheitsgurt angelegt hatte. Diese Aussagen erfolgten bewusst wahrheitswidrig, da die Angeklagten G. und S. wussten, dass E. eben nicht angeschnallt war.

Im Verfahren gegen den Angeklagten G. (Az.: 522 OWi 330 Js 11407/08) wurden die Angeklagten E. und S. nach ordnungsgemäßer Belehrung als Zeugen in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts T. am 18. 06.2008 vernommen, wobei sie unter Eid angaben, dass G. angeschnallt gewesen sei. Auch diese Angaben erfolgten bewusst wahrheitswidrig, da sowohl dem Angeklagten E. und sowohl als auch der Angeklagten S. klar war, dass G. den Sicherheitsgurt nicht trug. Der Angeklagte G. wurde mit Urteil des Amtsgerichts T. vom 18. 06. 2008 wegen fahrlässigen Nichtanlegens des vorgeschriebenen Sicherheitsgurtes zu einer Geldbuße von Euro 30,- verurteilt. Das Urteil ist seit dem 31. 07. 2008 rechtskräftig.

Sowohl der Angeklagte G. als auch der Angeklagte E. hatten gegen ihre Verurteilungen keine Rechtsmittel eingelegt.“

Die Angeklagten E. und S. - Mitarbeiter in der Gemeinde R. - wurden mit dem selben Urteil des Amtsgerichts T. vom 9. April 2009 zu einer Freiheitstrafe von 7 Monaten wegen Meineides bzw. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle des Meineids - die Vollstreckung jeweils ausgesetzt zur Bewährung - verurteilt.

IV.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 leitete der Landrat des Landkreises C. gegen den Beklagten wegen des Verdachts eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren ein und übertrug seine Disziplinarbefugnisse vollständig auf die Landesanwaltschaft B. Mit Schreiben vom 21. März 2011, dem Beklagten zugestellt am 24. März 2011, wurde der Beklagte über den gegen ihn erhobenen Vorwurf unterrichtet, belehrt und angehört. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 teilte die Landesanwaltschaft dem Beklagten das Ergebnis der Ermittlungen mit und räumte ihm Gelegenheit zur abschließenden Äußerung ein. Unter dem 23. November 2011 erklärte die Landesanwaltschaft gegenüber einem der Vertreter des Beklagten, der Vortrag, der Beklagte habe sich mit den Gemeindemitarbeitern E. und S. nicht abgesprochen, könne als wahr unterstellt werden.

V.

Am 20. Dezember 2011 erhob der Kläger ausgehend von einem innerdienstlichen Dienstvergehen Disziplinarklage. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht R. beantragte er am 28. September 2012 die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht erkannte mit Urteil vom 28. September 2012 wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Gegeben sei eine außerdienstliche Verfehlung. Bei Meineid sei regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht zu ziehen, soweit nicht besondere Milderungsgründe vorlägen. Meineid gehöre zu denjenigen Delikten, die als Verbrechen ausgewiesen seien. Ein Meineid werde in der Bevölkerung als unehrenhaft angesehen, mit der Folge, dass ein Beamter, der sich des Meineids schuldig mache, regelmäßig an Achtung verliere. Überdies erschüttere er durch eine solche Tat tiefgreifend das Vertrauen, das seine dienstliche Umgebung und die Öffentlichkeit in ihn setze und auch setzen müsse. Von einem disziplinarisch minder schweren Fall des Meineids sei hier nicht etwa deshalb auszugehen, weil das Schöffengericht einen minderschweren Fall i. S. d. § 154 Abs. 2 StGB angenommen habe. Strafrecht und Disziplinarrecht hätten unterschiedliche Aufgaben und Zielsetzungen. Die Umstände der Tatbegehung wirkten zu Ungunsten des Beklagten. Er habe genug Zeit gehabt, sich auf seine Auftritte vor Gericht am 18. Juni 2008 und 26. Juni 2008 vorzubereiten. Am 18. Juni 2008 habe er es hingenommen, dass zwei Gemeindebedienstete zu seinen Gunsten einen Meineid schworen. Der verächtliche Umgang des Beklagten mit dem Recht lasse Rückschlüsse auf seine Gesinnung und sein weiteres Wirken als Bürgermeister zu. Er habe als Bürgermeister vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Bürger und Bedienstete müssten sich darauf verlassen können, dass er das Recht befolge. Durch sein Verhalten habe er das Vertrauen sowohl der Allgemeinheit als auch seiner Mitarbeiter in seine unbedingte Rechtstreue und die Rechtmäßigkeit seines dienstlichen Verhaltens zerstört.

VI.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts R. vom 28. September 2012 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

Der Beklagte akzeptiere die Bindungswirkung des Strafurteils ebenso wie er die Entscheidung des Amtsgerichts T. am Ende im Wege der Rücknahme der Berufung akzeptiert und gleichermaßen respektiert habe. Gemessen an den Vorgaben des Art. 14 BayDG sei die Entscheidung des Erstgerichts allerdings falsch. Auch disziplinarrechtlich sei von einem minderschweren Fall des Meineids auszugehen. Der Beklagte habe sich in einer außergewöhnlichen sozialen Drucksituation befunden. Im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Beklagten hätten die Gemeindemitarbeiter E. und S. unter Eid u. a. ausgesagt, dass der Beklagte angegurtet gewesen sei. Sie hätten sich damit dem Risiko eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Meineids ausgesetzt. Hätte der Beklagte eine Woche später im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen E. vor dem Amtsgericht Gegenteiliges ausgesagt, hätte er damit zugleich das Schicksal seiner langjährigen Angestellten besiegelt. Der Beklagte habe sich wohl aus falsch verstandener Solidarität vor seine Mitarbeiter gestellt. Irrelevant sei, dass es „nur“ um 30,- Euro gegangen sei. Vielmehr seien die Gesamtumstände in den Blick zu nehmen. Da es keine Absprachen zwischen den Gemeindemitarbeitern und dem Beklagten gegeben habe, könne diesem auch nicht vorgeworfen werden, er habe es hingenommen, dass die Mitarbeiter zu seinen Gunsten einen Meineid schwörten. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich der Beklagte um die Gemeinde verdient gemacht habe. Zudem liege die Tat immerhin einige Jahre zurück, der Beklagte sei seinen Geschäften und ehrenamtlichen Verpflichtungen seither beanstandungsfrei nachgekommen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung sei unbegründet. Das Verwaltungsgericht sei unstreitig und zutreffend von einer Bindungswirkung des Strafurteils ausgegangen. Zu Recht habe es sich für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme an der gesetzlichen Strafandrohung des Meineids orientiert. Eine außergewöhnliche soziale Drucksituation habe für den Beklagten objektiv nicht bestanden. Es sei für den Beklagten aufgrund der zeitlich vorangehenden Verhandlung vor dem Amtsgericht (18.Juni 2008) klar ersichtlich gewesen, was ihn bei seiner Zeugenaussage am 26. Juni 2008 erwartete. Er habe auch die wiederholten und umfangreichen Belehrungen des Strafrichters zum Meineid bzw. zur uneidlichen Falschaussage auf sich wirken lassen können. Hätte er in seinem Ordnungswidrigkeitenverfahren den Einspruch zurückgenommen, wären seine Mitarbeiter davor bewahrt worden, wahrheitswidrige Angaben zu machen. Er hätte auch auf seine Mitarbeiter einwirken können, wahrheitsgemäß auszusagen. Zusammenfassend habe der Beklagte das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit endgültig zerstört. Einmal verlorenes Vertrauen könne auch in der Folgezeit nicht wieder hergestellt werden.

Mit Verfügung vom 15. November 2012 ist der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben worden.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beklagte, u. a. er bleibe bei seiner Aussage, wie bereits vor dem Amtsgericht, dass er angeschnallt gewesen sei. Des weiteren würden Mängel in der Beweiswürdigung des amtsgerichtlichen Urteils geltend gemacht.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Dem Gericht haben die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft sowie die Disziplinarakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ausgesprochen.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts T. vom 9. April 2009 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1 und Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Mit der Bindung der Disziplinargerichte an die tatsächlichen Feststellungen in einem Urteil, das in einem sachgleichen Strafverfahren ergangen ist, sollen die besseren Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden genutzt und zugleich das Auseinanderfallen von Entscheidungen verschiedener Gerichtsbarkeiten in ein- und derselben Sache verhindert werden. Es handelt sich hierbei um eine für Disziplinarverfahren gesetzlich bestimmte Ausnahme von der grundsätzlichen Freiheit des Gerichts bei der Feststellung des zu beurteilenden Sachverhalts (BVerwG, B. v. 1.3.2012 - 2 B 120/11 - juris Rn. 13).

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen (BVerwG a. a. O., BayVGH, U. v. 12.3.2013 -16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Es steht daher fest, dass der Beklagte vorsätzlich rechtswidrig und schuldhaft vor Gericht falsch geschworen, mithin einen Meineid begangen hat, § 154 Abs. 1, Abs. 2 StGB.

Der Senat hat keinen Anlass, sich von den Feststellungen des Strafgerichts gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Halbsatz 2, Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayDG zu lösen. Gemäß Art. 55 Halbsatz 2 BayDG ist das Disziplinargericht an offenkundig unrichtige Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer Lösung ist u. a. auf solche Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unvertretbaren Sachverhalts entscheiden müsste. Dies ist etwa der Fall, wenn die Tatsachenfeststellungen des Strafurteils im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig sind. Wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten - wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 5. Februar 2014, nachdem er schriftsätzlich zuvor vorgetragen hatte, er habe im gesamten außergerichtlichen wie gerichtlichen Disziplinarverfahren mit keinem Wort daran festgehalten, dass er sich eben nicht des Meineids strafbar gemacht habe, weil er doch angeschnallt gewesen sei (Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beklagten vom 13.11.2012 S.5 2.Absatz, Bl.12 Gerichtsakte) - genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Halbsatz 2 BayDG ergeben kann. Auch reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, zu einem Lösungsbeschluss nicht aus (BVerwG, B. v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 Rn. 5 f., BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 38, BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103).

Daran gemessen liegen keine Gründe vor, die dem Senat eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts erlauben würden. Das Strafgericht hat nicht offensichtlich gegen seine Pflicht verstoßen, von Amts wegen den Sachverhalt aufzuklären und alle in Betracht kommenden Beweismittel auszuschöpfen, § 244 Abs. 2 StPO. Es hat im Rahmen der Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit in der Hauptverhandlung vom 9. April 2009 u. a. den Zeugen Polizeibeamten L. ausführlich vernommen und gefertigte Lichtbilder zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Zudem hat das Gericht einen Augenschein durchgeführt. Dabei wurden an derselben Kontrollstelle und unter Einsatz des am 19. Februar 2008 verwendeten Lasergeräts acht Fahrten durchgeführt. Auch wusste das Gericht anlässlich der Nachstellung der damaligen Ereignisse bei der Durchsicht durch die Zieloptik teilweise nicht, ob der Beklagte sowie der ebenfalls Angeklagte E. angeschnallt waren. Über das Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Gericht sodann gemäß § 261 StPO nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung entschieden, in dem es den einzelnen Beweisen nachvollziehbar eine Bedeutung zugemessen hat. Der aus Art. 103 Abs. 2 GG abgeleitete Grundsatz „in dubio pro reo“, dessen Verletzung der Beklagte insoweit vorträgt, ist im Rahmen der Beweiswürdigung nicht anwendbar. Es handelt sich vielmehr um eine materiell -rechtliche Entscheidungsregel für den Fall, dass das Gericht nach der abgeschlossenen Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung von einer entscheidungserheblichen äußeren oder inneren Tatsache zu gewinnen vermag (Fischer, Strafgesetzbuch, 61. Auflage, Rn. 34). Die Entscheidung des Strafgerichts ist in den Urteilsgründen ausführlich und nachvollziehbar begründet. Anhaltspunkte dafür, dass die Sachverhaltsfeststellungen des Strafgerichts offensichtlich unrichtig sein könnten, liegen mithin nicht vor.

III.

Durch den Meineid hat der Beklagte als Ehrenbeamter (ehrenamtlicher Bürgermeister, Art. 34 Abs. 2 GO) ein außerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 48 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (KWBG) in der bis 31. Juli 2012 geltenden Fassung (vgl. nunmehr § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) begangen und dadurch vorsätzlich schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt.

Der Meineid ist als außerdienstliche Pflichtverletzung zu bewerten. Die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Verfehlungen bemisst sich nicht nach der formalen Dienstbezogenheit, d. h. nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum Dienst. Vielmehr kommt es auf die materielle Dienstbezogenheit, nämlich darauf an, ob durch das Verhalten innerdienstliche Pflichten verletzt worden sind (BVerwG, U. v. 21.8.1996 - 1 D 66/95 - juris Rn. 31). Zu fragen ist, ob das pflichtwidrige Verhalten des Beamten in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (BVerwG, U. v. 19.8.2010 -2 C 5/10 - juris Rn. 9 m. w. N.). Davon ausgehend beging der Beklagte zwar die Ordnungswidrigkeit im Rahmen einer Dienstfahrt. Sein Zeugenauftritt im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Gemeindebediensteten E. vor dem Amtsgericht T. am 26. Juni 2008 erfolgte hingegen als Privatperson. Seine Zeugenstellung und die damit verbundenen Pflichten standen nicht in Zusammenhang mit dem Bürgermeisteramt. Hingegen wird es dem Beklagten in der Disziplinarklage nicht vorgeworfen, als Vorgesetzter auf seine Untergebenen E. und S. eingewirkt zu haben, im gegen ihn gerichteten Ordnungswidrigkeitenverfahren die Unwahrheit zu sagen.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte vorsätzlich schuldhaft gegen seine auch außerdienstliche Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (Art. 35 Abs. 1 Satz 3 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie § 34 Satz 3 BeamtStG) sowie gegen die Verpflichtung, die Gesetze zu beachten (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) verstoßen.

Die außerdienstliche Pflichtverletzung stellt auch ein Dienstvergehen dar. Denn es erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Danach ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Davon ist auszugehen. Zwar wird von einem Beamten außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von jedem Bürger. Hier übersteigt jedoch das Fehlverhalten des Beamten das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Mindestmaß an disziplinarischer Relevanz deutlich und erfüllt damit die besonderen Anforderungen an ein Dienstvergehen. Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 19.8.2010 - 2 C 13/10 - juris), dem sich der Senat anschließt (vgl. BayVGH, U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris), hat ausgeführt, dass schon ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. § 154 Abs. 2 StGB sieht in dem hier vom Amtsgericht angenommenen minder schweren Fall des Meineids eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Durch diese strafrechtliche Bewertung des Fehlverhaltens hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass dieses Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums und des Bürgermeisteramtes in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionstüchtigkeit nicht hingenommen werden kann.

Hinzu kommt, dass der Meineid einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Beklagten aufweist. Dafür genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellem Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden muss es nicht gekommen sein (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris, BVerwG, B. v. 21.12.2010 -2 B 29/10 - juris). Dies ist zu bejahen. Zum einen lässt der geleistete Meineid des Beklagten insoweit Rückschlüsse auf dessen Dienstausübung im Amt des Bürgermeisters zu, als sich die Frage aufdrängt, ob er in Ausübung seines herausgehobenen Amtes seine Dienstpflichten wahrhaftig und verlässlich erfüllt. Zum anderen ist der Meineid geeignet, das Vertrauen der behördlichen Mitarbeiter und der gemeindlichen Öffentlichkeit in die Bürgermeisterstellung des Beklagten zu untergraben, mithin die Dienstausübung zu beeinträchtigen.

IV.

Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1, 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 -2 C 59/07 - juris Rn. 20). Wiegt das Dienstvergehen schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen (BVerwG, B. v. 15.4.2009 -2 B 1/09 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Aus den gesetzlichen Zumessungskriterien folgt die Verpflichtung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung ist danach die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn.16).

Bei dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust i. S. v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Für das außergerichtlich begangene Dienstvergehen des Meineids gibt es keine Regeleinstufung, wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist. Deshalb ist jeder Einzelfall individuell zu würdigen (BVerwG, U. v. 19.5.1998 - 1 D 37/97 - juris). Die Rechtsprechung ist differenziert. Der Bundesdisziplinarhof hat 1957 entschieden, dass ein Beamter, der einen Meineid leistet und sich einer falschen uneidlichen Aussage schuldig macht, selbst bei Zubilligung des Aussagenotstandes durch das Strafgericht ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigt (U. v. 1.10.1957 - II D 10/57 - juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 4. November 1976 beim Meineid eines im Scheidungsrechtstreit als Partei vernommenen Beamten von der Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme abgesehen, diese aber erwogen (U. v. 4.11.1976 - I D 6.76 - juris). In den Urteilgründen heißt es u. a., dem Beamten habe in dem mit Erbitterung geführten Ehescheidungsprozess die Entscheidung für die Wahrheit schwerfallen müssen, sein Verhalten sei bis zu einem gewissen Grade verständlich, möglicherweise sei er mit 27 Jahren charakterlich noch nicht ausgereift gewesen. In einem Urteil vom 11. Dezember 1978 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Verurteilung wegen Meineids grundsätzlich die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige, allerdings für das Dienstvergehen des Meineids durch wahrheitswidriges Leugnen eines Ehebruchs die Disziplinarmaßnahme der Dienstgradherabsetzung ausgesprochen (1 D 78.77 - juris). Mit Urteil vom 21. Juni 1983 hat das Bundesverwaltungsgericht die Verhängung der Höchstmaßnahme gegen einen Beamten, der strafgerichtlich wegen fortgesetzten Meineids verurteilt worden war, bestätigt (1 D 55/82 - juris). Für den Meineid eines als Zeugen vor dem Familiengericht vernommenen Beamten zu einem außerehelichen Verhältnis mit der Ehefrau des dortigen Antragstellers hat das Bundesverwaltungsgericht eine Gehaltskürzung als angemessen erachtet (U. v. 8.12.1987 - 1 D 34/87 - juris). Gegen einen Soldaten, der als Zeuge in einem familiengerichtlichen Verfahren einen Meineid leistete, stellt das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ein (U. v. 3.4.2003 - 2 WD 46/02 - juris). In den Urteilsgründen heißt es u. a., Meineid stelle nach ständiger Rechtsprechung des Senats regelmäßig ein die schwerste gerichtliche Disziplinarmaßnahme erforderndes Dienstvergehen dar, im vorliegenden Einzelfall seien aber die Voraussetzungen einer unbedachten persönlichkeitsfremden Augenblickstat gegeben. Der Beamte habe nicht aktiv falsch, sondern unvollständig ausgesagt, die Tat sei spontan, aus den Umständen des Augenblicks heraus zustande gekommen, ein gewisser Zwang, sich gegenüber der noch verheirateten Freundin in einer prekären Lage hilfsbereit zeigen zu müssen, sei nicht von der Hand zu weisen, der Meineid sei nur aus einer außergewöhnlich schwierigen Drucksituation heraus zu erklären. Zängl (Bayerisches Disziplinarrecht, Stand November 2012, MatR/II Rn. Rn. 475) führt (zusammenfassend) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus, bei Meineid werde regelmäßig auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen sein, wenn nicht besondere Milderungsgründe vorliegen.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.8.2010 - 2 C 5.10 - juris) richtet sich die Schwere relevanter außerdienstlicher Straftaten in erster Linie nach dem gesetzlichen Strafrahmen. Dadurch bringt der Gesetzgeber den Unwertgehalt eines Delikts verbindlich zum Ausdruck. Diese gesetzliche Wertung ist richtungsweisend für die Schwere des Dienstvergehens und damit für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das rechtskräftige Strafurteil ist vom Strafrahmen des § 154 Abs. 2 StGB ausgegangen, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht. Liegt - wie hier - ein Dienstbezug vor, so ist der Orientierungsrahmen bereits bei einem Strafrahmen bis zu zwei Jahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U. v.19.8.2010 - 2 C 5.10 - juris Rn. 24).

Ausgehend von diesem Orientierungsrahmen ist in der Gesamtschau der Schwere des Dienstvergehens die Entfernung des Beamten aus dem Dienst angezeigt, Art. 6 Abs. 3, 11 BayDG.

Meineid gehört zu denjenigen Delikten, die als Verbrechen ausgewiesen sind (§ 154 i. V. m. § 12 Abs. 1, Abs. 3 StGB). Er wird schon aus diesem Grunde in allen Bevölkerungskreisen als unehrenhaft angesehen. Das bedeutet, dass ein Beamter, der eine solche Tat begeht, sein Ansehen empfindlich schädigt, und zwar nicht nur innerhalb seiner Verwaltung und in der Beamtenschaft, sondern auch in der Öffentlichkeit. Daneben erschüttert er durch eine solche Tat tiefgreifend das von seiner Verwaltung in ihn gesetzte Vertrauen. Er zeigt damit, dass man sich auf ihn nicht fest verlassen kann, da er in einem entscheidenden Augenblick der Bewährung nicht bereit war, eigene Interessen hinter zwingenden Geboten der Rechtsordnung, zu denen insbesondere gehört, unter Eid die reine Wahrheit zu sagen, zurückstehen zu lassen. Auch verletzt er die Treuepflicht, die er dem Staat schuldet und die von ihm verlangt, dass er die vom Staat eingesetzten Gerichte bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben unterstützt und nicht der zu diesen Aufgaben in erster Linie gehörenden Wahrheitsfindung entgegenwirkt (BVerwG, U. v. 4.11.1976 - I D 6.76, U. v. 21.6.1983 - 1 D 55/82 - jeweils juris).

Hinzu kommt, dass bei den Zumessungserwägungen hinsichtlich der Persönlichkeit die herausgehobene Stellung des Beamten als erster Bürgermeister einer Gemeinde erschwerend ins Gewicht fällt. Vor diesem Hintergrund hat er in ungewöhnlicher Weise versagt. Ein erster Bürgermeister hat als Kommunalpolitiker sowie als Behördenvorstand in seiner Gemeinde eine überragende Stellung mit weitreichenden Befugnissen nach der bayerischen Gemeindeordnung und außerhalb dieses Gesetzes (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, GO, April 2012, Art. 34 Rn. 2, 3, 4). Dem stehen hohe Anforderungen an seine Führungsfähigkeiten und seine persönliche Integrität gegenüber. In der Behörde hat er Leitbildfunktion und muss geeigneter Orientierungspunkt für nachgeordnete Bedienstete sein. Zudem steht ein erster Bürgermeister als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung nicht nur seiner Untergebenen, sondern auch der Gemeindebürger. Das Fehlverhalten eines ersten Bürgermeisters ist mithin in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen. Davon ausgehend ist die Tatsache, dass ein erster Bürgermeister einen Meineid geleistet hat, als so gravierend anzusehen, dass er in seinem Amt untragbar wird und nicht in seinem Dienstverhältnis verbleiben kann.

Die für den Beamten sprechenden Entlastungsgründe haben in einer Gesamtwürdigung kein solches Gewicht, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen wäre (BVerwG, U. v. 23.12.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13 bis 15).

Anhaltspunkte für besondere Milderungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere ist der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen eines Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, nicht gegeben. Die mildere Bewertung knüpft hier daran an, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist (BayVGH, U. v. 22.9.2010 - 16b D 08.314 - juris).

In einer solchen Lage befand sich der Beklagte nicht. Der Beklagte wusste aus der Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 18. Juni 2008 wie eine Zeugeneinvernahme mit Vereidigung abläuft, auch musste er mit der Vereidigung seiner Zeugenaussage am 26. Juni 2008 rechnen. Zwischen beiden Verhandlungen hatte er über eine Woche Zeit, sein Verhalten zu überdenken. Mithin war ihm die Tragweite seiner Tat bewusst. Zudem wurde er vor seiner Zeugenaussage, wie sich aus dem Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 26. Juni 2008 ergibt, gemäß § 57 StPO durch den Amtsrichter belehrt. Die Belehrung hielt ihn nicht von seiner Straftat ab.

Auch befand sich der Beklagte nicht in einer besonderen Konfliktlage. Zwar ist es richtig, dass er, hätte er in der Ordnungswidrigkeitenverhandlung vor dem Amtsgericht am 26. Juni 2008 gegen den betroffenen E. zugegeben, dass er selbst sowie E. nicht angeschnallt waren, Meineidsverfahren gegen E. und S. wegen deren Aussagen am 18. Juni 2008 heraufbeschworen hätte. Allerdings hätte der Beklagte durch den Verzicht auf einen Einspruch gegen den an ihn ergangenen Bußgeldbescheid die Verhandlung vor dem Amtsgericht am 18. Juni 2008 vermeiden und E. und S. ihren Zeugenauftritt ersparen können.

Auch der Umstand, dass das Strafgericht einen minderschweren Fall des Meineids annahm, § 154 Abs. 2 StGB, führt nicht zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Strafgericht und Disziplinargericht haben unterschiedliche Aufgaben. Ebenso unterscheiden sich die Zielsetzungen der beiden Rechtsgebiete. Ein beamtenrechtliches Fehlverhalten kann durchaus zur disziplinaren Höchstmaßnahme führen, selbst wenn es strafrechtlich kaum oder gar nicht von Belang ist. Zudem besteht ein unterschiedliches Gewicht in der Bewertung eines Vorwurfs als Straftat und als Dienstvergehen. Die Strafe dient der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht, der Prävention und dem Schuldausgleich. Auch die Resozialisierung des Täters ist ein Aspekt einer angemessenen Strafsanktion (vgl. BVerfG, U. v. 21.6.1977 - 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187, 273ff). Das Disziplinarverfahren dient dagegen in Wahrung der Funktion der öffentlichen Verwaltung der - auf andere Weise nicht zu erreichenden - einseitigen Auflösung des Beamtenverhältnisses oder aber, sofern die Verfehlungen eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses noch zulassen, der Warnung des schuldigen Beamten und seiner Erziehung zum künftigen Wohlverhalten. Die Annahme eines minderschweren Falles durch ein Strafgericht entfaltet mithin für das Disziplinarverfahren keine Verbindlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.1983 - 1 D 55/82 - juris Rn. 0121, 22).

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und die bisherigen dienstlichen Leistungen des Beamten ändern nichts daran, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Der Beamte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet, er ist seinen dienstlichen Pflichten bislang beanstandungsfrei nachgekommen und ehrenamtlich engagiert. Besondere Milderungsgründe können daraus angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht entnommen werden.

Eine positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, ist in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände danach nicht möglich. Der Beamte hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren und ist aus dem Dienst zu entfernen. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezählten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Dienstpflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/3 - juris, U. v. 8.3.2005 - 1 D 1504 - juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.