Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 11. Dez. 2017 - 2 L 33/16

bei uns veröffentlicht am11.12.2017

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen eine vom Beklagten durchgeführte Grenzfeststellung und Abmarkung.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung (J.), Flur A, Flurstück 139, mit der Lagebezeichnung (J.) 3. Die Beigeladene ist Eigentümerin des westlich angrenzenden Flurstücks 138 mit der Lagebezeichnung D-Straße. Die genaue Lage der zwischen diesen Flurstücken verlaufenden Grenze ist zwischen den Beteiligten streitig.

3

Am 03.06.2013 beantragte die Beigeladene eine Grenzfeststellung. Der Beklagte führte daraufhin am 25.11.2013 eine Grenzermittlung und am 17.12.2013 einen Grenztermin durch. In der Niederschrift über den Grenztermin führte der Beklagte aus, für die festzustellende Grenze bestünden Unterschiede zwischen deren Nachweisen im Katasterzahlenwerk und deren Darstellung in der Liegenschaftskarte sowie dem örtlichen Verlauf. Für die Darstellung der Grenze in der Liegenschaftskarte liege keine Grundlage mit ausreichender Aussagekraft vor. An der in der beigefügten Skizze mit "1" gekennzeichneten Position stimmten die Grenze laut Katasterzahlenwerk und der örtliche Grenzverlauf überein. Für den Grenzpunkt "2" wichen örtlicher Grenzverlauf und die Grenze laut Katasterzahlenwerk voneinander ab. Den örtlichen Grenzverlauf bilde ein Zaun, der in der Messung vom 03. bzw. 04.10.1946 bereits dokumentiert sei. Eine Aussage zur Abmarkung des Punktes "2" treffe diese Messung nicht. Die Katastergrenze sei durch den Nachweis vom 08.10.1867 dokumentiert. Sie weise einen Grenzstein im Punkt "2" mit einem Abstand von 14,2 Ruthen (entspricht ca. 53,48 m) von dem mit "3" gekennzeichneten und vorgefundenen Grenzstein nach. Aufgrund der langen Zeitdauer zwischen 1867 und 1946 könne nicht ausgeschlossen werden, dass die örtliche Grenze auf Grund einer willkürlichen Änderung von der Katastergrenze abweiche. Daher werde der Katasterzahlennachweis vom 08.10.1867 der Grenzermittlung zu Grund gelegt.

4

Auf dieser Grundlage nahm der Beklagte eine Grenzfeststellung für den Grenzabschnitt von Grenzpunkt "1" zu Grenzpunkt "2" sowie eine Abmarkung der Grenzpunkte "1" und "2" vor. Die Lage des nördlichen Grenzpunktes "1" an der Straße ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Bestimmung der Lage des südlichen Grenzpunktes "2" erfolgte durch eine von dem am Grenzpunkt "3" vorgefundenen Grenzstein ausgehende Messung, da der Beklagte am Grenzpunkt "2" keinen Grenzstein finden konnte. Der Grenzpunkt "3" liegt am südlichen Ende der Grenze zwischen den Flurstücken 129 und 136/1. Im Ergebnis ergab sich eine von der Darstellung in der Liegenschaftskarte abweichende Lage der Grundstücksgrenze zu Lasten des Flurstücks des Klägers, wobei die Grenze durch den rückwärtigen Bereich des auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Gebäudes verläuft.

5

Der gegen die Grenzfeststellung und Abmarkung des Beklagten vom 17.12.2013 eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt vom 20.01.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde hierin ausgeführt, der Beklagte habe die festzustellende gemeinsame Flurstücksgrenze zwischen den Flurstücken 138 und 139 richtig in die Örtlichkeit übertragen und die fehlenden Grenzsteine durch ein Rohr (zum Straßenbereich) und einen Grenzstein (im Garten) sachgerecht ersetzt. Die Prüfung der Grenzermittlung habe ergeben, dass der Beklagte diese ohne Mängel nach den im Liegenschaftskataster nachgewiesenen maßgeblichen Vermessungsunterlagen – hier die Vermessungszahlen – ausgeführt habe. Der Zahlennachweis vom 08.10.1867 sei als maßgebliche Unterlage des Liegenschaftskatasters für die Grenzermittlung zu Grunde zu legen. Eine Grenzermittlung auf der Grundlage der aktuellen Liegenschaftskarte sei nicht sachgerecht, da diese bzgl. der festzustellenden Grundstücksgrenzen aufgrund des vorhandenen Zahlenwerks ein "Sekundärprodukt" sei. Die Darstellung in der aktuellen Liegenschaftskarte zeige einen fehlerhaften Grenzverlauf bzgl. der festzustellenden Flurstücksgrenze. Sie entspreche nicht den maßgeblichen Unterlagen des Liegenschaftskatasters.

6

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 23.02.2016 – 2 A 43/15 HAL – abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Grenzfeststellung und die Abmarkung der Grenzpunkte "1" und "2" durch den Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht geboten, die Liegenschaftskarte als alleinige Grundlage für die Grenzfeststellung heranzuziehen. Die festzustellende Grenze habe aus dem übrigen Vermessungswerk zweifelsfrei bestimmt werden können. Aus dem Fortführungsriss aus dem Jahr 1947 (Separationskarte) habe sich der Beklagte keine weitere Klarheit über den Grenzverlauf verschaffen können, da nicht ersichtlich sei, dass dort Grenzpunkte aufgesucht worden seien. In diesem Dokument sei lediglich ein Grenzzaun dargestellt worden. In der Bodenreform habe sich hinsichtlich des Grenzverlaufs keine Änderung ergeben. Die aktuelle Liegenschaftskarte stelle den Grenzverlauf nicht richtig dar und habe in dem öffentlichen Zahlenwerk keine Bestätigung gefunden. Die Grenzermittlung sei dem Beklagten durch zahlreiche Zahlenangaben in den Altunterlagen und wegen vorgefundener Grenzsteine möglich gewesen. Die (fehlerhafte) Liegenschaftskarte dürfe sich trotz heutiger technischer Genauigkeit bei nicht festgestellten Grenzen nicht maßgeblich gegen die übrigen im Liegenschaftskataster vorhandenen (Zahlen-)Angaben durchsetzen. Es habe auch nicht der Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens bedurft, denn die Widerspruchsbehörde und der Beklagte vermittelten das maßgebliche Fachwissen.

II.

7

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

8

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Solche Zweifel bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, juris RdNr. 36). Dies ist hier nicht der Fall.

9

a) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte bei der Grenzermittlung nicht von dem Grenzpunkt östlich des Flurstücks 136/1 an der Grenze zu dem Flurstück 138 oder von dem Grenzpunkt zwischen dem Flurstück 138 und dem Flurstück 85/2 oder von dem Grenzpunkt zwischen dem Flurstück 139 und dem südlich davon gelegenen Straßengrundstück ausgegangen sei, die ausweislich der Darstellung in der Liegenschaftskarte abgemarkt seien. Von den an diesen Grenzpunkten vorhandenen Grenzsteinen hätte der Beklagte die Einmessung ohne weiteres vornehmen können. Stattdessen sei er von dem Grenzpunkt zwischen den Flurstücken 129 und 136/1 ausgegangen, der nach den Angaben in der Liegenschaftskarte nicht abgemarkt sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte an dieser Stelle einen Grenzstein gefunden haben will.

10

Diese Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Grenzfeststellung des Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden, wird hierdurch nicht schlüssig in Frage gestellt. Der Beklagte hat an dem Eckpunkt der Flurstücke 129 und 136/1, den er als Ausgangspunkt seiner Grenzermittlung gewählt hat, einen alten Grenzstein vorgefunden. Dass dieser Grenzpunkt in der Liegenschaftskarte als "ohne Abmarkung" oder mit dem Zusatz "Abmarkung unbekannt" gekennzeichnet ist, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. Es ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, warum der Beklagte die Grenzermittlung von diesem Grenzpunkt aus vorgenommen hat, denn die von ihm herangezogene Längenangabe von 14,2 Ruthen aus dem Vermessungsriss vom 08.10.1867 (BA A Bl. 120) bezog sich auf die Entfernung von diesem als Grenzpunkt "3" bezeichneten Punkt zu dem als Grenzpunkt "2" bezeichneten Punkt am südlichen Ende der Grenze zwischen den Flurstücken 138 und 139, dessen Lage zu bestimmen war. Dass sich aus dem im Liegenschaftskataster vorhandenen Katasterzahlenwerk auch Maße für die Abstände zwischen den vom Kläger benannten weiteren Grenzpunkten und dem Grenzpunkt "2" entnehmen lassen, die bei der Bestimmung der Lage dieses Grenzpunktes zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, trägt der Kläger nicht vor. Dies ist auch nicht ersichtlich.

11

b) Nicht stichhaltig ist der Einwand des Klägers, der Beklagte hätte sich bei der Grenzfeststellung an dem in der Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 (BA A Bl. 129) von allen Grundstückseigentümern als rechtsverbindlich anerkannten (neuen) Grenzverlauf orientieren müssen. Hiergegen wendet der Beklagte ein, die Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 habe die streitbefangene Grenze zwischen den (heutigen) Flurstücken 138 und 139 nicht mit umfasst. Diese Flurstücke seien seinerzeit noch unter den Flurstücksnummern 292/108 und 107 geführt worden, die nicht Gegenstand der Grenzanerkennungsliste gewesen seien. Diese habe nur die Flurstücke des 1946 im Rahmen der Bodenreform aufgelösten ehemaligen Rittergutes (J.) umfasst, zu denen die Flurstücke 292/108 und 107 nicht gehört hätten. Diese Angaben des Beklagten sind plausibel. Sie werden bestätigt durch den Fortführungsriss aus dem Jahr 1949 (BA A Bl. 133), in dem die hier maßgeblichen Flurstücke noch unter den Flurstücksnummern 292/108 und 107 verzeichnet waren. Dem steht nicht entgegen, dass in der Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 die Flurstücke 138 und 139 der Flur A der Gemarkung (J.) ausdrücklich aufgeführt sind, denn hiermit können vor dem Hintergrund des Fortführungsrisses aus dem Jahr 1949 nur andere, mit den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Flurstücken 138 und 139 nicht identische Flurstücke bezeichnet gewesen sein.

12

c) Nicht durchgreifend ist die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.12.2005 – V ZR 11/05 – verkannt, wonach sich die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf erstrecke. Der Kläger meint, die Vermessung im Jahr 1946 sei auch dann Grundlage des Inhalts des Grundbuchs geworden, wenn die Grundstückseigentümer die Feststellung der neuen Grenzen nicht anerkannt hätten. Da hier zusätzlich ein positives Anerkenntnis der Grenzfeststellung aus dem Jahr 1946 vorliege, sei der Inhalt des Grundbuchs und damit seines Grundstücks einschließlich des Grenzverlaufs dadurch definiert. Hiermit verkennt er, dass sich die Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 nicht auf die Grenze zwischen den (heutigen) Flurstücken 138 und 139 bzw. den damaligen Flurstücken 292/108 und 107 bezieht. Sie kann daher auch nicht den Inhalt des Grundbuchs und damit den Grenzverlauf seines Grundstücks definieren. Im Übrigen legt auch das Verwaltungsgericht den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf seiner Entscheidung zu Grunde. Es entnimmt dem Liegenschaftskataster nur nicht den vom Kläger für richtig gehaltenen Grenzverlauf, sondern den vom Beklagten festgestellten.

13

d) Ernstliche Zweifel ergeben sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass die vom Beklagten angeführten Maßangaben in der Skizze zur Niederschrift über den Grenztermin vom 17.12.2013 ein glattes Dezimalende haben, obwohl es bei einer GPS-Einmessung mit einer Genauigkeit von 1 cm und einer zulässigen Toleranz von 6 cm unwahrscheinlich sei, dass es keine Zentimeterwerte gebe. Hierzu hat der Beklagte nachvollziehbar erläutert, dass die Grenzlängen zwischen vermarkten Grenzpunkten in Sachsen-Anhalt im Regelfall nicht in der Niederschrift über den Grenztermin eingetragen würden. Es würden nur Abstandsmaße zu topografischen Gegebenheiten, wie z.B. Zäunen, angegeben, um die Auffindbarkeit aufgrund der skizzenhaften Gesamtdarstellung zu erleichtern und die Lage der Grenzpunkte für die Beteiligten zu verdeutlichen. Danach ist ohne weiteres verständlich, weshalb auf der vom Beklagten als Bestandteil der Niederschrift über den Grenztermin angefertigten Skizze keine Zentimetermaße enthalten sind. Die Entfernung zwischen den Grenzpunkten „1“ und „2“ wird hierin nicht angegeben. Soweit die Abstände zwischen dem Grenzzaun und der festgestellten Grundstücksgrenze im Bereich der südlichen Hausecke des Wohnhauses des Klägers mit 0,7 m und am südlichen Ende des Zauns mit 1,8 m angegeben werden, dient dies der groben Orientierung über den Verlauf der Grenze in der Örtlichkeit und lässt Rückschlüsse auf die Genauigkeit der Messung nicht zu.

14

e) Nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist der Einwand des Klägers, da die Nord-Süd-Länge des Hauses D-Straße auf dem Flurstück 138 etwa 10 bis 11 Meter betrage und sich der Abstand zur Grenze um 40 cm verändere, könne der Abstand zur Grenze am ca. 30 bis 35 Meter entfernten Grenzpunkt „2“, der 3 x so weit entfernt sei, nicht 1,80 m betragen, sondern müsse rein rechnerisch 1,20 m groß sein. Der Beklagte hat hierzu mit Recht erwidert, dass die „Berechnung“ des südlichen Grenzpunktes durch den Kläger einer mathematisch nachvollziehbaren Grundlage entbehre. Das Maß von 1,80 m sei ausschließlich durch eine Messung und nicht durch eine „Berechnung“ ableitbar oder überprüfbar. Unabhängig davon habe ein Abstandsmaß zu einem Element, das nicht festgestellt werde, hier der Zaun, keine rechtliche Relevanz. Hiernach ergeben sich auch aus den in der Skizze zur Niederschrift über den Grenztermin angegebenen Abständen von Zaun und Grenze von 0,7 m und 1,8 m keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Grenzfeststellung bzw. des Urteils.

15

f) Nicht durchgreifend ist der Einwand des Klägers, die Grenzfeststellung sei wegen eines Verfahrensfehlers, der sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben könne, rechtswidrig. Der Beklagte habe im vorliegenden Grenzfeststellungsverfahren gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwVfG nicht tätig werden dürfen, da er außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben habe oder sonst tätig geworden sei. Der Beklagte habe, bevor die Beigeladene einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Grenzfeststellung gestellt habe, im Auftrag der Beigeladenen als privatrechtlicher Vermessungsingenieur eine Grenzermittlung in Bezug auf die hier streitige Grundstücksgrenze durchgeführt. Da eine Grenzfeststellung von Wertungen und Interpretationen getragen sei, verbleibe dem Vermessungsingenieur ein Wertungsspielraum, so dass nicht auszuschließen sei, dass die Wertungen des Beklagten durch die vorhergehende zivilrechtliche Beauftragung durch die an der Grenzfeststellung beteiligten Grundstückseigentümer beeinflusst worden sei.

16

Auch diese Rüge begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte wegen seiner der Grenzfeststellung vorangegangenen Tätigkeit für die Beigeladene als privatrechtlicher Vermessungsingenieur gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwVfG nicht hätte tätig werden dürfen, wofür allerdings einiges spricht. Es bedarf auch keiner Vertiefung, ob im Hinblick auf diesen Ausschlussgrund eine Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge besteht, die der Kläger versäumt haben könnte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 20 RdNr. 57). Ein etwaiger Verfahrensfehler wäre jedenfalls gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Mangel der Mitwirkung eines befangenen Amtsträgers ist unbeachtlich, wenn die Widerspruchsbehörde die verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Ausgangsentscheidung nach einer Neubewertung des Sachverhalts im Ergebnis bestätigt und der mögliche Einfluss des befangenen Amtsträgers auf diese Widerspruchsentscheidung ausgeräumt ist. Ob die Widerspruchsbehörde Kenntnis vom Mangel der Ausgangsentscheidung hatte oder nicht, ist danach letztlich unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass der befangene Amtsträger ohne Einfluss auf die nach einer Neubewertung des Sachverhalts getroffene Entscheidung der Widerspruchsbehörde geblieben ist und insoweit auch nicht der "böse Schein" einer Einflussnahme besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.1992 – BVerwG 7 B 81.92 –, juris RdNr. 3). Nach diesen Grundsätzen wäre eine Tätigkeit des Beklagten trotz Vorliegens des Ausschlussgrundes des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwVfG unbeachtlich, da die Widerspruchsbehörde die Grenzfeststellung nach eigener Sachprüfung bestätigt hat, ohne dass der Beklagte hierauf Einfluss genommen hat. Das Landesamt für Vermessung und Geoinformation hat im Widerspruchsbescheid vom 20.01.2015 eine eigenständige Prüfung der Grenzermittlung vorgenommen und im Ergebnis die Heranziehung des Zahlennachweises vom 08.10.1867 als maßgebliche Grundlage durch den Beklagten bestätigt. Ohne Belang ist, dass die Widerspruchsbehörde die Einmessung nicht vor Ort noch einmal vorgenommen hat, denn streitig war im Widerspruchsverfahren nicht die Genauigkeit der durch den Beklagten vorgenommenen Messung, sondern die Heranziehung des Zahlennachweises aus dem Jahr 1867 anstatt der Liegenschaftskarte als maßgeblich.

17

2. Die Berufung ist auch nicht wegen des vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat durch den Verzicht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Messergebnisse des Beklagten nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Gericht, alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Aufklärungsmöglichkeiten bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu nutzen; dies schließt eine Bindung an die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ermittelten tatsächlichen Feststellungen grundsätzlich aus. Das Gericht muss daher alle Aufklärungsbemühungen unternehmen, auf die die Beteiligten – insbesondere durch begründete Beweisanträge – hinwirken oder die sich hiervon unabhängig aufdrängen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.07.2011 – BVerwG 2 C 28.10 –, juris RdNr. 24 ff.; Beschl. d. Senats v. 15.09.2017 – 2 L 23/16 – juris RdNr. 18).

18

Nach diesen Grundsätzen konnte das Verwaltungsgericht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen. Der Kläger hat keinen Beweisantrag gestellt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens drängte sich auch nicht auf. Begründete Einwände gegen die Grenzermittlung durch den Beklagten hat der Kläger nicht erhoben. Soweit er gegen die Plausibilität des vom Beklagten gefundenen Ergebnisses einwendet, dass dieser Grenzpunkte, die sich eindeutig aus der Liegenschaftskarte ergäben, bei der Einmessung der Grenze nicht berücksichtigt, die Grenzanerkennungsliste aus dem Jahr 1946 unberücksichtigt gelassen, Messergebnisse im Dezimeterbereich und nicht im Zentimeterbereich angegeben sowie einen Grenzabstand von 1,80 m und nicht von 1,20 m ermittelt habe, stellt dies, wie bei der Prüfung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bereits begründet, die Richtigkeit der Grenzfeststellung nicht in Frage.

19

3. Die weiteren, vom Kläger mit Schriftsatz vom 15.12.2016 vorgebrachten Gesichtspunkte sind im vorliegenden Verfahren nicht (mehr) zu berücksichtigen. Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Dies bedeutet, dass nach Fristablauf eingereichter Vortrag unbeachtlich ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich lediglich um eine Erläuterung oder Verdeutlichung der fristgerecht dargelegten Zulassungsgründe handelt. Mit den Begriffen "Erläuterung" und "Verdeutlichung" wird vorausgesetzt, dass die Umstände, die Gegenstand einer Erläuterung oder Verdeutlichung sein sollen, schon in dem vorhergehenden (fristgerechten) Vorbringen zumindest in den wesentlichen Grundzügen und in einer solchen Weise Erwähnung gefunden haben, dass das nachträgliche Vorbringen sich nicht als eine Erweiterung des Vorbringens darstellt. Der Vortrag neuer, selbstständiger Zulassungsgründe nach Ablauf der Frist – und seien es auch nur weitere als die bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel – ist damit ausgeschlossen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.09.2017 – 6 A 1660/17 –, juris RdNr. 4 ff.; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a RdNr. 116). Nach diesen Grundsätzen muss der im Schriftsatz vom 15.12.2016 enthaltene neue Vortrag des Klägers unberücksichtigt bleiben, denn dieser ist erst nach Ablauf der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Die Begründungsfrist beträgt gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Dieses ist dem Kläger am 09.03.2016 zugestellt worden, so dass die Frist mit Ablauf des 09.05.2016 ablief. Der erst am 15.12.2016 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangene Schriftsatz wahrt diese Frist nicht. Die hierin vorgebrachten Gesichtspunkte sind auch nicht bereits in dem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 09.05.2016 angesprochen worden.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.


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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 11/05 Verkündet am:
2. Dezember 2005
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs erstreckt sich auch auf den sich aus dem
Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf.
BGH, Urt. v. 2. Dezember 2005 - V ZR 11/05 - LG Stendal
AGGardelegen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündlichen Verhandlung
vom 2. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stendal vom 16. Dezember 2004 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der früheren Beklagten zu 2 ganz und die Gerichtskosten erster Instanz zu 14 % trägt; im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist als Eigentümerin des im Grundbuch der Gemeinde I. verzeichneten Grundstücks Flur 3, Flurstück 209/67 eingetragen, der Beklagte als Eigentümer des nördlich angrenzenden Nachbargrundstücks 77/01. Die Parteien streiten über den Verlauf der gemeinsamen Grundstücksgrenze.
2
Beide Grundstücke sind aus einem Anwesen hervorgegangen, das u.a. mit einem reihenhausartigen Gebäude bebaut war. Im Jahr 1848 veräußerte die Gemeinde I. nach Aufteilung des Grundstücks jeweils eine Wohnung mit zugehörigem Scheunen- und Hofanteil an fünf verschiedene Käufer. Ein Rechtsvorgänger des Beklagten erwarb die nördlichste, ein Rechtsvorgänger der Klägerin die südlich unmittelbar angrenzende Parzelle. Aus steuerlichen Gründen kam es im Jahr 1865 zu einer sog. "Unterverteilung" des gesamten Anwesens durch den Fiskus. Dabei wurden die heute im Eigentum der Parteien stehenden Parzellen dadurch voneinander abgegrenzt , dass zwei Grenzpunkte festgelegt wurden, deren gerade Verbindungslinie Eingang in das Liegenschaftskataster als Grenzlinie der heutigen Flurstücke 77/1 und 209/67 fand. Diese verläuft nördlich der Hauswand und der sich daran anschließenden Mauer- und Zaunbegrenzung. Die Klägerin wurde in Vollzug des notariellen Kaufvertrags vom 10. Juni 1998 als Eigentümerin des Flurstücks 209/67 in das Grundbuch eingetragen. Die als Anlage zu diesem Vertrag erklärte Auflassung verweist auf die Bestimmung zu II.1. des Kaufvertrages, in der das Grundstück katastermäßig bezeichnet ist.
3
Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten u.a. auf Herausgabe und Unterlassung der weiteren Nutzung derjenigen Fläche in Anspruch genommen , die sich zwischen dieser Grenze und der die tatsächlichen Besitzverhältnisse markierenden Mauer- und Zaungrenze befindet. Sie steht auf dem Standpunkt, für die Bestimmung der Grundstücksgrenze sei die aus dem Liegenschaftskataster ersichtliche Gerade maßgeblich. Jedenfalls habe sie das Eigentum an dem Teilstück kraft guten Glaubens erworben. Der Beklagte ist dem entgegen getreten und hat widerklagend die Feststellung der Grenze entsprechend dem aus der Aufteilung des Jahres 1848 folgenden Besitzstand begehrt, der - so behauptet er - der gegenwärtigen Nutzung entspreche. Auch die Rechtsvorgänger der Klägerin seien stets nur von einem Wegerecht über das Grundstück des Beklagten ausgegangen.
4
Das Amtsgericht hat die - ursprünglich auch gegen die Ehefrau des Beklagten erhobene, später aber insoweit zurückgenommene - Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht dem Herausgabe- und Unterlassungsbegehren stattgegeben und die Widerklage abgewiesen; die Kosten des Rechtstreits hat es vollen Umfangs dem Beklagten auferlegt. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

5
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin habe das Eigentum an der streitgegenständlichen Fläche infolge Auflassung und Grundbucheintragung jedenfalls nach § 892 BGB gutgläubig erworben. Für den Gutglaubenschutz sei der durch die Bestandsangaben des Grundbuchs seit 1865 ausgewiesene Grenzverlauf maßgebend, der sich aus dem Liegenschaftskataster ergebe. Nach der dort vermerkten Grenzlinie sei die Teilfläche dem von der Klägerin erworbenen Flurstücks 209/67 zugewiesen. Eine eventuelle Unrichtigkeit dieser Zuweisung sei der Klägerin nicht bekannt gewesen.

II.

6
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in der Hauptsache stand; die Revision hat lediglich im Kostenpunkt teilweise Erfolg.
7
1. Das Berufungsgericht hat der auf § 985 BGB und § 1004 BGB gestützten Herausgabe- und Unterlassungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin das Eigentum hieran - wie das Berufungsgericht meint - gutgläubig nach § 892 BGB erworben hat, weil ihre Eigentümerstellung schon nach § 891 BGB zu vermuten ist und der Beklagte diese Vermutung nicht widerlegt hat.
8
a) § 891 Abs. 1 BGB knüpft die Vermutung der Rechtsinhaberschaft an die Grundbucheintragung. Da im Rechtsverkehr Klarheit darüber bestehen muss, auf welchen konkreten Teil der Erdoberfläche sich ein eingetragenes Recht bezieht, besteht heute Einigkeit darüber, dass sich die Richtigkeitsvermutung des Grundbuches auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf erstreckt (RGZ 73, 125, 129; BayObLGZ 1987, 410, 412 f.; OLG Frankfurt, OLGZ 1985, 156, 157 f.; OLG Nürnberg, MDR 1976, 666; OLG Celle, NJW 1956, 632, 633; Bengel /Simmerding, Grundbuch, Grundstück, Grenze, 5. Aufl., Anh. zu § 22 GBO Rdn. 1 f.; Demharter, GBO, 25. Aufl., § 2 Rdn. 26; Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 891 Rdn. 7; Lutter, AcP 164, 122, 138; MünchKommBGB /Wacke, 4. Aufl., § 891 Rdn. 11; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 891 Rdn. 6; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 891 Rdn. 8; Soergel/Bauer, aaO, § 920 Rdn. 3; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 891 Rdn. 21 ff.; Staudinger /Roth, aaO, § 920 Rdn. 2). Nach § 2 Abs. 2 GBO werden die Grundstücke im Grundbuch nach dem Liegenschaftskataster benannt. Der Grenzverlauf kann danach in aller Regel über die in Spalte 3 b des Bestandsverzeichnisses des Grundbuches eingetragene Parzellennummern in Verbindung mit der Katasterkarte erschlossen werden. So liegt es auch hier.
9
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Inhalt der Flurkarte des Liegenschaftskatasters, dass die streitgegenständliche Fläche Bestandteil des der Klägerin zugeordneten Flurstücks 209/67 ist. Die Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien wird - entsprechend der Unterverteilung aus dem Jahr 1865 - durch die gerade Linie markiert. Dementsprechend ist zu vermuten, dass sich das Eigentum der Klägerin bis zu der in der Flurkarte vermerkten Grenze erstreckt. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, es sei zwischen den Parteien umstritten, welche Angaben den Katasterunterlagen zu entnehmen seien, steht dem die die Darstellung im Berufungsurteil als unstreitig entgegen (§ 314 ZPO). Im Übrigen haben die Parteien im Berufungsrechtszug übereinstimmend vorgetragen , dass die sachverständig festgestellte Grenze so im Liegenschaftskataster seit dem Jahr 1865 beschrieben ist; Streit hat allenfalls noch darüber bestanden , ob die aus der Katasterkarte ersichtliche Grenze zutreffend ermittelt wurde.
10
Dass die Grenzziehung aus den Unterlagen der Steuerverwaltung in das Liegenschaftskataster ohne Überprüfung durch eine eigenständige Vermessung übernommen wurde, steht der Anwendung von § 891 BGB nicht entgegen. Für den Eintritt der Richtigkeitsvermutung sind die Umstände , die zu einer Eintragung geführt habe, ohne Belang (RGZ 73, 125, 130). Selbst eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Grundbucheintragung lässt die Vermutung - abgesehen von hier nicht einschlägigen Nichtigkeitsfällen (vgl. Senat, BGHZ 7, 64, 69 für den Fall einer durch erhebliche Bedrohung erreichten Grundbucheintragung) - nicht entfallen (Senat, Urt. v. 26. September 1969, V ZR 135/66, WM 1969, 1352, 1353 f.).
11
b) Die aus § 891 Abs. 1 BGB folgende Eigentumsvermutung hat der Beklagte nicht widerlegt. Für eine Widerlegung genügt nicht, dass die Vermutung erschüttert wird. Vielmehr muss der volle Beweis des Gegenteils erbracht werden (Senat, Urt. v. 16. November 1979, V ZR 93/77, NJW 1980, 1047, 1048 f.; Urt. v. 10. Dezember 2004, V ZR 120/04, MDR 2005, 439, 440 f.). Dabei erstreckt sich der zu erbringende Gegenbeweis auf jede sich aus dem Grundbuch ergebende oder von dem Eingetragenen behauptete Erwerbsmöglichkeit (Senat, Urt. v. 23. März 1979, V ZR 163/75, NJW 1979, 1656; Urt. v. 24. Februar 1984, V ZR 177/82, NJW 1984, 2157; Urt. v. 6. Dezember 1996, V ZR 177/95, WM 1997, 883). Diesen Gegenbeweis hat der Beklagte nicht erbracht.
12
aa) Zwar hat der Beklagte unter Bezug auf den Kaufvertrag aus dem Jahr 1848 nachvollziehbar dargelegt, dass die damaligen Vertragsparteien von einer Grundstücksgrenze ausgingen, die sich an der damals vorhandenen Bebauung orientierte. Diese Darlegungen lassen indessen allenfalls den Schluss zu, dass die im Zuge der Unterverteilung im Jahr 1865 festgelegte und in die Flurkarte übernommene Grenze den damaligen Eigentumsverhältnissen widersprach. Offen bleibt jedoch, ob dieser mögliche Widerspruch in der Folgezeit durch gutgläubigen Eigentumserwerb der Klägerin oder ihrer Rechtsvorgänger beseitigt wurde. Entgegen der Annahme der Revision hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass der Beklagte Eigentümer der Teilfläche war. Vielmehr hat es die Eigentumslage im Hinblick auf § 892 BGB gerade offen gelassen. Die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs insbesondere durch die Rechtsvorgänger der Klägerin räumt der Beklagte nicht aus.
13
bb) Allerdings scheidet ein Eigentumserwerb an der Teilfläche eines Grundstücks schon dann aus, wenn sich die Auflassung (§§ 873, 925 BGB) nicht auf diese erstreckt (vgl. BayObLG DNotZ 1998, 820, 823). Vorliegend kann jedoch zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin auch die Teilfläche aufgelassen wurde.
14
In der als Anlage zum Kaufvertrag erklärten Auflassung wird Bezug genommen auf den Kaufvertrag, in dem das Grundstück nicht anhand der örtlichen Gegebenheiten, sondern katastermäßig bezeichnet wurde. Da der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet hat, die notariell beurkundete Auflassung gebe das von beiden Auflassungsparteien übereinstimmend Gewollte nicht richtig wieder, ist kein Raum für die Heranziehung der allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung, wonach ein übereinstimmender tatsächlicher Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts bestimmt und dem Wortlaut der Vereinbarung vorgeht (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, NJW 2002, 1038, 1039 m.w.N.). Da auch der Schriftsatz des Beklagten vom 28. Januar 2004 - entgegen den Darlegungen der Revision in der mündlichen Verhandlung - kein Vorbringen zum Inhalt der Auflassung enthält, hatte das Berufungsgericht keine Veranlassung zu einem Hinweis nach § 139 ZPO; eine Aufklärungsrüge hat die Revision denn auch nicht erhoben.
15
Allerdings nimmt die Revision auf Vortrag des Beklagten Bezug, wonach die Klägerin noch bis in das Jahr 2002 hinein davon ausgegangen sei, nicht Eigentümerin der Teilfläche zu sein; auch die Rechtsvorgänger der Klägerin seien lediglich von einem Wegerecht an dem Flurstück des Beklagten ausgegangen. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne weiteres, dass die Vertragsparteien entgegen der Urkundenlage den Gegenstand der Auflas- sung übereinstimmend nur nach örtlichen Merkmalen bestimmt haben. Da stets damit gerechnet werden muss, dass insbesondere Zaun- und Mauergrenzen nicht exakt die wirkliche Grundstücksgrenze markieren, ist bei verständiger Würdigung der Interessenlage bei katastermäßiger Bezeichnung in der Regel davon auszugehen, dass ein Eigentumsübergang im Umfang der sich aus dem Kataster ersichtlichen Grenzen erreicht werden soll.
16
2. Die Abweisung der Widerklage ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Da die Grundstücksgrenzen aufgrund der nicht ausgeräumten Eigentumsvermutung des § 891 Abs. 1 BGB festgestellt werden können, ist für eine auf Grenzverwirrung gestützte Klage nach § 920 Abs. 1 BGB kein Raum (vgl. OLG Celle, NJW 1956, 632, 633 f.; Palandt/Bassenge, aaO, § 920 Rdn. 2; Soergel/Bauer, aaO, § 920 Rdn. 3; Staudinger/Roth, aaO, § 920 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Säcker, aaO, § 920 Rdn. 1).
17
3. Dagegen hält die Kostenentscheidung des Berufungsurteils einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit dem Beklagten die Kosten des ersten Rechtszugs vollen Umfangs auferlegt worden sind. Da die Klägerin ihre zunächst auch gegen die Ehefrau des Beklagten erhobene Klage wieder zurückgenommen hat, fallen ihr - was von Amts zu berücksichtigen ist - insoweit die Kosten zur Last (§ 269 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.


18
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Gardelegen, Entscheidung vom 11.03.2004 - 32 C 175/03 (II) -
LG Stendal, Entscheidung vom 16.12.2004 - 22 S 61/04 -

(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden,

1.
wer selbst Beteiligter ist;
2.
wer Angehöriger eines Beteiligten ist;
3.
wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt;
4.
wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt;
5.
wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist;
6.
wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Dies gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit und für die Abberufung von ehrenamtlich Tätigen.

(3) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen treffen.

(4) Hält sich ein Mitglied eines Ausschusses (§ 88) für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem Vorsitzenden des Ausschusses mitzuteilen. Der Ausschuss entscheidet über den Ausschluss. Der Betroffene darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlussfassung nicht zugegen sein.

(5) Angehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 sind:

1.
der Verlobte,
2.
der Ehegatte,
2a.
der Lebenspartner,
3.
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
4.
Geschwister,
5.
Kinder der Geschwister,
6.
Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
6a.
Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,
7.
Geschwister der Eltern,
8.
Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
Angehörige sind die in Satz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn
1.
in den Fällen der Nummern 2, 3 und 6 die die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht;
1a.
in den Fällen der Nummern 2a, 3 und 6a die die Beziehung begründende Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
2.
in den Fällen der Nummern 3 bis 7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist;
3.
im Falle der Nummer 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden,

1.
wer selbst Beteiligter ist;
2.
wer Angehöriger eines Beteiligten ist;
3.
wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt;
4.
wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt;
5.
wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist;
6.
wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Dies gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit und für die Abberufung von ehrenamtlich Tätigen.

(3) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen treffen.

(4) Hält sich ein Mitglied eines Ausschusses (§ 88) für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem Vorsitzenden des Ausschusses mitzuteilen. Der Ausschuss entscheidet über den Ausschluss. Der Betroffene darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlussfassung nicht zugegen sein.

(5) Angehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 sind:

1.
der Verlobte,
2.
der Ehegatte,
2a.
der Lebenspartner,
3.
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
4.
Geschwister,
5.
Kinder der Geschwister,
6.
Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
6a.
Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,
7.
Geschwister der Eltern,
8.
Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
Angehörige sind die in Satz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn
1.
in den Fällen der Nummern 2, 3 und 6 die die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht;
1a.
in den Fällen der Nummern 2a, 3 und 6a die die Beziehung begründende Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
2.
in den Fällen der Nummern 3 bis 7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist;
3.
im Falle der Nummer 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden,

1.
wer selbst Beteiligter ist;
2.
wer Angehöriger eines Beteiligten ist;
3.
wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt;
4.
wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt;
5.
wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist;
6.
wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Dies gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit und für die Abberufung von ehrenamtlich Tätigen.

(3) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen treffen.

(4) Hält sich ein Mitglied eines Ausschusses (§ 88) für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem Vorsitzenden des Ausschusses mitzuteilen. Der Ausschuss entscheidet über den Ausschluss. Der Betroffene darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlussfassung nicht zugegen sein.

(5) Angehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 sind:

1.
der Verlobte,
2.
der Ehegatte,
2a.
der Lebenspartner,
3.
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
4.
Geschwister,
5.
Kinder der Geschwister,
6.
Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
6a.
Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,
7.
Geschwister der Eltern,
8.
Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
Angehörige sind die in Satz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn
1.
in den Fällen der Nummern 2, 3 und 6 die die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht;
1a.
in den Fällen der Nummern 2a, 3 und 6a die die Beziehung begründende Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
2.
in den Fällen der Nummern 3 bis 7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist;
3.
im Falle der Nummer 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei einem über ihre Grundstücke verlaufenden Weg nicht um einen öffentlichen Weg handelt.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 22/7 und 2/23. Das Flurstück 22/7 umfasst das Hofgrundstück des Gehrhofs. Das Flurstück 2/23 ist wegeartig geschnitten und bildet eine Umfahrung der Westseite des Gehrhofs. Auf beiden Flurstücken befinden sich Teile eines Verbindungsweges zwischen F-Stadt und A-Stadt. Das Flurstück 2/23 stand bis zum 03.10.1990 im Eigentum des Volkes und in Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde. Mit Bescheid vom 18.06.1996 wurde das Eigentum an dem Grundstück von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) auf die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) übertragen, die nachfolgend in das Grundbuch eingetragen wurde und das Grundstück an die Klägerin weiterveräußerte. Mit Bescheid vom 11.11.2015 stellte das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen fest, dass die Beklagte zum 03.10.1990 Eigentümerin des Flurstücks 2/23 geworden sei, und hob den Bescheid vom 18.06.1996 auf, soweit er dem entgegensteht.

3

Bereits mit Beschluss vom 10.04.2008 hatte der Stadtrat der Beklagten das Straßenbestandsverzeichnis für das Stadtgebiet der Beklagten beschlossen, das vom 26.05.2008 bis zum 28.11.2008 im Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft A-Stadt (Altmark) ausgelegt wurde.

4

Nachdem es zwischen der Klägerin und der Beklagten zum Streit über die Frage gekommen war, ob es sich bei dem über ihre Grundstücke führenden Weg um eine öffentlichen Straße handele, erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Antrag, festzustellen, dass der Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt, soweit er über die ihr gehörenden Grundstücke 2/23 und 22/7 verlaufe, keine öffentliche Straße sei.

5

Mit Urteil vom 18.02.2016 – 2 A 63/14 MD – wies das Verwaltungsgericht die Klage ab und führte zur Begründung aus, bei den streitgegenständlichen Grundstücken 2/23 und 22/7 handele es sich um öffentliche Verkehrsflächen i.S.d. Vorschriften des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (StrG LSA). Es bestehe gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA die Vermutung, dass insoweit die Widmung vollzogen sei, da der Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt in das Straßenbestandsverzeichnis des Beklagten eingetragen sei. Bei dem über die Grundstücke 2/23 und 22/7 verlaufenden Weg handele es sich um eine Gemeindestraße i.S.d. § 51 Abs. 3 StrG LSA. Nach dieser Vorschrift seien die bisherigen Stadt- und Gemeindestraßen solche i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA. Hierzu zählten auch öffentliche kommunale Straßen i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über das Straßenwesen (StrVO 1957) vom 18.07.1957 (GBl.-DDR I S. 377). Hiernach seien kommunale Straßen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d StrVO 1957 öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen worden sei. Die Öffentlichkeit der kommunalen Straßen sei demnach von dem tatsächlichen Vorgang des allgemeinen Verkehrs und dessen Duldung durch den Rechtsträger oder Eigentümer des Straßenlandes abhängig gewesen. Entscheidend für die Einstufung als öffentliche Straße nach der StrVO 1957 sei die zugelassene, gebilligte oder geduldete tatsächliche Nutzung der Straße für den öffentlichen Verkehr bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am Tag der Verkündung, dem 31.07.1957. Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, ob die Grundstücke 2/23 und 22/7 am 31.07.1957 tatsächlich als öffentliche Verkehrsfläche genutzt worden seien, könnten sich aus der Ausübung der Wegeaufsicht, Eintragungen in Karten, Plänen und Katastern, der Beschaffenheit und der Funktion der Wegeflächen sowie den Aussagen von Zeugen ergeben. Ausgehend davon seien die streitigen Grundstücke 2/23 und 22/7 (teilweise) öffentliche Verkehrsflächen im oben genannten Sinne. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, zu DDR-Zeiten habe kein Weg über ihre Grundstücke geführt, könne das Gericht dem nicht folgen. Es stehe vielmehr zu seiner Überzeugung fest, dass der Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt auch zu DDR-Zeiten auf den Flurstücken 2/23 und 22/7 als unbefestigter Weg existiert habe. Dies ergebe sich aus den von der Beklagten vorgelegten Grundbuchauszügen, wonach das Grundstück 2/23 im Grundbuch des Jahres 1947 mit der Nutzungsart "Weg" eingetragen gewesen sei. Das Vorhandensein des Weges über das Grundstück 2/23 folge auch aus der Karte, die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgelegt habe. Auch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen habe in seinem Bescheid vom 11.11.2015 festgestellt, dass der streitgegenständliche Weg in einem DDR-Autoatlas als Verbindungsstraße/sonstige Straße verzeichnet gewesen sei. Auch die Angaben der von der Beklagten befragten früheren Einwohner der Ortschaft A-Stadt bzw. des Gehrhofs sprächen für das Vorhandensein dieses Weges. Herr (G.) habe ausgeführt, er sei erst seit 1968 in A-Stadt wohnhaft. In dieser Zeit sei die Brücke über die Biese von russischen Panzern zerstört worden. Für die Zeit von 1968 könne er nicht viel sagen. Herr (T.) habe bis 1933 auf dem Gehrhof gelebt. Er sei 1922 geboren und wisse aus einem Gespräch heraus, dass der Weg um 1900 um die Scheune des Gehrhofs herum geführt habe. Zu Zeiten, als Herr (S.) Eigentümer gewesen sei, habe der Weg dann über den Gehrhof geführt, da der Weg um die Scheunen herum zu mühevoll gewesen sei. Er könne nicht genau sagen, wann man nicht mehr über den Gehrhof habe fahren dürfen. 1965 bis 1979 sei außen um den Hof herum gefahren worden. Diesen Angaben lasse sich entnehmen, dass der streitgegenständliche Weg auch bereits vor 1945 existiert habe. Schließlich lasse sich den Aussagen von Herrn (K. S.) entnehmen, dass eine Besiedelung mit 15 bis 20 Parteien zwischen F-Stadt und A-Stadt erfolgt sei. Der Weg sei von Siedlern benutzt worden sowie von Radfahrern und Kraftfahrzeugen. Später sei der Weg vorrangig von Russen benutzt worden, die dann die Brücke zerstört hätten. Dies korrespondiere mit den Angaben des Herrn (G.), wonach die Brücke erst nach 1968 zerstört worden sein könne. Ausweislich der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung sei die Besiedlung durch Neusiedler zwischen F-Stadt und A-Stadt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1953 erfolgt. Nach den unwidersprochenen Angaben des Herrn (K. S.) sei der Weg von diesen Siedlern benutzt worden, was zur Überzeugung des Gerichts dazu führe, dass dieser Weg mindestens ab 1947 (Eintragung im Grundbuch) existiert habe und im maßgeblichen Zeitpunkt (31.07.1957) auch vom öffentlichen Verkehr benutzt worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die ausgeführt habe, dass es sich zu DDR-Zeiten lediglich um einen Arbeitsweg für Scheunen gehandelt habe, welcher zum Hof gehört habe. Die Klägerin wisse dies nicht aus eigener Anschauung, sondern aus Erzählungen ihres Opas. Mithin handele es sich um Hörensagen. Ihr sei es nicht gelungen, die Vermutung aus § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA zu widerlegen. Denn ihrer Behauptung, der fragliche Weg habe auf den genannten Grundstücken 2/23 und 22/7 zu DDR-Zeiten gar nicht existiert, könne das Gericht nicht folgen. Nachweise dafür habe sie nicht erbracht. Insbesondere lasse sich aus dem von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Foto aus dem Jahr 1978 nicht entnehmen, dass der Weg im Bereich der genannten Grundstücke nicht vorhanden gewesen sei. Derartiges sei bei Inaugenscheinnahme dieses Fotos nicht feststellbar.

II.

6

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

7

1. Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –, juris RdNr. 15). Das ist vorliegend nicht der Fall.

8

a) Das Antragsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet. Die Gründe, aus denen heraus bei einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen, können sich zwar auch aus einer unzureichenden Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ergeben. Die Beweiswürdigung ist dem materiellen Recht zuzuordnen und kann deshalb im Rahmen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gerügt werden. Als Teil der freien Beweiswürdigung obliegt die Bewertung der erhobenen Beweise originär dem Verwaltungsgericht. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es darf bei seiner Überzeugungsbildung allerdings nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Bei Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung als tatsächliche Grundlage eines Urteiles ist von einer schlüssigen Gegenargumentation daher dann auszugehen, wenn gute Gründe dafür aufgezeigt werden, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung mit Blick auf eine entscheidungserhebliche Tatsache von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder wenn die vom Erstrichter vorgenommene Sachverhaltswürdigung im Lichte der Begründung des Zulassungsantrags fragwürdig erscheint, weil die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft ist, insbesondere bei Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 28.02.2012 – 1 L 159/11 –, juris RdNr. 5 m.w.N.). Allein die Möglichkeit, dass das Oberverwaltungsgericht die Sachlage nach einer eigenen Beweisaufnahme anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgerichts, reicht für die Annahme ernstlicher Zweifel hingegen nicht aus (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 09.12.2016 – 3 A 666/16 –, juris RdNr. 6).

9

Gemessen daran begründen die Einwände der Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

10

Zu Unrecht meint die Klägerin, entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts könne der streitgegenständliche Weg nicht als Verbindungsweg zwischen F-Stadt und A-Stadt gedient haben, wenn die über die Biese führende Brücke im Jahr 1968 zerstört und bis zur Wende nicht wieder errichtet worden sei. Hierbei übersieht sie, dass das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Weg mindestens ab 1947 existiert habe und im maßgeblichen Zeitpunkt – am 31.07.1957 – öffentlich genutzt worden sei. Diesen Feststellungen steht eine Zerstörung der Brücke im Jahr 1968 – denklogisch – nicht entgegen. Fragwürdig wären die Feststellungen des Verwaltungsgerichts allenfalls dann, wenn die Brücke, wie die Klägerin behauptet, bereits im Zweiten Weltkrieg zerstört worden wäre. Das hat das Verwaltungsgericht jedoch nicht angenommen. Vielmehr geht das Gericht – gestützt auf die Aussage des Zeugen (G.) – erkennbar davon aus, dass die Brücke erst im Jahr 1968 zerstört wurde. Etwas anderes ergibt sich weder aus der von der Klägerin als Anlage K 2 vorgelegten Luftaufnahme des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation vom 14.08.2013 (GA Bl. 234) noch aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Protokoll des Gesprächs mit dem Zeugen (K. S.) vom 23.05.2013 (GA Bl. 235 – 236).

11

Auch die Aussage des Zeugen (T.) steht den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen, soweit dieser angegeben hat, in der Zeit von 1965 bis 1979 habe man außen um den Hof herumfahren müssen. Soweit die Klägerin gegen diese Aussage einwendet, sie sei für den Zeitraum ab 1933 nicht nachvollziehbar, da der Zeuge nur bis 1933 auf dem Gehrhof gelebt habe und ein Umfahren des Gehrhofes seit 1945 ausscheide, da es seit der Zerstörung der Brücke ausgeschlossen sei, dass der streitgegenständliche Weg als Verbindungsstraße gedient habe, wendet sie sich gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen (T.), nicht aber gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Die maßgeblichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, beruhen nicht entscheidend auf dessen Aussage, sondern in erster Linie auf den Angaben des Zeugen (K. S.). Soweit die Klägerin die Würdigung des Verwaltungsgerichts angreift, aus den Angaben des Zeugen (T.) lasse sich entnehmen, dass der streitgegenständliche Weg auch bereits vor 1945 existiert habe, verkennt sie, dass diese Schlussfolgerung auf dessen Aussage beruht, er wisse aus einem Gespräch, dass der Weg um 1900 um die Scheunen des Gehrhofs herum geführt habe. Die Klägerin unterstellt dem Verwaltungsgericht zu Unrecht, das Gericht habe dies – logischen Grundsätzen widersprechend – aus der Aussage des Zeugen (T.) entnommen, 1965 bis 1979 sei außen um den Hof herum gefahren worden. Das trifft ersichtlich nicht zu. Soweit die Klägerin darüber hinaus gegen die Würdigung der Aussage des Zeugen (T.) einwendet, aus der Aussage, dass man in der Zeit von 1965 bis 1979 habe um den Hof herum fahren müssen, könne allenfalls entnommen werden, dass man zuvor quer durch den Hof gefahren sei und nicht außen herum, wenn sich aus dieser Aussage nicht sogar Rückschlüsse für den Zeitraum davor verbieten, auch stamme diese Aussage von einem Zeugen, der den Hof 1933 verlassen habe, stellt auch dies die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage. Denn die maßgeblichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, beruht, wie bereits ausgeführt, nicht entscheidend auf der Aussage des Zeugen (T.), sondern in erster Linie auf der des Zeugen (K. S.). Aus diesem Grund wird die Beweiswürdigung auch nicht durch die Behauptung der Klägerin in Frage gestellt, die Aussage des Zeugen (T.) befinde sich im Widerspruch zu der Aussage des Zeugen (G.), zumal sie nicht näher darlegt, worin dieser Widerspruch bestehen soll.

12

Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wird auch nicht deshalb fragwürdig, weil die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht habe die Aussage des Zeugen (T.), der erst 1922 geboren sei, als eigene Wahrnehmung gewürdigt, soweit dieser angegeben habe, der Weg habe 1900 um die Scheune des Gehrhofs herum geführt, während es ihre eigene Aussage, ihr Großvater habe ihr erzählt, dass es lediglich zu DDR-Zeiten einen Weg um die Scheune gegeben habe, der jedoch zum Gehrhof gehört habe und bei dem es sich um einen Arbeitsweg gehandelt habe, als unergiebig gewertet habe, da es sich um Hörensagen handele. Auch insoweit verkennt die Klägerin, dass das Verwaltungsgericht die maßgeblichen Feststellungen, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, nicht entscheidend auf die Aussage des Zeugen (T.) stützt, sondern in erster Linie auf die des Zeugen (K. S.).

13

Ohne Erfolg bemängelt die Klägerin weiterhin, es habe keine übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung über die Besiedlung durch neue Siedler zwischen F-Stadt und A-Stadt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1953 gegeben, abgesehen davon, dass diese Aussagen ebenfalls nur "Hörensagen" seien, so dass unerfindlich sei, wieso das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auch darauf gründe. Insoweit versäumt es die Klägerin, näher darzulegen, welche unterschiedlichen Angaben die Beteiligten insoweit in der mündlichen Verhandlung gemacht haben sollen. Zudem ist es unschädlich, wenn das Verwaltungsgericht seine maßgeblichen Feststellungen, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt öffentlich genutzt worden, zusätzlich zu den angegebenen Beweismitteln auch auf die Angaben der Beteiligten stützt, selbst wenn es sich hierbei nur um "Hörensagen" handeln sollte.

14

Der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts steht – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht entgegen, dass aus den protokollierten Aussagen der Zeugen zu schließen sei, dass der Weg mindestens seit 1968 nicht mehr von beiden Seiten offen gewesen sei, da die Brücke über die Biese zerstört worden sei, woraus auch folge, dass die Sackgasse ausschließlich durch die Eigentümer genutzt worden sei. Eine Zerstörung der Brücke im Jahr 1968 steht den das Urteil tragenden Feststellungen, der Weg habe mindestens ab 1947 existiert und sei im maßgeblichen Zeitpunkt (31.07.1957) öffentlich genutzt worden, nicht entgegen. Dass die Brücke, wie die Klägerin vorträgt, bereits seit dem Zweiten Weltkrieg zerstört gewesen sei, hat das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt.

15

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht keine Zeugenvernehmung durchgeführt hat. Die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht hätte sich nicht mit den protokollierten Aussagen der Zeugen (G.), (T.) und (K. S.) begnügen dürfen, sondern hätte, um sich ein Bild über die Glaubhaftigkeit der Aussagen und die Glaubwürdigkeit der Personen zu machen, diese in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernehmen müssen. Damit macht sie Verfahrensmängel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend, und zwar einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung (§ 96 Abs. 1 VwGO) und die Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Derartige Verfahrensmängel liegen nicht vor.

16

aa) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhebt das Gericht Beweis in der mündlichen Verhandlung. Die Vorschrift regelt die Art und Weise der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung. Sie erfordert nach ihrem Wortlaut zunächst, dass diejenigen Richter, die über einen Rechtsstreit entscheiden, regelmäßig auch die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung durchführen, um ihre Entscheidung auf den unmittelbaren Eindruck der Beweisaufnahme stützen zu können (formelle Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme). Nach ihrem Sinn lassen sich ihr jedoch auch Maßstäbe für die Auswahl zwischen mehreren zur Verfügung stehenden Beweismitteln entnehmen (materielle Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme). § 96 Abs. 1 VwGO soll sicherstellen, dass das Gericht seiner Entscheidung das in der jeweiligen prozessualen Situation geeignete und erforderliche Beweismittel zu Grunde legt, um dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dem Gebot des fairen Verfahrens und insbesondere dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf Beweisteilhabe gerecht zu werden. Dagegen lässt sich dem Grundsatz der materiellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht ein abstrakter Vorrang bestimmter – etwa unmittelbarer oder "sachnäherer" – Beweismittel vor anderen – mittelbaren oder weniger "sachnahen" – entnehmen. Vielmehr hängt es von der jeweiligen prozessualen Situation ab, ob ein mittelbares Beweismittel wie die Verlesung eines Vernehmungsprotokolls ausreicht oder ob das unmittelbare Beweismittel (erneute oder erstmalige gerichtliche Vernehmung des Zeugen) zu nutzen ist. Die Sachaufklärung soll in einer Art und Weise durchgeführt werden, die zu einer vollständigen und zutreffenden tatsächlichen Entscheidungsgrundlage führt und es zugleich jedem Verfahrensbeteiligten ermöglicht, auf die Ermittlung des Sachverhalts Einfluss zu nehmen. Das Recht eines Verfahrensbeteiligten, im Rahmen eines geordneten Verfahrens an der Sachaufklärung durch das Gericht teilzuhaben, ist unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) geboten, insbesondere wenn aus den vom Gericht ermittelten Tatsachen nachteilige Folgen für diesen Verfahrensbeteiligten gezogen werden können. Ihm muss deshalb die Möglichkeit eingeräumt sein, an der Erhebung von Beweisen mitzuwirken, um sich ein eigenes Bild von den Beweismitteln machen zu können, sein Fragerecht auszuüben und durch eigene Anträge der Beweiserhebung ggf. eine andere Richtung zu geben. Aus dem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) folgt darüber hinaus, dass der Verfahrensbeteiligte hinreichend Gelegenheit haben muss, sich mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme auf der Grundlage eines eigenen unmittelbaren Eindrucks auseinanderzusetzen und ggf. dazu Stellung zu nehmen. Es ist jedoch grundsätzlich nicht stets ausgeschlossen, Protokolle behördlicher Vernehmungen als Urkundsbeweis zu verwenden; dabei müssen allerdings die Grenzen dieses Beweismittels berücksichtigt werden. Denn die Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren ist nicht in gleicher Weise mit rechtlichen Garantien ausgestattet wie eine Beweisaufnahme im gerichtlichen Verfahren. Auch steht auf Grund einer Verwendung von Vernehmungsprotokollen als Urkundsbeweis nur fest, dass der Zeuge die protokollierte Aussage gemacht hat, nicht aber, ob sie inhaltlich richtig ist; dies ist vielmehr eine Frage der Beweiswürdigung. Denn Grundlage der Wahrheitsfindung ist in einem solchen Fall nur die Urkunde und nicht der Eindruck der behördlichen Verhörsperson von der Glaubwürdigkeit des Vernommenen. Aussagen zur Glaubhaftigkeit der Aussage oder – erst recht – zur Glaubwürdigkeit der außergerichtlich vernommenen Zeugen bedürfen daher einer zusätzlichen Grundlage und sind häufig kaum begründbar. Demgegenüber verbietet § 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine Entscheidung des Gerichts allein auf Grund des Inhalts von Vernehmungsprotokollen, wenn einem Beteiligten nicht die Möglichkeit eröffnet war, an den Vernehmungen teilzunehmen und Fragen zu stellen, und wenn dieser Beteiligte begründet die Vernehmung der – erreichbaren – Zeugen verlangt. Es verstößt daher gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wenn ohne allseitiges Einverständnis tatsächliche Feststellungen ohne erneute Prüfung durch das Gericht auf eine bloße schriftliche Wiedergabe der Erklärungen von Personen gestützt werden, die als Zeugen hätten vernommen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.07.2011 – BVerwG 2 C 28.10 –, juris RdNr. 16 ff. m.w.N.).

17

Nach diesen Grundsätzen bedurfte es im vorliegenden Fall keiner weiteren Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen (G.), (T.) und (K. S.). Es sind keine Umstände ersichtlich, die eine Vernehmung der Zeugen in der mündlichen Verhandlung als erforderlich erscheinen lassen. Entscheidungserheblich ist die tatsächliche Nutzung des streitgegenständlichen Weges am Stichtag 31.07.1957. Die maßgebliche Feststellung, der Weg sei zu diesem Zeitpunkt vom öffentlichen Verkehr benutzt worden, stützt das Verwaltungsgericht auf eine Mehrzahl von Indizien, insbesondere auf die im Grundbuch eingetragene Nutzungsart des Grundstücks, die Eintragung des Weges in einer im Jahr 1956 vom Kreis A-Stadt herausgegebenen Karte sowie auf die protokollierten Aussagen der Zeugen (G.), (T.) und (K. S.). Die ergänzende Einvernahme der Zeugen (G.) und (T.) in der mündlichen Verhandlung war bereits deshalb nicht erforderlich, weil sie zu der tatsächlichen Nutzung des Weges am Stichtag keine Angaben aus eigener Wahrnehmung machen konnten und damit unergiebig waren. Auch eine Vernehmung des Zeugen (K. S.) in der mündlichen Verhandlung war nicht notwendig, weil keine Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit seiner Aussage oder Glaubwürdigkeit seiner Person vorliegen, das Gericht die maßgebliche Feststellung zusätzlich auf weitere Indizien gestützt hat und der Kläger einer Verwendung des Gesprächsprotokolls im gerichtlichen Verfahren nicht widersprochen hat.

18

bb) Das Verwaltungsgericht hat durch die Beschränkung auf die protokollierten Aussagen anstelle einer (erstmaligen) gerichtlichen Vernehmung der Zeugen auch nicht gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Während § 96 Abs. 1 VwGO das gerichtliche Ermessen bei der Auswahl zwischen mehreren zur Verfügung stehenden Beweismitteln sowie bei der Art und Weise der Beweisaufnahme einschränkt, regelt § 86 Abs. 1 VwGO die Erforderlichkeit und die gebotene Intensität der Beweisaufnahme. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Gericht, alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Aufklärungsmöglichkeiten bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu nutzen; dies schließt eine Bindung an die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ermittelten tatsächlichen Feststellungen grundsätzlich aus. Das Gericht muss daher alle Aufklärungsbemühungen unternehmen, auf die die Beteiligten – insbesondere durch begründete Beweisanträge – hinwirken oder die sich hiervon unabhängig aufdrängen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt. Denn in einem solchen Fall ist das Gericht gehindert, seine Entscheidung unter Übergehung der Einwände auf das angegriffene Beweisergebnis zu stützen. Hiervon unabhängig gebietet auch die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), dass das zur Amtsaufklärung verpflichtete Gericht sich nicht mit den von einem Beteiligten angebotenen Behauptungen oder Beweisen begnügt, sondern seine Entscheidung auf vollständiger und richtiger Tatsachengrundlage trifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.07.2011 – BVerwG 2 C 28.10 –, a.a.O. RdNr. 24 ff. m.w.N.).

19

Nach diesen Grundsätzen musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht die Notwendigkeit einer Zeugenvernehmung anstelle der bloßen Verwendung der protokollierten Aussagen aufdrängen. Das Verwaltungsgericht hat die maßgebliche Feststellung auf eine Mehrzahl von Indizien gestützt. Die Aussagen der Zeugen (G.) und (T.) waren unergiebig. Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit der Aussage oder Glaubwürdigkeit der Person des Zeugen (K. S.) sind nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund konnte das Verwaltungsgericht von einer Vernehmung des Zeugen (K. S.) in der mündlichen Verhandlung absehen, da hierdurch ein wesentlicher Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

20

cc) Auf den weiteren Einwand der Klägerin, etwaiges Kartenmaterial könne einen Zeugenbeweis nicht ersetzen, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Feststellung der tatsächlichen Nutzung des Wegs am Stichtag auch auf die von der Beklagten vorgelegte Karte gestützt hat, stimmt im Übrigen mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt überein (vgl. Urt. v. 23.11.2011 – 3 L 32/09 –, juris RdNr. 28) und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

21

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin verletzt der Verzicht des Verwaltungsgerichts auf eine Zeugenvernehmung auch nicht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die von den Fachgerichten zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2007 – 1 BvR 1086/07 –, juris RdNr. 16). Der Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs wird verletzt, wenn das Gericht Zeugen nicht anhört, die von der Partei zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussagen vernommener Zeugen bzw. zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen benannt worden sind (vgl. BerlVerfGH, Beschl. v. 16.12.2015 – VerfGH 116/15 –, juris RdNr. 19). Diese Grundsätze sind im vorliegenden Fall nicht verletzt, weil die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht weder Zeugen benannt noch Beweisanträge gestellt hat.

22

d) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil der Einzelrichter – wie die Klägerin geltend macht – in der mündlichen Verhandlung wörtlich erklärt habe, die Aussagen der von der Beklagten benannten Personen, die eine öffentliche Nutzung des Weges angeblich bestätigen sollten, würden nicht überzeugen und seien inhaltlich widersprüchlich. Insbesondere liegt selbst dann, wenn der Einzelrichter dies in der mündlichen Verhandlung tatsächlich so ausgeführt haben sollte, keine verbotene Überraschungsentscheidung vor. Eine verbotene Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen Sachverhalt oder ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.08.2017 – 2 BvR 3068/14 –, juris RdNr. 51). Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin musste, auch nach einer gegenteiligen Äußerung des Einzelrichters in der mündlichen Verhandlung, damit rechnen, dass sich das Gericht auf die protokollierte Aussage des Zeugen (K. S.) stützt, da keine Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit der Aussage oder Glaubwürdigkeit der Person des Zeugen (K. S.) vorliegen. Auch Widersprüche dieser Aussage zu den Angaben der anderen Zeugen sind weder von der Klägerin dargelegt noch sonst ersichtlich.

23

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Gericht auch nicht den Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt, indem es eine öffentliche Verhandlung durchführt, dort aber keine Zeugen vernommen hat, die es dann später aber als Zeugen verwertet. Eine Verhandlung ist in dem von § 55 VwGO i.V.m. § 169 Satz 1 GVG geforderten Sinne "öffentlich", wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der Verhandlung grundsätzlich jedermann zugänglich sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2012 – BVerwG 4 B 11.12 –, juris RdNr. 3). Anhaltspunkte dafür, dass diesen Anforderungen nicht genügt wurde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

24

f) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deswegen vor, weil das Verwaltungsgericht nicht ermittelt hat, ob zum Zeitpunkt der Eintragung des Weges in das Bestandsverzeichnis eine öffentliche Nutzung vorlag. Bei dem Weg handelt es sich um eine öffentliche Gemeindestraße i.S.d. § 51 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA, wenn dort bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am 31.07.1957 ein allgemeine Verkehr tatsächlich stattfand (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 10.11.1997 – A 4 S 241/97 –, juris RdNr. 10, ständige Rechtsprechung). Dies hat das Verwaltungsgericht festgestellt. Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Eintragung des Weges in das Bestandsverzeichnis eine öffentliche Nutzung vorlag, kam es demgegenüber für die hier beantragte Feststellung nicht entscheidungserheblich an.

25

g) Zu Unrecht meint die Klägerin, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergäben sich daraus, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft angenommen habe, der streitgegenständliche Weg sei rechtmäßig in das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen worden. Die Eintragung einer Straße in das Straßenbestandsverzeichnis bewirkt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA lediglich die Vermutung, dass die nach § 6 Abs. 3 StrG LSA erforderliche Zustimmung erteilt und die Widmung vollzogen ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden (vgl. OVG LSA, Urt. v. 23.11.2011 – 3 L 32/09 –, a.a.O. RdNr. 22). Die Vorschrift enthält mithin lediglich eine Widmungsvermutung, keine Widmungsfiktion (missverständlich: Beschl. d. Senats v. 21.08.2014 – 2 L 54/13 –, juris RdNr. 14). In dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht angenommen, die Eintragung des Verbindungsweges zwischen F-Stadt und A-Stadt in das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten sei bestandskräftig und nicht nichtig. Darüber hinaus sei die hieraus folgende Vermutung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA von der Klägerin nicht widerlegt worden. Dies ist jedoch letztlich nicht entscheidungstragend, denn das Verwaltungsgericht hat unabhängig hiervon die Überzeugung gewonnen, dass der Weg mindestens ab 1947 existiert habe und im maßgeblichen Zeitpunkt (31.07.1957) auch vom öffentlichen Verkehr benutzt worden sei. Auf die Frage, ob der Weg zu Recht in das Bestandsverzeichnis der Beklagten eingetragen wurde (vgl. hierzu Beschl. d. Senats v. 21.08.2014 – 2 L 54/13 –, a.a.O. RdNr. 14), kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich an.

26

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04.11.2016 – 3 L 162/16 –, juris RdNr. 75). Im Hinblick auf die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04.11.2016 – 3 L 162/16 –, a.a.O.). Nur wenn sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteiles ergibt, dass eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, genügt ein Antragsteller der ihm gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungslast bereits mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteiles (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –, a.a.O. RdNr. 17).

27

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen in der Antragsbegründungsschrift zum Vorliegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nicht gerecht. Die Antragsbegründungsschrift legt nicht einmal ansatzweise dar, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und damit signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Widmungsfiktion überhaupt noch eintreten könne, wenn der streitgegenständliche Weg jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden sei, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Es ist bereits unklar, was die Klägerin mit "Widmungsfiktion" meint, zumal die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 StrG LSA, die womöglich den Hintergrund der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage bildet, keine Widmungsfiktion enthält. Für die im vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche Frage, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Weg um eine öffentliche Gemeindestraße i.S.d. § 51 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA handelt, kommt es allein darauf an, ob dort bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am 31.07.1957 ein allgemeiner Verkehr tatsächlich stattfand. Die Frage, ob der Weg "jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden ist", ist hierfür ohne Belang.

28

3. Eine Zulassung der Berufung kommt auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in Betracht. Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 13.08.2008 – 2 L 12/08 –, juris RdNr. 11). Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – BVerwG 5 B 99.05 –, juris RdNr. 3).

29

Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage:

30

"Kann eine Widmungsfiktion noch eintreten, obwohl ein Weg zuvor jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden ist?"

31

stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Abgesehen davon, dass unklar ist, was die Klägerin mit "Widmungsfiktion" und "zuvor" genau meint, kommt es im vorliegenden Verfahren – wie bereits ausgeführt – allein darauf an, ob auf dem streitgegenständlichen Weg bei Inkrafttreten der StrVO 1957 am 31.07.1957 ein allgemeiner Verkehr tatsächlich stattfand. Ob der Weg "zuvor" "jahrzehntelang nicht mehr öffentlich genutzt worden ist", ist hierfür unerheblich. Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Senats bezieht, wonach im gerichtlichen Verfahren zu prüfen sei, ob die Straße im Zeitpunkt der Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis öffentlich (nicht: öffentlich genutzt) war (vgl. Beschl. d. Senats v. 21.08.2014 – 2 L 54/13 –, a.a.O. RdNr. 14), verkennt sie, dass sich diese Rechtsprechung auf die Rechtmäßigkeit einer Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis bezieht, während die vorliegende Rechtssache die Feststellung der Öffentlichkeit eines Weges betrifft.

32

4. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der geltend gemachten Abweichung von dem Beschluss des Senats vom 21.08.2014 – 2 L 54/13 – zuzulassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 13.07.2006 – 2 L 570/04 –, juris RdNr. 3 m.w.N.) muss bei diesem Zulassungsgrund dargelegt werden, dass das Verwaltungsgericht einen abstrakten, aber inhaltlich bestimmten, seine Entscheidung tragenden Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet hat oder sich aus der Entscheidung eindeutig ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat. Der aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewonnene, hinreichend bezeichnete Rechtssatz ist sodann einem anderen eindeutig gegenüberzustellen, der aus einer konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist. Eine angeblich nur unrichtige Anwendung eines in der Rechtsprechung im Instanzenzug entwickelten und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den Einzelfall stellt keine Abweichung im Sinne des Zulassungsrechts dar. Bei der Divergenzzulassung steht der Gesichtspunkt der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsanwendungsgleichheit im Vordergrund.

33

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Soweit sie geltend macht, weder habe das Verwaltungsgericht überprüft, ob zum Zeitpunkt der Eintragung des Weges in das Bestandsverzeichnis dieser öffentlich benutzt worden sei, noch habe die Beklagte bewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt eine öffentliche Nutzung stattfand, bezeichnet sie keinen abstrakten Rechtssatz, von dem das Verwaltungsgericht ausgegangen ist und der von einem anderen, in einer Entscheidung im Instanzenzug gebildeten Rechtssatz abweicht. Im Übrigen verkennt sie, dass sich der Beschluss des Senats vom 21.08.2014 – 2 L 54/13 – auf die Rechtmäßigkeit einer Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis bezieht, während die vorliegende Rechtssache die Feststellung der Öffentlichkeit eines Weges auf der Grundlage des § 51 Abs. 3 StrG LSA betrifft.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.