Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 15. Sept. 2017 - 2 L 23/16

bei uns veröffentlicht am15.09.2017

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei einem über ihre Grundstücke verlaufenden Weg nicht um einen öffentlichen Weg handelt.

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Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 22/7 und 2/23. Das Flurstück 22/7 umfasst das Hofgrundstück des Gehrhofs. Das Flurstück 2/23 ist wegeartig geschnitten und bildet eine Umfahrung der Westseite des Gehrhofs. Auf beiden Flurstücken befinden sich Teile eines Verbindungsweges zwischen F-Stadt und A-Stadt. Das Flurstück 2/23 stand bis zum 03.10.1990 im Eigentum des Volkes und in Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde. Mit Bescheid vom 18.06.1996 wurde das Eigentum an dem Grundstück von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) auf die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) übertragen, die nachfolgend in das Grundbuch eingetragen wurde und das Grundstück an die Klägerin weiterveräußerte. Mit Bescheid vom 11.11.2015 stellte das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen fest, dass die Beklagte zum 03.10.1990 Eigentümerin des Flurstücks 2/23 geworden sei, und hob den Bescheid vom 18.06.1996 auf, soweit er dem entgegensteht.

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Bereits mit Beschluss vom 10.04.2008 hatte der Stadtrat der Beklagten das Straßenbestandsverzeichnis für das Stadtgebiet der Beklagten beschlossen, das vom 26.05.2008 bis zum 28.11.2008 im Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft A-Stadt (Altmark) ausgelegt wurde.

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Nachdem es zwischen der Klägerin und der Beklagten zum Streit über die Frage gekommen war, ob es sich bei dem über ihre Grundstücke führenden Weg um eine öffentlichen Straße handele, erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Antrag, festzustellen, dass der Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt, soweit er über die ihr gehörenden Grundstücke 2/23 und 22/7 verlaufe, keine öffentliche Straße sei.

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Mit Urteil vom 18.02.2016 – 2 A 63/14 MD – wies das Verwaltungsgericht die Klage ab und führte zur Begründung aus, bei den streitgegenständlichen Grundstücken 2/23 und 22/7 handele es sich um öffentliche Verkehrsflächen i.S.d. Vorschriften des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (StrG LSA). Es bestehe gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA die Vermutung, dass insoweit die Widmung vollzogen sei, da der Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt in das Straßenbestandsverzeichnis des Beklagten eingetragen sei. Bei dem über die Grundstücke 2/23 und 22/7 verlaufenden Weg handele es sich um eine Gemeindestraße i.S.d. § 51 Abs. 3 StrG LSA. Nach dieser Vorschrift seien die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen solche i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA. Hierzu zählten auch öffentliche kommunale Straßen i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über das Straßenwesen (StrVO 1957) vom 18.07.1957 (GBl.-DDR I S. 377). Hiernach seien kommunale Straßen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d StrVO 1957 öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen worden sei. Die Öffentlichkeit der kommunalen Straßen sei demnach von dem tatsächlichen Vorgang des allgemeinen Verkehrs und dessen Duldung durch den Rechtsträger oder Eigentümer des Straßenlandes abhängig gewesen. Entscheidend für die Einstufung als öffentliche Straße nach der StrVO 1957 sei die zugelassene, gebilligte oder geduldete tatsächliche Nutzung der Straße für den öffentlichen Verkehr bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am Tag der Verkündung, dem 31.07.1957. Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, ob die Grundstücke 2/23 und 22/7 am 31.07.1957 tatsächlich als öffentliche Verkehrsfläche genutzt worden seien, könnten sich aus der Ausübung der Wegeaufsicht, Eintragungen in Karten, Plänen und Katastern, der Beschaffenheit und der Funktion der Wegeflächen sowie den Aussagen von Zeugen ergeben. Ausgehend davon seien die streitigen Grundstücke 2/23 und 22/7 (teilweise) öffentliche Verkehrsflächen im oben genannten Sinne. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, zu DDR-Zeiten habe kein Weg über ihre Grundstücke geführt, könne das Gericht dem nicht folgen. Es stehe vielmehr zu seiner Überzeugung fest, dass der Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt auch zu DDR-Zeiten auf den Flurstücken 2/23 und 22/7 als unbefestigter Weg existiert habe. Dies ergebe sich aus den von der Beklagten vorgelegten Grundbuchauszügen, wonach das Grundstück 2/23 im Grundbuch des Jahres 1947 mit der Nutzungsart "Weg" eingetragen gewesen sei. Das Vorhandensein des Weges über das Grundstück 2/23 folge auch aus der Karte, die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgelegt habe. Auch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen habe in seinem Bescheid vom 11.11.2015 festgestellt, dass der streitgegenständliche Weg in einem DDR-Autoatlas als Verbindungsstraße/sonstige Straße verzeichnet gewesen sei. Auch die Angaben der von der Beklagten befragten früheren Einwohner der Ortschaft A-Stadt bzw. des Gehrhofs sprächen für das Vorhandensein dieses Weges. Herr (G.) habe ausgeführt, er sei erst seit 1968 in A-Stadt wohnhaft. In dieser Zeit sei die Brücke über die Biese von russischen Panzern zerstört worden. Für die Zeit von 1968 könne er nicht viel sagen. Herr (T.) habe bis 1933 auf dem Gehrhof gelebt. Er sei 1922 geboren und wisse aus einem Gespräch heraus, dass der Weg um 1900 um die Scheune des Gehrhofs herum geführt habe. Zu Zeiten, als Herr (S.) Eigentümer gewesen sei, habe der Weg dann über den Gehrhof geführt, da der Weg um die Scheunen herum zu mühevoll gewesen sei. Er könne nicht genau sagen, wann man nicht mehr über den Gehrhof habe fahren dürfen. 1965 bis 1979 sei außen um den Hof herum gefahren worden. Diesen Angaben lasse sich entnehmen, dass der streitgegenständliche Weg auch bereits vor 1945 existiert habe. Schließlich lasse sich den Aussagen von Herrn (K. S.) entnehmen, dass eine Besiedelung mit 15 bis 20 Parteien zwischen F-Stadt und A-Stadt erfolgt sei. Der Weg sei von Siedlern benutzt worden sowie von Radfahrern und Kraftfahrzeugen. Später sei der Weg vorrangig von Russen benutzt worden, die dann die Brücke zerstört hätten. Dies korrespondiere mit den Angaben des Herrn (G.), wonach die Brücke erst nach 1968 zerstört worden sein könne. Ausweislich der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung sei die Besiedlung durch Neusiedler zwischen F-Stadt und A-Stadt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1953 erfolgt. Nach den unwidersprochenen Angaben des Herrn (K. S.) sei der Weg von diesen Siedlern benutzt worden, was zur Überzeugung des Gerichts dazu führe, dass dieser Weg mindestens ab 1947 (Eintragung im Grundbuch) existiert habe und im maßgeblichen Zeitpunkt (31.07.1957) auch vom öffentlichen Verkehr benutzt worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die ausgeführt habe, dass es sich zu DDR-Zeiten lediglich um einen Arbeitsweg für Scheunen gehandelt habe, welcher zum Hof gehört habe. Die Klägerin wisse dies nicht aus eigener Anschauung, sondern aus Erzählungen ihres Opas. Mithin handele es sich um Hörensagen. Ihr sei es nicht gelungen, die Vermutung aus § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA zu widerlegen. Denn ihrer Behauptung, der fragliche Weg habe auf den genannten Grundstücken 2/23 und 22/7 zu DDR-Zeiten gar nicht existiert, könne das Gericht nicht folgen. Nachweise dafür habe sie nicht erbracht. Insbesondere lasse sich aus dem von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Foto aus dem Jahr 1978 nicht entnehmen, dass der Weg im Bereich der genannten Grundstücke nicht vorhanden gewesen sei. Derartiges sei bei Inaugenscheinnahme dieses Fotos nicht feststellbar.

II.

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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

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1. Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –, juris RdNr. 15). Das ist vorliegend nicht der Fall.

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a) Das Antragsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet. Die Gründe, aus denen heraus bei einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen, können sich zwar auch aus einer unzureichenden Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ergeben. Die Beweiswürdigung ist dem materiellen Recht zuzuordnen und kann deshalb im Rahmen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gerügt werden. Als Teil der freien Beweiswürdigung obliegt die Bewertung der erhobenen Beweise originär dem Verwaltungsgericht. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es darf bei seiner Überzeugungsbildung allerdings nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Bei Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung als tatsächliche Grundlage eines Urteiles ist von einer schlüssigen Gegenargumentation daher dann auszugehen, wenn gute Gründe dafür aufgezeigt werden, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung mit Blick auf eine entscheidungserhebliche Tatsache von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder wenn die vom Erstrichter vorgenommene Sachverhaltswürdigung im Lichte der Begründung des Zulassungsantrags fragwürdig erscheint, weil die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft ist, insbesondere bei Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 28.02.2012 – 1 L 159/11 –, juris RdNr. 5 m.w.N.). Allein die Möglichkeit, dass das Oberverwaltungsgericht die Sachlage nach einer eigenen Beweisaufnahme anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgerichts, reicht für die Annahme ernstlicher Zweifel hingegen nicht aus (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 09.12.2016 – 3 A 666/16 –, juris RdNr. 6).

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Gemessen daran begründen die Einwände der Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

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Zu Unrecht meint die Klägerin, entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts könne der streitgegenständliche Weg nicht als Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt gedient haben, wenn die über die Biese führende Brücke im Jahr 1968 zerstört und bis zur Wende nicht wieder errichtet worden sei. Hierbei übersieht sie, dass das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Weg mindestens ab 1947 existiert habe und im maßgeblichen Zeitpunkt – am 31.07.1957 – öffentlich genutzt worden sei. Diesen Feststellungen steht eine Zerstörung der Brücke im Jahr 1968 – denklogisch – nicht entgegen. Fragwürdig wären die Feststellungen des Verwaltungsgerichts allenfalls dann, wenn die Brücke, wie die Klägerin behauptet, bereits im Zweiten Weltkrieg zerstört worden wäre. Das hat das Verwaltungsgericht jedoch nicht angenommen. Vielmehr geht das Gericht – gestützt auf die Aussage des Zeugen (G.) – erkennbar davon aus, dass die Brücke erst im Jahr 1968 zerstört wurde. Etwas anderes ergibt sich weder aus der von der Klägerin als Anlage K 2 vorgelegten Luftaufnahme des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation vom 14.08.2013 (GA Bl. 234) noch aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Protokoll des Gesprächs mit dem Zeugen (K. S.) vom 23.05.2013 (GA Bl. 235 – 236).

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Auch die Aussage des Zeugen (T.) steht den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen, soweit dieser angegeben hat, in der Zeit von 1965 bis 1979 habe man außen um den Hof herumfahren müssen. Soweit die Klägerin gegen diese Aussage einwendet, sie sei für den Zeitraum ab 1933 nicht nachvollziehbar, da der Zeuge nur bis 1933 auf dem Gehrhof gelebt habe und ein Umfahren des Gehrhofes seit 1945 ausscheide, da es seit der Zerstörung der Brücke ausgeschlossen sei, dass der streitgegenständliche Weg als Verbindungsstraße gedient habe, wendet sie sich gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen (T.), nicht aber gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Die maßgeblichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, beruhen nicht entscheidend auf dessen Aussage, sondern in erster Linie auf den Angaben des Zeugen (K. S.). Soweit die Klägerin die Würdigung des Verwaltungsgerichts angreift, aus den Angaben des Zeugen (T.) lasse sich entnehmen, dass der streitgegenständliche Weg auch bereits vor 1945 existiert habe, verkennt sie, dass diese Schlussfolgerung auf dessen Aussage beruht, er wisse aus einem Gespräch, dass der Weg um 1900 um die Scheunen des Gehrhofs herum geführt habe. Die Klägerin unterstellt dem Verwaltungsgericht zu Unrecht, das Gericht habe dies – logischen Grundsätzen widersprechend – aus der Aussage des Zeugen (T.) entnommen, 1965 bis 1979 sei außen um den Hof herum gefahren worden. Das trifft ersichtlich nicht zu. Soweit die Klägerin darüber hinaus gegen die Würdigung der Aussage des Zeugen (T.) einwendet, aus der Aussage, dass man in der Zeit von 1965 bis 1979 habe um den Hof herum fahren müssen, könne allenfalls entnommen werden, dass man zuvor quer durch den Hof gefahren sei und nicht außen herum, wenn sich aus dieser Aussage nicht sogar Rückschlüsse für den Zeitraum davor verbieten, auch stamme diese Aussage von einem Zeugen, der den Hof 1933 verlassen habe, stellt auch dies die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage. Denn die maßgeblichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, beruht, wie bereits ausgeführt, nicht entscheidend auf der Aussage des Zeugen (T.), sondern in erster Linie auf der des Zeugen (K. S.). Aus diesem Grund wird die Beweiswürdigung auch nicht durch die Behauptung der Klägerin in Frage gestellt, die Aussage des Zeugen (T.) befinde sich im Widerspruch zu der Aussage des Zeugen (G.), zumal sie nicht näher darlegt, worin dieser Widerspruch bestehen soll.

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Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wird auch nicht deshalb fragwürdig, weil die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht habe die Aussage des Zeugen (T.), der erst 1922 geboren sei, als eigene Wahrnehmung gewürdigt, soweit dieser angegeben habe, der Weg habe 1900 um die Scheune des Gehrhofs herum geführt, während es ihre eigene Aussage, ihr Großvater habe ihr erzählt, dass es lediglich zu DDR-Zeiten einen Weg um die Scheune gegeben habe, der jedoch zum Gehrhof gehört habe und bei dem es sich um einen Arbeitsweg gehandelt habe, als unergiebig gewertet habe, da es sich um Hörensagen handele. Auch insoweit verkennt die Klägerin, dass das Verwaltungsgericht die maßgeblichen Feststellungen, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, nicht entscheidend auf die Aussage des Zeugen (T.) stützt, sondern in erster Linie auf die des Zeugen (K. S.).

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Ohne Erfolg bemängelt die Klägerin weiterhin, es habe keine übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung über die Besiedlung durch neue Siedler zwischen F-Stadt und A-Stadt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1953 gegeben, abgesehen davon, dass diese Aussagen ebenfalls nur "Hörensagen" seien, so dass unerfindlich sei, wieso das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auch darauf gründe. Insoweit versäumt es die Klägerin, näher darzulegen, welche unterschiedlichen Angaben die Beteiligten insoweit in der mündlichen Verhandlung gemacht haben sollen. Zudem ist es unschädlich, wenn das Verwaltungsgericht seine maßgeblichen Feststellungen, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, zusätzlich zu den angegebenen Beweismitteln auch auf die Angaben der Beteiligten stützt, selbst wenn es sich hierbei nur um "Hörensagen" handeln sollte.

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Der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts steht – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht entgegen, dass aus den protokollierten Aussagen der Zeugen zu schließen sei, dass der Weg mindestens seit 1968 nicht mehr von beiden Seiten offen gewesen sei, da die Brücke über die Biese zerstört worden sei, woraus auch folge, dass die Sackgasse ausschließlich durch die Eigentümer genutzt worden sei. Eine Zerstörung der Brücke im Jahr 1968 steht den das Urteil tragenden Feststellungen, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt (31.07.1957) öffentlich genutzt worden, nicht entgegen. Dass die Brücke, wie die Klägerin vorträgt, bereits seit dem Zweiten Weltkrieg zerstört gewesen sei, hat das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt.

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b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht keine Zeugenvernehmung durchgeführt hat. Die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht hätte sich nicht mit den protokollierten Aussagen der Zeugen (G.), (T.) und (K. S.) begnügen dürfen, sondern hätte, um sich ein Bild über die Glaubhaftigkeit der Aussagen und die Glaubwürdigkeit der Personen zu machen, diese in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernehmen müssen. Damit macht sie Verfahrensmängel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend, und zwar einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung (§ 96 Abs. 1 VwGO) und die Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Derartige Verfahrensmängel liegen nicht vor.

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aa) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhebt das Gericht Beweis in der mündlichen Verhandlung. Die Vorschrift regelt die Art und Weise der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung. Sie erfordert nach ihrem Wortlaut zunächst, dass diejenigen Richter, die über einen Rechtsstreit entscheiden, regelmäßig auch die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung durchführen, um ihre Entscheidung auf den unmittelbaren Eindruck der Beweisaufnahme stützen zu können (formelle Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme). Nach ihrem Sinn lassen sich ihr jedoch auch Maßstäbe für die Auswahl zwischen mehreren zur Verfügung stehenden Beweismitteln entnehmen (materielle Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme). § 96 Abs. 1 VwGO soll sicherstellen, dass das Gericht seiner Entscheidung das in der jeweiligen prozessualen Situation geeignete und erforderliche Beweismittel zu Grunde legt, um dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dem Gebot des fairen Verfahrens und insbesondere dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf Beweisteilhabe gerecht zu werden. Dagegen lässt sich dem Grundsatz der materiellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht ein abstrakter Vorrang bestimmter – etwa unmittelbarer oder "sachnäherer" – Beweismittel vor anderen – mittelbaren oder weniger "sachnahen" – entnehmen. Vielmehr hängt es von der jeweiligen prozessualen Situation ab, ob ein mittelbares Beweismittel wie die Verlesung eines Vernehmungsprotokolls ausreicht oder ob das unmittelbare Beweismittel (erneute oder erstmalige gerichtliche Vernehmung des Zeugen) zu nutzen ist. Die Sachaufklärung soll in einer Art und Weise durchgeführt werden, die zu einer vollständigen und zutreffenden tatsächlichen Entscheidungsgrundlage führt und es zugleich jedem Verfahrensbeteiligten ermöglicht, auf die Ermittlung des Sachverhalts Einfluss zu nehmen. Das Recht eines Verfahrensbeteiligten, im Rahmen eines geordneten Verfahrens an der Sachaufklärung durch das Gericht teilzuhaben, ist unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) geboten, insbesondere wenn aus den vom Gericht ermittelten Tatsachen nachteilige Folgen für diesen Verfahrensbeteiligten gezogen werden können. Ihm muss deshalb die Möglichkeit eingeräumt sein, an der Erhebung von Beweisen mitzuwirken, um sich ein eigenes Bild von den Beweismitteln machen zu können, sein Fragerecht auszuüben und durch eigene Anträge der Beweiserhebung ggf. eine andere Richtung zu geben. Aus dem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) folgt darüber hinaus, dass der Verfahrensbeteiligte hinreichend Gelegenheit haben muss, sich mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme auf der Grundlage eines eigenen unmittelbaren Eindrucks auseinanderzusetzen und ggf. dazu Stellung zu nehmen. Es ist jedoch grundsätzlich nicht stets ausgeschlossen, Protokolle behördlicher Vernehmungen als Urkundsbeweis zu verwenden; dabei müssen allerdings die Grenzen dieses Beweismittels berücksichtigt werden. Denn die Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren ist nicht in gleicher Weise mit rechtlichen Garantien ausgestattet wie eine Beweisaufnahme im gerichtlichen Verfahren. Auch steht auf Grund einer Verwendung von Vernehmungsprotokollen als Urkundsbeweis nur fest, dass der Zeuge die protokollierte Aussage gemacht hat, nicht aber, ob sie inhaltlich richtig ist; dies ist vielmehr eine Frage der Beweiswürdigung. Denn Grundlage der Wahrheitsfindung ist in einem solchen Fall nur die Urkunde und nicht der Eindruck der behördlichen Verhörsperson von der Glaubwürdigkeit des Vernommenen. Aussagen zur Glaubhaftigkeit der Aussage oder – erst recht – zur Glaubwürdigkeit der außergerichtlich vernommenen Zeugen bedürfen daher einer zusätzlichen Grundlage und sind häufig kaum begründbar. Demgegenüber verbietet § 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine Entscheidung des Gerichts allein auf Grund des Inhalts von Vernehmungsprotokollen, wenn einem Beteiligten nicht die Möglichkeit eröffnet war, an den Vernehmungen teilzunehmen und Fragen zu stellen, und wenn dieser Beteiligte begründet die Vernehmung der – erreichbaren – Zeugen verlangt. Es verstößt daher gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wenn ohne allseitiges Einverständnis tatsächliche Feststellungen ohne erneute Prüfung durch das Gericht auf eine bloße schriftliche Wiedergabe der Erklärungen von Personen gestützt werden, die als Zeugen hätten vernommen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.07.2011 – BVerwG 2 C 28.10 –, juris RdNr. 16 ff. m.w.N.).

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Nach diesen Grundsätzen bedurfte es im vorliegenden Fall keiner weiteren Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen (G.), (T.) und (K. S.). Es sind keine Umstände ersichtlich, die eine Vernehmung der Zeugen in der mündlichen Verhandlung als erforderlich erscheinen lassen. Entscheidungserheblich ist die tatsächliche Nutzung des streitgegenständlichen Weges am Stichtag 31.07.1957. Die maßgebliche Feststellung, der Weg sei zu diesem Zeitpunkt vom öffentlichen Verkehr benutzt worden, stützt das Verwaltungsgericht auf eine Mehrzahl von Indizien, insbesondere auf die im Grundbuch eingetragene Nutzungsart des Grundstücks, die Eintragung des Weges in einer im Jahr 1956 vom Kreis A-Stadt herausgegebenen Karte sowie auf die protokollierten Aussagen der Zeugen (G.), (T.) und (K. S.). Die ergänzende Einvernahme der Zeugen (G.) und (T.) in der mündlichen Verhandlung war bereits deshalb nicht erforderlich, weil sie zu der tatsächlichen Nutzung des Weges am Stichtag keine Angaben aus eigener Wahrnehmung machen konnten und damit unergiebig waren. Auch eine Vernehmung des Zeugen (K. S.) in der mündlichen Verhandlung war nicht notwendig, weil keine Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit seiner Aussage oder Glaubwürdigkeit seiner Person vorliegen, das Gericht die maßgebliche Feststellung zusätzlich auf weitere Indizien gestützt hat und der Kläger einer Verwendung des Gesprächsprotokolls im gerichtlichen Verfahren nicht widersprochen hat.

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bb) Das Verwaltungsgericht hat durch die Beschränkung auf die protokollierten Aussagen anstelle einer (erstmaligen) gerichtlichen Vernehmung der Zeugen auch nicht gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Während § 96 Abs. 1 VwGO das gerichtliche Ermessen bei der Auswahl zwischen mehreren zur Verfügung stehenden Beweismitteln sowie bei der Art und Weise der Beweisaufnahme einschränkt, regelt § 86 Abs. 1 VwGO die Erforderlichkeit und die gebotene Intensität der Beweisaufnahme. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Gericht, alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Aufklärungsmöglichkeiten bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu nutzen; dies schließt eine Bindung an die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ermittelten tatsächlichen Feststellungen grundsätzlich aus. Das Gericht muss daher alle Aufklärungsbemühungen unternehmen, auf die die Beteiligten – insbesondere durch begründete Beweisanträge – hinwirken oder die sich hiervon unabhängig aufdrängen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt. Denn in einem solchen Fall ist das Gericht gehindert, seine Entscheidung unter Übergehung der Einwände auf das angegriffene Beweisergebnis zu stützen. Hiervon unabhängig gebietet auch die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), dass das zur Amtsaufklärung verpflichtete Gericht sich nicht mit den von einem Beteiligten angebotenen Behauptungen oder Beweisen begnügt, sondern seine Entscheidung auf vollständiger und richtiger Tatsachengrundlage trifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.07.2011 – BVerwG 2 C 28.10 –, a.a.O. RdNr. 24 ff. m.w.N.).

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Nach diesen Grundsätzen musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht die Notwendigkeit einer Zeugenvernehmung anstelle der bloßen Verwendung der protokollierten Aussagen aufdrängen. Das Verwaltungsgericht hat die maßgebliche Feststellung auf eine Mehrzahl von Indizien gestützt. Die Aussagen der Zeugen (G.) und (T.) waren unergiebig. Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit der Aussage oder Glaubwürdigkeit der Person des Zeugen (K. S.) sind nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund konnte das Verwaltungsgericht von einer Vernehmung des Zeugen (K. S.) in der mündlichen Verhandlung absehen, da hierdurch ein wesentlicher Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

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cc) Auf den weiteren Einwand der Klägerin, etwaiges Kartenmaterial könne einen Zeugenbeweis nicht ersetzen, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Feststellung der tatsächlichen Nutzung des Wegs am Stichtag auch auf die von der Beklagten vorgelegte Karte gestützt hat, stimmt im Übrigen mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt überein (vgl. Urt. v. 23.11.2011 – 3 L 32/09 –, juris RdNr. 28) und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

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c) Entgegen der Ansicht der Klägerin verletzt der Verzicht des Verwaltungsgerichts auf eine Zeugenvernehmung auch nicht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die von den Fachgerichten zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2007 – 1 BvR 1086/07 –, juris RdNr. 16). Der Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs wird verletzt, wenn das Gericht Zeugen nicht anhört, die von der Partei zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussagen vernommener Zeugen bzw. zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen benannt worden sind (vgl. BerlVerfGH, Beschl. v. 16.12.2015 – VerfGH 116/15 –, juris RdNr. 19). Diese Grundsätze sind im vorliegenden Fall nicht verletzt, weil die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht weder Zeugen benannt noch Beweisanträge gestellt hat.

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d) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil der Einzelrichter – wie die Klägerin geltend macht – in der mündlichen Verhandlung wörtlich erklärt habe, die Aussagen der von der Beklagten benannten Personen, die eine öffentliche Nutzung des Weges angeblich bestätigen sollten, würden nicht überzeugen und seien inhaltlich widersprüchlich. Insbesondere liegt selbst dann, wenn der Einzelrichter dies in der mündlichen Verhandlung tatsächlich so ausgeführt haben sollte, keine verbotene Überraschungsentscheidung vor. Eine verbotene Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen Sachverhalt oder ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.08.2017 – 2 BvR 3068/14 –, juris RdNr. 51). Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin musste, auch nach einer gegenteiligen Äußerung des Einzelrichters in der mündlichen Verhandlung, damit rechnen, dass sich das Gericht auf die protokollierte Aussage des Zeugen (K. S.) stützt, da keine Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit der Aussage oder Glaubwürdigkeit der Person des Zeugen (K. S.) vorliegen. Auch Widersprüche dieser Aussage zu den Angaben der anderen Zeugen sind weder von der Klägerin dargelegt noch sonst ersichtlich.

23

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Gericht auch nicht den Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt, indem es eine öffentliche Verhandlung durchführt, dort aber keine Zeugen vernommen hat, die es dann später aber als Zeugen verwertet. Eine Verhandlung ist in dem von § 55 VwGO i.V.m. § 169 Satz 1 GVG geforderten Sinne "öffentlich", wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der Verhandlung grundsätzlich jedermann zugänglich sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2012 – BVerwG 4 B 11.12 –, juris RdNr. 3). Anhaltspunkte dafür, dass diesen Anforderungen nicht genügt wurde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

24

f) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deswegen vor, weil das Verwaltungsgericht nicht ermittelt hat, ob zum Zeitpunkt der Eintragung des Weges in das Bestandsverzeichnis eine öffentliche Nutzung vorlag. Bei dem Weg handelt es sich um eine öffentliche Gemeindestraße i.S.d. § 51 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA, wenn dort bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am 31.07.1957 ein allgemeine Verkehr tatsächlich stattfand (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 10.11.1997 – A 4 S 241/97 –, juris RdNr. 10, ständige Rechtsprechung). Dies hat das Verwaltungsgericht festgestellt. Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Eintragung des Weges in das Bestandsverzeichnis eine öffentliche Nutzung vorlag, kam es demgegenüber für die hier beantragte Feststellung nicht entscheidungserheblich an.

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g) Zu Unrecht meint die Klägerin, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergäben sich daraus, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft angenommen habe, der streitgegenständliche Weg sei rechtmäßig in das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen worden. Die Eintragung einer Straße in das Straßenbestandsverzeichnis bewirkt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA lediglich die Vermutung, dass die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Zustimmung erteilt und die Widmung vollzogen ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden (vgl. OVG LSA, Urt. v. 23.11.2011 – 3 L 32/09 –, a.a.O. RdNr. 22). Die Vorschrift enthält mithin lediglich eine Widmungsvermutung, keine Widmungsfiktion (missverständlich: Beschl. d. Senats v. 21.08.2014 – 2 L 54/13 –, juris RdNr. 14). In dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht angenommen, die Eintragung des Verbindungsweges zwischen F-Stadt und A-Stadt in das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten sei bestandskräftig und nicht nichtig. Darüber hinaus sei die hieraus folgende Vermutung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA von der Klägerin nicht widerlegt worden. Dies ist jedoch letztlich nicht entscheidungstragend, denn das Verwaltungsgericht hat unabhängig hiervon die Überzeugung gewonnen, dass der Weg mindestens ab 1947 existiert habe und im maßgeblichen Zeitpunkt (31.07.1957) auch vom öffentlichen Verkehr benutzt worden sei. Auf die Frage, ob der Weg zu Recht in das Bestandsverzeichnis der Beklagten eingetragen wurde (vgl. hierzu Beschl. d. Senats v. 21.08.2014 – 2 L 54/13 –, a.a.O. RdNr. 14), kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich an.

26

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04.11.2016 – 3 L 162/16 –, juris RdNr. 75). Im Hinblick auf die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04.11.2016 – 3 L 162/16 –, a.a.O.). Nur wenn sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteiles ergibt, dass eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, genügt ein Antragsteller der ihm gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungslast bereits mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteiles (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –, a.a.O. RdNr. 17).

27

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen in der Antragsbegründungsschrift zum Vorliegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nicht gerecht. Die Antragsbegründungsschrift legt nicht einmal ansatzweise dar, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und damit signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Widmungsfiktion überhaupt noch eintreten könne, wenn der streitgegenständliche Weg jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden sei, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Es ist bereits unklar, was die Klägerin mit "Widmungsfiktion" meint, zumal die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA, die womöglich den Hintergrund der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage bildet, keine Widmungsfiktion enthält. Für die im vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche Frage, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Weg um eine öffentliche Gemeindestraße i.S.d. § 51 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA handelt, kommt es allein darauf an, ob dort bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am 31.07.1957 ein allgemeiner Verkehr tatsächlich stattfand. Die Frage, ob der Weg "jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden ist", ist hierfür ohne Belang.

28

3. Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in Betracht. Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 13.08.2008 – 2 L 12/08 –, juris RdNr. 11). Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – BVerwG 5 B 99.05 –, juris RdNr. 3).

29

Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage:

30

"Kann eine Widmungsfiktion noch eintreten, obwohl ein Weg zuvor jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden ist?"

31

stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Abgesehen davon, dass unklar ist, was die Klägerin mit "Widmungsfiktion" und "zuvor" genau meint, kommt es im vorliegenden Verfahren – wie bereits ausgeführt – allein darauf an, ob auf dem streitgegenständlichen Weg bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am 31.07.1957 ein allgemeiner Verkehr tatsächlich stattfand. Ob der Weg "zuvor" "jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden ist", ist hierfür unerheblich. Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Senats bezieht, wonach im gerichtlichen Verfahren zu prüfen sei, ob die Straße im Zeitpunkt der Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis öffentlich (nicht: öffentlich genutzt) war (vgl. Beschl. d. Senats v. 21.08.2014 – 2 L 54/13 –, a.a.O. RdNr. 14), verkennt sie, dass sich diese Rechtsprechung auf die Rechtmäßigkeit einer Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis bezieht, während die vorliegende Rechtssache die Feststellung der Öffentlichkeit eines Weges betrifft.

32

4. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der geltend gemachten Abweichung von dem Beschluss des Senats vom 21.08.2014 – 2 L 54/13 – zuzulassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 13.07.2006 – 2 L 570/04 –, juris RdNr. 3 m.w.N.) muss bei diesem Zulassungsgrund dargelegt werden, dass das Verwaltungsgericht einen abstrakten, aber inhaltlich bestimmten, seine Entscheidung tragenden Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet hat oder sich aus der Entscheidung eindeutig ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat. Der aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewonnene, hinreichend bezeichnete Rechtssatz ist sodann einem anderen eindeutig gegenüberzustellen, der aus einer konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist. Eine angeblich nur unrichtige Anwendung eines in der Rechtsprechung im Instanzenzug entwickelten und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den Einzelfall stellt keine Abweichung im Sinne des Zulassungsrechts dar. Bei der Divergenzzulassung steht der Gesichtspunkt der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsanwendungsgleichheit im Vordergrund.

33

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Soweit sie geltend macht, weder habe das Verwaltungsgericht überprüft, ob zum Zeitpunkt der Eintragung des Weges in das Bestandsverzeichnis dieser öffentlich benutzt worden sei, noch habe die Beklagte bewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt eine öffentliche Nutzung stattfand, bezeichnet sie keinen abstrakten Rechtssatz, von dem das Verwaltungsgericht ausgegangen ist und der von einem anderen, in einer Entscheidung im Instanzenzug gebildeten Rechtssatz abweicht. Im Übrigen verkennt sie, dass sich der Beschluss des Senats vom 21.08.2014 – 2 L 54/13 – auf die Rechtmäßigkeit einer Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis bezieht, während die vorliegende Rechtssache die Feststellung der Öffentlichkeit eines Weges auf der Grundlage des § 51 Abs. 3 StrG LSA betrifft.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.


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Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 15. Sept. 2017 - 2 L 23/16 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 96


(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen. (2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 169


(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihre

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 55


§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

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Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

1. Das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. Oktober 2014 - 5 U 732/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Damit wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21. November 2014 - 5 U 732/14 - gegenstandslos. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Koblenz zurückverwiesen.

2. Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Arzthaftungsprozess. Der Beschwerdeführer (Augenarzt und Beklagter im Ausgangsverfahren) wendet sich gegen die abweichende Würdigung seiner in erster Instanz erfolgten Parteianhörung durch das Berufungsgericht ohne erneute Anhörung.

I.

2

1. Der Kläger im Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Koblenz (1 O 53/14) litt unter Kurzsichtigkeit. Zu deren Korrektur ließ er am 12. September 2007 durch den Beschwerdeführer beidseitig eine LASIK-Operation (Laser-in-situ-Kerato-mileusis) durchführen, wobei es sich um eine Methode innerhalb der refraktiven Chirurgie handelt.

3

Der Kläger hatte sich zum Zwecke dieser Behandlung erstmals am 14. August 2007 in der augenärztlichen Praxis des Beschwerdeführers vorgestellt. Bei diesem Termin wurden erste Untersuchungen und eine Anamnese durchgeführt. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Ausgangsprozess sei der anstehende Eingriff hier bereits ausführlich erörtert und dabei auch angesprochen worden, dass das Risiko einer nicht mehr behebbaren Sehverschlechterung und im Extremfall der Erblindung bestehe. Der Beschwerdeführer trug weiter vor, dass dem Kläger an diesem Tag zudem ein umfangreicher schriftlicher Aufklärungsbogen ausgehändigt worden sei, in welchem dieses Risiko ebenfalls aufgeführt sei.

4

Am 12. September 2007 befand sich der Kläger zur Durchführung der Operation in der Praxis des Beschwerdeführers. Unter dem 12. September 2007 unterzeichnete der Kläger auch ein Formular zur Dokumentation eines Aufklärungsgesprächs, in welchem unter anderem angekreuzt ist, dass der Kläger einen Aufklärungsbogen gelesen und verstanden habe. Der Beklagte fügte - ergänzend zu einem vorgedruckten Vermerk, dass mögliche Komplikationen und risikoerhöhende Besonderheiten des Eingriffs erörtert worden seien - handschriftlich hinzu, dass "Entzündungs-Zeichen, Relasik-Möglichkeiten" besprochen worden seien und "keine Garantie für Sehleistungen ohne Brille" gegeben werde.

5

Der Kläger hat im Verlauf des Prozesses zwar eingeräumt, dass sich auf diesem Formular seine Unterschrift befinde, aber durchgängig bestritten, dass er den Aufklärungsbogen erhalten habe.

6

Alsbald nach der LASIK-Operation kam es bei dem Kläger zu einer inneren Hornhautentzündung und in deren Folge zu einer Verminderung der Sehkraft auf etwa 50 %. In einem Ende 2008 durchgeführten Schlichtungsverfahren kam der beauftragte Gutachter zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten kein Behandlungsfehler vorgeworfen werden könne.

7

2. Der Kläger nahm den Beschwerdeführer mit Feststellungsklage vom 28. November 2013 vor dem Landgericht dem Grunde nach auf Schadensersatz für alle Schäden in Anspruch, welche durch die Operation verursacht wurden, insbesondere für die Verschlechterung der Sehkraft. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer für diese Folgen einzustehen habe, weil die gebotene Risikoaufklärung unterblieben sei. Nach seinem Vortrag hätte er sich - jedenfalls nicht ohne die Einholung zusätzlicher Expertisen - nicht operieren lassen, wenn die Risikoaufklärung ordnungsgemäß erfolgt wäre. Seine Einwilligung in die Operation sei daher unwirksam, und der Beschwerdeführer habe ihm Schadensersatz wegen rechtswidriger Behandlung zu leisten.

8

Der Kläger führte in seiner Klagebegründung aus, dass er vor der Operation von dem Beschwerdeführer mit keinem Wort darüber aufgeklärt worden sei, dass der geplante LASIK-Eingriff auch zu einer Verschlechterung der Sehfähigkeit führen könne. Die Aufklärung habe während der vom Beschwerdeführer durchgeführten Untersuchung stattgefunden. Das Risiko des Misslingens oder einer Verschlechterung der Sehkraft habe der Beschwerdeführer nicht einmal andeutungsweise erwähnt. Dieser habe im Gegenteil geäußert, dass man durch die LASIK-Operation "jedenfalls 100 % rausholen könne", womit er im Gesprächszusammenhang zweifelsfrei habe zum Ausdruck bringen wollen, dass der Eingriff mit Gewissheit eine hundertprozentige Sehfähigkeit bewirken werde. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer ihn während der Voruntersuchung auch nicht ordnungsgemäß aufklären können. Denn es sei eine Pupillenerweiterung durchgeführt worden, die dazu führe, dass die Pupille unbeeinflussbar vergrößert und die Netzhaut überaus unangenehmen Lichtblendungen ausgesetzt werde. Unter diesen Umständen habe ein Aufklärungsgespräch nicht stattfinden dürfen.

9

3. Der Beschwerdeführer hat Klageabweisung beantragt und in seiner Klageerwiderung vorgetragen, dass er den Kläger besonders ausführlich mündlich über Chancen und Risiken aufgeklärt habe, da dieser im Anamnesebogen die Frage, ob er schon einmal über Chancen und Risiken einer refraktiven Chirurgie beraten worden sei, mit "Nein" beantwortet habe. Dabei habe er auch darauf hingewiesen, dass es selbst bei einem lege artis ausgeführten Eingriff zu einer Verschlechterung der Sehfähigkeit kommen könne. Sämtliche in dem Informationsblatt über die Laserbehandlung dargestellten Risiken und mögliche Komplikationen seien im mündlichen Aufklärungsgespräch zwischen den Parteien erörtert worden. Der Kläger habe Gelegenheit gehabt, alle noch offenen Fragen mit ihm zu erörtern. Er habe dem Kläger zudem einen Aufklärungsbogen ausgehändigt, aus dem das Risiko einer Verminderung der Sehkraft hervorgegangen sei. Zum Beweis für die vorgetragenen Tatsachen bot der Beschwerdeführer seine Parteivernehmung an.

10

4. Das Landgericht hat in Kammerbesetzung am 3. April 2014 in mündlicher Verhandlung zunächst Beweis erhoben durch Vernehmung des Beschwerdeführers als Partei. Dabei äußerte sich der Beschwerdeführer wie folgt:

Ich kann mich sehr genau an den Fall des Klägers erinnern. Dies deshalb, weil Komplikationen aufgetreten sind. Es ist so, dass wir vor einem derartigen Eingriff vier Wochen zuvor eine ausführliche Voruntersuchung durchführen. Im Anschluss an diese Voruntersuchung wird dem Patienten ein Aufklärungsbogen überreicht. Diese Untersuchung dauert etwa zwei Stunden. Während dieser Zeit sehe ich den Patienten mehrfach, nämlich insgesamt drei Mal und weise ihn dabei darauf hin, ob eine Indikation zur Durchführung der LASIK-Operation besteht. Den Aufklärungsbogen hat der Kläger natürlich erhalten. Überreicht wurde der Aufklärungsbogen, der als Anlage B 2 zur Gerichtsakte gereicht worden ist.

11

Anschließend hörte das Landgericht den Beschwerdeführer lediglich weiter als Partei an, und ausweislich des Protokolls führte dieser noch aus:

Im Rahmen des Aufklärungsgespräches bei der Voruntersuchung werden auch die Risiken des beabsichtigten Eingriffs mit dem Patienten besprochen. Es werden insbesondere die am häufigsten vorkommenden Komplikationen wie Entzündungen, Über-Unterkorrektur und Narbenbildung, besprochen. Im Rahmen dieser Voruntersuchung erhält der Patient die schriftlichen Aufklärungsunterlagen auch bereits ausgehändigt, damit er sich zwischen den Treffen mit mir bereits damit befassen kann. Diese nimmt er auch mit nach Hause. Vor der Verabschiedung des Patienten erkundige ich mich ausdrücklich noch nach Unsicherheiten. Wenn ein Patient dann noch unsicher ist, dann wird ein weiterer Termin vereinbart.

An das Aufklärungsgespräch mit dem Kläger kann ich mich im Einzelnen nicht mehr erinnern. Weil ich in dem Anamnesebogen auf Seite 2 bei der Frage, ob bereits über Chancen beziehungsweise Risiken einer refraktiven Chirurgie beraten wurde, ein Nein unterstrichen habe, bin ich mir aber sicher, dass ich mir bei der Aufklärung besondere Mühe gegeben habe.

Den Dokumentationsbogen erhalte ich am Tag der Operation zurück. Ohne diesen zurückbekommen zu haben, operiere ich nie einen Patienten. In diesem Zusammenhang wird dann noch einmal nachgefragt, ob noch Fragen, Unsicherheiten oder Probleme sind. Die von mir angebrachten Ergänzungen auf der Dokumentation habe ich am Tag der Operation auf dieser angebracht. Dabei war der Kläger anwesend. Im Rahmen der Voruntersuchung wird die Sehschärfe bestimmt, die Refraktion, das Dunkelsehen wird bestimmt, ebenso das Pupillenspiel. Außerdem wird die Hornhauttopographie untersucht. Außerdem wird der Augapfel mit Ultraschall untersucht sowie die Netzhaut nach Pupillenerweiterung.

12

5. Das Landgericht wies sodann mit Urteil vom 22. Mai 2014 die Klage als unbegründet ab. Es kam zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer vor der LASIK-Operation keine ihm obliegenden Aufklärungspflichten verletzt habe, vielmehr den ihn treffenden entsprechenden Entlastungsbeweis habe führen können. Es sei berücksichtigt worden, dass den behandelnden Arzt die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung treffe, gleichzeitig aber keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen an diesen Nachweis gestellt werden dürften.

13

Die Kammer sei davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer den Kläger über alle maßgeblichen Risiken des Eingriffs einschließlich einer Verschlechterung der Sehkraft in Kenntnis gesetzt habe. Zunächst spreche die vom Beschwerdeführer vorgelegte und vom Kläger unterzeichnete Dokumentation für ein mündliches Aufklärungsgespräch, da auf ein solches Bezug genommen werde und der Beschwerdeführer in den Bogen handschriftliche Eintragungen vorgenommen habe und so die von ihm angesprochenen Punkte dokumentieren wollte. Im Einklang damit habe der Beschwerdeführer in seiner Anhörung erläutert, dass er im Rahmen des Aufklärungsgespräches auch die Risiken des beabsichtigten Eingriffs mit dem Kläger besprochen habe. Er habe dabei insbesondere die am häufigsten vorkommenden Komplikationen wie Entzündungen, Über- oder Unterkorrektur und Narbenbildung besprochen.

14

Aus der schriftlichen Dokumentation sowie den Angaben des Beschwerdeführers, die er im Rahmen seiner Anhörung gemacht habe und die die Kammer im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO verwerten könne, folge, dass der Beschwerdeführer den Kläger umfangreich und intensiv über den bevorstehenden Eingriff aufgeklärt habe und dem Kläger damit bewusst gewesen sei, dass der Eingriff mit Risiken behaftet gewesen sei.

15

Dem sei der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Denn er habe in seiner Anhörung durchaus glaubhaft geschildert, dass er sich nicht daran erinnern könne, ob von Risiken die Rede gewesen sei und er dies auch verdrängt habe. Er habe auch die Frage aufgeworfen, weshalb er sich angesichts der optimistischen Prognose des Beschwerdeführers zum Erfolg des Eingriffs noch über Risiken habe Gedanken machen sollen. Diese Angaben stünden einer ordnungsgemäßen und umfangreichen Aufklärung somit nicht entgegen, weil sie nicht ausschließen würden, dass der Beschwerdeführer die geschuldete Risikoaufklärung erbracht habe.

16

Auch verfange der weitere Einwand des Klägers nicht, dass der Beschwerdeführer ihn im Rahmen der Voruntersuchung nicht ordnungsgemäß habe aufklären können, weil eine Pupillenerweiterung vorgenommen worden sei, die ihn in seiner Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt habe. Die Kammer gehe davon aus, dass es trotz der bei dieser Untersuchung entstehenden vorübergehenden Beeinträchtigungen für das Sehvermögen dem Kläger möglich gewesen sei, den Schilderungen eines Arztes im Hinblick auf den geplanten Eingriff zu folgen und die in einem Gespräch geschilderten Informationen zu verstehen.

17

Die Umstände sprächen daher dafür, dass der Beschwerdeführer den Kläger umfassend und wirksam aufgeklärt habe. Dies gelte auch für das Risiko der bedauerlicherweise eingetretenen Verminderung der Sehkraft. Dem stehe nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer ausweislich seiner Angaben in der mündlichen Anhörung dieses Risiko nicht explizit genannt habe. Denn die im Rahmen seiner Anhörung angeführten Risiken habe er ersichtlich nur exemplarisch und nicht abschließend aufgezählt. Wenn der Beschwerdeführer aber - wie von ihm ausgeführt - den Kläger auch allgemein über Risiken des beabsichtigten Eingriffs aufgeklärt und sich dabei - wie von ihm nachvollziehbar angegeben - auch besondere Mühe gegeben habe, weil der Kläger bisher noch nicht über die Chancen und Risiken einer refraktiven Chirurgie beraten worden sei, dann spreche dies dafür, dass der Beschwerdeführer den Kläger auch über das Risiko einer Verminderung der Sehkraft aufgeklärt habe, weil nicht ersichtlich sei, weshalb er dieses Risiko hätte außen vor lassen sollen. Selbst wenn man jedoch davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer den Kläger über dieses Risiko nicht mündlich aufgeklärt habe, weil er es im Rahmen seiner Anhörung nicht explizit aufgeführt habe, es nicht in der Dokumentation zum Aufklärungsgespräch ausdrücklich handschriftlich vermerkt sei und der Kläger angegeben habe, dass er bei Kenntnis dieses Risikos den Eingriff nicht hätte vornehmen lassen, folge daraus kein anderes Ergebnis. Denn die Kammer sei auch davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer dem Kläger einen Aufklärungsbogen zu der geplanten Operation übergeben habe, in dem dieses Risiko aufgeführt gewesen sei. Dies sei vorliegend schon allein ausreichend, um von einer ordnungsgemäßen Aufklärung durch den Arzt auszugehen.

18

6. Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt und die Beweiswürdigung des Landgerichts gerügt. Die von ihm als wenig glaubhaft eingestuften Bekundungen des Beschwerdeführers, aufgrund derer das Landgericht eine Aufklärung bejaht habe, seien in diesem Punkt unergiebig gewesen. Dasselbe gelte für dessen Eintragungen auf dem Formblatt zur Aufklärung. Unabhängig davon habe das Landgericht seine Kritik, für eine Aufklärung nicht aufnahmefähig gewesen zu sein, zu Unrecht abgetan. Schriftliche Informationen, über deren Inhalt das Landgericht letztlich nur spekuliert habe, seien ihm nicht überlassen worden. Seine abweichende Angabe auf dem Formblatt zur Aufklärung beruhe auf einem Versehen. Außerdem könne eine schriftliche Unterrichtung das gebotene Aufklärungsgespräch nicht ersetzen.

19

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufungserwiderung die erstinstanzliche Entscheidung verteidigt. Der Kläger sei aufgrund des einschlägigen Aufklärungsbogens, dessen Aushändigung hinlänglich belegt sei, und der ihm mündlich erteilten Informationen genügend über das Risiko einer irreversiblen Verschlechterung der Sehfähigkeit informiert gewesen. Er habe dem Aufklärungsgespräch auch uneingeschränkt folgen können. Andernfalls müsse ihm vorgeworfen werden, keine Anzeige gemacht zu haben.

20

7. Mit Beschluss vom 25. September 2014 regte das Oberlandesgericht gegenüber den Parteien an, im Hinblick auf den bevorstehenden Eintritt des Senatsvorsitzenden in den Ruhestand und einer sich deshalb schwierig gestaltenden Terminslage, den Rechtsstreit im schriftlichen Verfahren zu entscheiden (§ 128 Abs. 2 ZPO). Für den Fall beiderseitigen Einverständnisses wurde eine Schriftsatzfrist bis 17. Oktober 2014 gewährt und Verkündungstermin auf den 29. Oktober 2014 anberaumt.

21

8. Nachdem beide Parteien der Fortführung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren zugestimmt hatten, verkündete das Oberlandesgericht am 29. Oktober 2014 sein angegriffenes Berufungsurteil, mit dem auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts vom 22. Mai 2014 aufgehoben und festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für die Durchführung der LASIK-Operationen beider Augen sowie für alle Schäden, welche durch diese Operationen verursacht oder mitverursacht wurden, insbesondere für die Verschlechterung der Sehkraft. Der Streitwert wurde auf 10.000 € festgesetzt; die Revision gegen das Berufungsurteil wurde nicht zugelassen.

22

a) Das Oberlandesgericht stützt die Verurteilung des Beschwerdeführers sowohl auf die vertragliche Schadensersatzregelung des § 280 Abs. 1 BGB als auch auf die deliktische Rechtsgrundlage in § 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte habe durch die LASIK-Operation unter Beeinträchtigung des Selbstbestimmungsrechts des Klägers einen körperlichen Eingriff vorgenommen, der nicht von der erforderlichen Patienteneinwilligung getragen worden sei. Zwar sei die Operation mit der Zustimmung des Klägers erfolgt. Aber es sei nicht zu erkennen, dass diese Zustimmung auf der Grundlage einer genügenden Aufklärung erteilt worden sei, damit sei sie rechtlich unverbindlich.

23

Die durchgeführte LASIK-Operation sei von vornherein mit dem Risiko behaftet gewesen, dass sie eine bleibende Verschlechterung des Visus bis hin zu einem Sehverlust nach sich ziehen konnte. Diese Gefahr sei in dem einschlägigen Aufklärungsbogen, den der Beschwerdeführer in zwei Versionen (Stand Oktober 2005 und Stand November 2008) vorgelegt habe, ausdrücklich erwähnt und von keiner der Parteien in Abrede gestellt worden. Da der insoweit drohende Schaden - auch wenn er sich nur selten realisierte - fundamental gewesen sei, hätte darüber aufgeklärt werden müssen.

24

b) Das Oberlandesgericht stellt zunächst - richtigerweise - klar, dass eine schriftliche Aufklärung - entgegen der hilfsweisen Erwägungen des Landgerichts - vorliegend nicht ausreichend gewesen sei. Es sei anerkannt, dass die Risiken eines medizinischen Eingriffs in einem Gespräch mit dem Patienten erörtert werden müssten. Etwas anderes gelte allenfalls bei Routinemaßnahmen mit Massencharakter, wie etwa bei Impfungen.

25

c) Weiter führt das Oberlandesgericht aus, dass aber eine ausreichende mündliche Aufklärung nicht erfolgt sei. Dies ergebe sich in Würdigung der erstinstanzlichen Bekundungen der Parteien. Dabei bestehe keine Veranlassung, deren Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben anders als das Landgericht zu beurteilen. Insofern sei eine Wiederholung der durchgeführten Beweisaufnahme nicht erforderlich (unter Hinweis auf BGH NJW 1998, S. 384).

26

Eine mündliche Unterrichtung, auf die es entscheidend ankomme, habe der Kläger geleugnet und im Gegenteil geäußert, dass der Beschwerdeführer die Dinge lediglich positiv dargestellt habe. Demgegenüber habe dieser im Rahmen seiner Vernehmung mitgeteilt, Risiken zur Sprache gebracht zu haben. Das beruhe zwar nicht auf einer konkreten Erinnerung, habe aber an eine allgemeine Praxis anknüpfen können, die eine erhebliche indizielle Bedeutung habe (unter Hinweis auf BGH NJW 1994, S. 3009; BGH VersR 2014, S. 588).

27

Indessen gehe die Aussage des Beschwerdeführers dabei lediglich dahin, dass er regelmäßig "die am häufigsten vorkommenden Komplikationen wie Entzündungen, Über- oder Unterkorrektur und Narbenbildung" bespreche. Das erlaube keinen - zumal verlässlichen - Schluss auf einen Hinweis auf die Gefahr einer gravierenden und unumkehrbaren Beeinträchtigung der Sehstärke. Die Einschätzung des Landgerichts, der Beschwerdeführer sei im Hinblick auf den - a priori geringen - Informationsstand des Klägers sorgfältig verfahren, möge zwar zutreffen. Aber damit stehe noch nicht fest, dass er das Risiko verdeutlichte, es könne zu wesentlichen und anhaltenden Einbußen im Visus kommen. Zweifel daran seien auch deshalb angebracht, weil davon in dem Dokumentationsblatt über die Aufklärung keine Rede sei. Die - durchaus detaillierte - Aufzählung von Gesprächspunkten, die es enthalte, lasse die Möglichkeit einer erheblichen Schwächung der Sehkraft unerwähnt.

28

Nach alledem sei der dem Beschwerdeführer obliegende Beweis einer hinreichenden Aufklärung des Klägers und damit einer wirksamen Patienteneinwilligung in die LASIK-Operation nicht geführt. Eine hypothetische Einwilligung sei nicht ersichtlich. Das nicht näher substantiierte und überdies bestrittene Vorbringen des Beschwerdeführers, der Eingriff sei medizinisch indiziert gewesen, sei insoweit unbehelflich. Im Übrigen habe der Kläger nachvollziehbar dargelegt, dass er sich bei einer genügenden Aufklärung der Operation nicht in gleicher Weise unterzogen hätte.

29

9. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2014 Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO erhoben.

30

Er rügt, dass sich die Entscheidung für den Beschwerdeführer als Überraschungsentscheidung darstelle. Ein Berufungsgericht müsse eine von der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts abweichende Rechtsmeinung der betroffenen Partei mitteilen und ihr anschließend Gelegenheit geben, ihren Sachvortrag unter Berücksichtigung dieses Hinweises zu ergänzen. Eines solchen Hinweises hätte es hier besonders deswegen bedurft, weil die Parteien auf die Empfehlung des Senats hin einer Entscheidung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren zugestimmt hätten. Damit sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen worden, deutlich zu machen, dass er bereits in der Klageerwiderung in Bezug auf seine mündliche Aufklärung vorgetragen hatte, dass er den Kläger darauf hingewiesen habe, dass es selbst bei einem lege artis ausgeführten Eingriff zu einer Verschlechterung der Sehfähigkeit kommen könne. Hierfür sei Beweis angeboten worden durch Parteivernehmung des Beschwerdeführers oder dessen Anhörung durch das Gericht.

31

Der Beschwerdeführer sei vom Landgericht nicht danach gefragt worden, ob er den Kläger auch darüber aufgeklärt habe, dass der Eingriff zu einer Sehkraftminderung führen könne. Deswegen habe es dazu kommen können, dass der Beschwerdeführer bei seiner Anhörung insoweit nur beispielhaft geantwortet habe, dass im Rahmen des Aufklärungsgespräches bei der Voruntersuchung auch die Risiken des beabsichtigten Eingriffs mit dem Patienten, insbesondere die am häufigsten vorkommenden Komplikationen wie Entzündungen, Über- oder Unterkorrektur und Narbenbildung besprochen werden. Da der Senat seine von dem Urteil des Landgerichts abweichende Entscheidung damit begründet habe, der Beschwerdeführer habe nicht deutlich gemacht, dass er auch auf das Risiko einer Sehkraftverminderung hingewiesen habe, hätte der Senat dem angeführten Beweisangebot nachgehen müssen. Zu der Absicht, ohne ergänzende Beweisaufnahme zu entscheiden, hätte der Beschwerdeführer gehört werden müssen.

32

10. Das Oberlandesgericht hat mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 21. November 2014 die Gehörsrüge des Beschwerdeführers als unbegründet zurückgewiesen.

33

Der Beschwerdeführer beanstande, dass der Senat ohne vorherigen Hinweis von der Fallbeurteilung durch das Landgericht abgewichen sei und ihm zuvor hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, seinen Sachvortrag zu ergänzen und entsprechend Beweis durch die Anhörung seiner Person anzubieten. Das betreffe die Rechtsverteidigung, der Kläger sei vor der LASIK-Operation vom 10. Dezember 2007 im Rahmen eines mündlichen Aufklärungsgesprächs auf das eingriffsimmanente Risiko einer irreversiblen Sehverschlechterung aufmerksam gemacht worden.

34

Eine entsprechende Behauptung des Beschwerdeführers habe der Senat indessen seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Im Tatbestand des Urteils vom 29. Oktober 2014 sei sie für beide Instanzen vermerkt; ein weiter gehendes Vorbringen stehe auch jetzt nicht im Raum.

35

Die mündliche Aufklärung des Klägers durch den Beschwerdeführer sei ebenfalls Gegenstand der Beweisaufnahme gewesen. Insofern sei es einerseits zu einer Anhörung des Klägers und andererseits zu einer Parteivernehmung des Beschwerdeführers durch das Landgericht gekommen, der im Berufungsurteil Rechnung getragen worden sei. Für eine nochmalige, zweitinstanzliche Befragung des Beschwerdeführers habe die Rechtsgrundlage gefehlt. Einer dahingehenden Anregung durch gleich welche Seite wäre gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu folgen gewesen. Es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es den Parteien verwehrt worden wäre, den Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung sachdienlich über die von ihnen angesprochenen Streitpunkte zu befragen.

II.

36

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer ausschließlich eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

37

Ein Berufungsgericht müsse eine von der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts abweichende Rechtsmeinung der betroffenen Partei mitteilen und ihr anschließend Gelegenheit geben, ihren Sachvortrag unter Berücksichtigung dieses Hinweises zu ergänzen. Eines solchen Hinweises hätte es vorliegend bedurft. Hätte nämlich der Beschwerdeführer von dem Senat den Hinweis erhalten, dass dieser beabsichtige, das Urteil erster Instanz wegen nicht hinreichender mündlicher Aufklärung des Klägers aufzuheben, hätte der Beschwerdeführer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, im schriftlichen Verfahren innerhalb der von dem Senat gesetzten Schriftsatzfrist zu der mündlichen Aufklärung insoweit ergänzend, vertiefend und auch wiederholend vorzutragen. Wiederholend deswegen, weil bereits in erster Instanz unter Beweisanerbieten vorgetragen worden sei, dass der Beschwerdeführer den Kläger mündlich darüber aufgeklärt habe, dass es auch bei einer lege artis ausgeführten Operation zu einer Sehkraftverminderung kommen könne.

38

Es wäre auch für den Beschwerdeführer unterstrichen worden, dass für diesen Teil der mündlichen Aufklärung Beweis angeboten worden sei durch Vernehmung des Beschwerdeführers, dass dieser allerdings hierzu vom Landgericht nicht befragt worden sei. Der Beschwerdeführer hätte innerhalb der Schriftsatzfrist in zweiter Instanz dargelegt, dass und warum er erneut unter Berücksichtigung der abweichenden Rechtsauffassung des Senats anzuhören gewesen wäre.

39

Die Auffassung des Senats im Beschluss vom 21. November 2014, dass es für eine nochmalige, zweitinstanzliche Befragung keine Grundlage gegeben habe, werde nicht geteilt. Grundlage einer Vernehmung des Beschwerdeführers sei sein Vorbringen in erster Instanz, für das es ein noch nicht erledigtes Beweisangebot gegeben habe. Soweit der Senat dem Beschwerdeführer vorhalte, sich in seiner Vernehmung nicht ausreichend erklärt zu haben, werde übersehen, dass die Parteien zwar den Prozessstoff beizubringen und Beweise anzubieten hätten, dass es aber zum Pflichtenkreis des Gerichts gehöre, die in vorbereitenden Schriftsätzen angebotenen Beweise zu erheben. Das sei hier nicht geschehen. Zwar sei der Beschwerdeführer zu einer Reihe von anderen streitigen Tatsachen gehört worden. Die streitige Tatsache, ob er über die Möglichkeit einer durch den Eingriff bedingten Sehkraftverminderung aufgeklärt habe, sei aber nicht Gegenstand der Beweisaufnahme geworden. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil das Berufungsurteil des Senats die angeblich fehlende Aufklärung insoweit zur einzigen und zentralen Begründung gemacht habe.

40

Hätten das Landgericht oder das Oberlandesgericht in Verfolgung des Vortrags des Beschwerdeführers und des entsprechenden Beweisangebotes ihn zu dieser streitigen Frage vernommen, hätte er darlegen können, dass er in dem konkreten Einzelfall als auch üblicherweise mündlich darüber aufgeklärt habe, dass der Eingriff auch zu einer Sehkraftverminderung führen könne. So sei schließlich das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers in unzulässiger Weise grundrechtswidrig verkürzt worden.

III.

41

Das Ministerium für Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz und der Kläger des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Ministerium hat davon keinen Gebrauch gemacht. Der angehörte Kläger, der durch das Berufungsurteil begünstigt ist, hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig und unbegründet. Für eine Entscheidung des Rechtsstreits habe es einer erneuten Anhörung/Vernehmung des Beschwerdeführers nicht bedurft. Die Akten des Ausgangsverfahrens sind beigezogen worden.

IV.

42

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) und auch die weiteren Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG vorliegen.

43

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig; insbesondere genügt sie trotz ihrer Knappheit den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz, § 92 BVerfGG. Diese Regelungen erfordern eine hinreichend deutliche und damit substantiierte und schlüssige Darlegung der behaupteten Verletzung eines verfassungsbeschwerdefähigen Rechts innerhalb der Frist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 6, 132 <134>; 8, 1 <9>; 11, 192 <198>; 89, 155 <171>; 108, 370 <386 f.>; stRspr). Wendet sich die Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, so bedarf es daher in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit den konkreten Entscheidungen und deren konkreter Begründung dahingehend (vgl. BVerfGE 88, 40 <45>; 101, 331 <345>; 105, 252 <264>), dass und weshalb bei dem substantiiert und schlüssig darzustellenden Sachverhalt (vgl. BVerfGE 9, 109 <114 f.>; 81, 208 <214>; 84, 366 <369>; 99, 84 <87>; 113, 29 <44>) ein Verstoß der angegriffenen Entscheidungen gegen das mit der Beschwerde geltend gemachte verfassungsbeschwerdefähige Recht möglich erscheint (vgl. BVerfGE 28, 17 <19 f.>; 65, 227 <232 f.>; 67, 90 <94>; 89, 155 <171>; BVerfGK 9, 174 <184 f.>).

44

Die Verfassungsbeschwerde führt zwar fehlerhaft aus, dass das Unterliegen des Beschwerdeführers in der Berufungsinstanz auf eine von der Rechtsauffassung des Gerichts erster Instanz abweichende Rechtsmeinung des Berufungsgerichts zurückzuführen sei. Dies trifft nicht den Kern der Angelegenheit, denn das Oberlandesgericht hat in Ansehung des landgerichtlichen Urteils keine andere Rechtsmeinung vertreten, sondern eine andere - Tatsachen betreffende - Beweiswürdigung vorgenommen. Gleichwohl ist die Verfassungsbeschwerde hinreichend begründet, denn der Beschwerdeführer legt seiner Argumentation im Ergebnis dennoch die richtigen, von Art. 103 Abs. 1 GG vorgegebenen verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Beurteilung von Hinweispflichten und Obliegenheiten im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Durchführung einer neuerlichen Beweisaufnahme/Parteianhörung zugrunde und setzt sich zudem adäquat mit beiden gerichtlichen Entscheidungen auseinander. Auch die Frage, ob das Urteil auf dem geltend gemachten Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG beruht, wird ausreichend thematisiert.

45

Ohnehin sind, wenn die Verletzung eines verfassungsbeschwerdefähigen Rechts aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts und der Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und deren Begründung - wie vorliegend - auf der Hand liegt, im Hinblick auf die Darlegung des Verfassungsverstoßes geringere Anforderungen zu stellen, sodass die Verletzung eines verfassungsbeschwerdefähigen Rechts nicht im Einzelnen anhand der einschlägigen Maßstäbe dargelegt werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Dezember 2007 - 1 BvR 2697/07 -, juris, Rn. 13; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 1584/10 -, juris, Rn. 3; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1083/09 -, juris, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 2016 - 2 BvR 1997/15 -, juris, Rn. 13).

46

2. Das angegriffene Urteil verletzt Art. 103 Abs. 1 GG.

47

a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör steht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie und der Justizgewährungspflicht des Staates (vgl. BVerfGE 81, 123 <129>). Der "Mehrwert" dieser Verbürgung besteht darin, einen angemessenen Ablauf des Verfahrens zu sichern (vgl. BVerfGE 119, 292 <296>). Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144  ff.>). Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt allen an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten einen Anspruch darauf, sich zu dem in Rede stehenden Sachverhalt sowie zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; 55, 1 <6>; 60, 175 <210>; 64, 135 <143 f.>) sowie Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (vgl. BVerfGE 6, 19 <20>; 15, 303 <307>; 36, 85 <87>). Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 60, 1 <5>; 65, 227 <234>; 84, 188 <190>; 86, 133 <144 ff.>).

48

Insbesondere gebietet das Recht auf rechtliches Gehör in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt daher gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfGE 50, 32 <35 f.>; 60, 247 <249>; 69, 141 <143 f.>; 105, 279 <311>).

49

b) Das Äußerungsrecht ist zudem eng verknüpft mit dem Recht auf Information. Die genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Den Gerichten obliegt in diesem Zusammenhang die Pflicht, von sich aus den Beteiligten alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen (BVerfGE 36, 85 <88>; 72, 84 <88>); es bedarf keines Antrags, und es besteht in der Regel keine Erkundigungspflicht des Grundrechtsträgers (BVerfGE 17, 194 <197>; 50, 381 <385>; 67, 154 <155>).

50

Art. 103 Abs. 1 GG normiert andererseits aber auch keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts, insbesondere nicht im Blick auf dessen Rechtsansichten (BVerfGE 67, 90<96>; 74, 1 <5>; 86, 133 <145>). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen bleiben muss (BVerfGE 60, 1 <5>; 67, 208 <211>) und nicht schon jeder Verstoß gegen die einfach-gesetzlichen Hinweispflichten (z.B. § 139 ZPO) eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darstellt (vgl. z.B. BVerfGK 1, 211 <213>). Verfassungsfest ist an den Hinweispflichten der Verfahrensordnungen vielmehr nur ein engerer Kern. Nur sofern gegen ihn verstoßen wird, liegt eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG vor (vgl. BVerfGE 36, 85 <88>; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, 76. EL Dezember 2015, Art. 103 Rn. 77).

51

c) Ein solcher Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt bei einer verbotenen Überraschungsentscheidung vor, wenn das Gericht einen Sachverhalt oder ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnte (BVerfGE 84, 188<190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>; BVerfGK 19, 377 <381>). Dann verstößt das Zivilgericht elementar gegen seine aus § 139 Abs. 1 ZPO folgende Pflicht, darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen können.

52

Aus diesem Grund darf konkret ein Berufungsbeklagter grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm das Berufungsgericht, wenn es in der Beweiswürdigung dem Erstrichter nicht folgen will, einen Hinweis gemäß § 139 ZPO erteilt, und zwar so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung oder auch - wie vorliegend - vor dem Ablauf einer Schriftsatzfrist im schriftlichen Verfahren reagiert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Januar 1991 - 1 BvR 1635/89 -, juris, Rn. 11 mit weiteren Nachweisen; BVerfGK 1, 211 <213>; vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. November 2008 - VII ZR 202/07 -, juris, Rn. 8, Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, 2. Aufl. 2014, Rn. 862).

53

Bereits gegen diese verfassungsrechtlich fundierte Hinweispflicht hat das Oberlandesgericht vorliegend verstoßen, indem es nach Zustimmung der Parteien zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren lediglich eine Schriftsatzfrist bestimmt und einen Verkündungstermin anberaumt hat. Ein Hinweis des Oberlandesgerichts, dass es beabsichtige, von der Beweiswürdigung des Landgerichts abzuweichen, ist den beigezogenen Akten in Übereinstimmung mit dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen.

54

d) Die angegriffene Entscheidung genügt aber auch im Übrigen den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG (s. oben a) nicht. Indem das Oberlandesgericht auf die beantragte nochmalige Vernehmung/Anhörung des Beschwerdeführers verzichtet hat, hat es die Bedeutung des Äußerungsrechts im Zivilprozess und insbesondere die berufungsrechtlichen Vorschriften zur Tatsachenfeststellung grundlegend verkannt.

55

aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO muss das Berufungsgericht seiner Entscheidung grundsätzlich die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen zugrunde legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Soweit die Wiederholung einer erstinstanzlich bereits durchgeführten Beweisaufnahme im Ermessen des Berufungsgerichts steht, ist dieses im Rahmen der Fehlerbehebung in der Regel auf Null reduziert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2015 - XI ZR 326/14 -, juris, Rn. 11; Oberheim, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl. 2016, § 529 Rn. 16). Im Fall des Zeugenbeweises setzt eine neue Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht zumindest in aller Regel eine erneute Vernehmung voraus. Insbesondere muss es einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen, wenn es dessen Aussage "anders würdigen" beziehungsweise "anders verstehen oder werten" will als die Vorinstanz (BVerfGK 18, 58 <61 f.>; vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - IV ZR 130/05 -, juris, Rn. 23; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 -, juris, Rn. 5; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09 -, juris, Rn. 9; BGH, Beschluss vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09 -, juris, Rn. 6; BGH, Beschluss vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11 -, juris, Rn. 6; BGH, Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13 -, juris, Rn. 23; BGH, Beschluss vom 5. Mai 2015 - XI ZR 326/14 -, juris, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZR 217/14 -, juris, Rn. 9; vgl. bei abweichender Glaubwürdigkeitsbeurteilung auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. November 2004 - 1 BvR 1935/03 -, juris, Rn. 11 mit weiteren Nachweisen, sowie BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 -, juris, Rn. 13).

56

Eine von der erstinstanzlichen abweichende Würdigung eines Zeugenbeweises ohne vorherige Wiederholung der Vernehmung ist dem Berufungsgericht regelmäßig verwehrt, gerade auch weil in die Beweiswürdigung Umstände eingeflossen sein können, die sich aus der Vernehmungsniederschrift nicht ergeben (Oberheim, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl. 2016, § 529 Rn. 16, mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Wulf, in: BeckOK-ZPO, 22. Edition 2016, § 529 Rn. 12; sowie Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 529 Rn. 4 ff.). Welchen Sinn die Aussage eines Zeugen hat, kann verlässlich nur der Richter beurteilen, der den Zeugen gehört hat und daher die Möglichkeit hatte, durch Vorhalte und Rückfragen Unklarheiten und Zweifel zu beheben. Seine Würdigung kann gerade auf solchen Rückfragen und so weiter beruhen, die indes erfahrungsgemäß nicht immer in die Niederschrift aufgenommen worden sind (so schon BGH, Urteil vom 13. März 1968 - VIII ZR 217/65 -, NJW 1968, S. 1138 <1139>). Deckt aus der Sicht des Berufungsgerichts die Zeugenaussage die Urteilsgründe nicht, ergeben sich Zweifel an der Vollständigkeit der Tatsachengrundlage, die zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme - jedenfalls hinsichtlich der wichtigen Aussageinhalte - verpflichten (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 529 Rn. 7).

57

Eine erneute Vernehmung kann allenfalls dann unterbleiben, wenn das Berufungsgericht seine abweichende Würdigung auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BVerfGK 18, 58 <61 f.>; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - IV ZR 130/05 -, juris, Rn. 23; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 -, juris, Rn. 5; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09 -, juris, Rn. 9; BGH, Beschluss vom 17. September 2013 - XI ZR 394/12 -, juris, Rn. 10 mit weiteren Nachweisen; BGH, Beschluss vom 5. Mai 2015 - XI ZR 326/14 -, juris, Rn. 12; BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZR 217/14 -, juris, Rn. 9).

58

Diese Grundsätze sind nach § 451 ZPO für die Parteivernehmung entsprechend anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2013 - XI ZR 394/12 -, juris, Rn. 10; Wulf, in: BeckOK-ZPO, 22. Edition 2016, § 529 Rn. 12), und auch für die (formlose) Parteianhörung kann nichts anderes gelten. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) eine Überzeugung des Gerichts auch (allein) auf die Würdigung von Parteierklärungen gestützt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 -, juris, Rn. 21; BGH, Beschluss vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 -, juris, Rn. 3; BGH, Beschluss vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09 -, juris, Rn. 10; BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - VI ZR 143/13 -, juris, Rn. 13; Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 286 Rn. 14; Laumen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl. 2016, § 286 Rn. 2). Das Gericht kann oder muss gegebenenfalls zwecks (informeller) Anhörung einer Partei auch das persönliche Erscheinen der Partei anordnen (§ 141 ZPO, § 137 Abs. 4 ZPO), wenn eine Partei einen von ihr zu führenden Beweis oder Gegenbeweis nur mit ihrer eigenen Aussage - wie zum Beispiel hinsichtlich eines Vier-Augen-Gesprächs - erbringen könnte, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Parteivernehmung (u.a. § 448 ZPO) aber nicht vorliegen (vgl. BVerfGK 13, 348 <351>; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00 -, juris, Rn. 11 ff.; BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 -, juris, Rn. 21; vgl. zudem Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 141 Rn. 3a). Auch von der Würdigung der Aussage einer Partei darf das Rechtsmittelgericht daher nicht abweichen, ohne die Partei erneut vernommen oder zumindest angehört zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2013 - XI ZR 394/12 -, juris, Rn. 10, mit weiteren Nachweisen; BGH, Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13 -, juris, Rn. 21 ff.).

59

bb) Gerade gegen diese Pflicht zur neuerlichen Anhörung/Vernehmung der Partei hat das Oberlandesgericht hier verstoßen. Denn es misst der Aussage des Beschwerdeführers vor dem Landgericht in prozessual unzulässiger Weise einen anderen Sinngehalt bei als die erste Instanz.

60

(1) Das Landgericht hat explizit ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die im Rahmen der Anhörung angeführten Risiken lediglich exemplarisch und nicht abschließend aufgezählt habe. Unter Berücksichtigung der weiteren Angaben des Beschwerdeführers kam es dann zu dem Ergebnis, dass dieser den Nachweis der pflichtgemäßen Aufklärung erbracht habe. Lediglich hilfsweise führt das Landgericht - allerdings rechtlich fehlerhaft - aus, dass bereits auch allein die - nach seiner Überzeugung ebenfalls erfolgte - Aushändigung des Aufklärungsbogens für eine ordnungsgemäße Aufklärung genügt habe.

61

Demgegenüber geht das Oberlandesgericht in seiner auf das Protokoll des Landgerichts gestützten Beweiswürdigung davon aus, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers nicht der Schluss auf einen Hinweis auf die Gefahr einer gravierenden und unumkehrbaren Beeinträchtigung der Sehstärke möglich sei, gerade weil dieses Risiko vom Beschwerdeführer in seiner Anhörung nicht ausdrücklich genannt worden sei. Diese Folgerung des Berufungsgerichts ist aber unter Ansehung der Ausführungen des Landgerichts nicht ohne nochmalige Anhörung des Beschwerdeführers möglich. Denn insoweit kann sicher allenfalls von einer Unvollständigkeit der Angaben des Beschwerdeführers oder einer unvollständigen Protokollierung ausgegangen werden.

62

Wenn das Landgericht ausdrücklich darauf abgestellt hat, dass der Beschwerdeführer die im Protokoll genannten Risiken lediglich exemplarisch aufgezählt habe, und das Berufungsgericht in der Würdigung der Angaben davon abweichen will, bedarf es einer Nachfrage durch das Berufungsgericht bei dem Beschwerdeführer, ob seine Angaben abschließend oder exemplarisch zu verstehen waren. Diesem durfte nicht die Möglichkeit genommen werden, seine Angaben in einer Berufungsverhandlung oder schriftlich zu präzisieren, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass er bereits in seiner Klageerwiderung unmissverständlich vorgetragen hatte, konkret über das Risiko der Verminderung der Sehkraft aufgeklärt zu haben. Auch erscheint es möglich, dass der Beschwerdeführer davon ausging, dass seine Angaben zum Hinweis auf das Risiko von "Entzündungen" - gerade dieses hat sich beim Kläger realisiert - vom Gericht so verstanden werden, dass damit der Hinweis auf die daraus möglicherweise resultierende Folge - Verminderung der Sehkraft - umfasst war.

63

Auch hinsichtlich der Bewertung des vom Beschwerdeführer erstellten Dokumentationsblatts zur mündlichen Aufklärung verkürzt das Oberlandesgericht zu Lasten des Beschwerdeführers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es diesbezüglich einen fehlenden Hinweis auf die Gefahr der Sehkraftverminderung beanstandet. Diesbezüglich hätte das Berufungsgericht auch den Inhalt des - zur Überzeugung des Landgerichts ausgehändigten - Aufklärungsbogens in seine Überlegungen mit einbeziehen und den Beschwerdeführer gegebenenfalls dazu befragen müssen, wie seine weitere (handschriftliche) Dokumentation dazu im Verhältnis steht.

64

(2) Die Bezugnahme des Oberlandesgerichts auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. September 1997 - II ZR 55/96 - (NJW 1998, S. 384 f.), den es zur Rechtfertigung der unterlassenen Wiederholung der Parteianhörung anführt, geht fehl. Denn im dortigen Fall ging es um die Auslegung einer - von einem Zeugen bekundeten - Willenserklärung (konkret: Aufsichtsratsbeschluss) nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB). Bei dieser Auslegung, bei der es sich um einen Akt rechtlicher Würdigung handelt, ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht an die Ansicht des Erstrichters gebunden, jedenfalls solange es bei der der Auslegung vorausgehenden Feststellung des Erklärungstatbestandes von demselben Beweisergebnis wie der Erstrichter ausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 1997 - II ZR 55/96 -, juris, Rn. 7). Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall, in welchem es originär um die Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung geht, aber nicht übertragbar.

65

(3) Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 21. November 2014 ist auch hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes für die Notwendigkeit einer neuerlichen Beweisaufnahme/Parteianhörung evident rechtsfehlerhaft.

66

Das Oberlandesgericht führt dort aus, dass für eine nochmalige, zweitinstanzliche Befragung des Beschwerdeführers die Grundlage fehle und einer dahingehenden Anregung durch gleich welche Seite gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu folgen gewesen wäre. Dabei verkennt das Oberlandesgericht jedoch, dass dem Vortrag und Beweiserbieten des Beschwerdeführers kein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO zugrunde lag.

67

"Neu" im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel (z.B. tatsächliche und rechtliche Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge) nur dann, wenn sie nicht schon in erster Instanz vorgebracht wurden, sondern erstmals in zweiter Instanz geltend gemacht werden (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 531 Rn. 21; zum systematischen Zusammenhang zwischen § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, § 531 Abs. 2 ZPO vgl. Rimmelspacher, NJW 2002, S. 1897 <1903 ff.> und Schellhammer, Zivilprozess, 15. Aufl. 2016, Rn. 1040 f.).

68

Vorliegend hatte der Beschwerdeführer schon in seiner Klageerwiderung vorgetragen, dass er explizit mündlich über das Risiko einer Verschlechterung der Sehfähigkeit aufgeklärt habe und sich zum Beweis auf seine Parteivernehmung oder seine Parteianhörung berufen (Seite 2 der Klageerwiderung). Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des Oberlandesgerichts, dass es den Parteien nicht verwehrt worden sei, den Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung sachdienlich über die von ihnen angesprochenen Streitpunkte zu befragen. Zu Recht beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass den Parteien allein die Darlegungs- und Beweislast obliegt, allerdings das Gericht den für entscheidungserheblich gehaltenen und unter Beweis gestellten streitigen Tatsachenvortrag mit den angebotenen Beweismitteln, möglicherweise einer Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO, und gegebenenfalls - wenn die Voraussetzungen für eine förmliche Parteivernehmung nicht vorliegen - auch mit einer Anordnung des persönlichen Erscheinens zwecks formloser Parteianhörung aufklären muss (§ 137 Abs. 4, § 141 ZPO; vgl. dazu Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 141 Rn. 3a). Sofern das Gericht im Rahmen einer Vernehmung/Anhörung einen für die Aufklärung streitiger Tatsachen relevanten Aussageinhalt vermisst, muss es seinerseits nachfragen.

69

3. Das angefochtene Urteil beruht auf dem Gehörsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre, wenn es ihn erneut angehört hätte.

70

4. Die angegriffene Entscheidung wird nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein Beschluss der Beklagten vom 04.12.2003 über die Aufstellung des Bestandsverzeichnisses der Gemeinde- und sonstigen öffentlichen Straßen und die Eintragung der K-Straße in dieses Bestandsverzeichnis rechtswidrig sind. Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, über die die K-Straße verläuft.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellungsklage sei gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig, soweit die Aufstellung des Straßenbestandsverzeichnisses und die Eintragung der K-Straße in dieses Verzeichnis dazu führten, dass die Öffentlichkeit der Straße nunmehr vermutet werde. Die Aufstellung des Bestandsverzeichnisses und die Anordnung der (erstmaligen) Eintragung einer Straße stelle ungeachtet des Umstandes, dass die Eintragung auf einem Gemeinderatsbeschluss beruhe, einen feststellenden Verwaltungsakt dar, so dass die Klägerin ihre Rechte im Wege einer Anfechtungsklage gegen diese Eintragung hätte geltend machen können. Eine solche Anfechtungsklage habe sie nicht erhoben und sei mittlerweile unzulässig, weil die mit dem Beschluss vom 04.12.2003 getroffene Aufstellungs- und Eintragungsanordnung gegenüber der Klägerin bestandskräftig geworden sei. Soweit man ihr Schreiben vom 25.08.2010 als Widerspruch werte, sei dieser verfristet. Da eine individuelle Bekanntgabe an die Klägerin nicht erfolgt sei, sei die Widerspruchsfrist mit dem Ende der sechsmonatigen Auslegungsfrist des § 4 Abs. 2 Satz 2 StrG LSA am 08.08.2004 in Gang gesetzt worden. Wegen der unzureichenden Rechtsbehelfsbelehrung in der öffentlichen Bekanntmachung habe die Widerspruchsfrist ein Jahr betragen. Sie habe damit mehrere Jahre vor Erhebung des Widerspruchs geendet. Eine individuelle Unterrichtung des Grundstückseigentümers sehe die gesetzliche Regelung in Sachsen-Anhalt nicht vor. Die Obliegenheit, die Straßenbaubehörde innerhalb der vergleichsweise langen Auslegungsfrist auf eventuell entgegenstehende Rechtspositionen hinzuweisen, erschwere die Rechtsverfolgung nicht unzumutbar. Soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 04.12.2003 mit der Begründung begehre, durch den Beschluss seien die in ihrem Eigentum stehenden Wegeflurstücke als öffentliche Straße in rechtswidriger Weise gewidmet worden, fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Ein Erfolg der Feststellungsklage würde die Rechtsstellung der Klägerin nicht verbessern. Insoweit komme dem Beschluss keine regelnde Wirkung zu; denn in Bezug auf die Anordnung der Öffentlichkeit der Straße habe ihre Aufnahme in das Bestandsverzeichnis keine konstitutive, die Widmung ersetzende Wirkung, sie begründe vielmehr nur eine Vermutung für die Öffentlichkeit der Straße, die der Betroffene z.B. durch Vorlage von Urkunden widerlegen könne. Eine Umstellung der Klage in eine Feststellung, dass die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, sei nicht beantragt worden. Zudem würde dies eine Klageänderung darstellen, die nicht sachdienlich sei. Unabhängig davon wäre eine solche Klage wohl erfolglos geblieben. Der Annahme der Beklagten, dass die K-Straße nach der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 den Charakter einer kommunalen Straße gehabt habe, sei die Klägerin nicht hinreichend entgegengetreten.

II.

3

A. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

5

1.1. Die Klägerin wendet ein, es sei zwar denkbar, dass die Veröffentlichung des Beschlusses vom 04.12.2003 über die Aufstellung eines Bestandsverzeichnisses mit der Eintragung der K-Straße einen Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG darstelle. Die Frist für die Erhebung eines Widerspruch oder einer Anfechtungsklage sei aber nicht abgelaufen gewesen. Für sie sei bereits mit der Formulierung im Bestandsverzeichnis „K-Straße Eigentümer Stadt“ nicht erkennbar gewesen, dass sich das Bestandsverzeichnis auf den Teil der K-Straße bezogen habe und beziehe, der über in ihrem Eigentum stehende Grundstücke führe, zumal auch die Beklagte im Bereich der K-Straße Eigentümerin von Grundstücken sei. Die Bekanntmachung müsse vielmehr so erfolgen, dass der Bürger in der Lage sei zu erkennen, ob er von der Entscheidung betroffen sei. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 StrG LSA, nach der im Fall der Eintragung einer Straße in das Bestandsverzeichnis die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Erteilung der Zustimmung und der Vollzug der Widmung vermutet wird, habe eine enteignende bzw. enteignungsgleiche Wirkung, weil diese Vermutung gerade dann nicht widerlegbar sei, wenn sie – wie hier – nicht erteilt worden sei und damit eine in Art. 14 GG wurzelnde Dispositionsbefugnis des Bürgers als Eigentümer leerlaufen würde. Das ausgelegte Bestandsverzeichnis führe in die Irre, denn die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis werde darin bereits als gegeben vorausgesetzt, obwohl diese gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA erst habe geschaffen werden sollen. Die Klägerin habe auch deshalb nicht mit einem Betroffensein rechnen müssen, weil die K-Straße bis in die 1980er Jahre weiter östlich über im Eigentum der Beklagten stehende Flächen verlaufen sei. Es habe zudem einem fairen Verfahren widersprochen, dass die Beklagte einerseits mit ihr seit den 1990er Jahren über die Nutzung der K-Straße verhandelt und andererseits die K-Straße in das Bestandsverzeichnis aufgenommen habe. Auch aus diesen Verhandlungen sei der Beklagten bekannt gewesen, dass die K-Straße überwiegend im Eigentum der Klägerin stehe. Da die Beklagte in weiteren Besprechungen deutlich gemacht habe, dass die K-Straße bereits dem öffentlichen Verkehr gewidmet sei und erklärt habe, dass Eigentumsfragen zu Flurstücken somit zweitrangig seien, sei es auf ein Bestandverzeichnis nicht angekommen, so dass die Klägerin damit habe rechnen müssen, dass ein Bestandsverzeichnis nicht ausgelegt werde.

6

Damit vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Die von der Beklagten durchgeführte Anlegung und Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses sowie die Bekanntmachung der Auslegung sind rechtlich nicht zu beanstanden.

7

a) Gemäß § 4 Abs. 2 StrG LSA werden von den Gemeinden für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen Bestandsverzeichnisse angelegt und geführt. Die Bestandsverzeichnisse sind nach Fertigstellung sechs Monate lang zur Einsicht auszulegen. Die Auslegung ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen. Welche Anforderungen an den Inhalt von Bestandsverzeichnissen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Aufstellung und Auslegung des Bestandverzeichnisses der Beklagten zu stellen waren, ergibt sich aus § 4 Abs. 2 StrG LSA i.V.m. Abs. 1 der Straßenverzeichnisverordnung vom 28.07.1999 (GVBl. LSA S. 276) – StrVerzVO LSA. Nach § 4 Abs. 1 StrVerzVO LSA waren das Landesstraßenverzeichnis und die Kreisstraßenverzeichnisse in Form von Karteien zu führen. Für jeden Straßenzug waren Karteiblätter anzulegen, die dem Muster der Anlage 1 entsprechen. Gemäß § 4 Abs. 2 StrVerzVO LSA galt Absatz 1 sinngemäß auch für die Bestandsverzeichnisse mit der Maßgabe, dass die Karteiblätter der Anlage 2 entsprechen. Dieses Muster enthielt unter Ziffer 4) das Feld „Bezeichnung der Straße (Ausgangs- und Endpunktbezeichnung“, unter Ziffer 6b) das Feld „gewidmet am: “ sowie unter Ziffer 10) das Feld „eigentumsrechtliche Hinweise“.

8

Für die K-Straße wurde entsprechend diesem Muster ein Karteiblatt angelegt. Darin wurde die K-Straße in ihrer vollen Ausdehnung vom Anfangspunkt M-Straße bis zum Endpunkt J-Straße-Straße aufgeführt. Als „Widmungsstatus“ wurde die die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen betreffende Regelung des § 51 Abs. 3 StrG LSA und als Widmungsdatum der 10.07.1993, der Tag des Inkrafttretens des StrG LSA, eingetragen. Daraus war ersichtlich, dass die K-Straße in ihrem in diesem Zeitpunkt bestehenden Verlauf in das Bestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen wurde. Da ein Bestandverzeichnis nach seinem Sinn und Zweck nur die vorhandenen öffentlichen Straßen erfassen soll, konnte nur der aktuelle Verlauf der K-Straße und nicht der Verlauf bis zur Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg bzw. dem Wiederaufbau des Stadtzentrums maßgebend sein. Zwar wurde im Feld „eigentumsrechtliche Hinweise“ nicht die Klägerin, sondern die Beklagte als Eigentümerin aufgeführt, jedoch mit dem in Klammern versehenen Zusatz „t“ (teilweise). Im Übrigen war der Klägerin insbesondere aus dem Vermögenszuordnungsverfahren bekannt, dass die K-Straße im Wesentlichen über Grundstücke verläuft, die in ihrem Eigentum stehen.

9

b) Die in § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 StrG LSA und § 4 StrVerzVO LSA normierten Anforderungen an die Auslegung des Bestandsverzeichnisses und deren Bekanntmachung genügen auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

10

Das Bundesverfassungsgericht hat in der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 17.09.1999 – 1 BvR 1771/91 –, NVwZ 2000, 81) zu den vergleichbaren Auslegungs- und Bekanntmachungsregelungen in Art. 67 Abs. 3 Satz 1 bis 3 des bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG), das in § 67 Abs. 4 BayStrWG bei Eintragung im Bestandsverzeichnis nicht nur eine Widmungsvermutung sondern eine Widmungsfiktion enthält, Folgendes klargestellt: Zwar sei der Grundrechtsschutz auch durch die Gestaltung der Verfahren zu bewirken. Dementsprechend ergebe sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie ein verfassungskräftiger Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung der Verfahrensvorschriften müsse das Ziel dieser Gewährleistung – den wirkungsvollen Rechtsschutz – verfolgen; sie müsse im Hinblick darauf geeignet, erforderlich und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein. Art. 67 Abs. 3 Satz 2 und 3 BayStrWG verletze dieses aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes aber nicht. Der Gesetzgeber habe für die Bekanntgabe des Bestandsverzeichnisses eine öffentliche Bekanntmachung vorsehen dürfen. Dass die öffentliche Bekanntmachung die Wirkung einer Zustellung äußere, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, solange der gerichtliche Rechtsschutz dadurch nicht unzumutbar erschwert werde. In Massenverfahren, in denen der Kreis der Betroffenen groß sei und sich nicht immer von vornherein überschauen lasse, sei diese Art der Zustellung sachgerecht und daher auch vom Gesetzgeber vielfach vorgesehen. Werden im Rahmen einer grundlegenden Reform des Straßenrechts alle öffentlichen Wege und Straßen einer Gemeinde neu gewidmet und eingestuft, dann sei hiervon regelmäßig eine große Zahl von Eigentümern betroffen, deren Kreis sich nicht ohne weiteres überschauen lasse. Für die Neuanlegung eines ganzen Bestandsverzeichnisses, das eine Vielzahl von Straßen und Wegen umfasse, sei daher die öffentliche Bekanntmachung zulässig. Sie führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erschwerung der Rechtsverfolgung. Zwar werde dem Grundstückseigentümer mit der öffentlichen Bekanntmachung dadurch eine Mitwirkungslast auferlegt, dass er sich innerhalb der sechsmonatigen Auslegungsfrist über den Inhalt der ihn betreffenden Eintragung informieren und dagegen gegebenenfalls Einwendungen erheben müsse. Die Auferlegung einer solchen Mitwirkungslast sei aber erforderlich, weil ohne öffentliche Bekanntmachung eine Rechtsumstellung und Rechtsbereinigung in angemessener Zeit nicht möglich wäre. Wollte man alle öffentlichen Wege und Straßen einer Gemeinde einzeln neu widmen, würde dies erheblich mehr Verwaltungskraft binden und Zeit in Anspruch nehmen als eine öffentliche Auslegung und Bekanntmachung des neuen Straßenbestandsverzeichnisses. Schließlich seien die mit einer öffentlichen Auslegung verbundenen Mitwirkungspflichten den Betroffenen auch regelmäßig zumutbar. Gerade wenn die rechtlichen Verhältnisse an allen öffentlichen Wegen und Straßen einer Gemeinde neu geordnet werden, könne der Gesetzgeber damit rechnen, dass eine solche Neuregelung Beachtung bei der örtlichen Bevölkerung finde, zwischen den betroffenen ortsansässigen Eigentümern erörtert und auf diese Weise auch den Berechtigten zugetragen werde, die die amtliche Mitteilung zunächst übersehen haben. Der Gesetzgeber habe den Betroffenen außerdem durch die halbjährige Auslegungs- und Einwendungsfrist ausreichend Zeit zur Wahrnehmung ihrer Interessen eingeräumt.

11

c) Soweit die Klägerin rügt, § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA habe wegen der aus ihrer Sicht faktisch fehlenden Widerlegbarkeit der Widmungsvermutung eine enteignende bzw. enteignungsgleiche Wirkung, weil eine in Art. 14 GG wurzelnde Dispositionsbefugnis des Eigentümers leerlaufen würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit dies im Zusammenhang mit der Auslegung des Bestandsverzeichnisses und deren Bekanntmachung von Belang sein soll.

12

Im Übrigen ist ein Verstoß gegen Art. 14 GG aufgrund der in § 4 Abs. 3 StrG LSA vorgesehenen Widmungsvermutung nicht ersichtlich. Mit der Aufnahme einer Straße in das Bestandsverzeichnis werden weder das Eigentumsrecht noch sonstige dingliche Rechte an den Straßengrundstücken entzogen; ebenso wenig wird in diese Rechte mit enteignender oder enteignungsgleicher Wirkung eingegriffen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird auch nicht die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis vorausgesetzt. Es wird lediglich die Vermutung begründet, dass der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Widmung erteilt hat und die Widmung vollzogen worden ist. Soweit Grundstückseigentümer die Eintragung in das Bestandsverzeichnis durch Widerspruch und Anfechtungsklage (hätten) anfechten können, was nach der von der Klägerin nicht angegriffenen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts der Fall (gewesen) ist, kann in der geschilderten Wirkung der Eintragung eine unzulässige Enteignung nicht gesehen werden (vgl. zur Widmungsfiktion: Nds. OVG, Urt. v. 08.03.1993 – 12 L 291/90 –, OVGE MüLü 43, 402 [406], RdNr. 20 in juris, m.w.N.; vgl. auch Zeitler, BayStrWG, Art. 67 RdNr. 26).

13

Das privatrechtliche Eigentum wird durch straßenrechtliche Vorschriften, die einer im Privateigentum stehenden Straße einen öffentlich-rechtlichen Status verleihen, nicht beseitigt. Vielmehr führen sie zu einer Überlagerung und Beschränkung des privaten Eigentumsrechts. Entsprechend ist etwa das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung einzuordnen, aufgrund dessen die Öffentlichkeit einer Straße bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen widerlegbar vermutet wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009 – 1 BvR 3478/08 – NVwZ 2009, 1158 [1160]). Zum Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Beschluss festgestellt, dass die damit bewirkte Beschränkung des Eigentumsrechts des Art. 14 GG in materiell-rechtlicher Hinsicht eine verhältnismäßige Ausgestaltung der Eigentumsgarantie darstelle, auch wenn sie ein im Privateigentum stehendes Grundstück betreffe. Die damit einhergehende Beschränkung der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG diene dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Prinzip der Rechtssicherheit. Die Rechtsvermutung der unvordenklichen Verjährung sei ein geeignetes Mittel, um die Beständigkeit einer in früherer Zeit getroffenen Widmung einer über ein Privatgrundstück verlaufenden Straße zu sichern. Es sei auch erforderlich, um die Beständigkeit einer in früherer Zeit getroffenen Widmung einer über ein Privatgrundstück verlaufenden Straße zu sichern, wenn ein anderes, den Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel des Nachweises einer Widmung nicht vorhanden sei. Diese rechtliche Ausformung des Grundstückseigentums sei mit Blick auf die Eigentumsgarantie angemessen, weil die Rechtsvermutung durch den Grundstückseigentümer widerlegt werden könne. Auch die verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 14 GG seien gewahrt, soweit – wegen des mit der Vermutung verbundenen Eingriffs in die Rechtsstellung des Eigentümers – hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der unvordenklichen Verjährung gestellt würden.

14

Die Vermutung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA, dass bei im Bestandsverzeichnis eingetragenen Straßen der Grundstückseigentümer der Widmung zugestimmt hat und die Widmung vollzogen ist, mag zwar anders als das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung nicht oder nicht allein dem Nachweis dienen, dass in früherer Zeit eine Widmung der Straße stattgefunden hat. Denn das Recht der DDR kannte eine förmliche Straßenwidmung nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.10.2002 – 8 C 24.01 – Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 37, RdNr. 15 in juris). Sinn und Zweck des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA dürfte es vielmehr sein sicherzustellen, Unsicherheiten insbesondere über die Öffentlichkeit der Straßen und Wege endgültig auszuräumen und insoweit Rechtsklarheit herzustellen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.05.1991 – 8 B 90.55 –, BayVBl 1991, 595, RdNr. 10 in juris). Die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen lassen sich jedoch auf § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA übertragen. Auch diese Vorschrift dient dem Prinzip der Rechtssicherheit, indem sie die Beständigkeit der bislang schon als öffentliche (Gemeinde-)Straßen genutzten Verkehrsflächen sichert. Ein anderes, den Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist nicht ersichtlich. An der Angemessenheit der Regelung fehlt es nicht deshalb, weil der Grundstückseigentümer die Vermutung, dass eine Zustimmung nicht erfolgt ist, faktisch nicht widerlegen kann. Der Grundstückseigentümer kann im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Klage geltend machen, dass die über sein Grundstück führende Verkehrsfläche im Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Bestandsverzeichnis keine Gemeindestraße oder sonstige öffentliche Straße im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 StrG LSA gewesen ist, so dass die Eintragung in das Bestandsverzeichnis zu Unrecht erfolgte. Er muss dabei nicht beweisen, dass er oder der frühere Grundstückseigentümer der Widmung nicht zugestimmt haben. Vielmehr ist – wie bei der in Straßengesetze anderer Länder normierten Widmungsfiktion – im gerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob die Straße im Zeitpunkt der Eintragung öffentlich war. Eingetragen werden können nur öffentliche Straßen im Sinne des § 3 StrG LSA. Zu den darin aufgeführten Gemeindestraßen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA gehören gemäß § 51 Abs. 3 StrG LSA auch die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen. Dabei geht die Nichterweislichkeit der Öffentlichkeit einer Straße oder eines Weges zu Lasten desjenigen, der sich auf die Öffentlichkeit beruft (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 29.11.2010 – 1 A 538/10 –, juris, RdNr. 7; OVG NW, Urt. v. 19.06.2000 – 11 A 1045/97 –, juris, RdNr. 54).

15

Im Übrigen sieht § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 StrG LSA vor, dass der Träger der Straßenbaulast in Anspruch genommene Grundstücke, die nicht in seinem Eigentum stehen, auf Antrag des Eigentümers zu erwerben hat und der Eigentümer bei Nichtzustandekommen einer Einigung innerhalb von vier Jahren nach Antragstellung die Enteignung verlangen kann. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 StrG LSA gelten die allgemeinen Vorschriften über die Enteignung, so dass im Fall der Enteignung eine angemessene Entschädigung zu gewähren ist.

16

d) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin individuell über die Eintragung der K-Straße in das Bestandsverzeichnis oder die Auslegung des Bestandsverzeichnisses zu unterrichten, weil sich die Beteiligten – wie die Klägerin vorträgt – seit den 1990er Jahren in Verhandlungen über die Nutzung des Straßengrundstücks befanden und der Beklagten die Eigentumsverhältnisse an den Straßengrundstücken bekannt waren. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, sieht § 4 Abs. 2 StrG LSA – anders als etwa Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG bei „bekannten Beteiligten“ – eine individuelle Unterrichtung Einzelner generell nicht vor. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten vermag der Senat nicht zu erkennen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin ein Verhalten gezeigt hat, das ein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt hätte entstehen lassen können, dass die K-Straße nicht in das Bestandverzeichnis aufgenommen wird.

17

1.2. Auch soweit die Klägerin die – lediglich ergänzenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Begründetheit einer auf die Feststellung der Nichtöffentlichkeit der zu betrachtenden Wegstrecke gerichteten Klage angreift, vermag sie die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Feststellungsklage mit der selbständig tragenden Begründung als nicht streitgegenständlich angesehen, dass eine entsprechende Umstellung der Klage nicht erfolgt sei. Die Klägerin rügt zwar, das Verwaltungsgericht hätte sie darauf hinweisen müssen, dass eine solche Feststellung hätte beantragt werden können. Das Verwaltungsgericht hat aber ferner die von der Klägerin nicht angegriffene Auffassung vertreten, dass in einer solchen Umstellung des Klageantrags eine Klageänderung zu sehen sei, die nicht sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO gewesen wäre.

18

Der Einwand der Klägerin, bei entsprechendem Hinweis des Gerichts hätte sie ihren Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 04.12.2003 auf eine Anfechtungsklage umstellen können, trägt schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsgericht eine Anfechtungsklage wegen der von ihm angenommenen Verfristung als unzulässig angesehen hat. Der Klägerin ist es aus den oben bereits dargelegten nicht gelungen, die diese Rechtsauffassung tragenden Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils in Frage zu stellen.

19

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

20

Zu Unrecht rügt die Klägerin im Rahmen dieses Zulassungsgrundes nochmals, das Verwaltungsgericht habe sie verfahrensfehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass eine Umstellung der Klage in eine solche auf Feststellung, dass die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, hätte beantragt werden können. Die Pflicht des Vorsitzenden nach § 86 Abs. 3 VwGO, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, erstreckt sich nicht auf die Anregung zur Stellung von seiner Meinung nach offensichtlich unbegründeten oder aussichtslosen Anträgen sowie solchen Anträgen, die er nicht für sachdienlich halten darf, weil sie ohne weiteres als unzulässig abgewiesen werden müssten (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013 – 4 B 10.13 –, juris, RdNr. 8, m.w.N.). Die Unterlassung einer Anregung zur Änderung eines Klageantrages stellt einen Verfahrensmangel nur dann dar, wenn sich eine solche Anregung dem Vorsitzenden nach der eindeutigen Sach- und Rechtslage aufdrängen musste (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013, a.a.O., m.w.N.). Gemessen daran musste der Einzelrichter hier nicht anregen, den Klageantrag umzustellen. Nach seiner von der Klägerin nicht angegriffenen Rechtsauffassung wäre die Klage auch dann ohne Erfolg geblieben, wenn eine solche Umstellung erfolgt wäre, weil darin eine nicht sachdienliche Klageänderung zu sehen gewesen wäre.

21

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

22

Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, juris, RdNr. 12). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – 5 B 99.05 –, juris, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

23

Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob § 4 Abs. 3 StrG LSA mit der dortigen Vermutung im Hinblick auf die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Zustimmung gegen Art. 14 GG und das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verstößt mit der Folge, dass das Verwaltungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren hätte aussetzen und dem Verfassungsgericht vorlegen müssen. Ein solcher Klärungsbedarf besteht indes nicht. In der oben bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009, a.a.O.) ist geklärt, dass das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung, die widerlegbar die Widmung einer Straße in früherer Zeit vermutet, Art. 14 Abs. 1 GG in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht verletzt und in verfahrensrechtlicher Hinsicht hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der Rechtsvermutung zu stellen sind. Die darin aufgestellten Grundsätze lassen sich – wie bereits erörtert – auf die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA übertragen. Ferner ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 17.09.1999, a.a.O.) geklärt, dass das aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht dadurch verletzt wird, dass der Gesetzgeber eine öffentliche Bekanntmachung des Bestandsverzeichnisses vorgesehen hat.

24

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

25

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Abschnitt II Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1331]).


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

1

A. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündlichen Verhandlungen vom 28., 29. Juni und 4. Juli 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

I.Die von dem Kläger erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Der Zulassungsschrift sind keine Verfahrensmängel zu entnehmen, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

3

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leidet nicht an einem rechtserheblichen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO aufgrund eines von dem Kläger behaupteten gröblichen Verstoßes des Gerichts gegen die Grundmaximeeiner unvoreingenommenen und fairen Verhandlungsführung.

4

Dabei ist zunächst grundsätzlich festzustellen, dass ein Verfahrensfehler, wie z. B. die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder ein Verstoß gegen die in § 86 Abs. 1 VwGO normierte Aufklärungspflicht, nicht ohne weiteres auf die Voreingenommenheit und mangelnde Fairness des Richters oder der Mitglieder des Spruchkörpers schließen lässt, dem er unterlaufen ist. Insoweit können Verfahrensfehler ebenso wie sonstige Rechtsfehler grundsätzlich auch nicht per se zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit führen; denn die Richterablehnung dient nicht der Fehlerkontrolle und ist deshalb kein Rechtsbehelf gegen unrichtige oder für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters. Um solche Rechtsauffassungen überprüfen zu lassen, müssen sich die Betroffenen vielmehr der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe bedienen (BayVGH, Beschluss vom 12. Januar 2015 - 10 ZB 14.1874 -, juris Rn. 26, m. w. N.). Die Annahme der Voreingenommenheit und mangelnden Fairness rechtfertigen Rechts- und Verfahrensfehler daher lediglich dann, wenn Gründe dargelegt werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem betroffenen Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. BFH, Beschluss vom 16. April 1993 - I B 155/92 -, juris Rn. 16). Dies kommt etwa in Betracht, wenn der betreffende Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Grenzen missachtet oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei den Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit bzw. bewusst fehlenden Fairness aufdrängen konnte. Eine Besorgnis der Befangenheit besteht insbesondere, wenn sich die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters so weit von den anerkannten rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Beteiligten bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch sachfremden Einstellung des Richters erwecken (vgl. BayVGH, a. a. O., und Beschluss vom 3. November 2014 - 22 CS 14.2157 -, juris Rn. 16).

5

Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen eine unvoreingenommene und faire Verhandlungsführung durch das Verwaltungsgericht hier weder dargelegt noch anderweitig erkennbar.

6

a. Der Kläger rügt insoweit zunächst, dass das Verwaltungsgericht die Hinweise des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 16. April 2015 - 3 M 517/14 -, es bedürfe zunächst weiterer Sachverhaltsaufklärung, um die Richtigkeit der gegen den Kläger in dem Bescheid und den dazu beigefügten Anlagen vorgebrachten Vorwürfe zu klären, unbeachtet gelassen habe. Die mündliche Verhandlung habe sich vielmehr darin erschöpft, dem Beklagten vor der Öffentlichkeit ein Forum für die Darstellung der von ihm getroffenen Feststellungen zu verschaffen, und alle Versuche des Klägers, die Validität der erhobenen Vorwürfe in Zweifel zu ziehen und zu erschüttern, von vornherein abzublocken, so dass die Grundvoraussetzungen für die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und des Gebotes einer Fairness des Verfahrens nicht mehr gegeben seien.

7

Dieses Vorbringen rechtfertigt die Annahme, das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz des unvoreingenommenen und fairen Verfahrens verletzt, nicht, denn weder die Gestaltung der mündlichen Verhandlungen durch den Vorsitzenden Richter noch die in den einzelnen Verhandlungen getroffenen Entscheidungen vermögen den Eindruck einer willkürlichen oder zumindest sachfremden Einstellung der Richter gegenüber dem Kläger zu erwecken. Ausweislich der Protokolle über die öffentlichen Sitzungen vom 28., 29. Juni und 4. Juli 2016 wurde die Sach- und Rechtslage im Verlauf der dreitägigen mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten ausführlich erörtert; insbesondere hatten auch die Prozessbevollmächtigten des Klägers an jeder Stelle des Verfahrensgangs Gelegenheit, sich zur Sach- und Rechtslage zu äußern, und haben hiervon auch umfassend, insbesondere auch durch die Stellung von Beweisanträgen, Gebrauch gemacht. Zudem ist aus dem Umstand, dass das Gericht auch den von dem Kläger benannten Fachtierarzt für Schweine, Dr. med. vet. (D.), Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen bzw. Landwirtschaftskammer des Landes Niedersachsen, zu den Ergebnissen der von ihm durchgeführten Kontrollen befragt hat, zu ersehen, dass das Verwaltungsgericht nicht nur dem Beklagten Gelegenheit gegeben hat, sich zu den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen, den von ihm gehaltenen und betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt zu haben, zu äußern, sondern auch dem Kläger die Möglichkeit eröffnet hat, sich zum Sachverhalt zu äußern und seine Rechtsauffassung vor der Öffentlichkeit darzulegen. Eine Voreingenommenheit und fehlende Fairness des Gerichts lässt sich mithin allein aus dem Umstand, dass das Gericht den im Hinblick auf den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) lediglich als Anregung zu verstehenden Hinweisen des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht gefolgt ist, nicht ableiten.

8

Soweit mit dem Zulassungsantrag durch den Verweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2015 - 3 M 517/14 - eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gerügt worden sein sollte, ist eine solche nicht ersichtlich.

9

§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO enthält als prozessrechtliche Vorschrift Vorgaben, die die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts als Vorgang steuern(BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Das Gericht hat seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Die Einhaltung der daraus folgenden verfahrensmäßigen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Berufungsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr.5 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen(stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 -, juris Rn. 3). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt.

10

Eine Verletzung der allgemeinen Auslegungs-, Beweiswürdigungs- oder Erfahrungsgrundsätze oder ein Verstoß gegen Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnten, ist von dem Kläger indes nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden und liegt im Übrigen ersichtlich nicht vor(zu den insoweit geltenden strengen Voraussetzungen vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 3).

11

Soweit der Kläger des Weiteren eine Aufklärungsrüge gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erheben will, fehlt es schon an einer prozessordnungsgemäßen Darlegung im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

12

Der Umfang der Ermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird entscheidend durch das Klagebegehren im Sinne von § 88 VwGO, den Streitgegenstand und vor allem nach dem anzuwendenden materiellen Recht bestimmt(vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1992 - BVerwG 5 B 134.91 -, Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 246; vgl. auch Urteil vom 22. Oktober 1987 - BVerwG 7 C 4.85 -, DVBl. 1988, 148; Urteil vom 7. Oktober 1990 - BVerwG 7 C 55 und 56.89 -, BVerwGE 85, 368 [379 f.]). Die Sachverhaltserforschungspflicht geht mithin nur soweit, als dies für die Entscheidung des Gerichtes erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1998 - BVerwG 1 B 103.98 -, Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 42; Urteil vom 22. Oktober 1987, a. a. O.; Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 31.87 -, NVwZ 1989, 864), also wenn und soweit es nach der Rechtsauffassung des Gerichts (siehe hierzu: BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1993 - BVerwG 1 B 82.92 -, juris) - selbst wenn diese unzutreffend sein sollte (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 -, BVerwGE 70, 216 [221 f.]; siehe auch Urteil vom 24. November 1982 - BVerwG 6 C 64.82 -, juris) - hierauf entscheidungserheblich ankommt (siehe: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984, a. a. O.). Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO daher grundsätzlich nicht, wenn es den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge oder einer Beweisaufnahme für aufgeklärt hält und von einer Beweiserhebung absieht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich dem Gericht die Beweiserhebung, die ein anwaltlich nicht vertretener Prozessbeteiligter nicht beantragt hat, offensichtlich hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, vgl. etwa: Beschluss vom 5. August 1997 - BVerwG 1 B 144.97 -, NVwZ-RR 1998, 784; Beschluss vom 13. Mai 2004 - BVerwG 4 B 27.04 -, juris; siehe zum Vorstehenden im Übrigen auch: OVG LSA, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 1 L 35/06 -, JMBl. LSA 2006, 386).

13

Hiernach ist weder seitens des Klägers nachvollziehbar dargelegt noch anderweitig ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht die ihm gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärungspflicht verletzt hat.

14

Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts - allein auf diese und nicht auf die Auffassung des Beschwerde- und Berufungsgerichts kommt es an - aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Erstgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können(vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 - BVerwG 5 B 36.14 -, juris Rn. 7; BayVGH, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 10 ZB 14.1486 -, juris Rn. 17 m. w. N.). Zudem ist darzulegen, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen (BVerwG, a. a. O., juris Rn. 4). Hierzu enthält der Zulassungsantrag unter Ziffer 1a) indes keinerlei Ausführungen. Dem bloßen Hinweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2015 lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, welches Ergebnis die unterbliebene Sachverhaltsaufklärung unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz konkret erbracht hätte, welche Ermittlungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären und dass und inwieweit das unterstellte Beweisergebnis für den Kläger günstig gewesen wäre.

15

b. Anhaltspunkte für den von dem Kläger erhobenen Vorwurf der Voreingenommenheit und mangelnden Fairness des erkennenden Gerichts, weil es die auf die Erhebung eines Zeugenbeweises gerichteten Beweisanträge mit der vorgeschobenen Begründung zurückgewiesen habe, es handele sich um Ausforschungsbeweisanträge, und damit das gesamte Verfahren in Bezug auf die Waffengleichheit in Schieflage geraten sei, existieren nicht.

16

Unabhängig davon, dass für den Senat mangels Substantiierung durch den Kläger schon nicht ohne weiteres erkennbar ist, auf welche abgelehnten Beweisanträge das Vorbringen des Klägers im Einzelnen abzielt, legt die Zulassungsschrift schon nicht dar, worin eine Voreingenommenheit des Gerichts liegen soll, das einen Beweisantrag mit der zulässigen, im Prozessrecht eine Stütze findenden Begründung ablehnt (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 6.07 -, juris Rn.10), der Beweisantrag laufe auf eine unzulässige Beweiserforschung hinaus.

17

Ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die bei objektiver Betrachtung befürchten lassen, dass der Richter der Sache nicht unparteilich oder unvoreingenommen gegenübersteht, lässt sich daher auch ein Ablehnungsgesuch von vornherein nicht darauf stützen, dass der Richter bestimmten Beweisanträgen nicht gefolgt ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Richter gleichzeitig z. B. Beweisanträgen der Gegenseite oder deren Beweisanregungen nachgeht. Denn es gibt keine Regel dahingehend, dass aus Gründen der „Waffengleichheit“ stets dem Vorbringen sämtlicher Verfahrensbeteiligter in gleichem Umfang nachzugehen wäre; entscheidend ist allein, welches Vorgehen das Gericht selbst nach pflichtgemäßem Ermessen für sachdienlich und (rechtlich) geboten hält, um eine Entscheidung treffen zu können.

18

c. Ohne Erfolg macht der Kläger eine Voreingenommenheit der Kammer geltend, weil diese trotz des im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2016 gegen den Kammervorsitzenden gestellten und begründeten Befangenheitsantrags unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 ZPO die mündliche Verhandlung fortgesetzt habe; denn § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO sieht ausdrücklich vor, dass der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden kann, wenn ein Richter während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde.

19

Die Annahme einer Voreingenommenheit wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Kläger Gründe dargelegt hätte, die dafür sprechen, dass die Anwendung des § 47 Abs. 2 ZPO auf einer unsachlichen Einstellung der Richter gegenüber dem betroffenen Beteiligten oder auf Willkür beruht. Letzteres ist hier nicht erkennbar; denn die Entscheidung der Kammer, die mündliche Verhandlung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO fortzusetzen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da der erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellte Befangenheitsantrag schon aufgrund seines Umfangs und der Fülle der gegen den Kammervorsitzenden erhobenen Vorwürfe eine Vertagung der Verhandlung erfordert hätte, um der für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zuständigen Kammer eine sachgerechte Prüfung des Befangenheitsantrags zu ermöglichen. Insbesondere bedarf es keiner Bemühungen und Anstrengungen der Kammer, noch in der mündlichen Verhandlung desselben Tages eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch herbeizuführen; denn eine etwaig erforderliche Rechtswahrung wird durch § 47 Abs. 2 Satz 2 ZPO sichergestellt, wonach der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen ist, wenn die Ablehnung für begründet erklärt wird(OVG LSA, Beschluss vom 9. März 2010 - 1 L 96/09 -, juris Rn. 5), was vorliegend aber gerade nicht der Fall war (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 1. Juli 2016 - 1 A 1198/14 MD -). Aus diesem Grund kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, die Entscheidung des Vorsitzenden, den Termin fortzusetzen, sei verfahrensfehlerhaft und offenbare erneut "das unzulässige Bemühen der Kammer, das vorgenommene Programm der mündlichen Verhandlung wie geplant abzuwickeln".

20

d. Auch aus dem Erlass der prozessleitenden Verfügung vom 4. Juli 2016 im Sinne des § 146 Abs. 2 VwGO, die sich in der Sache auf den äußeren, förmlichen Fortgang des Verfahrens - hier des weiteren Ablaufs der mündlichen Verhandlung - bezieht und keine Entscheidung über den Streitgegenstand darstellt, lässt sich eine Voreingenommenheit des Kammervorsitzenden zu Lasten des Klägers nicht ableiten, zumal sich die Verfügung - wie der Kläger selbst einräumt - an alle Beteiligten des Rechtsstreits richtete. Zudem entspricht Ziffer 1 der prozessleitenden Verfügung § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 2 ZPO, wonach in das Protokoll die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind. Auch die Ziffern 2 und 3 der prozessleitenden Verfügung sollen ausschließlich den ordnungsgemäßen, vor allem sinnvoll strukturierten Gang der mündlichen Verhandlung sicherstellen, indem den Beteiligten die Stellung von Anträgen nicht abgeschnitten, sondern lediglich zu einem von dem Kammervorsitzenden zu bestimmenden Zeitpunkt bzw. am letzten Sitzungstag vor den Sachanträgen ermöglicht wird. Entspricht aber eine prozessleitende Verfügung - wie hier - dem Prozessrecht, ist eine voreingenommene und unfaire Verhandlungsführung der Vorinstanz von vornherein nicht anzunehmen.

21

Soweit der Kläger mit seinem Einwand, mit dieser verfahrensfehlerhaften Weise habe die Kammer ihre grundlegende Pflicht verletzt, die Waffengleichheit der Beteiligten zu wahren, in der Sache eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend machen will, legt er schon nicht dar, welche Sach- und Beweisanträge er nicht habe stellen können bzw. welche Vorgänge nicht oder nicht umfassend protokolliert worden sind oder welche Tatsachen oder Rechtsauffassungen er aufgrund dieser Verfahrensweise nicht haben vortragen können, die zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätten führen können.

22

e. Eine Voreingenommenheit der Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg ist schließlich nicht darin zu sehen, dass das am 4. Juli 2016 verkündete Urteil in dem 39-seitigen Text seiner Entscheidungsgründe auf 33 Seiten eine vertiefte Darstellung des angefochtenen Verwaltungsakts unter zusätzlicher Berücksichtigung einer gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.), LMU München, die der Beklagte im Gerichtsverfahren zu den Akten gereicht habe, die aber in der dreitägigen Verhandlung mit keinem Wort erwähnt worden sei, enthalte.

23

Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht sich in den Entscheidungsgründen nicht nur - wie vom Kläger behauptet - auf eine Wiedergabe des angefochtenen Verwaltungsakts und der von dem Beklagten eingereichten Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) vom 27. Januar 2015 (vgl. Band XVII, Bl. 6186 ff.) beschränkt hat. Vielmehr setzt sich das Gericht in dem angefochtenen Urteil auch ausführlich mit dem Vorbringen des Klägers auseinander (so z. B. auf S. 7 UA zu der geltend gemachten Voreingenommenheit der Mitarbeiter des Beklagten, auf S. 10/11 UA zur Tierhaltereigenschaft des Klägers, auf S. 13 UA zur Frage des Beurteilungsspielraums von Amtstierärzten und auf S. 15 ff. UA zu den Einwänden des Klägers gegen die Bewertungen des Amtstierarztes des Beklagten) und bezieht in seine Erwägungen insbesondere auch die von dem Kläger vorgelegte Stellungnahme des Amtstierarztes Dr. (P.) vom 2. Februar 2015 (Beiakte J, Seite 1 ff.) ein. Auch die Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) war nicht willkürlich, weil sie Inhalt der Gerichtsakten geworden ist und der Kläger, dem die Stellungnahme mit richterlicher Verfügung vom 11. April 2016 übersandt worden ist, mit einer Verwertung der dort gewonnenen Erkenntnisse hat rechnen können.

24

Im Übrigen rechtfertigt das Vorbringen des Klägers, die Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) vom 27. Januar 2015 sei mit keinem Wort in der dreitägigen mündlichen Verhandlung erwähnt worden, nicht die Annahme, das Verwaltungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verletzt.

25

Die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen(BVerwG, Beschluss vom 21. September 2011 - BVerwG 5 B 11.11 -, juris Rn. 3 m. w. N.). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt jedoch auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, grundsätzlich keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und rechtlich bewertet, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt(BVerwG, a. a. O.). Eine Ausnahme hiervon gilt zwar dann, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und der zunächst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt (BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 -, juris; Beschluss vom 19. Juni 1998 - BVerwG 6 B 70.97 -, NVwZ-RR 1998, 759). Hiervon kann im vorliegenden Fall allerdings schon deswegen nicht die Rede sein, weil die gutachterliche Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) vom 27. Januar 2015 - wie oben bereits erläutert - Gegenstand der Gerichtsakten geworden ist und dem Kläger spätestens seit Mitte April 2016 bekannt war, so dass der Kläger auch mit einer Verwertung dieser Erkenntnisquelle durch das Verwaltungsgericht rechnen konnte. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht weder einen für den Kläger überraschend neuen noch einen unerörtert gebliebenen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht; denn die Bewertung der Ergebnisse der polizeilichen Durchsuchung vom 18. bis 20. März 2014 war von Anfang an Gegenstand des hier anhängigen Rechtsstreits und der Kläger hat dazu seine Rechtsauffassung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch ausführlich vorgetragen.

26

Schließlich ist auch aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Beweisanträge zusammenhängend am Ende der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils abgelehnt hat, keine Voreingenommenheit der Kammer zu erkennen, insbesondere ist weder ersichtlich noch wird vom Kläger dargetan, dass die inhaltliche Gestaltung des angefochtenen Urteils, die grundsätzlich der richterlichen Freiheit unterfällt, mit anerkannten rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen unvereinbar ist oder den Eindruck einer sachfremden Einstellung der Kammer erweckt.

27

Auch die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO verlangt (nur), dass in den Urteilsgründen die (wesentlichen) tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Sie ist erst dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe insgesamt rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie unbrauchbar sind (BVerwG, Beschluss vom 1. Juni 2010 - BVerwG 6 B 77.09 -, juris Rn. 15, m. w. N.). Hierfür ist indes nichts ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr jeden einzelnen Beweisantrag des Klägers geprüft und die für seine Ablehnung im Wesentlichen leitenden Gründe offengelegt. Zu mehr war es durch § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht verpflichtet.

28

2. Soweit der Kläger für sich genommen einen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO damit zu begründen versucht, dass er im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter gestellt und dieser unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 ZPO die mündliche Verhandlung fortgesetzt hat, vermag er damit nicht durchzudringen.

29

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der gemäß § 54 Abs. 1 VwGO in Verwaltungsgerichtsverfahren entsprechend anzuwenden ist, kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, wenn ein Richter während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Diese mit Wirkung vom 1. September 2004 durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz (BGBl. I S. 2198) eingefügte Vorschrift soll missbräuchlichen, nur der Verzögerung dienenden Ablehnungsgesuchen vorbeugen und Vertagungen bei letztlich unbegründeten Ablehnungen vermeiden (vgl. BT-Drucksache 15/1508, S. 16).

30

Die Entscheidung der Kammer, die mündliche Verhandlung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Beteiligung des Vorsitzenden fortzusetzen, begegnet - wie oben bereits erläutert - keinen rechtlichen Bedenken, da der erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellte Befangenheitsantrag schon aufgrund seines Umfangs eine Vertagung der Verhandlung erfordert hätte, um der für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zuständigen Kammer eine sachgerechte Prüfung des Antrags zu ermöglichen. Insoweit ist ein oberflächlicher Umgang der Kammer mit der Ausnahmevorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der einen Verfahrensmangel im Sinne des
§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO begründen könnte, entgegen der Auffassung des Klägers nicht erkennbar.

31

3. Mit der Rüge des Klägers, der Erlass der prozessleitenden Verfügung des Kammervorsitzenden vom 4. Juli 2016 stelle einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden.

32

Die Darlegung eines Verfahrensmangels i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfordert nämlich die konkrete Bezeichnung des Verfahrensmangels in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und die Darlegung, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Das Vorbringen des Klägers lässt allerdings nicht erkennen, gegen welchen prozessrechtlichen Verfahrensgrundsatz das Verwaltungsgericht mit dem Erlass der prozessleitenden Verfügung im Sinne des § 146 Abs. 2 VwGO verstoßen haben soll und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

33

Soweit der Kläger mit seinem Einwand, er sei durch die (verfahrensrechtlich wertlose) Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des amtsärztlichen Dienstes des Beklagten und die als unanfechtbar deklarierte prozessleitende Verfügung, die ihm direkte Nachfragen an einen der erschienenen Beklagtenvertreter verbeten habe, in seinem fundamentalen Beweisantragsrecht beschränkt worden, in der Sache eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend machen will, legt er schon nicht im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO substantiiert dar, welche Sach- und Beweisanträge er nicht hat stellen können bzw. welche Nachfragen er dem erschienen Beklagtenvertreter nicht hat stellen können und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

34

Rechtliche Bedenken gegen die prozessleitende Verfügung bestehen im Übrigen - wie oben bereits erläutert - nicht.Unter prozessleitenden Verfügungen sind richterliche Maßnahmen einschließlich Beschlüssen zu verstehen, die dem gesetz- und zweckmäßigen Ablauf des Verfahrens zur Vorbereitung der abschließenden Entscheidung dienen und ihrer Bedeutung nach den anderen in § 146 Abs. 2 VwGO genannten Maßnahmen entsprechen(NdsOVG, Beschluss vom 9. Januar 2015 - 10 OB 109/14 -, juris Rn. 9 m. w. N.). Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt in dem Erlass der prozessleitenden Verfügung schon deswegen kein Verfahrensfehler, weil Ziffer 1 der prozessleitenden Verfügung § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 2 ZPO entspricht, wonach in das Protokoll die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind, und die Ziffern 2 und 3 ausschließlich den ordnungsgemäßen, vor allem sinnvoll strukturierten Gang der mündlichen Verhandlung sicherstellen sollen, indem den Beteiligten die Stellung von Anträgen nicht abgeschnitten, sondern lediglich zu einem von dem Kammervorsitzenden zu bestimmenden Zeitpunkt bzw. am letzten Sitzungstag vor den Sachanträgen ermöglicht wird.

35

4. Soweit der Kläger aus der seiner Ansicht nach fehlerhaften Zurückweisung von Beweisanträgen einen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO herzuleiten sucht, legt er ebenfalls schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werdenden Weise dar, gegen welchen prozessrechtlichen Verfahrensgrundsatz das Verwaltungsgericht mit der Zurückweisung der Beweisanträge verstoßen haben soll und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

36

Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, der Kläger mache mit seinem Vortrag geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, indem es die vom Kläger in seiner Zulassungsschrift bezeichneten, in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abgelehnt und insoweit von einer weiteren Sachaufklärung abgesehen habe, hat sein Zulassungsantrag keinen Erfolg.

37

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen(vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 2004 - 2 BvR 779/04 -, EuGRZ 2004, 656). Damit soll gewährleistet werden, dass die Gerichtsentscheidung frei von Fehlern ergeht, die ihren Grund in einer unterlassenen Kenntnisnahme und einer Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Verfahrensbeteiligten haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 1980 - 1 BvR 277/78 - BVerfGE 53, 219). Die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, besteht allerdings nicht, soweit das Vorbringen aus Gründen des formellen und materiellen Rechts unberücksichtigt bleiben muss oder kann (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 -, BVerfGE 22, 267 [273]). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt auch nicht vor jeder aus Sicht eines Beteiligten sachlich unrichtigen Ablehnung eines Beweisantrags (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 - BVerwG 9 CB 20.87 -, NJW 1988, 722). Holt das Gericht einen beantragten Beweis nicht ein, so liegt hierin grundsätzlich nur dann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. der richterlichen Aufklärungspflicht, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet. Eine tragfähige Stütze im Prozessrecht findet die Ablehnung eines Beweisantrags im Verwaltungsprozess regelmäßig dann, wenn der Beweisantrag entweder unzulässig ist oder die Gründe, auf die sich das Verwaltungsgericht im Beschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO stützt, nach einfachem Verfahrensrecht die Zurückweisung des Beweisantrags rechtfertigen(BVerfG, Beschluss vom 8. November 1978 - 1 BvR 158/78 -, BVerfGE 50, 32 [36]; BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - BVerwG 2 B 34.14 u. a. -, juris Rn. 32 m. w. N.).

38

Dies ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Beweisanträge aus den im Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 28. Juni 2016 angeführten prozessualen Gründen ohne Rechtsfehler abgelehnt.

39

a. Dies gilt zunächst für die nach dem Vortrag des Klägers allein gerügte Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2016 gestellten Beweisantrags zu II. Ziffer 4,

40

"dass im Anschluss die hinzugezogenen Polizeibeamten selbstständig, ohne Weisung oder Absprache mit einem Veterinär Eintragungen vorgenommen haben",

41

dessen Zurückweisung der Kläger für unzulässig und verfahrensfehlerhaft hält.

42

Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag ohne Rechtsfehler u. a. als unzulässig abgelehnt, weil er auf die Ausforschung eines Sachverhalts abzielt.

43

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 25. Januar 2016, a. a. O. Rn. 39) sind Beweisanträge als Ausforschungsbegehren unzulässig, wenn sie dazu dienen sollen, Behauptungen und Vermutungen zu stützen, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben werden. Die gebotene Substantiierung eines Beweisantrags erschöpft sich dabei nicht in der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet, und der Nennung eines bestimmten Beweismittels. Es ist einem Verfahrensbeteiligten und seinem Prozessbevollmächtigten verwehrt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, deren Wahrheitsgehalt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben könnten, und auf diese Weise eine Beweiserhebung zu erzwingen (BVerwG, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 6.07 -, juris Rn. 10, und vom 6. Januar 2011 - BVerwG 4 B 51.10 -, juris Rn. 14). Vielmehr bedarf es der Darlegung greifbarer Anhaltspunkte (sog. Anknüpfungstatsachen), die dem Gericht Anlass für die begehrte Beweiserhebung geben können.

44

Der Kläger sieht diese (greifbaren) Anhaltspunkte (wohl) in dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Beweisanträge zu den Ziffern 1., 2. und 3. mit der Begründung abgelehnt hat, es komme auf die Beweisaufnahmen nicht an, und damit nach Auffassung des Klägers gemeint habe, die Behauptungen könnten als wahr unterstellt werden. Damit habe für die Entscheidungsfindung der Kammer festgestanden, dass die hinzugezogenen Polizeibeamten nicht an einer Vorbesprechung teilgenommen hätten, ihnen keine schriftliche Handlungsanweisung ausgehändigt worden sei und sie auch vor Beginn der Aktion im Stall keine fachliche Unterweisung erhalten hätten. Da entscheidend sei, ob die Eintragungen in die zahlreichen vorbereiteten Listen durch eine dazu fachlich autorisierte Person vorgenommen, angeordnet oder jedenfalls begleitet worden seien und der Kläger davon Kenntnis erhalten habe, dass Polizeibeamte nach ihrer eigenen Anschauung und nach ihrem eigenen Gutdünken gehandelt hätten, widerspreche die Ablehnung des Beweisantrags zu 4., der exakt auf diesen Vorgang abgezielt habe, dem Beweisantragsrecht.

45

Diese Einwände rechtfertigen nicht die Annahme einer rechtsfehlerhaften Zurückweisung des Beweisantrags zu 4.

46

Schon die Grundannahme des Klägers, die Ablehnung eines Beweisantrags "als unerheblich" bedeute, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen "als wahr" unterstellt werden könnten, geht fehl. Zwar trifft es zu, dass eine Wahrunterstellung für nicht entscheidungserhebliche Umstände in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 -, juris, Rn. 16 ff.). Allerdings liegt - umgekehrt - nicht in jeder Ablehnung eines Beweisantrags mangels Entscheidungserheblichkeit eine Wahrunterstellung. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, abgesehen von den Fällen, in denen nach gesetzlicher Regelung eine Beweiserhebung entbehrlich ist, bzw. wegen Ungeeignetheit, Untauglichkeit oder Unzulässigkeit der Beweismittel entfällt, eine Beweiserhebung abgelehnt werden, wenn entweder (1.) die Beweistatsache als wahr unterstellt wird oder es - wie hier - (2.) auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht ankommt bzw. (3.) der mit dem Beweisanerbieten umschriebene Sachverhalt für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist oder (4.) das Beweismittel aus besonderen Gründen nicht erfolgreich sein kann (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1974 - BVerwG V CB 13.74 -, juris Rn. 21). Stehen die o. g. Ablehnungsgründe mithin eigenständig nebeneinander, kann aus der Ablehnung des Beweisantrags mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zugleich auch von einer Wahrunterstellung der unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen durch die
Vorinstanz ausgegangen werden.

47

Gibt es folglich mangels ausdrücklicher oder konkludenter Wahrunterstellung der von dem Kläger unter II. 1., 2. und 3. unter Beweis gestellten Tatsachen schon keine greifbaren Anhaltspunkte für seine Annahme, die hinzugezogenen Polizeibeamten hätten ohne Weisung oder Absprache mit einem Veterinär Eintragungen vorgenommen, stellt sich der Beweisantrag zu Ziffer 4. als ein "ins Blaue hinein" gestellter Ausforschungsantrag dar, den das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt hat.

48

Im Übrigen enthält auch der Zulassungsantrag nach wie vor keinen schlüssigen Vortrag dazu, dass und warum das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung, dass die hinzugezogenen Polizeibeamten selbstständig, ohne Weisung oder Absprache mit einem Veterinär Eintragungen vorgenommen haben, gehabt haben sollte und inwieweit sich die getroffenen Feststellung auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hätte.

49

b. Soweit der Kläger auch die Zurückweisung der Beweisanträge zu II. Ziffern 1. bis 3.,

50

"1. dass vor Beginn der Durchsuchen vom 18.-21.03.2014 eine Vorbesprechung stattgefunden hat, an der neben den Beamten der Staatsanwaltschaft, Frau (B.) von der Polizei und den Veterinären des Landkreises die daneben in den Teams zugezogenen Polizeibeamten nicht teilgenommen haben,

51

2. dass in der Vorbesprechung keine schriftliche Handlungsanweisung, sondern lediglich von der Staatsanwaltschaft vorbereitete Listen verteilt worden sind, in die, unterteilt nach Rubriken, Eintragungen vorgenommen werden sollten,

52

3. dass die in den sechs Untersuchungsteams hinzugezogenen Polizeibeamten vor Beginn der Aktion keine fachliche Weisung erhalten haben, sodass sie nicht orientiert darüber waren, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten sollten",

53

mangels Entscheidungserheblichkeit rügen will, ist diese Rüge ebenfalls nicht erfolgreich, denn diese Zurückweisung rechtfertigt sich aus den materiell-rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Haltungs- und Betreuungsverbot von Schweinen, das sich neben den Erkenntnissen aus den staatsanwaltlichen Ermittlungen vom 18. bis 20. März 2014 maßgeblich auch auf die tatsächlichen Feststellungen (nebst Fotodokumentation) des Amtstierarztes (G.) sowie weiterer Bediensteter des Beklagten im Rahmen seiner Untersuchung vom 18. bis 20. März 2014 (S. 13, 19 UA) und seiner Kontrolle vom 29. bis 30. Juli 2014 (S. 13 UA) zur tierschutzwidrigen Haltung von Schweinen in insbesondere zu engen Kastenständen [S. 15 ff. UA] sowie zu den weiteren erheblichen Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen (z. B. Tötung ohne vernünftigen Grund und ohne Betäubung [S. 21 ff. UA], nicht ordnungsgemäße Amputationen des Schwanzes [S. 27 ff. UA], mangelnde und unzureichende tierärztliche Behandlung und Versorgung [S. 29 ff., 34 f. UA], Feststellung von haltungsbedingten Erkrankungen und Verletzungen [S. 30 ff. UA], keine ordnungsgemäßen Krankenbuchten [S. 33 f.] und Verladung nicht transportfähiger Ferkel [S. 35 UA]) gestützt hat. Ausgehend von diesen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts kam es mithin für dieses erkennbar auf die Eintragungen in die von der Staatsanwaltschaft vorbereiteten Listen nicht bzw. nicht mehr entscheidungserheblich an mit der Folge, dass es auch unerheblich ist, ob die Polizeibeamten an der Vorbesprechung teilgenommen haben, lediglich Listen verteilt worden sind oder die hinzugezogenen Polizeibeamten keine fachliche Weisung erhalten haben.

54

Auch der Zulassungsantrag legt im Übrigen nicht dar, inwieweit die von dem Kläger beantragten Beweise II. Ziffern 1. bis 3. im Hinblick auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich hätten sein können.

55

c. Gleiches gilt, soweit der Kläger einwendet, die Begründung der Ablehnung der Beweisanträge,

56

"1. dass die Verantwortlichen für die Durchsuchung und die verantwortlichen Veterinäre am 18.-21.03.2014 hingenommen haben, dass in den Untersuchungsteams eingesetzte Polizeibeamte in die Überprüfungslisten ohne vorherige fachliche Unterweisung Eintragungen und Bewertungen vorgenommen haben, ohne dazu in jedem Einzelfall durch einen Veterinär aufgefordert oder ermächtigt zu sein,

57

2. dass die Listen mit den Durchsuchungskriterien dem Landkreis nicht bekannt und nicht mit ihm abgestimmt waren und auch nicht durch Beratung fachkundiger Veterinäre wie z. B. Prof. (H.) erstellt worden waren,

58

3. dass die verwendeten Listen ungeeignet sind, die Feststellungen des amtstierärztlichen Gutachtens, insbesondere die Feststellungen von langanhaltenden Schmerzen und Leiden sowie von erblichen Schäden zu begründen, weil sie z. B. keine Kriterien für die Feststellung von Verletzungen oder die Ordnungsgemäßheit von Kastenständen erhalten",

59

als unerheblich bzw. als unzulässiger Ausforschungsbeweis sei nicht nachvollziehbar und verfahrensfehlerhaft. Denn - wie oben bereits erläutert - kam es nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts auf die Art der Erstellung und den Inhalt der von dem Kläger gerügten Überprüfungslisten im Rahmen der angefochtenen Entscheidung der Vorinstanz nicht entscheidungserheblich an.

60

Eine Beweiserhebung über Tatsachen, die nach Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich sind, ist prozessrechtlich unter keinen Umständen geboten. Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz die rechtliche Bedeutung der Listeneintragungen bzw. deren Entscheidungserheblichkeit verkannt hat, zeigt der Kläger in seinem Zulassungsantrag im Übrigen nicht auf.

61

Auch aus der (übergreifenden) Rüge, ihm sei unter den von der Kammer des Verwaltungsgerichts festgelegten Voraussetzungen jede ernsthafte und substantielle Verteidigungschance genommen worden, lässt sich nicht entnehmen, welche rechtsstaatlichen Anforderungen an das Gerichtsverfahren die Vorinstanz nicht beachtet haben soll und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

62

II. Die von dem Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht.

63

„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen(vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33). Das ist vorliegend nicht der Fall.

64

Der Kläger wendet sich mit der Behauptung des Vorliegens ernstlicher Zweifel sowohl gegen "die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Verwaltungsentscheidun-gen und des erstinstanzlichen Urteils" als auch gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtswidrigkeit der Breite des Kastenstandes zur Sauenhaltung und die für gegeben angesehene Haltereigenschaft des Klägers sowie die Verhältnismäßig-keitsprüfung des Verwaltungsgerichts.Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werdende Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt in den nach Art einer Berufungsbegründung gestalteten allgemeinen Ausführungen und Verweisungen auf bisheriges Vorbringen zu diesen Punkten, ohne dass der Kläger sich im Einzelnen substantiiert mit einzelnen Sachverhalts-feststellungen und den tragenden Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils auseinandersetzt, allerdings nicht, so dass schon dieser Gesichtspunkt dem Erfolg des Zulassungsantrags entgegensteht, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, aus den ungeordneten Ausführungen und pauschalen Verweisungen auf im Rahmen der Zulassungsschrift oder der Nichtzulassungsbeschwerde an anderer Stelle angestellten Erwägungen die passenden und möglicherweise deshalb gewollten Gesichtspunkte zusammenzusuchen.

65

1. Darüber hinaus führt der Einwand des Klägers, die Bestandserhebung über das Tierwohl in seiner Anlage sei ohne fachliches Konzept und ohne fachliche Sorgfalt unter der Zuhilfenahme von Personen gelegt worden, die dazu fachlich nicht in der Lage gewesen seien, so dass die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Verwaltungsentscheidungen und des erstinstanzlichen Urteils nicht nur ernstlichen, sondern massiven Zweifeln unterlägen, auch deswegen nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags, weil sich der Kläger in dem Zulassungsantrag weder substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt noch konkret ausführt, dass insbesondere die erhobenen Einwände zur Tatsachengrundlage entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]).

66

Wie oben bereits erläutert hat sich das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung maßgeblich auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtstierarztes (G.) sowie weiterer Bediensteter des Beklagten einschließlich der Erkenntnisse aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren zur tierschutzwidrigen Haltung von Schweinen in zu engen Kastenständen sowie zu weiteren erheblichen Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen im Rahmen seiner Untersuchungen vom 18. bis 20. März 2014 und 29. bis 30. Juli 2014 gestützt, und mit der Ablehnung der Beweisanträge zu II. und III. insbesondere zum Ausdruck gebracht, dass es auf die Begleitumstände der Bestandserhebung (z. B. den vom Kläger erwähnten Einsatz von Polizeibeamten) nicht entscheidungserheblich ankommt. Unabhängig davon, dass der Kläger bereits die seiner Ansicht nach ernstlich zweifelhaften Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils nicht konkret benennt, zeigt der Zulassungsantrag nicht einmal ansatzweise auf, dass und warum die Vorinstanz die Frage der Entscheidungserheblichkeit verkannt hat.

67

2. Soweit der Kläger einwendet, bei der Frage nach der richtigen Breite eines Kastenstandes handele es sich mit Blick auf die Entscheidung des beschließenden Senats in dem Verfahren OVG 3 L 386/14 und der dagegen erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht unverändert um eine schwierige und umstrittene Rechtsfrage, legt er damit keine ernstlichen Zweifel dar, da dieser Einwand erneut eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vermissen lässt (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 68). Das schlichte Aufzeigen einer nach Ansicht des Klägers schwierigen Rechtsfrage, die der Senat in dem zitierten Urteil vom 24. November 2015 - 3 L 386/14 - im Übrigen beantwortet hat, ohne dass der Kläger sich - wie erforderlich - substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt und seine eigene rechtliche Wertung darlegt, genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht(vgl. OVG B-Stadt-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2015 – OVG 10 N 78.12 –, juris Rn. 4).

68

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung, der Kläger habe wiederholt und zum Teil auf gröbliche Weise gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen, nicht nur auf die Unterbringung der Schweine in zu engen bzw. zu kleinen Kastenständen gestützt, sondern das Haltungs- und Betreuungsverbot von Schweinen maßgeblich auch mit den zahlreichen weiteren erheblichen Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen begründet. Der Zulassungsantrag des Klägers lässt allerdings jeden schlüssigen Vortrag dazu vermissen, inwieweit der bloße Teilaspekt zur richtigen Breite eines Kastenstandes zur Sauenhaltung im Hinblick auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich ist.

69

3. Mit seinem Vortrag, ernstliche Zweifel seien auch darin begründet, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Tierhaltereigenschaft des Klägers ohne weitere Klärung - wie in dem Beschluss des Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2015, 3 M 517/14, zum Ausdruck gebracht - und auch ohne Würdigung der von ihm als Gesellschafter getroffenen Sicherungsmaßnahmen bejaht habe, legt der Kläger ebenfalls den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werdenden Weise dar. Allein mit der Bezugnahme auf den Beschluss vom 16. April 2015 und dem Hinweis auf nicht näher bezeichnete Sicherungsmaßnahmen kann eine substanzielle Auseinandersetzung mit der ausführlichen Begründung der Vorinstanz, dem Kläger stehe das Bestimmungsrecht über die Tiere und deren Haltung zu mit der Folge, dass er auch verantwortlicher Tierhalter im Sinne des Tierschutzgesetzes gewesen sei (S. 11 UA), nicht gesehen werden.

70

Soweit der Kläger im Hinblick auf den Senatsbeschluss vom 16. April 2015 bemängelt, das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, "ob der Kläger in Bezug auf die in den von der (...) betriebenen (Anlagen?) gehaltenen Schweine als verantwortlicher Halter angesehen werden könne", macht er in der Sache keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, sondern eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) durch das Verwaltungsgericht geltend. Dies hätte allerdings eine Darlegung erfordert, welche tatsächlichen Umstände hätten aufgeklärt werden müssen, welche Ermittlungen sich dem Gericht hierfür hätten aufdrängen müssen, welches mutmaßliche Ergebnis die Sachaufklärung gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 - BVerwG 5 B 36.14 -, juris Rn. 7). Diesen Anforderungen wird die Antragsschrift mangels entsprechender Ausführungen in keiner Weise gerecht.

71

4. Soweit der Kläger schließlich die Verhältnismäßigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zieht, weil sich - wie er dargelegt habe - die gesamte Tatsachengrundlage der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen als brüchig erwiesen habe, führt dieser Einwand schon deswegen nicht zum Erfolg, weil der Kläger - wie unter a. ausgeführt - schon mit seinen Darlegungen zur Tatsachenfeststellung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt hat.

72

III. Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache.

73

Der Kläger beschränkt sein Vorbringen unter III. Ziffern 1. bis 3. der Antragsbegründungsschrift darauf, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache in den „Sachverhaltsfeststellungen der Verwaltungsentscheidung und deren Bestätigung im angefochtenen Urteil" zu sehen und geltend zu machen, dass „die Frage der zutreffenden Auslegung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutzV unverändert eine rechtliche Schwierigkeit sei" und „die Voraussetzungen, unter denen es verhältnismäßig sein kann, einem Tierhalter, der die Betreuung von mehreren tausend Tieren zu verantworten hat, ein uneingeschränktes, bundesweit wirkendes Tierhaltungsverbot aufzuerlegen, bedürfen im Hinblick auf den Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG intensiver und gründlicher Klärung".

74

Diesen Vortrag zugrunde gelegt, hat er bereits nicht in gebotener Weise das Vorliegen des Zulassungsgrundes dargelegt.

75

„Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht(vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 26. Juni 2006 - 1 L 71/08 -, juris [m. w. N.]). Im Hinblick auf die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen aus der Sicht des Rechtsschutzsuchenden die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist(vgl. OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]), denn der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO soll eine allgemeine Fehlerkontrolle nur in solchen Fällen ermöglichen, die dazu besonderen Anlass geben(vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senates vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163). Außerdem bedarf es Darlegungen dazu, dass die aufgeworfenen Fragen für den zu entscheidenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sind (vgl.: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 1. Senates vom 8. März 2001 - 1 BvR 1653/99 -, NVwZ 2001, 552). Nur wenn sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteiles ergibt, dass eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, genügt ein Antragsteller der ihm gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungslast bereits regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteiles(vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senates vom 23. Juni 2000, a. a. O.) . Soweit ein Zulassungsantragsteller hingegen die Schwierigkeiten des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, hat er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (BVerfG, a. a. O.).

76

Den vorstehenden Anforderungen wird das Vorbringen in der Antragsbegründungs-schrift zum Vorliegen besonderer sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nicht gerecht. Die Antragsbegründungsschrift legt nicht einmal ansatzweise zulassungsbegründend dar, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und damit signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht. Dies ist im Übrigen für den beschließenden Senat auch nicht ersichtlich. Auch aus dem Begründungsaufwand des angefochtenen Urteiles ergibt sich nicht, dass die Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besonders schwierig ist. Abgesehen davon, dass die Zulassungsbegründung die erforderlichen erläuternden Hinweise auf die einschlägigen Urteilspassagen nicht enthält, bedürfen Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Tierhaltungsverbots mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG grundsätzlich einer umfassenden und eingehenden Prüfung der Sach- und Rechtslage und erfordern deshalb entsprechende Ausführungen in der jeweiligen Entscheidung.Der Umfang der Entscheidungsgründe trägt im Übrigen maßgeblich dem Umfang der rechtlichen Ausführungen des Klägers im Klageverfahren sowie dem Bemühen des Verwaltungsgerichts Rechnung, die Argumente der Beteiligten gebührend zu würdigen. Er ist deswegen vorliegend kein Indiz dafür, dass die vorliegende Rechtssache - objektiv gesehen - besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.

77

1. Darüber hinaus verweist der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten auf seine Einwendungen gegen die Sachverhaltsfeststellungen der Verwaltungsentscheidung und deren Bestätigung im angefochtenen Urteil im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu den übrigen Zulassungsgründen. Danach weise diese Rechtssache in einer geradezu exemplarischen Weise besondere tatsächliche Schwierigkeiten auf.

78

Dieses Vorbringen wird den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht, denn allein eine Bezugnahme auf bereits erfolgte Einwendungen des Klägers genügt, ohne die besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten darzustellen, den Darlegungsanforderungen jedenfalls nicht. Erst recht ist es nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, aus einem zur Vermeidung von Wiederholungen in Bezug genommenen Vorbringen die zur Begründung eines Zulassungsgrundes rechtlich relevanten Aspekte eigenständig herauszuarbeiten.

79

Ungeachtet dessen ist das Vorliegen des Zulassungsgrundes aus der Sicht des Berufungsgerichts im Zeitpunkt seiner Zulassungsentscheidung zu beurteilen. Zu diesem Zeitpunkt liegt dem Senat aber ein vom Verwaltungsgericht aufgeklärter und nicht überdurchschnittlich komplexer Sachverhalt vor.

80

2. Soweit der Kläger meint, die Frage der zutreffenden Auslegung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutzV sei unverändert "eine rechtliche Schwierigkeit" und zur Erläuterung dieser Position auf die gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht abgegebene Beschwerde Bezug nimmt, macht er schon keinerlei Ausführungen, die den Schwierigkeitsgrad dieser Frage plausibel zu machen versuchen; insbesondere ist es - wie oben bereits dargelegt - nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus den Verweisungen auf im Rahmen der Zulassungsschrift oder der umfangreichen Nichtzulassungsbeschwerde an anderer Stelle angestellten Erwägungen die passenden und möglicherweise deshalb gewollten Gesichtspunkte zusammenzusuchen, um der Zulassung zum Erfolg zu verhelfen.

81

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten sind schließlich auch nicht mit dem Vortrag des Klägers dargelegt, die Voraussetzungen, unter denen es verhältnismäßig sein könne, einem Tierhalter, der die Betreuung von mehreren tausend Tieren zu verantworten habe, ein uneingeschränktes, bundesweit wirkendes Tierhaltungsverbot aufzuerlegen, bedürften im Hinblick auf den Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG intensiver und gründlicher Klärung. Auch insoweit lässt der Zulassungsantrag keinerlei Ausführungen zum Schwierigkeitsgrad der aufgeworfenen Frage zur Verhältnismäßigkeit eines Tierhaltungsverbots in Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erkennen. In diesem Vortrag liegt vielmehr erneut sinngemäß die Rüge der mangelnden Sachaufklärung und fehlerhaften Rechtsanwendung des Gerichts.

82

IV. Überdies rechtfertigt sich die Zulassung der Berufung nicht wegen der von dem Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

83

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen(vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 L 166/07 -, juris [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 - BVerwG 1 B 23.87 -, InfAuslR 1987, 278). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zudem im Zulassungsantrag darzulegen. „Dargelegt" im Sinne der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG VIII B 78.61 -, BVerwGE 13, 90, vom 9. März 1993 - BVerwG 3 B 105.92 -, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr.11 und Beschluss vom 10. November 1992 - BVErwG 2 B 137.92 -, Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass in der Antragsschrift eine konkrete - entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige - rechtliche oder tatsächliche Frage „aufgeworfen und ausformuliert” wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995 - BVerwG 6 B 61.95 -, juris). Darüber hinaus obliegt es dem Rechtsschutzsuchenden, im Einzelnen darzulegen, inwiefern die aufgeworfene Frage im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinaus einer fallübergreifenden Klärung bedarf und im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Hierbei sind - neben der Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes, welche die Begründung erkennen lassen muss - die genannten Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels in der Weise unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung, der einschlägigen Rechtsprechung sowie unter Angabe der maßgeblichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Überlegungen zu erläutern und aufzuarbeiten, dass das Berufungsgericht hierdurch in die Lage versetzt wird, anhand der Antragsschrift darüber zu befinden, ob die Zulassung des Rechtsmittels gerechtfertigt ist (vgl. OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, Buchholz 310 VwGO § 133 (n. F.) Nr. 26).

84

In Anlegung dieser Maßstäbe ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache von dem Kläger nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden; denn es fehlt schon an der Formulierung einer oder mehrerer von dem Kläger als klärungsbedürftig und -fähig angesehener Rechts- oder Tatsachenfragen. Vor allem ist es nicht die Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts, sich die grundsätzlich bedeutsamen Fragen aus vorhergehenden Formulierungen oder Anträgen jeweils zusammenzusuchen, sondern es obliegt vielmehr dem Rechtsbehelfsführer, seine Darlegungen hinreichend klar zu ordnen.

85

Darüber hinaus genügt es im Hinblick auf den von dem Kläger angesprochenen Problemkreis der Kastenstandsbreiten (1.) vorliegend nicht, pauschal auf die Darlegung eines anderen Zulassungsgrundes oder auf die im Rahmen einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfragen zu verweisen. Vielmehr hätte er im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht festgestellten zahlreichen weiteren erheblichen Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen zugleich substantiiert vortragen müssen, warum es auf die Klärung allein des Teilaspekts der Kastenstandsbreiten im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt. Dem verwaltungsgerichtlichen Urteil lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass die Frage der Unterbringung der Schweine in zu engen bzw. zu kleinen Kastenständen - wie der Kläger meint - ein wesentliches, vor allem nicht hinwegzudenkendes Begründungselement des Tierhaltungsverbotes ist.

86

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

87

C. Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 35.2 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Streitwertbemessung.

88

D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4, § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gründe

1

A. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündlichen Verhandlungen vom 28., 29. Juni und 4. Juli 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

I.Die von dem Kläger erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Der Zulassungsschrift sind keine Verfahrensmängel zu entnehmen, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

3

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leidet nicht an einem rechtserheblichen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO aufgrund eines von dem Kläger behaupteten gröblichen Verstoßes des Gerichts gegen die Grundmaximeeiner unvoreingenommenen und fairen Verhandlungsführung.

4

Dabei ist zunächst grundsätzlich festzustellen, dass ein Verfahrensfehler, wie z. B. die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder ein Verstoß gegen die in § 86 Abs. 1 VwGO normierte Aufklärungspflicht, nicht ohne weiteres auf die Voreingenommenheit und mangelnde Fairness des Richters oder der Mitglieder des Spruchkörpers schließen lässt, dem er unterlaufen ist. Insoweit können Verfahrensfehler ebenso wie sonstige Rechtsfehler grundsätzlich auch nicht per se zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit führen; denn die Richterablehnung dient nicht der Fehlerkontrolle und ist deshalb kein Rechtsbehelf gegen unrichtige oder für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters. Um solche Rechtsauffassungen überprüfen zu lassen, müssen sich die Betroffenen vielmehr der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe bedienen (BayVGH, Beschluss vom 12. Januar 2015 - 10 ZB 14.1874 -, juris Rn. 26, m. w. N.). Die Annahme der Voreingenommenheit und mangelnden Fairness rechtfertigen Rechts- und Verfahrensfehler daher lediglich dann, wenn Gründe dargelegt werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem betroffenen Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. BFH, Beschluss vom 16. April 1993 - I B 155/92 -, juris Rn. 16). Dies kommt etwa in Betracht, wenn der betreffende Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Grenzen missachtet oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei den Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit bzw. bewusst fehlenden Fairness aufdrängen konnte. Eine Besorgnis der Befangenheit besteht insbesondere, wenn sich die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters so weit von den anerkannten rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Beteiligten bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch sachfremden Einstellung des Richters erwecken (vgl. BayVGH, a. a. O., und Beschluss vom 3. November 2014 - 22 CS 14.2157 -, juris Rn. 16).

5

Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen eine unvoreingenommene und faire Verhandlungsführung durch das Verwaltungsgericht hier weder dargelegt noch anderweitig erkennbar.

6

a. Der Kläger rügt insoweit zunächst, dass das Verwaltungsgericht die Hinweise des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 16. April 2015 - 3 M 517/14 -, es bedürfe zunächst weiterer Sachverhaltsaufklärung, um die Richtigkeit der gegen den Kläger in dem Bescheid und den dazu beigefügten Anlagen vorgebrachten Vorwürfe zu klären, unbeachtet gelassen habe. Die mündliche Verhandlung habe sich vielmehr darin erschöpft, dem Beklagten vor der Öffentlichkeit ein Forum für die Darstellung der von ihm getroffenen Feststellungen zu verschaffen, und alle Versuche des Klägers, die Validität der erhobenen Vorwürfe in Zweifel zu ziehen und zu erschüttern, von vornherein abzublocken, so dass die Grundvoraussetzungen für die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und des Gebotes einer Fairness des Verfahrens nicht mehr gegeben seien.

7

Dieses Vorbringen rechtfertigt die Annahme, das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz des unvoreingenommenen und fairen Verfahrens verletzt, nicht, denn weder die Gestaltung der mündlichen Verhandlungen durch den Vorsitzenden Richter noch die in den einzelnen Verhandlungen getroffenen Entscheidungen vermögen den Eindruck einer willkürlichen oder zumindest sachfremden Einstellung der Richter gegenüber dem Kläger zu erwecken. Ausweislich der Protokolle über die öffentlichen Sitzungen vom 28., 29. Juni und 4. Juli 2016 wurde die Sach- und Rechtslage im Verlauf der dreitägigen mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten ausführlich erörtert; insbesondere hatten auch die Prozessbevollmächtigten des Klägers an jeder Stelle des Verfahrensgangs Gelegenheit, sich zur Sach- und Rechtslage zu äußern, und haben hiervon auch umfassend, insbesondere auch durch die Stellung von Beweisanträgen, Gebrauch gemacht. Zudem ist aus dem Umstand, dass das Gericht auch den von dem Kläger benannten Fachtierarzt für Schweine, Dr. med. vet. (D.), Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen bzw. Landwirtschaftskammer des Landes Niedersachsen, zu den Ergebnissen der von ihm durchgeführten Kontrollen befragt hat, zu ersehen, dass das Verwaltungsgericht nicht nur dem Beklagten Gelegenheit gegeben hat, sich zu den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen, den von ihm gehaltenen und betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt zu haben, zu äußern, sondern auch dem Kläger die Möglichkeit eröffnet hat, sich zum Sachverhalt zu äußern und seine Rechtsauffassung vor der Öffentlichkeit darzulegen. Eine Voreingenommenheit und fehlende Fairness des Gerichts lässt sich mithin allein aus dem Umstand, dass das Gericht den im Hinblick auf den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) lediglich als Anregung zu verstehenden Hinweisen des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht gefolgt ist, nicht ableiten.

8

Soweit mit dem Zulassungsantrag durch den Verweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2015 - 3 M 517/14 - eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gerügt worden sein sollte, ist eine solche nicht ersichtlich.

9

§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO enthält als prozessrechtliche Vorschrift Vorgaben, die die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts als Vorgang steuern(BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Das Gericht hat seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Die Einhaltung der daraus folgenden verfahrensmäßigen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Berufungsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr.5 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen(stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 -, juris Rn. 3). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt.

10

Eine Verletzung der allgemeinen Auslegungs-, Beweiswürdigungs- oder Erfahrungsgrundsätze oder ein Verstoß gegen Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnten, ist von dem Kläger indes nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden und liegt im Übrigen ersichtlich nicht vor(zu den insoweit geltenden strengen Voraussetzungen vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 3).

11

Soweit der Kläger des Weiteren eine Aufklärungsrüge gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erheben will, fehlt es schon an einer prozessordnungsgemäßen Darlegung im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

12

Der Umfang der Ermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird entscheidend durch das Klagebegehren im Sinne von § 88 VwGO, den Streitgegenstand und vor allem nach dem anzuwendenden materiellen Recht bestimmt(vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1992 - BVerwG 5 B 134.91 -, Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 246; vgl. auch Urteil vom 22. Oktober 1987 - BVerwG 7 C 4.85 -, DVBl. 1988, 148; Urteil vom 7. Oktober 1990 - BVerwG 7 C 55 und 56.89 -, BVerwGE 85, 368 [379 f.]). Die Sachverhaltserforschungspflicht geht mithin nur soweit, als dies für die Entscheidung des Gerichtes erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1998 - BVerwG 1 B 103.98 -, Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 42; Urteil vom 22. Oktober 1987, a. a. O.; Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 31.87 -, NVwZ 1989, 864), also wenn und soweit es nach der Rechtsauffassung des Gerichts (siehe hierzu: BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1993 - BVerwG 1 B 82.92 -, juris) - selbst wenn diese unzutreffend sein sollte (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 -, BVerwGE 70, 216 [221 f.]; siehe auch Urteil vom 24. November 1982 - BVerwG 6 C 64.82 -, juris) - hierauf entscheidungserheblich ankommt (siehe: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984, a. a. O.). Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO daher grundsätzlich nicht, wenn es den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge oder einer Beweisaufnahme für aufgeklärt hält und von einer Beweiserhebung absieht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich dem Gericht die Beweiserhebung, die ein anwaltlich nicht vertretener Prozessbeteiligter nicht beantragt hat, offensichtlich hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, vgl. etwa: Beschluss vom 5. August 1997 - BVerwG 1 B 144.97 -, NVwZ-RR 1998, 784; Beschluss vom 13. Mai 2004 - BVerwG 4 B 27.04 -, juris; siehe zum Vorstehenden im Übrigen auch: OVG LSA, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 1 L 35/06 -, JMBl. LSA 2006, 386).

13

Hiernach ist weder seitens des Klägers nachvollziehbar dargelegt noch anderweitig ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht die ihm gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärungspflicht verletzt hat.

14

Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts - allein auf diese und nicht auf die Auffassung des Beschwerde- und Berufungsgerichts kommt es an - aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Erstgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können(vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 - BVerwG 5 B 36.14 -, juris Rn. 7; BayVGH, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 10 ZB 14.1486 -, juris Rn. 17 m. w. N.). Zudem ist darzulegen, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen (BVerwG, a. a. O., juris Rn. 4). Hierzu enthält der Zulassungsantrag unter Ziffer 1a) indes keinerlei Ausführungen. Dem bloßen Hinweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2015 lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, welches Ergebnis die unterbliebene Sachverhaltsaufklärung unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz konkret erbracht hätte, welche Ermittlungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären und dass und inwieweit das unterstellte Beweisergebnis für den Kläger günstig gewesen wäre.

15

b. Anhaltspunkte für den von dem Kläger erhobenen Vorwurf der Voreingenommenheit und mangelnden Fairness des erkennenden Gerichts, weil es die auf die Erhebung eines Zeugenbeweises gerichteten Beweisanträge mit der vorgeschobenen Begründung zurückgewiesen habe, es handele sich um Ausforschungsbeweisanträge, und damit das gesamte Verfahren in Bezug auf die Waffengleichheit in Schieflage geraten sei, existieren nicht.

16

Unabhängig davon, dass für den Senat mangels Substantiierung durch den Kläger schon nicht ohne weiteres erkennbar ist, auf welche abgelehnten Beweisanträge das Vorbringen des Klägers im Einzelnen abzielt, legt die Zulassungsschrift schon nicht dar, worin eine Voreingenommenheit des Gerichts liegen soll, das einen Beweisantrag mit der zulässigen, im Prozessrecht eine Stütze findenden Begründung ablehnt (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 6.07 -, juris Rn.10), der Beweisantrag laufe auf eine unzulässige Beweiserforschung hinaus.

17

Ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die bei objektiver Betrachtung befürchten lassen, dass der Richter der Sache nicht unparteilich oder unvoreingenommen gegenübersteht, lässt sich daher auch ein Ablehnungsgesuch von vornherein nicht darauf stützen, dass der Richter bestimmten Beweisanträgen nicht gefolgt ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Richter gleichzeitig z. B. Beweisanträgen der Gegenseite oder deren Beweisanregungen nachgeht. Denn es gibt keine Regel dahingehend, dass aus Gründen der „Waffengleichheit“ stets dem Vorbringen sämtlicher Verfahrensbeteiligter in gleichem Umfang nachzugehen wäre; entscheidend ist allein, welches Vorgehen das Gericht selbst nach pflichtgemäßem Ermessen für sachdienlich und (rechtlich) geboten hält, um eine Entscheidung treffen zu können.

18

c. Ohne Erfolg macht der Kläger eine Voreingenommenheit der Kammer geltend, weil diese trotz des im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2016 gegen den Kammervorsitzenden gestellten und begründeten Befangenheitsantrags unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 ZPO die mündliche Verhandlung fortgesetzt habe; denn § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO sieht ausdrücklich vor, dass der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden kann, wenn ein Richter während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde.

19

Die Annahme einer Voreingenommenheit wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Kläger Gründe dargelegt hätte, die dafür sprechen, dass die Anwendung des § 47 Abs. 2 ZPO auf einer unsachlichen Einstellung der Richter gegenüber dem betroffenen Beteiligten oder auf Willkür beruht. Letzteres ist hier nicht erkennbar; denn die Entscheidung der Kammer, die mündliche Verhandlung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO fortzusetzen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da der erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellte Befangenheitsantrag schon aufgrund seines Umfangs und der Fülle der gegen den Kammervorsitzenden erhobenen Vorwürfe eine Vertagung der Verhandlung erfordert hätte, um der für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zuständigen Kammer eine sachgerechte Prüfung des Befangenheitsantrags zu ermöglichen. Insbesondere bedarf es keiner Bemühungen und Anstrengungen der Kammer, noch in der mündlichen Verhandlung desselben Tages eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch herbeizuführen; denn eine etwaig erforderliche Rechtswahrung wird durch § 47 Abs. 2 Satz 2 ZPO sichergestellt, wonach der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen ist, wenn die Ablehnung für begründet erklärt wird(OVG LSA, Beschluss vom 9. März 2010 - 1 L 96/09 -, juris Rn. 5), was vorliegend aber gerade nicht der Fall war (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 1. Juli 2016 - 1 A 1198/14 MD -). Aus diesem Grund kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, die Entscheidung des Vorsitzenden, den Termin fortzusetzen, sei verfahrensfehlerhaft und offenbare erneut "das unzulässige Bemühen der Kammer, das vorgenommene Programm der mündlichen Verhandlung wie geplant abzuwickeln".

20

d. Auch aus dem Erlass der prozessleitenden Verfügung vom 4. Juli 2016 im Sinne des § 146 Abs. 2 VwGO, die sich in der Sache auf den äußeren, förmlichen Fortgang des Verfahrens - hier des weiteren Ablaufs der mündlichen Verhandlung - bezieht und keine Entscheidung über den Streitgegenstand darstellt, lässt sich eine Voreingenommenheit des Kammervorsitzenden zu Lasten des Klägers nicht ableiten, zumal sich die Verfügung - wie der Kläger selbst einräumt - an alle Beteiligten des Rechtsstreits richtete. Zudem entspricht Ziffer 1 der prozessleitenden Verfügung § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 2 ZPO, wonach in das Protokoll die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind. Auch die Ziffern 2 und 3 der prozessleitenden Verfügung sollen ausschließlich den ordnungsgemäßen, vor allem sinnvoll strukturierten Gang der mündlichen Verhandlung sicherstellen, indem den Beteiligten die Stellung von Anträgen nicht abgeschnitten, sondern lediglich zu einem von dem Kammervorsitzenden zu bestimmenden Zeitpunkt bzw. am letzten Sitzungstag vor den Sachanträgen ermöglicht wird. Entspricht aber eine prozessleitende Verfügung - wie hier - dem Prozessrecht, ist eine voreingenommene und unfaire Verhandlungsführung der Vorinstanz von vornherein nicht anzunehmen.

21

Soweit der Kläger mit seinem Einwand, mit dieser verfahrensfehlerhaften Weise habe die Kammer ihre grundlegende Pflicht verletzt, die Waffengleichheit der Beteiligten zu wahren, in der Sache eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend machen will, legt er schon nicht dar, welche Sach- und Beweisanträge er nicht habe stellen können bzw. welche Vorgänge nicht oder nicht umfassend protokolliert worden sind oder welche Tatsachen oder Rechtsauffassungen er aufgrund dieser Verfahrensweise nicht haben vortragen können, die zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätten führen können.

22

e. Eine Voreingenommenheit der Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg ist schließlich nicht darin zu sehen, dass das am 4. Juli 2016 verkündete Urteil in dem 39-seitigen Text seiner Entscheidungsgründe auf 33 Seiten eine vertiefte Darstellung des angefochtenen Verwaltungsakts unter zusätzlicher Berücksichtigung einer gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.), LMU München, die der Beklagte im Gerichtsverfahren zu den Akten gereicht habe, die aber in der dreitägigen Verhandlung mit keinem Wort erwähnt worden sei, enthalte.

23

Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht sich in den Entscheidungsgründen nicht nur - wie vom Kläger behauptet - auf eine Wiedergabe des angefochtenen Verwaltungsakts und der von dem Beklagten eingereichten Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) vom 27. Januar 2015 (vgl. Band XVII, Bl. 6186 ff.) beschränkt hat. Vielmehr setzt sich das Gericht in dem angefochtenen Urteil auch ausführlich mit dem Vorbringen des Klägers auseinander (so z. B. auf S. 7 UA zu der geltend gemachten Voreingenommenheit der Mitarbeiter des Beklagten, auf S. 10/11 UA zur Tierhaltereigenschaft des Klägers, auf S. 13 UA zur Frage des Beurteilungsspielraums von Amtstierärzten und auf S. 15 ff. UA zu den Einwänden des Klägers gegen die Bewertungen des Amtstierarztes des Beklagten) und bezieht in seine Erwägungen insbesondere auch die von dem Kläger vorgelegte Stellungnahme des Amtstierarztes Dr. (P.) vom 2. Februar 2015 (Beiakte J, Seite 1 ff.) ein. Auch die Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) war nicht willkürlich, weil sie Inhalt der Gerichtsakten geworden ist und der Kläger, dem die Stellungnahme mit richterlicher Verfügung vom 11. April 2016 übersandt worden ist, mit einer Verwertung der dort gewonnenen Erkenntnisse hat rechnen können.

24

Im Übrigen rechtfertigt das Vorbringen des Klägers, die Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) vom 27. Januar 2015 sei mit keinem Wort in der dreitägigen mündlichen Verhandlung erwähnt worden, nicht die Annahme, das Verwaltungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verletzt.

25

Die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen(BVerwG, Beschluss vom 21. September 2011 - BVerwG 5 B 11.11 -, juris Rn. 3 m. w. N.). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt jedoch auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, grundsätzlich keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und rechtlich bewertet, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt(BVerwG, a. a. O.). Eine Ausnahme hiervon gilt zwar dann, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und der zunächst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt (BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 -, juris; Beschluss vom 19. Juni 1998 - BVerwG 6 B 70.97 -, NVwZ-RR 1998, 759). Hiervon kann im vorliegenden Fall allerdings schon deswegen nicht die Rede sein, weil die gutachterliche Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. (E.) vom 27. Januar 2015 - wie oben bereits erläutert - Gegenstand der Gerichtsakten geworden ist und dem Kläger spätestens seit Mitte April 2016 bekannt war, so dass der Kläger auch mit einer Verwertung dieser Erkenntnisquelle durch das Verwaltungsgericht rechnen konnte. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht weder einen für den Kläger überraschend neuen noch einen unerörtert gebliebenen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht; denn die Bewertung der Ergebnisse der polizeilichen Durchsuchung vom 18. bis 20. März 2014 war von Anfang an Gegenstand des hier anhängigen Rechtsstreits und der Kläger hat dazu seine Rechtsauffassung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch ausführlich vorgetragen.

26

Schließlich ist auch aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Beweisanträge zusammenhängend am Ende der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils abgelehnt hat, keine Voreingenommenheit der Kammer zu erkennen, insbesondere ist weder ersichtlich noch wird vom Kläger dargetan, dass die inhaltliche Gestaltung des angefochtenen Urteils, die grundsätzlich der richterlichen Freiheit unterfällt, mit anerkannten rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen unvereinbar ist oder den Eindruck einer sachfremden Einstellung der Kammer erweckt.

27

Auch die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO verlangt (nur), dass in den Urteilsgründen die (wesentlichen) tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Sie ist erst dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe insgesamt rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie unbrauchbar sind (BVerwG, Beschluss vom 1. Juni 2010 - BVerwG 6 B 77.09 -, juris Rn. 15, m. w. N.). Hierfür ist indes nichts ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr jeden einzelnen Beweisantrag des Klägers geprüft und die für seine Ablehnung im Wesentlichen leitenden Gründe offengelegt. Zu mehr war es durch § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht verpflichtet.

28

2. Soweit der Kläger für sich genommen einen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO damit zu begründen versucht, dass er im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter gestellt und dieser unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 ZPO die mündliche Verhandlung fortgesetzt hat, vermag er damit nicht durchzudringen.

29

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der gemäß § 54 Abs. 1 VwGO in Verwaltungsgerichtsverfahren entsprechend anzuwenden ist, kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, wenn ein Richter während der Verhandlung abgelehnt wird und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Diese mit Wirkung vom 1. September 2004 durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz (BGBl. I S. 2198) eingefügte Vorschrift soll missbräuchlichen, nur der Verzögerung dienenden Ablehnungsgesuchen vorbeugen und Vertagungen bei letztlich unbegründeten Ablehnungen vermeiden (vgl. BT-Drucksache 15/1508, S. 16).

30

Die Entscheidung der Kammer, die mündliche Verhandlung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Beteiligung des Vorsitzenden fortzusetzen, begegnet - wie oben bereits erläutert - keinen rechtlichen Bedenken, da der erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellte Befangenheitsantrag schon aufgrund seines Umfangs eine Vertagung der Verhandlung erfordert hätte, um der für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zuständigen Kammer eine sachgerechte Prüfung des Antrags zu ermöglichen. Insoweit ist ein oberflächlicher Umgang der Kammer mit der Ausnahmevorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der einen Verfahrensmangel im Sinne des
§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO begründen könnte, entgegen der Auffassung des Klägers nicht erkennbar.

31

3. Mit der Rüge des Klägers, der Erlass der prozessleitenden Verfügung des Kammervorsitzenden vom 4. Juli 2016 stelle einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden.

32

Die Darlegung eines Verfahrensmangels i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfordert nämlich die konkrete Bezeichnung des Verfahrensmangels in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und die Darlegung, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Das Vorbringen des Klägers lässt allerdings nicht erkennen, gegen welchen prozessrechtlichen Verfahrensgrundsatz das Verwaltungsgericht mit dem Erlass der prozessleitenden Verfügung im Sinne des § 146 Abs. 2 VwGO verstoßen haben soll und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

33

Soweit der Kläger mit seinem Einwand, er sei durch die (verfahrensrechtlich wertlose) Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des amtsärztlichen Dienstes des Beklagten und die als unanfechtbar deklarierte prozessleitende Verfügung, die ihm direkte Nachfragen an einen der erschienenen Beklagtenvertreter verbeten habe, in seinem fundamentalen Beweisantragsrecht beschränkt worden, in der Sache eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend machen will, legt er schon nicht im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO substantiiert dar, welche Sach- und Beweisanträge er nicht hat stellen können bzw. welche Nachfragen er dem erschienen Beklagtenvertreter nicht hat stellen können und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

34

Rechtliche Bedenken gegen die prozessleitende Verfügung bestehen im Übrigen - wie oben bereits erläutert - nicht.Unter prozessleitenden Verfügungen sind richterliche Maßnahmen einschließlich Beschlüssen zu verstehen, die dem gesetz- und zweckmäßigen Ablauf des Verfahrens zur Vorbereitung der abschließenden Entscheidung dienen und ihrer Bedeutung nach den anderen in § 146 Abs. 2 VwGO genannten Maßnahmen entsprechen(NdsOVG, Beschluss vom 9. Januar 2015 - 10 OB 109/14 -, juris Rn. 9 m. w. N.). Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt in dem Erlass der prozessleitenden Verfügung schon deswegen kein Verfahrensfehler, weil Ziffer 1 der prozessleitenden Verfügung § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 2 ZPO entspricht, wonach in das Protokoll die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind, und die Ziffern 2 und 3 ausschließlich den ordnungsgemäßen, vor allem sinnvoll strukturierten Gang der mündlichen Verhandlung sicherstellen sollen, indem den Beteiligten die Stellung von Anträgen nicht abgeschnitten, sondern lediglich zu einem von dem Kammervorsitzenden zu bestimmenden Zeitpunkt bzw. am letzten Sitzungstag vor den Sachanträgen ermöglicht wird.

35

4. Soweit der Kläger aus der seiner Ansicht nach fehlerhaften Zurückweisung von Beweisanträgen einen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO herzuleiten sucht, legt er ebenfalls schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werdenden Weise dar, gegen welchen prozessrechtlichen Verfahrensgrundsatz das Verwaltungsgericht mit der Zurückweisung der Beweisanträge verstoßen haben soll und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

36

Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, der Kläger mache mit seinem Vortrag geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, indem es die vom Kläger in seiner Zulassungsschrift bezeichneten, in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abgelehnt und insoweit von einer weiteren Sachaufklärung abgesehen habe, hat sein Zulassungsantrag keinen Erfolg.

37

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen(vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 2004 - 2 BvR 779/04 -, EuGRZ 2004, 656). Damit soll gewährleistet werden, dass die Gerichtsentscheidung frei von Fehlern ergeht, die ihren Grund in einer unterlassenen Kenntnisnahme und einer Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Verfahrensbeteiligten haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 1980 - 1 BvR 277/78 - BVerfGE 53, 219). Die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, besteht allerdings nicht, soweit das Vorbringen aus Gründen des formellen und materiellen Rechts unberücksichtigt bleiben muss oder kann (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 -, BVerfGE 22, 267 [273]). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt auch nicht vor jeder aus Sicht eines Beteiligten sachlich unrichtigen Ablehnung eines Beweisantrags (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 - BVerwG 9 CB 20.87 -, NJW 1988, 722). Holt das Gericht einen beantragten Beweis nicht ein, so liegt hierin grundsätzlich nur dann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw. der richterlichen Aufklärungspflicht, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet. Eine tragfähige Stütze im Prozessrecht findet die Ablehnung eines Beweisantrags im Verwaltungsprozess regelmäßig dann, wenn der Beweisantrag entweder unzulässig ist oder die Gründe, auf die sich das Verwaltungsgericht im Beschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO stützt, nach einfachem Verfahrensrecht die Zurückweisung des Beweisantrags rechtfertigen(BVerfG, Beschluss vom 8. November 1978 - 1 BvR 158/78 -, BVerfGE 50, 32 [36]; BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - BVerwG 2 B 34.14 u. a. -, juris Rn. 32 m. w. N.).

38

Dies ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Beweisanträge aus den im Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 28. Juni 2016 angeführten prozessualen Gründen ohne Rechtsfehler abgelehnt.

39

a. Dies gilt zunächst für die nach dem Vortrag des Klägers allein gerügte Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2016 gestellten Beweisantrags zu II. Ziffer 4,

40

"dass im Anschluss die hinzugezogenen Polizeibeamten selbstständig, ohne Weisung oder Absprache mit einem Veterinär Eintragungen vorgenommen haben",

41

dessen Zurückweisung der Kläger für unzulässig und verfahrensfehlerhaft hält.

42

Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag ohne Rechtsfehler u. a. als unzulässig abgelehnt, weil er auf die Ausforschung eines Sachverhalts abzielt.

43

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 25. Januar 2016, a. a. O. Rn. 39) sind Beweisanträge als Ausforschungsbegehren unzulässig, wenn sie dazu dienen sollen, Behauptungen und Vermutungen zu stützen, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben werden. Die gebotene Substantiierung eines Beweisantrags erschöpft sich dabei nicht in der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet, und der Nennung eines bestimmten Beweismittels. Es ist einem Verfahrensbeteiligten und seinem Prozessbevollmächtigten verwehrt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, deren Wahrheitsgehalt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben könnten, und auf diese Weise eine Beweiserhebung zu erzwingen (BVerwG, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 6.07 -, juris Rn. 10, und vom 6. Januar 2011 - BVerwG 4 B 51.10 -, juris Rn. 14). Vielmehr bedarf es der Darlegung greifbarer Anhaltspunkte (sog. Anknüpfungstatsachen), die dem Gericht Anlass für die begehrte Beweiserhebung geben können.

44

Der Kläger sieht diese (greifbaren) Anhaltspunkte (wohl) in dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Beweisanträge zu den Ziffern 1., 2. und 3. mit der Begründung abgelehnt hat, es komme auf die Beweisaufnahmen nicht an, und damit nach Auffassung des Klägers gemeint habe, die Behauptungen könnten als wahr unterstellt werden. Damit habe für die Entscheidungsfindung der Kammer festgestanden, dass die hinzugezogenen Polizeibeamten nicht an einer Vorbesprechung teilgenommen hätten, ihnen keine schriftliche Handlungsanweisung ausgehändigt worden sei und sie auch vor Beginn der Aktion im Stall keine fachliche Unterweisung erhalten hätten. Da entscheidend sei, ob die Eintragungen in die zahlreichen vorbereiteten Listen durch eine dazu fachlich autorisierte Person vorgenommen, angeordnet oder jedenfalls begleitet worden seien und der Kläger davon Kenntnis erhalten habe, dass Polizeibeamte nach ihrer eigenen Anschauung und nach ihrem eigenen Gutdünken gehandelt hätten, widerspreche die Ablehnung des Beweisantrags zu 4., der exakt auf diesen Vorgang abgezielt habe, dem Beweisantragsrecht.

45

Diese Einwände rechtfertigen nicht die Annahme einer rechtsfehlerhaften Zurückweisung des Beweisantrags zu 4.

46

Schon die Grundannahme des Klägers, die Ablehnung eines Beweisantrags "als unerheblich" bedeute, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen "als wahr" unterstellt werden könnten, geht fehl. Zwar trifft es zu, dass eine Wahrunterstellung für nicht entscheidungserhebliche Umstände in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 -, juris, Rn. 16 ff.). Allerdings liegt - umgekehrt - nicht in jeder Ablehnung eines Beweisantrags mangels Entscheidungserheblichkeit eine Wahrunterstellung. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, abgesehen von den Fällen, in denen nach gesetzlicher Regelung eine Beweiserhebung entbehrlich ist, bzw. wegen Ungeeignetheit, Untauglichkeit oder Unzulässigkeit der Beweismittel entfällt, eine Beweiserhebung abgelehnt werden, wenn entweder (1.) die Beweistatsache als wahr unterstellt wird oder es - wie hier - (2.) auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht ankommt bzw. (3.) der mit dem Beweisanerbieten umschriebene Sachverhalt für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist oder (4.) das Beweismittel aus besonderen Gründen nicht erfolgreich sein kann (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1974 - BVerwG V CB 13.74 -, juris Rn. 21). Stehen die o. g. Ablehnungsgründe mithin eigenständig nebeneinander, kann aus der Ablehnung des Beweisantrags mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zugleich auch von einer Wahrunterstellung der unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen durch die
Vorinstanz ausgegangen werden.

47

Gibt es folglich mangels ausdrücklicher oder konkludenter Wahrunterstellung der von dem Kläger unter II. 1., 2. und 3. unter Beweis gestellten Tatsachen schon keine greifbaren Anhaltspunkte für seine Annahme, die hinzugezogenen Polizeibeamten hätten ohne Weisung oder Absprache mit einem Veterinär Eintragungen vorgenommen, stellt sich der Beweisantrag zu Ziffer 4. als ein "ins Blaue hinein" gestellter Ausforschungsantrag dar, den das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt hat.

48

Im Übrigen enthält auch der Zulassungsantrag nach wie vor keinen schlüssigen Vortrag dazu, dass und warum das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung, dass die hinzugezogenen Polizeibeamten selbstständig, ohne Weisung oder Absprache mit einem Veterinär Eintragungen vorgenommen haben, gehabt haben sollte und inwieweit sich die getroffenen Feststellung auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hätte.

49

b. Soweit der Kläger auch die Zurückweisung der Beweisanträge zu II. Ziffern 1. bis 3.,

50

"1. dass vor Beginn der Durchsuchen vom 18.-21.03.2014 eine Vorbesprechung stattgefunden hat, an der neben den Beamten der Staatsanwaltschaft, Frau (B.) von der Polizei und den Veterinären des Landkreises die daneben in den Teams zugezogenen Polizeibeamten nicht teilgenommen haben,

51

2. dass in der Vorbesprechung keine schriftliche Handlungsanweisung, sondern lediglich von der Staatsanwaltschaft vorbereitete Listen verteilt worden sind, in die, unterteilt nach Rubriken, Eintragungen vorgenommen werden sollten,

52

3. dass die in den sechs Untersuchungsteams hinzugezogenen Polizeibeamten vor Beginn der Aktion keine fachliche Weisung erhalten haben, sodass sie nicht orientiert darüber waren, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten sollten",

53

mangels Entscheidungserheblichkeit rügen will, ist diese Rüge ebenfalls nicht erfolgreich, denn diese Zurückweisung rechtfertigt sich aus den materiell-rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Haltungs- und Betreuungsverbot von Schweinen, das sich neben den Erkenntnissen aus den staatsanwaltlichen Ermittlungen vom 18. bis 20. März 2014 maßgeblich auch auf die tatsächlichen Feststellungen (nebst Fotodokumentation) des Amtstierarztes (G.) sowie weiterer Bediensteter des Beklagten im Rahmen seiner Untersuchung vom 18. bis 20. März 2014 (S. 13, 19 UA) und seiner Kontrolle vom 29. bis 30. Juli 2014 (S. 13 UA) zur tierschutzwidrigen Haltung von Schweinen in insbesondere zu engen Kastenständen [S. 15 ff. UA] sowie zu den weiteren erheblichen Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen (z. B. Tötung ohne vernünftigen Grund und ohne Betäubung [S. 21 ff. UA], nicht ordnungsgemäße Amputationen des Schwanzes [S. 27 ff. UA], mangelnde und unzureichende tierärztliche Behandlung und Versorgung [S. 29 ff., 34 f. UA], Feststellung von haltungsbedingten Erkrankungen und Verletzungen [S. 30 ff. UA], keine ordnungsgemäßen Krankenbuchten [S. 33 f.] und Verladung nicht transportfähiger Ferkel [S. 35 UA]) gestützt hat. Ausgehend von diesen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts kam es mithin für dieses erkennbar auf die Eintragungen in die von der Staatsanwaltschaft vorbereiteten Listen nicht bzw. nicht mehr entscheidungserheblich an mit der Folge, dass es auch unerheblich ist, ob die Polizeibeamten an der Vorbesprechung teilgenommen haben, lediglich Listen verteilt worden sind oder die hinzugezogenen Polizeibeamten keine fachliche Weisung erhalten haben.

54

Auch der Zulassungsantrag legt im Übrigen nicht dar, inwieweit die von dem Kläger beantragten Beweise II. Ziffern 1. bis 3. im Hinblick auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich hätten sein können.

55

c. Gleiches gilt, soweit der Kläger einwendet, die Begründung der Ablehnung der Beweisanträge,

56

"1. dass die Verantwortlichen für die Durchsuchung und die verantwortlichen Veterinäre am 18.-21.03.2014 hingenommen haben, dass in den Untersuchungsteams eingesetzte Polizeibeamte in die Überprüfungslisten ohne vorherige fachliche Unterweisung Eintragungen und Bewertungen vorgenommen haben, ohne dazu in jedem Einzelfall durch einen Veterinär aufgefordert oder ermächtigt zu sein,

57

2. dass die Listen mit den Durchsuchungskriterien dem Landkreis nicht bekannt und nicht mit ihm abgestimmt waren und auch nicht durch Beratung fachkundiger Veterinäre wie z. B. Prof. (H.) erstellt worden waren,

58

3. dass die verwendeten Listen ungeeignet sind, die Feststellungen des amtstierärztlichen Gutachtens, insbesondere die Feststellungen von langanhaltenden Schmerzen und Leiden sowie von erblichen Schäden zu begründen, weil sie z. B. keine Kriterien für die Feststellung von Verletzungen oder die Ordnungsgemäßheit von Kastenständen erhalten",

59

als unerheblich bzw. als unzulässiger Ausforschungsbeweis sei nicht nachvollziehbar und verfahrensfehlerhaft. Denn - wie oben bereits erläutert - kam es nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts auf die Art der Erstellung und den Inhalt der von dem Kläger gerügten Überprüfungslisten im Rahmen der angefochtenen Entscheidung der Vorinstanz nicht entscheidungserheblich an.

60

Eine Beweiserhebung über Tatsachen, die nach Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich sind, ist prozessrechtlich unter keinen Umständen geboten. Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz die rechtliche Bedeutung der Listeneintragungen bzw. deren Entscheidungserheblichkeit verkannt hat, zeigt der Kläger in seinem Zulassungsantrag im Übrigen nicht auf.

61

Auch aus der (übergreifenden) Rüge, ihm sei unter den von der Kammer des Verwaltungsgerichts festgelegten Voraussetzungen jede ernsthafte und substantielle Verteidigungschance genommen worden, lässt sich nicht entnehmen, welche rechtsstaatlichen Anforderungen an das Gerichtsverfahren die Vorinstanz nicht beachtet haben soll und inwieweit die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.

62

II. Die von dem Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht.

63

„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen(vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33). Das ist vorliegend nicht der Fall.

64

Der Kläger wendet sich mit der Behauptung des Vorliegens ernstlicher Zweifel sowohl gegen "die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Verwaltungsentscheidun-gen und des erstinstanzlichen Urteils" als auch gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtswidrigkeit der Breite des Kastenstandes zur Sauenhaltung und die für gegeben angesehene Haltereigenschaft des Klägers sowie die Verhältnismäßig-keitsprüfung des Verwaltungsgerichts.Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werdende Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt in den nach Art einer Berufungsbegründung gestalteten allgemeinen Ausführungen und Verweisungen auf bisheriges Vorbringen zu diesen Punkten, ohne dass der Kläger sich im Einzelnen substantiiert mit einzelnen Sachverhalts-feststellungen und den tragenden Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils auseinandersetzt, allerdings nicht, so dass schon dieser Gesichtspunkt dem Erfolg des Zulassungsantrags entgegensteht, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, aus den ungeordneten Ausführungen und pauschalen Verweisungen auf im Rahmen der Zulassungsschrift oder der Nichtzulassungsbeschwerde an anderer Stelle angestellten Erwägungen die passenden und möglicherweise deshalb gewollten Gesichtspunkte zusammenzusuchen.

65

1. Darüber hinaus führt der Einwand des Klägers, die Bestandserhebung über das Tierwohl in seiner Anlage sei ohne fachliches Konzept und ohne fachliche Sorgfalt unter der Zuhilfenahme von Personen gelegt worden, die dazu fachlich nicht in der Lage gewesen seien, so dass die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen der Verwaltungsentscheidungen und des erstinstanzlichen Urteils nicht nur ernstlichen, sondern massiven Zweifeln unterlägen, auch deswegen nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags, weil sich der Kläger in dem Zulassungsantrag weder substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt noch konkret ausführt, dass insbesondere die erhobenen Einwände zur Tatsachengrundlage entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]).

66

Wie oben bereits erläutert hat sich das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung maßgeblich auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtstierarztes (G.) sowie weiterer Bediensteter des Beklagten einschließlich der Erkenntnisse aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren zur tierschutzwidrigen Haltung von Schweinen in zu engen Kastenständen sowie zu weiteren erheblichen Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen im Rahmen seiner Untersuchungen vom 18. bis 20. März 2014 und 29. bis 30. Juli 2014 gestützt, und mit der Ablehnung der Beweisanträge zu II. und III. insbesondere zum Ausdruck gebracht, dass es auf die Begleitumstände der Bestandserhebung (z. B. den vom Kläger erwähnten Einsatz von Polizeibeamten) nicht entscheidungserheblich ankommt. Unabhängig davon, dass der Kläger bereits die seiner Ansicht nach ernstlich zweifelhaften Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils nicht konkret benennt, zeigt der Zulassungsantrag nicht einmal ansatzweise auf, dass und warum die Vorinstanz die Frage der Entscheidungserheblichkeit verkannt hat.

67

2. Soweit der Kläger einwendet, bei der Frage nach der richtigen Breite eines Kastenstandes handele es sich mit Blick auf die Entscheidung des beschließenden Senats in dem Verfahren OVG 3 L 386/14 und der dagegen erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht unverändert um eine schwierige und umstrittene Rechtsfrage, legt er damit keine ernstlichen Zweifel dar, da dieser Einwand erneut eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vermissen lässt (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 68). Das schlichte Aufzeigen einer nach Ansicht des Klägers schwierigen Rechtsfrage, die der Senat in dem zitierten Urteil vom 24. November 2015 - 3 L 386/14 - im Übrigen beantwortet hat, ohne dass der Kläger sich - wie erforderlich - substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt und seine eigene rechtliche Wertung darlegt, genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht(vgl. OVG B-Stadt-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2015 – OVG 10 N 78.12 –, juris Rn. 4).

68

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung, der Kläger habe wiederholt und zum Teil auf gröbliche Weise gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen, nicht nur auf die Unterbringung der Schweine in zu engen bzw. zu kleinen Kastenständen gestützt, sondern das Haltungs- und Betreuungsverbot von Schweinen maßgeblich auch mit den zahlreichen weiteren erheblichen Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen begründet. Der Zulassungsantrag des Klägers lässt allerdings jeden schlüssigen Vortrag dazu vermissen, inwieweit der bloße Teilaspekt zur richtigen Breite eines Kastenstandes zur Sauenhaltung im Hinblick auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich ist.

69

3. Mit seinem Vortrag, ernstliche Zweifel seien auch darin begründet, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Tierhaltereigenschaft des Klägers ohne weitere Klärung - wie in dem Beschluss des Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2015, 3 M 517/14, zum Ausdruck gebracht - und auch ohne Würdigung der von ihm als Gesellschafter getroffenen Sicherungsmaßnahmen bejaht habe, legt der Kläger ebenfalls den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werdenden Weise dar. Allein mit der Bezugnahme auf den Beschluss vom 16. April 2015 und dem Hinweis auf nicht näher bezeichnete Sicherungsmaßnahmen kann eine substanzielle Auseinandersetzung mit der ausführlichen Begründung der Vorinstanz, dem Kläger stehe das Bestimmungsrecht über die Tiere und deren Haltung zu mit der Folge, dass er auch verantwortlicher Tierhalter im Sinne des Tierschutzgesetzes gewesen sei (S. 11 UA), nicht gesehen werden.

70

Soweit der Kläger im Hinblick auf den Senatsbeschluss vom 16. April 2015 bemängelt, das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, "ob der Kläger in Bezug auf die in den von der (...) betriebenen (Anlagen?) gehaltenen Schweine als verantwortlicher Halter angesehen werden könne", macht er in der Sache keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, sondern eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) durch das Verwaltungsgericht geltend. Dies hätte allerdings eine Darlegung erfordert, welche tatsächlichen Umstände hätten aufgeklärt werden müssen, welche Ermittlungen sich dem Gericht hierfür hätten aufdrängen müssen, welches mutmaßliche Ergebnis die Sachaufklärung gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 - BVerwG 5 B 36.14 -, juris Rn. 7). Diesen Anforderungen wird die Antragsschrift mangels entsprechender Ausführungen in keiner Weise gerecht.

71

4. Soweit der Kläger schließlich die Verhältnismäßigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zieht, weil sich - wie er dargelegt habe - die gesamte Tatsachengrundlage der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen als brüchig erwiesen habe, führt dieser Einwand schon deswegen nicht zum Erfolg, weil der Kläger - wie unter a. ausgeführt - schon mit seinen Darlegungen zur Tatsachenfeststellung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt hat.

72

III. Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache.

73

Der Kläger beschränkt sein Vorbringen unter III. Ziffern 1. bis 3. der Antragsbegründungsschrift darauf, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache in den „Sachverhaltsfeststellungen der Verwaltungsentscheidung und deren Bestätigung im angefochtenen Urteil" zu sehen und geltend zu machen, dass „die Frage der zutreffenden Auslegung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutzV unverändert eine rechtliche Schwierigkeit sei" und „die Voraussetzungen, unter denen es verhältnismäßig sein kann, einem Tierhalter, der die Betreuung von mehreren tausend Tieren zu verantworten hat, ein uneingeschränktes, bundesweit wirkendes Tierhaltungsverbot aufzuerlegen, bedürfen im Hinblick auf den Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG intensiver und gründlicher Klärung".

74

Diesen Vortrag zugrunde gelegt, hat er bereits nicht in gebotener Weise das Vorliegen des Zulassungsgrundes dargelegt.

75

„Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht(vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 26. Juni 2006 - 1 L 71/08 -, juris [m. w. N.]). Im Hinblick auf die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen aus der Sicht des Rechtsschutzsuchenden die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist(vgl. OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]), denn der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO soll eine allgemeine Fehlerkontrolle nur in solchen Fällen ermöglichen, die dazu besonderen Anlass geben(vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senates vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163). Außerdem bedarf es Darlegungen dazu, dass die aufgeworfenen Fragen für den zu entscheidenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sind (vgl.: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 1. Senates vom 8. März 2001 - 1 BvR 1653/99 -, NVwZ 2001, 552). Nur wenn sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteiles ergibt, dass eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, genügt ein Antragsteller der ihm gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungslast bereits regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteiles(vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senates vom 23. Juni 2000, a. a. O.) . Soweit ein Zulassungsantragsteller hingegen die Schwierigkeiten des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, hat er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (BVerfG, a. a. O.).

76

Den vorstehenden Anforderungen wird das Vorbringen in der Antragsbegründungs-schrift zum Vorliegen besonderer sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nicht gerecht. Die Antragsbegründungsschrift legt nicht einmal ansatzweise zulassungsbegründend dar, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und damit signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht. Dies ist im Übrigen für den beschließenden Senat auch nicht ersichtlich. Auch aus dem Begründungsaufwand des angefochtenen Urteiles ergibt sich nicht, dass die Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besonders schwierig ist. Abgesehen davon, dass die Zulassungsbegründung die erforderlichen erläuternden Hinweise auf die einschlägigen Urteilspassagen nicht enthält, bedürfen Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Tierhaltungsverbots mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG grundsätzlich einer umfassenden und eingehenden Prüfung der Sach- und Rechtslage und erfordern deshalb entsprechende Ausführungen in der jeweiligen Entscheidung.Der Umfang der Entscheidungsgründe trägt im Übrigen maßgeblich dem Umfang der rechtlichen Ausführungen des Klägers im Klageverfahren sowie dem Bemühen des Verwaltungsgerichts Rechnung, die Argumente der Beteiligten gebührend zu würdigen. Er ist deswegen vorliegend kein Indiz dafür, dass die vorliegende Rechtssache - objektiv gesehen - besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.

77

1. Darüber hinaus verweist der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten auf seine Einwendungen gegen die Sachverhaltsfeststellungen der Verwaltungsentscheidung und deren Bestätigung im angefochtenen Urteil im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu den übrigen Zulassungsgründen. Danach weise diese Rechtssache in einer geradezu exemplarischen Weise besondere tatsächliche Schwierigkeiten auf.

78

Dieses Vorbringen wird den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht, denn allein eine Bezugnahme auf bereits erfolgte Einwendungen des Klägers genügt, ohne die besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten darzustellen, den Darlegungsanforderungen jedenfalls nicht. Erst recht ist es nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, aus einem zur Vermeidung von Wiederholungen in Bezug genommenen Vorbringen die zur Begründung eines Zulassungsgrundes rechtlich relevanten Aspekte eigenständig herauszuarbeiten.

79

Ungeachtet dessen ist das Vorliegen des Zulassungsgrundes aus der Sicht des Berufungsgerichts im Zeitpunkt seiner Zulassungsentscheidung zu beurteilen. Zu diesem Zeitpunkt liegt dem Senat aber ein vom Verwaltungsgericht aufgeklärter und nicht überdurchschnittlich komplexer Sachverhalt vor.

80

2. Soweit der Kläger meint, die Frage der zutreffenden Auslegung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutzV sei unverändert "eine rechtliche Schwierigkeit" und zur Erläuterung dieser Position auf die gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht abgegebene Beschwerde Bezug nimmt, macht er schon keinerlei Ausführungen, die den Schwierigkeitsgrad dieser Frage plausibel zu machen versuchen; insbesondere ist es - wie oben bereits dargelegt - nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus den Verweisungen auf im Rahmen der Zulassungsschrift oder der umfangreichen Nichtzulassungsbeschwerde an anderer Stelle angestellten Erwägungen die passenden und möglicherweise deshalb gewollten Gesichtspunkte zusammenzusuchen, um der Zulassung zum Erfolg zu verhelfen.

81

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten sind schließlich auch nicht mit dem Vortrag des Klägers dargelegt, die Voraussetzungen, unter denen es verhältnismäßig sein könne, einem Tierhalter, der die Betreuung von mehreren tausend Tieren zu verantworten habe, ein uneingeschränktes, bundesweit wirkendes Tierhaltungsverbot aufzuerlegen, bedürften im Hinblick auf den Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG intensiver und gründlicher Klärung. Auch insoweit lässt der Zulassungsantrag keinerlei Ausführungen zum Schwierigkeitsgrad der aufgeworfenen Frage zur Verhältnismäßigkeit eines Tierhaltungsverbots in Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erkennen. In diesem Vortrag liegt vielmehr erneut sinngemäß die Rüge der mangelnden Sachaufklärung und fehlerhaften Rechtsanwendung des Gerichts.

82

IV. Überdies rechtfertigt sich die Zulassung der Berufung nicht wegen der von dem Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

83

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen(vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 L 166/07 -, juris [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 - BVerwG 1 B 23.87 -, InfAuslR 1987, 278). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zudem im Zulassungsantrag darzulegen. „Dargelegt" im Sinne der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG VIII B 78.61 -, BVerwGE 13, 90, vom 9. März 1993 - BVerwG 3 B 105.92 -, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr.11 und Beschluss vom 10. November 1992 - BVErwG 2 B 137.92 -, Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass in der Antragsschrift eine konkrete - entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige - rechtliche oder tatsächliche Frage „aufgeworfen und ausformuliert” wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995 - BVerwG 6 B 61.95 -, juris). Darüber hinaus obliegt es dem Rechtsschutzsuchenden, im Einzelnen darzulegen, inwiefern die aufgeworfene Frage im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinaus einer fallübergreifenden Klärung bedarf und im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Hierbei sind - neben der Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes, welche die Begründung erkennen lassen muss - die genannten Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels in der Weise unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung, der einschlägigen Rechtsprechung sowie unter Angabe der maßgeblichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Überlegungen zu erläutern und aufzuarbeiten, dass das Berufungsgericht hierdurch in die Lage versetzt wird, anhand der Antragsschrift darüber zu befinden, ob die Zulassung des Rechtsmittels gerechtfertigt ist (vgl. OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, Buchholz 310 VwGO § 133 (n. F.) Nr. 26).

84

In Anlegung dieser Maßstäbe ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache von dem Kläger nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden; denn es fehlt schon an der Formulierung einer oder mehrerer von dem Kläger als klärungsbedürftig und -fähig angesehener Rechts- oder Tatsachenfragen. Vor allem ist es nicht die Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts, sich die grundsätzlich bedeutsamen Fragen aus vorhergehenden Formulierungen oder Anträgen jeweils zusammenzusuchen, sondern es obliegt vielmehr dem Rechtsbehelfsführer, seine Darlegungen hinreichend klar zu ordnen.

85

Darüber hinaus genügt es im Hinblick auf den von dem Kläger angesprochenen Problemkreis der Kastenstandsbreiten (1.) vorliegend nicht, pauschal auf die Darlegung eines anderen Zulassungsgrundes oder auf die im Rahmen einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfragen zu verweisen. Vielmehr hätte er im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht festgestellten zahlreichen weiteren erheblichen Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen zugleich substantiiert vortragen müssen, warum es auf die Klärung allein des Teilaspekts der Kastenstandsbreiten im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt. Dem verwaltungsgerichtlichen Urteil lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass die Frage der Unterbringung der Schweine in zu engen bzw. zu kleinen Kastenständen - wie der Kläger meint - ein wesentliches, vor allem nicht hinwegzudenkendes Begründungselement des Tierhaltungsverbotes ist.

86

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

87

C. Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 35.2 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Streitwertbemessung.

88

D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4, § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein Beschluss der Beklagten vom 04.12.2003 über die Aufstellung des Bestandsverzeichnisses der Gemeinde- und sonstigen öffentlichen Straßen und die Eintragung der K-Straße in dieses Bestandsverzeichnis rechtswidrig sind. Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, über die die K-Straße verläuft.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellungsklage sei gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig, soweit die Aufstellung des Straßenbestandsverzeichnisses und die Eintragung der K-Straße in dieses Verzeichnis dazu führten, dass die Öffentlichkeit der Straße nunmehr vermutet werde. Die Aufstellung des Bestandsverzeichnisses und die Anordnung der (erstmaligen) Eintragung einer Straße stelle ungeachtet des Umstandes, dass die Eintragung auf einem Gemeinderatsbeschluss beruhe, einen feststellenden Verwaltungsakt dar, so dass die Klägerin ihre Rechte im Wege einer Anfechtungsklage gegen diese Eintragung hätte geltend machen können. Eine solche Anfechtungsklage habe sie nicht erhoben und sei mittlerweile unzulässig, weil die mit dem Beschluss vom 04.12.2003 getroffene Aufstellungs- und Eintragungsanordnung gegenüber der Klägerin bestandskräftig geworden sei. Soweit man ihr Schreiben vom 25.08.2010 als Widerspruch werte, sei dieser verfristet. Da eine individuelle Bekanntgabe an die Klägerin nicht erfolgt sei, sei die Widerspruchsfrist mit dem Ende der sechsmonatigen Auslegungsfrist des § 4 Abs. 2 Satz 2 StrG LSA am 08.08.2004 in Gang gesetzt worden. Wegen der unzureichenden Rechtsbehelfsbelehrung in der öffentlichen Bekanntmachung habe die Widerspruchsfrist ein Jahr betragen. Sie habe damit mehrere Jahre vor Erhebung des Widerspruchs geendet. Eine individuelle Unterrichtung des Grundstückseigentümers sehe die gesetzliche Regelung in Sachsen-Anhalt nicht vor. Die Obliegenheit, die Straßenbaubehörde innerhalb der vergleichsweise langen Auslegungsfrist auf eventuell entgegenstehende Rechtspositionen hinzuweisen, erschwere die Rechtsverfolgung nicht unzumutbar. Soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 04.12.2003 mit der Begründung begehre, durch den Beschluss seien die in ihrem Eigentum stehenden Wegeflurstücke als öffentliche Straße in rechtswidriger Weise gewidmet worden, fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Ein Erfolg der Feststellungsklage würde die Rechtsstellung der Klägerin nicht verbessern. Insoweit komme dem Beschluss keine regelnde Wirkung zu; denn in Bezug auf die Anordnung der Öffentlichkeit der Straße habe ihre Aufnahme in das Bestandsverzeichnis keine konstitutive, die Widmung ersetzende Wirkung, sie begründe vielmehr nur eine Vermutung für die Öffentlichkeit der Straße, die der Betroffene z.B. durch Vorlage von Urkunden widerlegen könne. Eine Umstellung der Klage in eine Feststellung, dass die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, sei nicht beantragt worden. Zudem würde dies eine Klageänderung darstellen, die nicht sachdienlich sei. Unabhängig davon wäre eine solche Klage wohl erfolglos geblieben. Der Annahme der Beklagten, dass die K-Straße nach der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 den Charakter einer kommunalen Straße gehabt habe, sei die Klägerin nicht hinreichend entgegengetreten.

II.

3

A. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

5

1.1. Die Klägerin wendet ein, es sei zwar denkbar, dass die Veröffentlichung des Beschlusses vom 04.12.2003 über die Aufstellung eines Bestandsverzeichnisses mit der Eintragung der K-Straße einen Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG darstelle. Die Frist für die Erhebung eines Widerspruch oder einer Anfechtungsklage sei aber nicht abgelaufen gewesen. Für sie sei bereits mit der Formulierung im Bestandsverzeichnis „K-Straße Eigentümer Stadt“ nicht erkennbar gewesen, dass sich das Bestandsverzeichnis auf den Teil der K-Straße bezogen habe und beziehe, der über in ihrem Eigentum stehende Grundstücke führe, zumal auch die Beklagte im Bereich der K-Straße Eigentümerin von Grundstücken sei. Die Bekanntmachung müsse vielmehr so erfolgen, dass der Bürger in der Lage sei zu erkennen, ob er von der Entscheidung betroffen sei. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 StrG LSA, nach der im Fall der Eintragung einer Straße in das Bestandsverzeichnis die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Erteilung der Zustimmung und der Vollzug der Widmung vermutet wird, habe eine enteignende bzw. enteignungsgleiche Wirkung, weil diese Vermutung gerade dann nicht widerlegbar sei, wenn sie – wie hier – nicht erteilt worden sei und damit eine in Art. 14 GG wurzelnde Dispositionsbefugnis des Bürgers als Eigentümer leerlaufen würde. Das ausgelegte Bestandsverzeichnis führe in die Irre, denn die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis werde darin bereits als gegeben vorausgesetzt, obwohl diese gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA erst habe geschaffen werden sollen. Die Klägerin habe auch deshalb nicht mit einem Betroffensein rechnen müssen, weil die K-Straße bis in die 1980er Jahre weiter östlich über im Eigentum der Beklagten stehende Flächen verlaufen sei. Es habe zudem einem fairen Verfahren widersprochen, dass die Beklagte einerseits mit ihr seit den 1990er Jahren über die Nutzung der K-Straße verhandelt und andererseits die K-Straße in das Bestandsverzeichnis aufgenommen habe. Auch aus diesen Verhandlungen sei der Beklagten bekannt gewesen, dass die K-Straße überwiegend im Eigentum der Klägerin stehe. Da die Beklagte in weiteren Besprechungen deutlich gemacht habe, dass die K-Straße bereits dem öffentlichen Verkehr gewidmet sei und erklärt habe, dass Eigentumsfragen zu Flurstücken somit zweitrangig seien, sei es auf ein Bestandverzeichnis nicht angekommen, so dass die Klägerin damit habe rechnen müssen, dass ein Bestandsverzeichnis nicht ausgelegt werde.

6

Damit vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Die von der Beklagten durchgeführte Anlegung und Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses sowie die Bekanntmachung der Auslegung sind rechtlich nicht zu beanstanden.

7

a) Gemäß § 4 Abs. 2 StrG LSA werden von den Gemeinden für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen Bestandsverzeichnisse angelegt und geführt. Die Bestandsverzeichnisse sind nach Fertigstellung sechs Monate lang zur Einsicht auszulegen. Die Auslegung ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen. Welche Anforderungen an den Inhalt von Bestandsverzeichnissen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Aufstellung und Auslegung des Bestandverzeichnisses der Beklagten zu stellen waren, ergibt sich aus § 4 Abs. 2 StrG LSA i.V.m. Abs. 1 der Straßenverzeichnisverordnung vom 28.07.1999 (GVBl. LSA S. 276) – StrVerzVO LSA. Nach § 4 Abs. 1 StrVerzVO LSA waren das Landesstraßenverzeichnis und die Kreisstraßenverzeichnisse in Form von Karteien zu führen. Für jeden Straßenzug waren Karteiblätter anzulegen, die dem Muster der Anlage 1 entsprechen. Gemäß § 4 Abs. 2 StrVerzVO LSA galt Absatz 1 sinngemäß auch für die Bestandsverzeichnisse mit der Maßgabe, dass die Karteiblätter der Anlage 2 entsprechen. Dieses Muster enthielt unter Ziffer 4) das Feld „Bezeichnung der Straße (Ausgangs- und Endpunktbezeichnung“, unter Ziffer 6b) das Feld „gewidmet am: “ sowie unter Ziffer 10) das Feld „eigentumsrechtliche Hinweise“.

8

Für die K-Straße wurde entsprechend diesem Muster ein Karteiblatt angelegt. Darin wurde die K-Straße in ihrer vollen Ausdehnung vom Anfangspunkt M-Straße bis zum Endpunkt J-Straße-Straße aufgeführt. Als „Widmungsstatus“ wurde die die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen betreffende Regelung des § 51 Abs. 3 StrG LSA und als Widmungsdatum der 10.07.1993, der Tag des Inkrafttretens des StrG LSA, eingetragen. Daraus war ersichtlich, dass die K-Straße in ihrem in diesem Zeitpunkt bestehenden Verlauf in das Bestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen wurde. Da ein Bestandverzeichnis nach seinem Sinn und Zweck nur die vorhandenen öffentlichen Straßen erfassen soll, konnte nur der aktuelle Verlauf der K-Straße und nicht der Verlauf bis zur Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg bzw. dem Wiederaufbau des Stadtzentrums maßgebend sein. Zwar wurde im Feld „eigentumsrechtliche Hinweise“ nicht die Klägerin, sondern die Beklagte als Eigentümerin aufgeführt, jedoch mit dem in Klammern versehenen Zusatz „t“ (teilweise). Im Übrigen war der Klägerin insbesondere aus dem Vermögenszuordnungsverfahren bekannt, dass die K-Straße im Wesentlichen über Grundstücke verläuft, die in ihrem Eigentum stehen.

9

b) Die in § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 StrG LSA und § 4 StrVerzVO LSA normierten Anforderungen an die Auslegung des Bestandsverzeichnisses und deren Bekanntmachung genügen auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

10

Das Bundesverfassungsgericht hat in der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 17.09.1999 – 1 BvR 1771/91 –, NVwZ 2000, 81) zu den vergleichbaren Auslegungs- und Bekanntmachungsregelungen in Art. 67 Abs. 3 Satz 1 bis 3 des bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG), das in § 67 Abs. 4 BayStrWG bei Eintragung im Bestandsverzeichnis nicht nur eine Widmungsvermutung sondern eine Widmungsfiktion enthält, Folgendes klargestellt: Zwar sei der Grundrechtsschutz auch durch die Gestaltung der Verfahren zu bewirken. Dementsprechend ergebe sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie ein verfassungskräftiger Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung der Verfahrensvorschriften müsse das Ziel dieser Gewährleistung – den wirkungsvollen Rechtsschutz – verfolgen; sie müsse im Hinblick darauf geeignet, erforderlich und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein. Art. 67 Abs. 3 Satz 2 und 3 BayStrWG verletze dieses aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes aber nicht. Der Gesetzgeber habe für die Bekanntgabe des Bestandsverzeichnisses eine öffentliche Bekanntmachung vorsehen dürfen. Dass die öffentliche Bekanntmachung die Wirkung einer Zustellung äußere, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, solange der gerichtliche Rechtsschutz dadurch nicht unzumutbar erschwert werde. In Massenverfahren, in denen der Kreis der Betroffenen groß sei und sich nicht immer von vornherein überschauen lasse, sei diese Art der Zustellung sachgerecht und daher auch vom Gesetzgeber vielfach vorgesehen. Werden im Rahmen einer grundlegenden Reform des Straßenrechts alle öffentlichen Wege und Straßen einer Gemeinde neu gewidmet und eingestuft, dann sei hiervon regelmäßig eine große Zahl von Eigentümern betroffen, deren Kreis sich nicht ohne weiteres überschauen lasse. Für die Neuanlegung eines ganzen Bestandsverzeichnisses, das eine Vielzahl von Straßen und Wegen umfasse, sei daher die öffentliche Bekanntmachung zulässig. Sie führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erschwerung der Rechtsverfolgung. Zwar werde dem Grundstückseigentümer mit der öffentlichen Bekanntmachung dadurch eine Mitwirkungslast auferlegt, dass er sich innerhalb der sechsmonatigen Auslegungsfrist über den Inhalt der ihn betreffenden Eintragung informieren und dagegen gegebenenfalls Einwendungen erheben müsse. Die Auferlegung einer solchen Mitwirkungslast sei aber erforderlich, weil ohne öffentliche Bekanntmachung eine Rechtsumstellung und Rechtsbereinigung in angemessener Zeit nicht möglich wäre. Wollte man alle öffentlichen Wege und Straßen einer Gemeinde einzeln neu widmen, würde dies erheblich mehr Verwaltungskraft binden und Zeit in Anspruch nehmen als eine öffentliche Auslegung und Bekanntmachung des neuen Straßenbestandsverzeichnisses. Schließlich seien die mit einer öffentlichen Auslegung verbundenen Mitwirkungspflichten den Betroffenen auch regelmäßig zumutbar. Gerade wenn die rechtlichen Verhältnisse an allen öffentlichen Wegen und Straßen einer Gemeinde neu geordnet werden, könne der Gesetzgeber damit rechnen, dass eine solche Neuregelung Beachtung bei der örtlichen Bevölkerung finde, zwischen den betroffenen ortsansässigen Eigentümern erörtert und auf diese Weise auch den Berechtigten zugetragen werde, die die amtliche Mitteilung zunächst übersehen haben. Der Gesetzgeber habe den Betroffenen außerdem durch die halbjährige Auslegungs- und Einwendungsfrist ausreichend Zeit zur Wahrnehmung ihrer Interessen eingeräumt.

11

c) Soweit die Klägerin rügt, § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA habe wegen der aus ihrer Sicht faktisch fehlenden Widerlegbarkeit der Widmungsvermutung eine enteignende bzw. enteignungsgleiche Wirkung, weil eine in Art. 14 GG wurzelnde Dispositionsbefugnis des Eigentümers leerlaufen würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit dies im Zusammenhang mit der Auslegung des Bestandsverzeichnisses und deren Bekanntmachung von Belang sein soll.

12

Im Übrigen ist ein Verstoß gegen Art. 14 GG aufgrund der in § 4 Abs. 3 StrG LSA vorgesehenen Widmungsvermutung nicht ersichtlich. Mit der Aufnahme einer Straße in das Bestandsverzeichnis werden weder das Eigentumsrecht noch sonstige dingliche Rechte an den Straßengrundstücken entzogen; ebenso wenig wird in diese Rechte mit enteignender oder enteignungsgleicher Wirkung eingegriffen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird auch nicht die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis vorausgesetzt. Es wird lediglich die Vermutung begründet, dass der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Widmung erteilt hat und die Widmung vollzogen worden ist. Soweit Grundstückseigentümer die Eintragung in das Bestandsverzeichnis durch Widerspruch und Anfechtungsklage (hätten) anfechten können, was nach der von der Klägerin nicht angegriffenen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts der Fall (gewesen) ist, kann in der geschilderten Wirkung der Eintragung eine unzulässige Enteignung nicht gesehen werden (vgl. zur Widmungsfiktion: Nds. OVG, Urt. v. 08.03.1993 – 12 L 291/90 –, OVGE MüLü 43, 402 [406], RdNr. 20 in juris, m.w.N.; vgl. auch Zeitler, BayStrWG, Art. 67 RdNr. 26).

13

Das privatrechtliche Eigentum wird durch straßenrechtliche Vorschriften, die einer im Privateigentum stehenden Straße einen öffentlich-rechtlichen Status verleihen, nicht beseitigt. Vielmehr führen sie zu einer Überlagerung und Beschränkung des privaten Eigentumsrechts. Entsprechend ist etwa das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung einzuordnen, aufgrund dessen die Öffentlichkeit einer Straße bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen widerlegbar vermutet wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009 – 1 BvR 3478/08 – NVwZ 2009, 1158 [1160]). Zum Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Beschluss festgestellt, dass die damit bewirkte Beschränkung des Eigentumsrechts des Art. 14 GG in materiell-rechtlicher Hinsicht eine verhältnismäßige Ausgestaltung der Eigentumsgarantie darstelle, auch wenn sie ein im Privateigentum stehendes Grundstück betreffe. Die damit einhergehende Beschränkung der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG diene dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Prinzip der Rechtssicherheit. Die Rechtsvermutung der unvordenklichen Verjährung sei ein geeignetes Mittel, um die Beständigkeit einer in früherer Zeit getroffenen Widmung einer über ein Privatgrundstück verlaufenden Straße zu sichern. Es sei auch erforderlich, um die Beständigkeit einer in früherer Zeit getroffenen Widmung einer über ein Privatgrundstück verlaufenden Straße zu sichern, wenn ein anderes, den Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel des Nachweises einer Widmung nicht vorhanden sei. Diese rechtliche Ausformung des Grundstückseigentums sei mit Blick auf die Eigentumsgarantie angemessen, weil die Rechtsvermutung durch den Grundstückseigentümer widerlegt werden könne. Auch die verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 14 GG seien gewahrt, soweit – wegen des mit der Vermutung verbundenen Eingriffs in die Rechtsstellung des Eigentümers – hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der unvordenklichen Verjährung gestellt würden.

14

Die Vermutung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA, dass bei im Bestandsverzeichnis eingetragenen Straßen der Grundstückseigentümer der Widmung zugestimmt hat und die Widmung vollzogen ist, mag zwar anders als das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung nicht oder nicht allein dem Nachweis dienen, dass in früherer Zeit eine Widmung der Straße stattgefunden hat. Denn das Recht der DDR kannte eine förmliche Straßenwidmung nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.10.2002 – 8 C 24.01 – Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 37, RdNr. 15 in juris). Sinn und Zweck des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA dürfte es vielmehr sein sicherzustellen, Unsicherheiten insbesondere über die Öffentlichkeit der Straßen und Wege endgültig auszuräumen und insoweit Rechtsklarheit herzustellen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.05.1991 – 8 B 90.55 –, BayVBl 1991, 595, RdNr. 10 in juris). Die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen lassen sich jedoch auf § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA übertragen. Auch diese Vorschrift dient dem Prinzip der Rechtssicherheit, indem sie die Beständigkeit der bislang schon als öffentliche (Gemeinde-)Straßen genutzten Verkehrsflächen sichert. Ein anderes, den Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist nicht ersichtlich. An der Angemessenheit der Regelung fehlt es nicht deshalb, weil der Grundstückseigentümer die Vermutung, dass eine Zustimmung nicht erfolgt ist, faktisch nicht widerlegen kann. Der Grundstückseigentümer kann im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Klage geltend machen, dass die über sein Grundstück führende Verkehrsfläche im Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Bestandsverzeichnis keine Gemeindestraße oder sonstige öffentliche Straße im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 StrG LSA gewesen ist, so dass die Eintragung in das Bestandsverzeichnis zu Unrecht erfolgte. Er muss dabei nicht beweisen, dass er oder der frühere Grundstückseigentümer der Widmung nicht zugestimmt haben. Vielmehr ist – wie bei der in Straßengesetze anderer Länder normierten Widmungsfiktion – im gerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob die Straße im Zeitpunkt der Eintragung öffentlich war. Eingetragen werden können nur öffentliche Straßen im Sinne des § 3 StrG LSA. Zu den darin aufgeführten Gemeindestraßen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA gehören gemäß § 51 Abs. 3 StrG LSA auch die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen. Dabei geht die Nichterweislichkeit der Öffentlichkeit einer Straße oder eines Weges zu Lasten desjenigen, der sich auf die Öffentlichkeit beruft (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 29.11.2010 – 1 A 538/10 –, juris, RdNr. 7; OVG NW, Urt. v. 19.06.2000 – 11 A 1045/97 –, juris, RdNr. 54).

15

Im Übrigen sieht § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 StrG LSA vor, dass der Träger der Straßenbaulast in Anspruch genommene Grundstücke, die nicht in seinem Eigentum stehen, auf Antrag des Eigentümers zu erwerben hat und der Eigentümer bei Nichtzustandekommen einer Einigung innerhalb von vier Jahren nach Antragstellung die Enteignung verlangen kann. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 StrG LSA gelten die allgemeinen Vorschriften über die Enteignung, so dass im Fall der Enteignung eine angemessene Entschädigung zu gewähren ist.

16

d) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin individuell über die Eintragung der K-Straße in das Bestandsverzeichnis oder die Auslegung des Bestandsverzeichnisses zu unterrichten, weil sich die Beteiligten – wie die Klägerin vorträgt – seit den 1990er Jahren in Verhandlungen über die Nutzung des Straßengrundstücks befanden und der Beklagten die Eigentumsverhältnisse an den Straßengrundstücken bekannt waren. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, sieht § 4 Abs. 2 StrG LSA – anders als etwa Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG bei „bekannten Beteiligten“ – eine individuelle Unterrichtung Einzelner generell nicht vor. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten vermag der Senat nicht zu erkennen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin ein Verhalten gezeigt hat, das ein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt hätte entstehen lassen können, dass die K-Straße nicht in das Bestandverzeichnis aufgenommen wird.

17

1.2. Auch soweit die Klägerin die – lediglich ergänzenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Begründetheit einer auf die Feststellung der Nichtöffentlichkeit der zu betrachtenden Wegstrecke gerichteten Klage angreift, vermag sie die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Feststellungsklage mit der selbständig tragenden Begründung als nicht streitgegenständlich angesehen, dass eine entsprechende Umstellung der Klage nicht erfolgt sei. Die Klägerin rügt zwar, das Verwaltungsgericht hätte sie darauf hinweisen müssen, dass eine solche Feststellung hätte beantragt werden können. Das Verwaltungsgericht hat aber ferner die von der Klägerin nicht angegriffene Auffassung vertreten, dass in einer solchen Umstellung des Klageantrags eine Klageänderung zu sehen sei, die nicht sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO gewesen wäre.

18

Der Einwand der Klägerin, bei entsprechendem Hinweis des Gerichts hätte sie ihren Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 04.12.2003 auf eine Anfechtungsklage umstellen können, trägt schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsgericht eine Anfechtungsklage wegen der von ihm angenommenen Verfristung als unzulässig angesehen hat. Der Klägerin ist es aus den oben bereits dargelegten nicht gelungen, die diese Rechtsauffassung tragenden Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils in Frage zu stellen.

19

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

20

Zu Unrecht rügt die Klägerin im Rahmen dieses Zulassungsgrundes nochmals, das Verwaltungsgericht habe sie verfahrensfehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass eine Umstellung der Klage in eine solche auf Feststellung, dass die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, hätte beantragt werden können. Die Pflicht des Vorsitzenden nach § 86 Abs. 3 VwGO, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, erstreckt sich nicht auf die Anregung zur Stellung von seiner Meinung nach offensichtlich unbegründeten oder aussichtslosen Anträgen sowie solchen Anträgen, die er nicht für sachdienlich halten darf, weil sie ohne weiteres als unzulässig abgewiesen werden müssten (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013 – 4 B 10.13 –, juris, RdNr. 8, m.w.N.). Die Unterlassung einer Anregung zur Änderung eines Klageantrages stellt einen Verfahrensmangel nur dann dar, wenn sich eine solche Anregung dem Vorsitzenden nach der eindeutigen Sach- und Rechtslage aufdrängen musste (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013, a.a.O., m.w.N.). Gemessen daran musste der Einzelrichter hier nicht anregen, den Klageantrag umzustellen. Nach seiner von der Klägerin nicht angegriffenen Rechtsauffassung wäre die Klage auch dann ohne Erfolg geblieben, wenn eine solche Umstellung erfolgt wäre, weil darin eine nicht sachdienliche Klageänderung zu sehen gewesen wäre.

21

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

22

Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, juris, RdNr. 12). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – 5 B 99.05 –, juris, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

23

Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob § 4 Abs. 3 StrG LSA mit der dortigen Vermutung im Hinblick auf die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Zustimmung gegen Art. 14 GG und das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verstößt mit der Folge, dass das Verwaltungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren hätte aussetzen und dem Verfassungsgericht vorlegen müssen. Ein solcher Klärungsbedarf besteht indes nicht. In der oben bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009, a.a.O.) ist geklärt, dass das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung, die widerlegbar die Widmung einer Straße in früherer Zeit vermutet, Art. 14 Abs. 1 GG in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht verletzt und in verfahrensrechtlicher Hinsicht hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der Rechtsvermutung zu stellen sind. Die darin aufgestellten Grundsätze lassen sich – wie bereits erörtert – auf die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA übertragen. Ferner ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 17.09.1999, a.a.O.) geklärt, dass das aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht dadurch verletzt wird, dass der Gesetzgeber eine öffentliche Bekanntmachung des Bestandsverzeichnisses vorgesehen hat.

24

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

25

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Abschnitt II Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1331]).


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein Beschluss der Beklagten vom 04.12.2003 über die Aufstellung des Bestandsverzeichnisses der Gemeinde- und sonstigen öffentlichen Straßen und die Eintragung der K-Straße in dieses Bestandsverzeichnis rechtswidrig sind. Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, über die die K-Straße verläuft.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellungsklage sei gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig, soweit die Aufstellung des Straßenbestandsverzeichnisses und die Eintragung der K-Straße in dieses Verzeichnis dazu führten, dass die Öffentlichkeit der Straße nunmehr vermutet werde. Die Aufstellung des Bestandsverzeichnisses und die Anordnung der (erstmaligen) Eintragung einer Straße stelle ungeachtet des Umstandes, dass die Eintragung auf einem Gemeinderatsbeschluss beruhe, einen feststellenden Verwaltungsakt dar, so dass die Klägerin ihre Rechte im Wege einer Anfechtungsklage gegen diese Eintragung hätte geltend machen können. Eine solche Anfechtungsklage habe sie nicht erhoben und sei mittlerweile unzulässig, weil die mit dem Beschluss vom 04.12.2003 getroffene Aufstellungs- und Eintragungsanordnung gegenüber der Klägerin bestandskräftig geworden sei. Soweit man ihr Schreiben vom 25.08.2010 als Widerspruch werte, sei dieser verfristet. Da eine individuelle Bekanntgabe an die Klägerin nicht erfolgt sei, sei die Widerspruchsfrist mit dem Ende der sechsmonatigen Auslegungsfrist des § 4 Abs. 2 Satz 2 StrG LSA am 08.08.2004 in Gang gesetzt worden. Wegen der unzureichenden Rechtsbehelfsbelehrung in der öffentlichen Bekanntmachung habe die Widerspruchsfrist ein Jahr betragen. Sie habe damit mehrere Jahre vor Erhebung des Widerspruchs geendet. Eine individuelle Unterrichtung des Grundstückseigentümers sehe die gesetzliche Regelung in Sachsen-Anhalt nicht vor. Die Obliegenheit, die Straßenbaubehörde innerhalb der vergleichsweise langen Auslegungsfrist auf eventuell entgegenstehende Rechtspositionen hinzuweisen, erschwere die Rechtsverfolgung nicht unzumutbar. Soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 04.12.2003 mit der Begründung begehre, durch den Beschluss seien die in ihrem Eigentum stehenden Wegeflurstücke als öffentliche Straße in rechtswidriger Weise gewidmet worden, fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Ein Erfolg der Feststellungsklage würde die Rechtsstellung der Klägerin nicht verbessern. Insoweit komme dem Beschluss keine regelnde Wirkung zu; denn in Bezug auf die Anordnung der Öffentlichkeit der Straße habe ihre Aufnahme in das Bestandsverzeichnis keine konstitutive, die Widmung ersetzende Wirkung, sie begründe vielmehr nur eine Vermutung für die Öffentlichkeit der Straße, die der Betroffene z.B. durch Vorlage von Urkunden widerlegen könne. Eine Umstellung der Klage in eine Feststellung, dass die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, sei nicht beantragt worden. Zudem würde dies eine Klageänderung darstellen, die nicht sachdienlich sei. Unabhängig davon wäre eine solche Klage wohl erfolglos geblieben. Der Annahme der Beklagten, dass die K-Straße nach der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 den Charakter einer kommunalen Straße gehabt habe, sei die Klägerin nicht hinreichend entgegengetreten.

II.

3

A. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

5

1.1. Die Klägerin wendet ein, es sei zwar denkbar, dass die Veröffentlichung des Beschlusses vom 04.12.2003 über die Aufstellung eines Bestandsverzeichnisses mit der Eintragung der K-Straße einen Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG darstelle. Die Frist für die Erhebung eines Widerspruch oder einer Anfechtungsklage sei aber nicht abgelaufen gewesen. Für sie sei bereits mit der Formulierung im Bestandsverzeichnis „K-Straße Eigentümer Stadt“ nicht erkennbar gewesen, dass sich das Bestandsverzeichnis auf den Teil der K-Straße bezogen habe und beziehe, der über in ihrem Eigentum stehende Grundstücke führe, zumal auch die Beklagte im Bereich der K-Straße Eigentümerin von Grundstücken sei. Die Bekanntmachung müsse vielmehr so erfolgen, dass der Bürger in der Lage sei zu erkennen, ob er von der Entscheidung betroffen sei. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 StrG LSA, nach der im Fall der Eintragung einer Straße in das Bestandsverzeichnis die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Erteilung der Zustimmung und der Vollzug der Widmung vermutet wird, habe eine enteignende bzw. enteignungsgleiche Wirkung, weil diese Vermutung gerade dann nicht widerlegbar sei, wenn sie – wie hier – nicht erteilt worden sei und damit eine in Art. 14 GG wurzelnde Dispositionsbefugnis des Bürgers als Eigentümer leerlaufen würde. Das ausgelegte Bestandsverzeichnis führe in die Irre, denn die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis werde darin bereits als gegeben vorausgesetzt, obwohl diese gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA erst habe geschaffen werden sollen. Die Klägerin habe auch deshalb nicht mit einem Betroffensein rechnen müssen, weil die K-Straße bis in die 1980er Jahre weiter östlich über im Eigentum der Beklagten stehende Flächen verlaufen sei. Es habe zudem einem fairen Verfahren widersprochen, dass die Beklagte einerseits mit ihr seit den 1990er Jahren über die Nutzung der K-Straße verhandelt und andererseits die K-Straße in das Bestandsverzeichnis aufgenommen habe. Auch aus diesen Verhandlungen sei der Beklagten bekannt gewesen, dass die K-Straße überwiegend im Eigentum der Klägerin stehe. Da die Beklagte in weiteren Besprechungen deutlich gemacht habe, dass die K-Straße bereits dem öffentlichen Verkehr gewidmet sei und erklärt habe, dass Eigentumsfragen zu Flurstücken somit zweitrangig seien, sei es auf ein Bestandverzeichnis nicht angekommen, so dass die Klägerin damit habe rechnen müssen, dass ein Bestandsverzeichnis nicht ausgelegt werde.

6

Damit vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Die von der Beklagten durchgeführte Anlegung und Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses sowie die Bekanntmachung der Auslegung sind rechtlich nicht zu beanstanden.

7

a) Gemäß § 4 Abs. 2 StrG LSA werden von den Gemeinden für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen Bestandsverzeichnisse angelegt und geführt. Die Bestandsverzeichnisse sind nach Fertigstellung sechs Monate lang zur Einsicht auszulegen. Die Auslegung ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen. Welche Anforderungen an den Inhalt von Bestandsverzeichnissen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Aufstellung und Auslegung des Bestandverzeichnisses der Beklagten zu stellen waren, ergibt sich aus § 4 Abs. 2 StrG LSA i.V.m. Abs. 1 der Straßenverzeichnisverordnung vom 28.07.1999 (GVBl. LSA S. 276) – StrVerzVO LSA. Nach § 4 Abs. 1 StrVerzVO LSA waren das Landesstraßenverzeichnis und die Kreisstraßenverzeichnisse in Form von Karteien zu führen. Für jeden Straßenzug waren Karteiblätter anzulegen, die dem Muster der Anlage 1 entsprechen. Gemäß § 4 Abs. 2 StrVerzVO LSA galt Absatz 1 sinngemäß auch für die Bestandsverzeichnisse mit der Maßgabe, dass die Karteiblätter der Anlage 2 entsprechen. Dieses Muster enthielt unter Ziffer 4) das Feld „Bezeichnung der Straße (Ausgangs- und Endpunktbezeichnung“, unter Ziffer 6b) das Feld „gewidmet am: “ sowie unter Ziffer 10) das Feld „eigentumsrechtliche Hinweise“.

8

Für die K-Straße wurde entsprechend diesem Muster ein Karteiblatt angelegt. Darin wurde die K-Straße in ihrer vollen Ausdehnung vom Anfangspunkt M-Straße bis zum Endpunkt J-Straße-Straße aufgeführt. Als „Widmungsstatus“ wurde die die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen betreffende Regelung des § 51 Abs. 3 StrG LSA und als Widmungsdatum der 10.07.1993, der Tag des Inkrafttretens des StrG LSA, eingetragen. Daraus war ersichtlich, dass die K-Straße in ihrem in diesem Zeitpunkt bestehenden Verlauf in das Bestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen wurde. Da ein Bestandverzeichnis nach seinem Sinn und Zweck nur die vorhandenen öffentlichen Straßen erfassen soll, konnte nur der aktuelle Verlauf der K-Straße und nicht der Verlauf bis zur Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg bzw. dem Wiederaufbau des Stadtzentrums maßgebend sein. Zwar wurde im Feld „eigentumsrechtliche Hinweise“ nicht die Klägerin, sondern die Beklagte als Eigentümerin aufgeführt, jedoch mit dem in Klammern versehenen Zusatz „t“ (teilweise). Im Übrigen war der Klägerin insbesondere aus dem Vermögenszuordnungsverfahren bekannt, dass die K-Straße im Wesentlichen über Grundstücke verläuft, die in ihrem Eigentum stehen.

9

b) Die in § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 StrG LSA und § 4 StrVerzVO LSA normierten Anforderungen an die Auslegung des Bestandsverzeichnisses und deren Bekanntmachung genügen auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

10

Das Bundesverfassungsgericht hat in der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 17.09.1999 – 1 BvR 1771/91 –, NVwZ 2000, 81) zu den vergleichbaren Auslegungs- und Bekanntmachungsregelungen in Art. 67 Abs. 3 Satz 1 bis 3 des bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG), das in § 67 Abs. 4 BayStrWG bei Eintragung im Bestandsverzeichnis nicht nur eine Widmungsvermutung sondern eine Widmungsfiktion enthält, Folgendes klargestellt: Zwar sei der Grundrechtsschutz auch durch die Gestaltung der Verfahren zu bewirken. Dementsprechend ergebe sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie ein verfassungskräftiger Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung der Verfahrensvorschriften müsse das Ziel dieser Gewährleistung – den wirkungsvollen Rechtsschutz – verfolgen; sie müsse im Hinblick darauf geeignet, erforderlich und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein. Art. 67 Abs. 3 Satz 2 und 3 BayStrWG verletze dieses aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes aber nicht. Der Gesetzgeber habe für die Bekanntgabe des Bestandsverzeichnisses eine öffentliche Bekanntmachung vorsehen dürfen. Dass die öffentliche Bekanntmachung die Wirkung einer Zustellung äußere, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, solange der gerichtliche Rechtsschutz dadurch nicht unzumutbar erschwert werde. In Massenverfahren, in denen der Kreis der Betroffenen groß sei und sich nicht immer von vornherein überschauen lasse, sei diese Art der Zustellung sachgerecht und daher auch vom Gesetzgeber vielfach vorgesehen. Werden im Rahmen einer grundlegenden Reform des Straßenrechts alle öffentlichen Wege und Straßen einer Gemeinde neu gewidmet und eingestuft, dann sei hiervon regelmäßig eine große Zahl von Eigentümern betroffen, deren Kreis sich nicht ohne weiteres überschauen lasse. Für die Neuanlegung eines ganzen Bestandsverzeichnisses, das eine Vielzahl von Straßen und Wegen umfasse, sei daher die öffentliche Bekanntmachung zulässig. Sie führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erschwerung der Rechtsverfolgung. Zwar werde dem Grundstückseigentümer mit der öffentlichen Bekanntmachung dadurch eine Mitwirkungslast auferlegt, dass er sich innerhalb der sechsmonatigen Auslegungsfrist über den Inhalt der ihn betreffenden Eintragung informieren und dagegen gegebenenfalls Einwendungen erheben müsse. Die Auferlegung einer solchen Mitwirkungslast sei aber erforderlich, weil ohne öffentliche Bekanntmachung eine Rechtsumstellung und Rechtsbereinigung in angemessener Zeit nicht möglich wäre. Wollte man alle öffentlichen Wege und Straßen einer Gemeinde einzeln neu widmen, würde dies erheblich mehr Verwaltungskraft binden und Zeit in Anspruch nehmen als eine öffentliche Auslegung und Bekanntmachung des neuen Straßenbestandsverzeichnisses. Schließlich seien die mit einer öffentlichen Auslegung verbundenen Mitwirkungspflichten den Betroffenen auch regelmäßig zumutbar. Gerade wenn die rechtlichen Verhältnisse an allen öffentlichen Wegen und Straßen einer Gemeinde neu geordnet werden, könne der Gesetzgeber damit rechnen, dass eine solche Neuregelung Beachtung bei der örtlichen Bevölkerung finde, zwischen den betroffenen ortsansässigen Eigentümern erörtert und auf diese Weise auch den Berechtigten zugetragen werde, die die amtliche Mitteilung zunächst übersehen haben. Der Gesetzgeber habe den Betroffenen außerdem durch die halbjährige Auslegungs- und Einwendungsfrist ausreichend Zeit zur Wahrnehmung ihrer Interessen eingeräumt.

11

c) Soweit die Klägerin rügt, § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA habe wegen der aus ihrer Sicht faktisch fehlenden Widerlegbarkeit der Widmungsvermutung eine enteignende bzw. enteignungsgleiche Wirkung, weil eine in Art. 14 GG wurzelnde Dispositionsbefugnis des Eigentümers leerlaufen würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit dies im Zusammenhang mit der Auslegung des Bestandsverzeichnisses und deren Bekanntmachung von Belang sein soll.

12

Im Übrigen ist ein Verstoß gegen Art. 14 GG aufgrund der in § 4 Abs. 3 StrG LSA vorgesehenen Widmungsvermutung nicht ersichtlich. Mit der Aufnahme einer Straße in das Bestandsverzeichnis werden weder das Eigentumsrecht noch sonstige dingliche Rechte an den Straßengrundstücken entzogen; ebenso wenig wird in diese Rechte mit enteignender oder enteignungsgleicher Wirkung eingegriffen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird auch nicht die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis vorausgesetzt. Es wird lediglich die Vermutung begründet, dass der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Widmung erteilt hat und die Widmung vollzogen worden ist. Soweit Grundstückseigentümer die Eintragung in das Bestandsverzeichnis durch Widerspruch und Anfechtungsklage (hätten) anfechten können, was nach der von der Klägerin nicht angegriffenen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts der Fall (gewesen) ist, kann in der geschilderten Wirkung der Eintragung eine unzulässige Enteignung nicht gesehen werden (vgl. zur Widmungsfiktion: Nds. OVG, Urt. v. 08.03.1993 – 12 L 291/90 –, OVGE MüLü 43, 402 [406], RdNr. 20 in juris, m.w.N.; vgl. auch Zeitler, BayStrWG, Art. 67 RdNr. 26).

13

Das privatrechtliche Eigentum wird durch straßenrechtliche Vorschriften, die einer im Privateigentum stehenden Straße einen öffentlich-rechtlichen Status verleihen, nicht beseitigt. Vielmehr führen sie zu einer Überlagerung und Beschränkung des privaten Eigentumsrechts. Entsprechend ist etwa das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung einzuordnen, aufgrund dessen die Öffentlichkeit einer Straße bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen widerlegbar vermutet wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009 – 1 BvR 3478/08 – NVwZ 2009, 1158 [1160]). Zum Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Beschluss festgestellt, dass die damit bewirkte Beschränkung des Eigentumsrechts des Art. 14 GG in materiell-rechtlicher Hinsicht eine verhältnismäßige Ausgestaltung der Eigentumsgarantie darstelle, auch wenn sie ein im Privateigentum stehendes Grundstück betreffe. Die damit einhergehende Beschränkung der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG diene dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Prinzip der Rechtssicherheit. Die Rechtsvermutung der unvordenklichen Verjährung sei ein geeignetes Mittel, um die Beständigkeit einer in früherer Zeit getroffenen Widmung einer über ein Privatgrundstück verlaufenden Straße zu sichern. Es sei auch erforderlich, um die Beständigkeit einer in früherer Zeit getroffenen Widmung einer über ein Privatgrundstück verlaufenden Straße zu sichern, wenn ein anderes, den Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel des Nachweises einer Widmung nicht vorhanden sei. Diese rechtliche Ausformung des Grundstückseigentums sei mit Blick auf die Eigentumsgarantie angemessen, weil die Rechtsvermutung durch den Grundstückseigentümer widerlegt werden könne. Auch die verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 14 GG seien gewahrt, soweit – wegen des mit der Vermutung verbundenen Eingriffs in die Rechtsstellung des Eigentümers – hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der unvordenklichen Verjährung gestellt würden.

14

Die Vermutung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA, dass bei im Bestandsverzeichnis eingetragenen Straßen der Grundstückseigentümer der Widmung zugestimmt hat und die Widmung vollzogen ist, mag zwar anders als das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung nicht oder nicht allein dem Nachweis dienen, dass in früherer Zeit eine Widmung der Straße stattgefunden hat. Denn das Recht der DDR kannte eine förmliche Straßenwidmung nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.10.2002 – 8 C 24.01 – Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 37, RdNr. 15 in juris). Sinn und Zweck des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA dürfte es vielmehr sein sicherzustellen, Unsicherheiten insbesondere über die Öffentlichkeit der Straßen und Wege endgültig auszuräumen und insoweit Rechtsklarheit herzustellen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.05.1991 – 8 B 90.55 –, BayVBl 1991, 595, RdNr. 10 in juris). Die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen lassen sich jedoch auf § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA übertragen. Auch diese Vorschrift dient dem Prinzip der Rechtssicherheit, indem sie die Beständigkeit der bislang schon als öffentliche (Gemeinde-)Straßen genutzten Verkehrsflächen sichert. Ein anderes, den Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist nicht ersichtlich. An der Angemessenheit der Regelung fehlt es nicht deshalb, weil der Grundstückseigentümer die Vermutung, dass eine Zustimmung nicht erfolgt ist, faktisch nicht widerlegen kann. Der Grundstückseigentümer kann im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Klage geltend machen, dass die über sein Grundstück führende Verkehrsfläche im Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Bestandsverzeichnis keine Gemeindestraße oder sonstige öffentliche Straße im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 StrG LSA gewesen ist, so dass die Eintragung in das Bestandsverzeichnis zu Unrecht erfolgte. Er muss dabei nicht beweisen, dass er oder der frühere Grundstückseigentümer der Widmung nicht zugestimmt haben. Vielmehr ist – wie bei der in Straßengesetze anderer Länder normierten Widmungsfiktion – im gerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob die Straße im Zeitpunkt der Eintragung öffentlich war. Eingetragen werden können nur öffentliche Straßen im Sinne des § 3 StrG LSA. Zu den darin aufgeführten Gemeindestraßen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA gehören gemäß § 51 Abs. 3 StrG LSA auch die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen. Dabei geht die Nichterweislichkeit der Öffentlichkeit einer Straße oder eines Weges zu Lasten desjenigen, der sich auf die Öffentlichkeit beruft (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 29.11.2010 – 1 A 538/10 –, juris, RdNr. 7; OVG NW, Urt. v. 19.06.2000 – 11 A 1045/97 –, juris, RdNr. 54).

15

Im Übrigen sieht § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 StrG LSA vor, dass der Träger der Straßenbaulast in Anspruch genommene Grundstücke, die nicht in seinem Eigentum stehen, auf Antrag des Eigentümers zu erwerben hat und der Eigentümer bei Nichtzustandekommen einer Einigung innerhalb von vier Jahren nach Antragstellung die Enteignung verlangen kann. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 StrG LSA gelten die allgemeinen Vorschriften über die Enteignung, so dass im Fall der Enteignung eine angemessene Entschädigung zu gewähren ist.

16

d) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin individuell über die Eintragung der K-Straße in das Bestandsverzeichnis oder die Auslegung des Bestandsverzeichnisses zu unterrichten, weil sich die Beteiligten – wie die Klägerin vorträgt – seit den 1990er Jahren in Verhandlungen über die Nutzung des Straßengrundstücks befanden und der Beklagten die Eigentumsverhältnisse an den Straßengrundstücken bekannt waren. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, sieht § 4 Abs. 2 StrG LSA – anders als etwa Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG bei „bekannten Beteiligten“ – eine individuelle Unterrichtung Einzelner generell nicht vor. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten vermag der Senat nicht zu erkennen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin ein Verhalten gezeigt hat, das ein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt hätte entstehen lassen können, dass die K-Straße nicht in das Bestandverzeichnis aufgenommen wird.

17

1.2. Auch soweit die Klägerin die – lediglich ergänzenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Begründetheit einer auf die Feststellung der Nichtöffentlichkeit der zu betrachtenden Wegstrecke gerichteten Klage angreift, vermag sie die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Feststellungsklage mit der selbständig tragenden Begründung als nicht streitgegenständlich angesehen, dass eine entsprechende Umstellung der Klage nicht erfolgt sei. Die Klägerin rügt zwar, das Verwaltungsgericht hätte sie darauf hinweisen müssen, dass eine solche Feststellung hätte beantragt werden können. Das Verwaltungsgericht hat aber ferner die von der Klägerin nicht angegriffene Auffassung vertreten, dass in einer solchen Umstellung des Klageantrags eine Klageänderung zu sehen sei, die nicht sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO gewesen wäre.

18

Der Einwand der Klägerin, bei entsprechendem Hinweis des Gerichts hätte sie ihren Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 04.12.2003 auf eine Anfechtungsklage umstellen können, trägt schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsgericht eine Anfechtungsklage wegen der von ihm angenommenen Verfristung als unzulässig angesehen hat. Der Klägerin ist es aus den oben bereits dargelegten nicht gelungen, die diese Rechtsauffassung tragenden Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils in Frage zu stellen.

19

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

20

Zu Unrecht rügt die Klägerin im Rahmen dieses Zulassungsgrundes nochmals, das Verwaltungsgericht habe sie verfahrensfehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass eine Umstellung der Klage in eine solche auf Feststellung, dass die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, hätte beantragt werden können. Die Pflicht des Vorsitzenden nach § 86 Abs. 3 VwGO, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, erstreckt sich nicht auf die Anregung zur Stellung von seiner Meinung nach offensichtlich unbegründeten oder aussichtslosen Anträgen sowie solchen Anträgen, die er nicht für sachdienlich halten darf, weil sie ohne weiteres als unzulässig abgewiesen werden müssten (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013 – 4 B 10.13 –, juris, RdNr. 8, m.w.N.). Die Unterlassung einer Anregung zur Änderung eines Klageantrages stellt einen Verfahrensmangel nur dann dar, wenn sich eine solche Anregung dem Vorsitzenden nach der eindeutigen Sach- und Rechtslage aufdrängen musste (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013, a.a.O., m.w.N.). Gemessen daran musste der Einzelrichter hier nicht anregen, den Klageantrag umzustellen. Nach seiner von der Klägerin nicht angegriffenen Rechtsauffassung wäre die Klage auch dann ohne Erfolg geblieben, wenn eine solche Umstellung erfolgt wäre, weil darin eine nicht sachdienliche Klageänderung zu sehen gewesen wäre.

21

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

22

Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, juris, RdNr. 12). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – 5 B 99.05 –, juris, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

23

Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob § 4 Abs. 3 StrG LSA mit der dortigen Vermutung im Hinblick auf die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Zustimmung gegen Art. 14 GG und das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verstößt mit der Folge, dass das Verwaltungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren hätte aussetzen und dem Verfassungsgericht vorlegen müssen. Ein solcher Klärungsbedarf besteht indes nicht. In der oben bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009, a.a.O.) ist geklärt, dass das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung, die widerlegbar die Widmung einer Straße in früherer Zeit vermutet, Art. 14 Abs. 1 GG in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht verletzt und in verfahrensrechtlicher Hinsicht hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der Rechtsvermutung zu stellen sind. Die darin aufgestellten Grundsätze lassen sich – wie bereits erörtert – auf die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA übertragen. Ferner ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 17.09.1999, a.a.O.) geklärt, dass das aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht dadurch verletzt wird, dass der Gesetzgeber eine öffentliche Bekanntmachung des Bestandsverzeichnisses vorgesehen hat.

24

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

25

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Abschnitt II Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1331]).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.