Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 30. Okt. 2018 - B 8 K 18.382

bei uns veröffentlicht am30.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verordnung vom 24.04.1996 in der Fassung vom 18.09.1996 über die Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen, Märkten und ähnlichen Veranstaltungen aufzuheben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger zu 1. und 2. dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Verordnung der Stadt H... über die Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen und Märkten und ähnlichen Veranstaltungen vom 24.04.1996, geändert durch Verordnung vom 18.09.1996 (Verordnung).

Die Klägerin zu 1 ist nach ihrer Satzung eine Gewerkschaft für im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer, mithin auch im Bereich des Einzelhandels. Im Bezirk Oberfranken West, zu dem auch die Beklagte zählt, hat die Klägerin zu 1 ca. 11.000 Mitglieder, von denen mehrere Tausend im Handel beschäftigt sind.

Die Klägerin zu 2 ist ein eingetragener Verein der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB), der sich in verschiedene Ortsverbände gliedert. Im Erzbistum Bamberg hat die KAB 5.000 Mitglieder, die sich zusätzlich zur Verbandsarbeit unter anderem auch in Pfarrgemeinden, Gewerkschaften und der Sozialen Selbstverwaltung engagieren. Die KAB ist nach ihrem Selbstverständnis eine Interessenvertretung und Sprachrohr für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie setzt sich für eine gerechtere Gesellschaft ein. Dabei nimmt sie immer wieder Stellung zu wichtigen Themen des Arbeitslebens und unterstützt ihre Mitglieder unter anderem in Glaubensfragen sowie bei der Streitbeilegung mit dem Arbeitgeber und trägt zur politischen Willensbildung bei.

Die Beklagte ist die kreisangehörige ... H... Sie hat rund 8.600 Einwohner und mehrere Ortsteile. Sie hat eine Ost-West-Ausdehnung von ca. 5,8 km und eine Nord-Süd Ausdehnung von etwa 3,8 km. Im Osten befindet sich der von landwirtschaftlichen Flächen umgegebene Ortsteil D... Das Gewerbegebiet „...“ im Süden ist vom restlichen Stadtgebiet durch die Bundesautobahn ... getrennt. Es wirbt damit eines der größten Gewerbegebiete Deutschlands mit einer Verkaufsfläche von 58.500 Quadratmetern zu sein. Das Gebiet war zumindest in Teilen im Jahr 1996 schon mit Einzelhandelsgeschäften bebaut und genutzt. Insbesondere existierten der Mediamarkt und das „...-Einkaufszentrum“. Letzteres wurde jedoch in den darauffolgenden Jahren aus- und umgebaut. Dem Gebiet wird vom Architektur- und Stadtplanerbüro ... laut Medienberichten attestiert, ein autogerechter Standort zu sein, der nicht radverkehrsfreundlich sei. Weiterhin verläuft eine Bahnlinie in Nord-Süd Richtung durch das Stadtgebiet. Westlich davon befinden sich die Innenstadt mit dem historischen Marktplatz, Rathaus und der Katholischen Pfarrkirche sowie der Bahnhof. Östlich davon liegen das Gewerbegebiet H... Ost mit dem „M... Einkaufszentrum“, sowie ein kleineres Wohngebiet und Sportanlagen. Das „M... Einkaufszentrum“ wurde 2006 eröffnet. Insgesamt verfügt die Stadt H... laut integriertem Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahr 2009 über eine Einzelhandelsfläche von insgesamt 79.768 Quadratmetern. Aus dem Konzept ergibt sich außerdem, dass hiervon nur 1.590 Quadratmeter auf die historische Altstadt entfallen. Der Rest der Einzelhandelsfläche befindet sich danach überwiegend in den dezentralen Gewerbegebieten. Im Konzept ist weiterhin festgestellt, dass eine fußläufige Erreichbarkeit der Gewerbegebiete nicht zumutbar sei und Radwege nicht vorhanden seien. Der Einkauf in den Gebieten könne grundsätzlich nur mit Hilfe des in der Regel motorisierten Individualverkehrs erfolgen. Alleine im Bereich ... war nach dem Einzelhandelsentwicklungskonzept für das Oberzentrum Bamberg vom Dezember 2015 gegenüber dem Jahr 2008 ein Zuwachs der Verkaufsfläche von ca. 8.450 Quadratmetern festzustellen.

Die Gottesdienste in der katholischen Pfarrei am Marktplatz St. ... finden sonntags regelmäßig um 09:00 Uhr und 10:30 Uhr statt. Die Gottesdienste der evangelischen ...kirche finden sonntags regelmäßig um 09:30 Uhr oder 10:00 Uhr statt.

Mit der streitgegenständlichen Verordnung aus dem Jahr 1996 hat die Beklagte festgelegt, dass die Geschäfte im gesamten Stadtgebiet sonntags jährlich anlässlich des Frühjahrsmarktes und des Herbstmarktes jeweils in der Zeit von 12:00 bis 17:00 Uhr geöffnet haben dürfen. Eine Öffnung ist nur erlaubt, wenn am vorangehenden Samstag ab 14 Uhr geschlossen wurde.

Mit Bescheid vom 20.03.1996 setzte das Landratsamts B... den Herbstmarkt in der Stadt H... als Jahrmarkt gem. § 69 GewO fest. Als Marktgebiet wurde der Bereich zwischen Marktplatz und B...straße, zwischen Lichtzeichenanlage und der K...straße und auf dem Parkplatz des Gewerbetriebs E...-Straße * (Real-Markt) festgelegt. Gegenstand der Märkte ist das Feilbieten von Korbwaren, Erzeugnissen der Land- und Fischereiwirtschaft, Holz- und Metallarbeiten, Textilerzeugnissen, Lebens- und Genussmitteln, Spiel und Papierwaren, Keramik-Reliefs und Gerätschaften für Haus und Garten etc. Dies wurde zuletzt mit Bescheid des Landratsamtes Bamberg vom 24.10.2006 festgesetzt. Dieser sah auch vor, dass der Real Markt anlässlich des Marktes geschlossen bleiben muss.

Die Stadt H... hat mit Änderungsbescheid vom 22.10.2018 das Marktgebiet wie folgt festgesetzt: „Während der Umbaumaßnahmen im Bereich des Marktplatzes wird der Marktbereich auf den Parkplatz vor der Marktscheune in H... verlegt. Im Übrigen gilt der Bescheid vom 24.10.2006 vollinhaltlich weiter.“

Für das Jahr 2018 ist der Herbstmarkt am ...2018 geplant. Erstmals soll dieser aufgrund der Sperrung des Marktplatzes auf dem Parkplatz vor der ... stattfinden. Diese befindet sich in der ...straße.

Nach den Angaben der Beklagten werden die Geschäfte regelmäßig nur zum Herbst-, nicht aber zum Frühlingsmarkt geöffnet. Seit einiger Zeit werde das Gelände auf dem Real-Markt Parkplatz nicht mehr als Markt genutzt. Der Parkplatz sei davor teilweise für Flohmärkte zusammen mit dem Herbstmarkt genutzt worden. Der Herbstmarkt werde regelmäßig von den Einzelhändlern, Vereinen und der Stadt mit Modenschauen, Kinderbelustigungen, Brautmessen und Gewerbeschauen oder Stadtführungen verbunden. Der Bürgermeister der Beklagten räumte in der mündlichen Verhandlung ein, dass es keine konkreten Messungen zu Besucherzahlen gebe. Der Besuch hänge zudem u.a. vom Wetter ab und lasse sich damit schwer abschätzen.

Auf den Internetseiten www.infranken.de findet sich ein Presseartikel zur Sonntagsöffnung in H... aus dem Jahr 2016 in dem anlässlich der Sonntagsöffnung auch zum Herbstmarkt in die Innenstadt eingeladen wurde.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Verordnung der Stadt H... rechtswidrig geworden ist. Sie haben daher die Beklagte mit Schreiben vom 26.09.2017 aufgefordert, die Verordnung aufzuheben. Diese verweigerte mit Schreiben vom 03.01.2018 die Aufhebung.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.04.2018, eingegangen beim Gericht am 17.04.2018, erhoben die Kläger Klage mit folgenden Anträgen:

1. „Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verordnung über die Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen, Märkten und ähnlichen Veranstaltungen vom 24. April 1996, geändert durch Verordnung vom 18. September 1996, veröffentlicht im Amtsblatt der Beklagten vom 4. Oktober 1996, aufzuheben.

2. Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag zu 1) nicht stattgegeben wird, beantrage ich festzustellen, dass die Kläger durch die Verordnung über die Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen, Märkten und ähnlichen Veranstaltungen vom 24. April 1996, geändert durch Verordnung vom 18. September 1996, veröffentlicht im Amtsblatt der Beklagten vom 04. Oktober 1996, in eigenen Rechten verletzt werden.

3. Hilfsweise für den Fall dass den Anträgen zu 1) und 2) nicht stattgegeben wird, beantrage ich, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, eine Öffnung von Geschäften am Sonntag dem 11. November 2018, zu verhindern, insbesondere gegenüber den Geschäften, die am Sonntag dem 11. November 2018 öffnen wollen, die Schließung der Geschäfte zu verfügen und gegebenenfalls ordnungsrechtlich durchzusetzen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.“

Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass die streitgegenständliche Verordnung durch die Änderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Begründung von subjektiven Rechten durch die Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV und des BVerwG zu den Voraussetzungen des § 14 LadSchlG rechtswidrig geworden sei und sie selbst nunmehr auch dagegen klagen könnten. Die Rechtmäßigkeit der Verordnung könne auch nach Ablauf der Frist für eine Normenkontrolle im Wege der Feststellungsklage überprüft werden. Die Kläger seien hierzu auch klagebefugt, da sie in eigenen Rechten verletzt würden.

Die Anwendung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Rechtmäßigkeit von Verordnungen nach § 14 LadSchlG auf die streitgegenständliche Verordnung lasse diese rechtswidrig erscheinen. Die Anlassveranstaltung „Markt“ habe keine prägende Wirkung. Ein räumlicher Bezug zwischen der Veranstaltung und den geöffneten Geschäften sei nicht gegeben. Die ca. 40 Stände des Marktes befänden sich allein auf dem Marktplatz; insbesondere bei den Einzelhandelsgeschäften in den Gewerbegebieten könne kein räumlicher Zusammenhang mehr mit den Marktständen in der Innenstadt festgestellt werden. Auch die Flächenverhältnisse sprächen gegen eine prägende Wirkung. Die Marktfläche von allenfalls 2.000 Quadratmetern stünde mit der Verkaufsfläche am ... von 58.000 Quadratmetern in einem Ungleichgewicht. Auch sei fraglich, ob die Veranstaltung „Herbstmarkt“ im Verhältnis zur Einwohnerzahl einen erheblichen Besucherstrom auslöse. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Gewerbegebiete im Vergleich zur Marktfläche viel größer seien und daher deutlich mehr Besucher anziehen würden. Auch der thematische Bezug zum Jahreszeitenmarkt fehle bei einer pauschalen Öffnung. Weiterhin habe die Beklagte wohl eine unzureichende Prognose dazu getroffen, ob eine prägende Wirkung vorliege. Durch die Verordnung seien die Kläger in ihren Rechten aus Art. 4, 9 und 140 GG i. V. m. 139 WRV verletzt.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 14.05.2018, der am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Sie regt an, den B... e.V. beizuladen. Zur Klage führt sie weiterhin aus, die Kläger seien nicht klagebefugt. Die zitierte obergerichtliche Rechtsprechung habe sich auf Normenkontrollverfahren bezogen, sie könne nicht auf eine Feststellungsklage übertragen werden. Weiterhin sei ein von den Kläger angestrebter „freier Sonntag“ weder realistisch noch entspreche er der gelebten sozialen und gesellschaftlichen Wirklichkeit. Verkaufsoffene Sonntage hätten zudem der Gesellschaft seit langem nicht geschadet. Niemand sei gezwungen, sein Geschäft zu öffnen. Durch die Verbindung des Herbstmarktes mit Modenschauen, Brautmessen und Kinderbelustigungen erhalte der verkaufsoffene Sonntag durchaus auch einen Mehrwert v. a. für alle Generationen und Familien mit Kindern. Die Erlöse der Vereine und karitativen Einrichtungen anlässlich des Herbstmarktes würden außerdem der Vereins- und Jugendarbeit bzw. sozialen Zwecken zugutekommen. Zwar könne nach Ablauf der Frist für das Normenkontrollverfahren im Einzelfall eine Inzidentprüfung untergesetzlicher Normen stattfinden, ein solcher Einzelfall sei jedoch nicht erkennbar. Es fehle vorliegend an der konkreten Rechtsanwendung im Einzelfall, etwa durch einen Verwaltungsakt. Zudem habe das Verwaltungsgericht erstinstanzlich keine Normverwerfungskompetenz. Eine entsprechende Überprüfung könne allenfalls durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgen. Die Verordnung über die Freigabe von Sonntagen zum Verkauf anlässlich von Messen, Märkten und ähnlichen Veranstaltungen vom 24. April 1996, geändert durch Verordnung vom 18. September 1996, veröffentlicht im Amtsblatt der Beklagten vom 04.10.1996 sei damals rechtmäßig erlassen worden und nicht rechtswidrig geworden. Eine Rechtsänderung könne nicht durch eine Änderung der Rechtsprechung bewirkt werden. Weiterhin sei der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verordnung der Zeitpunkt des Verordnungserlasses. Eine spätere Schärfung der Rechtsprechung könne nicht zu einer Anpassungspflicht führen. Außerdem habe der Herbstmarkt die geforderte prägende Wirkung: Er weise eine hohe Attraktivität auf und erstrecke sich nicht ausschließlich auf den historischen Kernbereich, sondern auch auf den Bereich ... Ein räumlicher Bezug sei damit gegeben. Eine weitere Beschränkung sei aus dem Gesetzeswortlaut nicht herleitbar. Der Herbstmarkt habe eine lange Tradition und Verankerung im Gesellschaftsleben der Stadt H... Die Flächenverhältnisse und der thematische Bezug könnten der Beklagten auch deshalb nicht entgegengehalten werden, da der Herbstmarkt auch eine Handwerks- und Gewerbeschau beinhalte. Die Verpflichtung der Aufhebung der Verordnung könne nicht ausgesprochen werden, da es an einem Anspruch der Kläger dahingehend fehle. Der erste Hilfsantrag sei nicht zielführend, da die Kläger damit nichts erreichen könnten. Der zweite Hilfsantrag gehe ins Leere, weil es an einer entsprechenden Entscheidungs- und Handlungskompetenz der Beklagten als kreisangehöriger Stadt fehle.

Der Bürgermeister der Beklagten stellte in der mündlichen Verhandlung heraus, dass fremde Äußerungen, insbesondere der Presse oder der Stadt B... nicht der Stadt H... zugerechnet werden könnten. Der Stadt liege die Verbesserung und Verschönerung des Marktes am Herzen, man habe sich hierzu schon länger Gedanken gemacht und wolle dies gerade auch mit den Umbaumaßnahmen erreichen. Weiterhin wurde in der mündlichen Verhandlung ein Budenplan der vergangenen Jahre aus den Beiakten eingesehen, der nach Auskunft des Bürgermeisters typisch für die Marktgestaltung der vergangenen und kommenden Jahre sei. Der Plan weist 30 Buden, die sich auf dem Marktplatz befinden auf, von denen zwei nicht belegt sind. In der mündlichen Verhandlung wurde erläutert, dass der Markt regelmäßig zwischen 25 und 30 Marktbuden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2018, verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

A.

Die Klagen sind zulässig.

Da beide Kläger bereits erfolglos versucht hatten, das Klageziel mit der Beklagten zu klären, kann beiden ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.

I.

Das Verwaltungsgericht Bayreuth ist zur Entscheidung für die Verwaltungsstreitsache nach §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO sachlich und örtlich zuständig.

Eine ausdrückliche Zuweisung an ein anderes Gericht liegt nicht vor. Insbesondere handelt es sich um kein Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO, für das das Oberverwaltungsgericht (hier Bayerischer Verwaltungsgerichtshof) erstinstanzlich zuständig ist. Die dort festgelegte Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zur Erhebung einer Normenkontrollklage (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist bereits abgelaufen, sodass diese vom Gesetzgeber vorgesehene Überprüfungsmöglichkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Auch wenn rechtspolitisch sehr viel für eine bundesrechtliche Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 47 VwGO spräche (die Entscheidung wäre allgemein verbindlich und würde bereits deswegen für Rechtsklarheit sorgen), schließt allerdings der jetzige Wortlaut der Norm auch dessen analoge Anwendbarkeit aus.

Für Feststellungsklagen, auch wenn sie im Ergebnis die Überprüfung untergesetzlicher Normen zum Gegenstand haben, sind die Verwaltungsgerichte zuständig.

II.

Die statthafte Klageart für das Begehren der Kläger festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verordnung aufzuheben (Antrag zu 1), ist nach der Überzeugung der Kammer die Feststellungsklage (§ 43 VwGO).

1.

In der Rechtsprechung ist es höchst unklar, in welcher Form und mit welchen Rechtswirkungen untergesetzliche Normen, die im Laufe ihres Gültigkeitszeitraums aufgrund von tatsächlichen Änderungen oder Änderungen der Rechtslage durchaus rechtswidrig werden können, einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können. Dies ist noch nicht abschließend in der juristischen Literatur und Rechtsprechung geklärt. Unzweifelhaft ist jedoch, dass es aufgrund des in Art. 19 Abs. 4 GG geregelten Gebotes des effektiven Rechtsschutzes eine Möglichkeit geben muss, auch gegen rechtswirksame, aber unter Umständen rechtswidrig gewordene Normen Rechtsschutz zu erlangen (vgl. dazu BVerfG B.v. 17.01.2006 - 1 BvR 541, 542/02; BeckOK VwGO/Möstl § 43 Rn. 29, BVerwG, B.v. 22.07.2013 - 7 BN 1/13 - NVwZ 2013, 1547, Rn.13 BayVGH, U.v. 23.06.2015 - 15 N 13.1553 Rn. 26). Aus diesem Grund schließt die Nichtanwendbarkeit von § 47 VwGO anderweitige Klagearten nicht aus.

Im vorliegenden Verfahren ist insbesondere die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit einer Inzidentkontrolle der streitigen Verordnung im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der auf dieser Verordnung beruht, ausgeschlossen, da die streitgegenständliche Verordnung keines Vollzuges durch einen Verwaltungsakt bedarf, sondern vielmehr selbst unmittelbare Wirkung entfaltet (self-executing-Norm).

Nach Überzeugung der Kammer ist es insbesondere bei solchen self-executing-Normen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG notwendig, eine Rechtsschutzmöglichkeit auch außerhalb der engen Voraussetzungen des § 47 VwGO und außerhalb verfassungsrechtlicher Streitigkeiten zu eröffnen. Ob diese nun als inzidente Prüfung der Feststellung des Bestehens eines Rechts bzw. der Verletzung von Rechten (Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen 2018 Rn. 115; Sodan/Ziekow VwGO § 43 Rn 58a), heimliche Normenkontrolle (Hufen Verwaltungsprozessrecht § 18 Rn. 8; Möstl in BeckOK VwGO Stand 01.10.2018 § 43 Rn. 29 ff.) oder atypische Feststellungsklage (Wysk/Wysk VwGO § 43 Rn. 68; Terhechte in Fehling/Kastner/Störmer Verwaltungsrecht § 43 Rn 18) bezeichnet werden, ist hierbei zweitrangig.

Eine Überprüfung des Bescheids zur Marktfestsetzung vom 24.10.2006, geändert durch Bescheid vom 25.10.2018 (neue Festsetzung zum Marktort - M... -, § 69b GewO) ist hinsichtlich der streitigen Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht veranlasst und auch nicht zielführend; dieser Bescheid ist rechtswirksam und damit für das Gericht maßgebend.

Im Übrigen finden sich Regelungen zur Abänderung dauerhaft wirkender, aber rechtswidrig gewordener Verwaltungsakte in § 51 VwVfG (Wiederaufgreifen eines Verwaltungs-Verfahrens bei Änderungen der Sach- und Rechtslage) und § 48 SGB X (Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse). Die Konstellation, dass Rechtsakte der Verwaltung mit Dauerwirkung rechtswidrig werden können und zu korrigieren sind, ist der Rechtsordnung somit nicht grundsätzlich fremd.

Im vorliegenden Verfahren handelt es sich um einen den o.g. gesetzlichen Regelungen vergleichbaren Sachverhalt. Die streitgegenständliche Verordnung entfaltet - ähnlich einem Dauer-Verwaltungsakt - unbeachtlich etwaiger rechtlicher oder tatsächlicher Veränderungen eine zeitlich unbegrenzte Wirkung, während sich die Umstände zur Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit im Laufe der Zeit geändert haben.

2.

Nach Überzeugung der Kammer stellt die Feststellungsklage auf Verpflichtung der Beklagten, die streitige Verordnung aufzuheben, die statthafte und sachgerechte Klageart dar.

Mit der Feststellungsklage (§ 43 VwGO) kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellungsklage ist ausgeschlossen, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, sofern die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt wird.

Diese Voraussetzungen für eine Feststellungklage liegen vor:

a. Die begehrte Feststellung, dass die Beklagte (nur) im Verhältnis zu den Klägern zur Aufhebung der Verordnung verpflichtet ist, stellt ein Rechtsverhältnis in o.g. Sinne dar, da damit die rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person beschrieben werden (vgl. Schenke in Kopp/Schenke VwGO 24. Auflage 2018, § 43 Rn.11).

b. Die beiden Kläger haben auch ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung (§ 47 Abs. 1 VwGO). Hinsichtlich des berechtigten Interesses (oder auch Klagebefugnis) wird im Wesentlichen auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts v. 01.12.2009 - 1 BvR 2857/07 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 06.12.2013 - 22 N 13.788 und vom 24.05.2017 - 22 N 17.527, BayVBl 2018, 88, Bezug genommen.

Die Kläger sind in ihren eigenen Rechtspositionen betroffen. Die Verordnung betrifft ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG, vgl. BayVGH U.v. 24.05.2017 a.a.O. und BVerwG U.v. 22.11.2014 - 6 CN 1.13). Insoweit muss über die Notwendigkeit einer Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) nicht abschließend entschieden werden (ablehnend Schenke in NVwZ 2016, 720, 727). Beide Kläger sind Träger des Grundrechts aus Art. 9 GG. Für die Klägerin zu 1 ergibt sich dies bereits aus ihrer Tarifwilligkeit (vgl. insbes. BayVGH U.v. 24.05.2017 a.a.O.; BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2.14 - BVerwGE 153, 183 Rn. 15-18). Gleiches gilt für den Kläger zu 2 (Art. 9 Abs. 3 GG). (vgl. insbes. BayVGH U.v. 24.05.2017 a.a.O.).

Die Sonntagsöffnung und die damit verbundene Geschäftigkeit, sowie die Arbeitsverpflichtung ihrer Mitglieder betrifft die Kläger in der Ausübung ihrer Vereinigungsfreiheit insofern, als der Sonntag als grundsätzlich freier Tag geeignet ist, ihren satzungsgemäßen Aufgaben nachzukommen. Durch die Sonntagsöffnung wird diese freie Zeit geschmälert; dies gilt insbesondere für die Tätigkeit von kirchlich geprägten Vereinen (wie der Kläger zu 2) aber auch für Arbeitnehmer-Vereinigungen (wie die Klägerin zu 1). Die Sonntagsruhe, die im Rahmen von § 14 LadSchlG den Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV konkretisiert, dient der Seelischen Erhebung und schützt damit auch diejenigen Grundrechte, die auf die Erhebung besonders angewiesen sind. Dazu zählen insbesondere auch die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG, deren gemeinschaftliches Handeln in den Vereinigungen durch eine synchrone Taktung des sozialen Lebens wesentlich erleichtert wird (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 16; BVerwG U.v. 26.11.2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15f; BVerfG U.v. 01.12.2009 - BvR 2857/07).

Das Interesse an einer baldigen Feststellung liegt vor, weil der Herbstmarkt mit den streitgegenständlichen Folgen der Verordnung bevorsteht. Es besteht darüber hinaus eine strittige Rechtslage, die jedes Jahr mindestens zum Herbstmarkt, wenn nicht auch zum Frühjahrsmarkt, wieder zu Tage treten kann.

c. Die Feststellungklage ist auch nicht ausgeschlossen, da keine anderen Möglichkeiten der Kläger, ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen, ersichtlich sind (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO).

Eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage scheidet aus, da zum Vollzug der streitigen Verordnung kein Verwaltungsakt erforderlich ist, der angreifbar und in dessen Folge die Verordnung inzident überprüfbar wäre.

Eine Leistungsklage, die auf einen Neuerlass der Norm gerichtet ist, ist unzulässig, denn es ist allgemein anerkannt, dass grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Erlass einer VO besteht (allg. Rspr., vgl. Franz Förg/Josef Walter, Praxis der Kommunalverwaltung, Das Gesetz über den Ladenschluss PdK, § 14 Anm. 1), weil das Fehlen einer entsprechenden Verordnung in aller Regel zu keiner Rechtsverletzung führen kann. Eine Leistungsklage würde zudem das Gestaltungsrecht der Beklagten und das ihr zustehende Ermessen unnötig beschränken (BVerwG U.v. 28.06.2000 - 11 C 13.99 - DÖV 1005, 1006. Wysk/Wysk VwGO § 43 Rn. 73). Zudem ist die denknotwendig damit verbundene allgemeine Leistungsklage auf (allgemein gültige) Aufhebung der Norm unzulässig. Diese würde einer unzulässigen Umgehung von § 47 VwGO gleichkommen.

Aus den gleichen Gründen stößt die Feststellung eines "Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses" bzw. „dass die streitige VO keine Rechtswirkungen entfaltet“ auf Bedenken, da eine solche Klage im Grunde genommen kein Rechtsverhältnis nur zwischen den am Verfahren Beteiligten betrifft, sondern wegen ihres auf eine allgemeine Rechtswirkung abzielendes Rechtschutzzieles gleichermaßen eine Umgehung des § 47 VwGO ermöglichen würde (BVerwG, U.v. 23.08.2007 - 7 C 13/06 -, Rn. 20, juris).

Eine Feststellungsklage, dass die Beklagte zur Aufhebung der Verordnung verpflichtet ist, umgeht auch nicht die Regelung des § 47 VwGO. Nachdem bei einer Feststellungsklage die Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verordnung lediglich inzident erfolgt und das jeweilige Urteil im Gegensatz zu dem Ausspruch in § 47 VwGO nur inter partes wirkt, kann hierin schon allein deshalb keine Umgehung liegen. Diese inzidente Kontrolle stellt nach Überzeugung der Kammer wegen des nur inter partes wirkenden Rechtsschutzzieles noch keinen Widerspruch zur Regelung in § 47 VwGO dar.

Sie schafft vielmehr unter all den (oben genannten) Möglichkeiten des Rechtsschutzes einen sachgerechten Ausgleich der Interessen der Beteiligten. Führt die Überprüfung der Verordnung zu dem Ergebnis, dass diese nunmehr rechtswidrig ist, steht der Beklagten ein Gestaltungsspielraum zu, der ihrem Planungsermessen entspricht. Sie kann es bei der Aufhebung der Verordnung belassen oder eine neue Verordnung mit anderem Inhalt erlassen.

B.

Eine Beiladung des B... e.V. war nicht notwendig. Nach § 65 VwGO müssen Dritte nur dann dem Rechtsstreit zwingend beigeladen werden, wenn die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Ob dies der Fall ist richtet sich nach materiellem Recht (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 65 Rn. 14). Bei dem B... e.V. handelt es sich um einen Verein, der gemeinsame Interessen der Einzelhändler im Bereich des Gebiets ... vertritt. Im LadSchlG ist nicht ersichtlich, dass der Einzelhandel bzw. dessen Interessenvertreter an der Entscheidung zur Ladenöffnung nach § 14 LadSchlG mitwirken könnten oder einbezogen werden müssten. Die Einzelhändler und ihr Verband werden grundsätzlich eine eigene Meinung und eigene Interessen hinsichtlich einer Ladenöffnung haben, diese müssen bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 14 LadSchlG aber nicht geprüft werden.

C.

Die Klagen haben Erfolg.

I.

Die Klagen richten sich nach § 78 VwGO analog zutreffend gegen die Beklagte als diejenige Rechtsträgerin, die die streitgegenständliche Verordnung erlassen hat (vgl. BeckOK VwGO/Möstl § 43 Rn.30; Sodan/Ziekow/Sodan, Kommentar zur VwGO § 43 Rn. 58c; Fehling/Kastner/Störmer/Terhechte, Kommentar zur VwGO § 43 Rn 18; BVerwG NVwZ 2007, 1311, 1313). Zwar ergibt sich das im Rahmen der Feststellungsklage zu prüfende Rechtsverhältnis regelmäßig zwischen Normadressat und Normanwender, wenn jedoch - wie hier - kein administrativer Vollzug mehr für eine Rechtsbetroffenheit der Kläger notwendig ist, so ist das Rechtsverhältnis zwischen Normadressat und Normgeber betroffen.

II.

Die Beklagte ist nach den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung verpflichtet, die streitgegenständliche Verordnung aufzuheben. Ihre streitgegenständliche Verordnung ist rechtswidrig (geworden), da sie nicht (mehr) den Erfordernissen der zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage in § 14 LadSchlG genügt. Unter anderem fehlt der Verordnung jegliche Abwägung und Prognose bezüglich der prägenden Wirkung des anlassgebenden Herbstmarktes auf das gesamte Stadtgebiet.

Der Freistaat Bayern hat bislang kein eigenes Gesetz über die Ladenöffnungszeiten erlassen, so dass das vom Bund erlassene Gesetz über den Ladenschluss weiter gilt (vgl. Dr. Preusche „Zu den Obergrenzen für die Zahl verkaufsoffener Sonn- und Feiertage“ in GewArch 2017, 136-141).

1.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verordnung im Rahmen der Feststellungsklage ist die aktuelle Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. hierzu auch Kothe in Redeker/ v. Oertzen, VwGO 2014, § 108 Rn. 16 ff. insbes. 16).

Auch wenn bei Erlass der Verordnung die Entwicklung und Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vorhersehbar ist, ist es Aufgabe des jeweiligen Rechtsträgers als Normsetzer die Rechtmäßigkeit der Verordnung zu überwachen, da sie fortwirkende, unmittelbare Auswirkungen zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechtsanwendung hat. Insoweit kann es nur Sinn machen, dies auch anhand der nunmehr entwickelten Kriterien zu tun. Ansonsten würden Gemeinden und deren Bürger, in denen Verordnungen an die Rechtsentwicklung angepasst werden oder die Entscheidung zum Erlass einer Verordnung später treffen, anders gestellt, als in Gemeinden, in denen das nicht der Fall ist. Hierfür gibt es jedoch zumindest im Rahmen der Ladenschlussregelungen keinen sachlichen Grund. Im Gegenteil spricht mehr dafür, eine Pflicht der Gemeinden dahingehend anzunehmen, dass diese ihre Rechtsakte auf Rechtmäßigkeit nach Änderungen der rechtlichen Bewertung überprüfen. Weiterhin bestünde, würde man auf einen anderen Zeitpunkt als maßgelblich für die Entscheidung des Rechtsverhältnisses abstellen, keine effektive Möglichkeit, gegen rechtswidrig gewordene Rechtsakte nach Ablauf der Klagefrist in § 47 VwGO vorzugehen. Dies fordert jedoch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 GG. Andernfalls bestünde keine effektive Möglichkeit, gegen rechtswidrig gewordene Rechtsakte nach Ablauf der Klagefrist in § 47 VwGO vorzugehen. Dies fordert jedoch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 GG (BVerwG, B.v. 22.07.2013 - 7 BN 1/13 - NvwZ 2013, 1547, Rn.13; BayVGH, U.v. 23.06.2015 - 15 N 13.1553 Rn. 26).

Die maßgebliche Sach- und Rechtslage hat sich seit dem Erlass der Verordnung in 1996 wesentlich verändert:

Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2009 mit seiner Entscheidung vom 01.12.2009 - 1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07 - (in NVwZ 2010, 570) die Rechtsanwendung fortentwickelt und grundlegend geändert. Während vor dieser Entscheidung die Rechtsmeinung vertreten wurde, dass Rechtsverordnungen für den gesamten Zuständigkeitsbereich des Rechtsetzungsorgans gelten, stellte des Bundesverfassungsgericht nunmehr fest, dass der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz nur begrenzt einschränkbar ist und deshalb Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe nur zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich seien; in jedem Fall müsse der ausgestaltende Gesetzgeber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren. Damit war eine Verpflichtung zur Abwägung auch des räumlichen Geltungsbereichs für eine Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsruhe vorgezeichnet.

In Folge dessen hat sich die Auslegung der Voraussetzungen des § 14 LadSchlG grundlegend gewandelt. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2015 - 8 CN 2/14 - juris wird die prägende Wirkung der anlassgebenden Veranstaltung in den Mittelpunkt der Prüfung der Zulässigkeit einer Ladenöffnung an Sonntagen im Rahmen von § 14 LadSchlG gestellt. Diese Situation ist nach Überzeugung der Kammer durchaus mit einer Gesetzesänderung zu vergleichen. Vor dieser Entscheidung wäre den Klägern zudem ein Klageverfahren verwehrt gewesen, denn nach verbreiteter auch obergerichtlicher Rechtsauffassung fehlte ihnen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung 1996 die Klagebefugnis. Dies änderte sich erst mit der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Zum anderen hat sich die Sachlage wesentlich verändert: Die derzeitigen Ladenflächen in der Stadt H... stellen sich im Vergleich zur Sachlage im Jahr 1996 grundsätzlich anders dar. Das M... Einkaufszentrum im Osten der Stadt existierte noch gar nicht. Auch im Gebiet ... gab es noch nicht die Vielfalt und Größe an Einzelhandelsflächen, wie es heute der Fall ist.

2.

Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 14 LadSchlG. Die Vorfrage, ob § 14 LadSchlG als Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung mit der Bayerischen Verfassung übereinstimmt, hat bereits der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.12.2011 - Vf. 3-VII/11- bejaht. Nach § 14 Abs. 1 LadSchlG i. V. m. § 11 DelV können bayerische Gemeinden in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung jährlich höchstens vier Feiertage oder Sonntage bestimmen, an denen Verkaufsstellen entgegen der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen geöffnet sein dürfen. Dabei kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten und muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden (§ 14 Abs. 2 und 3 LadSchlG).

Die streitgegenständliche Verordnung der Stadt H... erfüllt diese erforderlichen Tatbestandsmerkmale nicht vollständig.

a. Sofern nur zwei Sonntage freigegeben werden, ist die Vorgabe in § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG eingehalten. Auch ist ein konkreter Öffnungszeitraum von 12 bis 17 Uhr angegeben, der außerhalb der (Haupt-)Gottesdienste der beiden Kirchen der großen Konfessionen, die um 09:00 Uhr, 10:30 Uhr bzw. um 09:30 und 10:00 Uhr stattfinden, liegt. Die in § 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 LadSchlG genannten Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. Darüber hinaus werden keine Öffnungen an Dezembersonntagen erlaubt, was nach § 14 Abs. 3 Satz 1 LadSchlG Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Verordnung ist.

b. Auch wenn die streitgegenständliche Verordnung die Öffnungserlaubnis an die Veranstaltung des Frühlings- und Herbstmarktes knüpft und diese wirksam festgesetzt worden sind, ist vorliegend das Kriterium „aus Anlass eines Marktes“ nicht erfüllt.

Zur Frage, ob die Ladenöffnung „aus Anlass eines Marktes“ geschieht, hat die Rechtsprechung, ausgehend von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 01.12.2009 (- 1 BVR 2857/07 u.a. - BVerfGE 125, 39, Rn. 157) umfassende Kriterien entwickelt:

Die verfassungskonforme Auslegung des LadSchlG im Lichte von Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV gebietet es, Ausnahmen des dort verankerten Grundsatzes der sonntäglichen Arbeitsruhe im Rahmen von § 14 LadSchlG nur aufgrund eines dem Sonntagsschutz gleichwertigen oder gewichtigeren Sachgrundes zuzulassen. Der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz ist nur begrenzt einschränkbar. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich; in jedem Fall muss der ausgestaltende Gesetzgeber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren. Dem dafür geltenden Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht derjenigen Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird. Rein wirtschaftliche Umsatzinteressen der Einzelhändler oder ein alltägliches Erwerbsinteresse der Käufer können hierfür grundsätzlich nicht ausreichen.

Das Tatbestandsmerkmal „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ setzt voraus, dass diese Veranstaltungen so prägend sein müssen, dass sich die Ladenöffnung nur noch als Annex der eigentlich anlassgebenden Veranstaltung darstellt. Die anlassgebende Veranstaltung muss gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen. Der Besucherstrom zum Markt darf nicht erst durch das Offenhalten von Verkaufsstellen ausgelöst werden. Dieser Annexcharakter lässt sich in der Regel nur bejahen, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, da nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt: Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Erforderlich ist, dass die Besucher für einen neutralen Beobachter als Teilnehmer der Anlassveranstaltung deutlich erkennbar und sie insbesondere von den Kaufinteressenten zweifelsfrei abgrenzbar sind. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Marktgeschehen steht und prognostiziert werden kann, dass der Markt für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt. Von dem Markt und seinen Besuchern muss eine derart stark prägende Wirkung ausgehen, dass die Folgen einer sonntäglichen Ladenöffnung für das Geschehen im öffentlichen Raum demgegenüber zweifelsfrei in den Hintergrund treten.

Maßgebliche Kriterien für die Annahme einer prägenden Wirkung des Marktes sind deshalb, ob der Besucherstrom durch den Markt oder die Ladenöffnung ausgelöst wird, ob es einen räumlichen Bezug zwischen dem Markt und den geöffneten Läden gibt und inwiefern der Markt flächenmäßig die Ladenflächen überwiegt. Um diese Kriterien zu erfüllen, können ggf. Beschränkungen hinsichtlich Handelszweigen oder räumlicher Art vorgenommen werden. Grundlage für die Beurteilung können bei erstmaligen Veranstaltungen Prognosen sein. Handelt es sich um Veranstaltungen, die bereits durchgeführt wurden, sind Erfahrungswerte heranzuziehen (BVerwG U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2/14 Rn.24 ff.- BVerwGE 153, 183; BVerwG B.v. 18.12.1989 - 1 B 153/89 juris; BayVGH U.v. 06.12.2013 - 22 N 13.788 juris; U.v. 24.05.2017 - 22 N 17.52 BayVBl. 88, Rn 53 ff; B.v. 21.03.2018 - 22 NE 18.204, Rn 23 ff juris).

Diese Kriterien sind in wesentlichen Punkten nicht erfüllt. Insbesondere gibt es keine Prognosen, Überlegungen oder Erhebungen und Erfahrungswerte zum Besucherstrom. Für manche Stadtteile fehlt eine räumliche Beziehung zum Markt völlig. Im Gegensatz zu den o.g. Vorgaben dominieren vielmehr die enormen Verkaufsflächen die im Verhältnis dazu geringen, tatsächlich genutzten Marktflächen.

aa. Der prägende Charakter des anlassgebenden Herbst- oder Frühjahrsmarktes lässt sich auch keiner Prognoseentscheidung oder Erhebungen zu Besucherströmen entnehmen. Eine solche unterläge nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, allerdings müsste das Gericht prüfen, ob bei Erlass der Verordnung eine Prognose vorgenommen wurde und diese schlüssig und vertretbar war (BVerwG U. v. 11.11.2015 - 8 CN 2/14 a.a.O. Rn. 36). Die Prognose wäre nur dann entbehrlich, wenn bereits Untersuchungen und Erfahrungswerte zu Besucherströmen vorliegen.

Hierzu hat die Beklagte nichts dargelegt. Vielmehr machte der Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung nur deutlich, dass die Sonntagsöffnung Ausfluss eines politischen Kompromisses gewesen sei und man den Markt insgesamt gerne attraktiver gestalten wolle. Es wurde nur allgemein auf die große Beliebtheit des Marktes und darauf verwiesen, dass er eine lange Tradition habe. Erhebungen dazu, wie viele Besucher eine Ladenöffnung und wie viele Besucher der Herbstmarkt anzieht, gibt es nicht. Nachdem dies ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verordnung ist, hätte die Beklagte jedoch spätestens mit der Festigung der beschriebenen Rechtsprechungsänderung Untersuchungen in diese Richtung anstellen müssen.

bb. Der räumliche Bezug des Herbstmarktes zu den bestehenden Läden im gesamten Stadtgebiet der Stadt H..., die nach der Verordnung alle öffnen dürfen, ist nicht für alle Stadtteile geben. Die Stadt H... besteht aus unterschiedlichen Ortsteilen. Der Markt ist aber nur auf einen Teil des Stadtgebietes begrenzt.

Mit Bescheid vom 24.10.2006 setzte das Landratsamts B... den Herbstmarkt in der Stadt H... als Jahrmarkt gem. §§ 68 und 69 GewO fest. Als Marktgebiet wurde der Bereich zwischen Marktplatz und B...straße, zwischen Lichtzeichenanlage und der K...straße und auf dem Parkplatz des Gewerbetriebs ...-Straße * (Real-Markt) festgelegt. Gegenstand der Märkte ist das Feilbieten von Korbwaren, Erzeugnissen der Land- und Fischereiwirtschaft, Holz- und Metallarbeiten, Textilerzeugnisse, Lebens- und Genussmittel, Spiel- und Papierwaren, Kerami-Reliefs, Gerätschaften für Haus und Garten etc.. Diese Bestimmungen gelten vollinhaltlich weiter, auch wenn die Beklagte in nunmehr eigener Zuständigkeit mit Änderungsbescheid vom 22.10.2018 die Festsetzungen zum Marktgebiet anlässlich der derzeit aktuellen Tiefbaumaßnahmen vorübergehend verändert hat.

Im Hinblick auf den Marktplatz ergibt sich unstreitig ein räumlicher Bezug der Ladenöffnung zum stattfindenden Markt.

Hinsichtlich des Stadtteils D... ist ein räumlicher Zusammenhang schon nicht mehr erkennbar. Argrarflächen und der Main trennen D... vom restlichen Stadtgebiet. Von der Innenstadt, in der der Markt stattfindet, benötigt man insgesamt 20 Gehminuten bis nach D... Anhaltspunkte dafür, dass der 20 Gehminuten entfernte Markt noch räumliche Auswirkungen auf diesen Stadtteil hat, fehlen.

Bezüglich des in der Klage als Stadtteil „B...“ bezeichneten Gebiets ist zunächst festzustellen, dass es sich wohl um „H... Ost“ handeln muss, da „B...“ schon zum B... Stadtgebiet gehört, sich jedoch direkt an „H... Ost“ nach der Bundesautobahn ... anschließt. Das Gebiet weist ebenfalls keinen relevanten räumlichen Bezug zum festgesetzten Marktgebiet auf. Keine der als Marktgebiet bezeichneten Straßen befinden sich in diesem Stadtteil. Es ist von diesem im Westen durch eine Bahnlinie getrennt. Es gibt im Norden und Süden nur jeweils eine Überquerungsmöglichkeit der Bahnlinie. Vom Marktgebiet benötigt man je nach Ausgangspunkt mindestens 13 Minuten, um zu Fuß in den Stadtteil „H... Ost“ zu gelangen. Aufgrund dieser Wegstrecke und der Trennung durch die Bahnlinie kann auch hier nicht mehr von einem räumlichen Zusammenhang und einer prägenden Wirkung des Marktes ausgegangen werden.

Hinsichtlich des Gebiets „...“ wäre ein räumlicher Bezug allenfalls bis zum Parkplatz der ...-Straße * (Real-Markt) gegeben. Hier findet jedoch inzwischen kein Markt mehr statt. Das Gebiet ist ansonsten durch die Autobahn vom noch durchgeführten Markt in der Innenstadt getrennt und im Grunde nur mit mobilisiertem Autoverkehr erreichbar. Eine Prägung durch den Markt in der Innenstadt ist daher fernliegend. Die vorgetragenen Modenschauen sind nicht dem Markt, sondern dem jeweiligen Einzelhandel zuzurechnen. Sie werden nicht von dem Marktbetreiber - der Stadt - veranstaltet, sondern von den ansässigen Einzelhändlern als vom Markt unabhängige Werbemaßnahme abgehalten. Insofern kann sich auch keine prägende Wirkung für die Ladenöffnung ergeben, da es schon keinen Zusammenhang zum Marktgeschehen gibt.

cc. Hinsichtlich der betroffenen Flächen tragen die Kläger vor, die geöffneten Verkaufsflächen, würden mit 58.000 Quadratmetern deutlich die Marktfläche von 2.000 Quadratmetern überschreiten. Die Beklagte hat zu den flächenmäßigen Verhältnissen nicht Stellung genommen. Sie geht davon aus, dass diese keine maßgebende Bedeutung haben, da mit dem Herbstmarkt auch eine Handwerks- und Gewerbeschau verbunden sei.

Auszugehen ist vom tatsächlichen Marktgeschehen, wie es sich in den letzten Jahren dargestellt hat und deshalb prognostisch darstellen wird; denn dieses tatsächliche Marktgeschehen löst den maßgeblichen Besucherstrom aus. Ausweislich des vorgelegten Budenplans neueren Datums wurde in den letzten Jahren tatsächlich nur der Marktplatz als Marktfläche mit bis zu 30 Verkaufsbuden genutzt, so dass ein deutliches Ungleichgewicht zwischen geöffneten Ladenflächen und den anlassgebenden Marktflächen festzustellen ist.

Zwar ist nach der Marktfestsetzung die maximal mögliche Marktfläche zwischen den benannten Straßen erheblich größer als die tatsächlich genutzte Marktfläche, doch wird diese Fläche in ihrer Gesamtheit tatsächlich nicht genutzt.

Hinsichtlich der ins Feld geführten Handwerks- und Gewerbeschau kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden; auch diese wird nicht vom Marktbetreiber - der Beklagten - veranstaltet und kann deshalb ebenso wenig wie die Modenschauen eine prägende Wirkung für die Ladenöffnung außerhalb des Marktes entfalten.

dd. Anhaltspunkte dafür, dass eine Beschränkung auf gewisse Warengruppen notwendig wäre, um den prägenden Charakter des Marktes einzuhalten, wie in der Klagebegründung angedeutet, sind nicht ersichtlich, da der Herbstmarkt offenbar ein vielfältiges Programm bietet, das sich nicht auf eine Branche oder Warengruppe beschränkt. Er wurde nicht als Spezialmarkt und damit einem bestimmten und begrenzten Warenangebot (§ 68 Abs. 1 GewO), sondern als Jahrmarkt mit Waren aller Art festgesetzt (§ 68 Abs. 2 GewO). Eine solche Beschränkung allein wegen der Bezeichnung als Herbst- oder Frühjahrsmarkt ist ohnehin nicht zwingend. Beschränkungen werden von der Rechtsprechung zudem nur als mögliches Mittel bezeichnet, um den prägenden Charakter der anlassgebenden Veranstaltung zu erhalten.

ee. Ohne noch entscheidungserheblich zu sein, spricht auch die Berichterstattung auf www.infranken.de (...*) gegen eine prägende Wirkung des Marktes auf die Ladenöffnung. Dort heißt es: „In Verbindung mit dem verkaufsoffenen Sonntag öffnen auch Geschäfte im Inneren von H..., außerdem lädt der Herbstmarkt zum Besuch ein.“ Diese Berichterstattung lässt erkennen, dass aus Sicht der Öffentlichkeit der Schwerpunkt der Veranstaltung möglicherweise eher die Ladenöffnung und weniger der Markt selbst ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Herbstmarkt für die Stadtteile D..., H... Ost und dem ... keine prägende Wirkung entfaltet. Die Verordnung der Stadt H... erfüllt damit nicht die Kriterien des § 14 LadSchlG und ist daher rechtswidrig.

3.

Die Rechtswidrigkeit der Verordnung zur Ladenöffnung beeinträchtigt die Interessen der Kläger mehr als nur unwesentlich, weil durch die verschiedenen Ladenöffnungen am Sonntag die Gefahr eines Flickenteppichs entsteht, der die verbandsbezogenen gemeinsamen Tätigkeiten über Gemeindegrenzen hinweg spürbar erschweren könnte. Daraus erwächst den Klägern ein Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die rechtswidrige Verordnung aufzuheben.

Ob diese eine neue Verordnung anderen Inhalts erlassen will und ob auch ohne dezidierte Erhebung der Besucherströme eine prägende Wirkung des Marktes für die Innenstadt/Marktplatz angenommen werden kann, obliegt einer noch zu treffenden Prognoseentscheidung der Beklagten.

Nachdem bereits der Hauptantrag zu 1 zum Erfolg führt, muss über die Hilfsanträge zu 2 und 3 nicht entschieden werden.

D.

Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

E.

Aufgrund der besonderen prozessrechtlichen Situation insbesondere zur statthaften Klageart, hat die Klage grundsätzliche Bedeutung. Die Berufung war daher nach § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 30. Okt. 2018 - B 8 K 18.382 zitiert 31 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

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(3) Wird eine festgesetzte Messe oder Ausstellung oder ein festgesetzter Großmarkt nicht oder nicht mehr durchgeführt, so hat der Veranstalter dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 4 der Verordnung des Landkreises S. über die Entsorgung bestimmter pflanzlicher Gartenabfälle außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen durch Verbrennen - GartAbfVO. Die Vorschrift lässt das Verbrennen von pflanzlichen Gartenabfällen in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November und vom 1. Februar bis 15. März unter bestimmten Bedingungen zu. Das Oberverwaltungsgericht hat den am 4. Juni 2012 gestellten Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt, weil er nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der GartAbfVO beim Gericht eingegangen ist. Eine Abweichung von der Ausschlussfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sei auch nicht deshalb geboten, weil die GartAbfVO - wie die Antragsteller ergänzend vortrügen - jedenfalls nicht mehr mit dem am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen KrWG vereinbar sei. Auch die Vereinbarkeit der GartAbfVO mit dem neuen KrWG könne im Rahmen der den Antragstellern eröffneten indirekten Rechtsschutzmöglichkeiten überprüft werden.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

II.

3

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

4

1. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.

5

Im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht hatten die Antragsteller geltend gemacht, dass inzwischen, also nach Erlass der GartAbfVO, im Landkreis ausreichend Einrichtungen für die durch das Abfallrecht geforderte Entsorgung von Gartenabfällen geschaffen worden seien; damit sei die Ermächtigung zur Regelung einer Beseitigung außerhalb von Entsorgungsanlagen entfallen (Schriftsatz vom 31. Mai 2012 S. 5). Mit der Beschwerde rügen sie, dass sich das Oberverwaltungsgericht mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe.

6

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kommt nur in Betracht, wenn das betreffende Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts entscheidungserheblich war. Das ist hier nicht der Fall. Auf die Begründetheit des Normenkontrollantrags, in dessen Rahmen die Antragsteller zur zwischenzeitlichen Schaffung von Entsorgungseinrichtungen vorgetragen hatten, kam es nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht an; nach seiner Auffassung war der Antrag bereits unzulässig. Dass die GartAbfVO durch die Schaffung von Entsorgungseinrichtungen funktionslos geworden sei und in einem solchen Fall die Antragsfrist keine Anwendung finden könne, hatten die Antragsteller selbst nicht geltend gemacht. Ohne einen entsprechenden Vortrag musste das Oberverwaltungsgericht diesen Gedanken nicht in Erwägung ziehen. Anhaltspunkte für eine Funktionslosigkeit der GartAbfVO ergaben sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht. Funktionslos kann eine Norm nur werden, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Norm gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (Urteile vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 <76> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 128 S. 121 f. und vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <214> = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 10, jeweils zu Bebauungsplänen). Dass eine Verwirklichung des § 4 GartAbfVO ausgeschlossen und ein Vertrauen auf die Fortgeltung der Norm nicht mehr schutzwürdig sein könnte, ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht; sie machen vielmehr selbst geltend, dass von der durch § 4 GartAbfVO eröffneten Möglichkeit, Gartenabfälle zu verbrennen, weiterhin umfangreich Gebrauch gemacht werde.

7

2. Bereits aus diesem Grund kann auch die im Hinblick auf die unterlassene Prüfung der Funktionslosigkeit geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 1998 (a.a.O.) nicht vorliegen. Sie ist im Übrigen nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26) dargelegt. Mit welchem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz das Oberverwaltungsgericht von einem ebensolchen Rechtssatz des Urteils vom 3. Dezember 1998 abgewichen sein sollte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

8

3. Die Rechtssache hat schließlich nicht die von der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Als klärungsbedürftig bezeichnet die Beschwerde die Frage,

ob der Ablauf der Klagefrist des § 47 VwGO auch dann den Normenkontrollantrag unzulässig werden lässt, wenn die Verordnung infolge Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zwar nicht mehr rechtmäßig ist, dem Antragsteller aber andere Rechtsmittel zur Verfügung stehen, um seine Rechte zu wahren.

9

Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält zugleich eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Hieran fehlt es, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt es hier. Die Frage ist im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten. Jedenfalls für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gilt die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift auch dann, wenn der Antragsteller geltend macht, die Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 1 S 2114/99 - juris Rn. 53 f.; M. Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 47 Rn. 26). Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Frage, welche Bedeutung dem Fristerfordernis im Fall von Normenkontrollanträgen nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zukommt, wenn die Feststellung eingetretener Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans beantragt wird, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden (offengelassen auch im Urteil vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 75 bzw. S. 121 und im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 2011 - 1 BvR 2232/10 - NVwZ 2012, 429 Rn. 51). Die hier in Streit stehende GartAbfVO ist - wie dargelegt - nicht funktionslos geworden. Es geht auch nicht um einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

10

In der Literatur wird allerdings verbreitet gefordert, das an die Bekanntmachung der Rechtsvorschrift anknüpfende Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht anzuwenden, wenn mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, eine Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung rechtswidrig geworden (Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 1, Stand: August 2012, § 47 Rn. 38; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 290; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 47 Rn. 85; Giesberts, in: Posser/Wolf, VwGO, 2008, § 47 Rn. 55). Dem steht aber bereits der Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden; das gilt unabhängig davon, welche Gründe für die Unwirksamkeit der Rechtsvorschrift der Antragsteller geltend macht.

11

Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses. Ursprünglich waren Normenkontrollanträge unbefristet zulässig. Durch das 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) wurde zunächst eine Frist von zwei Jahren ab Bekanntmachung der Rechtsvorschrift eingeführt; durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) wurde diese Frist auf ein Jahr verkürzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ohne Fristbindung sei es möglich, dass Normen, die bereits lange praktiziert würden und auf deren Rechtsgültigkeit sowohl die Behörden als auch die Bürger vertraut hätten, als Rechtsgrundlage für nicht bestandskräftige Entscheidungen entfielen; dies könne zu erheblichen Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit führen (BTDrucks 13/3993 S. 10, 16/2496 S. 17 f.). Zur hier in Rede stehenden Fallgruppe verhalten sich die Gesetzgebungsmaterialien nicht. Die Einführung der Antragsfrist und ihre nachfolgende Verkürzung zeigen jedoch, dass eine prinzipale Normenkontrolle nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlass der Rechtsvorschrift zulässig sein soll. Im Übrigen soll es bei den außerhalb von § 47 VwGO gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten und der in diesen Verfahren gegebenen Befugnis der Verwaltungsgerichte bleiben, die Rechtsvorschrift inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen (vgl. BTDrucks 13/3993 S. 10).

12

Auch Sinn und Zweck der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO rechtfertigen es nicht, das Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 VwGO auf Anträge, mit denen eine nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit der Rechtsvorschrift geltend gemacht wird, nicht anzuwenden. Das Fristerfordernis führt zwar dazu, dass ein nachträgliches Rechtswidrigwerden einer Rechtsnorm mit einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO in aller Regel nicht geltend gemacht werden kann. Insoweit kann die Normenkontrolle ihren Zweck, die Verfahrensökonomie und den Rechtsschutz des Einzelnen zu verbessern (BTDrucks 3/1094 S. 6), nicht erreichen. Eine Notwendigkeit, die Normenkontrolle in diesen Fällen unbefristet oder innerhalb einer im Wege richterlicher Rechtsfortbildung festzulegenden Frist zuzulassen, ergibt sich hieraus jedoch nicht.

13

Verfassungsrecht gebietet es nicht, eine prinzipale Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechtsnormen einzuführen (BVerfG, Entscheidung vom 27. Juli 1971 - 2 BvR 443/70 - BVerfGE 31, 364 <370>; BVerwG, Beschlüsse vom 2. April 1993 - BVerwG 7 B 38.93 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 117 = NVwZ-RR 1993, 513<514> und vom 2. September 1983 - BVerwG 4 BN 1.83 - BVerwGE 68, 12 <14>). Über die bestehenden Klagemöglichkeiten kann jedes subjektive Recht durchgesetzt werden; damit ist den Anforderungen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) genügt. Dass eine Rechtsvorschrift von Anfang an unwirksam war oder infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nachträglich rechtswidrig geworden ist, kann auch im Rahmen dieser Verfahren geltend gemacht werden; die Gerichte müssen die Wirksamkeit der Rechtsvorschrift, soweit entscheidungserheblich, auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO inzident prüfen.

14

Außerhalb des Städtebaurechts überlässt § 47 VwGO den Ländern die Entscheidung, ob die Normenkontrolle gegen im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften eröffnet werden soll oder nicht (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO); ein lückenloser Rechtsschutz im Wege der prinzipalen Normenkontrolle wird insoweit nicht gewährleistet. Würden Normenkontrollanträge in Ländern, die die Normenkontrolle eröffnet haben, in der hier in Rede stehenden Konstellation ohne Einhaltung einer Frist zugelassen, würde dies dem Ziel des Bundesgesetzgebers widersprechen, die Zulässigkeit von Normenkontrollen im Interesse der Rechtssicherheit zeitlich zu beschränken. Die durch die Nichtanwendung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO entstehende Lücke könnte auch im Wege der Rechtsfortbildung nicht ohne Weiteres geschlossen werden. Insbesondere bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist unklar, durch welches Ereignis die Frist (erneut) in Lauf gesetzt werden sollte. Aber auch bei einer Rechtsänderung kommen unter Umständen verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht. Im Übrigen müsste nicht nur die Frist, sondern auch der Prüfungsmaßstab modifiziert werden. Denn wenn ein Normenkontrollantrag, mit dem ein nachträgliches Rechtswidrigwerden einer Rechtsvorschrift geltend gemacht wird, zu einer Vollüberprüfung der Rechtsvorschrift einschließlich ihrer ursprünglichen Wirksamkeit führen würde, würde das Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 VwGO umgangen. Jedenfalls im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist für eine solche Rechtsfortbildung kein Raum. Die praktischen Schwierigkeiten, mit denen sich die Antragsteller bei der gerichtlichen Durchsetzung eines Anspruchs auf behördliches Einschreiten gegen das Verbrennen von Gartenabfällen konfrontiert sehen, würden unabhängig von der hier in Rede stehenden Fristproblematik auch in den Bundesländern bestehen, die die Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht zugelassen haben.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 N 13.1553

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 23. Juni 2015

15. Senat

Prinz-Mansilla, als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Normenkontrolle gegen Bebauungsplan bei nachträglichem Funktionsloswerden des Bebauungsplans, Antragsfrist

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Normenkontrollsache

...

gegen

Stadt Regensburg,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Domplatz 3, 93047 Regensburg,

- Antragsgegnerin -

beigeladen: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Gültigkeit des „Teilbebauungsplans“ Nr. ...

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schweinoch aufgrund mündlicher Verhandlung am 23. Juni 2015

folgendes Urteil:

I.

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den (Teil-)Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. ... Die Genehmigung des Bebauungsplans wurde ortsüblich am 21. November 1983 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekanntgemacht. Die Antragsteller sind Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstücks, das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist.

Mit ihrem am 26. Juli 2013 eingegangenen Normenkontrollantrag machen die Antragsteller die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans geltend. Die tatsächliche Entwicklung habe einen Stand erreicht, der die Verwirklichung des Bebauungsplans auf unabsehbare Zeit unmöglich mache. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass das festgesetzte Kerngebiet angesichts der verfestigten Wohnnutzung, wegen vorhandener Biotope und der Anforderungen an den Hochwasserschutz verwirklicht werde. Der Bebauungsplan sei eine Art Provisorium; er müsse sich entgegenhalten lassen, dass es einen „Teilbebauungsplan“ nicht gebe. Die ursprüngliche Planungskonzeption zugunsten eines Hotels werde nicht mehr umgesetzt. Spätestens seit der Verleihung des Titels „Weltkulturerbe“ an die Antragsgegnerin hätten sich die Bewertungsmaßstäbe in denkmalpflegerischer Sicht geändert und der Charakter des Plangebiets gewandelt. Der Normenkontrollantrag sei zulässig, insbesondere gelte die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO nicht, weil die Antragsteller die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans rügten.

Die Antragsteller beantragen,

den „Teilbebauungsplan“ Nr. ... vom 21. November 1983 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzuweisen.

Es stelle sich die Frage, ob der Normenkontrollantrag in Ansehung des Fristerfordernisses des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig sei. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht funktionslos geworden, weil keine dauerhafte Veränderung der faktischen Umstände in Widerspruch zu den Planfestsetzungen stünde. Überdies solle die nach der ursprünglichen planerischen Konzeption wesentliche Festsetzung eines Kerngebiets noch umgesetzt werden. Geplant seien ein Jugendhotel und ein Parkhaus. Rechtliche Hindernisse wegen vorhandener Biotope oder des Hochwasserschutzes bestünden nicht. Auch der Denkmalschutz löse keine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans aus.

Der Beigeladene ist Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet. Er hat sich zur Sache geäußert, aber keinen Antrag gestellt.

Die Landesanwaltschaft Bayern stellt keinen Antrag, regt aber als Vertreter des öffentlichen Interesses die Zulassung der Revision an.

Die Antragsteller wurden mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 18. August 2014 (15 N 13.1875) darauf hingewiesen, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Auffassung des Senats auch dann anzuwenden sei, wenn geltend gemacht werde, der angegriffene Bebauungsplan sei erst nach seiner Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist verfristet.

1. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag u. a. über die Gültigkeit von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind (prinzipale Normenkontrolle). Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 (6. VwGOÄndG, BGBl I S. 1626) wurde § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO neu gefasst und anstelle des ursprünglich nicht fristgebundenen Normenkontrollantrags eine zweijährige Antragsfrist eingeführt (Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) 6. VwGOÄndG). Für Rechtsvorschriften im Sinn des § 47 VwGO, also auch für Bebauungspläne, die - wie hier - vor dem 1. Januar 1997 bekanntgemacht wurden, begann die Zwei-Jahres-Frist mit Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG am 1. Januar 1997 zu laufen (vgl. Art. 10 Abs. 4, Art. 11 6. VwGOÄndG). Die Frist für die Stellung eines Normenkontrollantrags gegen den Bebauungsplan der Antragsgegnerin lief demnach am 31. Dezember 1998 ab (vgl. § 57 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB; andernfalls mit Ablauf des 4.1.1999, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, § 222 Abs. 2 ZPO), soweit die Befugnis, einen Normenkontrollantrag zu stellen, ohnehin nicht bereits verwirkt war. Die Verkürzung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf ein Jahr durch Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) wirkte sich nicht mehr auf die bereits abgelaufene Antragsfrist aus (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO).

2. Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht gilt die Antragsfrist für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch dann, wenn wie hier geltend gemacht wird, die Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden (zu § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ebs. BVerwG, B.v. 22.7.2013 - 7 BN 1/13, NVwZ 2013, 1547 = juris Rn. 9; zu § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vgl. BayVGH, U.v. 18.8.2014 - 15 N 13.1875 - BauR 2015, 101; zur gegenteiligen Ansicht Schenke, „Antragsbefristung einer Normenkontrolle gem. § 47 II 1 VwGO auch bei nachträglich eingetretener Rechtswidrigkeit der Norm“, NVwZ 2014, 341; vgl. auch Troidl, „Der funktionslose Bebauungsplan in der Normenkontrolle“, BauR 2010, 1511 jeweils m. w. N.).

Weder aus dem Wortlaut noch mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden ergibt sich, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine Anwendung finden soll, wenn mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, dass die Rechtsvorschrift erst nach Ablauf der Antragsfrist unwirksam geworden ist.

a) Der Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eindeutig und lässt Zweifel an der Anwendbarkeit der Antragsfrist auch für den Fall des nachträglichen Rechtswidrig-werdens einer Rechtsvorschrift nicht aufkommen (a.A. Troidl, a. a. O., S. 1518 f.). Danach kann den Normenkontrollantrag „jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres (bzw. „von zwei Jahren“, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO 1996) nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen“. Dass die Antragsfrist nicht nur für Behörden, sondern auch für natürliche und juristische Personen gilt, ist allgemein anerkannt (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 47 Rn. 74; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 47 Rn. 288; Giesberts in BeckOK, VwGO, Stand April 2015, § 47 Rn. 52).

b) Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu der mit dem 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) eingeführten zweijährigen und der mit dem Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) auf ein Jahr verkürzten Antragsfrist in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2013 a. a. O. = juris Rn. 11) sowie aus Sinn und Zweck der Antragsfrist lassen sich keine Gründe für eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses herleiten.

aa) Der Zweck der prinzipalen Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechts-vorschriften i. S. d. § 47 Abs. 1 VwGO liegt nach der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention darin, „durch eine einzige Entscheidung eine Reihe von Einzelklagen zu vermeiden und dadurch die Verwaltungsgerichte zu entlasten“ (BT-Drs. 3/55 S. 33 zu § 46); sie dient der „Rechtsklarheit und der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts, da sie zahlreichen Einzelklagen vorbeugt“ (BT-Drs. 3/1094 S. 6 zu § 46). Die prinzipale Normenkontrolle ist darüber hinaus „geeignet, den Rechtsschutz der Bürger … zu verbessern“, weil der Betroffene andernfalls gezwungen ist, „eine Entscheidung über die Gültigkeit der Rechtsnorm inzident herbeizuführen“ (BT-Drs. 7/4324 S. 6). Eine Antragsfrist wurde dementsprechend bewusst nicht vorgesehen, weil das Bedürfnis, durch das Normenkontrollverfahren viele Einzelverfahren zu ersparen, unabhängig von einer Frist bestehe (BT-Drs. 7/4324 S. 11). Von dieser Überlegung ist der Gesetzgeber mit der Einführung einer Antragsfrist im Jahr 1996 aber abgerückt. Die zunächst zweijährige Antragsfrist wurde aus der Erwägung heraus eingeführt und später auf ein Jahr verkürzt, die im Fall der unbefristeten prinzipalen Normenkontrolle besorgte „erhebliche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit“ im Interesse der Verwaltung, Investoren, Bürger und sonstigen Betroffenen zu vermeiden. Insbesondere im Bereich des Bauplanungsrechts hat der Gesetzgeber eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit angenommen, wenn Bebauungspläne auch noch Jahre nach ihrem Inkrafttreten für nichtig erklärt werden können (BT-Drs.13/3993 S. 10, BT-Drs. 16/2496 S. 17 f.). Der Gesetzgeber hat deshalb die Antragsfrist in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingeführt, um der Gemeinde und den übrigen an der Bestandskraft eines Bebauungsplans Interessierten Gewissheit darüber zu verschaffen, dass eine abstrakte Normenkontrolle nach Ablauf der Frist ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 - 4 BN 10/06 - BauR 2006, 2032 = juris Rn. 6); es ging ihm allein darum, die Rechtsvorschrift alsbald vor allgemein verbindlicher Verwerfung zu schützen und ihr damit faktisch erhöhten Bestandsschutz zu verschaffen (vgl. Gerhardt/Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 2015 - § 47 Rn. 35).

bb) Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach der gesetzgeberischen Wertung keine Anwendung finden soll, wenn die Rechtswidrigkeit der Rechtsvorschrift erst nach Ablauf der Antragsfrist eingetreten ist, bestehen nicht.

(1) Zwar lassen sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Nachweise dafür finden, dass der Gesetzgeber bei der Befristung der Normenkontrolle die Fallgestaltung des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer Norm ins Auge gefasst hat. Bekannt war diese Fallgestaltung aber bereits im Zeitpunkt der Einführung der Antragsfrist durch Gesetz vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626; vgl. schon BVerwG, U.v. 29.4.1977 - 4 C 39/75 - BVerwGE 54, 5), ebenso die Rechtsauffassung, dass im Normenkontrollverfahren auch die Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen Gegenstand der materiellen Überprüfung ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.1990 - 4 NB 20/90 - NVwZ-RR 1991, 54 = juris Rn. 3; BVerwG, B.v. 3.11.1993 - 4 NB 33/93 - NVwZ-RR 1994, 236 = juris Rn. 3). Jedenfalls war die Frage des Zeitpunkts der Erkennbarkeit von Mängeln der Rechtsvorschrift aber ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien Gegenstand der gesetzgeberischen Entscheidung. So wurde bei der Einführung der Antragsfrist erwogen, „dass die Normenkontrollmöglichkeit weitgehend leerläuft, weil in den entscheidungserheblichen Sachverhalten (z. B. Anfechtung eines Bebauungsplans, Kommunalabgabensatzungen) in aller Regel innerhalb so kurzer Zeit (Anm.: innerhalb eines Jahres) die Auswirkungen der Norm von den Betroffenen nicht übersehen werden können“ und „dadurch die Bündelungswirkung einer allgemein verbindlichen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts“ entfällt (BT-Drs. 13/3993 Anlage 2 S. 16 f.). Gleichwohl wurde der Beginn der Antragsfrist nicht auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit eines Mangels, sondern auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift festgelegt. Dass Rechtsvorschriften i. S. d. § 47 Abs. 1 VwGO im Übrigen auch nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit zu ihrer Aufhebung führenden Mängeln behaftet sein können, hat der Gesetzgeber ebenfalls erwogen. In den Gesetzgebungsmaterialien wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Einführung der Antragsfrist „die Befugnis der Verwaltungsgerichte, Normen inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen, nicht berührt“ (BT-Drs. 13/3993 S. 10; vgl. BVerwG, B.v. 8.4.2003 - 4 B 23/03 - juris Rn. 4, wonach sich die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht im Rahmen der inzidenten Normenkontrolle auswirkt). Die Gesetzgebungsmaterialien zur Einführung und zur Verkürzung der Antragsfrist lassen deshalb erkennen, dass dem Gesetzgeber die Konsequenzen einer Antragsfrist für das prinzipale Normenkontrollverfahren bewusst waren und dass die Antragsfrist ungeachtet der Art von Rechtsfehlern, dem Zeitpunkt des Erkennens ihrer Auswirkungen oder ihrer Entstehung anzuwenden sein soll (vgl. auch BVerwG, B.v. 22.7.2013 - 7 BN 1/13 - NVwZ 2013, 1547 = juris Rn. 11). Dem Interesse an der Herstellung einer (relativen) Rechtssicherheit wurde bewusst Vorrang eingeräumt vor der in erster Linie der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts, aber auch der einem verbesserten Rechtsschutz dienenden unbefristeten Normenkontrolle.

(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, dass bei der Verkürzung der Antragsfrist auf ein Jahr durch Gesetz vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) „wegen der bereits damals ganz überwiegend abgelehnten Anwendung des § 47 II 1 VwGO auf die Fälle der erst nachträglich eingetretenen Rechtswidrigkeit einer Norm“ (vgl. Schenke, a. a. O., Fn. 7 m. w. N.) kein Regelungsbedarf mehr für die Fälle des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer Norm bestanden habe. Denn bereits die vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassene Frage der Geltung der Antragsfrist im Falle eines Normenkontrollantrags zur Feststellung der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans (U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3/97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 19) zeigt, dass die Rechtsfrage keineswegs als geklärt erscheinen konnte (vgl. für die Geltung der Antragsfrist auch im Fall nachträglich eingetretener Funktionslosigkeit NdsOVG, U.v. 16.10.2004 - 9 KN 249/03 - BauR 2005, 523 = juris Rn. 14 ff.; VGH BW, U.v. 17.10.2002 - 1 S 2114/99 - juris Rn. 53; OVG NW, U.v. 30.7.1999 - 10a D 53/97.NE - juris Rn. 37 f.).

(3) Eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses für den Fall einer nach Bekanntmachung eingetretenen Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen kann den Gesetzgebungsmaterialien schließlich nicht entnommen werden, soweit darin auf das Vertrauen in die Rechtsgültigkeit von Bebauungsplänen abgestellt wird. Danach können zwar „nach derzeit geltenden Recht“ (Anm.: vor Einführung der Antragsfrist) „Normen (z. B. Bebauungspläne), die bereits seit langem praktiziert worden sind und auf deren Rechtsgültigkeit sowohl die Behörden als auch die berührten Bürger vertraut haben“, auch noch Jahre nach Inkrafttreten der Rechtsvorschrift „auf Antrag eines Betroffenen für nichtig erklärt werden“, was zu „einer erheblichen Beeinträchtigung der Rechtssicherheit“ führe (BT-Drs. 13/3993 S. 10). Demgegenüber tritt eine bauplanerische Festsetzung wegen Funktionslosigkeit erst außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, U.v. 29.4.1977 - 4 C39/75 - BVerwGE 54, 5). Aus den Ausführungen in den Gesetzgebungsmaterialien kann aber nicht der Schluss gezogen werden, die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beanspruche nur für solche Rechtsvorschriften Gültigkeit, auf deren Rechtsgültigkeit zumindest in der Vergangenheit vertraut werden konnte. Denn der Gesetzgeber war sich, wie bereits ausgeführt wurde, darüber im Klaren, dass die Einführung einer Antragsfrist für das Normenkontrollverfahren eine etwaige Ungültigkeit der Rechtsvorschrift nicht zu beseitigen vermag. Insoweit hat er die weiterhin bestehende Befugnis der Verwaltungsgerichte, Normen inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen, ausdrücklich erwähnt. Dem Gesetzgeber ging es allein darum, das Antragsrecht für das verwaltungsgerichtliche Normenkontrollverfahren zeitlich zu beschränken, um der Gemeinde und den übrigen an der Bestandskraft eines Bebauungsplans Interessierten Gewissheit darüber zu verschaffen, dass eine abstrakte Normenkontrolle nach Ablauf der Frist ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 - 4 BN 10/06 - BauR 2006, 2032 = juris Rn. 6).

(4) Mit der Überlegung, eine Gemeinde sei gehalten, einen als unwirksam erkannten Bebauungsplan aufzuheben (vgl. Troidl, a. a. O. S. 1519 m. w. N.; BVerwG, U.v. 12.11.1986 - 4 C 22/83 - BVerwGE 75, 142 = juris Rn. 12), lässt sich eine Ausnahme von der Antragsfrist bei nachträglich funktionslos gewordenen Bebauungsplänen ebenso wenig begründen. Das Bedürfnis, einen Bebauungsplan, der an einem zur Unwirksamkeit führenden Fehler leidet, aufzuheben, besteht nicht nur im Fall seiner nachträglichen Funktionslosigkeit, sondern - vorbehaltlich der Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren - ebenso für anfängliche Mängel. Davon abgesehen begründet das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 2, Abs. 8 BauGB; vgl. BVerwG, B.v. 2.9.2009 - 4 BN 16/09 - juris Rn. 14).

(5) Aus Vorstehendem ergibt sich, dass der Sinn und Zweck der Fristenregelung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht darin liegt, dass derjenige, der annimmt, durch die Norm in seinen Rechten verletzt zu sein und deshalb eine prinzipale Normenkontrolle anstrebt, gezwungen sein soll, diese innerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu beantragen (so aber Schenke, a. a. O., Nr. 2; ebs. Troidl, a. a. O., S. 1519 f.). Diese zum Sinn und Zweck der Antragsfrist vertretene Ansicht beschreibt lediglich die Auswirkung der Antragsfrist aus Sicht der Normbetroffenen und findet weder in den Gesetzgebungsmaterialien zur Einführung und Verkürzung der Antragsfrist eine Stütze noch lässt sie sich sonst mit Sinn und Zweck der Antragsfrist begründen. Der Sinn und Zweck der Antragsfrist liegt schlicht darin, das Antragsrecht für die prinzipale Normenkontrolle auf einen konkret bestimmbaren Zeitraum zu beschränken, der mit der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift beginnt und dessen Ende nach Ablauf eines Jahres einen äußersten Zeitpunkt festlegt (vgl. Giesberts in BeckOK, VwGO, Stand April 2015, § 47 Rn. 54; zu Fällen, in denen vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt, hierüber jedoch erst nach Ablauf der Frist entschieden wird BVerwG, B.v. 18.2.2013 - 6 BN 1/12 - NVwZ-RR 2013, 387). Denn der Normenkontrollantrag soll im Gegensatz zur früheren Rechtslage nicht „auch noch Jahre nach dem Inkrafttreten einer Rechtsvorschrift“ gestellt werden können (vgl. BT-Drs. 13/3993 S. 10). Dieser Zweck der Antragsfrist würde verfehlt, wenn die allgemeinverbindliche Unwirksamkeitserklärung einer Rechtsvorschrift im Normenkontrollverfahren bei nachträglichem Rechtswidrigwerden der Rechtsvorschrift auf unbegrenzte Zeit nach dem Inkrafttreten z. B. eines Bebauungsplans herbeigeführt werden könnte. Eine Auslegung, wonach die Antragsfrist in Fällen des nachträglichen Rechtswidrigwerdens keine Anwendung finden soll, unterläuft die vom Gesetzgeber verfolgte Absicht, ein gewisses Maß an Rechtssicherheit durch die zeitliche Beschränkung des Antragsrechts herbeizuführen und setzt sich damit über die Entscheidung des Gesetzgebers hinweg. Eine derartige Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2013 - 1 BvR 1928/12 - NJW-RR 2014, 105 = juris Rn. 33 m. w. N.).

(6) Berechtigen demnach selbst gewichtige rechtspolitische Überlegungen die Gerichte nicht dazu, sich über abweichende Wertentscheidungen des Gesetzgebers hinwegzusetzen, die sich aus Wortlaut, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften unter Berücksichtigung der Entstehungs-geschichte erschließen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.1992 - 2 BvR 488/376 - BVerfGE 52, 42 = juris Rn. 42 m. w. N.), so bestehen aber auch keine überzeugenden rechtspolitischen Gründe für die Auffassung, dass die prinzipale Normenkontrolle (nur) in den Fällen des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer Rechtsvorschrift nach Ablauf der Antragsfrist zulässig sein soll, während die Antragsfrist im Übrigen Geltung beansprucht. Wäre die prinzipale Normenkontrolle nach Ablauf der Jahresfrist in den Fällen nachträglich eingetretener Rechtswidrigkeit der Norm zulässig, so beschränkte sich der Umfang der oberverwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle lediglich auf die Prüfung, ob die Norm nachträglich rechtswidrig geworden ist; anfängliche Mängel könnten nicht überprüft werden. Andernfalls würde die gesetzliche Antragsfrist vollends unterlaufen (vgl. Schenke, a. a. O., Nr. 7). Ein praktisches Bedürfnis nach Überprüfung der Wirksamkeit einer Rechtsvorschrift besteht aber nicht nur für nachträglich eingetretene, sondern eben auch für anfängliche, noch beachtliche Mängel. Stellt ein Normbetroffener nach Ablauf der Antragsfrist zunächst einen Normenkontrollantrag zur Feststellung der nachträglich eingetretenen Unwirksamkeit der Rechtsvorschrift, so wäre er im Fall des Unterliegens gezwungen, neben der prinzipalen Normenkontrolle stets auch eine inzidente Prüfung der Rechtsvorschrift beim Verwaltungsgericht anzustreben, um eine umfassende Überprüfung der Wirksamkeit der Rechtsvorschrift herbeizuführen. Dies widerspricht aber gerade der Bündelungsfunktion der prinzipalen Normenkontrolle. Wenn im Weg der prinzipalen Normenkontrolle nach Ablauf der Antragsfrist geltend gemacht werden kann, Festsetzungen eines Bebauungsplans seien aufgrund tatsächlicher Entwicklungen funktionslos geworden, stellte sich zudem die Abgrenzungsfrage, ob eine solche Entwicklung nicht bereits von Anfang an absehbar war, die planerische Festsetzung also von vornherein nicht erforderlich oder zumindest mit einem beachtlichen Abwägungsmangel behaftet war. Soweit zur Begründung der Gegenansicht auch eine spürbare Entlastung des Bundesverfassungsgerichts erwogen wird, wäre zunächst der Frage nachzugehen, ob bei Geltung der Antragsfrist auch für Fälle des nachträglichen Rechtswidrigwerdens der Rechtsvorschrift eine zusätzliche Belastung des Bundesverfassungsgerichts zu erwarten ist. Das ist wohl zu verneinen. Denn die gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften mögliche Verfassungsbeschwerde unterliegt - wie der Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO auch - einer Jahresfrist (vgl. § 93 Abs. 3 BVerfGG). Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde nicht als Primärrechtsschutz für den Bereich der untergesetzlichen Rechtsetzung anzuerkennen. Dies gilt selbst dann, wenn die untergesetzliche Norm einer unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich ist (BVerfG, B.v. 17.1.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - BVerfGE 115, 81 = juris Rn. 39 ff.).

c) Auch das Grundrecht auf einen effektiven Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gebietet keine einschränkende Auslegung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

Zwar ist die Rechtssetzung der Exekutive in der Form von Rechtsverordnungen und Satzungen Ausübung öffentlicher Gewalt (i. S. v. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) und daher in die Rechtsschutzgarantie einzubeziehen (BVerfG, B.v. 17.1.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - BVerfGE 115, 81 = juris Rn. 41). Auch haben Festsetzungen in Bebauungsplänen i.d.R. direkte Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Eigentümers (BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 2 BvR 397 u. a. - BVerfGE 70, 35 = juris Rn. 44 ff., 56, 70). Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet aber keine prinzipale Normenkontrolle als Rechtsschutzmöglichkeit gegen untergesetzliche Rechtsnormen, weil Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dem Bürger lediglich garantiert, dass ihn beeinträchtigende Maßnahmen in irgendeinem gerichtlichen Verfahren überprüft werden können und dieser Rechtsschutz in der Regel durch die inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der untergesetzlichen Rechtssätze im Rahmen von Verfahren gegen deren Anwendung im Einzelfall erfolgt (vgl. BVerfG, E.v. 27.7.1971 - 2 BvR 443/70 - BVerfGE 31, 364 = juris Rn. 8, 12; vgl. BVerfG v. 17.1.2006 a. a. O. Rn. 42). Ist die inzidente Normenkontrolle im Rahmen von Verfahren gegen deren Anwendung im Einzelfall nicht möglich oder führt sie nicht zur Beseitigung der Grundrechtsverletzung, kommt außerhalb des Anwendungsbereichs von § 47 VwGO insbesondere die Feststellungsklage als Rechtsschutzmittel in Betracht (BVerfG, B.v. 17.1.2006, a. a. O., = juris Rn. 42, 50 ff.; BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 2/07 - BVerwGE 129, 199 = juris Rn. 20 ff.). Da Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Gesetzgeber nicht verpflichtet, das Rechtsschutzmittel der prinzipalen Normenkontrolle vorzuhalten, begegnet demnach auch die zeitliche Beschränkung des Antragsrechts im Normenkontrollverfahren keinen verfassungs-rechtlichen Bedenken.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

4. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen. Die Frage nach der Geltung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist für den Fall umstritten und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ungeklärt, dass mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, die Rechtsvorschrift sei nach Ablauf der Jahresfrist unwirksam geworden.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013, S. 57-68).

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Zur Deckung eines nur vorübergehenden Personalbedarfs kann ein Beamter auf Lebenszeit mit der Befähigung zum Richteramt für die Dauer von mindestens zwei Jahren, längstens jedoch für die Dauer seines Hauptamts, zum Richter auf Zeit ernannt werden. § 15 Absatz 1 Satz 1 und 3 sowie Absatz 2 des Deutschen Richtergesetzes ist entsprechend anzuwenden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die zuständige Behörde kann in dringenden Fällen vorübergehend die Zeit, die Öffnungszeiten und den Platz der Veranstaltung abweichend von der Festsetzung regeln.

(2) Die zuständige Behörde hat die Festsetzung zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung ein Ablehnungsgrund nach § 69a Abs. 1 Nr. 3 vorgelegen hat; im übrigen kann sie die Festsetzung zurücknehmen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die eine Ablehnung der Festsetzung gerechtfertigt hätten. Sie hat die Festsetzung zu widerrufen, wenn nachträglich ein Ablehnungsgrund nach § 69a Abs. 1 Nr. 3 eintritt; im übrigen kann sie die Festsetzung widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die eine Ablehnung der Festsetzung rechtfertigen würden.

(3) Auf Antrag des Veranstalters hat die zuständige Behörde die Festsetzung zu ändern; § 69a gilt entsprechend. Auf Antrag des Veranstalters hat die zuständige Behörde die Festsetzung aufzuheben, die Festsetzung eines Wochenmarktes, Jahrmarktes oder Volksfestes jedoch nur, wenn die Durchführung der Veranstaltung dem Veranstalter nicht zugemutet werden kann.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 4 der Verordnung des Landkreises S. über die Entsorgung bestimmter pflanzlicher Gartenabfälle außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen durch Verbrennen - GartAbfVO. Die Vorschrift lässt das Verbrennen von pflanzlichen Gartenabfällen in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November und vom 1. Februar bis 15. März unter bestimmten Bedingungen zu. Das Oberverwaltungsgericht hat den am 4. Juni 2012 gestellten Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt, weil er nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der GartAbfVO beim Gericht eingegangen ist. Eine Abweichung von der Ausschlussfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sei auch nicht deshalb geboten, weil die GartAbfVO - wie die Antragsteller ergänzend vortrügen - jedenfalls nicht mehr mit dem am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen KrWG vereinbar sei. Auch die Vereinbarkeit der GartAbfVO mit dem neuen KrWG könne im Rahmen der den Antragstellern eröffneten indirekten Rechtsschutzmöglichkeiten überprüft werden.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

II.

3

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

4

1. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.

5

Im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht hatten die Antragsteller geltend gemacht, dass inzwischen, also nach Erlass der GartAbfVO, im Landkreis ausreichend Einrichtungen für die durch das Abfallrecht geforderte Entsorgung von Gartenabfällen geschaffen worden seien; damit sei die Ermächtigung zur Regelung einer Beseitigung außerhalb von Entsorgungsanlagen entfallen (Schriftsatz vom 31. Mai 2012 S. 5). Mit der Beschwerde rügen sie, dass sich das Oberverwaltungsgericht mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe.

6

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kommt nur in Betracht, wenn das betreffende Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts entscheidungserheblich war. Das ist hier nicht der Fall. Auf die Begründetheit des Normenkontrollantrags, in dessen Rahmen die Antragsteller zur zwischenzeitlichen Schaffung von Entsorgungseinrichtungen vorgetragen hatten, kam es nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht an; nach seiner Auffassung war der Antrag bereits unzulässig. Dass die GartAbfVO durch die Schaffung von Entsorgungseinrichtungen funktionslos geworden sei und in einem solchen Fall die Antragsfrist keine Anwendung finden könne, hatten die Antragsteller selbst nicht geltend gemacht. Ohne einen entsprechenden Vortrag musste das Oberverwaltungsgericht diesen Gedanken nicht in Erwägung ziehen. Anhaltspunkte für eine Funktionslosigkeit der GartAbfVO ergaben sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht. Funktionslos kann eine Norm nur werden, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Norm gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (Urteile vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 <76> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 128 S. 121 f. und vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <214> = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 10, jeweils zu Bebauungsplänen). Dass eine Verwirklichung des § 4 GartAbfVO ausgeschlossen und ein Vertrauen auf die Fortgeltung der Norm nicht mehr schutzwürdig sein könnte, ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht; sie machen vielmehr selbst geltend, dass von der durch § 4 GartAbfVO eröffneten Möglichkeit, Gartenabfälle zu verbrennen, weiterhin umfangreich Gebrauch gemacht werde.

7

2. Bereits aus diesem Grund kann auch die im Hinblick auf die unterlassene Prüfung der Funktionslosigkeit geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 1998 (a.a.O.) nicht vorliegen. Sie ist im Übrigen nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26) dargelegt. Mit welchem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz das Oberverwaltungsgericht von einem ebensolchen Rechtssatz des Urteils vom 3. Dezember 1998 abgewichen sein sollte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

8

3. Die Rechtssache hat schließlich nicht die von der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Als klärungsbedürftig bezeichnet die Beschwerde die Frage,

ob der Ablauf der Klagefrist des § 47 VwGO auch dann den Normenkontrollantrag unzulässig werden lässt, wenn die Verordnung infolge Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zwar nicht mehr rechtmäßig ist, dem Antragsteller aber andere Rechtsmittel zur Verfügung stehen, um seine Rechte zu wahren.

9

Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält zugleich eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Hieran fehlt es, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt es hier. Die Frage ist im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten. Jedenfalls für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gilt die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift auch dann, wenn der Antragsteller geltend macht, die Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 1 S 2114/99 - juris Rn. 53 f.; M. Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 47 Rn. 26). Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Frage, welche Bedeutung dem Fristerfordernis im Fall von Normenkontrollanträgen nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zukommt, wenn die Feststellung eingetretener Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans beantragt wird, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden (offengelassen auch im Urteil vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 75 bzw. S. 121 und im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 2011 - 1 BvR 2232/10 - NVwZ 2012, 429 Rn. 51). Die hier in Streit stehende GartAbfVO ist - wie dargelegt - nicht funktionslos geworden. Es geht auch nicht um einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

10

In der Literatur wird allerdings verbreitet gefordert, das an die Bekanntmachung der Rechtsvorschrift anknüpfende Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht anzuwenden, wenn mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, eine Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung rechtswidrig geworden (Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 1, Stand: August 2012, § 47 Rn. 38; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 290; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 47 Rn. 85; Giesberts, in: Posser/Wolf, VwGO, 2008, § 47 Rn. 55). Dem steht aber bereits der Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden; das gilt unabhängig davon, welche Gründe für die Unwirksamkeit der Rechtsvorschrift der Antragsteller geltend macht.

11

Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses. Ursprünglich waren Normenkontrollanträge unbefristet zulässig. Durch das 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) wurde zunächst eine Frist von zwei Jahren ab Bekanntmachung der Rechtsvorschrift eingeführt; durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) wurde diese Frist auf ein Jahr verkürzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ohne Fristbindung sei es möglich, dass Normen, die bereits lange praktiziert würden und auf deren Rechtsgültigkeit sowohl die Behörden als auch die Bürger vertraut hätten, als Rechtsgrundlage für nicht bestandskräftige Entscheidungen entfielen; dies könne zu erheblichen Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit führen (BTDrucks 13/3993 S. 10, 16/2496 S. 17 f.). Zur hier in Rede stehenden Fallgruppe verhalten sich die Gesetzgebungsmaterialien nicht. Die Einführung der Antragsfrist und ihre nachfolgende Verkürzung zeigen jedoch, dass eine prinzipale Normenkontrolle nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlass der Rechtsvorschrift zulässig sein soll. Im Übrigen soll es bei den außerhalb von § 47 VwGO gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten und der in diesen Verfahren gegebenen Befugnis der Verwaltungsgerichte bleiben, die Rechtsvorschrift inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen (vgl. BTDrucks 13/3993 S. 10).

12

Auch Sinn und Zweck der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO rechtfertigen es nicht, das Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 VwGO auf Anträge, mit denen eine nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit der Rechtsvorschrift geltend gemacht wird, nicht anzuwenden. Das Fristerfordernis führt zwar dazu, dass ein nachträgliches Rechtswidrigwerden einer Rechtsnorm mit einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO in aller Regel nicht geltend gemacht werden kann. Insoweit kann die Normenkontrolle ihren Zweck, die Verfahrensökonomie und den Rechtsschutz des Einzelnen zu verbessern (BTDrucks 3/1094 S. 6), nicht erreichen. Eine Notwendigkeit, die Normenkontrolle in diesen Fällen unbefristet oder innerhalb einer im Wege richterlicher Rechtsfortbildung festzulegenden Frist zuzulassen, ergibt sich hieraus jedoch nicht.

13

Verfassungsrecht gebietet es nicht, eine prinzipale Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechtsnormen einzuführen (BVerfG, Entscheidung vom 27. Juli 1971 - 2 BvR 443/70 - BVerfGE 31, 364 <370>; BVerwG, Beschlüsse vom 2. April 1993 - BVerwG 7 B 38.93 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 117 = NVwZ-RR 1993, 513<514> und vom 2. September 1983 - BVerwG 4 BN 1.83 - BVerwGE 68, 12 <14>). Über die bestehenden Klagemöglichkeiten kann jedes subjektive Recht durchgesetzt werden; damit ist den Anforderungen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) genügt. Dass eine Rechtsvorschrift von Anfang an unwirksam war oder infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nachträglich rechtswidrig geworden ist, kann auch im Rahmen dieser Verfahren geltend gemacht werden; die Gerichte müssen die Wirksamkeit der Rechtsvorschrift, soweit entscheidungserheblich, auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO inzident prüfen.

14

Außerhalb des Städtebaurechts überlässt § 47 VwGO den Ländern die Entscheidung, ob die Normenkontrolle gegen im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften eröffnet werden soll oder nicht (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO); ein lückenloser Rechtsschutz im Wege der prinzipalen Normenkontrolle wird insoweit nicht gewährleistet. Würden Normenkontrollanträge in Ländern, die die Normenkontrolle eröffnet haben, in der hier in Rede stehenden Konstellation ohne Einhaltung einer Frist zugelassen, würde dies dem Ziel des Bundesgesetzgebers widersprechen, die Zulässigkeit von Normenkontrollen im Interesse der Rechtssicherheit zeitlich zu beschränken. Die durch die Nichtanwendung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO entstehende Lücke könnte auch im Wege der Rechtsfortbildung nicht ohne Weiteres geschlossen werden. Insbesondere bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist unklar, durch welches Ereignis die Frist (erneut) in Lauf gesetzt werden sollte. Aber auch bei einer Rechtsänderung kommen unter Umständen verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht. Im Übrigen müsste nicht nur die Frist, sondern auch der Prüfungsmaßstab modifiziert werden. Denn wenn ein Normenkontrollantrag, mit dem ein nachträgliches Rechtswidrigwerden einer Rechtsvorschrift geltend gemacht wird, zu einer Vollüberprüfung der Rechtsvorschrift einschließlich ihrer ursprünglichen Wirksamkeit führen würde, würde das Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 VwGO umgangen. Jedenfalls im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist für eine solche Rechtsfortbildung kein Raum. Die praktischen Schwierigkeiten, mit denen sich die Antragsteller bei der gerichtlichen Durchsetzung eines Anspruchs auf behördliches Einschreiten gegen das Verbrennen von Gartenabfällen konfrontiert sehen, würden unabhängig von der hier in Rede stehenden Fristproblematik auch in den Bundesländern bestehen, die die Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht zugelassen haben.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 N 13.1553

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 23. Juni 2015

15. Senat

Prinz-Mansilla, als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Normenkontrolle gegen Bebauungsplan bei nachträglichem Funktionsloswerden des Bebauungsplans, Antragsfrist

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Normenkontrollsache

...

gegen

Stadt Regensburg,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Domplatz 3, 93047 Regensburg,

- Antragsgegnerin -

beigeladen: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Gültigkeit des „Teilbebauungsplans“ Nr. ...

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schweinoch aufgrund mündlicher Verhandlung am 23. Juni 2015

folgendes Urteil:

I.

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den (Teil-)Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. ... Die Genehmigung des Bebauungsplans wurde ortsüblich am 21. November 1983 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekanntgemacht. Die Antragsteller sind Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstücks, das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist.

Mit ihrem am 26. Juli 2013 eingegangenen Normenkontrollantrag machen die Antragsteller die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans geltend. Die tatsächliche Entwicklung habe einen Stand erreicht, der die Verwirklichung des Bebauungsplans auf unabsehbare Zeit unmöglich mache. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass das festgesetzte Kerngebiet angesichts der verfestigten Wohnnutzung, wegen vorhandener Biotope und der Anforderungen an den Hochwasserschutz verwirklicht werde. Der Bebauungsplan sei eine Art Provisorium; er müsse sich entgegenhalten lassen, dass es einen „Teilbebauungsplan“ nicht gebe. Die ursprüngliche Planungskonzeption zugunsten eines Hotels werde nicht mehr umgesetzt. Spätestens seit der Verleihung des Titels „Weltkulturerbe“ an die Antragsgegnerin hätten sich die Bewertungsmaßstäbe in denkmalpflegerischer Sicht geändert und der Charakter des Plangebiets gewandelt. Der Normenkontrollantrag sei zulässig, insbesondere gelte die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO nicht, weil die Antragsteller die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans rügten.

Die Antragsteller beantragen,

den „Teilbebauungsplan“ Nr. ... vom 21. November 1983 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzuweisen.

Es stelle sich die Frage, ob der Normenkontrollantrag in Ansehung des Fristerfordernisses des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig sei. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht funktionslos geworden, weil keine dauerhafte Veränderung der faktischen Umstände in Widerspruch zu den Planfestsetzungen stünde. Überdies solle die nach der ursprünglichen planerischen Konzeption wesentliche Festsetzung eines Kerngebiets noch umgesetzt werden. Geplant seien ein Jugendhotel und ein Parkhaus. Rechtliche Hindernisse wegen vorhandener Biotope oder des Hochwasserschutzes bestünden nicht. Auch der Denkmalschutz löse keine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans aus.

Der Beigeladene ist Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet. Er hat sich zur Sache geäußert, aber keinen Antrag gestellt.

Die Landesanwaltschaft Bayern stellt keinen Antrag, regt aber als Vertreter des öffentlichen Interesses die Zulassung der Revision an.

Die Antragsteller wurden mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 18. August 2014 (15 N 13.1875) darauf hingewiesen, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Auffassung des Senats auch dann anzuwenden sei, wenn geltend gemacht werde, der angegriffene Bebauungsplan sei erst nach seiner Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist verfristet.

1. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag u. a. über die Gültigkeit von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind (prinzipale Normenkontrolle). Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 (6. VwGOÄndG, BGBl I S. 1626) wurde § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO neu gefasst und anstelle des ursprünglich nicht fristgebundenen Normenkontrollantrags eine zweijährige Antragsfrist eingeführt (Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) 6. VwGOÄndG). Für Rechtsvorschriften im Sinn des § 47 VwGO, also auch für Bebauungspläne, die - wie hier - vor dem 1. Januar 1997 bekanntgemacht wurden, begann die Zwei-Jahres-Frist mit Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG am 1. Januar 1997 zu laufen (vgl. Art. 10 Abs. 4, Art. 11 6. VwGOÄndG). Die Frist für die Stellung eines Normenkontrollantrags gegen den Bebauungsplan der Antragsgegnerin lief demnach am 31. Dezember 1998 ab (vgl. § 57 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB; andernfalls mit Ablauf des 4.1.1999, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, § 222 Abs. 2 ZPO), soweit die Befugnis, einen Normenkontrollantrag zu stellen, ohnehin nicht bereits verwirkt war. Die Verkürzung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf ein Jahr durch Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) wirkte sich nicht mehr auf die bereits abgelaufene Antragsfrist aus (vgl. § 195 Abs. 7 VwGO).

2. Entgegen der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht gilt die Antragsfrist für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch dann, wenn wie hier geltend gemacht wird, die Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden (zu § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ebs. BVerwG, B.v. 22.7.2013 - 7 BN 1/13, NVwZ 2013, 1547 = juris Rn. 9; zu § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vgl. BayVGH, U.v. 18.8.2014 - 15 N 13.1875 - BauR 2015, 101; zur gegenteiligen Ansicht Schenke, „Antragsbefristung einer Normenkontrolle gem. § 47 II 1 VwGO auch bei nachträglich eingetretener Rechtswidrigkeit der Norm“, NVwZ 2014, 341; vgl. auch Troidl, „Der funktionslose Bebauungsplan in der Normenkontrolle“, BauR 2010, 1511 jeweils m. w. N.).

Weder aus dem Wortlaut noch mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden ergibt sich, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine Anwendung finden soll, wenn mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, dass die Rechtsvorschrift erst nach Ablauf der Antragsfrist unwirksam geworden ist.

a) Der Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eindeutig und lässt Zweifel an der Anwendbarkeit der Antragsfrist auch für den Fall des nachträglichen Rechtswidrig-werdens einer Rechtsvorschrift nicht aufkommen (a.A. Troidl, a. a. O., S. 1518 f.). Danach kann den Normenkontrollantrag „jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres (bzw. „von zwei Jahren“, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO 1996) nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen“. Dass die Antragsfrist nicht nur für Behörden, sondern auch für natürliche und juristische Personen gilt, ist allgemein anerkannt (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 47 Rn. 74; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 47 Rn. 288; Giesberts in BeckOK, VwGO, Stand April 2015, § 47 Rn. 52).

b) Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu der mit dem 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) eingeführten zweijährigen und der mit dem Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) auf ein Jahr verkürzten Antragsfrist in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2013 a. a. O. = juris Rn. 11) sowie aus Sinn und Zweck der Antragsfrist lassen sich keine Gründe für eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses herleiten.

aa) Der Zweck der prinzipalen Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechts-vorschriften i. S. d. § 47 Abs. 1 VwGO liegt nach der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention darin, „durch eine einzige Entscheidung eine Reihe von Einzelklagen zu vermeiden und dadurch die Verwaltungsgerichte zu entlasten“ (BT-Drs. 3/55 S. 33 zu § 46); sie dient der „Rechtsklarheit und der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts, da sie zahlreichen Einzelklagen vorbeugt“ (BT-Drs. 3/1094 S. 6 zu § 46). Die prinzipale Normenkontrolle ist darüber hinaus „geeignet, den Rechtsschutz der Bürger … zu verbessern“, weil der Betroffene andernfalls gezwungen ist, „eine Entscheidung über die Gültigkeit der Rechtsnorm inzident herbeizuführen“ (BT-Drs. 7/4324 S. 6). Eine Antragsfrist wurde dementsprechend bewusst nicht vorgesehen, weil das Bedürfnis, durch das Normenkontrollverfahren viele Einzelverfahren zu ersparen, unabhängig von einer Frist bestehe (BT-Drs. 7/4324 S. 11). Von dieser Überlegung ist der Gesetzgeber mit der Einführung einer Antragsfrist im Jahr 1996 aber abgerückt. Die zunächst zweijährige Antragsfrist wurde aus der Erwägung heraus eingeführt und später auf ein Jahr verkürzt, die im Fall der unbefristeten prinzipalen Normenkontrolle besorgte „erhebliche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit“ im Interesse der Verwaltung, Investoren, Bürger und sonstigen Betroffenen zu vermeiden. Insbesondere im Bereich des Bauplanungsrechts hat der Gesetzgeber eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit angenommen, wenn Bebauungspläne auch noch Jahre nach ihrem Inkrafttreten für nichtig erklärt werden können (BT-Drs.13/3993 S. 10, BT-Drs. 16/2496 S. 17 f.). Der Gesetzgeber hat deshalb die Antragsfrist in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingeführt, um der Gemeinde und den übrigen an der Bestandskraft eines Bebauungsplans Interessierten Gewissheit darüber zu verschaffen, dass eine abstrakte Normenkontrolle nach Ablauf der Frist ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 - 4 BN 10/06 - BauR 2006, 2032 = juris Rn. 6); es ging ihm allein darum, die Rechtsvorschrift alsbald vor allgemein verbindlicher Verwerfung zu schützen und ihr damit faktisch erhöhten Bestandsschutz zu verschaffen (vgl. Gerhardt/Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 2015 - § 47 Rn. 35).

bb) Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach der gesetzgeberischen Wertung keine Anwendung finden soll, wenn die Rechtswidrigkeit der Rechtsvorschrift erst nach Ablauf der Antragsfrist eingetreten ist, bestehen nicht.

(1) Zwar lassen sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Nachweise dafür finden, dass der Gesetzgeber bei der Befristung der Normenkontrolle die Fallgestaltung des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer Norm ins Auge gefasst hat. Bekannt war diese Fallgestaltung aber bereits im Zeitpunkt der Einführung der Antragsfrist durch Gesetz vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626; vgl. schon BVerwG, U.v. 29.4.1977 - 4 C 39/75 - BVerwGE 54, 5), ebenso die Rechtsauffassung, dass im Normenkontrollverfahren auch die Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen Gegenstand der materiellen Überprüfung ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.1990 - 4 NB 20/90 - NVwZ-RR 1991, 54 = juris Rn. 3; BVerwG, B.v. 3.11.1993 - 4 NB 33/93 - NVwZ-RR 1994, 236 = juris Rn. 3). Jedenfalls war die Frage des Zeitpunkts der Erkennbarkeit von Mängeln der Rechtsvorschrift aber ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien Gegenstand der gesetzgeberischen Entscheidung. So wurde bei der Einführung der Antragsfrist erwogen, „dass die Normenkontrollmöglichkeit weitgehend leerläuft, weil in den entscheidungserheblichen Sachverhalten (z. B. Anfechtung eines Bebauungsplans, Kommunalabgabensatzungen) in aller Regel innerhalb so kurzer Zeit (Anm.: innerhalb eines Jahres) die Auswirkungen der Norm von den Betroffenen nicht übersehen werden können“ und „dadurch die Bündelungswirkung einer allgemein verbindlichen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts“ entfällt (BT-Drs. 13/3993 Anlage 2 S. 16 f.). Gleichwohl wurde der Beginn der Antragsfrist nicht auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit eines Mangels, sondern auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift festgelegt. Dass Rechtsvorschriften i. S. d. § 47 Abs. 1 VwGO im Übrigen auch nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit zu ihrer Aufhebung führenden Mängeln behaftet sein können, hat der Gesetzgeber ebenfalls erwogen. In den Gesetzgebungsmaterialien wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Einführung der Antragsfrist „die Befugnis der Verwaltungsgerichte, Normen inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen, nicht berührt“ (BT-Drs. 13/3993 S. 10; vgl. BVerwG, B.v. 8.4.2003 - 4 B 23/03 - juris Rn. 4, wonach sich die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht im Rahmen der inzidenten Normenkontrolle auswirkt). Die Gesetzgebungsmaterialien zur Einführung und zur Verkürzung der Antragsfrist lassen deshalb erkennen, dass dem Gesetzgeber die Konsequenzen einer Antragsfrist für das prinzipale Normenkontrollverfahren bewusst waren und dass die Antragsfrist ungeachtet der Art von Rechtsfehlern, dem Zeitpunkt des Erkennens ihrer Auswirkungen oder ihrer Entstehung anzuwenden sein soll (vgl. auch BVerwG, B.v. 22.7.2013 - 7 BN 1/13 - NVwZ 2013, 1547 = juris Rn. 11). Dem Interesse an der Herstellung einer (relativen) Rechtssicherheit wurde bewusst Vorrang eingeräumt vor der in erster Linie der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts, aber auch der einem verbesserten Rechtsschutz dienenden unbefristeten Normenkontrolle.

(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, dass bei der Verkürzung der Antragsfrist auf ein Jahr durch Gesetz vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) „wegen der bereits damals ganz überwiegend abgelehnten Anwendung des § 47 II 1 VwGO auf die Fälle der erst nachträglich eingetretenen Rechtswidrigkeit einer Norm“ (vgl. Schenke, a. a. O., Fn. 7 m. w. N.) kein Regelungsbedarf mehr für die Fälle des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer Norm bestanden habe. Denn bereits die vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassene Frage der Geltung der Antragsfrist im Falle eines Normenkontrollantrags zur Feststellung der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans (U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3/97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 19) zeigt, dass die Rechtsfrage keineswegs als geklärt erscheinen konnte (vgl. für die Geltung der Antragsfrist auch im Fall nachträglich eingetretener Funktionslosigkeit NdsOVG, U.v. 16.10.2004 - 9 KN 249/03 - BauR 2005, 523 = juris Rn. 14 ff.; VGH BW, U.v. 17.10.2002 - 1 S 2114/99 - juris Rn. 53; OVG NW, U.v. 30.7.1999 - 10a D 53/97.NE - juris Rn. 37 f.).

(3) Eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses für den Fall einer nach Bekanntmachung eingetretenen Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen kann den Gesetzgebungsmaterialien schließlich nicht entnommen werden, soweit darin auf das Vertrauen in die Rechtsgültigkeit von Bebauungsplänen abgestellt wird. Danach können zwar „nach derzeit geltenden Recht“ (Anm.: vor Einführung der Antragsfrist) „Normen (z. B. Bebauungspläne), die bereits seit langem praktiziert worden sind und auf deren Rechtsgültigkeit sowohl die Behörden als auch die berührten Bürger vertraut haben“, auch noch Jahre nach Inkrafttreten der Rechtsvorschrift „auf Antrag eines Betroffenen für nichtig erklärt werden“, was zu „einer erheblichen Beeinträchtigung der Rechtssicherheit“ führe (BT-Drs. 13/3993 S. 10). Demgegenüber tritt eine bauplanerische Festsetzung wegen Funktionslosigkeit erst außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, U.v. 29.4.1977 - 4 C39/75 - BVerwGE 54, 5). Aus den Ausführungen in den Gesetzgebungsmaterialien kann aber nicht der Schluss gezogen werden, die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beanspruche nur für solche Rechtsvorschriften Gültigkeit, auf deren Rechtsgültigkeit zumindest in der Vergangenheit vertraut werden konnte. Denn der Gesetzgeber war sich, wie bereits ausgeführt wurde, darüber im Klaren, dass die Einführung einer Antragsfrist für das Normenkontrollverfahren eine etwaige Ungültigkeit der Rechtsvorschrift nicht zu beseitigen vermag. Insoweit hat er die weiterhin bestehende Befugnis der Verwaltungsgerichte, Normen inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen, ausdrücklich erwähnt. Dem Gesetzgeber ging es allein darum, das Antragsrecht für das verwaltungsgerichtliche Normenkontrollverfahren zeitlich zu beschränken, um der Gemeinde und den übrigen an der Bestandskraft eines Bebauungsplans Interessierten Gewissheit darüber zu verschaffen, dass eine abstrakte Normenkontrolle nach Ablauf der Frist ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 - 4 BN 10/06 - BauR 2006, 2032 = juris Rn. 6).

(4) Mit der Überlegung, eine Gemeinde sei gehalten, einen als unwirksam erkannten Bebauungsplan aufzuheben (vgl. Troidl, a. a. O. S. 1519 m. w. N.; BVerwG, U.v. 12.11.1986 - 4 C 22/83 - BVerwGE 75, 142 = juris Rn. 12), lässt sich eine Ausnahme von der Antragsfrist bei nachträglich funktionslos gewordenen Bebauungsplänen ebenso wenig begründen. Das Bedürfnis, einen Bebauungsplan, der an einem zur Unwirksamkeit führenden Fehler leidet, aufzuheben, besteht nicht nur im Fall seiner nachträglichen Funktionslosigkeit, sondern - vorbehaltlich der Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren - ebenso für anfängliche Mängel. Davon abgesehen begründet das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 2, Abs. 8 BauGB; vgl. BVerwG, B.v. 2.9.2009 - 4 BN 16/09 - juris Rn. 14).

(5) Aus Vorstehendem ergibt sich, dass der Sinn und Zweck der Fristenregelung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht darin liegt, dass derjenige, der annimmt, durch die Norm in seinen Rechten verletzt zu sein und deshalb eine prinzipale Normenkontrolle anstrebt, gezwungen sein soll, diese innerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu beantragen (so aber Schenke, a. a. O., Nr. 2; ebs. Troidl, a. a. O., S. 1519 f.). Diese zum Sinn und Zweck der Antragsfrist vertretene Ansicht beschreibt lediglich die Auswirkung der Antragsfrist aus Sicht der Normbetroffenen und findet weder in den Gesetzgebungsmaterialien zur Einführung und Verkürzung der Antragsfrist eine Stütze noch lässt sie sich sonst mit Sinn und Zweck der Antragsfrist begründen. Der Sinn und Zweck der Antragsfrist liegt schlicht darin, das Antragsrecht für die prinzipale Normenkontrolle auf einen konkret bestimmbaren Zeitraum zu beschränken, der mit der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift beginnt und dessen Ende nach Ablauf eines Jahres einen äußersten Zeitpunkt festlegt (vgl. Giesberts in BeckOK, VwGO, Stand April 2015, § 47 Rn. 54; zu Fällen, in denen vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt, hierüber jedoch erst nach Ablauf der Frist entschieden wird BVerwG, B.v. 18.2.2013 - 6 BN 1/12 - NVwZ-RR 2013, 387). Denn der Normenkontrollantrag soll im Gegensatz zur früheren Rechtslage nicht „auch noch Jahre nach dem Inkrafttreten einer Rechtsvorschrift“ gestellt werden können (vgl. BT-Drs. 13/3993 S. 10). Dieser Zweck der Antragsfrist würde verfehlt, wenn die allgemeinverbindliche Unwirksamkeitserklärung einer Rechtsvorschrift im Normenkontrollverfahren bei nachträglichem Rechtswidrigwerden der Rechtsvorschrift auf unbegrenzte Zeit nach dem Inkrafttreten z. B. eines Bebauungsplans herbeigeführt werden könnte. Eine Auslegung, wonach die Antragsfrist in Fällen des nachträglichen Rechtswidrigwerdens keine Anwendung finden soll, unterläuft die vom Gesetzgeber verfolgte Absicht, ein gewisses Maß an Rechtssicherheit durch die zeitliche Beschränkung des Antragsrechts herbeizuführen und setzt sich damit über die Entscheidung des Gesetzgebers hinweg. Eine derartige Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2013 - 1 BvR 1928/12 - NJW-RR 2014, 105 = juris Rn. 33 m. w. N.).

(6) Berechtigen demnach selbst gewichtige rechtspolitische Überlegungen die Gerichte nicht dazu, sich über abweichende Wertentscheidungen des Gesetzgebers hinwegzusetzen, die sich aus Wortlaut, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften unter Berücksichtigung der Entstehungs-geschichte erschließen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.1992 - 2 BvR 488/376 - BVerfGE 52, 42 = juris Rn. 42 m. w. N.), so bestehen aber auch keine überzeugenden rechtspolitischen Gründe für die Auffassung, dass die prinzipale Normenkontrolle (nur) in den Fällen des nachträglichen Rechtswidrigwerdens einer Rechtsvorschrift nach Ablauf der Antragsfrist zulässig sein soll, während die Antragsfrist im Übrigen Geltung beansprucht. Wäre die prinzipale Normenkontrolle nach Ablauf der Jahresfrist in den Fällen nachträglich eingetretener Rechtswidrigkeit der Norm zulässig, so beschränkte sich der Umfang der oberverwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle lediglich auf die Prüfung, ob die Norm nachträglich rechtswidrig geworden ist; anfängliche Mängel könnten nicht überprüft werden. Andernfalls würde die gesetzliche Antragsfrist vollends unterlaufen (vgl. Schenke, a. a. O., Nr. 7). Ein praktisches Bedürfnis nach Überprüfung der Wirksamkeit einer Rechtsvorschrift besteht aber nicht nur für nachträglich eingetretene, sondern eben auch für anfängliche, noch beachtliche Mängel. Stellt ein Normbetroffener nach Ablauf der Antragsfrist zunächst einen Normenkontrollantrag zur Feststellung der nachträglich eingetretenen Unwirksamkeit der Rechtsvorschrift, so wäre er im Fall des Unterliegens gezwungen, neben der prinzipalen Normenkontrolle stets auch eine inzidente Prüfung der Rechtsvorschrift beim Verwaltungsgericht anzustreben, um eine umfassende Überprüfung der Wirksamkeit der Rechtsvorschrift herbeizuführen. Dies widerspricht aber gerade der Bündelungsfunktion der prinzipalen Normenkontrolle. Wenn im Weg der prinzipalen Normenkontrolle nach Ablauf der Antragsfrist geltend gemacht werden kann, Festsetzungen eines Bebauungsplans seien aufgrund tatsächlicher Entwicklungen funktionslos geworden, stellte sich zudem die Abgrenzungsfrage, ob eine solche Entwicklung nicht bereits von Anfang an absehbar war, die planerische Festsetzung also von vornherein nicht erforderlich oder zumindest mit einem beachtlichen Abwägungsmangel behaftet war. Soweit zur Begründung der Gegenansicht auch eine spürbare Entlastung des Bundesverfassungsgerichts erwogen wird, wäre zunächst der Frage nachzugehen, ob bei Geltung der Antragsfrist auch für Fälle des nachträglichen Rechtswidrigwerdens der Rechtsvorschrift eine zusätzliche Belastung des Bundesverfassungsgerichts zu erwarten ist. Das ist wohl zu verneinen. Denn die gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften mögliche Verfassungsbeschwerde unterliegt - wie der Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO auch - einer Jahresfrist (vgl. § 93 Abs. 3 BVerfGG). Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde nicht als Primärrechtsschutz für den Bereich der untergesetzlichen Rechtsetzung anzuerkennen. Dies gilt selbst dann, wenn die untergesetzliche Norm einer unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich ist (BVerfG, B.v. 17.1.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - BVerfGE 115, 81 = juris Rn. 39 ff.).

c) Auch das Grundrecht auf einen effektiven Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gebietet keine einschränkende Auslegung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

Zwar ist die Rechtssetzung der Exekutive in der Form von Rechtsverordnungen und Satzungen Ausübung öffentlicher Gewalt (i. S. v. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) und daher in die Rechtsschutzgarantie einzubeziehen (BVerfG, B.v. 17.1.2006 - 1 BvR 541/02 u. a. - BVerfGE 115, 81 = juris Rn. 41). Auch haben Festsetzungen in Bebauungsplänen i.d.R. direkte Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Eigentümers (BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 2 BvR 397 u. a. - BVerfGE 70, 35 = juris Rn. 44 ff., 56, 70). Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet aber keine prinzipale Normenkontrolle als Rechtsschutzmöglichkeit gegen untergesetzliche Rechtsnormen, weil Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dem Bürger lediglich garantiert, dass ihn beeinträchtigende Maßnahmen in irgendeinem gerichtlichen Verfahren überprüft werden können und dieser Rechtsschutz in der Regel durch die inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der untergesetzlichen Rechtssätze im Rahmen von Verfahren gegen deren Anwendung im Einzelfall erfolgt (vgl. BVerfG, E.v. 27.7.1971 - 2 BvR 443/70 - BVerfGE 31, 364 = juris Rn. 8, 12; vgl. BVerfG v. 17.1.2006 a. a. O. Rn. 42). Ist die inzidente Normenkontrolle im Rahmen von Verfahren gegen deren Anwendung im Einzelfall nicht möglich oder führt sie nicht zur Beseitigung der Grundrechtsverletzung, kommt außerhalb des Anwendungsbereichs von § 47 VwGO insbesondere die Feststellungsklage als Rechtsschutzmittel in Betracht (BVerfG, B.v. 17.1.2006, a. a. O., = juris Rn. 42, 50 ff.; BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 2/07 - BVerwGE 129, 199 = juris Rn. 20 ff.). Da Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Gesetzgeber nicht verpflichtet, das Rechtsschutzmittel der prinzipalen Normenkontrolle vorzuhalten, begegnet demnach auch die zeitliche Beschränkung des Antragsrechts im Normenkontrollverfahren keinen verfassungs-rechtlichen Bedenken.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

4. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen. Die Frage nach der Geltung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist für den Fall umstritten und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ungeklärt, dass mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, die Rechtsvorschrift sei nach Ablauf der Jahresfrist unwirksam geworden.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013, S. 57-68).

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 (im Folgenden: Rechtsverordnung). Als Gewerkschaft vertritt sie nach ihrer Satzung im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer. Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinde mit rund 13 300 Einwohnern, deren Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung von einer Autobahn durchschnitten wird. Westlich dieser Autobahn befindet sich das Ortszentrum mit dem Bürgerplatz, östlich der Autobahn im Ortsteil Eching-Ost liegt ein Gewerbegebiet.

2

Der im Februar 2013 zum Zwecke der Anhörung versandte Entwurf der Rechtsverordnung sah in § 1 vor, dass anlässlich des "Echinger Frühjahrsmarktes" sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein durften; dem Entwurf war ein Lageplan für Eching-Ost beigefügt. In der Begründung zum Verordnungsentwurf wurde ausgeführt, der "Echinger Frühjahrsmarkt" als Verkaufsmarkt in Eching-Ost finde zeitgleich mit dem Ausstellungsmarkt "Echinger Frühjahrsschau" statt, der 2013 bereits zum sechzehnten Mal im Zentrum der Gemeinde durchgeführt werde. Aufgrund der identischen Ausgestaltung beider Veranstaltungen könne davon ausgegangen werden, dass dem neuen "Echinger Frühjahrsmarkt" eine ebenso große Attraktivität wie der "Echinger Frühjahrsschau" zukomme, die regelmäßig einige tausend Besucher in die Gemeinde ziehe. Zudem werde zur Erleichterung für die Besucher eine "Bockerlbahn" zwischen den Märkten in Eching und in Eching-Ost eingesetzt.

3

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 26. Februar 2013 § 1 der Rechtsverordnung in folgender Fassung:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsausstellung sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost und in Eching in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

4

Die vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin am 11. März 2013 ausgefertigte und bekannt gemachte Fassung des § 1 der Rechtsverordnung lautete demgegenüber wie folgt:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsschau sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching und Eching-Ost in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

5

Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 setzte die Antragsgegnerin den "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost als Jahrmarkt auf Dauer jeweils für den zweiten Sonntag nach Ostern von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr fest. Die "Echinger Frühjahrsschau" hatte die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 24. März 2011 ebenfalls als Jahrmarkt auf Dauer jeweils am zweiten Wochenende nach Ostern (Samstag von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr) festgesetzt.

6

Am Sonntag, den 14. April 2013, fanden die "Echinger Frühjahrsschau" und der "Echinger Frühjahrsmarkt" statt. Am selben Tag führte die Antragstellerin im Gewerbegebiet Eching-Ost eine Versammlung durch, die sich thematisch gegen die zeitgleiche Sonntagsöffnung der Geschäfte richtete.

7

Am 11. April 2013 hat die Antragstellerin ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 unwirksam war, hilfsweise diese Feststellung nur für den Bereich Eching-Ost zu treffen.

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 6. Dezember 2013 dem Antrag stattgegeben. Er hat den Normenkontrollantrag für zulässig gehalten. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Sie könne geltend machen, eine ungerechtfertigte Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen verletze die ihr gegenüber bestehende Schutzpflicht aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, welche Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG konkretisiere. Sie habe auch nach der Erledigung der Rechtsverordnung im laufenden Verfahren ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm, da auch künftig mit einem Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin zu rechnen sei. Das Rechtsschutzbegehren habe mit dem Hauptantrag Erfolg. Die vollumfängliche Ungültigkeit der Verordnung folge bereits daraus, dass die vom Gemeinderat beschlossene Fassung ihres § 1 Satz 1 nicht mit dem ausgefertigten und bekannt gemachten Wortlaut übereinstimme; das verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zudem sei die Verordnung in Bezug auf das Offenhalten von Verkaufsstellen "in Eching" wegen fehlender Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereiches unwirksam. Schließlich stehe die gestattete Sonntagsöffnung in Eching-Ost mit den materiellen Anforderungen des § 14 LadSchlG nicht in Einklang. Die Antragsgegnerin habe keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob der erstmals in Eching-Ost stattfindende Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er um seiner selbst willen den erforderlichen hohen Besucherstrom auslösen würde, der seinerseits die Öffnung der örtlichen Verkaufsstellen rechtfertigen könne.

9

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antrag sei unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Die Antragsbefugnis einer Gewerkschaft lasse sich vorliegend nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG stützen. Zudem nehme die Antragstellerin nur Rechte ihrer Mitglieder im eigenen Namen wahr, sodass von einer unzulässigen Prozessstandschaft auszugehen sei. Schließlich laufe die Anerkennung einer Antragsbefugnis der Gewerkschaften im Zusammenhang mit dem Sonntagsschutz auf eine unzulässige Popularklage hinaus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei der Antrag auch unbegründet. Die Annahme eines Ausfertigungsmangels, der zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung insgesamt führe, überdehne die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anforderungen. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Die räumliche Reichweite der gestatteten Ladenöffnung sei durch den Verordnungstext hinreichend bestimmt. Zudem grenze die Marktsatzung der Antragsgegnerin nebst den beigefügten Lageplänen das Marktgeschehen räumlich klar ein. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne ferner den Prognosespielraum der Antragsgegnerin und stelle zu hohe Anforderungen an die Prognose für einen erstmalig stattfindenden Markt.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2013 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

11

Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

14

1. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag als zulässig angesehen.

15

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Hierfür genügt ihr Vortrag, die angegriffene Rechtsverordnung sei mit der Ermächtigungsgrundlage des § 14 des Gesetzes über den Ladenschluss i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), - LadSchlG - nicht vereinbar. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun und ist in diesem Sinne drittschützend. Die Antragstellerin kann sich deshalb als Gewerkschaft darauf berufen, die Voraussetzungen des § 14 LadSchlG hätten nicht vorgelegen und die Rechtsverordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm.

16

aa) § 14 LadSchlG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergibt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Der objektivrechtliche Schutzauftrag, der in der Sonn- und Feiertagsgarantie begründet ist, ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <84>). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe ist ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <83>; BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

17

bb) Obgleich die Antragstellerin nicht unmittelbar Adressatin der durch die Rechtsverordnung gestatteten Ladenöffnung ist, ist sie durch die angegriffene Rechtsverordnung in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen. Hierfür genügt, dass sich die Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken kann. Die Rechtsverordnung erlaubt die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen, die dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen sind; die Antragstellerin vertritt in diesem Bereich tätige Arbeitnehmer. Die Sonntagsöffnung kann deshalb zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind. Außerdem betroffen ist der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin bezogen auf solche im Dienstleistungsbereich tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer, die an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind.

18

cc) Die Interessen der Antragstellerin werden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <102> und vom 19. Februar 1992 - 4 NB 11.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 63). Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Auswirkungen der angegriffenen Rechtsverordnung, deren Regelungsgehalt sich auf die Ladenöffnung an einem einzigen Sonntagnachmittag in einer einzelnen Gemeinde beschränkt, für sich genommen diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten können. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist jedoch auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die landesweite Betätigung der Antragstellerin durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Danach kann jede bayerische Gemeinde bis zu viermal im Jahr einen verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertag aus Anlass eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung freigeben. So kann über das ganze Jahr gesehen ein "Flickenteppich" sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation gemeinschaftlicher gewerkschaftlicher Tätigkeiten an Sonntagen spürbar erschweren kann.

19

b) Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Das am 11. April 2013 eingeleitete Normenkontrollverfahren hat sich zwar nach Ablauf des für die Ladenöffnung freigegebenen Sonntags am 14. April 2013 erledigt, weil die Rechtsverordnung nach diesem Tag keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Auch im Normenkontrollverfahren kann jedoch trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung bestehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2001 - 6 CN 1.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 149 S. 69). Ein solches Interesse kommt bei Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese ist hier gegeben. Der Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin in absehbarer Zeit erscheint hinreichend wahrscheinlich. Neben der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten "Pilotfunktion" der Rechtsverordnung für weitere verkaufsoffene Sonntage in künftigen Jahren bestätigt auch das im Sitzungsprotokoll der Vorinstanz festgehaltene Interesse des Gemeinderats der Antragsgegnerin an zukünftigen sonntäglichen Marktveranstaltungen mit Öffnung der Verkaufsstellen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Nicht zuletzt indiziert die Fortführung des Revisionsverfahrens durch die Antragsgegnerin als Revisionsklägerin, dass ihr Interesse an dem Erlass vergleichbarer Rechtsverordnungen fortbesteht.

20

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung ungültig war. Sie beruht zwar auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und wurde ordnungsgemäß verkündet (b). Allerdings ist sie in Bezug auf die "Echinger Frühjahrsschau" hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt (c). Soweit sie die sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass des "Echinger Frühjahrsmarktes" gestattet, genügt sie nicht den materiellrechtlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG (d).

21

a) Ermächtigungsgrundlage für die Rechtsverordnung ist § 14 LadSchlG. Das Ladenschlussgesetz gilt im Freistaat Bayern gemäß Art. 125a Abs. 1 GG mangels Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fort. § 14 LadSchlG steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG genügt bei verfassungskonformer Auslegung den Anforderungen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV.

22

aa) Der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV enthaltene Schutzauftrag an den Gesetzgeber gewährleistet ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Er statuiert für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis; die typische werktägliche Geschäftigkeit hat an Sonn- und Feiertagen zu ruhen (BVerfG, Urteile vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 <51, 53> und vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <85>). Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe muss diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Für die hier in Rede stehende Ladenöffnung gilt, dass sie eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeit auslöst, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird; wegen dieser öffentlichen Wirkung ist sie geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Kunden (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <87 f., 90 f.>). Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <100>). Die Freigabe von vier verkaufsoffenen Sonntagen in Folge ist mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmecharakter einer sonntäglichen Ladenöffnung hingegen grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>).

23

bb) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht umgekehrt erst durch die Offenhaltung der Verkaufsstellen ausgelöst werden (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7). Diese Rechtsprechung trägt dem oben dargelegten Regel-Ausnahme-Gebot noch nicht genügend Rechnung, weil sie nur verlangt, dass der Markt für sich genommen einen starken Besucherstrom auslöst, aber nicht ausschließt, dass daneben die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages maßgeblich prägt.

24

Die Vorschrift des § 14 LadSchlG erlaubt jedoch eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung ihres Anwendungsbereichs. Die Tatbestandsvoraussetzung "aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen" ist mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint.

25

Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Bei auf bestimmte Handelszweige beschränkten Märkten kann der erforderliche Bezug auch thematisch dadurch hergestellt werden, dass die Ladenöffnung nur für dieselben Handelszweige zugelassen wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt - wie hier - erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.

26

§ 14 LadSchlG gibt alle Möglichkeiten für die danach gebotene Begrenzung der öffentlichen Wirkung der Ladenöffnung an die Hand. Die werktägliche Prägung wird schon dadurch gemindert, dass die Ladenöffnung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 LadSchlG fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten darf; sie kann gegebenenfalls durch eine weitergehende zeitliche Einschränkung zusätzlich gemindert werden. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG kann die Ladenöffnung außerdem räumlich auf bestimmte Bezirke und inhaltlich auf bestimmte Handelszweige beschränkt werden. Um die unzulässige Herausnahme eines zusammenhängenden Monatszeitraums aus dem Schutz der Sonntage auszuschließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>), ist § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG so auszulegen, dass die jährlich zulässigen vier Ladenöffnungen nicht hintereinander erfolgen dürfen.

27

b) Die Rechtsverordnung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht formell unwirksam. Sie ist bei verfassungskonformer Auslegung mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen vereinbar. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die fehlende Übereinstimmung zwischen dem beschlossenen und dem bekannt gemachten Normtext führe zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung, verletzt das Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen. Allerdings beruht das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verstoß gegen Bundesrecht, weil der Verwaltungsgerichtshof die Unwirksamkeit der Verordnung selbständig tragend und im Ergebnis zutreffend auf weitere Rechtsmängel gestützt hat.

28

aa) Im Ansatz zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber beschlossenen Inhalt veröffentlicht werden darf (BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204 <208>; Urteil vom 21. Januar 2004 - 8 CN 1.02 - BVerwGE 120, 82 <86>). Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen. Die Identität des Norminhalts muss zweifelsfrei feststehen. Der bekannt gemachte Wortlaut darf nur ganz ausnahmsweise von dem Beschlossenen abweichen, ohne dass die zur Normsetzung berufene Körperschaft nochmals eingeschaltet wird. Der materielle Normgehalt darf auch in diesem Fall keinesfalls angetastet werden (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 8 B 72.11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 Rn. 6, 9).

29

bb) Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm festgestellte Abweichung zwischen beschlossener und bekannt gemachter Fassung der Rechtsverordnung als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gewertet und die Verordnung schon deshalb für unwirksam gehalten. Die vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Fassung des § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung hat er dahin ausgelegt, dass Zweifel daran bestehen könnten, ob die räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs durch die Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" nur für den im Anschluss erwähnten Ortsteil "Eching-Ost" oder auch für das entfernter stehende Wort "Eching" gelten solle. Demgegenüber wurde in der ausgefertigten und bekannt gemachten Fassung der Vorschrift die Reihenfolge der beiden Ortsteile vertauscht, sodass nunmehr die Ortsteilbezeichnung "Eching" (Ortszentrum) unmittelbar an die Wendung "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" anschließt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei dieser Fassung der Vorschrift eine räumliche Begrenzung der Sonntagsöffnung auch für das Ortszentrum der Antragsgegnerin als naheliegend betrachtet. Daraus hat er hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sonntagsöffnung Zweifel an der Identität zwischen der beschlossenen und der verkündeten Fassung der Norm abgeleitet, die zu einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führten.

30

Diese Annahme steht zwar in Einklang mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen. Denn die Identität einer Norm steht nicht eindeutig fest, wenn zweifelhaft ist, ob die beschlossene und die bekannt gegebene Fassung denselben räumlichen Geltungsbereich bezeichnen. Die Auslegung des Landesrechts durch den Verwaltungsgerichtshof ist für das Revisionsgericht an sich auch bindend (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351>). Allerdings hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob der Verwaltungsgerichtshof das bundesrechtliche Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen beachtet hat. Dieses verlangt, dass ein Gericht eine Vorschrift nur dann wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht außer Anwendung lassen bzw. für unwirksam erklären darf, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist (BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <352> und vom 13. Mai 2009 - 9 C 7.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 28 Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung führende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Bei der gebotenen Ermittlung des objektivierten Willens des Verordnungsgebers lässt sich die in § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung verwendete Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" in beiden Fassungen des Normtextes zwanglos auf die beiden Ortsteile "Eching" und "Eching-Ost" beziehen. Unabhängig von der Reihenfolge ihrer Benennung sind beide Ortsteilnamen sprachlich durch "und" verbunden und stehen gleichrangig nebeneinander.

31

c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Rechtsverordnung sei hinsichtlich der im Ortszentrum von Eching gestatteten Ladenöffnung nicht hinreichend bestimmt.

32

aa) Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangenen, dass der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung in Eching mangels Bezugnahme auf eine Karte durch den Verordnungstext zu bestimmen sei. Die dortige Formulierung der "an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" erfasse dem Wortsinn nach nur diejenigen Grundstücke, die mit dem Marktgeschehen eine gemeinsame Grenze aufwiesen. Eine dahingehende Auslegung der Verordnung, bei der der räumliche Geltungsbereich bestimmbar wäre, entspräche aber weder dem Willen des Verordnungsgebers, der einen weiteren Bereich für die Ladenöffnung habe freigeben wollen, noch stünde sie mit der Entstehungsgeschichte der Verordnung in Einklang.

33

Die Annahme fehlender Bestimmbarkeit kann im Ergebnis nicht beanstandet werden. Zwar steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, dass eine zur Bestimmbarkeit führende Auslegung nach dem objektivierten Willen des Verordnungsgebers von dessen tatsächlichem Willen abweicht, wie der Verwaltungsgerichtshof annimmt. Eine Auslegung zur Vermeidung eines bestimmten Verfassungsverstoßes scheidet indes aus, wenn sie unter anderen Aspekten wiederum mit der Verfassung nicht vereinbar wäre. So liegt es hier. Der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost reicht nach dem der Rechtsverordnung beigefügten Lageplan über die unmittelbar angrenzenden Grundstücke hinaus. Deshalb hätte die Auslegung des Verordnungstextes anhand des Wortsinns eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung der Verkaufsstellen im Umfeld des Marktgeschehens im Echinger Ortszentrum zur Folge, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist.

34

bb) Unabhängig davon führte eine solche Auslegung nicht zu hinreichender Bestimmtheit, weil es an einer räumlichen Konkretisierung des "Marktgeschehens" im Ortszentrum und damit auch an der Bestimmbarkeit der daran angrenzenden Verkaufsstellen fehlt. Während die räumliche Begrenzung der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost durch Bezugnahme der Rechtsverordnung auf den beigefügten Lageplan bestimmt wird, auf dem auch der Markt eingezeichnet ist, fehlt es für das Marktgeschehen im Echinger Ortszentrum an einer entsprechenden grafischen Darstellung. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung auch nicht anhand der Marktsatzung der Antragsgegnerin vom 11. März 2013 bestimmen. § 2 Abs. 1 Satz 2 der Marktsatzung kennzeichnet zwar die Marktgebiete für Jahrmärkte durch Bezugnahme auf Lagepläne der Gemeinde, darunter auch einen Lageplan für das hier in Rede stehende Echinger Ortszentrum/Bürgerplatz. Ein Rückgriff auf diesen Lageplan zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der angegriffenen Rechtsverordnung käme indes nur in Betracht, wenn diese einen entsprechenden Verweis auf die Marktsatzung und den genau bezeichneten veröffentlichten Lageplan enthielte (BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 - 1 C 74.61 - BVerwGE 17, 192 <194 f.>; Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4 BN 21.10 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 11 f.). Daran fehlt es hier.

35

d) Schließlich verletzt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Rechtsverordnung stehe hinsichtlich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost mit § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG nicht in Einklang, kein Bundesrecht.

36

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat beanstandet, dass die Antragsgegnerin bei Erlass der Rechtsverordnung keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt habe, ob der in Eching-Ost erstmals veranstaltete Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er und nicht die am selben Tage gestattete Ladenöffnung den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern dort biete. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gestattete sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass eines Marktes setzt voraus, dass der Markt selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung der Verkaufsstellen übersteigt (s.o. 2. a)bb)). Die gemeindliche Prognose unterliegt zwar nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere darf das Gericht keine eigene Prognose vornehmen. Es hat jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist.

37

bb) Diesen Anforderungen wird die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose hinsichtlich der Anziehungskraft des erstmalig in Eching-Ost veranstalteten "Echinger Frühjahrsmarktes" nicht gerecht.

38

Nach der Begründung des Verordnungsentwurfs hat die Antragsgegnerin ihre Prognose darauf gestützt, dass die "Echinger Frühjahrsschau" im Ortszentrum regelmäßig einige tausend Besucher anziehe. Wegen der identischen Ausgestaltung beider Märkte könne davon ausgegangen werden, dass dem erstmals geplanten "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost eine ebenso große Attraktivität wie bisher schon dem Markt im Ortszentrum zukomme. Auf diese Erwägungen lässt sich eine vertretbare Prognose nicht stützen. So erscheint die Annahme, dem erstmals veranstalteten Markt in Eching-Ost komme dieselbe Attraktivität zu wie dem Markt im Ortszentrum, bereits nicht schlüssig. Da beide Märkte zeitgleich stattfinden sollten, erschließt sich nicht, weshalb in Eching-Ost derselbe Besucherstrom wie bei dem bisher allein durchgeführten Markt im Ortszentrum zu erwarten stehen sollte, zumal letzterer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bei Erlass der Rechtsverordnung bereits gut eingeführt war, während der Markt in Eching-Ost erstmals stattfinden sollte. Darüber hinaus zeichnete sich der Frühjahrsmarkt in Eching-Ost nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht durch besondere Attraktivität aus. Er bestand im Gegenteil auch aus Verkaufsständen solcher Gewerbetreibender, die ohnehin schon im dortigen Gewerbegebiet mit festen Verkaufsstellen vertreten waren, welche nun auch unter die sonntägliche Ladenöffnung fielen.

39

Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin erkennen müssen, dass der Sonntag in Eching-Ost nicht durch die öffentliche Wirkung des "Frühjahrsmarktes", sondern durch die dort mögliche typisch werktägliche Geschäftigkeit der Ladenöffnung geprägt sein würde. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin musste im Zeitpunkt der Beschlussfassung davon ausgehen, dass entsprechend dem vom Veranstalter eingereichten Verzeichnis auf dem Markt in Eching-Ost lediglich vierzehn Aussteller vertreten sein würden. Demgegenüber sollte die Rechtsverordnung im Gewerbegebiet Eching-Ost auch mehreren Möbel- und Baumärkten mit großen Ausstellungsflächen die Ladenöffnung ermöglichen. Ferner lässt sich aus dem der angegriffenen Rechtsverordnung beigefügten Lageplan Eching-Ost entnehmen, dass der für den Frühjahrsmarkt vorgesehene räumliche Bereich ungleich kleiner ist als die ihn umgebende Fläche der von der Freigabe der Ladenöffnung erfassten Verkaufsstellen.

40

e) Erweist sich die angegriffene Rechtsverordnung hinsichtlich der sonntäglichen Ladenöffnung für das Marktgeschehen in Eching/Ortszentrum ("Echinger Frühjahrsschau") und dasjenige in Eching-Ost ("Echinger Frühjahrsmarkt") und damit für beide Regelungsteile als unwirksam, bedarf es keiner Entscheidung, ob unabhängig davon auch die Unwirksamkeit nur eines Teils der Rechtsverordnung zu deren Ungültigkeit insgesamt führte.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein:

1.
an Sonn- und Feiertagen,
2.
montags bis samstags bis 6 Uhr und ab 20 Uhr,
3.
am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, bis 6 Uhr und ab 14 Uhr.
Verkaufsstellen für Bäckerwaren dürfen abweichend von Satz 1 den Beginn der Ladenöffnungszeit an Werktagen auf 5.30 Uhr vorverlegen. Die beim Ladenschluss anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 (im Folgenden: Rechtsverordnung). Als Gewerkschaft vertritt sie nach ihrer Satzung im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer. Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinde mit rund 13 300 Einwohnern, deren Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung von einer Autobahn durchschnitten wird. Westlich dieser Autobahn befindet sich das Ortszentrum mit dem Bürgerplatz, östlich der Autobahn im Ortsteil Eching-Ost liegt ein Gewerbegebiet.

2

Der im Februar 2013 zum Zwecke der Anhörung versandte Entwurf der Rechtsverordnung sah in § 1 vor, dass anlässlich des "Echinger Frühjahrsmarktes" sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein durften; dem Entwurf war ein Lageplan für Eching-Ost beigefügt. In der Begründung zum Verordnungsentwurf wurde ausgeführt, der "Echinger Frühjahrsmarkt" als Verkaufsmarkt in Eching-Ost finde zeitgleich mit dem Ausstellungsmarkt "Echinger Frühjahrsschau" statt, der 2013 bereits zum sechzehnten Mal im Zentrum der Gemeinde durchgeführt werde. Aufgrund der identischen Ausgestaltung beider Veranstaltungen könne davon ausgegangen werden, dass dem neuen "Echinger Frühjahrsmarkt" eine ebenso große Attraktivität wie der "Echinger Frühjahrsschau" zukomme, die regelmäßig einige tausend Besucher in die Gemeinde ziehe. Zudem werde zur Erleichterung für die Besucher eine "Bockerlbahn" zwischen den Märkten in Eching und in Eching-Ost eingesetzt.

3

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 26. Februar 2013 § 1 der Rechtsverordnung in folgender Fassung:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsausstellung sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost und in Eching in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

4

Die vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin am 11. März 2013 ausgefertigte und bekannt gemachte Fassung des § 1 der Rechtsverordnung lautete demgegenüber wie folgt:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsschau sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching und Eching-Ost in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

5

Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 setzte die Antragsgegnerin den "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost als Jahrmarkt auf Dauer jeweils für den zweiten Sonntag nach Ostern von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr fest. Die "Echinger Frühjahrsschau" hatte die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 24. März 2011 ebenfalls als Jahrmarkt auf Dauer jeweils am zweiten Wochenende nach Ostern (Samstag von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr) festgesetzt.

6

Am Sonntag, den 14. April 2013, fanden die "Echinger Frühjahrsschau" und der "Echinger Frühjahrsmarkt" statt. Am selben Tag führte die Antragstellerin im Gewerbegebiet Eching-Ost eine Versammlung durch, die sich thematisch gegen die zeitgleiche Sonntagsöffnung der Geschäfte richtete.

7

Am 11. April 2013 hat die Antragstellerin ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 unwirksam war, hilfsweise diese Feststellung nur für den Bereich Eching-Ost zu treffen.

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 6. Dezember 2013 dem Antrag stattgegeben. Er hat den Normenkontrollantrag für zulässig gehalten. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Sie könne geltend machen, eine ungerechtfertigte Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen verletze die ihr gegenüber bestehende Schutzpflicht aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, welche Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG konkretisiere. Sie habe auch nach der Erledigung der Rechtsverordnung im laufenden Verfahren ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm, da auch künftig mit einem Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin zu rechnen sei. Das Rechtsschutzbegehren habe mit dem Hauptantrag Erfolg. Die vollumfängliche Ungültigkeit der Verordnung folge bereits daraus, dass die vom Gemeinderat beschlossene Fassung ihres § 1 Satz 1 nicht mit dem ausgefertigten und bekannt gemachten Wortlaut übereinstimme; das verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zudem sei die Verordnung in Bezug auf das Offenhalten von Verkaufsstellen "in Eching" wegen fehlender Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereiches unwirksam. Schließlich stehe die gestattete Sonntagsöffnung in Eching-Ost mit den materiellen Anforderungen des § 14 LadSchlG nicht in Einklang. Die Antragsgegnerin habe keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob der erstmals in Eching-Ost stattfindende Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er um seiner selbst willen den erforderlichen hohen Besucherstrom auslösen würde, der seinerseits die Öffnung der örtlichen Verkaufsstellen rechtfertigen könne.

9

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antrag sei unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Die Antragsbefugnis einer Gewerkschaft lasse sich vorliegend nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG stützen. Zudem nehme die Antragstellerin nur Rechte ihrer Mitglieder im eigenen Namen wahr, sodass von einer unzulässigen Prozessstandschaft auszugehen sei. Schließlich laufe die Anerkennung einer Antragsbefugnis der Gewerkschaften im Zusammenhang mit dem Sonntagsschutz auf eine unzulässige Popularklage hinaus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei der Antrag auch unbegründet. Die Annahme eines Ausfertigungsmangels, der zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung insgesamt führe, überdehne die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anforderungen. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Die räumliche Reichweite der gestatteten Ladenöffnung sei durch den Verordnungstext hinreichend bestimmt. Zudem grenze die Marktsatzung der Antragsgegnerin nebst den beigefügten Lageplänen das Marktgeschehen räumlich klar ein. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne ferner den Prognosespielraum der Antragsgegnerin und stelle zu hohe Anforderungen an die Prognose für einen erstmalig stattfindenden Markt.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2013 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

11

Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

14

1. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag als zulässig angesehen.

15

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Hierfür genügt ihr Vortrag, die angegriffene Rechtsverordnung sei mit der Ermächtigungsgrundlage des § 14 des Gesetzes über den Ladenschluss i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), - LadSchlG - nicht vereinbar. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun und ist in diesem Sinne drittschützend. Die Antragstellerin kann sich deshalb als Gewerkschaft darauf berufen, die Voraussetzungen des § 14 LadSchlG hätten nicht vorgelegen und die Rechtsverordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm.

16

aa) § 14 LadSchlG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergibt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Der objektivrechtliche Schutzauftrag, der in der Sonn- und Feiertagsgarantie begründet ist, ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <84>). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe ist ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <83>; BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

17

bb) Obgleich die Antragstellerin nicht unmittelbar Adressatin der durch die Rechtsverordnung gestatteten Ladenöffnung ist, ist sie durch die angegriffene Rechtsverordnung in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen. Hierfür genügt, dass sich die Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken kann. Die Rechtsverordnung erlaubt die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen, die dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen sind; die Antragstellerin vertritt in diesem Bereich tätige Arbeitnehmer. Die Sonntagsöffnung kann deshalb zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind. Außerdem betroffen ist der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin bezogen auf solche im Dienstleistungsbereich tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer, die an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind.

18

cc) Die Interessen der Antragstellerin werden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <102> und vom 19. Februar 1992 - 4 NB 11.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 63). Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Auswirkungen der angegriffenen Rechtsverordnung, deren Regelungsgehalt sich auf die Ladenöffnung an einem einzigen Sonntagnachmittag in einer einzelnen Gemeinde beschränkt, für sich genommen diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten können. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist jedoch auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die landesweite Betätigung der Antragstellerin durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Danach kann jede bayerische Gemeinde bis zu viermal im Jahr einen verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertag aus Anlass eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung freigeben. So kann über das ganze Jahr gesehen ein "Flickenteppich" sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation gemeinschaftlicher gewerkschaftlicher Tätigkeiten an Sonntagen spürbar erschweren kann.

19

b) Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Das am 11. April 2013 eingeleitete Normenkontrollverfahren hat sich zwar nach Ablauf des für die Ladenöffnung freigegebenen Sonntags am 14. April 2013 erledigt, weil die Rechtsverordnung nach diesem Tag keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Auch im Normenkontrollverfahren kann jedoch trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung bestehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2001 - 6 CN 1.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 149 S. 69). Ein solches Interesse kommt bei Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese ist hier gegeben. Der Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin in absehbarer Zeit erscheint hinreichend wahrscheinlich. Neben der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten "Pilotfunktion" der Rechtsverordnung für weitere verkaufsoffene Sonntage in künftigen Jahren bestätigt auch das im Sitzungsprotokoll der Vorinstanz festgehaltene Interesse des Gemeinderats der Antragsgegnerin an zukünftigen sonntäglichen Marktveranstaltungen mit Öffnung der Verkaufsstellen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Nicht zuletzt indiziert die Fortführung des Revisionsverfahrens durch die Antragsgegnerin als Revisionsklägerin, dass ihr Interesse an dem Erlass vergleichbarer Rechtsverordnungen fortbesteht.

20

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung ungültig war. Sie beruht zwar auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und wurde ordnungsgemäß verkündet (b). Allerdings ist sie in Bezug auf die "Echinger Frühjahrsschau" hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt (c). Soweit sie die sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass des "Echinger Frühjahrsmarktes" gestattet, genügt sie nicht den materiellrechtlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG (d).

21

a) Ermächtigungsgrundlage für die Rechtsverordnung ist § 14 LadSchlG. Das Ladenschlussgesetz gilt im Freistaat Bayern gemäß Art. 125a Abs. 1 GG mangels Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fort. § 14 LadSchlG steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG genügt bei verfassungskonformer Auslegung den Anforderungen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV.

22

aa) Der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV enthaltene Schutzauftrag an den Gesetzgeber gewährleistet ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Er statuiert für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis; die typische werktägliche Geschäftigkeit hat an Sonn- und Feiertagen zu ruhen (BVerfG, Urteile vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 <51, 53> und vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <85>). Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe muss diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Für die hier in Rede stehende Ladenöffnung gilt, dass sie eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeit auslöst, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird; wegen dieser öffentlichen Wirkung ist sie geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Kunden (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <87 f., 90 f.>). Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <100>). Die Freigabe von vier verkaufsoffenen Sonntagen in Folge ist mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmecharakter einer sonntäglichen Ladenöffnung hingegen grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>).

23

bb) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht umgekehrt erst durch die Offenhaltung der Verkaufsstellen ausgelöst werden (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7). Diese Rechtsprechung trägt dem oben dargelegten Regel-Ausnahme-Gebot noch nicht genügend Rechnung, weil sie nur verlangt, dass der Markt für sich genommen einen starken Besucherstrom auslöst, aber nicht ausschließt, dass daneben die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages maßgeblich prägt.

24

Die Vorschrift des § 14 LadSchlG erlaubt jedoch eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung ihres Anwendungsbereichs. Die Tatbestandsvoraussetzung "aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen" ist mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint.

25

Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Bei auf bestimmte Handelszweige beschränkten Märkten kann der erforderliche Bezug auch thematisch dadurch hergestellt werden, dass die Ladenöffnung nur für dieselben Handelszweige zugelassen wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt - wie hier - erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.

26

§ 14 LadSchlG gibt alle Möglichkeiten für die danach gebotene Begrenzung der öffentlichen Wirkung der Ladenöffnung an die Hand. Die werktägliche Prägung wird schon dadurch gemindert, dass die Ladenöffnung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 LadSchlG fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten darf; sie kann gegebenenfalls durch eine weitergehende zeitliche Einschränkung zusätzlich gemindert werden. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG kann die Ladenöffnung außerdem räumlich auf bestimmte Bezirke und inhaltlich auf bestimmte Handelszweige beschränkt werden. Um die unzulässige Herausnahme eines zusammenhängenden Monatszeitraums aus dem Schutz der Sonntage auszuschließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>), ist § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG so auszulegen, dass die jährlich zulässigen vier Ladenöffnungen nicht hintereinander erfolgen dürfen.

27

b) Die Rechtsverordnung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht formell unwirksam. Sie ist bei verfassungskonformer Auslegung mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen vereinbar. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die fehlende Übereinstimmung zwischen dem beschlossenen und dem bekannt gemachten Normtext führe zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung, verletzt das Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen. Allerdings beruht das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verstoß gegen Bundesrecht, weil der Verwaltungsgerichtshof die Unwirksamkeit der Verordnung selbständig tragend und im Ergebnis zutreffend auf weitere Rechtsmängel gestützt hat.

28

aa) Im Ansatz zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber beschlossenen Inhalt veröffentlicht werden darf (BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204 <208>; Urteil vom 21. Januar 2004 - 8 CN 1.02 - BVerwGE 120, 82 <86>). Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen. Die Identität des Norminhalts muss zweifelsfrei feststehen. Der bekannt gemachte Wortlaut darf nur ganz ausnahmsweise von dem Beschlossenen abweichen, ohne dass die zur Normsetzung berufene Körperschaft nochmals eingeschaltet wird. Der materielle Normgehalt darf auch in diesem Fall keinesfalls angetastet werden (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 8 B 72.11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 Rn. 6, 9).

29

bb) Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm festgestellte Abweichung zwischen beschlossener und bekannt gemachter Fassung der Rechtsverordnung als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gewertet und die Verordnung schon deshalb für unwirksam gehalten. Die vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Fassung des § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung hat er dahin ausgelegt, dass Zweifel daran bestehen könnten, ob die räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs durch die Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" nur für den im Anschluss erwähnten Ortsteil "Eching-Ost" oder auch für das entfernter stehende Wort "Eching" gelten solle. Demgegenüber wurde in der ausgefertigten und bekannt gemachten Fassung der Vorschrift die Reihenfolge der beiden Ortsteile vertauscht, sodass nunmehr die Ortsteilbezeichnung "Eching" (Ortszentrum) unmittelbar an die Wendung "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" anschließt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei dieser Fassung der Vorschrift eine räumliche Begrenzung der Sonntagsöffnung auch für das Ortszentrum der Antragsgegnerin als naheliegend betrachtet. Daraus hat er hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sonntagsöffnung Zweifel an der Identität zwischen der beschlossenen und der verkündeten Fassung der Norm abgeleitet, die zu einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führten.

30

Diese Annahme steht zwar in Einklang mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen. Denn die Identität einer Norm steht nicht eindeutig fest, wenn zweifelhaft ist, ob die beschlossene und die bekannt gegebene Fassung denselben räumlichen Geltungsbereich bezeichnen. Die Auslegung des Landesrechts durch den Verwaltungsgerichtshof ist für das Revisionsgericht an sich auch bindend (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351>). Allerdings hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob der Verwaltungsgerichtshof das bundesrechtliche Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen beachtet hat. Dieses verlangt, dass ein Gericht eine Vorschrift nur dann wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht außer Anwendung lassen bzw. für unwirksam erklären darf, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist (BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <352> und vom 13. Mai 2009 - 9 C 7.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 28 Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung führende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Bei der gebotenen Ermittlung des objektivierten Willens des Verordnungsgebers lässt sich die in § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung verwendete Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" in beiden Fassungen des Normtextes zwanglos auf die beiden Ortsteile "Eching" und "Eching-Ost" beziehen. Unabhängig von der Reihenfolge ihrer Benennung sind beide Ortsteilnamen sprachlich durch "und" verbunden und stehen gleichrangig nebeneinander.

31

c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Rechtsverordnung sei hinsichtlich der im Ortszentrum von Eching gestatteten Ladenöffnung nicht hinreichend bestimmt.

32

aa) Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangenen, dass der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung in Eching mangels Bezugnahme auf eine Karte durch den Verordnungstext zu bestimmen sei. Die dortige Formulierung der "an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" erfasse dem Wortsinn nach nur diejenigen Grundstücke, die mit dem Marktgeschehen eine gemeinsame Grenze aufwiesen. Eine dahingehende Auslegung der Verordnung, bei der der räumliche Geltungsbereich bestimmbar wäre, entspräche aber weder dem Willen des Verordnungsgebers, der einen weiteren Bereich für die Ladenöffnung habe freigeben wollen, noch stünde sie mit der Entstehungsgeschichte der Verordnung in Einklang.

33

Die Annahme fehlender Bestimmbarkeit kann im Ergebnis nicht beanstandet werden. Zwar steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, dass eine zur Bestimmbarkeit führende Auslegung nach dem objektivierten Willen des Verordnungsgebers von dessen tatsächlichem Willen abweicht, wie der Verwaltungsgerichtshof annimmt. Eine Auslegung zur Vermeidung eines bestimmten Verfassungsverstoßes scheidet indes aus, wenn sie unter anderen Aspekten wiederum mit der Verfassung nicht vereinbar wäre. So liegt es hier. Der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost reicht nach dem der Rechtsverordnung beigefügten Lageplan über die unmittelbar angrenzenden Grundstücke hinaus. Deshalb hätte die Auslegung des Verordnungstextes anhand des Wortsinns eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung der Verkaufsstellen im Umfeld des Marktgeschehens im Echinger Ortszentrum zur Folge, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist.

34

bb) Unabhängig davon führte eine solche Auslegung nicht zu hinreichender Bestimmtheit, weil es an einer räumlichen Konkretisierung des "Marktgeschehens" im Ortszentrum und damit auch an der Bestimmbarkeit der daran angrenzenden Verkaufsstellen fehlt. Während die räumliche Begrenzung der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost durch Bezugnahme der Rechtsverordnung auf den beigefügten Lageplan bestimmt wird, auf dem auch der Markt eingezeichnet ist, fehlt es für das Marktgeschehen im Echinger Ortszentrum an einer entsprechenden grafischen Darstellung. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung auch nicht anhand der Marktsatzung der Antragsgegnerin vom 11. März 2013 bestimmen. § 2 Abs. 1 Satz 2 der Marktsatzung kennzeichnet zwar die Marktgebiete für Jahrmärkte durch Bezugnahme auf Lagepläne der Gemeinde, darunter auch einen Lageplan für das hier in Rede stehende Echinger Ortszentrum/Bürgerplatz. Ein Rückgriff auf diesen Lageplan zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der angegriffenen Rechtsverordnung käme indes nur in Betracht, wenn diese einen entsprechenden Verweis auf die Marktsatzung und den genau bezeichneten veröffentlichten Lageplan enthielte (BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 - 1 C 74.61 - BVerwGE 17, 192 <194 f.>; Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4 BN 21.10 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 11 f.). Daran fehlt es hier.

35

d) Schließlich verletzt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Rechtsverordnung stehe hinsichtlich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost mit § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG nicht in Einklang, kein Bundesrecht.

36

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat beanstandet, dass die Antragsgegnerin bei Erlass der Rechtsverordnung keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt habe, ob der in Eching-Ost erstmals veranstaltete Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er und nicht die am selben Tage gestattete Ladenöffnung den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern dort biete. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gestattete sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass eines Marktes setzt voraus, dass der Markt selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung der Verkaufsstellen übersteigt (s.o. 2. a)bb)). Die gemeindliche Prognose unterliegt zwar nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere darf das Gericht keine eigene Prognose vornehmen. Es hat jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist.

37

bb) Diesen Anforderungen wird die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose hinsichtlich der Anziehungskraft des erstmalig in Eching-Ost veranstalteten "Echinger Frühjahrsmarktes" nicht gerecht.

38

Nach der Begründung des Verordnungsentwurfs hat die Antragsgegnerin ihre Prognose darauf gestützt, dass die "Echinger Frühjahrsschau" im Ortszentrum regelmäßig einige tausend Besucher anziehe. Wegen der identischen Ausgestaltung beider Märkte könne davon ausgegangen werden, dass dem erstmals geplanten "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost eine ebenso große Attraktivität wie bisher schon dem Markt im Ortszentrum zukomme. Auf diese Erwägungen lässt sich eine vertretbare Prognose nicht stützen. So erscheint die Annahme, dem erstmals veranstalteten Markt in Eching-Ost komme dieselbe Attraktivität zu wie dem Markt im Ortszentrum, bereits nicht schlüssig. Da beide Märkte zeitgleich stattfinden sollten, erschließt sich nicht, weshalb in Eching-Ost derselbe Besucherstrom wie bei dem bisher allein durchgeführten Markt im Ortszentrum zu erwarten stehen sollte, zumal letzterer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bei Erlass der Rechtsverordnung bereits gut eingeführt war, während der Markt in Eching-Ost erstmals stattfinden sollte. Darüber hinaus zeichnete sich der Frühjahrsmarkt in Eching-Ost nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht durch besondere Attraktivität aus. Er bestand im Gegenteil auch aus Verkaufsständen solcher Gewerbetreibender, die ohnehin schon im dortigen Gewerbegebiet mit festen Verkaufsstellen vertreten waren, welche nun auch unter die sonntägliche Ladenöffnung fielen.

39

Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin erkennen müssen, dass der Sonntag in Eching-Ost nicht durch die öffentliche Wirkung des "Frühjahrsmarktes", sondern durch die dort mögliche typisch werktägliche Geschäftigkeit der Ladenöffnung geprägt sein würde. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin musste im Zeitpunkt der Beschlussfassung davon ausgehen, dass entsprechend dem vom Veranstalter eingereichten Verzeichnis auf dem Markt in Eching-Ost lediglich vierzehn Aussteller vertreten sein würden. Demgegenüber sollte die Rechtsverordnung im Gewerbegebiet Eching-Ost auch mehreren Möbel- und Baumärkten mit großen Ausstellungsflächen die Ladenöffnung ermöglichen. Ferner lässt sich aus dem der angegriffenen Rechtsverordnung beigefügten Lageplan Eching-Ost entnehmen, dass der für den Frühjahrsmarkt vorgesehene räumliche Bereich ungleich kleiner ist als die ihn umgebende Fläche der von der Freigabe der Ladenöffnung erfassten Verkaufsstellen.

40

e) Erweist sich die angegriffene Rechtsverordnung hinsichtlich der sonntäglichen Ladenöffnung für das Marktgeschehen in Eching/Ortszentrum ("Echinger Frühjahrsschau") und dasjenige in Eching-Ost ("Echinger Frühjahrsmarkt") und damit für beide Regelungsteile als unwirksam, bedarf es keiner Entscheidung, ob unabhängig davon auch die Unwirksamkeit nur eines Teils der Rechtsverordnung zu deren Ungültigkeit insgesamt führte.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I. Das Verfahren hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin zu 2 wird abgetrennt und erhält das neue Aktenzeichen 22 NE 18.639.

II. Die Verordnung der Antragsgegnerin über die zusätzliche Öffnung der Verkaufsstellen an Sonntagen in den Jahren 2017, 2018 und 2019 vom 1. August 2017 wird auf den Antrag der Antragstellerin zu 1 hin insoweit außer Vollzug gesetzt, als damit eine Sonntagsöffnung am 8. April 2018 gestattet wird.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zu 1 abgelehnt.

III. Die Kosten des Verfahrens 22 NE 18.204 haben die Antragstellerin zu 1 und die Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen.

IV. Der Streitwert wird für das Verfahren 22 NE 18.204 auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin zu 1 begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO in Bezug auf die Zulassung einer Sonntagsöffnung durch die Antragsgegnerin am 8. April 2018 und am 4. November 2018.

Unter dem 1. August 2017 erließ die Antragsgegnerin aufgrund von § 14 Abs. 1 LadSchlG in Verbindung mit § 11 der Delegationsverordnung – DelV – eine Verordnung über die zusätzliche Öffnung der Verkaufsstellen an Sonntagen in den Jahren 2017, 2018 und 2019. In § 2 Abs. 1 der Verordnung wurden im Jahr 2018 für alle Verkaufsstellen im Gebiet der Antragsgegnerin die Öffnungszeiten an drei Sonntagen von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr freigegeben, nämlich am 8. April 2018, am 3. Juni 2018 und am 4. November 2018. Zusätzlich wurden in § 2 Abs. 2 der Verordnung für die Verkaufsstellen in einem Ortsteil die Öffnungszeiten am 5. August 2018 von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr freigegeben.

Ferner wurde in § 1 der Verordnung eine entsprechende Sonntagsöffnung für die Verkaufsstellen in einem Ortsteil am 6. August 2017 sowie für alle Verkaufsstellen im Stadtgebiet am 5. November 2017 zugelassen.

§ 3 der Verordnung beinhaltet eine Sonntagsöffnung an insgesamt vier Tagen im Jahr 2019, entsprechend der vorgenannten Regelung für das Jahr 2018 in § 2 der Verordnung.

Die Verordnung vom 1. August 2017 wurde in der Ausgabe einer regional erscheinenden Tageszeitung vom 12. August 2017 bekannt gemacht. Gemäß § 5 Satz 1 der Verordnung trat diese am Tag nach ihrer amtlichen Bekanntmachung in Kraft.

Nach Abtrennung des Verfahrens 22 NE 18.639 betreffend die Antragstellerin zu 2 verbleibt im vorliegenden Verfahren die Antragstellerin zu 1 (im Folgenden als Antragstellerin bezeichnet). Bei dieser Antragstellerin handelt es sich um eine bundesweit tätige Gewerkschaft mit rund 39.000 Mitgliedern im Bezirk Mittelfranken. Zum satzungsmäßigen Organisationsbereich der Antragstellerin gehört der Einzelhandel.

Am 24. Januar 2018 stellte die Antragstellerin in Bezug auf die Verordnung der Antragsgegnerin vom 1. August 2018 einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO. Weiter stellte sie am 29. Januar 2018 einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO (Verfahren 22 N 18.243).

Im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO beantragt die Antragstellerin,

§ 2 Abs. 1 der Verordnung der Antragsgegnerin über die zusätzliche Öffnung der Verkaufsstellen an Sonntagen in den Jahren 2017, 2018 und 2019 bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren außer Vollzug zu setzen, soweit damit Öffnungen am 8. April 2018 und am 4. November 2018 gestattet werden.

Zur Begründung ihres Antrags macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, die Verordnung sei offensichtlich rechtswidrig; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Öffnung der Geschäfte in den jeweils geregelten Umfängen an den beiden Sonntagen im Jahr 2018 lägen nicht vor. Die Rechtswidrigkeit folge allein schon daraus, dass die Antragsgegnerin keine hinreichende Prognose bezüglich der prägenden Wirkung der Anlassveranstaltungen angestellt habe und damit das ihr eingeräumte Ermessen nicht genutzt habe. Soweit der Stadtrat der Antragsgegnerin über eine solche Verordnung zu entscheiden habe, müsse eine nachvollziehbare Überzeugungsbildung möglich sein, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Es fehle vorliegend schon in Ansätzen an einer Prognose der zu erwartenden Besucherzahl der anlassgebenden Veranstaltungen im Verhältnis zur prognostizierten Zahl der Besucher, die ausschließlich der Sonntagsöffnung wegen kommen würden. Die Sonntagsöffnungen stellten sich nach den gesamten Umständen nicht lediglich als Annex zu den Anlassveranstaltungen dar. Die Antragsgegnerin habe die Zahl der üblichen Kunden an verkaufsoffenen Sonntagen mit 3.000 angegeben. Wenn aber allein in das sogenannte Brücken-Center Ansbach an normalen Tagen im Schnitt 18.000 Besucher kommen würden, werde deutlich, dass die Zahlen der Antragsgegnerin ohne jeglichen Sachbezug aus der Luft gegriffen seien. Die Veranstaltung am 8. April 2018 wirke sich allenfalls auf die unmittelbare Umgebung des Veranstaltungsorts aus; in keinem Fall werde sie selbst über den Altstadtbereich hinaus ausstrahlen. Weder am Brücken-Center Ansbach, noch in der Umgebung der anderen dezentralen Einzelhandelsmärkte würde sich die Veranstaltung ohne die Sonntagsöffnung bemerkbar machen. Noch deutlicher sei dies im Hinblick auf die übrigen Gemeindeteile, die weiter weg von der Altstadt lägen und zu denen kein baulicher Zusammenhang bestehe. Überdies würde die Veranstaltung schätzungsweise eine Fläche von allenfalls 3.000 m² beanspruchen, während allein das Brücken-Center Ansbach über eine Verkaufsfläche von 49.000 m² verfügen würde. Dazu kämen die zahlreichen sonstigen Geschäfte im Gemeindegebiet.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, der Antrag sei bereits unzulässig, da die Antragsbefugnis neben der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung voraussetze, dass der jeweilige Antragsteller über eine gewisse Anzahl an Mitgliedern im betroffenen Gebiet verfüge und dort an Sonn- oder Feiertagen satzungsgemäße Aktivitäten entfalte. Hierzu habe die Antragstellerin keine Angaben gemacht. Die für den 8. April 2018 geplante Veranstaltung nehme einen bundesweiten Trend auf, moderne Speisenangebote in Eventform zu präsentieren. Am 21. Juni 2015 hätten fast 5.000 Menschen in der Zeit von 12:00 Uhr bis 20:00 Uhr eine ähnliche Veranstaltung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin besucht. Bei der gleichen Veranstaltung im Jahr 2017 seien nochmals deutlich mehr Besucher anwesend gewesen; nach Aussagen des Veranstalters seien ca. 7.500 Besucher auf dem Markt gewesen. Das Veranstaltungsareal sei bereits vor der Ladenöffnung um 13:00 Uhr voll gewesen, und auch nach Ladenschluss um 18:00 Uhr hätten sich mehrere tausend Besucher auf dem Veranstaltungsgelände aufgehalten. Diese Besucher seien ursächlich zur Veranstaltung und nicht nur aus der Stadt, sondern auch aus dem erweiterten Umland gekommen. Für die Veranstaltung im Jahr 2018 würden nach den Erfahrungen aus dem Vorjahr ca. 10.000 bis 12.000 Besucher erwartet. Die erzielten Frequenzen seien für die 42.000 Einwohner-Stadt beträchtlich und würden weit über das normale Alltagsmaß hinausgehen. An normalen Samstagen würden sich nach Aussagen von Citymarketing Ansbach e.V. ca. 3.000 Menschen in der Einkaufsstadt aufhalten. Nach den Erfahrungen aus dem Jahr 2017 würden weitere drei Plätze in das Veranstaltungskonzept einbezogen. Auch die Bestandsgastronomie der Stadt werde sich an diesem Konzept beteiligen, um den Marktcharakter zu verstärken. Die Antragsgegnerin sehe somit hinsichtlich der Veranstaltung am 8. April 2018 das Erfordernis der prägenden Wirkung der anlassgebenden Veranstaltung als erfüllt an. Sie halte auch die Ausdehnung der erlaubten Öffnungen für gerechtfertigt. Insbesondere sehe sie das Brücken-Center seit seiner Gründung als Teil der Altstadt an. Eine diesbezügliche Differenzierung sei sachlich nicht zu begründen. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Öffnung der Verkaufsstellen an den infrage gestellten Sonntagen nicht als Selbstzweck, sondern zur Versorgung der Besucher durchgeführt werden solle. Am 8. April 2018 sei aufgrund der erwarteten Besucherzahl das Angebot der Veranstaltung selbst zur umfassenden Versorgung der erwarteten Gäste nicht ausreichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten des vorliegenden Rechtsstreits und des Normenkontrollverfahrens 22 N 18.243 verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, jedoch nur begründet, soweit er die Sonntagsöffnung am 8. April 2018 betrifft.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO analog). Sie kann geltend machen, durch eine Anwendung des § 2 Abs. 1 der Verordnung der Antragsgegnerin vom 1. August 2017 in absehbarer Zeit mehr als nur geringfügig in ihren Rechten verletzt zu werden.

Der sich aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV ergebende objektivrechtliche Schutzauftrag für den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maß auf solche Tage angewiesen sind (BVerfG, U.v. 1.12.2009 – 1 BvR 2857/07 u.a. – juris Rn. 144 und 149). Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen erleichtert das gemeinschaftliche, von der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG erfasste Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. § 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 LadSchlG konkretisiert diesen verfassungsrechtlichen Schutzauftrag.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 18. Mai 2016 – 22 N 15.1526 – Rn. 31 ausgeführt hat, ist nicht ausgeschlossen, dass sich jedenfalls auf mittlere Sicht Mitglieder der Antragstellerin wegen einer sich für sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen stellenden Notwendigkeit, an den von der zugelassenen Öffnung erfassten Sonntagen zu arbeiten, gehindert sehen, an Veranstaltungen der Antragstellerin teilzunehmen. Die Antragstellerin vertritt im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer, die von der Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen betroffen sein können (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 8 CN 2/14 – juris Rn. 17 f.). Darüber hinaus ist die Antragstellerin im Stadtgebiet der Antragsgegnerin auch mit einem Ortsverein vertreten (vgl. Internetauftritt http://mittelfranken.verdi.de/ueber-uns/ov-ansbach).

2. Die Antragstellerin kann verlangen, dass die verfahrensgegenständliche Verordnung, soweit sie ein Offenhalten von Verkaufsstellen am 8. April 2018 gestattet, außer Vollzug gesetzt wird, da dies im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO „aus anderen wichtigen Gründen“ dringend geboten ist.

Auch unter Berücksichtigung des strengen Maßstabs, der bei Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO anzuwenden ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 22 NE 13.659 – juris Rn. 27 m.w.N.) ist die Außervollzugsetzung einer Verordnung dann grundsätzlich dringend geboten, wenn die betreffende Regelung offensichtlich keinen Bestand haben kann und sich diese Beurteilung auf eine nicht zweifelhafte und nicht weiter aufklärungsbedürftige Tatsachengrundlage bezieht sowie auf eine eindeutige verfassungsgerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung stützen kann (BayVGH, B.v. 24.5.2017 – 22 NE 17.526 – juris Rn. 14 m.w.N.). Des Weiteren ist eine Folgenabwägung vorzunehmen.

a) Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Freigabe der Öffnung der Verkaufsstellen am 8. April 2018 im gesamten Stadtgebiet der Antragsgegnerin anlässlich des Street Food Festivals liegen offensichtlich nicht vor.

aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen abweichend von der Vorschrift des § 3 LadSchlG Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Über die Freigabe der betreffenden Tage entscheidet die jeweilige Gemeinde (§ 14 Abs. 1 Satz 2 LadSchlG i.V.m. § 11 Delegationsverordnung – DelV). Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG).

Zum Tatbestandsmerkmal „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ in § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG hat das Bundesverwaltungsgericht schon in seinem Urteil vom 11. November 2015 (8 CN 2/14 – juris Rn. 24 und 25) ausgeführt, dass „die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint. Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. […] Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. […]“

bb) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich, dass das Street Food Festival am 8. April 2018 als anlassgebende Veranstaltung eine Freigabe der Öffnung der Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet der Antragsgegnerin nicht rechtfertigen kann.

Zwar erscheint es grundsätzlich denkbar, dass diese Veranstaltung im Altstadtbereich der Antragsgegnerin gegenüber einer Ladenöffnung eine prägende Wirkung entfalten könnte. Dies vorausgesetzt könnte der für eine Sonntagsöffnung freigegebene Bereich eventuell auch anschließende Zu- und Abgangswege zum Bahnhof und zu öffentlichen Parkhäusern und Parkplätzen erfassen, falls auf diesen Wegen die prägende Wirkung noch feststellbar sein sollte. Das Street Food Festival am 8. April 2017 soll nach Aussagen der Antragsgegnerin, die ursprünglich wohl vom Veranstalter stammen, etwa 7.500 Besucher angezogen haben. Nach Angaben der Antragsgegnerin soll sich die Veranstaltung am 8. April 2018 nicht wie im Vorjahr auf den Martin-Luther-Platzes beschränken, sondern darüber hinaus den Johann-Sebastian-Bach Platz, den Platz am Herrieder Tor und den Fermo Platz einbeziehen. Es erscheint nicht von Vornherein als ausgeschlossen, dass nachvollziehbare Angaben gegebenenfalls die Prognose stützen könnten, dass im unmittelbaren Altstadtbereich die Zahl der Veranstaltungsbesucher auch ohne Sonntagsöffnung die Zahl derjenigen Besucher überstiege, die allein wegen der Sonntagsöffnung der Verkaufsstellen kämen.

Allerdings genügt die u.a. in der Stadtratssitzung vom 25. Juli 2017 (vgl. Protokoll, Bl. 40 bis 42 in Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 7.2.2018) geäußerte Behauptung, an „normalen“ Einkaufstagen seien ca. 3.000 Besucher „in der Stadt“, nicht den Anforderungen an eine nachvollziehbare Prognose. Es ist nicht erkennbar, auf welchen tatsächlichen Grundlagen diese Einschätzung beruht, die offensichtlich vom Verein Citymarketing Ansbach e.V. stammt (vgl. E-Mail vom 25.7.2017, Bl. 26 in der vorgenannten Anlage). Offensichtlich wurde sie von der Antragsgegnerin nicht näher hinterfragt. Auch ist nicht ersichtlich, auf welchen Stadtbereich sich diese Besucherzahl bezieht.

Weiter hat der Geschäftsführer des Vereins gegenüber der Stadtverwaltung erklärt, er schätze die Anzahl der Besucher, die wegen des Street Food Markts in die Stadt kämen, um den Faktor 3 höher als die Zahl der „Ziel-Besucher“ für den „reinen“ verkaufsoffenen Sonntag (vgl. E-Mail vom 25.7.2017, Bl. 21 in der genannten Anlage). Es ist bislang nicht erkennbar, auf welchen tatsächlichen, nachprüfbaren Anhaltspunkten diese Behauptung beruhen könnte (z.B. auf dokumentierten Ergebnissen durchgeführter Zählungen) und auf welchen räumlichen Bereich sich diese Angaben beziehen sollen. Ferner sind die Angaben der Antragstellerin zur räumlichen Ausdehnung der Veranstaltung am 8. April 2018 derzeit nicht schlüssig. So ist auf der Homepage des Veranstalters (http://www.walhallastreetfoodfestivals.de/events/2-streetfood-markt-ansbach-verkaufsoffener-sonntag/) als Veranstaltungsort angegeben: „Ansbach, Stadt Mitte/Innenstadt Martin-Luther Platz Ansbach“. Auch der Homepage des Vereins Citymarketing Ansbach e.V. (http://citymarketing-ansbach.de/veranstaltungen/ streetfood-festival/) ist nur zu entnehmen, dass der Street Food Markt am 8. April 2018 auf dem Martin-Luther Platz stattfindet. Gleiches gilt für die von der Antragsgegnerin vorgetragene Erwartung, am 8. April 2018 würden nach den Erfahrungen aus 2017 ca. 10.000 bis 12.000 Besucher erwartet; es ist unklar, worauf sich diese Prognose im Einzelnen stützt. Es ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 25. Juli 2017, dass diese erwarteten höheren Besucherzahlen in der Sitzung geäußert worden wären und damit der Prognose der Antragsgegnerin zugrunde gelegen hätten.

Hinzu kommt, dass die in § 2 Abs. 1 der Verordnung vom 1. August 2017 für den 8. April 2018 zugelassene Sonntagsöffnung nicht in rechtmäßiger Weise auf das gesamte Stadtgebiet erstreckt werden konnte.

Dies gilt bereits im Hinblick auf die Einbeziehung des sogenannten Brücken-Centers Ansbach mit einer Zahl von durchschnittlich 18.000 Besuchern pro Tag. Dieser Angabe des Antragstellers, die sich wohl auf vom Betreiber des Einkaufscenters veröffentlichte Zahlen bezieht (vgl. Daten auf https://www.dvimmobilien.de/projekte/shopping-center/bruecken-center-ansbach/), hat die Antragsgegnerin nicht widersprochen. Sie hat die Erstreckung der Sonntagsöffnung auf dieses Einkaufscenter lediglich damit begründet, dass dieses seit seiner Gründung als Teil der Altstadt angesehen werde und eine diesbezügliche Differenzierung sachlich nicht zu begründen sei. Dabei verkennt sie, dass der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG die Freigabe einer Sonntagsöffnung nur soweit zulässt, wie die prägende Wirkung der anlassgebenden Veranstaltung reicht. Es ist von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ansatzweise erkennbar, inwieweit dem Street Food Festival eine prägende Wirkung im Bereich des außerhalb der Altstadt liegenden Einkaufscenters zukommen könnte. Angesichts der durchschnittlichen Besucherzahl im Einkaufszentrum von 18.000 gilt dies selbst dann, falls tatsächlich nachvollziehbar eine Besucherzahl des Street Food Festivals in der Größenordnung von 10.000 bis 12.000 angenommen werden könnte. Falls im Übrigen Gäste des Street Food Festivals die Tiefgarage des Einkaufscenters nutzen sollten, scheidet dies als Anknüpfungspunkt für eine prägende Wirkung bereits deshalb aus, weil solche Passanten nicht eindeutig Gästen dieser Veranstaltung einerseits und Besuchern des Einkaufscenters andererseits zuzuordnen sind (vgl. BayVGH, U.v. 24.5.2017 – 22 N 17.527 – Rn. 76).

Unabhängig davon spricht die Zahl der insgesamt rund 200 Geschäfte alleine im Bereich der Altstadt und des Brücken-Centers, die im Jahr 2017 an der Sonntagsöffnung anlässlich des Street Food Markts beteiligt waren, im Verhältnis zu den rund 30 Ständen des Street Food Festivals (vgl. Angaben in den von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen A8 und A9) gegen eine prägende Wirkung der anlassgebenden Veranstaltung bezogen auf das gesamte Stadtgebiet.

Auch ist von der Antragsgegnerin nicht begründet worden und auch im Übrigen nicht ersichtlich, inwieweit das Street Food Festival prägende Wirkung in Bezug auf Verkaufsstellen besitzen könnte, die sich in größerer Entfernung zum Altstadtkern befinden. Dies betrifft z.B. größere Einkaufsmärkte im Bereich des Industriegebiets von Eyb und einen großen Elektromarkt im Bereich der Rothenburger Straße. Dass diese Märkte in der Nähe größerer Ausfallstraßen (Staats Straße 2223, Bundesstraßen B 13 und B 14) liegen, welche möglicherweise auch von Veranstaltungsbesuchern genutzt werden, führt zu keiner Prägung der Bereiche entlang dieser Straßen durch die anlassgebende Veranstaltung. Diese dem weiträumigen Verkehr (vgl. § 1 Abs. 1 FStrG) bzw. dem Durchgangsverkehr (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG) dienenden Straßen werden nicht maßgeblich durch eine Zufahrtsfunktion zur Veranstaltung charakterisiert.

b) Im Rahmen der Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO sind die Folgen abzuwägen, die einerseits eintreten würden, wenn eine solche gerichtliche Entscheidung unterbliebe und der Normenkontrollantrag Erfolg hätte, und die andererseits bei Erlass der einstweiligen Anordnung dann zu erwarten wären, wenn sich der Normenkontrollantrag als unbegründet erweisen sollte (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 22 NE 13.659 – juris Rn. 28; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 47 Rn. 395/396). Die offensichtliche Ungültigkeit der zugrundeliegenden Regelung in § 2 Abs. 1 der Verordnung vom 1. August 2017 in Bezug auf die für den 8. April 2018 zugelassene Sonntagsöffnung ist hier mit erheblichem Gewicht zu berücksichtigen. Im Falle eines Verzichts auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung würde an diesem Tag die verfassungsrechtlich geschützte Zweckbestimmung des Sonntags als Zeit der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung im gesamten Stadtgebiet der Antragsgegnerin konkret beeinträchtigt, ohne dass dies durch § 14 LadSchlG gedeckt wäre. Bereiche wie das Brücken-Center Ansbach und in größerer Entfernung zum Ort des Street Food Festivals gelegene Einkaufsmärkte und andere Verkaufsstellen wären weitgehend allein durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt. Durch die Sonntagsöffnung am 8. April 2018 würden insoweit vollendete Tatsachen geschaffen, die durch das Normenkontrollverfahren nicht rückgängig zu machen sind. Die genannten Schutzgüter würden zudem auch in der Gesamtwirkung erheblich beeinträchtigt, wenn auf der Grundlage offensichtlich nichtiger Verordnungen Sonntagsöffnungen stets solange stattfinden könnten, wie keine rechtskräftigen Normenkontrollentscheidungen ergangen sind. Demgegenüber sind die Interessen der Antragsgegnerin und der Verkaufsstelleninhaber an einer Sonntagsöffnung, die offensichtlich nicht von der zugrundeliegenden Ermächtigungsnorm gedeckt ist, rechtlich nicht schutzwürdig; sie rechtfertigen nicht den Verzicht auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Normenkontrollantrag der Antragstellerin in Bezug auf die Zulassung der Sonntagsöffnung am 8. April 2018 im gesamten Stadtgebiet doch als unbegründet erweisen könnte.

Die nicht näher begründete Behauptung der Antragsgegnerin, die stadtweite Sonntagsöffnung ohne Einschränkung auf bestimmte Handelszweige sei zur umfassenden Versorgung der Veranstaltungsbesucher erforderlich, ist nicht nachvollziehbar. Sollte gemeint sein, dass den Besuchern über das Angebotsspektrum der Veranstaltung hinaus Einkaufsmöglichkeiten bei einem möglichst breit gefächerten Warensortiment eröffnet werden sollen, handelt es sich (nur) um das allgemeine Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potentieller Kunden, das wie das Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber eine Sonntagsöffnung gerade nicht rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, U.v. 17.5.2017 – 8 CN 1/16 – juris Rn. 16). Ohne dass dies von der Antragsgegnerin konkret geltend gemacht worden wäre ist zwar davon auszugehen, dass der Antragsgegnerin und teilnehmenden Gewerbetreibenden bereits Kosten v.a. für Werbemaßnahmen für die vermeintliche Sonntagsöffnung am 8. April 2018 entstanden sein dürften. Diese Investitionen – wie auch vergleichbare Interessen Dritter – vermögen hier kein überwiegendes Interesse an der Durchführung der Sonntagsöffnung zu begründen, auch vor dem Hintergrund der seit längerem bekannten Rechtsprechung der Obergerichte und der grundrechtlichen Betroffenheit der Antragstellerin.

3. Soweit die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO in Bezug auf die Zulassung der Öffnung am 4. November 2018 begehrt, ist ihr Antrag derzeit unbegründet.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist insoweit bereits deshalb nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten, weil davon auszugehen ist, dass rechtzeitig vor dem Tag der Sonntagsöffnung eine Entscheidung in der Hauptsache ergehen kann. Es kann daher dahin stehen, ob eine auf das gesamte Stadtgebiet erstreckte Sonntagsöffnung auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG auch in Bezug auf diese Veranstaltung offensichtlich nicht zulässig ist. Auch bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Klärung, ob die Freigabe der Sonntagsöffnung in § 2 Abs. 1 der Verordnung für den 4. November 2018 überhaupt mit hinreichender Bestimmtheit einer konkreten anlassgebenden Veranstaltung zugeordnet werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO kein Rechtsmittel eröffnet.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 (im Folgenden: Rechtsverordnung). Als Gewerkschaft vertritt sie nach ihrer Satzung im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer. Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinde mit rund 13 300 Einwohnern, deren Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung von einer Autobahn durchschnitten wird. Westlich dieser Autobahn befindet sich das Ortszentrum mit dem Bürgerplatz, östlich der Autobahn im Ortsteil Eching-Ost liegt ein Gewerbegebiet.

2

Der im Februar 2013 zum Zwecke der Anhörung versandte Entwurf der Rechtsverordnung sah in § 1 vor, dass anlässlich des "Echinger Frühjahrsmarktes" sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein durften; dem Entwurf war ein Lageplan für Eching-Ost beigefügt. In der Begründung zum Verordnungsentwurf wurde ausgeführt, der "Echinger Frühjahrsmarkt" als Verkaufsmarkt in Eching-Ost finde zeitgleich mit dem Ausstellungsmarkt "Echinger Frühjahrsschau" statt, der 2013 bereits zum sechzehnten Mal im Zentrum der Gemeinde durchgeführt werde. Aufgrund der identischen Ausgestaltung beider Veranstaltungen könne davon ausgegangen werden, dass dem neuen "Echinger Frühjahrsmarkt" eine ebenso große Attraktivität wie der "Echinger Frühjahrsschau" zukomme, die regelmäßig einige tausend Besucher in die Gemeinde ziehe. Zudem werde zur Erleichterung für die Besucher eine "Bockerlbahn" zwischen den Märkten in Eching und in Eching-Ost eingesetzt.

3

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 26. Februar 2013 § 1 der Rechtsverordnung in folgender Fassung:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsausstellung sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost und in Eching in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

4

Die vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin am 11. März 2013 ausgefertigte und bekannt gemachte Fassung des § 1 der Rechtsverordnung lautete demgegenüber wie folgt:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsschau sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching und Eching-Ost in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

5

Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 setzte die Antragsgegnerin den "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost als Jahrmarkt auf Dauer jeweils für den zweiten Sonntag nach Ostern von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr fest. Die "Echinger Frühjahrsschau" hatte die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 24. März 2011 ebenfalls als Jahrmarkt auf Dauer jeweils am zweiten Wochenende nach Ostern (Samstag von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr) festgesetzt.

6

Am Sonntag, den 14. April 2013, fanden die "Echinger Frühjahrsschau" und der "Echinger Frühjahrsmarkt" statt. Am selben Tag führte die Antragstellerin im Gewerbegebiet Eching-Ost eine Versammlung durch, die sich thematisch gegen die zeitgleiche Sonntagsöffnung der Geschäfte richtete.

7

Am 11. April 2013 hat die Antragstellerin ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 unwirksam war, hilfsweise diese Feststellung nur für den Bereich Eching-Ost zu treffen.

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 6. Dezember 2013 dem Antrag stattgegeben. Er hat den Normenkontrollantrag für zulässig gehalten. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Sie könne geltend machen, eine ungerechtfertigte Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen verletze die ihr gegenüber bestehende Schutzpflicht aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, welche Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG konkretisiere. Sie habe auch nach der Erledigung der Rechtsverordnung im laufenden Verfahren ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm, da auch künftig mit einem Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin zu rechnen sei. Das Rechtsschutzbegehren habe mit dem Hauptantrag Erfolg. Die vollumfängliche Ungültigkeit der Verordnung folge bereits daraus, dass die vom Gemeinderat beschlossene Fassung ihres § 1 Satz 1 nicht mit dem ausgefertigten und bekannt gemachten Wortlaut übereinstimme; das verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zudem sei die Verordnung in Bezug auf das Offenhalten von Verkaufsstellen "in Eching" wegen fehlender Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereiches unwirksam. Schließlich stehe die gestattete Sonntagsöffnung in Eching-Ost mit den materiellen Anforderungen des § 14 LadSchlG nicht in Einklang. Die Antragsgegnerin habe keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob der erstmals in Eching-Ost stattfindende Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er um seiner selbst willen den erforderlichen hohen Besucherstrom auslösen würde, der seinerseits die Öffnung der örtlichen Verkaufsstellen rechtfertigen könne.

9

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antrag sei unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Die Antragsbefugnis einer Gewerkschaft lasse sich vorliegend nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG stützen. Zudem nehme die Antragstellerin nur Rechte ihrer Mitglieder im eigenen Namen wahr, sodass von einer unzulässigen Prozessstandschaft auszugehen sei. Schließlich laufe die Anerkennung einer Antragsbefugnis der Gewerkschaften im Zusammenhang mit dem Sonntagsschutz auf eine unzulässige Popularklage hinaus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei der Antrag auch unbegründet. Die Annahme eines Ausfertigungsmangels, der zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung insgesamt führe, überdehne die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anforderungen. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Die räumliche Reichweite der gestatteten Ladenöffnung sei durch den Verordnungstext hinreichend bestimmt. Zudem grenze die Marktsatzung der Antragsgegnerin nebst den beigefügten Lageplänen das Marktgeschehen räumlich klar ein. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne ferner den Prognosespielraum der Antragsgegnerin und stelle zu hohe Anforderungen an die Prognose für einen erstmalig stattfindenden Markt.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2013 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

11

Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

14

1. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag als zulässig angesehen.

15

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Hierfür genügt ihr Vortrag, die angegriffene Rechtsverordnung sei mit der Ermächtigungsgrundlage des § 14 des Gesetzes über den Ladenschluss i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), - LadSchlG - nicht vereinbar. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun und ist in diesem Sinne drittschützend. Die Antragstellerin kann sich deshalb als Gewerkschaft darauf berufen, die Voraussetzungen des § 14 LadSchlG hätten nicht vorgelegen und die Rechtsverordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm.

16

aa) § 14 LadSchlG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergibt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Der objektivrechtliche Schutzauftrag, der in der Sonn- und Feiertagsgarantie begründet ist, ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <84>). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe ist ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <83>; BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

17

bb) Obgleich die Antragstellerin nicht unmittelbar Adressatin der durch die Rechtsverordnung gestatteten Ladenöffnung ist, ist sie durch die angegriffene Rechtsverordnung in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen. Hierfür genügt, dass sich die Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken kann. Die Rechtsverordnung erlaubt die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen, die dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen sind; die Antragstellerin vertritt in diesem Bereich tätige Arbeitnehmer. Die Sonntagsöffnung kann deshalb zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind. Außerdem betroffen ist der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin bezogen auf solche im Dienstleistungsbereich tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer, die an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind.

18

cc) Die Interessen der Antragstellerin werden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <102> und vom 19. Februar 1992 - 4 NB 11.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 63). Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Auswirkungen der angegriffenen Rechtsverordnung, deren Regelungsgehalt sich auf die Ladenöffnung an einem einzigen Sonntagnachmittag in einer einzelnen Gemeinde beschränkt, für sich genommen diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten können. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist jedoch auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die landesweite Betätigung der Antragstellerin durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Danach kann jede bayerische Gemeinde bis zu viermal im Jahr einen verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertag aus Anlass eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung freigeben. So kann über das ganze Jahr gesehen ein "Flickenteppich" sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation gemeinschaftlicher gewerkschaftlicher Tätigkeiten an Sonntagen spürbar erschweren kann.

19

b) Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Das am 11. April 2013 eingeleitete Normenkontrollverfahren hat sich zwar nach Ablauf des für die Ladenöffnung freigegebenen Sonntags am 14. April 2013 erledigt, weil die Rechtsverordnung nach diesem Tag keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Auch im Normenkontrollverfahren kann jedoch trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung bestehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2001 - 6 CN 1.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 149 S. 69). Ein solches Interesse kommt bei Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese ist hier gegeben. Der Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin in absehbarer Zeit erscheint hinreichend wahrscheinlich. Neben der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten "Pilotfunktion" der Rechtsverordnung für weitere verkaufsoffene Sonntage in künftigen Jahren bestätigt auch das im Sitzungsprotokoll der Vorinstanz festgehaltene Interesse des Gemeinderats der Antragsgegnerin an zukünftigen sonntäglichen Marktveranstaltungen mit Öffnung der Verkaufsstellen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Nicht zuletzt indiziert die Fortführung des Revisionsverfahrens durch die Antragsgegnerin als Revisionsklägerin, dass ihr Interesse an dem Erlass vergleichbarer Rechtsverordnungen fortbesteht.

20

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung ungültig war. Sie beruht zwar auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und wurde ordnungsgemäß verkündet (b). Allerdings ist sie in Bezug auf die "Echinger Frühjahrsschau" hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt (c). Soweit sie die sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass des "Echinger Frühjahrsmarktes" gestattet, genügt sie nicht den materiellrechtlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG (d).

21

a) Ermächtigungsgrundlage für die Rechtsverordnung ist § 14 LadSchlG. Das Ladenschlussgesetz gilt im Freistaat Bayern gemäß Art. 125a Abs. 1 GG mangels Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fort. § 14 LadSchlG steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG genügt bei verfassungskonformer Auslegung den Anforderungen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV.

22

aa) Der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV enthaltene Schutzauftrag an den Gesetzgeber gewährleistet ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Er statuiert für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis; die typische werktägliche Geschäftigkeit hat an Sonn- und Feiertagen zu ruhen (BVerfG, Urteile vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 <51, 53> und vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <85>). Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe muss diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Für die hier in Rede stehende Ladenöffnung gilt, dass sie eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeit auslöst, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird; wegen dieser öffentlichen Wirkung ist sie geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Kunden (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <87 f., 90 f.>). Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <100>). Die Freigabe von vier verkaufsoffenen Sonntagen in Folge ist mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmecharakter einer sonntäglichen Ladenöffnung hingegen grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>).

23

bb) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht umgekehrt erst durch die Offenhaltung der Verkaufsstellen ausgelöst werden (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7). Diese Rechtsprechung trägt dem oben dargelegten Regel-Ausnahme-Gebot noch nicht genügend Rechnung, weil sie nur verlangt, dass der Markt für sich genommen einen starken Besucherstrom auslöst, aber nicht ausschließt, dass daneben die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages maßgeblich prägt.

24

Die Vorschrift des § 14 LadSchlG erlaubt jedoch eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung ihres Anwendungsbereichs. Die Tatbestandsvoraussetzung "aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen" ist mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint.

25

Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Bei auf bestimmte Handelszweige beschränkten Märkten kann der erforderliche Bezug auch thematisch dadurch hergestellt werden, dass die Ladenöffnung nur für dieselben Handelszweige zugelassen wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt - wie hier - erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.

26

§ 14 LadSchlG gibt alle Möglichkeiten für die danach gebotene Begrenzung der öffentlichen Wirkung der Ladenöffnung an die Hand. Die werktägliche Prägung wird schon dadurch gemindert, dass die Ladenöffnung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 LadSchlG fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten darf; sie kann gegebenenfalls durch eine weitergehende zeitliche Einschränkung zusätzlich gemindert werden. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG kann die Ladenöffnung außerdem räumlich auf bestimmte Bezirke und inhaltlich auf bestimmte Handelszweige beschränkt werden. Um die unzulässige Herausnahme eines zusammenhängenden Monatszeitraums aus dem Schutz der Sonntage auszuschließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>), ist § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG so auszulegen, dass die jährlich zulässigen vier Ladenöffnungen nicht hintereinander erfolgen dürfen.

27

b) Die Rechtsverordnung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht formell unwirksam. Sie ist bei verfassungskonformer Auslegung mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen vereinbar. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die fehlende Übereinstimmung zwischen dem beschlossenen und dem bekannt gemachten Normtext führe zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung, verletzt das Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen. Allerdings beruht das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verstoß gegen Bundesrecht, weil der Verwaltungsgerichtshof die Unwirksamkeit der Verordnung selbständig tragend und im Ergebnis zutreffend auf weitere Rechtsmängel gestützt hat.

28

aa) Im Ansatz zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber beschlossenen Inhalt veröffentlicht werden darf (BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204 <208>; Urteil vom 21. Januar 2004 - 8 CN 1.02 - BVerwGE 120, 82 <86>). Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen. Die Identität des Norminhalts muss zweifelsfrei feststehen. Der bekannt gemachte Wortlaut darf nur ganz ausnahmsweise von dem Beschlossenen abweichen, ohne dass die zur Normsetzung berufene Körperschaft nochmals eingeschaltet wird. Der materielle Normgehalt darf auch in diesem Fall keinesfalls angetastet werden (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 8 B 72.11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 Rn. 6, 9).

29

bb) Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm festgestellte Abweichung zwischen beschlossener und bekannt gemachter Fassung der Rechtsverordnung als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gewertet und die Verordnung schon deshalb für unwirksam gehalten. Die vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Fassung des § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung hat er dahin ausgelegt, dass Zweifel daran bestehen könnten, ob die räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs durch die Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" nur für den im Anschluss erwähnten Ortsteil "Eching-Ost" oder auch für das entfernter stehende Wort "Eching" gelten solle. Demgegenüber wurde in der ausgefertigten und bekannt gemachten Fassung der Vorschrift die Reihenfolge der beiden Ortsteile vertauscht, sodass nunmehr die Ortsteilbezeichnung "Eching" (Ortszentrum) unmittelbar an die Wendung "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" anschließt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei dieser Fassung der Vorschrift eine räumliche Begrenzung der Sonntagsöffnung auch für das Ortszentrum der Antragsgegnerin als naheliegend betrachtet. Daraus hat er hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sonntagsöffnung Zweifel an der Identität zwischen der beschlossenen und der verkündeten Fassung der Norm abgeleitet, die zu einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führten.

30

Diese Annahme steht zwar in Einklang mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen. Denn die Identität einer Norm steht nicht eindeutig fest, wenn zweifelhaft ist, ob die beschlossene und die bekannt gegebene Fassung denselben räumlichen Geltungsbereich bezeichnen. Die Auslegung des Landesrechts durch den Verwaltungsgerichtshof ist für das Revisionsgericht an sich auch bindend (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351>). Allerdings hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob der Verwaltungsgerichtshof das bundesrechtliche Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen beachtet hat. Dieses verlangt, dass ein Gericht eine Vorschrift nur dann wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht außer Anwendung lassen bzw. für unwirksam erklären darf, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist (BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <352> und vom 13. Mai 2009 - 9 C 7.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 28 Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung führende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Bei der gebotenen Ermittlung des objektivierten Willens des Verordnungsgebers lässt sich die in § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung verwendete Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" in beiden Fassungen des Normtextes zwanglos auf die beiden Ortsteile "Eching" und "Eching-Ost" beziehen. Unabhängig von der Reihenfolge ihrer Benennung sind beide Ortsteilnamen sprachlich durch "und" verbunden und stehen gleichrangig nebeneinander.

31

c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Rechtsverordnung sei hinsichtlich der im Ortszentrum von Eching gestatteten Ladenöffnung nicht hinreichend bestimmt.

32

aa) Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangenen, dass der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung in Eching mangels Bezugnahme auf eine Karte durch den Verordnungstext zu bestimmen sei. Die dortige Formulierung der "an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" erfasse dem Wortsinn nach nur diejenigen Grundstücke, die mit dem Marktgeschehen eine gemeinsame Grenze aufwiesen. Eine dahingehende Auslegung der Verordnung, bei der der räumliche Geltungsbereich bestimmbar wäre, entspräche aber weder dem Willen des Verordnungsgebers, der einen weiteren Bereich für die Ladenöffnung habe freigeben wollen, noch stünde sie mit der Entstehungsgeschichte der Verordnung in Einklang.

33

Die Annahme fehlender Bestimmbarkeit kann im Ergebnis nicht beanstandet werden. Zwar steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, dass eine zur Bestimmbarkeit führende Auslegung nach dem objektivierten Willen des Verordnungsgebers von dessen tatsächlichem Willen abweicht, wie der Verwaltungsgerichtshof annimmt. Eine Auslegung zur Vermeidung eines bestimmten Verfassungsverstoßes scheidet indes aus, wenn sie unter anderen Aspekten wiederum mit der Verfassung nicht vereinbar wäre. So liegt es hier. Der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost reicht nach dem der Rechtsverordnung beigefügten Lageplan über die unmittelbar angrenzenden Grundstücke hinaus. Deshalb hätte die Auslegung des Verordnungstextes anhand des Wortsinns eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung der Verkaufsstellen im Umfeld des Marktgeschehens im Echinger Ortszentrum zur Folge, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist.

34

bb) Unabhängig davon führte eine solche Auslegung nicht zu hinreichender Bestimmtheit, weil es an einer räumlichen Konkretisierung des "Marktgeschehens" im Ortszentrum und damit auch an der Bestimmbarkeit der daran angrenzenden Verkaufsstellen fehlt. Während die räumliche Begrenzung der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost durch Bezugnahme der Rechtsverordnung auf den beigefügten Lageplan bestimmt wird, auf dem auch der Markt eingezeichnet ist, fehlt es für das Marktgeschehen im Echinger Ortszentrum an einer entsprechenden grafischen Darstellung. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung auch nicht anhand der Marktsatzung der Antragsgegnerin vom 11. März 2013 bestimmen. § 2 Abs. 1 Satz 2 der Marktsatzung kennzeichnet zwar die Marktgebiete für Jahrmärkte durch Bezugnahme auf Lagepläne der Gemeinde, darunter auch einen Lageplan für das hier in Rede stehende Echinger Ortszentrum/Bürgerplatz. Ein Rückgriff auf diesen Lageplan zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der angegriffenen Rechtsverordnung käme indes nur in Betracht, wenn diese einen entsprechenden Verweis auf die Marktsatzung und den genau bezeichneten veröffentlichten Lageplan enthielte (BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 - 1 C 74.61 - BVerwGE 17, 192 <194 f.>; Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4 BN 21.10 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 11 f.). Daran fehlt es hier.

35

d) Schließlich verletzt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Rechtsverordnung stehe hinsichtlich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost mit § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG nicht in Einklang, kein Bundesrecht.

36

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat beanstandet, dass die Antragsgegnerin bei Erlass der Rechtsverordnung keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt habe, ob der in Eching-Ost erstmals veranstaltete Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er und nicht die am selben Tage gestattete Ladenöffnung den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern dort biete. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gestattete sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass eines Marktes setzt voraus, dass der Markt selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung der Verkaufsstellen übersteigt (s.o. 2. a)bb)). Die gemeindliche Prognose unterliegt zwar nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere darf das Gericht keine eigene Prognose vornehmen. Es hat jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist.

37

bb) Diesen Anforderungen wird die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose hinsichtlich der Anziehungskraft des erstmalig in Eching-Ost veranstalteten "Echinger Frühjahrsmarktes" nicht gerecht.

38

Nach der Begründung des Verordnungsentwurfs hat die Antragsgegnerin ihre Prognose darauf gestützt, dass die "Echinger Frühjahrsschau" im Ortszentrum regelmäßig einige tausend Besucher anziehe. Wegen der identischen Ausgestaltung beider Märkte könne davon ausgegangen werden, dass dem erstmals geplanten "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost eine ebenso große Attraktivität wie bisher schon dem Markt im Ortszentrum zukomme. Auf diese Erwägungen lässt sich eine vertretbare Prognose nicht stützen. So erscheint die Annahme, dem erstmals veranstalteten Markt in Eching-Ost komme dieselbe Attraktivität zu wie dem Markt im Ortszentrum, bereits nicht schlüssig. Da beide Märkte zeitgleich stattfinden sollten, erschließt sich nicht, weshalb in Eching-Ost derselbe Besucherstrom wie bei dem bisher allein durchgeführten Markt im Ortszentrum zu erwarten stehen sollte, zumal letzterer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bei Erlass der Rechtsverordnung bereits gut eingeführt war, während der Markt in Eching-Ost erstmals stattfinden sollte. Darüber hinaus zeichnete sich der Frühjahrsmarkt in Eching-Ost nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht durch besondere Attraktivität aus. Er bestand im Gegenteil auch aus Verkaufsständen solcher Gewerbetreibender, die ohnehin schon im dortigen Gewerbegebiet mit festen Verkaufsstellen vertreten waren, welche nun auch unter die sonntägliche Ladenöffnung fielen.

39

Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin erkennen müssen, dass der Sonntag in Eching-Ost nicht durch die öffentliche Wirkung des "Frühjahrsmarktes", sondern durch die dort mögliche typisch werktägliche Geschäftigkeit der Ladenöffnung geprägt sein würde. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin musste im Zeitpunkt der Beschlussfassung davon ausgehen, dass entsprechend dem vom Veranstalter eingereichten Verzeichnis auf dem Markt in Eching-Ost lediglich vierzehn Aussteller vertreten sein würden. Demgegenüber sollte die Rechtsverordnung im Gewerbegebiet Eching-Ost auch mehreren Möbel- und Baumärkten mit großen Ausstellungsflächen die Ladenöffnung ermöglichen. Ferner lässt sich aus dem der angegriffenen Rechtsverordnung beigefügten Lageplan Eching-Ost entnehmen, dass der für den Frühjahrsmarkt vorgesehene räumliche Bereich ungleich kleiner ist als die ihn umgebende Fläche der von der Freigabe der Ladenöffnung erfassten Verkaufsstellen.

40

e) Erweist sich die angegriffene Rechtsverordnung hinsichtlich der sonntäglichen Ladenöffnung für das Marktgeschehen in Eching/Ortszentrum ("Echinger Frühjahrsschau") und dasjenige in Eching-Ost ("Echinger Frühjahrsmarkt") und damit für beide Regelungsteile als unwirksam, bedarf es keiner Entscheidung, ob unabhängig davon auch die Unwirksamkeit nur eines Teils der Rechtsverordnung zu deren Ungültigkeit insgesamt führte.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Ein Spezialmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern bestimmte Waren feilbietet.

(2) Ein Jahrmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern Waren aller Art feilbietet.

(3) Auf einem Spezialmarkt oder Jahrmarkt können auch Tätigkeiten im Sinne des § 60b Abs. 1 ausgeübt werden; die §§ 55 bis 60a und 60c bis 61a bleiben unberührt.

(1) Die zuständige Behörde hat auf Antrag des Veranstalters eine Veranstaltung, die die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 66, 67 oder 68 erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Auf Antrag können, sofern Gründe des öffentlichen Interesses nicht entgegenstehen, Volksfeste, Großmärkte, Wochenmärkte, Spezialmärkte und Jahrmärkte für einen längeren Zeitraum oder auf Dauer, Messen und Ausstellungen für die innerhalb von zwei Jahren vorgesehenen Veranstaltungen festgesetzt werden.

(2) Die Festsetzung eines Wochenmarktes, eines Jahrmarktes oder eines Spezialmarktes verpflichtet den Veranstalter zur Durchführung der Veranstaltung.

(3) Wird eine festgesetzte Messe oder Ausstellung oder ein festgesetzter Großmarkt nicht oder nicht mehr durchgeführt, so hat der Veranstalter dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(1) Ein Spezialmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern bestimmte Waren feilbietet.

(2) Ein Jahrmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern Waren aller Art feilbietet.

(3) Auf einem Spezialmarkt oder Jahrmarkt können auch Tätigkeiten im Sinne des § 60b Abs. 1 ausgeübt werden; die §§ 55 bis 60a und 60c bis 61a bleiben unberührt.

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(2) Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Bezirke und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen.

(3) Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. In Orten, für die eine Regelung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 getroffen ist, dürfen Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 nur freigegeben werden, soweit die Zahl dieser Tage zusammen mit den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 freigegebenen Sonn- und Feiertagen 40 nicht übersteigt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.