Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 22. Aug. 2014 - 14 K 744/12
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. Dezember 2011 verurteilt, ihre Zustimmung zu einer Bestattung der verstorbenen Frau I. T. im Wege der Umbettung in das Doppelgrab D 9 auf ihrem Friedhof T1.-----straße in F. zu erteilen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Bestattung der verstorbenen Frau I. T. , der nicht dem jüdischen Glauben angehörenden Stiefmutter der Kläger, auf dem von der Beklagten betriebenen jüdischen Friedhof T1.-----straße in F. bzw. deren Umbettung dorthin.
3Am 30. November 2011 verstarb Frau T. , nachdem ihr dem jüdischen Glauben angehörender Ehemann K. T. im August 1996 verstorben und auf dem ge-nannten jüdischen Friedhof in der Doppelgrabstelle D 9 beigesetzt worden war. Daraufhin wandte sich die Klägerin am 1. Dezember 2011 unter Verweis auf eine zwischen ihrem Vater und seiner Ehefrau einerseits sowie der Beklagten andererseits im Jahre 1971 getroffene Vereinbarung an die Beklagte und bat um Beisetzung ihrer Stiefmutter auf dem Friedhof der Beklagten. Mit Schreiben vom selben Tage lehnte diese eine Bestattung der Frau T. auf ihrem Friedhof ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass eine Bestattung aus halachischen Gründen nicht erfolgen könne. Die Verstorbene habe nicht der jüdischen Religionsgemein-schaft angehört. Die damaligen Vereinbarungen seien gegenstandslos, da sie dem jüdischen Recht nicht entsprächen. Dies sei durch den Gemeinderabbiner bestätigt worden.
4Auf den nochmaligen Hinweis des Klägers auf den zwischen seinen Eltern und der Beklagten vereinbarten Erwerb einer Grabstätte für beide Eheleute lehnte die Be-klagte mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 die Bestattung von Frau T. auf dem jüdischen Friedhof abermals ab mit der Empfehlung, die Bestattung von Frau T. auf einem anderen Friedhof zu veranlassen, dies verbunden mit der Aufforderung, von weiteren Rückfragen abzusehen.
5Daraufhin beantragten die Kläger unter dem 9. Dezember 2011 bei der erkennenden Kammer, der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, der Be-stattung der Frau I. T. auf dem Jüdischen Friedhof T1.-----straße in F. zuzustimmen – VG Gelsenkirchen 14 L 1353/11 -.
6Nachdem die Kläger unter dem 14. Dezember 2011 mitgeteilt hatten, dass die Ver-storbene wegen drohender Überschreitung der Bestattungsfrist am 12. Dezember 2011 auf dem Parkfriedhof in F. beigesetzt worden sei, wurde dieses Verfahren von den Beteiligten übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.
7Am 10. Februar 2012 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der sie die Zustimmung der Beklagten zur Bestattung der Verstorbenen in der Familien-grabstätte ihres Vaters begehren. Zur Begründung verweisen sie auf die Reservie-rungsbestätigung von 1971, mit der sowohl ihr verstorbener Vater als auch ihre Stiefmutter zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie als Eheleute über den Tod hinaus vereint und in einer gemeinsamen Grabstätte beerdigt sein wollten. Dem habe der frühere Gemeindevorstand mit der Reservierungsbestätigung Rechnung getragen.
8In diesem von den Klägern in Ablichtung zur Gerichtsakte gereichten, an Herrn K. T. adressierten und mit dessen Eingangsstempel vom 11. Dezember 1971 versehenen Schreiben erklärte die Beklagte diesem gegenüber Folgendes:
9„Betr.: Kaufgrab auf dem Jüdischen Q.
10Sehr geehrte Frau T. , sehr geehrter Herr T. ,
11wir danken für die Übersendung eines Schecks in Höhe von DM 1.000,- (eintausend) zur Reservierung von zwei Kaufgräbern (Gruft).
12Wir bestätigen Ihnen hiermit, dass diese beiden Gräber für Sie, Herrn K. T. , und Ihre Ehefrau, I. T. , geb. A. , vorbehalten bleiben; dieses, trotzdem Ihre Gattin Nichtjüdin ist. Wie bereits besprochen, ist ein Steinsetzen zu Lebzeiten auf dem Jüdischen Friedhof nicht erlaubt.“
13Das Schreiben ist unterzeichnet durch den damaligen Vorstand der Beklagten.
14Nachdem der Vater der Klägerin im Jahre 1990 einen Schlaganfall erlitten hatte, bat der Kläger im April 1993 um eine Bestätigung der Reservierung. Daraufhin bestätigte der zu diesem Zeitpunkt tätige Vorstand der Beklagten mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 16. April 1993 „die Reservierung von zwei Kaufgräbern für Herrn K. T. und seine Ehefrau I. T. aus dem Jahre 1971.“ Das Schreiben enthält den Zusatz, dass vorsorglich auf das Entstehen weiterer Beerdigungs-/Nebenkosten hingewiesen werde.
15Die Kläger haben am 10. Februar 2012 Klage erhoben.
16Sie verweisen zur Begründung ihres Anspruchs auf die Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarung. Diese sei erkennbar allein im Hinblick darauf geschlossen worden, dass ihre Eltern trotz der Nichtzugehörigkeit der Stiefmutter zum jüdischen Glauben ihre gemeinsame Bestattung in einem Familiengrab sicherstellen wollten. Insbesondere in Anbetracht der noch im April 1993 erfolgten Bestätigung der Ver-bindlichkeit der 21 Jahre zuvor geschlossenen Vereinbarung verstoße die jetzige Haltung der Beklagten gegen Treu und Glauben.
17Aus der jüdischen Presse seien vielfach Fälle anderer jüdischer Kultusgemeinden bekannt, in den nichtjüdische Personen neben ihren jüdischen Ehepartnern bestattet worden seien. So sei auch der nichtjüdische Ehemann der Tante der Klägerin im Jahre 1993 noch vor dem Tod seiner jüdischen Ehefrau im Jahre 1995 auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg beigesetzt worden. Demgegenüber könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass es sich bei den in der Presse bekannt gewordenen Fällen um jüdische Gemeinden mit einem liberalen Glaubens-verständnis handele, während sie selbst streng orthodox ausgerichtet sei. Die Be-klagte sei früher selbst liberal orientiert gewesen. Wenn die vormaligen Gemeinde-vorstände auf Grund ihres Glaubensverständnisses die erteilte Zusicherung als mit ihrem Glauben vereinbar angesehen hätten, so müsse der jetzige Gemeindevorstand diese Erklärung gegen sich gelten lassen, auch wenn er selbst nunmehr anderer Auffassung sei.
18Insofern könne sich die Beklagte auch nicht auf die von ihr vorgelegte Erklärung des Rabbiners U. I1. berufen, wonach die dem Vater der Kläger gegebene Zusiche-rung unwirksam sei, da sie gegen jüdisches Glaubensrecht verstoße. Insoweit han-dele es sich lediglich um die Wiedergabe der von der Beklagten selbst vertretenen Glaubensrichtung.
19Auf dem jüdischen Friedhof befänden sich bereits mehrere Familiengräber, in denen jüdische und nichtjüdische Ehepartner gemeinsam beigesetzt worden seien. Gerade die Familiengrabstätte, in der der Vater beerdigt worden sei, befinde sich in einem Gräberfeld des Friedhofs, in dem es mehrere gemischt-gläubige Grabstätten gebe.
20Die Kläger haben eine Erklärung der Stadt F. als Trägerin des Q. in F. vom 13. Januar 2012 vorgelegt, in der diese für den Fall einer entsprechenden Antragstellung durch den Kläger sowie Vorlage eines Grabstättennachweises des neuen Beisetzungsortes erklärt, ihre Zustimmung zu einer Umbettung im Rahmen der Familienzusammenführung zu erteilen.
21Die Kläger beantragen,
22die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. Dezember 2011 zu verpflichten, ihre Zustimmung zu einer Bestattung der verstorbenen Frau I. T. im Wege der Umbettung in das Doppelgrab D 9 auf ihrem Friedhof T1.-----straße in F. zu erteilen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie hält den Verwaltungsrechtsweg für nicht gegeben. Sie sei eine religiöse Gemein-schaft, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sei. Die Entscheidung, welcher Personenkreis auf ihrem Friedhof beigesetzt werden dürfe, sei eine innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaft, die diese gemäß Art. 140 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) unter Berücksichtigung ihrer inneren Organisation und religiösen Vorgaben zu treffen ha-be. Derartige innere Angelegenheiten seien einer Überprüfung durch staatliche Ge-richte nicht zugänglich. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Im Übrigen habe dieses entschieden, dass in den Fällen, in denen Religionsgemeinschaften die Möglichkeit geschaffen hätten, Rechtsstreitigkeiten durch ein eigenes Gericht beurteilen zu lassen und damit die Möglichkeit bestehe, die Streitigkeit entsprechend dem Selbstverständnis der religiösen Gemeinschaft beizulegen, jedenfalls dann das staatliche Gericht nicht zu entscheiden habe, bis gegebenfalls der von der religiösen Gemeinschaft eröffnete Rechtsweg erschöpft sei. Vorliegend komme insoweit daher zunächst eine Entscheidung durch ein Rabbinatsgericht oder die Anrufung des Schieds- und Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland in Betracht. Die Kläger seien daher nicht rechtsschutzlos, wenn der Weg zu der ordentlichen Gerichtsbarkeit verschlossen sei.
26In der Sache selbst sei der Anspruch aber auch nicht begründet. Ihr Gemeinderat habe im Dezember 1998 eine Beerdigungs- und Friedhofssatzung beschlossen, die mit sofortiger Wirkung in Kraft getreten sei. Derzeit sei die Satzung in der Fassung vom 30. September 2009 in Kraft. Gemäß § 2 der Satzung diene der Friedhof „...als ewige Ruhestätte für alle Verstorbenen, die zum Zeitpunkt ihres Todes ihren Wohn-sitz in F. hatten, Mitglieder der jüdischen Kultusgemeinde F. waren sowie durch Zahlung von Mitgliedsbeiträgen zur Erhaltung der Einrichtungen der Jüdischen Kultusgemeinde beigetragen haben. In Zweifelsfällen entscheidet der Vorstand.“ Nach § 22 Abs. 2 der Satzung sei auch die Verwendung bereits erworbener Doppel- oder Mehrgrabstätten für nahe Familienangehörige, die ihren Wohnsitz außerhalb F. hatten und Mitglieder der dortigen Jüdischen Gemeinde gewesen seien, zulässig.
27Bereits aus der Satzung ergebe sich, dass nur Mitglieder einer Jüdischen Gemeinde auf dem Friedhof beigesetzt werden dürften. Frau T. habe jedoch nie einer Jüdischen Gemeinde angehört.
28Die Friedhofssatzung sei auf der Basis des jüdischen Religionsgesetzes und des jüdischen Selbstverständnisses beschlossen worden. Alle früheren und zeitgenös-sischen Rabbiner stimmten darin überein, dass eine gemeinsame Bestattung von Juden und Nichtjuden in einer Grabstätte eine schwere Verletzung des jüdischen Religionsrechts darstelle und unter allen Umständen zu verhindern sei. Dies werde auch bestätigt durch die Stellungnahme des für die Gemeinde in F. zuständigen Rabbiners.
29Auf dem Jüdischen Friedhof in F. befänden sich ca. 450 Grabstätten. In neun Fällen seien dort nichtjüdische Ehefrauen beigesetzt worden. Nach 1998 habe es aber keinen derartigen Fall mehr gegeben. Es gebe auf dem Friedhof auch keinen speziell ausgewiesenen Bereich, in dem sich Grabstätten von Eheleuten jüdischen und nichtjüdischen Glaubens befänden. Die Fälle von Beisetzungen nichtjüdischer Verstorbener seien religionsgesetzlich gravierend fehlerhaft gewesen. Zur Erklärung könne nur gemutmaßt werden, dass frühere Gemeindevorstände es vor dem Hinter-grund der Shoa nicht über sich gebracht hätten, die Beisetzung eines nicht jüdischen Ehepartners zu verweigern, der im Dritten Reich zu seinem jüdischen Ehepartner gestanden habe. Hieraus folge jedoch kein Anspruch der Kläger auf die Zustimmung zur Beisetzung der verstorbenen Frau T. , denn es gebe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
30Gegenüber dem Vortrag der Kläger unter Bezugnahme auf verschiedene Pressemit-teilungen, dass es anderenorts gängige Praxis sei, das Begräbnis von Partnern einer „Mischehe“ zu ermöglichen, sei festzustellen, dass sich aus den genannten Presse-artikeln (u.a. Jüdische Allgemeine vom 26.02.2009) genau das Gegenteil ergebe. Wie aus dem Artikel ersichtlich, bestehe nur bei wenigen Friedhöfen, die hierfür einen eigenen abgegrenzten Bereich hätten, die Möglichkeit der Bestattung nicht-jüdischer Ehepartner. Niemals komme jedoch die Beisetzung von jüdischen und nichtjüdischen Ehepartnern in einer Gruft in Betracht. In dem von den Klägern genannten Beispiel des Friedhofs in Hamburg-Ohlsdorf grenze der jüdische Friedhof an einen christlichen, so dass es möglich sei, dass die Eheleute nahe beieinander ihre letzte Ruhe fänden. Dies bedeute aber auch, dass es sich nicht um die Beiset-zung in derselben Grabstätte handele.
31Selbst die Friedhofssatzung der liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom in Mün-chen von 1998 sehe vor, dass auf dem Neuen Jüdischen Friedhof im Waldfriedhof München die Bestattung von Ehepartnern nichtjüdischen Glaubens möglich sei. Es werde aber ein gesonderter Teil des Friedhofs ausgewiesen, in dem ausschließlich Angehörige der jüdischen Glaubensgemeinschaft beerdigt würden. Die Beerdigung von Juden und Nichtjuden in einem gemeinsamen Grab sei nicht gestattet.
32Die Kammer hat Beweis erhoben namentlich zu den Fragen, ob nach jüdischen Glaubensvorstellungen allgemeingültige verbindliche Regelungen, gegebenenfalls in welcher Form, zur Nutzung jüdischer Friedhöfe, insbesondere zur Frage der Zuläs-sigkeit der Bestattung von Nichtjuden auf jüdischen Friedhöfen existieren, und wel-che glaubensrechtlichen Konsequenzen eine gegebenenfalls unzulässige Bestattung für den Friedhof bzw. die Kultusgemeinde hätte, durch Einholung eines Sachverstän-digengutachtens der Geschäftsführenden Direktorin des Centrums für Religiöse Stu-dien an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, Frau Prof. Dr. H. . Wegen der Fragestellung im Einzelnen sowie des Ergebnisses des Gutach-tens wird Bezug genommen auf Blatt 133 sowie 139 bis 145 der Gerichtsakte.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genom-men auf den Inhalt der Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe :
34Die auf die Erteilung der Zustimmung zur Bestattung der verstorbenen Frau I. T. auf dem jüdischen Friedhof T1.-----straße in F. im Wege der Umbettung gerichtete Klage ist zulässig.
35Für das anhängige Rechtsschutzbegehren ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, die keinem anderen Gericht zugewiesen ist (§ 40 Abs. 1 der Verwaltungs-gerichtsordnung –VwGO-).
36Der von der Beklagten unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfas-sungsgerichts
37BVerfG, Beschluss vom 18. September 1989 – 2 BvR 1476/94 -, NJW 1999,349-350
38vertretenen Rechtsauffassung, für den vorliegenden Rechtsstreit sei jedenfalls nicht vor Ausschöpfung des von der Religionsgemeinschaft selbst eröffneten Rechts-weges der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht gegeben, ist im Hinblick auf die vorliegend zu entscheidende Rechtsstreitigkeit nicht zu folgen.
39Wie das Bundesverfassungsgericht
40a.a.O.
41ausgeführt hat, folgt aus Art. 2 Abs.1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie Art. 92 GG ein allgemeiner Justizgewäh-rungsanspruch. Dieser fordere eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch ein staatliches Gericht. Bei der Feststellung seiner Reichweite sei aber zu beachten, dass Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) den Religionsgemeinschaften die Freiheit garantiere, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze zu ordnen und zu verwalten. Soweit es insbesondere zu den Angelegenheiten der Religionsgemein-schaften gehöre, Amt und Status ihrer Geistlichen abschließend festzulegen, könne es vorkommen, dass Regelungen in diesem Bereich auch in den Bereich des Öffent-lichen hinübergriffen. Damit sei jedoch nicht gesagt, dass die staatlichen Regelungen in jedem Fall dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften vorgehen müssten. Vielmehr sei von einem Wechselverhältnis zwischen deren Selbstverwal-tungsrecht und der Durchsetzung der allgemeinen Gesetze durch die staatlichen Gerichte auszugehen, dem durch entsprechende Güterabwägung unter besonderer Gewichtung des religionsgemeinschaftlichen Selbstverständnisses Rechnung zu tragen sei. Über Fragen des religionsgemeinschaftlichen Amtsrechts sei deshalb jedenfalls nicht vor Ausschöpfung des insoweit gegeben religionsgemeinschaftlichen Rechtswegs zu entscheiden.
42Soweit die Beklagte hierzu darauf verweist, die vorliegend streitgegenständliche Frage könne vor einem Rabbinatsgericht (Bet Din) einer Klärung zugeführt werden, zum anderen komme aber auch die Anrufung des Schieds- und Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland in Betracht, fehlt es bereits an der Darle-gung einer den Anspruch auf Verbindlichkeit erhebenden Zuweisung der Streitigkeit an ein innergemeinschaftliches Gericht bzw. eines insoweit gegeben Rechtsweges, wie dies der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde lag, wenn hier sowohl eine Entscheidung des Rabbinatsgerichts als auch eine des Schieds- und Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden als zuvor einzuholende angeführt sind.
43Hierauf kommt es indessen im Ergebnis nicht an.
44Im Einklang mit der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht es vielmehr ständiger und allgemeiner verwaltungsgerichtlicher Auffas-sung, dass Fragen der Nutzung kirchlicher bzw. von einer sonstigen Religions-gemeinschaft betriebener Friedhöfe der Rechtsprechung durch die staatlichen Gerichte unterworfen sind.
45So hat unter anderem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) zuvor schon mit
46Urteil vom 28. September 1989 – 9 A 2511/86 –, u.a. bei juris, unter Verweis auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 8.Juli 1960 – VII C 123.59 -, BVerwGE 11, S.68f., 16. Dezember 1966 – VII C 45.65 -, BVerwGE 25, S. 364f. und Beschlüsse vom 20. Dezember 1977 – VII B 188.76 -, Buchholz 408.2 Nr. 6 und 28. Oktober 1980 – VII B 224.80-, Buchholz 408.3 Nr. 4
47in Bezug auf die im dortigen Verfahren beklagte evangelische Kirchengemeinde entschieden, dass Friedhöfe der evangelischen Kirchengemeinden, die nach Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) i.V.m. Art. 140 des Grundgesetzes (GG) den verfassungsrechtlich garantierten Status öffentlich-rechtlicher Körper-schaften haben, öffentliche Sachen im Kirchengebrauch sind. Die auf solchen Friedhöfen hinsichtlich der Grabstätten begründeten Nutzungsverhältnisse sind öffentliche Rechtsverhältnisse, soweit nicht ausnahmsweise eine privatrechtliche Ausgestaltung anzunehmen ist.
48Hiernach sind Streitigkeiten über den Bestand und den Inhalt von Grabnutzungsrech-ten an kirchlichen Friedhöfen und den mit solchen Rechten verbundenen Pflichten, gleich ob die Kirchengemeinde bei der Unterhaltung des Friedhofs auch eine ihr übertragene staatliche Pflicht, Begräbnisstätten vorzuhalten, wahrnimmt oder nicht, grundsätzlich öffentlich-rechtliche Streitigkeiten im Sinne von § 40 Abs. 1 VwGO. In Nordrhein-Westfalen wird durch die Benutzung kirchlicher Friedhöfe ebenso, wie das bei der Benutzung kommunaler Friedhöfe der Fall ist, die nach staatlichem Recht (damals auf Grund der nach § 26 Abs.1 Ordnungsbehördengesetz erlassenen Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Leichenwesen, heute nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen –Bestattungsgesetz- BestG NRW) bestehende Bestattungspflicht erfüllt. Wegen der Erfüllung des staatlichen Bestattungszwangs durch die Inanspruchnahme von Grabnutzungs-rechten handelt es sich hierbei nicht um eine nur innerkirchliche, sondern in jedem Falle auch um eine in den staatlichen Bereich hineinreichende Angelegenheit mit der Folge, dass die kirchliche Selbstbestimmung eine in der Sache begründete, der verwaltungs-gerichtlichen Überprüfung zugängliche Einschränkung erfährt.
49Diese Grundsätze gelten nach wie vor, und zwar nicht nur für die christliche Kirchen, sondern auch für die anderen, die Rechte aus Art. 137 Abs. 5 WRV i.V.m. Art. 140 GG in Anspruch nehmenden Religionsgemeinschaften.
50Bei Regelungen in Bezug auf eine Bestattung handelt sich danach nicht um rein innergemeindliche Angelegenheiten, sondern – sofern das Benutzungsverhältnis nicht ausnahmsweise privatrechtlich ausgestaltet ist - in jedem Falle auch um öffentlich-rechtliche Regelungen. Friedhöfe, auch kirchliche bzw. einer sonstigen Religionsgemeinschaft zuzurechnende, sind danach anstaltlich verwaltete öffentliche Sachen. Aus der Anstaltsautonomie des Friedhofsträgers folgt dessen Befugnis, im Gegenzug aber auch dessen Verpflichtung, die Benutzung des Friedhofes im Einzelnen nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen zu regeln.
51so Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 28. November 1991 – 19 A 1925/90 – bei juris, unter Verweis auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluß vom 20. Dezember 1977 - VII B 188.76 - Buchholz, 408.2 Nr. 6 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 31. Mai 1990 - 7 CB 31.89 - NJW 1990, 2079 und OVG NRW, Urteil vom 15. November 1991 - 19 A 1492/88 - ; ständ. verwaltungs-gerichtliche Rechtsprechung, vgl. aktuell auch VG Schwerin, Urteil vom 13. Januar 2014 – 4 A 1200/11- sowie VG München, Urteil vom 15. Juli 2010 – M 12 K 10.451 -, beide bei juris
52Bei der Beklagten handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, worauf sie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch selbst ausdrücklich verwiesen hat. Als solche unterliegt ihre Tätigkeit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.
53Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.
54Bei der Erteilung der Zustimmung zu einer Bestattung bzw. der Verweigerung einer solchen handelt es sich in der Regel um einen Verwaltungsakt mit der Folge, dass die auf die Erteilung der Zustimmung zur Bestattung gerichtete Klage als Verpflich-tungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zu qualifizieren wäre.
55Abweichend von diesem Regelfall ergibt sich nach Auffassung der Kammer ein Anspruch auf Zustimmung zu der Bestattung bzw. Umbettung allerdings unmittelbar aus der von den (Stief-)Eltern der Kläger mit der Beklagten nach den Grundsätzen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages getroffenen Vereinbarung, auf deren Erfüllung die von den Klägern in Wahrnehmung ihres in Art. 2 Abs. 1 GG begründeten Toten-fürsorgerechts erhobene Klage gerichtet ist. Die vorliegende Klage ist danach als allgemeine Leistungsklage zu qualifizieren.
56Bedenken gegen deren Zulässigkeit, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses, bestehen auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die ursprünglich gegenüber der Beklagten erfolgte Beantragung auf Erteilung der Zustimmung zur Bestattung eine Erstbestattung und nicht eine solche im Wege der Umbettung betraf, nicht.
57Zum einen haben die Kläger eine Zustimmungserklärung der Stadt F. zur Umbettung für den Fall der Vorlage eines Grabstättennachweises vorgelegt. Zum anderen bedurfte es eines erneuten Antrages auf Zustimmung zur Umbettung gegenüber der Beklagten nach der allein zwecks Einhaltung der Bestattungsfrist nach § 13 Abs. 3 BestG NRW erfolgten Bestattung der Verstorbenen auf dem Q. der Stadt F. , nachdem die Beklagte eine Bestattung unter Verweis auf entgegenstehende religiöse Vorstellungen kategorisch abgelehnt hatte, nicht.
58Bedenken gegen die Zulässigkeit ergäben sich auch nicht, wenn man davon ausgin-ge, dass ungeachtet der vertraglichen Vereinbarung die Zustimmung zur Umbettung in Form eines Verwaltungsakts zu erteilen wäre. Die Klage wäre alsdann als auf die Erteilung der Zustimmungserklärung gerichtete Verpflichtungsklage anzusehen. Die nach Entfallen der Verpflichtung zur Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gemäß §§ 68 ff. VwGO i.V.m. § 110 Abs. 1 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) zu beachtende Klagefrist ist eingehalten, weil der dann als solcher zu qualifizierende ablehnende Verwaltungsakt vom 1. Dezember 2011 nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und deshalb die Klage-frist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 2 VwGO nicht in Gang gesetzt hätte. Viel-mehr ist bei unterbliebener Rechtsbehelfsbelehrung eine Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe zulässig. Diese Frist wäre mit der Klageerhebung am 10. Februar 2012 gewahrt.
59Die Klage ist auch begründet.
60Anspruchsgrundlage für die von den Klägern beanspruchte Zustimmung zur Bestat-tung der verstorbenen Frau I. T. ist der von der Beklagten mit der Verstorbenen und ihrem Ehemann geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag aus dem Jahre 1971 in Verbindung mit dem den Klägern zustehenden Totenfürsorge-recht aus Art. 2 Abs.1 GG.
61Die Totenfürsorge obliegt gewohnheitsrechtlich in erster Linie den nächsten Fami-lienangehörigen. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbe-nen ererbtes Recht, sondern ein Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das den Verstorbenen bei Lebzeiten mit den Überlebenden verbunden hat, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem verstorbenen Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet.
62so Gaedke, Handbuch des Friedhofs-und Bestattungs-rechts, 9. Aufl. 2004, S. 104 unter Verweis auf bereits reichsgerichtliche Rechtsprechung
63Im Rahmen dieses Totenfürsorgerechts steht dem Berechtigten - hier den Klägern - grundsätzlich auch das Recht zu, gemäß dem mutmaßlichen bzw. – erst recht- gemäß einem erklärten Willen der Verstorbenen den Ort der Bestattung zu bestimmen. Ein solcher Wille ist vorliegend ersichtlich, denn die Verstorbene hatte offenbar bereits im Jahr 1971, wie sich der schriftlichen Bestätigung der Beklagten entnehmen lässt, dieser gegenüber erklärt, gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Friedhof der Beklagten beigesetzt werden zu wollen. Anhaltspunkte für einen später geäußerten hiervon abweichenden Willen liegen nicht vor.
64Der Verwirklichung dieses Willens der Verstorbenen steht auch nicht entgegen, dass diese Bestattung nunmehr in Form einer Umbettung vorgenommen werden muss. Zwar steht einem Wunsch nach Umbettung einer einmal beigesetzten Leiche regel-mäßig der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Anspruch auf Achtung der Totenruhe entgegen. Danach wirkt die unantastbare Würde des Menschen über dessen Tod hinaus und gebietet eine würdige Bestattung und den Schutz der Totenruhe. Dieser Schutz genießt angesichts des Art. 79 Abs. 3 GG nicht nur höchsten Verfassungs-rang, sondern entspricht darüber hinaus allgemeinem Sittlichkeits- und Pietätsemp-finden. In § 7 Abs. 1 BestG NRW , wonach jeder die Ehrfurcht vor den Toten zu wahren und die Totenwürde zu achten hat, hat er zudem seine einfach-gesetzliche Ausprägung im Landesrecht erfahren. Gerät er in Konflikt mit dem Recht der Ange-hörigen des Verstorbenen auf Totenfürsorge, so genießt er regelmäßig den Vorrang.
65Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1974 - VII C 36.72 -, juris, Rdnr. 19; Beschluss vom 20. Dezember 1977 - VII B 188.76 -, juris, Rdnr. 8; OVG NRW, Beschlüsse vom 10. November 1998 - 19 A 1320/98 -, juris, Rdnrn. 13 und 33, und 28. November 1991 - 19 A 1925/90 -, juris, Rdnr. 19 und 21; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22. Januar 1979 - I 370/78 -, juris, Rdnr. 12.
66Auf Grund dieses grundsätzlichen Rangverhältnisses zwischen dem Schutz der Totenruhe und dem Recht zur Totenfürsorge kann die Umbettung einer einmal bei-gesetzten Leiche nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung grundsätzlich nur aus ganz besonderen Gründen beansprucht werden.
67OVG NRW, Beschluss vom 28. November 1991 - 19 A 1925/90 -, juris, Rdnr. 23, m. w. N. zur Rechtsprechung des Reichsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts in Rdnr. 24.
68Hiervon ausgehend können wichtige Gründe, die der Totenruhe vorgehen, insbeson-dere dann gegeben sein, wenn die Umbettung die Würde des Verstorbenen besser wahrt und seinem Willen besser Rechnung trägt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW).
69OVG NRW, Beschluss vom 28. November 1991 - 19 A 1925/90 -, juris, Rdnr. 25.
70Danach kann die mit der Umbettung verbundene Störung der Totenruhe gerecht-fertigt sein, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten sein ausdrückliches Einverständnis mit der Umbettung erklärt hat. Fehlt ein solches, kann auch ein entsprechender mut-maßlicher Wille beachtlich sein. Dieser setzt voraus, dass zumindest Tatsachen und Umstände gegeben sind, aus denen der diesbezügliche Wille des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann. Davon kann auszugehen sein, wenn nur die Umbettung die von Ehegatten erkennbar gewünschte gemeinsame Bestattung ermöglicht
71so OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008 - 19 A 2896/07 -, bei juris
72Vorliegend ist ein entsprechend wichtiger Grund gegeben, denn die Verstorbene hatte nicht nur gemäß der von der Beklagten erklärten Bestätigung eindeutig zum Ausdruck gegeben, dass sie gemeinsam mit ihrem Ehemann bestattet werden wollte, sondern darüber hinaus dieser Willensäußerung durch die vom Kläger im Jahre 1993 – die Verstorbene lebte nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zum damaligen Zeitpunkt mit ihrem nach einem Schlaganfall schwerst pflege-bedürftigen Ehemann in Nassau (Bahamas) - eingeholte Bestätigung der Beklagten besonderen Nachdruck verliehen. Dass die Bestattung nach dem Tod der Frau T. nicht sogleich auf dem Friedhof der Beklagten stattgefunden hat, ist allein dem Umstand geschuldet, dass der Vorstand der Beklagten sich aus von ihm geltend gemachten religiösen Gründen geweigert hat, die Beisetzung der Verstorbenen als Nichtjüdin auf dem jüdischen Friedhof vornehmen zu lassen.
73Der Beisetzung der Verstorbenen auf dem Friedhof der Beklagten steht auch nicht entgegen, dass diese unter Verweis auf ihre im Dezember 1998 in Kraft getretene Beerdigungs- und Friedhofssatzung (FS) in der insoweit unveränderten Fassung vom August 2009 geltend macht, der jüdische Friedhof diene gemäß § 2 FS allein als ewige Ruhestätte für verstorbene Mitglieder der Beklagten, zu denen die Verstorbe--ne auf Grund ihrer christlichen Glaubenszugehörigkeit aber nicht gezählt habe.
74Zwar sind kirchliche oder einer sonstigen Religionsgemeinschaft zugehörige Träger eines Friedhofs grundsätzlich als berechtigt anzusehen, im Rahmen ihrer Anstalts-autonomie die Benutzung des von ihnen betriebenen Friedhofs zu regeln und in die-sem Zusammenhang einen Bestattungsanspruch ausschließlich Angehörigen der eigenen Gemeinde oder Religionsgemeinschaft vorzubehalten bzw. nicht der Religi-onsgemeinschaft angehörende Personen von einer Bestattung auszuschließen. Eine solche Begrenzung der Nutzungsmöglichkeit ist regelmäßig nur dann unzulässig, wenn neben dem religiös gebundenen Friedhof kein weiterer in zumutbarer Weise nutzbarer kommunaler Friedhof zur Verfügung steht (sog. Monopolfriedhof).
75vgl. Gaedke, a.a.O., S. 69 sowie z.B. OVG Bremen, Urteil vom 13. Dezember 1994 – 1 BA 7/94 -, bei juris
76Eine derartige Monopolstellung kommt dem von der Beklagten betriebenen Friedhof an der T1.-----straße in F. ersichtlich nicht zu, wie sich schon aus dem Vorhan-densein des benachbarten kommunalen Q. ergibt. Die Beklagte ist daher im Rahmen ihrer Anstaltsautonomie grundsätzlich berechtigt, unter Verweis auf § 2 FS die Bestattung solcher Personen abzulehnen, die nicht zu Lebzeiten der jüdischen Gemeinde angehört haben.
77Dies gilt allerdings nicht im Hinblick auf die hier streitige Bestattung der verstorbenen Frau T. .
78In der Rechtsprechung ist seit langem allgemein anerkannt, dass Nutzungsrechte an einer Grabstätte, die ohne zeitliche Beschränkung erworben wurden, durch eine Än-derung der Friedhofsordnung im Rahmen des Anstaltszwecks nachträglich zeitlich begrenzt werden können. Eine solche nachträgliche Beschränkung des Nutzungs-rechts, etwa verbunden mit der Möglichkeit einer weiteren – gebührenpflichtigen – Verlängerung, ist als sogenannte unechte Rückwirkung mit höherrangigen Recht grundsätzlich vereinbar. Insbesondere greift diese Bestimmung nicht unter Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot rückwirkend in bestehende Grabnutzungsrechte ein.
79Auch eine unechte Rückwirkung von Normen, die zwar unmittelbar nur auf gegen-wärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirken, damit aber zugleich eine bestehende Rechtsposition nachträglich im Ganzen entwerten, findet ihre rechtsstaatliche Grenze allerdings dort, wo ein angemessener Ausgleich zwi-schen dem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage und der Be-deutung des Anliegens des Normgebers für das Wohl der Allgemeinheit verfehlt wird.
80vgl. VG Saarlouis, Gerichtsbescheid vom 5. April 2013 – 3K 530/12 -, bei juris, unter Verweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 21. Januar 1961, 14. Januar 1987 und 5. Mai 1987 sowie u.a. BVerwG, Urteil vom 8. März 1974 – VII C 73.72 -, OVG NRW, Urteil vom 15. November 1991 – 19 A 1492/88 -, alle bei juris
81Dies ist hier im Hinblick darauf, dass mit der Heranziehung der Regelung in § 2 FS das Grabnutzungsrecht im Hinblick auf die verstorbene Frau T. nicht nur beeinträchtigt, sondern gänzlich beseitigt, darüber hinaus aber auch im Hinblick auf den bereits dort mit dem ausdrücklichen Wunsch, gemeinsam mit seiner Ehefrau seine letzte Ruhe zu finden, bestatteten Vater in maßgeblicher Weise beeinträchtigt würde, ersichtlich der Fall.
82Die Beklagte, vertreten durch ihre damaligen Gemeindevorstände, hat den Eltern der Kläger gegenüber eine ausdrückliche Reservierungsbestätigung für eine gemein-schaftliche Grabstelle (Gruft) auf dem jüdischen Friedhof abgegeben und diesen damit ein Grabnutzungsrecht an dieser Grabstelle eingeräumt. In der schriftlichen Erklärung der Beklagten vom Dezember 1971 heißt es expressis verbis, man danke für die Übersendung eines Schecks in Höhe von 1.000,- DM zur Reservierung von zwei Kaufgräbern (Gruft) und bestätige ausdrücklich, dass diese Gräber für den Ehemann der Verstorbenen und diese selbst vorbehalten blieben. In der an den Kläger gerichteten Erklärung aus dem Jahr 1993 heißt es gleichermaßen unmiss-verständlich, dass die Reservierung von zwei Kaufgräbern aus dem Jahre 1971 für die Verstorbene und ihren Ehemann bestätigt werde.
83Diese Erklärungen, namentlich die aus dem Jahre 1971, können nur so verstanden werden, dass die verstorbenen Eltern der Kläger mit der Beklagten eine im Bewusst-sein aller Beteiligten vom Regelfall der Bestattung jüdischer Gemeindemitglieder abweichende Vereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages über die Reservierung einer zweistelligen Grabstätte auf dem Friedhof der Beklagten getroffen haben.
84Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen nicht.
85Das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Vertrages ist seit langem anerkannt. So bestimmt etwa das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in seinem § 54, dass ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden kann, soweit Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstehen. Danach sind derartige Verträge unzulässig, wenn oder soweit eine Rechtsvorschrift ausdrücklich oder nach ihrem Sinn und Zweck für bestimmte Gegenstände vertragliche Regelungen ausschließt oder verbietet.
86Vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2008, Rdnr. 41 zu § 54
87Die vorliegend zu beurteilende Vereinbarung ist bereits im Jahre 1971 und damit lange vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes zum Januar 1977 getroffen worden, so dass die darin getroffenen Regelungen jedenfalls nicht unmittelbar auf die vorliegende Vereinbarung anzuwenden sind.
88zur Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes im Übrigen auch auf die Tätigkeit der Religionsgemeinschaf-ten, soweit diese nicht rein innerkirchlich bzw. inner-gemeindlich tätig sind, vgl. Kopp/ Ramsauer, a.a.O., Rdnr.10 zu § 2
89Unter entsprechender Heranziehung der den Regelungen des Verwaltungsverfah-rensgesetzes zu Grunde liegenden Rechtsgedanken ist deshalb davon auszugehen, dass der geltend gemachte Anspruch der Kläger beruht auf einer entsprechend den Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu beurteilenden öffentlich-recht-lichen vertraglichen Vereinbarung.
90Dass die getroffene Vereinbarung unzulässig war, weil dieser eine Rechtsvorschrift ausdrücklich entgegenstand oder jedenfalls nach dem Sinn und Zweck einer solchen Vorschrift für bestimmte Regelungsgegenstände ausgeschlossen oder verboten war, ist nicht ersichtlich. Insbesondere bestand im Jahre 1971 nach eigenen Angaben der Beklagten keine Friedhofssatzung, die ein solches Verbot hätte enthalten können. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass als beachtlich in diesem Sinne nur ein Verstoß gegen staatliche Rechtsvorschriften, nicht aber ein solcher gegen religiöse Glaubensgrundsätze oder –vorschriften, deren Beurteilung der staatlichen Gerichts-barkeit entzogen ist, anzusehen ist.
91Ist eine solche Vereinbarung – wie hier - wirksam getroffen worden, so ist entspre-chend § 60 Abs. 1 VwVfG einer Partei das Festhalten an der ursprünglichen vertrag-lichen Regelung – nur – dann nicht zuzumuten, wenn sich die für die Festsetzung des Vertragsinhaltes maßgeblichen Verhältnisse seit Abschluss des Vertrages in wesentlicher, ein Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung ausschlie-ßender Hinsicht geändert haben.
92Eine solche Veränderung der Verhältnisse ist vorliegend nicht erkennbar.
93Die Beklagte verweigert die Einhaltung der getroffenen Vereinbarung unter Verweis auf entgegenstehende religionsgesetzliche Vorschriften, nach denen die Bestattung einer nicht dem jüdischen Glauben zugehörigen Person auf einem jüdischen Friedhof unzulässig sei.
94Hierzu ist festzustellen, dass eine maßgebliche Änderung dieser religionsgesetzli-chen Vorschriften in der Zeit seit Abschluss des Vertrages ersichtlich nicht einge-treten ist. Das von der Kammer eingeholte Gutachten der Geschäftsführenden Direktorin des Centrums für Religiöse Studien an der Westfälischen Wilhelms-Uni-versität, Frau Prof. Dr. H. verdeutlicht, dass quer durch die verschiedenen jüdisch-religiösen Glaubensströmungen unterschiedliche Auffassungen zur Zuläs-sigkeit der Bestattung von Nichtjuden auf jüdischen Friedhöfen vertreten worden sind und vertreten werden. Die insoweit zu konstatierende Bandbreite der Auffassungen reicht von einem gänzlichen Verbot bis zur gemeinschaftlichen Bestattung gemischt-religiöser Ehepaare zumindest in separat ausgewiesenen Grabfeldern bzw. auch in einer gemeinsamen Grabstätte, sofern die Gemeinde dem zustimmt. Darüber hinaus ist vorliegend konkret festzustellen, dass auf dem Friedhof der Beklagten in nicht unerheblicher Anzahl offenbar auch gemischt-religiöse Ehepaare in gemeinschaft-lichen Grabstätten, die nicht innerhalb des Friedhofs auf gesonderten Grabfeldern ausgewiesen sind, beigesetzt worden sind. Die Angaben der Beklagten, die insoweit nur vage und nach dem Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung –zurückhaltend formuliert – nur unvollständig geblieben sind und wenig belastbar erscheinen, lassen im Ergebnis jedenfalls keinen anderen Schluss zu. Insoweit sieht sich die Kammer gehalten, darauf hinzuweisen, dass mit Verfügung des Bericht-erstatters vom 29. Juli 2013 die Vorlage eines Belegungsplans, alternativ einer ent-sprechenden schriftlichen Beschreibung, aus dem/der sich die Lage der Grabstellen (der gemischt-religiösen Ehepaare) sowie das jeweilige Datum der Bestattung des nichtjüdischen Ehepartners ergeben sollte, erbeten worden ist. Ferner ist um Mittei-lung gebeten worden, ob die „Mischbegräbnisse“ in einem gesonderten Teil des Friedhofs stattgefunden haben und ob sich das Grab des vorverstorbenen Vaters in einem solchen Bereich befindet. Ebenfalls ist um Mitteilung gebeten worden, ob die Bestattungen in einer Doppel-/Familiengrabstätte stattgefunden haben oder ob die jeweiligen Gräber, ggfls. In welcher Form, räumlich voneinander getrennt sind. We-gen der daraufhin übersandten nur als rudimentär und unvollständig zu bezeichnen-den Stellungnahme der Beklagten wird verwiesen auf Blatt 170 bis 172 der Gerichts-akte. Insoweit erscheint es angesichts der oben dargelegten Wahrnehmung einer öffentlich-rechtlichen Bestattungstätigkeit durch die Beklagte schwerlich nachvoll-ziehbar, dass entsprechende Unterlagen bzw. sachdienliche Erkenntnisse nicht verfügbar sein sollten. Die Kammer hat von einer weiteren Aufklärung, die sich insbesondere nach Vorlage einer vom Friedhofsgärtner/-verwalter erstellten Auf-listung gemischt-religiöser Grabstätten durch die Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung angeboten hätte, lediglich deshalb abgesehen, weil es hierauf ange-sichts der bereits gewonnenen Erkenntnisse für die Entscheidung im Ergebnis nicht mehr ankommt.
95Vor dem Hintergrund der gutachterlichen Ausführungen einerseits sowie der den Friedhof der Beklagten konkret betreffenden Erkenntnisse ist nämlich festzustellen, dass bereits bei Abschluss der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung im Jahre 1971 die Beteiligten offensichtlich davon ausgegangen sind, dass es sich bei der Reservier-ung einer Grabstelle für die nichtjüdische Ehefrau um eine vom Regelfall abweichen-de Ausnahme handelte. Ansonsten wäre die in der Bestätigungserklärung enthaltene Formulierung „...dieses, trotzdem Ihre Gattin Nichtjüdin ist. ...“ nicht notwendig gewe-sen bzw. die Vereinbarung mutmaßlich gar nicht in einem so frühen Lebensabschnitt der Eltern getroffen worden. Die Vereinbarung trägt danach ersichtlich dem Umstand Rechnung, dass bereits nach damaliger Sicht die Bestattung einer Nichtjüdin auf dem jüdischen Friedhof im Regelfall nicht zulässig war.
96Insoweit ist eine grundsätzliche Änderung jüdischer Glaubensvorstellungen bezüglich der anzuwendenden Bestattungsregeln nicht eingetreten.
97Soweit die Beklagte darauf verweist, dass sie entgegen ihrer früheren liberalen Glaubensorientierung nunmehr streng orthodox ausgerichtet sei mit der Folge, dass eine Verpflichtung zum Festhalten an der damaligen Vereinbarung widerrechtlich in Ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit aus Art. 4 GG eingreife, ist dem nicht zu folgen.
98Allerdings entspricht es der ständigen verwaltungs- bzw. verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, der auch die Kammer folgt, dass das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht nur dem einzelnen Gläubigen, sondern darüber hinaus auch Kirchen, Religions-und Weltanschauungsgemeinschaften sowie den ihnen zuzuordnenden Vereinigungen zusteht. Das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung aus Art. 4 Abs. 2 GG, dem – wie vorliegend - auch der Betrieb eines religiös gebundenen Friedhofs unterfällt, ist im Begriff der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG enthalten. Der Begriff umfasst nicht nur die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, d.h., einen Glauben zu bekennen oder zu verschweigen, sich von dem bisherigen loszusagen und einem anderen Glauben zuzuwenden, sondern ebenso die Freiheit kultischen Handelns und der Darstellung des Glaubens nach außen.
99so schon Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 16. Oktober 1968 – 1 BvR 241/66 -, BVerfGE 24, 236 sowie aktuell BVerwG, Urteil vom 11. September 2013 – 6 C 25/12 -, BVerwGE 147, 362 ff.
100Die in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantierten Freiheitsrechte genießen als wertentschei-dende Grundsatznormen zwar höchsten verfassungsrechtlichen Rang und werden insoweit vorbehaltlos gewährt, sie bestehen allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr sind sie solchen Einschränkungen zugänglich, die sich aus der Verfassung selbst er-geben bzw. denen mit Verfassungsrang ausgestattete Grundsätze entgegenstehen.
101Vgl. etwa BVerwG, a.a.O. sowie OVG NRW, Urteil vom 11. August 2006 – 1 A 2650/05 -, bei juris
102Im Falle kollidierender Grundrechte sind diese unter Beachtung ihres Wesensgehal-tes nach Maßgabe der grundgesetzlichen Werteordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses grundrechtlichen Wertesystems situationsgebunden nach dem Grundsatz des schonendsten Ausgleichs in eine sinnvolle Balance zu bringen (Prin-zip der praktischen Konkordanz). Nur wenn ein solcher Ausgleich nicht möglich ist, ist zu prüfen, welchem Grundrecht nach den Umständen des Einzelfalls das größere Gewicht zukommt.
103OVG NRW, a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen
104Vorliegend steht dem von der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf eine ihren – nunmehr orthodoxen - Glaubensvorstellungen entsprechende Religionsausübung durch Freihaltung ihres Friedhofs von Nichtjuden der in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnde Anspruch der Kläger auf Wahrnehmung des der aus Art. 1 GG erwachsenden Würde der Verstorbenen Rechnung tragenden Totenfürsorgerechts entgegen. Nachdem festzustellen ist, dass insoweit ein Ausgleich der beiderseitig geltend gemachten Rechte nicht möglich ist, hat die Kammer letztendlich zu bewerten, welchem der Grundrechte im, wie zu betonen ist, vorliegenden Einzelfall das höhere Gewicht beizumessen ist.
105Hier ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit dem Abschluss der Vereinbarung im Jahre 1971, ihrer nachfolgenden Bestätigung im Jahre 1993 sowie der teilweisen Erfüllung der Vereinbarung durch Bestattung des Vaters der Kläger in der reservier-ten Gruft im Jahre 1996 einen Vertrauenstatbestand von erheblichem Gewicht ge-schaffen hat. Spätestens mit dessen Bestattung hat die Beklagte verdeutlicht, sich an die getroffene Vereinbarung halten zu wollen. Ansonsten hätte es sich aufge-drängt, den Hinterbliebenen gegenüber klarzustellen, dass eine gemeinsame Bestat-tung der Eheleute, die neben der Wahl des Friedhofs das wesentliche Element der Reservierungsvereinbarung darstellte, in dieser Grabstelle nicht möglich sein werde.
106Insoweit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die getroffene Vereinba-rung, die im Übrigen ihrer Form nach der auch in § 22 Abs. 3 der aktuellen Friedhofs-satzung vorgesehenen Reservierungsmöglichkeit entspricht, unter Umgehung bzw. Missachtung der in der beklagten Gemeinde praktizierten Glaubensgrundsätze er-folgt ist. Hierfür spricht bereits, dass es, was von der Beklagten auch nicht bestritten wird, bereits früher mehrfach zu Bestattungen nichtjüdischer Ehepartner auf ihrem Friedhof gekommen ist. Von der Beklagten ist auch nicht dargelegt worden, dass die-se Bestattungen nicht in einheitlichen Grabstätten oder auf einem separaten Gräber-feld, wie dies nach den Ausführungen des eingeholten Gutachtens verbreitete Praxis ist, vorgenommen worden sind. Zum einen wurde - und wird - von der Beklagten nach eigenen Angaben ein separates Gräberfeld für gemischt-religiöse Bestattungen gar nicht vorgehalten. Zum anderen sind auch die von der Gutachterin angesproche-nen „symbolischen“ Abgrenzungen in Form eines Mindestabstands, einer Mauer oder einer Hecke vor Ort offensichtlich nicht erkennbar, da es der Beklagten anson-sten unschwer hätte möglich sein müssen, eine eindeutige Identifizierung der mit Nichtjuden belegten Grabstellen vorzunehmen und diese im Rahmen des vorliegen-den Verfahrens zu benennen.
107Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass die Missachtung des von ihr geltend gemachten halachischen Bestattungsverbots ihre Glaubensvorstellungen dergestalt belasten würde, dass etwa eine weitere Nutzung des Friedhofs nicht mehr möglich wäre. Die von ihren Vertretern im Termin zur mündlichen Verhandlung insoweit allein geäußerte Befürchtung, die vorliegend im Streit stehende Bestattung der verstorbe-nen Frau T. könne von anderen Gemeindemitgliedern als Präzedenzfall für weitere Bestattungen nichtjüdischer Ehepartner angesehen werden, gibt allenfalls Anlass zu der Frage, ob es sich bei den behaupteten strikten Glaubensvorstellungen tatsächlich um von der Gemeinde insgesamt oder zumindest mehrheitlich getragene handelt oder ob diese nur den hier handelnden Vertretern der Beklagten zuzurech-nen sind.
108Dies kann indes auf sich beruhen, weil nach dem Vorstehenden im Ergebnis ein Überwiegen des in Art. 2 Abs. 1 GG begründeten Rechts der Kläger auf Wahrneh-mung ihres dem Willen der Verstorbenen Rechnung tragenden Totenfürsorgerechts festzustellen ist. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des auch von der Beklagten als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu beachtenden Grundsatzes der Konti-nuität des Verwaltungshandelns ist danach eine so wesentliche Veränderung der für die ursprüngliche vertragliche Regelung maßgeblichen Verhältnisse, die es für die Beklagte schlechthin unzumutbar erscheinen ließe, hieran festgehalten zu werden, nicht zu bestätigen.
109Die Beklagte ist danach verpflichtet, den Klägern die Umbettung ihrer verstorbenen Stiefmutter in die bereits durch den Vater zum einen Teil belegte Doppelgrabstätte zu ermöglichen.
110Sofern man davon ausginge, dass vorliegend über die bloße Vertragserfüllung hin-aus der Erlass einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung zur Umbettung in Form eines Verwaltungsaktes erforderlich ist, wäre die dann als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO anzusehende Klage gleichermaßen begründet. Zwar ist festzustellen, dass eine normative Regelung hierüber in der bestehenden Friedhofs-satzung nicht vorhanden ist. Dies bedeutet indes nicht, dass eine solche Erklärung nicht abgegeben werden kann. Vielmehr ist unter Heranziehung allgemeiner bestat-tungsrechtlicher Grundsätze davon auszugehen, dass eine solche Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen der Beklagten gestellt wäre. Aus den vorstehend dargelegten Gründen käme dann als einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung aber nur die Erteilung der Zustimmung zur Umbettung in Betracht.
111Lediglich zur Klarstellung weist die Kammer abschließend darauf hin, dass einerseits die Umbettung unter Wahrung der Totenwürde der Verstorbenen sowie innerhalb eines angemessenen zeitlichen Rahmens zu erfolgen hat, andererseits aber auch kein Anspruch der Kläger, was von diesen indes auch nicht geltend gemacht worden ist, auf eine Bestattung bzw. Grabgestaltung unter Verwendung christlicher Symbole besteht.
112Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
(1) Es besteht keine Staatskirche.
(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.
(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.
(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.
(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.
(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
(1) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Die Behörde kann den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(2) Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Sie soll begründet werden.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.