Tenor

§ 1 und § 2 der Verordnung über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weitere Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes – Zweig-stellenverordnung – vom 15. Januar 2015, GVOBl. M-V vom 31. Januar 2014, S. 29 werden für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsgegner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn der Antragsteller zuvor nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Vorschriften der Verordnung über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weitere Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (Zweigstellenverordnung – ZweigStVO M-V) vom 15. Januar 2014 (GVOBl. M-V 2014, S. 29 ff.).

2

Gemäß § 4 des Gerichtsstrukturgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. April 1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 444) – GerStrG – umfasst nach dessen Absatz 18 der Bezirk des Amtsgerichts Stralsund das Gebiet der kreisfreien Stadt Stralsund, der amtsfreien Stadt Grimmen sowie das Gebiet der den Ämtern Altenpleen, Kronskamp, Miltzow, Niepars, Süderholz und Trebeltal zugeordneten Gemeinden aus dem (ehemaligen) Landkreis Nordvorpommern. Nach Absatz 4 der genannten Vorschrift umfasst der Bezirk des ca. 30 km entfernten Amtsgerichts Bergen auf Rügen das Gebiet des (ehemaligen) Landkreises Rügen. Das Amtsgericht Bergen ist das einzige Amtsgericht auf der ca. 926 km2 großen Insel Rügen. Das nächstgelegene Amtsgericht befindet sich in Stralsund. Das Präsidium des Amtsgerichts Bergen auf Rügen hat gegen die Zweigstellenverordnung ebenfalls einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht anhängig gemacht (Az.: 2 K 22/14). Dieser Normenkontrollantrag wurde mit Urteil vom 27. März 2015 mangels Antragsbefugnis abgelehnt.

3

Im Oktober 2013 verabschiedete der Landtag Mecklenburg-Vorpommern das Gesetz zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz vom 11. November 2013, GVOBl. M-V 2013, S. 609) – GerStrNeuG –. Art. 1 Ziff. 4 GerStrNeuG lautet wie folgt:

4

㤠4 wird wie folgt neu gefasst:

5

….

6

(5) Folgende Amtsgerichte sowie deren Bezirke werden aufgehoben:

7

1. das Amtsgericht Anklam zum 06. Oktober 2014,
2. das Amtsgericht Ueckermünde zum 01. Dezember 2014,
3. das Amtsgericht Neustrelitz zum 02. Februar 2015,
4. das Amtsgericht Hagenow zum 16. März 2015,
5. die Amtsgerichte Bad Doberan und Parchim zum 11. Mai 2015,
6. das Amtsgericht Grevesmühlen zum 13. Juli 2015,
7. das Amtsgericht Wolgast zum 31. August 2015,
8. das Amtsgericht Demmin zum 28. September 2015,
9. das Amtsgericht Bergen auf Rügen zum 23. November 2015 und
10. das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten mit Wirkung zum 27. Februar 2017.

8

(6) Mit der Aufhebung der Amtsgerichte nach Abs. 5 Nr. 3, 5, 6, 8 und 9 werden folgende Zweigstellen errichtet:

9

1. eine Zweigstelle des Amtsgericht Waren (Müritz) in Neustrelitz,
2. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Ludwigslust in Parchim,
3. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Wismar in Grevesmühlen,
4. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Neubrandenburg in Demmin,
5. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Stralsund in Bergen auf Rügen.

10

(7) Nachstehend aufgehobenen Amtsgerichten zugeordnete Gemeinden werden den aufnehmenden Amtsgerichten wie folgt zugeordnet:

11

12

8. die den Amtsgerichtsbezirken Bergen auf Rügen und Ribnitz zugeordneten Gemeinden dem Amtsgericht Stralsund.“

13

Art. 2 Ziff. 2 GerStrNeuG - Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes - lautet wie folgt:

14

㤠9a wird wie folgt gefasst:

15

§ 9a

16

Amtsgerichte, Zweigstellen und Gerichtstage

17

Das Justizministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die sachliche oder örtliche Zuständigkeit der Zweigstellen zu regeln und die Abhaltung von Gerichtstagen außerhalb des Gerichtsstandortes der Amtsgerichte anzuordnen, wenn dies im Interesse einer geordneten Rechtspflege geboten erscheint.“

18

Die Gesetzesbegründung zum Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz (LT-Drs. 6/1620) führt u. a. aus, dass mit dem Gesetz die Anpassung der Gerichtsstruktur des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die mit dem demografischen Wandel verbundenen Bevölkerungsbewegungen und insbesondere den in den meisten Landesteilen zu verzeichnenden Bevölkerungsrückgang als Ziel verfolgt werde. Konkreter Anlass des Gesetzes sei es, die Gerichtsstruktur der zwischenzeitlich formierten Struktur der Landkreise und kreisfreien Städte anzupassen, wobei das Gesetz keine volle Übereinstimmung der Gerichtsstruktur mit den Gebieten der Landkreise und kreisfreien Städte anstrebe, sondern Abweichungen von den Kreisgrenzen beispielsweise dann als hinzunehmen erachte, wenn dies die Erreichbarkeit des Gerichts für die Rechtsuchenden deutlich verbessere.

19

Das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz trat gemäß dessen Art. 6 mit Ausnahme des Art. 1 Nr. 6 am 06. Oktober 2014 in Kraft.

20

Das gegen das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz initiierte Volksbegehren war insofern erfolgreich, als dass die nach § 14 Abs. 2 Ziff. 1 Volksabstimmungsgesetz – VaG M-V – erforderliche Zahl von 120.000 gültigen Unterschriften erreicht ist. Auf der Grundlage der §§ 18 VaG M-V findet am 06. September 2015 ein Volksentscheid statt.

21

Am 15. Januar 2014 erließ die Justizministerin des Antragsgegners auf der Grundlage des § 9a AGGerStrG n. F. die Verordnung über die Umsetzung des Gerichtsstruktur-neuordnungsgesetzes (GVOBl. M-V, S. 29 ff.) – GerStrNeuGVO –. Der dortige Art. 1 beinhaltet die hier streitgegenständliche Zweigstellenverordnung, dessen § 2 Abs. 6 lautet:

22

„Die Zweigstelle Bergen auf Rügen des Amtsgerichtes Stralsund ist für folgende Geschäfte ausschließlich zuständig:

23

a) Zivilsachen
b) Familiensachen
c) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne des § 23a Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 bis 7 und 11 des Gerichtsverfassungsgesetzes,
d) Güterrechtsregistersachen,
e) Strafsachen,
f) Bußgeldsachen,
g) Mobiliarvollstreckungssachen einschließlich der Verteilungssachen,
h) Pachtkreditssachen,
i) Beurkundungssachen,
j) Angelegenheiten nach § 30a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz,
k) Angelegenheiten der Beratungshilfe,
l) Rechtsantragsstelle für die Aufnahme von Erklärungen.“

24

Die aufgezählten Zuständigkeiten erstrecken sich gemäß der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 ZweigStVO auf die Gemeinden in dem früheren Landkreis Rügen.

25

Am 12. Januar 2015 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingereicht.

26

Er ist der Auffassung, dass der Normenkontrollantrag sowohl zulässig als auch begründet sei.

27

Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages führt der Antragsteller aus, dass er als das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Stralsund „antragsberechtigt“ im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sei. Nach § 2 Abs. 6 ZweigStVO M-V sei die Zweigstelle Bergen auf Rügen für die dort genannten Geschäfte ausschließlich zuständig. Mit dieser Regelung in der Zweigstellenverordnung verbleibe dem antragstellenden Präsidium keine Wahlmöglichkeit für die Einzelrichterbenennung, womit der Schutz des Art. 97 Abs. 1 GG nicht mehr gewahrt sei. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei geklärt, dass die Verteilung der richterlichen Aufgaben durch ein Gerichtspräsidium nach pflichtgemäßem Ermessen erfolge und dass die Geschäftsverteilung eine Tätigkeit betreffe, die das Gesetz dem aus unabhängigen Richtern bestehenden Präsidium als richterliches Geschäft zugewiesen habe und die unter dem Schutz des Art. 97 Abs. 1 GG stehe. Als Träger von Rechten und Pflichten müsse das Präsidium gegen Regelungen, die ihn ohne gesetzliche Ermächtigung in der Entscheidungsfindung binden, auch Klage erheben können, zumal die Regelung im Gerichtsverfassungsgesetz zu Spruchkörpern allenfalls für Landgerichte oder Oberlandesgerichte gelten könne, nicht jedoch für Amtsgerichte. Sobald ein Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt sei, seien die richterlichen Aufgaben des Amtsgerichts durch die Geschäftsverteilung auf die einzelnen Richter zu verteilen. Weisungen übergeordneter Stellen an das Präsidium seien ausgeschlossen, ebenso eine dienstaufsichtsrechtliche Überprüfung von Entscheidungen eines Präsidiums über die engen Grenzen des § 26 DRiG hinaus. Aus dem Umstand, dass ein Präsidium gegen Weisungen vorgehen könne, sei zu schließen, dass sich eine Antragsberechtigung erst recht dann ergebe, wenn im Rahmen der angegriffenen Zweigstellenverordnung M-V bereits sämtliche Geschäfte der Zweigstelle festgelegt worden seien. Das Präsidium müsse dann nicht nur die Geschäfte der Hauptstelle, sondern auch feststehende Geschäfte der Zweigstelle mit Einzelrichtern besetzen, ohne sachgerecht z. B. Zivildezernate eigenständig zusammenzufassen und besetzen zu können.

28

Darüber hinaus könne die Zweigstellenverordnung M-V tauglicher Prüfungsgegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO iVm. § 13 AGGerStrG M-V sein. Es bestünde weder eine aufdrängende Sonderzuweisung zur allgemeinen ordentlichen Gerichtsbarkeit noch zum Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht A-Stadt gemäß § 31 RiG M-V.

29

Der vorliegende Normenkontrollantrag sei auch begründet.

30

Die angefochtene Zweigstellenverordnung M-V beruhe auf einer nicht hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil vom 28. Juni 2005 entschieden, dass Ermächtigungsgrundlage zur Errichtung und Aufhebung amtsgerichtlicher Zweigstellen Art. II § 3 der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 sei. Für die Bundesländer des Beitrittsgebietes gelte der Einigungsvertrag. Nach Kapitel III Sachgebiet A: Rechtspflege Abschnitt III Allgemeine Vorschriften würden die dortigen Regelungen gelten, die hinsichtlich der weiteren Anpassungsvorschriften Regelungen zur Zuständigkeitskonzentration enthalten, wobei für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Länder die im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Gerichte errichten würden. Die Bestimmung für Zweigstellen sei im Einigungsvertrag nicht geregelt. Nach Anlage I Kapitel III Abschnitt III Überleitungsvorschriften für anhängige Verfahren Nr. 4 gelte in den neuen Bundesländern nach dem Einigungsvertrag nur die Verordnung zur einheitlichen Regelung zur Gerichtsverfassung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-5, veröffentlichten bereinigten Fassung. Darüber hinaus sei die Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung mit Wirkung vom 24. April 2008 durch Art. 21, 210 Abs. 2 Nr. 1 des 1. Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeit des Bundesministeriums der Justiz vom 19.04.2006 aufgehoben. Deshalb bestehe eine gesetzliche Grundlage auch zur Errichtung von Zweigstellen für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit in den Ländern des Beitrittsgebiets jedenfalls nicht mehr.

31

Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung sei der bundesrechtliche Rahmen allgemein für die ordentliche Gerichtsbarkeit in § 13a GVG geregelt, wonach im Bereich der Amtsgerichte neben der Schaffung selbstständiger Amtsgerichte vorrangig die Verteilung von Sonderzuständigkeiten, sogenannte Konzentrationen, erlaubt sei. Die in § 13a GVG genannte Möglichkeit, auswärtige Spruchkörper einzelner Gerichte einzurichten, ließe keinen Spielraum für Zweigstellen von Amtsgerichten, denn Zweigstellen seien schon nach der Bedeutung des Wortes Nebenbetriebe eines größeren Betriebes. Insgesamt sei damit festzustellen, dass mit der aufgehobenen Regelung des § 3 GVerfReglVO sowie der Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes der Bundesgesetzgeber im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit eine umfassende und abschließende Regelung getroffen habe, so dass für landesgesetzliche Regelungen zur Errichtung von Zweigstellen im Bereich der ordentlichen Justiz kein Raum mehr sei.

32

Selbst wenn jedoch § 4 Abs. 6 GerStrG M-V mit Bundesrecht vereinbar sein sollte und die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen als solche zulässig wäre, verstieße die streitgegenständliche Zweigstellenverordnung M-V in ihren zentralen Regelungen gegen höherrangiges Bundesrecht.

33

Die Zweigstellenverordnung werde den Anforderungen an den Begriff „Zweigstelle“ nicht gerecht. Die Zweigstelle Bergen auf Rügen umfasse nach der angegriffenen Verordnung räumlich beinahe die Hälfte des Gebiets des zukünftigen Amtsgerichts Stralsund. Da bis auf Grundbuchsachen mit Nebengebieten sachlich alle Geschäfte in der Zweigstelle verbleiben sollen, sei die zukünftige Zweigstelle Bergen auf Rügen praktisch kein Nebenbetrieb des Amtsgerichts Stralsund. Damit sei die Zweigstellenverordnung in sich bereits rechtswidrig.

34

Die Zweigstellenverordnung M-V verstoße mit der Festlegung der sachlichen Zuständigkeit der Zweigstelle zudem gegen § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG, wonach die sachgerechte Verteilung der Geschäfte Aufgabe des Präsidiums sei. Der Geschäftsverteilungsplan eines Gerichts müsse nach sachlich objektiven Gesichtspunkten erfolgen und könne nicht a priori allein – wie es die Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes getan habe – auf die Bürgernähe abstellen. In diese kraft Bundesrecht durch § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG begründete Zuständigkeit des Präsidiums greife die Zweigstellenverordnung M-V jedoch ein, ohne hierzu vom Gesetzgeber ermächtigt zu sein. Regelungen, die vom Grundsatz des § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG abweichen und die Zuständigkeit des Präsidiums modifizieren würden, könnten nur durch ein Bundesgesetz erfolgen, das im vorliegenden Fall jedoch nicht vorliege.

35

Schließlich widerspreche die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der zukünftigen Zweigstelle Bergen auf Rügen den eigenen Beschlussempfehlungen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern zum Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz und verstoße gegen das Willkürverbot. Entgegen den Ausführungen in der Drucksache 6/2263 vom 01. Oktober 2013 bleibe die vollständige sachliche Zuständigkeit der Zweigstelle Bergen/Rügen des Amtsgerichts Stralsund im Bezirk des jetzigen Amtsgerichts Bergen/Rügen erhalten, ohne dass das Präsidium sachgerecht im Sinne einer Spezialisierung Geschäfte verteilen könne.

36

Der Antragsteller beantragt,

37

§ 1 und § 2 des Artikel 1 der Verordnung über die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weiteren Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (Zweigstellenverordnung) vom 15. Januar 2014, GVOBl. M-V 2014, Seite 29, für unwirksam zu erklären.

38

Der Antragsgegner beantragt,

39

den Antrag abzulehnen.

40

Er hält es bereits für zweifelhaft, ob der Normenkontrollantrag des Antragstellers zulässig sei. Es treffe zwar zu, dass Gerichten, die im Rahmen der Gerichtsverwaltung administrative Aufgaben wahrnehmen, eine Antragsberechtigung als „Behörde“ zustünde. Im vorliegenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nicht „das Amtsgericht Stralsund“ sei, auch nicht dessen Direktor, sondern das Präsidium dieses Gerichts. Ob das Präsidium eines Gerichts bei der Geschäftsverteilung nach § 21e GVG als Behörde handele, sei jedoch fraglich. In diesem Zusammenhang lässt der Antragsgegner die Frage dahingestellt, ob es sich bei der Regelung der Geschäftsverteilung durch das Präsidium um ein Geschäft der Gerichtsverwaltung handelt.

41

Der Antragsgegner hält jedoch den Normenkontrollantrag für unbegründet. Die angegriffene Zweigstellenverordnung M-V verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.

42

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Zweigstellenverordnung sei § 9a des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes n.F. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen ergebe sich aus Art. 72 Abs. 1 iVm. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen unterfalle dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Danach erstrecke sich die konkurrierende Gesetzgebung u. a. auf das Gebiet der Gerichtsverfassung. Soweit der Bund von seiner Befugnis zur Gesetzgebung hinsichtlich der Gerichtsverfassung für die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht abschließend Gebrauch gemacht habe, verbleibe die Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 1 GG bei den Ländern. Da das Gerichtsverfassungsgesetz für die Errichtung von Zweigstellen der Amtsgerichte keine Vorschriften enthalte, umfasse die Gesetzgebungskompetenz der Länder nach einhelliger Meinung auch die Befugnis zur Errichtung von amtsgerichtlichen Zweigstellen. Dem stehe auch nicht die vom Antragsteller genannte Vorschrift des § 13a GVG entgegen. Gegenstand dieser Vorschrift sei eine Öffnungsklausel zugunsten der Länder, Zuständigkeiten zu konzentrieren und auswärtige Spruchkörper einzurichten. Die Einrichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen würde dadurch nicht ausgeschlossen. § 13a GVG sei durch Art. 17 Nr. 1 des 1. Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19. April 2006 (BGBl. I, S. 866) in das GVG eingeführt worden. Durch die Einführung des § 13a in das Gerichtsverfassungsgesetz habe der Gesetzgeber eine zuvor im Einigungsvertrag enthaltene gleichlautende Öffnungsklausel inhaltlich übernommen. Somit sei der Gestaltungsspielraum der Länder auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung durch die Einführung des § 13a GVG erweitert worden. Soweit der Antragsteller auf die Aufhebung der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 verweise, entfalte diese Aufhebung lediglich bundesrechtliche Wirkung. Für das Landesrecht habe sie schon aus den Gründen der Gesetzgebungskompetenz keine Wirkung entfalten können.

43

Auch die der angegriffenen Zweigstellenverordnung M-V zugrundeliegende Ermächtigung in § 9a AGGerStrG n.F. bewege sich im verfassungsrechtlichen Rahmen. Sofern man die Gesetzgebungskompetenz des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Verordnungsermächtigung des § 9a AGGerStrG n.F. nicht schon aus den Art. 30, 92 GG herleiten würde, folge sie aus Art. 72 Abs. 1 iVm. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Es liege in der Natur der Sache, dass die Kompetenz zur Errichtung einer amtsgerichtlichen Zweigstelle auch die Zuweisung sachlicher Aufgaben an die Zweigstelle umfasse. Aus § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG ergebe sich nichts anderes. Die dort genannten Befugnisse würden nicht die Festlegung der sachlichen Zuständigkeit einer amtsgerichtlichen Zweigstelle umfassen. Insbesondere sei mit der Geschäftsverteilung nicht die Entscheidung darüber gemeint, ob ein bestimmtes Geschäft in der Haupt- oder in der Zweigstelle eines Gerichts erledigt werde. Geschäftsverteilung bedeute vielmehr die Verteilung der Geschäfte auf die an dem Gericht eingerichteten Spruchkörper, bei einem Amtsgericht also auf die Einzelrichter. Demgegenüber sei die Entscheidung darüber, ob ein Geschäft in der Hauptstelle oder in der Zweigstelle eines Gerichts erledigt werde, eine Sache der Gerichtsorganisation. Diese sei dem Gesetzgeber bzw. der von ihm ermächtigten Exekutive vorbehalten.

44

Auch außerhalb des § 21a Abs. 1 Satz 1 GVG sei dem Präsidium eines Gerichts nicht die Aufgabe zugewiesen, über die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Zweigstelle des Gerichts zu entscheiden. Wegen des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts könnten sich die Befugnisse des Präsidiums vielmehr ausschließlich aus gesetzlicher Zuweisung ergeben.

45

Die mit dem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz geschaffene Ermächtigungsgrundlage für die Zweigstellenverordnung M-V in § 9a AGGerStrG n.F. und die damit im Zusammenhang stehenden Entscheidungen des Landesgesetzgebers zur Gerichtsstrukturneuordnung seien unter dem Blickwinkel des Willkürverbots nicht zu beanstanden. Die mit dem Gerichtsstrukturgesetz n.F. getroffene Entscheidung des Gesetzgebers zur Neuordnung der Amtsgerichte sowie zu Anzahl und Standorten der Gerichte und der Zweigstellen beruhe auf gewichtigen sachlichen Gründen. Entsprechendes gelte für die Ermächtigung des Justizministeriums in § 9a AGGerStrG n.F., durch Rechtsverordnung die sachliche oder örtliche Zuständigkeit der amtsgerichtlichen Zweigstellen zu bestimmen. Die gesetzlich errichteten Zweigstellen sollen nach der Intention des Landesgesetzgebers unter dem Blickwinkel der Bürgerfreundlichkeit und der Größe und Ortsnähe bedarfsorientiert amtsgerichtliche Kernaufgaben im Sprengel der aufgehobenen Amtsgerichte – und unter Berücksichtigung des Regelungsgrundsatzes, dass der Aufgabenumfang der Zweigstellen geringer sei muss als der der Hauptstandorte – gegebenenfalls weitere Aufgaben wahrnehmen. Zur Realisierung dieser Aufgaben sollten nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers die wesentlichen sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten der Zweigstellen im Rahmen einer gesonderten Rechtsverordnung geregelt werden, für die er in § 9a AGGerStrG n.F. die Ermächtigungsgrundlage geschaffen habe. Die Ermächtigung in § 9a AGGerStrG n.F. sei damit im Rahmen des Gesamtkonzepts des Landesgesetzgebers zur Gerichtsstrukturneuordnung sachlich begründet. Sie gewährleiste, dass die Vorstellungen des Gesetzgebers zu den Tätigkeitsbereichen der Zweigstellen sicher umgesetzt werden können. Außerdem werde auch durch die eindeutige Festlegung der Tätigkeitsbereiche das Institut der Zweigstelle gestärkt und deren dauerhafter Bestand gesichert. Das im Gesetzgebungsverfahren befürchtete „Ausbluten“ der Zweigstellen werde dadurch von vornherein verhindert.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die übersandten, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge, in die der Antragsteller Einsicht genommen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

47

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig (I.) und begründet (II.).

48

I. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Nach Absatz 2 kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Rechtsverordnung stellen.

49

Der vorliegende Normenkontrollantrag richtet sich gegen Vorschriften der Zweigstellenverordnung M-V vom 15. Januar 2014, die im Gesetz- und Verordnungsblatt M-V am 21. Januar 2014 bekannt gemacht wurde, und ist mit seinem Eingang am 15. Oktober 2014 innerhalb der Jahresfrist gestellt.

50

Die Zweigstellenverordnung M-V ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO, über deren Gültigkeit das Oberverwaltungsgericht gemäß § 13 AGGerStrG M-V entscheidet.

51

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet zudem „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO über den Normenkontrollantrag. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Rahmen der Gerichtsbarkeit liegt vor, wenn die Anwendung der zur Kontrolle gestellten Norm zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten führen kann, deren Entscheidung nicht einem anderen Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist (Ziekow in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, § 47 Rn. 41 m.w.N.). Entscheidend dabei ist nicht, welche Gerichtsbarkeit aus der Anwendung der zur Überprüfung gestellten Norm betroffen ist, mit der Folge, dass ausschließlich solche Rechtsvorschriften der Normenkontrolle nach § 47 VwGO unterliegen, aus deren Vollzug im Verwaltungsrechtsweg anfechtbare oder erzwingbare Verwaltungsakte ergehen oder aus deren Anwendung sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entstehen können, für welche gemäß § 40 VwGO die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte geboten ist (so aber: VGH Kassel, Beschl. v. 29.06.1977- VI N 3/77- zit. nach juris, Rn. 5). Maßstab für die Frage eines zulässigen Normenkontrollantrages nach § 47 VwGO, über den das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hat, ist vielmehr, ob eine Streitigkeit über die Anwendung der angegriffenen Norm vorliegt, die jedenfalls dann dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, wenn es um Organrechte von staatlichen Verwaltungsträgern untereinander und einander gegenüber geht. Dazu zählen auch Streitigkeiten über Akte gerichtlicher Geschäftsverteilung (BVerfG, B. v. 03.12.1990 - 2 BvR 785/90, 2 BvR 12 BvR 1536/90 - zit. nach juris, Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 23.04.2008 - 1 A 1703/07-, zit. nach juris, Rn. 46; im Ergebnis wohl auch: BVerwG, Urt. v. 28.11.1975 - VII C 47.73 -, zit. nach juris, Rn. 28 ff; Kissel/Mayer, GVG, § 21e, Rn. 22).

52

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes entscheidet hier das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO, weil maßgeblich um die Frage nach dem zulässigen bzw. unzulässigen Eingriff in Rechte des antragstellenden Gerichtspräsidiums durch die Vorschriften der Zweigstellenverordnung M-V im Lichte höherrangigen Rechts gestritten wird.

53

Auf- bzw. abdrängende Sonderzuweisungen an Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig, insbesondere nicht die im Richtergesetz M-V genannten. Der dortige § 32 Nr. 4 lit. a) betrifft die sachliche Zuständigkeit für die Anfechtung einer Maßnahme wegen einer Veränderung der Gerichtsorganisation. Dabei handelt es sich um eine Sonderzuständigkeit des Richterdienstgerichts für individuelle Streitigkeiten (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 28.11.1975, a.a.O., Rn. 31).

54

Nach Auffassung des Senats ist das antragstellende Präsidium jedenfalls gemäß § 61 Nr. 2 VwGO fähig, am Normenkontrollverfahren beteiligt zu sein. Nach der genannten Vorschrift sind Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Danach sind alle Vereinigungen beteiligtenfähig, die nicht selbst rechtsfähig sind oder sonst juristischen Personen gleichgestellt sind, denen aber nach materiellem Recht ein Recht zustehen kann. Es genügt zudem, dass einer Vereinigung im fremden Interesse Befugnisse eingeräumt sind. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Gerichtspräsidium (OVG Weimar, B. v. 30.11.2004 - 2 EO 709/03 -, zit. nach juris, Rn. 42; VGH Kassel, B. v. 29.12.1981 - 1 TG 45/81 -, DRiZ 1984, 62; VG Hannover, B. v. 08.01.1990 - 2 B 70/89 -, NJW 1990, 3228; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 61 Rn. 11; a.A.: OVG Hamburg, B. v. 19.09.1986 - Bs V 144/86 -, NJW 1987, 1215, 1216; OVG Münster, B. v. 30.05.1980 - 12 B 427/80 -, DöD 1981, 46 ). Gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG bestimmt das Präsidium die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Damit ist zumindest in erster Linie das Präsidium eines Gerichts als Kollegialorgan der gerichtlichen Selbstverwaltung berechtigt, aber auch verpflichtet, die Zuweisung von Richtern an die Spruchkörper und die Verteilung der sachlichen Rechtsprechungsaufgaben im Geschäftsverteilungsplan vorzunehmen. Demzufolge sind ihm im fremden Interesse Befugnisse im oben dargestellten Sinne eingeräumt.

55

Das antragstellende Präsidium ist auch befugt, einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zu stellen.

56

Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO können Behörden einen zulässigen Normenkontrollantrag stellen, ohne geltend machen zu müssen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass eine Behörde zu einem Normenkontrollantrag im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 VwGO dann befugt ist, wenn sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist oder sie bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben zu beachten hat (schon BVerwG, B. v. 15.03.1989 - 4 NB 10/88 -, zit. nach juris, Rn. 14; OEufach0000000005, Urt. v. 29.03.2010 - 3 K 27/07 -, zit. nach juris, Rn. 69; Gerhard/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 78; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, § 47 Rn. 34; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 82, 94).

57

Hierfür ist zumindest Voraussetzung, dass die angegriffene Norm rechtliche Bindung für die Tätigkeit der antragstellenden Behörde entfaltet (OEufach0000000005, B. v. 23.02 2006 – 4 M 136/05 -, zit. nach juris, Rn. 20).

58

Diesen Voraussetzungen genügt der Antragsteller.

59

Er hat die in § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V aufgeführten Zuständigkeitsregelungen für die Zweigstelle Bergen auf Rügen zu beachten. Aufgrund dieser Bestimmung hat er – anders als der Antragsteller in dem Normenkontrollverfahren 2 K 22/14 – die ihm zugewiesenen Aufgaben, insbesondere die Besetzung der Spruchkörper und die richterliche Geschäftsverteilung nach der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen zum 23. November 2015 und der Einrichtung einer Zweigstelle des Amtsgerichts Stralsund in Bergen auf Rügen wahrzunehmen und zu erfüllen, §§ 4 Abs. 5. Ziff. 9, 4 Abs. 6 Ziff. 5 GerStrNeuG.

60

Das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Stralsund ist auch als Behörde im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO anzusehen.

61

Grundsätzlich sind unter „Behörden“ alle Stellen zu verstehen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, weshalb zur näheren Bestimmung auf die zu § 1 Abs. 4 VwVfG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann (Gerhard/Bier in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 82). Danach sind Gerichte nach der Begrifflichkeit der VwGO und von der Zuordnung der Normenkontrollbefugnis her, die der Systematik dieses Gesetzes zugrunde liegt, jedenfalls dann keine Behörden, sofern sie Rechtsprechungsaufgaben wahrnehmen (allgemeine Meinung: Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 267; schon VGH Mannheim, B. v. 21. Mai 1962 – II. 173.62 –, DVBl. 1963, 399). Hier handelt der Antragsteller jedoch nicht in seiner Eigenschaft als Spruchkörper, sondern als ein beim Amtsgericht Stralsund nach den Vorschriften der §§ 21a ff. GVG gebildetes Gremium. Dessen Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse sind gesetzlich genau umgrenzt. Sie sind im Wesentlichen in den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes verankert. Ihnen ist zu entnehmen, dass mit Blick auf die Verwirklichung des gesetzlichen Richters und dessen Unabhängigkeit ersichtlich ein Teil der Verwaltungsbefugnis aus der umfassenden Zuständigkeit der Justizverwaltung herausgelöst und dem (Organ-) Präsidium zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen worden ist (Kissel/Mayer, GVG, § 21e Rn. 11). Allein unter diesem Gesichtspunkt wird vielfach die Auffassung vertreten, dass Gerichte, sofern sie im Rahmen der Gerichtsverwaltung administrative Aufgaben wahrnehmen, als Behörde antragsberechtigt sind (Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 268; Gerhard/Bier in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 82 Fn. 400; OVG Weimar, B. v. 30.11 2004 – 2 EO 709/03 -, zit. nach juris, Rn. 42; Lückemann in: Zöller, ZPO, § 21a GVG, Rn. 1, § 21e GVG Rn. 34).

62

Die in diesem Zusammenhang vielfach diskutierte Frage nach der Rechtsnatur eines vom Gerichtspräsidium zu beschließenden Geschäftsverteilungsplanes braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden (vgl. zur Übersicht des Meinungsstandes: Lückemann in: Zöller, ZPO, § 21e GVG, Rn. 34).

63

Denn für die Beantwortung der Frage nach der Antragsberechtigung eines Gerichtspräsidium zur Durchführung eines Normenkontrollverfahrens ist mit Blick auf dessen Behördeneigenschaft jedenfalls von Art. 19 Abs. 4 GG auszugehen. Von dem dortigen Begriff der öffentlichen Gewalt werden nämlich nur Akte der Rechtsprechung nicht erfasst. Dazu zählt die Verteilung der richterlichen Geschäfte nicht, obwohl sie von Richtern in richterliche Unabhängigkeit getroffen werden. Hingegen sind Rechtsprechungsakte nur solche, die durch nichtbeteiligte Dritte in einem gerichtlichen Verfahren mit der Möglichkeit, einen Richter wegen Befangenheit abzulehnen, ergehen (vgl. hierzu schon: BVerfG, B. v. 08.02.1967 – 2 BvR 235/64 - NJW 1967, 1123). Diesem Umstand wird hinreichend aber auch notwendig dadurch Rechnung getragen, einem Gerichtspräsidium die Behördeneigenschaft im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO anzuerkennen (im Ergebnis ebenso: OVG Weimar, B. v. 30.11.2004 – 2 EO 709/03; VG Hannover, B. v. 08.01.1990 – 2 B 70/89 – NJW 1990, 3227; VGH Kassel, B. v. 29.12.1981 – 1 TG 45 – 81; Gerhard/Bier in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 82, Fn. 400; Ziekow in; Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 268).

64

II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

65

Die zur Überprüfung gestellten §§ 1 und 2 ZweigStVO M-V verstoßen gegen höherrangiges Recht.

66

Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Zweigstellenverordnung M-V ist § 9a AGGerStrG n.F. Die Vorschrift ermächtigt das Justizministerium, durch Rechtsverordnung die sachliche oder örtliche Zuständigkeit der Zweigstellen zu regeln und die Abhaltung von Gerichtstagen außerhalb des Gerichtsstandortes der Amtsgerichte anzuordnen, wenn dies im Interesse einer geordneten Rechtspflege geboten erscheint.

67

Bedenken, dass § 9a AGGerStrG n.F. seinerseits gegen höherrangiges Recht verstößt, bestehen allerdings nicht.

68

Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt ein Verfassungsverstoß nicht daraus, dass die Einrichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen durch den Landesgesetzgeber unzulässig wäre. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen ergibt sich aus Art. 72 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Nach Art. 72 Abs. 1 GG haben die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

69

Die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen unterfällt dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Danach erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem auf das Gebiet der Gerichtsverfassung. Im Bereich der Gerichtsverfassung für die ordentliche Gerichtsbarkeit hat der Bund von seiner Befugnis zur Gesetzgebung durch das Gerichtsverfassungsgesetz Gebrauch gemacht. Dieses Gesetz regelt die Gerichtsverfassung der ordentlichen Gerichtsbarkeit aber nicht abschließend (BVerfG, B. v. 20.01.1981 – 2 BvL 2/80 –, BVerfGE 56, 110, 119). Soweit der Bund von seiner Befugnis zur Gesetzgebung nicht abschließend Gebrauch gemacht hat, verbleibt die Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 1 GG bei den Ländern.

70

Vorschriften über die Errichtung von Zweigstellen der Amtsgerichte enthält das Gerichtsverfassungsgesetz nicht. Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt die fehlende Gesetzgebungskompetenz der Länder zur Errichtung von Zweigstellen der Amtsgerichte nicht aus § 13a GVG. Nach dieser Vorschrift können durch Landesrecht einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte Sachen aller Art ganz oder teilweise zugewiesen sowie auswärtige Spruchkörper von Gerichten eingerichtet werden. Nach dem Wortlaut des § 13a GVG wird die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen durch den Landesgesetzgeber dadurch gerade nicht ausgeschlossen. § 13a GVG ist durch Art. 17 Nr. 1 des 1. Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19. April 2006 (BGBl. I, S. 866) in das Gerichtsverfassungsgesetz eingefügt worden. Mit dieser Einführung hat der Bundesgesetzgeber eine zuvor im Einigungsvertrag enthaltene gleichlautende Öffnungsklausel inhaltlich übernommen. Letztere hatte sich als partielles Bundesrecht für die neuen Bundesländer bewährt und sollte – beschränkt auf die ordentliche Gerichtsbarkeit – nunmehr auch den alten Bundesländern eröffnet werden (BT-Drs. 16/47, S. 49).

71

Hingegen ist nichts dafür ersichtlich, dass mit der Einfügung des § 13a GVG der Gestaltungsspielraum für die Länder dahingehend beschränkt ist, jedenfalls keine amtsgerichtliche Zweigstellen einrichten zu können. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der durch das genannte 1. Rechtsbereinigungsgesetz des Bundes vom 19. April 2006 erfolgten Aufhebung des § 3 der Verordnung zur einheitlichen Ordnung zur Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 (GVerfReglV). Nach § 3 GVerfReglV konnte der Reichsminister der Justiz anordnen, dass außerhalb des Sitzes eines Amtsgerichts Zweigstellen errichtet oder Gerichtstage abgehalten werden. Diese Vorschrift galt nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Range des Landesrechts weiter fort (vgl. VGH München, B. v. 21.04.1995 – 20 N 24.2808 – zit. nach juris). Die Aufhebung der Verordnung vom 20. März 1935 durch Art. 21 des Bundesgesetzes vom 19. April 2006 hatte lediglich bundesrechtliche Wirkung. Für das Landesrecht hat ihre Aufhebung schon aus den Gründen der Gesetzgebungskompetenz keine Wirkung entfalten können (Kissel/Mayer a.a.O., § 12 Rn. 88).

72

Daher führt der Hinweis des Antragstellers auf die Historie des § 13a GVG nicht zu einer fehlenden Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen. Auch vor dem Hintergrund der aufgehobenen Regelung des § 3 GVerfReglV und dem Leitbild des Amtsgerichts im Gerichtsverfassungsgesetz spricht das Schweigen des Gerichtsverfassungsgesetzes zu amtsgerichtlichen Zweigstellen gerade nicht dafür, dass der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz insofern erschöpfend Gebrauch gemacht hat, dass die Errichtung amtsgerichtlicher Zweigstellen durch den Landesgesetzgeber unzulässig wäre (vgl. VGH München, Urt. v. 28.06.2005 – 20 N 05.1221, 20 NE 020 NE 05.1220 –, zit. nach juris, Rn. 16; Kissel/Mayer, a.a.O., Einleitung, Rn. 21).

73

Weitere verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 9a AGGerStrG bestehen nicht.

74

Die Zweigstellenverordnung M-V verstößt jedoch insoweit gegen höherrangiges Recht, als sie in § 2 für die dort genannten Zweigstellen die ausschließliche sachliche und in § 1 für die amtsgerichtlichen Zweigstellen die ausschließliche örtliche Zuständigkeit bestimmt. Die insoweit getroffenen und mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Regelungen verletzen den Kernbereich des § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG. Nach § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG bestimmt das Präsidium die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertreter und verteilt die Geschäfte. Die in dieser Vorschrift niedergelegten Zuständigkeiten sind dem Präsidium als einem von der übrigen Gerichtsverwaltung unabhängigen Organ übertragen worden. Die der Gerichtsverwaltung vorgesetzte staatliche Dienstaufsichtsbehörde ist nicht befugt, die Freiheit des Präsidiums bei der Geschäftsverteilung zu beeinträchtigen. Dabei gehören die Regelungen der (personellen und sachlichen) Geschäftsverteilung zum Kernbereich der Tätigkeit des Präsidiums (VGH München, B. v. 21.04.1995 – 20 N 94.28/08 –, zit. nach juris, Rn. 28; BGH, Urt. v. 07.06.1966 – DiZ (R) 1/66 –, zit. nach juris, Rn. 21).

75

Der Zweck der richterlichen Geschäftsverteilung besteht im Wesentlichen in der Konkretisierung des gesetzlichen Richters, wodurch er sich ihrem Wesen nach von einer behördlichen Geschäftsverteilung unterscheidet. Damit erschöpft sich ihre Wirkung eben gerade nicht in einem internen Organisationsakt. Der Geschäftsverteilungsplan hat vielmehr über seine gerichtsinterne Bedeutung hinaus Wirkung für die Allgemeinheit. Der Geschäftsverteilungsplan wird von einem hoheitlich handelnden Organ, dem Gerichtspräsidium, in richterlicher Selbstverwaltung kraft Gesetzes (§ 21e Abs. 1 GVG) erlassen. Damit bezeugt er Verbindlichkeit gegenüber den Rechtssuchenden, gegenüber der Gerichtsverwaltung, dem Präsidium selbst, dem Präsidenten und gegenüber den betroffenen Richtern (Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15. Dezember 1977 – Vf. 5 – VII – 77, zit. nach juris, Rn. 18).

76

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners handelt es sich daher bei der Frage der Verteilung der Geschäfte nicht lediglich um eine rein organisatorische Frage, in welchen Räumlichkeiten innerhalb eines Gerichtsgebäudes welche Aufgabe erledigt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Amtsgericht eine Zweigstelle besitzt. Denn eine Zweigstelle ist unselbstständiger Teil des (Stamm-) Amtsgerichts mit der konsequenten Folge, dass das dortige Präsidium des gesamten Amtsgerichts für die Verteilung aller Geschäfte, und damit auch der Geschäfte der Zweigstelle zuständig ist.

77

Die sachgerechte Verteilung der Geschäfte ist gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG originäre Aufgabe des Gerichtspräsidiums. Sie umfasst auch die Befugnis, auf Geschäftsveränderungen nicht nur durch Personalzuweisungen, sondern auch durch Zuständigkeitsveränderungen zu reagieren. Fehlt es an einer entsprechenden Modifizierung dieses Grundsatzes des § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG durch Bundesrecht und regelt das Gerichtsverfassungsgesetz die Zuständigkeiten der gerichtlichen Selbstverwaltung für die Verteilung der Geschäfte abschließend, so kann durch eine bloße Landesverordnung in die dem Präsidium des Amtsgerichts aufgrund des § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG zugewiesenen Aufgaben jedenfalls dann nicht eingegriffen werden, wenn die Verordnung – wie hier – die örtliche und sachliche Zuständigkeit der amtsgerichtlichen Zweigstellen abschließend und ausnahmslos regelt. Einen Vorbehalt zur Regelung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten für die amtsgerichtlichen Zweigstellen durch das Präsidium des Amtsgerichts enthält die hier streitige Zweigstellenverordnung nicht.

78

Dem steht die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 13. Januar 2975 – Vf. 7-VII-74 nicht entgegen. Zwar führt der Verfassungsgerichtshof dort aus, dass mit der Ermächtigung zur Errichtung von Zweigstellen von der Natur der Sache her die Befugnis verbunden sei, den amtsgerichtlichen Zweigstellen die ihnen zukommenden Geschäfte zuzuweisen. Die dort streitgegenständliche Verordnung enthielt jedoch eine Ausnahme in der Weise, dass im Rahmen der Geschäftsverteilung Abweichendes bestimmt und damit Geschäfte aus der allgemeinen Zuständigkeit der Zweigstelle entlassen und an das Hauptgericht verlagert werden konnten. Damit hat sich der dortige Verordnungsgeber insoweit einer Zuteilung der Geschäfte enthalten und diese dem nach anderen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 21a, 21e, 22a GVG) zuständigen Organ, dem Präsidium des Amtsgerichts, überlassen, worauf der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat. Eine entsprechende Ausnahmeregelung enthält die hiesige Zweigstellenverordnung gerade nicht.

79

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

80

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

81

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des Eingriffs in die Befugnis des Gerichtspräsidiums durch den Landesgesetz- bzw. Verordnungsgeber zuzulassen.

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Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsteller wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Antragsgegner zuvor nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Vorschriften der Verordnung über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weitere Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (Zweigstellenverordnung – ZweigStVO M-V) vom 15. Januar 2014 (GVOBl. M-V 2014, S. 29 ff.).

2

Gemäß § 4 des Gerichtsstrukturgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. April 1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 444) – GerStrG – umfasst nach dessen Absatz 4 der Bezirk des Amtsgerichts Bergen auf Rügen das Gebiet des (ehemaligen) Landkreises Rügen. Das Amtsgericht Bergen ist das einzige Amtsgericht auf der ca. 926 km2 großen Insel Rügen. Das nächstgelegene Amtsgericht befindet sich in dem ca. 30 km entfernten Stralsund. Das Präsidium des Amtsgerichts Stralsund hat gegen Vorschriften der Zweigstellenverordnung ebenfalls einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht anhängig gemacht (Az: 2 K 13/15). Auf diesen Normenkontrollantrag hat der Senat mit Urteil vom 02. Juni 2015 die §§ 1 und 2 der Zweigstellenverordnung für unwirksam erklärt.

3

Im Oktober 2013 verabschiedete der Landtag Mecklenburg-Vorpommern das Gesetz zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz vom 11. November 2013, GVOBl. M-V 2013, S. 609) - GerStrNeuG -. Art. 1 Ziff. 4 GerStrNeuG lautet wie folgt:

4

㤠4 wird wie folgt neu gefasst:

5

….

6

(5) Folgende Amtsgerichte sowie deren Bezirke werden aufgehoben:

7

1. das Amtsgericht Anklam zum 06. Oktober 2014,
2. das Amtsgericht Ueckermünde zum 01. Dezember 2014,
3. das Amtsgericht Neustrelitz zum 02. Februar 2015,
4. das Amtsgericht Hagenow zum 16. März 2015,
5. die Amtsgerichte Bad Doberan und Parchim zum 11. Mai 2015,
6. das Amtsgericht Grevesmühlen zum 13. Juli 2015,
7. das Amtsgericht Wolgast zum 31. August 2015,
8. das Amtsgericht Demmin zum 28. September 2015,
9. das Amtsgericht Bergen auf Rügen zum 23. November 2015 und 10. das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten mit Wirkung zum 27. Februar 2017.

8

(6) Mit der Aufhebung der Amtsgerichte nach Abs. 5 Nr. 3, 5, 6, 8 und 9 werden folgende Zweigstellen errichtet:

9

1. eine Zweigstelle des Amtsgericht Waren (Müritz) in Neustrelitz,
2. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Ludwigslust in Parchim,
3. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Wismar in Grevesmühlen,
4. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Neubrandenburg in Demmin,
5. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Stralsund in Bergen auf Rügen.

10

…“

11

Die Gesetzesbegründung zum Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz (LT-Drs. 6/1620) führt u.a. aus, dass mit dem Gesetz die Anpassung der Gerichtsstruktur des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die mit dem demografischen Wandel verbundenen Bevölkerungsbewegungen und insbesondere den in den meisten Landesteilen zu verzeichnenden Bevölkerungsrückgang als Ziel verfolgt werde. Konkreter Anlass des Gesetzes sei es, die Gerichtsstruktur der zwischenzeitlich formierten Struktur der Landkreise und kreisfreien Städte anzupassen, wobei das Gesetz keine volle Übereinstimmung der Gerichtsstruktur mit den Gebieten der Landkreise und kreisfreien Städte anstrebe, sondern Abweichungen von den Kreisgrenzen beispielsweise dann als hinzunehmen erachte, wenn dies die Erreichbarkeit des Gerichts für die Rechtsuchenden deutlich verbessere.

12

Das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz trat gemäß dessen Art. 6 mit Ausnahme des Art. 1 Nr. 6 am 06. Oktober 2014 in Kraft.

13

Das gegen das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz initiierte Volksbegehren war insofern erfolgreich, als dass die nach § 14 Abs. 2 Ziff. 1 Volksabstimmungsgesetz – VaG M-V – erforderliche Zahl von 120.000 gültigen Unterschriften erreicht ist. Auf der Grundlage der §§ 18 VaG M-V findet am 06. September 2015 ein Volksentscheid statt.

14

Am 15. Januar 2014 erließ die Justizministerin des Antragsgegners auf der Grundlage des § 9 a GerStrNeuG die Verordnung über die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (GVOBl. M-V, S. 29 ff.) - GerStrNeuGVO -. Der dortige Art. 1 beinhaltet die hier streitgegenständliche Zweigstellenverordnung, dessen § 2 Abs. 6 lautet:

15

„Die Zweigstelle Bergen auf Rügen des Amtsgerichtes Stralsund ist für folgende Geschäfte ausschließlich zuständig:

16

a) Zivilsachen
b) Familiensachen
c) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne des § 23 a Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 bis 7 und 11 des Gerichtsverfassungsgesetzes,
d) Güterrechtsregistersachen,
e) Strafsachen,
f) Bußgeldsachen,
g) Mobiliarvollstreckungssachen einschließlich der Verteilungssachen,
h) Pachtkreditsachen,
i) Beurkundungssachen,
j) Angelegenheiten nach § 30 a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz,
k) Angelegenheiten der Beratungshilfe,
l) Rechtsantragsstelle für die Aufnahme von Erklärungen.“

17

Die aufgezählten Zuständigkeiten erstrecken sich gemäß der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 ZweigStVO M-V auf die Gemeinden in dem früheren Landkreis Rügen.

18

Am 15.10.2014 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingereicht.

19

Er ist der Auffassung, dass der Normenkontrollantrag zulässig sei. Insbesondere sei das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Bergen antragsberechtigt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Anders als ein Gericht in seiner rechtsprechenden Tätigkeit sei ein Gerichtspräsidium hinsichtlich seiner Zuständigkeiten und Befugnisse nicht klaglos gestellt. Dies betreffe insbesondere Eingriffe in die ihm aufgrund des § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG obliegenden Zuständigkeiten durch den Verordnungsgeber. Mit dem Erlass der Zweigstellenverordnung maße sich der Verordnungsgeber unberechtigte Eingriffe in die Geschäftsverteilung an. Darüber hinaus sei eine Antragsberechtigung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht davon abhängig, dass eine Verletzung eigener Rechte, Befugnisse oder Zuständigkeiten geltend gemacht werden müsse. Eine antragstellende Behörde im Rahmen eines Normenkontrollantrages müsse (lediglich) ein qualifiziertes Verhältnis zu der zu überprüfenden Norm aufweisen. Hierfür sei ausreichend und hinreichend, dass die antragstellende Behörde von dieser Norm in ihrer Aufgabenerfüllung betroffen werde. So liege der Fall hier. Die Zweigstellenverordnung M-V sei bereits am 06.10.2014 in Kraft getreten und gelte räumlich auch für den Bezirk des Amtsgerichts Bergen auf Rügen. Damit entfalte sie ab diesem Zeitpunkt materielle Wirkung, die das antragstellende Präsidium in seiner Aufgabenerfüllung zwischen Inkrafttreten der Zweigstellenverordnung und der Auflösung des Präsidiums zum 23.11.2015 zu beachten habe. Auch ohne dass das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Bergen auf Rügen unmittelbar die Vorgaben aus § 2 Abs. 6 ZweigStVO M-V umzusetzen habe, würden die Vorgaben bei der Planung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 eine inhaltliche Vorwirkung entfalten. Denn das Präsidium sei gehindert, die Zweigstellenverordnung M-V konterkarierende Maßnahmen zu ergreifen. Damit bestehe die erforderliche qualifizierte Verbindung zwischen dem antragstellenden Präsidium und der zu überprüfenden Norm.

20

Die Zweigstellenverordnung M-V sei schließlich auch tauglicher Prüfungsgegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V. Es bestehe weder eine aufdrängende Sonderzuweisung zur allgemeinen ordentlichen Gerichtsbarkeit, noch zum Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Schwerin gemäß § 31 RiG M-V. Insbesondere ergebe sich aus § 32 Nr. 4 lit.a) RiG M-V, wonach das Richterdienstgericht sachlich für die Anfechtung einer Maßnahme wegen Veränderung der Gerichtsorganisation zuständig sei, keine aufdrängende Sonderzuweisung an dasselbe. Diese Vorschrift statuiere eine Sonderzuständigkeit des Richterdienstgerichts für individuelle Streitigkeiten.

21

Der Antragsteller hält seinen Normenkontrollantrag auch für begründet, da die angegriffene Zweigstellenverordnung gegen höherrangiges Recht verstoße und damit unwirksam sei.

22

Der Antragsteller beantragt,

23

gemäß § 47 Abs. 1 VwGO festzustellen, dass die als Art. 1 der Verordnung über die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (GerStrNeuGVO) erlassene Verordnung über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weitere Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (Zweigstellenverordnung – ZweigstVO M-V) vom 15. Januar 2014, GVOBl. M-V 2014, S. 29, unwirksam ist,

24

im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass die in der Antragsschrift genannten Verordnungsermächtigungen für die ZweigstVO M-V namentlich § 9 a AGGerStrG M-V und § 12 a Abs. 2 und Abs. 3 GerStrG nichtig sind.

25

Der Antragsgegner beantragt,

26

die Anträge abzulehnen.

27

Er hält den Normenkontrollantrag des Antragstellers bereits für unzulässig. Es treffe zwar zu, dass Gerichten, die im Rahmen der Gerichtsverwaltung administrative Aufgaben wahrnehmen, eine Antragsberechtigung als Behörde zustehe. Im vorliegenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nicht „das Amtsgericht Bergen auf Rügen“ sei, auch nicht dessen Direktor, sondern das Präsidium dieses Gerichts. Ob das Präsidium eines Gerichts bei der Geschäftsverteilung nach § 21e GVG als Behörde handele, sei jedoch fraglich.

28

Jedenfalls fehle dem Antragsteller die erforderliche Antragsbefugnis. Zu einem Normenkontrollantrag im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sei eine Behörde nur dann befugt, wenn sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst sei oder sie bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben zu beachten habe. Dafür sei zumindest erforderlich, dass die Norm rechtliche Bindungen für die amtliche Tätigkeit der Behörde entfalte. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Amtsgericht Bergen auf Rügen werde gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 9 GerStrNeuG zum 23. November 2015 aufgehoben. Mit diesem Datum würden die Aufgaben und die Befugnisse des Antragstellers enden. Auch habe der Antragsteller die Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 nur für die Zeit bis zur Aufhebung des Amtsgerichts zum 23. November 2015 vorzunehmen. Die vom Antragsteller angegriffene Regelung des § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V werde also erst nach der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen Wirkung entfalten und sodann allein das Amtsgericht Stralsund betreffen, nicht jedoch das Amtsgericht Bergen auf Rügen. Allein das Präsidium des Amtsgerichts Stralsund werde bei der Geschäftsverteilung für dieses Gericht die Bestimmungen des § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V zu beachten haben. Gleiches gelte für die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Zweigstelle in § 1 Abs. 1 Satz 2 der ZweigstVO M-V. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, welche Vorwirkung die angegriffene Zweigstellenverordnung M-V für den Antragsteller habe.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die übersandten, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge, in die der Antragsteller Einsicht genommen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg; er ist unzulässig.

31

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Nach Absatz 2 kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Rechtsverordnung stellen.

32

Der vorliegende Normenkontrollantrag richtet sich gegen Vorschriften der Zweigstellenverordnung M-V vom 15. Januar 2014, die im Gesetzes- und Verordnungsblatt M-V am 21. Januar 2014 bekannt gemacht wurde, und ist mit seinem Eingang am 15. Oktober 2014 innerhalb der Jahresfrist gestellt.

33

Die Zweigstellenverordnung M-V ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO, über deren Gültigkeit das Oberverwaltungsgericht gemäß § 13 AGGerStrG M-V entscheidet.

34

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet zudem "im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO über den Normenkontrollantrag. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Rahmen der Gerichtsbarkeit liegt vor, wenn die Anwendung der zur Kontrolle gestellten Norm zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten führen kann, deren Entscheidung nicht einem anderen Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist (Ziekow in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, § 47 Rn. 41 m.w.N.). Entscheidend dabei ist nicht, welche Gerichtsbarkeit aus der Anwendung der zur Überprüfung gestellten Norm betroffen ist, mit der Folge, dass ausschließlich solche Rechtsvorschriften der Normenkontrolle nach § 47 VwGO unterliegen, aus deren Vollzug im Verwaltungsrechtsweg anfechtbare oder erzwingbare Verwaltungsakte ergehen oder aus deren Anwendung sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entstehen können, für welche gemäß § 40 VwGO die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte geboten ist (so aber: VGH Kassel, Beschl. v. 29.06.1977- VI N 3/77- zit. nach juris, Rn. 5). Maßstab für die Frage eines zulässigen Normenkontrollantrages nach § 47 VwGO, über den das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hat, ist vielmehr, ob eine Streitigkeit über die Anwendung der angegriffenen Norm vorliegt, die jedenfalls dann dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, wenn es um Organrechte von staatlichen Verwaltungsträgern untereinander und einander gegenüber geht. Dazu zählen auch Streitigkeiten über Akte gerichtlicher Geschäftsverteilung (BVerfG, B. v. 03.12.1990 - 2 BvR 785/90, 2 BvR 12 BvR 1536/90 - zit. nach juris, Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 23.04.2008 - 1 A 1703/07-, zit. nach juris, Rn. 46; im Ergebnis wohl auch: BVerwG, Urt. v. 28.11.1975 - VII C 47.73 -, zit. nach juris, Rn. 28 ff; Kissel/Mayer, GVG, § 21e, Rn. 22).

35

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes entscheidet hier das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO, weil maßgeblich um die Frage nach dem zulässigen bzw. unzulässigen Eingriff in Rechte des antragstellenden Gerichtspräsidiums durch die Vorschriften der Zweigstellenverordnung M-V im Lichte höherrangigen Rechts gestritten wird.

36

Auf- bzw. abdrängende Sonderzuweisungen an Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig, insbesondere nicht die im Richtergesetz M-V genannten. Der dortige § 32 Nr. 4 lit. a) betrifft die sachliche Zuständigkeit für die Anfechtung einer Maßnahme wegen einer Veränderung der Gerichtsorganisation. Dabei handelt es sich um eine Sonderzuständigkeit des Richterdienstgerichts für individuelle Streitigkeiten (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 28.11.1975, a.a.O., Rn. 31).

37

Nach Auffassung des Senats ist das antragstellende Präsidium jedenfalls gemäß § 61 Nr. 2 VwGO fähig, am Normenkontrollverfahren beteiligt zu sein. Nach der genannten Vorschrift sind Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Danach sind alle Vereinigungen beteiligtenfähig, die nicht selbst rechtsfähig sind oder sonst juristischen Personen gleichgestellt sind, denen aber nach materiellem Recht ein Recht zustehen kann. Es genügt zudem, dass einer Vereinigung im fremden Interesse Befugnisse eingeräumt sind. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Gerichtspräsidium (OVG Weimar, B. v. 30.11.2004 - 2 EO 709/03 -, zit. nach juris, Rn. 42; VGH Kassel, B. v. 29.12.1981 - 1 TG 45/81 -, DRiZ 1984, 62; VG Hannover, B. v. 08.01.1990 - 2 B 70/89 -, NJW 1990, 3228; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 61 Rn. 11; a.A.: OVG Hamburg, B. v. 19.09.1986 - Bs V 144/86 -, NJW 1987, 1215, 1216; OVG Münster, B. v. 30.05.1980 - 12 B 427/80 -, DöD 1981, 46 ). Gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG bestimmt das Präsidium die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Damit ist zumindest in erster Linie das Präsidium eines Gerichts als Kollegialorgan der gerichtlichen Selbstverwaltung berechtigt, aber auch verpflichtet, die Zuweisung von Richtern an die Spruchkörper und die Verteilung der sachlichen Rechtsprechungsaufgaben im Geschäftsverteilungsplan vorzunehmen. Demzufolge sind ihm im fremden Interesse Befugnisse im oben dargestellten Sinne eingeräumt.

38

Der Normenkontrollantrag ist jedoch unzulässig, weil das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Bergen auf Rügen nicht antragsbefugt ist. Dabei kann in diesem Verfahren dahingestellt bleiben, ob ein Gerichtspräsidium als "Behörde" im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO anzusehen ist (vgl. dazu: Senatsurteil vom 02.06.2015 - 2 K 13/15). Bejahendenfalls trifft es zwar zu, dass Behörden einen zulässigen Normenkontrollantrag stellen können, ohne geltend machen zu müssen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder ihrer Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Es ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass eine Behörde zu einem Normenkontrollantrag im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur dann befugt ist, wenn sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist oder sie bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben zu beachten hat (schon BVerwG, B. v. 15.03.1989 - 4 NB 10/88 -, zit. nach juris, Rn. 14; OEufach0000000005, Urt. v. 29.03.2010 - 3 K 27/07 -, zit. nach juris, Rn. 69; Gerhard/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 78; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, § 47 Rn. 34; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 82, 94). Hierfür ist zumindest Voraussetzung, dass die angegriffene Norm rechtliche Bindung für die Tätigkeit der Behörde entfaltet (OEufach0000000005, B. v. 23.02.2006 - 4 M 136/05 -, zit. nach juris, Rn. 20).

39

Diesen Voraussetzungen genügt der Antragsteller nicht.

40

Das Amtsgericht Bergen auf Rügen wird gemäß § 4 Abs. 5 Ziff. 9 GerStrNeuG zum 23. November 2015 aufgehoben. Mit der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen wird gemäß § 4 Abs. 6 Nr. 5 GerStrNeuG eine Zweigstelle des Amtsgerichts Stralsund in Bergen auf Rügen eingerichtet. Die vom Antragsteller im vorliegenden Normenkontrollverfahren angegriffene Zweigstellenverordnung M-V regelt in § 2 Abs. 6 die sachliche Zuständigkeit der genannten Zweigstelle. Diese Regelung entfaltet erst mit der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen ihre Wirkung, mit der Folge, dass das Präsidium des Amtsgerichts Stralsund sodann bei der Geschäftsverteilung für dieses Gericht (ein-schließlich seiner Zweigstelle in Bergen auf Rügen) die Bestimmungen des § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V zu beachten hat. Entsprechendes gilt für die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Zweigstelle in § 1 Abs. 1 Satz 2 ZweigStVO M-V.

41

Der Antragsteller hat die ihm zugewiesenen Aufgaben, also insbesondere die Besetzung der Spruchkörper und die richterliche Geschäftsverteilung gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG, bis zur Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen wahrzunehmen und zu erfüllen. Die Aufgaben und Befugnisse des Antragstellers sind beschränkt auf das Amtsgericht Bergen auf Rügen und enden mit der Aufhebung des Gerichts. Sie erstrecken sich insbesondere nicht auf andere Gerichte, was unmittelbar aus § 21a Abs. 1 GVG folgt, wonach bei jedem Gericht ein Präsidium zu bilden ist.

42

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er zwar die Vorgaben aus § 2 Abs. 6 ZweigStVO M-V nicht bereits umzusetzen hätte, gleichwohl die dortigen Vorgaben bei der Planung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 eine inhaltliche Vorwirkung entfalten würden, beruhen diese Vorgaben nicht auf den Regelungen der hier angegriffenen Zweigstellenverordnung M-V, sondern auf den Regelungen des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes M-V.

43

Auch der Zwischenfeststellungsantrag des Antragstellers hat keinen Erfolg.

44

Zwar kann gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO beantragt werden, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werden. Die begehrte Nichtigkeitsfeststellung des § 9a AGGerStrG M-V und des § 12a Abs. 2 und 3 GerStrG M-V wird hiervon nicht erfasst, zumal der Antrag ausdrücklich nicht auf ein Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

47

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Die Aufsichtsbehörde kann in den Fällen des § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 innerhalb des Beurteilungszeitraums den beabsichtigten Erwerb der bedeutenden Beteiligung oder deren Erhöhung untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1.
der Anzeigepflichtige oder, wenn es sich bei dem Anzeigepflichtigen um eine juristische Person handelt, ein gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vertreter oder, wenn es sich um eine Personenhandelsgesellschaft handelt, ein Gesellschafter nicht zuverlässig ist oder aus anderen Gründen nicht den Ansprüchen genügt, die im Interesse einer soliden und umsichtigen Leitung des Versicherungsunternehmens zu stellen sind; dies ist auch der Fall, wenn der Erwerber der bedeutenden Beteiligung nicht darlegen kann, dass er über angemessene geschäftliche Pläne für die Fortsetzung und die Entwicklung der Geschäfte des Versicherungsunternehmens verfügt und die Belange der Versicherten oder die berechtigten Interessen der Vorversicherer ausreichend gewahrt sind; ferner gilt § 11 Absatz 1 Nummer 3 zweiter Halbsatz entsprechend;
2.
das Versicherungsunternehmen nicht in der Lage ist oder bleiben wird, den Aufsichtsanforderungen zu genügen oder dass das Versicherungsunternehmen durch die Begründung oder Erhöhung der Beteiligung mit dem Inhaber der bedeutenden Beteiligung in einen Unternehmensverbund eingebunden würde, der durch die Struktur des Beteiligungsgeflechts oder durch mangelhafte wirtschaftliche Transparenz eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen oder einen wirksamen Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Stellen oder die Festlegung der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen diesen Stellen beeinträchtigen kann;
3.
das Versicherungsunternehmen durch die Begründung oder Erhöhung der bedeutenden Beteiligung Tochterunternehmen eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaats würde, das im Staat seines Sitzes oder seiner Hauptverwaltung nicht wirksam beaufsichtigt wird oder dessen zuständige Aufsichtsstelle zu einer befriedigenden Zusammenarbeit nicht bereit ist;
4.
der künftige Geschäftsleiter nicht zuverlässig oder nicht fachlich geeignet ist;
5.
im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb oder der Erhöhung der Beteiligung Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15) stattfindet, stattgefunden hat, diese Straftaten versucht wurden oder der beabsichtigte Erwerb oder die Erhöhung das Risiko eines solchen Verhaltens vergrößern könnte oder
6.
der Anzeigepflichtige nicht über die notwendige finanzielle Solidität verfügt, insbesondere in Bezug auf die Art der tatsächlichen und geplanten Geschäfte des Versicherungsunternehmens; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Anzeigepflichtige auf Grund seiner Kapitalausstattung oder Vermögenssituation nicht den besonderen Anforderungen des Versicherungsunternehmens gerecht werden kann, die sich aus dessen Kapitalausstattung oder liquiden Mitteln ergeben, um die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen zu gewährleisten oder um Liquiditätsengpässe zu vermeiden.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann den Erwerb oder die Erhöhung der Beteiligung auch untersagen, wenn die Angaben nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder die zusätzlich nach § 17 Absatz 4 Satz 3 angeforderten Informationen unvollständig oder nicht richtig sind; die Aufsichtsbehörde darf weder Vorbedingungen an die Höhe der zu erwerbenden Beteiligung oder der beabsichtigten Erhöhung der Beteiligung stellen, noch darf sie bei ihrer Prüfung auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Marktes abstellen.

(2a) Die Aufsichtsbehörde kann in den Fällen des Absatzes 1, statt den beabsichtigten Erwerb der bedeutenden Beteiligung oder ihre beabsichtigte Erhöhung zu untersagen, sowie in den Fällen des § 17 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 innerhalb des Beurteilungszeitraums auch Anordnungen gegenüber dem Anzeigepflichtigen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Tatsachen zu schaffen, die die Annahme der in Absatz 1 genannten Untersagungsgründe nicht mehr rechtfertigen.

(3) Entscheidet die Aufsichtsbehörde nach Abschluss der Beurteilung, den Erwerb oder die Erhöhung der Beteiligung zu untersagen oder eine Anordnung nach Absatz 2a zu erlassen, teilt sie dem Anzeigepflichtigen die Entscheidung innerhalb von zwei Arbeitstagen und unter Einhaltung des Beurteilungszeitraums schriftlich unter Angabe der Gründe mit. Bemerkungen und Vorbehalte der für den Anzeigepflichtigen zuständigen Behörde sind in der Entscheidung wiederzugeben; eine Untersagung darf nur aus den in den Absätzen 1 und 2 genannten Gründen erfolgen; eine Anordnung nach Absatz 2a darf nur aus den in Absatz 1 aufgezählten Gründen erfolgen. Wird der Erwerb oder die Erhöhung der Beteiligung nicht innerhalb des Beurteilungszeitraums schriftlich untersagt, kann der Erwerb oder die Erhöhung vollzogen werden; die Rechte der Aufsichtsbehörde nach § 20 bleiben davon unberührt. Wird der Erwerb oder die Erhöhung der Beteiligung nicht untersagt, kann die Aufsichtsbehörde eine Frist festsetzen, nach deren Ablauf der Anzeigepflichtige ihr den Vollzug oder den Nichtvollzug des beabsichtigten Erwerbs oder der Erhöhung unverzüglich anzuzeigen hat.

(1) Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für

1.
Familiensachen;
2.
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht durch gesetzliche Vorschriften eine anderweitige Zuständigkeit begründet ist.
Die Zuständigkeit nach Satz 1 Nummer 1 ist eine ausschließliche.

(2) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
Betreuungssachen, Unterbringungssachen sowie betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen,
2.
Nachlass- und Teilungssachen,
3.
Registersachen,
4.
unternehmensrechtliche Verfahren nach § 375 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
5.
die weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 410 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
6.
Verfahren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
7.
Aufgebotsverfahren,
8.
Grundbuchsachen,
9.
Verfahren nach § 1 Nr. 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen,
10.
Schiffsregistersachen sowie
11.
sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind für die den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen in Teilungssachen im Sinne von § 342 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

(3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Bei jedem Gericht wird eine Geschäftsstelle eingerichtet. Sie wird mit der erforderlichen Anzahl von Urkundsbeamten besetzt.

(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte Sachen aller Art ganz oder teilweise zuzuweisen sowie auswärtige Spruchkörper von Gerichten einzurichten, sofern dies für die sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung von Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Besondere Ermächtigungen der Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen gehen vor.

(2) Mehrere Länder können die Einrichtung eines gemeinsamen Gerichts oder gemeinsamer Spruchkörper eines Gerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte Sachen aller Art ganz oder teilweise zuzuweisen sowie auswärtige Spruchkörper von Gerichten einzurichten, sofern dies für die sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung von Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Besondere Ermächtigungen der Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen gehen vor.

(2) Mehrere Länder können die Einrichtung eines gemeinsamen Gerichts oder gemeinsamer Spruchkörper eines Gerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren.

Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.

Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Bei jedem Gericht wird ein Präsidium gebildet.

(2) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter als Vorsitzenden und

1.
bei Gerichten mit mindestens achtzig Richterplanstellen aus zehn gewählten Richtern,
2.
bei Gerichten mit mindestens vierzig Richterplanstellen aus acht gewählten Richtern,
3.
bei Gerichten mit mindestens zwanzig Richterplanstellen aus sechs gewählten Richtern,
4.
bei Gerichten mit mindestens acht Richterplanstellen aus vier gewählten Richtern,
5.
bei den anderen Gerichten aus den nach § 21b Abs. 1 wählbaren Richtern.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 11 der Gemeinde Kramerhof vom 23.06.2006 und die 1.Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 vom 22.04.2009 werden für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer jeweiligen außergerichtlichen Kosten, die sie selbst tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1. können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplanes Nr. 11 und der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 vom Mai 2009 der Gemeinde Kramerhof.

2

Die Gemeinde Kramerhof, die Antragsgegnerin, beschloss einen am 09.06.1993 in Kraft getretenen Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 2 (VEP). Der VEP diente der Verwirklichung eines Einkaufszentrums. Er enthält u.a. folgende textliche Festsetzung B 1: "Im Einkaufszentrum ist nur eine Verkaufsfläche von max. 17.000 m² zulässig. Die Verkaufsfläche darf max. 12.000 m² Warensortimente mit innenstadtrelevanter Auswirkung umfassen. In den max. 12.000 m² innenstadtrelevanter Sortimente ist ein SB-Warenhaus von max. 8.000 m² zulässig". In der Folgezeit wurde das Einkaufszentrum, der "Y.", auf der Grundlage einer Baugenehmigung verwirklicht. Diese Baugenehmigung enthielt u. a. die Nebenbestimmung, dass im Einkaufszentrum eine maximale Verkaufsfläche von 17.000 m², davon 12.000 m² mit innenstadtrelevanter Auswirkung zulässig ist. Die Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Sortimente wurde zu einem späteren Zeitpunkt auf knapp 17.000 m² erweitert, ohne dass dafür entsprechende Genehmigungen erteilt wurden. Nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde war eine solche Genehmigung nicht erforderlich. Auch fachaufsichtlich wurde nicht eingeschritten.

3

Die Antragsgegnerin beschloss am 13.09.1995 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 11. In den nachfolgenden Jahren kam es zu einer Reihe von Entwürfen, die in einem Entwurf vom 13.12.2005 mündeten. Dieser Entwurf sah u.a. die Festsetzung von insgesamt vier Sondergebieten vor, darunter das Sondergebiet SO1 A, in dem das vorhandene Einkaufszentrum liegt, und das Sondergebiet SO 1 B. Für das SO1 A sah der Bebauungsplanentwurf u.a. eine Gesamtverkaufsfläche von 17.000 m² vor, für das SO1 B von maximal 8.000 m². Davon sollten maximal 5.500m² Verkaufsfläche mit innenstadtrelevantem Sortiment, welches näher beschrieben wurde, zulässig sein. Ohne Flächenbegrenzung sollten nur nicht innenstadtrelevante Sortimente zulässig sein.

4

Dieser Bebauungsplanentwurf basierte auch auf einer im September 2005 von der GfK Prisma GmbH & Co KG, H. im Auftrag der Antragsgegnerin erstellten "Wirkungsanalyse/ Verträglichkeitsstudie" zu den möglichen ökonomischen/städtebaulichen Auswirkungen der Flächenverlagerung/-erweiterung auf die bestehenden Einzelhandelsstrukturen in Stralsund. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei einer IST-Betrachtung der Kaufkraftabfluss bezogen auf das Nachfragevolumen in der Zone I (S.46 der Untersuchung; d.i der Großraum Stralsund) durchschnittlich 14,9% beträgt und bei einzelnen Warengruppen zwischen 14,3 und 17,7% liegt. Bei einer prognostischen SOLL-Betrachtung des Gesamtprojekts nach der Flächenerweiterung wird ein durchschnittlicher Kaufkraftabfluss von 19,3% für die Zone 1 angenommen (S. 52-55 der Untersuchung). Der durch die Flächenerweiterung allein verursachte Kaufkraftabfluss in der Zone I wird auf insgesamt 4,9 % prognostiziert bei sehr unterschiedlichen Kaufkraftabflüssen in den einzelnen Sortimentsgruppen zwischen 3,5% und 12,7%. Daraus errechnet der Gutachter ein Umsatzumverteilungsvolumen von 8,4 - 9,1% in der Stralsunder Innenstadt für die am stärksten von der Umsatzverteilung betroffene Sortimentsgruppe Bekleidung/Schuhe/Lederwaren (S. 60 der Untersuchung). Bei einer "Abwägung von Pro und Contra der Y.-Maßnahme" sei unbedingt zu berücksichtigen, dass es sich um keine reine Erweiterung, sondern zu einem Großteil (rd. 5.500 m²) um eine Flächenverlagerung der nunmehr nicht mehr betriebenen C.-/M.-Fläche handele. Durch das kompakte Stralsunder Siedlungsgebiet, das nach Angaben der Stralsunder Stadtverwaltung z.Zt. keine Aktivierung einer in Größe, Lage und Versorgungsbedeutung für den Stralsunder Bevölkerungsschwerpunkt G./K. vergleichbar adäquaten Fläche auf dem Territorium der Hansestadt zulasse, könne der "Y." mit der geplanten Flächenverlagerung/-erweiterung die Versorgungssituation für den Gesamtraum Stralsund ausbauen helfen (S. 60 ff. der Untersuchung). Selbst bezogen auf den Innenstadt-Einzelhandel (und die am stärksten betroffene Warengruppe Bekleidung/Textilien/Schuhe/Lederwaren) lägen die ermittelten Umverteilungsquoten in einer Gesamtbetrachtung eines IST/SOLL-Vergleiches (Worst-Case-Szenario) unter 10% und seien in einer "lebendigen Wettbewerbslandschaft (als) noch vertret- und tolerierbar" einzuschätzen (S. 65 der Untersuchung).

5

Im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erhob die IHK Rostock Bedenken gegen die Planung, weil sie eine Schädigung der positiven Entwicklung der Stralsunder Innenstadt befürchtet. Die Hansestadt Stralsund (Beigeladene zu 2) lehnte den Entwurf wegen einer befürchteten negativen Auswirkung auf die Entwicklung der Innenstadt ab. Auch der Antragsteller trat der Planung aus Sicht der Raumordnungsbehörde entgegen. Das GfK-Gutachten sei nicht geeignet, die Einhaltung der Ziele des Landesentwicklungsprogramms MV 2005 (LEP 2005) nachzuweisen, weil es sich auf eine singuläre absatzwirtschaftliche Betrachtung der möglichen Umsatzverteilung ohne entsprechende Würdigung der besonderen städtebaulichen Situation beschränke. Es seien bei der Bewertung der Zielkonformität die Standortlage des Planvorhabens, die qualitative und quantitative Einzelhandelsstruktur in der Stralsunder Innenstadt, der Entwicklungsvorsprung gegenüber der Innenstadt, die Strukturschwäche ostdeutscher Innenstädte und der UNESCO-Weltkulturerbestatus zu berücksichtigen. Der "Y." sei schon bisher in den Kennziffern Verkaufsfläche, Umsatz und Umsatzleistung der Stralsunder Altstadt deutlich überlegen und verfestige und baue dies mit der geplanten Erweiterung aus.

6

Die Antragsgegnerin beschloss am 11.04.2006 die Abwägung. Sie folgte den Einwänden des Antragstellers, der Beigeladenen zu 2) und der IHK Rostock nicht, weil sie die Untersuchung der GfK für ausreichend hielt, negative Auswirkungen auf die Altstadt von Stralsund auszuschließen. Hinzu komme, dass nach Feststellung der Antragsgegnerin in der Altstadt von Stralsund eine positive Einzelhandelssituation anzutreffen sei, wie die Ansiedlung von Geschäften der Firmen A. und B. Dafür sprächen auch die positiven Folgen der Errichtung des O. Die GfK habe keine singuläre absatzwirtschaftliche Betrachtung angestellt, sondern die besondere Situation des Standortes des Y. berücksichtigt, der in einer besonders intensiven Beziehung zum Stadtgebiet von Stralsund stehe und für einen Großteil der Stralsunder Bevölkerung auch Nahversorgungsfunktion übernommen habe. Die Stellungnahme des Antragstellers berücksichtige zu wenig, dass in der Stralsunder Innenstadt das im "Y." nur schwach vertretene Sortiment Bekleidung/Textil/Schuhe/

7

Lederwaren sehr stark und der periodische Bedarf (Lebensmittel etc.) kaum vorhanden sei. Dies sei beim Kaufkraftabfluss und der Bewertung der Auswirkungen zu berücksichtigen. Zudem habe der "Y." erhebliche Verflechtungen in die Region und wirke sich daher auch nicht negativ auf die Innenstadt von Stralsund aus.

8

Der Bebauungsplan wurde am 22.06.2006 von der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschlossen und öffentlich bekanntgemacht. Er entspricht im Wesentlichen dem Entwurf vom 13.12.2005. In der Begründung heißt es u.a.: Im wesentlichen sei die Flächenerweiterung in der erforderlichen Flexibilität des Betreibers auf zukünftige Entwicklungen im Einzelhandel zu reagieren und den in einer gutachterlichen Stellungnahme aufgezeigten Potenzialen von zusätzlich zu bindender bzw. neu zu gewinnender regionaler Kaufkraft begründet. Eine bisher vorhandene Verkaufsfläche von 4.800 m² solle in den "Y." verlagert werden. Aufgrund eines Meinungswandels der Hansestadt Stralsund, die bis zum Januar 2005 dem Vorhaben ausdrücklich zugestimmt, dann aber Bedenken geltend gemacht habe, sei eine umfassende gutachterliche Betrachtung der städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen eingeholt worden. Diese sei zu dem Schluss gekommen, dass eine Erweiterung um 8.000 m² Verkaufsfläche verträglich sei. Die Festsetzung von 17.000 m² unbeschränkter Verkaufsfläche im Sondergebiet SO1 A trage der tatsächlich genehmigten Nutzung nach Aufgabe des Baumarktes innerhalb des "Y." Rechnung. Eine städtebaulich relevante Beeinträchtigung sei nicht zu erwarten, weil die in der Rechtsprechung anerkannte Größenordnung eines Kaufkraftabflusses von 10% nicht erreicht werden. Nach Ziffer 4.3.2 (7) des LEP 2005 seien sogar Neuansiedlungen von Einzelhandelsgroßprojekten unter bestimmten Bedingungen in Stadt-Umland-Räumen zulässig. Das müsse auch für Erweiterungen vorhandener Betriebe gelten. Ein regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept sei nur bei einer Standortentscheidung im Sinne der erstmaligen Ansiedlung erforderlich. Ein solches Konzept sei nach der Begründung zu 4.3.2 (7) LEP auch nicht zwingend vorgeschrieben.

9

Der Antragsteller hat am 26.09.2007 gegen diesen Bebauungsplan Normenkontrollantrag erhoben. Er begründet den Antrag im Wesentlichen mit den im Aufstellungsverfahren geltend gemachten Erwägungen, die er in Einzelheiten vertieft und auf die Ziele der Raumordnung nach 4.3.2 LEP 2005 bezogen darstellt. Nach seiner Auffassung kann offen bleiben, ob das Gesamtvorhaben mit 25.000 m² Verkaufsfläche, der Zuwachs um 8.000 m² Verkaufsfläche oder der Wegfall der Beschränkungen aus dem VEP an den Zielen der Raumordnung zu messen seien, weil jeweils eine Verletzung der Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB feststellbar sei. Insbesondere fehle es an einem regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzept. Das GfK-Gutachten sei als Parteigutachten zu verstehen und daher wenig überzeugend. Bei Nr. 4.3.2 des LEP 2005 handele es sich um ein Ziel i.S.d. § 3 Abs. ROG.

10

Die Antragsgegnerin beschloss am 07.02.2008 die Aufstellung der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11. In diesem Zusammenhang wurde ein ergänzendes Gutachten der GfK eingeholt. Es kam unter Berücksichtigung einer Erweiterung der Verkaufsfläche in der Stralsunder Innenstadt zum Ergebnis, dass die rechnerisch zu ermittelnde Umsatzverteilungsquote weiterhin unterhalb der in der Rechtsprechung anerkannten 10%-Grenze liegen werde.

11

Der Antragsteller, die Beigeladene zu 2) und die IHK Rostock blieben bei ihren z.T. eingeschränkt ablehnenden Stellungnahmen. Die Beigeladene zu 2) holte eine gutachterliche Stellungnahme der Firma GMA "Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH L." zum Projekt Erweiterung des Y. ein. Dieses Gutachten legte seiner Berechnung der Umverteilungsquote "die Prämisse zugrunde, dass es gelingt das Projekt Z. - die Bebauung des Platzes neben dem Rathaus in Stralsund mit Ansiedlung mehrerer Einzelhandelsbetriebe - nachhaltig vor der möglichen Realisierung des Y. zu vermieten" (S.15 Gutachten). Unter dieser Voraussetzung, die dahin präzisiert wurde, dass ein zeitlicher Abstand zwischen der Fertigstellung und Vermietung des Projekts Z. und der möglichen Realisierung und Erweiterung des "Y." gewährleistet ist (S. 20 Gutachten), entwickelte das GMA-Gutachten genaue Verkaufsflächenbegrenzungen, die negative Auswirkungen auf die Innenstadt von Stralsund nicht annehmen ließen.

12

Die Antragsgegnerin übernahm die Verkaufsflächenbegrenzungen des GMA-Gutachtens in den Bebauungsplanänderungsentwurf 2008 und wog mit Beschluss vom 21.04.2009 auf dieser Grundlage die Einwände des Antragsgegners und der IHK Rostock ab und weg. Zugleich wurde der Bebauungsplan "Satzung der Gemeinde Kramerhof über die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 (Einkaufszentrum "X.")" beschlossen. Dieser Bebauungsplan erfasst mit seinem Geltungsbereich große Teile der Fläche nördlich des bestehenden Einkaufszentrums mit einer geringfügigen Ausdehnung nach Westen und die vom Bebauungsplan Nr. 11 umfassten Fläche östlich und nord-östlich des vorhandenen Einkaufszentrums einschließlich Teilen der südöstlichen Flächen des Bebauungsplanes Nr. 11. Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr.11 wird an keiner Stelle geändert und im Übrigen unterschritten. Der Änderungsbebauungsplan setzt u.a. ein SO1 B fest, innerhalb dessen eine Parkpalette festgesetzt wird, und ein weiteres Sondergebiet SO1 A. In diesem Sondergebiet sind ausschließlich oberirdische Stellplätze zulässig. Im Sondergebiet SO1 B ist nur ein Einkaufszentrum mit einer Gesamtverkaufsfläche von maximal 8.000 m² zulässig. Innerhalb dieser Verkaufsfläche sind maximal 5.500 m² als Verkaufsfläche für im Einzelnen aufgeführte Sortimente mit Verkaufsflächenobergrenzen zulässig. In der Begründung des Bebauungsplanes ist ausgeführt, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, für den Bereich des Sondergebietes SO1 B und einen Teil des Sondergebietes SO1 A innerhalb des Bebauungsplanes Nr. 11 die 1. Änderung aufzustellen. Weiter setzt die Antragsgegnerin sich mit der Auslegung des Ziels 4.3.2 des LEP 2005 auseinander und kommt zu dem Schluss, dass eine Verletzung der einzelnen Teilziele nicht vorliege, weil sie zum Teil tatbestandlich nicht einschlägig und zum Teil erfüllt seien. Das Ziel 4.3.2 (2) erfasse die Entwicklung innerhalb einer Stadt, nicht aber den Stadt-Umland-Raum. Das Ziel 4.3.2 (3) betreffe ausschließlich Neuerrichtungen, um die es hier nicht gehe. Auch das Ziel 4.3.2 (7) sei auf Neuerrichtungen zugeschnitten und könne nur entsprechend angewendet werden. Die dort geregelten Voraussetzungen seien hinsichtlich der Verflechtung und der Erreichbarkeit unstreitig gegeben. Negative Auswirkungen auf die Kernstadt seien auf der Grundlage der eingeholten Gutachten und deren Berücksichtigung in der Planung nicht zu erwarten. Entsprechend dem von der Beigeladenen zu 2) eingeholten Gutachten der GMA seien Verkaufsflächenbegrenzungen für einzelne Sortimente festgesetzt worden. Das Gutachten empfehle einen zeitlichen Vorlauf für die Errichtung und Inbetriebnahme des Vorhabens Z. auf dem Rathausmarkt in der Stralsunder Innenstadt. Dies sei gewährleistet, weil der Baubeginn für das innerstädtische Vorhaben bereits erfolgt sei, während mit der Erweiterung des "Y." voraussichtlich erst im Herbst 2009 begonnen werden solle. Diese 1. Änderung des Bebauungsplanes 2009 wurde am 13.05.2009 bekannt gemacht.

13

Der Antragsteller hat mit am 20.07.2009 eingegangenem Schriftsatz erklärt, er beantrage, dass der Bebauungsplan Nr. 11 in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2009 für unwirksam erklärt wird. Er hält den Normenkontrollantrag aus den bereits im Aufstellungsverfahren genannten und im gerichtlichen Verfahren vertieften Gründen nach wie vor für begründet.

14

Der Antragsteller beantragt,

15

den Bebauungsplan Nr. 11 der Gemeinde Kramerhof und die 1. Änderung des Bebauungsplanes vom 22.04.2009 für unwirksam zu erklären.

16

Die Antragsgegnerin beantragt,

17

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

18

Sie hält den Normenkontrollantrag für unzulässig, weil der Antragsteller die Möglichkeiten des

19

§ 16 Landesplanungsgesetz (LPlG) nicht genutzt habe. Sie verteidigt mit Rechtsausführungen ihre Rechtsauffassung, dass die Ziele des LEP 2005 unter Nr. 4.3.2 zum Teil gar nicht tatbestandlich einschlägig und im Übrigen nicht verletzt seien. Unter Vorlage von Stellungnahmen der GfK, die sich mit den Angriffen des Antragsgegners und Fragen des Berichterstatters auseinandersetzen, verteidigt sie die gutachterlichen Grundlagen der Planung.

20

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

21

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

22

Sie verteidigt die angegriffene Planung mit vergleichbaren Argumenten wie die Antragsgegnerin und verweist auf die Bedeutung der Verlagerung des C./M.-Marktes mit einer früheren Einzelhandelsverkaufsfläche von knapp 5.000 m², die zwischenzeitlich vom Markt genommen worden sei. Die fachlichen Angriffe des Antragstellers gegen die Gutachten der GfK seien unbegründet.

23

Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.

24

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

A. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

26

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 11 der Antragsgegnerin und die 1. Änderung dieses Bebauungsplanes. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann der Senat an dieser Stelle offenlassen, ob es sich dabei um einen einheitlichen Bebauungsplan in der Fassung der 1. Änderung handelt oder um zwei verschiedene und rechtlich selbstständige Bebauungspläne. Der Antragsteller hat mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass er seinen Normenkontrollantrag gegen beide Bebauungspläne richtet unabhängig davon, in welchem rechtlichen Verhältnis sie zueinander stehen mögen.

27

Der Antragsteller ist antragsbefugt. Den Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann nach § 47 Abs. 2 VwGO jede Behörde stellen. Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits in dieser Regelung die Anerkennung der Beteiligtenfähigkeit der Behörde zu sehen ist (so Kopp/Schenke VwGO 16. Aufl. 2009 § 47 Rn. 38) oder erforderlich ist, dass die Beteiligtenfähigkeit nach

28

§ 61 Nr. 3 VwGO landesrechtlich begründet worden ist (so VGH Kassel B. v. 22.07.1999 - 4 N 1598/93 -, ZfBR 2000, 194). Denn auch nach der letzgenannten Meinung liegt die Beteiligtenfähigkeit des Antragstellers vor, weil § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes vom 10.06.1992 (GVOBl. S. 314) Behörden in den Verfahren der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit für beteiligtenfähig erklärt.

29

Die Antragsbefugnis setzt weiter voraus, dass die antragstellende Behörde entweder mit der Ausführung der Norm befasst ist (OVG Bremen B. v. 03.07.1979 - I T 2/78 -, DVBl. 1980, 369; VGH Kassel B. v. 22.07.1999 - 4 N 1598/93 -, juris) oder die Norm bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beachten hat (BVerwG B. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 -, BVerwGE 81, 310). Der Antragsteller hat die streitbefangenen Bebauungspläne bei seiner Aufgabenwahrnehmung zu beachten, u.a. bei der Anwendung und Fortschreibung des Landesentwicklungsprogrammes und der Wahrnehmung seiner Aufgaben als oberste Bauaufsichtsbehörde.

30

Auch einer antragbefugten Behörde muss ein Rechtsschutzinteresse zur Seite stehen. Das ist aber immer dann gegeben, wenn sie nur mit der Ausführung der von ihr beanstandeten Norm befasst ist, ohne selbst über die Norm verfügen - insbesondere sie aufheben oder ändern - zu können (vgl. BVerwG B. v. 15.03.1989 - 4 NB 10.88 -, BVerwGE 81, 310). Ein solches Verfügungsrecht steht dem Antragsteller nicht zur Seite. Ein direktes Verfügungsrecht fehlt, weil es sich nicht um eine Norm des Antragstellers handelt, sondern um eine gemeindliche Satzung.

31

Die Antragsgegnerin will der eigenen Verfügungsbefugnis über eine Norm den Fall gleichstellen, dass die antragstellende Behörde im Normaufstellungsverfahren die Rechtsmacht hatte, den Erlass der Norm zu verhindern. Dem folgt der Senat nicht. Allerdings dürfte der Antragsteller die Rechtsmacht gehabt haben, im Planaufstellungsverfahren eine Untersagungsverfügung nach § 16 Abs. 1 Landesplanungsgesetz M-V (i.d.F.d. Bekanntmachung v. 05.05.1998 - GVOBl. S.503) zu erlassen, die gesetzlich sofort vollziehbar gewesen wäre. Doch folgt daraus nicht, dass das Rechtsschutzinteresse für ein Normenkontrollverfahren durch die Nichtnutzung dieser Untersagungsermächtigung entfallen ist. Denn das Unterlassen einer Eingriffsmaßnahme bedeutet, wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles etwas anderes ergeben, nicht den Verzicht auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der gerichtlichen Normenkontrolle. Das Unterlassen einer Eingriffsmaßnahme kann z. B. darauf zurückgeführt werden, dass die dazu befugte Behörde die berechtigte Erwartung hegt, der potentielle Adressat der Maßnahme werde aufgrund eigener Entscheidungsgewalt von der zu potentiell zu untersagenden Maßnahme absehen. Das liegt bei einer planerischen Entscheidung, die auf der Grundlage einer Abwägungsentscheidung ergeht, jedenfalls nicht fern, wenn die antragstellende Behörde im Aufstellungsverfahren als Träger öffentlicher Belange auf die aus ihrer Sicht raumordnungsrechtlich bedenkliche Planung hingewiesen hat - wie es hier geschah. Anhaltspunkte für ein unter dem Aspekt des Verwirkungs- oder Missbrauchgedankens (dazu VGH Kassel B. v. 04.01.1994 - 4 N 1793/93 -, HessVGHRspr. 1994, 57) entfallenes Rechtsschutzbedürfnis liegen nicht vor. Der Antragsteller hat im Aufstellungsverfahren bis zum Schluss die Rechtsauffassung vertreten, die Planung verstoße gegen ein Ziel der Raumordnung. Die Antragsgegnerin konnte nicht darauf vertrauen, der Antragsteller werde die von ihm beanstandete Planung hinnehmen.

32

Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt auch nicht unter dem Aspekt der überflüssigen Inanspruchnahme des gerichtlichen Rechtsschutzes wegen einfacherer Möglichkeiten, das begehrte Ziel zu erreichen. Die Untersagungsverfügung ist gerichtlich angreifbar, so dass auch bei ihrem Erlass eine gerichtliche Auseinandersetzung zu erwarten gewesen wäre, wenn auch unter umgekehrter Rollenverteilung. Der Normenkontrollantrag ist unter diesem Gesichtspunkt keine überflüssige, weil vermeidbare Inanspruchnahme des gerichtlichen Rechtsschutzes. Diese Vermeidung überflüssiger gerichtlicher Verfahren ist aber die Grundlage der Rechtsauffassung, eine Behörde könne nicht zulässigerweise einen Normenkontrollantrag gegen eine Norm stellen, die sie selbst aufheben oder ändern kann (vgl. Gerhardt/Bier in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner VwGO Stand Juli 2005 § 47 Rn. 79 a.E., wonach nach allgemeiner Meinung das Rechtsschutzinteresse nicht deshalb entfalle, weil die Behörde gegenüber der normerlassenden Stelle Aufsichtsbefugnisse besitze oder am Normerlass mitgewirkt habe). In der Rechtsprechung des BVerwG ist in diesem Sinne geklärt, dass einer Behörde das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag auch dann nicht fehlt, wenn die Genehmigungsbehörde eine von ihr selbst genehmigte Satzung angreift (BVerwG B. v. 11.08.1989 - 4 NB 23.89 -, NVwZ 1990, 57; zustimmend Ziekow in Sodan/Ziekow VwGO 2. Aufl. 2006 § 47 Rn. 270). Das BVerwG sieht das Rechtsschutzbedürfnis in dieser Fallkonstellation darin begründet, dass die Genehmigungsbehörde keine Rechtsmacht hat, die genehmigte und wirksam gewordene Satzung für nichtig zu erklären, so dass ihr zur Erreichung dieses Ziels nur der Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO bleibt. Gründe, die es generell ausschließen, dass eine Genehmigungsbehörde dieses Ziel nach Erteilung der Genehmigung noch begehren kann, sind - mit Ausnahme des hier nicht ersichtlichen Missbrauchs - nicht gegeben.

33

Das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers ist auch nicht deswegen entfallen, weil der Bebauungsplan zwischenzeitlich vollständig verwirklicht worden ist oder die auf der Grundlage des Bebauungsplanes erteilten unanfechtbaren Baugenehmigungen verhindern, dass der Antragsteller seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Normenkontrollantrag verbessern kann. Die von dem angegriffenen Bebauungsplan ermöglichte Errichtung eines weiteren Einkaufszentrums mit den dafür erforderlichen Nebenanlagen ist noch nicht genehmigt worden, so dass gerade der Antragsteller, der die Vereinbarkeit des Bebauungsplanes in diesem Punkt mit einem Ziel der Raumordnung bestreitet, durch die erstrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplanes seine Rechtsposition verbessern kann. Entsprechendes gilt für die Festsetzung der unbeschränkten Verkaufsfläche für das bestehende Einkaufszentrum.

34

Der Normenkontrollantrag ist fristgerecht eingereicht worden. Für den Bebauungsplan Nr. 11 galt noch die Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 in der bis zum Ablauf des 31.12.2006 geltenden Fassung, weil dieser Bebauungsplan vor dem 01.01.2007 bekanntgemacht wurde (§ 195 Abs. 7 VwGO). Die Frist ist eingehalten worden: der Normenkontrollantrag datiert aus dem Jahr 2007. Für die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 gilt die einjährige Frist des § 47 Abs. 2 VwGO in der aktuell geltenden Fassung. Auch diese Frist ist eingehalten worden.

35

B. Der Normenkontrollantrag ist begründet.

36

Der Senat ist der Überzeugung, dass entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 den ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 11 in der Weise geändert hat, dass er in seiner ursprünglichen Fassung insgesamt nicht mehr besteht, sondern durch die 1. Änderung eine neue Fassung erhalten hat. Mangels Anhaltspunkten im Aufstellungsverfahren der 1. Änderung und der Begründung des Änderungsplanes kann der Senat nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin den ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 11 spalten und an seine Stelle zwei rechtlich getrennte Bebauungspläne setzen wollte. Dafür hätte es bei der Abwägungsentscheidung oder wenigstens in der Begründung der 1. Änderung näherer Erläuterungen bedurft, dass es sich um rechtlich getrennte, selbstständige Bebauungspläne handelt, die jeder für sich bestehen sollen, wenn einer der beiden Pläne scheitert. Die 1. Änderung ist aber ersichtlich auf den Bebauungsplan Nr. 11 in der Weise abgestimmt, dass dieser notwendige Ergänzungen im Bereich der Ausgleichsflächen zu den Festsetzungen der 1. Änderung enthält (zu den Anforderungen an die Abwägung bei Aufspaltung eines Bebauungsplanes vgl. Senat Urt. v. 22.06.2005 - 3 K 25/01 -, UPR 2006, 39 = BRS 69 Nr. 13).

37

Der Bebauungsplan Nr. 11 in der Fassung der 1. Änderung ist rechtswidrig, weil er gegen die Vorschrift des § 1 Abs. 4 BauGB verstößt, nach der Bebauungspläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen sind.

38

Die Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB verlangt, dass die Ziele der Raumordnung im Bebauungsplan beachtet werden, das heißt, die Festsetzungen des Bebauungsplanes dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen. Die Gemeinde darf die Ziele der Raumordnung zwar je nach deren Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen. An die Ziele der Raumordnung sind die örtlichen Planungsträger strikt gebunden. Planungen, die einem geltenden Ziel der Regionalplanung widersprechen, haben sie zu unterlassen. Legt ein Raumordnungsplan als Ziel der Raumordnung fest, dass innerhalb eines bestimmten Gebiets eine bestimmte Art der Nutzung nicht stattfinden darf, muss die Gemeinde bei einer Überplanung des Gebiets dieses Ziel beachten (vgl. BVerwG B. v. 07.02.2005 - 4 BN 1.05 -, NVwZ 2005, 584).

39

Der Bebauungsplan Nr. 11 in der Fassung der 1. Änderung verstößt gegen das in Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 niedergelegte Ziel, weil die Voraussetzungen einer Ausnahme nach Nr. 4.3.2 (7) nicht vorliegen. Die Regelung hat folgenden Wortlaut:

40

(1) Einzelhandelsgroßprojekte [vgl. auch Einzelhandelserlass M-V vom 04.07.2005] im Sinne des § 11 Abs. 3 der BauNVO - hierunter fallen auch Hersteller-Direktverkaufszentren und sonstige neue Betriebsformen des Einzelhandels, die mit diesen in ihren Auswirkungen vergleichbar sind - sind mit Ausnahme von (7) nur in zentralen Orten zulässig, bei einer Geschossfläche von mehr als 5.000 m² nur in Ober- und Mittelzentren. (Z)

41

(7) Im Einzelfall können Einzelhandelsgroßprojekte in den Randbereichen der Stadt-Umland-Räume [siehe dazu Kapitel 3.1.2] dann angesiedelt werden, wenn die Ansiedlungsgemeinde mit der Kernstadt intensive funktionale Verflechtungen aufweist, verkehrlich gut mit öffentlichem Nahverkehr erreichbar ist und die Entwicklung der Einzelhandelsfunktion in der Kernstadt nicht beeinträchtigt. Standortentscheidungen für die Entwicklung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen in Stadt-Umland-Räumen sind auf der Basis interkommunaler Abstimmungen - (regionale Einzelhandelsentwicklungskonzepte) zu treffen. (Z)

42

Unabhängig von der Wortwahl (vgl. zur Bedeutung der Begrifflichkeiten für Raumordnungspläne vor dem 01.07.1998 BVerwG U. v. 18.09.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226 -) ist ein Ziel die verbindliche Vorgabe in Form von räumlichen und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG = § 3 Nr. 2 ROG a.F.). Aus der Formulierung des Textes muss deutlich werden, dass die Gemeinden gerade nicht die Möglichkeit haben sollen, sich über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen (vgl. BVerwG B. v. 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 239). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25) kann der Konzentrationsgrundsatz ein Ziel der Raumordnung darstellen. Nach dieser Rechtsprechung ist die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe nicht auf die Instrumente der Bauleitplanung beschränkt.

43

Bei Zugrundelegung dieses Maßstabes handelt es sich bei Nr. 4.3.2 (1) des LEP 2005 um ein Ziel der Raumordnung. Es handelt sich um eine verbindliche Vorgabe. Unter Vorgabe wird eine inhaltliche Bestimmung in Abgrenzung zu einer verfahrensmäßigen Anforderung verstanden. In Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 wird vorgegeben, dass Einzelhandelsgroßprojekte nur an bestimmten Standorten zulässig sind. Damit wird eine materielle Vorgabe aufgestellt, die nach dem eindeutigen Wortlaut "sind nur zulässig" verbindlich ist. Für die nachfolgenden unteren Planungsebenen ist eine Abweichung von dem Ziel damit nicht möglich, wenn nicht ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt wird. Die Verbindlichkeit setzt eine für die jeweilige Ebene der Raumordnung abschließende Abwägung voraus (vgl. BVerwG B. v. 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329). Die abschließende Abwägung findet sich in der Abwägungsdokumentation des Landesentwicklungsprogrammes. Aus dieser erschließt sich, dass für die Ebene der Landesplanung die Abwägung abschließend war.

44

Der Zielcharakter wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, weil er damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selbst zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG U. v. 18.09.2003 - 4 CN 20.02 - , BVerwGE 119, 54).

45

Die Ausnahme in Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 ist im Sinne dieser Rechtsprechung jedenfalls trotz der offensichtlichen sprachlichen Ungenauigkeiten hinreichend bestimmbar und hat nach dem Verständnis des Senats folgenden durch Auslegung ermittelten Inhalt:

46

4.3.2 (7) LEP 2005 (im folgenden: Abs. 7) differenziert zwischen der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten im Randbereich der Stadt-Umland-Räume, wie sie in Nr. 3.1.2 LEP 2005 festgelegt sind (S. 1) und Standortentscheidungen von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen im Stadt-Umland-Raum (S. 2). Der Begriff der Einzelhandelsgroßprojekte in Abs. 7 S. 1 ist wie in Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 zu verstehen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang zwischen Abs. 1 als Regel und Abs. 7 als Ausnahme. Der Begriff der großflächigen Einzelhandelseinrichtungen in Abs. 7 S. 2 findet sich in Nr. 4.3.2 LEP 2005 ansonsten nicht und wird auch nicht in der in Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 in Bezug genommenen Bestimmung des § 11 Abs. 3 BauNVO verwendet. Aus Sinn und Zweck der Nr. 4.3.2 Abs. 1 und Abs. 7 LEP 2005 ist ersichtlich, dass es sich um ein Synonym für Einzelhandelsgroßprojekte handelt. Es ist kein sachlicher Grund und Inhalt für eine Differenzierung zwischen den beiden Begriffen erkennbar.

47

Regelungsgegenstand des Abs. 7 S. 1 ist die Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten. Der Begriff der Ansiedlung ist mit Blick auf die in Nr. 4.3.2 (2) LEP 2005 verwendete Begrifflichkeit "Neuansiedlungs-, Umnutzungs- und Erweiterungsvorhaben" im Sinne einer Neuansiedlung oder Erweiterung zu verstehen. Der Plangeber differenziert zwischen Neuansiedlungen und Erweiterungsvorhaben, so dass der Begriff der Ansiedlung einen anderen, wenn auch im Zusammenhang mit der Begrifflichkeit in Nr. 4.3.2 (2) LEP 2005 stehenden Inhalt hat. Diese am Wortlaut orientierte Auslegung, die wegen der feststellbaren sprachlichen Vielfalt der Nr. 4.3.2 nur ein Zwischenergebnis sein kann, kann sich auch auf eine an Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung stützen. Sinn und Zweck der Regelung, Standortentscheidungen für Einzelhandelsgroßprojekte vorzuprägen, gebieten, unter einer Ansiedlung den Oberbegriff für sowohl eine Neuansiedlung, d. h. die erstmalige Errichtung eines Einzelhandelsgroßprojekts, wie eine Erweiterung, die eine schon vorhandene großflächige Einzelhandelseinrichtung betrifft, zu verstehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine Erweiterung die Dimension einer Neuansiedlung erreicht, weil sich der vorhandene Standort in einer Größenordnung erweitert, die faktisch die Errichtung eines weiteren Einzelhandelsgroßprojekts darstellt. Zudem wird erst durch dieses Verständnis die Ausnahme des Abs. 7 auf die Erweiterung erstreckt, die bei einem Verständnis des Abs. 7 S.1 als einer ausschließlich die Neuansiedlung erfassenden Regelung allein an Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 zu messen wäre. Diese Beschränkung der Möglichkeiten einer Erweiterung ist nicht im Sinne der Ausnahmeregelung, die gerade im Stadt-Umland-Raum Spielräume für Einzelhandelsprojekte öffnet.

48

Die Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten ist in den Randbereichen der Stadt-Umland-Räume zulässig. Der Randbereich ist Nr. 3.1.2 (2) LEP 2005 als das Gebiet der Gemeinden definiert, die gemeinsam mit der Kernstadt den Stadt-Umland-Raum bilden. Voraussetzung der Ansiedlung ist weiter, dass die Ansiedlungsgemeinde mit der Kernstadt intensive funktionale Verflechtungen aufweist, verkehrlich mit Öffentlichem Personennahverkehr gut erreichbar ist und dass die Entwicklung der Einzelhandelsfunktion der Kernstadt nicht beeinträchtigt wird. Bei der intensiven funktionalen Verflechtung und der guten Erreichbarkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung zugänglich und damit nicht unbestimmt im Sinne der Rechtsprechung zum Regel-Ausnahme-Verhältnis bei raumordnerischen Zielen (BVerwG U. v. 18.09.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54) sind.

49

Bei Standortentscheidungen für die Entwicklung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen wird in Abs. 7 S.2 eine weitere Voraussetzung aufgestellt, nämlich die Notwendigkeit eines regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepts. Als Standortentscheidung, der Begriff findet sich nur in Abs. 7 S.2, ist jede Entscheidung über eine großflächige Einzelhandelseinrichtung, sei es eine Ansiedlung (Neuansiedlung oder Erweiterung) oder Umnutzung anzusehen. Gegen eine Beschränkung auf Neuansiedlungen spricht bereits die unterschiedliche Wortwahl des Plangebers, der den Begriff der Neuansiedlung kennt, wie Nr. 4.3.2 (2) LEP 2005 deutlich macht. Hätte der Plangeber eine Beschränkung auf Neuansiedlungen gewollt, hätte er dies durch eine entsprechende Wortwahl zum Ausdruck bringen können. Auch der Zusatz "für die Entwicklung" deutet darauf hin, dass mehr als eine bloße Neuansiedlung gemeint ist, denn auch vorhandene Standorte können begrifflich wie materiell entwickelt werden, insbesondere wenn sie in erheblichem Umfang erweitert werden. Eine Entwicklung liegt schließlich auch dann vor, wenn eine wesentliche Umnutzung stattfinden soll. Dies erlaubt das Verständnis des Begriffes "Standortentscheidung" im Sinne eines Oberbegriffes für die in Nr. 4.3.2 (2) LEP 2005 genannten Einzelvorhaben "Neuansiedlungs-, Umnutzungs- und Erweiterungsvorhaben". Dieses Verständnis lässt sich auch auf Sinn und Zweck der Regelung stützen, denn all diese Vorhaben können raumordnerische Auswirkungen haben und sind so sinnvollerweise Gegenstand der Ausnahme von einem raumordnerischen Ziel. Auch die Begründung der Nr. 4.3.2 LEP 2005 steht diesem Verständnis nicht nicht entgegen, sondern bestätigt es, weil dort nicht nur von künftigen Ansiedlungsvorhaben die Rede ist, sondern eine verstärkte Beachtung von Umnutzungen, Sortimentsumstellungen, schleichender Expansion, Nachnutzungen von Brach- und Konversionsflächen als Beispiele für die Entwicklung von Einzelhandelsstandorten in den unmittelbaren Nachbargemeinden der Oberzentren in den Stadt-Umland-Räumen gefordert wird.

50

Diese Standortentscheidung ist "auf der Basis interkommunaler Abstimmungen - (regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept)" zu treffen. Der Begriff der interkommunalen Abstimmung ist schon aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht städtebaulich zu verstehen. Die Ausnahmeregelung des Abs. 7 ist auf die Belange der Raumordnung begrenzt; städtebauliche Belange oder Regelungsinhalte sind einem Raumordnungsplan verwehrt (vgl. dazu OVG Münster U. v. 30.09.2009 - 10 A 1676/08 - BauR 2010, 426). Dies verbietet ein Verständnis des Abs. 7 S. 2, dass mit der interkommunalen Abstimmung eine eigenständige Regelung mit dem Inhalt des § 2 Abs. 2 BauGB gemeint ist. Als bloß deklaratorische Bestimmung, die kompetenzrechtlich keinen Bedenken begegnen würde, macht sie keinen Sinn.

51

Der Begriff der interkommunalen Abstimmung ist vielmehr spezifisch raumordnerisch zu verstehen, was bereits durch den Wortlaut des Abs. 7 S. 2 angedeutet wird, der in Art einer Begriffsdefinition die interkommunale Abstimmung mit einem regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzept in Verbindung bringt. Diese Andeutung im Wortlaut (die Kombination aus einem einzelnen Bindestrich und anschließendem Klammerzusatz ist allerdings nur schwer verständlich) ist als raumordnerische Regelung nachvollziehbar. Durch sie sollen die raumbedeutsamen und überörtlichen Auswirkungen einer Standortentscheidung durch die davon betroffenen Kommunen aufgegriffen und bewältigt werden. Von solchen Auswirkungen geht Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 aus, wenn dort Einzelhandelsgroßprojekte Gegenstand einer landesplanerischen raumordnerischen Zielsetzung werden. Abs. 7 S. 2 greift den raumordnerischen Grundsatz des besonderen Kooperations- und Abstimmungsgebotes in Nr. 3.1.2 (3) - (6) LEP 2005 auf, ohne ihn spiegelbildlich abzubilden. Dies wäre auch nicht angemessen, weil die raumbedeutsamen Auswirkungen einer Standortentscheidung im Sinne des Abs. 7 S.2 über den Stadt-Umland-Raum hinausgehen und daher ein regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept gefordert ist, welches somit über diesen Raum hinausreicht. Die Erstellung dieses Konzepts ist nicht ausdrücklich geregelt, doch liegt es nahe, auf das in Nr. 3.1.2 (6) Satz 1 LEP 2005 vorgesehene Verfahren zurückzugreifen.

52

Die raumordnerische Zielsetzung schließt ein Verständnis der interkommunalen Abstimmung aus, wonach die planende Gemeinde allein entgegenstehende raumordnerische Belange in ihrer Abwägung zurückstellen kann.

53

Auf der Ebene der Raumordnung steht die Abwägung den durch das Landesplanungsgesetz vorgesehenen Behörden zu (vgl. § 10 LPlanG - Landesplanungsbehörden, § 12 LPlanG - Planungsverbände).

54

Gegen dieses Verständnis lässt sich die amtliche Begründung zu Abs. 7 nicht anführen. Wenn die Begründung davon spricht, dass als Bewertungs- und Entscheidungsgrundlage verstärkt regionale Einzelhandelskonzepte (damit sind wohl die regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepte des Abs. 7 S.2 gemeint) zum Einsatz zu bringen sind, ist damit nicht etwa die Erstellung und Berücksichtigung von regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepten in das freie planerische Ermessen der Gemeinde gestellt, die ein Einzelhandelsgroßprojekt planerisch ermöglichen will, sondern es wird nur verdeutlicht, dass im Einzelfall ein regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept nicht erforderlich ist, weil eine interkommunale Abstimmung anderweitig herbeigeführt werden kann.

55

Sofern eine interkommunale Abstimmung nicht zustande kommt, kann sie durch die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens herbeigeführt werden (vgl. § 1 Satz 3 Nr. 13 Raumordnungsverordnung; vgl. Nr. 2.3 Abs. 03 S. 17 und Materialien zur Änderung der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen S. 44).

56

Die weiteren Erfordernisse eines Zieles im Sinne des § 3 Abs. 2 ROG erfüllt Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 ebenfalls. Die Festlegung der Zulässigkeit von Einzelhandelsgroßprojekten nur in zentralen Orten ist räumlich und sachlich bestimmt, weil sowohl der Begriff der zentralen Orte in Kapitel 3.2. des LEP 2005 wie der Begriff des Einzelhandelsgroßprojekts über die Verweisung auf § 11 Abs. 3 BauNVO näher bestimmt sind. Das Ziel dient schließlich der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes, weil durch das Ziel die raumordnerische Funktion der zentralen Orte, für die großflächiger Einzelhandel eine wesentliche Bedeutung hat, gesichert werden soll.

57

Die streitbefangene Planung erfüllt die Voraussetzungen, die für eine Ausnahme nach Abs. 7 erforderlich sind, nur teilweise und erweist sich daher als rechtswidrig. Zwar weist die Antragstellerin nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten, an dem zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, intensive funktionale Verflechtungen mit der Kernstadt auf und ist verkehrlich mit öffentlichem Personennahverkehr gut erreichbar, doch das für eine Standortentscheidung erforderliche regionale Einzelhandelsentwicklungskonzept fehlt.

58

Die streitbefangene Planung beinhaltet eine Standortentscheidung im Sinne der Nr. 4.3.2 (7) S.2 LEP 2005. Sie erlaubt zum einen die Errichtung eines Einkaufszentrums mit einer Verkaufsfläche von 8.000 m². Dieses ist ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO und wird als solches von dem Ziel der Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 erfasst. Seiner Größe nach ist es nur in Ober- und Mittelzentren zulässig, wenn nicht die Ausnahme des Abs. 7 eingreift. Diese Ausnahme setzt nach S. 2 bei einer Standortentscheidung für die Entwicklung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen ein regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept voraus. Die Festsetzung eines Einkaufszentrums dieser Größe neben ein bereits vorhandenes Einkaufszentrum ist unabhängig davon, ob es sich bei dem festgesetzten Einkaufszentrum um eine Neuansiedlung oder eine Erweiterung handelt, eine Standortentscheidung im Sinne des Abs. 7 S. 2, wie sich aus der oben näher dargestellten Auslegung der Bestimmung ergibt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ausnahmsweise kein regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept erforderlich ist. Die Größe der Erweiterung/Neuansiedlung von 8.000 m² Verkaufsfläche hat raumbedeutsame und überörtliche Bedeutung. Dies ergibt sich auch aus dem von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten der GfK vom September 2005, wonach der Einzugsbereich der Erweiterung der Verkaufsfläche im Y. Auswirkungen bis an die Grenzen des Verflechtungsbereichs des Oberzentrums Rostock hat und zugleich große Teile der Verflechtungsbereiche der Mittelzentren Ribnitz-Damgarten und Grimmen erfasst. Nach Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung beläuft sich die Kaufkraftabschöpfung in diesem Bereich (Zone III) auf ca. 25 %.

59

Hinzu kommt, dass die streitbefangene Bauleitplanung für das vorhandene Einkaufszentrum erstmalig eine unbeschränkte Verkaufsfläche von 17.000 m² festsetzt. Damit wird die unbeschränkte Verkaufsfläche gegenüber dem VEP 1993 - dessen Gültigkeit unterstellt - und gegenüber der bestandskräftigen Baugenehmigung um 5.000 m² erweitert. Dass dies raumbedeutsam ist, liegt auf der Hand und ergibt sich auch daraus, dass eine solche Erweiterung dem Tatbestand der Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 unterfällt. Dass diese unbeschränkte Verkaufsfläche bereits faktisch existiert, ist für die rechtliche Betrachtung ohne Bedeutung. Nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) liegt für diese Erweiterung keine Genehmigung vor, weil die einschränkende planerische Festsetzung im VEP 1993 im Einvernehmen mit der Baugenehmigungsbehörde und dem Antragsgegner für unwirksam gehalten wurde. Diese Erweiterung verstößt ungeachtet der damit verbundenen Frage nach der Wirksamkeit des VEP 1993 und den sich daraus ergebenden Rechtsfragen gegen die bestandskräftige Baugenehmigung, die eine solche Erweiterung ausdrücklich versagt. Die nunmehr erfolgte planerische Festsetzung hat daher eigenständige rechtliche Bedeutung. Für die planerische Absicherung der Erweiterung der unbeschränkten Verkaufsfläche um 5.000 m² ergibt sich die Raumbedeutsamkeit ebenfalls aus dem GfK-Gutachten. Dieses betrachtet diese Erweiterung auftragsgemäß nicht gesondert, doch lässt sich aus den Untersuchungen zu den Auswirkungen des neuen Einkaufszentrums ableiten, dass auch eine Verkaufsfläche von 5.000 m² innenstadtrelevanten Sortiments raumbedeutsam und von überörtlicher Bedeutung ist. Die Beschränkung einzelner Sortimente in der 1. Änderung hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Raumbedeutsamkeit.

60

Das bei einer Standortentscheidung dieses Ausmaßes weiter erforderliche regionale Einzelhandelsentwicklungskonzept oder eine andere Form der interkommunalen Abstimmung liegen nicht vor (vgl. Begründung zum Bebauungsplan Nr. 11 vom 22.06.2006 S. 6 Spiegelstrich 3). Diese nach 4.3.2 (7) LEP 2005 zwingende Voraussetzung für eine Ausnahme vom Ziel der Zulässigkeit von Einzelhandelsgroßprojekten nur in zentralen Orten - zu denen die Antragsgegnerin nicht gehört - ist nicht erfüllt. Daher bleibt es raumordnerisch beim Ziel aus 4.3.2 (1) LEP 2005. Die streitbefangene Planung widerspricht diesem Ziel. Wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bebauungspläne daher unwirksam.

61

Dieser Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB erfasst - wie sich aus den oben stehenden Ausführungen ergibt - den Bebauungsplan Nr. 11 in der Fassung der 1. Änderung in Gänze. Eine nur teilweise Unwirksamkeit kommt aus diesem Grund nicht in Betracht. Selbst wenn der Auffassung der Antragsgegnerin gefolgt würde, mit der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 sei der ursprüngliche Bebauungsplan aufgespalten und zwei selbstständige Bebauungspläne geschaffen worden, führte dies nicht zu einer Unwirksamkeit nur eines der beiden Bebauungspläne, weil der Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB beide Bebauungspläne erfassen würde.

62

Bereits aus diesem Grund kommt es auf die weiteren in der mündlichen Verhandlung erörterten rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen nicht entscheidungserheblich an. Der Senat bemerkt dazu ergänzend folgendes:

63

Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob das durch die streitbefangene Planung ermöglichte Einzelhandelsgroßprojekt die Entwicklung der Einzelhandelsfunktion der Kernstadt nicht beeinträchtigt, wie es in Nr. 4.3.2 (7) S. 1 LEP 2005 als weiterer Tatbestand der Ausnahme geregelt ist, dürfte sich auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten beantworten lassen. Die ursprüngliche Planung, der Bebauungsplan Nr. 11, erfüllte diese Voraussetzung der Ausnahme nicht. Das ergibt sich aus dem im Auftrag der Beigeladenen zu 2) eingeholten Gutachten der GMA. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass die mit dem ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 11 ermöglichte zusätzliche Verkaufsfläche von 5.500 m² für innenstadtrelevante Sortimente ohne Verkaufsflächenbeschränkung für einzelne Sortimente den Einzelhandel in der Innenstadt von Stralsund beeinträchtigen wird. Darin dürfte zugleich eine Beeinträchtigung der Einzelhandelsfunktion der Kernstadt liegen. Denn der Innenstadteinzelhandel ist für einen funktionierenden Einzelhandel, der nicht nur aus einer Ansammlung von Ladengeschäften großer Handelsketten in großflächigen Einzelhandelseinrichtungen besteht, sondern seine Attraktivität aus einer Vielzahl unterschiedlichste Waren anbietender Geschäfte ableitet, von großer Bedeutung.

64

Zweifelhaft ist, ob der Bebauungsplan Nr. 11 in der Fassung der 1. Änderung keine Beeinträchtigung der Einzelhandelsfunktion der Innenstadt bewirkt. Zwar enthält dieser Bebauungsplan Verkaufsflächeneinschränkungen für einzelne innenstadtrelevante Sortimente. Aus dem GMA-Gutachten ergibt sich aber, dass unter zwei bestimmten Prämissen entsprechende Verkaufsflächenbeschränkungen geeignet sind, die Beeinträchtigung der Einzelhandelsfunktion auszuschließen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Prämissen erfüllt sind. So setzt das GMA-Gutachten voraus, dass das Projekt Z. vor der möglichen Erweiterung des "Y." nachhaltig vermietet ist. Nach dem Kenntnisstand des Senats in der letzten mündlichen Verhandlung ist eine nachhaltige Vermietung der weiterhin unbebauten Fläche des Z. nicht erfolgt. Weiter setzt das GMA-Gutachten voraus, dass mit der Erweiterung keine Erhöhung der Kaufkraftbindung im Einzugsgebiet des Einkaufszentrums einhergeht. Über die Erfüllung dieser Voraussetzung liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor.

65

Fraglich ist schließlich, ob es ausreicht, allein die prognostizierte Umsatzverlagerung für maßgeblich zu halten und nicht auch den Kaufkraftabfluss, der davon zu trennen ist, mit zu berücksichtigen. In der Rechtsprechung ist diese Frage noch nicht abschließend geklärt. Zweifelhaft ist es auch, die 10%-Grenze für entscheidend zu halten. In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass die städtebaulichen Auswirkungen eines prognostizierten Kaufkraftabflusses im Einzelfall zu beurteilen sind. Die Überschreitung der 10%-Grenze kann allerdings einen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen landesplanerische Ziele darstellen (BVerwG B. v. 22.12.2009 - 4 B 25/09 Rn. 7). Dass auch ein darunter liegender Wert mit den Zielen der Raumordnung kollidieren kann, ist nicht offensichtlich ausgeschlossen.

66

Hinsichtlich der Auswirkungen der erstmaligen planerischen Festsetzung einer unbeschränkten Verkaufsfläche von 17.000 m² für das bestehende Einkaufszentrum fehlt es an darauf bezogenen gutachterlichen Erkenntnissen über die Auswirkungen auf die Einzelhandelsfunktion der Kernstadt.

67

Der ursprüngliche Bebauungsplan Nr. 11 könnte auch an mehreren beachtlichen Abwägungsfehlern leiden. So wird bei der Abwägung von einer Genehmigung der tatsächlich vorhandenen unbeschränkten Verkaufsfläche von 17.000 m² ausgegangen, die aber nicht vorliegt. Rechtlich hat diese 12.000 m² überschreitende unbeschränkte Verkaufsfläche keine Grundlage, weil sie von der einzig vorliegenden Baugenehmigung nicht gedeckt wird. Insoweit zeichnet der Bebauungsplan Nr.11 keine bestehende rechtliche Lage nach, sondern schafft sie erstmalig. Die Auswirkungen einer solchen Änderung der Rechtslage sind nicht in den Blick genommen worden. Auch wird in der Abwägung von einer Abtretung von Teilen der raumordnerischen Funktionen durch die Beigeladene zu 2) an die Antragsgegnerin ausgegangen. Eine solche Abtretung, sollte sie vorgenommen worden sein, ist unwirksam. Auch sind nicht alle von den Auswirkungen des Bebauungsplanes betroffenen Gemeinden beteiligt worden, so dass auch bei der Abwägung diese Auswirkungen nicht berücksichtigt wurden.

68

Bei der Abwägung der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 ist die Gemeinde davon ausgegangen, dass das Projekt Z. verwirklicht wird. Die tatsächliche Grundlage dieser Annahme ist zweifelhaft.

69

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

70

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

71

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des Zielcharakters einer raumplanerischen Festsetzung, die eine Ausnahme unter der Voraussetzung einer interkommunalen Abstimmung (Einzelhandelskonzept) vorsieht, zuzulassen.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsteller wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Antragsgegner zuvor nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Vorschriften der Verordnung über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weitere Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (Zweigstellenverordnung – ZweigStVO M-V) vom 15. Januar 2014 (GVOBl. M-V 2014, S. 29 ff.).

2

Gemäß § 4 des Gerichtsstrukturgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. April 1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 444) – GerStrG – umfasst nach dessen Absatz 4 der Bezirk des Amtsgerichts Bergen auf Rügen das Gebiet des (ehemaligen) Landkreises Rügen. Das Amtsgericht Bergen ist das einzige Amtsgericht auf der ca. 926 km2 großen Insel Rügen. Das nächstgelegene Amtsgericht befindet sich in dem ca. 30 km entfernten Stralsund. Das Präsidium des Amtsgerichts Stralsund hat gegen Vorschriften der Zweigstellenverordnung ebenfalls einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht anhängig gemacht (Az: 2 K 13/15). Auf diesen Normenkontrollantrag hat der Senat mit Urteil vom 02. Juni 2015 die §§ 1 und 2 der Zweigstellenverordnung für unwirksam erklärt.

3

Im Oktober 2013 verabschiedete der Landtag Mecklenburg-Vorpommern das Gesetz zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz vom 11. November 2013, GVOBl. M-V 2013, S. 609) - GerStrNeuG -. Art. 1 Ziff. 4 GerStrNeuG lautet wie folgt:

4

㤠4 wird wie folgt neu gefasst:

5

….

6

(5) Folgende Amtsgerichte sowie deren Bezirke werden aufgehoben:

7

1. das Amtsgericht Anklam zum 06. Oktober 2014,
2. das Amtsgericht Ueckermünde zum 01. Dezember 2014,
3. das Amtsgericht Neustrelitz zum 02. Februar 2015,
4. das Amtsgericht Hagenow zum 16. März 2015,
5. die Amtsgerichte Bad Doberan und Parchim zum 11. Mai 2015,
6. das Amtsgericht Grevesmühlen zum 13. Juli 2015,
7. das Amtsgericht Wolgast zum 31. August 2015,
8. das Amtsgericht Demmin zum 28. September 2015,
9. das Amtsgericht Bergen auf Rügen zum 23. November 2015 und 10. das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten mit Wirkung zum 27. Februar 2017.

8

(6) Mit der Aufhebung der Amtsgerichte nach Abs. 5 Nr. 3, 5, 6, 8 und 9 werden folgende Zweigstellen errichtet:

9

1. eine Zweigstelle des Amtsgericht Waren (Müritz) in Neustrelitz,
2. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Ludwigslust in Parchim,
3. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Wismar in Grevesmühlen,
4. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Neubrandenburg in Demmin,
5. eine Zweigstelle des Amtsgerichts Stralsund in Bergen auf Rügen.

10

…“

11

Die Gesetzesbegründung zum Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz (LT-Drs. 6/1620) führt u.a. aus, dass mit dem Gesetz die Anpassung der Gerichtsstruktur des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die mit dem demografischen Wandel verbundenen Bevölkerungsbewegungen und insbesondere den in den meisten Landesteilen zu verzeichnenden Bevölkerungsrückgang als Ziel verfolgt werde. Konkreter Anlass des Gesetzes sei es, die Gerichtsstruktur der zwischenzeitlich formierten Struktur der Landkreise und kreisfreien Städte anzupassen, wobei das Gesetz keine volle Übereinstimmung der Gerichtsstruktur mit den Gebieten der Landkreise und kreisfreien Städte anstrebe, sondern Abweichungen von den Kreisgrenzen beispielsweise dann als hinzunehmen erachte, wenn dies die Erreichbarkeit des Gerichts für die Rechtsuchenden deutlich verbessere.

12

Das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz trat gemäß dessen Art. 6 mit Ausnahme des Art. 1 Nr. 6 am 06. Oktober 2014 in Kraft.

13

Das gegen das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz initiierte Volksbegehren war insofern erfolgreich, als dass die nach § 14 Abs. 2 Ziff. 1 Volksabstimmungsgesetz – VaG M-V – erforderliche Zahl von 120.000 gültigen Unterschriften erreicht ist. Auf der Grundlage der §§ 18 VaG M-V findet am 06. September 2015 ein Volksentscheid statt.

14

Am 15. Januar 2014 erließ die Justizministerin des Antragsgegners auf der Grundlage des § 9 a GerStrNeuG die Verordnung über die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (GVOBl. M-V, S. 29 ff.) - GerStrNeuGVO -. Der dortige Art. 1 beinhaltet die hier streitgegenständliche Zweigstellenverordnung, dessen § 2 Abs. 6 lautet:

15

„Die Zweigstelle Bergen auf Rügen des Amtsgerichtes Stralsund ist für folgende Geschäfte ausschließlich zuständig:

16

a) Zivilsachen
b) Familiensachen
c) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne des § 23 a Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 bis 7 und 11 des Gerichtsverfassungsgesetzes,
d) Güterrechtsregistersachen,
e) Strafsachen,
f) Bußgeldsachen,
g) Mobiliarvollstreckungssachen einschließlich der Verteilungssachen,
h) Pachtkreditsachen,
i) Beurkundungssachen,
j) Angelegenheiten nach § 30 a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz,
k) Angelegenheiten der Beratungshilfe,
l) Rechtsantragsstelle für die Aufnahme von Erklärungen.“

17

Die aufgezählten Zuständigkeiten erstrecken sich gemäß der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 ZweigStVO M-V auf die Gemeinden in dem früheren Landkreis Rügen.

18

Am 15.10.2014 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingereicht.

19

Er ist der Auffassung, dass der Normenkontrollantrag zulässig sei. Insbesondere sei das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Bergen antragsberechtigt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Anders als ein Gericht in seiner rechtsprechenden Tätigkeit sei ein Gerichtspräsidium hinsichtlich seiner Zuständigkeiten und Befugnisse nicht klaglos gestellt. Dies betreffe insbesondere Eingriffe in die ihm aufgrund des § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG obliegenden Zuständigkeiten durch den Verordnungsgeber. Mit dem Erlass der Zweigstellenverordnung maße sich der Verordnungsgeber unberechtigte Eingriffe in die Geschäftsverteilung an. Darüber hinaus sei eine Antragsberechtigung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht davon abhängig, dass eine Verletzung eigener Rechte, Befugnisse oder Zuständigkeiten geltend gemacht werden müsse. Eine antragstellende Behörde im Rahmen eines Normenkontrollantrages müsse (lediglich) ein qualifiziertes Verhältnis zu der zu überprüfenden Norm aufweisen. Hierfür sei ausreichend und hinreichend, dass die antragstellende Behörde von dieser Norm in ihrer Aufgabenerfüllung betroffen werde. So liege der Fall hier. Die Zweigstellenverordnung M-V sei bereits am 06.10.2014 in Kraft getreten und gelte räumlich auch für den Bezirk des Amtsgerichts Bergen auf Rügen. Damit entfalte sie ab diesem Zeitpunkt materielle Wirkung, die das antragstellende Präsidium in seiner Aufgabenerfüllung zwischen Inkrafttreten der Zweigstellenverordnung und der Auflösung des Präsidiums zum 23.11.2015 zu beachten habe. Auch ohne dass das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Bergen auf Rügen unmittelbar die Vorgaben aus § 2 Abs. 6 ZweigStVO M-V umzusetzen habe, würden die Vorgaben bei der Planung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 eine inhaltliche Vorwirkung entfalten. Denn das Präsidium sei gehindert, die Zweigstellenverordnung M-V konterkarierende Maßnahmen zu ergreifen. Damit bestehe die erforderliche qualifizierte Verbindung zwischen dem antragstellenden Präsidium und der zu überprüfenden Norm.

20

Die Zweigstellenverordnung M-V sei schließlich auch tauglicher Prüfungsgegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V. Es bestehe weder eine aufdrängende Sonderzuweisung zur allgemeinen ordentlichen Gerichtsbarkeit, noch zum Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Schwerin gemäß § 31 RiG M-V. Insbesondere ergebe sich aus § 32 Nr. 4 lit.a) RiG M-V, wonach das Richterdienstgericht sachlich für die Anfechtung einer Maßnahme wegen Veränderung der Gerichtsorganisation zuständig sei, keine aufdrängende Sonderzuweisung an dasselbe. Diese Vorschrift statuiere eine Sonderzuständigkeit des Richterdienstgerichts für individuelle Streitigkeiten.

21

Der Antragsteller hält seinen Normenkontrollantrag auch für begründet, da die angegriffene Zweigstellenverordnung gegen höherrangiges Recht verstoße und damit unwirksam sei.

22

Der Antragsteller beantragt,

23

gemäß § 47 Abs. 1 VwGO festzustellen, dass die als Art. 1 der Verordnung über die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (GerStrNeuGVO) erlassene Verordnung über die amtsgerichtlichen Zweigstellen und weitere Vorschriften zur Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes (Zweigstellenverordnung – ZweigstVO M-V) vom 15. Januar 2014, GVOBl. M-V 2014, S. 29, unwirksam ist,

24

im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass die in der Antragsschrift genannten Verordnungsermächtigungen für die ZweigstVO M-V namentlich § 9 a AGGerStrG M-V und § 12 a Abs. 2 und Abs. 3 GerStrG nichtig sind.

25

Der Antragsgegner beantragt,

26

die Anträge abzulehnen.

27

Er hält den Normenkontrollantrag des Antragstellers bereits für unzulässig. Es treffe zwar zu, dass Gerichten, die im Rahmen der Gerichtsverwaltung administrative Aufgaben wahrnehmen, eine Antragsberechtigung als Behörde zustehe. Im vorliegenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nicht „das Amtsgericht Bergen auf Rügen“ sei, auch nicht dessen Direktor, sondern das Präsidium dieses Gerichts. Ob das Präsidium eines Gerichts bei der Geschäftsverteilung nach § 21e GVG als Behörde handele, sei jedoch fraglich.

28

Jedenfalls fehle dem Antragsteller die erforderliche Antragsbefugnis. Zu einem Normenkontrollantrag im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sei eine Behörde nur dann befugt, wenn sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst sei oder sie bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben zu beachten habe. Dafür sei zumindest erforderlich, dass die Norm rechtliche Bindungen für die amtliche Tätigkeit der Behörde entfalte. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Amtsgericht Bergen auf Rügen werde gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 9 GerStrNeuG zum 23. November 2015 aufgehoben. Mit diesem Datum würden die Aufgaben und die Befugnisse des Antragstellers enden. Auch habe der Antragsteller die Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 nur für die Zeit bis zur Aufhebung des Amtsgerichts zum 23. November 2015 vorzunehmen. Die vom Antragsteller angegriffene Regelung des § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V werde also erst nach der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen Wirkung entfalten und sodann allein das Amtsgericht Stralsund betreffen, nicht jedoch das Amtsgericht Bergen auf Rügen. Allein das Präsidium des Amtsgerichts Stralsund werde bei der Geschäftsverteilung für dieses Gericht die Bestimmungen des § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V zu beachten haben. Gleiches gelte für die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Zweigstelle in § 1 Abs. 1 Satz 2 der ZweigstVO M-V. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, welche Vorwirkung die angegriffene Zweigstellenverordnung M-V für den Antragsteller habe.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die übersandten, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge, in die der Antragsteller Einsicht genommen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg; er ist unzulässig.

31

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Nach Absatz 2 kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Rechtsverordnung stellen.

32

Der vorliegende Normenkontrollantrag richtet sich gegen Vorschriften der Zweigstellenverordnung M-V vom 15. Januar 2014, die im Gesetzes- und Verordnungsblatt M-V am 21. Januar 2014 bekannt gemacht wurde, und ist mit seinem Eingang am 15. Oktober 2014 innerhalb der Jahresfrist gestellt.

33

Die Zweigstellenverordnung M-V ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO, über deren Gültigkeit das Oberverwaltungsgericht gemäß § 13 AGGerStrG M-V entscheidet.

34

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet zudem "im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO über den Normenkontrollantrag. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Rahmen der Gerichtsbarkeit liegt vor, wenn die Anwendung der zur Kontrolle gestellten Norm zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten führen kann, deren Entscheidung nicht einem anderen Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist (Ziekow in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, § 47 Rn. 41 m.w.N.). Entscheidend dabei ist nicht, welche Gerichtsbarkeit aus der Anwendung der zur Überprüfung gestellten Norm betroffen ist, mit der Folge, dass ausschließlich solche Rechtsvorschriften der Normenkontrolle nach § 47 VwGO unterliegen, aus deren Vollzug im Verwaltungsrechtsweg anfechtbare oder erzwingbare Verwaltungsakte ergehen oder aus deren Anwendung sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entstehen können, für welche gemäß § 40 VwGO die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte geboten ist (so aber: VGH Kassel, Beschl. v. 29.06.1977- VI N 3/77- zit. nach juris, Rn. 5). Maßstab für die Frage eines zulässigen Normenkontrollantrages nach § 47 VwGO, über den das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hat, ist vielmehr, ob eine Streitigkeit über die Anwendung der angegriffenen Norm vorliegt, die jedenfalls dann dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, wenn es um Organrechte von staatlichen Verwaltungsträgern untereinander und einander gegenüber geht. Dazu zählen auch Streitigkeiten über Akte gerichtlicher Geschäftsverteilung (BVerfG, B. v. 03.12.1990 - 2 BvR 785/90, 2 BvR 12 BvR 1536/90 - zit. nach juris, Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 23.04.2008 - 1 A 1703/07-, zit. nach juris, Rn. 46; im Ergebnis wohl auch: BVerwG, Urt. v. 28.11.1975 - VII C 47.73 -, zit. nach juris, Rn. 28 ff; Kissel/Mayer, GVG, § 21e, Rn. 22).

35

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes entscheidet hier das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit im Sinne des § 47 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO, weil maßgeblich um die Frage nach dem zulässigen bzw. unzulässigen Eingriff in Rechte des antragstellenden Gerichtspräsidiums durch die Vorschriften der Zweigstellenverordnung M-V im Lichte höherrangigen Rechts gestritten wird.

36

Auf- bzw. abdrängende Sonderzuweisungen an Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig, insbesondere nicht die im Richtergesetz M-V genannten. Der dortige § 32 Nr. 4 lit. a) betrifft die sachliche Zuständigkeit für die Anfechtung einer Maßnahme wegen einer Veränderung der Gerichtsorganisation. Dabei handelt es sich um eine Sonderzuständigkeit des Richterdienstgerichts für individuelle Streitigkeiten (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 28.11.1975, a.a.O., Rn. 31).

37

Nach Auffassung des Senats ist das antragstellende Präsidium jedenfalls gemäß § 61 Nr. 2 VwGO fähig, am Normenkontrollverfahren beteiligt zu sein. Nach der genannten Vorschrift sind Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Danach sind alle Vereinigungen beteiligtenfähig, die nicht selbst rechtsfähig sind oder sonst juristischen Personen gleichgestellt sind, denen aber nach materiellem Recht ein Recht zustehen kann. Es genügt zudem, dass einer Vereinigung im fremden Interesse Befugnisse eingeräumt sind. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Gerichtspräsidium (OVG Weimar, B. v. 30.11.2004 - 2 EO 709/03 -, zit. nach juris, Rn. 42; VGH Kassel, B. v. 29.12.1981 - 1 TG 45/81 -, DRiZ 1984, 62; VG Hannover, B. v. 08.01.1990 - 2 B 70/89 -, NJW 1990, 3228; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 61 Rn. 11; a.A.: OVG Hamburg, B. v. 19.09.1986 - Bs V 144/86 -, NJW 1987, 1215, 1216; OVG Münster, B. v. 30.05.1980 - 12 B 427/80 -, DöD 1981, 46 ). Gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG bestimmt das Präsidium die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Damit ist zumindest in erster Linie das Präsidium eines Gerichts als Kollegialorgan der gerichtlichen Selbstverwaltung berechtigt, aber auch verpflichtet, die Zuweisung von Richtern an die Spruchkörper und die Verteilung der sachlichen Rechtsprechungsaufgaben im Geschäftsverteilungsplan vorzunehmen. Demzufolge sind ihm im fremden Interesse Befugnisse im oben dargestellten Sinne eingeräumt.

38

Der Normenkontrollantrag ist jedoch unzulässig, weil das antragstellende Präsidium des Amtsgerichts Bergen auf Rügen nicht antragsbefugt ist. Dabei kann in diesem Verfahren dahingestellt bleiben, ob ein Gerichtspräsidium als "Behörde" im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO anzusehen ist (vgl. dazu: Senatsurteil vom 02.06.2015 - 2 K 13/15). Bejahendenfalls trifft es zwar zu, dass Behörden einen zulässigen Normenkontrollantrag stellen können, ohne geltend machen zu müssen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder ihrer Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Es ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass eine Behörde zu einem Normenkontrollantrag im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur dann befugt ist, wenn sie mit der Ausführung der angegriffenen Norm befasst ist oder sie bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben zu beachten hat (schon BVerwG, B. v. 15.03.1989 - 4 NB 10/88 -, zit. nach juris, Rn. 14; OEufach0000000005, Urt. v. 29.03.2010 - 3 K 27/07 -, zit. nach juris, Rn. 69; Gerhard/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 78; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, § 47 Rn. 34; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 82, 94). Hierfür ist zumindest Voraussetzung, dass die angegriffene Norm rechtliche Bindung für die Tätigkeit der Behörde entfaltet (OEufach0000000005, B. v. 23.02.2006 - 4 M 136/05 -, zit. nach juris, Rn. 20).

39

Diesen Voraussetzungen genügt der Antragsteller nicht.

40

Das Amtsgericht Bergen auf Rügen wird gemäß § 4 Abs. 5 Ziff. 9 GerStrNeuG zum 23. November 2015 aufgehoben. Mit der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen wird gemäß § 4 Abs. 6 Nr. 5 GerStrNeuG eine Zweigstelle des Amtsgerichts Stralsund in Bergen auf Rügen eingerichtet. Die vom Antragsteller im vorliegenden Normenkontrollverfahren angegriffene Zweigstellenverordnung M-V regelt in § 2 Abs. 6 die sachliche Zuständigkeit der genannten Zweigstelle. Diese Regelung entfaltet erst mit der Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen ihre Wirkung, mit der Folge, dass das Präsidium des Amtsgerichts Stralsund sodann bei der Geschäftsverteilung für dieses Gericht (ein-schließlich seiner Zweigstelle in Bergen auf Rügen) die Bestimmungen des § 2 Abs. 6 ZweigstVO M-V zu beachten hat. Entsprechendes gilt für die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Zweigstelle in § 1 Abs. 1 Satz 2 ZweigStVO M-V.

41

Der Antragsteller hat die ihm zugewiesenen Aufgaben, also insbesondere die Besetzung der Spruchkörper und die richterliche Geschäftsverteilung gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG, bis zur Aufhebung des Amtsgerichts Bergen auf Rügen wahrzunehmen und zu erfüllen. Die Aufgaben und Befugnisse des Antragstellers sind beschränkt auf das Amtsgericht Bergen auf Rügen und enden mit der Aufhebung des Gerichts. Sie erstrecken sich insbesondere nicht auf andere Gerichte, was unmittelbar aus § 21a Abs. 1 GVG folgt, wonach bei jedem Gericht ein Präsidium zu bilden ist.

42

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er zwar die Vorgaben aus § 2 Abs. 6 ZweigStVO M-V nicht bereits umzusetzen hätte, gleichwohl die dortigen Vorgaben bei der Planung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 eine inhaltliche Vorwirkung entfalten würden, beruhen diese Vorgaben nicht auf den Regelungen der hier angegriffenen Zweigstellenverordnung M-V, sondern auf den Regelungen des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes M-V.

43

Auch der Zwischenfeststellungsantrag des Antragstellers hat keinen Erfolg.

44

Zwar kann gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO beantragt werden, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werden. Die begehrte Nichtigkeitsfeststellung des § 9a AGGerStrG M-V und des § 12a Abs. 2 und 3 GerStrG M-V wird hiervon nicht erfasst, zumal der Antrag ausdrücklich nicht auf ein Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

47

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Bei jedem Gericht wird ein Präsidium gebildet.

(2) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter als Vorsitzenden und

1.
bei Gerichten mit mindestens achtzig Richterplanstellen aus zehn gewählten Richtern,
2.
bei Gerichten mit mindestens vierzig Richterplanstellen aus acht gewählten Richtern,
3.
bei Gerichten mit mindestens zwanzig Richterplanstellen aus sechs gewählten Richtern,
4.
bei Gerichten mit mindestens acht Richterplanstellen aus vier gewählten Richtern,
5.
bei den anderen Gerichten aus den nach § 21b Abs. 1 wählbaren Richtern.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte Sachen aller Art ganz oder teilweise zuzuweisen sowie auswärtige Spruchkörper von Gerichten einzurichten, sofern dies für die sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung von Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Besondere Ermächtigungen der Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen gehen vor.

(2) Mehrere Länder können die Einrichtung eines gemeinsamen Gerichts oder gemeinsamer Spruchkörper eines Gerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Bei jedem Gericht wird ein Präsidium gebildet.

(2) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter als Vorsitzenden und

1.
bei Gerichten mit mindestens achtzig Richterplanstellen aus zehn gewählten Richtern,
2.
bei Gerichten mit mindestens vierzig Richterplanstellen aus acht gewählten Richtern,
3.
bei Gerichten mit mindestens zwanzig Richterplanstellen aus sechs gewählten Richtern,
4.
bei Gerichten mit mindestens acht Richterplanstellen aus vier gewählten Richtern,
5.
bei den anderen Gerichten aus den nach § 21b Abs. 1 wählbaren Richtern.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

Bei Amtsgerichten mit einem aus allen wählbaren Richtern bestehenden Präsidium (§ 21a Abs. 2 Nr. 5) gehört der Präsident des übergeordneten Landgerichts oder, wenn der Präsident eines anderen Amtsgerichts die Dienstaufsicht ausübt, dieser Präsident dem Präsidium als Vorsitzender an.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.