Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Juni 2014 - 2 A 104/12
Tenor
Das Verfahren wird, soweit es aufgrund der Berufungen der Kläger zu 1. und 4. noch anhängig ist, eingestellt.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. November 2011 ist gegenüber den Klägern zu 1. und 4. wirkungslos.
Die Kläger zu 1. bis 4. tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zu einem Viertel einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kläger zu 1. und 4. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,- € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Das Verfahren ist aus Gründen der Klarstellung in entsprechender Anwendung der §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Hauptbeteiligten des Berufungsverfahrens den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Ebenfalls zur Klarstellung ist das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts im Verhältnis zu den (Berufungs-)Klägern zu 1. und 4. für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 ZPO). Auf die Kläger zu 2. und 3. bezieht sich diese Rechtsfolge nicht. Ihnen gegenüber ist das Urteil rechtskräftig geworden, nachdem sie kein Rechtsmittel eingelegt haben. Nach Eintritt der Rechtskraft kann eine Erledigungserklärung nicht mehr wirksam abgegeben werden.
3Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
4Nach dieser Vorschrift hat das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Dieser Maßstab führt zu der tenorierten Kostenentscheidung. Diese ergeht in Bezug auf das erstinstanzliche Verfahren als Gesamtkostentscheidung, welche die (rechtskräftige) Kostentragungspflicht der Kläger zu 2. und 3. einbezieht.
5Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätten die im Berufungsverfahren noch anhängigen Klagen der Kläger zu 1. und 4. voraussichtlich keinen Erfolg gehabt (dazu 1.). Anlass, diesen Kostenverteilungsmaßstab etwa mit Blick auf die Wertung des § 155 Abs. 4 VwGO oder aus anderen Billigkeitsgründen ganz oder teilweise zugunsten der Kläger zu 1. und 4. zu korrigieren, besteht nicht (dazu 2.).
61. Die noch anhängigen Klagen wären voraussichtlich unbegründet gewesen.
7Die materielle Rechtslage stellt sich nach dem bisherigen Sach- und Streitstand wie folgt dar:
8Die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilten streitgegenständlichen (Teil-)Baugenehmigungen zur Errichtung namentlich eines Legehennenstalls für maximal 14.612 Hennen mit Kotübergabehalle und Futtermittelsilos auf dem Vorhabengrundstück verletzen die Kläger zu 1. und 4. nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
9Die angefochtenen Baugenehmigungen sind nachbarrechtlich hinreichend bestimmt (dazu 1.). Die Kläger haben gegen die genehmigte Legehennenanlage keinen Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 UmwRG (dazu 2.).
10Das genehmigte Vorhaben verstößt nicht zum Nachteil der Kläger gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i. V. m. dem Gebot der Rücksichtnahme (dazu 3.). Soweit die Kläger außerdem die Verletzung etwa von Vorschriften des Wasserrechts oder des Naturschutzrechts rügen, kann daraus keine subjektive Rechtsverletzung folgen. Diese Normkomplexe sind nicht nachbarschützend. Eine zwar objektiv rechtswidrige, aber konkrete Nachbarrechte nicht verletzende Baugenehmigung vermittelt dem Bauherrn eine durch den Nachbarn nicht mit Erfolg angreifbare Rechtsposition.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1980 - IV C 31.77 - , BRS 36 Nr. 185 = juris Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2011 - 2 A 547/11 -, BauR 2012, 81 = juris Rn. 15.
121. Die im Streit stehenden Baugenehmigungen sind nachbarrechtlich hinreichend bestimmt.
13Das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und - zusätzlich - wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht.
14Vgl. etwa OVG NRW, Urteile vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, BauR 2013, 1640 = juris Rn. 41, und vom 29. Oktober 2012 - 2 A 723/11 -, juris Rn. 35.
15Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Baugenehmigungen gerecht. Sie legen die wesentlichen nachbarrechtsrelevanten Merkmale des Legehennenstahls des Beigeladenen hinreichend klar fest. Auf dieser Grundlage ist die Überprüfung der Nachbarrechtskonformität der Anlage sowohl für das Gericht als auch für die Nachbarn möglich. Aus den Genehmigungen und den zugehörigen Genehmigungsunterlagen geht hervor, dass der Beigeladene auf dem Vorhabengrundstück - gemäß der 2. Nachtragsbaugenehmigung vom 2. September 2010 - einen Legehennenstall mit maximal 14.612 Hennen betreiben darf. Die maßgeblichen Emissions- und Immissionsparameter des Betriebs, die für die Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme zentral sind, schreibt bereits die (Haupt-)Baugenehmigung vom 17. Dezember 2009 fest. Die Auflage BGX11a inkorporiert die Stellungnahme des Umweltressorts vom 18. August 2009, die u. a. für die im Außenbereich belegenen Grundstücke der Kläger einen (äußeren) Geruchsimmissionszielwert von 0,25 und Geräuschimmissionszielwerte von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht aufstellt. Außerdem macht die Baugenehmigung auf diesem Weg die Immissionsprognosen vom 6. Juli 2009 (hinsichtlich der Geräuschimmissionen) und vom 20. Juli 2009 (hinsichtlich Gerüchen sowie Ammoniak und Stickstoffdepositionen) zum Bestandteil der Baugenehmigung. Damit sind gleichzeitig die betrieblichen Rahmenbedingungen für die Legehennenanlage verlässlich überprüfbar festgelegt. Die Abluftmengen müssen über Abluftschächte abgeleitet werden, deren Austrittsöffnungen sich mindestens 10 m über Erdgleiche befinden müssen. Die Austrittsgeschwindigkeit der Abluft darf eine Geschwindigkeit von 7 m/s nicht unterschreiten. Dass diese Auflagen, von deren Einhaltung die Geruchsimmissionsbelastung wesentlich abhängt, unverändert fortgelten, stellt der 2. Nachtrag vom 2. September 2010 ausdrücklich klar.
16Alle weiteren Gesichtspunkte des Anlagenbetriebs im Einzelnen, welche die Kläger mit Blick auf die Bestimmtheit aufgreifen, betreffen dann nicht mehr deren Regelungsbereich, sondern sind materiell im Zusammenhang mit dem Rücksichtnahme-gebot zu behandeln.
17Sollte sich der Beigeladene in der Vergangenheit bei der Errichtung und dem Betrieb der Legehennenanlage verschiedentlich baurechtswidrig verhalten haben oder der Anlagenbetrieb auch gegenwärtig womöglich in Teilbereichen formell illegal sein, wie die Kläger etwa mit Blick auf den Umfang der Einstallung der Hennen innerhalb der Anlage geltend machen, ist dies keine Frage der Bestimmtheit auf Genehmigungsebene, sondern der Anlagenüberwachung.
18Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2000- 4 B 106.99 -, BRS 63 Nr. 172 = juris Rn. 2; OVG NRW, Beschluss vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 - BauR 2013, 1251 = juris Rn. 29.
19Abgesehen davon begründet ein formell illegales Verhalten des Betreibers aus sich heraus noch keinen Abwehranspruch des Nachbarn.
20Vgl. z. B. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2013 - 2 A 1227/13 -, juris Rn. 8.
212. Die Kläger haben gegen die genehmigte Legehennenanlage keinen Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 UmwRG
22Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in der Neufassung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Kläger. Dies bestimmte im Wesentlichen bereits die am 15. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2816) in Kraft getretene Ausgangsfassung des § 4 UmwRG, die im Zeitpunkt der Erteilung der (Teil-) im Streit stehenden Baugenehmigungen an den Beigeladenen Gültigkeit hatte.
23Vgl. zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bei Nachbarklagen: BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 = BRS 73 Nr. 173 = juris Rn. 21, Beschlüsse vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BRS 60 Nr. 178 = juris Rn. 3, und vom 22. April 1996 - 4 B 54.96 -, BRS 58 Nr. 157 = juris Rn. 4.
24§ 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 UmwRG verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen, ist dieser Fehler erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Der Verfahrensfehler führt zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst durch § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben. Insoweit wird auch dem einzelnen Individualkläger eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt.
25Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013- 4 A 1.13 -, juris Rn. 41, und vom 2. Oktober 2013- 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014 = juris Rn. 10, Urteil vom 21. Dezember 2011- 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501 = juris Rn. 20.
26Gleichwohl haben die Kläger gegenüber dem genehmigten Vorhaben des Beigeladenen keinen Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Für dieses besteht weder eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls.
27Gemäß § 3 b Abs. 1 Satz 1 UVPG in der hier maßgeblichen Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), die im Zeitpunkt der Erteilung des 2. Nachtrags vom 2. September 2010 gültig war, als die genehmigte Legehennenzahl mit maximal 14.612 Tieren endgültig festgeschrieben wurde, besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für ein in der Anlage 1 aufgeführtes Vorhaben, wenn die zur Bestimmung seiner Art genannten Merkmale vorliegen. Sofern Größen- oder Leistungswerte angegeben sind, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Werte erreicht oder überschritten werden (§ 3 b Abs. 1 Satz 2 UVPG). Gemäß § 3 b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Ein enger Zusammenhang ist nach § 3 b Abs. 2 Satz 2 UVPG gegeben, wenn diese Vorhaben als technische oder sonstige Anlagen auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind (Nr. 1) oder als sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen (Nr. 2) und wenn sie einem vergleichbaren Zweck dienen. Die Sätze 1 und 2 gelten nur für Vorhaben, die für sich jeweils die Werte für die standortbezogene Vorprüfung oder, soweit eine solche nicht vorgesehen ist, die Werte für die allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 Spalte 2 erreichen oder überschreiten (§ 3 b Abs. 2 Satz 3 UVPG).
28Wird der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten, ist für die Änderung oder Erweiterung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens durchzuführen (§ 3 b Abs. 3 Satz 1 UVPG). Bestehende Vorhaben sind auch kumulierende Vorhaben i. S. d. § 3 b Abs. 2 Satz 1 UVPG (§ 3 b Abs. 3 Satz 2 UVPG).
29Gemäß § 3 c UVPG gilt hinsichtlich der Pflicht zur Vorprüfung des Einzelfalls Folgendes: Sofern in der Anlage 1 des UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären (Satz 1). Sofern für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, gilt Gleiches, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind (Satz 2). Bei den Vorprüfungen ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Bei der allgemeinen Vorprüfung ist auch zu berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Für das erstmalige Erreichen oder Überschreiten und jedes weitere Überschreiten der Prüfwerte für Größe oder Leistung gilt § 3 b Abs. 2 Satz 1 und 2 und Abs. 3 UVPG entsprechend (Satz 5). Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung sind zu dokumentieren (Satz 6).
30Gemessen an diesen Maßstäben besteht für das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen keine strikte UVP-Pflicht gemäß § 3 b Abs. 1, Abs. 2 UVPG und auch keine Vorprüfungspflicht nach § 3 c Satz 5 UVPG i. V. m. § 3 b Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 UVPG. Die genehmigte Legehennenanlage allein erreicht die einschlägigen Größenwerte nicht. Die Voraussetzungen für eine kumulierende Betrachtung mit den anderen Legehennenanlagen des Beigeladenen nach § 3 b Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 UVPG, die zu einem Erreichen oder einer Überschreitung der Größenwerte führen würde, liegen nicht vor.
31Die UVP-Pflichtigkeit der Errichtung und des Betriebs einer Anlage zur Intensivhaltung von Hennen ist in Nr. 7.1 der Anlage 1 zum UVPG geregelt. Nr. 7.1.1 der Anlage 1 sieht vor, dass eine obligatorische Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei 60.000 oder mehr Plätzen besteht. Eine Pflicht zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls besteht bei 40.000 bis weniger als 60.000 Plätzen (Nr. 7.1.2 der Anlage 1). Eine Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung greift ab 15.000 Plätzen bis weniger als 40.000 Plätzen (Nr. 7.1.3 der Anlage 1).
32Diese Schwellenwerte unterschreitet die genehmigte Legehennenanlage mit der genehmigten Höchstzahl von 14.612 Hennen. Eine kumulierende Betrachtung mit den zwei anderen Legehennenbetrieben des Beigeladenen O. Str. 130 mit über 30.000 Legehennen und O. Str. 37 mit mehr als 20.000 Legehennen gemäß § 3 b Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 UVPG (i. V. m. § 3 c Satz 5 UVPG) scheidet aus mehreren Gründen aus.
33§ 3 b Abs. 2 Satz 1 UVPG greift schon deswegen nicht, weil die Verwirklichung der Vorhaben nicht gleichzeitig ist. Zudem mangelt es für eine kumulierende Betrachtung an den Anwendungsvoraussetzungen des § 3 b Abs. 2 Satz 3 UVPG, da die Legehennenanlage auf dem Vorhabengrundstück G. Weg 150 - wie gesagt - unterhalb des Schwellenwerts für eine standortbezogene Vorprüfung angesiedelt ist. Darüber hinaus ist zwischen den Legehennenanlagen des Beigeladenen kein enger Zusammenhang i. S. v. § 3 b Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 UVPG und damit auch keine Änderung oder Erweiterung einer bestehenden Anlage nach§ 3 b Abs. 3 Satz 1 UVPG (i. V .m. § 3 c Satz 5 UVPG) gegeben.
34Da Änderungen - und als Unterfall Erweiterungen - nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG rechtlich eigenständige Vorhaben sind, bilden sie strukturell einen Sonderfall der (nachträglichen) Kumulation. Änderungen und Erweiterungen sind im Verhältnis zum bestehenden Vorhaben von derselben Art. Sie müssen i. S. d. § 3 b Abs. 2 Satz 2 UVPG räumlich eng mit diesem Grundvorhaben wie bei einer Kumulation von Vorhaben zusammenhängen und solchermaßen eine gemeinsame Anlage bilden.
35Vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 = BRS 73 Nr. 173 = juris Rn. 22; OVG S.-H., Urteil vom 8. März 2013- 1 LB 5/12 -, juris Rn. 51 f.; Hess. VGH, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 9 B 1918/11 -, NuR 2012, 493 = juris Rn. 25; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand August 2013, § 3 b UVPG Rn. 43 f.
36Das ist hier nicht der Fall.
37Ein enger Zusammenhang i. S. d. § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG ist nicht gegeben, weil die Legehennenanlagen des Beigeladenen nicht auf demselben Betriebsgelände liegen.
38Der in § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG legaldefinierte „enge Zusammenhang“ kumulierender Vorhaben in Gestalt einer gemeinsamen Anlage knüpft in Anlehnung an § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV entscheidend an räumliche, nachrangig - gewissermaßen als Hilfskriterium - an betrieblich-technische Zusammenhänge an. Gemeinsame Betriebseinrichtungen sind Anlagenteile, Maschinen, Geräte und sonstige technische Vorkehrungen, die für den technischen Betrieb der Anlage Bedeutung haben. Sie müssen einem vergleichbaren Zweck dienen, weil sie nur dann kumulieren. Entscheidungserheblich für den „engen Zusammenhang“ ist bei kumulierenden Umweltauswirkungen der Vorhaben aber der räumliche Zusammenhang „desselben Betriebsgeländes“. Dem(selben) Betriebsgelände wird nach der Verkehrsanschauung noch das tatsächlich angrenzende Gelände wie z. B. Zufahrtswege, Begrünung, Abstellflächen etc. zugerechnet. Im Weiteren kommt es auf eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände an. Wegen der gemäß § 3 b Abs. 2 Satz 1 UVPG nicht notwendigen Trägeridentität ist das Betriebsgelände im UVP-rechtlichen Verständnis von vornherein weiter zu fassen, als bei der gemeinsamen Anlage nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV, wobei sich dieser im Normwortlaut angelegte Unterschied bei der gebotenen umfassenden Anwendung eines materiellen UVP- wie immissionsschutzrechtlichen Betreiberbegriffs nivellieren wird. Von einer gemeinsamen Anlage i. S. v. § 3 b Abs. 2 Satz 2 UVPG kann bei gegebenem räumlichem Zusammenhang und vergleichbarem Zweck daher UVP- wie immissionsschutzrechtlich auch dann gesprochen werden, wenn die mehreren Teilanlagen denselben Betreiber haben. Unter Umweltgesichtspunkten ist es ohne Belang - und dies begründet die nur nachrangige Bedeutung der gemeinsamen Betriebseinrichtungen -, ob Vorhaben, die an einem Standort in engem räumlichen Zusammenhang durchgeführt werden sollen, mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind oder sich ohne technische Verbindung nur nebeneinander befinden. § 3 b Abs. 2 UVPG bezieht sogar unterschiedliche Träger in den Kumulationstatbestand ein. Dies alles führt dazu, dass unter „dasselbe Betriebsgelände“ erst recht ein Sachverhalt subsumiert werden kann, in dem Flächen zugleich Betriebsgelände einer anderen - möglicherweise technisch getrennten - Anlage sind und diese Anlage denselben Betreiber hat. Das für sich allein ausreichende räumliche Näheverhältnis ist auch dann zu bejahen, wenn formal selbständige Anlagen sich als einheitlicher Komplex darstellen.
39Vgl. OVG S.-H., Urteil vom 8. März 2013 - 1 LB 5/12 -, juris Rn. 56 f.; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 b Rn. 27 ff.; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand August 2013, § 3 b UVPG Rn. 29 ff.
40Diese teleologische Auslegung des § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG ist Ausdruck des UVP-rechtlichen Leitgedankens, dass die (europarechtswidrige, weil dem Sinn und Zweck von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG vom 14. März 1997 - Abl. Nr. L 073, S. 5 - i. V. m. deren Anhängen I und II widersprechende) künstliche Aufspaltung von an sich UVP-pflichtigen Vorhaben durch sukzessive Vorhabenerweiterungen vermieden und eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen kumulierender Vorhaben unabhängig davon erreicht werden soll, ob sie einem oder mehreren Vorhabenträgern zugeordnet und wie sie im Einzelnen technisch ausgestaltet sind.
41Vgl. OVG S.-H., Urteil vom 8. März 2013 - 1 LB 5/12 -, juris Rn. 52 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. September 1999 - C-392/96 -, ZUR 2000, 284 = juris; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 b Rn. 10 und 38 jeweils mit Hinweis auf die Begründung des Entwurfs des Gesetzes u. a. zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, BT-Drs. 14/5750, S. 127.
42Danach haben die Legehennenanlagen G. Weg 150, O. Str. 130 und O. Str. 37 nicht den notwendigen räumlichen Zusammenhang „desselben Betriebsgeländes“ i. S. d. § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG, der die Anlagen dem Betrachter nach der Verkehrsanschauung als UVP-rechtlich einheitlich zu bewertende Gesamtanlage erscheinen lassen würde. Die Entfernung des Betriebs O. Str. 130 zum Vorhabengrundstück beträgt ca. 1.000 m, diejenige des Betriebs O. Str. 37 etwa 1.600 m. Wie der Ortstermin am 19. März 2014 bestätigt hat, steht die streitgegenständliche Legehennenanlage auf dem Vorhabengrundstück G. Weg 150 für sich allein. Die anderen Legehennenbetriebe sind von dort aus nicht zu sehen, so dass sich auch kein optischer Zusammenhang bietet. Ohne den im Ausgangspunkt im Rahmen des § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG unverzichtbaren räumlichen Zusammenhang kann die Betreiberidentität den engen Zusammenhang für sich genommen nicht herstellen. Die verschiedenen Legehennenanlagen bilden keinen einheitlichen Komplex.
43Die Legehennenanlagen des Beigeladenen stehen auch nicht als sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen in einem engen räumlichen Zusammenhang i. S. v. § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG.
44Diese „Maßnahmen“ bilden innerhalb der Systematik des § 2 Abs. 2 Nr. 1 c) UVPG eine Auffangkategorie für Vorhaben, die nicht zweifelsfrei als (bauliche) „Anlagen“ betrachtet werden können. Beispiele sind bestimmte wasserwirtschaftliche Vorhaben oder forstliche Vorhaben.
45Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand August 2013, § 3 b UVPG Rn. 33.
46Demzufolge fehlt es an einem engen Zusammenhang zwischen den Legehennenanlagen des Beigeladenen i. S. v. § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG schon deshalb, weil die Bestimmung wegen ihres Auffangcharakters diese baulichen Anlagen, die bereits vorrangig anhand von § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG zu beurteilen sind, nicht erfasst.
473. Das genehmigte Vorhaben verstößt nicht zum Nachteil der Kläger gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i. V. m. dem Gebot der Rücksichtnahme. Die streitige Legehennenanlage wird in ihrem genehmigten Umfang die Grundstücke der Kläger zu 1. und 4. G. Weg 189 und G. Weg 210 aller Voraussicht nach keinen schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Geruchsimmissionen (dazu a), von Ammoniak (dazu b), von Stickstoffdepositionen (dazu c) und von Bioaerosolen (dazu d) aussetzen. Aller Voraussicht nach wird es infolge der angefochtenen Baugenehmigungen in Bezug auf die Grundstücke G. Weg 189 und G. Weg 210 auch nicht zu unzumutbaren Geräuschimmissionen (dazu e) oder zu unzumutbaren Verkehrs- und Erschließungsverhältnissen (dazu f) kommen.
48a) Die streitbefangene Legehennenanlage wird in Bezug auf die Grundstücke G. Weg 189 und G. Weg 210 aller Voraussicht nach keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Geruchsimmissionen verursachen.
49aa) Der für die Außenbereichsgrundstücke der Kläger materiell anzusetzende Geruchsimmissionswert beträgt jedenfalls 0,20/20 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit.
50Die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) entfaltet für das Gericht keine Bindungswirkung. Sie darf aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat. Demgemäß legt Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL in Tabelle 1 für verschiedene Nutzungsgebiete Immissionswerte für die Beurteilung von Geruchsimmissionen fest und bestimmt Nr. 3.1 Abs. 4 GIRL, dass Geruchsimmissionen in der Regel durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt werden. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist gemäß Nr. 3.1 Abs. 5 GIRL aber auch die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.
51Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, BRS 76 Nr. 191 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 2. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, DVBl. 2014, 722 = juris Rn. 72, und vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 39, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193 = juris Rn. 12 ff.
52Diesen Ansatz weiterverfolgend sieht Nr. 5 b) GIRL vor, dass für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, ein Vergleich der nach dieser Richtlinie zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten u. a. nicht ausreichend ist, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass wegen der außergewöhnlichen Verhältnisse hinsichtlich Hedonik und Intensität der Geruchswirkung, der ungewöhnlichen Nutzungen in dem betroffenen Gebiet oder sonstiger atypischer Verhältnisse trotz Einhaltung der Immissionswerte schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (z. B. Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche) oder trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten ist (z. B. bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche). In derartigen Fällen ist zu ermitteln, welche Geruchsimmissionen insgesamt auftreten können und welchen Anteil daran der Betrieb von Anlagen verursacht, die nach Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL zu betrachten sind. Anschließend ist zu beurteilen, ob die Geruchsimmissionen als erheblich anzusehen sind und ob die Anlagen hierzu relevant beitragen. Die Erheblichkeit - stellt Nr. 5 GIRL klar - ist keine absolut festliegende Größe. Sie kann in Einzelfällen nur durch Abwägung der dann bedeutsamen Umstände festgestellt werden. Dabei sind - unter Berücksichtigung der eventuell bisherigen Prägung eines Gebietes durch eine bereits vorhandene Geruchsbelastung (Ortsüblichkeit) - insbesondere folgende Beurteilungskriterien heranzuziehen: der Charakter der Umgebung, insbesondere die in Bebauungsplänen festgelegte Nutzung der Grundstücke, landes- oder fachplanerische Ausweisungen und vereinbarte oder angeordnete Nutzungsbeschränkungen, besondere Verhältnisse in der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Geruchseinwirkung sowie Art und Intensität der Geruchseinwirkung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die u. a. dazu führen kann, dass der Belästigte - etwa wegen Bestandsschutzes des Emittenten - in höherem Maß Geruchseinwirkungen hinnehmen muss.
53Der Sache nach sind diese - der Geruchsimmissionsbeurteilung angemessen flexiblen - Erwägungen zugleich Elemente der Zwischenwertbildung in Gemengelagen (Ortsüblichkeit, Priorität, Einzelfallumstände), fließen also bereits in die Findung des dort nach Lage der Dinge jeweils einschlägigen Immissionswerts ein.
54Vgl. zur Zwischenwertbildung bei Geruchsimmissionen: BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010- 7 B 4.10 -, BauR 2011, 1304 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, DVBl. 2014, 722 = juris Rn. 75, und vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 43 ff.
55Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 und zu Nr. 1 GIRL kann unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25/25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche gegenüber Wohnnutzungen herangezogen werden. Im Zusammenhang mit der Ortsüblichkeit von landwirtschaftlichen Gerüchen ist zu beachten, dass der ländliche Raum historisch gewachsen ist. Landwirtschaftliche Aktivitäten mit entsprechend häufigen Geruchsemissionen können in einer unvermeidlichen Gemengelage bei gebotener gegenseitiger Akzeptanz und Rücksichtnahme der unterschiedlichen Nutzungen im ländlichen Bereich als ortsüblich hingenommen werden.
56Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 2. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, DVBl. 2014, 722 = juris Rn. 83, und vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 45 ff.
57Ausgehend von diesen Maßgaben beläuft sich der für die Außenbereichsgrundstücke der Kläger zu 1. und 4. G. Weg 189 und G. Weg 210 anzusetzende Geruchsimmissionswert unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände materiell jedenfalls auf 0,20/20 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit.
58In diese Zwischenwertbildung ist einerseits einzustellen, dass die Grundstücke der Kläger - wie sie selbst vortragen - traditionell von landwirtschaftlichen Betrieben bzw. von landwirtschaftlichen Nutzungen umgeben sind. Der Berichterstatter des Senats konnte sich im Rahmen des Ortstermins am 19. März 2014 davon überzeugen, dass landwirtschaftliche Nutzung - sei sie nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB oder nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert - die nähere Umgebung der Grundstücke der Kläger auch aktuell noch maßgeblich prägt. Dieses Nebeneinander mit einem starken Übergewicht landwirtschaftlicher Nutzungen im Verhältnis zu den vereinzelten Wohnhäusern im Bereich östlich der O. Str. entlang des G. Wegs rechtfertigt es, die Einzellagen der klägerischen Grundstücke nicht einem Dorfgebiet mit dem dort geltenden Immissionswert der Nr. 3.1 GIRL von 0,15/15 % anzugleichen. Eine§ 5 BauNVO auch nur annähernd vergleichbare Nutzungsstruktur findet sich hier nicht. Andererseits trifft es zu, dass die Grundstücke der Kläger sich im Deilbachtal in einem geschützten Landschaftsraum mit Naherholungsfunktion befinden. Dieser Umstand legt es zumindest nahe, das Geruchsschutzniveau im vorliegenden Fall nicht zugunsten der landschaftlichen Nutzung auf das regelmäßige Maximum von 0,25/25 % der Jahresstunden zu verschieben, wie es die Hauptbaugenehmigung vom 17. Dezember 2009 in der Auflage BGX11a i. V. m. der Stellungnahme des Umweltressorts vom 18. August 2009 als (äußere) Zielwertbestimmung formuliert.
59Ob dieser Zielwert korrekt ist, bedarf indes in der vorliegenden Fallgestaltung keiner abschließenden Entscheidung. Auch wenn er zu hoch angesetzt wäre, ergäbe sich daraus allein nach Lage der Einzelfallumstände noch kein Abwehranspruch der Kläger wegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot.
60Genehmigungsrechtlicher Immissionsschutz kann grundsätzlich auch durch die Festlegung von Immissionsrichtwerten als Zielwert gewährt werden. Der Zielwert muss dazu in der konkreten Genehmigungssituation sowohl hinreichend bestimmt als auch grundsätzlich geeignet sein, Nachbarschutz sicherzustellen. Drohen die bei der Nutzung der genehmigten Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu überschreiten, genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Zielwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten. Vielmehr muss die genehmigte Nutzung in diesen Fällen schon in der Baugenehmigung durch konkrete immissionsmindernde Regelungen eingeschränkt werden.
61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2013- 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 17 ff., m. w. N.
62Im Immissionsschutzauflagenprogramm der (Haupt-)Baugenehmigung vom 17. Dezember 2009 ist der Zielwert von 0,25/25 % in diesem regulativen Kontext nur ein eher formaler Randaspekt ohne absolute Verbindlichkeit für die Nachbarrechtskonformität. Die Einhaltung der nachbarrechtlichen Anforderungen gewährleisten die Auflage BGX11a und die Stellungnahme vom 18. August 2009 in erster Linie über die Festschreibung technischer Betriebsparameter für die Abluftführung und die Abluftgeschwindigkeit sowie die Deckelung der höchstzulässigen Tierzahl als immissionsmindernde Maßnahmen. Folglich sprechen Beklagte, Beigeladene, das Büro Richters und Hüls sowie das LANUV NRW im Klage- und Berufungsverfahren auch nicht durchgängig von einem „fixen Grenzwert“ 0,25/25 %, sondern von einem Richtwertfenster zwischen 0,20/20 % und 0,25/25 %, das nicht zuungunsten der Nachbarn verlassen werden darf. Entsprechend hat sich das LANUV NRW in seiner Stellungnahme vom 12. August 2009 eingelassen. Aufgrund dessen wären die angegriffenen Baugenehmigungen erst dann zu Lasten der Kläger wegen unzumutbarer Geruchsimmissionen nachbarrechtswidrig, wenn der materiell in Betracht zu ziehende Immissionszwischenwert von 0,20/20% bei dem genehmigten Anlagenbetrieb nicht hinreichend sicher eingehalten werden kann.
63bb) Das ist jedoch nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht der Fall. Der Beigeladene hat danach nachgewiesen, dass die vorhabenbedingte Geruchsgesamtbelastung insbesondere auch der Grundstücke G. Weg 189 und G. Weg 210 deutlich unterhalb von 0,20/20 % Jahresgeruchsstunden bleibt.
64Ausweislich der zuletzt von Beigeladenenseite vorgelegten Geruchsimmissionsprognosen des Büros S. und I. vom 19. September 2013 und der Firma B. vom 16. September 2013 wird sich die Gesamtgeruchsbelastung am Grundstück des Klägers zu 1. G. Weg 189 unter Berücksichtigung von Kaltluftabflüssen und ohne Abluftfahnenüberhöhung genehmigungsbedingt lediglich auf rund 0,05/5 % (genau 0,53/5,3 %) Jahresgeruchsstunden belaufen. Unter denselben Prämissen summiere sich die Geruchsgesamtbelastung am Grundstück der Klägerin zu 4. G. Weg 210 voraussichtlich auf rund 0,04/4 % (genau 0,037/3,7 %).
65Vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit nach Genehmigungserteilung gewonnener sachverständiger Erkenntnisse: OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, DVBl. 2014, 722 = juris, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f., und vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9.
66Dass diese Prognose methodisch in ergebnisrelevanter Weise fehlerhaft ist, zeigen die Kläger nicht auf. Dies ist auch sonst ersichtlich.
67Den Nachberechnungen vom 19. September 2013 und vom 16. September 2013, die auf zuvor erstellte etliche Nachberechnungen von S. und I. aufsatteln, liegt zugunsten der Kläger ein pessimaler Ansatz zugrunde, der die im Verlauf des Verfahrens von den Klägern an der Geruchsimmissionsprognostik vorgebrachte Kritik teilweise aufgreift. So ist nunmehr der von den Klägern vorgelegten Stellungnahme des Deutschen Wetterdienstes vom 16. Januar 2012 Rechnung getragen und mit den Wetterdaten der Station M. -Schule gerechnet worden. Diese sind nach Auffassung des Deutschen Wetterdienstes für die Windausbeutungsverhältnisse am Vorhabenstandort am repräsentativsten. Darüber hinaus haben die Geruchsgutachter der Beigeladenen zuletzt ohne Abluftfahnenüberhöhung gearbeitet sowie im Rahmen der Ausbreitungsrechnung Kaltluftabflüsse modelliert. Auch haben sie eine Auslauffläche für die Legenhennen als bodennahe diffuse Emissionsquelle einbezogen.
68Soweit die Kläger vortragen, es sei nicht nachgewiesen, dass tatsächlich die Wetterdaten der Station M. -Schule herangezogen worden seien, ist dies ohne Substanz. Es besteht kein begründeter Zweifel daran, dass die diesbezügliche Aussage von S. und I. der Wahrheit entspricht.
69Der Angriff der Kläger, die „Immissionsberechnung unter Berücksichtigung von Kaltlufteinflüssen“ der Firma B1. vom 16. September 2013 sei nicht plausibel, weil das dabei verwendete Rechenprogramm KALAS nicht in einer VDI-Richtlinie validiert sei, und sie sei auch sonst für Außenstehende nicht nachvollziehbar, greift nicht durch.
70Das insoweit um Stellungnahme gebetene LANUV NRW hat unter den 22. Mai 2014 überzeugend erläutert, dass das Kaltluftmodell KALAS fachlich nicht zu beanstanden ist und belastbare Rechenergebnisse liefert. Dem LANUV NRW zufolge ist die Verwendung von KALAS eine Möglichkeit zur Berücksichtigung des Einflusses von Kaltluftflüssen in der Immissionsprognose. Die Darstellungen des Programms zeigten, dass das mit KALAS berechnete Strömungsverhalten für diese Fälle durchaus den Erwartungen entspreche. Die Einstufung einer Kaltluftflüsse erzeugenden Strahlungsnacht erfolge auf Basis der in der AKTerm enthaltenen Informationen über Windgeschwindigkeit und Stabilitätsklasse. Dieses Vorgehen sei nicht spezifisch für KALAS, sondern die gebräuchliche Herangehensweise im Bereich Immissionsschutz. Da meteorologisch ein gewisser Zusammenhang zwischen Ausbreitungsklasse und Bedeckungsgrad bestehe, ist diese Vorgehensweise aus Sicht des LANUV NRW sachgerecht. Der formale Umstand, dass KALAS bislang nicht in eine VDI-Richtlinie Eingang gefunden hat, sage über seine Heranziehbarkeit nichts Entscheidendes aus, zumal die einschlägige VDI-Richtlinie derzeit überarbeitet wird, um den aktuellen Stand der Technik aufzunehmen.
71Im Weiteren hebt das LANUV NRW zu Recht hervor, dass - solange es bindende normativen Vorgaben nicht gibt - nicht nur ein einziges Rechenmodell zur Berücksichtigung von Kaltluftabflüssen zu akzeptieren ist. Es ist ebenso denkbar, dass mehrere schlüssige Rechenwege - wie möglicherweise auch der von den Klägern angesprochene des TÜV Rheinland - nebeneinander existieren. Der Vorzug von KALAS liegt laut LANUV NRW in der Stellungnahme vom 22. Mai 2014 jedenfalls darin, dass das Programm in größerem Maß die komplexen Vorgänge von Kaltluftflüssen, ihre zeitliche Entwicklung sowie die Strahlungsverläufe berücksichtige. Dann kann aber gegen dessen Einsatz zur Erstellung einer möglichst realitätsnahen Prognose, welche die Geruchsausbreitung am Vorhabenstandort möglichst genau abbildet, nichts zu erinnern sein.
72Da das LANUV NRW in seiner Stellungnahme vom 22. Mai 2014 zudem darauf hinweist, dass die Berechnungen vom 16. September 2013 und vom 19. September 2013 Geruchszusatzbelastungen für das ganze Jahr darstellten, Kaltluftsituationen jedoch nur in einem vergleichsweise geringen Teil der Jahresstunden auftreten könnten, was bei der Betrachtung der Ergebnisse zu beachten sei, ist davon auszugehen, dass die letzten Geruchsimmissionsprognosen die Geruchsgesamtbelastung an den Grundstücken der Kläger sogar überschätzen, sich diese also in Wahrheit wohl in der Nähe der Irrelevanzschwelle der GIRL von 0,02/2 % bewegt, wie ursprünglich und in den diversen Nachberechnungen von S. und I. auch prognostiziert worden ist.
73Diese Einschätzung deckt sich mit dem tatrichterlichen Eindruck, den der Berichterstatter des Senats bei dem Ortstermin am 19. März 2014 gewonnen hat. Im Zeitpunkt der Begehung war an den Grundstücken G. Weg 189 und G. Weg 210 keinerlei Geruchsbelästigung wahrnehmbar. Angesichts der räumlichen Abschirmung der Grundstücke der Kläger gegen das Vorhabengrundstück durch Hügel und Wald sowie in Anbetracht des Umstands, dass der E. als einzig in Betracht kommender Transporteur von Kaltluftflüssen in einiger Entfernung von den Grundstücken der Kläger verläuft, besteht mit Blick auf die konkrete Örtlichkeit kein Anlass, die errechnete Geruchsimmissionsprognose im Wege der Einzelfallprüfung nach Nr. 5 GIRL zugunsten der Kläger zu korrigieren. Auch das LANUV NRW hat in seiner Stellungnahme vom 18. November 2011 betont, dass nichts dafür spricht, dass die rechnerischen Geruchsprognosen derart fehlerhaft sein könnten, dass die Geruchsbelastung an den klägerischen Grundstücken auch nur in die Nähe eines kritischen Immissionswerts gelangt.
74Für das Grundstück der Klägerin zu 4. G. Weg 210 gilt dies in besonderer Weise. Dieses deutlich oberhalb des E1. gelegene Grundstück ist mit ca. 8.000 m² Größe sehr weitläufig. Es verfügt nach dem Klägervorbringen über mehrere Terrassen. Das Wohnhaus ist von dichtem Bewuchs umgeben. Diese Gesamtsituation lässt nicht erkennen, inwieweit die Klägerin zu 4. durch den Betrieb der genehmigten Legehennenanlage von unzumutbaren Geruchsimmissionen betroffen sein könnte. Eine Intensivierung der Geruchsbelastung durch über das E2. geleitete Kaltluftpakete ist nach Lage der Dinge von der Hand zu weisen.
75Auch im Übrigen weist die genehmigungsgegenständliche Geruchsimmissionprognostik keine erheblichen methodischen Fehler auf.
76Namentlich verstößt die Prognose nicht gegen Anhang 3 Nr. 11 TA Luft .
77Nach dieser Bestimmung können Geländeunebenheiten in der Regel mit Hilfe eines mesoskalischen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können.
78Diese Vorgabe haben die Geruchsgutachter des Beigeladenen beachtet. Das Büro S. und I. hat im Verlauf des Verfahrens - und auch schon in seinem genehmigungsgegenständlichen Ausgangsgutachten vom 20. Juli 2009 - mehrfach erläutert, dass die Anwendung des diagnostischen Windfeldmodells des Programms AUSTAL2000 auch vorliegend sachgerecht sei, weil Steigungen von mehr als 1:5 im Rechengebiet nur in kleinen Bereichen und an dessen Rand aufträten. Das LANUV NRW hat diese Sichtweise etwa in seiner Stellungnahme vom 15. Dezember 2010 fachlich akzeptiert. Die Kläger tragen nicht substantiiert vor und es ist auch sonst nicht zu erkennen, warum diese fachbehördlich unterstützte Auffassung entscheidungsrelevant unzutreffend sein sollte. Dass das von den Klägern eingeforderte prognostische Windfeldmodell Überschreitungen des maßgebenden Geruchsimmissionswerts an den klägerischen Grundstücken zeitigen könnte, legen die Kläger nicht schlüssig dar.
79Schließlich ist die Geruchsvorbelastung durch andere Tierhaltungsbetriebe in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks und der Grundstücke der Kläger nicht unterschätzt worden.
80Gemäß Nr. 4.4.2 GIRL ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen nach Nr. 4.4.3 GIRL, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt einer Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 GIRL ermittelten Schornsteinhöhe entspricht. Als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Die Auslegungshinweise zu Nr. 4.4.2 erläutern dazu, das Beurteilungsgebiet ist stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen.
81Daran hat sich die Immissionsprognose des Büros S. und I. ausgerichtet. Es hat in seiner Nachberechnung vom 19. September 2013 auch die Ermittlung der Geruchsvorbelastung erklärt. Danach ist nach den aktuellen Vorgaben des LANUV NRW in seiner Stellungnahme vom 21. September 2012 für den Planzustand der beantragten Anlage eine Ausbreitungsberechnung zur Feststellung des relevanten Einwirkungsbereichs durchzuführen. Dies sei - so S. und I. - die Irrelevanzschwelle nach der GIRL mit einem maximalen Immissionswert von 0,02, im Gutachten dargestellt als Isolinie. Für alle immissionsbetroffenen Wohnhäuser innerhalb dieses Einwirkungsbereichs seien die Geruchswerte unter Berücksichtigung weiterer Geruchsquellen im zusätzlichen 600-m-Radius um jeden einzelnen Immissionspunkt zu berechnen. In Anwendung dessen seien die Hofstellen K. , C. und S1. (bzw. T. ) als Vorbelastung in den Blick zu nehmen.
82Das LANUV NRW hat diesen Ansatz zur Bestimmung der Geruchsvorbelastung in seiner Stellungnahme vom 21. September 2012 - bestätigt in der letzten Stellungnahme vom 22. Mai 2014 - für akzeptabel befunden. In der Tat erschließt sich auch nach der Ortsbesichtigung vom 19. März 2014 nicht, welche weiteren Tierhaltungsbetriebe außerdem als relevante Vorbelastung angesehen werden müssten, weil sie von außen relevant auf das Beurteilungsgebiet einwirken.
83Vgl. zu dieser Möglichkeit OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, juris Rn. 32.
84Dies hat auch der Prozessbevollmächtigte der Kläger vor Ort nicht plausibel machen können. Die Legehennenanlagen des Beigeladenen an der O. Straße sind jedenfalls zu weit entfernt, um noch relevant auf die klägerischen Grundstücke mit Geruchsimmissionen einwirken zu können.
85Das Büro S. und I. hat bei der Ermittlung der Vorbelastung auch nicht mit zu geringen Tierplatzzahlen der Betriebe K. , C. und S1. (bzw. T. ) operiert.
86Die Immissionsprognostik hat an die legale Vorbelastung zu denken, d. h. daran, in welchem genehmigten Umfang die vorbelastende emittierende Anlage betrieben werden dürfte. Lässt sich den Genehmigungsakten indessen keine genehmigte Höchstzahl an Tierhaltungsplätzen entnehmen, darf der Gutachter von abgefragten tatsächlichen Tierzahlen in Verbindung mit bekundeten (realistischen) landwirtschaftlichen Betriebs- und etwaigen konkreten Erweiterungsinteressen ausgehen.
87Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, DVBl. 2014, 722 = juris Rn. 102 ff., Beschluss vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 26 ff.
88Ausgehend hiervon sind die von S. und I. nach der Stellungnahme vom 19. September 2013 angesetzten Tierplatzzahlen die Betriebe K. , C. und S1. (T. ) nicht zu beanstanden. In den beigezogenen Bauakten für diese Hofstellen finden sich insoweit keine präzisen genehmigten Höchstwerte und damit auch kein Anknüpfungspunkt für die von den Klägern angeführten Großvieheinheiten. Von daher mögen die von S. und I. angegebenen jeweiligen Tierzahlen den tatsächlichen Bestand nach der derzeitigen Betriebsweise realistisch und für die Geruchsimmissionsprognose, die auf der sicheren Seite liegen muss, ausreichend wiedergeben. Verbleibende Unsicherheiten fängt die Berechnung vom 19. September 2013 durch möglichst pessimale Annahmen hinreichend auf. Die Berechnung der Vorbelastung ist ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung mit 100 % Turbulenz vorgenommen worden. Ferner ist für die Geruchsemissionen der Stallungen der Betriebe K. , C. und S1. eine Fenster-Tür-Lüftung mit bodennaher Emission unterstellt worden. Berücksichtigt man den erheblichen Abstand der für die Grundstücke G. Weg 189 und G. Weg 210 vorausgesagten Geruchsgesamtbelastung auch zu einem Immissionswert etwa von 0,20/20 % Jahresgeruchsstunden, spricht für eine entscheidungsrelevante Unterschätzung der Vorbelastung nichts.
89c) Die streitige Legehennenanlage wird namentlich auch an den Grundstücken G. Weg 189 und G. Weg 210 aller Voraussicht nach keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Ammoniakeinträgen hervorrufen.
90Nach Nr. 4.8 TA Luft ist bei luftverunreinigenden Stoffen, für die in der TA Luft keine Immissionswerte festgelegt sind - wie u. a. für Ammoniak - eine (Sonderfall-)Prüfung, ob schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, erforderlich, wenn hierfür hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, ist Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Dabei gibt die Unterschreitung der Mindestabstände einen Anhaltspunkt für das Vorliegen erheblicher Nachteile. Anhang 1 zur TA Luft bestimmt u. a.: Wenn über eine Ausbreitungsrechnung nach Anhang 3 TA Luft unter Berücksichtigung der Haltungsbedingungen nachgewiesen wird, dass bei einem geringeren als nach Abbildung 4 zu ermittelnden Abstand eine Zusatzbelastung für Ammoniak von 3 µg/m³ an keinem maßgeblichen Beurteilungspunkt überschritten wird, gibt erst das Unterschreiten dieses neu ermittelten geringeren Abstands einen Anhaltspunkt auf das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme aufgrund der Einwirkung von Ammoniak. Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile sind außerdem dann nicht gegeben, wenn die Gesamtbelastung an Ammoniak an keinem Beurteilungspunkt 10 µg/m³ überschreitet.
91Zieht man diese Maßstäbe heran, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die genehmigte Anlage die Grundstücke der Kläger unzumutbar mit Ammoniak beaufschlagen könnte und eine Sonderfallprüfung erforderlich ist. Im Gutachten von S. und I. vom 20. Juli 2009 wird zur voraussichtlichen Ammoniakbelastung dargelegt, in welchem Bereich das Maximum einer Ammoniakzusatzbelastung von 3 µg/m³ erreicht wird. Diese Isoplethe endet in ihrer im Gutachten verzeichneten Ausdehnung weit vor den Grundstücken der Kläger. Auch im Hinblick auf diese Prognose hat das LANUV NRW keine durchgreifenden Einwände erhoben. Was die Plausibilität der Ausbreitungsberechnung für Ammoniak anbelangt, gilt das hinsichtlich der Geruchsimmissionen Ausgeführte entsprechend.
92d) Im Anschluss daran ist auch nicht zu erwarten, dass die in Rede stehende Legehennenanlage die Grundstücke der Kläger in schädlicher Weise durch Stickstoffdepositionen betrifft.
93Gemäß Nr. 4.8 TA Luft soll der Einzelfall geprüft werden, wenn sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme wegen Stickstoffdepositionen ergeben. Dabei ist unter Berücksichtigung der Belastungsstruktur abzuschätzen, ob die Anlage maßgeblich zur Stickstoffdeposition beiträgt. Bei dieser Prüfung sind insbesondere die Art des Bodens, die Art der vorhandenen Vegetation und der Grad der Versorgung mit Stickstoff zu berücksichtigen.
94Auch anhand dieses Maßstabs ist das Erfordernis einer Sonderfallprüfung mit Blick auf Stickstoffdepositionen zu verneinen. Insoweit hat das Büro S. und I. in seinem Gutachten vom 20. Juli 2009 auf den „Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz abgestellt. Diesem zufolge sind erhebliche Nachteile durch Stickstoffdepositionen nicht zu erwarten, wenn 30 % des Beurteilungswerts für den betroffenen Naturraum nicht überschritten werden. Bei der Unterschreitung des Wertes von 4 kg N/(ha x a) muss keine Betrachtung der Stickstoffdeposition erfolgen.
95Der letztgenannte Wert wird nach der vorgelegten Prognose an keinem der Grundstücke der Kläger erreicht. Im Gutachten vom 20. Juli 2009 wird ausgeführt, im Bereich E. liege die höchste Belastung bei Immissionspunkt 9 mit einem Wert von 2,20 kg N/(ha x a). Auch diese Annahme hat das LANUV NRW nicht beanstandet.
96e) Im Hinblick auf die Grundstücke der Kläger ist nicht mit schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Bioaerosolen zu rechnen.
97Unter Bioaerosolen sind nach der Definition in dem Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 alle im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z. B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissionswerte oder Emissionswerte sieht die TA Luft hierfür nicht vor. Insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenzwerte oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher auch hier allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
98Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, juris Rn. 88, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53.
99Dabei ist einzustellen, dass von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube-, Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein können, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das LANUV NRW seit dem Jahr 2007 an Schweineställen und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter - insbesondere von Staphylokokken - an der in Windrichtung gelegenen Seite eines Legehennenstalls gegenüber der windabgewandten Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV NRW auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei Weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden.
100Vgl. wiederum OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, juris Rn. 91 ff., Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 55 ff.
101Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greifen die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht und das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot als Instrumente der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt durch Bioaerosole zu rechnen ist. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können allerdings Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
102Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, juris Rn. 95, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 62, m. w. N.
103Geht man davon aus, lässt sich ein Abwehranspruch der Kläger wegen einer Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole nicht begründen. Es gibt - zumal mit Blick auf die vorliegenden Ausbreitungsrechnungen für Geruchsimmissionen - keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ihre Grundstücke in schädlicher Weise von Bioaerosolen, die von der Legehennenanlage des Beigeladenen ausgehen, unzumutbar beeinträchtigt werden könnten.
104e) Schädliche Umwelteinwirkungen in der Gestalt von Geräuschimmissionen durch die genehmigte Legehennenanlage sind für die Grundstücke der Kläger zu verneinen.
105Als Außenbereichsgrundstücke genießen die Grundstücke G. Weg 189 und G. Weg 210 das Lärmschutzniveau entsprechend der Nr. 6.1 c) TA Lärm von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht.
106Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 8. April 2014 - 2 A 2761/13 -, juris Rn. 10.
107Diese Richtwerte werden ausweislich des Schallgutachtens vom 6. Juli 2009 an den klägerischen Grundstücken bei Weitem nicht erreicht. Laut dem Gutachten tritt die höchste vorhabenbedingte Lärmbelastung außerhalb des Vorhabengrundstücks selbst am Immissionspunkt 6 (G. Weg 129) mit prognostizierten 43,6 dB(A) tags und 38,9 dB(A) nachts auf. Dieser Immissionspunkt liegt dem Vorhabengrundstück nördlich des G. Wegs unmittelbar gegenüber. Mit Blick darauf ist nicht damit zu rechnen, dass der genehmigte Anlagenbetrieb an den viel weiter entfernten Grundstücken der Kläger zu einer relevanten Lärmzusatzbelastung führen könnte. Dies gilt umso mehr, als eine wesentliche Lärmquelle der betriebsbezogene Zu- und Abfahrtverkehr ist, der nach der Betriebsbeschreibung jedoch nicht an den Grundstücken der Kläger vorbeiführt. Er soll meistenteils über Anfahrten von der O. Str. aus erfolgen. Nach dem Eindruck aus dem Ortstermin vom 19. März 2014 gilt für die Geräuschimmissionen in ähnlicher Weise wie für die Geruchsimmissionen, dass die Lärmzusatzbelastung nach den faktischen Gegebenheiten in der konkreten Örtlichkeit als irrelevant erscheint. Dass die Lärmprognose in Anbetracht dessen entscheidungserhebliche, d. h. im Verhältnis zu den Klägern nachbarrechtsrelevante Fehler beinhalten könnte, ist auszuschließen.
108e) Zuletzt verstoßen die angefochtenen Baugenehmigungen auch nicht deswegen zum Nachteil der Kläger gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie in Bezug auf deren Grundstücke zu unzumutbaren Verkehrs- und Erschließungsverhältnissen führen würden.
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist.
109Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, BauR 2013, 1640 = juris Rn. 47, m. w. N.
110Eine derartige Ausnahmesituation ist nicht gegeben. Zum einen hat die Stadt Velbert in ihren Stellungnahmen vom 7. April 2009, vom 17. Juli 2009 und vom 27. Juli 2010 überzeugend begründet, dass und warum der G. Weg von seinem Querschnitt und seinem Ausbauzustand her grundsätzlich dazu in der Lage ist, den betriebsbedingten Zu- und Abfahrtverkehr zu der Legehennenanlage auf dem Vorhabengrundstück objektiv-rechtlich aufzunehmen. Die Erschließung ist insoweit gesichert. Nach der Ortsbegehung vom 19. März 2014 teilt der Berichterstatter des Senats diese Einschätzung. Der von den Klägern monierte schlechte Zustand des G. Wegs betrifft allenfalls den Abschnitt östlich bzw. nördlich des Vorhabengrundstücks, der von dem vorhabenbedingten Verkehr voraussichtlich in der Regel nicht in Anspruch genommen werden wird. Daraus folgt - zum anderen -, dass der durch die Genehmigung hervorgerufene Erschließungsverkehr die Grundstücke G. Weg 189 und G. Weg 210 nicht tangieren wird, die an jenem Abschnitt anliegen. Subjektive Rechte der Kläger werden durch die genehmigungsbedingten Erschließungsverhältnisse nicht verletzt.
1112. Anlass, den Kostenverteilungsmaßstab des voraussichtlichen Ausgangs des Rechtsstreits etwa mit Blick auf die Wertung des § 155 Abs. 4 VwGO oder aus anderen Billigkeitsgründen ganz oder teilweise zugunsten der Kläger zu 1. und 4. zu korrigieren, besteht nicht.
112§ 155 Abs. 4 VwGO, dessen Haftungsregelung in dem Prozessrechtsverhältnis zu den anderen Verfahrensbeteiligten wurzelt, knüpft die Kostentragung an ein Verschulden des Beteiligten. Er muss unter Außerachtlassung der erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt durch sein Verhalten einen anderen Beteiligten oder das Gericht zu Prozesshandlungen oder Entscheidungen veranlasst haben, die an sich nicht erforderliche Kosten verursacht haben.
113Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2010 - 2 A 1263/09 -, juris Rn. 40, m. w. N.
114Dieser Gedanke greift hier nicht. Anders als von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger im Schriftsatz vom 16. Juni 2014 vorgetragen, hat sich der Rechtsstreit nicht im Nachgang zu der Stellungnahme des LANUV NRW vom 22. Mai 2014, durch die klarstellende Neuzusammenstellung der Genehmigungsunterlagen durch die Beklagte vom 26. Mai 2014 oder durch anderweitige nachträgliche Korrekturen der Immissionsprognostik seitens des Beigeladenen erledigt. Beklagte und Beigeladener haben die Klageerhebung nicht vorwerfbar durch eine unterbliebene oder ganz unzureichende Beurteilung der genehmigten Immissionen im Vorfeld der Genehmigungserteilung veranlasst. Wie unter 1. dargelegt, hat sich im Verlauf des gesamten Verfahrens vielmehr bestätigt, dass auch unter der Annahme möglichst pessimaler Rahmenbedingungen insbesondere die Geruchsbelastung der Kläger unverändert deutlich unterhalb des einschlägigen Immissionsrichtwerts bleibt. Es ist damit nicht so, dass ein anfänglich gegebener Aufhebungsanspruch der Kläger erst infolge von Nachbesserungen der angegriffenen Genehmigungen durch die Beklagte und den Beigeladenen entfallen wäre. Im Gegenteil hat das Berufungsverfahren nach dem bisherigen Sach- und Streitstand erwiesen, dass ein solcher Aufhebungsanspruch der Kläger ersichtlich zu keinem Zeitpunkt bestanden hat.
115Die dem Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für beide Instanzen erstattungsfähig. Dies entspricht der Billigkeit. Der Beigeladene hat auch das Berufungsverfahren durch eigenen Sachvortrag wesentlich gefördert.
116Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
117Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Juni 2014 - 2 A 104/12
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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.
(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
4Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 14. Dezember 2010 zu verpflichten, gegen den auf den Grundstücken Gemarkung F. , Flur 17, Flurstücke 422, 669 und 668, betriebenen Getränkemarkt bauaufsichtlich einzuschreiten,
8hilfsweise die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
9im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Einschreiten nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW lägen nicht vor. Es könne offen bleiben, ob die Umwandlung des vormaligen Lebensmittelmarkts in einen reinen Getränkemarkt einer Baugenehmigung bedurft hätte. Auf eine formelle Illegalität könnten die Kläger sich nicht berufen. Der Betrieb des Getränkemarkts verstoße nicht zu Lasten der Kläger gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot. Der nach der TA Lärm für das Wohngrundstück der Kläger maßgebliche Immissionsrichtwert für Kerngebiete werde nicht überschritten.
10Die dagegen von den Klägern erhobenen Einwände haben keinen Erfolg.
11Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kläger nicht allein deshalb einen Anspruch auf Einschreiten haben können, weil eine etwa erforderliche Nutzungsänderungsgenehmigung für den Getränkemarkt fehlt. Die Bestimmungen über die Genehmigungsbedürftigkeit sind nicht drittschützend.
12Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 - 2 B 940/12 -, juris Rn. 8.
13Aus dem Gedanken des nachbarrechtlichen Bestimmtheitsgebots,
14vgl. zu dessen Inhalt zuletzt OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, BauR 2013, 1640 = juris Rn. 41,
15folgt vorliegend nichts anderes. Tatsächlich kann man, wie der Zulassungsantrag es tut, erwägen, ob der Bestimmtheitsgrundsatz sich nachbarrechtlich auch gegenüber ungenehmigten Vorhaben auswirkt. Es kann zu einer Vermutung der Nachbarrechtswidrigkeit erstarken oder zumindest in eine Umkehr der Feststellungslast zum Vorteil des Nachbarn resultieren, wenn ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben ungenehmigt in Betrieb geht und den Nachbarn mit Immissionen konfrontiert, deren Ausmaß ungeprüft ist und die bei typisierender Betrachtung das objektiv erkennbare Potential in sich tragen, konkret rücksichtslos zu sein. Der sich nicht rechtstreu verhaltende Vorhabenträger soll auch insofern nicht besser stehen, als der Vorhabenträger, der sich rechtmäßig verhält und ein Genehmigungsverfahren durchläuft.
16Eine solche Lage wird von dem Zulassungsantrag indes nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Es liegen schalltechnische Erkenntnisse über das Immissionsverhalten des Getränkemarkts vor. Diese sprechen gegen dessen Unzumutbarkeit für die Kläger. Der Beigeladene zu 2. hat unter dem 20. September 2010 einen Bauantrag eingereicht und ein schalltechnisches Gutachten der B. GmbH vom 11. Oktober 2010 vorgelegt. Diesem zufolge wird der maßgebende Kerngebietsimmissionswert der Nr. 6.1 c) TA Lärm von 60 dB(A) am Tag - der Beigeladene zu 2. hat erklärt, die Öffnungszeiten auf 7 Uhr bis 21 Uhr begrenzt zu haben - mit einem Beurteilungspegel von 59 dB(A) am Grundstück der Kläger eingehalten.
17Eine für sie günstigere Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 TA Lärm oder Sonderfallprüfung im Sinne der Nr. 3.2.2 TA Lärm können die Kläger nicht erreichen. Den diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist zuzustimmen. Sollte das Wohnhaus der Kläger in dem Kerngebiet materiell rechtswidrig sein, würde diese Illegalität die Zwischenwertbildung bzw. Sonderfallprüfung nicht zu ihren Gunsten beeinflussen können.
18Vgl. zu den Parametern der Zwischenwertbildung: OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 24 ff.; zur Sonderfallbetrachtung: OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 - 2 A 2249/09 -, BRS 78 Nr. 89 = juris Rn. 178 ff.
19Der Zulassungsantrag zeigt im Weiteren nicht auf, dass die gutachterliche Einschätzung der B. GmbH fehlerhaft ist.
20Lärmgutachten haben sich an einem typischen, realistischen Betriebsgeschehen zu orientieren. Dabei kann der Sachverständige auf Betreiberangaben zurückgreifen.
21Vgl. insofern OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, BauR 2013, 1817 = juris Rn. 85, Beschlüsse vom 12. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078, juris Rn. 51, vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 - , juris Rn. 83, und vom 14. Juni 2012 - 2 B 379/12.NE -, juris Rn. 30 ff.
22Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass die B. GmbH angenommen hat, für die Betriebszeit zwischen 20 Uhr und 21 Uhr sei nach Betreiberangaben im Wesentlichen von fußläufiger Kundschaft auszugehen. Es entspricht lebensnaher typisierender Betrachtung, dass Kunden auch eines Getränkemarkts nach 20 Uhr eher Kleinigkeiten einkaufen, für deren Transport kein Pkw benötigt wird, und der Hauptteil der Kunden größere (Familien-)Einkäufe vor 20 Uhr bewältigen wird. Die integrierte Lage des Getränkemarkts und seine Nähe zu Wohnbebauung unterstützt diese Annahme.
23Vgl. zu einem ähnlichen Fall: OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 - , juris Rn. 79.
24Die gutachterliche Aussage, Kunden des Drogeriemarkts benutzten in der Regel keine Einkaufswagen zum Transport der eingekauften Waren zum Auto und das Kundenaufkommen eines Drogeriemarkts sei geringer als das Kundenaufkommen eines Getränkemarkts, ist ebenfalls nicht durchgreifend fehlerhaft. Die Hypothese zur Benutzung der Einkaufswagen ist nach der Alltagserfahrung ohne Weiteres realistisch, die Erwägung zum niedrigeren Kundenaufkommen des Drogeriemarkts in der Lärmprognostik konservativ mitberücksichtigt. Die Flächenschallquelle F1 modelliert die Parkplatzlärmemissionen des gemeinsamen (gesamten) Kundenparkplatzes des Getränkemarkts und des nördlich angrenzenden Drogeriemarkts, der 34 Stellplätze umfasst. Die B. GmbH geht dafür von 1.200 Pkw-Bewegungen (je Kunde eine An- und Abfahrt) von Montag bis Freitag und von 1.600 Pkw-Bewegungen an Samstagen aus. Da das Kunden-Pkw-Aufkommen des Getränkemarkts dessen Verkaufsfläche zugrunde gelegt demgegenüber nur auf ca. 400 von Montag bis Donnerstag, auf bis zu 600 an Freitagen und auf bis zu 800 samstags geschätzt wird, beinhaltet die angesetzte Flächenschallquelle F1 im Mittel genug Spielraum für eine hinreichend sichere Erfassung auch des dem Drogeriemarkt zurechenbaren Parkplatzlärmgeschehens. Warum die Vorbelastung gleichwohl ergebnisrelevant zum Nachteil der Kläger unterschätzt worden sein soll, legt der Zulassungsantrag nicht dar.
25Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
26Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
28Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
- 1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach - a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, - b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder - c)
landesrechtlichen Vorschriften
- 2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes; - 2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes; - 2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen; - 3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz; - 4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach - a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
landesrechtlichen Vorschriften
- 5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und - 6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
- 1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung, - 2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie - 3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).
(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
- 1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder - 2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und werden nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.
(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils
- 1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.
(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, - 2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, - 3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - 4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie - 5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.
(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.
(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1
- 1.
bei Neuvorhaben - a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, - b)
der Bau einer sonstigen Anlage, - c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
- 2.
bei Änderungsvorhaben - a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, - b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, - c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.
(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.
(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren, - 2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49, - 3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.
(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die
- 1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden, - 2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder - 3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.
(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.
(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.
(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.------allee 3 (Gemarkung I. , Flur 12, Flurstück 937), die Klägerin zu 2. betreibt auf diesem Grundstück seit vielen Jahren - der Kurbetrieb an dieser Stelle geht bis ins Jahr 1713 zurück - eine Kurklinik, die X. . Im Zentrum der angebotenen Therapieleistungen steht die orthopädische Rehabilitation. Das Kurgelände umfasst das Flurstück 937, das im Süden von der Straße Auf dem C1. begrenzt wird und auf dem das Klinikgebäude steht sowie der eigentliche Kurgarten angelegt ist. Zu dem Kurgelände zählt darüber hinaus das sich südlich der Straße Auf dem C1. anschließende ausgedehnte, ca. 41.000 m² große Flurstück 139/46, das Herrn G. I1. - einem der Geschäftsführer der Klägerinnen - persönlich gehört. Wie die Klägerinnen dem Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 erläutert haben, beherbergt das Flurstück 139/46 den sog. M. , der für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen ist. Dafür sind im Inneren des M1. Wege freigemäht, die einen Rundweg bilden. Ansonsten ist der M. von hohen Bäumen umstanden.
3Das Kurgelände befindet sich im Stadtteil C2. I. der Stadt Q. P. , den das Land Nordrhein-Westfalen als Heilbad anerkannt hat. Das Kurgelände liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der Flächen-nutzungsplan der Stadt Q. P. stellt die Flurstücke 937 und 139/46 als Sondergebiet „Kur“ dar. Das Kurgelände ist von der geschlossenen Bebauung des Ortsteils abgesetzt und - wie der Ortstermin vom 18. September 2012 bestätigte - größtenteils von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben. Am 26. Mai 2010 beschloss der Rat der Stadt Q. P. eine am 26. Juni 2010 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ im Stadtteil C2. I. . Mit Beschluss vom 13. Juni 2012 wurde die Veränderungssperre um ein Jahr verlängert. Der avisierte Geltungsbereich des Bebauungsplans schließt u. a. die Kurklinik der Klägerinnen mit dem M. ein. Zwischenzeitlich ist die Veränderungssperre ausgelaufen.
4Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks E. Straße 9 (Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 1307; im Folgenden: Vorhabengrundstück). Dieses liegt in den nördlichen Ausläufern des X1. südwestlich des Kurgeländes in einer Luftlinienentfernung von etwa 600 m. Auf dem Vorhabengrundstück existiert ein landwirtschaftlicher Betrieb. Die - zur Zeit an einen Dritten, den Landwirt L. , verpachtete - Hofstelle umfasst ein Wohnhaus und im Bestand zwei Ställe mit zur Zeit insgesamt 140 Jung- und Mastbullen.
5Am 13. Mai 2009 stellte die Beigeladene bei dem Beklagten einen Bauantrag auf Erweiterung der Hofstelle um einen Bullenmaststall, den sie unter dem 7. Oktober 2009 namentlich hinsichtlich des Standorts des neuen Stalls (mit 285 Plätzen) neu fasste. Im Lauf des Genehmigungsverfahrens äußerte sich die Beigeladene zu der betrieblichen Situation der Hofstelle wie folgt: Sie selbst bewirtschafte mit ihrem Ehemann einen (reinen Pacht-)Betrieb in T. mit etwa 450 Bullen. Der Hof in I. gehöre ihr seit fast zwei Jahren, nachdem sie mit ihrer Mutter einen Übergabevertrag geschlossen habe. Unter dem 16. Oktober 2007 habe die Landwirtschaftskammer NRW festgestellt, dass an der Hofeigenschaft kein Zweifel bestehe. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - M2. habe den Übergabevertrag mit Beschluss vom 22. August 2008 genehmigt. Bis 1998 habe ihr verstorbener Vater den Betrieb bewirtschaftet. Nach seinem Tod seien die Rinderhaltung fortgeführt und die Stallungen dazu verpachtet worden. Grund für die nun projektierte Baumaßnahme sei die Dringlichkeit, die vorhandene Rinderhaltung der allgemein notwendigen Entwicklung anzupassen und weiter zu entwickeln, um den landwirtschaftlichen Betrieb für die Zukunft attraktiv und konkurrenzfähig zu gestalten. Einer ihrer Söhne - insbesondere N. , der sich zum Landwirt ausbilden lasse - solle den Hof weiterführen. Sie, die Beigeladene, habe 59,42 ha Betriebsfläche als Eigentum (20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 6,85 ha sonstige landwirtschaftliche Nutzfläche, 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen). Gepachtet habe sie 6,85 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen. Sie bewirtschafte davon 20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche, also in der Summe 50,75 ha. Ihr Ziel sei, die Eigentumsnutzfläche auf 64,12 ha zu erweitern und 4,95 ha hinzuzupachten. 8,67 ha wolle sie weiterhin verpachten. Insgesamt wolle sie mithin in Zukunft eine Fläche von 60,40 ha bewirtschaften. Die angestrebte Pachtdauer über die zuzupachtende Fläche von 4,95 ha belaufe sich auf bis zu 18 Jahre. Die Beigeladene legte weiterhin einen „Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger“ vom 20. November 2009 vor. Darin verpflichtete sich der Abnehmer X2. L. , der Beigeladenen jährlich Wirtschaftsdünger zur landwirtschaftlichen Verwertung abzunehmen. Der Vertrag wurde beginnend ab Inbetriebnahme der Stallungen geschlossen. Er ist nicht befristet.
6Am 29. Dezember 2009 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung zur Errichtung eines (dritten) Bullenmaststalls, Strohlagers, Fahrsilos, Erdwalls und einer Dungplatte auf dem Vorhabengrundstück. Am 6. Oktober 2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die entsprechende Baugenehmigung auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Baugenehmigung sind diverse Nebenbestimmungen beigefügt. U. a. sieht die Nebenbestimmung M.03 vor, dass der Bauherr bzw. Landwirt verpflichtet ist, dem Beklagten erloschene oder geänderte Abnahmeverträge unmittelbar vorzulegen, soweit sie die Vertragsverhältnisse über die landwirtschaftliche Verwertung des aus der Bullenmast anfallenden Wirtschaftsdüngers ändern. Nach der Nebenbestimmung zum Immissionsschutz UWS 1 darf in den Fahrsilos nur Trockensilage gelagert werden. Von den zwei Fahrsilos darf zeitgleich nur eines geöffnet sein. Die Nebenbestimmung UWS 2 schreibt vor, dass die Entnahmefläche regelmäßig von Silageresten zu säubern ist. Sobald die Entnahme von Silage beendet ist, ist das geöffnete Fahrsilo umgehend wieder zu schließen, so dass keine unnötigen Immissionen aus dem Fahrsilo austreten können. Das Geruchsgutachten des Sachverständigenbüros für Schall und Geruch M3. vom 14. Oktober 2009 sowie die Ergänzung vom 5. August 2010 sind Bestandteil der Antragsunterlagen (Nebenbestimmung UWS 3). Beide Gutachten sind grüngestempelt.
7Das Geruchsgutachten vom 14. Oktober 2009 geht davon aus, dass die Hofstelle der Beigeladenen an deren Sohn N. übergeben werden solle. Zu diesem Zweck sei ihre Weiterentwicklung vorgesehen. Durch den Neubau eines Rindermaststalls mit 285 Plätzen solle der Tierbestand auf 425 Mastplätze erhöht werden. Mit dem Neubau seien Rückbaumaßnahmen verbunden. Zur Sicherung der Futtergrundlage sei die Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage geplant. Die Emissionsdaten zur Zusatz-, Vor- und Gesamtbelastung setzten sich wie folgt zusammen: Der neue Bullenmaststall auf dem Vorhabengrundstück solle ein 51 m langer und 32 m breiter Außenklimastall mit einer Firsthöhe von ca. 8 m werden. Dem Stand der Technik entsprechend sei er mit einer Traufe-/First-Lüftung geplant. Der Frischlufteintritt erfolge über die seitlich geöffneten Außenwände. Die Stallabluft werde über den Dachfirst (Pultdach) abgeführt. Im Mittelschiff des Stalls stünden die 285 Mastbullen (jünger als 24 Monate, Lebendgewicht 450 kg bis 600 kg; Geruchsstoffstrom 7,18 MGE/h) auf unterkellerten Spaltenböden. Der anfallende Festmist werde auf einer neu zu errichtenden Platte bis zur Ausbringung auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen zwischengelagert. Das vorhandene Fahrsilo werde aufgrund der erhöhten Tierplätze auf ca. 42 m x 15 m erweitert. Zur Sicherung der Futtergrundlage solle ein zusätzliches Fahrsilo (50 m x 12,5 m) errichtet werden. In den vorhandenen Ställen 1 und 2 sollten nach Abschluss der Baumaßnahmen jeweils 70 Jungbullen (älter als zwölf Monate, Lebendgewicht 150 kg bis 450 kg; Geruchsstoffstrom jeweils 0,76 MGE/h) gehalten werden.Stall 1 sei ebenfalls mit einer Traufe-/First-Lüftung ausgestattet, Stall 2 mit einer Fenster-/Tür-Lüftung. Beide Stallsysteme entsprächen ebenfalls dem Stand der Technik. Die bestehenden Stallungen seien mit Güllelagern unterkellert. Der vorhandene ungenutzte Güllehochbehälter werde wie ein Teil der Wirtschaftsgebäude zurückgebaut. Im Beurteilungsgebiet (Umkreis 600 m) befänden sich weitere landwirtschaftliche Betriebe: Die unmittelbar benachbarte Hofstelle N1. X3. (E. Straße 7) sei ein Obstbaubetrieb und geruchstechnisch irrelevant. Auf dem dem Vorhabengrundstück nördlich gegenüber liegenden Grundstück E. Straße 40 sei die Hofstelle C3. ansässig. Neben dem „Hotel M4. C3. “ finde im landwirtschaftlichen Teil der Gebäude eine Schweinehaltung mit 160 Zuchtsauen und Ferkeln statt (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h). Die erzeugten Ferkel würden nach vier bis fünf Wochen mit einem Gewicht von ca. 7,5 kg von der Muttersau getrennt und in der Regel an Mastbetriebe verkauft. Die Hofstelle L1. X3. auf dem Grundstück E. Straße 32 diene nur noch als Pferdepension für ca. sechs bis zehn Gästepferde. Der Landgasthof L2. auf dem Grundstück E. Straße 5 sei eine ehemalige Hofstelle. Als Ermittlungs- und Berechnungsgrundlage des Geruchsgutachtens diene die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) von Oktober 2008. Zur Ermittlung der Geruchshäufigkeiten sei das Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 verwendet worden. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Daten der Wetterstation P2. werde herangezogen. Die rechnerisch ermittelte Anemometerhöhe im Rechengebiet liege bei 10,3 m über Geländeniveau. Die programmintern berechnete Rauhigkeitslänge betrage 0,05 m. Nach erfolgter Ausbreitungsrechnung werde eine Beurteilung der Geruchssituation gemäß der GIRL vorgenommen. Dabei seien Gewichtungsfaktoren für einzelne Tierarten - Mastschweine, Sauen: 0,75, Rinder: 0,50 - berücksichtigt worden. Die Darstellung der Ergebnisse erfolge flächendeckend als farbige Rasterkarte und als Rasterkarte mit der Angabe der zu erwartenden prozentualen Häufigkeit als Zellenwert. Die Rasterkarte der belästigungsrelevanten Geruchshäufigkeiten ergibt für das gesamte Kurklinikgelände der Klägerinnen einschließlich des M1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit bis zu 0,06/6 %.
8Der in der Nebenbestimmung UWS 3 weiterhin in Bezug genommenen Ergänzung des Geruchsgutachtens vom 5. August 2010 ging eine Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) vom 23. Juni 2010 voraus, das der Beklagte hinzugezogen hatte: Die Emissionssituation sei - so das LANUV NRW - im Gutachten vom 14. Oktober 2009 plausibel dargestellt. Der Gutachter habe die Einzeltiermassen nachvollziehbar der Tabelle 10 der TA Luft entnommen. Das Vorgehen sei auch hinsichtlich der verwendeten Geruchsemissionsfaktoren akzeptiert. Die Verwendung des Ausbreitungsmodells AUSTAL2000 zur Erstellung der Immissionsprognose sei GIRL-konform. Die Übertragbarkeit der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. auf den Anlagenstandort sei klärungsbedürftig. Die Verwendung des diagnostischen Windfeldmodells TALdia zur Berücksichtigung der Geländeunebenheiten sei TA Luft-konform. Die verwendete Qualitätsstufe +1 sei sachgerecht. Die eingesetzte Rauhigkeitslänge von 0,05 sei plausibel - sie ergebe sich im Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 automatisch als für bewässerte Ackerflächen typisch - ebenso die Modellierung der Quellen als vertikale Linienquellen. Da der Anlagenstandort sich am Nordhang des X1. befinde, sei möglicherweise eine Vergrößerung des Rechengebiets über das vorgeschriebene Maß notwendig, um den Einfluss des X1. auf das Windfeld zu erfassen. Aufgrund des Vorhabenstandorts sei das Auftreten von Kaltluftabflüssen möglich. Eine Betrachtung dieser Kaltluftabflüsse fehle bisher. Im Gutachten solle eine ausführliche Beschreibung des festgelegten Anemometerstandorts mit kritischer Betrachtung erfolgen. Eine Nachfrage des LANUV NRW habe jedoch ergeben, dass der Gutachter als Anemometerstandort den höchsten Punkt im Rechengebiet gewählt habe. Dies sei plausibel. Die DWD-Wetterstation mäßen die Windgeschwindigkeit standardmäßig in einer Höhe von 10 m. Der Gewichtungsfaktor von 0,5 für die Bullenmast entspreche nicht der GIRL. Danach wäre der Faktor 1,0 korrekt. Die Güllelagerung unter dem Stall werde mit dem Geruchsemissionsfaktor der darüberstehenden Tiere berücksichtigt. Dabei sei nicht relevant, wann und wie oft der Keller entleert werde. Ob die Vorbelastung hinreichend erfasst worden sei, lasse sich vom LANUV NRW nicht beurteilen.
9In seiner Ergänzung vom 5. August 2010 - vorangegangen war noch eine Berechnung vom 20. Juli 2010 mit Daten der Wetterstation E1. - legte der Gutachter M3. mit Blick auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 23. Juni 2010 dar, die Daten der Wetterstation P2. würden unverändert im Einvernehmen mit der zuständigen Fachbehörde als repräsentativ für den Vorhabenstandort angesehen. In Ergänzung zu den vorliegenden Berechnungsergebnissen werde auf Anregung des LANUV NRW die Größe des Rechnungsgitters erweitert, um den Einfluss des X1. auf die Windfeldbibliothek zu erfassen. Somit würden die Einflüsse des X1. hinsichtlich der Strömungsverhältnisse erfasst. In einem erneuten Rechengang sei der Gewichtungsfaktor 1,0 für die reine Bullenmast eingestellt worden. Kaltluftabflüsse seien nicht zu berücksichtigen. Unter Beachtung der Umstände in der näheren Umgebung - keine Tallage im klassischen Sinn mit einem Flussverlauf; die Höhendifferenz betrage bei einer Entfernung von 600 m gerade einmal 30 m (5 % Gefälle) - könnten diese als vernachlässigbar eingestuft werden. Überdies sei die Bodenrauhigkeitslänge im vorliegenden Fall nicht gering. Die Neuberechnung vom 5. August 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass auf dem Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung von maximal 0,06/6 % der Jahresstunden erreicht werde. Die Geruchsbelastung im M. (Flurstück 139/46) bewege sich in dessen Südhälfte zwischen 0,10/10 % und in der Spitze in der südwestlichsten Ecke 0,16/16 %.
10Am Genehmigungsverfahren hatte der Beklagte Nachbarn und Träger öffentlicher Belange beteiligt:
11Die Klägerin zu 2. erhob mit Schreiben vom 17. Juli 2009 Einwände. Die durch das beantragte Vorhaben zu erwartende Geruchsbelastung lasse eine Beeinträchtigung des Kurbetriebs befürchten, der vor Ort ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sei. Unter dem 14. Februar 2010 vertieften beide Klägerinnen ihre Einwendungen.
12Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 wandten sich die Betreiber des „Hotels M4. C3. “ (E. Straße 40) gegen das Vorhaben. Sie trugen vor, sie hätten sich vor einigen Jahren entschlossen, nicht in die Erweiterung der Landwirtschaft zu investieren, sondern in den Hotel- und Gastronomiebereich. Sie betrieben seit sechs Jahren ein kleines Hotel mit Gastronomiebetrieb. Die vorhandenen Zimmer seien renoviert und saniert worden. Durch die beantragte Genehmigung zusätzlicher Bullenmastplätze sähen sie ihre Existenz gefährdet.
13Genehmigungsrechtlich stellt sich das Anwesen C3. nach den von dem Beklagten überreichten Bauakten so dar: Am 22. September 1981 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht auf dem Grundstück Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 852 (E. Straße 40). In der genehmigten Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, der neue Stall sei für 50 Sauen eingerichtet. Für den Abferkelvorgang seien vier Abteile mit je acht Abferkelbuchten geplant. In den genehmigten Bauvorlagen heißt es zum maximal möglichen Viehbestand für den ersten Stallbereich: tragende Sauen 50 Stück, Jungsauen zwölf Stück, Zuchteber zwei Stück und für den zweiten Stallbereich: Zuchtsauen mit Ferkeln 32 Stück. Am 18. Mai 2004 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des Pensionsteils auf dem Grundstück E. Straße 40 als Nachtrag zu einem Bauschein vom 14. Juni 2002. Danach wurde das an den Stall angebaute Wohngebäude in einen Hotelbetrieb umgebaut. Zur Erläuterung dieses Bauvorhabens war ausgeführt worden, Herr C3. betreibe unter dem Stichwort „Urlaub auf dem Bauernhof“ im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs einen Pensionsbetrieb. Die Gästezimmer und Versorgungsräume sollten modernisiert und erweitert werden.
14Unter dem 3. November 2009 teilte die Bezirksregierung Detmold dem Beklagten mit, § 3 Nr. 2 des Kurortegesetzes NRW (KOG) fordere den Schutz des Kurgebiets, der Gesundheitseinrichtungen, des Erholungswerts und der therapeutischen Möglichkeiten vor schädlichen Einwirkungen. Vor diesem Hintergrund werde angeregt, im Genehmigungsverfahren für den geplanten Bullenmaststall alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Schutz des Kurgebiets zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass auch künftig die Voraussetzungen für das Prädikat „I2. “ und einen erfolgreichen Betrieb der Gesundheitseinrichtungen gegeben seien.
15Mit Schreiben vom 11. November 2009 teilte die Landwirtschaftskammer NRW dem Beklagten mit, dass die Beigeladene mit ihrem Ehemann in T. einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, auf dem 450 Mastbullen und 2.500 Mastschweine gehalten würden. Für diesen Betrieb könne nicht eingeschätzt werden, ob er rein landwirtschaftlich oder zum Teil gewerblich genutzt werde, da genaue Betriebsdaten fehlten. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass in I. ein eigenständiger Betrieb aufgebaut werden solle. Dabei würden die bisherigen Aussagen gelten, wenn gewährleistet sei, dass die Eigentumsflächen wieder in Eigenbewirtschaftung genommen würden und entsprechend Pachtflächen hinzu kämen. Um bei einer Bullenplatzzahl für 425 Tiere die überwiegende Futtergrundlage bereitstellen zu können, müssten knapp 40 ha landwirtschaftliche Fläche selbst bewirtschaftet werden. Diese Flächen reichten allerdings nicht, um die anfallenden organischen Dünger sinnvoll auszubringen. Es seien daher entsprechende Abnahmeverträge erforderlich. In ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 2009 ergänzte die Landwirtschaftskammer NRW, die Beigeladene habe die fehlende eigene Ausbringungsfläche kompensiert, indem sie den vorgelegten Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger abgeschlossen habe. Darüber würden so viel Nährstoffe abgegeben, dass die geforderte sinnvolle Ausbringung gewährleistet sei. Der Abnahmevertrag sei auf unbestimmte Zeit vereinbart, da mit der Beendigung der Flächenpachtverhältnisse mit dem noch nicht präzise festzulegenden Datum des Eintritts des Sohnes N. in den Betrieb auch der Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger beendet werden könne. Die in der Stellungnahme vom 11. November 2009 geforderten knapp 40 ha selbstbewirtschafteter Fläche seien nachgewiesen.
16Die Klägerinnen haben am 28. April 2010 Klage erhoben, die sie am 19. November 2010 auf die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 erstreckt haben. Die Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 31. März 2010 zugestellt, die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 am 21. Oktober 2010.
17Zur Begründung haben die Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen:
18Das Vorhaben der Beigeladenen sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Es fehle die hinreichende Futtergrundlage für eine Bullenhaltung mit 425 Mastplätzen. Dafür müsse die Beigeladene ca. 40 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. Nach den Bauantragsunterlagen verfüge der Betrieb der Beigeladenen zur Zeit aber nur über 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Die von der Beigeladenen erhoffte Flächenausweitung sei unklar und ungesichert. Des Weiteren würden die dem früheren Betrieb zugewiesenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und das Stallgebäude nicht von der Beigeladenen, sondern von einem Pächter genutzt, der außerdem einen weiteren Betrieb bewirtschafte. Das Wohngebäude werde von der Mutter der Beigeladenen bewohnt. Die Hofstelle sei keine geschlossene Betriebseinheit. Das Vorhaben weise nicht die notwendige Nachhaltigkeit auf. Der Hinweis, in Zukunft wolle der Sohn der Beigeladenen den Betrieb übernehmen, sei zu unspezifisch. Der vorlegte Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger gewährleiste in keiner Weise, dass der Wirtschaftsdünger durch den Abnehmer tatsächlich abgenommen werde. Unklar sei auch, für welchen Zeitraum dieser Vertrag geschlossen sein solle. Die Beigeladene habe nicht nachgewiesen, wie sie den anfallenden Wirtschaftsdünger entsorgen wolle. Dies sei aber auch für die Frage der Beurteilung der Geruchsimmissionen von entscheidender Bedeutung. Das Vorhaben sei mit Blick auf die Veränderungssperre für den Bereich des neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 „I2. P1. “ nicht mehr genehmigungsfähig. Das Vorhaben der Beigeladenen lasse sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vereinbaren. Dieser stelle die Kurklinik als Kurgebiet dar. Das genehmigte Vorhaben rufe in Bezug auf den Kurbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen in der Gestalt von Geruchsimmissionen hervor. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten M3. sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Der von dem Gutachter angesetzte Immissionswert von 0,06/6 % der Jahresstunden sei zu hoch. Die Kurklinik sei von einem Kurpark umgeben. Dieser diene dem Aufenthalt von Menschen und sei schutzwürdig. Die Klinik werde erheblich nachteilig betroffen. Die zu erwartenden erheblichen Geruchsimmissionen würden unmittelbaren Einfluss auf die Zufriedenheit der Kurgäste und damit den Erholungswert haben, den die Kurklinik bieten könne. Dies werde den wirtschaftlichen Erfolg des Kurbetriebs negativ beeinflussen. Der angesetzte Immissionswert werde auch nach den neueren Berechnungen des Gutachters eindeutig überschritten. Im Kurgebiet selbst würden - gerade in den Bereichen, die von den Kurgästen zur Erholung genutzt werden - Geruchsstundenhäufigkeiten von über 0,20/20 % prognostiziert. Im Bereich der Kurklinik betrage die Geruchsstundenhäufigkeit immer noch 0,03/3 % bis 0,06/6 % der Jahresstunden. Das Gutachten M3. mache zum Weiteren keine Angaben dazu, in welcher Form die Bullenmast betrieben werden solle und wie alt die aufgestallten Tiere seien. Er habe andere relevante Emissionsquellen nicht bzw. nicht richtig berücksichtigt. Bei der Pferdepension X3. bleibe unklar, wie viele Pferde auf der Hofstelle aufgrund der einschlägigen Baugenehmigung gehalten werden dürften. Auch für die Hofstelle C3. sei nicht geprüft worden, ob aufgrund von Baugenehmigungen Tierhaltung zulässig sei. Für die richtige Berechnung der Vorbelastung sei allein entscheidend, in welchem Umfang der jeweilige landwirtschaftliche Betrieb Immissionen erzeugen dürfe. Der Umstand, dass auf dem Hof C3. noch eine Pension betrieben werde, besage nichts darüber, in welchem Ausmaß die Schweinehaltung Immissionen erzeuge. Der Gutachter M3. gebe an, auf der Hofstelle C3. würden 160 Zuchtsauen und Ferkel gehalten. Im Gutachten gehe er von lediglich 60 Sauen und 100 Abferkelbuchten aus. In einem Sauenbetrieb seien aber auch die Plätze für Jungsauen, die Ferkelaufzuchtplätze sowie die Eberplätze zu berücksichtigen. Dies sei nicht geschehen. Die angesetzte Bodenrauhigkeit von 0,05 m werde von dem Gutachter M3. nicht weiter erläutert. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Bodenverhältnisse hätte ein Wert von 0,20 m zugrunde gelegt werden müssen. Für die Silage und die Mistplatte hätte ein Hedonikfaktor von 1,0 angesetzt werden müssen. Die neuen Fahrsilos habe das Gutachten bei der Ermittlung der Immission nicht berücksichtigt. Es sei unklar, ob und inwieweit der Gutachter die Güllelagerung berücksichtigt habe. Die Wetterdaten der Station P2. seien auf den Vorhabenstandort nicht übertragbar. Die Anemometerhöhe sei unzutreffend angegeben worden. Das LANUV NRW sei in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass der größte Teil ihrer, der Klägerinnen, Argumente zutreffend sei. Die ergänzende Stellungnahme vom 5. August 2010 sei nicht geeignet, die Einwände auszuräumen. Dazu werde auf eine geruchstechnische Stellungnahme des Sachverständigenbüros S. und I. vom 19. November 2010 verwiesen. Diese Stellungnahme weise nach, dass die Ausführungen des Gutachters M3. im Hinblick auf die Rauhigkeit, den Gewichtungsfaktor für Silage und Mistplatte, die Wetterdaten sowie die Anemometerhöhe der Wetterstation P2. nach wie vor fehlerhaft seien. Die weitere gutachterliche Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 bestätige die Fehlerhaftigkeit der Geruchsimmissionsprognose M3. .
19Die Klägerinnen haben in der Sache beantragt,
20die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte hat im Kern dies vorgetragen: Das genehmigte Vorhaben diene einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Dies habe die Landwirtschaftskammer NRW in ihren Stellungnahmen bestätigt und ergebe sich auch aus den Angaben der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Klägerinnen liege nicht vor. Dies stellten u. a. die Nebenbestimmungen UWS 1 und UWS 2 hinsichtlich der Fahrsilos sicher. Das Geruchsgutachten M3. sei plausibel. Der Gutachter habe die Geruchsvorbelastung durch die Hofstelle C3. nicht unterschätzt. Diese liege auf der sicheren Seite. In den Bauakten zur Hofstelle C3. zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht aus dem Jahr 1981 - dem letzten genehmigten Bauvorhaben zur Tierhaltung auf der Hofstelle - werde ein etwas kleinerer Tierbestand als künftiger Zielbestand angegeben. Der Eigentümer der Hofstelle habe in einem bei dem Beklagten anhängigen Baugenehmigungsverfahren in seiner Betriebsbeschreibung vom 29. November 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück angegeben, der nicht weiter gesteigert werden solle. Zu der ergänzenden Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 sei anzumerken, dass der auf der Hofstelle C3. maximal mögliche Schweinebestand durch die Gesamtgröße der Stallungen, die vorhandenen Güllekapazitäten sowie tierschutzrechtliche Anforderungen begrenzt werde. Anhaltspunkte dafür, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden oder zukünftig gehalten werden könnten, lägen nicht vor. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung habe das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln gemeldet. Hinzu komme, dass auf der Hofstelle eine Pension betrieben werde, deren Erweiterung im Jahre 2002 genehmigt worden sei. In der Beschreibung dieser Baumaßnahme sei ausgeführt worden, es sei dazu erforderlich, den landwirtschaftlichen Teil geringfügig einzuschränken und den Übernachtungs- und Beherbergungsteil auszubauen.
24Die Beigeladene hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt. Sie hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
25Der Beklagte und die Beigeladene haben sich zudem auf ergänzende Stellungnahmen des Gutachters M3. berufen. Unter dem 24. Dezember 2010 führte der Gutachter M3. - veranlasst durch die Stellungnahme von S. und I. vom 19. November 2010 - aus, die Rauhigkeitslänge der Geländeoberfläche betrage im maßgeblichen Bereich eindeutig 0,05 m. Für den landwirtschaftlichen Betrieb C3. habe er insgesamt 160 Sauenplätze zugrunde gelegt. Diese Angabe stamme von Herrn C3. persönlich. Eine Überprüfung vor Ort habe nicht stattgefunden. In der Nachbetrachtung der geruchstechnischen Untersuchung seien alle Quellen der Hofstelle der Beigeladenen den Vorgaben des LANUV NRW entsprechend mit einem Gewichtungsfaktor f = 1,0 (bzw. ohne Gewichtungsfaktor) gerechnet worden. Zur Fütterung der Tiere werde aus vielerlei Gründen grundsätzlich nur eines der Fahrsilos mit Maissilage angeschnitten. Dies sei entweder das bestehende oder das neue Fahrsilo. Nur die Anschnittfläche des Fahrsilos stelle eine relevante Geruchsquelle dar. Die Verwendung der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. sei mit dem Beklagten abgesprochen. Die Anemometerhöhe von 10,3 m habe AUSTAL 2000 standardmäßig festgelegt. Das LANUV NRW habe dies als plausibel eingestuft.
26In einer weiteren ergänzenden Geruchsimmissionsberechnung vom 25. September 2011 ging der Gutachter M3. auf die Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 ein: Weiterhin bestünden keine Zweifel an der verwendeten Rauhigkeitslänge. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand seien die Wetterdaten der Station P2. für den Vorhabenstandort repräsentativ. Im Übrigen wiesen die Windrosen der Wetterstationen P2. , C2. T. und E1. hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung keine signifikanten Abweichungen auf. Unter Einbeziehung folgender Randbedingungen sei eine erneute Ausbreitungsrechnung durchgeführt worden: aktives Fahrsilo im südlichen Hofbereich, Rauhigkeitslänge 0,20 m und Anemometerhöhe 19,20 m. Ergebnis dessen ist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung bis zu einem Immissionswert von 0,05/5 % und für das Flurstück 139/46 südlich der Straße Auf dem C1. - den M. - eine Geruchsbelastung von im Wesentlichen bis zu 0,10/10 %. Lediglich in der äußersten südwestlichen Ecke dieses Flurstücks soll sich die Geruchsimmissionsbelastung auf voraussichtlich maximal 0,12/12 % belaufen.
27Mit Urteil vom 4. Oktober 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerinnen sei nicht festzustellen. Schädliche Umwelteinwirkungen infolge der genehmigten Erweiterung der Bullenmast seien für das Betriebsgrundstück des Kurbetriebs nicht zu erwarten. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsgutachtens sei davon auszugehen, dass im Bereich des Kurbetriebsgebäudes einschließlich des umgebenden Kurparks nördlich der Straße Auf dem C1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von maximal 0,06/6 % sowie im Bereich des südlichen Kurparks - mit Ausnahme einer stärker belasteten Teilfläche geringfügigen Ausmaßes - von maximal 0,10/10 % zu erwarten sei. Die zugrunde liegende Ausbreitungsberechnung werde durch die Einwendungen der Klägerinnen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es sei zu berücksichtigen, dass die Parkanlage südlich der Straße Auf dem C1. ersichtlich nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen diene. Der Aufenthalt der Kurgäste in der Kurklinik dürfte sich im Regelfall auf wenige Wochen beschränken, derjenige im Kurpark auf wenige Stunden am Tag. Es sei zu beachten, dass die nördlich der Straße gelegenen Kurparkflächen eine deutlich geringere Immissionsbelastung aufwiesen. Es sei kein Bedürfnis vorhanden, diese Außenfläche mit einem höheren Schutzanspruch gegen Geruchsbelastung auszustatten als Wohngebiete, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt seien.
28Mit Beschluss vom 9. August 2012 hat der Senat die Berufungen der Klägerinnen zugelassen.
29Am 18. September 2012 hat der Berichterstatter des Senats - wie schon angesprochen - die Kurklinik, ihre Umgebung, das Vorhabengrundstück und den Weg von der Kurklinik zu dem Vorhabengrundstück in Augenschein genommen. Im Zuge der anschließenden Erörterung hat der Berichterstatter den Geruchsgutachter der Beigeladenen, Herrn Dipl.-Ing. M3. , zu seiner Ausbreitungsrechnung befragt. Wegen der Einzelheiten des Ortstermins und der Erörterung wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die gefertigten Lichtbilder verwiesen.
30Im Nachgang zu dem Ortstermin ergänzte die Beigeladene ihre Geruchsimmissionsprognostik bzw. rechnete sie am 20. September 2012 neu. Absprachegemäß legte sie dabei die Wetterdaten der Station C2. T. zugrunde, obwohl dies nach ihrer Auffassung wegen des zu hohen Schwachwindanteils von über 20 % fachlich nicht zulässig sei. Ein Vergleich dieser Berechnung mit den vorangegangenen auf der Grundlage von Daten der Wetterstationen P2. (Ergänzung vom 5. August 2010) und E1. (Stellungnahme vom 20. Juli 2011) lasse aber erkennen - so die Beigeladene -, dass in den Beurteilungsflächen im Bereich der Kurklinik der Immissionswert von 0,06/6 % nicht überschritten werde. Die farbige Rasterkarte vom 20. September 2012 zeigt für den südlichen Teil des M1. eine Geruchsbelastung zwischen 0,10/10 % und 0,14/14 % und bezogen auf den Kurgarten auf dem Flurstück 937 überwiegend bis zu 0,06/6 %. Lediglich ein schmaler Streifen des Kurgartens ist danach mit 0,07/ 7 % beaufschlagt.
31Die Klägerinnen treten der ergänzenden Geruchimmissionsprognose vom 20. September 2012 zu Beginn des Berufungsverfahrens entgegen: Der Geruchsgutachter äußere sich nicht zur Übertragbarkeit der Wetterdaten der Station C2. T. auf den Vorhabenstandort. Die Berechnung sei tatsächlich wegen des zu hohen Schwachwindanteils fehlerhaft. Eine im Auftrag der Klägerinnen erstellte Übertragbarkeitsstudie der Firma B. vom 13. November 2012 besage, dass die Wetterdaten der Station M. auf den Vorhabenstandort am Besten übertragbar seien. Eine Berechnung auf der Basis dieser Daten liege nicht vor. In der Studie von B. heißt es außerdem, eine Immissionsrelevanz von Kaltluftströmungen könne am Vorhabenstandort nicht ausgeschlossen werden. Die Auswertung des Kaltlufteinflusses zeige jedoch, dass die Bereiche in südwestlichen und nordöstlichen Quadranten überwiegend positiven Einfluss während einer Kaltluftsituation erführen. Die sich dabei einstellende Strömungssituation erzeugt demnach niedrigere Immissionen. Für den Standort der Klägerinnen ergebe sich, dass Kaltluftsituationen aus Richtung des Vorhabenstandorts keine Problemsituation erzeugten.
32Mit Verfügung vom 29. November 2012 hat der Senat das LANUV NRW darum gebeten, alle im Lauf des Verfahrens eingereichten Geruchsgutachten und Stellungnahmen auf ihre Plausibilität zu überprüfen sowie zu allen aufgeworfenen geruchsimmissionstechnischen Fragen Stellung zu nehmen. In seiner fachbehördlichen Stellungnahme vom 18. Juni 2013 hat das LANUV NRW ausgeführt, die von dem Gutachter M3. verwendete Rauhigkeitslänge von 0,05 m müsse aus heutiger Sicht hinterfragt werden. Inzwischen empfehle das LANUV NRW, die im Corine-Kataster hinterlegten Rauhigkeitslängen mit den Landnutzungen vor Ort abzugleichen und, wenn die Angaben im Corine-Kataster von der tatsächlichen, kleinräumigen Landnutzung vor Ort abwichen, die mittlere Rauhigkeitslänge direkt aus den vor Ort vorhandenen Landnutzungen und deren Flächenanteil zu bestimmen. Im Umfeld der streitgegenständlichen Anlage befänden sich sowohl Gebäude als auch ein mit Bäumen bewachsener Teilbereich, so dass dieser eine höhere Rauhigkeitslänge habe als 0,05 m. Aus heutiger Sicht sei ggf. eine Korrektur der automatisch ermittelten Rauhigkeitslänge durchzuführen. Aus Sicht des LANUV NRW seien die meteorologischen Daten der Station M. für die Ausbreitungsrechnung zu verwenden. Zudem seien die weiteren Hinweise aus der plausiblen Übertragbarkeitsprüfung der Firma B. vom 13. November 2012 zu verwenden. Was die Frage der Gesamtvorbelastung angehe, zeigten Erfahrungen aus dem Bereich der Geruchsimmissionsmessung, dass bei Vorliegen von Geruchsimmissionen aus unterschiedlichen Tierhaltungen bei den jeweiligen Messtakten (alle 10 Sekunden) weit überwiegend eine Geruchsqualität/Geruchsart eindeutig erkannt werde. Das heiße z. B. bei Geruchsimmissionen aus Rinder- und Schweinehaltungen aus der gleichen Einwirkungsrichtung würden am Immissionsort entweder Rinder- oder Schweinehaltungsgerüche erkannt. Innerhalb eines Messinterwalls (10 Minuten, 60 Einzelmessungen) könne es vorkommen, dass sowohl Messtakte mit Schweine- als auch mit Rinderhaltungsgerüche aufträten. Mischgerüche, also Geruchserkennungen, die aufgrund der Geruchsqualität noch eindeutig einer Tierhaltungsanlage zugeordnet werden könnten, aber nicht eindeutig einer bestimmten Tierart, träten kaum auf. Mit den u. a. im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur GIRL 2008 „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ durchgeführten Ausbreitungsrechnungen mit dem im Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Partikelmodell habe demonstriert werden können, dass mit diesem sowohl die Gesamtbelastung als auch die Anteile unterschiedlicher Geruchsarten (Schweine-/Rinder-/Geflügelhaltung) gut beschrieben werden könnten.
33Auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 18. Juni 2013 reagierte die Beigeladene mit einem weiteren ergänzenden Geruchsgutachten M3. vom 23. August 2013, das jetzt auf den Wetterdaten der Station M. inklusive der quantifizierten Kaltlufteinflüsse gemäß dem B. -Gutachten vom 13. November 2012 fuße. Im Geruchsgutachten vom 23. August 2013 wird ausgeführt, dass die ergänzenden Anregungen des M1. NRW vom 18. Juni 2013 bei der erneuten Ausbreitungsrechnung Berücksichtigung gefunden hätten. Es sei eine korrigierte Rauhigkeitslänge von 0,20 m verwendet worden. Die Emissionsdaten (Geruchsstofffracht, Quellengeometrie etc.) blieben gegenüber den bisherigen Berechnungen unverändert. Im Ergebnis sei zu erkennen, dass die Häufigkeiten der belästigungsrelevanten Kenngrößen der gesamten Geruchsbelastung selbst unter Einbeziehung möglicher Kaltluftabflüsse im Bereich des Kurgebiets abnähmen, wenn man die Wetterdaten der Station M. heranziehe. Die Darstellung der Geruchsbelastung vom 23. August 2013 weist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) einen Wert von höchstens 0,05/5 % aus sowie für den M. (Flurstück 139/46) südlich der Straße Auf dem C1. einen Höchstwert von 0,06/6 % in dessen äußerstem südwestlichen Bereich. Im Übrigen fällt die errechnete Geruchsbelastung niedriger aus.
34Auch zu der letzten Prognose M3. vom 23. August 2013 hat das M1. NRW auf Bitte des Senats Stellung genommen. Unter dem 11. November 2013 hat es als Fazit mitgeteilt, die Änderungen in der vorgelegten Ergänzung des Gutachtens vom 23. August 2013 - Rauhigkeitslänge 0,20 m, Daten der Wetterstation M. , Einfluss von Kaltluftabflüssen - in Verbindung mit der Übermittlung weiterer Informationen des Gutachters vom 7. November 2013 seien plausibel. Damit seien die in der vorigen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 aufgeworfenen Punkte geklärt. Die Fragen zur Erläuterung der Anemometerhöhe hätten zu einer neuen Berechnung durch den Gutachter - mit einer plausiblen Anemometerhöhe von 4,30 m - geführt. Diese Neuberechnung zeigt eine Geruchsbelastung von Kurklinik und Kurgarten auf dem Flurstück 937 von maximal 0,03/3 % und im M. (Flurstück 139/46) von höchstens 0,04/4 % in dessen äußerstem südwestlichen Winkel. Die Ergebnisse der neuen Berechnungen wichen - so das M1. NRW - deutlich von den bisherigen ab. Sie führten zu deutlich geringeren Immissionshäufigkeiten im Umfeld der Anlage. Sie sollten bei der Bewertung der Gesamtsituation berücksichtigt werden.
35Zur Begründung ihrer Berufungen wiederholen und vertiefen die Klägerinnen im Kern ihr erstinstanzliches Vorbringen. Gemäß den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL dürfe in Kurgebieten in der Regel der Wert von 0,06/6 % nicht überschritten werden. Dies gelte insbesondere in Luftkurorten. Vorliegend habe eine Einzelfallprüfung nach Nr. 5 GIRL zu erfolgen. Der Immissionswert von 0,06/6 % gelte auch für den M. . Das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich des M1. nicht hinreichend mit dem Sinn und Zweck eines Kuraufenthalts auseinander gesetzt. Diejenigen Personen, die sich in die Kurklinik der Klägerinnen begäben, seien gesundheitlich - zum Teil extrem - geschwächt. Sinn des Kuraufenthalts sei, eine Rehabilitation durchzuführen und dadurch die gesundheitliche Situation insgesamt zu verbessern. Neben den einzelnen medizinisch veranlassten Kuranwendungen solle gerade das Umfeld, in dem sich die Kurgäste aufhielten, sicherstellen, dass der Erholungsprozess gefördert werde. Aus diesem Grund gebe es den Kurpark, der die Kurgäste zum Aufenthalt und zur Bewegung an der frischen Luft animieren solle. Dieser Zweck werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Aufenthalt im Kurpark mit ekelerregenden Gerüchen verbunden sei. Dies führe sowohl zu einer Verminderung des Kurerfolgs als auch zu einer erheblichen Verärgerung der Kurgäste. Dies wiederum wirke sich negativ auf das Kurangebot aus. Die Klägerinnen müssten befürchten, dass ihr Kurangebot infolgedessen weniger nachgefragt werde oder dass die Kurgäste sich beispielsweise bei Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern über die Geruchsbelästigungen beschwerten. Dies könne zu einer Existenzgefährdung des Kurbetriebs führen. Da die Kurgäste sich jeweils nur für wenige Wochen in der Kurklinik aufhielten, sei es durchaus wahrscheinlich, dass ein Teil der Kurgäste aufgrund der bestehenden Windverhältnisse während des gesamten Kuraufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen sei. Daher sei der Hinweis auf den statistischen Jahreswert für Wohngebiete unangebracht. In Wohngebieten seien die betroffenen Personen während des gesamten Jahres der Möglichkeit von Geruchsimmissionen ausgesetzt, so dass ein statistischer Jahreswert angemessen sei, um die Zumutbarkeit der Immissionen zu überprüfen. Bei Kurgästen greife dieser statistische Ansatz nicht. Rein statistisch betrachtet würde der Ansatz eines Grenzwerts von 0,06/6 % der Jahresstunden bedeuten, dass es in der Kurklinik jeden Tag ca. 1,5 Stunden nach Tierexkrementen stinke. Dies sei für den Betrieb einer Kurklinik völlig unzumutbar. Diese Unzumutbarkeit steigere sich noch, wenn sich die Verteilung der Geruchsstunden aufgrund der Windverhältnisse anders darstelle. Gerade in den Sommermonaten müssten die Klägerinnen befürchten, dass in dem Klinikgebäude insbesondere auch in den Nachtstunden, wenn die Kurgäste nach Ruhe suchten, mehrere Stunden Gerüche nach Tierexkrementen aufträten. Aber auch sonst sei die Einzelfallabwägung des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass der Beklagte die Kurklinik und den Kurpark baurechtlich genehmigt habe, bleibe unerwähnt. Die Klägerinnen seien deswegen schutzwürdig, auch wenn das Gebiet nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen sei, sondern im Außenbereich liege. Jedenfalls gebe es eine entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan. Das jahrzehntelange Nebeneinander der Kurklinik und landwirtschaftlichen Nutzungen sage nichts darüber aus, ob die zu erwartende Zusatzbelastung zumutbar sei. Dieses Nebeneinander habe sich bislang in der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ausgedrückt. Die Geruchsimmissionen, die von diesen landwirtschaftlichen Flächen ausgingen, seien jedoch gering. Anders sehe es aus, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb im Rahmen einer Massentierhaltung ständig Gerüche emittiere. Das Vorhaben der Beigeladenen habe im Hinblick auf die Geruchsbelastung eine andere Dimension. Dadurch erhöhe sich das Risiko der Kurgäste, während ihres Aufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen zu werden. Man dürfe auch nicht von einem einheitlichen Begriff der Landwirtschaft ausgehen. Vorliegend sei die Errichtung einer Anlage für die Massentierhaltung geplant. Die Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. sei unterschätzt worden. Der Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass in dem Altgebäude auf der Hofstelle, für das keine Genehmigungsunterlagen vorlägen, nicht mehr als 96 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten werden könnten. Der Beklagte trage insoweit lediglich vor, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten worden seien oder zukünftig gehalten werden könnten. Dies reiche nicht aus, um nachvollziehbar darzulegen, in welchem Umfang auf der Hofstelle C3. die Haltung von Sauen mit Ferkeln baurechtlich zulässig sei. Unklar bleibe ferner, wie der Beklagte bzw. der Geruchsgutachter der Beigeladenen das Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln bestimmt habe. Die fachbehördlichen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 belege, dass das bereits mehrfach nachgebesserte Geruchsgutachten M3. nicht den rechtlichen Anforderungen entspreche.
36Die Klägerinnen beantragen,
37das angefochtene Urteil zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Er trägt im Grundzug ergänzend vor, das Verwaltungsgericht habe das Geruchsschutzniveau des Kurbetriebs zutreffend bestimmt. Dieser liege im Außenbereich. Die Darstellung im Flächennutzungsplan ändere daran nichts. Ein Kurpark südlich der Straße Auf dem C1. sei baurechtlich nicht genehmigt. Nachfragen bei der Landschafts- und Wasserbehörde hätten keine Hinweise auf eine entsprechende Genehmigung erbracht. Vielmehr sei davon auszugehen, dass diese Fläche in der Vergangenheit schleichend von einer landwirtschaftlichen Nutzfläche hin zu einer Parkanlage entwickelt worden sei. Das Flurstück 139/46 stehe ohnehin nicht im Eigentum der Klägerinnen, sondern von Herrn G. I1. . Dies mache es auch fraglich, ob die Klägerinnen für dieses Grundstück eigene Schutzansprüche reklamieren könnten. Jedenfalls diene dieses Grundstück ersichtlich nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen. Davon abgesehen liege der eigentliche Kurpark C2. I. mit dem Haus des Gastes am Westrand von C2. I. und werde von dem Vorhaben nicht berührt. Die Klägerinnen stellten die bisherige Geruchsbelastung des Kurbetriebs unrichtig dar. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Umgebung der Kurklinik werde seit Jahrzehnten mehrfach im Jahr Gülle aufgebracht. Die Möglichkeit der Gülleaufbringung unterliege keinerlei Beschränkungen. Hinzu kämen die Geruchsimmissionen durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. . Rein statistisch bedeute die Vorbelastung von 0,02/2 % bis 0,03/3 % der Jahresstunden, dass es schon heute an der Kurklinik 45 Minuten pro Tag rieche. Damit müssten die Kurgäste rechnen und es akzeptieren. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ausschließlich die Häufigkeit und Intensität von Geruchsimmissionen quasi monokausal über den Erfolg einer Kur und im Ergebnis über die wirtschaftliche Existenz eines Kurbetriebs entscheide. Das Umfeld einer Kurklinik sei nur ein Faktor von vielen. Anhand der Bauakten könne sicher ausgeschlossen werden, dass auf der Hofstelle C3. jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden. Hinsichtlich möglicher Verschiebungen im Verhältnis der Sauen mit Ferkeln zu Zucht- oder Jungsauen ergebe sich keine andere Beurteilung, weil der Geruchsgutachter M3. hierzu einen sicheren Ansatz gewählt habe. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 betrage das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtige die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1. Die letzten Stellungnahmen des M1. NRW und Nachberechnungen des Gutachters M3. schlössen eine unzumutbare Geruchsbeeinträchtigung des Kurbetriebs hinreichend sicher aus.
41Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Sie schließt sich in den Grundzügen den Ausführungen des Beklagten an. Ergänzend trägt sie vor, ihr Sohn N. habe bei dem Berufswettbewerb der Deutschen Landjugend den fünften Platz errungen. Er benötige endlich eine sichere Betriebsperspektive auf dem familieneigenen Hof. Die Hofstelle C3. sei in den letzten Jahren nicht weiter entwickelt, sondern zunehmend zu einem Hotelbetrieb umgebaut worden. Eine der beiden Töchter des Betriebsleiters absolviere eine hotelfachliche Ausbildung mit dem Ziel, den elterlichen Hotelbetrieb zu übernehmen.
44In der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2013 sind Herr G. H. als Vertreter des M1. NRW und Herr Dipl.-Ing. M3. zugegen gewesen. Sie haben sich zu aufgeworfenen Fragen der Geruchsimmissionsprognostik geäußert. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung beantragt, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Der Senat hat den Beweisantrag durch Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beweisantrag sei zum einen unbestimmt und auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Weder gebe der Beweisantrag an, wie er die Drei‑Wochen‑Zeiträume im Einzelnen bestimmen wolle noch bestehe nach den vorliegenden Geruchsgutachten ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass unmittelbar am Kurklinikgebäude unzumutbare Geruchsimmissionen aufträten. Insoweit seien die vorliegenden Gutachten ausreichend zur Beurteilung der anstehenden (rechtlichen) Fragestellungen. Zum anderen sei der Beweisantrag unschlüssig. Einerseits bestehe er auf dem auf das Jahr gemittelten Richtwert von 6 %, andererseits will er sich von der statistisch-mittelnden Jahresbetrachtung der GIRL lösen.
45Wegen der weiteren Einzelzeiten des Sach- und Streitstands und der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
47Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg.
48Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
49Dabei mag dahinstehen, ob auch die Klage der Klägerin zu 2. zulässig ist (dazu I.). Jedenfalls sind die Klagen unbegründet (dazu II).
50I. Die Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig. Sie ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, weil sie Eigentümerin des zu dem Kurbetrieb gehörenden Flurstücks 937 (Kurklinik mit Kurgarten) ist. Als solche kann sie geltend machen, dass die angefochtenen Baugenehmigungen sie in ihrem Recht aus § 35 Abs. 3 Satz 1Nr. 3 BauGB in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme verletzen könnten. Demgegenüber gelangte man zu einer Klagebefugnis der Klägerin zu 2., die weder Eigentümerin des Flurstücks 937 noch des Flurstücks 139/46 (M. ) ist, das Herrn G. I1. , einem der Geschäftsführer der Klägerinnen, persönlich gehört, nur nach einer erweiternden Interpretation der baurechtlichen Klagebefugnis im Einzelfall.
51Der nachbarschützende Gehalt bauplanungsrechtlicher Normen, ihr Schutzumfang, beschränkt sich prinzipiell nur auf die Eigentümer der Nachbargrundstücke oder die in ähnlicher Weise an ihnen dinglich Berechtigten. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet, hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht. Dies gilt auch dann, wenn Grundstückseigentümer und obligatorisch Berechtigter eine betriebliche Einheit bilden. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die mit dem Grundstück verknüpften Nachbarrechte nicht zum Vermögensbestand des Gewerbebetriebs eines mit dem Grundstück nur obligatorisch verbundenen Nutzers gehören.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 1989 - 4 B 33.89 -, BRS 49 Nr. 185 = juris Rn. 4, m. w. N.
53Bleibt man dabei stehen, fehlt der Klägerin zu 2. die Klagebefugnis und fällt das Flurstück 139/46 als wehrfähige Anspruchsposition aus. Demzufolge könnten sich beide Klägerinnen - die Klägerin zu 1. ist lediglich Eigentümerin des Flurstücks 937 mit Kurklinik und Kurgarten - auf den Grad der Geruchsbelastung des M1. nicht berufen. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführten engen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen den Klägerinnen und ihren Geschäftsführern sind unbeachtlich. Derartige zivilrechtliche Konstruktionen modifizieren anspruchsfähige öffentlich-rechtliche Abwehrrechte des Baurechts gerade nicht. Diese bleiben strikt dinglich fundiert.
54Allein wenn man den baurechtlichen und den weiteren immissionsschutzrechtlichen Nachbarbegriff,
55vgl. zu diesem BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50.78 -, DVBl. 1983, 183 = juris Rn. 12 f.; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.NE -, juris Rn. 33,
56für den vorliegenden Einzelfall verschränkte, ließe sich eine Klagebefugnis der Klägerin zu 2. (auch) hinsichtlich des Flurstücks 139/46 vertreten. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung.
57II. Denn die Klagen sind - jedenfalls - unbegründet.
58Die angefochtenen (Teil-)Baugenehmigungen vom 29. Dezember 2009 und vom 6. Oktober 2010 verletzen die Klägerinnen - auch bei Einbeziehung einer wehrfähigen Anspruchsposition aus dem Flurstück 139/46 (M. ) in die Sachprüfung - nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
591. Die Klägerinnen haben gegen den genehmigten Bullenmaststall keinen Gebietsgewährleistungsanspruch. Einen solchen gibt es im Außenbereich nicht,
60vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1999 - 4 B 38.99 -, BRS 62 Nr. 189 = juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 13, und vom 3. Mai 2012 - 2 B 503/12 -, S. 3 f. des amtlichen Umdrucks,
61so dass es insofern nachbarrechtlich ohne Belang ist, ob das Vorhaben der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert oder ansonsten gemäß § 35 BauGB objektiv-rechtlich zulässig ist.
62Auch die am 26. Mai 2010 in Kraft getretene - im Juni 2012 verlängerte und zwischenzeitlich außer Kraft getretene - Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ der Stadt Q. P. gewährt(e) den Klägerinnen für sich genommen kein subjektives Abwehrrecht. Davon abgesehen konnte die Veränderungssperre auf den Erfolg der Nachbarklage sowieso keinen Einfluss haben, weil für die Prüfung eines nachbarrechtlichen Aufhebungsanspruchs die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblich ist. Nachträgliche Änderungen sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie für den Bauherrn günstig sind.
63Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BRS 60 Nr. 178 = juris Rn. 3, und vom 22. April 1996 - 4 B 54.96 -, BRS 58 Nr. 157 = juris Rn. 4.
64Dies trifft auf die Veränderungssperre nicht zu, die nach Maßgabe des § 14Abs. 1 BauGB ein Bau- und Veränderungsverbot zur Folge hat(te).
652. Die Baugenehmigungen verstoßen nicht zum Nachteil der Klägerinnen gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Der genehmigte Bullenmaststall mit insgesamt 425 Plätzen wird voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Geruchsimmissionen in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen hervorrufen. Dies gilt sowohl für das Flurstück 937 - die Kurklinik mit dem Kurgarten - als auch für das Flurstück 139/46 - den M. -. Die Kurklinik mit dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 kann grundsätzlich das Geruchsschutzniveau eines Immissionswerts von 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für sich in Anspruch nehmen. Dieses nimmt allerdings im Bereich des M1. auf dem Flurstück 139/46 mit zunehmender Entfernung zur Kurklinik auf etwa 0,10/10 % ab. (dazu a). Diese Immissionswerte werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich eingehalten (dazu b).
66a) Der für den Kurbetrieb der Klägerinnen anzusetzende Geruchsimmissionswert beträgt im Ausgangspunkt 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für Kurklinik und Kurgarten mit der Möglichkeit der Anhebung im Einzelfall (dazu aa). Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. verschlechtert er sich schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % ebenfalls mit einer einzelfallbezogenen Anhebungsmöglichkeit (dazu bb).
67aa) Die prinzipielle Vergabe des Immissionswerts von 0,06/6 % für die Kurklinik und den Kurgarten auf dem Flurstück 937 folgt der Empfehlung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL.
68Die Geruchsimmissionsrichtlinie entfaltet für das Gericht keine Bindungswirkung. Sie darf aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat. Demgemäß legt Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL in Tabelle 1 für verschiedene Nutzungsgebiete Immissionswerte für die Beurteilung von Geruchsimmissionen fest und bestimmt Nr. 3.1 Abs. 4 GIRL, dass Geruchsimmissionen in der Regel durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt werden. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist gemäß Nr. 3.1 Abs. 5 GIRL aber auch die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.
69Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, BRS 76 Nr. 191 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 39, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193 = juris Rn. 12 ff., vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -, juris Rn. 10, vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rn. 59, und vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, BRS 70 Nr. 172 = juris Rn. 12.
70Diesen Ansatz weiterverfolgend sieht Nr. 5 b) GIRL vor, dass für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, ein Vergleich der nach dieser Richtlinie zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten u. a. nicht ausreichend ist, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass wegen der außergewöhnlichen Verhältnisse hinsichtlich Hedonik und Intensität der Geruchswirkung, der ungewöhnlichen Nutzungen in dem betroffenen Gebiet oder sonstiger atypischer Verhältnisse trotz Einhaltung der Immissionswerte schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (z. B. Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche) oder trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten ist (z. B. bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche). In derartigen Fällen ist zu ermitteln, welche Geruchsimmissionen insgesamt auftreten können und welchen Anteil daran der Betrieb von Anlagen verursacht, die nach Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL zu betrachten sind. Anschließend ist zu beurteilen, ob die Geruchsimmissionen als erheblich anzusehen sind und ob die Anlagen hierzu relevant beitragen. Die Erheblichkeit - stellt Nr. 5 GIRL klar - ist keine absolut festliegende Größe. Sie kann in Einzelfällen nur durch Abwägung der dann bedeutsamen Umstande festgestellt werden. Dabei sind - unter Berücksichtigung der eventuell bisherigen Prägung eines Gebietes durch eine bereits vorhandene Geruchsbelastung (Ortsüblichkeit) - insbesondere folgende Beurteilungskriterien heranzuziehen: der Charakter der Umgebung, insbesondere die in Bebauungsplänen festgelegte Nutzung der Grundstücke, landes- oder fachplanerische Ausweisungen und vereinbarte oder angeordnete Nutzungsbeschränkungen, besondere Verhältnisse in der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Geruchseinwirkung sowie Art und Intensität der Geruchseinwirkung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die u. a. dazu führen kann, dass der Belästigte - etwa wegen Bestandsschutzes des Emittenten - in höherem Maß Geruchseinwirkungen hinnehmen muss.
71Der Sache nach sind diese - der in Rede stehenden Geruchsimmissionsbeurteilung angemessen flexiblen - Erwägungen zugleich Elemente der Zwischenwertbildung in Gemengelagen (Ortsüblichkeit, Priorität, Einzelfallumstände), fließen also bereits in die Findung des dort nach Lage der Dinge jeweils einschlägigen Immissionswerts ein.
72Vgl. zur Zwischenwertbildung bei Geruchsimmissionen: BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 7 B 4.10 -, BauR 2011, 1304 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012
73- 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 43 ff.
74Die Besonderheit bei der Beurteilung von Kurgebieten greifen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL auf und geben dafür typisierende, die Zwischenwertbildung gewissermaßen pauschal vorwegnehmende bzw. vorgezogen feinsteuernde Empfehlungen: Demzufolge gelten für Kurgebiete andere Kriterien als die Immissionswerte für in der GIRL ausdrücklich genannte Gebiete. Mindestens sind die Immissionswerte für Wohngebiete (0,10/10 %, Nr. 3.1 Abs. 1) zugrunde zu legen. Der Wert 0,06/6 % sollte - gerade in Luftkurorten - nicht überschritten werden.
75Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, sind diese Immissionswerte keinesfalls „gegriffen“. Sie gehen auf sachverständige Erhebungen und Gremienarbeit zurück und sind sowohl fachbehördlich als auch in der Rechtsprechung als Leitschnur akzeptiert. Herr H. vom M1. NRW hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dessen unbeschadet lässt der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vertretene Ansatz offen, ob er sich ganz oder doch nur teilweise und in welchen Fällen von der Systematik der GIRL entfernen will. Dann müsste er aber im Weiteren benennen, welche Maßstäbe er zur Geruchsbelästigungsbeurteilung fortan stattdessen heranziehen will, um insoweit konsistente, d. h. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB angemessene Ergebnisse zu erzielen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen indessen nicht konkretisiert.
76Ausgehend von den - somit auch hier Platz greifenden - Maßstäben der GIRL ist es nach deren Nr. 5 gerechtfertigt, der Kurklinik und dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 im Grundsatz den in den Auslegungshinweisen vorgeschlagenen Immissionswert 0,06/6 % zuzuerkennen. Es handelt sich um ein faktisches Kurgebiet, auf dem die Kurklinik seit sehr langer Zeit betrieben wird. Der Umstand, dass das Klinikgelände bis jetzt nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen ist, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Er wird durch die lange Dauer und die Etabliertheit des Klinikbetriebs sowie die Darstellung im Flächen-nutzungsplan als Sondergebiet „Kur“ und den Status als staatlich anerkanntes I2. kompensiert, das den Schutz von § 3 Nr. 2 KOG genießt. Auf diesen und die mit ihm verbundenen immissionsschutzrechtlichen Implikationen hat die Bezirksregierung E. den Beklagten mit Schreiben vom 3. November 2009 besonders hingewiesen.
77Die Vergabe eines noch besseren Geruchsschutzniveaus an das Flurstück 937 als den Wert von 0,06/6 % - der, wie gesagt, besser ist als der Wohngebietswert der Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL - ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls nicht veranlasst.
78Schon die Auslegungshinweise zu Nr. 5 sehen dies nicht vor. Vielmehr kennzeichnen sie den Immissionswert 0,06/6 % für Kurgebiete lediglich als Regelwert, der insbesondere für Luftkurorte gelten soll, d. h. für Orte, deren Luft und Klima laut einem Gutachten Eigenschaften aufweisen, die für Erholung und Gesundheit förderlich sind (vgl. § 11 in Verbindung mit § 3 Nr. 4 KOG). Dies rechtfertigt im Besonderen die Besserstellung gegenüber Wohngebieten. Eine - kurortegesetzliche - weitergehende Anerkennung als I2. - wie hier - führt entgegen der Annahme der Klägerinnen nicht regelhaft zu einem noch sensibleren Schutzniveau. Die zusätzlichen prägenden Besonderheiten, die § 4 KOG für die Anerkennung als I2. fordert, geben dafür - anders als vielleicht die prägenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Heilklimatischen Kurorts nach § 6 KOG - schon aus der allgemeinen Warte der Systematik des Kurortegesetzes NRW nichts her. Um so mehr gilt dies für wenigstens im Schwerpunkt orthopädisch ausgerichteten Therapiezentren wie der X. der Klägerinnen, die typischerweise nicht in gleichem Maß geruchsimmissionssensibel sind. Kurgäste in der orthopädischen Rehabilitation sind weniger auf von landwirtschaftlichen Gerüchen freie Luft offenkundig weniger angewiesen als etwa Atemwegspatienten. Im Gegenteil empfehlen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 ein Richtwertfenster, das sich zwischen 0,06/6 % auf der einen und dem Wohngebietswert 0,10/10 % auf der anderen Seite öffnet. Das heißt, der vorgeschlagene Immissionswert für Kurgebiete kann nach der Systematik der GIRL unter Umständen nach oben angehoben werden, um den Umständen des Einzelfalls - wiederum nach dem Gedanken der feindifferenzierenden Zwischenwertbildung bzw. Einzelfallbeurteilung - Genüge zu tun. Die Tatsache, dass sich Kurgäste regelmäßig nur für eine beschränkte Zeitdauer in einem Kurgebiet aufhalten und es daher sein kann, dass sie während ihres Aufenthalts überdurchschnittlich von Geruchsimmissionen betroffen sind, kann dabei als in der typisierenden Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL mitberücksichtigt gelten. Der auf einige Wochen oder wenige Monate begrenzte Kuraufenthalt ist der Regelfall. Diese Nutzungstypik gebietet für sich genommen keine Abweichung von der GIRL-immanenten statistischen, d. h. über das Jahr hinweg mittelnden Herangehensweise der Geruchsimmissionsbeurteilung. Dies erschließt sich auch daraus, dass es innerhalb eines Jahres genauso gut sein kann, dass manche Kurgäste während ihres Aufenthalts faktisch überhaupt nicht von Geruchsimmissionen betroffen sind. Im jährlichen Mittel gleichen sich diese potentiellen Ungleichheiten der Betroffenheit absehbar aus. Dies ist auch gerade der Sinn des statistischen Beurteilungsansatzes und seine innere Rechtfertigung.
79Auch aus diesen Gründen war der in der mündlichen Verhandlung von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gestellte Beweisantrag abzulehnen, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Wie der Senat in der Begründung der Ablehnung des Beweisantrags u. a. dargelegt hat, ist der Beweisantrag unbestimmt und unschlüssig, weil er einerseits ganz aus der Geruchsbeurteilungssystematik der GIRL herausgehen will, indem er Drei-Wochen-Zeiträume als neue Beurteilungszeiträume statuieren will, er andererseits aber bei dem Richtwert der 0,06/6 % verharrt, der auf die Jahresmittelung zugeschnitten ist. Herr H. , den der Senat vor der Entscheidung über den Beweisantrag gehört hat, ist ebenfalls dieser Ansicht gewesen. Zudem hat er - ebenso wie Herr Dipl.-Ing. M3. - Zweifel geäußert, ob die von den Klägerinnen begehrte zeitabschnittsweise Berechnung sich mit den zur Verfügung stehenden Berechnungsprogrammen und Emissionsdatensätzen überhaupt (aussagekräftig) leisten lässt. Die spezifischen betrieblichen Belange der Klägerinnen sind solchermaßen nicht über einen zusätzlichen Sachverständigenbeweis zu eruieren und zu bewerten, sondern tatrichterlich mit den Mitteln der (ergänzenden) Einzelfallbeurteilung. Diese ist nach dem oben Gesagten auch für die Berücksichtigung etwaiger tages- oder jahreszeitlicher Schwankungen der Geruchsbelastung geöffnet.
80Wendet man die besagten Kriterien der Zwischenwertbildung/Einzelfallbeurtei-lung auf den Fall der Klägerinnen an, ergibt sich, dass der grundsätzlich zugunsten des Flurstücks 937 anzusetzende Immissionswert von 0,06/6 % nach Lage der Dinge im begründeten Einzelfall anhebbar ist, soweit die Überschreitungen nicht über 0,02/2 % der Jahresstunden - den Irrelevanzwert der Nr. 3.3 GIRL - hinausgehen. Wie die Klägerinnen selbst sagen, ist der Kurbetrieb seit jeher mit landwirtschaftlichen Gerüchen beaufschlagt. Der Berichterstatter des Senats konnte sich im Ortstermin am 18. September 2012 davon überzeugen, dass der Kurbetrieb in eine von landwirtschaftlich bewirtschafteten Äckern und Feldern geprägte Nutzlandschaft eingebettet ist. Dieser Befund deckt sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Q. P. in diesem Bereich. Wegen dieses jahrelangen - gewissermaßen schon immer gegebenen - Nebeneinanders von Kurgebiet und Landwirtschaft kann keine der beiden Nutzungen als Akzeptor bzw. Geruchsemittent maximale geruchsimmissionsschutzrechtliche Positionen reklamieren. Wägt man den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL und § 3 Nr. 2 KOG zum Ausdruck gelangenden besonderen geruchsimmissionsschutzrechtlichen Schutz von Kurgebieten gegen das Zwischenwertpotential ab, das landwirtschaftliche Nutzungen auslösen - die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL sprechen davon, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls sei bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25/25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche gegenüber Wohnnutzungen heranzuziehen -,
81vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 45 ff.,
82kommt man zu der eben benannten Feindifferenzierung und leichten Flexibilisierung des Geruchsschutzniveaus von Kurklinik, Kurgarten und M. . Sie ist ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Nutzungen und bleibt für die Umstände des Einzelfalls auch noch auf der nachfolgenden konkreten Beurteilungsebene hinreichend offen.
83Die demnach auch in der vorliegenden Gemengelage „Kurgebiet versus Landwirtschaft“ Platz greifende gewisse geruchsimmissionsschutzrechtliche Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe kommt ohne Weiteres auch dem Vorhaben der Beigeladenen zugute. Es dient einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat zwar auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt von einer gewerblichen Tierhaltung der Beigeladenen gesprochen, aber nicht substantiiert, worauf er diese Einschätzung gründet.
84Die landwirtschaftliche Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet. Er erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und muss ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen sein. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d. h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist. Geht es um die Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs mit niedriger Rentabilität, hat die Gewinnerzielung einen geringeren Stellenwert als im Fall der beabsichtigten Neugründung einer Nebenerwerbsstelle.
85Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 7 f., m. w. N.
86Beständigkeit der Betätigung setzt voraus, dass der Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche dauerhaft gesichert ist. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt die für seine Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauernd zur Verfügung steht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs auch auf gepachteten Flächen gewährleistet sein kann. Liegen langfristige Pachtverhältnisse vor, kann davon ausgegangen werden, dass ein dauerhafter Zugriff auf die erforderlichen Flächen sichergestellt ist.
87Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 10, m. w. N.
88Wie § 201 BauGB es verlangt, gehört zum Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs darüber hinaus die „überwiegend eigene Futtergrundlage“.
89Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 1997 - 4 B 256.96 -, BRS 59 Nr. 85 = juris Rn. 4.
90Alle diese Merkmale werden von der Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen, wo die Erweiterung um den streitgegenständlichen Bullenmaststall stattfinden soll, erfüllt. Dies hat die Landwirtschaftskammer NRW im Baugenehmigungsverfahren mit Schreiben vom 11. November 2009 und vom 1. Dezember 2009 bestätigt. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Die derzeit von der Beigeladenen an einen anderen Landwirt verpachtete Hofstelle weist eine hinreichend spezifische betriebliche Organisation auf. Es findet dort auch gegenwärtig eine Bullenhaltung statt. Dies war auch schon so, bevor die Beigeladene den Hof von ihren Eltern - zuletzt durch Übergabevertrag mit ihrer Mutter - überantwortet bekam. Betriebsinhaber war bis 1998 der verstorbene Vater der Beigeladenen. Die Beständigkeit der Bewirtschaftung ist gegeben. Die Beigeladene verfügt nach eigenen Angaben über umfangreiche Eigentums- und Pachtflächen - etwa 50 ha, angestrebt seien rund 60 ha -, die durch den Betrieb bewirtschaftet werden können. Wegen des Erreichens der 40-ha-Schwelle bewirtschafteter Nutzfläche sieht die (insoweit fachkundige) Landwirtschaftskammer NRW die für eine Bullenhaltung mit insgesamt 425 Stück notwendige „überwiegende eigene Futtergrundlage“ als vorhanden. Auch einen Abnahmevertrag über die Abnahme von Wirtschaftdünger hat die Beigeladene vorgelegt. Diesen Punkt hat der Beklagte zudem über die Nebenbestimmung M.03 rechtlich gesichert. Die personelle Beständigkeit in der Generationenfolge erscheint dadurch gewährleistet, dass der Sohn N. der Beigeladene den Betrieb auf dem Vorhabengrundstück - wie offenbar geplant - übernehmen kann, nachdem er die Ausbildung zum Landwirt mit Erfolg abgeschlossen hat.
91bb) Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. auf dem Flurstück 139/46 verschlechtert sich der zu vergebende Immissionswert schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % mit einer deutlichen Toleranz für Richtwertüberschreitung, auch soweit diese den oben angesprochenen Irrelevanzwert von 0,02/2 % übersteigen.
92Auch dies ist das Ergebnis einer alle Faktoren des Einzelfalls einstellenden Zwischenwertbildung für diese Beurteilungsfläche. Für den M. gelten die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL nur mit verringertem Gewicht. Einerseits ist er in den Kurbetrieb integriert und nimmt an der Darstellung des Flächennutzungsplans Sondergebiet „Kur“ teil. Andererseits ist er nach den unwidersprochenen Ausführungen des Beklagten nicht als Kurpark genehmigt, sondern wird nur faktisch als solcher genutzt. Nach den Erläuterungen von Herrn G. I1. im Ortstermin am 18. September 2012 ist er für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen, so dass seine Funktion mit der orthopädischen Rehabilitation als solcher, welche die Klägerinnen in der X. anbieten, lediglich mittelbar zusammenhängt. Erholung durch Spaziergänge können die Kurgäste in der Umgebung der Kurklinik auch anderweitig finden. Diese Gesichtspunkte führen in der Gesamtschau dazu, dass das Geruchsschutzniveau des M1. mit zunehmender Entfernung zum Kurgarten nördlich der Straße Auf dem C1. abnimmt, bis es im südlichen Teil des M1. deutlich unterhalb des Kurgebietsstandards in etwa auf dem Level des Wohngebietsrichtwerts der Nr. 3.1 GIRL ankommt, der seinerseits im begründeten Einzelfall nach oben zuungunsten des Kurbetriebs durchbrochen werden kann. Rechtfertigung für diesen Richtwertpuffer ist erneut das Zwischenwertpotential der umliegenden landwirtschaftlichen Nutzungen, also auch derjenigen der Beigeladenen.
93b) Diese Immissionswerte für die Flurstücke 937 und 139/46 werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich deutlich eingehalten.
94aa) Zieht man die letzte Geruchsimmissionsprognose M3. vom 23. August/7. November 2013 heran, werden die herausgearbeiteten Regelwerte für Kurklinik und Kurgarten - 0,06/6 % - einerseits und M. - in einem verschiebbaren Rahmen ca. 0,10/10 % - anderseits bei dem Betrieb des streitgegenständlichen Bullenmaststalls aller Voraussicht nach - eindeutig - beachtet. Der Gutachter Lanngguth wirft hier Geruchsbelastungen von maximal 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. - und dies auch nur in dessen äußerstem südwestlichen Bereich - aus.
95Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist genauso wie ihre im Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Vorgängerinnen verwertbar. Nach Baugenehmigungserteilung gewonnene Erkenntnisse über die Immissionssituation können im Rahmen einer Nachbarklage berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die - wie oben bereits gesagt - auch nur zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
96Vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f., und vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9.
97Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist fachlich valide. Dies hat das M1. NRW, welches das gesamte Verfahren begleitet hat, in seiner Stellungnahme vom 11. November 2013 bestätigt. Zweifel an dieser fachbehördlichen Einschätzung bestehen nicht. Die letzte Berechnung der Geruchsbelastung hat sämtliche Einwände der Klägerinnen sowie die vorhergehenden Stellungnahmen des M1. NRW vom 23. Juni 2010 und vom 18. Juni 2013 zu Modalitäten der Ausbreitungsberechnung, der Emissionsansätze und der Gewichtungsfaktoren aufgegriffen und eingestellt. Sie kann als das im Lauf der Zeit gewachsene und fachlich richtige Resultat der für diesen Fall passenden Geruchsimmissionsprognostik angesehen werden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat sie in der mündlichen Verhandlung insofern auch auf Nachfrage nicht mehr grundsätzlich angegriffen.
98Auch den möglicherweise einzigen noch offenen - und von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung thematisierten - Punkt der zutreffenden Berücksichtigung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf dem Hof C3. hat der Gutachter M3. korrekt behandelt.
99Die Immissionsprognostik hat an die legale Vorbelastung zu denken, d. h. daran, in welchem genehmigten Umfang die vorbelastende emittierende Anlage betrieben werden dürfte.
100Vgl. z. B. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 26 ff., und vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 41.
101Dies hat der Gutachter M3. getan, indem er die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. in seiner Ausgangsprognose vom 14. Oktober 2009 mit insgesamt 160 Zuchtsauen und Ferkeln (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h) veranschlagt hat. Den Baugenehmigungsvorgängen über die Hofstelle C3. lässt sich keine genehmigte Höchstzahl an Schweinehaltungsplätzen entnehmen. Wegen dieser Unklarheit ist von den von dem Beklagten und dem Gutachter M3. abgefragten tatsächlichen Tierzahlen in Verbindung mit den bekundeten (realistischen) landwirtschaftlichen Betriebs- und etwaigen (konkret aber nicht vorhandenen) Erweiterungsinteressen des Betreibers der Hofstelle C3. auszugehen. Diese Sachlage und Erklärungen definieren zugleich die für die Geruchsvorbelastung maßgebende Genehmigungslage.
102Gegenüber dem Beklagten und dem Gutachter M3. hat der Eigentümer der Hofstelle im Jahr 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück bzw. von insgesamt 160 Sauenplätzen angegeben. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung meldete das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln auf der Hofstelle C3. . Da neben der Schweinehaltung auf der Hofstelle seit Jahren noch eine Pension - das Hotel M4. C3. - betrieben wird, deren seinerseits geruchsimmissionsempfindlicher Übernachtungs- und Beherbergungsteil erklärtermaßen ausgebaut werden soll - weshalb sich auch die Blankensteins im Genehmigungsverfahren gegen das Vorhaben der Beigeladenen ausgesprochen haben - ist realistisch, dass es auf absehbare Dauer bei diesem Schweinebestand bleiben wird. Mit Blick auf diese Sachlage und Erklärungen ist der Betreiber der Hofstelle C3. für die Geruchsimmissionsprognose so zu stellen, als ob sich eine etwaige über die Zahl von 160 Zuchtsauen mit Ferkeln hinausgehende Baugenehmigung wegen dauerhafter Nichtausnutzung erledigt hätte.
103Vgl. insofern im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 9. August 2013 - 2 A 2520/12 -, juris Rn. 9 ff., m. w. N.
104Die - auch in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltene - Kritik der Klägerinnen an dem von dem Gutachter M3. angenommenen Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln (60:100) greift ebenfalls nicht durch. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Annahmen des Gutachters insoweit hinreichend konservativ sind und auf der sicheren Seite liegen. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 für die Hofstelle C3. beträgt das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtigt die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1 (100 Sauen mit Ferkeln zu 60 Jungsauen). Etwaige Verschiebungen in der Zusammensetzung des Sauenbestands sind damit - entgegen der Auffassung der Klägerinnen - hinreichend sicher erfasst.
105Letzten Endes sind die zuletzt berechnen Immissionswerte von 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. auf dem Flurstück 139/46 auch so weit von den jeweils einschlägigen Richtwerten entfernt, dass eventuelle Unschärfen bei der Erfassung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. den Klägerinnen mit hinreichender Sicherheit nicht zum Nachteil gereichen werden. Auch in dieser Hinsicht zeigt sich, dass die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe. Es gibt nach den vorliegenden Geruchsgutachten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine wie auch immer geartete zeiträumliche Betrachtung der Geruchsbelastung am Kurklinikgebäude selbst - auf dieses ist der Beweisantrag zugeschnitten - unzumutbare Belastungswerte zu Tage fördern könnte. Die im Ermessen des Senats stehende Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens war vor diesem Hintergrund weder durch das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung noch anderweitig veranlasst.
106bb) Die sonstigen Einzelfallumstände, für die die Geruchsimmissionsbeurteilung immer offen ist, schlagen demgegenüber nicht zugunsten der Klägerinnen aus. Die von dem genehmigten Bullenmaststall in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen voraussichtlich ausgehenden Geruchsimmissionen bleiben für diese auch jenseits der reinen mathematisch-statistischen Geruchsimmissionsprognostik anhand der GIRL, wie sie sich bis zur Berechnung vom 23. August/7. November 2013 entwickelt hat, zumutbar.
107Im Anschluss an die Ausführungen zur Zwischenwertbildung und dem Verständnis der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL für Kurgebiete ist dafür leitend, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen sich schon immer in einem stark landwirtschaftlich geprägten Umfeld befand. In diesem mussten und müssen die Klägerinnen und ihre Kurgäste stets in gewissem Umfang mit landwirtschaftlichen Gerüchen - auch etwa durch Güllen - rechnen. Diese Gerüche sind traditionell gebietsprägend. In dem solchermaßen tolerierbaren Rahmen hält sich nach der geprüften Geruchsimmissionsprognostik der geplante Bullenmaststall der Beigeladenen ohne Weiteres. Dies deckt sich mit den Wahrnehmungen vor Ort, die der Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 gemacht hat. Danach ist es unwahrscheinlich, dass die Kurgäste eine signifikante genehmigungsbedingte Verschlechterung der Geruchssituation durch den erweiterten Bullenmaststall objektiv überhaupt wahrnehmen. Am Tag der Begehung konnte der Berichterstatter im Umfeld des Vorhabengrundstücks und der Hofstelle C3. zwar landwirtschaftliche Gerüche aufnehmen. Allerdings rissen diese in einer Entfernung von etwa 100 m schlagartig ab. Weder im M. noch im Kurgarten waren Tierhaltungsgerüche zu festzustellen. Dies mag nur eine Momentaufnahme sein, die aber gleichwohl in das rechnerisch prognostizierte Gesamtbild passt, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen die meiste Zeit des Jahres nicht von erheblichen landwirtschaftlichen Gerüchen betroffen sein wird. Von daher trägt auch die Befürchtung der Klägerinnen nicht, sie werde einschneidende wirtschaftliche Einbußen erleiden, wenn der Bullenmaststall in Betrieb ginge. Dafür spricht nach Lage der Dinge in Anbetracht der von dort zu erwartenden Geruchsimmissionen, die sich überdies angenehmer als etwa Schweinegeruch darstellen (vgl. dazu die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL), nichts. Die von den Klägerinnen zuletzt in den Fokus gerückten angeblichen subjektiven Empfindlichkeiten mancher Kurgäste sind angesichts dessen unmaßgeblich. Sie werden zudem dadurch relativiert, dass einige Kurgäste während ihres Aufenthalts in der Kurklinik womöglich stärker mit landwirtschaftlichen Gerüchen konfrontiert sein werden, andere dagegen weniger bis gar nicht. Sie können die objektiv zu bestimmenden nachbarrechtlichen Betreiberpflichten der Beigeladenen damit nicht determinieren.
108Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
109Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
110Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, - 2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen, - 3.
sonstige Wohngebäude, - 4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, - 5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 6.
sonstige Gewerbebetriebe, - 7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 8.
Gartenbaubetriebe, - 9.
Tankstellen.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.------allee 3 (Gemarkung I. , Flur 12, Flurstück 937), die Klägerin zu 2. betreibt auf diesem Grundstück seit vielen Jahren - der Kurbetrieb an dieser Stelle geht bis ins Jahr 1713 zurück - eine Kurklinik, die X. . Im Zentrum der angebotenen Therapieleistungen steht die orthopädische Rehabilitation. Das Kurgelände umfasst das Flurstück 937, das im Süden von der Straße Auf dem C1. begrenzt wird und auf dem das Klinikgebäude steht sowie der eigentliche Kurgarten angelegt ist. Zu dem Kurgelände zählt darüber hinaus das sich südlich der Straße Auf dem C1. anschließende ausgedehnte, ca. 41.000 m² große Flurstück 139/46, das Herrn G. I1. - einem der Geschäftsführer der Klägerinnen - persönlich gehört. Wie die Klägerinnen dem Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 erläutert haben, beherbergt das Flurstück 139/46 den sog. M. , der für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen ist. Dafür sind im Inneren des M1. Wege freigemäht, die einen Rundweg bilden. Ansonsten ist der M. von hohen Bäumen umstanden.
3Das Kurgelände befindet sich im Stadtteil C2. I. der Stadt Q. P. , den das Land Nordrhein-Westfalen als Heilbad anerkannt hat. Das Kurgelände liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der Flächen-nutzungsplan der Stadt Q. P. stellt die Flurstücke 937 und 139/46 als Sondergebiet „Kur“ dar. Das Kurgelände ist von der geschlossenen Bebauung des Ortsteils abgesetzt und - wie der Ortstermin vom 18. September 2012 bestätigte - größtenteils von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben. Am 26. Mai 2010 beschloss der Rat der Stadt Q. P. eine am 26. Juni 2010 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ im Stadtteil C2. I. . Mit Beschluss vom 13. Juni 2012 wurde die Veränderungssperre um ein Jahr verlängert. Der avisierte Geltungsbereich des Bebauungsplans schließt u. a. die Kurklinik der Klägerinnen mit dem M. ein. Zwischenzeitlich ist die Veränderungssperre ausgelaufen.
4Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks E. Straße 9 (Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 1307; im Folgenden: Vorhabengrundstück). Dieses liegt in den nördlichen Ausläufern des X1. südwestlich des Kurgeländes in einer Luftlinienentfernung von etwa 600 m. Auf dem Vorhabengrundstück existiert ein landwirtschaftlicher Betrieb. Die - zur Zeit an einen Dritten, den Landwirt L. , verpachtete - Hofstelle umfasst ein Wohnhaus und im Bestand zwei Ställe mit zur Zeit insgesamt 140 Jung- und Mastbullen.
5Am 13. Mai 2009 stellte die Beigeladene bei dem Beklagten einen Bauantrag auf Erweiterung der Hofstelle um einen Bullenmaststall, den sie unter dem 7. Oktober 2009 namentlich hinsichtlich des Standorts des neuen Stalls (mit 285 Plätzen) neu fasste. Im Lauf des Genehmigungsverfahrens äußerte sich die Beigeladene zu der betrieblichen Situation der Hofstelle wie folgt: Sie selbst bewirtschafte mit ihrem Ehemann einen (reinen Pacht-)Betrieb in T. mit etwa 450 Bullen. Der Hof in I. gehöre ihr seit fast zwei Jahren, nachdem sie mit ihrer Mutter einen Übergabevertrag geschlossen habe. Unter dem 16. Oktober 2007 habe die Landwirtschaftskammer NRW festgestellt, dass an der Hofeigenschaft kein Zweifel bestehe. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - M2. habe den Übergabevertrag mit Beschluss vom 22. August 2008 genehmigt. Bis 1998 habe ihr verstorbener Vater den Betrieb bewirtschaftet. Nach seinem Tod seien die Rinderhaltung fortgeführt und die Stallungen dazu verpachtet worden. Grund für die nun projektierte Baumaßnahme sei die Dringlichkeit, die vorhandene Rinderhaltung der allgemein notwendigen Entwicklung anzupassen und weiter zu entwickeln, um den landwirtschaftlichen Betrieb für die Zukunft attraktiv und konkurrenzfähig zu gestalten. Einer ihrer Söhne - insbesondere N. , der sich zum Landwirt ausbilden lasse - solle den Hof weiterführen. Sie, die Beigeladene, habe 59,42 ha Betriebsfläche als Eigentum (20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 6,85 ha sonstige landwirtschaftliche Nutzfläche, 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen). Gepachtet habe sie 6,85 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen. Sie bewirtschafte davon 20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche, also in der Summe 50,75 ha. Ihr Ziel sei, die Eigentumsnutzfläche auf 64,12 ha zu erweitern und 4,95 ha hinzuzupachten. 8,67 ha wolle sie weiterhin verpachten. Insgesamt wolle sie mithin in Zukunft eine Fläche von 60,40 ha bewirtschaften. Die angestrebte Pachtdauer über die zuzupachtende Fläche von 4,95 ha belaufe sich auf bis zu 18 Jahre. Die Beigeladene legte weiterhin einen „Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger“ vom 20. November 2009 vor. Darin verpflichtete sich der Abnehmer X2. L. , der Beigeladenen jährlich Wirtschaftsdünger zur landwirtschaftlichen Verwertung abzunehmen. Der Vertrag wurde beginnend ab Inbetriebnahme der Stallungen geschlossen. Er ist nicht befristet.
6Am 29. Dezember 2009 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung zur Errichtung eines (dritten) Bullenmaststalls, Strohlagers, Fahrsilos, Erdwalls und einer Dungplatte auf dem Vorhabengrundstück. Am 6. Oktober 2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die entsprechende Baugenehmigung auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Baugenehmigung sind diverse Nebenbestimmungen beigefügt. U. a. sieht die Nebenbestimmung M.03 vor, dass der Bauherr bzw. Landwirt verpflichtet ist, dem Beklagten erloschene oder geänderte Abnahmeverträge unmittelbar vorzulegen, soweit sie die Vertragsverhältnisse über die landwirtschaftliche Verwertung des aus der Bullenmast anfallenden Wirtschaftsdüngers ändern. Nach der Nebenbestimmung zum Immissionsschutz UWS 1 darf in den Fahrsilos nur Trockensilage gelagert werden. Von den zwei Fahrsilos darf zeitgleich nur eines geöffnet sein. Die Nebenbestimmung UWS 2 schreibt vor, dass die Entnahmefläche regelmäßig von Silageresten zu säubern ist. Sobald die Entnahme von Silage beendet ist, ist das geöffnete Fahrsilo umgehend wieder zu schließen, so dass keine unnötigen Immissionen aus dem Fahrsilo austreten können. Das Geruchsgutachten des Sachverständigenbüros für Schall und Geruch M3. vom 14. Oktober 2009 sowie die Ergänzung vom 5. August 2010 sind Bestandteil der Antragsunterlagen (Nebenbestimmung UWS 3). Beide Gutachten sind grüngestempelt.
7Das Geruchsgutachten vom 14. Oktober 2009 geht davon aus, dass die Hofstelle der Beigeladenen an deren Sohn N. übergeben werden solle. Zu diesem Zweck sei ihre Weiterentwicklung vorgesehen. Durch den Neubau eines Rindermaststalls mit 285 Plätzen solle der Tierbestand auf 425 Mastplätze erhöht werden. Mit dem Neubau seien Rückbaumaßnahmen verbunden. Zur Sicherung der Futtergrundlage sei die Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage geplant. Die Emissionsdaten zur Zusatz-, Vor- und Gesamtbelastung setzten sich wie folgt zusammen: Der neue Bullenmaststall auf dem Vorhabengrundstück solle ein 51 m langer und 32 m breiter Außenklimastall mit einer Firsthöhe von ca. 8 m werden. Dem Stand der Technik entsprechend sei er mit einer Traufe-/First-Lüftung geplant. Der Frischlufteintritt erfolge über die seitlich geöffneten Außenwände. Die Stallabluft werde über den Dachfirst (Pultdach) abgeführt. Im Mittelschiff des Stalls stünden die 285 Mastbullen (jünger als 24 Monate, Lebendgewicht 450 kg bis 600 kg; Geruchsstoffstrom 7,18 MGE/h) auf unterkellerten Spaltenböden. Der anfallende Festmist werde auf einer neu zu errichtenden Platte bis zur Ausbringung auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen zwischengelagert. Das vorhandene Fahrsilo werde aufgrund der erhöhten Tierplätze auf ca. 42 m x 15 m erweitert. Zur Sicherung der Futtergrundlage solle ein zusätzliches Fahrsilo (50 m x 12,5 m) errichtet werden. In den vorhandenen Ställen 1 und 2 sollten nach Abschluss der Baumaßnahmen jeweils 70 Jungbullen (älter als zwölf Monate, Lebendgewicht 150 kg bis 450 kg; Geruchsstoffstrom jeweils 0,76 MGE/h) gehalten werden.Stall 1 sei ebenfalls mit einer Traufe-/First-Lüftung ausgestattet, Stall 2 mit einer Fenster-/Tür-Lüftung. Beide Stallsysteme entsprächen ebenfalls dem Stand der Technik. Die bestehenden Stallungen seien mit Güllelagern unterkellert. Der vorhandene ungenutzte Güllehochbehälter werde wie ein Teil der Wirtschaftsgebäude zurückgebaut. Im Beurteilungsgebiet (Umkreis 600 m) befänden sich weitere landwirtschaftliche Betriebe: Die unmittelbar benachbarte Hofstelle N1. X3. (E. Straße 7) sei ein Obstbaubetrieb und geruchstechnisch irrelevant. Auf dem dem Vorhabengrundstück nördlich gegenüber liegenden Grundstück E. Straße 40 sei die Hofstelle C3. ansässig. Neben dem „Hotel M4. C3. “ finde im landwirtschaftlichen Teil der Gebäude eine Schweinehaltung mit 160 Zuchtsauen und Ferkeln statt (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h). Die erzeugten Ferkel würden nach vier bis fünf Wochen mit einem Gewicht von ca. 7,5 kg von der Muttersau getrennt und in der Regel an Mastbetriebe verkauft. Die Hofstelle L1. X3. auf dem Grundstück E. Straße 32 diene nur noch als Pferdepension für ca. sechs bis zehn Gästepferde. Der Landgasthof L2. auf dem Grundstück E. Straße 5 sei eine ehemalige Hofstelle. Als Ermittlungs- und Berechnungsgrundlage des Geruchsgutachtens diene die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) von Oktober 2008. Zur Ermittlung der Geruchshäufigkeiten sei das Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 verwendet worden. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Daten der Wetterstation P2. werde herangezogen. Die rechnerisch ermittelte Anemometerhöhe im Rechengebiet liege bei 10,3 m über Geländeniveau. Die programmintern berechnete Rauhigkeitslänge betrage 0,05 m. Nach erfolgter Ausbreitungsrechnung werde eine Beurteilung der Geruchssituation gemäß der GIRL vorgenommen. Dabei seien Gewichtungsfaktoren für einzelne Tierarten - Mastschweine, Sauen: 0,75, Rinder: 0,50 - berücksichtigt worden. Die Darstellung der Ergebnisse erfolge flächendeckend als farbige Rasterkarte und als Rasterkarte mit der Angabe der zu erwartenden prozentualen Häufigkeit als Zellenwert. Die Rasterkarte der belästigungsrelevanten Geruchshäufigkeiten ergibt für das gesamte Kurklinikgelände der Klägerinnen einschließlich des M1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit bis zu 0,06/6 %.
8Der in der Nebenbestimmung UWS 3 weiterhin in Bezug genommenen Ergänzung des Geruchsgutachtens vom 5. August 2010 ging eine Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) vom 23. Juni 2010 voraus, das der Beklagte hinzugezogen hatte: Die Emissionssituation sei - so das LANUV NRW - im Gutachten vom 14. Oktober 2009 plausibel dargestellt. Der Gutachter habe die Einzeltiermassen nachvollziehbar der Tabelle 10 der TA Luft entnommen. Das Vorgehen sei auch hinsichtlich der verwendeten Geruchsemissionsfaktoren akzeptiert. Die Verwendung des Ausbreitungsmodells AUSTAL2000 zur Erstellung der Immissionsprognose sei GIRL-konform. Die Übertragbarkeit der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. auf den Anlagenstandort sei klärungsbedürftig. Die Verwendung des diagnostischen Windfeldmodells TALdia zur Berücksichtigung der Geländeunebenheiten sei TA Luft-konform. Die verwendete Qualitätsstufe +1 sei sachgerecht. Die eingesetzte Rauhigkeitslänge von 0,05 sei plausibel - sie ergebe sich im Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 automatisch als für bewässerte Ackerflächen typisch - ebenso die Modellierung der Quellen als vertikale Linienquellen. Da der Anlagenstandort sich am Nordhang des X1. befinde, sei möglicherweise eine Vergrößerung des Rechengebiets über das vorgeschriebene Maß notwendig, um den Einfluss des X1. auf das Windfeld zu erfassen. Aufgrund des Vorhabenstandorts sei das Auftreten von Kaltluftabflüssen möglich. Eine Betrachtung dieser Kaltluftabflüsse fehle bisher. Im Gutachten solle eine ausführliche Beschreibung des festgelegten Anemometerstandorts mit kritischer Betrachtung erfolgen. Eine Nachfrage des LANUV NRW habe jedoch ergeben, dass der Gutachter als Anemometerstandort den höchsten Punkt im Rechengebiet gewählt habe. Dies sei plausibel. Die DWD-Wetterstation mäßen die Windgeschwindigkeit standardmäßig in einer Höhe von 10 m. Der Gewichtungsfaktor von 0,5 für die Bullenmast entspreche nicht der GIRL. Danach wäre der Faktor 1,0 korrekt. Die Güllelagerung unter dem Stall werde mit dem Geruchsemissionsfaktor der darüberstehenden Tiere berücksichtigt. Dabei sei nicht relevant, wann und wie oft der Keller entleert werde. Ob die Vorbelastung hinreichend erfasst worden sei, lasse sich vom LANUV NRW nicht beurteilen.
9In seiner Ergänzung vom 5. August 2010 - vorangegangen war noch eine Berechnung vom 20. Juli 2010 mit Daten der Wetterstation E1. - legte der Gutachter M3. mit Blick auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 23. Juni 2010 dar, die Daten der Wetterstation P2. würden unverändert im Einvernehmen mit der zuständigen Fachbehörde als repräsentativ für den Vorhabenstandort angesehen. In Ergänzung zu den vorliegenden Berechnungsergebnissen werde auf Anregung des LANUV NRW die Größe des Rechnungsgitters erweitert, um den Einfluss des X1. auf die Windfeldbibliothek zu erfassen. Somit würden die Einflüsse des X1. hinsichtlich der Strömungsverhältnisse erfasst. In einem erneuten Rechengang sei der Gewichtungsfaktor 1,0 für die reine Bullenmast eingestellt worden. Kaltluftabflüsse seien nicht zu berücksichtigen. Unter Beachtung der Umstände in der näheren Umgebung - keine Tallage im klassischen Sinn mit einem Flussverlauf; die Höhendifferenz betrage bei einer Entfernung von 600 m gerade einmal 30 m (5 % Gefälle) - könnten diese als vernachlässigbar eingestuft werden. Überdies sei die Bodenrauhigkeitslänge im vorliegenden Fall nicht gering. Die Neuberechnung vom 5. August 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass auf dem Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung von maximal 0,06/6 % der Jahresstunden erreicht werde. Die Geruchsbelastung im M. (Flurstück 139/46) bewege sich in dessen Südhälfte zwischen 0,10/10 % und in der Spitze in der südwestlichsten Ecke 0,16/16 %.
10Am Genehmigungsverfahren hatte der Beklagte Nachbarn und Träger öffentlicher Belange beteiligt:
11Die Klägerin zu 2. erhob mit Schreiben vom 17. Juli 2009 Einwände. Die durch das beantragte Vorhaben zu erwartende Geruchsbelastung lasse eine Beeinträchtigung des Kurbetriebs befürchten, der vor Ort ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sei. Unter dem 14. Februar 2010 vertieften beide Klägerinnen ihre Einwendungen.
12Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 wandten sich die Betreiber des „Hotels M4. C3. “ (E. Straße 40) gegen das Vorhaben. Sie trugen vor, sie hätten sich vor einigen Jahren entschlossen, nicht in die Erweiterung der Landwirtschaft zu investieren, sondern in den Hotel- und Gastronomiebereich. Sie betrieben seit sechs Jahren ein kleines Hotel mit Gastronomiebetrieb. Die vorhandenen Zimmer seien renoviert und saniert worden. Durch die beantragte Genehmigung zusätzlicher Bullenmastplätze sähen sie ihre Existenz gefährdet.
13Genehmigungsrechtlich stellt sich das Anwesen C3. nach den von dem Beklagten überreichten Bauakten so dar: Am 22. September 1981 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht auf dem Grundstück Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 852 (E. Straße 40). In der genehmigten Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, der neue Stall sei für 50 Sauen eingerichtet. Für den Abferkelvorgang seien vier Abteile mit je acht Abferkelbuchten geplant. In den genehmigten Bauvorlagen heißt es zum maximal möglichen Viehbestand für den ersten Stallbereich: tragende Sauen 50 Stück, Jungsauen zwölf Stück, Zuchteber zwei Stück und für den zweiten Stallbereich: Zuchtsauen mit Ferkeln 32 Stück. Am 18. Mai 2004 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des Pensionsteils auf dem Grundstück E. Straße 40 als Nachtrag zu einem Bauschein vom 14. Juni 2002. Danach wurde das an den Stall angebaute Wohngebäude in einen Hotelbetrieb umgebaut. Zur Erläuterung dieses Bauvorhabens war ausgeführt worden, Herr C3. betreibe unter dem Stichwort „Urlaub auf dem Bauernhof“ im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs einen Pensionsbetrieb. Die Gästezimmer und Versorgungsräume sollten modernisiert und erweitert werden.
14Unter dem 3. November 2009 teilte die Bezirksregierung Detmold dem Beklagten mit, § 3 Nr. 2 des Kurortegesetzes NRW (KOG) fordere den Schutz des Kurgebiets, der Gesundheitseinrichtungen, des Erholungswerts und der therapeutischen Möglichkeiten vor schädlichen Einwirkungen. Vor diesem Hintergrund werde angeregt, im Genehmigungsverfahren für den geplanten Bullenmaststall alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Schutz des Kurgebiets zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass auch künftig die Voraussetzungen für das Prädikat „I2. “ und einen erfolgreichen Betrieb der Gesundheitseinrichtungen gegeben seien.
15Mit Schreiben vom 11. November 2009 teilte die Landwirtschaftskammer NRW dem Beklagten mit, dass die Beigeladene mit ihrem Ehemann in T. einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, auf dem 450 Mastbullen und 2.500 Mastschweine gehalten würden. Für diesen Betrieb könne nicht eingeschätzt werden, ob er rein landwirtschaftlich oder zum Teil gewerblich genutzt werde, da genaue Betriebsdaten fehlten. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass in I. ein eigenständiger Betrieb aufgebaut werden solle. Dabei würden die bisherigen Aussagen gelten, wenn gewährleistet sei, dass die Eigentumsflächen wieder in Eigenbewirtschaftung genommen würden und entsprechend Pachtflächen hinzu kämen. Um bei einer Bullenplatzzahl für 425 Tiere die überwiegende Futtergrundlage bereitstellen zu können, müssten knapp 40 ha landwirtschaftliche Fläche selbst bewirtschaftet werden. Diese Flächen reichten allerdings nicht, um die anfallenden organischen Dünger sinnvoll auszubringen. Es seien daher entsprechende Abnahmeverträge erforderlich. In ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 2009 ergänzte die Landwirtschaftskammer NRW, die Beigeladene habe die fehlende eigene Ausbringungsfläche kompensiert, indem sie den vorgelegten Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger abgeschlossen habe. Darüber würden so viel Nährstoffe abgegeben, dass die geforderte sinnvolle Ausbringung gewährleistet sei. Der Abnahmevertrag sei auf unbestimmte Zeit vereinbart, da mit der Beendigung der Flächenpachtverhältnisse mit dem noch nicht präzise festzulegenden Datum des Eintritts des Sohnes N. in den Betrieb auch der Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger beendet werden könne. Die in der Stellungnahme vom 11. November 2009 geforderten knapp 40 ha selbstbewirtschafteter Fläche seien nachgewiesen.
16Die Klägerinnen haben am 28. April 2010 Klage erhoben, die sie am 19. November 2010 auf die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 erstreckt haben. Die Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 31. März 2010 zugestellt, die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 am 21. Oktober 2010.
17Zur Begründung haben die Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen:
18Das Vorhaben der Beigeladenen sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Es fehle die hinreichende Futtergrundlage für eine Bullenhaltung mit 425 Mastplätzen. Dafür müsse die Beigeladene ca. 40 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. Nach den Bauantragsunterlagen verfüge der Betrieb der Beigeladenen zur Zeit aber nur über 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Die von der Beigeladenen erhoffte Flächenausweitung sei unklar und ungesichert. Des Weiteren würden die dem früheren Betrieb zugewiesenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und das Stallgebäude nicht von der Beigeladenen, sondern von einem Pächter genutzt, der außerdem einen weiteren Betrieb bewirtschafte. Das Wohngebäude werde von der Mutter der Beigeladenen bewohnt. Die Hofstelle sei keine geschlossene Betriebseinheit. Das Vorhaben weise nicht die notwendige Nachhaltigkeit auf. Der Hinweis, in Zukunft wolle der Sohn der Beigeladenen den Betrieb übernehmen, sei zu unspezifisch. Der vorlegte Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger gewährleiste in keiner Weise, dass der Wirtschaftsdünger durch den Abnehmer tatsächlich abgenommen werde. Unklar sei auch, für welchen Zeitraum dieser Vertrag geschlossen sein solle. Die Beigeladene habe nicht nachgewiesen, wie sie den anfallenden Wirtschaftsdünger entsorgen wolle. Dies sei aber auch für die Frage der Beurteilung der Geruchsimmissionen von entscheidender Bedeutung. Das Vorhaben sei mit Blick auf die Veränderungssperre für den Bereich des neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 „I2. P1. “ nicht mehr genehmigungsfähig. Das Vorhaben der Beigeladenen lasse sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vereinbaren. Dieser stelle die Kurklinik als Kurgebiet dar. Das genehmigte Vorhaben rufe in Bezug auf den Kurbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen in der Gestalt von Geruchsimmissionen hervor. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten M3. sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Der von dem Gutachter angesetzte Immissionswert von 0,06/6 % der Jahresstunden sei zu hoch. Die Kurklinik sei von einem Kurpark umgeben. Dieser diene dem Aufenthalt von Menschen und sei schutzwürdig. Die Klinik werde erheblich nachteilig betroffen. Die zu erwartenden erheblichen Geruchsimmissionen würden unmittelbaren Einfluss auf die Zufriedenheit der Kurgäste und damit den Erholungswert haben, den die Kurklinik bieten könne. Dies werde den wirtschaftlichen Erfolg des Kurbetriebs negativ beeinflussen. Der angesetzte Immissionswert werde auch nach den neueren Berechnungen des Gutachters eindeutig überschritten. Im Kurgebiet selbst würden - gerade in den Bereichen, die von den Kurgästen zur Erholung genutzt werden - Geruchsstundenhäufigkeiten von über 0,20/20 % prognostiziert. Im Bereich der Kurklinik betrage die Geruchsstundenhäufigkeit immer noch 0,03/3 % bis 0,06/6 % der Jahresstunden. Das Gutachten M3. mache zum Weiteren keine Angaben dazu, in welcher Form die Bullenmast betrieben werden solle und wie alt die aufgestallten Tiere seien. Er habe andere relevante Emissionsquellen nicht bzw. nicht richtig berücksichtigt. Bei der Pferdepension X3. bleibe unklar, wie viele Pferde auf der Hofstelle aufgrund der einschlägigen Baugenehmigung gehalten werden dürften. Auch für die Hofstelle C3. sei nicht geprüft worden, ob aufgrund von Baugenehmigungen Tierhaltung zulässig sei. Für die richtige Berechnung der Vorbelastung sei allein entscheidend, in welchem Umfang der jeweilige landwirtschaftliche Betrieb Immissionen erzeugen dürfe. Der Umstand, dass auf dem Hof C3. noch eine Pension betrieben werde, besage nichts darüber, in welchem Ausmaß die Schweinehaltung Immissionen erzeuge. Der Gutachter M3. gebe an, auf der Hofstelle C3. würden 160 Zuchtsauen und Ferkel gehalten. Im Gutachten gehe er von lediglich 60 Sauen und 100 Abferkelbuchten aus. In einem Sauenbetrieb seien aber auch die Plätze für Jungsauen, die Ferkelaufzuchtplätze sowie die Eberplätze zu berücksichtigen. Dies sei nicht geschehen. Die angesetzte Bodenrauhigkeit von 0,05 m werde von dem Gutachter M3. nicht weiter erläutert. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Bodenverhältnisse hätte ein Wert von 0,20 m zugrunde gelegt werden müssen. Für die Silage und die Mistplatte hätte ein Hedonikfaktor von 1,0 angesetzt werden müssen. Die neuen Fahrsilos habe das Gutachten bei der Ermittlung der Immission nicht berücksichtigt. Es sei unklar, ob und inwieweit der Gutachter die Güllelagerung berücksichtigt habe. Die Wetterdaten der Station P2. seien auf den Vorhabenstandort nicht übertragbar. Die Anemometerhöhe sei unzutreffend angegeben worden. Das LANUV NRW sei in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass der größte Teil ihrer, der Klägerinnen, Argumente zutreffend sei. Die ergänzende Stellungnahme vom 5. August 2010 sei nicht geeignet, die Einwände auszuräumen. Dazu werde auf eine geruchstechnische Stellungnahme des Sachverständigenbüros S. und I. vom 19. November 2010 verwiesen. Diese Stellungnahme weise nach, dass die Ausführungen des Gutachters M3. im Hinblick auf die Rauhigkeit, den Gewichtungsfaktor für Silage und Mistplatte, die Wetterdaten sowie die Anemometerhöhe der Wetterstation P2. nach wie vor fehlerhaft seien. Die weitere gutachterliche Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 bestätige die Fehlerhaftigkeit der Geruchsimmissionsprognose M3. .
19Die Klägerinnen haben in der Sache beantragt,
20die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte hat im Kern dies vorgetragen: Das genehmigte Vorhaben diene einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Dies habe die Landwirtschaftskammer NRW in ihren Stellungnahmen bestätigt und ergebe sich auch aus den Angaben der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Klägerinnen liege nicht vor. Dies stellten u. a. die Nebenbestimmungen UWS 1 und UWS 2 hinsichtlich der Fahrsilos sicher. Das Geruchsgutachten M3. sei plausibel. Der Gutachter habe die Geruchsvorbelastung durch die Hofstelle C3. nicht unterschätzt. Diese liege auf der sicheren Seite. In den Bauakten zur Hofstelle C3. zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht aus dem Jahr 1981 - dem letzten genehmigten Bauvorhaben zur Tierhaltung auf der Hofstelle - werde ein etwas kleinerer Tierbestand als künftiger Zielbestand angegeben. Der Eigentümer der Hofstelle habe in einem bei dem Beklagten anhängigen Baugenehmigungsverfahren in seiner Betriebsbeschreibung vom 29. November 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück angegeben, der nicht weiter gesteigert werden solle. Zu der ergänzenden Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 sei anzumerken, dass der auf der Hofstelle C3. maximal mögliche Schweinebestand durch die Gesamtgröße der Stallungen, die vorhandenen Güllekapazitäten sowie tierschutzrechtliche Anforderungen begrenzt werde. Anhaltspunkte dafür, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden oder zukünftig gehalten werden könnten, lägen nicht vor. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung habe das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln gemeldet. Hinzu komme, dass auf der Hofstelle eine Pension betrieben werde, deren Erweiterung im Jahre 2002 genehmigt worden sei. In der Beschreibung dieser Baumaßnahme sei ausgeführt worden, es sei dazu erforderlich, den landwirtschaftlichen Teil geringfügig einzuschränken und den Übernachtungs- und Beherbergungsteil auszubauen.
24Die Beigeladene hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt. Sie hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
25Der Beklagte und die Beigeladene haben sich zudem auf ergänzende Stellungnahmen des Gutachters M3. berufen. Unter dem 24. Dezember 2010 führte der Gutachter M3. - veranlasst durch die Stellungnahme von S. und I. vom 19. November 2010 - aus, die Rauhigkeitslänge der Geländeoberfläche betrage im maßgeblichen Bereich eindeutig 0,05 m. Für den landwirtschaftlichen Betrieb C3. habe er insgesamt 160 Sauenplätze zugrunde gelegt. Diese Angabe stamme von Herrn C3. persönlich. Eine Überprüfung vor Ort habe nicht stattgefunden. In der Nachbetrachtung der geruchstechnischen Untersuchung seien alle Quellen der Hofstelle der Beigeladenen den Vorgaben des LANUV NRW entsprechend mit einem Gewichtungsfaktor f = 1,0 (bzw. ohne Gewichtungsfaktor) gerechnet worden. Zur Fütterung der Tiere werde aus vielerlei Gründen grundsätzlich nur eines der Fahrsilos mit Maissilage angeschnitten. Dies sei entweder das bestehende oder das neue Fahrsilo. Nur die Anschnittfläche des Fahrsilos stelle eine relevante Geruchsquelle dar. Die Verwendung der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. sei mit dem Beklagten abgesprochen. Die Anemometerhöhe von 10,3 m habe AUSTAL 2000 standardmäßig festgelegt. Das LANUV NRW habe dies als plausibel eingestuft.
26In einer weiteren ergänzenden Geruchsimmissionsberechnung vom 25. September 2011 ging der Gutachter M3. auf die Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 ein: Weiterhin bestünden keine Zweifel an der verwendeten Rauhigkeitslänge. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand seien die Wetterdaten der Station P2. für den Vorhabenstandort repräsentativ. Im Übrigen wiesen die Windrosen der Wetterstationen P2. , C2. T. und E1. hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung keine signifikanten Abweichungen auf. Unter Einbeziehung folgender Randbedingungen sei eine erneute Ausbreitungsrechnung durchgeführt worden: aktives Fahrsilo im südlichen Hofbereich, Rauhigkeitslänge 0,20 m und Anemometerhöhe 19,20 m. Ergebnis dessen ist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung bis zu einem Immissionswert von 0,05/5 % und für das Flurstück 139/46 südlich der Straße Auf dem C1. - den M. - eine Geruchsbelastung von im Wesentlichen bis zu 0,10/10 %. Lediglich in der äußersten südwestlichen Ecke dieses Flurstücks soll sich die Geruchsimmissionsbelastung auf voraussichtlich maximal 0,12/12 % belaufen.
27Mit Urteil vom 4. Oktober 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerinnen sei nicht festzustellen. Schädliche Umwelteinwirkungen infolge der genehmigten Erweiterung der Bullenmast seien für das Betriebsgrundstück des Kurbetriebs nicht zu erwarten. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsgutachtens sei davon auszugehen, dass im Bereich des Kurbetriebsgebäudes einschließlich des umgebenden Kurparks nördlich der Straße Auf dem C1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von maximal 0,06/6 % sowie im Bereich des südlichen Kurparks - mit Ausnahme einer stärker belasteten Teilfläche geringfügigen Ausmaßes - von maximal 0,10/10 % zu erwarten sei. Die zugrunde liegende Ausbreitungsberechnung werde durch die Einwendungen der Klägerinnen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es sei zu berücksichtigen, dass die Parkanlage südlich der Straße Auf dem C1. ersichtlich nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen diene. Der Aufenthalt der Kurgäste in der Kurklinik dürfte sich im Regelfall auf wenige Wochen beschränken, derjenige im Kurpark auf wenige Stunden am Tag. Es sei zu beachten, dass die nördlich der Straße gelegenen Kurparkflächen eine deutlich geringere Immissionsbelastung aufwiesen. Es sei kein Bedürfnis vorhanden, diese Außenfläche mit einem höheren Schutzanspruch gegen Geruchsbelastung auszustatten als Wohngebiete, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt seien.
28Mit Beschluss vom 9. August 2012 hat der Senat die Berufungen der Klägerinnen zugelassen.
29Am 18. September 2012 hat der Berichterstatter des Senats - wie schon angesprochen - die Kurklinik, ihre Umgebung, das Vorhabengrundstück und den Weg von der Kurklinik zu dem Vorhabengrundstück in Augenschein genommen. Im Zuge der anschließenden Erörterung hat der Berichterstatter den Geruchsgutachter der Beigeladenen, Herrn Dipl.-Ing. M3. , zu seiner Ausbreitungsrechnung befragt. Wegen der Einzelheiten des Ortstermins und der Erörterung wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die gefertigten Lichtbilder verwiesen.
30Im Nachgang zu dem Ortstermin ergänzte die Beigeladene ihre Geruchsimmissionsprognostik bzw. rechnete sie am 20. September 2012 neu. Absprachegemäß legte sie dabei die Wetterdaten der Station C2. T. zugrunde, obwohl dies nach ihrer Auffassung wegen des zu hohen Schwachwindanteils von über 20 % fachlich nicht zulässig sei. Ein Vergleich dieser Berechnung mit den vorangegangenen auf der Grundlage von Daten der Wetterstationen P2. (Ergänzung vom 5. August 2010) und E1. (Stellungnahme vom 20. Juli 2011) lasse aber erkennen - so die Beigeladene -, dass in den Beurteilungsflächen im Bereich der Kurklinik der Immissionswert von 0,06/6 % nicht überschritten werde. Die farbige Rasterkarte vom 20. September 2012 zeigt für den südlichen Teil des M1. eine Geruchsbelastung zwischen 0,10/10 % und 0,14/14 % und bezogen auf den Kurgarten auf dem Flurstück 937 überwiegend bis zu 0,06/6 %. Lediglich ein schmaler Streifen des Kurgartens ist danach mit 0,07/ 7 % beaufschlagt.
31Die Klägerinnen treten der ergänzenden Geruchimmissionsprognose vom 20. September 2012 zu Beginn des Berufungsverfahrens entgegen: Der Geruchsgutachter äußere sich nicht zur Übertragbarkeit der Wetterdaten der Station C2. T. auf den Vorhabenstandort. Die Berechnung sei tatsächlich wegen des zu hohen Schwachwindanteils fehlerhaft. Eine im Auftrag der Klägerinnen erstellte Übertragbarkeitsstudie der Firma B. vom 13. November 2012 besage, dass die Wetterdaten der Station M. auf den Vorhabenstandort am Besten übertragbar seien. Eine Berechnung auf der Basis dieser Daten liege nicht vor. In der Studie von B. heißt es außerdem, eine Immissionsrelevanz von Kaltluftströmungen könne am Vorhabenstandort nicht ausgeschlossen werden. Die Auswertung des Kaltlufteinflusses zeige jedoch, dass die Bereiche in südwestlichen und nordöstlichen Quadranten überwiegend positiven Einfluss während einer Kaltluftsituation erführen. Die sich dabei einstellende Strömungssituation erzeugt demnach niedrigere Immissionen. Für den Standort der Klägerinnen ergebe sich, dass Kaltluftsituationen aus Richtung des Vorhabenstandorts keine Problemsituation erzeugten.
32Mit Verfügung vom 29. November 2012 hat der Senat das LANUV NRW darum gebeten, alle im Lauf des Verfahrens eingereichten Geruchsgutachten und Stellungnahmen auf ihre Plausibilität zu überprüfen sowie zu allen aufgeworfenen geruchsimmissionstechnischen Fragen Stellung zu nehmen. In seiner fachbehördlichen Stellungnahme vom 18. Juni 2013 hat das LANUV NRW ausgeführt, die von dem Gutachter M3. verwendete Rauhigkeitslänge von 0,05 m müsse aus heutiger Sicht hinterfragt werden. Inzwischen empfehle das LANUV NRW, die im Corine-Kataster hinterlegten Rauhigkeitslängen mit den Landnutzungen vor Ort abzugleichen und, wenn die Angaben im Corine-Kataster von der tatsächlichen, kleinräumigen Landnutzung vor Ort abwichen, die mittlere Rauhigkeitslänge direkt aus den vor Ort vorhandenen Landnutzungen und deren Flächenanteil zu bestimmen. Im Umfeld der streitgegenständlichen Anlage befänden sich sowohl Gebäude als auch ein mit Bäumen bewachsener Teilbereich, so dass dieser eine höhere Rauhigkeitslänge habe als 0,05 m. Aus heutiger Sicht sei ggf. eine Korrektur der automatisch ermittelten Rauhigkeitslänge durchzuführen. Aus Sicht des LANUV NRW seien die meteorologischen Daten der Station M. für die Ausbreitungsrechnung zu verwenden. Zudem seien die weiteren Hinweise aus der plausiblen Übertragbarkeitsprüfung der Firma B. vom 13. November 2012 zu verwenden. Was die Frage der Gesamtvorbelastung angehe, zeigten Erfahrungen aus dem Bereich der Geruchsimmissionsmessung, dass bei Vorliegen von Geruchsimmissionen aus unterschiedlichen Tierhaltungen bei den jeweiligen Messtakten (alle 10 Sekunden) weit überwiegend eine Geruchsqualität/Geruchsart eindeutig erkannt werde. Das heiße z. B. bei Geruchsimmissionen aus Rinder- und Schweinehaltungen aus der gleichen Einwirkungsrichtung würden am Immissionsort entweder Rinder- oder Schweinehaltungsgerüche erkannt. Innerhalb eines Messinterwalls (10 Minuten, 60 Einzelmessungen) könne es vorkommen, dass sowohl Messtakte mit Schweine- als auch mit Rinderhaltungsgerüche aufträten. Mischgerüche, also Geruchserkennungen, die aufgrund der Geruchsqualität noch eindeutig einer Tierhaltungsanlage zugeordnet werden könnten, aber nicht eindeutig einer bestimmten Tierart, träten kaum auf. Mit den u. a. im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur GIRL 2008 „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ durchgeführten Ausbreitungsrechnungen mit dem im Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Partikelmodell habe demonstriert werden können, dass mit diesem sowohl die Gesamtbelastung als auch die Anteile unterschiedlicher Geruchsarten (Schweine-/Rinder-/Geflügelhaltung) gut beschrieben werden könnten.
33Auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 18. Juni 2013 reagierte die Beigeladene mit einem weiteren ergänzenden Geruchsgutachten M3. vom 23. August 2013, das jetzt auf den Wetterdaten der Station M. inklusive der quantifizierten Kaltlufteinflüsse gemäß dem B. -Gutachten vom 13. November 2012 fuße. Im Geruchsgutachten vom 23. August 2013 wird ausgeführt, dass die ergänzenden Anregungen des M1. NRW vom 18. Juni 2013 bei der erneuten Ausbreitungsrechnung Berücksichtigung gefunden hätten. Es sei eine korrigierte Rauhigkeitslänge von 0,20 m verwendet worden. Die Emissionsdaten (Geruchsstofffracht, Quellengeometrie etc.) blieben gegenüber den bisherigen Berechnungen unverändert. Im Ergebnis sei zu erkennen, dass die Häufigkeiten der belästigungsrelevanten Kenngrößen der gesamten Geruchsbelastung selbst unter Einbeziehung möglicher Kaltluftabflüsse im Bereich des Kurgebiets abnähmen, wenn man die Wetterdaten der Station M. heranziehe. Die Darstellung der Geruchsbelastung vom 23. August 2013 weist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) einen Wert von höchstens 0,05/5 % aus sowie für den M. (Flurstück 139/46) südlich der Straße Auf dem C1. einen Höchstwert von 0,06/6 % in dessen äußerstem südwestlichen Bereich. Im Übrigen fällt die errechnete Geruchsbelastung niedriger aus.
34Auch zu der letzten Prognose M3. vom 23. August 2013 hat das M1. NRW auf Bitte des Senats Stellung genommen. Unter dem 11. November 2013 hat es als Fazit mitgeteilt, die Änderungen in der vorgelegten Ergänzung des Gutachtens vom 23. August 2013 - Rauhigkeitslänge 0,20 m, Daten der Wetterstation M. , Einfluss von Kaltluftabflüssen - in Verbindung mit der Übermittlung weiterer Informationen des Gutachters vom 7. November 2013 seien plausibel. Damit seien die in der vorigen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 aufgeworfenen Punkte geklärt. Die Fragen zur Erläuterung der Anemometerhöhe hätten zu einer neuen Berechnung durch den Gutachter - mit einer plausiblen Anemometerhöhe von 4,30 m - geführt. Diese Neuberechnung zeigt eine Geruchsbelastung von Kurklinik und Kurgarten auf dem Flurstück 937 von maximal 0,03/3 % und im M. (Flurstück 139/46) von höchstens 0,04/4 % in dessen äußerstem südwestlichen Winkel. Die Ergebnisse der neuen Berechnungen wichen - so das M1. NRW - deutlich von den bisherigen ab. Sie führten zu deutlich geringeren Immissionshäufigkeiten im Umfeld der Anlage. Sie sollten bei der Bewertung der Gesamtsituation berücksichtigt werden.
35Zur Begründung ihrer Berufungen wiederholen und vertiefen die Klägerinnen im Kern ihr erstinstanzliches Vorbringen. Gemäß den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL dürfe in Kurgebieten in der Regel der Wert von 0,06/6 % nicht überschritten werden. Dies gelte insbesondere in Luftkurorten. Vorliegend habe eine Einzelfallprüfung nach Nr. 5 GIRL zu erfolgen. Der Immissionswert von 0,06/6 % gelte auch für den M. . Das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich des M1. nicht hinreichend mit dem Sinn und Zweck eines Kuraufenthalts auseinander gesetzt. Diejenigen Personen, die sich in die Kurklinik der Klägerinnen begäben, seien gesundheitlich - zum Teil extrem - geschwächt. Sinn des Kuraufenthalts sei, eine Rehabilitation durchzuführen und dadurch die gesundheitliche Situation insgesamt zu verbessern. Neben den einzelnen medizinisch veranlassten Kuranwendungen solle gerade das Umfeld, in dem sich die Kurgäste aufhielten, sicherstellen, dass der Erholungsprozess gefördert werde. Aus diesem Grund gebe es den Kurpark, der die Kurgäste zum Aufenthalt und zur Bewegung an der frischen Luft animieren solle. Dieser Zweck werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Aufenthalt im Kurpark mit ekelerregenden Gerüchen verbunden sei. Dies führe sowohl zu einer Verminderung des Kurerfolgs als auch zu einer erheblichen Verärgerung der Kurgäste. Dies wiederum wirke sich negativ auf das Kurangebot aus. Die Klägerinnen müssten befürchten, dass ihr Kurangebot infolgedessen weniger nachgefragt werde oder dass die Kurgäste sich beispielsweise bei Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern über die Geruchsbelästigungen beschwerten. Dies könne zu einer Existenzgefährdung des Kurbetriebs führen. Da die Kurgäste sich jeweils nur für wenige Wochen in der Kurklinik aufhielten, sei es durchaus wahrscheinlich, dass ein Teil der Kurgäste aufgrund der bestehenden Windverhältnisse während des gesamten Kuraufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen sei. Daher sei der Hinweis auf den statistischen Jahreswert für Wohngebiete unangebracht. In Wohngebieten seien die betroffenen Personen während des gesamten Jahres der Möglichkeit von Geruchsimmissionen ausgesetzt, so dass ein statistischer Jahreswert angemessen sei, um die Zumutbarkeit der Immissionen zu überprüfen. Bei Kurgästen greife dieser statistische Ansatz nicht. Rein statistisch betrachtet würde der Ansatz eines Grenzwerts von 0,06/6 % der Jahresstunden bedeuten, dass es in der Kurklinik jeden Tag ca. 1,5 Stunden nach Tierexkrementen stinke. Dies sei für den Betrieb einer Kurklinik völlig unzumutbar. Diese Unzumutbarkeit steigere sich noch, wenn sich die Verteilung der Geruchsstunden aufgrund der Windverhältnisse anders darstelle. Gerade in den Sommermonaten müssten die Klägerinnen befürchten, dass in dem Klinikgebäude insbesondere auch in den Nachtstunden, wenn die Kurgäste nach Ruhe suchten, mehrere Stunden Gerüche nach Tierexkrementen aufträten. Aber auch sonst sei die Einzelfallabwägung des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass der Beklagte die Kurklinik und den Kurpark baurechtlich genehmigt habe, bleibe unerwähnt. Die Klägerinnen seien deswegen schutzwürdig, auch wenn das Gebiet nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen sei, sondern im Außenbereich liege. Jedenfalls gebe es eine entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan. Das jahrzehntelange Nebeneinander der Kurklinik und landwirtschaftlichen Nutzungen sage nichts darüber aus, ob die zu erwartende Zusatzbelastung zumutbar sei. Dieses Nebeneinander habe sich bislang in der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ausgedrückt. Die Geruchsimmissionen, die von diesen landwirtschaftlichen Flächen ausgingen, seien jedoch gering. Anders sehe es aus, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb im Rahmen einer Massentierhaltung ständig Gerüche emittiere. Das Vorhaben der Beigeladenen habe im Hinblick auf die Geruchsbelastung eine andere Dimension. Dadurch erhöhe sich das Risiko der Kurgäste, während ihres Aufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen zu werden. Man dürfe auch nicht von einem einheitlichen Begriff der Landwirtschaft ausgehen. Vorliegend sei die Errichtung einer Anlage für die Massentierhaltung geplant. Die Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. sei unterschätzt worden. Der Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass in dem Altgebäude auf der Hofstelle, für das keine Genehmigungsunterlagen vorlägen, nicht mehr als 96 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten werden könnten. Der Beklagte trage insoweit lediglich vor, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten worden seien oder zukünftig gehalten werden könnten. Dies reiche nicht aus, um nachvollziehbar darzulegen, in welchem Umfang auf der Hofstelle C3. die Haltung von Sauen mit Ferkeln baurechtlich zulässig sei. Unklar bleibe ferner, wie der Beklagte bzw. der Geruchsgutachter der Beigeladenen das Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln bestimmt habe. Die fachbehördlichen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 belege, dass das bereits mehrfach nachgebesserte Geruchsgutachten M3. nicht den rechtlichen Anforderungen entspreche.
36Die Klägerinnen beantragen,
37das angefochtene Urteil zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Er trägt im Grundzug ergänzend vor, das Verwaltungsgericht habe das Geruchsschutzniveau des Kurbetriebs zutreffend bestimmt. Dieser liege im Außenbereich. Die Darstellung im Flächennutzungsplan ändere daran nichts. Ein Kurpark südlich der Straße Auf dem C1. sei baurechtlich nicht genehmigt. Nachfragen bei der Landschafts- und Wasserbehörde hätten keine Hinweise auf eine entsprechende Genehmigung erbracht. Vielmehr sei davon auszugehen, dass diese Fläche in der Vergangenheit schleichend von einer landwirtschaftlichen Nutzfläche hin zu einer Parkanlage entwickelt worden sei. Das Flurstück 139/46 stehe ohnehin nicht im Eigentum der Klägerinnen, sondern von Herrn G. I1. . Dies mache es auch fraglich, ob die Klägerinnen für dieses Grundstück eigene Schutzansprüche reklamieren könnten. Jedenfalls diene dieses Grundstück ersichtlich nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen. Davon abgesehen liege der eigentliche Kurpark C2. I. mit dem Haus des Gastes am Westrand von C2. I. und werde von dem Vorhaben nicht berührt. Die Klägerinnen stellten die bisherige Geruchsbelastung des Kurbetriebs unrichtig dar. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Umgebung der Kurklinik werde seit Jahrzehnten mehrfach im Jahr Gülle aufgebracht. Die Möglichkeit der Gülleaufbringung unterliege keinerlei Beschränkungen. Hinzu kämen die Geruchsimmissionen durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. . Rein statistisch bedeute die Vorbelastung von 0,02/2 % bis 0,03/3 % der Jahresstunden, dass es schon heute an der Kurklinik 45 Minuten pro Tag rieche. Damit müssten die Kurgäste rechnen und es akzeptieren. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ausschließlich die Häufigkeit und Intensität von Geruchsimmissionen quasi monokausal über den Erfolg einer Kur und im Ergebnis über die wirtschaftliche Existenz eines Kurbetriebs entscheide. Das Umfeld einer Kurklinik sei nur ein Faktor von vielen. Anhand der Bauakten könne sicher ausgeschlossen werden, dass auf der Hofstelle C3. jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden. Hinsichtlich möglicher Verschiebungen im Verhältnis der Sauen mit Ferkeln zu Zucht- oder Jungsauen ergebe sich keine andere Beurteilung, weil der Geruchsgutachter M3. hierzu einen sicheren Ansatz gewählt habe. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 betrage das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtige die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1. Die letzten Stellungnahmen des M1. NRW und Nachberechnungen des Gutachters M3. schlössen eine unzumutbare Geruchsbeeinträchtigung des Kurbetriebs hinreichend sicher aus.
41Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Sie schließt sich in den Grundzügen den Ausführungen des Beklagten an. Ergänzend trägt sie vor, ihr Sohn N. habe bei dem Berufswettbewerb der Deutschen Landjugend den fünften Platz errungen. Er benötige endlich eine sichere Betriebsperspektive auf dem familieneigenen Hof. Die Hofstelle C3. sei in den letzten Jahren nicht weiter entwickelt, sondern zunehmend zu einem Hotelbetrieb umgebaut worden. Eine der beiden Töchter des Betriebsleiters absolviere eine hotelfachliche Ausbildung mit dem Ziel, den elterlichen Hotelbetrieb zu übernehmen.
44In der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2013 sind Herr G. H. als Vertreter des M1. NRW und Herr Dipl.-Ing. M3. zugegen gewesen. Sie haben sich zu aufgeworfenen Fragen der Geruchsimmissionsprognostik geäußert. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung beantragt, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Der Senat hat den Beweisantrag durch Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beweisantrag sei zum einen unbestimmt und auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Weder gebe der Beweisantrag an, wie er die Drei‑Wochen‑Zeiträume im Einzelnen bestimmen wolle noch bestehe nach den vorliegenden Geruchsgutachten ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass unmittelbar am Kurklinikgebäude unzumutbare Geruchsimmissionen aufträten. Insoweit seien die vorliegenden Gutachten ausreichend zur Beurteilung der anstehenden (rechtlichen) Fragestellungen. Zum anderen sei der Beweisantrag unschlüssig. Einerseits bestehe er auf dem auf das Jahr gemittelten Richtwert von 6 %, andererseits will er sich von der statistisch-mittelnden Jahresbetrachtung der GIRL lösen.
45Wegen der weiteren Einzelzeiten des Sach- und Streitstands und der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
47Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg.
48Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
49Dabei mag dahinstehen, ob auch die Klage der Klägerin zu 2. zulässig ist (dazu I.). Jedenfalls sind die Klagen unbegründet (dazu II).
50I. Die Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig. Sie ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, weil sie Eigentümerin des zu dem Kurbetrieb gehörenden Flurstücks 937 (Kurklinik mit Kurgarten) ist. Als solche kann sie geltend machen, dass die angefochtenen Baugenehmigungen sie in ihrem Recht aus § 35 Abs. 3 Satz 1Nr. 3 BauGB in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme verletzen könnten. Demgegenüber gelangte man zu einer Klagebefugnis der Klägerin zu 2., die weder Eigentümerin des Flurstücks 937 noch des Flurstücks 139/46 (M. ) ist, das Herrn G. I1. , einem der Geschäftsführer der Klägerinnen, persönlich gehört, nur nach einer erweiternden Interpretation der baurechtlichen Klagebefugnis im Einzelfall.
51Der nachbarschützende Gehalt bauplanungsrechtlicher Normen, ihr Schutzumfang, beschränkt sich prinzipiell nur auf die Eigentümer der Nachbargrundstücke oder die in ähnlicher Weise an ihnen dinglich Berechtigten. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet, hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht. Dies gilt auch dann, wenn Grundstückseigentümer und obligatorisch Berechtigter eine betriebliche Einheit bilden. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die mit dem Grundstück verknüpften Nachbarrechte nicht zum Vermögensbestand des Gewerbebetriebs eines mit dem Grundstück nur obligatorisch verbundenen Nutzers gehören.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 1989 - 4 B 33.89 -, BRS 49 Nr. 185 = juris Rn. 4, m. w. N.
53Bleibt man dabei stehen, fehlt der Klägerin zu 2. die Klagebefugnis und fällt das Flurstück 139/46 als wehrfähige Anspruchsposition aus. Demzufolge könnten sich beide Klägerinnen - die Klägerin zu 1. ist lediglich Eigentümerin des Flurstücks 937 mit Kurklinik und Kurgarten - auf den Grad der Geruchsbelastung des M1. nicht berufen. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführten engen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen den Klägerinnen und ihren Geschäftsführern sind unbeachtlich. Derartige zivilrechtliche Konstruktionen modifizieren anspruchsfähige öffentlich-rechtliche Abwehrrechte des Baurechts gerade nicht. Diese bleiben strikt dinglich fundiert.
54Allein wenn man den baurechtlichen und den weiteren immissionsschutzrechtlichen Nachbarbegriff,
55vgl. zu diesem BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50.78 -, DVBl. 1983, 183 = juris Rn. 12 f.; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.NE -, juris Rn. 33,
56für den vorliegenden Einzelfall verschränkte, ließe sich eine Klagebefugnis der Klägerin zu 2. (auch) hinsichtlich des Flurstücks 139/46 vertreten. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung.
57II. Denn die Klagen sind - jedenfalls - unbegründet.
58Die angefochtenen (Teil-)Baugenehmigungen vom 29. Dezember 2009 und vom 6. Oktober 2010 verletzen die Klägerinnen - auch bei Einbeziehung einer wehrfähigen Anspruchsposition aus dem Flurstück 139/46 (M. ) in die Sachprüfung - nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
591. Die Klägerinnen haben gegen den genehmigten Bullenmaststall keinen Gebietsgewährleistungsanspruch. Einen solchen gibt es im Außenbereich nicht,
60vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1999 - 4 B 38.99 -, BRS 62 Nr. 189 = juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 13, und vom 3. Mai 2012 - 2 B 503/12 -, S. 3 f. des amtlichen Umdrucks,
61so dass es insofern nachbarrechtlich ohne Belang ist, ob das Vorhaben der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert oder ansonsten gemäß § 35 BauGB objektiv-rechtlich zulässig ist.
62Auch die am 26. Mai 2010 in Kraft getretene - im Juni 2012 verlängerte und zwischenzeitlich außer Kraft getretene - Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ der Stadt Q. P. gewährt(e) den Klägerinnen für sich genommen kein subjektives Abwehrrecht. Davon abgesehen konnte die Veränderungssperre auf den Erfolg der Nachbarklage sowieso keinen Einfluss haben, weil für die Prüfung eines nachbarrechtlichen Aufhebungsanspruchs die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblich ist. Nachträgliche Änderungen sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie für den Bauherrn günstig sind.
63Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BRS 60 Nr. 178 = juris Rn. 3, und vom 22. April 1996 - 4 B 54.96 -, BRS 58 Nr. 157 = juris Rn. 4.
64Dies trifft auf die Veränderungssperre nicht zu, die nach Maßgabe des § 14Abs. 1 BauGB ein Bau- und Veränderungsverbot zur Folge hat(te).
652. Die Baugenehmigungen verstoßen nicht zum Nachteil der Klägerinnen gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Der genehmigte Bullenmaststall mit insgesamt 425 Plätzen wird voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Geruchsimmissionen in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen hervorrufen. Dies gilt sowohl für das Flurstück 937 - die Kurklinik mit dem Kurgarten - als auch für das Flurstück 139/46 - den M. -. Die Kurklinik mit dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 kann grundsätzlich das Geruchsschutzniveau eines Immissionswerts von 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für sich in Anspruch nehmen. Dieses nimmt allerdings im Bereich des M1. auf dem Flurstück 139/46 mit zunehmender Entfernung zur Kurklinik auf etwa 0,10/10 % ab. (dazu a). Diese Immissionswerte werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich eingehalten (dazu b).
66a) Der für den Kurbetrieb der Klägerinnen anzusetzende Geruchsimmissionswert beträgt im Ausgangspunkt 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für Kurklinik und Kurgarten mit der Möglichkeit der Anhebung im Einzelfall (dazu aa). Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. verschlechtert er sich schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % ebenfalls mit einer einzelfallbezogenen Anhebungsmöglichkeit (dazu bb).
67aa) Die prinzipielle Vergabe des Immissionswerts von 0,06/6 % für die Kurklinik und den Kurgarten auf dem Flurstück 937 folgt der Empfehlung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL.
68Die Geruchsimmissionsrichtlinie entfaltet für das Gericht keine Bindungswirkung. Sie darf aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat. Demgemäß legt Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL in Tabelle 1 für verschiedene Nutzungsgebiete Immissionswerte für die Beurteilung von Geruchsimmissionen fest und bestimmt Nr. 3.1 Abs. 4 GIRL, dass Geruchsimmissionen in der Regel durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt werden. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist gemäß Nr. 3.1 Abs. 5 GIRL aber auch die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.
69Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, BRS 76 Nr. 191 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 39, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193 = juris Rn. 12 ff., vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -, juris Rn. 10, vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rn. 59, und vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, BRS 70 Nr. 172 = juris Rn. 12.
70Diesen Ansatz weiterverfolgend sieht Nr. 5 b) GIRL vor, dass für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, ein Vergleich der nach dieser Richtlinie zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten u. a. nicht ausreichend ist, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass wegen der außergewöhnlichen Verhältnisse hinsichtlich Hedonik und Intensität der Geruchswirkung, der ungewöhnlichen Nutzungen in dem betroffenen Gebiet oder sonstiger atypischer Verhältnisse trotz Einhaltung der Immissionswerte schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (z. B. Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche) oder trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten ist (z. B. bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche). In derartigen Fällen ist zu ermitteln, welche Geruchsimmissionen insgesamt auftreten können und welchen Anteil daran der Betrieb von Anlagen verursacht, die nach Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL zu betrachten sind. Anschließend ist zu beurteilen, ob die Geruchsimmissionen als erheblich anzusehen sind und ob die Anlagen hierzu relevant beitragen. Die Erheblichkeit - stellt Nr. 5 GIRL klar - ist keine absolut festliegende Größe. Sie kann in Einzelfällen nur durch Abwägung der dann bedeutsamen Umstande festgestellt werden. Dabei sind - unter Berücksichtigung der eventuell bisherigen Prägung eines Gebietes durch eine bereits vorhandene Geruchsbelastung (Ortsüblichkeit) - insbesondere folgende Beurteilungskriterien heranzuziehen: der Charakter der Umgebung, insbesondere die in Bebauungsplänen festgelegte Nutzung der Grundstücke, landes- oder fachplanerische Ausweisungen und vereinbarte oder angeordnete Nutzungsbeschränkungen, besondere Verhältnisse in der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Geruchseinwirkung sowie Art und Intensität der Geruchseinwirkung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die u. a. dazu führen kann, dass der Belästigte - etwa wegen Bestandsschutzes des Emittenten - in höherem Maß Geruchseinwirkungen hinnehmen muss.
71Der Sache nach sind diese - der in Rede stehenden Geruchsimmissionsbeurteilung angemessen flexiblen - Erwägungen zugleich Elemente der Zwischenwertbildung in Gemengelagen (Ortsüblichkeit, Priorität, Einzelfallumstände), fließen also bereits in die Findung des dort nach Lage der Dinge jeweils einschlägigen Immissionswerts ein.
72Vgl. zur Zwischenwertbildung bei Geruchsimmissionen: BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 7 B 4.10 -, BauR 2011, 1304 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012
73- 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 43 ff.
74Die Besonderheit bei der Beurteilung von Kurgebieten greifen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL auf und geben dafür typisierende, die Zwischenwertbildung gewissermaßen pauschal vorwegnehmende bzw. vorgezogen feinsteuernde Empfehlungen: Demzufolge gelten für Kurgebiete andere Kriterien als die Immissionswerte für in der GIRL ausdrücklich genannte Gebiete. Mindestens sind die Immissionswerte für Wohngebiete (0,10/10 %, Nr. 3.1 Abs. 1) zugrunde zu legen. Der Wert 0,06/6 % sollte - gerade in Luftkurorten - nicht überschritten werden.
75Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, sind diese Immissionswerte keinesfalls „gegriffen“. Sie gehen auf sachverständige Erhebungen und Gremienarbeit zurück und sind sowohl fachbehördlich als auch in der Rechtsprechung als Leitschnur akzeptiert. Herr H. vom M1. NRW hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dessen unbeschadet lässt der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vertretene Ansatz offen, ob er sich ganz oder doch nur teilweise und in welchen Fällen von der Systematik der GIRL entfernen will. Dann müsste er aber im Weiteren benennen, welche Maßstäbe er zur Geruchsbelästigungsbeurteilung fortan stattdessen heranziehen will, um insoweit konsistente, d. h. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB angemessene Ergebnisse zu erzielen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen indessen nicht konkretisiert.
76Ausgehend von den - somit auch hier Platz greifenden - Maßstäben der GIRL ist es nach deren Nr. 5 gerechtfertigt, der Kurklinik und dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 im Grundsatz den in den Auslegungshinweisen vorgeschlagenen Immissionswert 0,06/6 % zuzuerkennen. Es handelt sich um ein faktisches Kurgebiet, auf dem die Kurklinik seit sehr langer Zeit betrieben wird. Der Umstand, dass das Klinikgelände bis jetzt nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen ist, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Er wird durch die lange Dauer und die Etabliertheit des Klinikbetriebs sowie die Darstellung im Flächen-nutzungsplan als Sondergebiet „Kur“ und den Status als staatlich anerkanntes I2. kompensiert, das den Schutz von § 3 Nr. 2 KOG genießt. Auf diesen und die mit ihm verbundenen immissionsschutzrechtlichen Implikationen hat die Bezirksregierung E. den Beklagten mit Schreiben vom 3. November 2009 besonders hingewiesen.
77Die Vergabe eines noch besseren Geruchsschutzniveaus an das Flurstück 937 als den Wert von 0,06/6 % - der, wie gesagt, besser ist als der Wohngebietswert der Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL - ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls nicht veranlasst.
78Schon die Auslegungshinweise zu Nr. 5 sehen dies nicht vor. Vielmehr kennzeichnen sie den Immissionswert 0,06/6 % für Kurgebiete lediglich als Regelwert, der insbesondere für Luftkurorte gelten soll, d. h. für Orte, deren Luft und Klima laut einem Gutachten Eigenschaften aufweisen, die für Erholung und Gesundheit förderlich sind (vgl. § 11 in Verbindung mit § 3 Nr. 4 KOG). Dies rechtfertigt im Besonderen die Besserstellung gegenüber Wohngebieten. Eine - kurortegesetzliche - weitergehende Anerkennung als I2. - wie hier - führt entgegen der Annahme der Klägerinnen nicht regelhaft zu einem noch sensibleren Schutzniveau. Die zusätzlichen prägenden Besonderheiten, die § 4 KOG für die Anerkennung als I2. fordert, geben dafür - anders als vielleicht die prägenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Heilklimatischen Kurorts nach § 6 KOG - schon aus der allgemeinen Warte der Systematik des Kurortegesetzes NRW nichts her. Um so mehr gilt dies für wenigstens im Schwerpunkt orthopädisch ausgerichteten Therapiezentren wie der X. der Klägerinnen, die typischerweise nicht in gleichem Maß geruchsimmissionssensibel sind. Kurgäste in der orthopädischen Rehabilitation sind weniger auf von landwirtschaftlichen Gerüchen freie Luft offenkundig weniger angewiesen als etwa Atemwegspatienten. Im Gegenteil empfehlen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 ein Richtwertfenster, das sich zwischen 0,06/6 % auf der einen und dem Wohngebietswert 0,10/10 % auf der anderen Seite öffnet. Das heißt, der vorgeschlagene Immissionswert für Kurgebiete kann nach der Systematik der GIRL unter Umständen nach oben angehoben werden, um den Umständen des Einzelfalls - wiederum nach dem Gedanken der feindifferenzierenden Zwischenwertbildung bzw. Einzelfallbeurteilung - Genüge zu tun. Die Tatsache, dass sich Kurgäste regelmäßig nur für eine beschränkte Zeitdauer in einem Kurgebiet aufhalten und es daher sein kann, dass sie während ihres Aufenthalts überdurchschnittlich von Geruchsimmissionen betroffen sind, kann dabei als in der typisierenden Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL mitberücksichtigt gelten. Der auf einige Wochen oder wenige Monate begrenzte Kuraufenthalt ist der Regelfall. Diese Nutzungstypik gebietet für sich genommen keine Abweichung von der GIRL-immanenten statistischen, d. h. über das Jahr hinweg mittelnden Herangehensweise der Geruchsimmissionsbeurteilung. Dies erschließt sich auch daraus, dass es innerhalb eines Jahres genauso gut sein kann, dass manche Kurgäste während ihres Aufenthalts faktisch überhaupt nicht von Geruchsimmissionen betroffen sind. Im jährlichen Mittel gleichen sich diese potentiellen Ungleichheiten der Betroffenheit absehbar aus. Dies ist auch gerade der Sinn des statistischen Beurteilungsansatzes und seine innere Rechtfertigung.
79Auch aus diesen Gründen war der in der mündlichen Verhandlung von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gestellte Beweisantrag abzulehnen, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Wie der Senat in der Begründung der Ablehnung des Beweisantrags u. a. dargelegt hat, ist der Beweisantrag unbestimmt und unschlüssig, weil er einerseits ganz aus der Geruchsbeurteilungssystematik der GIRL herausgehen will, indem er Drei-Wochen-Zeiträume als neue Beurteilungszeiträume statuieren will, er andererseits aber bei dem Richtwert der 0,06/6 % verharrt, der auf die Jahresmittelung zugeschnitten ist. Herr H. , den der Senat vor der Entscheidung über den Beweisantrag gehört hat, ist ebenfalls dieser Ansicht gewesen. Zudem hat er - ebenso wie Herr Dipl.-Ing. M3. - Zweifel geäußert, ob die von den Klägerinnen begehrte zeitabschnittsweise Berechnung sich mit den zur Verfügung stehenden Berechnungsprogrammen und Emissionsdatensätzen überhaupt (aussagekräftig) leisten lässt. Die spezifischen betrieblichen Belange der Klägerinnen sind solchermaßen nicht über einen zusätzlichen Sachverständigenbeweis zu eruieren und zu bewerten, sondern tatrichterlich mit den Mitteln der (ergänzenden) Einzelfallbeurteilung. Diese ist nach dem oben Gesagten auch für die Berücksichtigung etwaiger tages- oder jahreszeitlicher Schwankungen der Geruchsbelastung geöffnet.
80Wendet man die besagten Kriterien der Zwischenwertbildung/Einzelfallbeurtei-lung auf den Fall der Klägerinnen an, ergibt sich, dass der grundsätzlich zugunsten des Flurstücks 937 anzusetzende Immissionswert von 0,06/6 % nach Lage der Dinge im begründeten Einzelfall anhebbar ist, soweit die Überschreitungen nicht über 0,02/2 % der Jahresstunden - den Irrelevanzwert der Nr. 3.3 GIRL - hinausgehen. Wie die Klägerinnen selbst sagen, ist der Kurbetrieb seit jeher mit landwirtschaftlichen Gerüchen beaufschlagt. Der Berichterstatter des Senats konnte sich im Ortstermin am 18. September 2012 davon überzeugen, dass der Kurbetrieb in eine von landwirtschaftlich bewirtschafteten Äckern und Feldern geprägte Nutzlandschaft eingebettet ist. Dieser Befund deckt sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Q. P. in diesem Bereich. Wegen dieses jahrelangen - gewissermaßen schon immer gegebenen - Nebeneinanders von Kurgebiet und Landwirtschaft kann keine der beiden Nutzungen als Akzeptor bzw. Geruchsemittent maximale geruchsimmissionsschutzrechtliche Positionen reklamieren. Wägt man den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL und § 3 Nr. 2 KOG zum Ausdruck gelangenden besonderen geruchsimmissionsschutzrechtlichen Schutz von Kurgebieten gegen das Zwischenwertpotential ab, das landwirtschaftliche Nutzungen auslösen - die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL sprechen davon, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls sei bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25/25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche gegenüber Wohnnutzungen heranzuziehen -,
81vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 45 ff.,
82kommt man zu der eben benannten Feindifferenzierung und leichten Flexibilisierung des Geruchsschutzniveaus von Kurklinik, Kurgarten und M. . Sie ist ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Nutzungen und bleibt für die Umstände des Einzelfalls auch noch auf der nachfolgenden konkreten Beurteilungsebene hinreichend offen.
83Die demnach auch in der vorliegenden Gemengelage „Kurgebiet versus Landwirtschaft“ Platz greifende gewisse geruchsimmissionsschutzrechtliche Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe kommt ohne Weiteres auch dem Vorhaben der Beigeladenen zugute. Es dient einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat zwar auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt von einer gewerblichen Tierhaltung der Beigeladenen gesprochen, aber nicht substantiiert, worauf er diese Einschätzung gründet.
84Die landwirtschaftliche Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet. Er erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und muss ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen sein. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d. h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist. Geht es um die Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs mit niedriger Rentabilität, hat die Gewinnerzielung einen geringeren Stellenwert als im Fall der beabsichtigten Neugründung einer Nebenerwerbsstelle.
85Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 7 f., m. w. N.
86Beständigkeit der Betätigung setzt voraus, dass der Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche dauerhaft gesichert ist. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt die für seine Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauernd zur Verfügung steht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs auch auf gepachteten Flächen gewährleistet sein kann. Liegen langfristige Pachtverhältnisse vor, kann davon ausgegangen werden, dass ein dauerhafter Zugriff auf die erforderlichen Flächen sichergestellt ist.
87Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 10, m. w. N.
88Wie § 201 BauGB es verlangt, gehört zum Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs darüber hinaus die „überwiegend eigene Futtergrundlage“.
89Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 1997 - 4 B 256.96 -, BRS 59 Nr. 85 = juris Rn. 4.
90Alle diese Merkmale werden von der Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen, wo die Erweiterung um den streitgegenständlichen Bullenmaststall stattfinden soll, erfüllt. Dies hat die Landwirtschaftskammer NRW im Baugenehmigungsverfahren mit Schreiben vom 11. November 2009 und vom 1. Dezember 2009 bestätigt. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Die derzeit von der Beigeladenen an einen anderen Landwirt verpachtete Hofstelle weist eine hinreichend spezifische betriebliche Organisation auf. Es findet dort auch gegenwärtig eine Bullenhaltung statt. Dies war auch schon so, bevor die Beigeladene den Hof von ihren Eltern - zuletzt durch Übergabevertrag mit ihrer Mutter - überantwortet bekam. Betriebsinhaber war bis 1998 der verstorbene Vater der Beigeladenen. Die Beständigkeit der Bewirtschaftung ist gegeben. Die Beigeladene verfügt nach eigenen Angaben über umfangreiche Eigentums- und Pachtflächen - etwa 50 ha, angestrebt seien rund 60 ha -, die durch den Betrieb bewirtschaftet werden können. Wegen des Erreichens der 40-ha-Schwelle bewirtschafteter Nutzfläche sieht die (insoweit fachkundige) Landwirtschaftskammer NRW die für eine Bullenhaltung mit insgesamt 425 Stück notwendige „überwiegende eigene Futtergrundlage“ als vorhanden. Auch einen Abnahmevertrag über die Abnahme von Wirtschaftdünger hat die Beigeladene vorgelegt. Diesen Punkt hat der Beklagte zudem über die Nebenbestimmung M.03 rechtlich gesichert. Die personelle Beständigkeit in der Generationenfolge erscheint dadurch gewährleistet, dass der Sohn N. der Beigeladene den Betrieb auf dem Vorhabengrundstück - wie offenbar geplant - übernehmen kann, nachdem er die Ausbildung zum Landwirt mit Erfolg abgeschlossen hat.
91bb) Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. auf dem Flurstück 139/46 verschlechtert sich der zu vergebende Immissionswert schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % mit einer deutlichen Toleranz für Richtwertüberschreitung, auch soweit diese den oben angesprochenen Irrelevanzwert von 0,02/2 % übersteigen.
92Auch dies ist das Ergebnis einer alle Faktoren des Einzelfalls einstellenden Zwischenwertbildung für diese Beurteilungsfläche. Für den M. gelten die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL nur mit verringertem Gewicht. Einerseits ist er in den Kurbetrieb integriert und nimmt an der Darstellung des Flächennutzungsplans Sondergebiet „Kur“ teil. Andererseits ist er nach den unwidersprochenen Ausführungen des Beklagten nicht als Kurpark genehmigt, sondern wird nur faktisch als solcher genutzt. Nach den Erläuterungen von Herrn G. I1. im Ortstermin am 18. September 2012 ist er für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen, so dass seine Funktion mit der orthopädischen Rehabilitation als solcher, welche die Klägerinnen in der X. anbieten, lediglich mittelbar zusammenhängt. Erholung durch Spaziergänge können die Kurgäste in der Umgebung der Kurklinik auch anderweitig finden. Diese Gesichtspunkte führen in der Gesamtschau dazu, dass das Geruchsschutzniveau des M1. mit zunehmender Entfernung zum Kurgarten nördlich der Straße Auf dem C1. abnimmt, bis es im südlichen Teil des M1. deutlich unterhalb des Kurgebietsstandards in etwa auf dem Level des Wohngebietsrichtwerts der Nr. 3.1 GIRL ankommt, der seinerseits im begründeten Einzelfall nach oben zuungunsten des Kurbetriebs durchbrochen werden kann. Rechtfertigung für diesen Richtwertpuffer ist erneut das Zwischenwertpotential der umliegenden landwirtschaftlichen Nutzungen, also auch derjenigen der Beigeladenen.
93b) Diese Immissionswerte für die Flurstücke 937 und 139/46 werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich deutlich eingehalten.
94aa) Zieht man die letzte Geruchsimmissionsprognose M3. vom 23. August/7. November 2013 heran, werden die herausgearbeiteten Regelwerte für Kurklinik und Kurgarten - 0,06/6 % - einerseits und M. - in einem verschiebbaren Rahmen ca. 0,10/10 % - anderseits bei dem Betrieb des streitgegenständlichen Bullenmaststalls aller Voraussicht nach - eindeutig - beachtet. Der Gutachter Lanngguth wirft hier Geruchsbelastungen von maximal 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. - und dies auch nur in dessen äußerstem südwestlichen Bereich - aus.
95Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist genauso wie ihre im Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Vorgängerinnen verwertbar. Nach Baugenehmigungserteilung gewonnene Erkenntnisse über die Immissionssituation können im Rahmen einer Nachbarklage berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die - wie oben bereits gesagt - auch nur zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
96Vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f., und vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9.
97Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist fachlich valide. Dies hat das M1. NRW, welches das gesamte Verfahren begleitet hat, in seiner Stellungnahme vom 11. November 2013 bestätigt. Zweifel an dieser fachbehördlichen Einschätzung bestehen nicht. Die letzte Berechnung der Geruchsbelastung hat sämtliche Einwände der Klägerinnen sowie die vorhergehenden Stellungnahmen des M1. NRW vom 23. Juni 2010 und vom 18. Juni 2013 zu Modalitäten der Ausbreitungsberechnung, der Emissionsansätze und der Gewichtungsfaktoren aufgegriffen und eingestellt. Sie kann als das im Lauf der Zeit gewachsene und fachlich richtige Resultat der für diesen Fall passenden Geruchsimmissionsprognostik angesehen werden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat sie in der mündlichen Verhandlung insofern auch auf Nachfrage nicht mehr grundsätzlich angegriffen.
98Auch den möglicherweise einzigen noch offenen - und von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung thematisierten - Punkt der zutreffenden Berücksichtigung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf dem Hof C3. hat der Gutachter M3. korrekt behandelt.
99Die Immissionsprognostik hat an die legale Vorbelastung zu denken, d. h. daran, in welchem genehmigten Umfang die vorbelastende emittierende Anlage betrieben werden dürfte.
100Vgl. z. B. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 26 ff., und vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 41.
101Dies hat der Gutachter M3. getan, indem er die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. in seiner Ausgangsprognose vom 14. Oktober 2009 mit insgesamt 160 Zuchtsauen und Ferkeln (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h) veranschlagt hat. Den Baugenehmigungsvorgängen über die Hofstelle C3. lässt sich keine genehmigte Höchstzahl an Schweinehaltungsplätzen entnehmen. Wegen dieser Unklarheit ist von den von dem Beklagten und dem Gutachter M3. abgefragten tatsächlichen Tierzahlen in Verbindung mit den bekundeten (realistischen) landwirtschaftlichen Betriebs- und etwaigen (konkret aber nicht vorhandenen) Erweiterungsinteressen des Betreibers der Hofstelle C3. auszugehen. Diese Sachlage und Erklärungen definieren zugleich die für die Geruchsvorbelastung maßgebende Genehmigungslage.
102Gegenüber dem Beklagten und dem Gutachter M3. hat der Eigentümer der Hofstelle im Jahr 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück bzw. von insgesamt 160 Sauenplätzen angegeben. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung meldete das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln auf der Hofstelle C3. . Da neben der Schweinehaltung auf der Hofstelle seit Jahren noch eine Pension - das Hotel M4. C3. - betrieben wird, deren seinerseits geruchsimmissionsempfindlicher Übernachtungs- und Beherbergungsteil erklärtermaßen ausgebaut werden soll - weshalb sich auch die Blankensteins im Genehmigungsverfahren gegen das Vorhaben der Beigeladenen ausgesprochen haben - ist realistisch, dass es auf absehbare Dauer bei diesem Schweinebestand bleiben wird. Mit Blick auf diese Sachlage und Erklärungen ist der Betreiber der Hofstelle C3. für die Geruchsimmissionsprognose so zu stellen, als ob sich eine etwaige über die Zahl von 160 Zuchtsauen mit Ferkeln hinausgehende Baugenehmigung wegen dauerhafter Nichtausnutzung erledigt hätte.
103Vgl. insofern im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 9. August 2013 - 2 A 2520/12 -, juris Rn. 9 ff., m. w. N.
104Die - auch in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltene - Kritik der Klägerinnen an dem von dem Gutachter M3. angenommenen Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln (60:100) greift ebenfalls nicht durch. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Annahmen des Gutachters insoweit hinreichend konservativ sind und auf der sicheren Seite liegen. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 für die Hofstelle C3. beträgt das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtigt die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1 (100 Sauen mit Ferkeln zu 60 Jungsauen). Etwaige Verschiebungen in der Zusammensetzung des Sauenbestands sind damit - entgegen der Auffassung der Klägerinnen - hinreichend sicher erfasst.
105Letzten Endes sind die zuletzt berechnen Immissionswerte von 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. auf dem Flurstück 139/46 auch so weit von den jeweils einschlägigen Richtwerten entfernt, dass eventuelle Unschärfen bei der Erfassung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. den Klägerinnen mit hinreichender Sicherheit nicht zum Nachteil gereichen werden. Auch in dieser Hinsicht zeigt sich, dass die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe. Es gibt nach den vorliegenden Geruchsgutachten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine wie auch immer geartete zeiträumliche Betrachtung der Geruchsbelastung am Kurklinikgebäude selbst - auf dieses ist der Beweisantrag zugeschnitten - unzumutbare Belastungswerte zu Tage fördern könnte. Die im Ermessen des Senats stehende Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens war vor diesem Hintergrund weder durch das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung noch anderweitig veranlasst.
106bb) Die sonstigen Einzelfallumstände, für die die Geruchsimmissionsbeurteilung immer offen ist, schlagen demgegenüber nicht zugunsten der Klägerinnen aus. Die von dem genehmigten Bullenmaststall in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen voraussichtlich ausgehenden Geruchsimmissionen bleiben für diese auch jenseits der reinen mathematisch-statistischen Geruchsimmissionsprognostik anhand der GIRL, wie sie sich bis zur Berechnung vom 23. August/7. November 2013 entwickelt hat, zumutbar.
107Im Anschluss an die Ausführungen zur Zwischenwertbildung und dem Verständnis der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL für Kurgebiete ist dafür leitend, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen sich schon immer in einem stark landwirtschaftlich geprägten Umfeld befand. In diesem mussten und müssen die Klägerinnen und ihre Kurgäste stets in gewissem Umfang mit landwirtschaftlichen Gerüchen - auch etwa durch Güllen - rechnen. Diese Gerüche sind traditionell gebietsprägend. In dem solchermaßen tolerierbaren Rahmen hält sich nach der geprüften Geruchsimmissionsprognostik der geplante Bullenmaststall der Beigeladenen ohne Weiteres. Dies deckt sich mit den Wahrnehmungen vor Ort, die der Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 gemacht hat. Danach ist es unwahrscheinlich, dass die Kurgäste eine signifikante genehmigungsbedingte Verschlechterung der Geruchssituation durch den erweiterten Bullenmaststall objektiv überhaupt wahrnehmen. Am Tag der Begehung konnte der Berichterstatter im Umfeld des Vorhabengrundstücks und der Hofstelle C3. zwar landwirtschaftliche Gerüche aufnehmen. Allerdings rissen diese in einer Entfernung von etwa 100 m schlagartig ab. Weder im M. noch im Kurgarten waren Tierhaltungsgerüche zu festzustellen. Dies mag nur eine Momentaufnahme sein, die aber gleichwohl in das rechnerisch prognostizierte Gesamtbild passt, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen die meiste Zeit des Jahres nicht von erheblichen landwirtschaftlichen Gerüchen betroffen sein wird. Von daher trägt auch die Befürchtung der Klägerinnen nicht, sie werde einschneidende wirtschaftliche Einbußen erleiden, wenn der Bullenmaststall in Betrieb ginge. Dafür spricht nach Lage der Dinge in Anbetracht der von dort zu erwartenden Geruchsimmissionen, die sich überdies angenehmer als etwa Schweinegeruch darstellen (vgl. dazu die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL), nichts. Die von den Klägerinnen zuletzt in den Fokus gerückten angeblichen subjektiven Empfindlichkeiten mancher Kurgäste sind angesichts dessen unmaßgeblich. Sie werden zudem dadurch relativiert, dass einige Kurgäste während ihres Aufenthalts in der Kurklinik womöglich stärker mit landwirtschaftlichen Gerüchen konfrontiert sein werden, andere dagegen weniger bis gar nicht. Sie können die objektiv zu bestimmenden nachbarrechtlichen Betreiberpflichten der Beigeladenen damit nicht determinieren.
108Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
109Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
110Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Anträge des Beklagten und der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012 werden abgelehnt.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte; hiervon ausgenommen sind ihre eigenen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,00 € festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist formgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier weder in Bezug auf den Antrag des Beklagten noch bezüglich des Antrags der Beigeladenen der Fall.
4A. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Vorbringen der Rechtsmittelführer stellt die selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Geruchsimmissionen über dem zulässigen Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) lägen und die Zusatzbelastung nicht als irrelevant einzustufen sei, nicht in Frage.
5I. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
6Vgl. MBl. NRW 2009 S. 533 sowie www.lanuv.nrw.de/ luft/gerueche/bewertung.htm.
7In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
9Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert (IW) von 0,10 (10 % der Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15 (15 % der Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15; einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
10Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32.
11Nach Nr. 3.3 der GIRL soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) überschreitet (Irrelevanzkriterium).
12Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose, bei der aus der Vor- und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33.
14Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Geruchsgutachtens des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) vom 31. Mai 2011 in Verbindung mit den mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. April 2012 (sowie in Zusammenhang mit den ergänzenden Stellungnahmen des LANUV NRW vom 31. August 2011 und vom 31. Januar 2012) zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass durch das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen unzumutbare Geruchsbelastungen gegenüber den Klägern hervorgerufen werden. Das Gutachten hat die Geruchsimmissionssituation unter Berücksichtigung eines Wertes von 60 GE/(s*GV) als mittleren Emissionsfaktor für Masthähnchen für die in der Umgebung bereits vorhandene Geruchsvorbelastung und eines (zeitreihenbezogenen) Wertes von 180 GE/(s*GV) für die vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Zusatzbelastung berechnet. Nach jenem Gutachten beträgt am Wohnhaus der Kläger (Analysepunkt - ANP 2) die Gesamtvorbelastung durch alle bereits vorhandenen Emissionsquellen 0,29 (29 % der Jahresgeruchsstunden). Die Geruchszusatzbelastung durch den geplanten Stall beträgt (bei 35 Masttagen) ungewichtet 0,03 bzw. gewichtet 0,04 (3 % bzw. 4 % der Jahresgeruchsstunden), was zu einer Gesamtbelastung von gewichtet 0,33 (33 % der Jahresgeruchsstunden) führt (vgl. Seite 22 f. des Gutachtens). Damit ist der im Außenbereich im Einzelfall zulässige Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) gemäß Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL überschritten. Da die Zusatzbelastung über dem Irrelevanzkriterium gemäß Nr. 3.3 GIRL von 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) liegt, ist das Vorhaben der Beigeladenen auch nicht als irrelevant einzustufen.
15II. Die Rügen gegen das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 greifen nicht durch.
161. Der Einwand der Rechtsmittelführer, das Gutachten des LANUV NRW beruhe auf dem aktuellen Wissenstand des Jahres 2011 und entspreche nicht dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung, als noch ein mittlerer Emissionsfaktor von „GE 50“ gemäß der KTBL-Schrift 333 allgemein anerkannt gewesen sei, bleibt ohne Erfolg.
17In Fällen der Anfechtung einer bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist zwar grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung maßgeblich.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BauR 1998, 995 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, BauR 2008, 799 = juris Rn. 46 ff.
19Dies schließt es allerdings nicht aus, nachträglich gewonnene Erkenntnisse im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22.
21Messungen oder prognostische Begutachtungen zur Immissionssituation sind daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die rechtliche Bewertung auch dann anwendbar, wenn sie erst im Anschluss an das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f.
23Nichts anderes gilt für die einer solchen Messung oder Begutachtung zugrundeliegenden Beurteilungs- und Bewertungskriterien. Werden nach Erlass einer Genehmigung diese Kriterien überarbeitet oder liegen sonst neue Kriterien zur Bewertung vor, sind sie auch im Gerichtsverfahren als neue Erkenntnisquelle und Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit von (Geruchs-)Immissionen maßgeblich.
24Vgl. bereits – jeweils zur Anwendbarkeit einer neuen VDI-Richtlinie – OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und Nds. OVG, Urteil vom 4. November 2003 - 1 LB 323/02 -, BauR 2004, 469 = juris Rn. 32.
25Diese Grundsätze werden nicht durchgreifend in Frage gestellt. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass - worauf der Beklagte hinweist - der Widerruf eines Verwaltungsaktes wegen „nachträglich eingetretener Tatsachen“ im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG oder § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG nach allgemeiner Meinung auch aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zulässig sein kann. Auch in diesem Zusammenhang ist vielmehr anerkannt, dass Erkenntnisfortschritte nicht die ursprüngliche Sachlage selbst verändern, sondern die Bewertung der bei Erlass des Verwaltungsakts gegebenen Sachlage betreffen.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1982 - 7 B 190.81 -, NVwZ 1984, 102 = juris Rn. 5 (zu § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG), sowie OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 1987 - 21 A 1556/86 -, NVwZ 1988, 173, und nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1988 - 7 B 219.87 -, NVwZ 1988, 824 = juris Rn. 5 (zu § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG).
27Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 abgestellt hat. Denn die dort angewandte Vorgehensweise, nämlich die Ermittlung der Geruchsvorbelastung aufgrund eines Wertes von 60 GE/(s*GV) gemäß VDI-Richtlinie 3894/Blatt 1 (2009) und der Geruchszusatzbelastung aufgrund eines zeitreihenbezogenen Wertes von 180 GE/(s*GV), ist - wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des LANUV NRW ausgeführt hat - inzwischen aktuelle wissenschaftliche Praxis und sachgerechte Methode.
28Dass die Berechnungsweise des LANUV NRW zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 31. Mai 2011 dem fachlich anerkannten Erkenntnisstand entsprochen hat, stellen die Rechtsmittelführer nicht in Abrede. Auch ansonsten sind Zweifel hieran nicht ersichtlich. Der Vertreter des LANUV NRW hat am 24. April 2012 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht plausibel erläutert, dass die auf der Grundlage einer fachwissenschaftlichen Studie beruhende „180-Methode“ inzwischen anerkannt sei (Gärtner, A.; Gessner, A.; Müller, F.; Both, R.: Ermittlung der Geruchsemissionen einer Hähnchenmastanlage. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 69 [2009] Nr. 11/12 - Nov./Dez., S. 485-489). Bestätigt wird dies auch durch den von den Klägern im Zulassungsverfahren vorgelegten Beitrag (Geburek, F.; Hebbinghaus, H.; Sowa, A.: Zeitreihen zur Beschreibung der Emissionen aus der Hähnchenmast und ihre Auswirkung auf das Ergebnis der Immissionsprognose, in: VDI-Berichte Nr. 2141 - Gerüche in der Umwelt [2011], S. 197-218). Gegenteilige wissenschaftliche Stellungnahmen haben die Rechtsmittelführer nicht vorgelegt.
29Durfte das Verwaltungsgericht nach alledem auf den Inhalt des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 abstellen, geht auch die weitere Rüge der Rechtsmittelführer ins Leere, das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 10. März 2009, welches die Geruchsbelastung auf der Grundlage eines „GE-Wertes von 50“ berechnet habe, sei durch die Bezirksregierung E. im Rahmen einer Fachaufsichtsbeschwerde unbeanstandet geblieben und auch das LANUV NRW habe bei einer hierbei durchgeführten Plausibilitätsprüfung jedenfalls hinsichtlich des angewandten Emissionsfaktors keine Bedenken angemeldet. Sowohl die fachaufsichtsbehördliche Prüfung als auch die Plausibilitätsprüfung durch das LANUV NRW sind im Genehmigungsverfahren und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Ansatz von 50 GE/(s*GV) als mittlerer Emissionsfaktor noch vom LANUV NRW anerkannt wurde. Schon deshalb stehen die Ergebnisse jener Prüfungen einer Anwendbarkeit des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011, welches auf neueren Erkenntnissen beruht, nicht entgegen.
302. Ebenso ohne Erfolg bleiben die weiteren Einwände gegen das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011.
31a) Das Zulassungsvorbringen beanstandet zu Unrecht, dass das LANUV NRW bei der Ermittlung der Geruchsvorbelastungen auch weiter entfernt liegende geruchsemittierende Quellen berücksichtigt hat.
32Die Beigeladene trägt insoweit vor, dass das vom LANUV NRW gewählte „Beurteilungsgebiet“ mit einem Radius von 1.200 m um den geplanten Standort der Anlage unzutreffend - namentlich zu groß - festgelegt worden sei. Zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung sei es gemäß Nr. 4.4.2 GIRL für Anlagen, die dem Umfang der hier streitgegenständlichen Anlage entsprächen, übliche Verwaltungspraxis gewesen, einen Radius von 600 m zu wählen. Dieser Radius sei daher im Genehmigungsverfahren auch Grundlage des Gutachtens des Ingenieurbüros S. & I. vom 10. März 2009 gewesen; jenes Gutachten sei im Rahmen der Plausibilitätsprüfung durch das LANUV NRW insoweit unbeanstandet geblieben.
33Dieses Vorbringen stellt das Geruchsgutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 nicht in Frage. Es steht vielmehr im Einklang mit der Geruchsimmissions-Richtlinie, für eine vollständige Vorbelastungserfassung auch weitere geruchsemittierende Quellen einzubeziehen. Nach Nr. 4.4.2 GIRL ist das Beurteilungsgebiet zwar grundsätzlich so festzulegen, dass sich die Beurteilungsflächen vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Danach soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt aber nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Ziel einer Beurteilung nach der GIRL ist es, die Gesamtbelastung im Beurteilungsgebiet zu ermitteln. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken. Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen.
34Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 - 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11; ferner OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 3 f. und 6; vgl. auch die entsprechenden Ausführungen des LANUV NRW zur „Ausbreitungsrechnung für Geruchsstoffe“ (Abschnitt „Beurteilungsgebiet - Untersuchungsraum“), abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/landwirtschaft/ausbreitung/ ausbreitung_geruch.htm.
35Aus welchen Gründen das LANUV NRW den Umkreis bezüglich der in der Ausbreitungsrechnung zu berücksichtigenden Quellen (Seite 9 ff., Tabelle 3 des Gutachtens) auf etwa 1.200 m festgelegt hat (Seite 19 des Gutachtens), ergibt sich anschaulich aus dem Gutachten selbst: Vor allem der Einwirkungsbereich der süd-östlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Tierhaltungsanlagen LW X. (Putenmast, X1.-------weg 9) und LW X2. (Schweinemast, F. Straße 113) erstreckt sich trotz der Entfernung (> 1.000 m) bis zum klägerischen Grundstück; der Anteil dieser beiden „größten Hofstellen im Beurteilungsgebiet“ (Seite 24 des Gutachtens) an der Geruchsvorbelastung am Analysepunkt ANP 2 beträgt für den Betrieb X2. 0,02 und für den Betrieb X. 0,06 (vgl. Tabelle 6, Seite 23 des Gutachtens). Dass vor allem der Anteil des LW X. an der Geruchsvorbelastung am Analysepunkt ANP 2 unter Berücksichtigung der Windrichtungshäufigkeitsverteilung, die einen deutlichen Anteil von Südwinden ausweise, nachvollziehbar und plausibel sei, wird in der weiteren Stellungnahme des LANUV NRW vom 31. August 2011 (dort Seite 4) ergänzend ausgeführt.
36Hiermit setzt sich die Antragsbegründung der Beigeladenen nicht auseinander. Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ein Radius von 600 m von der Genehmigungsbehörde und im Rahmen der Plausibilitätsprüfung auch vom LANUV NRW aufgrund der bis dahin üblichen Verwaltungspraxis akzeptiert worden sein mag, steht der Erfassung der weiter entfernten geruchsemittierende Quellen in dem Gutachten vom 31. Mai 2011 nicht entgegen. Sollte das LANUV NRW tatsächlich erst nach Erlass der Genehmigung zu der Erkenntnis gelangt sein, dass vorliegend eine sachgerechte Begutachtung eine Einbeziehung der Emissionsquellen in einem Radius von etwa 1.200 m erfordert, gelten im Übrigen die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Berücksichtigung neuer Erkenntnisse entsprechend.
37b) Auch der Einwand, die „Rasterdarlegung“ in dem Gutachten des LANUV NRW sei fehlerhaft, bleibt ohne Erfolg.
38Die Beigeladene trägt insoweit in ihrer Antragsschrift vor, dass der landwirtschaftliche Betrieb Underberg sowie auch das Wohnhaus der Kläger in einem „Rasterfeld“ lägen. Mit Schriftsatz vom 9. August 2012 konkretisiert sie diese Rüge unter Hinweis auf eine E-Mail des Ingenieurbüros S. & I. vom 7. August 2012 dahingehend, dass die Rasterdarstellungen in dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 auf Seite 48 ff. zumindest im Nahbereich der Emissionsquellen nicht sachgerecht seien. Sachgerecht wäre gewesen, das Wohnhaus der Kläger in einem Raster von 16 m x 16 m zu betrachten. Mit weiterem Schriftsatz vom 5. November 2012 führt die Beigeladene aus, dass der Betrieb V. und das klägerische Wohnhaus innerhalb desselben Rechengitters (Raster) des Austall 2000-Programms erfasst worden seien. Diese Vorgehensweise stehe nicht mit den Vorgaben aus Nr. 7 der Anhang 3 der TA Luft und der Nr. 3.3.3.1 des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit Austal2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie (Merkblatt 56) in Einklang.
39Diese Rügen der Beigeladenen ziehen die vom LANUV NRW vorgenommene Berechnung nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise in Zweifel.
40Dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 ist zu entnehmen, dass zwar die Seitenlänge der Beurteilungsflächen (vgl. Nr. 4.4.3 GIRL), deren Summe das Beurteilungsgebiet ausmachen (Nr. 4.4.2 GIRL), auf 100 m festgelegt (vgl. Seite 21, 22, 48 ff. des Gutachtens), allerdings für das gewählte Rechengebiet ein geschachteltes Gitter mit den Gitterweiten 16 m, 32 m und 64 m verwendet worden ist, wobei die Maschenweite im äußersten Bereich des Rechengebietes 64 m beträgt und sich bis auf 16 m verringert (vgl. Seite 14 des Gutachtens). Ferner heißt es in dem Gutachten, das die an den beiden Analysepunkten angegebenen Werte denen der zugrundeliegenden 16 m x 16 m-Gitterfläche entsprächen (vgl. Seite 21 des Gutachtens). Dies ist bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch das LANUV NRW in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2011 nochmals bestätigt worden (vgl. Seite 2 f. der Stellungnahme).
41Mit der danach gebotenen Differenzierung zwischen dem Beurteilungsgebiet einerseits und dem - für die Ausbreitungsrechnung mit Austal2000 maßgeblichen - Rechengebiet anderseits, auf die auch die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 19. November 2012 hingewiesen haben, setzt sich die Antragsbegründung nicht weiter auseinander. Die von der Beigeladenen zitierten Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7, und der Nr. 3.3.3.1 des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit Austal2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie (Merkblatt 56) beziehen sich nur auf das Rechengebiet, nicht aber auf das Beurteilungsgebiet (vgl. auch Nr. 4.5 Absätze 2 und 3 der GIRL). Zwar mögen das klägerische Wohnhaus und der Betrieb V. - dieser zumindest teilweise - in derselben Beurteilungsfläche liegen. Konkrete Anhaltpunkte dafür, dass beide Grundstücke auch in derselben Rechenfläche liegen, sind indes nicht dargelegt.
42c) Die Rügen der Rechtsmittelführer stellen, soweit sie innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist vorgetragen wurden, die vom LANUV NRW zugrunde gelegten Tierarten und Tierzahlen nicht in Frage.
43Zwar weist die Beigeladene im Ansatz zutreffend darauf hin, dass im Rahmen der Immissionsprognose bei der Ermittlung der Geruchsvorbelastung die vorhandenen emittierenden Tierhaltungsanlagen oder sonstigen Betriebe grundsätzlich mit dem Tierbestand bzw. Betriebsumfang einzustellen sind, wie er sich aus der jeweiligen
44- immissionsschutzrechtlichen oder bauaufsichtlichen - Genehmigung ergibt.
45Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10. November 2009 - 1 LB 45/08 -, BauR 2010, 195 = juris Rn. 76; VG Aachen, Urteil vom 23. Januar 2013 - 3 K 2068/10 -, juris Rn. 77; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 -, BauR 1993, 445 = juris, Rn. 27, und Beschluss vom 11. Juli 1994 - 4 B 134.94 -, BRS 56 Nr. 164 = juris Rn. 2 (jeweils zum Rücksichtnahmegebot); s. ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2005 - 10 B 2657/04.NE -, juris Rn. 13, und vom 15. Dezember 2005 - 10 B 1668/05.NE -, NWVBl. 2006, 332 = juris Rn. 15 ff. (jeweils zur Immissionsprognose in einem Bebauungsplanverfahren).
46Dass das LANUV NRW danach bei seinen Berechnungen von falschen Tierarten oder Zahlen ausgegangen sein soll, legt die Beigeladene innerhalb der Antragsbegründungsfrist allerdings nicht hinreichend dar. In dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 wird ausgeführt, dass die Ergebnisse eines vorausgegangenen Ortstermins vom 4. März 2011 in die Tabelle 3, in der u. a. die genauen Tierarten und -zahlen der jeweiligen Betriebe im Einzelnen aufgelistet sind, eingegangen und mit den vom Landkreis W. zur Verfügung gestellten Angaben verglichen worden seien (vgl. Seite 6 des Gutachtens). Auf Seite 19 des Gutachtens heißt es ausdrücklich: „Bezüglich der Tierplatzzahlen erfolgte zudem ein Abgleich mit den genehmigten Tierplatzzahlen.“
47Soweit die Beigeladene demgegenüber in ihrer Antragsschrift vom 18. Juli 2012 lediglich pauschal rügt, das LANUV NRW habe seinem Geruchsgutachten aufgrund des Ortstermins nur die „tatsächlichen“ - also nicht die genehmigten - Tierarten und Zahlen zugrunde gelegt, genügt dies nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn die Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert, dass sich der Rechtsmittelführer mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzt und im Einzelnen erläutert, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss dabei insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will.
48Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 194, 206.
49Im Verfahren auf Zulassung der Berufung muss daher derjenige, der ein Gutachten angreift, substantiiert Anhaltpunkte dafür vortragen, dass seine Einwände gegen das Gutachten geeignet sind, dessen Ergebnis in Bezug auf den Streitgegenstand in Frage zu stellen.
50Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - 8 A 151/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
51Hieran fehlt es. Vor allem hat die Beigeladene innerhalb der Begründungsfrist nicht dargelegt, inwiefern die Angaben in der Tabelle 3 des Gutachtens (Seite 10 ff. des Gutachtens) zu ihren Ungunsten falsch sein sollten.
52Dies gilt zunächst mit Blick auf den gerügten Bestand an Mastschweinen am bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb „T. -C. (alt)“. Soweit die Beigeladene hierzu vorträgt, dass in den Gutachten der Ingenieure S. & I. vom 5. Juni 2008 und 10. März 2009 jeweils eine Anzahl von 160 Mastschweinen zugrunde gelegt worden sei, bei der Berechnung des LANUV NRW hingegen (nur) 150 Mastschweine berücksichtigt wurden, ist schon nicht zu erkennen, inwiefern das Gutachten des LANUV NRW insoweit für die Beigeladene ungünstiger sein soll. Soweit die Beigeladene anmerkt, dass in einem Vermerk des Beklagten vom „29. Februar 2009“ (richtig: 4. Februar 2009, vgl. Bl. 820 der Beiakte/Heft 4) von einem Bestand von 120 Mastschweinen die Rede gewesen sei, ist anzumerken, dass dieser Wert ausweislich des Aktenvermerks lediglich auf einer „Befragung der Tierhalter“ beruht und damit nicht zwingend den genehmigten Bestand widerspiegelt.
53In Bezug auf den Bestand an Bullen am Betrieb „T. -C. (alt)“ hat das LANUV NRW mit einer Anzahl von (nur) 30 den niedrigsten Wert angesetzt, während die Ingenieure S. & I. von 35 (Gutachten vom 5. Juni 2008) bzw. von 70 (Gutachten vom 10. März 2009) und der Aktenvermerk des Beklagten vom 4. Februar 2009 sogar von 89 Bullen ausgegangen sind. Dadurch, dass das LANUV NRW den niedrigsten Wert angesetzt hat, ist auch insoweit jedenfalls nicht festzustellen, dass die Ermittlung der Geruchsvorbelastung wegen einer überhöhten Anzahl zum Nachteil der Beigeladenen zu hoch ausgefallen sein könnte.
54Inwiefern im Übrigen der in der Antragsbegründung noch angesprochene Wert von „1.000 Masthähnchen mit einer Mastdauer von 42 Tagen und 3 Silagen“ für den Betrieb „S1. “ falsch sein soll, wird seitens der Beigeladenen nicht dargelegt.
55Soweit die Beigeladene mit Schriftsatz vom 24. Juli 2012 unter Hinweis darauf, dass sich weder die Tierart noch die Tierzahlen aus der log-Datei ergäben, darum gebeten hat, dass das LANUV NRW ihr mitteile, welche Daten - namentlich welche Tierarten und Tierzahlen an den verschiedenen Standorten - zugrunde gelegt worden seien, hat das LANUV NRW mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 klargestellt, dass Tierart und -zahl aus der Tabelle 3 des Gutachtens hervorgingen. Mit Schriftsatz vom 5. November 2012 hat die Beigeladene daraufhin ausgeführt, dass sie die Angaben ausgewertet habe und dies - trotz einiger Unterschiede hinsichtlich der Tierarten und Tierzahlen - keine Erklärung für die große Differenz zwischen dem vom Ingenieurbüro S. & I. im Auftrage der Beigeladenen ermittelten Geruchswertes gegenüber dem vom LANUV NRW ermittelten Wert sei. Dass die Tierzahlen als solche falsch sind, hat die Beigeladene dabei nicht mehr gerügt.
56Die weiteren Einwände der Beigeladenen in Bezug auf die Tierzahlen sind erst in den Schriftsätzen vom 10. September 2013 sowie vom 4., 5. und 14. November 2013 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist vorgetragen worden. Sie sind deshalb nicht mehr zu berücksichtigen. Nach Fristablauf eingegangener Vortrag ist nur zu berücksichtigen, soweit er eine zuvor fristgerecht erfolgte, ausreichend dargelegte Begründung erläutert, ergänzt oder verdeutlicht.
57Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29. Juli 1998- 7 S 1139/98 -, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 24. April 1998 - 24 B 236/98 -, juris Rn. 5 ff., und vom 17. Oktober 2011 - 1 A 1731/08 -, juris Rn. 13; Seibert, Die Zulassung der Berufung, DVBl. 1997, 932 (940); Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 53; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 50.
58Dies ist hier nicht der Fall. Denn die weiteren Einwände beziehen sich auf die bislang nicht angezweifelten Tierzahlen der Betriebe „V. “ und „X2. “ und konkretisieren damit nicht lediglich die vorgenannten fristgerechten Rügen.
59d) Soweit die Beigeladene in ihrer Antragsbegründung vom 18. Juli 2012 ferner ausführt, dass es auffällig sei, dass das LANUV NRW die Abluftfahnenüberhöhung (dynamisch wie thermisch) bei der Erstellung des Gutachtens - namentlich bei der Berechnung der Geruchszusatzbelastung - anders als das Ingenieurbüro S. & I. nicht (hinreichend) berücksichtigt habe, werden ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegenüber dem Gutachten aufgezeigt.
60Die Beigeladene führt hierzu aus, dass eine freie und ungestörte Abströmung der Abluft im Umkreis von 100 m (10fache Schornsteinhöhe) um die Kamine gewährleistet sei und auch die weiteren Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, die das LANUV NRW in seinem Gutachten vom 31. Mai 2011 auf Seite 20 formuliert habe, erfüllt seien; denn die Immissionsquellen befänden sich mindestens in einer Höhe von 3 m über First und 10 m über Grund und die Austrittgeschwindigkeit der Abluft unterschreite zu keiner Betriebsstunde 7 m je Sekunde. Die Lüftungsanlage werde durch einen Lüftungscomputer gesteuert, der die Einhaltung der Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s regele.
61Das LANUV NRW hat bereits auf entsprechende Einwände im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zur Erläuterung seines Gutachtens in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2011 nachvollziehbar ausgeführt (dort Seite 3), dass man bei den Berechnungen für den Regelkamin nur dann eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt habe, wenn dies aufgrund der Parameter „Stalltemperatur“, „Außentemperatur“, „Luftrate“ und „Abluftgeschwindigkeit“ - diese sei abhängig von der Temperatur - auch zu erwarten sei. Die über den Regelkamin emittierte Abluftmenge sei im Vergleich zur gesamten Abluftmenge relativ gering. Für alle anderen Kamine sei eine Abluftfahnenüberhöhung in Abhängigkeit von den genannten Parametern angesetzt worden. Mögliche Maßnahmen zum Erreichen einer Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s in allen möglichen Situationen seien - bewusst - nicht berücksichtigt worden. So führe ein Bypass dazu, dass sich die Temperaturdifferenz zwischen Außenluft und Abluft auf nahezu Null reduzieren und infolgedessen zwar 7 m/s sichergestellt sein möge, aber ein Wärmestrom nicht mehr zu berücksichtigen wäre. Auch die Auswirkungen einer intermittierenden Schaltung seien nicht berücksichtigt worden, da auch hier nicht eindeutig klar sei, wie sich diese tatsächlich auswirke. Im Sinne einer worst-case-Betrachtung sei daher der Regelkamin ohne Abluftfahnenüberhöhung gerechnet worden. Das LANUV NRW sah keine fachliche Veranlassung, hiervon abzuweichen.
62Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht hinreichend substantiiert auseinander. Vor allem zeigt die Beigeladene nicht auf, dass bei einer Regelung der Abluftgeschwindigkeit mittels Lüftungscomputers entgegen der Bedenken des LANUV NRW die Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung sachgerecht gewesen wäre und die Immissionsprognose auch in diesem Fall - wie vom Senat in ständiger Rechtsprechung gefordert - noch „auf der sicheren Seite“ liegen würde.
63e) Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. April 2013 - erstmals - inhaltliche Bedenken gegenüber der vom LANUV NRW vorgenommenen zeitreihenbezogenen Berechnung der Geruchszusatzbelastung angedeutet hat, sind diese nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden und haben daher nach den obigen Ausführungen im Zulassungsverfahren unberücksichtigt zu bleiben. Dies gilt namentlich für den Einwand des Beklagten, dass das LANUV NRW bei der Zeitreihenmodellierung - mangels entsprechender Angaben in den Antragsunterlagen der Beigeladenen - eigens einen Schaltplan für die Abluftkamine modelliert habe (Seite 41 f. des Gutachtens vom 31. Mai 2011), der ausschließlich auf „Annahmen“ beruhe und überdies unberücksichtigt lasse, dass gemäß Nebenbestimmung 4.4 der Genehmigung vom 2. September 2009 zu jedem Zeitpunkt eine Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s vorgeschrieben sei.
643. Soweit die Beigeladene sinngemäß einwendet, dass - ungeachtet der nicht rechtsverbindlichen Geruchsimmissions-Richtlinie - keine schädlichen Umwelteinwirkungen von dem genehmigten Vorhaben gegenüber den Klägern ausgingen, da die Anlage den Mindestabstand nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft einhalte, ist dieses Vorbringen erstmals mit Schriftsatz vom 27. November 2012 und damit ebenfalls nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragen worden. Ungeachtet dessen ist dieser Einwand aber auch in der Sache unbegründet. Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich bei den Mindestabständen der TA Luft um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, so dass die Einhaltung der Mindestabstände allenfalls ein Indiz dafür ist, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auftreten.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 38.
66Auch bei Einhaltung der Abstände bedarf es daher einer den Anforderungen der GIRL entsprechenden Geruchsimmissionsprognose jedenfalls dann, wenn - wie hier - die besonderen Umstände des Einzelfalles, zu denen auch eine Geruchsvorbelastung zählt, dies erfordert (vgl. Nr. 1 Abs. 6 GIRL sowie die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 [„Veranlassung zur Erstellung von Gutachten“ und „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“]).
67Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 11 ff., und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, juris Rn. 34 ff.
684. Ebenfalls ohne Erfolg bleiben die Rügen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass es sich bei dem im Außenbereich höchstens zulässigen Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) gemäß Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL um eine „absolute Obergrenze“ handele; auch aus den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. März 2009 (10 B 259/09) und vom 25. März 2009 (7 D 129/07.NE) folge, dass die Grenze von 0,25 allenfalls „regelmäßig“ gelte. Die Rechtsmittelführer zeigen insoweit jedenfalls nicht auf, dass das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung unrichtig ist. Selbst wenn in Sondersituationen im Außenbereich ein Überschreiten des vorgenannten Grenzwertes zulässig sein kann, so haben weder der Beklagte noch die Beigeladene dargelegt, dass im vorliegenden Fall Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine solche Überschreitung rechtfertigen könnten.
69Ungeachtet des Umstandes, dass die GIRL für den Außenbereich den ausnahmsweise zulässigen Immissionswert von bis zu 0,25 nur für „landwirtschaftliche“ Gerüche vorsieht,
70vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 42 (insoweit offengelassen, ob die von einer gewerblichen Tierhaltung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ausgehenden Gerüche erfasst sind),
71ist es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL im Außenbereich nur „unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls“ - und nicht etwa ohne Weiteres - möglich, bei der Geruchsbeurteilung einen Wert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Die Feststellung einer Außenbereichslage ist dabei notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung zur Annahme eines Wertes von bis zu 0,25. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten und der Qualität der Geruchsbelästigung im konkreten Fall zu erfolgen hat.
72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, und vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 7.
73Ob darüber hinaus in Sonderkonstellationen sogar ein Überschreiten des Grenzwertes von 0,25 in Betracht kommen könnte, bedarf keiner Vertiefung, weil solche Umstände hier ersichtlich nicht vorliegen.
74Dies gilt insbesondere auch für den von der Beigeladenen betonten Umstand, dass im Außenbereich die Schutzwürdigkeit von Wohninteressen gegenüber der Verwirklichung „landwirtschaftlicher“ Interessen regelmäßig zurückstehen müsse. Dem geringeren Schutzanspruch von im Außenbereich Wohnenden tragen die Anwendungshinweise zur GIRL bereits dadurch Rechnung, dass für landwirtschaftliche Gerüche ein höherer Wert von bis zu 0,25 zulässig sein kann.
75Eine darüber hinaus gesteigerte Rücksichtnahmepflicht der Kläger ergibt sich gegenüber dem Vorhaben der Beigeladenen auch nicht aufgrund des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung ihres Wohnhauses offensichtlich nicht unerhebliche (Geruchs-)Vorbelastungen aufgrund genehmigter Tierhaltungsanlagen im näheren Umfeld bereits vorhanden waren.
76Zwar sind im Umfang der Vorbelastung Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Was von einem genehmigten Betrieb an Belastungen für eine benachbarte Wohnbebauung verursacht wird, mindert die Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft, es sei denn, die vorhandenen Immissionen überschreiten bereits die Grenze dessen, was unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes erträglich ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der emittierende Betrieb vor der Wohnbebauung vorhanden war oder nicht; denn die Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung wird mit der Unanfechtbarkeit der Genehmigung des emittierenden Betriebes gemindert.
77Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 -, BauR 1990, 689 = juris Rn. 29 ff., vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 244 f., und vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 -, BauR 1999, 152 = juris Rn. 31; Bay. VGH, Beschluss vom 3. August 2000 - 1 CS 99.2116 -, juris Rn. 20.
78Diese vom BVerwG insbesondere im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu Lärmvorbelastungen entwickelten Grundsätze gelten auch für Geruchsbeeinträchtigungen.
79Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 1993 - 4 B 151.93 -, NVwZ-RR 1994, 139 = juris Rn. 13; Nds. OVG, Beschluss vom 30. Juli 1999 - 1 M 2870/99 -, BauR 2000, 362 = juris Rn. 5, sowie Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, RdL 2012, 327 = juris Rn. 82 f.
80Die Kläger werden deshalb die zum Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung ihres Wohnhauses bereits vorgefundene Vorbelastung als solche hinzunehmen haben. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich die vorhandene Geruchsbelastung auch gegenüber neu hinzutretenden Emissionen, die aus neu zu errichtenden Anlagen herrühren, schutzmindernd auswirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine vorhandene Vorbelastung in nicht unbeachtlicher Weise erhöht wird. Dass diese Grenze der Beachtlichkeit, die hier durch die Irrelevanzschwelle nach Nr. 3.3 GIRL gezogen wird, im vorliegenden Fall überschritten wird, ergibt sich aus dem nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011.
815. Der weitere Einwand, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Irrelevanzkriterium gemäß Nr. 3.3 GIRL wegen einer bereits überschrittenen „absoluten Obergrenze“ von 0,25 nicht angewandt, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
82Ist die vorinstanzliche Entscheidung nämlich - wie hier - auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund frist- und formgerecht aufgezeigt wird und vorliegt.
83Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 254.
84Hieran fehlt es. Der Einwand betrifft nicht die entscheidungstragende, auf den Ergebnissen des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 beruhende - keinen ernstlichen Zweifeln begegnende - Hauptbegründung des Verwaltungsgerichts, sondern die weitere - ebenfalls selbständig tragende - (Hilfs-)Argumentation, das Irrelevanzkriterium sei bei einer Überschreitung des „absoluten Höchstwertes“ von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) nicht mehr anwendbar. Diese Aussage bezieht sich ersichtlich nur auf den Fall, dass die Berechnung der zusätzlichen Geruchsbelastung abweichend von dem Gutachten des LANUV NRW nicht unter Anwendung eines (zeitreihenbezogenen) „GE-Wertes“ von 180, sondern anhand eines „GE-Wertes“ von 50 bzw. 60 erfolgen würde. Denn nur in diesem Fall läge die Geruchszusatzbelastung mit lediglich 0,004 (= 0,4 %) bzw. 0,006 (= 0,6 % der Jahresgeruchsstunden) unterhalb der Irrelevanzgrenze.
85Aus demselben Grund kommt es schließlich auch auf die weiteren Angriffe, die sich auf die (Hilfs-)Argumentation des Verwaltungsgerichts beziehen, für die Zulassungsentscheidung nicht mehr an. Sämtliche Einwände der Beigeladenen, mit denen sie die Ansicht des Verwaltungsgerichts in Frage stellt, dass sich „selbst bei Heranziehung eines Wertes von 50 GE“ für die Kläger eine unzumutbare Geruchsimmissionsbelastung ergebe, sind daher unbeachtlich. Dies gilt insbesondere auch für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die unter Anwendung des Wertes von „50 GE“ ergebende Zusatzbelastung von 0,004 (= 0,4 %) als messbar bezeichnet, obwohl dieser Wert nach den Vorgaben der GIRL auf 0,00 zu runden sei.
86B. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufwirft.
87Für die Zulassung der Berufung kommt es insoweit darauf an, ob die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen das erstinstanzliche Urteil Fragen von solcher Schwierigkeit aufwerfen, dass sich diese nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären und entscheiden lassen.
88Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 Rn. 108
89Daran fehlt es hier, wie sich den Ausführungen zu I. entnehmen lässt.
90Nichts anderes ergibt sich aus dem Begründungsaufwand der angefochtenen Entscheidung. Zwar wird sich häufig schon aus diesem ergeben, ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist.
91Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 = juris Rn. 17.
92Einen solchen Begründungsaufwand enthält jedoch das angefochtene Urteil mit den 12 Seiten umfassenden Entscheidungsgründen nicht, zumal die tragenden Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht die Aufhebung der Genehmigung begründet hat, auf etwa 6 Seiten beschränkt sind. Überdies ist der Umfang der erstinstanzlichen Entscheidungen in erster Linie dem Bemühen des Verwaltungsgerichts geschuldet, auf die zahlreichen Rügen der Beteiligten einzugehen.
93Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 8 A 318/11 -, n. v., Abdruck S. 14 f. (zum Umfangs einer erstinstanzlichen Entscheidung von 80 Seiten).
94Auch der Umfang des Vortrags der Beteiligten im Zulassungsverfahren, der zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Wiederholungen des zuvor bereits Vorgetragenen besteht, rechtfertigt keine andere Bewertung.
95C. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
96Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren von Bedeutung wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
97Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 127.
98Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
99Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997
100- 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 = juris Rn. 2 (zu § 132 VwGO).
101Diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Die (sinngemäß) aufgeworfenen Fragen,
102ob sich eine Anwendung des Irrelevanzkriteriums gemäß Nr. 3.3 GIRL bei einer vorhandenen Vorbelastung, die bereits allein den zulässigen Wert von 0,25 für den Außenbereich überschreite, verbiete,
103ob einem Antragsteller die Berufung auf eine irrelevante Zusatzbelastung versperrt sei, wenn der je nach Gebietstyp zulässige Grenzwert der hinzunehmenden Geruchsimmissionen im Rahmen der Vorbelastung bereits überschritten sei,
104und
105ob bei einem zur Genehmigung gestellten Vorhaben, das das Irrelevanzkriterium nach der GIRL einhalte, die Vorbelastung ermittelt werden müsse,
106sind für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich, da die vom genehmigten Vorhaben der Beigeladenen ausgehende Geruchszusatzbelastung nach den nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die auf dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 beruhen, nicht irrelevant im Sinne der GIRL sind.
107Die als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage,
108ob die in jedem Einzelfall konkret zu begründende Erweiterungsmöglichkeit auf höchstens 0,25 (25 %) der GIRL 2008 die absolut zulässige Obergrenze für hinzunehmende Geruchsimmissionen darstelle, die nicht überschritten werden dürfe,
109bedarf jedenfalls im vorliegenden Verfahren keiner allgemeinen Klärung, weil - wie aufgezeigt - keine Umstände ersichtlich sind, die eine Überschreitung des Grenzwertes von 0,25 rechtfertigen könnten, wollte man eine solche Überschreitung ausnahmsweise in Sondersituationen für möglich halten.
110Die sinngemäß formulierte Frage,
111ob die Geruchsausbreitungsrechnung mittels des jährlichen Emissionsfaktors für Masthähnchen gemäß VDI 3894 Bl. 1 oder aufgrund einer Zeitreihenbetrachtung unter Anwendung des vom LANUV NRW speziell für diesen Zweck ermittelten Emissionsfaktors zu erfolgen habe,
112ist im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Wie oben ausgeführt, hat das LANUV NRW die zeitreihenbezogene Berechnungsmethode zur Ermittlung der Geruchszusatzbelastung unter Heranziehung eines mittleren Wertes von 180 GE/(s*GV) im vorliegenden Fall als fachgerecht angesehen, weil die Berücksichtigung zeitabhängiger Emissionen realitätsnäher sei. Diese Vorgehensweise hat das Verwaltungsgericht zu Recht als aktuelle wissenschaftliche Praxis und sachgerechte Methode bewertet. Die Antragsbegründung des Beklagten stellt diese Bewertung nicht infrage. Sie begründet weder, dass die vom LANUV NRW angewandte Ermittlungsmethode nicht mit der Geruchsimmissions-Richtlinie im Einklang stehen könnte, noch legt sie sonst konkrete fachliche Bedenken oder gegenteilige wissenschaftliche Bewertungsansätze dar. Insbesondere zeigt sie aber nicht auf, dass es für die Entscheidung im vorliegenden Fall einer darüber hinausgehenden allgemeingültigen Klärung bedarf, welche Ermittlungsmethode einer Geruchsausbreitungsrechnung zugrundezulegen ist.
113Die weitere Frage,
114ob die GE-Werte weder die objektiv zu beurteilende Sachlage noch erkennbar die Rechtslage beträfen, da es sich bei GE-Werten allein um die Messbarkeit von Gegebenheiten handele,
115kann auf der Grundlage der bereits ergangenen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens dahingehend beantwortet werden, dass - wie oben unter A. II. 1. bereits ausgeführt - die „GE-Werte“, die einer Geruchsimmissionsprognose zugrunde zu legen sind, lediglich Erkenntnismittel sind, die nicht die Rechtslage oder die ursprüngliche Sachlage selbst betreffen, sondern maßgeblich für die Bewertung der ursprünglichen Sachlage sind.
116D. Die Berufung ist schließlich nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der geltend gemachten Abweichung von der Entscheidung eines übergeordneten Gerichts zuzulassen.
117Eine die Berufung eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der übergeordneten Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat.
118Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 158.
119Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
120Soweit die Beigeladene darauf hinweist, aus der Rechtsprechung der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen folge, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine „starre“ und „absolute“ Obergrenze für hinzunehmende Geruchsimmissionen im Außenbereich bei 0,25 (25 %) nicht bestehe, sondern vielmehr im jeweiligen Einzelfall eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen habe (OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007
121- 7 A 1434/06 - und vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 - und vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -), fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit einer etwaigen Abweichung. Wie mehrfach ausgeführt, sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass die Kläger hier aufgrund einer solchen umfassenden Würdigung Geruchsimmissionen oberhalb des Grenzwertes von 0,25 hinzunehmen hätten. Dies gilt gleichermaßen, soweit auch der Beklagte eine Abweichung von den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - und vom 23. März 2009
122- 10 B 259/09 - geltend macht.
123Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei einem Überschreiten der Obergrenze von 0,25 scheide eine Anwendung der Irrelevanzregelung gemäß Nr. 3.3 GIRL aus, von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen abweicht. Wie ausgeführt, beruht das verwaltungsgerichtliche Urteil auf einer weiteren selbstständig tragenden, nicht erfolgreich angegriffenen Begründung.
124Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
125Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Dabei orientiert sich der Senat an dem in Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (http://www.BVerwG.de/ medien/pdf/streitwertkatalog.pdf) vorgeschlagenen Wert von 15.000,- Euro. Der Umstand, dass der Beklagte und die Beigeladene Rechtsmittelführer sind, führt nicht zu einer Erhöhung dieses Werts. Denn Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung ist die Bedeutung der Sache für die Kläger; auf die Bedeutung, die die Sache für den beigeladenen Genehmigungsinhaber hat, kommt es nach § 52 Abs. 1 GKG nicht an.
126Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.------allee 3 (Gemarkung I. , Flur 12, Flurstück 937), die Klägerin zu 2. betreibt auf diesem Grundstück seit vielen Jahren - der Kurbetrieb an dieser Stelle geht bis ins Jahr 1713 zurück - eine Kurklinik, die X. . Im Zentrum der angebotenen Therapieleistungen steht die orthopädische Rehabilitation. Das Kurgelände umfasst das Flurstück 937, das im Süden von der Straße Auf dem C1. begrenzt wird und auf dem das Klinikgebäude steht sowie der eigentliche Kurgarten angelegt ist. Zu dem Kurgelände zählt darüber hinaus das sich südlich der Straße Auf dem C1. anschließende ausgedehnte, ca. 41.000 m² große Flurstück 139/46, das Herrn G. I1. - einem der Geschäftsführer der Klägerinnen - persönlich gehört. Wie die Klägerinnen dem Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 erläutert haben, beherbergt das Flurstück 139/46 den sog. M. , der für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen ist. Dafür sind im Inneren des M1. Wege freigemäht, die einen Rundweg bilden. Ansonsten ist der M. von hohen Bäumen umstanden.
3Das Kurgelände befindet sich im Stadtteil C2. I. der Stadt Q. P. , den das Land Nordrhein-Westfalen als Heilbad anerkannt hat. Das Kurgelände liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der Flächen-nutzungsplan der Stadt Q. P. stellt die Flurstücke 937 und 139/46 als Sondergebiet „Kur“ dar. Das Kurgelände ist von der geschlossenen Bebauung des Ortsteils abgesetzt und - wie der Ortstermin vom 18. September 2012 bestätigte - größtenteils von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben. Am 26. Mai 2010 beschloss der Rat der Stadt Q. P. eine am 26. Juni 2010 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ im Stadtteil C2. I. . Mit Beschluss vom 13. Juni 2012 wurde die Veränderungssperre um ein Jahr verlängert. Der avisierte Geltungsbereich des Bebauungsplans schließt u. a. die Kurklinik der Klägerinnen mit dem M. ein. Zwischenzeitlich ist die Veränderungssperre ausgelaufen.
4Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks E. Straße 9 (Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 1307; im Folgenden: Vorhabengrundstück). Dieses liegt in den nördlichen Ausläufern des X1. südwestlich des Kurgeländes in einer Luftlinienentfernung von etwa 600 m. Auf dem Vorhabengrundstück existiert ein landwirtschaftlicher Betrieb. Die - zur Zeit an einen Dritten, den Landwirt L. , verpachtete - Hofstelle umfasst ein Wohnhaus und im Bestand zwei Ställe mit zur Zeit insgesamt 140 Jung- und Mastbullen.
5Am 13. Mai 2009 stellte die Beigeladene bei dem Beklagten einen Bauantrag auf Erweiterung der Hofstelle um einen Bullenmaststall, den sie unter dem 7. Oktober 2009 namentlich hinsichtlich des Standorts des neuen Stalls (mit 285 Plätzen) neu fasste. Im Lauf des Genehmigungsverfahrens äußerte sich die Beigeladene zu der betrieblichen Situation der Hofstelle wie folgt: Sie selbst bewirtschafte mit ihrem Ehemann einen (reinen Pacht-)Betrieb in T. mit etwa 450 Bullen. Der Hof in I. gehöre ihr seit fast zwei Jahren, nachdem sie mit ihrer Mutter einen Übergabevertrag geschlossen habe. Unter dem 16. Oktober 2007 habe die Landwirtschaftskammer NRW festgestellt, dass an der Hofeigenschaft kein Zweifel bestehe. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - M2. habe den Übergabevertrag mit Beschluss vom 22. August 2008 genehmigt. Bis 1998 habe ihr verstorbener Vater den Betrieb bewirtschaftet. Nach seinem Tod seien die Rinderhaltung fortgeführt und die Stallungen dazu verpachtet worden. Grund für die nun projektierte Baumaßnahme sei die Dringlichkeit, die vorhandene Rinderhaltung der allgemein notwendigen Entwicklung anzupassen und weiter zu entwickeln, um den landwirtschaftlichen Betrieb für die Zukunft attraktiv und konkurrenzfähig zu gestalten. Einer ihrer Söhne - insbesondere N. , der sich zum Landwirt ausbilden lasse - solle den Hof weiterführen. Sie, die Beigeladene, habe 59,42 ha Betriebsfläche als Eigentum (20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 6,85 ha sonstige landwirtschaftliche Nutzfläche, 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen). Gepachtet habe sie 6,85 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen. Sie bewirtschafte davon 20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche, also in der Summe 50,75 ha. Ihr Ziel sei, die Eigentumsnutzfläche auf 64,12 ha zu erweitern und 4,95 ha hinzuzupachten. 8,67 ha wolle sie weiterhin verpachten. Insgesamt wolle sie mithin in Zukunft eine Fläche von 60,40 ha bewirtschaften. Die angestrebte Pachtdauer über die zuzupachtende Fläche von 4,95 ha belaufe sich auf bis zu 18 Jahre. Die Beigeladene legte weiterhin einen „Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger“ vom 20. November 2009 vor. Darin verpflichtete sich der Abnehmer X2. L. , der Beigeladenen jährlich Wirtschaftsdünger zur landwirtschaftlichen Verwertung abzunehmen. Der Vertrag wurde beginnend ab Inbetriebnahme der Stallungen geschlossen. Er ist nicht befristet.
6Am 29. Dezember 2009 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung zur Errichtung eines (dritten) Bullenmaststalls, Strohlagers, Fahrsilos, Erdwalls und einer Dungplatte auf dem Vorhabengrundstück. Am 6. Oktober 2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die entsprechende Baugenehmigung auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Baugenehmigung sind diverse Nebenbestimmungen beigefügt. U. a. sieht die Nebenbestimmung M.03 vor, dass der Bauherr bzw. Landwirt verpflichtet ist, dem Beklagten erloschene oder geänderte Abnahmeverträge unmittelbar vorzulegen, soweit sie die Vertragsverhältnisse über die landwirtschaftliche Verwertung des aus der Bullenmast anfallenden Wirtschaftsdüngers ändern. Nach der Nebenbestimmung zum Immissionsschutz UWS 1 darf in den Fahrsilos nur Trockensilage gelagert werden. Von den zwei Fahrsilos darf zeitgleich nur eines geöffnet sein. Die Nebenbestimmung UWS 2 schreibt vor, dass die Entnahmefläche regelmäßig von Silageresten zu säubern ist. Sobald die Entnahme von Silage beendet ist, ist das geöffnete Fahrsilo umgehend wieder zu schließen, so dass keine unnötigen Immissionen aus dem Fahrsilo austreten können. Das Geruchsgutachten des Sachverständigenbüros für Schall und Geruch M3. vom 14. Oktober 2009 sowie die Ergänzung vom 5. August 2010 sind Bestandteil der Antragsunterlagen (Nebenbestimmung UWS 3). Beide Gutachten sind grüngestempelt.
7Das Geruchsgutachten vom 14. Oktober 2009 geht davon aus, dass die Hofstelle der Beigeladenen an deren Sohn N. übergeben werden solle. Zu diesem Zweck sei ihre Weiterentwicklung vorgesehen. Durch den Neubau eines Rindermaststalls mit 285 Plätzen solle der Tierbestand auf 425 Mastplätze erhöht werden. Mit dem Neubau seien Rückbaumaßnahmen verbunden. Zur Sicherung der Futtergrundlage sei die Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage geplant. Die Emissionsdaten zur Zusatz-, Vor- und Gesamtbelastung setzten sich wie folgt zusammen: Der neue Bullenmaststall auf dem Vorhabengrundstück solle ein 51 m langer und 32 m breiter Außenklimastall mit einer Firsthöhe von ca. 8 m werden. Dem Stand der Technik entsprechend sei er mit einer Traufe-/First-Lüftung geplant. Der Frischlufteintritt erfolge über die seitlich geöffneten Außenwände. Die Stallabluft werde über den Dachfirst (Pultdach) abgeführt. Im Mittelschiff des Stalls stünden die 285 Mastbullen (jünger als 24 Monate, Lebendgewicht 450 kg bis 600 kg; Geruchsstoffstrom 7,18 MGE/h) auf unterkellerten Spaltenböden. Der anfallende Festmist werde auf einer neu zu errichtenden Platte bis zur Ausbringung auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen zwischengelagert. Das vorhandene Fahrsilo werde aufgrund der erhöhten Tierplätze auf ca. 42 m x 15 m erweitert. Zur Sicherung der Futtergrundlage solle ein zusätzliches Fahrsilo (50 m x 12,5 m) errichtet werden. In den vorhandenen Ställen 1 und 2 sollten nach Abschluss der Baumaßnahmen jeweils 70 Jungbullen (älter als zwölf Monate, Lebendgewicht 150 kg bis 450 kg; Geruchsstoffstrom jeweils 0,76 MGE/h) gehalten werden.Stall 1 sei ebenfalls mit einer Traufe-/First-Lüftung ausgestattet, Stall 2 mit einer Fenster-/Tür-Lüftung. Beide Stallsysteme entsprächen ebenfalls dem Stand der Technik. Die bestehenden Stallungen seien mit Güllelagern unterkellert. Der vorhandene ungenutzte Güllehochbehälter werde wie ein Teil der Wirtschaftsgebäude zurückgebaut. Im Beurteilungsgebiet (Umkreis 600 m) befänden sich weitere landwirtschaftliche Betriebe: Die unmittelbar benachbarte Hofstelle N1. X3. (E. Straße 7) sei ein Obstbaubetrieb und geruchstechnisch irrelevant. Auf dem dem Vorhabengrundstück nördlich gegenüber liegenden Grundstück E. Straße 40 sei die Hofstelle C3. ansässig. Neben dem „Hotel M4. C3. “ finde im landwirtschaftlichen Teil der Gebäude eine Schweinehaltung mit 160 Zuchtsauen und Ferkeln statt (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h). Die erzeugten Ferkel würden nach vier bis fünf Wochen mit einem Gewicht von ca. 7,5 kg von der Muttersau getrennt und in der Regel an Mastbetriebe verkauft. Die Hofstelle L1. X3. auf dem Grundstück E. Straße 32 diene nur noch als Pferdepension für ca. sechs bis zehn Gästepferde. Der Landgasthof L2. auf dem Grundstück E. Straße 5 sei eine ehemalige Hofstelle. Als Ermittlungs- und Berechnungsgrundlage des Geruchsgutachtens diene die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) von Oktober 2008. Zur Ermittlung der Geruchshäufigkeiten sei das Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 verwendet worden. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Daten der Wetterstation P2. werde herangezogen. Die rechnerisch ermittelte Anemometerhöhe im Rechengebiet liege bei 10,3 m über Geländeniveau. Die programmintern berechnete Rauhigkeitslänge betrage 0,05 m. Nach erfolgter Ausbreitungsrechnung werde eine Beurteilung der Geruchssituation gemäß der GIRL vorgenommen. Dabei seien Gewichtungsfaktoren für einzelne Tierarten - Mastschweine, Sauen: 0,75, Rinder: 0,50 - berücksichtigt worden. Die Darstellung der Ergebnisse erfolge flächendeckend als farbige Rasterkarte und als Rasterkarte mit der Angabe der zu erwartenden prozentualen Häufigkeit als Zellenwert. Die Rasterkarte der belästigungsrelevanten Geruchshäufigkeiten ergibt für das gesamte Kurklinikgelände der Klägerinnen einschließlich des M1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit bis zu 0,06/6 %.
8Der in der Nebenbestimmung UWS 3 weiterhin in Bezug genommenen Ergänzung des Geruchsgutachtens vom 5. August 2010 ging eine Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) vom 23. Juni 2010 voraus, das der Beklagte hinzugezogen hatte: Die Emissionssituation sei - so das LANUV NRW - im Gutachten vom 14. Oktober 2009 plausibel dargestellt. Der Gutachter habe die Einzeltiermassen nachvollziehbar der Tabelle 10 der TA Luft entnommen. Das Vorgehen sei auch hinsichtlich der verwendeten Geruchsemissionsfaktoren akzeptiert. Die Verwendung des Ausbreitungsmodells AUSTAL2000 zur Erstellung der Immissionsprognose sei GIRL-konform. Die Übertragbarkeit der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. auf den Anlagenstandort sei klärungsbedürftig. Die Verwendung des diagnostischen Windfeldmodells TALdia zur Berücksichtigung der Geländeunebenheiten sei TA Luft-konform. Die verwendete Qualitätsstufe +1 sei sachgerecht. Die eingesetzte Rauhigkeitslänge von 0,05 sei plausibel - sie ergebe sich im Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 automatisch als für bewässerte Ackerflächen typisch - ebenso die Modellierung der Quellen als vertikale Linienquellen. Da der Anlagenstandort sich am Nordhang des X1. befinde, sei möglicherweise eine Vergrößerung des Rechengebiets über das vorgeschriebene Maß notwendig, um den Einfluss des X1. auf das Windfeld zu erfassen. Aufgrund des Vorhabenstandorts sei das Auftreten von Kaltluftabflüssen möglich. Eine Betrachtung dieser Kaltluftabflüsse fehle bisher. Im Gutachten solle eine ausführliche Beschreibung des festgelegten Anemometerstandorts mit kritischer Betrachtung erfolgen. Eine Nachfrage des LANUV NRW habe jedoch ergeben, dass der Gutachter als Anemometerstandort den höchsten Punkt im Rechengebiet gewählt habe. Dies sei plausibel. Die DWD-Wetterstation mäßen die Windgeschwindigkeit standardmäßig in einer Höhe von 10 m. Der Gewichtungsfaktor von 0,5 für die Bullenmast entspreche nicht der GIRL. Danach wäre der Faktor 1,0 korrekt. Die Güllelagerung unter dem Stall werde mit dem Geruchsemissionsfaktor der darüberstehenden Tiere berücksichtigt. Dabei sei nicht relevant, wann und wie oft der Keller entleert werde. Ob die Vorbelastung hinreichend erfasst worden sei, lasse sich vom LANUV NRW nicht beurteilen.
9In seiner Ergänzung vom 5. August 2010 - vorangegangen war noch eine Berechnung vom 20. Juli 2010 mit Daten der Wetterstation E1. - legte der Gutachter M3. mit Blick auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 23. Juni 2010 dar, die Daten der Wetterstation P2. würden unverändert im Einvernehmen mit der zuständigen Fachbehörde als repräsentativ für den Vorhabenstandort angesehen. In Ergänzung zu den vorliegenden Berechnungsergebnissen werde auf Anregung des LANUV NRW die Größe des Rechnungsgitters erweitert, um den Einfluss des X1. auf die Windfeldbibliothek zu erfassen. Somit würden die Einflüsse des X1. hinsichtlich der Strömungsverhältnisse erfasst. In einem erneuten Rechengang sei der Gewichtungsfaktor 1,0 für die reine Bullenmast eingestellt worden. Kaltluftabflüsse seien nicht zu berücksichtigen. Unter Beachtung der Umstände in der näheren Umgebung - keine Tallage im klassischen Sinn mit einem Flussverlauf; die Höhendifferenz betrage bei einer Entfernung von 600 m gerade einmal 30 m (5 % Gefälle) - könnten diese als vernachlässigbar eingestuft werden. Überdies sei die Bodenrauhigkeitslänge im vorliegenden Fall nicht gering. Die Neuberechnung vom 5. August 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass auf dem Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung von maximal 0,06/6 % der Jahresstunden erreicht werde. Die Geruchsbelastung im M. (Flurstück 139/46) bewege sich in dessen Südhälfte zwischen 0,10/10 % und in der Spitze in der südwestlichsten Ecke 0,16/16 %.
10Am Genehmigungsverfahren hatte der Beklagte Nachbarn und Träger öffentlicher Belange beteiligt:
11Die Klägerin zu 2. erhob mit Schreiben vom 17. Juli 2009 Einwände. Die durch das beantragte Vorhaben zu erwartende Geruchsbelastung lasse eine Beeinträchtigung des Kurbetriebs befürchten, der vor Ort ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sei. Unter dem 14. Februar 2010 vertieften beide Klägerinnen ihre Einwendungen.
12Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 wandten sich die Betreiber des „Hotels M4. C3. “ (E. Straße 40) gegen das Vorhaben. Sie trugen vor, sie hätten sich vor einigen Jahren entschlossen, nicht in die Erweiterung der Landwirtschaft zu investieren, sondern in den Hotel- und Gastronomiebereich. Sie betrieben seit sechs Jahren ein kleines Hotel mit Gastronomiebetrieb. Die vorhandenen Zimmer seien renoviert und saniert worden. Durch die beantragte Genehmigung zusätzlicher Bullenmastplätze sähen sie ihre Existenz gefährdet.
13Genehmigungsrechtlich stellt sich das Anwesen C3. nach den von dem Beklagten überreichten Bauakten so dar: Am 22. September 1981 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht auf dem Grundstück Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 852 (E. Straße 40). In der genehmigten Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, der neue Stall sei für 50 Sauen eingerichtet. Für den Abferkelvorgang seien vier Abteile mit je acht Abferkelbuchten geplant. In den genehmigten Bauvorlagen heißt es zum maximal möglichen Viehbestand für den ersten Stallbereich: tragende Sauen 50 Stück, Jungsauen zwölf Stück, Zuchteber zwei Stück und für den zweiten Stallbereich: Zuchtsauen mit Ferkeln 32 Stück. Am 18. Mai 2004 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des Pensionsteils auf dem Grundstück E. Straße 40 als Nachtrag zu einem Bauschein vom 14. Juni 2002. Danach wurde das an den Stall angebaute Wohngebäude in einen Hotelbetrieb umgebaut. Zur Erläuterung dieses Bauvorhabens war ausgeführt worden, Herr C3. betreibe unter dem Stichwort „Urlaub auf dem Bauernhof“ im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs einen Pensionsbetrieb. Die Gästezimmer und Versorgungsräume sollten modernisiert und erweitert werden.
14Unter dem 3. November 2009 teilte die Bezirksregierung Detmold dem Beklagten mit, § 3 Nr. 2 des Kurortegesetzes NRW (KOG) fordere den Schutz des Kurgebiets, der Gesundheitseinrichtungen, des Erholungswerts und der therapeutischen Möglichkeiten vor schädlichen Einwirkungen. Vor diesem Hintergrund werde angeregt, im Genehmigungsverfahren für den geplanten Bullenmaststall alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Schutz des Kurgebiets zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass auch künftig die Voraussetzungen für das Prädikat „I2. “ und einen erfolgreichen Betrieb der Gesundheitseinrichtungen gegeben seien.
15Mit Schreiben vom 11. November 2009 teilte die Landwirtschaftskammer NRW dem Beklagten mit, dass die Beigeladene mit ihrem Ehemann in T. einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, auf dem 450 Mastbullen und 2.500 Mastschweine gehalten würden. Für diesen Betrieb könne nicht eingeschätzt werden, ob er rein landwirtschaftlich oder zum Teil gewerblich genutzt werde, da genaue Betriebsdaten fehlten. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass in I. ein eigenständiger Betrieb aufgebaut werden solle. Dabei würden die bisherigen Aussagen gelten, wenn gewährleistet sei, dass die Eigentumsflächen wieder in Eigenbewirtschaftung genommen würden und entsprechend Pachtflächen hinzu kämen. Um bei einer Bullenplatzzahl für 425 Tiere die überwiegende Futtergrundlage bereitstellen zu können, müssten knapp 40 ha landwirtschaftliche Fläche selbst bewirtschaftet werden. Diese Flächen reichten allerdings nicht, um die anfallenden organischen Dünger sinnvoll auszubringen. Es seien daher entsprechende Abnahmeverträge erforderlich. In ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 2009 ergänzte die Landwirtschaftskammer NRW, die Beigeladene habe die fehlende eigene Ausbringungsfläche kompensiert, indem sie den vorgelegten Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger abgeschlossen habe. Darüber würden so viel Nährstoffe abgegeben, dass die geforderte sinnvolle Ausbringung gewährleistet sei. Der Abnahmevertrag sei auf unbestimmte Zeit vereinbart, da mit der Beendigung der Flächenpachtverhältnisse mit dem noch nicht präzise festzulegenden Datum des Eintritts des Sohnes N. in den Betrieb auch der Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger beendet werden könne. Die in der Stellungnahme vom 11. November 2009 geforderten knapp 40 ha selbstbewirtschafteter Fläche seien nachgewiesen.
16Die Klägerinnen haben am 28. April 2010 Klage erhoben, die sie am 19. November 2010 auf die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 erstreckt haben. Die Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 31. März 2010 zugestellt, die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 am 21. Oktober 2010.
17Zur Begründung haben die Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen:
18Das Vorhaben der Beigeladenen sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Es fehle die hinreichende Futtergrundlage für eine Bullenhaltung mit 425 Mastplätzen. Dafür müsse die Beigeladene ca. 40 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. Nach den Bauantragsunterlagen verfüge der Betrieb der Beigeladenen zur Zeit aber nur über 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Die von der Beigeladenen erhoffte Flächenausweitung sei unklar und ungesichert. Des Weiteren würden die dem früheren Betrieb zugewiesenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und das Stallgebäude nicht von der Beigeladenen, sondern von einem Pächter genutzt, der außerdem einen weiteren Betrieb bewirtschafte. Das Wohngebäude werde von der Mutter der Beigeladenen bewohnt. Die Hofstelle sei keine geschlossene Betriebseinheit. Das Vorhaben weise nicht die notwendige Nachhaltigkeit auf. Der Hinweis, in Zukunft wolle der Sohn der Beigeladenen den Betrieb übernehmen, sei zu unspezifisch. Der vorlegte Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger gewährleiste in keiner Weise, dass der Wirtschaftsdünger durch den Abnehmer tatsächlich abgenommen werde. Unklar sei auch, für welchen Zeitraum dieser Vertrag geschlossen sein solle. Die Beigeladene habe nicht nachgewiesen, wie sie den anfallenden Wirtschaftsdünger entsorgen wolle. Dies sei aber auch für die Frage der Beurteilung der Geruchsimmissionen von entscheidender Bedeutung. Das Vorhaben sei mit Blick auf die Veränderungssperre für den Bereich des neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 „I2. P1. “ nicht mehr genehmigungsfähig. Das Vorhaben der Beigeladenen lasse sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vereinbaren. Dieser stelle die Kurklinik als Kurgebiet dar. Das genehmigte Vorhaben rufe in Bezug auf den Kurbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen in der Gestalt von Geruchsimmissionen hervor. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten M3. sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Der von dem Gutachter angesetzte Immissionswert von 0,06/6 % der Jahresstunden sei zu hoch. Die Kurklinik sei von einem Kurpark umgeben. Dieser diene dem Aufenthalt von Menschen und sei schutzwürdig. Die Klinik werde erheblich nachteilig betroffen. Die zu erwartenden erheblichen Geruchsimmissionen würden unmittelbaren Einfluss auf die Zufriedenheit der Kurgäste und damit den Erholungswert haben, den die Kurklinik bieten könne. Dies werde den wirtschaftlichen Erfolg des Kurbetriebs negativ beeinflussen. Der angesetzte Immissionswert werde auch nach den neueren Berechnungen des Gutachters eindeutig überschritten. Im Kurgebiet selbst würden - gerade in den Bereichen, die von den Kurgästen zur Erholung genutzt werden - Geruchsstundenhäufigkeiten von über 0,20/20 % prognostiziert. Im Bereich der Kurklinik betrage die Geruchsstundenhäufigkeit immer noch 0,03/3 % bis 0,06/6 % der Jahresstunden. Das Gutachten M3. mache zum Weiteren keine Angaben dazu, in welcher Form die Bullenmast betrieben werden solle und wie alt die aufgestallten Tiere seien. Er habe andere relevante Emissionsquellen nicht bzw. nicht richtig berücksichtigt. Bei der Pferdepension X3. bleibe unklar, wie viele Pferde auf der Hofstelle aufgrund der einschlägigen Baugenehmigung gehalten werden dürften. Auch für die Hofstelle C3. sei nicht geprüft worden, ob aufgrund von Baugenehmigungen Tierhaltung zulässig sei. Für die richtige Berechnung der Vorbelastung sei allein entscheidend, in welchem Umfang der jeweilige landwirtschaftliche Betrieb Immissionen erzeugen dürfe. Der Umstand, dass auf dem Hof C3. noch eine Pension betrieben werde, besage nichts darüber, in welchem Ausmaß die Schweinehaltung Immissionen erzeuge. Der Gutachter M3. gebe an, auf der Hofstelle C3. würden 160 Zuchtsauen und Ferkel gehalten. Im Gutachten gehe er von lediglich 60 Sauen und 100 Abferkelbuchten aus. In einem Sauenbetrieb seien aber auch die Plätze für Jungsauen, die Ferkelaufzuchtplätze sowie die Eberplätze zu berücksichtigen. Dies sei nicht geschehen. Die angesetzte Bodenrauhigkeit von 0,05 m werde von dem Gutachter M3. nicht weiter erläutert. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Bodenverhältnisse hätte ein Wert von 0,20 m zugrunde gelegt werden müssen. Für die Silage und die Mistplatte hätte ein Hedonikfaktor von 1,0 angesetzt werden müssen. Die neuen Fahrsilos habe das Gutachten bei der Ermittlung der Immission nicht berücksichtigt. Es sei unklar, ob und inwieweit der Gutachter die Güllelagerung berücksichtigt habe. Die Wetterdaten der Station P2. seien auf den Vorhabenstandort nicht übertragbar. Die Anemometerhöhe sei unzutreffend angegeben worden. Das LANUV NRW sei in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass der größte Teil ihrer, der Klägerinnen, Argumente zutreffend sei. Die ergänzende Stellungnahme vom 5. August 2010 sei nicht geeignet, die Einwände auszuräumen. Dazu werde auf eine geruchstechnische Stellungnahme des Sachverständigenbüros S. und I. vom 19. November 2010 verwiesen. Diese Stellungnahme weise nach, dass die Ausführungen des Gutachters M3. im Hinblick auf die Rauhigkeit, den Gewichtungsfaktor für Silage und Mistplatte, die Wetterdaten sowie die Anemometerhöhe der Wetterstation P2. nach wie vor fehlerhaft seien. Die weitere gutachterliche Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 bestätige die Fehlerhaftigkeit der Geruchsimmissionsprognose M3. .
19Die Klägerinnen haben in der Sache beantragt,
20die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte hat im Kern dies vorgetragen: Das genehmigte Vorhaben diene einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Dies habe die Landwirtschaftskammer NRW in ihren Stellungnahmen bestätigt und ergebe sich auch aus den Angaben der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Klägerinnen liege nicht vor. Dies stellten u. a. die Nebenbestimmungen UWS 1 und UWS 2 hinsichtlich der Fahrsilos sicher. Das Geruchsgutachten M3. sei plausibel. Der Gutachter habe die Geruchsvorbelastung durch die Hofstelle C3. nicht unterschätzt. Diese liege auf der sicheren Seite. In den Bauakten zur Hofstelle C3. zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht aus dem Jahr 1981 - dem letzten genehmigten Bauvorhaben zur Tierhaltung auf der Hofstelle - werde ein etwas kleinerer Tierbestand als künftiger Zielbestand angegeben. Der Eigentümer der Hofstelle habe in einem bei dem Beklagten anhängigen Baugenehmigungsverfahren in seiner Betriebsbeschreibung vom 29. November 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück angegeben, der nicht weiter gesteigert werden solle. Zu der ergänzenden Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 sei anzumerken, dass der auf der Hofstelle C3. maximal mögliche Schweinebestand durch die Gesamtgröße der Stallungen, die vorhandenen Güllekapazitäten sowie tierschutzrechtliche Anforderungen begrenzt werde. Anhaltspunkte dafür, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden oder zukünftig gehalten werden könnten, lägen nicht vor. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung habe das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln gemeldet. Hinzu komme, dass auf der Hofstelle eine Pension betrieben werde, deren Erweiterung im Jahre 2002 genehmigt worden sei. In der Beschreibung dieser Baumaßnahme sei ausgeführt worden, es sei dazu erforderlich, den landwirtschaftlichen Teil geringfügig einzuschränken und den Übernachtungs- und Beherbergungsteil auszubauen.
24Die Beigeladene hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt. Sie hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
25Der Beklagte und die Beigeladene haben sich zudem auf ergänzende Stellungnahmen des Gutachters M3. berufen. Unter dem 24. Dezember 2010 führte der Gutachter M3. - veranlasst durch die Stellungnahme von S. und I. vom 19. November 2010 - aus, die Rauhigkeitslänge der Geländeoberfläche betrage im maßgeblichen Bereich eindeutig 0,05 m. Für den landwirtschaftlichen Betrieb C3. habe er insgesamt 160 Sauenplätze zugrunde gelegt. Diese Angabe stamme von Herrn C3. persönlich. Eine Überprüfung vor Ort habe nicht stattgefunden. In der Nachbetrachtung der geruchstechnischen Untersuchung seien alle Quellen der Hofstelle der Beigeladenen den Vorgaben des LANUV NRW entsprechend mit einem Gewichtungsfaktor f = 1,0 (bzw. ohne Gewichtungsfaktor) gerechnet worden. Zur Fütterung der Tiere werde aus vielerlei Gründen grundsätzlich nur eines der Fahrsilos mit Maissilage angeschnitten. Dies sei entweder das bestehende oder das neue Fahrsilo. Nur die Anschnittfläche des Fahrsilos stelle eine relevante Geruchsquelle dar. Die Verwendung der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. sei mit dem Beklagten abgesprochen. Die Anemometerhöhe von 10,3 m habe AUSTAL 2000 standardmäßig festgelegt. Das LANUV NRW habe dies als plausibel eingestuft.
26In einer weiteren ergänzenden Geruchsimmissionsberechnung vom 25. September 2011 ging der Gutachter M3. auf die Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 ein: Weiterhin bestünden keine Zweifel an der verwendeten Rauhigkeitslänge. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand seien die Wetterdaten der Station P2. für den Vorhabenstandort repräsentativ. Im Übrigen wiesen die Windrosen der Wetterstationen P2. , C2. T. und E1. hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung keine signifikanten Abweichungen auf. Unter Einbeziehung folgender Randbedingungen sei eine erneute Ausbreitungsrechnung durchgeführt worden: aktives Fahrsilo im südlichen Hofbereich, Rauhigkeitslänge 0,20 m und Anemometerhöhe 19,20 m. Ergebnis dessen ist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung bis zu einem Immissionswert von 0,05/5 % und für das Flurstück 139/46 südlich der Straße Auf dem C1. - den M. - eine Geruchsbelastung von im Wesentlichen bis zu 0,10/10 %. Lediglich in der äußersten südwestlichen Ecke dieses Flurstücks soll sich die Geruchsimmissionsbelastung auf voraussichtlich maximal 0,12/12 % belaufen.
27Mit Urteil vom 4. Oktober 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerinnen sei nicht festzustellen. Schädliche Umwelteinwirkungen infolge der genehmigten Erweiterung der Bullenmast seien für das Betriebsgrundstück des Kurbetriebs nicht zu erwarten. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsgutachtens sei davon auszugehen, dass im Bereich des Kurbetriebsgebäudes einschließlich des umgebenden Kurparks nördlich der Straße Auf dem C1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von maximal 0,06/6 % sowie im Bereich des südlichen Kurparks - mit Ausnahme einer stärker belasteten Teilfläche geringfügigen Ausmaßes - von maximal 0,10/10 % zu erwarten sei. Die zugrunde liegende Ausbreitungsberechnung werde durch die Einwendungen der Klägerinnen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es sei zu berücksichtigen, dass die Parkanlage südlich der Straße Auf dem C1. ersichtlich nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen diene. Der Aufenthalt der Kurgäste in der Kurklinik dürfte sich im Regelfall auf wenige Wochen beschränken, derjenige im Kurpark auf wenige Stunden am Tag. Es sei zu beachten, dass die nördlich der Straße gelegenen Kurparkflächen eine deutlich geringere Immissionsbelastung aufwiesen. Es sei kein Bedürfnis vorhanden, diese Außenfläche mit einem höheren Schutzanspruch gegen Geruchsbelastung auszustatten als Wohngebiete, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt seien.
28Mit Beschluss vom 9. August 2012 hat der Senat die Berufungen der Klägerinnen zugelassen.
29Am 18. September 2012 hat der Berichterstatter des Senats - wie schon angesprochen - die Kurklinik, ihre Umgebung, das Vorhabengrundstück und den Weg von der Kurklinik zu dem Vorhabengrundstück in Augenschein genommen. Im Zuge der anschließenden Erörterung hat der Berichterstatter den Geruchsgutachter der Beigeladenen, Herrn Dipl.-Ing. M3. , zu seiner Ausbreitungsrechnung befragt. Wegen der Einzelheiten des Ortstermins und der Erörterung wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die gefertigten Lichtbilder verwiesen.
30Im Nachgang zu dem Ortstermin ergänzte die Beigeladene ihre Geruchsimmissionsprognostik bzw. rechnete sie am 20. September 2012 neu. Absprachegemäß legte sie dabei die Wetterdaten der Station C2. T. zugrunde, obwohl dies nach ihrer Auffassung wegen des zu hohen Schwachwindanteils von über 20 % fachlich nicht zulässig sei. Ein Vergleich dieser Berechnung mit den vorangegangenen auf der Grundlage von Daten der Wetterstationen P2. (Ergänzung vom 5. August 2010) und E1. (Stellungnahme vom 20. Juli 2011) lasse aber erkennen - so die Beigeladene -, dass in den Beurteilungsflächen im Bereich der Kurklinik der Immissionswert von 0,06/6 % nicht überschritten werde. Die farbige Rasterkarte vom 20. September 2012 zeigt für den südlichen Teil des M1. eine Geruchsbelastung zwischen 0,10/10 % und 0,14/14 % und bezogen auf den Kurgarten auf dem Flurstück 937 überwiegend bis zu 0,06/6 %. Lediglich ein schmaler Streifen des Kurgartens ist danach mit 0,07/ 7 % beaufschlagt.
31Die Klägerinnen treten der ergänzenden Geruchimmissionsprognose vom 20. September 2012 zu Beginn des Berufungsverfahrens entgegen: Der Geruchsgutachter äußere sich nicht zur Übertragbarkeit der Wetterdaten der Station C2. T. auf den Vorhabenstandort. Die Berechnung sei tatsächlich wegen des zu hohen Schwachwindanteils fehlerhaft. Eine im Auftrag der Klägerinnen erstellte Übertragbarkeitsstudie der Firma B. vom 13. November 2012 besage, dass die Wetterdaten der Station M. auf den Vorhabenstandort am Besten übertragbar seien. Eine Berechnung auf der Basis dieser Daten liege nicht vor. In der Studie von B. heißt es außerdem, eine Immissionsrelevanz von Kaltluftströmungen könne am Vorhabenstandort nicht ausgeschlossen werden. Die Auswertung des Kaltlufteinflusses zeige jedoch, dass die Bereiche in südwestlichen und nordöstlichen Quadranten überwiegend positiven Einfluss während einer Kaltluftsituation erführen. Die sich dabei einstellende Strömungssituation erzeugt demnach niedrigere Immissionen. Für den Standort der Klägerinnen ergebe sich, dass Kaltluftsituationen aus Richtung des Vorhabenstandorts keine Problemsituation erzeugten.
32Mit Verfügung vom 29. November 2012 hat der Senat das LANUV NRW darum gebeten, alle im Lauf des Verfahrens eingereichten Geruchsgutachten und Stellungnahmen auf ihre Plausibilität zu überprüfen sowie zu allen aufgeworfenen geruchsimmissionstechnischen Fragen Stellung zu nehmen. In seiner fachbehördlichen Stellungnahme vom 18. Juni 2013 hat das LANUV NRW ausgeführt, die von dem Gutachter M3. verwendete Rauhigkeitslänge von 0,05 m müsse aus heutiger Sicht hinterfragt werden. Inzwischen empfehle das LANUV NRW, die im Corine-Kataster hinterlegten Rauhigkeitslängen mit den Landnutzungen vor Ort abzugleichen und, wenn die Angaben im Corine-Kataster von der tatsächlichen, kleinräumigen Landnutzung vor Ort abwichen, die mittlere Rauhigkeitslänge direkt aus den vor Ort vorhandenen Landnutzungen und deren Flächenanteil zu bestimmen. Im Umfeld der streitgegenständlichen Anlage befänden sich sowohl Gebäude als auch ein mit Bäumen bewachsener Teilbereich, so dass dieser eine höhere Rauhigkeitslänge habe als 0,05 m. Aus heutiger Sicht sei ggf. eine Korrektur der automatisch ermittelten Rauhigkeitslänge durchzuführen. Aus Sicht des LANUV NRW seien die meteorologischen Daten der Station M. für die Ausbreitungsrechnung zu verwenden. Zudem seien die weiteren Hinweise aus der plausiblen Übertragbarkeitsprüfung der Firma B. vom 13. November 2012 zu verwenden. Was die Frage der Gesamtvorbelastung angehe, zeigten Erfahrungen aus dem Bereich der Geruchsimmissionsmessung, dass bei Vorliegen von Geruchsimmissionen aus unterschiedlichen Tierhaltungen bei den jeweiligen Messtakten (alle 10 Sekunden) weit überwiegend eine Geruchsqualität/Geruchsart eindeutig erkannt werde. Das heiße z. B. bei Geruchsimmissionen aus Rinder- und Schweinehaltungen aus der gleichen Einwirkungsrichtung würden am Immissionsort entweder Rinder- oder Schweinehaltungsgerüche erkannt. Innerhalb eines Messinterwalls (10 Minuten, 60 Einzelmessungen) könne es vorkommen, dass sowohl Messtakte mit Schweine- als auch mit Rinderhaltungsgerüche aufträten. Mischgerüche, also Geruchserkennungen, die aufgrund der Geruchsqualität noch eindeutig einer Tierhaltungsanlage zugeordnet werden könnten, aber nicht eindeutig einer bestimmten Tierart, träten kaum auf. Mit den u. a. im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur GIRL 2008 „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ durchgeführten Ausbreitungsrechnungen mit dem im Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Partikelmodell habe demonstriert werden können, dass mit diesem sowohl die Gesamtbelastung als auch die Anteile unterschiedlicher Geruchsarten (Schweine-/Rinder-/Geflügelhaltung) gut beschrieben werden könnten.
33Auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 18. Juni 2013 reagierte die Beigeladene mit einem weiteren ergänzenden Geruchsgutachten M3. vom 23. August 2013, das jetzt auf den Wetterdaten der Station M. inklusive der quantifizierten Kaltlufteinflüsse gemäß dem B. -Gutachten vom 13. November 2012 fuße. Im Geruchsgutachten vom 23. August 2013 wird ausgeführt, dass die ergänzenden Anregungen des M1. NRW vom 18. Juni 2013 bei der erneuten Ausbreitungsrechnung Berücksichtigung gefunden hätten. Es sei eine korrigierte Rauhigkeitslänge von 0,20 m verwendet worden. Die Emissionsdaten (Geruchsstofffracht, Quellengeometrie etc.) blieben gegenüber den bisherigen Berechnungen unverändert. Im Ergebnis sei zu erkennen, dass die Häufigkeiten der belästigungsrelevanten Kenngrößen der gesamten Geruchsbelastung selbst unter Einbeziehung möglicher Kaltluftabflüsse im Bereich des Kurgebiets abnähmen, wenn man die Wetterdaten der Station M. heranziehe. Die Darstellung der Geruchsbelastung vom 23. August 2013 weist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) einen Wert von höchstens 0,05/5 % aus sowie für den M. (Flurstück 139/46) südlich der Straße Auf dem C1. einen Höchstwert von 0,06/6 % in dessen äußerstem südwestlichen Bereich. Im Übrigen fällt die errechnete Geruchsbelastung niedriger aus.
34Auch zu der letzten Prognose M3. vom 23. August 2013 hat das M1. NRW auf Bitte des Senats Stellung genommen. Unter dem 11. November 2013 hat es als Fazit mitgeteilt, die Änderungen in der vorgelegten Ergänzung des Gutachtens vom 23. August 2013 - Rauhigkeitslänge 0,20 m, Daten der Wetterstation M. , Einfluss von Kaltluftabflüssen - in Verbindung mit der Übermittlung weiterer Informationen des Gutachters vom 7. November 2013 seien plausibel. Damit seien die in der vorigen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 aufgeworfenen Punkte geklärt. Die Fragen zur Erläuterung der Anemometerhöhe hätten zu einer neuen Berechnung durch den Gutachter - mit einer plausiblen Anemometerhöhe von 4,30 m - geführt. Diese Neuberechnung zeigt eine Geruchsbelastung von Kurklinik und Kurgarten auf dem Flurstück 937 von maximal 0,03/3 % und im M. (Flurstück 139/46) von höchstens 0,04/4 % in dessen äußerstem südwestlichen Winkel. Die Ergebnisse der neuen Berechnungen wichen - so das M1. NRW - deutlich von den bisherigen ab. Sie führten zu deutlich geringeren Immissionshäufigkeiten im Umfeld der Anlage. Sie sollten bei der Bewertung der Gesamtsituation berücksichtigt werden.
35Zur Begründung ihrer Berufungen wiederholen und vertiefen die Klägerinnen im Kern ihr erstinstanzliches Vorbringen. Gemäß den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL dürfe in Kurgebieten in der Regel der Wert von 0,06/6 % nicht überschritten werden. Dies gelte insbesondere in Luftkurorten. Vorliegend habe eine Einzelfallprüfung nach Nr. 5 GIRL zu erfolgen. Der Immissionswert von 0,06/6 % gelte auch für den M. . Das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich des M1. nicht hinreichend mit dem Sinn und Zweck eines Kuraufenthalts auseinander gesetzt. Diejenigen Personen, die sich in die Kurklinik der Klägerinnen begäben, seien gesundheitlich - zum Teil extrem - geschwächt. Sinn des Kuraufenthalts sei, eine Rehabilitation durchzuführen und dadurch die gesundheitliche Situation insgesamt zu verbessern. Neben den einzelnen medizinisch veranlassten Kuranwendungen solle gerade das Umfeld, in dem sich die Kurgäste aufhielten, sicherstellen, dass der Erholungsprozess gefördert werde. Aus diesem Grund gebe es den Kurpark, der die Kurgäste zum Aufenthalt und zur Bewegung an der frischen Luft animieren solle. Dieser Zweck werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Aufenthalt im Kurpark mit ekelerregenden Gerüchen verbunden sei. Dies führe sowohl zu einer Verminderung des Kurerfolgs als auch zu einer erheblichen Verärgerung der Kurgäste. Dies wiederum wirke sich negativ auf das Kurangebot aus. Die Klägerinnen müssten befürchten, dass ihr Kurangebot infolgedessen weniger nachgefragt werde oder dass die Kurgäste sich beispielsweise bei Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern über die Geruchsbelästigungen beschwerten. Dies könne zu einer Existenzgefährdung des Kurbetriebs führen. Da die Kurgäste sich jeweils nur für wenige Wochen in der Kurklinik aufhielten, sei es durchaus wahrscheinlich, dass ein Teil der Kurgäste aufgrund der bestehenden Windverhältnisse während des gesamten Kuraufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen sei. Daher sei der Hinweis auf den statistischen Jahreswert für Wohngebiete unangebracht. In Wohngebieten seien die betroffenen Personen während des gesamten Jahres der Möglichkeit von Geruchsimmissionen ausgesetzt, so dass ein statistischer Jahreswert angemessen sei, um die Zumutbarkeit der Immissionen zu überprüfen. Bei Kurgästen greife dieser statistische Ansatz nicht. Rein statistisch betrachtet würde der Ansatz eines Grenzwerts von 0,06/6 % der Jahresstunden bedeuten, dass es in der Kurklinik jeden Tag ca. 1,5 Stunden nach Tierexkrementen stinke. Dies sei für den Betrieb einer Kurklinik völlig unzumutbar. Diese Unzumutbarkeit steigere sich noch, wenn sich die Verteilung der Geruchsstunden aufgrund der Windverhältnisse anders darstelle. Gerade in den Sommermonaten müssten die Klägerinnen befürchten, dass in dem Klinikgebäude insbesondere auch in den Nachtstunden, wenn die Kurgäste nach Ruhe suchten, mehrere Stunden Gerüche nach Tierexkrementen aufträten. Aber auch sonst sei die Einzelfallabwägung des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass der Beklagte die Kurklinik und den Kurpark baurechtlich genehmigt habe, bleibe unerwähnt. Die Klägerinnen seien deswegen schutzwürdig, auch wenn das Gebiet nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen sei, sondern im Außenbereich liege. Jedenfalls gebe es eine entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan. Das jahrzehntelange Nebeneinander der Kurklinik und landwirtschaftlichen Nutzungen sage nichts darüber aus, ob die zu erwartende Zusatzbelastung zumutbar sei. Dieses Nebeneinander habe sich bislang in der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ausgedrückt. Die Geruchsimmissionen, die von diesen landwirtschaftlichen Flächen ausgingen, seien jedoch gering. Anders sehe es aus, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb im Rahmen einer Massentierhaltung ständig Gerüche emittiere. Das Vorhaben der Beigeladenen habe im Hinblick auf die Geruchsbelastung eine andere Dimension. Dadurch erhöhe sich das Risiko der Kurgäste, während ihres Aufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen zu werden. Man dürfe auch nicht von einem einheitlichen Begriff der Landwirtschaft ausgehen. Vorliegend sei die Errichtung einer Anlage für die Massentierhaltung geplant. Die Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. sei unterschätzt worden. Der Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass in dem Altgebäude auf der Hofstelle, für das keine Genehmigungsunterlagen vorlägen, nicht mehr als 96 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten werden könnten. Der Beklagte trage insoweit lediglich vor, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten worden seien oder zukünftig gehalten werden könnten. Dies reiche nicht aus, um nachvollziehbar darzulegen, in welchem Umfang auf der Hofstelle C3. die Haltung von Sauen mit Ferkeln baurechtlich zulässig sei. Unklar bleibe ferner, wie der Beklagte bzw. der Geruchsgutachter der Beigeladenen das Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln bestimmt habe. Die fachbehördlichen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 belege, dass das bereits mehrfach nachgebesserte Geruchsgutachten M3. nicht den rechtlichen Anforderungen entspreche.
36Die Klägerinnen beantragen,
37das angefochtene Urteil zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Er trägt im Grundzug ergänzend vor, das Verwaltungsgericht habe das Geruchsschutzniveau des Kurbetriebs zutreffend bestimmt. Dieser liege im Außenbereich. Die Darstellung im Flächennutzungsplan ändere daran nichts. Ein Kurpark südlich der Straße Auf dem C1. sei baurechtlich nicht genehmigt. Nachfragen bei der Landschafts- und Wasserbehörde hätten keine Hinweise auf eine entsprechende Genehmigung erbracht. Vielmehr sei davon auszugehen, dass diese Fläche in der Vergangenheit schleichend von einer landwirtschaftlichen Nutzfläche hin zu einer Parkanlage entwickelt worden sei. Das Flurstück 139/46 stehe ohnehin nicht im Eigentum der Klägerinnen, sondern von Herrn G. I1. . Dies mache es auch fraglich, ob die Klägerinnen für dieses Grundstück eigene Schutzansprüche reklamieren könnten. Jedenfalls diene dieses Grundstück ersichtlich nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen. Davon abgesehen liege der eigentliche Kurpark C2. I. mit dem Haus des Gastes am Westrand von C2. I. und werde von dem Vorhaben nicht berührt. Die Klägerinnen stellten die bisherige Geruchsbelastung des Kurbetriebs unrichtig dar. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Umgebung der Kurklinik werde seit Jahrzehnten mehrfach im Jahr Gülle aufgebracht. Die Möglichkeit der Gülleaufbringung unterliege keinerlei Beschränkungen. Hinzu kämen die Geruchsimmissionen durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. . Rein statistisch bedeute die Vorbelastung von 0,02/2 % bis 0,03/3 % der Jahresstunden, dass es schon heute an der Kurklinik 45 Minuten pro Tag rieche. Damit müssten die Kurgäste rechnen und es akzeptieren. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ausschließlich die Häufigkeit und Intensität von Geruchsimmissionen quasi monokausal über den Erfolg einer Kur und im Ergebnis über die wirtschaftliche Existenz eines Kurbetriebs entscheide. Das Umfeld einer Kurklinik sei nur ein Faktor von vielen. Anhand der Bauakten könne sicher ausgeschlossen werden, dass auf der Hofstelle C3. jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden. Hinsichtlich möglicher Verschiebungen im Verhältnis der Sauen mit Ferkeln zu Zucht- oder Jungsauen ergebe sich keine andere Beurteilung, weil der Geruchsgutachter M3. hierzu einen sicheren Ansatz gewählt habe. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 betrage das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtige die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1. Die letzten Stellungnahmen des M1. NRW und Nachberechnungen des Gutachters M3. schlössen eine unzumutbare Geruchsbeeinträchtigung des Kurbetriebs hinreichend sicher aus.
41Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Sie schließt sich in den Grundzügen den Ausführungen des Beklagten an. Ergänzend trägt sie vor, ihr Sohn N. habe bei dem Berufswettbewerb der Deutschen Landjugend den fünften Platz errungen. Er benötige endlich eine sichere Betriebsperspektive auf dem familieneigenen Hof. Die Hofstelle C3. sei in den letzten Jahren nicht weiter entwickelt, sondern zunehmend zu einem Hotelbetrieb umgebaut worden. Eine der beiden Töchter des Betriebsleiters absolviere eine hotelfachliche Ausbildung mit dem Ziel, den elterlichen Hotelbetrieb zu übernehmen.
44In der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2013 sind Herr G. H. als Vertreter des M1. NRW und Herr Dipl.-Ing. M3. zugegen gewesen. Sie haben sich zu aufgeworfenen Fragen der Geruchsimmissionsprognostik geäußert. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung beantragt, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Der Senat hat den Beweisantrag durch Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beweisantrag sei zum einen unbestimmt und auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Weder gebe der Beweisantrag an, wie er die Drei‑Wochen‑Zeiträume im Einzelnen bestimmen wolle noch bestehe nach den vorliegenden Geruchsgutachten ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass unmittelbar am Kurklinikgebäude unzumutbare Geruchsimmissionen aufträten. Insoweit seien die vorliegenden Gutachten ausreichend zur Beurteilung der anstehenden (rechtlichen) Fragestellungen. Zum anderen sei der Beweisantrag unschlüssig. Einerseits bestehe er auf dem auf das Jahr gemittelten Richtwert von 6 %, andererseits will er sich von der statistisch-mittelnden Jahresbetrachtung der GIRL lösen.
45Wegen der weiteren Einzelzeiten des Sach- und Streitstands und der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
47Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg.
48Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
49Dabei mag dahinstehen, ob auch die Klage der Klägerin zu 2. zulässig ist (dazu I.). Jedenfalls sind die Klagen unbegründet (dazu II).
50I. Die Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig. Sie ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, weil sie Eigentümerin des zu dem Kurbetrieb gehörenden Flurstücks 937 (Kurklinik mit Kurgarten) ist. Als solche kann sie geltend machen, dass die angefochtenen Baugenehmigungen sie in ihrem Recht aus § 35 Abs. 3 Satz 1Nr. 3 BauGB in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme verletzen könnten. Demgegenüber gelangte man zu einer Klagebefugnis der Klägerin zu 2., die weder Eigentümerin des Flurstücks 937 noch des Flurstücks 139/46 (M. ) ist, das Herrn G. I1. , einem der Geschäftsführer der Klägerinnen, persönlich gehört, nur nach einer erweiternden Interpretation der baurechtlichen Klagebefugnis im Einzelfall.
51Der nachbarschützende Gehalt bauplanungsrechtlicher Normen, ihr Schutzumfang, beschränkt sich prinzipiell nur auf die Eigentümer der Nachbargrundstücke oder die in ähnlicher Weise an ihnen dinglich Berechtigten. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet, hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht. Dies gilt auch dann, wenn Grundstückseigentümer und obligatorisch Berechtigter eine betriebliche Einheit bilden. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die mit dem Grundstück verknüpften Nachbarrechte nicht zum Vermögensbestand des Gewerbebetriebs eines mit dem Grundstück nur obligatorisch verbundenen Nutzers gehören.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 1989 - 4 B 33.89 -, BRS 49 Nr. 185 = juris Rn. 4, m. w. N.
53Bleibt man dabei stehen, fehlt der Klägerin zu 2. die Klagebefugnis und fällt das Flurstück 139/46 als wehrfähige Anspruchsposition aus. Demzufolge könnten sich beide Klägerinnen - die Klägerin zu 1. ist lediglich Eigentümerin des Flurstücks 937 mit Kurklinik und Kurgarten - auf den Grad der Geruchsbelastung des M1. nicht berufen. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführten engen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen den Klägerinnen und ihren Geschäftsführern sind unbeachtlich. Derartige zivilrechtliche Konstruktionen modifizieren anspruchsfähige öffentlich-rechtliche Abwehrrechte des Baurechts gerade nicht. Diese bleiben strikt dinglich fundiert.
54Allein wenn man den baurechtlichen und den weiteren immissionsschutzrechtlichen Nachbarbegriff,
55vgl. zu diesem BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50.78 -, DVBl. 1983, 183 = juris Rn. 12 f.; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.NE -, juris Rn. 33,
56für den vorliegenden Einzelfall verschränkte, ließe sich eine Klagebefugnis der Klägerin zu 2. (auch) hinsichtlich des Flurstücks 139/46 vertreten. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung.
57II. Denn die Klagen sind - jedenfalls - unbegründet.
58Die angefochtenen (Teil-)Baugenehmigungen vom 29. Dezember 2009 und vom 6. Oktober 2010 verletzen die Klägerinnen - auch bei Einbeziehung einer wehrfähigen Anspruchsposition aus dem Flurstück 139/46 (M. ) in die Sachprüfung - nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
591. Die Klägerinnen haben gegen den genehmigten Bullenmaststall keinen Gebietsgewährleistungsanspruch. Einen solchen gibt es im Außenbereich nicht,
60vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1999 - 4 B 38.99 -, BRS 62 Nr. 189 = juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 13, und vom 3. Mai 2012 - 2 B 503/12 -, S. 3 f. des amtlichen Umdrucks,
61so dass es insofern nachbarrechtlich ohne Belang ist, ob das Vorhaben der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert oder ansonsten gemäß § 35 BauGB objektiv-rechtlich zulässig ist.
62Auch die am 26. Mai 2010 in Kraft getretene - im Juni 2012 verlängerte und zwischenzeitlich außer Kraft getretene - Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ der Stadt Q. P. gewährt(e) den Klägerinnen für sich genommen kein subjektives Abwehrrecht. Davon abgesehen konnte die Veränderungssperre auf den Erfolg der Nachbarklage sowieso keinen Einfluss haben, weil für die Prüfung eines nachbarrechtlichen Aufhebungsanspruchs die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblich ist. Nachträgliche Änderungen sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie für den Bauherrn günstig sind.
63Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BRS 60 Nr. 178 = juris Rn. 3, und vom 22. April 1996 - 4 B 54.96 -, BRS 58 Nr. 157 = juris Rn. 4.
64Dies trifft auf die Veränderungssperre nicht zu, die nach Maßgabe des § 14Abs. 1 BauGB ein Bau- und Veränderungsverbot zur Folge hat(te).
652. Die Baugenehmigungen verstoßen nicht zum Nachteil der Klägerinnen gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Der genehmigte Bullenmaststall mit insgesamt 425 Plätzen wird voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Geruchsimmissionen in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen hervorrufen. Dies gilt sowohl für das Flurstück 937 - die Kurklinik mit dem Kurgarten - als auch für das Flurstück 139/46 - den M. -. Die Kurklinik mit dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 kann grundsätzlich das Geruchsschutzniveau eines Immissionswerts von 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für sich in Anspruch nehmen. Dieses nimmt allerdings im Bereich des M1. auf dem Flurstück 139/46 mit zunehmender Entfernung zur Kurklinik auf etwa 0,10/10 % ab. (dazu a). Diese Immissionswerte werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich eingehalten (dazu b).
66a) Der für den Kurbetrieb der Klägerinnen anzusetzende Geruchsimmissionswert beträgt im Ausgangspunkt 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für Kurklinik und Kurgarten mit der Möglichkeit der Anhebung im Einzelfall (dazu aa). Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. verschlechtert er sich schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % ebenfalls mit einer einzelfallbezogenen Anhebungsmöglichkeit (dazu bb).
67aa) Die prinzipielle Vergabe des Immissionswerts von 0,06/6 % für die Kurklinik und den Kurgarten auf dem Flurstück 937 folgt der Empfehlung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL.
68Die Geruchsimmissionsrichtlinie entfaltet für das Gericht keine Bindungswirkung. Sie darf aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat. Demgemäß legt Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL in Tabelle 1 für verschiedene Nutzungsgebiete Immissionswerte für die Beurteilung von Geruchsimmissionen fest und bestimmt Nr. 3.1 Abs. 4 GIRL, dass Geruchsimmissionen in der Regel durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt werden. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist gemäß Nr. 3.1 Abs. 5 GIRL aber auch die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.
69Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, BRS 76 Nr. 191 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 39, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193 = juris Rn. 12 ff., vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -, juris Rn. 10, vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rn. 59, und vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, BRS 70 Nr. 172 = juris Rn. 12.
70Diesen Ansatz weiterverfolgend sieht Nr. 5 b) GIRL vor, dass für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, ein Vergleich der nach dieser Richtlinie zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten u. a. nicht ausreichend ist, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass wegen der außergewöhnlichen Verhältnisse hinsichtlich Hedonik und Intensität der Geruchswirkung, der ungewöhnlichen Nutzungen in dem betroffenen Gebiet oder sonstiger atypischer Verhältnisse trotz Einhaltung der Immissionswerte schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (z. B. Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche) oder trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten ist (z. B. bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche). In derartigen Fällen ist zu ermitteln, welche Geruchsimmissionen insgesamt auftreten können und welchen Anteil daran der Betrieb von Anlagen verursacht, die nach Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL zu betrachten sind. Anschließend ist zu beurteilen, ob die Geruchsimmissionen als erheblich anzusehen sind und ob die Anlagen hierzu relevant beitragen. Die Erheblichkeit - stellt Nr. 5 GIRL klar - ist keine absolut festliegende Größe. Sie kann in Einzelfällen nur durch Abwägung der dann bedeutsamen Umstande festgestellt werden. Dabei sind - unter Berücksichtigung der eventuell bisherigen Prägung eines Gebietes durch eine bereits vorhandene Geruchsbelastung (Ortsüblichkeit) - insbesondere folgende Beurteilungskriterien heranzuziehen: der Charakter der Umgebung, insbesondere die in Bebauungsplänen festgelegte Nutzung der Grundstücke, landes- oder fachplanerische Ausweisungen und vereinbarte oder angeordnete Nutzungsbeschränkungen, besondere Verhältnisse in der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Geruchseinwirkung sowie Art und Intensität der Geruchseinwirkung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die u. a. dazu führen kann, dass der Belästigte - etwa wegen Bestandsschutzes des Emittenten - in höherem Maß Geruchseinwirkungen hinnehmen muss.
71Der Sache nach sind diese - der in Rede stehenden Geruchsimmissionsbeurteilung angemessen flexiblen - Erwägungen zugleich Elemente der Zwischenwertbildung in Gemengelagen (Ortsüblichkeit, Priorität, Einzelfallumstände), fließen also bereits in die Findung des dort nach Lage der Dinge jeweils einschlägigen Immissionswerts ein.
72Vgl. zur Zwischenwertbildung bei Geruchsimmissionen: BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 7 B 4.10 -, BauR 2011, 1304 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012
73- 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 43 ff.
74Die Besonderheit bei der Beurteilung von Kurgebieten greifen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL auf und geben dafür typisierende, die Zwischenwertbildung gewissermaßen pauschal vorwegnehmende bzw. vorgezogen feinsteuernde Empfehlungen: Demzufolge gelten für Kurgebiete andere Kriterien als die Immissionswerte für in der GIRL ausdrücklich genannte Gebiete. Mindestens sind die Immissionswerte für Wohngebiete (0,10/10 %, Nr. 3.1 Abs. 1) zugrunde zu legen. Der Wert 0,06/6 % sollte - gerade in Luftkurorten - nicht überschritten werden.
75Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, sind diese Immissionswerte keinesfalls „gegriffen“. Sie gehen auf sachverständige Erhebungen und Gremienarbeit zurück und sind sowohl fachbehördlich als auch in der Rechtsprechung als Leitschnur akzeptiert. Herr H. vom M1. NRW hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dessen unbeschadet lässt der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vertretene Ansatz offen, ob er sich ganz oder doch nur teilweise und in welchen Fällen von der Systematik der GIRL entfernen will. Dann müsste er aber im Weiteren benennen, welche Maßstäbe er zur Geruchsbelästigungsbeurteilung fortan stattdessen heranziehen will, um insoweit konsistente, d. h. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB angemessene Ergebnisse zu erzielen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen indessen nicht konkretisiert.
76Ausgehend von den - somit auch hier Platz greifenden - Maßstäben der GIRL ist es nach deren Nr. 5 gerechtfertigt, der Kurklinik und dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 im Grundsatz den in den Auslegungshinweisen vorgeschlagenen Immissionswert 0,06/6 % zuzuerkennen. Es handelt sich um ein faktisches Kurgebiet, auf dem die Kurklinik seit sehr langer Zeit betrieben wird. Der Umstand, dass das Klinikgelände bis jetzt nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen ist, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Er wird durch die lange Dauer und die Etabliertheit des Klinikbetriebs sowie die Darstellung im Flächen-nutzungsplan als Sondergebiet „Kur“ und den Status als staatlich anerkanntes I2. kompensiert, das den Schutz von § 3 Nr. 2 KOG genießt. Auf diesen und die mit ihm verbundenen immissionsschutzrechtlichen Implikationen hat die Bezirksregierung E. den Beklagten mit Schreiben vom 3. November 2009 besonders hingewiesen.
77Die Vergabe eines noch besseren Geruchsschutzniveaus an das Flurstück 937 als den Wert von 0,06/6 % - der, wie gesagt, besser ist als der Wohngebietswert der Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL - ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls nicht veranlasst.
78Schon die Auslegungshinweise zu Nr. 5 sehen dies nicht vor. Vielmehr kennzeichnen sie den Immissionswert 0,06/6 % für Kurgebiete lediglich als Regelwert, der insbesondere für Luftkurorte gelten soll, d. h. für Orte, deren Luft und Klima laut einem Gutachten Eigenschaften aufweisen, die für Erholung und Gesundheit förderlich sind (vgl. § 11 in Verbindung mit § 3 Nr. 4 KOG). Dies rechtfertigt im Besonderen die Besserstellung gegenüber Wohngebieten. Eine - kurortegesetzliche - weitergehende Anerkennung als I2. - wie hier - führt entgegen der Annahme der Klägerinnen nicht regelhaft zu einem noch sensibleren Schutzniveau. Die zusätzlichen prägenden Besonderheiten, die § 4 KOG für die Anerkennung als I2. fordert, geben dafür - anders als vielleicht die prägenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Heilklimatischen Kurorts nach § 6 KOG - schon aus der allgemeinen Warte der Systematik des Kurortegesetzes NRW nichts her. Um so mehr gilt dies für wenigstens im Schwerpunkt orthopädisch ausgerichteten Therapiezentren wie der X. der Klägerinnen, die typischerweise nicht in gleichem Maß geruchsimmissionssensibel sind. Kurgäste in der orthopädischen Rehabilitation sind weniger auf von landwirtschaftlichen Gerüchen freie Luft offenkundig weniger angewiesen als etwa Atemwegspatienten. Im Gegenteil empfehlen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 ein Richtwertfenster, das sich zwischen 0,06/6 % auf der einen und dem Wohngebietswert 0,10/10 % auf der anderen Seite öffnet. Das heißt, der vorgeschlagene Immissionswert für Kurgebiete kann nach der Systematik der GIRL unter Umständen nach oben angehoben werden, um den Umständen des Einzelfalls - wiederum nach dem Gedanken der feindifferenzierenden Zwischenwertbildung bzw. Einzelfallbeurteilung - Genüge zu tun. Die Tatsache, dass sich Kurgäste regelmäßig nur für eine beschränkte Zeitdauer in einem Kurgebiet aufhalten und es daher sein kann, dass sie während ihres Aufenthalts überdurchschnittlich von Geruchsimmissionen betroffen sind, kann dabei als in der typisierenden Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL mitberücksichtigt gelten. Der auf einige Wochen oder wenige Monate begrenzte Kuraufenthalt ist der Regelfall. Diese Nutzungstypik gebietet für sich genommen keine Abweichung von der GIRL-immanenten statistischen, d. h. über das Jahr hinweg mittelnden Herangehensweise der Geruchsimmissionsbeurteilung. Dies erschließt sich auch daraus, dass es innerhalb eines Jahres genauso gut sein kann, dass manche Kurgäste während ihres Aufenthalts faktisch überhaupt nicht von Geruchsimmissionen betroffen sind. Im jährlichen Mittel gleichen sich diese potentiellen Ungleichheiten der Betroffenheit absehbar aus. Dies ist auch gerade der Sinn des statistischen Beurteilungsansatzes und seine innere Rechtfertigung.
79Auch aus diesen Gründen war der in der mündlichen Verhandlung von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gestellte Beweisantrag abzulehnen, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Wie der Senat in der Begründung der Ablehnung des Beweisantrags u. a. dargelegt hat, ist der Beweisantrag unbestimmt und unschlüssig, weil er einerseits ganz aus der Geruchsbeurteilungssystematik der GIRL herausgehen will, indem er Drei-Wochen-Zeiträume als neue Beurteilungszeiträume statuieren will, er andererseits aber bei dem Richtwert der 0,06/6 % verharrt, der auf die Jahresmittelung zugeschnitten ist. Herr H. , den der Senat vor der Entscheidung über den Beweisantrag gehört hat, ist ebenfalls dieser Ansicht gewesen. Zudem hat er - ebenso wie Herr Dipl.-Ing. M3. - Zweifel geäußert, ob die von den Klägerinnen begehrte zeitabschnittsweise Berechnung sich mit den zur Verfügung stehenden Berechnungsprogrammen und Emissionsdatensätzen überhaupt (aussagekräftig) leisten lässt. Die spezifischen betrieblichen Belange der Klägerinnen sind solchermaßen nicht über einen zusätzlichen Sachverständigenbeweis zu eruieren und zu bewerten, sondern tatrichterlich mit den Mitteln der (ergänzenden) Einzelfallbeurteilung. Diese ist nach dem oben Gesagten auch für die Berücksichtigung etwaiger tages- oder jahreszeitlicher Schwankungen der Geruchsbelastung geöffnet.
80Wendet man die besagten Kriterien der Zwischenwertbildung/Einzelfallbeurtei-lung auf den Fall der Klägerinnen an, ergibt sich, dass der grundsätzlich zugunsten des Flurstücks 937 anzusetzende Immissionswert von 0,06/6 % nach Lage der Dinge im begründeten Einzelfall anhebbar ist, soweit die Überschreitungen nicht über 0,02/2 % der Jahresstunden - den Irrelevanzwert der Nr. 3.3 GIRL - hinausgehen. Wie die Klägerinnen selbst sagen, ist der Kurbetrieb seit jeher mit landwirtschaftlichen Gerüchen beaufschlagt. Der Berichterstatter des Senats konnte sich im Ortstermin am 18. September 2012 davon überzeugen, dass der Kurbetrieb in eine von landwirtschaftlich bewirtschafteten Äckern und Feldern geprägte Nutzlandschaft eingebettet ist. Dieser Befund deckt sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Q. P. in diesem Bereich. Wegen dieses jahrelangen - gewissermaßen schon immer gegebenen - Nebeneinanders von Kurgebiet und Landwirtschaft kann keine der beiden Nutzungen als Akzeptor bzw. Geruchsemittent maximale geruchsimmissionsschutzrechtliche Positionen reklamieren. Wägt man den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL und § 3 Nr. 2 KOG zum Ausdruck gelangenden besonderen geruchsimmissionsschutzrechtlichen Schutz von Kurgebieten gegen das Zwischenwertpotential ab, das landwirtschaftliche Nutzungen auslösen - die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL sprechen davon, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls sei bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25/25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche gegenüber Wohnnutzungen heranzuziehen -,
81vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 45 ff.,
82kommt man zu der eben benannten Feindifferenzierung und leichten Flexibilisierung des Geruchsschutzniveaus von Kurklinik, Kurgarten und M. . Sie ist ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Nutzungen und bleibt für die Umstände des Einzelfalls auch noch auf der nachfolgenden konkreten Beurteilungsebene hinreichend offen.
83Die demnach auch in der vorliegenden Gemengelage „Kurgebiet versus Landwirtschaft“ Platz greifende gewisse geruchsimmissionsschutzrechtliche Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe kommt ohne Weiteres auch dem Vorhaben der Beigeladenen zugute. Es dient einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat zwar auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt von einer gewerblichen Tierhaltung der Beigeladenen gesprochen, aber nicht substantiiert, worauf er diese Einschätzung gründet.
84Die landwirtschaftliche Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet. Er erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und muss ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen sein. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d. h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist. Geht es um die Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs mit niedriger Rentabilität, hat die Gewinnerzielung einen geringeren Stellenwert als im Fall der beabsichtigten Neugründung einer Nebenerwerbsstelle.
85Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 7 f., m. w. N.
86Beständigkeit der Betätigung setzt voraus, dass der Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche dauerhaft gesichert ist. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt die für seine Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauernd zur Verfügung steht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs auch auf gepachteten Flächen gewährleistet sein kann. Liegen langfristige Pachtverhältnisse vor, kann davon ausgegangen werden, dass ein dauerhafter Zugriff auf die erforderlichen Flächen sichergestellt ist.
87Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 10, m. w. N.
88Wie § 201 BauGB es verlangt, gehört zum Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs darüber hinaus die „überwiegend eigene Futtergrundlage“.
89Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 1997 - 4 B 256.96 -, BRS 59 Nr. 85 = juris Rn. 4.
90Alle diese Merkmale werden von der Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen, wo die Erweiterung um den streitgegenständlichen Bullenmaststall stattfinden soll, erfüllt. Dies hat die Landwirtschaftskammer NRW im Baugenehmigungsverfahren mit Schreiben vom 11. November 2009 und vom 1. Dezember 2009 bestätigt. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Die derzeit von der Beigeladenen an einen anderen Landwirt verpachtete Hofstelle weist eine hinreichend spezifische betriebliche Organisation auf. Es findet dort auch gegenwärtig eine Bullenhaltung statt. Dies war auch schon so, bevor die Beigeladene den Hof von ihren Eltern - zuletzt durch Übergabevertrag mit ihrer Mutter - überantwortet bekam. Betriebsinhaber war bis 1998 der verstorbene Vater der Beigeladenen. Die Beständigkeit der Bewirtschaftung ist gegeben. Die Beigeladene verfügt nach eigenen Angaben über umfangreiche Eigentums- und Pachtflächen - etwa 50 ha, angestrebt seien rund 60 ha -, die durch den Betrieb bewirtschaftet werden können. Wegen des Erreichens der 40-ha-Schwelle bewirtschafteter Nutzfläche sieht die (insoweit fachkundige) Landwirtschaftskammer NRW die für eine Bullenhaltung mit insgesamt 425 Stück notwendige „überwiegende eigene Futtergrundlage“ als vorhanden. Auch einen Abnahmevertrag über die Abnahme von Wirtschaftdünger hat die Beigeladene vorgelegt. Diesen Punkt hat der Beklagte zudem über die Nebenbestimmung M.03 rechtlich gesichert. Die personelle Beständigkeit in der Generationenfolge erscheint dadurch gewährleistet, dass der Sohn N. der Beigeladene den Betrieb auf dem Vorhabengrundstück - wie offenbar geplant - übernehmen kann, nachdem er die Ausbildung zum Landwirt mit Erfolg abgeschlossen hat.
91bb) Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. auf dem Flurstück 139/46 verschlechtert sich der zu vergebende Immissionswert schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % mit einer deutlichen Toleranz für Richtwertüberschreitung, auch soweit diese den oben angesprochenen Irrelevanzwert von 0,02/2 % übersteigen.
92Auch dies ist das Ergebnis einer alle Faktoren des Einzelfalls einstellenden Zwischenwertbildung für diese Beurteilungsfläche. Für den M. gelten die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL nur mit verringertem Gewicht. Einerseits ist er in den Kurbetrieb integriert und nimmt an der Darstellung des Flächennutzungsplans Sondergebiet „Kur“ teil. Andererseits ist er nach den unwidersprochenen Ausführungen des Beklagten nicht als Kurpark genehmigt, sondern wird nur faktisch als solcher genutzt. Nach den Erläuterungen von Herrn G. I1. im Ortstermin am 18. September 2012 ist er für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen, so dass seine Funktion mit der orthopädischen Rehabilitation als solcher, welche die Klägerinnen in der X. anbieten, lediglich mittelbar zusammenhängt. Erholung durch Spaziergänge können die Kurgäste in der Umgebung der Kurklinik auch anderweitig finden. Diese Gesichtspunkte führen in der Gesamtschau dazu, dass das Geruchsschutzniveau des M1. mit zunehmender Entfernung zum Kurgarten nördlich der Straße Auf dem C1. abnimmt, bis es im südlichen Teil des M1. deutlich unterhalb des Kurgebietsstandards in etwa auf dem Level des Wohngebietsrichtwerts der Nr. 3.1 GIRL ankommt, der seinerseits im begründeten Einzelfall nach oben zuungunsten des Kurbetriebs durchbrochen werden kann. Rechtfertigung für diesen Richtwertpuffer ist erneut das Zwischenwertpotential der umliegenden landwirtschaftlichen Nutzungen, also auch derjenigen der Beigeladenen.
93b) Diese Immissionswerte für die Flurstücke 937 und 139/46 werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich deutlich eingehalten.
94aa) Zieht man die letzte Geruchsimmissionsprognose M3. vom 23. August/7. November 2013 heran, werden die herausgearbeiteten Regelwerte für Kurklinik und Kurgarten - 0,06/6 % - einerseits und M. - in einem verschiebbaren Rahmen ca. 0,10/10 % - anderseits bei dem Betrieb des streitgegenständlichen Bullenmaststalls aller Voraussicht nach - eindeutig - beachtet. Der Gutachter Lanngguth wirft hier Geruchsbelastungen von maximal 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. - und dies auch nur in dessen äußerstem südwestlichen Bereich - aus.
95Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist genauso wie ihre im Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Vorgängerinnen verwertbar. Nach Baugenehmigungserteilung gewonnene Erkenntnisse über die Immissionssituation können im Rahmen einer Nachbarklage berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die - wie oben bereits gesagt - auch nur zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
96Vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f., und vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9.
97Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist fachlich valide. Dies hat das M1. NRW, welches das gesamte Verfahren begleitet hat, in seiner Stellungnahme vom 11. November 2013 bestätigt. Zweifel an dieser fachbehördlichen Einschätzung bestehen nicht. Die letzte Berechnung der Geruchsbelastung hat sämtliche Einwände der Klägerinnen sowie die vorhergehenden Stellungnahmen des M1. NRW vom 23. Juni 2010 und vom 18. Juni 2013 zu Modalitäten der Ausbreitungsberechnung, der Emissionsansätze und der Gewichtungsfaktoren aufgegriffen und eingestellt. Sie kann als das im Lauf der Zeit gewachsene und fachlich richtige Resultat der für diesen Fall passenden Geruchsimmissionsprognostik angesehen werden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat sie in der mündlichen Verhandlung insofern auch auf Nachfrage nicht mehr grundsätzlich angegriffen.
98Auch den möglicherweise einzigen noch offenen - und von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung thematisierten - Punkt der zutreffenden Berücksichtigung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf dem Hof C3. hat der Gutachter M3. korrekt behandelt.
99Die Immissionsprognostik hat an die legale Vorbelastung zu denken, d. h. daran, in welchem genehmigten Umfang die vorbelastende emittierende Anlage betrieben werden dürfte.
100Vgl. z. B. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 26 ff., und vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 41.
101Dies hat der Gutachter M3. getan, indem er die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. in seiner Ausgangsprognose vom 14. Oktober 2009 mit insgesamt 160 Zuchtsauen und Ferkeln (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h) veranschlagt hat. Den Baugenehmigungsvorgängen über die Hofstelle C3. lässt sich keine genehmigte Höchstzahl an Schweinehaltungsplätzen entnehmen. Wegen dieser Unklarheit ist von den von dem Beklagten und dem Gutachter M3. abgefragten tatsächlichen Tierzahlen in Verbindung mit den bekundeten (realistischen) landwirtschaftlichen Betriebs- und etwaigen (konkret aber nicht vorhandenen) Erweiterungsinteressen des Betreibers der Hofstelle C3. auszugehen. Diese Sachlage und Erklärungen definieren zugleich die für die Geruchsvorbelastung maßgebende Genehmigungslage.
102Gegenüber dem Beklagten und dem Gutachter M3. hat der Eigentümer der Hofstelle im Jahr 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück bzw. von insgesamt 160 Sauenplätzen angegeben. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung meldete das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln auf der Hofstelle C3. . Da neben der Schweinehaltung auf der Hofstelle seit Jahren noch eine Pension - das Hotel M4. C3. - betrieben wird, deren seinerseits geruchsimmissionsempfindlicher Übernachtungs- und Beherbergungsteil erklärtermaßen ausgebaut werden soll - weshalb sich auch die Blankensteins im Genehmigungsverfahren gegen das Vorhaben der Beigeladenen ausgesprochen haben - ist realistisch, dass es auf absehbare Dauer bei diesem Schweinebestand bleiben wird. Mit Blick auf diese Sachlage und Erklärungen ist der Betreiber der Hofstelle C3. für die Geruchsimmissionsprognose so zu stellen, als ob sich eine etwaige über die Zahl von 160 Zuchtsauen mit Ferkeln hinausgehende Baugenehmigung wegen dauerhafter Nichtausnutzung erledigt hätte.
103Vgl. insofern im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 9. August 2013 - 2 A 2520/12 -, juris Rn. 9 ff., m. w. N.
104Die - auch in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltene - Kritik der Klägerinnen an dem von dem Gutachter M3. angenommenen Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln (60:100) greift ebenfalls nicht durch. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Annahmen des Gutachters insoweit hinreichend konservativ sind und auf der sicheren Seite liegen. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 für die Hofstelle C3. beträgt das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtigt die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1 (100 Sauen mit Ferkeln zu 60 Jungsauen). Etwaige Verschiebungen in der Zusammensetzung des Sauenbestands sind damit - entgegen der Auffassung der Klägerinnen - hinreichend sicher erfasst.
105Letzten Endes sind die zuletzt berechnen Immissionswerte von 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. auf dem Flurstück 139/46 auch so weit von den jeweils einschlägigen Richtwerten entfernt, dass eventuelle Unschärfen bei der Erfassung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. den Klägerinnen mit hinreichender Sicherheit nicht zum Nachteil gereichen werden. Auch in dieser Hinsicht zeigt sich, dass die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe. Es gibt nach den vorliegenden Geruchsgutachten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine wie auch immer geartete zeiträumliche Betrachtung der Geruchsbelastung am Kurklinikgebäude selbst - auf dieses ist der Beweisantrag zugeschnitten - unzumutbare Belastungswerte zu Tage fördern könnte. Die im Ermessen des Senats stehende Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens war vor diesem Hintergrund weder durch das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung noch anderweitig veranlasst.
106bb) Die sonstigen Einzelfallumstände, für die die Geruchsimmissionsbeurteilung immer offen ist, schlagen demgegenüber nicht zugunsten der Klägerinnen aus. Die von dem genehmigten Bullenmaststall in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen voraussichtlich ausgehenden Geruchsimmissionen bleiben für diese auch jenseits der reinen mathematisch-statistischen Geruchsimmissionsprognostik anhand der GIRL, wie sie sich bis zur Berechnung vom 23. August/7. November 2013 entwickelt hat, zumutbar.
107Im Anschluss an die Ausführungen zur Zwischenwertbildung und dem Verständnis der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL für Kurgebiete ist dafür leitend, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen sich schon immer in einem stark landwirtschaftlich geprägten Umfeld befand. In diesem mussten und müssen die Klägerinnen und ihre Kurgäste stets in gewissem Umfang mit landwirtschaftlichen Gerüchen - auch etwa durch Güllen - rechnen. Diese Gerüche sind traditionell gebietsprägend. In dem solchermaßen tolerierbaren Rahmen hält sich nach der geprüften Geruchsimmissionsprognostik der geplante Bullenmaststall der Beigeladenen ohne Weiteres. Dies deckt sich mit den Wahrnehmungen vor Ort, die der Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 gemacht hat. Danach ist es unwahrscheinlich, dass die Kurgäste eine signifikante genehmigungsbedingte Verschlechterung der Geruchssituation durch den erweiterten Bullenmaststall objektiv überhaupt wahrnehmen. Am Tag der Begehung konnte der Berichterstatter im Umfeld des Vorhabengrundstücks und der Hofstelle C3. zwar landwirtschaftliche Gerüche aufnehmen. Allerdings rissen diese in einer Entfernung von etwa 100 m schlagartig ab. Weder im M. noch im Kurgarten waren Tierhaltungsgerüche zu festzustellen. Dies mag nur eine Momentaufnahme sein, die aber gleichwohl in das rechnerisch prognostizierte Gesamtbild passt, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen die meiste Zeit des Jahres nicht von erheblichen landwirtschaftlichen Gerüchen betroffen sein wird. Von daher trägt auch die Befürchtung der Klägerinnen nicht, sie werde einschneidende wirtschaftliche Einbußen erleiden, wenn der Bullenmaststall in Betrieb ginge. Dafür spricht nach Lage der Dinge in Anbetracht der von dort zu erwartenden Geruchsimmissionen, die sich überdies angenehmer als etwa Schweinegeruch darstellen (vgl. dazu die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL), nichts. Die von den Klägerinnen zuletzt in den Fokus gerückten angeblichen subjektiven Empfindlichkeiten mancher Kurgäste sind angesichts dessen unmaßgeblich. Sie werden zudem dadurch relativiert, dass einige Kurgäste während ihres Aufenthalts in der Kurklinik womöglich stärker mit landwirtschaftlichen Gerüchen konfrontiert sein werden, andere dagegen weniger bis gar nicht. Sie können die objektiv zu bestimmenden nachbarrechtlichen Betreiberpflichten der Beigeladenen damit nicht determinieren.
108Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
109Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
110Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens; ausgenommen hiervon sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger wendet sich gegen einen Vorbescheid für die Änderung des landwirtschaftlichen Betriebs des Beigeladenen durch Errichtung eines Milchviehboxenlaufstalls mit Nebengebäuden.
3Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks H. 45 in S. (Gemarkung M. Flur 3, Flurstücke 1451, 1454 und 2158, Grundbuch von M. , Amtsgericht Bergisch Gladbach, Blatt 290). Er führt dort einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Der Kläger ist mit einem hälftigen Anteil Miteigentümer des Grundstücks H. 46 a in S. (Gemarkung M. , Flur 3, Flurstück 1916, Blatt 501 des Grundbuchs von M. ). Das Grundstück des Klägers liegt nördlich des Betriebs des Beigeladenen. Dazwischen verläuft der H1. Weg. Das Grundstück des Klägers ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Beklagte unter dem 21. Juli 1976 genehmigt hatte. Die Grundstücke gehören zur Ansiedlung H. , die östlich des Ortskerns von S. liegt und über den asphaltierten H1. Weg erschlossen ist, der zur etwa 100 m entfernten L.----straße 49 führt. Wegen der Lage der Grundstücke und Gebäude im Einzelnen wird auf den von der Beklagten eingereichten Lageplan vom 31. August 2011 (BA 5) Bezug genommen.
4Am 25. August 2008 stellte der Beigeladene einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids zum Neubau eines Milchviehboxenlaufstalls mit Nebengebäuden.
5Im August 2009 reichte der Beigeladene einen ergänzten Lageplan im Maßstab 1:1000 mit einer Markierung des Standorts etwa 130 m südwestlich des Hauses des Klägers ein. Unter dem 22. Dezember 2009 wurde im Auftrag des Beigeladenen ein Gutachten zu Geruchsimmissionen durch die landwirtschaftliche Unternehmensberatung NRW GmbH in N. erstellt. Dieses Gutachten prognostiziert für das Grundstück des Klägers eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 6 % bis 8 % der Jahresstunden durch den Betrieb des Beigeladenen und stellt fest, dass von einem weiteren im Umkreis von 600 m vorhandenen Betrieb wegen dessen geringen Tierbestands nur irrelevante Auswirkungen zu erwarten seien. Zuvor hatte das LANUV NRW im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung Hinweise zu den zugrundezulegenden Annahmen u. a. in Bezug auf Wetterdaten und Geländerauhigkeitswerte gegeben. Am 3. Februar 2010 reichte der Beigeladene eine Betriebsbeschreibung ein, in der die Zahl der Milchkühe, Kälber und Jungvieh/Bullen angegeben wird. In der Rubrik tierische Abgänge ist ein Güllekeller mit derzeit 1.500 cbm und geplant 8.500 cbm Lagerkapazität genannt. Der Gegenstand des Antrags wurde unter dem 10. Mai 2010 dahin geändert, dass ein positiver Vorbescheid für einen ersten Bauabschnitt für 250 Milchkühe, und 100 Rinder und Kälber beantragt und um Zustimmung für den zweiten Bauabschnitt für weitere 200 Milchkühe und 30 Rinder/Kälber unter der Voraussetzung vorliegender erforderlicher Flächen für Futtergrundlagen und Güllebeseitigung gebeten wurde. Unter dem 23. Juni 2010 wurden die Maße des geplanten Güllekellers vom Beigeladenen auf 6.450 cbm reduziert.
6Die Beklagte erteilte den beantragten Vorbescheid unter dem 12. Oktober 2010.
7Gegenstand des Vorbescheids ist ausweislich von der Beklagten aufgebrachter Grünstempel der Erläuterungsbericht vom August 2008, die Betriebsbeschreibung vom 22. August 2008, ein Prospekt der Fa. X. mit einem Mustergebäude, der Lageplan vom 13. August 2009 im Maßstab 1:1000, und das Geruchsgutachten (Stand 22. Dezember 2009) mit dessen angegebenen Parametern und sonstigen Angaben. Der Vorbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers zur Kenntnis übersandt und ging dort am 19. Oktober 2010 ein.
8Am 19. November 2010 hat der Kläger - zusammen mit den Nachbarn Frau K. und Herrn I. - Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen:
9Der Bauvorbescheid verstoße gegen nachbarschützende Vorschriften. Eine Rechtsverletzung ergebe sich schon daraus, dass angesichts der Größe des Vorhabens das Bundesimmissionsschutzgesetz hätte angewendet werden müssen. Dies folge aus der geplanten Güllelagerkapazität und der Zahl der Tierplätze. Eine Berücksichtigung seiner berechtigten Nachbarinteressen könne dadurch erfolgen, dass die vorhandenen Stallungen, die im Gutachten mit D 1 bis D 3 bezeichnet seien, komplett aus der Viehnutzung herausgenommen würden. Durch die Zunahme der Zahl der Tiere von 146 auf 580 erhöhe sich die nicht mehr hinnehmbare Immissionsbelastung, die vom landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen ausgehe. Zudem erhöhe sich im Stall D 3 die Zahl der Tiere von 60 auf 90. Eine Rechtsbeeinträchtigung ergebe sich auch daraus, dass sich der Beigeladene für den Betrieb wegen der Anzahl der gehaltenen Tiere nicht auf erteilte Baugenehmigungen berufen könne. Genehmigt seien lediglich 86 Tiereinheiten. Das dem Vorbescheid zugrunde liegende Gutachten zu Geruchsimmissionen vom 22. Dezember 2009 sei mangelhaft. Insbesondere sei der angenommene Grenzwert mit 25 % der Jahresstunden zu hoch und die Windprognose unzutreffend. Die zu erwartenden Gerüche seien unzumutbar. Ferner drohe eine Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole.
10Der Kläger und die weiteren Kläger haben beantragt,
11den dem Beigeladenen von der Beklagten unter dem 12. Oktober 2010 erteilten Bauvorbescheid aufzuheben.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung hat sie ausgeführt:
15Es sei zu Recht ein baurechtlicher Vorbescheid erteilt worden. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens seien nicht erfüllt gewesen. Das Vorhaben verletze auch keine Nachbarrechte der Kläger. Es sei sichergestellt, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 201 BauGB handele. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen. Es rufe keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervor. Insbesondere führe es nicht zu unzumutbaren Gerüchen für den Kläger. Das maßgebliche Gutachten gelange zu zutreffenden Ergebnissen. Nach dem Ergebnis der Begutachtung sei vorliegend im Rahmen der Einzelfallprüfung für die Umgebungsbebauung wegen des Gebietscharakters eine Gesamtbelastung von bis zu 25 % der Jahresstunden zumutbar. Diese Belastungsgrenze würde auf dem Grundstück des Klägers bei weitem nicht erreicht werden. Nicht zu beanstanden sei, dass im Rahmen des Gutachtens eine Prognoseberechnung angefertigt worden sei, da die Auswirkungen eines zukünftigen Vorhabens anders nicht ermittelt werden könnten. Die Annahme, dass ein Immissionswert von 25 % der Jahresstunden zumutbar sei, entspreche der obergerichtlichen Rechtsprechung. Auch eine umfassende Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls führe nicht zu einer zu erwartenden Geruchsbelästigung, die die Erheblichkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 BImSchG überschreite. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass alle Grundstücke im Außenbereich gelegen seien. In einem landwirtschaftlich genutzten Gebiet müsse mit Lärm und Gerüchen gerechnet werden. Der solchen Belastungen ausgesetzte Eigentümer eines Wohnhauses könne in der Regel nicht verlangen, von den mit der Tierhaltung verbundenen Immissionen verschont zu bleiben. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der geplante Stall deutlich von der Wohnbebauung des Klägers abrücke, die Viehhaltung in Stall D 2 aufgegeben werde und auch die Erschließung der Ställe nunmehr über die südöstlich verlaufende K 49 erfolgen solle. Die vorgesehene Güllelagerkapazität sei ausreichend.
16Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage - nach Durchführung eines Ortstermins - mit Urteil vom 30. September 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Vorhaben stünden keine auf den Vorbescheidantrag allein zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entgegen, die auch dem materiellen Schutz des betroffenen Dritten zu dienen bestimmt seien. Daraus folge, dass die Kläger allein aus der formellen Rechtswidrigkeit eines Vorhabens kein Abwehrrecht herleiten könnten. Damit komme es weder auf die Frage an, ob der Betrieb des Beigeladenen in Teilen baurechtlich nicht genehmigt sei noch auf die Ansicht, es hätte kein baurechtlicher Vorbescheid beantragt und erteilt werden dürfen, sondern ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müssen. Letzterem Gesichtspunkt folge das Gericht auch deshalb nicht, weil die Anlagengröße die Kapazitäten unterschreite, die erst zu einer Anwendung des Immissionsschutzrechts führten. Im Übrigen hätte auch eine fehlerhaft unterbliebene Anwendung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren keine für den Nachbarn erhebliche Veränderung des materiellen Genehmigungsmaßstabs zur Folge. Bei der planungsrechtlichen Beurteilung sei § 35 BauGB zugrunde zu legen. Die Siedlung H. stelle eine typische Splittersiedlung im Außenbereich außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils dar. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Die im Wesentlichen gerügten Geruchsbelastungen, die vom landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen ausgingen, seien auf der Grundlage des eingeholten Geruchsgutachtens vom 22. Dezember 2009 unter Berücksichtigung der Geruchsimmissionsrichtlinie des Landes NRW zu beurteilen. Da die Geruchsimmissionsrichtlinie für eine Wohnnutzung im Außenbereich keine Werte angebe, sei darauf abzustellen, ob die Grenze der Zumutbarkeit überschritten sei. Dies sei nicht der Fall. Fehler des Gutachtens seien von den Klägern nicht substantiiert aufgezeigt worden. Zu den vorgetragenen erheblichen gesundheitlichen Problemen der Ehefrau des Klägers sei ergänzend zu bemerken, dass diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in Zweifel gezogen würden, es möge sogar zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beeinträchtigungen auch vom Betrieb des Beigeladenen herrührten; dies ändere aber nichts daran, dass diese Auswirkungen im persönlichen Bereich das Vorhaben nicht in einem objektivierten Sinn planungsrechtlich rücksichtslos machten, weil das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht personenbezogen auf die Eigentumsverhältnisse oder die Nutzungsberechtigten zu einem bestimmten Zeitpunkt abstelle. Hinzu komme, dass es der Kläger in der Hand habe, durch die Ausrichtung der besonders geruchsempfindlichen Räumlichkeiten bzw. des Außenwohnbereichs in gewissem Umfang architektonische Selbsthilfe zu üben, sofern dies nicht bereits geschehen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die mit Beschluss vom 8. November 2011 berichtigten Urteilsgründe Bezug genommen.
18Der Kläger und die weiteren erstinstanzlichen Kläger haben die Zulassung der Berufung beantragt. Die weiteren Kläger haben ihre Zulassungsanträge später zurückgenommen. Der Senat hat das Verfahren daraufhin abgetrennt, unter dem Aktenzeichen - 7 A 655/13 - fortgeführt und eingestellt, soweit es diese Klagen betraf. Der Kläger trägt zur Begründung der vom Senat wegen besonderer Schwierigkeiten zugelassenen Berufung vor:
19Das Verwaltungsgericht habe die nachbarschützende Regelung des § 5 BImSchG verkannt, indem es angenommen habe, in Bezug auf die Anwendung des BImSchG gehe es nur um formale Verfahrensregeln. Tatsächlich sei eine Anwendung des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz geboten. Der Stall, der im Gutachten mit D 1 bezeichnet sei, sei nicht als Stall genehmigt. Der Stall D 3 sei lediglich als Remise genehmigt. Bei der planungsrechtlichen Beurteilung sei das Gebiet nicht als Außenbereich, sondern als Dorfgebiet einzustufen. Es befänden sich dort etwa auch Handwerksbetriebe, ein Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus und eine Hundeschule und -pension. Die vorhandene Bebauung vermittle auch den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit und verfüge daher über die für einen Ortsteil im Sinne des Gesetzes erforderliche organische Siedlungsstruktur. Die Beklagte sei bei der Genehmigung seines Wohnhauses von einer Lage im Innenbereich ausgegangen. Ferner sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem privilegierten Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB ausgegangen. Tatsächlich handele es sich um einen Gewerbebetrieb, der den Rahmen des Ortsüblichen sprenge. Es fehle eine ausreichende eigene Futtergrundlage für eine betriebliche Erweiterung. Das zugrundegelegte Gutachten zu den Geruchsimmissionen sei nicht ausreichend. Es beruhe auf Daten einer Wetterstation in größerer Entfernung, die die tatsächliche Situation nicht träfen. Es komme zu Windverwirbelungen, die gerade sein Haus beträfen. Ferner sei das im Gutachten zugrunde gelegte Kriterium einer Rauhigkeit des Geländes zweifelhaft. Ein früheres Gutachten sei zu einer höheren Geruchsbelastung gelangt. Das Verwaltungsgericht habe eine effektive Grenzwertfestlegung für Geruchsimmissionen unterlassen und die Problematik einer drohenden Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole verkannt. Nach einer vorliegenden Studie sei im Umkreis von 500 m von Tierhaltungsanlagen mit Gesundheitsgefahren zu rechnen. Dies ergebe sich insbesondere aus der sog. NiLS Studie (Niedersächsische Lungen-Studie) sowie auch aus der VDI-Richtlinie 4250. Das Verwaltungsgericht habe auch die Grundsätze verkannt, die das OVG Münster in der Entscheidung vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 - aufgestellt habe.
20Der Kläger beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
24Sie trägt vor:
25Die Berufung sei unzulässig. Es fehle an der erforderlichen detaillierten Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils. Die Berufung sei im Übrigen aus den Gründen des erstinstanzlichen Urteils unbegründet. Für die planungsrechtliche Beurteilung sei § 35 BauGB maßgeblich. Das Gebiet H. sei Außenbereich und kein Ortsteil im Sinne des Gesetzes. Mit Blick auf die Siedlungsstruktur in S. mit den jeweils mehrere Hundert Hauptgebäude umfassenden Ortsteilen S. , tal, G. und L1. bzw. die Struktur der Nachbargemeinden im Ballungsraum / könne sich die Ansiedlung H. mit den vorhandenen Gebäuden nicht als selbständige Siedlungseinheit behaupten. Das Bundesimmissionsschutzgesetz sei nicht einschlägig. Zudem sei ein Verstoß gegen das Genehmigungserfordernis nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ohnehin unerheblich. Der Vorbehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren sei nach der Rechtsprechung nicht drittschützend. Das Vorhaben des Beigeladenen sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen. Es betreffe Landwirtschaft im Sinne der Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage. Eine Privilegierung sei aber - nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB - auch dann gegeben, wenn eine eigene Futtergrundlage nicht nachgewiesen wäre. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot insbesondere auch hinsichtlich der Geruchsbelastung verneint. Gegen eine Unzumutbarkeit spreche bereits der Aspekt der zeitlichen Priorität landwirtschaftlicher Viehhaltung in H. . Der Kläger habe sich zu einem Zeitpunkt in H. angesiedelt, als der Betrieb des Beigeladenen und auch andere Betriebe längst vorhanden gewesen seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Außenbereich vom Gesetzgeber nach § 35 Abs. 1 BauGB generell als Standort stark emittierender Betriebe vorgesehen sei. Der Beigeladene nehme bei der Gestaltung des Vorhabens auch hinsichtlich der Betriebserweiterung größtmögliche Rücksicht auf den Kläger und die Nachbarschaft. Der Großteil des Bestands und die verkehrliche Erschließung lägen nach Umsetzung des Vorhabens deutlich weiter vom Haus des Klägers entfernt. Nach dem vorliegenden Geruchsgutachten sei die Grenze der Zumutbarkeit nicht erreicht. Abgesehen davon führe das Vorhaben zu einer Verbesserung der Immissionssituation. Nach der Rechtsprechung sei auch eine an sich nicht mehr hinnehmbare Immissionsbelastung im Einzelfall im Umfang der Vorbelastung zumutbar, wenn eine Änderungsgenehmigung die Situation verbessere. Ein solcher Sachverhalt sei hier gegeben, weil der Beigeladene den nahe am Haus des Klägers gelegenen Stall D 2 aufgebe und der neue Stall in wesentlich größerer Entfernung gebaut werden solle. Ferner fehle es an konkreten Anhaltspunkten für Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole. Bioaerosole spielten in der fachwissenschaftlichen Diskussion im Zusammenhang mit Rinderhaltungsanlagen keine Rolle. So enthalte auch der Tierhaltungserlass des Landes NRW vom 19. Februar 2013 lediglich für die Haltung von Schweinen und Geflügel diesbezügliche Empfehlungen.
26Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
27Der Kläger hat ärztliche Bescheinigungen zu eigenen Erkrankungen und Erkrankungen seiner Ehefrau vorgelegt; danach leidet er u. a. an einem sinubronchialen Syndrom mit Asthma bronchiale, seine Ehefrau leidet u. a. an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.
28Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 19. September 2013 besichtigt. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll zum Ortstermin verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge zum Vorbescheidsverfahren und zu den Baugenehmigungen für bauliche Anlagen auf dem Grundstück des Beigeladenen sowie zur Baugenehmigung für das Wohnhaus des Klägers Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Berufung ist zulässig.
31Es fehlt entgegen der Meinung der Beklagten nicht an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung. Die Berufungsbegründung muss nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 4 VwGO einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung. Ein Berufungsführer genügt grundsätzlich seiner gesetzlichen Pflicht, in der Berufungsbegründung die Gründe der Anfechtung anzugeben, wenn er in der Berufungsbegründung an seiner in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hinreichend konkret erläuterten Auffassung festhält, durch den mit der Klage angegriffenen Bescheid verletzt zu sein, und dadurch zum Ausdruck bringt, dass er von den gegenteiligen Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht überzeugt ist.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2012 ‑ 9 B 71.11 -, juris, m. w. N.
33Gemessen an diesen Ausführungen sind die Darlegungen des Klägers im rechtzeitig am 21. Mai 2013 (erster Werktag nach Pfingstmontag) eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz ausreichend. Die von der Beklagten vermisste Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils findet sich darin in hinreichend detaillierter Weise. Dies gilt jedenfalls mit Blick auf die Ausführungen zu der vom Kläger befürchteten Beeinträchtigung durch Bioaerosole; hierzu enthält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine konkreten Erwägungen.
34Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg.
35I. Die Klage ist zwar zulässig.
361. Der Kläger ist insbesondere klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Er kann geltend machen, dass eine Verletzung seiner Rechte durch den angegriffenen Vorbescheid nicht von vornherein ausgeschlossen ist. An der Klagebefugnis fehlt es nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Vorbringens des jeweiligen Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise dessen subjektive Rechte verletzt sein können.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003
38- 3 C 15.03 -, NJW 2004, 698.
39Es kommt hier jedenfalls eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksicht-nahmegebots mit Blick auf vorhabenbedingte Geruchsimmissionen in Betracht.
402. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht zwischenzeitlich wegen des Ablaufs der Geltungsdauer des Vorbescheids entfallen. Denn der Ablauf der Frist für die Geltung eines Vorbescheids ist durch eine gegen den Bescheid gerichtete Klage gehemmt.
41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2012
42- 7 A 2444/09 -, juris, m. w. N.
43II. Die Klage ist aber in der Sache nicht begründet.
44Der angefochtene Vorbescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
45Der Senat versteht den Vorbescheid dahin, dass er sich auf die Änderung des landwirtschaftlichen Betriebs des Beigeladenen insgesamt und nicht lediglich auf die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes bezieht. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch die Zahl und Verteilung der Tierplätze für Rinder und Kälber und deren Zuordnung zu bestimmten Stallungen geregelt wird und andere Regelungen getroffen werden, die sich auf den Betrieb des Beigeladenen insgesamt beziehen. Es handelt sich mithin um ein einheitliches Änderungsvorhaben in Bezug auf den Gesamtbetrieb.
46Vgl. zu baurechtlichen (Änderungs-) Genehmigungen: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2000 - 4 B 106.99 -, BRS 63 Nr. 172.
47Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist nach allgemeinen Grundsätzen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids; soweit sich nachträgliche Änderungen zugunsten des Beigeladenen auswirken, sind sie zu berücksichtigen.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. November 2010 - 4 B 43.10 -, BRS 76 Nr. 162.
49Der Vorbescheid verstößt danach weder gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (dazu 1.) oder drittschützendes Verfahrensrecht (dazu 2.) noch gegen das nach dem hier maßgeblichen § 35 Abs. 1 BauGB (dazu 3.) allein zu prüfende planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (dazu 4.).
501. Der Vorbescheid verstößt nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen das Bestimmtheitsgebot.
51Ein planungsrechtlicher Vorbescheid muss ebenso wie eine Baugenehmigung inhaltlich bestimmt sein. Das Bestimmtheitserfordernis in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass der Nachbar der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen kann, dass danach nur solche Nutzungen bzw. Baumaßnahmen erlaubt sind, die seine Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Aus einer Unbestimmtheit der Baugenehmigung folgt ein Aufhebungsanspruch des Nachbarn allerdings erst dann, wenn sich die Unbestimmtheit auf Merkmale des genehmigten Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften zu seinen Lasten auszuschließen, und er - wäre die Baugenehmigung insoweit rechtswidrig - von dem genehmigten Vorhaben konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hätte.
52Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2013 ‑ 10 A 2269/10 -, m. w. N.
53Diesen Anforderungen ist hier genügt. Der Vorbescheid regelt nachbarrechtsrelevante Aspekte der Änderung des Betriebs zunächst in Bezug auf den ersten Bauabschnitt mit 250 Plätzen für Kühe. Es wird damit hinreichend festgelegt, wie im ersten Bauabschnitt die Tierplätze verteilt sind (vgl. Ziff. 2. und 4. des Vorbescheids und Bl. 7 des Gutachtens). Die Entscheidung stellt mit der Bezugnahme auf das Gutachten auch hinreichend klar, wo (in welchen Ställen) im ersten Bauabschnitt die 250 Kühe bzw. 100 Rinder stehen sollen. Widersprüchlich ist auch nicht etwa die Regelung zum Tierplatzbestand. Soweit die Angaben zu Bullen bzw. Jungvieh in der Betriebsbeschreibung bzw. im Gutachten divergieren - der Bestand bezieht sich nach der Betriebsbeschreibung u. a. auf 90 Tiere, bei denen es sich um Bullen und Jungvieh handelt, nach dem Gutachten sind Bullen nicht mehr vorgesehen, sondern 90 Tiere der Kategorie Jungvieh, von denen 25 unter einem Jahr und 65 zwischen einem und zwei Jahren alt sind - ist dies mit Blick auf die Bestimmung zu 4. zum Vorbescheid dahin zu verstehen, dass die Beklagte nur von 90 Plätzen für Jungrinder ausgeht und die Haltung von Bullen planungsrechtlich nicht mehr positiv regeln wollte. Im Übrigen wird - ungeachtet der Nachbarrechtsrelevanz dieses Aspekts - in Bezug auf den zweiten Bauabschnitt auch eine hinreichend bestimmte planungsrechtliche Beurteilung unter der Maßgabe einer ausreichenden eigenen Futtergrundlage gemäß der Regelung zu Ziffer 4. getroffen.
542. Ein für die Verletzung von Rechten des Klägers erheblicher Verfahrensfehler liegt nicht darin, dass nicht anstelle eines baurechtlichen Vorbescheids ein immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid nach § 9 BImSchG erteilt worden ist.
55Es spricht bereits Vieles dafür, dass ein immissionsschutzrechtliches Vorbescheidsverfahren nicht durchzuführen war, weil eine Genehmigungspflicht nach dem BImSchG hier weder mit Blick auf die genehmigten Tierplatzzahlen noch mit Blick auf die Lagerkapazität für Gülle bestand. Dies bedarf indes keiner abschließenden Beurteilung. Denn es ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass ein solcher Verstoß gegen Verfahrensrecht ohnehin nicht nachbarrechtsrelevant wäre. Der materielle Maßstab für die Beurteilung der Nachbarrechtskonformität nach dem Bauplanungsrecht unter dem Aspekt des Rücksichtnahmegebots und nach dem Immissionsschutzrecht ist einheitlich. Das Immissionsschutzrecht legt die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012
57- 4 C 8.11 -, BRS 79 Nr. 92.
58Danach könnte es nicht zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen, wenn die Anlage insgesamt nach dem BImSchG genehmigungspflichtig und deshalb ein Verfahren auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 9 BImSchG erforderlich gewesen wäre, denn aus den nachfolgenden Gründen ist kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot festzustellen.
593. Das Vorhaben ist planungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 BauGB zu beurteilen.
60Das Vorhaben liegt im Außenbereich (dazu a.) und ist dort als landwirtschaftliches Vorhaben privilegiert (dazu b.).
61a. Die Beurteilung richtet sich nach § 35 BauGB, weil das Vorhaben im Außenbereich verwirklicht werden soll. Die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen liegen im Außenbereich. Der Außenbereich umfasst Flächen, die nicht im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB qualifiziert überplant sind und nicht Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 BauGB sind. Ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht. Die Ansiedlung H. stellt sich auch nicht als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB dar.
62Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das gewisse Gewicht für die Bewertung eines Bebauungszusammenhangs als Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB ist nicht für alle Gemeinden und Siedlungsräume einheitlich, sondern nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der jeweiligen Gemeinde zu bestimmen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. November 2009
64- 7 A 1236/08 -, juris.
65Danach erfüllt die Ansiedlung H. nicht die Anforderungen an einen Ortsteil. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Karten, Plänen und Luftbildern sowie dem Eindruck des Berichterstatters bei der Ortsbesichtigung, der den Mitgliedern des Senats in der Beratung vermittelt worden ist. Danach fehlt es - wie auch von der Beklagten im Berufungsverfahren nach der Durchführung des Ortstermins im Einzelnen dargelegt worden ist - schon an einer hinreichenden Anzahl von Gebäuden hinreichenden bodenrechtlicher Bedeutung. Abgesehen davon lässt die Ansiedlung auch die erforderliche siedlungsstrukturelle Qualität vermissen, die für einen Ortsteil im Sinne des Gesetzes konstitutiv ist. Aus dem Vortrag des Klägers, die Beklagte sei bei der Genehmigung seines Hauses von einer Innenbereichslage ausgegangen, ergibt sich keine andere Beurteilung, an eine solche Beurteilung wäre der Senat nicht gebunden.
66b. Das Vorhaben ist entgegen der Auffassung des Klägers auch als landwirtschaftliches Vorhaben im Sinne des BauGB und damit nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen.
67Der Kläger bezweifelt dies, weil er meint, es fehle für den zweiten Bauabschnitt an der nach § 201 BauGB angesichts des vorgesehenen Tierbestands erforderlichen Futtergrundlage. Damit verkennt er indes den - bereits oben aufgezeigten - Regelungsgehalt des Vorbescheids, dessen positive planungsrechtliche Beurteilung für den zweiten Bauabschnitt auf der in Ziffer 4. benannten Voraussetzung beruht, dass auch für den weiteren Tierbestand, der im zweiten Bauabschnitt aufgebaut werden soll, eine ausreichende Futtergrundlage vorhanden ist.
684. Das Vorhaben verstößt nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, das auch bei der Zulassung von Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Rahmen der Prüfung entgegen stehender öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB Anwendung findet, denn es ist weder wegen Geruchsimmissionen (dazu a.) noch auf sonstige Weise (dazu b.) gegenüber dem Kläger im Rechtssinne rücksichtslos.
69a. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots lässt sich zunächst nicht mit Blick auf Geruchsimmissionen feststellen. Voraussetzung für eine solche Verletzung wäre, dass auf dem Grundstück des Klägers auftretende vorhabenbedingte Gerüche als schädliche Umwelteinwirkungen gewertet werden können. Das ist aber nicht der Fall.
70Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder Nachbarschaft herbeizuführen. Ob Belästigungen i. S. d. Immissionsschutzrechts erheblich sind, und deshalb einem Nachbarn nicht zugemutet werden können, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimmen.
71Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. März 2009
72- 10 A 259/08 -, juris, m. w. N.
73Ob diese Würdigung, wie die Beklagte meint, schon auf den Aspekt gestützt werden kann, dass es sich um eine „Verbesserungsgenehmigung“ handele, kann dahingestellt bleiben.
74Vgl. zur sog. „Verbesserungsgenehmigung“ die Erwägungen des 2. Senats des OVG NRW, Beschluss vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251.
75Gegen eine Unzumutbarkeit der auf dem Grundstück des Klägers auftretenden Gerüche spricht bereits der von der Beklagten in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung aufgezeigte Aspekt, dass der Außenbereich bauplanungsrechtlich nur ausnahmsweise für Wohnnutzungen, in erster Linie aber als Standort für stark emittierende Betriebe vorgesehen ist. Im typischerweise landwirtschaftlich genutzten Außenbereich muss insbesondere mit Gerüchen gerechnet werden, die durch Tierhaltung, Dungstätten und Güllegruben typischerweise entstehen. Der Eigentümer eines Wohnhauses kann in der Regel nicht verlangen, von solchen mit der Tierhaltung verbundenen Immissionen verschont zu bleiben. Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auch in der vom Kläger zitierten Entscheidung klargestellt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010
77- 8 B 992/09 -, juris, m. w. N.
78Anderweitige Anhaltspunkte, die für eine Unzumutbarkeit gegenüber dem Kläger sprechen könnten, ergeben sich weder mit Blick auf Anforderungen der Geruchsimmissionsrichtlinie (aa.) oder der TA-Luft ( bb.) bzw. einschlägiger technischer Regelwerke wie der VDI-Richtlinie 3894 (cc.) noch aus besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Entwicklung der Nutzungen in der maßgeblichen Umgebung (dd.).
79aa. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit von Geruchsimmissionen ergeben sich nicht aus der - ohnehin auf nicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtige Vorhaben nicht unmittelbar, sondern nur sinngemäß anwendbaren - Geruchsimmissionsrichtlinie des Landes NRW in der Fassung vom 29. Februar 2008 mit Ergänzungen vom 10. September 2008 - GIRL -, die in Nordrhein-Westfalen als ministerieller Erlass gilt (vgl. MBl. NRW. 2009, S. 529). Diese Richtlinie ist ein rechtlich nicht verbindliches Regelwerk. Sie stellt keine Rechtsquelle dar. Vielmehr enthält sie technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 ‑ 4 B 5.07 ‑, BRS 71 Nr. 168; OVG NRW, Urteil vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 ‑, juris.
81Eine Begutachtung nach der GIRL ist nur ein Kriterium zur Bewertung von Geruchsimmissionen. Die Beurteilung von Geruchsimmissionen darf sich nicht allein an den in der GIRL festgelegten Immissionswerten für die Geruchshäufigkeit orientieren, vielmehr hat jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Dementsprechend wird bereits in der GIRL unter Nr. 5 darauf hingewiesen, dass eine Beurteilung im Einzelfall erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für die Bewertung von durch landwirtschaftliche Betriebe verursachten Gerüchen in Außenbereichslagen, für die die GIRL keinen Immissionswert enthält und in der die Grundstücke mit einer Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme belastet sein können, auf Grund der in erheblich höherem Maße Geruchseinwirkungen hinzunehmen sind.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 ‑, juris.
83Im Ergebnis ist die auf das vorliegende Gutachten gestützte erstinstanzliche Würdigung nicht zu beanstanden, dass im vorliegenden Fall eine unzumutbare Geruchsbelastung auch nach Maßgabe der GIRL nicht zu befürchten ist. Der Senat sieht keinen Anlass, für die Beurteilung der Zumutbarkeit nach Maßgabe der GIRL eine generelle Grenze bestimmter Geruchshäufigkeiten zu bestimmen, wie es der Kläger wünscht.
84Vgl. zu der Auffassung, dass im Außenbereich bei einer Überschreitung des Immissionswerts von 0,25 infolge einer vorhabenbedingten relevanten Zusatzbelastung landwirtschaftliche Gerüche unzumutbar sind, OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, juris, m. w. N. bzw. dazu, dass jedenfalls ein Immissionswert von 0,25 im Außenbereich unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls im Sinne der Auslegungshinweise zur GIRL zumutbar ist, BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2013 - 4 BN 44.13 -, juris.
85Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers den in der GIRL angesetzten Wert von 0,15 (15 % der belästigungsrelevanten bewerteten Geruchsstunden) zugrunde legt, der für ein Dorfgebiet maßgeblich wäre, ist auf der Grundlage des hinreichend belastbaren Gutachtens keine Überschreitung festzustellen und schon deshalb aus der GIRL kein Anhaltspunkt für eine Unzumutbarkeit der Geruchsbelastung abzuleiten. Das Vorhaben führt nach dem Gutachten zu einer belästigungsrelevanten Gesamtbelastung, die sich unter Berücksichtigung des gesamten Betriebs des Beigeladenen einschließlich der Belastungen durch den geplanten neuen Stall auf 6 % bis 8 % der Jahresstunden beläuft. Der Senat hat keine Zweifel an der Belastbarkeit der Prognose des Gutachtens.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Oktober 2013
87- 7 D 19/13.NE -, m. w. N.
88Dies gilt zunächst für die zugrunde gelegten Wetterdaten. Die Gutachterin hat auf Empfehlung des LANUV in der Plausibilitätsprüfung vom November bzw. 4. Dezember 2009 die Daten der Wetterstation Köln/Bonn zugrundegelegt. Weshalb diese Vorgehensweise methodisch zu beanstanden sein sollte, hat der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt. Die von ihm gewünschte Errichtung einer gesonderten Wetterstation im Bereich des Vorhabenstandorts hält der Senat nach den genannten Vorgaben nicht für erforderlich.
89Das Gleiche gilt für die Behauptungen zur Rauhigkeit des Geländes ebenso wie für den Standort des Anemometers. Auch insoweit beruhen die Annahmen der Gutachterin auf einer Empfehlung des LANUV, gegen deren methodische Richtigkeit der Kläger keine hinreichend plausiblen Einwände vorbringt. Dass sich aus den behaupteten geländebedingten Windverwirbelungen wesentlich häufigere Geruchsbelastungen ergeben, ist nicht substantiiert aufgezeigt. Dass ein früheres Gutachten aus dem Jahr 2005 ohne entsprechende Vorgaben des LANUV zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, ist für die vorliegend gebotene Beurteilung ohnehin unerheblich.
90Ebensowenig teilt der Senat die weiteren in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände gegen das Gutachten. Der Senat sieht weder Gründe für die Annahme, das Gutachten habe die maßgeblichen Quellen von Gerüchen auf dem Grundstück des Beigeladenen nicht zutreffend erfasst noch für die Einschätzung, das Gutachten sei mit Blick auf die nachfolgend bekannt gemachte VDI-Richtlinie 3894 nicht verwertbar, weil darin bei Unterschreitung bestimmter Abstände zwischen Wohnbebauung und Rinderhaltungsanlagen eine Einzelfallprüfung für erforderlich sei; eine solche Prüfung des Einzelfalls fehlt nicht, sondern liegt mit dem Gutachten gerade vor.
91Auf der mithin hinreichend belastbaren Prognosegrundlage sind die zu erwartenden Belastungen durch Gerüche nicht als unzumutbar zu werten. Der Senat lässt - wie bereits vorstehend erläutert - offen, ob der Grenzwert 0,25 (d.h. die Grenze von 25 % der belästigungsrelevanten Jahresgeruchsstunden) hier maßgeblich ist. Denn selbst der Grenzwert von 0,15, der für Dorfgebiete gilt (15 % der belästigungsrelevanten Geruchsstunden), ist hier eindeutig nicht überschritten. Nach der Prognose wird gerade die Hälfte dieses Belastungswerts erreicht.
92bb. Eine andere Beurteilung folgt nicht aus den Abstandsregelungen in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft -TA-Luft - (GMBl. 2002, 511).
93Für Rinderhaltungsanlagen sind dort keine Abstandsregelungen vorgesehen.
94Abgesehen davon dienen die Abstandsregelungen, die Anlagen zum Halten von Schweinen oder Geflügel betreffen, ohnehin nur Vorsorgezwecken. Sie definieren nicht die Grenze, ab der von einer Unzumutbarkeit für die Nachbarschaft auszugehen ist. Entsprechendes gilt für die durch gesonderten Erlass im Jahr 2007 getroffene Abstandsregelung für Rinderhaltungen in NRW, die sich an die Regelungen der TA-Luft für Anlagen, zur Haltung von Schweine oder Geflügel anlehnt.
95Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193
96Denn auch diese Vorgabe dient nicht dem Nachbarschutz in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen, sondern beruht auf dem Vorsorgedanken und ist deshalb hier nicht ausreichend, um nachbarrechtliche Abwehrrechte zu begründen.
97cc. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 vom November 2012 - Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen - Methode zur Abstandbestimmung Geruch sieht ebenso Abstandsregelungen vor (vgl. Anhang C mit einer Beispielrechnung für Rinderhaltung), die gleichfalls nicht im Sinne der Definition einer Grenze der Zumutbarkeit zu verstehen sind, sondern - was sich aus den Ausführungen zu Zielsetzung und Geltungsbereich der Richtlinie ergibt - der Vorsorge dienen, indem sie mit einer vereinfachten schematischen Betrachtung den Abstand liefern, bei dem mit hinreichender Sicherheit eine bestimmte Geruchstundenhäufigkeit eingehalten wird. Werden die so ermittelten Abstände nicht eingehalten, gibt dies lediglich Anlass zu einen weiteren Einzelfallbetrachtung, die hier - wie bereits ausgeführt - vorgenommen worden ist.
98dd. Aus den von der Beklagten in der Berufungserwiderung aufgezeigten Gründen spricht schließlich auch die Entwicklung der Nutzungen in der näheren Umgebung nicht für, sondern vielmehr gegen eine Unzumutbarkeit der vom Kläger beklagten Geruchsbelastungen. Es ist nämlich nach den vorliegenden Baugenehmigungsakten davon auszugehen, dass eine Rinderhaltung in nennenswertem Umfang in der näheren Umgebung des Hauses des Klägers bereits stattfand, als er dort Grundeigentum erwarb und die Wohnnutzung aufnahm. Im Jahr 1976 bestand bereits seit vielen Jahren jedenfalls der unter dem 22. Oktober 1970 genehmigte Stall D 2 mit Dunggrube.
99Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, es komme ungeachtet der geplanten Änderung der Erschließung der Anlagen des Beigeladenen zu Beeinträchtigungen durch den Transport von Gülle über den H1. Weg und die Ausbringung der Gülle in der Nähe seines Grundstücks, rechtfertigt dies schon deshalb keine andere Beurteilung der Zumutbarkeit im Sinne des Bauplanungsrechts, weil diese Sachverhalte nicht unter Beachtung des Rücksichtnahmegebots durch den bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zu regeln sind, sondern anderweitig nach Maßgabe des Straßenverkehrsrechts bzw. gesonderter Regelungen der Verbringung von Gülle.
100b. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ergibt sich auch nicht mit Blick auf schädliche Umwelteinwirkungen im Zusammenhang mit der Emission von Bioaerosolen durch den Betrieb des Beigeladenen.
101Unter Bioaerosolen sind nach der Definition in dem Entwurf der VDI‑Richtlinie 4250 Blatt alle im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z. B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissionswerte oder Emissionswerte sieht die TA‑Luft hierfür nicht vor. Insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenzwerte oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 der TA‑Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
102Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2012 ‑ 8 B 1322/11 ‑, m. w. N.
103Dies ist hier allerdings zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.
104Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube‑, Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
105Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 - sowie auch für Rinderhaltungsanlagen die VDI-Richtlinie 4255 Blatt 2 (S. 10 f.).
106Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucher seit dem Jahre 2007 an Schweineställen und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter ‑ insbesondere von Staphylokokken ‑ an der in Windrichtung gelegenen Seite eines Lege-hennenstalls gegenüber der windabgewandten Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Denn die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden.
107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, unter Hinweis auf Heller/Köllner (LANUV), Bioaerosole in der Umwelt von Tierhaltungsanlagen ‑ Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein‑Westfalen, 2007.
108Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potenziell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Immissionen und Schadenseintritt, oder ein generelles Besorgnispotenzial können allenfalls Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
109Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 ‑, BVerwGE 119, 329.
110Nichts anderes gilt mit Blick auf das baurechtliche Rücksichtnahmegebot, das insoweit - wie bereits aufgezeigt - keinen weitergehenden Schutz vermittelt als das Immissionsschutzrecht.
111Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012
112- 4 C 8.11 -, BRS 79 Nr. 92.
113Auch der Entwurf („Gründruck“) der VDI‑Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosolimmissionen) rechtfertigt entgegen dem Hinweis des Klägers keine andere Beurteilung.
114Soweit der Entwurf in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als „umwelthygienisch unerwünscht“ wertet, fügt er hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol‑Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend können diese Vorstellungen der Entwurfsverfasser nicht den drittschützenden Betreiberpflichten im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern allenfalls den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen sein.
115Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 ‑ 8 B 1015/09 ‑, und vom 8. Februar 2012 ‑ 8 B 1322/11 ‑.
116Auf die Einhaltung entsprechender Anforderungen hat ein Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch.
117Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 ‑, NVwZ 2008, 789.
118Ausgehend von diesen Feststellungen fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Grundstück des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosolimmissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit führen könnten.
119Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist.
120Diese Einschätzung entspricht auch der in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte übereinstimmend vertretenen Auffassung in Bezug auf Immissionen in Gestalt von Bioaerosolen, die von Tierhaltungsanlagen ausgehen.
121Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 ‑, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. März 2012 - 12 ME 270/11 -,
122NordÖR 2012, 298; Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149, 22 ZB 12.151-, juris; OVG Schleswig, Urteil vom 8. März 2013 - 1 LB 5.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2013
123- 2 M 16/13 -,AUR 2013, 346; ebenso in Bezug auf gentechnische Anlagen BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 CN 3.11 -, BRS 79 Nr. 20.
124Eine andere Beurteilung ergibt sich im vorliegenden Einzelfall nicht aus den Gründen der attestierten Erkrankungen des Klägers und seiner Ehefrau. Dass diese Erkrankungen durch Bioaerosolimmissionen des bisherigen Betriebs des Beigeladenen verursacht worden sind, steht nicht fest; auch die vorgelegten Atteste geben dies lediglich als Einschätzung des Klägers bzw. seiner Ehefrau wieder.
125Die attestierte Tatsache der Erkrankung des Klägers bzw. seiner Ehefrau begründet auch für sich genommen - unabhängig von ihren Gründen - keine andere Beurteilung. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot bezieht sich auf den Schutz des Grundeigentums und soll dem Grundeigentümer Schutz vor rücksichtslosen Vorhaben gewähren, die eine typische Nutzung seines Eigentum betreffen; auf individuelle Umstände, die eine besondere gesundheitliche Empfindlichkeit begründen, ist nicht abzustellen. Bei der Beurteilung, ob von einem Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, kommt es darauf an, ob die Einwirkungen bezogen auf eine durchschnittliche Empfindlichkeit das zumutbare Maß überschreiten.
126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -,BRS 76 Nr. 100, m. w. N..
127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO; es entspräche nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, denn dieser hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Wegen der bis zur Rücknahme des Zulassungsantrags der erstinstanzlichen Kläger K. und I. entstandenen Kosten verbleibt es bei der mit Beschluss vom 14. März 2013 im abgetrennten Verfahren - 7 A 655/13 - getroffenen Kostenentscheidung.
128Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
129Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die mit dem Zulassungsbegehren vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch folgt aus ihnen ein der Beurteilung des beschließenden Senats unterliegender Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann (2.).
41. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 11. März 2013 für den Neubau eines Tierheims auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur 3, Flurstück 1102, aufzuheben,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften sei nicht festzustellen. Insbesondere verletze die Baugenehmigung nicht das hier allein in Betracht zu ziehende bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot.
9Die dagegen von dem Kläger erhobenen Einwände haben keinen Erfolg.
10Er zeigt nicht auf, dass der genehmigte Betrieb des Tierheims in Bezug auf sein Grundstück voraussichtlich schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB in Gestalt von Geräuschimmissionen verursachen wird.
11Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, kann der Kläger für sein Außenbereichsgrundstück das Lärmschutzniveau entsprechend Nr. 6.1 c) TA Lärm von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht in Anspruch nehmen. Dies legt zudem die Nebenbestimmung UAIS 01 zur Baugenehmigung vom 11. März 2013 fest.
12Vgl. zur Einschlägigkeit der TA Lärm für Hundegebell nochmals OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Januar 2008 - 7 B 1741/07 -, BRS 73 Nr. 106 = juris Rn. 12 ff., und vom 6. Oktober 2010 - 2 A 1503/09 -, BRS 76 Nr. 190 = juris Rn 9.
13Dass die vorgenannten Immissionsrichtwerte am Grundstück des Klägers voraussichtlich nicht hinreichend sicher eingehalten werden, lässt der Zulassungsantrag auch insoweit nicht hervortreten, als die Nebenbestimmung UAIS 04 es gestattet, in einzelnen Fällen (bei sog. Zwingerhunden) die Tiere nachts nicht in geschlossenen Räumen zu halten, wenn diese Tiere dann im Bereich der Quarantänestation mit maximal vier Hunden und im Bereich des Hundehauses 1 mit maximal drei Hunden außerhalb der Gebäude untergebracht werden.
14Diesen besonderen Betriebszustand hat die ergänzende Immissionsberechnung der B. GmbH vom 8. November 2012 betrachtet, die - ebenso wie das schalltechnische Gutachten vom 18. Oktober 2012 - durch die Nebenbestimmung UAIS 02 zum Genehmigungsbestandteil gemacht worden ist. Nachdem die Prognose vom 18. Oktober 2012 für das Grundstück des Klägers - den Immissionsort I2 - Beurteilungspegel von tags 49 dB(A) und nachts 34 dB(A) vorhergesagt hatte, kam die Nachberechnung vom 8. November 2012 für den Sonderbetrieb einer nächtlichen Haltung der wie vorstehend festgelegten Anzahl von Zwingerhunden im Freien zu einer - gleichfalls nachbarschaftsverträglichen - Belastung des Immissionsorts I2 von 44 dB(A) am am stärksten betroffenen Geschoss.
15Das Verwaltungsgericht hat sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, diese Prognose sei valide.
16Der in Ansatz gebrachte Schallleistungspegel für Hundegebell sei - so das Verwaltungsgericht - nicht zu beanstanden. Die B. GmbH habe mit Schreiben vom 25. Juni 2013 erläutert, dass der Wert auf Messungen vor einem Hundezwinger mit neun Hunden basiere, die zum Zweck der Messung ständig zum Bellen animiert worden seien. Hierbei hätten sich ein Schallleistungspegel von 101 dB(A) sowie ein Impulszuschlag von 8 dB(A) ergeben. Dieses auf eigenen Erfahrungen des Sachverständigen beruhende Ergebnis werde gestützt durch die Ermittlungen der Sächsischen Freizeitlärmstudie des Sächsischen Landesamts für Umwelt und Geologie von April 2006 betreffend die Beurteilung von Lärm, der von einem Hundedressurplatz ausgehe. Mit dem dortigen, ebenfalls auf Messungen beruhenden Schallleistungspegel für die Lärmquelle „Hunde im Zwinger“ stimme der von der B. GmbH angesetzte Wert in etwa überein.
17Diese Annahme stellt der Zulassungsantrag, der auf eine Stellungnahme des Sachverständigen für Schall und Geruch Dipl.-Ing. M1. vom 18. Oktober 2013 Bezug nimmt, nicht durchgreifend in Frage. Zugleich kommt deswegen der im Zulassungsantrag angesprochene nachbarrechtsrelevante Bestimmtheitsmangel wegen fehlender Nachweiseignung der vorgelegten Immissionsprognose nicht in Betracht.
18Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 VwGO verstoßen, weil es die Aussage der B. GmbH, der eingestellte Emissionswert für Hundegebell beruhe auf eigenen Messungen, ohne weitergehende Überprüfung hingenommen habe.
19Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz muss der Rechtsmittelführer substantiiert ausführen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen
20Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4.
21Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
22Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. Oktober 2013 keinen Beweisantrag gestellt. Ein weitergehender Aufklärungsbedarf hinsichtlich des für das Gebell von Hunden im Zwinger in der gegebenen Genehmigungssituation zugrunde zu legenden Emissionspegels musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht anderweitig aufdrängen.
23Abgesehen davon, dass die B. GmbH den von dem Kläger eingeforderten Messbericht zwischenzeitlich mit seiner neuerlichen Stellungnahme vom 15. Januar 2014 nachgereicht hat, welcher der Kläger nicht entgegengetreten ist, bestand für das Verwaltungsgericht - und besteht für den beschließenden Senat - kein Anlass, im Ausgangspunkt plausible und erläuterte gutachterliche (Emissions-)Ansätze eines fachlich anerkannten und aus zahlreichen Verfahren bekannten Gutachterbüros wie der B. GmbH ohne substantiellen Grund anzuzweifeln und eigens nachzuprüfen. Es entspricht weiterhin guter fachlicher Praxis, Emissionsquellen, zu denen - wie zu Hundegebell im Zwinger - noch nicht so viele Erfahrungswerte vorliegen wie zu anderen gängigen Emissionsquellen wie z. B. Parkplätzen oder bestimmten Anliefervorgängen und/oder die sich wegen heterogener Lärmcharakteristik nicht ohne Weiteres mathematisch-technisch greifen lassen, anhand eigener gutachterlicher Erfahrungen abzubilden oder dazu anderes verfügbares Datenmaterial - insbesondere von Fachbehörden wie Landesumweltämtern - heranzuziehen, um darüber ein möglichst realistisches Betriebsgeschehen ableiten zu können.
24Vgl. zu dieser genehmigungsrelevanten Anforderung: OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, BauR 2013, 1817 = juris Rn. 85, Beschlüsse vom 12. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 51, vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris Rn. 83, und vom 14. Juni 2012 - 2 B 379/12.NE -, juris Rn. 30 ff.
25An diese Vorgaben hat sich die B. GmbH - und mit ihr die Beklagte - gehalten. Verbleibende Unsicherheiten hat die B. GmbH - wie das Verwaltungsgericht richtig gewürdigt hat - durch eine möglichst pessimale Vorgehensweise aufgefangen, um auf diese Weise eine Prognose zu erstellen, die auf der sicheren Seite liegt.
26Wie die B. GmbH auch in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Januar 2014 hervorhebt, hat sie ein kontinuierliches Gebell der Hunde - also eine Bellzeit aller sieben Hunde im Zwinger von 100 % - in ihrer Berechnung unterstellt, um dadurch die Stresssituation der Hunde im Zwinger nach Möglichkeit realistisch zu modellieren. Dabei hat sie außer Acht gelassen, dass die Zwinger der Quarantänestation und der Hundehäuser so aufgebaut sind, dass sie teilweise überdacht sind und durch die Quarantänestation und das Hundehaus in nördlicher Richtung - und damit in Richtung des Wohnhauses des Klägers - abgeschirmt sind. Des Weiteren trifft der Hinweis des Verwaltungsgerichts zu, dass nach der genehmigten Betriebsbeschreibung das mitgenehmigte Wohnhaus von einer Tierpflegerin genutzt wird, damit die Betreuung und Überwachung der Tiere sowie ein Notdienst über 24 Stunden gewährleistet sind. Daran durfte das Verwaltungsgericht die lebensnahe Erwartung knüpfen, das geschulte Personal, das nach der Baugenehmigung ständig vor Ort sei, werde regelmäßig dazu in der Lage sein, anschlagende Hunde innerhalb eines deutlich kürzeren Zeitraums zu beruhigen, als er als Bellzeit in das schalltechnische Gutachten eingegangen ist.
27Sieht man die Abschirmwirkung der Gebäude der B. GmbH zufolge bei >= 5 dB(A), was der Zulassungsantrag nicht substantiiert in Zweifel zieht, ist es aufgrund all dieser Rahmenbedingungen nachvollziehbar, dass die B. GmbH den Beurteilungspegel von 44 dB(A) als hinreichend sicher für den Befund erachtet, dass der für das klägerische Grundstück maßgebende Nachtrichtwert von 45 dB(A) beim genehmigte Betrieb des Tierheims nicht überschritten wird. Dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn man zusätzlich die Vergabe eines Zuschlags für Ton- bzw. Informations-haltigkeit nach Nr. A.3.3.5 des Anhangs der TA Lärm von 3 dB(A) für geboten hielte.
28Dem Zulassungsantrag ist schließlich nicht darin zuzustimmen, dass die Geräuschimmissionsprognose für den Kläger nicht überprüfbar ist. Das schalltechnische Gutachten vom 18. Oktober 2012 und die ergänzende Berechnung vom 8. November 2012 sind Bestandteil der Baugenehmigungsakte. Der Gutachter Dipl.-Ing. M1. etwa hätte - mit oder ohne eingezeichnete Isophonenverläufe - eigene Berechnungen mit ggf. abweichenden Emissionseingaben oder divergierenden Einschätzungen zur Größenordnung der Abschirmwirkung erstellen und der Prognose der B. GmbH entgegenhalten können. Dies hat er indessen nicht getan.
292. Daran anschließend greift der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht ein. Der geltend gemachte Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des§ 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 VwGO liegt - wie unter 1. dargelegt - nicht vor.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
33Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.