Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Apr. 2013 - 2 U 111/12

bei uns veröffentlicht am11.04.2013

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. Mai 2012 (Az.: 17 O 793/11) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 33.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger verfolgt mit seiner Klage Ansprüche aus der Aufnahme und Verbreitung seiner Daten über ein Archiv („AGG-Hopper“).
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. Mai 2012 (Az.: 17 O 793/11) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt:
Die Klageanträge Ziff. 2 und 4 seien mangels ausreichender Bestimmtheit unzulässig, § 253 ZPO. Die Beklagte habe darauf mehrfach deutlich hingewiesen.
Der Kläger sei nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Ansprüche gemäß §§ 823, 1004 BGB stünden ihm daher nicht zu.
Allein durch die Internetadressen „agg-hopping.de" und „agg-hopper.de" sei eine Bezeichnung des Klägers als „AGG-Hopper“ nicht gegeben. Für den durchschnittlichen Nutzer der Internetseiten des Archivs ergebe sich ohne Weiteres, dass die Beklagte nicht jeden im Archiv Aufgeführten als AGG-Hopper ansehe, vielmehr das Archiv die Funktion habe, Informationen zur Prüfung dessen zur Verfügung zu stellen.
In den Benennung liege eine nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zulässige Meinungsäußerung. Die Frage, ob jemand ein „AGG-Hopper“ sei, sei einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Es handele sich vielmehr um eine Bewertung. Auch die Grenze zur Schmähkritik sei nicht überschritten.
Der Kläger sei auch nicht in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt. Die Aufnahme des Klägers im Archiv der Beklagten und die Mitteilung an anfragende Arbeitgeber stelle nach der gebotenen Abwägung keinen Verstoß gegen § 29 BDSG dar. Unbestreitbar würden potentielle Ansprüche aus dem AGG auch von einzelnen Bewerbern missbraucht, indem sie Bewerbungen gezielt darauf abstellten, tatsächlich nicht eingestellt zu werden, sondern Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Dies zu verhindern sei ein legitimes und schutzwürdiges Interesse. Im Konkreten sei zu berücksichtigen, dass die mitgeteilten Daten größtenteils offenkundig seien bzw. für jedermann zu ermitteln; so seien die geführten Verhandlungen in den AGG-Verfahren, aufgrund des Öffentlichkeitsgrundsatzes allgemein bekannt. Es gehe nicht um die Privatsphäre, sondern um die jeweilige berufliche Tätigkeit und somit um die Sozialsphäre, was wesentlich im Rahmen der Interessensabwägung zu berücksichtigen sei.
Ein Schmerzensgeldanspruch würde auch an der fehlenden Erheblichkeit einer etwaigen Persönlichkeitsverletzung scheitern.
10 
Die Voraussetzungen für einen Widerruf lägen keinesfalls vor. Die Beklagte habe keine unwahren Tatsachen über den Kläger verbreitet. Ein Anspruch auf Vorbehalt zur Zustimmung des Klägers für einen Widerruf könne sich ohnehin nicht ergeben.
11 
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
12 
Der Kläger trägt zusammengefasst im Kern vor:
13 
Das Landgericht habe § 139 Abs. 2, 3 ZPO verletzt. Es hätte auf die Unbestimmtheit des Antrags Ziffer 2 hinweisen müssen. Der Hinweis der Beklagten sei auf einen anderen Aspekt gerichtet gewesen als denjenigen, den das Landgericht für tragend erachtet habe. Mit der Argumentation der Beklagten habe sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 05.04.2012 auf S. 4 f. ausführlich auseinander gesetzt und dabei zwei alternative Formulierungen des Klageantrags Ziffer 2 vorgeschlagen. Es wäre zu erwarten gewesen, dass das Gericht in der mündlichen Verhandlung darauf hinwirke, dass der Antrag Ziffer 2 in sachdienlicher Weise umformuliert werde. Hätte das Gericht seiner Hinweispflicht genügt, dann hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, seine Antragstellung zu verändern und, wenn das Gericht darauf hingewiesen hätte, dass es sich durch die klägerischen Argumente im Schriftsatz vom 05.04.2012 auf Seite 4 nicht habe überzeugen lassen, eine nachgelassene Schriftsatzfrist beantragen können, um zum Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 16.04.2012 auf Seite 3 nochmals ausführlich Stellung zu nehmen. Im Berufungsantrag Ziffer 3 (statt in erster Instanz Ziff. 2) sei der gerügte Nebensatz entfernt.
14 
Bereits in dem klägerischen Schriftsatz vom 05.04.2012 auf Seite 4 unter 1. a und b sei dargelegt, dass der Kläger der Löschungserklärung der Beklagten nicht traue, weil die Beklagte die Datenschutzwidrigkeit trotz der angeblichen Löschung des AGG-Archivs und entgegen der Ansicht der Datenschutzbehörde bestreite und weiterhin um Zusendung einschlägiger Dokumente bitte und da sie widersprüchliche und unvollständige Auskünfte gegenüber dem Kläger bzw. der Datenschutzbehörde erteilt habe.
15 
In den Berufungsanträgen sei der Kläger ferner mit dem Hilfsantrag Ziff. 3. b) dem Einwand mangelnder Vollstreckbarkeit begegnet. Eine Klageänderung sei zulässig, da sie sachdienlich und wegen fehlenden richterlichen Hinweises von klägerischer Seite zuvor zwar vorgeschlagen, aber noch nicht vorgenommen worden sei.
16 
Ein Anspruch auf eine Auskunft bestehe aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB bzw. Gewohnheitsrecht, da in der zwischen den Parteien aufgrund von § 823 BGB bestehenden Rechtsbeziehung der Kläger in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Datenlöschungsrechts bzw. der noch nicht gelöschten Daten im Ungewissen sei und die Beklagte die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben könne. Eine eidesstattliche Versicherung gem. § 260 Abs. 2 BGB sei zudem erforderlich, da die Beklagte gegenüber dem Kläger bereits zuvor unvollständig Auskunft erteilt habe, wie ein Vergleich mit der Auskunft der Beklagten gegenüber der Datenschutzbehörde ergebe.
17 
Auf eine mangelnde Bezifferung im Klageantrag Ziffer 4 hätten gleichfalls weder die Beklagte noch das Gericht hingewiesen. Die Kosten seien noch nicht bezifferbar gewesen. So habe die Klägervertreterin mit Schriftsatz vom 15.12.2011 gegenüber dem Landgericht im Hinblick auf den vorläufigen Gegenstandswert die voraussichtlichen Anwaltskosten mit EUR 1.650,- angegeben. Eine Honorarrechnung sei bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung noch nicht erstellt gewesen. Es sei zunächst auf eine Rechnungsstellung verzichtet worden, weil die Rechtsschutzversicherung des Klägers eine Kostenübernahme für den in die Zukunft gerichteten Teil des Unterlassungsanspruchs abgelehnt habe.
18 
Die Prozessbevollmächtigten des Kläger hätten in seinem Auftrag insgesamt 299 Seiten kopiert, um die Datenschutzbehörde auf deren Nachfrage hin (vgl. K 6) über die vom Kläger geführten AGG-Verfahren zu informieren, woraus sich ein Betrag von weiteren 74,20 EUR ergebe und insgesamt somit EUR 1.716,16. Auf einen Hinweis hätte der Kläger den Klageantrag bereits in der Vorinstanz entsprechend konkretisiert und gegebenenfalls eine Honorarrechnung seiner Prozessbevollmächtigten vor der endgültigen Antragstellung verlangt. Ein Feststellungsantrag gemäß Antrag Ziff. 4 müsse möglich sein, solange eine Honorarrechnung noch nicht vorliege.
19 
Mit seinen hohen Anforderungen an eine Vollstreckbarkeit und Konkretisierung der erstinstanzlichen Anträge Ziff. 2 und 4 überspanne das Landgericht die Bestimmtheitsanforderungen. Es mache es unmöglich, einen Anspruch auf Datenlöschung durchzusetzen. §§ 883 ff. ZPO sähen Vollstreckungsmöglichkeiten vor, wenngleich der Klageantrag Ziffer 2 dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges als Vollstreckungsgericht eine gewisse Findigkeit abverlange.
20 
Gerade unter Verweis auf das AGG-Archiv sei der Kläger mit dem Vorwurf konfrontiert worden, „AGG-Hopper“ zu sein. Für den durchschnittlichen Empfänger - jedenfalls für alle anfragenden Arbeitgeber und deren Anwälte - sei durch die Speicherung in dem AGG-Archiv klar, dass der Kläger ein AGG-Hopper sei (so auch Schriftsatz vom 05.04.2012, S. 14). Auch habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger die Behauptung der Beklagten mit Nichtwissen bestritten habe, zusammen mit der Mitteilung der Adressen aus dem AGG-Archiv sei immer ein Hinweis erfolgt, dass die Beklagte nicht überprüft habe, ob es sich wirklich um einen „AGG-Hopper“ handele.
21 
Bei einer unzulässigen Datenspeicherung stehe dem Kläger gem. § 35 Abs. 2 BDSG ein Löschungsanspruch zu (Klageantrag Ziff. 2), ebenso wie die übrigen geltend gemachten Ansprüche.
22 
Das Landgericht hätte nach einer durchzuführenden Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangen müssen, es handele sich bei der Bezeichnung als „AGG-Hopper“ um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Es überwiege der Tatsachengehalt, nämlich die Behauptung, der Kläger stelle missbräuchlich Ansprüche nach dem AGG nach nicht ernst gemeinter Bewerbung. Diese Tatsache sei einer Beweisaufnahme zugänglich (vgl. BGH, NJW 2006, 830/36), so dass sich ein Widerrufsanspruch des Klägers ergebe.
23 
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei verletzt. Bei ihrer Interessenabwägung habe die Kammer viele vom Kläger vorgetragene Tatsachen und Gesichtspunkte nicht berücksichtigt, wie z. B. die unvollständige Auskunft gegenüber dem Kläger (Klageschrift S. 6 f.), die Speicherung auch nach den selbst gesetzten Richtlinien nicht vorgesehener Daten in dem AGG-Archiv (Klageschrift S. 6 f.) oder die Einschätzung des AGG-Archivs durch die Datenschutzbehörde als Datenschutzrechtsverletzung (Klageschrift S. 8 f. und klägerischer Schriftsatz vom 05.04.2012, S. 7 f.).
24 
Die Kammer hätte in ihre Abwägung einbeziehen müssen, dass dem Kläger in allen seinen Prozessen nach dem AGG die Prozessführung durch die Auseinandersetzung mit den unrichtigen, sein Ansehen aber dennoch beeinträchtigenden „AGG-Hopping“-Vorwürfen zumindest erschwert worden sei, und dass der Kläger bei Bewerbungen durch Absprachen der Arbeitgeber untereinander, wie sie der Zeitungsartikel K 19 belege, bewusst benachteiligt worden sei. Ferner habe die Kammer sich nicht mit dem Vortrag des Klägers auseinander gesetzt, dass der Datenaustausch nicht geeignet sei, für das einzelne Verfahren zu belegen, dass „AGG-Hopping“ vorliege.
25 
Damit sei auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt. Die mitgeteilten Daten seien untauglich, zu beurteilen, ob „AGG-Hopping“ vorliege.
26 
Das vom Landgericht zitierte Urteil des LAG Hamburg, 5 Sa 14/10, befasse sich mit einem Rechtsstreit zwischen einem Antragsteller nach dem AGG und einem Arbeitgeber, welcher das AGG-Archiv der Beklagten genutzt habe. Der juristisch nicht bewanderte Arbeitgeber dürfe sich darauf verlassen, dass die Beklagte als renommierte Kanzlei kein rechtswidriges Archiv betreibe, während von der Beklagten eine Rechtsprüfung zu erwarten gewesen sei.
27 
Bereits erstinstanzlich habe der Kläger darauf hingewiesen, dass auch Daten gespeichert worden seien, welche nicht durch eine Anwesenheit in der öffentlichen Verhandlung hätten ermittelt werden könnten. Arbeitgeber hätten normalerweise weder die Zeit noch die dafür erforderlichen Informationen, um bei sämtlichen Verfahren des Klägers der öffentlichen Verhandlung beizuwohnen.
28 
Eine hinreichende Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung, einen Schmerzensgeldanspruch zu begründen, lehne das Landgericht ab, ohne eine Abwägung erkennen zu lassen. Da das Gericht bereits im Tatbestand und bei der Frage, ob Datenschutzrecht verletzt wurde, nicht alle Interessen mit einbezogen habe, sei von einem Abwägungsausfall oder zumindest von einer Fehlgewichtung auszugehen, die zu einem falschen Ergebnis geführt habe. Die Kammer vereinfache die gespeicherten und mitgeteilten Daten unstatthafterweise auf die Mitteilung der betriebenen Verfahren bzw. der in Anspruch genommenen Arbeitgeber.
29 
Die einzigen Belegtatsache für „AGG-Hopping“, auf welche sich die Beklagte berufen könne, sei die Mehrzahl an Verfahren und die Entscheidung im Verfahren gegen die Firma S.. Die Mehrzahl der Verfahren sei als Indiz unergiebig (BAG, Urteil vom 19.08.2010 - 8 AZR 370/09, Rn. 24 - K 23).
30 
Der im Urteil auf S. 12 als nicht zum Rechtsinstitut des Widerrufs gehörend gerügte Vorbehalt im Klageantrag Ziff. 3 hätte auf einen Hinweis des Gerichts auch weggelassen werden können, was nun mit dem Berufungsantrag Ziff. 4 nachgeholt werde.
31 
Das Landgericht habe eine voreingenommene Tatsachenauswahl getroffen, indem es übergehe, dass auch mehrere Klagen des Klägers nach dem AGG erfolgreich gewesen seien. Ferner halte es den hohen Streitwert und die daraus für den Kläger entstehenden Verfahrenskosten fest bzgl. eines als Anlage K 18/1 vom Kläger vorgelegten Urteils des Arbeitsgerichts Freiburg, obwohl weder der Kläger noch die Beklagte diesen Streitwert und die Verfahrenskosten zum Gegenstand ihres Tatsachenvortrags gemacht hätten; der Kläger habe dieses Urteil nur vorgelegt, um zu belegen, dass es keine Anhaltspunkte für missbräuchliche Klagen gäbe. Das Landgericht Stuttgart habe diese aus der als Beweis vorgelegten Anlage ersichtliche Kostenentscheidung eigenmächtig ermittelt, ohne hierauf jemals hinzuweisen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens hätte geboten, dass das Gericht auf diesen Gesichtspunkt, welcher zumindest psychologisch bei der Urteilsfindung sicherlich eine Rolle gespielt habe, hingewiesen hätte. Der Kläger hätte dann vorgetragen, dass der Gegenstandswert in den beiden als Anlage K 18 vorgelegten Verfahren ungewöhnlich hoch angesetzt und deshalb in zweiter Instanz angegriffen worden sei.
32 
Der Kläger habe angeboten, die einschlägigen Akten vorzulegen, aus denen sich ergeben hätte, weshalb er in einzelnen Verfahren unterlegen sei. Auch wäre dann deutlich geworden, dass der Gegenstandswert nur in drei Verfahren übermäßig hoch gewesen, wobei er bei einem dieser Verfahren in zweiter Instanz niedriger angesetzt worden sei.
33 
Sodann skizziert die Berufung den Ausgang der neun AGG-Verfahren des Klägers (Anlagenkonvolut K 23 mit Schriftsatznachdrucken).
34 
Das Landgericht habe dem Kläger ausweislich erfolgter Vorhaltungen unterstellt, sich als AGG-Hopper auf Staatskosten bereichern zu wollen. Der Kläger habe alle seine Klagen mit Hilfe von Rechtsschutzversicherungen finanziert, welche er von seinem geringen „Arbeitslosengeld II" selbst bezahlt habe; ein Verfahren habe er sogar selbst bezahlt, um seine Rechtsschutzversicherung zu „schonen".
35 
Das Landgericht führe weder im unstreitigen Tatbestand noch beim streitigen Klägervortrag auf, dass die Datenschutzbehörde die Datenspeicherung und -weitergabe für rechtswidrig gehalten und dass die Beklagte sich nicht an ihre eigenen Grundsätze gehalten habe und Arbeitgebern und deren Anwälten auch z. B. Vertretern von Arbeitgeberverbänden, welche nicht mit der Rechtsvertretung betraut waren, informiert und deren Informationen in das Verzeichnis aufgenommen habe und dass die Beklagte gegenüber dem Kläger keine vollständige Auskunft über die gespeicherten Daten erteilt und sich die Auskunft gegenüber der Datenschutzbehörde von derjenigen gegenüber dem Kläger unterschieden habe.
36 
Interessant sei, dass die Kammer im unstreitigen Tatbestand festhalte, dass den Anfragenden auch der Klagantrag und der Verfahrensausgang mitgeteilt worden seien. Die Beklagte selbst habe noch behauptet, es seien nur Name und Adresse der anderen in Anspruch genommenen Arbeitgeber zum eigenverantwortlichen Datenaustausch mitgeteilt worden.
37 
Der Kläger beantragt,
38 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15.05.2012, Aktenzeichen 17 0 793/11, wird aufgehoben.
39 
2. Die Beklagte wird verurteilt, eine angemessene Entschädigung, welche in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber mindestens EUR 7.000,00 betragen sollte, an den Kläger zu bezahlen nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2010.
40 
3. a) Die Beklagte wird verurteilt, vollständig und endgültig aus dem von ihr geführten AGG-Archiv oder sonstigen Verzeichnissen den Namen und andere über ihn gespeicherte Daten des Klägers zu löschen
41 
3. b) Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, unter eidesstattlicher Versicherung der Richtigkeit ihrer Auskunft mitzuteilen, ob der Name und alle sonstigen über den Kläger gespeicherten Daten aus dem von der Beklagten geführten AGG-Archiv und sonstigen Verzeichnissen der Beklagten vollständig und endgültig gelöscht sind.
42 
4. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber den Vertretern folgender Unternehmen / Verbände mit einem dem Kläger zuvor zur Zustimmung vorzulegenden jeweils individuell adressierten Schreiben mitzuteilen, dass der Kläger von der Beklagten rechtswidrig in das AGG-Archiv aufgenommen wurde und es sich aus dem Ausgang der von ihm geführten Verfahren nicht ergibt, dass er ein „AGG-Hopper" sei, dass er also keineswegs nach nicht ernst gemeinten Bewerbungen missbräuchlich Ansprüche nach dem AGG gestellt hat:
43 
- A. R., M.
- F. E., K.
- B., M.
- S., W.
- S., W./G.
- S., F.
- Z-L., F.
- D. E., T.
- K. N., M.
- S. e. V., Geschäftsstelle F., sowie ...verband S. e. V., Bezirksgruppe F., Adresse jeweils L... str. ..., ... F.
- Wirtschaftsverband ... e. V., M. Str. ..., ... F.
44 
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.716,16 wegen der außergerichtlichen Anwaltskosten durch die Inanspruchnahme der Rechtsanwaltskanzlei Dr. H. zu bezahlen.
45 
Die Beklagte beantragt,
46 
die Berufung zurückzuweisen.
47 
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig.
48 
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 14. März 2013 Bezug genommen.
II.
49 
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
A
50 
Der auf Zahlung einer Entschädigung wegen angeblicher Diskriminierung gerichtete Klageantrag ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu. Das Landgericht hat zurecht sowohl eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers verneint, als auch - eine solche unterstellt - die für einen Entschädigungsanspruch erforderliche Schwere desselben.
1.
51 
Voraussetzung eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ist, dass ein rechtswidriger, schuldhafter Eingriff in dieses Recht erfolgt ist, der sich als so erheblich darstellt, dass der Geschädigte keine hinreichende Kompensation durch den in die Zukunft wirkenden Unterlassungsanspruch erhalten kann.
2.
52 
Die Beklagte hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt.
a)
53 
Die Aufnahme von Daten des Klägers in das AGG-Archiv der Beklagten beeinträchtigt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers noch nicht, wohl aber die Weitergabe der aufgenommenen Daten an ein konkret anfragendes Unternehmen oder einen Unternehmerverband, insbesondere die Angabe, dass der Kläger wiederholt Schadensersatzprozesse wegen AGG-Ansprüchen geführt hat.
aa)
54 
Eine solche Beeinträchtigung setzt eine Verlautbarung über eine Person voraus, die geeignet ist, deren Ansehen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die - wie die angegriffene Datenbekanntgabe - geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (st. Rspr.; vgl. statt vieler BGH, Urteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085, Rn. 11 und vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09, AfP 2011, 586, Rn. 11, 14, jeweils m.w.N.; BVerfGE 54, 148, 153; 99, 185, 193).
bb)
55 
Zwar gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 155; BVerfG, AfP 2010, 562, Rn. 56). Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt seinem Träger aber keinen Anspruch darauf, nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild entspricht oder ihm selbst genehm ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200, Rn. 14; BVerfG, AfP 2010, 145, Rn. 24; AfP 2010, 365, Rn. 33). Es gewährleistet insbesondere keine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers über den Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen, deren er sich öffentlich entäußert hat (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, MDR 2012, 25, bei juris Rz. 20 - [Wenn Frauen zu sehr lieben]; BVerfG, AfP 2010, 562, Rn. 56).
cc)
56 
Auf das Bild eines Menschen in der Öffentlichkeit wirken sich Äußerungen aus, die gegenüber einer Vielzahl von Personen erfolgen, was regelmäßig bei einer Veröffentlichung über Massenmedien, im Internet oder an belebten, frei zugänglichen oder einsehbaren Stellen anzunehmen sein wird. Diese Breitenwirkung ist aber nicht konstitutives Merkmal einer Persönlichkeitsrechtsverletzung. Der das allgemeine Persönlichkeitsschutz gleichfalls mitprägende grundgesetzliche Schutz der Ehre erfordert auch einen Schutz von Äußerungen, die in ihrer Wirkung hinter medialen Verlautbarungen oder solchen im Internet in ihrer Wirkbreite zurückbleiben.
b)
57 
Jedoch hat der Kläger die aus der Weitergabe seiner Daten resultierende Beeinträchtigung, wie vom Landgericht zutreffend erkannt, als durch Art. 5 Abs. 1 GG (und darüber hinaus durch Art. 12 Abs. 1 GG) geschütztes Handeln hinzunehmen. Soweit es sich um die Aufnahme in das Archiv handelt, ist das Landgericht zurecht von einer auf einer Wertung beruhenden Meinungsäußerung ausgegangen, ebenso bei der Benennung des Archivs; im Übrigen liegen zulässige Tatsachenbehauptungen vor (s. auch schon LArbG Hamburg, Urteil vom 23. Juni 2010 - 5 Sa 14/10, NZA-RR 2010, 629, bei juris Rz. 65 ff.).
aa)
58 
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 09. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695, Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793, Rn. 12; vom 03. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555, Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728, Rn. 12 und vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, MDR 2012, 25, bei juris Rz. 23; BVerfGE 114, 339, 348, m.w.N.; 120, 180, 200 f.). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGHZ 183, 353, Rn. 11 - Onlinearchiv I; BGH, Urteile vom 09. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673, Rn. 14 - Onlinearchiv II; und vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, MDR 2012, 25, bei juris Rz. 23).
bb)
59 
Im Streitfall sind das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Ehre einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG (und Art. 10 EMRK) geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten sowie deren Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) andererseits gegeneinander abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. BGHZ 176, 175, Rn. 16; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, MDR 2012, 25, bei juris Rz. 23; BVerfGE 61, 1, 8; 99, 185, 197).
60 
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365, Rn. 17; AfP 2009, 480, Rn. 61 f., jeweils m.w.N.). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere solche aus dem Bereich der Sozialsphäre, in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht, weil an der Verbreitung der Unwahrheit kein berechtigtes Interesse besteht.
61 
Einschränkungen macht die Rechtsprechung insbesondere zugunsten von Kindern und Jugendlichen (vgl. BVerfGE 101, 361, 375; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 BvR 2499/09 /1 BvR 2503/09, bei juris Rz. 40 f.), was vorliegend aber unerheblich bleibt. Allerdings kann auch gegenüber Erwachsenen eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ausnahmsweise verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365, Rn. 17; AfP 2010, 145, Rn. 25). Dem ist der Bundesgerichtshof ausdrücklich gefolgt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, MDR 2012, 25, bei juris Rz. 25).
cc)
62 
Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse zugunsten von Unternehmen und Unternehmensverbänden, das letztlich dem Interesse der Allgemeinheit daran gleicht, dass nicht die gesetzlichen Antidiskriminierungsnormen zweckwidrig missbraucht werden, und hinter dem Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
(1)
63 
Die veröffentlichten Daten des Klägers fallen in dessen Sozialsphäre. Dies hat das Landgericht erkannt. Die Berufung kann dem auch nicht entgegenhalten, es sei nicht zu erwarten, dass je ein Mensch von diesen Daten - zumal in ihrer Gesamtheit - Kenntnis genommen hätte.
64 
Die Sozialsphäre betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht, so insbesondere das berufliche und politische Wirken des Individuums (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110; BGHZ 80, 25, 35 - Der Aufmacher I; BGHZ 161, 266, 268; BGHZ 177, 119, Rn. 17 ff.; BGH, Urteile vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511, Rn. 12, und vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10, bei juris Rz. 14 f. - Babyklappe). Demgegenüber umfasst die stärker geschützte Privatsphäre sowohl in räumlicher als auch in thematischer Hinsicht den Bereich, zu dem andere grundsätzlich nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird; dies betrifft in thematischer Hinsicht Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen in der Umwelt auslöst (vgl. BVerfGE 101, 361, 382 - Caroline von Monaco II; BVerfG, NJW 2000, 2193; NJW 2000, 2194, 2195). Der Sozialsphäre gehören auch Vorgänge an, denen zwar grundsätzlich keine Publizität zukommt, die aber durch ein Verhalten der betreffenden Person aus dem geschlossenen Bereich der Privatsphäre hinausgetragen werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10, bei juris Rz. 14 ff. , m.w.N.).
65 
Dies ist bei den in dem AGG-Archiv der Beklagten genannten Vorgängen der Fall. Sie betreffen Gerichtsverfahren, in denen der hiesige Kläger selbst als Kläger aufgetreten ist und die - unstreitig - öffentlich verhandelt wurden. Gegenstand dieser Verhandlungen war jeweils der gesamte vom Kläger seinerzeit geltend gemachte Streitstoff, der wiederum für andere Unternehmen von Interesse ist, um prüfen zu können, ob der Kläger als „AGG-Hopper“ unterwegs ist. Auch Daten und Vorbringen des Klägers aus Schriftsätzen, die nicht ausdrücklich in einer öffentlichen Sitzung des Gerichts erörtert worden sind, gehören zur Sozialsphäre des Klägers. Denn mit dem Vortrag hat er sich gegenüber seinem Prozessgegner dieser Daten entäußert und muss damit rechnen, dass sein Prozessgegner sie entweder in der öffentlichen Gerichtsverhandlung nennt oder Dritten zugänglich macht, einer Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Kläger unterliegt er dabei nicht.
(2)
66 
Die wiedergegebenen Tatsachen sind wahr. Dies bestreitet auch die Berufung nicht. Sie moniert lediglich, dass die Beklagte andere Daten nicht genannt habe, die das Gesamtbild beeinflussen könnten. Damit kann der Kläger keinen Erfolg haben. Zwar ist die Wiedergabe falscher Tatsachenäußerungen nicht von der Meinungsfreiheit geschützt, auch wenn sie dazu dienen sollen, um damit eine Meinung zu untermauern (BGH, Urteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081, bei juris Rz. 12 f.). Dem steht jedoch die Auswahl der mitgeteilten Tatsachen nicht gleich. Ein Gebot vollständiger Informationsmitteilung gibt es nicht. Ein solches würde die Meinungsfreiheit ersticken, sowohl in ihrer Handlungs- wie in ihrer Wirkkomponente, und damit das Grundrecht entwerten.
67 
Ob und unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise gleichwohl eine gezielte, verleumderische und damit missbräuchliche Desinformation durch die selektive Mitteilung wahrer Tatsachen angenommen werden könnte, bedarf keiner weiteren Erörterung, weil die Berufung keine Tatsachen mitteilt, die ausnahmsweise eine offensichtlich missbräuchliche, weil zur Täuschung bestimmte Selektion von Daten erkennen ließe, die einer Wiedergabe unwahrer Tatsachen gleichwertig sein könnte.
(3)
68 
Auf das Gewicht des Informationsinteresses kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern sie garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers, wozu auch die Beklagte gehört, über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, MDR 2012, 25, bei juris Rz. 27; BVerfG, AfP 2010, 145, Rn. 28; AfP 2010, 365, Rn. 29).
69 
Unabhängig davon besteht vorliegend ein nicht unerhebliches Informationsinteresse derjenigen, die auf das AGG-Archiv der Beklagten zurückgegriffen haben oder hätten zugreifen können, nämlich von Unternehmen und Unternehmensverbänden, die durch eine Antrags- oder Klageschrift des Klägers ein konkretes Interesse nachweisen konnten, Anhaltspunkte dafür zu erfahren, ob es eine bestimmte Person möglicherweise darauf anlegt, durch ein vorgeschobenes Interesse an einer Arbeitsstelle und damit treu- und sittenwidrig eine Situation herbeizuführen, die es ihr ermöglicht, eine von ihr von vorne herein beabsichtigte Nichtanstellung unter missbräuchlicher Ausnutzung des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes auszunutzen, um Ansprüche geltend zu machen. Der einzelne Unternehmer wird, was die Berufung in anderem Zusammenhang selbst vorbringt, regelmäßig keine Kenntnis davon erlangen, ob eine bestimmte Person, die Ansprüche gegen ihn erhebt, in gleichartiger Weise schon früher vorgegangen ist. Er ist daher regelmäßig daran interessiert, darüber Informationen von dritter Seite zu erhalten.
(4)
70 
Der Kläger legt auch nicht dar, dass durch die Weitergabe seiner Daten ein unverhältnismäßiger Schaden zu gewärtigen oder gar eingetreten sei; das Landgericht hat solche Nachteile - ohne Verfahrensfehler - nicht festgestellt.
71 
Zum einen ist ein von einer Rechtsanwaltskanzlei geführtes Register geeignet; die beabsichtigte Information zu liefern, und der Kläger legt keine konkret eingetretenen oder drohenden Nachteile für seine Person dar, die auch nur im Ansatz als unverhältnismäßig anzusehen wären. Wenn er aufgrund seines früheren Verhaltens zu Vorstellungsgesprächen nicht mehr eingeladen oder dort mit besonderer Vorsicht behandelt worden sein sollte, hätte er dies als legitime Folge seines Handelns hinzunehmen.
72 
Zum anderen fehlt dem AGG-Archiv auch die nach der zitierten Rechtsprechung für ein Verbot der Wiedergabe wahrer Tatsachen unabdingbare Breitenwirkung (Streuwirkung). Das AGG-Archiv greift wegen des kleineren potentiellen Nutzerkreises in die Belange des dort Aufgeführten weniger stark ein als eine Medien- oder eine Internetveröffentlichung. Der vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger hierzu vorgelegte Pressebericht reicht nicht aus, hinreichend schwer wiegende Folgen zu belegen, zumal nicht erkennbar ist, dass er von der Beklagten initiiert worden wäre; im Übrigen knüpft er daran nur Vermutungen.
(5)
73 
Welche erheblichen Gesichtspunkte die Kammer bei der Abwägung konkret übergangen habe, legt die Berufung schon nicht dar. Die von ihr beispielhaft genannten Umstände vermögen keine Zweifel daran zu wecken, dass die landgerichtliche Abwägung fehlerfrei ist.
74 
Dass auch mehrere Klagen des Klägers nach dem AGG erfolgreich gewesen seien, ändert - wie bereits ausgeführt - an der Abwägung der vorliegend zu gewichtenden Interessen nichts. Das Interesse an der geäußerten Meinung und den zugrunde liegenden Tatsachen ist nicht von Prozesserfolgen des Klägers abhängig.
75 
Keinen Einfluss auf die Abwägung haben ferner die von der Berufung angerissenen Streitwertfestsetzungen.
76 
Außerdem lässt sich dem Umstand, dass das Landgericht in seinen Urteilsgründen nicht auf alle vom Kläger aufgeworfenen Gesichtspunkte ausdrücklich eingegangen ist, nicht schließen, dass es diese nicht zur Kenntnis genommen habe. Die Zivilprozessordnung gebietet nur eine knappe Darstellung der tragenden Erwägungen, auf denen die Entscheidung beruht.
77 
Auf die Tauglichkeit, aus den Angaben in dem AGG-Archiv auf die Absicht des Klägers zu schließen, kommt es nicht entscheidend an; grundsätzlich ist der Umstand, dass eine Person schon wiederholt Ansprüche aus dem AGG gerichtlich geltend gemacht hat zwar nicht allein, aber in Verbindung mit sonstigen Merkwürdigkeiten in ihrem Vorgehen geeignet, den Rückschluss zu tragen, es gehe ihr nicht um eine Arbeitsstelle, sondern darum, Geldzahlungsansprüche aus der Ablehnung eines Arbeitsvertragsabschlusses geltend zu machen (davon geht ersichtlich auch das BAG aus; vgl. BAG, Urteil vom 19. August 2010 - 8 AZR 370/09, bei juris Rz. 24, m.w.N.).
(6)
78 
Soweit der Kläger den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils angreift, übersieht er § 314 ZPO. Er hätte diesbezüglich einen Tatbestandsberichtigungsantrag stellen müssen.
(7)
79 
Schließlich entsteht eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers auch nicht daraus, dass die auf der Tatsachenmitteilung beruhende Meinungsäußerung der Beklagten, die in der Aufnahme in das AGG-Archiv und in dessen Benennung zum Ausdruck kommt unzulässig wäre.
(7.1)
80 
Bei der Benennung des Archivs und der Wiedergabe der Daten des Klägers unter dem Archivnamen handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Denn ob jemand ein „AGG-Hopper“ ist, ist eine Schlussfolgerung und damit von einer Wertung abhängig und nicht unmittelbar der Beweisaufnahme zugänglich.
81 
Die Beklagte hat darüber hinaus, worauf es aber für die Einordnung als Meinungsäußerung hier nicht entscheidend ankommt, offengelegt, dass es der eigenverantwortlichen Prüfung des Datenempfängers obliegt, ob die Person, deren Daten weitergegeben wurden, Rechte aus dem AGG missbraucht, wobei dieser Hinweis seinerseits nicht missbräuchlich ist, etwa weil er nur dazu dienen sollte, ein verwerfliches Handeln zu bemänteln.
(7.2)
82 
In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt und den zitierten Entscheidungen zugrunde gelegt, dass Meinungsäußerungen nur ganz ausnahmsweise dann unterbunden werden können, wenn es sich um Schmähkritik handelt oder um Äußerungen, die geeignet sind, den anderen zu stigmatisieren, ihn vorab zu diskreditieren und dadurch vom öffentlichen Diskurs auszuschließen.
(7.3)
83 
Eine solche Wirkung kommt weder der Aufnahme in ein AGG-Archiv zu, noch könnte sie aus der Bezeichnung als „AGG-Hopper“ hergeleitet werden. Der insoweit darlegungsbelastete Kläger hat eine solche Wirkung nicht dargetan. Insbesondere zieht die Bezeichnung oder Insinuierung als „AGG-Hopper“ eine solche Wirkung nicht nach sich. Der Begriff „AGG-Hopper“ bezeichnet eine Person, die die in § 15 AGG geschaffenen Diskriminierungsschutzregelungen als Einnahmequelle entdeckt hat und auszunutzen versucht. Mit diesem Sinn hat sich der Begriff im Rechtsleben etabliert (LAG Hamburg, a.a.O., bei juris Rz. 66, m.w.N.).
84 
Die Beklagte hat die Nutzer der Daten ihres AGG-Archivs ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Daten zur eigenverantwortlichen Prüfung der Geschehensabläufe überlassen werden. Das Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen ist diesbezüglich unbehelflich, weil er die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Eingriffs trägt, der eine Entschädigung in Geld gebietet. Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen, welche aus dem Umstand erwächst, dass etwaige Hinweise der Beklagten sich der Kenntnis des Klägers entziehen. Damit hat die Beklagte den Kläger gerade nicht stigmatisiert und von vorne herein diskreditiert, sondern - ohne dass dies vorliegend als vordergründige Scheinheiligkeit abgetan werden könnte - den Adressaten ihrer Informationen gerade dazu aufgefordert, sich eigenverantwortlich und wertend mit diesen auseinanderzusetzen.
3.
85 
Die Voraussetzungen einer Geldersatzleistung lägen, wie vom Landgericht in folgerichtiger Kürze festgestellt, auch bei einer unterstellten rechtswidrigen und schuldhaften Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht vor.
a)
86 
In der Folge seiner Entscheidung (BGHZ 35, 363, bei juris Rz. 13 f., - Ginsengwurzel, u.H. auf Larenz, NJW 1958, 828) begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach ständiger Rechtsprechung einen Anspruch auf eine Geldentschädigung dann und nur dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. BGHZ 160, 298, bei juris Rz. 24; BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und BGH, Urteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94, VersR 1996, 341; 342; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591; Diederichsen, VersR 2005, 433, 435).
87 
Sanktionen können an die Veröffentlichung von Daten aus der Sozialsphäre nur dann geknüpft werden, wenn festgestellt werden kann, dass von einem anprangernden Zerren in eine über den eigentlich betroffenen Sozialbereich hinausgehende Öffentlichkeit gesprochen werden kann. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 261/10, GRUR 2012, 425, bei juris Tz. 5 f.).
b)
88 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
89 
Verglichen mit den von der Rechtsprechung in weitem Umfang freigegebenen Internetbewertungsportalen (vgl. ferner OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 04. Mai 2009 - 2 M 77/09, ZUR 2009, 375) erreicht die beanstandete AGG-Datei nur eine sehr begrenzte Wirkweite. Schon von daher fehlt dieser Datei das für ein Anprangern typische zur Schau stellen vor einem größeren Publikum sowie beleidigende oder sonst rechtswidrige Äußerungen. Ergänzend kann auf die obigen Ausführungen dazu verwiesen werden, dass der Kläger durch das angegriffene Handeln nicht stigmatisiert wird. Indem die Beklagte Daten nur an Unternehmen oder Unternehmensverbände herausgegeben hat, die eine Antrags- oder Klageschrift des Klägers vorlegen konnten, mit der dieser Ansprüche aus dem AGG geltend machte - eine weitergehende Datenübermittlung konnte der Kläger im hiesigen Verfahren nicht darlegen - , hat die Beklagte auch nur solche Personen oder Verbände bedient, die ohnehin schon den Verdacht hegten, der Kläger könne „AGG-Hopper“ sein.
c)
90 
Zu keinem anderen Ergebnis kann der Vortrag des Klägers zu einem datenschutzrechtlichen Verstoß führen. Diesen Vortrag als richtig unterstellt, wäre die für einen Geldzahlungsanspruch erforderlichen Schwere des Eingriffs gleichwohl nicht annähernd gegeben (so ersichtlich auch LAG Hamburg, a.a.O., bei juris Rz. 65 ff.).
B
91 
Die Berufungsanträge Ziffer 3 a und - hilfsweise gestellt - 3 b sind, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, unzulässig. Sie sind im zweiten Rechtszug neu, erfüllen aber nicht die Voraussetzungen des § 533 ZPO, und sie sind nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
1.
92 
Der Kläger kann die Schranke des § 533 ZPO nicht durch die Rüge einer Hinweispflichtverletzung (§ 139 Abs. 2, 3 ZPO) überwinden.
a)
93 
Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.). Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und den Parteivortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Hält das Gericht einen solchen Antrag für unzulässig, weil er seines Erachtens dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt, so muss es auf eine Heilung dieses Mangels hinwirken. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen.
94 
Sonst gebotene Hinweise des Gerichts können entfallen, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (BGHZ 170, 67, 75, Rn. 19; BGH, Beschlüsse vom 23. April 2009 - IX ZR 95/06, MDR 2009, 383, bei juris Rz. 5 f., und vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581, 582, Rn. 2). Dies gilt im Grundsatz auch für die gerichtliche Pflicht, auf sachdienliche Klaganträge hinzuwirken (vgl. zu Einschränkungen, wenn der Hinweis sich auf die Unzulässigkeit eines von der Vorinstanz zugesprochenen Antrages richtet BGH, Beschluss vom 23. April 2009 - IX ZR 95/06, MDR 2009, 383, bei juris Rz. 5 f.).
b)
95 
Der Verweis der Beklagten auf den Beschluss des LAG Bremen vom 12. September 2006 im Schriftsatz vom 16. April 2012 war nach diesen Grundsätzen ausreichend, einen gerichtlichen Hinweis überflüssig zu machen.
aa)
96 
Der von der Berufung geltend gemachte Unterschied in der Erkennbarkeit oder Überprüfbarkeit einer Leistung des Schuldners ist in Bezug auf die Bestimmtheit des Klageantrages nicht entscheidend.
bb)
97 
Dass eine Überraschungsentscheidung insoweit nicht vorliegt, weil der Kläger hinreichend Gelegenheit hatte, seinen Klageantrag anzupassen, wird auch aus dem Berufungsvorbringen klar. Der Kläger trägt selbst vor, im Schriftsatz vom 05. April 2012, auf S. 4 f., zwei alternative Formulierungen des Klageantrags Ziffer 2 vorgeschlagen zu haben. Der Kläger hatte die Problematik also erkannt. Dass er sie nicht gelöst hat, ist keine Frage des rechtlichen Gehörs. Dagegen kann auch der pauschale salvatorische Hinweis am Ende der Klageschrift nichts ändern.
98 
Vor dem Hintergrund der gewechselten Schriftsätze kann auch die vorgebrachte Einführung des Landgerichts in die mündliche Verhandlung nicht dazu führen, dass die Abweisung des Klageantrags Ziffer 2 als unzulässig eine Überraschungsentscheidung im Sinne der Rechtsprechung geworden wäre.
99 
Ein Bemühen des Gerichts um eine gütliche Streitbeilegung nach § 279 ZPO begründet keine Erwartung der Partei dahin, dass die Klage nicht als in einem Teil unzulässig oder als unbegründet abgewiesen werde.
cc)
100 
Darauf, dass es sich durch die klägerischen Argumente im Schriftsatz vom 05.04.2012 auf Seite 4 nicht habe überzeugen lassen, musste das Landgericht nicht hinweisen. Ein Schriftsatznachlass wäre diesbezüglich nicht zu gewähren gewesen.
2.
101 
Außerdem ist selbst der neue Antrag - und ebenso der Hilfsantrag hierzu - zu unbestimmt, indem er sich auf „sonstige Verzeichnisse“ erstreckt, ohne diese näher zu beschreiben.
a)
102 
Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Klageantrag so klar formuliert sein, dass damit der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen wird. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH, Urteile vom 09. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, bei juris Rz. 12; und vom 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954 unter I 2 a m.w.N.).
103 
Diesen Vorgaben genügte der Klageantrag Ziffer 2 erster Instanz nicht.
104 
Durch diese Anforderungen wird dem Kläger die Antragstellung auch nicht unzumutbar erschwert. Es entspricht einzig der zivilprozessualen Risikozuweisung. Das Berufungsvorbringen des Klägers zu etwaigen Zweit- und Drittarchiven ist rein spekulativ.
b)
105 
An diesem Maßstab gemessen, ist sowohl der Hauptantrag Ziffer 3 a) zu unbestimmt, als auch der Hilfsantrag Ziffer 3 b). Der Verweis auf sonstige Verzeichnisse lässt nicht ansatzweise erkennen, welche Verzeichnisse genau auf Daten des Klägers zu durchsuchen wären, falls es zu einer Zwangsvollstreckung käme. Die Klageanträge können - unbeschadet der Frage, ob sich daraus eine hinreichende Bestimmtheit ergeben könnte - auch nicht dahin interpretiert werden, dass die Löschung der klägerischen Daten aus allen Verzeichnissen der Beklagten verlangt werde. Denn diese Auslegung wäre nicht interessengerecht. Sie liefe darauf hinaus, dem Kläger zu unterstellen, er wolle einen offensichtlich unbegründeten Klageantrag stellen. Allein das vorliegende Verfahren rechtfertigt es, dass die Beklagte Daten des Klägers in Verzeichnissen speichert.
106 
Nichts anderes kann sich aus der materiell-rechtlich unzutreffenden Ansicht des Klägers ergeben, ihm sehe ein Anspruch auf Auskunft „aufgrund von § 823 BGB bestehender Rechtsbeziehung“ in Verbindung mit Treu und Glauben zu. Der Kläger vermengt hier in unzulässiger Weise einen vermeintlichen Anspruch auf Auskunft mit einem Löschungsanspruch, den er nach einer Auskunft möglicherweise geltend machen könnte.
107 
Auch ein Anspruch auf eine eidesstattliche Versicherung, den der Kläger aus § 260 Abs. 2 BGB ableitet, kann auch nicht daraus entstehen, dass die Beklagte - angeblich - einem Dritten eine unzutreffende Auskunft gegeben habe. Eine Auswirkung auf die Bestimmtheitsanforderungen hat dieses Vorbringen des Klägers gleichfalls nicht.
C
108 
Der Berufungsantrag Ziffer 4 ist zulässig, aber unbegründet. Er scheitert schon daran, dass der Kläger, wie vom Landgericht erkannt, den Widerruf einer Meinungsäußerung verlangt. Ein Widerruf kommt aber nur in Bezug auf eine falschen Tatsachenbehauptung in Betracht. Dies erkennt im rechtlichen Ansatz auch der Kläger, meint aber, die in diesem Berufungsantrag genannten Angaben seien Tatsachenbehauptungen. Dies ist aber unzutreffend, wie zum Berufungsantrag Ziffer 2 ausgeführt.
109 
Außerdem fehlt, da - wie gleichfalls dargelegt - von einer entsprechenden Selbstprüfaufforderung durch die Beklagte auszugehen ist, schon das Adressatenverständnis, das der Kläger zugrunde legt. Auch dies hat das Landgericht erkannt.
D
110 
Der Zahlungsantrag (Berufungsantrag Ziffer 5) ist zwar zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch zu, den mit anwaltlicher Hilfe geltend zu machen er Anlass hatte.
111 
Abgesehen davon ist nicht dargetan, dass die abgerechneten Kopien erforderlich gewesen wären und dass der Kläger auf der Grundlage seines Vortrages Anlass gehabt habe, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
III.
A
112 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1, 45 Abs. 3 GKG i.V.m. §§ 3, 4 ZPO.
B
113 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat stützt sich ausschließlich auf anerkannte, höchstrichterlich gebilligte Rechtsgrundsätze, die auch vom Bundesverfassungsgericht bis in jüngste Zeit bestätigt wurden. Die Sachbehandlung erschöpft sich in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Apr. 2013 - 2 U 111/12 zitiert 28 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


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(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

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(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Be

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(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehe

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(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 14 Absatz 1 bis 4 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu den in Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht, soweit durch ihre Erfüllung In

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 26. März 2009 - 11 Sa 83/08 - wird zurückgewiesen.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 04. Mai 2009 - 2 M 77/09

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Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 6. Kammer - vom 27. April 2009 teilweise geändert: Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, die Höhe der an die Antragstellerin für das EU-Hau

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 14 Absatz 1 bis 4 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu den in Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht, soweit durch ihre Erfüllung Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, soweit durch die Auskunft Informationen offenbart würden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Die Pflicht zur Benachrichtigung gemäß Artikel 34 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu der in Artikel 34 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme nicht, soweit durch die Benachrichtigung Informationen offenbart würden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Abweichend von der Ausnahme nach Satz 3 ist die betroffene Person nach Artikel 34 der Verordnung (EU) 2016/679 zu benachrichtigen, wenn die Interessen der betroffenen Person, insbesondere unter Berücksichtigung drohender Schäden, gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse überwiegen.

(2) Werden Daten Dritter im Zuge der Aufnahme oder im Rahmen eines Mandatsverhältnisses an einen Berufsgeheimnisträger übermittelt, so besteht die Pflicht der übermittelnden Stelle zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 nicht, sofern nicht das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung überwiegt.

(3) Gegenüber den in § 203 Absatz 1, 2a und 3 des Strafgesetzbuchs genannten Personen oder deren Auftragsverarbeitern bestehen die Untersuchungsbefugnisse der Aufsichtsbehörden gemäß Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe e und f der Verordnung (EU) 2016/679 nicht, soweit die Inanspruchnahme der Befugnisse zu einem Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten dieser Personen führen würde. Erlangt eine Aufsichtsbehörde im Rahmen einer Untersuchung Kenntnis von Daten, die einer Geheimhaltungspflicht im Sinne des Satzes 1 unterliegen, gilt die Geheimhaltungspflicht auch für die Aufsichtsbehörde.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

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(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestands vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 findet Anwendung.

(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 26. März 2009 - 11 Sa 83/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Entschädigungsanspruch des schwerbehinderten Klägers, der sich bei der Beklagten um die Stelle eines Entwicklungsingenieurs beworben hatte.

2

Im Dezember 2007 schrieb die Beklagte auf ihrer Homepage die Stelle eines Entwicklungsingenieurs Digitale Elektroniken (m/w) aus. Arbeitsort sollte G bei F sein, Arbeitsbeginn „ab sofort“. Gefordert wurde ein abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium, Erfahrung mit der Entwicklung digitaler Schaltungen, Versiertheit im Umgang mit DSP, CPLD, FPGA und Kenntnisse in Echtzeitanwendungen, Echtzeitbetriebssystemen und DSP-Assemblerprogrammierung.

3

Die Beklagte prüfte nicht, ob die ausgeschriebene Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit einem bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Auch hatte die Beklagte keinen Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufgenommen und die Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt. Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach § 71 SGB IX erfüllt die Beklagte nicht.

4

Mitte Dezember 2007 bewarb sich der Zeuge P für die ausgeschriebene Stelle. In seinem am 17. Dezember 2007 mit der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrag ist seine Arbeitsaufnahme für den 1. April 2008 vorgesehen. Danach unterließ es die Beklagte, die Stellenausschreibung von ihrer Homepage im Internet zu löschen.

5

Am 29. Dezember 2007 nahm der Kläger die Stellenausschreibung wahr und bewarb sich noch am selben Tage per E-Mail bei der Beklagten. In seinem Bewerbungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„Meine Berufserfahrung als Entwicklungsingenieur umfaßt mehrere Jahre, in denen ich sowohl Hardware digitaler Elektroniken als auch die zugehörige Firmware zum Betrieb der eingesetzten Mikrocontroller entwickelte. Zur Software-Entwicklung benutzte ich die Programmiersprache C, oder programmierte in Assembler. Die umfassende Projektbearbeitung inklusive Lastenhefterstellung und Produktionsübergabe ist mir geläufig.

        

Die Schwerbehinderung, die bei mir gemäß Schwerbehindertengesetz anerkannt wurde, hat bei Ausübung berufsüblicher Tätigkeiten keinen Einfluss darauf.“

6

Darauf teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 8. Januar 2008 ua. mit:

        

„Mit Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass nun die ausgeschriebene Position anderweitig vergeben wurde.“

7

Mit Schreiben vom 27. Februar 2008 äußerte der Kläger gegenüber der Beklagten die Vermutung, er sei wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren diskriminiert worden und machte Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend. Diese verfolgt er mit seiner am 27. Mai 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 3. Juni 2008 der Beklagten zugestellten Klage weiter.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es bestehe die Vermutung einer Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung nach § 22 AGG. Diese Vermutung ergebe sich sowohl daraus, dass die Beklagte nicht geprüft habe, ob die zu besetzende Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit einem bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne, als auch daraus, dass die Beklagte entgegen § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nicht frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen habe. Der Kläger meint, hätte die Beklagte die Agentur für Arbeit frühzeitig über die freie Stelle informiert, so hätte er sich vor der zwischenzeitlich erfolgten Stellenbesetzung um die zu diesem Zeitpunkt noch freie Stelle bewerben können und er wäre eingestellt worden; zumindest hätte aber seine Bewerbung nicht mit dem Hinweis abgelehnt werden können, die Stelle sei bereits besetzt.

9

Weiterhin vertritt der Kläger die Auffassung, für die Vermutung seiner Diskriminierung sprächen auch eine nicht ordnungsgemäße Begründung der Einstellungsentscheidung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX sowie die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach § 71 SGB IX durch die Beklagte.

10

Schließlich ist der Kläger der Ansicht, die Vermutung resultiere ebenfalls daraus, dass die Schwerbehindertenvertretung im Bewerbungsverfahren nicht beteiligt worden sei. Daher schulde ihm die Beklagte wegen Diskriminierung eine Entschädigung, die mit mindestens drei Monatsgehältern zu jeweils 4.000,00 Euro angemessen sei.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung zu zahlen nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8. Januar 2008.

12

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und dazu die Auffassung vertreten, die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle vor dem Bewerbungseingang des Klägers schließe seine Diskriminierung aus. Die fehlende Beteiligung der Agentur für Arbeit könne daher von vornherein keine Indizwirkung entfalten. Außerdem sei die Bewerbung des Klägers nicht ernst gemeint gewesen, da es ihm - wie in anderen Verfahren auch - lediglich um den Entschädigungsanspruch gehe.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen P abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es sei bereits fraglich, ob der Kläger überhaupt als Beschäftigter iSv. § 6 AGG angesehen werden könne, da im Zeitpunkt seiner Bewerbung am 29. Dezember 2007 wegen der am 17. Dezember 2007 erfolgten Stellenvergabe an den Zeugen P keine verfügbare Stelle mehr existiert habe. Nach Eingang der Bewerbung des Klägers habe die Beklagte keine Einstellungsentscheidung mehr zu treffen gehabt. Die Bewerbung des Klägers habe sie nicht mit anderen Bewerbungen zu vergleichen, habe niemand gegenüber dem Kläger zu bevorzugen oder den Kläger wegen seiner Behinderung zu benachteiligen gehabt. Mangels einer zu diesem Zeitpunkt vorliegenden eigenen Bewerbung sei der Kläger bei der Einstellung des Zeugen P am 17. Dezember 2007 nicht benachteiligt worden. Die nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorgesehene, jedoch von der Beklagten unterlassene Einschaltung der Agentur für Arbeit begründe auch nicht in Ansehung des dem § 15 Abs. 2 AGG innewohnenden Präventionscharakters die Vermutung, gerade der Kläger sei diskriminiert worden. Die unterlassene Anfrage bei der Agentur für Arbeit vor der Ausschreibung oder Besetzung einer Stelle wirke nicht über die konkrete Stellenbesetzung hinaus, habe insbesondere keinerlei Außenwirkung gegenüber potentiellen Bewerbern um künftig zu besetzende Stellen. Insofern unterscheide sich die Sachlage von einer angekündigten, in die Zukunft wirkenden Diskriminierung des Arbeitgebers, die schon Gegenstand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gewesen sei.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kläger hat keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

17

I. Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens.

18

1. Einen auf die Erstattung eines Vermögensschadens gerichteten Schadensersatzanspruch macht der Kläger nicht geltend. Schon der Klagebegründung kann nicht entnommen werden, dass er einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen der unterbliebenen Einstellung begehrt. Dies wäre aber für die hinreichende Bestimmtheit einer Schadensersatzklage erforderlich iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die von ihm geschätzte monatliche Vergütung iHv. 4.000,00 Euro führt der Kläger ersichtlich nur an, um eine Größenordnung für die Höhe der in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung vorzugeben.

19

2. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Diese Möglichkeit eröffnet bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 AGG. Den Gerichten wird damit hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Hängt die Bestimmung eines Betrages vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 17 f., AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 18, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 17, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

20

II. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG, § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

21

1. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der ab 18. August 2006 geltenden Fassung dürfen Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX gelten hierzu die Regelungen des ebenfalls am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist.

22

2. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger als „Beschäftigter“ iSd. AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fällt.

23

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Abs. 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also jedenfalls derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet.

24

a) Die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers steht nicht in Frage. Eine offensichtliche Über- oder Nichtqualifikation liegt ebenso wenig vor, wie aus der Tatsache, dass der Kläger Mehrfachbewerber ist und bei gescheiterten Bewerbungen auch schon mehrmals Prozesse geführt hat, geschlossen werden kann, dass der Kläger in Wirklichkeit nur eine Entschädigung anstrebte (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 49 f. mwN, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). Im Übrigen kommt es für den Status als Bewerber nicht darauf an, ob der Kläger für die von der Beklagten ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet war, sofern nicht ein krasses Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und Qualifikation des Bewerbers die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung in Frage stehen lässt. Die objektive Geeignetheit eines abgelehnten Bewerbers ist vielmehr für die Frage von Bedeutung, ob er eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person „in einer vergleichbaren Situation“ erfahren hat, § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG(BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 23, NZA 2010, 1129; - 8 AZR 77/09 - Rn. 16, AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2).

25

b) Fraglich ist jedoch, ob der Kläger aufgrund seiner Bewerbung vom 29. Dezember 2007 in Anbetracht der schon am 17. Dezember 2007 erfolgten Stellenbesetzung noch als Bewerber „für ein Beschäftigungsverhältnis“ gelten kann. Nach der erfolgten Stellenbesetzung suchte die Beklagte keine weiteren Bewerber, sie versäumte lediglich, die Stellenausschreibung von ihrer Homepage zu löschen. Der Senat kann aber die Frage, ob Bewerber iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG auch derjenige ist, der sich für ein versehentlich (noch) ausgeschriebenes Beschäftigungsverhältnis bewirbt, dahinstehen lassen. Denn selbst wenn der Kläger aufgrund seiner Bewerbung vom 29. Dezember 2007 als Bewerber unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 AGG fällt, hat die Klage keinen Erfolg.

26

3. Der Kläger hat allerdings den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingehalten.

27

a) Die Ablehnung seiner Bewerbung erhielt der Kläger durch die E-Mail vom 8. Januar 2008. Mit Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2008 ließ er Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend machen. Damit hatte er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Einen bezifferten Entschädigungsbetrag musste er nicht geltend machen (BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 43, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19; 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6).

28

b) Die am 27. Mai 2008 durch Fax beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die der Beklagten am 3. Juni 2008 zugestellt wurde, wahrte die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG(§ 253 Abs. 1 ZPO).

29

4. Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB IX auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung liegen indes nicht vor. Ein solcher Anspruch setzte einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot voraus (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 28, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX läge eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers vor, wenn er als schwerbehinderter Bewerber („Beschäftigter“) wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hätte als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

30

a) Der Kläger hat bei der Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle eines Entwicklungsingenieurs keine weniger günstige Behandlung erfahren als der Bewerber P. Jener ist zwar eingestellt worden, der Kläger nicht. Gleichwohl war beider Situation nicht vergleichbar iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Der Zeuge P hatte sich auf eine ausgeschriebene, noch offene Stelle beworben. Der Kläger hatte sich auf eine noch ausgeschriebene, aber nicht mehr offene, sondern bereits besetzte Stelle beworben. Selbst wenn man also dem Kläger aufgrund der im Internet belassenen Stellenausschreibung Bewerber- und damit Beschäftigtenstatus zubilligen will, hat die Beklagte den Kläger deswegen nicht in die Auswahl bei der Stellenbesetzung einbezogen, weil sie ihn in Ermangelung einer im Zeitpunkt der Besetzung vorliegenden Bewerbung weder einbeziehen konnte noch einbeziehen musste. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt. Es liegt auch kein Fall vor, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt. Anhaltspunkte für eine diskriminierende Gestaltung des Bewerbungsverfahrens sind weder den Feststellungen der Vorinstanzen noch dem Akteninhalt zu entnehmen. Die Beklagte hat die Stelle zum Beispiel nicht vor Ablauf einer von ihr selbst gesetzten Bewerbungsfrist mit dem Bewerber P besetzt (vgl. dazu BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 27 ff.).

31

b) Die Beklagte ist ihren gesetzlichen Verpflichtungen bei der Förderung schwerbehinderter Menschen (§ 5 AGG) nicht nachgekommen. Vor oder bei der Einleitung des Besetzungsverfahrens hat sie die Bundesagentur für Arbeit nicht eingeschaltet, wie es nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX geschehen soll. Auch hat sie nichts dafür vorgetragen, dass sie ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann (§ 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Als die Beklagte jedoch ihre diesbezüglichen Pflichten verletzte, also bis einschl. 17. Dezember 2007, als sie den Zeugen P einstellte, fiel der Kläger noch nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des AGG, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht Beschäftigter iSv. § 6 Abs. 1 AGG war; er hat sich erst am 29. Dezember 2007 beworben. Mit anderen Worten: Als der Kläger als schwerbehinderter Mensch von der Beklagten benachteiligt wurde, weil sie ihren Pflichten nach dem SGB IX nicht nachkam, war er noch nicht Beschäftigter. Nachdem er aufgrund seiner Bewerbung Beschäftigtenstatus erlangt haben mag, fand eine Benachteiligung nicht (mehr) statt. Damit fehlt es nach § 15 Abs. 2 AGG an der Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch. Als Beschäftigter hat der Kläger mangels einer Besetzungsentscheidung keine Benachteiligung erfahren.

32

5. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachteiligung steht dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zu.

33

a) Die europäischen Richtlinien zur Durchsetzung der Gleichbehandlung, die in Deutschland durch das AGG umgesetzt wurden, verlangen, dass in den Mitgliedstaaten alle Personen, die sich durch Ungleichbehandlung aufgrund eines verpönten Merkmals für in ihren Rechten verletzt halten, den Gerichtsweg beschreiten können (Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG). Die Richtlinien verlangen darüber hinaus, dass Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die nach nationalem Recht für die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinien zu sorgen haben, sich entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung am Gerichtsverfahren beteiligen können. Diese Mindestanforderungen (Art. 6 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 8 Abs. 1 RL 2000/78/EG)erfüllt das nationale Recht in Deutschland. Zwar ist bei den durch Gesetz vorgeschriebenen institutionellen Vorkehrungen zur Unterstützung der Integration behinderter Menschen (Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Integrationsfachdienste, vgl. Kap. 5 bis 7 SGB IX) ein allgemeines Klagerecht nicht vorgesehen, jedoch können Antidiskriminierungsverbände nach § 23 Abs. 2 AGG im gerichtlichen Verfahren als Beistände Benachteiligter auftreten. Die Popularklage einzelner Betroffener ist dem deutschen Recht dagegen grundsätzlich fremd.

34

b) Mit Urteil vom 10. Juli 2008 (- C-54/07 - [Feryn] Slg. 2008, I-5187) hat der Gerichtshof der Europäischen Union den Diskriminierungsschutz von einer individualisierbaren Person, die konkret benachteiligt wird oder sich benachteiligt fühlt, gelöst und bereits die abstrakte Diskriminierung durch eine öffentliche Äußerung als Richtlinienverstoß qualifiziert (vgl. Lindner RdA 2009, 45, 46). Aus dem Fehlen einer identifizierbaren beschwerten Person könne nicht auf das Fehlen einer unmittelbaren Diskriminierung geschlossen werden (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 22, aaO), denn das Ziel der Richtlinie, günstigere Bedingungen für die Entstehung eines Arbeitsmarkts zu schaffen, der die soziale Integration fördere, würde schwerlich erreicht, wenn der Anwendungsbereich der Richtlinie auf Fälle beschränkt wäre, in denen sich ein konkreter Bewerber diskriminiert fühle. Derartige öffentliche Äußerungen eines Arbeitgebers könnten bestimmte Bewerber ernsthaft davon abhalten, ihre Bewerbung einzureichen (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 25, 28, aaO; vgl. den 8. Erwägungsgrund der RL 2000/43/EG). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat weiter klargestellt, dass auch dann, wenn es kein identifizierbares Opfer gibt, die Sanktionen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 40, aaO). Die vom Gerichtshof der Europäischen Union in Bezug auf den Sachverhalt seines Ausgangsverfahrens erwogenen Sanktionen (10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 39, aaO) sehen jedoch zur Verhinderung abstrakter Benachteiligungen keine Entschädigung für konkrete Personen vor. Bei identifizierbaren beschwerten Personen wird dagegen ein effektiver Schutz durch die Regelung der Beweislastumkehr, wie sie die Richtlinien vorsehen, gewährleistet.

35

c) Auch unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention ergibt sich daher kein Entschädigungsanspruch des Klägers.

36

Es kann offenbleiben, ob Regelungen wie die des § 81 SGB IX, die vorliegend die Beklagte nicht eingehalten hat, überhaupt durch das europäische Recht geboten sind oder ob sie nicht nationale Rechtsverstärkungen darstellen, die über die europäischen Mindestanforderungen hinausgehen, um den Grundsatz der Gleichbehandlung behinderter Menschen günstiger zu gestalten als es das europäische Recht vorschreibt. Denn selbst wenn § 81 SGB IX die Umsetzung von Vorgaben europäischer Richtlinien darstellte, ist seine Nichteinhaltung nicht sanktionslos ausgestaltet. Die fehlende Benachteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist nach deutschem Recht eine Ordnungswidrigkeit, § 156 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 SGB IX. Nach § 27 Abs. 3 AGG ist die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berufen, auch unabhängig von einer konkreten Benachteiligung, Maßnahmen zur Verhinderung von Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen zu ergreifen. Liegt, anders als im Falle des Klägers, eine konkrete Benachteiligung bei einer Einstellungsentscheidung vor, so stellte die Nichtbeteiligung der Agentur für Arbeit ein Indiz iSd. § 22 AGG dar, die zu einer Beweislastumkehr führte. Der nicht durch eine Besetzungsentscheidung beschwerte Kläger kann dagegen weder nach nationalem noch nach europäischem Recht eine Entschädigungszahlung für sich beanspruchen (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 28, aaO).

37

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Brückmann    

        

    E. Schulz    

                 

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

11
c) Der Kläger ist auch nicht so geringfügig betroffen, dass sein Persönlichkeitsrecht von vornherein zurücktreten müsste. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst den Schutz vor der Verbreitung von Informationen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der Person in der Öffentlichkeit auszuwirken. Auch wahre Darstellungen können das Persönlichkeitsrecht verletzen, wenn ihre Folgen für die Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen schwerwiegend sind und die Schutzbedürfnisse das Interesse an der Äußerung überwiegen (BVerfGE 97, 391, 403 f.; BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620; vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 1191, 1192). Die Darstellung der vom Kläger begangenen Straftat im Genre eines "Horror"-Films ist insbesondere im Hinblick auf die Begleitumstände der Tat geeignet, das Persönlichkeitsbild des Klägers in der Öffentlichkeit erheblich zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG, NJW 1993, 1463, 1464; BVerfG, NJW 2006, 2835).
11
a) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen Mordes Verurteilten bezeichnenden Kurzmeldung zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter Nennung des Namens des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens , weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 202 f.; vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213 Rn. 33; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 10 - "Onlinearchiv" I mit NA-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 535/10; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, - "Onlinearchiv" II mit NA-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 923/10; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VersR 2006, 274 Rn. 13; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, AfP 2010, 261 Rn. 11 mit NA-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2010 - 1 BvR 1316/10; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, z.V.b.; BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG NJW 2006, 2835 Rn. 10; AfP 2009, 365 Rn. 15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, aaO - "Onlinearchiv" I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, aaO - "Onlinearchiv" II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO; Verweyen/Schulz, AfP 2008, 133, 137).

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

14
Die personenbezogene Wortberichterstattung privater Presseorgane beeinträchtigt auch nicht ohne weiteres das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ; Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet insbesondere nicht, dass der Einzelne nur so dargestellt und nur dann Gegenstand öffentlicher Berichterstattung werden kann, wenn und wie er es wünscht (BVerfG, Beschluss vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 61 BvR 6/09, 1 BvR 21 BvR 2538/08, Rn. 52; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380;120, 180, 198, Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 332/09 Verkündet am:
25. Oktober 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung
über die Mitwirkung als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die RichterZoll
und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der bei der Verleihung des deutschen Filmpreises im Mai 2007 von einer bekannten Schauspielerin öffentlich als deren neuer Lebenspartner vorgestellt wurde, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung sowie auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.
2
Der Kläger ist Bildhauer und wirkte insgesamt acht Mal als Darsteller in pornographischen Filmproduktionen mit. Sein Bild ist auf einem Cover für das entsprechende Filmmaterial abgebildet. Der Kläger ist in allen Filmen jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen; dabei ist sein Gesicht erkennbar. Sein bürgerlicher Name wird nicht genannt.
3
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "Auf einen Blick". In der Ausgabe Nr. 26/07 vom 21. Juni 2007 erschien auf S. 14 unter der Überschrift "Wenn Frauen zu sehr lieben" ein Artikel, in dem es unter voller Namensnennung u.a. heißt:
4
"Und Fernsehstar ...? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte - ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?"
5
Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt es zu unterlassen, die beanstandete Passage zu veröffentlichen oder zu verbreiten, und den Kläger von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwältin in Höhe von 889,40 € freizustellen. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der angegriffenen Textpassage zu. Die Berichterstattung greife in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Zwar sei seine Intimsphäre nicht betroffen. Der Kläger habe sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er aus freien Stücken an Pornofilmaufnahmen teilgenommen und diesen sexuellen Bereich selbst und bewusst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Die beanstandete Berichterstattung verletze aber seine Privatsphäre. Der Zuordnung der Berichterstattung zur Privatsphäre stehe nicht entgegen, dass der Kläger als Darsteller an pornographischen Filmen mitgewirkt habe. Denn die Mitwirkung in derartigen Filmen sei nicht mit sonstigen Auftritten in Filmen zu vergleichen, mit denen sich Darsteller bewusst an die Öffentlichkeit wendeten und im Vor- bzw. Abspann mit ihren Namen vorgestellt würden. Die Mitwirkenden an den von der Beklagten beispielhaft eingereichten Pornofilmen blieben anonym, auch wenn in einigen Szenen Gesichter zu erkennen seien. Darsteller in pornographischen Filmen seien der Öffentlichkeit abgesehen von einer kleinen Gruppe zumeist weiblicher Darsteller regelmäßig nicht namentlich bekannt. Nach dem Inhalt der eingereichten Filme trete der Kläger nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper auf. Ein pornographischer Film sei ein personell anonymes Geschehen. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstands, dass der Kläger nicht lediglich in Massenszenen gleich einem Statisten aufgetreten sei, sondern auch Szenen mit ihm und einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen seien. Die Mitwirkung in den Pornofilmen könne auch nicht unter dem Aspekt der Berufstätigkeit der Öffentlichkeitssphäre zugeordnet werden. Denn es handle sich lediglich um eine Nebentätigkeit des Klägers, der hauptberuflich als Bildhauer tätig sei. Auch wenn die Berichterstattung wahre Tatsachen betreffe, überwiege das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre dasjenige der Beklagten auf Meinungsfreiheit. Im Schutzbereich der Privatsphäre sei die Verbreitung wahrer Tatsachen nämlich nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse der Öffentlich- keit an der Information bestehe. Ein berechtigtes Informationsinteresse an der Nebentätigkeit des Klägers als Pornodarsteller sei aber nicht ersichtlich.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Behauptung zu, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet.
9
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht angenommen , dass die Veröffentlichung der angegriffenen Textpassage in dem Artikel der Beklagten vom 21. Juni 2007 das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt.
10
aa) Wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts zutreffend ausgeführt hat, scheidet eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in seine absolut geschützte Intimsphäre aus.
11
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt das Grundgesetz dem Einzelnen im Kernbereich höchstpersönlicher , privater Lebensgestaltung einen unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit, der wegen seiner besonderen Nähe zur Menschenwürde abso- lut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 80, 367, 373; 109, 279, 313 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Diesem Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BVerfGE 119, 1, 29 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 109, 279, 314; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.).
12
Indes gehört der Bereich der Sexualität nicht zwangsläufig und in jedem Fall zu diesem Kernbereich (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 25; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Absolut geschützt ist die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (BVerfG, AfP 2009,365 Rn. 26). Der Schutz entfällt aber, wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, BGB, 13. Auflage, Anhang § 12, Rn. 121). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
13
(2) Wie das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - zutreffend angenommen hat, hat der Kläger sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er freiwillig an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme in für den Zuschauer erkennbarer Weise mitgewirkt und diesen Bereich seiner Sexualität damit bewusst der interessierten Öffentlichkeit preisgegeben hat. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich hat vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme erkennbar hat abbilden lassen (vgl. Anlage B 3). Wer sich als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen dem Publikum präsentiert , kann sich gegenüber einer Berichterstattung über diesen Teil seines Wirkens nicht auf den Schutz seiner Intimsphäre berufen (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, Beck RS 2010, 21531 unter II. 3. a) aa) (3); Soehring , Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 8; vgl. auch LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533). Derartige Filme sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, so dass die Mitwirkung an ihrer Produktion nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters im Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angesehen werden kann.
14
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber angenommen, die angegriffene Textpassage beeinträchtige den Kläger in seiner Privatsphäre.
15
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).
16
Auch hier entfällt der Schutz aber, wenn der Grundrechtsträger seine Privatsphäre nach außen öffnet und bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgibt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, aaO). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497, 498; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO, Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
17
(2) Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigt die angegriffene Textpassage die Privatsphäre des Klägers nicht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt die angegriffene Textpassage nicht eine private Nebenbeschäftigung des Klägers in die Öffentlichkeit. Die in dem Artikel beschriebene Mitwirkung des Klägers an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme ist nicht der privaten Lebensgestaltung, also dem der Öffentlichkeit abgewandten Bereich, sondern der Sozialsphäre zuzurechnen. Die beanstandeten Äußerungen befassen sich zwar mit der Lebensführung des Klägers, allerdings nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten und nur insoweit, als er sie durch sein eigenes Verhalten zurechenbar in einen die Privatsphäre überschreitenden Rahmen gerückt hat.
18
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger in allen Pornofilmen, in denen er mitgewirkt hat, jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen und mit dem Gesicht erkennbar. Er hat nicht nur an Massenszenen gleich einem Statisten mitgewirkt, sondern ist auch in Szenen mit nur einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen. Dies wird anschaulich durch den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Screenshot dokumentiert, der den Kläger - gut erkennbar, ohne Gesichtsmaske oder in sonstiger Weise anonymisiert - aktiv im Zentrum des Geschehens und im Mittelpunkt des Bildes zeigt (so bereits KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO). Darüber hinaus ist der Kläger auf dem Cover eines der Filme abgebildet. Bei dieser Sachlage ist der Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in den Filmen nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper aufgetreten, nicht zu folgen. Hiervon könnte man allenfalls dann ausgehen, wenn der Kläger Maßnahmen zum Schutz vor seiner Identifizierung getroffen, d.h. beispielsweise eine Gesichtsmaske getragen hätte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Ein Darsteller in einem Pornofilm, der sich dem Publikum ohne jede Ein- schränkung präsentiert und sein Gesicht erkennen lässt, kann aber nicht auf einen namen- und identitätslosen Körper reduziert werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Filmen namentlich nicht benannt wird. Denn durch die Abbildung seiner Person, vor allem seines Gesichts ist er identifizierbar (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO unter II. 3. a) aa) (4)).
19
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mitwirkung des Klägers in den Pornofilmen auch nicht deshalb der Privatsphäre zuzuordnen, weil es sich hierbei um eine bloße Nebentätigkeit des hauptberuflich als Bildhauer tätigen Klägers handle. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war. Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pornodarsteller präsentiert. Professionell hergestellte und kommerziell zu verwertende Pornofilme wie diejenigen, an denen der Kläger mitgewirkt hat, sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Darüber hinaus hat sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme hat abbilden lassen.
20
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtigt die angegriffene Berichterstattung den Kläger auch nicht in seinem Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Zwar gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 155; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56). Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt seinem Träger aber keinen Anspruch darauf, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild entspricht oder ihm selbst genehm ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, aaO, Rn. 14; BVerfGE 82, 236, 269; 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185; BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 24; AfP 2010, 365 Rn. 33; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198, Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193). Es gewährleistet insbesondere keine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers über den Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen, deren er sich - wie im Streitfall - öffentlich entäußert hat (BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56).
21
dd) Die öffentliche Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet hat, beeinträchtigt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aber deshalb , weil sie geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die - wie die angegriffene Berichterstattung - geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 11; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09, AfP 2011, 586 Rn. 11, 14, - VI ZR 115/09, juris Rn. 11, 14 und - VI ZR 346/09 - AfP 2011, 180 Rn. 10, 13, jeweils mwN; BVerfGE 54, 148, 153; 99, 185, 193).
22
b) Diese Beeinträchtigung hat der Kläger aber hinzunehmen.
23
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
24
bb) Im Streitfall sind das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten andererseits abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 15; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 16; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, VersR 2009, 365 Rn. 14; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 11 jeweils mwN; BVerfGE 61, 1, 8; 71, 162, 179; 99, 185, 197). Dies ist bei der streitgegenständlichen Äußerung ersichtlich der Fall.
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cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere solche aus dem Bereich der Sozialsphäre, in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2010, 145 Rn. 25).
26
dd) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung jedenfalls insoweit zurückzutreten, als die Mitteilung der Tatsache betroffen ist, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet. Diese die Sozialsphäre des Klägers betreffenden Tatsachen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Es ist weder ersichtlich noch dargetan , dass ihre Bekanntgabe ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder eine besondere Stigmatisierung des Klägers nach sich ziehen könnte. Der Kläger wird durch die öffentliche Erwähnung seiner Tätigkeit nicht stärker diskreditiert als er dies durch die Mitwirkung an den kommerziell zu vertreibenden Pornofilmen in Kauf genommen hat.
27
Auf das Gewicht des öffentlichen Informationsinteresses kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern sie garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 28; AfP 2010, 365 Rn. 29). Unabhängig davon bestand vorliegend aber auch ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über den Kläger als neuen Lebenspartner einer in Deutschland sehr bekannten und im Licht der Öffentlichkeit stehenden Schauspielerin, nachdem diese ihn mit seinem Einverständnis anlässlich der Verleihung des deutschen Filmpreises öffentlich als ihren neuen Lebenspartner vorgestellt hatte. Dies gilt umso mehr, als der Umgang mit Pornografie und "safer sex" in der Gesellschaft kontrovers diskutiert und eine Berichterstattung hierüber durchaus zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen geeignet ist (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO; LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533).
28
2. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger die angegriffene Textpassage auch unter einem weiteren Gesichtspunkt angegriffen hat. Er hat auch geltend gemacht, dass die Textpassage die unwahren Tatsachen- behauptungen enthalte, der Kläger habe seiner Partnerin bei Eingehen der Beziehung verschwiegen, dass er als Pornodarsteller tätig gewesen sei, und sie habe von diesem Umstand erst später Kenntnis erlangt. Dieser Aussagegehalt ist der angegriffenen Berichterstattung in der Tat, insbesondere aufgrund der Verwendung der Worte " …, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund …" und des Begriffs "Vertrauensbruch" beizumessen. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Wahrheit dieser das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigenden Behauptung keine Feststellungen getroffen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2009 - 27 O 936/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.09.2009 - 10 U 20/09 -

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 373/02 Verkündet am:
9. Dezember 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Grundsätzlich stellt es einen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn jemand unter
Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv
, Leiter, Flugzeug) den räumlichen Lebensbereich eines anderen ausspäht.

b) Zu den Voraussetzungen unter denen Luftbildaufnahmen von Feriendomizilen
Prominenter ohne deren Zustimmung veröffentlicht werden dürfen.

c) Zur Haftung des "Störers" für eine mit einer Presseveröffentlichung verbundene
Rechtsverletzung.
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. Oktober 2002 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Luftbildaufnahmen ihres Anwesens auf M. sowie einer Wegbeschreibung dorthin. Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin und Moderatorin. In zwei Büchern und drei Magazinen hat sie Bilder veröffentlicht, die die Außenanlagen ihrer Finca auf M. zeigen, die von ihr als Feriendomizil genutzt wird. Das Anwesen befindet sich abgelegen in hügeliger Landschaft in einem Naturschutzgebiet und ist ohne Wegbeschreibung schwer zu finden. Der Beklagte betreibt eine Presseagentur. Er verkauft u.a. Luftbildaufnahmen von Gebäuden und Grundstücken, die sogenannten Prominenten gehören oder von diesen bewohnt werden. Die Fotos nimmt der Beklagte von einem Hubschrauber aus auf. Für die Bilder wirbt er mit einer Bildermappe, die Luftbildaufnahmen entsprechender Grundstücke zeigt, denen eine Kurzbeschreibung der Örtlichkeit und der Gebäude sowie eine Wegbeschreibung mit einer Übersichtskarte von der Insel beigefügt ist. Auf der Karte ist die Lage der fotografierten Grundstücke durch Pfeile markiert. Die Mappe bietet der Beklagte auch über das Internet an. In ihr befinden sich zwei Luftbildaufnahmen von der Finca der Klägerin und den umliegenden Grundstücksbereichen mit namentlicher Zuordnung an die Klägerin. Die Redaktion der Fernsehzeitschrift "TV-M. " kaufte vom Beklagten eine der Aufnahmen und veröffentlichte sie mit einem Foto der Klägerin unter Nennung ihres Namens sowie mit der Wegbeschreibung und der markierten Übersichtskarte in ihrer Ausgabe Nr. 11/1999. Die Veröffentlichung war Teil eines als "Star Guide M. " und "Die geheimen Adressen der Stars" bezeichneten Artikels, in dem die Anwesen weiterer Prominenter gezeigt wurden.
Mit der auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung ihres Namens und der Wegbeschreibung gerichteten Klage hatte die Klägerin vor dem Landgericht in vollem Umfang Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung des Namens der Klägerin abgewiesen. Mit ihren zugelassenen Revisionen verfolgen beide Parteien ihr Begehren weiter, soweit sie in der Vorinstanz unterlegen sind.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, kann die Klägerin nicht Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Luftbildaufnahmen ihres Anwesens unter Nennung ihres Namens nach den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG verlangen. Zwar sei ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin durch die Veröffentlichungen grundsätzlich gegeben. Die Privatsphäre sei nicht auf den vor Einblicken Dritter von vornherein verschlossenen inneren Teil der Wohnung beschränkt. Sie umfasse alle Grundstücksteile , die den räumlich-gegenständlichen Lebensmittelpunkt einer Person insgesamt ausmachten, sofern und soweit diese Bereiche üblicherweise oder durch bauliche oder landschaftliche Gegebenheiten von der Einsichtnahme durch Dritte ausgeschlossen seien. Denn nicht nur im Inneren einer Wohnung, sondern auch in sonstigen geschützten Grundstücksbereichen könne sich die Persönlichkeit des Grundstücksinhabers widerspiegeln. Die Veröffentlichung
von Fotografien eines Grundstücks unter Nennung des Eigentümers bzw. Bewohners greife deshalb jedenfalls dann in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, wenn die dadurch gewonnenen Einblicke in den privaten Bereich Dritten normalerweise verschlossen und nicht vom Willen der Betroffenen getragen seien. Niemand müsse es hinnehmen, daß seine Privatsphäre unter Überwindung bestehender Hindernisse mit entsprechenden Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" werde. Die Feststellung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründe allerdings für sich genommen noch nicht das Unterlassungsbegehren der Klägerin. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht sei seine Reichweite auf der Grundlage einer Güterabwägung im Einzelfall mit den schutzwürdigen Interessen der Gegenseite zu bestimmen. Diese Abwägung mit dem Recht des Beklagten auf freie Berichterstattung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG) lasse letztlich den Eingriff rechtmäßig erscheinen. Zwar habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der hier in Rede stehenden Berichterstattung grundsätzlich nicht mehr Gewicht als das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, da Ziel und Zweck einer solchen Berichterstattung geradezu auf einen Eingriff in die Privatsphäre gerichtet seien. Doch sei die Klägerin nicht schutzwürdig, weil sie selbst in dem Buch "Socke und Konsorten" Fotos von Teilbereichen der Außenanlagen der Finca veröffentlicht habe. Die Klägerin habe die durch das Buch, Interviews und weitere eigene Veröffentlichungen geweckte Neugier der Öffentlichkeit zum Teil befriedigt, indem sie Fotos von sich auf der Terrasse ihres Hauses, am Pool und im Garten veröffentlicht oder die Veröffentlichung - auch noch in jüngster Zeit - gestattet habe. Wer seine Privatsphäre in bestimmten Bereichen der Öffentlichkeit zugänglich mache, könne sich nicht gleichzeitig auf den von der Öffentlichkeit abgewandten Privatsphärenschutz berufen. Auch wenn die Klägerin nur Aufnahmen zur Veröffentlichung freigegeben habe, auf denen das Grundstück als solches nicht identifi-
zierbar sei, müsse sie sich entgegenhalten lassen, daß sie ihr Grundstück nicht konsequent von jeglicher Bildberichterstattung freigehalten habe. Hingegen habe der Beklagte die Veröffentlichung und Verbreitung der Wegbeschreibung zum Haus der Klägerin zu unterlassen. Hierdurch werde sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung rechtswidrig verletzt (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG). Das Recht auf Geheimhaltung der Privatadresse überwiege selbst bei absoluten Personen der Zeitgeschichte das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Verbreitung der Privatadresse - hier in Form einer Wegbeschreibung - lediglich dem Zweck diene, den Betroffenen und seine räumlich gegenständliche Privatsphäre für die Öffentlichkeit erreichbar zu machen. Die Möglichkeit des Eindringens Dritter in den privaten Bereich der Klägerin sei bei derartigen Veröffentlichungen nicht von der Hand zu weisen und müsse nicht hingenommen werden. Im vorliegenden Fall habe die Zeitschrift "TV-M. " in ihrer Beschreibung die Leser sogar aufgefordert, die Grundstücke aufzusuchen, solange die Prominenten noch dort ansässig seien. Das müsse sich der Beklagte zurechnen lassen. Er hafte für die Veröffentlichung auch wenn er die Wegangabe lediglich dem recherchierenden Journalisten von "TV-M. " mitgeteilt habe, damit dieser in der Lage sei, das Grundstück aufzufinden. Mit der Weitergabe habe er an der Verbreitung und Veröffentlichung mitgewirkt. Die Klägerin müsse diese Rechtsverletzung auch nicht deshalb dulden, weil die Lage des Grundstücks allgemein bekannt sei und sie den Namen ihres Landhauses in ihren Veröffentlichungen publik gemacht habe. Es habe ganz offensichtlich einen anderen Stellenwert, ob einzelne Touristen durch individuelle Nachforschungen das Haus finden könnten oder ob es einer großen Öffentlichkeit der genauen Lage nach bekannt gemacht werde.

II.

Diese Überlegung halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. A Revision der Klägerin Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung ihres Namens ist nicht gegeben. 1. Das Berufungsgericht wertet das Verhalten des Beklagten zutreffend als einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das von der Klägerin als Ruhe- und Erholungsort genutzte Anwesen war auch in seinem Außenbereich Teil des räumlichen Schutzbereichs ihrer Privatsphäre.
a) In Übereinstimmung mit der Auffassung des erkennenden Senats geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Privatsphäre nicht an der Haustür endet, wenn sie auch zunächst den räumlich inneren Hausbereich umfaßt. Eine schützenswerte Privatsphäre besteht außerhalb des häuslichen Bereichs in gleicher Weise beispielsweise auch dann, wenn sich jemand in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der er objektiv erkennbar für sich allein sein will (dazu ausführlich BVerfGE 101, 361, 382 ff. unter cc; Senatsurteile, BGHZ 131, 332, 338 ff. und vom heutigen Tag - VI ZR 404/02). Danach ist ein umfriedetes Grundstück jedenfalls dann der Privatsphäre zuzurechnen, wenn es dem Nutzer die Möglichkeit gibt, frei von öffentlicher Beobachtung zu sein.
b) Der Schutz der Privatsphäre entfällt nicht bereits deshalb, weil Vorbeikommende aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten Grundstücksteile einsehen können. Bei einem umfriedeten Wohngrundstück
bleibt der typisch private Charakter für Dritte bereits durch dessen erkennbaren Nutzungszweck bestimmt. 2. Die Einordnung des Grundstücks als räumlicher Schutzbereich der Privatsphäre besagt aber noch nichts darüber, ob bzw. inwieweit dieser Bereich selbst - neben dem Grundrechtsträger - am Grundrechtsschutz teilhat. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob die Veröffentlichung und Verbreitung der Fotografien des Anwesens als solchem unter namentlicher Zuweisung an die Klägerin in deren Privatsphäre eingreift.
a) Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung wird regelmäßig nicht gegeben sein, wenn lediglich das Fotografieren der Außenansicht eines Grundstücks von einer allgemein zugänglichen Stelle aus und die Verbreitung dieser Fotos in Frage stehen, weil die Aufnahmen nur den ohnehin nach außen gewandten Bereich betreffen. Ob demgegenüber die Veröffentlichung von Fotos umfriedeter Außenanlagen gegen den Willen des Grundstücksbesitzers eine Persönlichkeitsverletzung darstellt, läßt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände für den Einzelfall beantworten. So verliert der Bereich, der lediglich zur Privatsphäre wird, weil sich jemand an einen Ort zurückzieht, der zwar einer begrenzten Öffentlichkeit zugänglich ist, in der konkreten Situation aber zu einem Ort der Abgeschiedenheit wird (vgl. Senatsurteil BGHZ 131, aaO), die Eigenschaft der Privatheit wieder, wenn diese besondere Situation endet, indem sich z.B. die betreffende Person entfernt oder von sich aus den Zutritt der Öffentlichkeit gestattet. Anders hingegen ist der häusliche Bereich zu beurteilen , der stets eine Rückzugsmöglichkeit gewähren soll.
b) Unter den Umständen des Streitfalls ist ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin zu bejahen, auch wenn die Fotografien lediglich das
Anwesen ohne Personen zeigen. Das Berufungsgericht hält im vorliegenden Fall zu Recht für ausschlaggebend, daß der Beklagte die Bilder aufgenommen hat, um sie unter Nennung des Namens der Klägerin gegen deren Willen zu veröffentlichen und zu verbreiten. Der Beklagte dringt dadurch in die von der Klägerin durch die Umfriedung ihres Grundstücks dort geschaffene Privatsphäre ein und beeinträchtigt außerdem ihr Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung ihrer persönlichen Lebensumstände (vgl. zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung: Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 sowie vom heutigen Tag - VI ZR 404/02). Dieses Recht schützt nicht nur vor einer überzogenen Ausforschung von personenbezogenen Daten durch den Staat, sondern es weist auch auf der Ebene bürgerlichrechtlicher Verhältnisse dem Schutzbedürfnis der Person einen entsprechend hohen Rang gegenüber Eingriffen zu, die sie gegen ihren Willen für die Öffentlichkeit "verfügbar" machen (vgl. BVerfGE 84, 192, 194 f.; Senat, Urteil vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117).
c) Das ist unter den Umständen des Falles anzunehmen. Durch die Beiordnung des Namens wird die Anonymität des Anwesens aufgehoben. Die Abbildungen werden einer Person zugeordnet und gewinnen einen zusätzlichen Informationsgehalt. Hierdurch entsteht die Gefahr, daß das Grundstück in seiner Eignung als Rückzugsort für die Klägerin beeinträchtigt wird. Die Information gewährt außerdem einem breiten Publikum Einblicke in Lebensbereiche, die sonst allenfalls den Personen bekannt werden , die im Vorübergehen oder Vorüberfahren das Anwesen betrachten und zudem in Erfahrung gebracht haben, daß die Klägerin dort wohnt. Hinzu kommt, daß der Beklagte, der mit dem Hubschrauber aus frei gewählter Position heraus fotografiert, den zur Sicherung der Privatheit
des Anwesens angebrachten Sichtschutz durchbricht und sich damit gegen den Willen des Berechtigten in gewisser Weise Zugang verschafft. Grundsätzlich muß niemand hinnehmen, daß seine Privatsphäre gegen seinen Willen unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" wird, um daraus ein Geschäft zu machen und die so gewonnenen Einblicke Dritten gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Mit Recht wertet das Berufungsgericht unter diesen Umständen das Verhalten des Beklagten als Eingriff in die Privatsphäre. 3. In rechtlich einwandfreier Sicht hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über die Klage aufgrund einer Abwägung des nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin mit dem gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht des Beklagten auf Pressefreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden. Die Abwägung ist im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmen und hat die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245 ff.; 35, 202, 224; BVerfG NJW 1990, 1980 und BVerfG NJW 2000, 2189; Senatsurteile BGHZ 24, 72, 79 f.; 27, 284, 289 f.; 73, 120, 124; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85 - VersR 1987, 778, 779; vom 13. Oktober 1987 - VI ZR 83/87 - VersR 1988, 379, 381; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 und vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251 m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht geht richtig davon aus, daß dem Schutz der Privatsphäre als einem verfassungsmäßig garantierten Grundrecht stets - und zwar auch im Privatrecht - besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 35, 202, 220; Senatsurteile, BGHZ 24, 200, 208 f.; 73, 120, 122 f.; 131, 332, 337; vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63 - JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green;) und dieses Recht jedermann, auch einer Person der Zeitgeschichte zusteht (vgl. BGHZ 131, 332, 338).
b) Es hat weiterhin zutreffend angenommen, daß der Beklagte im Rahmen des Grundrechts auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) handelt, die die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung gewährleistet (vgl. BVerfGE 10, 118, 121; 66, 116, 133; Senatsurteil , BGHZ 151, 26, 31 m.w.N.). Auch wenn die vom Beklagten unterstützte Berichterstattung über die Anwesen sogenannter Prominenter in erster Linie das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung befriedigt ist sie vom Grundrecht der Pressefreiheit grundsätzlich umfaßt (vgl. BVerfGE 101, 361, 389 ff.; hierzu Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251). Denn die Pressefreiheit gilt für alle Presseveröffentlichungen ohne Rücksicht auf ihren Wert (vgl. BVerfGE 25, 296, 307; 66, 116, 134; 101, 361, 389 ff.; Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 435). Der Informationswert spielt allerdings bei der beiderseitigen Interessenabwägung durchaus eine Rolle. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muß das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen um so schwerer, je geringer der Informati-
onswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; BVerfG NJW 2000, 2194, 2195; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
c) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß an derartigen Luftbildaufnahmen ein verbreitetes Interesse besteht, das von den Medien entsprechend befriedigt wird. Des weiteren stoßen Wort- und Bildberichterstattungen über die beliebte Ferieninsel M. auf beträchtliche Beachtung, weil zum einen die Insel selbst im Blickpunkt steht, zum anderen aber auch Personen mit hohem Bekanntheitsgrad und deren Lebensgewohnheiten und Wohnverhältnisse auf der Insel. Auch die Klägerin als prominente Fernsehjournalistin zieht das Interesse eines breiten Publikums auf sich. All das stellt die Revision nicht in Frage. Mag auch dieses Interesse nicht als besonders wertvoll zu qualifizieren sein und insbesondere keine für die Allgemeinheit wichtigen Belange betreffen, so kann doch das Bedürfnis nach seiner Befriedigung nicht von vornherein als unberechtigt aus dem Schutzbereich der für die freiheitlich-demokratische Grundordnung schlechthin konstituierenden Pressefreiheit ausgegrenzt werden. Gerade bei der Presse muß vielmehr die Notwendigkeit einer Einschränkung der Freiheit der Berichterstattung überzeugend nachgewiesen werden (BVerfGE 35, 202, 221; 101, 361, 389 f.; Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251). Auch durch unterhaltende Beiträge findet nämlich Meinungsbildung statt, sie können diese unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen. Unterhaltung in der Presse ist aus diesem Grund, gemessen am Schutzziel der Pressefreiheit, nicht unbeachtlich oder gar wertlos (BVerfGE 101, 361, 389 f.).
d) Diesem Gesichtspunkt kommt bei der Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen wesentliche Bedeutung zu. Insgesamt führt die
Abwägung zu dem Ergebnis, daß unter den besonderen Umständen des Streitfalls das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG das Schutzinteresse der Klägerin überwiegt. Da weder der Kernbereich der Privatsphäre berührt noch ihr räumlich gegenständlicher Schutzbereich nachhaltig beeinträchtigt werden, ist die Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre der Klägerin gering. Insoweit hat die Klägerin nicht vorgetragen, daß sie aufgrund der streitgegenständlichen Bildveröffentlichungen in der Nutzung ihres Anwesens gestört worden sei oder daß die Verbreitung der Information , sie nutze ein ansehnliches Feriendomizil auf M. , negative Auswirkungen nach sich gezogen hätte. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich , daß ihr berechtigtes Interesse an einer ungestörten Privatsphäre durch die fragliche Veröffentlichung in seiner Substanz verletzt würde. Zudem handelt es sich vom Gegenstand der Abbildung her nicht um einen Eingriff in den Kernbereich der Privatsphäre, sondern nur in deren Randzone. Typischerweise werden Dinge als privat eingestuft, deren öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, deren Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst und die jedenfalls nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (vgl. hierzu BVerfGE 101, 361, 382 f.). Demgegenüber geht es vorliegend um Lichtbildaufnahmen, die keine Personen zeigen, sondern auf denen lediglich Gebäude und Grundstücksteile in denkbar unpersönlicher Weise abgebildet sind und die von daher einen hohen Grad von Abstraktheit aufweisen. Hinzu kommt, daß sie ein Auffinden des Grundstücks nicht ermöglichen , sondern es hierfür einer Wegbeschreibung bedarf (hierzu unten B.).
e) Liegt mithin schon von der Intensität her kein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin vor, so wird dieser noch dadurch herabgemindert, daß die Klägerin selbst durch eigene Veröffentli-
chungen einem breiten Publikum ihre Wohn- und Lebensverhältnisse auf M. bekannt gemacht hat. (1) Was der erkennende Senat insoweit im Parallelverfahren - VI ZR 404/02 - im Urteil vom heutigen Tag ausgeführt hat, muß auch für den vorliegenden Fall gelten. Die dortige Klägerin hatte eine umfangreiche Wort- und Bildberichterstattung in deutschen Zeitungen und Zeitschriften sowie in dem Buch "M. - Exclusiv" über ihr Feriendomizil auf der Insel und ihr Leben dort teilweise hingenommen und teilweise sogar gebilligt. Da die oben beschriebenen Luftbildaufnahmen in der Sache kaum noch Neues hinzufügten, führt die Abwägung zwischen den Grundrechten aus den Artt. 1 und 2 und aus Art. 5 GG dazu, letzterem den Vorrang zu geben. (2) Das gilt erst recht für den vorliegenden Fall, in dem die Klägerin selbst den Teil ihrer Privatsphäre, dessen Schutz sie mit der Klage einfordert , durch Veröffentlichungen einem breiten Publikum bekannt gemacht hat. Die Informationen, daß sie eine Finca auf M. als Feriendomizil nutzt, läßt sich dem von ihr verfaßten Buch "Socke und Konsorten" zu entnehmen, das auch Fotos von ihrer Person auf der Terrasse des Hauses , am Pool und im Garten enthält. Erfolglos rügt die Revision hierzu, das Berufungsgericht gehe ohne hinreichende tatsächliche Grundlage von entsprechenden Vorveröffentlichungen durch die Klägerin aus. Das Buch befindet sich bei den Akten und hat in der mündlichen Verhandlung zur Augenscheinseinnahme vorgelegen. Unter diesen Umständen liegt auf der Hand, daß auch in diesem Fall das Grundrecht aus Art. 5 GG den Vorrang gegenüber dem nur unwesentlich beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht der Klägerin verdient (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251).
B. Revision des Beklagten Auch die Revision des Beklagten bleibt erfolglos. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Wegbeschreibung zum Haus der Klägerin nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG gegen den Beklagten bejaht. 1. Durch die Veröffentlichung der Wegbeschreibung wird das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung ihres Anspruches auf Schutz ihrer Privatsphäre verletzt (BVerfGE 65, 1, 41 ff.; 72, 155, 170; 78, 77, 84; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117). Auch dieses Recht ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der einzelne hat keine absolute , uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information , auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft ist im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff.; 78, 77, 85 ff.; 84, 192, 195; Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434). 2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Beklagte durch die Weitergabe der Wegbeschreibung an die Zeitschrift "TV-M. " dazu beigetragen hat, einer breiten Öffentlichkeit die genaue Lage des Grundstücks bekannt und dieses damit für einen unbestimmten Personenkreis wesentlich leichter erreichbar zu machen.
Zwar greift nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Ver- öffentlichung von Namen, Adresse und Telefonnummer im Einzelfall nicht rechtswidrig in die Privatsphäre ein, sofern diese personenbezogenen Daten von jedem ohne Mühe aus allgemein zugänglichen Quellen, wie z.B. aus dem Telefonbuch, ersichtlich sind und daher keine "sensiblen" Daten darstellen (Senat , Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434; siehe auch LG Hamburg, Urteil vom 29. September 1995 - 324 O 387/95 - AfP 1996, 185, 186). Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung aber schon deshalb nicht erfüllt, weil es eine allgemein zugängliche Sammlung von Wegbeschreibungen nicht gibt und eine Wegbeschreibung weit über eine Adressenangabe, wie sie Telefonbücher enthalten können, hinausgeht. 3. Die Klägerin hat die Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch nicht aus Gründen des Gemeinwohls oder im Hinblick auf das allgemeine Informationsinteresse hinzunehmen. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß die Veröffentlichung der Wegbeschreibung allein dem Zweck dient, die Klägerin für die Öffentlichkeit erreichbar zu machen. Die öffentliche Bekanntgabe der genauen Lage der Finca setzt die Klägerin aber gerade einer erhöhten Gefahr des Eindringens Dritter in ihren privaten Bereich aus. Die Revision des Beklagten wendet dagegen erfolglos ein, das Anwesen sei bereits durch das Anbringen eines Namensschildes und aufgrund der vermarktenden Mitteilung des Namens "Cassis" in den Büchern der Klägerin für die breite Öffentlichkeit identifizierbar gemacht worden. Von einer Veröffentlichung mit dem der Wegbeschreibung vergleichbaren Informationsgehalt durch die Klägerin kann nicht ausgegangen werden. Nach den von der Revision nicht
angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist den Auszügen aus den Büchern der Klägerin bzw. Presseveröffentlichungen von April 2002 die genaue Lage des Anwesens nicht so zu entnehmen, daß es möglich wäre, ohne weitere Recherchen das Grundstück aufzusuchen. 4. Ohne Erfolg wendet sich schließlich die Revision gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte als Störer für die Veröffentlichung der Wegbeschreibung verantwortlich sei.
a) Selbst wenn die Redaktion mit der Veröffentlichung eigenmächtig gehandelt haben sollte, wurde durch die Weitergabe der Wegbeschreibung durch den Beklagten deren Veröffentlichung und damit die Beeinträchtigung des Rechts der Klägerin jedenfalls ermöglicht. Aufgrund der Gesamtumstände der Übermittlung an die Redaktion von "TV-M. " zusammen mit den Fotos der Finca zum Zwecke der Veröffentlichung war naheliegend, daß die Wegbeschreibung ebenfalls veröffentlicht werden würde. Es ist daher, so das Berufungsgericht zu Recht, unerheblich, daß der Beklagte - wie er behauptet - die genaue Wegangabe dem recherchierenden Journalisten von TV-M. lediglich zu dem Zweck mitgeteilt habe, damit dieser in der Lage sei, das Grundstück zu finden. Da der Beklagte keinerlei Vorkehrungen getroffen hat, die Veröffentlichung trotz bestehender Veröffentlichungsgefahr zu verhindern, war diese und die damit verbundene Rechtsbeeinträchtigung zu befürchten.
b) Sind an einer Beeinträchtigung - wie im vorliegenden Fall - mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrages oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an (vgl. Senatsurteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799, 800 m.w.N. und vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076). Der
Unterlassungsanspruch wegen einer Presseveröffentlichung richtet sich zwar grundsätzlich gegen den Verleger der beanstandeten Veröffentlichung sowie gegen die verantwortlichen Redakteure (Senat, BGHZ 39, 124, 129 - Fernsehansagerin; BGH, Urteil vom 3. Februar 1994 - I ZR 321/91 - NJW-RR 1994, 872, 873). Als (Mit-)Störer haftet - grundsätzlich unabhängig von Art und Umfang seines eigenen Tatbeitrags - aber auch jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht auch nicht entgegen, daß dem in Anspruch genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlen. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799, 800; BGH, Urteil vom 3. Februar 1994 - I ZR 321/91 - NJW-RR 1994, 872, 873; BGH, Urteil vom 2. Mai 1991 - I ZR 227/89 - NJW-RR 1991, 1258, 1259).
c) Die Verantwortlichkeit des Beklagten scheitert danach entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb, weil ihm die Veröffentlichung haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden könnte. Das Berufungsgericht hat zutreffend den adäquaten Zusammenhang zwischen der Weitergabe der Wegbeschreibung und deren Veröffentlichung bejaht. Letztere war nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge naheliegend, nachdem der Beklagte gegen die zu befürchtende Veröffentlichung keine durchgreifenden Vorkehrungen, z.B. in Form einer ausdrücklichen vertraglichen Einzelvereinbarung, getroffen hat. Es ist schon zweifelhaft, ob der allgemeine Hinweis in der Broschüre, auf den sich der Beklagte beruft, daß der Nachdruck auch auszugsweise ohne schriftliche Genehmigung nicht gestattet sei, sich gegen den Kunden richtet, der aufgrund eines
Vertrages das Material vom Beklagten bekommt. Jedenfalls ist er - wie der vorliegende Fall zeigt - völlig ungeeignet, die Veröffentlichung zu verhindern.

III.

Nach alledem sind beide Revisionen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
13
c) Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Grenze an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören (vgl. BVerfGK 3, 337, 345). Das durch diese Vorschriften geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, dem nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ebenfalls verfassungsrechtlicher Schutz zukommt, gewährleistet u.a. den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfGE 99, 185, 193; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2003, 1856; NJW 2008, 39, 41). Dies ist bei der angegriffenen Berichterstattung der Fall, weil der Gutachter, der die Fotosammlung mit 60 Mio. € bewertet hat, als namenlos und damit nach dem von der Revision nicht beanstandeten Textverständnis des Berufungsgerichts als unbedeutend dargestellt wird. Denn dadurch werden dem Leser Zweifel an der Seriosität der Bewertung der Fotosammlung und dem dadurch verursachten enormen Kursanstieg der Aktien der CameraWork AG vermittelt, was nach dem Gesamtgehalt des Artikels geeignet ist, sich negativ auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken, weil dieser als Verantwortlicher einer möglicherweise anlegerschädlichen Transaktion dargestellt wird. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerung zu beurteilen , sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, NJW 2008, 358, 359; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.).
12
a) Um die Zulässigkeit einer Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen einander in einer umfassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen sind (BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen - und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 318; BGH, BGHZ 166, 84, 109). Gleiches gilt für das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93 - VersR 1994, 570, 572; BGH, BGHZ 166, 84, 111). Bei dieser Abwägung sind die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208 m.w.N.).
16
3. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerungen zu beurteilen, sind mithin hinsichtlich der beiden untersagten Äußerungsteile grundsätzlich die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichti- gen sind (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Diese Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es den unter a) untersagten Äußerungsteil als Tatsachenbehauptung eingestuft und deshalb dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Wahrheit seiner Aussage auferlegt und in dem unter b) untersagten Äußerungsteil eine unzulässige Schmähkritik gesehen hat. Entgegen dieser Auffassung ist jedoch eine Abwägung erforderlich, weil beide Äußerungsteile vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst werden und keine unzulässige Schmähkritik vorliegt.
12
b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - VersR 2010, 220 m.w.N; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 332/09 Verkündet am:
25. Oktober 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung
über die Mitwirkung als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die RichterZoll
und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der bei der Verleihung des deutschen Filmpreises im Mai 2007 von einer bekannten Schauspielerin öffentlich als deren neuer Lebenspartner vorgestellt wurde, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung sowie auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.
2
Der Kläger ist Bildhauer und wirkte insgesamt acht Mal als Darsteller in pornographischen Filmproduktionen mit. Sein Bild ist auf einem Cover für das entsprechende Filmmaterial abgebildet. Der Kläger ist in allen Filmen jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen; dabei ist sein Gesicht erkennbar. Sein bürgerlicher Name wird nicht genannt.
3
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "Auf einen Blick". In der Ausgabe Nr. 26/07 vom 21. Juni 2007 erschien auf S. 14 unter der Überschrift "Wenn Frauen zu sehr lieben" ein Artikel, in dem es unter voller Namensnennung u.a. heißt:
4
"Und Fernsehstar ...? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte - ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?"
5
Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt es zu unterlassen, die beanstandete Passage zu veröffentlichen oder zu verbreiten, und den Kläger von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwältin in Höhe von 889,40 € freizustellen. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der angegriffenen Textpassage zu. Die Berichterstattung greife in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Zwar sei seine Intimsphäre nicht betroffen. Der Kläger habe sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er aus freien Stücken an Pornofilmaufnahmen teilgenommen und diesen sexuellen Bereich selbst und bewusst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Die beanstandete Berichterstattung verletze aber seine Privatsphäre. Der Zuordnung der Berichterstattung zur Privatsphäre stehe nicht entgegen, dass der Kläger als Darsteller an pornographischen Filmen mitgewirkt habe. Denn die Mitwirkung in derartigen Filmen sei nicht mit sonstigen Auftritten in Filmen zu vergleichen, mit denen sich Darsteller bewusst an die Öffentlichkeit wendeten und im Vor- bzw. Abspann mit ihren Namen vorgestellt würden. Die Mitwirkenden an den von der Beklagten beispielhaft eingereichten Pornofilmen blieben anonym, auch wenn in einigen Szenen Gesichter zu erkennen seien. Darsteller in pornographischen Filmen seien der Öffentlichkeit abgesehen von einer kleinen Gruppe zumeist weiblicher Darsteller regelmäßig nicht namentlich bekannt. Nach dem Inhalt der eingereichten Filme trete der Kläger nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper auf. Ein pornographischer Film sei ein personell anonymes Geschehen. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstands, dass der Kläger nicht lediglich in Massenszenen gleich einem Statisten aufgetreten sei, sondern auch Szenen mit ihm und einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen seien. Die Mitwirkung in den Pornofilmen könne auch nicht unter dem Aspekt der Berufstätigkeit der Öffentlichkeitssphäre zugeordnet werden. Denn es handle sich lediglich um eine Nebentätigkeit des Klägers, der hauptberuflich als Bildhauer tätig sei. Auch wenn die Berichterstattung wahre Tatsachen betreffe, überwiege das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre dasjenige der Beklagten auf Meinungsfreiheit. Im Schutzbereich der Privatsphäre sei die Verbreitung wahrer Tatsachen nämlich nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse der Öffentlich- keit an der Information bestehe. Ein berechtigtes Informationsinteresse an der Nebentätigkeit des Klägers als Pornodarsteller sei aber nicht ersichtlich.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Behauptung zu, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet.
9
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht angenommen , dass die Veröffentlichung der angegriffenen Textpassage in dem Artikel der Beklagten vom 21. Juni 2007 das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt.
10
aa) Wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts zutreffend ausgeführt hat, scheidet eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in seine absolut geschützte Intimsphäre aus.
11
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt das Grundgesetz dem Einzelnen im Kernbereich höchstpersönlicher , privater Lebensgestaltung einen unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit, der wegen seiner besonderen Nähe zur Menschenwürde abso- lut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 80, 367, 373; 109, 279, 313 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Diesem Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BVerfGE 119, 1, 29 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 109, 279, 314; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.).
12
Indes gehört der Bereich der Sexualität nicht zwangsläufig und in jedem Fall zu diesem Kernbereich (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 25; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Absolut geschützt ist die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (BVerfG, AfP 2009,365 Rn. 26). Der Schutz entfällt aber, wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, BGB, 13. Auflage, Anhang § 12, Rn. 121). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
13
(2) Wie das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - zutreffend angenommen hat, hat der Kläger sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er freiwillig an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme in für den Zuschauer erkennbarer Weise mitgewirkt und diesen Bereich seiner Sexualität damit bewusst der interessierten Öffentlichkeit preisgegeben hat. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich hat vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme erkennbar hat abbilden lassen (vgl. Anlage B 3). Wer sich als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen dem Publikum präsentiert , kann sich gegenüber einer Berichterstattung über diesen Teil seines Wirkens nicht auf den Schutz seiner Intimsphäre berufen (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, Beck RS 2010, 21531 unter II. 3. a) aa) (3); Soehring , Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 8; vgl. auch LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533). Derartige Filme sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, so dass die Mitwirkung an ihrer Produktion nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters im Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angesehen werden kann.
14
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber angenommen, die angegriffene Textpassage beeinträchtige den Kläger in seiner Privatsphäre.
15
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).
16
Auch hier entfällt der Schutz aber, wenn der Grundrechtsträger seine Privatsphäre nach außen öffnet und bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgibt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, aaO). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497, 498; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO, Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
17
(2) Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigt die angegriffene Textpassage die Privatsphäre des Klägers nicht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt die angegriffene Textpassage nicht eine private Nebenbeschäftigung des Klägers in die Öffentlichkeit. Die in dem Artikel beschriebene Mitwirkung des Klägers an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme ist nicht der privaten Lebensgestaltung, also dem der Öffentlichkeit abgewandten Bereich, sondern der Sozialsphäre zuzurechnen. Die beanstandeten Äußerungen befassen sich zwar mit der Lebensführung des Klägers, allerdings nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten und nur insoweit, als er sie durch sein eigenes Verhalten zurechenbar in einen die Privatsphäre überschreitenden Rahmen gerückt hat.
18
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger in allen Pornofilmen, in denen er mitgewirkt hat, jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen und mit dem Gesicht erkennbar. Er hat nicht nur an Massenszenen gleich einem Statisten mitgewirkt, sondern ist auch in Szenen mit nur einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen. Dies wird anschaulich durch den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Screenshot dokumentiert, der den Kläger - gut erkennbar, ohne Gesichtsmaske oder in sonstiger Weise anonymisiert - aktiv im Zentrum des Geschehens und im Mittelpunkt des Bildes zeigt (so bereits KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO). Darüber hinaus ist der Kläger auf dem Cover eines der Filme abgebildet. Bei dieser Sachlage ist der Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in den Filmen nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper aufgetreten, nicht zu folgen. Hiervon könnte man allenfalls dann ausgehen, wenn der Kläger Maßnahmen zum Schutz vor seiner Identifizierung getroffen, d.h. beispielsweise eine Gesichtsmaske getragen hätte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Ein Darsteller in einem Pornofilm, der sich dem Publikum ohne jede Ein- schränkung präsentiert und sein Gesicht erkennen lässt, kann aber nicht auf einen namen- und identitätslosen Körper reduziert werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Filmen namentlich nicht benannt wird. Denn durch die Abbildung seiner Person, vor allem seines Gesichts ist er identifizierbar (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO unter II. 3. a) aa) (4)).
19
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mitwirkung des Klägers in den Pornofilmen auch nicht deshalb der Privatsphäre zuzuordnen, weil es sich hierbei um eine bloße Nebentätigkeit des hauptberuflich als Bildhauer tätigen Klägers handle. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war. Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pornodarsteller präsentiert. Professionell hergestellte und kommerziell zu verwertende Pornofilme wie diejenigen, an denen der Kläger mitgewirkt hat, sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Darüber hinaus hat sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme hat abbilden lassen.
20
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtigt die angegriffene Berichterstattung den Kläger auch nicht in seinem Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Zwar gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 155; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56). Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt seinem Träger aber keinen Anspruch darauf, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild entspricht oder ihm selbst genehm ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, aaO, Rn. 14; BVerfGE 82, 236, 269; 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185; BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 24; AfP 2010, 365 Rn. 33; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198, Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193). Es gewährleistet insbesondere keine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers über den Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen, deren er sich - wie im Streitfall - öffentlich entäußert hat (BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56).
21
dd) Die öffentliche Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet hat, beeinträchtigt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aber deshalb , weil sie geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die - wie die angegriffene Berichterstattung - geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 11; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09, AfP 2011, 586 Rn. 11, 14, - VI ZR 115/09, juris Rn. 11, 14 und - VI ZR 346/09 - AfP 2011, 180 Rn. 10, 13, jeweils mwN; BVerfGE 54, 148, 153; 99, 185, 193).
22
b) Diese Beeinträchtigung hat der Kläger aber hinzunehmen.
23
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
24
bb) Im Streitfall sind das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten andererseits abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 15; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 16; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, VersR 2009, 365 Rn. 14; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 11 jeweils mwN; BVerfGE 61, 1, 8; 71, 162, 179; 99, 185, 197). Dies ist bei der streitgegenständlichen Äußerung ersichtlich der Fall.
25
cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere solche aus dem Bereich der Sozialsphäre, in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2010, 145 Rn. 25).
26
dd) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung jedenfalls insoweit zurückzutreten, als die Mitteilung der Tatsache betroffen ist, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet. Diese die Sozialsphäre des Klägers betreffenden Tatsachen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Es ist weder ersichtlich noch dargetan , dass ihre Bekanntgabe ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder eine besondere Stigmatisierung des Klägers nach sich ziehen könnte. Der Kläger wird durch die öffentliche Erwähnung seiner Tätigkeit nicht stärker diskreditiert als er dies durch die Mitwirkung an den kommerziell zu vertreibenden Pornofilmen in Kauf genommen hat.
27
Auf das Gewicht des öffentlichen Informationsinteresses kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern sie garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 28; AfP 2010, 365 Rn. 29). Unabhängig davon bestand vorliegend aber auch ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über den Kläger als neuen Lebenspartner einer in Deutschland sehr bekannten und im Licht der Öffentlichkeit stehenden Schauspielerin, nachdem diese ihn mit seinem Einverständnis anlässlich der Verleihung des deutschen Filmpreises öffentlich als ihren neuen Lebenspartner vorgestellt hatte. Dies gilt umso mehr, als der Umgang mit Pornografie und "safer sex" in der Gesellschaft kontrovers diskutiert und eine Berichterstattung hierüber durchaus zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen geeignet ist (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO; LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533).
28
2. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger die angegriffene Textpassage auch unter einem weiteren Gesichtspunkt angegriffen hat. Er hat auch geltend gemacht, dass die Textpassage die unwahren Tatsachen- behauptungen enthalte, der Kläger habe seiner Partnerin bei Eingehen der Beziehung verschwiegen, dass er als Pornodarsteller tätig gewesen sei, und sie habe von diesem Umstand erst später Kenntnis erlangt. Dieser Aussagegehalt ist der angegriffenen Berichterstattung in der Tat, insbesondere aufgrund der Verwendung der Worte " …, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund …" und des Begriffs "Vertrauensbruch" beizumessen. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Wahrheit dieser das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigenden Behauptung keine Feststellungen getroffen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2009 - 27 O 936/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.09.2009 - 10 U 20/09 -
14
b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - z.V.b. m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 332/09 Verkündet am:
25. Oktober 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung
über die Mitwirkung als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die RichterZoll
und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der bei der Verleihung des deutschen Filmpreises im Mai 2007 von einer bekannten Schauspielerin öffentlich als deren neuer Lebenspartner vorgestellt wurde, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung sowie auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.
2
Der Kläger ist Bildhauer und wirkte insgesamt acht Mal als Darsteller in pornographischen Filmproduktionen mit. Sein Bild ist auf einem Cover für das entsprechende Filmmaterial abgebildet. Der Kläger ist in allen Filmen jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen; dabei ist sein Gesicht erkennbar. Sein bürgerlicher Name wird nicht genannt.
3
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "Auf einen Blick". In der Ausgabe Nr. 26/07 vom 21. Juni 2007 erschien auf S. 14 unter der Überschrift "Wenn Frauen zu sehr lieben" ein Artikel, in dem es unter voller Namensnennung u.a. heißt:
4
"Und Fernsehstar ...? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte - ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?"
5
Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt es zu unterlassen, die beanstandete Passage zu veröffentlichen oder zu verbreiten, und den Kläger von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwältin in Höhe von 889,40 € freizustellen. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der angegriffenen Textpassage zu. Die Berichterstattung greife in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Zwar sei seine Intimsphäre nicht betroffen. Der Kläger habe sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er aus freien Stücken an Pornofilmaufnahmen teilgenommen und diesen sexuellen Bereich selbst und bewusst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Die beanstandete Berichterstattung verletze aber seine Privatsphäre. Der Zuordnung der Berichterstattung zur Privatsphäre stehe nicht entgegen, dass der Kläger als Darsteller an pornographischen Filmen mitgewirkt habe. Denn die Mitwirkung in derartigen Filmen sei nicht mit sonstigen Auftritten in Filmen zu vergleichen, mit denen sich Darsteller bewusst an die Öffentlichkeit wendeten und im Vor- bzw. Abspann mit ihren Namen vorgestellt würden. Die Mitwirkenden an den von der Beklagten beispielhaft eingereichten Pornofilmen blieben anonym, auch wenn in einigen Szenen Gesichter zu erkennen seien. Darsteller in pornographischen Filmen seien der Öffentlichkeit abgesehen von einer kleinen Gruppe zumeist weiblicher Darsteller regelmäßig nicht namentlich bekannt. Nach dem Inhalt der eingereichten Filme trete der Kläger nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper auf. Ein pornographischer Film sei ein personell anonymes Geschehen. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstands, dass der Kläger nicht lediglich in Massenszenen gleich einem Statisten aufgetreten sei, sondern auch Szenen mit ihm und einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen seien. Die Mitwirkung in den Pornofilmen könne auch nicht unter dem Aspekt der Berufstätigkeit der Öffentlichkeitssphäre zugeordnet werden. Denn es handle sich lediglich um eine Nebentätigkeit des Klägers, der hauptberuflich als Bildhauer tätig sei. Auch wenn die Berichterstattung wahre Tatsachen betreffe, überwiege das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre dasjenige der Beklagten auf Meinungsfreiheit. Im Schutzbereich der Privatsphäre sei die Verbreitung wahrer Tatsachen nämlich nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse der Öffentlich- keit an der Information bestehe. Ein berechtigtes Informationsinteresse an der Nebentätigkeit des Klägers als Pornodarsteller sei aber nicht ersichtlich.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Behauptung zu, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet.
9
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht angenommen , dass die Veröffentlichung der angegriffenen Textpassage in dem Artikel der Beklagten vom 21. Juni 2007 das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt.
10
aa) Wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts zutreffend ausgeführt hat, scheidet eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in seine absolut geschützte Intimsphäre aus.
11
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt das Grundgesetz dem Einzelnen im Kernbereich höchstpersönlicher , privater Lebensgestaltung einen unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit, der wegen seiner besonderen Nähe zur Menschenwürde abso- lut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 80, 367, 373; 109, 279, 313 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Diesem Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BVerfGE 119, 1, 29 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 109, 279, 314; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.).
12
Indes gehört der Bereich der Sexualität nicht zwangsläufig und in jedem Fall zu diesem Kernbereich (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 25; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Absolut geschützt ist die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (BVerfG, AfP 2009,365 Rn. 26). Der Schutz entfällt aber, wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, BGB, 13. Auflage, Anhang § 12, Rn. 121). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
13
(2) Wie das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - zutreffend angenommen hat, hat der Kläger sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er freiwillig an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme in für den Zuschauer erkennbarer Weise mitgewirkt und diesen Bereich seiner Sexualität damit bewusst der interessierten Öffentlichkeit preisgegeben hat. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich hat vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme erkennbar hat abbilden lassen (vgl. Anlage B 3). Wer sich als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen dem Publikum präsentiert , kann sich gegenüber einer Berichterstattung über diesen Teil seines Wirkens nicht auf den Schutz seiner Intimsphäre berufen (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, Beck RS 2010, 21531 unter II. 3. a) aa) (3); Soehring , Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 8; vgl. auch LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533). Derartige Filme sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, so dass die Mitwirkung an ihrer Produktion nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters im Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angesehen werden kann.
14
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber angenommen, die angegriffene Textpassage beeinträchtige den Kläger in seiner Privatsphäre.
15
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).
16
Auch hier entfällt der Schutz aber, wenn der Grundrechtsträger seine Privatsphäre nach außen öffnet und bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgibt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, aaO). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497, 498; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO, Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
17
(2) Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigt die angegriffene Textpassage die Privatsphäre des Klägers nicht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt die angegriffene Textpassage nicht eine private Nebenbeschäftigung des Klägers in die Öffentlichkeit. Die in dem Artikel beschriebene Mitwirkung des Klägers an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme ist nicht der privaten Lebensgestaltung, also dem der Öffentlichkeit abgewandten Bereich, sondern der Sozialsphäre zuzurechnen. Die beanstandeten Äußerungen befassen sich zwar mit der Lebensführung des Klägers, allerdings nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten und nur insoweit, als er sie durch sein eigenes Verhalten zurechenbar in einen die Privatsphäre überschreitenden Rahmen gerückt hat.
18
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger in allen Pornofilmen, in denen er mitgewirkt hat, jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen und mit dem Gesicht erkennbar. Er hat nicht nur an Massenszenen gleich einem Statisten mitgewirkt, sondern ist auch in Szenen mit nur einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen. Dies wird anschaulich durch den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Screenshot dokumentiert, der den Kläger - gut erkennbar, ohne Gesichtsmaske oder in sonstiger Weise anonymisiert - aktiv im Zentrum des Geschehens und im Mittelpunkt des Bildes zeigt (so bereits KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO). Darüber hinaus ist der Kläger auf dem Cover eines der Filme abgebildet. Bei dieser Sachlage ist der Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in den Filmen nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper aufgetreten, nicht zu folgen. Hiervon könnte man allenfalls dann ausgehen, wenn der Kläger Maßnahmen zum Schutz vor seiner Identifizierung getroffen, d.h. beispielsweise eine Gesichtsmaske getragen hätte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Ein Darsteller in einem Pornofilm, der sich dem Publikum ohne jede Ein- schränkung präsentiert und sein Gesicht erkennen lässt, kann aber nicht auf einen namen- und identitätslosen Körper reduziert werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Filmen namentlich nicht benannt wird. Denn durch die Abbildung seiner Person, vor allem seines Gesichts ist er identifizierbar (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO unter II. 3. a) aa) (4)).
19
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mitwirkung des Klägers in den Pornofilmen auch nicht deshalb der Privatsphäre zuzuordnen, weil es sich hierbei um eine bloße Nebentätigkeit des hauptberuflich als Bildhauer tätigen Klägers handle. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war. Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pornodarsteller präsentiert. Professionell hergestellte und kommerziell zu verwertende Pornofilme wie diejenigen, an denen der Kläger mitgewirkt hat, sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Darüber hinaus hat sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme hat abbilden lassen.
20
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtigt die angegriffene Berichterstattung den Kläger auch nicht in seinem Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Zwar gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 155; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56). Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt seinem Träger aber keinen Anspruch darauf, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild entspricht oder ihm selbst genehm ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, aaO, Rn. 14; BVerfGE 82, 236, 269; 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185; BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 24; AfP 2010, 365 Rn. 33; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198, Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193). Es gewährleistet insbesondere keine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers über den Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen, deren er sich - wie im Streitfall - öffentlich entäußert hat (BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56).
21
dd) Die öffentliche Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet hat, beeinträchtigt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aber deshalb , weil sie geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die - wie die angegriffene Berichterstattung - geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 11; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09, AfP 2011, 586 Rn. 11, 14, - VI ZR 115/09, juris Rn. 11, 14 und - VI ZR 346/09 - AfP 2011, 180 Rn. 10, 13, jeweils mwN; BVerfGE 54, 148, 153; 99, 185, 193).
22
b) Diese Beeinträchtigung hat der Kläger aber hinzunehmen.
23
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
24
bb) Im Streitfall sind das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten andererseits abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 15; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 16; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, VersR 2009, 365 Rn. 14; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 11 jeweils mwN; BVerfGE 61, 1, 8; 71, 162, 179; 99, 185, 197). Dies ist bei der streitgegenständlichen Äußerung ersichtlich der Fall.
25
cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere solche aus dem Bereich der Sozialsphäre, in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2010, 145 Rn. 25).
26
dd) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung jedenfalls insoweit zurückzutreten, als die Mitteilung der Tatsache betroffen ist, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet. Diese die Sozialsphäre des Klägers betreffenden Tatsachen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Es ist weder ersichtlich noch dargetan , dass ihre Bekanntgabe ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder eine besondere Stigmatisierung des Klägers nach sich ziehen könnte. Der Kläger wird durch die öffentliche Erwähnung seiner Tätigkeit nicht stärker diskreditiert als er dies durch die Mitwirkung an den kommerziell zu vertreibenden Pornofilmen in Kauf genommen hat.
27
Auf das Gewicht des öffentlichen Informationsinteresses kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern sie garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 28; AfP 2010, 365 Rn. 29). Unabhängig davon bestand vorliegend aber auch ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über den Kläger als neuen Lebenspartner einer in Deutschland sehr bekannten und im Licht der Öffentlichkeit stehenden Schauspielerin, nachdem diese ihn mit seinem Einverständnis anlässlich der Verleihung des deutschen Filmpreises öffentlich als ihren neuen Lebenspartner vorgestellt hatte. Dies gilt umso mehr, als der Umgang mit Pornografie und "safer sex" in der Gesellschaft kontrovers diskutiert und eine Berichterstattung hierüber durchaus zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen geeignet ist (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO; LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533).
28
2. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger die angegriffene Textpassage auch unter einem weiteren Gesichtspunkt angegriffen hat. Er hat auch geltend gemacht, dass die Textpassage die unwahren Tatsachen- behauptungen enthalte, der Kläger habe seiner Partnerin bei Eingehen der Beziehung verschwiegen, dass er als Pornodarsteller tätig gewesen sei, und sie habe von diesem Umstand erst später Kenntnis erlangt. Dieser Aussagegehalt ist der angegriffenen Berichterstattung in der Tat, insbesondere aufgrund der Verwendung der Worte " …, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund …" und des Begriffs "Vertrauensbruch" beizumessen. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Wahrheit dieser das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigenden Behauptung keine Feststellungen getroffen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2009 - 27 O 936/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.09.2009 - 10 U 20/09 -

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 332/09 Verkündet am:
25. Oktober 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung
über die Mitwirkung als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die RichterZoll
und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der bei der Verleihung des deutschen Filmpreises im Mai 2007 von einer bekannten Schauspielerin öffentlich als deren neuer Lebenspartner vorgestellt wurde, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung sowie auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.
2
Der Kläger ist Bildhauer und wirkte insgesamt acht Mal als Darsteller in pornographischen Filmproduktionen mit. Sein Bild ist auf einem Cover für das entsprechende Filmmaterial abgebildet. Der Kläger ist in allen Filmen jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen; dabei ist sein Gesicht erkennbar. Sein bürgerlicher Name wird nicht genannt.
3
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "Auf einen Blick". In der Ausgabe Nr. 26/07 vom 21. Juni 2007 erschien auf S. 14 unter der Überschrift "Wenn Frauen zu sehr lieben" ein Artikel, in dem es unter voller Namensnennung u.a. heißt:
4
"Und Fernsehstar ...? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte - ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?"
5
Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt es zu unterlassen, die beanstandete Passage zu veröffentlichen oder zu verbreiten, und den Kläger von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwältin in Höhe von 889,40 € freizustellen. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der angegriffenen Textpassage zu. Die Berichterstattung greife in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Zwar sei seine Intimsphäre nicht betroffen. Der Kläger habe sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er aus freien Stücken an Pornofilmaufnahmen teilgenommen und diesen sexuellen Bereich selbst und bewusst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Die beanstandete Berichterstattung verletze aber seine Privatsphäre. Der Zuordnung der Berichterstattung zur Privatsphäre stehe nicht entgegen, dass der Kläger als Darsteller an pornographischen Filmen mitgewirkt habe. Denn die Mitwirkung in derartigen Filmen sei nicht mit sonstigen Auftritten in Filmen zu vergleichen, mit denen sich Darsteller bewusst an die Öffentlichkeit wendeten und im Vor- bzw. Abspann mit ihren Namen vorgestellt würden. Die Mitwirkenden an den von der Beklagten beispielhaft eingereichten Pornofilmen blieben anonym, auch wenn in einigen Szenen Gesichter zu erkennen seien. Darsteller in pornographischen Filmen seien der Öffentlichkeit abgesehen von einer kleinen Gruppe zumeist weiblicher Darsteller regelmäßig nicht namentlich bekannt. Nach dem Inhalt der eingereichten Filme trete der Kläger nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper auf. Ein pornographischer Film sei ein personell anonymes Geschehen. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstands, dass der Kläger nicht lediglich in Massenszenen gleich einem Statisten aufgetreten sei, sondern auch Szenen mit ihm und einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen seien. Die Mitwirkung in den Pornofilmen könne auch nicht unter dem Aspekt der Berufstätigkeit der Öffentlichkeitssphäre zugeordnet werden. Denn es handle sich lediglich um eine Nebentätigkeit des Klägers, der hauptberuflich als Bildhauer tätig sei. Auch wenn die Berichterstattung wahre Tatsachen betreffe, überwiege das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre dasjenige der Beklagten auf Meinungsfreiheit. Im Schutzbereich der Privatsphäre sei die Verbreitung wahrer Tatsachen nämlich nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse der Öffentlich- keit an der Information bestehe. Ein berechtigtes Informationsinteresse an der Nebentätigkeit des Klägers als Pornodarsteller sei aber nicht ersichtlich.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Behauptung zu, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet.
9
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht angenommen , dass die Veröffentlichung der angegriffenen Textpassage in dem Artikel der Beklagten vom 21. Juni 2007 das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt.
10
aa) Wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts zutreffend ausgeführt hat, scheidet eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in seine absolut geschützte Intimsphäre aus.
11
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt das Grundgesetz dem Einzelnen im Kernbereich höchstpersönlicher , privater Lebensgestaltung einen unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit, der wegen seiner besonderen Nähe zur Menschenwürde abso- lut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 80, 367, 373; 109, 279, 313 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Diesem Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BVerfGE 119, 1, 29 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 109, 279, 314; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.).
12
Indes gehört der Bereich der Sexualität nicht zwangsläufig und in jedem Fall zu diesem Kernbereich (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 25; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Absolut geschützt ist die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (BVerfG, AfP 2009,365 Rn. 26). Der Schutz entfällt aber, wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, BGB, 13. Auflage, Anhang § 12, Rn. 121). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
13
(2) Wie das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - zutreffend angenommen hat, hat der Kläger sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er freiwillig an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme in für den Zuschauer erkennbarer Weise mitgewirkt und diesen Bereich seiner Sexualität damit bewusst der interessierten Öffentlichkeit preisgegeben hat. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich hat vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme erkennbar hat abbilden lassen (vgl. Anlage B 3). Wer sich als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen dem Publikum präsentiert , kann sich gegenüber einer Berichterstattung über diesen Teil seines Wirkens nicht auf den Schutz seiner Intimsphäre berufen (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, Beck RS 2010, 21531 unter II. 3. a) aa) (3); Soehring , Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 8; vgl. auch LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533). Derartige Filme sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, so dass die Mitwirkung an ihrer Produktion nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters im Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angesehen werden kann.
14
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber angenommen, die angegriffene Textpassage beeinträchtige den Kläger in seiner Privatsphäre.
15
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).
16
Auch hier entfällt der Schutz aber, wenn der Grundrechtsträger seine Privatsphäre nach außen öffnet und bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgibt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, aaO). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497, 498; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO, Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
17
(2) Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigt die angegriffene Textpassage die Privatsphäre des Klägers nicht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt die angegriffene Textpassage nicht eine private Nebenbeschäftigung des Klägers in die Öffentlichkeit. Die in dem Artikel beschriebene Mitwirkung des Klägers an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme ist nicht der privaten Lebensgestaltung, also dem der Öffentlichkeit abgewandten Bereich, sondern der Sozialsphäre zuzurechnen. Die beanstandeten Äußerungen befassen sich zwar mit der Lebensführung des Klägers, allerdings nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten und nur insoweit, als er sie durch sein eigenes Verhalten zurechenbar in einen die Privatsphäre überschreitenden Rahmen gerückt hat.
18
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger in allen Pornofilmen, in denen er mitgewirkt hat, jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen und mit dem Gesicht erkennbar. Er hat nicht nur an Massenszenen gleich einem Statisten mitgewirkt, sondern ist auch in Szenen mit nur einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen. Dies wird anschaulich durch den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Screenshot dokumentiert, der den Kläger - gut erkennbar, ohne Gesichtsmaske oder in sonstiger Weise anonymisiert - aktiv im Zentrum des Geschehens und im Mittelpunkt des Bildes zeigt (so bereits KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO). Darüber hinaus ist der Kläger auf dem Cover eines der Filme abgebildet. Bei dieser Sachlage ist der Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in den Filmen nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper aufgetreten, nicht zu folgen. Hiervon könnte man allenfalls dann ausgehen, wenn der Kläger Maßnahmen zum Schutz vor seiner Identifizierung getroffen, d.h. beispielsweise eine Gesichtsmaske getragen hätte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Ein Darsteller in einem Pornofilm, der sich dem Publikum ohne jede Ein- schränkung präsentiert und sein Gesicht erkennen lässt, kann aber nicht auf einen namen- und identitätslosen Körper reduziert werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Filmen namentlich nicht benannt wird. Denn durch die Abbildung seiner Person, vor allem seines Gesichts ist er identifizierbar (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO unter II. 3. a) aa) (4)).
19
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mitwirkung des Klägers in den Pornofilmen auch nicht deshalb der Privatsphäre zuzuordnen, weil es sich hierbei um eine bloße Nebentätigkeit des hauptberuflich als Bildhauer tätigen Klägers handle. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war. Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pornodarsteller präsentiert. Professionell hergestellte und kommerziell zu verwertende Pornofilme wie diejenigen, an denen der Kläger mitgewirkt hat, sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Darüber hinaus hat sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme hat abbilden lassen.
20
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtigt die angegriffene Berichterstattung den Kläger auch nicht in seinem Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Zwar gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 155; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56). Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt seinem Träger aber keinen Anspruch darauf, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild entspricht oder ihm selbst genehm ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, aaO, Rn. 14; BVerfGE 82, 236, 269; 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185; BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 24; AfP 2010, 365 Rn. 33; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198, Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193). Es gewährleistet insbesondere keine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers über den Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen, deren er sich - wie im Streitfall - öffentlich entäußert hat (BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56).
21
dd) Die öffentliche Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet hat, beeinträchtigt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aber deshalb , weil sie geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die - wie die angegriffene Berichterstattung - geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 11; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09, AfP 2011, 586 Rn. 11, 14, - VI ZR 115/09, juris Rn. 11, 14 und - VI ZR 346/09 - AfP 2011, 180 Rn. 10, 13, jeweils mwN; BVerfGE 54, 148, 153; 99, 185, 193).
22
b) Diese Beeinträchtigung hat der Kläger aber hinzunehmen.
23
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
24
bb) Im Streitfall sind das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten andererseits abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 15; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 16; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, VersR 2009, 365 Rn. 14; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 11 jeweils mwN; BVerfGE 61, 1, 8; 71, 162, 179; 99, 185, 197). Dies ist bei der streitgegenständlichen Äußerung ersichtlich der Fall.
25
cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere solche aus dem Bereich der Sozialsphäre, in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2010, 145 Rn. 25).
26
dd) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung jedenfalls insoweit zurückzutreten, als die Mitteilung der Tatsache betroffen ist, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet. Diese die Sozialsphäre des Klägers betreffenden Tatsachen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Es ist weder ersichtlich noch dargetan , dass ihre Bekanntgabe ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder eine besondere Stigmatisierung des Klägers nach sich ziehen könnte. Der Kläger wird durch die öffentliche Erwähnung seiner Tätigkeit nicht stärker diskreditiert als er dies durch die Mitwirkung an den kommerziell zu vertreibenden Pornofilmen in Kauf genommen hat.
27
Auf das Gewicht des öffentlichen Informationsinteresses kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern sie garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 28; AfP 2010, 365 Rn. 29). Unabhängig davon bestand vorliegend aber auch ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über den Kläger als neuen Lebenspartner einer in Deutschland sehr bekannten und im Licht der Öffentlichkeit stehenden Schauspielerin, nachdem diese ihn mit seinem Einverständnis anlässlich der Verleihung des deutschen Filmpreises öffentlich als ihren neuen Lebenspartner vorgestellt hatte. Dies gilt umso mehr, als der Umgang mit Pornografie und "safer sex" in der Gesellschaft kontrovers diskutiert und eine Berichterstattung hierüber durchaus zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen geeignet ist (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO; LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533).
28
2. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger die angegriffene Textpassage auch unter einem weiteren Gesichtspunkt angegriffen hat. Er hat auch geltend gemacht, dass die Textpassage die unwahren Tatsachen- behauptungen enthalte, der Kläger habe seiner Partnerin bei Eingehen der Beziehung verschwiegen, dass er als Pornodarsteller tätig gewesen sei, und sie habe von diesem Umstand erst später Kenntnis erlangt. Dieser Aussagegehalt ist der angegriffenen Berichterstattung in der Tat, insbesondere aufgrund der Verwendung der Worte " …, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund …" und des Begriffs "Vertrauensbruch" beizumessen. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Wahrheit dieser das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigenden Behauptung keine Feststellungen getroffen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2009 - 27 O 936/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.09.2009 - 10 U 20/09 -
12
Es geht um eine namentliche Berichterstattung der Beklagten über die berufliche Tätigkeit des Klägers, an der die Öffentlichkeit nach Lage des Falles ein beträchtliches Interesse hat. Dass es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers um seine "Sozialsphäre" handelt, hat das Berufungsgericht im Ansatz zwar nicht verkannt. Es legt aber bei der auch hier erforderlichen Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und den Grundrechten aus Art. 5 GG Maßstäbe an, die dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht gerecht werden, zu- mal diese durch Vorgänge im Gesundheitswesen angesichts der aktuellen Diskussion über dieses Thema unmittelbar berührt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 262/10 Verkündet am:
20. Dezember 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll
und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. August 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist pädagogische Leiterin und eines von mehreren Vorstandsmitgliedern des eingetragenen Vereins S., der in H. "Kinderhäuser" sowie "Babyklappen" betreibt. Ihr Ehemann Dr. J. M. ist geschäftsführender Vorstand des Vereins. In den 1970er/1980er Jahren gehörte die Klägerin zunächst der AG Frauen, sodann dem leitenden Gremium und der so genannten Frauenleitung des Kommunistischen Bundes an.
2
Ab dem 24. Juli 2009 veröffentlichte die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite www.spiegel.de den Artikel "H.er Babyklappenstreit - Das lukrative Geschäft mit den Kindern". Dieser befasste sich mit Vorwürfen der H.er Sozialbehörde, vom Verein S. über den Verbleib von Findelkindern nicht ausreichend informiert zu werden.
3
In dem Artikel heißt es, das weitgehend unbeachtete Dasein des Vereins S. habe sich erst 1999 geändert, als der Geschäftsführer J. M. das Projekt Findelbaby erfunden habe; plötzlich habe sich auch die High Society der …metropolefür den einstigen Kommunisten M. erwärmt. Nach einer Schilde- rung von Einzelheiten der Auseinandersetzung zwischen dem Verein und der Sozialbehörde lautet der Artikel weiter: "Er und seine Ehefrau H. K. gehörten dem Kommunistischen Bund an." M. war für die Umsetzung der "Kinderpolitik" mitverantwortlich, "K. machte Frauenpolitik." 1976 hätten die Eheleute in H.-A. das Kinderhaus H.-straße gegründet, dessen Leiterin die Klägerin geworden sei. Die Einrichtung sei von konservativen Kreisen als linker Kinderladen und Kaderschmiede kommunistischer Sektierer geschmäht worden. Die Stadt habe die üblichen Zuschüsse verweigert und sei von einem Gericht zur Nachzahlung für mehrere Jahre verpflichtet worden. Das Geld habe M. zwischen den mittlerweile verfeindeten Vereinsmitgliedern aufgeteilt und S. gegründet.
4
Das Landgericht hat die Beklagte u.a. verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß im Zusammenhang mit der Klägerin zu äußern oder zu verbreiten, "Der Kampf ist ein Teil von M.s Leben. Er und seine Ehefrau H.K. gehörten dem Kommunistischen Bund an. M. war für die Umsetzung der "Kinderpolitik" mitverantwortlich. K. machte Frauenpolitik." Zudem wurde die Beklagte zur Freistellung der Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der zitierten Textpassage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin hinsichtlich der vom Berufungsgericht abgewiesenen Textpassage ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu. Die Äußerungen, die Klägerin habe dem Kommunistischen Bund angehört und sei dort mitverantwortlich für die Frauenpolitik gewesen, stellten wahre Tatsachenbehauptungen dar. Diese Äußerungen seien rechtmäßig. Sie beträfen die Sozialsphäre der Klägerin, weil diese bei ihrer politischen Betätigung von Menschen habe wahrgenommen werden können, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestanden hätten. Die Klägerin habe weder substantiiert vorgetragen, dass sie eine bloße "Quotenfrau" gewesen sei, noch sei dies im Hinblick auf die ausgeübten Funktionen und Aktivitäten nachvollziehbar.
6
Die beanstandeten Äußerungen entfalteten auch keine Prangerwirkung. Zu schwerwiegenden Auswirkungen auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung der Klägerin fehle es an konkretem Vortrag. Ein öffentliches Informationsinteresse ergebe sich aus der öffentlichen Diskussion um die von dem Verein S. betriebenen Babyklappen und das finanzielle Gebaren des Vereins. In diesem Zusammenhang würden der Werdegang der Klägerin und deren heutige Tätigkeit sowie die Aufgabenfelder des Vereins aus der Vergangenheit heraus erklärt.

II.

7
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
8
1. Von der Revision nicht beanstandet sieht das Berufungsgericht die Äußerungen, die Klägerin habe dem Kommunistischen Bund angehört und dort Frauenpolitik gemacht, ohne Rechtsfehler als wahre Tatsachenbehauptungen an.
9
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Klägerin sei durch die angegriffene Textpassage nicht in rechtswidriger Weise in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, weswegen ihr diesbezüglich kein Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG gegen die Beklagte zustehe.
10
a) Zutreffend hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihres Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 - Scientology; 101, 361, 388 - Caroline von Monaco II; 114, 339, 348 - Manfred Stolpe; 120, 180, 199 ff. - Caroline von Monaco IV; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 61 mwN; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523 mwN; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12 - Gen-Milch; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; EGMR, AfP 1999, 251, 252). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
11
b) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass als Abwägungskriterium auf Seiten des Persönlichkeitsschutzes die abgestufte Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 30; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, VersR 1987, 778, 779 - BND-Interna; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Danach genießen besonders hohen Schutz die so genannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten , die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO; BVerfGE 65, 1, 41 ff. - Volkszählung; 78, 77, 84).
12
Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktio- nen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO, Rn. 31; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25). Bei der von der Klägerin in Anspruch genommenen Privatsphäre ist als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts u.a. das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten anerkannt. Dieses Recht stellt sich als die Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden , ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten bzw. Lebenssachverhalte in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfGE 65, 1, 41 ff. - Vokszählung; 72, 155, 170; 78, 77, 84; 80, 367, 373). Auch dieses Recht ist aber nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff. - Volkszählung; 78, 77, 85 ff.; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO, Rn. 30).
13

c) Im Streitfall sind die beanstandeten Äußerungen entgegen der Auffassung der Revision der Sozialsphäre der Klägerin und nicht ihrer Privatsphäre zuzuordnen.
14
aa) Die Sozialsphäre betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht, so insbesondere das berufliche und politische Wirken des Individuums (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110; Senatsurteile vom 20. Januar 1981 - VI ZR 162/79, BGHZ 80, 25, 35 - Der Aufmacher I; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 308/03, BGHZ 161, 266, 268; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06, BGHZ 177, 119 Rn. 17 ff.; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 12; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92, AfP 1995, 404, 407 - Dubioses Geschäftsgebaren ). Demgegenüber umfasst die Privatsphäre sowohl in räumlicher als auch in thematischer Hinsicht den Bereich, zu dem andere grundsätzlich nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird; dies betrifft in thematischer Hinsicht Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen in der Umwelt auslöst (vgl. BVerfGE 101, 361, 382 - Caroline von Monaco II; BVerfG, NJW 2000, 2193; NJW 2000, 2194, 2195; Senatsurteile vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63, JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 122 - Telefongespräch; vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79, VersR 1981, 384, 385 - Der Aufmacher II; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, aaO - BND-Interna; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 523 f.; Wanckel in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 19 Rn. 5 ff.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 54 ff.). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; denn niemand kann sich auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 - Caroline von Monaco II; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524 und - VI ZR 404/02, VersR 2004, 525, 526; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 85; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 21).
15
bb) Nach diesen Grundsätzen unterfällt die beanstandete Berichterstattung , insbesondere ihre zentrale Aussage der Zugehörigkeit der Klägerin zum Kommunistischen Bund, der Sozialsphäre.
16
(1) Dem Beitritt zu einem Verein, einer politischen Partei oder einer anderen (etwa politischen oder religiösen) Gruppierung kommt ebenso wie dem bloßen Bestehen einer Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung grundsätzlich keine Publizität zu. Vielmehr beschränkt sich die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Daten eines Mitglieds auf die Mitgliederverwaltung (so CDUBundesparteigericht , NVwZ 1993, 1127, 1128) und nach verbreiteter Ansicht auf die übrigen Mitglieder (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1991 - 1 BvR 185/91, juris Rn. 3; BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, WM 2010, 2360 Rn. 4 ff. und vom 25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399; OLG München, Urteil vom 15. November 1990 - 19 U 3483/90, juris Rn. 6 ff.; BayVGH, Beschluss vom 5. Oktober 1998 - 21 ZE 98.2707, 21 CE 921 CE 98.2707, juris Rn. 13; OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677 f.; OLG Hamburg, NZG 2010, 317 f.; LG Berlin, K&R 2010, 140; Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 330 (Stand: März 2001); Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rn. 2757; Waldner/Wörle-Himmel in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rn. 336). Soweit ein Mitglied lediglich eine pas- sive Zugehörigkeit anstrebt und sich nach außen hin nicht offen zur Mitgliedschaft bekennen will, ist dies zu respektieren (vgl. CDU-Bundesparteigericht, aaO; Klein in Maunz/Dürig, aaO); denn zu der in Art. 9 Abs. 1 GG grundrechtlich verbürgten Vereinsfreiheit gehört auch die freie Entscheidung, ob die Mitglieder als solche in die Öffentlichkeit treten wollen, ebenso wie das Mitglied seine Vereinszugehörigkeit verschweigen darf (vgl. Merten in Isensee/Kirchhof, aaO). Dementsprechend ist die Mitgliedschaft in einer weltanschaulichreligiösen Gemeinschaft jedenfalls dann der Privatsphäre zugeordnet worden, wenn der Betroffene mit seiner Mitgliedschaft und den Lehren der Vereinigung nicht von sich aus in die Öffentlichkeit getreten ist (vgl. BVerfG, NJW 1990, 1980; NJW 1997, 2669, 2670).
17
(2) Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe sich im öffentlichen Raum nicht für den Kommunistischen Bund eingesetzt und sei nach außen nicht für diesen in Erscheinung getreten; niemand habe damals seinen Beitritt zum Kommunistischen Bund öffentlich kundgetan. Im Streitfall ergibt sich aber die Zuordnung zur Sozialsphäre daraus, dass die Klägerin der AG Frauen, dem leitenden Gremium und der so genannten Frauenleitung des Kommunistischen Bundes angehörte. Die Funktionen eines leitenden Gremiums und der Frauenleitung sind in einer politischen Gruppierung, die naturgemäß darauf ausgerichtet ist, ihre Ziele im politischen Raum durchzusetzen und Anhänger für ihre Überzeugung zu gewinnen, notwendigerweise auf Außenwirkung angelegt. Es reicht mithin für die Zuordnung zur Sozialsphäre aus, dass die Klägerin aufgrund dieser Funktionen für die Frauenpolitik des Kommunistischen Bundes mitverantwortlich war, ohne dass es darauf ankommt, ob sie selbst öffentlichkeitswirksam aufgetreten ist. Die Bewertung ihrer Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund knüpft an die Funktionen an, welche die Klägerin in den 1970er/1980er-Jahren ausübte, also in einer Zeit, in der sie mit ihrem Ehemann auch das in dem Bericht angesprochene Kinderhaus H.- straße gegründet hatte.
18
d) Der Eingriff in die Sozialsphäre der Klägerin durch die beanstandete Berichterstattung ist nicht rechtswidrig, weil ihr Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegt. Dies ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin und dem gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht der Beklagten auf Äußerungs- und Pressefreiheit. Danach muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff. - Volkszählung; 78, 77, 85 ff.; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO). Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Auch bei wahren Aussagen können zwar ausnahmsweise Persönlichkeitsbelange überwiegen und die Meinungsfreiheit in den Hintergrund drängen. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen aber nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25).
19
Aktueller Berichterstattungsanlass für den streitgegenständlichen Internetartikel waren Vorwürfe der H.er Sozialbehörde, vom Verein über den Verbleib von Findelkindern nicht ausreichend informiert zu werden. In diesem Zusammenhang wurde darüber berichtet, dass der Ehemann der Klägerin und sie früher dem Kommunistischen Bund angehörten, der Ehemann für dessen Kinderpolitik mitverantwortlich gewesen sei und die Klägerin der Frauenleitung angehört habe. Beide hätten 1976 in H.-A. das Kinderhaus H.-straße gegründet, dessen Leiterin die Klägerin geworden sei, eine Einrichtung, die von konservativen Kreisen als linker Kinderladen und Kaderschmiede kommunistischer Sektierer geschmäht worden sei. Auch wenn diese Vorgänge längere Zeit zurückliegen , ist insoweit ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Gesamtkontext des Artikels gegeben. In diesem wird nämlich auch darüber berichtet , dass der Verein S. rund tausend Kinder, überwiegend in Villen in bester Lage, betreut und sich nach Erfindung des Projekts "Findelbaby" auch die High Society der E.-metropole für den einstigen Kommunisten M. erwärmt habe. In diesem Zusammenhang sind auch die frühere Zugehörigkeit der Klägerin zur Frauenleitung des Kommunistischen Bundes und die Leitung des 1976 gegründeten Kinderhauses sowie dessen Bewertung durch Teile der Bevölkerung von öffentlichem Interesse. Denn in dem Artikel wird die frühere Überzeugung der Klägerin gegenüber gestellt ihrem heutigen Wirken als pädagogische Leiterin in der Kinderbetreuung in von dem Verein S. erworbenen Villen in bester Lage.
20
Gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit muss der Persönlichkeitsschutz der Klägerin zurücktreten. Diese hat keine schwerwiegenden Auswirkungen auf ihr Persönlichkeitsrecht oder ihr entstandene konkrete Nachteile beruflicher Art vorgetragen, die durch die Berichterstattung entstanden wären. Alleine der Umstand, dass sie wegen der Veröffentlichung möglicherweise im Hinblick auf ihre kommunistische Vergangenheit Anfeindungen Andersdenkender ausgesetzt sein und Nachteile beruflicher Art erleiden kann, ist nicht so schwerwiegend, dass er die Äußerungs- und Pressefreiheit der Beklagten in den Hintergrund drängen könnte, zumal aus dem Artikel hervorgeht, dass die Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund lange zurückliegt. Eine Stigmatisierung , soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung sind wegen des Hinweises auf die Vergangenheit der Klägerin nicht zu besorgen.
21
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2009 - 27 O 967/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.08.2010 - 10 U 10/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 332/09 Verkündet am:
25. Oktober 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung
über die Mitwirkung als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die RichterZoll
und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der bei der Verleihung des deutschen Filmpreises im Mai 2007 von einer bekannten Schauspielerin öffentlich als deren neuer Lebenspartner vorgestellt wurde, nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung sowie auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.
2
Der Kläger ist Bildhauer und wirkte insgesamt acht Mal als Darsteller in pornographischen Filmproduktionen mit. Sein Bild ist auf einem Cover für das entsprechende Filmmaterial abgebildet. Der Kläger ist in allen Filmen jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen; dabei ist sein Gesicht erkennbar. Sein bürgerlicher Name wird nicht genannt.
3
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "Auf einen Blick". In der Ausgabe Nr. 26/07 vom 21. Juni 2007 erschien auf S. 14 unter der Überschrift "Wenn Frauen zu sehr lieben" ein Artikel, in dem es unter voller Namensnennung u.a. heißt:
4
"Und Fernsehstar ...? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte - ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?"
5
Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt es zu unterlassen, die beanstandete Passage zu veröffentlichen oder zu verbreiten, und den Kläger von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwältin in Höhe von 889,40 € freizustellen. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der angegriffenen Textpassage zu. Die Berichterstattung greife in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Zwar sei seine Intimsphäre nicht betroffen. Der Kläger habe sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er aus freien Stücken an Pornofilmaufnahmen teilgenommen und diesen sexuellen Bereich selbst und bewusst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Die beanstandete Berichterstattung verletze aber seine Privatsphäre. Der Zuordnung der Berichterstattung zur Privatsphäre stehe nicht entgegen, dass der Kläger als Darsteller an pornographischen Filmen mitgewirkt habe. Denn die Mitwirkung in derartigen Filmen sei nicht mit sonstigen Auftritten in Filmen zu vergleichen, mit denen sich Darsteller bewusst an die Öffentlichkeit wendeten und im Vor- bzw. Abspann mit ihren Namen vorgestellt würden. Die Mitwirkenden an den von der Beklagten beispielhaft eingereichten Pornofilmen blieben anonym, auch wenn in einigen Szenen Gesichter zu erkennen seien. Darsteller in pornographischen Filmen seien der Öffentlichkeit abgesehen von einer kleinen Gruppe zumeist weiblicher Darsteller regelmäßig nicht namentlich bekannt. Nach dem Inhalt der eingereichten Filme trete der Kläger nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper auf. Ein pornographischer Film sei ein personell anonymes Geschehen. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstands, dass der Kläger nicht lediglich in Massenszenen gleich einem Statisten aufgetreten sei, sondern auch Szenen mit ihm und einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen seien. Die Mitwirkung in den Pornofilmen könne auch nicht unter dem Aspekt der Berufstätigkeit der Öffentlichkeitssphäre zugeordnet werden. Denn es handle sich lediglich um eine Nebentätigkeit des Klägers, der hauptberuflich als Bildhauer tätig sei. Auch wenn die Berichterstattung wahre Tatsachen betreffe, überwiege das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre dasjenige der Beklagten auf Meinungsfreiheit. Im Schutzbereich der Privatsphäre sei die Verbreitung wahrer Tatsachen nämlich nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse der Öffentlich- keit an der Information bestehe. Ein berechtigtes Informationsinteresse an der Nebentätigkeit des Klägers als Pornodarsteller sei aber nicht ersichtlich.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Behauptung zu, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet.
9
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht angenommen , dass die Veröffentlichung der angegriffenen Textpassage in dem Artikel der Beklagten vom 21. Juni 2007 das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt.
10
aa) Wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts zutreffend ausgeführt hat, scheidet eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in seine absolut geschützte Intimsphäre aus.
11
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt das Grundgesetz dem Einzelnen im Kernbereich höchstpersönlicher , privater Lebensgestaltung einen unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit, der wegen seiner besonderen Nähe zur Menschenwürde abso- lut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 80, 367, 373; 109, 279, 313 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Diesem Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BVerfGE 119, 1, 29 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 109, 279, 314; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.).
12
Indes gehört der Bereich der Sexualität nicht zwangsläufig und in jedem Fall zu diesem Kernbereich (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 25; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25). Absolut geschützt ist die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (BVerfG, AfP 2009,365 Rn. 26). Der Schutz entfällt aber, wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, BGB, 13. Auflage, Anhang § 12, Rn. 121). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
13
(2) Wie das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - zutreffend angenommen hat, hat der Kläger sich des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre dadurch begeben, dass er freiwillig an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme in für den Zuschauer erkennbarer Weise mitgewirkt und diesen Bereich seiner Sexualität damit bewusst der interessierten Öffentlichkeit preisgegeben hat. Dies gilt umso mehr, als sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich hat vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme erkennbar hat abbilden lassen (vgl. Anlage B 3). Wer sich als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen dem Publikum präsentiert , kann sich gegenüber einer Berichterstattung über diesen Teil seines Wirkens nicht auf den Schutz seiner Intimsphäre berufen (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, Beck RS 2010, 21531 unter II. 3. a) aa) (3); Soehring , Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 8; vgl. auch LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533). Derartige Filme sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, so dass die Mitwirkung an ihrer Produktion nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters im Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angesehen werden kann.
14
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber angenommen, die angegriffene Textpassage beeinträchtige den Kläger in seiner Privatsphäre.
15
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehö- ren und den Einblick durch andere auszuschließen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245; 35, 202, 220; BVerfG, AfP 2010, 562; Senatsurteile vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 10, 13, jeweils mwN). Der Schutz der Privatsphäre ist thematisch und räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373) der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361, 382).
16
Auch hier entfällt der Schutz aber, wenn der Grundrechtsträger seine Privatsphäre nach außen öffnet und bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten der Öffentlichkeit preisgibt (vgl. BVerfGE 80, 367, 374; 101, 361, 385; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25; vgl. auch Erman/Klass, aaO). Er kann sich dann nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1987 - VI ZR 42/87, VersR 1988, 497, 498; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, aaO, Rn. 26 mwN; BVerfGE 101, 361, 385).
17
(2) Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigt die angegriffene Textpassage die Privatsphäre des Klägers nicht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt die angegriffene Textpassage nicht eine private Nebenbeschäftigung des Klägers in die Öffentlichkeit. Die in dem Artikel beschriebene Mitwirkung des Klägers an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme ist nicht der privaten Lebensgestaltung, also dem der Öffentlichkeit abgewandten Bereich, sondern der Sozialsphäre zuzurechnen. Die beanstandeten Äußerungen befassen sich zwar mit der Lebensführung des Klägers, allerdings nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten und nur insoweit, als er sie durch sein eigenes Verhalten zurechenbar in einen die Privatsphäre überschreitenden Rahmen gerückt hat.
18
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger in allen Pornofilmen, in denen er mitgewirkt hat, jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen und mit dem Gesicht erkennbar. Er hat nicht nur an Massenszenen gleich einem Statisten mitgewirkt, sondern ist auch in Szenen mit nur einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen. Dies wird anschaulich durch den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Screenshot dokumentiert, der den Kläger - gut erkennbar, ohne Gesichtsmaske oder in sonstiger Weise anonymisiert - aktiv im Zentrum des Geschehens und im Mittelpunkt des Bildes zeigt (so bereits KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO). Darüber hinaus ist der Kläger auf dem Cover eines der Filme abgebildet. Bei dieser Sachlage ist der Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in den Filmen nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper aufgetreten, nicht zu folgen. Hiervon könnte man allenfalls dann ausgehen, wenn der Kläger Maßnahmen zum Schutz vor seiner Identifizierung getroffen, d.h. beispielsweise eine Gesichtsmaske getragen hätte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Ein Darsteller in einem Pornofilm, der sich dem Publikum ohne jede Ein- schränkung präsentiert und sein Gesicht erkennen lässt, kann aber nicht auf einen namen- und identitätslosen Körper reduziert werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Filmen namentlich nicht benannt wird. Denn durch die Abbildung seiner Person, vor allem seines Gesichts ist er identifizierbar (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO unter II. 3. a) aa) (4)).
19
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mitwirkung des Klägers in den Pornofilmen auch nicht deshalb der Privatsphäre zuzuordnen, weil es sich hierbei um eine bloße Nebentätigkeit des hauptberuflich als Bildhauer tätigen Klägers handle. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war. Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pornodarsteller präsentiert. Professionell hergestellte und kommerziell zu verwertende Pornofilme wie diejenigen, an denen der Kläger mitgewirkt hat, sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Darüber hinaus hat sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme hat abbilden lassen.
20
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtigt die angegriffene Berichterstattung den Kläger auch nicht in seinem Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Zwar gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 155; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56). Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelt seinem Träger aber keinen Anspruch darauf, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild entspricht oder ihm selbst genehm ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, aaO, Rn. 14; BVerfGE 82, 236, 269; 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185; BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 24; AfP 2010, 365 Rn. 33; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198, Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193). Es gewährleistet insbesondere keine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers über den Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen, deren er sich - wie im Streitfall - öffentlich entäußert hat (BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56).
21
dd) Die öffentliche Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet hat, beeinträchtigt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aber deshalb , weil sie geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand besonderer Freiheitsgarantien sind, aber diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen. Dazu gehört auch die soziale Anerkennung des Einzelnen. Aus diesem Grund umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die - wie die angegriffene Berichterstattung - geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 11; vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09, AfP 2011, 586 Rn. 11, 14, - VI ZR 115/09, juris Rn. 11, 14 und - VI ZR 346/09 - AfP 2011, 180 Rn. 10, 13, jeweils mwN; BVerfGE 54, 148, 153; 99, 185, 193).
22
b) Diese Beeinträchtigung hat der Kläger aber hinzunehmen.
23
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
24
bb) Im Streitfall sind das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten andererseits abzuwägen. Denn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 15; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 16; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, VersR 2009, 365 Rn. 14; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 11 jeweils mwN; BVerfGE 61, 1, 8; 71, 162, 179; 99, 185, 197). Dies ist bei der streitgegenständlichen Äußerung ersichtlich der Fall.
25
cc) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere solche aus dem Bereich der Sozialsphäre, in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2010, 145 Rn. 25).
26
dd) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung jedenfalls insoweit zurückzutreten, als die Mitteilung der Tatsache betroffen ist, der Kläger habe in pornographischen Filmen mitgewirkt und hierbei kein Kondom verwendet. Diese die Sozialsphäre des Klägers betreffenden Tatsachen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Es ist weder ersichtlich noch dargetan , dass ihre Bekanntgabe ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder eine besondere Stigmatisierung des Klägers nach sich ziehen könnte. Der Kläger wird durch die öffentliche Erwähnung seiner Tätigkeit nicht stärker diskreditiert als er dies durch die Mitwirkung an den kommerziell zu vertreibenden Pornofilmen in Kauf genommen hat.
27
Auf das Gewicht des öffentlichen Informationsinteresses kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern sie garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 28; AfP 2010, 365 Rn. 29). Unabhängig davon bestand vorliegend aber auch ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über den Kläger als neuen Lebenspartner einer in Deutschland sehr bekannten und im Licht der Öffentlichkeit stehenden Schauspielerin, nachdem diese ihn mit seinem Einverständnis anlässlich der Verleihung des deutschen Filmpreises öffentlich als ihren neuen Lebenspartner vorgestellt hatte. Dies gilt umso mehr, als der Umgang mit Pornografie und "safer sex" in der Gesellschaft kontrovers diskutiert und eine Berichterstattung hierüber durchaus zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen geeignet ist (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07, aaO; LG Hamburg, AfP 2008, 532, 533).
28
2. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger die angegriffene Textpassage auch unter einem weiteren Gesichtspunkt angegriffen hat. Er hat auch geltend gemacht, dass die Textpassage die unwahren Tatsachen- behauptungen enthalte, der Kläger habe seiner Partnerin bei Eingehen der Beziehung verschwiegen, dass er als Pornodarsteller tätig gewesen sei, und sie habe von diesem Umstand erst später Kenntnis erlangt. Dieser Aussagegehalt ist der angegriffenen Berichterstattung in der Tat, insbesondere aufgrund der Verwendung der Worte " …, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund …" und des Begriffs "Vertrauensbruch" beizumessen. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Wahrheit dieser das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigenden Behauptung keine Feststellungen getroffen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2009 - 27 O 936/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.09.2009 - 10 U 20/09 -

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 26. März 2009 - 11 Sa 83/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Entschädigungsanspruch des schwerbehinderten Klägers, der sich bei der Beklagten um die Stelle eines Entwicklungsingenieurs beworben hatte.

2

Im Dezember 2007 schrieb die Beklagte auf ihrer Homepage die Stelle eines Entwicklungsingenieurs Digitale Elektroniken (m/w) aus. Arbeitsort sollte G bei F sein, Arbeitsbeginn „ab sofort“. Gefordert wurde ein abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium, Erfahrung mit der Entwicklung digitaler Schaltungen, Versiertheit im Umgang mit DSP, CPLD, FPGA und Kenntnisse in Echtzeitanwendungen, Echtzeitbetriebssystemen und DSP-Assemblerprogrammierung.

3

Die Beklagte prüfte nicht, ob die ausgeschriebene Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit einem bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Auch hatte die Beklagte keinen Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufgenommen und die Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt. Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach § 71 SGB IX erfüllt die Beklagte nicht.

4

Mitte Dezember 2007 bewarb sich der Zeuge P für die ausgeschriebene Stelle. In seinem am 17. Dezember 2007 mit der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrag ist seine Arbeitsaufnahme für den 1. April 2008 vorgesehen. Danach unterließ es die Beklagte, die Stellenausschreibung von ihrer Homepage im Internet zu löschen.

5

Am 29. Dezember 2007 nahm der Kläger die Stellenausschreibung wahr und bewarb sich noch am selben Tage per E-Mail bei der Beklagten. In seinem Bewerbungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„Meine Berufserfahrung als Entwicklungsingenieur umfaßt mehrere Jahre, in denen ich sowohl Hardware digitaler Elektroniken als auch die zugehörige Firmware zum Betrieb der eingesetzten Mikrocontroller entwickelte. Zur Software-Entwicklung benutzte ich die Programmiersprache C, oder programmierte in Assembler. Die umfassende Projektbearbeitung inklusive Lastenhefterstellung und Produktionsübergabe ist mir geläufig.

        

Die Schwerbehinderung, die bei mir gemäß Schwerbehindertengesetz anerkannt wurde, hat bei Ausübung berufsüblicher Tätigkeiten keinen Einfluss darauf.“

6

Darauf teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 8. Januar 2008 ua. mit:

        

„Mit Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass nun die ausgeschriebene Position anderweitig vergeben wurde.“

7

Mit Schreiben vom 27. Februar 2008 äußerte der Kläger gegenüber der Beklagten die Vermutung, er sei wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren diskriminiert worden und machte Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend. Diese verfolgt er mit seiner am 27. Mai 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 3. Juni 2008 der Beklagten zugestellten Klage weiter.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es bestehe die Vermutung einer Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung nach § 22 AGG. Diese Vermutung ergebe sich sowohl daraus, dass die Beklagte nicht geprüft habe, ob die zu besetzende Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit einem bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne, als auch daraus, dass die Beklagte entgegen § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nicht frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen habe. Der Kläger meint, hätte die Beklagte die Agentur für Arbeit frühzeitig über die freie Stelle informiert, so hätte er sich vor der zwischenzeitlich erfolgten Stellenbesetzung um die zu diesem Zeitpunkt noch freie Stelle bewerben können und er wäre eingestellt worden; zumindest hätte aber seine Bewerbung nicht mit dem Hinweis abgelehnt werden können, die Stelle sei bereits besetzt.

9

Weiterhin vertritt der Kläger die Auffassung, für die Vermutung seiner Diskriminierung sprächen auch eine nicht ordnungsgemäße Begründung der Einstellungsentscheidung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX sowie die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach § 71 SGB IX durch die Beklagte.

10

Schließlich ist der Kläger der Ansicht, die Vermutung resultiere ebenfalls daraus, dass die Schwerbehindertenvertretung im Bewerbungsverfahren nicht beteiligt worden sei. Daher schulde ihm die Beklagte wegen Diskriminierung eine Entschädigung, die mit mindestens drei Monatsgehältern zu jeweils 4.000,00 Euro angemessen sei.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung zu zahlen nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8. Januar 2008.

12

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und dazu die Auffassung vertreten, die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle vor dem Bewerbungseingang des Klägers schließe seine Diskriminierung aus. Die fehlende Beteiligung der Agentur für Arbeit könne daher von vornherein keine Indizwirkung entfalten. Außerdem sei die Bewerbung des Klägers nicht ernst gemeint gewesen, da es ihm - wie in anderen Verfahren auch - lediglich um den Entschädigungsanspruch gehe.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen P abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es sei bereits fraglich, ob der Kläger überhaupt als Beschäftigter iSv. § 6 AGG angesehen werden könne, da im Zeitpunkt seiner Bewerbung am 29. Dezember 2007 wegen der am 17. Dezember 2007 erfolgten Stellenvergabe an den Zeugen P keine verfügbare Stelle mehr existiert habe. Nach Eingang der Bewerbung des Klägers habe die Beklagte keine Einstellungsentscheidung mehr zu treffen gehabt. Die Bewerbung des Klägers habe sie nicht mit anderen Bewerbungen zu vergleichen, habe niemand gegenüber dem Kläger zu bevorzugen oder den Kläger wegen seiner Behinderung zu benachteiligen gehabt. Mangels einer zu diesem Zeitpunkt vorliegenden eigenen Bewerbung sei der Kläger bei der Einstellung des Zeugen P am 17. Dezember 2007 nicht benachteiligt worden. Die nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorgesehene, jedoch von der Beklagten unterlassene Einschaltung der Agentur für Arbeit begründe auch nicht in Ansehung des dem § 15 Abs. 2 AGG innewohnenden Präventionscharakters die Vermutung, gerade der Kläger sei diskriminiert worden. Die unterlassene Anfrage bei der Agentur für Arbeit vor der Ausschreibung oder Besetzung einer Stelle wirke nicht über die konkrete Stellenbesetzung hinaus, habe insbesondere keinerlei Außenwirkung gegenüber potentiellen Bewerbern um künftig zu besetzende Stellen. Insofern unterscheide sich die Sachlage von einer angekündigten, in die Zukunft wirkenden Diskriminierung des Arbeitgebers, die schon Gegenstand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gewesen sei.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kläger hat keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

17

I. Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens.

18

1. Einen auf die Erstattung eines Vermögensschadens gerichteten Schadensersatzanspruch macht der Kläger nicht geltend. Schon der Klagebegründung kann nicht entnommen werden, dass er einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen der unterbliebenen Einstellung begehrt. Dies wäre aber für die hinreichende Bestimmtheit einer Schadensersatzklage erforderlich iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die von ihm geschätzte monatliche Vergütung iHv. 4.000,00 Euro führt der Kläger ersichtlich nur an, um eine Größenordnung für die Höhe der in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung vorzugeben.

19

2. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Diese Möglichkeit eröffnet bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 AGG. Den Gerichten wird damit hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Hängt die Bestimmung eines Betrages vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 17 f., AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 18, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 17, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

20

II. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG, § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

21

1. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der ab 18. August 2006 geltenden Fassung dürfen Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX gelten hierzu die Regelungen des ebenfalls am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist.

22

2. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger als „Beschäftigter“ iSd. AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fällt.

23

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Abs. 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also jedenfalls derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet.

24

a) Die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers steht nicht in Frage. Eine offensichtliche Über- oder Nichtqualifikation liegt ebenso wenig vor, wie aus der Tatsache, dass der Kläger Mehrfachbewerber ist und bei gescheiterten Bewerbungen auch schon mehrmals Prozesse geführt hat, geschlossen werden kann, dass der Kläger in Wirklichkeit nur eine Entschädigung anstrebte (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 49 f. mwN, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). Im Übrigen kommt es für den Status als Bewerber nicht darauf an, ob der Kläger für die von der Beklagten ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet war, sofern nicht ein krasses Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und Qualifikation des Bewerbers die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung in Frage stehen lässt. Die objektive Geeignetheit eines abgelehnten Bewerbers ist vielmehr für die Frage von Bedeutung, ob er eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person „in einer vergleichbaren Situation“ erfahren hat, § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG(BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 23, NZA 2010, 1129; - 8 AZR 77/09 - Rn. 16, AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2).

25

b) Fraglich ist jedoch, ob der Kläger aufgrund seiner Bewerbung vom 29. Dezember 2007 in Anbetracht der schon am 17. Dezember 2007 erfolgten Stellenbesetzung noch als Bewerber „für ein Beschäftigungsverhältnis“ gelten kann. Nach der erfolgten Stellenbesetzung suchte die Beklagte keine weiteren Bewerber, sie versäumte lediglich, die Stellenausschreibung von ihrer Homepage zu löschen. Der Senat kann aber die Frage, ob Bewerber iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG auch derjenige ist, der sich für ein versehentlich (noch) ausgeschriebenes Beschäftigungsverhältnis bewirbt, dahinstehen lassen. Denn selbst wenn der Kläger aufgrund seiner Bewerbung vom 29. Dezember 2007 als Bewerber unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 AGG fällt, hat die Klage keinen Erfolg.

26

3. Der Kläger hat allerdings den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingehalten.

27

a) Die Ablehnung seiner Bewerbung erhielt der Kläger durch die E-Mail vom 8. Januar 2008. Mit Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2008 ließ er Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend machen. Damit hatte er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Einen bezifferten Entschädigungsbetrag musste er nicht geltend machen (BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 43, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19; 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6).

28

b) Die am 27. Mai 2008 durch Fax beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die der Beklagten am 3. Juni 2008 zugestellt wurde, wahrte die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG(§ 253 Abs. 1 ZPO).

29

4. Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB IX auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung liegen indes nicht vor. Ein solcher Anspruch setzte einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot voraus (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 28, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX läge eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers vor, wenn er als schwerbehinderter Bewerber („Beschäftigter“) wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hätte als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

30

a) Der Kläger hat bei der Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle eines Entwicklungsingenieurs keine weniger günstige Behandlung erfahren als der Bewerber P. Jener ist zwar eingestellt worden, der Kläger nicht. Gleichwohl war beider Situation nicht vergleichbar iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Der Zeuge P hatte sich auf eine ausgeschriebene, noch offene Stelle beworben. Der Kläger hatte sich auf eine noch ausgeschriebene, aber nicht mehr offene, sondern bereits besetzte Stelle beworben. Selbst wenn man also dem Kläger aufgrund der im Internet belassenen Stellenausschreibung Bewerber- und damit Beschäftigtenstatus zubilligen will, hat die Beklagte den Kläger deswegen nicht in die Auswahl bei der Stellenbesetzung einbezogen, weil sie ihn in Ermangelung einer im Zeitpunkt der Besetzung vorliegenden Bewerbung weder einbeziehen konnte noch einbeziehen musste. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt. Es liegt auch kein Fall vor, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt. Anhaltspunkte für eine diskriminierende Gestaltung des Bewerbungsverfahrens sind weder den Feststellungen der Vorinstanzen noch dem Akteninhalt zu entnehmen. Die Beklagte hat die Stelle zum Beispiel nicht vor Ablauf einer von ihr selbst gesetzten Bewerbungsfrist mit dem Bewerber P besetzt (vgl. dazu BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 27 ff.).

31

b) Die Beklagte ist ihren gesetzlichen Verpflichtungen bei der Förderung schwerbehinderter Menschen (§ 5 AGG) nicht nachgekommen. Vor oder bei der Einleitung des Besetzungsverfahrens hat sie die Bundesagentur für Arbeit nicht eingeschaltet, wie es nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX geschehen soll. Auch hat sie nichts dafür vorgetragen, dass sie ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann (§ 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Als die Beklagte jedoch ihre diesbezüglichen Pflichten verletzte, also bis einschl. 17. Dezember 2007, als sie den Zeugen P einstellte, fiel der Kläger noch nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des AGG, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht Beschäftigter iSv. § 6 Abs. 1 AGG war; er hat sich erst am 29. Dezember 2007 beworben. Mit anderen Worten: Als der Kläger als schwerbehinderter Mensch von der Beklagten benachteiligt wurde, weil sie ihren Pflichten nach dem SGB IX nicht nachkam, war er noch nicht Beschäftigter. Nachdem er aufgrund seiner Bewerbung Beschäftigtenstatus erlangt haben mag, fand eine Benachteiligung nicht (mehr) statt. Damit fehlt es nach § 15 Abs. 2 AGG an der Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch. Als Beschäftigter hat der Kläger mangels einer Besetzungsentscheidung keine Benachteiligung erfahren.

32

5. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachteiligung steht dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zu.

33

a) Die europäischen Richtlinien zur Durchsetzung der Gleichbehandlung, die in Deutschland durch das AGG umgesetzt wurden, verlangen, dass in den Mitgliedstaaten alle Personen, die sich durch Ungleichbehandlung aufgrund eines verpönten Merkmals für in ihren Rechten verletzt halten, den Gerichtsweg beschreiten können (Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG). Die Richtlinien verlangen darüber hinaus, dass Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die nach nationalem Recht für die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinien zu sorgen haben, sich entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung am Gerichtsverfahren beteiligen können. Diese Mindestanforderungen (Art. 6 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 8 Abs. 1 RL 2000/78/EG)erfüllt das nationale Recht in Deutschland. Zwar ist bei den durch Gesetz vorgeschriebenen institutionellen Vorkehrungen zur Unterstützung der Integration behinderter Menschen (Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Integrationsfachdienste, vgl. Kap. 5 bis 7 SGB IX) ein allgemeines Klagerecht nicht vorgesehen, jedoch können Antidiskriminierungsverbände nach § 23 Abs. 2 AGG im gerichtlichen Verfahren als Beistände Benachteiligter auftreten. Die Popularklage einzelner Betroffener ist dem deutschen Recht dagegen grundsätzlich fremd.

34

b) Mit Urteil vom 10. Juli 2008 (- C-54/07 - [Feryn] Slg. 2008, I-5187) hat der Gerichtshof der Europäischen Union den Diskriminierungsschutz von einer individualisierbaren Person, die konkret benachteiligt wird oder sich benachteiligt fühlt, gelöst und bereits die abstrakte Diskriminierung durch eine öffentliche Äußerung als Richtlinienverstoß qualifiziert (vgl. Lindner RdA 2009, 45, 46). Aus dem Fehlen einer identifizierbaren beschwerten Person könne nicht auf das Fehlen einer unmittelbaren Diskriminierung geschlossen werden (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 22, aaO), denn das Ziel der Richtlinie, günstigere Bedingungen für die Entstehung eines Arbeitsmarkts zu schaffen, der die soziale Integration fördere, würde schwerlich erreicht, wenn der Anwendungsbereich der Richtlinie auf Fälle beschränkt wäre, in denen sich ein konkreter Bewerber diskriminiert fühle. Derartige öffentliche Äußerungen eines Arbeitgebers könnten bestimmte Bewerber ernsthaft davon abhalten, ihre Bewerbung einzureichen (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 25, 28, aaO; vgl. den 8. Erwägungsgrund der RL 2000/43/EG). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat weiter klargestellt, dass auch dann, wenn es kein identifizierbares Opfer gibt, die Sanktionen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 40, aaO). Die vom Gerichtshof der Europäischen Union in Bezug auf den Sachverhalt seines Ausgangsverfahrens erwogenen Sanktionen (10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 39, aaO) sehen jedoch zur Verhinderung abstrakter Benachteiligungen keine Entschädigung für konkrete Personen vor. Bei identifizierbaren beschwerten Personen wird dagegen ein effektiver Schutz durch die Regelung der Beweislastumkehr, wie sie die Richtlinien vorsehen, gewährleistet.

35

c) Auch unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention ergibt sich daher kein Entschädigungsanspruch des Klägers.

36

Es kann offenbleiben, ob Regelungen wie die des § 81 SGB IX, die vorliegend die Beklagte nicht eingehalten hat, überhaupt durch das europäische Recht geboten sind oder ob sie nicht nationale Rechtsverstärkungen darstellen, die über die europäischen Mindestanforderungen hinausgehen, um den Grundsatz der Gleichbehandlung behinderter Menschen günstiger zu gestalten als es das europäische Recht vorschreibt. Denn selbst wenn § 81 SGB IX die Umsetzung von Vorgaben europäischer Richtlinien darstellte, ist seine Nichteinhaltung nicht sanktionslos ausgestaltet. Die fehlende Benachteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist nach deutschem Recht eine Ordnungswidrigkeit, § 156 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 SGB IX. Nach § 27 Abs. 3 AGG ist die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berufen, auch unabhängig von einer konkreten Benachteiligung, Maßnahmen zur Verhinderung von Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen zu ergreifen. Liegt, anders als im Falle des Klägers, eine konkrete Benachteiligung bei einer Einstellungsentscheidung vor, so stellte die Nichtbeteiligung der Agentur für Arbeit ein Indiz iSd. § 22 AGG dar, die zu einer Beweislastumkehr führte. Der nicht durch eine Besetzungsentscheidung beschwerte Kläger kann dagegen weder nach nationalem noch nach europäischem Recht eine Entschädigungszahlung für sich beanspruchen (EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 28, aaO).

37

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Brückmann    

        

    E. Schulz    

                 

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 261/10 Verkündet am:
20. Dezember 2011
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Einordnung der Zugehörigkeit zu einer politischen Vereinigung in die Sozialsphäre.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 261/10 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll
und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. August 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist geschäftsführender Vorstand des eingetragenen Vereins S., der in H. "Kinderhäuser" sowie "Babyklappen" betreibt. In den 1970er Jahren war der Kläger Leiter der "Kinderkommission" des Kommunistischen Bundes.
2
Ab dem 24. Juli 2009 veröffentlichte die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite www.spiegel.de den Artikel "H.er Babyklappenstreit - Das lukrative Geschäft mit den Kindern". Dieser befasste sich mit Vorwürfen der H.er Sozialbehörde, vom Verein S. über den Verbleib von Findelkindern nicht ausreichend informiert zu werden.
3
In dem Artikel heißt es, das weitgehend unbeachtete Dasein des Vereins S. habe sich erst 1999 geändert, als der Kläger das Projekt Findelbaby erfunden habe; plötzlich habe sich auch die High Society der …metropole "für den einstigen Kommunisten M." erwärmt. Nach einer Schilderung von Einzelheiten der Auseinandersetzung zwischen dem Verein und der Sozialbehörde lautet der Artikel weiter: "Der Kampf ist ein Teil von M.s Leben. Er und seine Ehefrau H. K. gehörten dem Kommunistischen Bund an. M. war für die Umsetzung der "Kinderpolitik" mitverantwortlich, …". 1976 hätten die Eheleute in H.-A. das Kin- derhaus H.-straße gegründet, eine Einrichtung, die von konservativen Kreisen als linker Kinderladen und Kaderschmiede kommunistischer Sektierer geschmäht worden sei. Die Stadt habe die üblichen Zuschüsse verweigert und sei von einem Gericht zur Nachzahlung für mehrere Jahre verpflichtet worden. Das Geld habe der Kläger zwischen den mittlerweile verfeindeten Vereinsmitgliedern aufgeteilt und S. gegründet.
4
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der wörtlichen oder sinngemäßen Verbreitung der oben zitierten Textpassagen und zur Freistellung des Klägers von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu. Die Äußerungen, der Kläger habe dem Kommunistischen Bund angehört und sei mitverantwortlich für dessen Kinderpolitik gewesen, sowie die Bezeichnung des Klägers als einstiger Kommunist stellten wahre Tatsachenbehauptungen dar; soweit es in dem Beitrag heiße, der Kampf sei ein Teil seines Lebens, handele es sich um eine Meinungsäußerung. Diese Äußerungen seien rechtmäßig. Sie beträfen die Sozialsphäre des Klägers. Dieser habe weder substantiiert vorgetragen, dass er nur im Verborgenen gewirkt habe, noch sei dies im Hinblick auf die ausgeübten Funktionen und Aktivitäten nachvollziehbar. Der bloße Zeitablauf ändere an der Einordnung in die Sozialsphäre nichts.
6
Die beanstandeten Äußerungen entfalteten auch keine Prangerwirkung. Durch die Mitteilung seiner früheren Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund drohe dem Kläger weder ein schwerwiegender Verlust an sozialer Achtung noch eine Stigmatisierung. Die beanstandete Berichterstattung befasse sich mit zurückliegenden Vorgängen und erscheine als "Jugendsünde". Ein öffentliches Informationsinteresse an der Schilderung des Werdegangs des Klägers und seiner politischen Sozialisation ergebe sich aus der öffentlichen Diskussion um die von dem Verein S. betriebenen Babyklappen und dessen finanzielles Gebaren.

II.

7
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
8
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht sei in Bezug auf eine frühere Mitgliedschaft des Klägers im Kommunistischen Bund sowie seine Mitverantwortlichkeit für dessen Kinderpolitik zu Unrecht von der Wahrheit der angegriffenen Tatsachenbehauptungen ausgegangen.
9
a) In dem fraglichen Bericht wurde behauptet, der Kläger und dessen Ehefrau hätten dem Kommunistischen Bund angehört. Diese Behauptung ist schon deshalb wahr, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts Leiter der "Kinderkommission" beim Kommunistischen Bund und damit als ihm zugehörig anzusehen war. Es kommt nicht darauf an - worauf die Revision abstellt -, ob der Kläger einen Antrag auf Aufnahme in den Kommunistischen Bund gestellt hatte und förmlich als Mitglied des Kommunistischen Bundes aufgenommen worden war. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem - insoweit von der Revision nicht in Frage gestellt - 1976 gegründeten Kinderhaus H.-straße um eine Einrichtung des Kommunistischen Bundes handelte.
10
b) Die Einstufung der Äußerung, die High Society der …metropole habe sich "für den einstigen Kommunisten M." erwärmt, als Tatsachenbehauptung greift die Revision nicht ausdrücklich an. Selbst wenn man die Bezeichnung des Klägers als "einstiger Kommunist" als politisches Werturteil verstehen würde, das die frühere Gesinnung des Klägers zum Ausdruck bringen will (vgl. BVerfG, NJW 1992, 2013, 2014), würde dies an dem Wahrheitsgehalt der Aussage nichts ändern. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Äußerung im vorliegenden Kontext auf die frühere Zugehörigkeit des Klägers zum Kommunistischen Bund Bezug nimmt. Die Formulierung "Der Kampf ist ein Teil von M.s Leben", hat das Berufungsgericht zu Recht als Meinungsäußerung angesehen, durch welche die aktuelle Auseinandersetzung zwischen dem Kläger als Verantwortlichem des Vereins S. und der Sozialbehörde gleichsam auf diese (gesellschafts-)politische Grundhaltung zurückgeführt wird.
11
2. Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger sei durch die angegriffene Berichterstattung nicht in rechtswidriger Weise in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, weswegen ihm kein Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG gegen die Beklagte zustehe.
12
a) Zutreffend hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 - Scientology; 101, 361, 388 - Caroline von Monaco II; 114, 339, 348 - Manfred Stolpe; 120, 180, 199 ff. - Caroline von Monaco IV; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 61; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523 mwN; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12 - Gen-Milch; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; EGMR, AfP 1999, 251, 252). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
13
b) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass als Abwägungskriterium auf Seiten des Persönlichkeitsschutzes die abgestufte Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 30; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, VersR 1987, 778, 779 - BND-Interna; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Danach genießen besonders hohen Schutz die so genannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten , die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO; BVerfGE 65, 1, 41 ff. - Volkszählung; 78, 77, 84).
14
Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO, vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25). Bei der vom Kläger in Anspruch genommenen Privatsphäre ist als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts u.a. das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten anerkannt. Dieses Recht stellt sich als die Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten bzw. Lebenssachverhalte in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfGE 65, 1, 41 ff. - Volkszählung; 72, 155, 170; 78, 77, 84; 80, 367, 373). Auch dieses Recht ist aber nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff. - Volkszählung; 78, 77, 85 ff.; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO, Rn. 30).
15
c) Im Streitfall sind die beanstandeten Äußerungen entgegen der Auffassung der Revision der Sozialsphäre des Klägers und nicht seiner Privatsphäre zuzuordnen.
16
aa) Die Sozialsphäre betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht, so insbesondere das berufliche und politische Wirken des Individuums (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110; Senatsurteile vom 20. Januar 1981 - VI ZR 162/79, BGHZ 80, 25, 35 - Der Aufmacher I; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 308/03, BGHZ 161, 266, 268; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06, BGHZ 177, 119 Rn. 17 ff.; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 12; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92, AfP 1995, 404, 407 - Dubioses Geschäftsgebaren ). Demgegenüber umfasst die Privatsphäre sowohl in räumlicher als auch in thematischer Hinsicht den Bereich, zu dem andere grundsätzlich nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird; dies betrifft in thematischer Hin- sicht Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen in der Umwelt auslöst (vgl. BVerfGE 101, 361, 382 - Caroline von Monaco II; BVerfG, NJW 2000, 2193; NJW 2000, 2194, 2195; Senatsurteile vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63, JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 122 - Telefongespräch; vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79, VersR 1981, 384, 385 - Der Aufmacher II; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, aaO - BND-Interna; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 523 f.; Wanckel in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 19 Rn. 5 ff.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 54 ff.). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; denn niemand kann sich auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 - Caroline von Monaco II; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524 und - VI ZR 404/02, VersR 2004, 525, 526; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 85; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 21).
17
bb) Nach diesen Grundsätzen unterfällt die beanstandete Berichterstattung , insbesondere ihre zentrale Aussage der Zugehörigkeit des Klägers zum Kommunistischen Bund, der Sozialsphäre.
18
(1) Dem Beitritt zu einem Verein, einer politischen Partei oder einer anderen (etwa politischen oder religiösen) Gruppierung kommt ebenso wie dem bloßen Bestehen einer Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung grundsätz- lich keine Publizität zu. Vielmehr beschränkt sich die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Daten eines Mitglieds auf die Mitgliederverwaltung (so CDUBundesparteigericht , NVwZ 1993, 1127, 1128) und nach verbreiteter Ansicht auf die übrigen Mitglieder (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1991 - 1 BvR 185/91, juris Rn. 3; BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, WM 2010, 2360 Rn. 4 ff. und vom 25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399; OLG München, Urteil vom 15. November 1990 - 19 U 3483/90, juris Rn. 6 ff.; BayVGH, Beschluss vom 5. Oktober 1998 - 21 ZE 98.2707, 21 CE 921 CE 98.2707, juris Rn. 13; OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677 f.; OLG Hamburg, NZG 2010, 317 f.; LG Berlin, K&R 2010, 140; Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 330 (Stand: März 2001); Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rn. 2757; Waldner/Wörle-Himmel in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rn. 336). Soweit ein Mitglied lediglich eine passive Zugehörigkeit anstrebt und sich nach außen hin nicht offen zur Mitgliedschaft bekennen will, ist dies zu respektieren (vgl. CDU-Bundesparteigericht, aaO; Klein in Maunz/Dürig, aaO); denn zu der in Art. 9 Abs. 1 GG grundrechtlich verbürgten Vereinsfreiheit gehört auch die freie Entscheidung, ob die Mitglieder als solche in die Öffentlichkeit treten wollen, ebenso wie das Mitglied seine Vereinszugehörigkeit verschweigen darf (vgl. Merten in Isensee/Kirchhof, aaO). Dementsprechend ist die Mitgliedschaft in einer weltanschaulichreligiösen Gemeinschaft jedenfalls dann der Privatsphäre zugeordnet worden, wenn der Betroffene mit seiner Mitgliedschaft und den Lehren der Vereinigung nicht von sich aus in die Öffentlichkeit getreten ist (vgl. BVerfG, NJW 1990, 1980; NJW 1997, 2669, 2670).
19
(2) Der Kläger hat geltend gemacht, er sei im Zusammenhang mit dem Kommunistischen Bund nicht öffentlich hervorgetreten und habe nur im Verborgenen gewirkt; niemand habe damals seinen Beitritt zum Kommunistischen Bund öffentlich kundgetan und die Aktivitäten der Kinderkommission hätten sich aus Furcht vor dem Radikalenerlass nicht im öffentlichen Raum vollzogen. Im Streitfall ergibt sich aber die Zuordnung zur Sozialsphäre daraus, dass der Kläger als Leiter der Kinderkommission des Kommunistischen Bundes fungierte. Diese Funktion ist in einer politischen Gruppierung, die naturgemäß darauf ausgerichtet ist, ihre Ziele im politischen Raum durchzusetzen und Anhänger für ihre Überzeugung zu gewinnen, notwendigerweise auf Außenwirkung angelegt. Es reicht mithin für die Zuordnung zur Sozialsphäre aus, dass der Kläger aufgrund seiner Funktion für die Kinderpolitik des Kommunistischen Bundes mitverantwortlich war, ohne dass es darauf ankommt, ob er selbst öffentlichkeitswirksam aufgetreten ist. Die Bewertungen des Klägers als Kommunist knüpfen an seine Stellung als Leiter der Kinderkommission im Kommunistischen Bund an, welche er in den 1970er Jahren inne hatte, in denen er mit seiner Frau auch das in dem Bericht angesprochene Kinderhaus H.- straße gegründet hatte.
20
d) Der Eingriff in die Sozialsphäre des Klägers durch die beanstandete Berichterstattung ist nicht rechtswidrig, weil sein Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegt. Dies ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht der Beklagten auf Äußerungs- und Pressefreiheit. Danach muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff. - Volkszählung; 78, 77, 85 ff.; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO). Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Auch bei wahren Aussagen können zwar ausnahmsweise Persönlichkeitsbelange überwiegen und die Meinungsfreiheit in den Hintergrund drängen. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen aber nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25).
21
Aktueller Berichterstattungsanlass für den streitgegenständlichen Internetartikel waren Vorwürfe der H.er Sozialbehörde, vom Verein über den Verbleib von Findelkindern nicht ausreichend informiert zu werden. In diesem Zusammenhang wurde darüber berichtet, dass der Kläger früher dem Kommunistischen Bund angehörte, für dessen Kinderpolitik mitverantwortlich gewesen sei und 1976 zusammen mit seiner Ehefrau in H.-A. das Kinderhaus H.-straße gegründet habe, eine Einrichtung, die von konservativen Kreisen als linker Kinderladen und Kaderschmiede kommunistischer Sektierer geschmäht worden sei. Auch wenn diese Vorgänge längere Zeit zurückliegen, ist insoweit ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Gesamtkontext des Artikels gegeben. In diesem wird nämlich auch darüber berichtet, dass der Verein S. rund tausend Kinder, überwiegend in Villen in bester Lage, betreut und sich nach Erfindung des Projekts "Findelbaby" auch die High Society der E.metropole für den einstigen Kommunisten M. erwärmt habe. In diesem Zusammenhang ist der Werdegang des Klägers, insbesondere auch seine frühere Mitverantwortlichkeit für die Kinderpolitik des Kommunistischen Bundes von öffentlichem Interesse, die in dem Artikel seinem heutigen Wirken in der Kinderbe- treuung in von dem Verein S. erworbenen Villen in bester Lage gegenüber gestellt wird.
22
Gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit muss der Persönlichkeitsschutz des Klägers zurücktreten. Er hat keine schwerwiegenden Auswirkungen auf sein Persönlichkeitsrecht oder ihm entstandene konkrete Nachteile beruflicher Art vorgetragen, die durch die Berichterstattung entstanden wären. Alleine der Umstand, dass er wegen der Veröffentlichung möglicherweise im Hinblick auf seine kommunistische Vergangenheit Anfeindungen Andersdenkender ausgesetzt sein und Nachteile beruflicher Art erleiden kann, ist nicht so schwerwiegend, dass er die Äußerungs- und Pressefreiheit der Beklagten in den Hintergrund drängen könnte, zumal aus dem Artikel hervorgeht, dass die Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund lange zurückliegt. Eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung sind wegen des Hinweises auf die Vergangenheit des Klägers nicht zu besorgen.

23
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2009 - 27 O 906/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.08.2010 - 10 U 6/10 -

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 6. Kammer - vom 27. April 2009 teilweise geändert:

Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, die Höhe der an die Antragstellerin für das EU-Haushaltsjahr 2008 geleisteten EGFL- und/oder ELER-Zahlungen sowie sämtliche dazugehörigen Daten der Antragstellerin an die für die Veröffentlichung im Internet zuständigen deutschen und/oder europäischen Behörden zu übermitteln und/oder diese Daten selbst im Internet zu veröffentlichen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragstellerin ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes, für den das Amt für Landwirtschaft Wittenburg auf ihren Antrag mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 Agrarzuwendungen (EGFL- und ELER-Mittel) bewilligte.

2

Auf einer Internetseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (www.agrar-fischerei-zahlungen.de) sollten bis zum 30. April 2009 die im Hauhaltsjahr 2008 gewährten Agrarsubventionen aus EGFL- und ELER-Mitteln, und zwar Name und Vorname des Subventionsempfängers, Postleitzahl, Wohnort und die Höhe der gewährten Subvention veröffentlicht werden.

3

Den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht mit angegriffenem Beschluss abgelehnt. Der mit der öffentlichen Bekanntmachung der entsprechenden Daten verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei aufgrund der einschlägigen Regelungen des Europarechts, an deren Gültigkeit keine Zweifel bestünden, gerechtfertigt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre im Übrigen auch dann abzulehnen, wenn eine reine Interessenabwägung vorgenommen worden sei.

4

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.

5

Der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag ist so zu verstehen, dass sie sich im vorliegenden Verfahren nur gegen die konkret "geplante Veröffentlichung" wendet, wie es in der Beschwerdebegründung heißt, in der auch ausdrücklich erwähnt ist, dass es der Antragstellerin darum geht, "nicht als Agrarhilfeempfängerin im Internet veröffentlicht zu werden".

6

Das Beschwerdevorbringen führt zur Änderung der angefochtenen Entscheidung. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf die begehrte einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen hierfür, also insbesondere der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund, liegen vor.

7

Die Antragstellerin hat einen sogenannten vorbeugenden Unterlassungsanspruch, d.h. sie kann verlangen, dass die geplante Internetveröffentlichung vorläufig unterbleibt. Es ist der Antragstellerin nicht zuzumuten, sich auf den Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren verweisen zu lassen.

8

Zwar stützt der Antragsgegner die vorgesehene Veröffentlichung auch auf europäisches Recht, nämlich insbesondere die (Kommissions-)VO (EG) Nr. 259/2008. Gleichwohl ist dem Oberverwaltungsgericht als nationalem Gericht nicht verwehrt, eine einstweilige Anordnung zur vorläufigen Regelung der streitigen Rechtspositionen zu erlassen. Die insoweit zu beachtenden Voraussetzungen (vgl. EuGH, Urt. v. 09.11.1995 - Rs C-465/93 - NJW 1996, 1333) liegen vor.

9

Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob die in der genannten (Kommissions-)Verordnung geregelte Veröffentlichung im Internet auf einer speziellen Website mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

10

Wie auch das Verwaltungsgericht nicht verkannt hat, würde mit der vorgesehenen Veröffentlichung in die verfassungsrechtlich verankerten Rechte der Antragstellerin auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Das Recht auf Datenschutz ist aber auch - und das dürfte hier entscheidend sein - europarechtlich anerkannt. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privatlebens (zum Schutz persönlicher Daten vgl. auch: EuGH, Urt. v. 29.01.2008 - Rs C-275/06, Nr. 63 -). Eine Behörde darf in diese Rechte nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale und öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Dies bedeutet, dass die Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen muss, der hier darin besteht, die Transparenz in Bezug auf die Verwendung der Gemeinschaftsmittel zu erhöhen und durch eine öffentliche Kontrolle die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der betroffenen Fonds zu verbessern, vgl. Erwägungsgrund 14 der VO (EG) Nr. 1437/2007.

11

Auf Datenschutzrechte, zu denen auch das Recht auf Schutz von Betriebsgeheimnissen gehört, können sich nicht nur natürliche Personen berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2001 - 6 C 7/01 -, zit. nach Juris). Im Übrigen wird hier mit der Veröffentlichung des Subventionsempfängers - einer KG - auch der Name einer natürlichen Person veröffentlicht. Außerdem sind die Namen der in das Handelsregister einzutragenden natürlichen Personen frei zugänglich (vgl. § 9 HGB).

12

Es erscheint schon sehr fraglich, ob die vorgesehene Veröffentlichung überhaupt geeignet ist, die "Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der betroffenen Fonds" durch öffentliche Kontrolle zu verbessern. Publiziert wird lediglich, welche Betriebe welche Mittel in einer bestimmten Höhe erhalten haben. Erkenntnisse über die konkrete Verwendung der Beträge werden aber nicht vermittelt. Weder der Verwendungszweck noch welche Voraussetzungen bzw. Auflagen der Empfänger zu erfüllen hatte, wird damit für die Öffentlichkeit nachvollziehbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob eigene Leistungen, z.B. Investitionen zu erbringen waren und in welcher Relation diese gegebenenfalls zu den EU-Mitteln stehen. Fundierte Rückschlüsse darauf, ob dem einzelnen Betrieb ein bestimmter Betrag zu Recht zugeflossen ist, lassen die zur Veröffentlichung vorgesehenen Daten nicht zu. Auf diese Bedenken hat im Übrigen bereits der Landesbeauftragte für den Datenschutz M-V in seinem, vom Antragsgegner mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Schreiben vom 09. Dezember 2008 hingewiesen. Demgegenüber erscheint es ohne weiteres nachvollziehbar, wenn die Antragstellerin befürchtet, dass es zu Trugschlüssen kommen kann, etwa im Hinblick auf wegen der Zuschüsse zu erwartende Verbilligungen von landwirtschaftlichen Produkten. Wenn es nur darum geht, transparent zu machen, in welche Regionen wie viele EU-Mittel gelangt sind, bedarf es dagegen der genauen Bezeichnung der einzelnen Betriebe mit Namensnennung ersichtlich nicht. Sollte es dagegen darum gehen, transparent zu machen, aus welchen Gründen bestimmte Zahlungen im konkreten Einzelfall erfolgt sind, ist die Bezeichnung der Betriebe allein nicht ausreichend, um die Zusammenhänge für die Öffentlichkeit deutlich zu machen.

13

Allerdings könnte die Veröffentlichung geeignet sein, in bestimmten Kreisen Misstrauen auszulösen, ob die Bewilligung rechtmäßig gewesen ist, wodurch eine nachträgliche behördliche Überprüfung in Gang kommen könnte. Dass derartige Zwecke verfolgt werden, ist aber aufgrund der einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht ersichtlich und wäre mit rechtsstaatlichen Prinzipien wohl auch nicht vereinbar.

14

Der Senat verkennt allerdings nicht, dass das auf europäischer und nationaler Ebene in vielen Bereichen anzutreffende Bemühen um Transparenz einer Stärkung der demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger dient. Auch kommt der Schaffung von Transparenz hinsichtlich der Agrarsubventionen besondere Bedeutung zu, da ein erheblicher Teil der Haushaltsmittel der EU für die Förderung der Landwirtschaft verwandt wird. Ob sich dieses Ziel mit der vorgesehenen Veröffentlichung erreichen lässt, erscheint aber nach den obigen Ausführungen sehr zweifelhaft. Insbesondere erscheint eine exakte Bezeichnung der Betriebe kaum geeignet, um die Strukturen der verschiedenen Förderungen durchsichtiger zu machen.

15

Dem beschriebenen geringen öffentlichen Informationswert steht ein zumindest mittelschwerer Eingriff in die Datenschutzrechte der Betroffenen gegenüber. Immerhin sind gewisse Rückschlüsse auf deren Vermögen möglich. Einnahmen werden traditionell als sensibler Bereich angesehen. Dies gilt unabhängig von deren Höhe, d.h. auch wenn diese sehr niedrig liegen, aber auch wenn sie sehr hoch sind. Die Motive, die den Einzelnen dazu bewegen, der Veröffentlichung seiner Einnahmen entgegen zu treten, können ebenfalls durchaus unterschiedlich sein, hier etwa Schamgefühl, Sorge vor Neid bzw. Missgunst oder Sicherheitsinteressen. Die Intensität des Eingriffs erschwerend kommt hinzu, dass die Veröffentlichung, wenn die Daten einmal weltweit ins Internet gestellt sind, praktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist. Wer die Informationen abgerufen hat, kann über sie verfügen, auch nachdem sie auf der amtlichen Internetseite gelöscht sind.

16

Die erheblichen Zweifel des Senats an der Rechtmäßigkeit der vorgesehen Veröffentlichung stützen sich nicht nur auf Art. 8 EMRK. Es kommt hinzu, dass die Veröffentlichung im Internet lediglich - wie erwähnt - in einer (Kommissions-)Verordnung geregelt ist. Einen derart intensiven Eingriff in geschützte Rechtspositionen sieht die Ermächtigungsgrundlage des Art. 42 Abs. 1 Nr. 8b VO (EG) Nr. 1290/2005 des Rates dagegen nicht vor.

17

Im Übrigen schließt sich der Senat bezüglich der Vereinbarkeit der maßgeblichen (Kommissions-)Verordnung den Ausführungen des VG Wiesbaden im Vorlagebeschluss vom 16.02.2009 - 6 K 1045/08 - und des VG Schleswig im Beschluss vom 22.04.2009 - 1 B 6/09 - u.a. - an.

18

Entgegen der Auffassung des OVG Münster (vgl. Beschl. v. 24.04.2009 - 16 B 485/09 -) gebührt dem Interesse der Antragstellerin daran, die Veröffentlichung vorerst zu verhindern, der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Veröffentlichung.

19

Dies ergibt sich bereits weitgehend aus den obigen Ausführungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Ergänzend ist noch folgendes zu bemerken: Würde die Veröffentlichung jetzt erfolgen, sich aber im Hauptsacheverfahren, das möglicherweise bis zur Entscheidung über den bereits erwähnten Vorlagebeschluss ausgesetzt wird, deren Rechtswidrigkeit ergeben, würde dies für die Antragstellerin einen irreparablen Rechtsverlust bedeuten, und zwar unabhängig davon, ob die europäische Kommission tatsächlich ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird. Der Antragsgegner kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, die Antragstellerin habe ihren Abwehranspruch gegen die umstrittene Veröffentlichung verwirkt, weil sie im Antragsformular für die Bewilligung der EU-Mittel darauf hingewiesen worden sei, dass beabsichtigt sei, zumindest einmal jährlich ein Verzeichnis unter Angabe der Begünstigten, der geförderten Vorhaben und der Höhe der Zuwendungen zu veröffentlichen. Zumindest in eine Internetveröffentlichung hat die Antragstellerin damit nicht eingewilligt (vgl. OVG Münster, a.a.O.).

20

Unterbleibt demgegenüber die Veröffentlichung vorerst, erwiese sie sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig, könnte sie noch nachgeholt werden. Der Antragsgegner hätte also nur eine Verzögerung der Durchsetzung seiner Rechtsposition hinzunehmen. Dies ist ihm auch unter dem Aspekt zuzumuten, dass es sich ohnehin nur um die Veröffentlichung von Daten aus der zum Teil mehr als ein Jahr zurückliegenden Vergangenheit handelt und die Veröffentlichung selbst für zwei Jahre geplant ist.

21

Auf nationales Recht kann die umstrittene Veröffentlichung eigenständig nicht gestützt werden. Die in Betracht zu ziehenden Vorschriften (vgl. §§ 2 AFIG, 1 ff. AFIO) setzen das Bestehen der genannten europarechtlichen Veröffentlichungsnormen voraus und beschränken sich auf die Regelung ihrer Durchführung.

22

Mit Blick auf das Vorlageverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist die einstweilige Anordnung in zeitlicher Hinsicht bis zur dortigen Entscheidung bzw. bis zur Entscheidung des beim Verwaltungsgericht Schwerin anhängigen Hauptsacheverfahrens beschränkt.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

24

Die Streitwertentscheidung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 95/06
vom
23. April 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterlässt das Berufungsgericht, auf die Konkretisierung eines unbestimmten
Feststellungsantrags hinzuwirken, nach welchem das Eingangsgericht erkannt
hat, verkürzt es das rechtliche Gehör des Berufungsbeklagten, wenn es nunmehr
die Feststellungsklage als unzulässig abweist.
BGH, Beschluss vom 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Vill, Dr. Fischer und. Dr. Pape
am 23. April 2009

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widerklägerin wird die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. Dezember 2005 zugelassen.
Auf die Revision der Widerklägerin wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Revisionsverfahrens wird auf 93.600 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat auf die Widerklage der Beklagten antragsgemäß festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle Schäden zu ersetzen, die ihr infolge unrichtiger Verbuchung, Voranmeldung und Erklärung der Umsatzsteuer in den Jahren 1993 bis Oktober 2000 entstanden sind und noch entstehen. Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung hat die Klägerin die Bestimmtheit dieses Ausspruchs gerügt. Die Beklagte ist dieser Rüge entgegengetreten.
2
Nach dem Protokoll der Berufungsverhandlung haben die Parteien die schriftsätzlich angekündigten Sachanträge gestellt. Danach ist die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Mit seinem am Schluss der Sitzung verkündeten Urteil hat das Berufungsgericht die landgerichtliche Feststellung aufgehoben und die Widerklage auch insoweit als unzulässig abgewiesen, weil der gestellte Sachantrag nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Die Revision gegen seine Entscheidung hat es nicht zugelassen.
3
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde, in welcher sie eine Verkürzung ihres rechtlichen Gehörs rügt. Hätte das Berufungsgericht auf die nach seinem Urteil mangelhafte Fassung des Feststellungsantrags hingewiesen , so wäre dieser Antrag - wie ausgeführt - bestimmter gefasst worden. Die Beschwerdeerwiderung entnimmt dem Protokoll der Berufungsverhandlung, dass das Gericht auf die nach seiner Ansicht unbestimmte Antragsfassung hingewiesen habe.

II.


4
Die Revision ist zuzulassen und begründet, weil das angegriffene Urteil den Anspruch der Widerklägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das angefochtene Urteil ist daher nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
5
Gerichtliche 1. Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f). Die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht schützt auch das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrags erforderlich sein kann (BGH, Beschl. v. 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 m.w.N.; v. 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, Rn. 5). Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Eingangsgericht nach den § 525 Satz 1, § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Hält das Berufungsgericht einen solchen Antrag abweichend vom Ausspruch der Vorinstanz für unzulässig, weil er seines Erachtens dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt, so muss es auf eine Heilung dieses Mangels hinwirken. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen.
6
2. Sonst gebotene Hinweise des Gerichts können entfallen, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (BGHZ 170, 67, 75 Rn. 19; BGH, Beschl. v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581, 582 Rn. 2). Dies gilt aber nicht ohne weiteres für die gerichtliche Pflicht, auf sachdienliche Klaganträge hinzuwirken. Begründeten Anlass zur Änderung ihres Sachantrags hat eine Partei nicht schon dann, wenn die Gegenseite in der Berufungsinstanz das erstrittene Sachurteil wegen seines angeblich unbestimmten Ausspruchs angreift. Denn dieser Angriff wiegt nicht schwerer als das ergangene günstige Sachurteil. Prozessuale Obliegenheiten des Berufungsbeklagten erwachsen deshalb allein aus der gegnerischen Bestimmtheitsrüge im Hinblick auf eine nachträgliche Konkretisierung des Sachantrags noch nicht. Solche Konsequenzen muss der Berufungsbeklagte erst dann erwägen, wenn er durch das Berufungsgericht selbst erfährt, dass es den für ihn günstigen Standpunkt der Vorinstanz insoweit nicht teilt. Ein solcher Hinweis ist nach dem Beschwerdevorbringen hier unterblieben.
7
Die 3. entgegengesetzte Behauptung der Beschwerdegegnerin kann nach § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Der vom Berufungsgericht protokollierte allgemeine Hinweis, dass die Sach- und Rechtslage erörtert worden sei, erlaubt nicht den Beweisschluss, es sei bei dieser Erörterung auf die Behebung des Antragsmangels hingewirkt worden. Die Erörterung kann sich auf die sachlichen Einwände beschränkt haben , welche im Berufungsurteil zur fehlenden Haftung der Klägerin für Tätigkeiten vor dem 1. September 1995 enthalten sind und welche die Klägerin sonst gegen den Vortrag der Widerklage erhoben hat.

III.


8
Für das Verfahren der wiedereröffneten Berufungsinstanz weist der Senat auf Folgendes hin:
9
Durch den konkretisierten Feststellungsantrag, wie er in der Beschwerdeschrift gefasst worden ist, werden die vorherigen Bedenken gegen die Bestimmtheit ausgeräumt. Den Feststellungsantrag alter Fassung hat das Beru- fungsgericht entgegen dem Beschwerdevortrag mit Recht beanstandet, weil zwischen den Parteien gerade streitig war, inwieweit Buchungen und Erklärungen der Klägerin unrichtig gewesen sein sollen. Dieser Streit würde durch die beantragte Feststellung nicht entschieden, selbst wenn zu ihrer Auslegung, wo dies nicht anders möglich ist, der Sachvortrag herangezogen werden kann. Es bedarf zu einer Entscheidung dieses Streits andererseits hier nicht einer Aufgliederung des Urteilsausspruchs für sämtliche einzelnen Buchungen und Vorsteuerabzüge , welche die Klägerin angesetzt hat, weil ihr nicht einzelne Versehen oder Fehlgriffe zur Last gelegt werden, sondern ein Methodenfehler, welcher die gesamte Tätigkeit durchzogen haben soll. Die Feststellung, ob sich dieser Methodenfehler in der Tätigkeit der Klägerin während des gesamten Antragszeitraums findet, gehört zur Sachprüfung der Widerklage. Hierbei wird die Widerklägerin den Steuersachverhalt soweit darzulegen haben, dass das Berufungsgericht imstande ist zu beurteilen, wie dieser seiner Ansicht nach richtigerweise unter Berücksichtigung der damaligen Rechtsprechung und Steuerrichtlinien von Beraterseite zu behandeln gewesen wäre. Die vom Landgericht insoweit angenommene Vermutung, welche sich auf die konkreten Beanstandungen der Finanzverwaltung und das gegen den Geschäftsführer der Widerklägerin geführte Steuerstrafverfahren stützt, ist verfehlt. Im Rahmen dieser Sachprüfung ist dann auch auf die Frage der Passivlegitimation der Klägerin für Tätigkeiten vor dem 1. September 1995 zurückzukommen.
Ganter Raebel Vill
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2004 - 10 O 513/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.12.2005 - 23 U 35/04 -
2
1. Ein gerichtlicher Hinweis ist entbehrlich, wenn die Partei von der Gegenseite die gebotene Unterrichtung erhalten hat (BGH, Urt. v. 22. November 2006 - VIII ZR 72/06, WM 2007, 984, 986 Tz. 19; v. 24. September 1987 - III ZR 188/86, NJW 1988, 696 f; v. 2. Oktober 1979 - VI ZR 245/78, NJW 1980, 223 f).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 95/06
vom
23. April 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterlässt das Berufungsgericht, auf die Konkretisierung eines unbestimmten
Feststellungsantrags hinzuwirken, nach welchem das Eingangsgericht erkannt
hat, verkürzt es das rechtliche Gehör des Berufungsbeklagten, wenn es nunmehr
die Feststellungsklage als unzulässig abweist.
BGH, Beschluss vom 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Vill, Dr. Fischer und. Dr. Pape
am 23. April 2009

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widerklägerin wird die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. Dezember 2005 zugelassen.
Auf die Revision der Widerklägerin wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Revisionsverfahrens wird auf 93.600 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat auf die Widerklage der Beklagten antragsgemäß festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten alle Schäden zu ersetzen, die ihr infolge unrichtiger Verbuchung, Voranmeldung und Erklärung der Umsatzsteuer in den Jahren 1993 bis Oktober 2000 entstanden sind und noch entstehen. Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung hat die Klägerin die Bestimmtheit dieses Ausspruchs gerügt. Die Beklagte ist dieser Rüge entgegengetreten.
2
Nach dem Protokoll der Berufungsverhandlung haben die Parteien die schriftsätzlich angekündigten Sachanträge gestellt. Danach ist die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Mit seinem am Schluss der Sitzung verkündeten Urteil hat das Berufungsgericht die landgerichtliche Feststellung aufgehoben und die Widerklage auch insoweit als unzulässig abgewiesen, weil der gestellte Sachantrag nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Die Revision gegen seine Entscheidung hat es nicht zugelassen.
3
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde, in welcher sie eine Verkürzung ihres rechtlichen Gehörs rügt. Hätte das Berufungsgericht auf die nach seinem Urteil mangelhafte Fassung des Feststellungsantrags hingewiesen , so wäre dieser Antrag - wie ausgeführt - bestimmter gefasst worden. Die Beschwerdeerwiderung entnimmt dem Protokoll der Berufungsverhandlung, dass das Gericht auf die nach seiner Ansicht unbestimmte Antragsfassung hingewiesen habe.

II.


4
Die Revision ist zuzulassen und begründet, weil das angegriffene Urteil den Anspruch der Widerklägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das angefochtene Urteil ist daher nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
5
Gerichtliche 1. Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f). Die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht schützt auch das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrags erforderlich sein kann (BGH, Beschl. v. 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 m.w.N.; v. 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, Rn. 5). Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Eingangsgericht nach den § 525 Satz 1, § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt. Hält das Berufungsgericht einen solchen Antrag abweichend vom Ausspruch der Vorinstanz für unzulässig, weil er seines Erachtens dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt, so muss es auf eine Heilung dieses Mangels hinwirken. Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen.
6
2. Sonst gebotene Hinweise des Gerichts können entfallen, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (BGHZ 170, 67, 75 Rn. 19; BGH, Beschl. v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581, 582 Rn. 2). Dies gilt aber nicht ohne weiteres für die gerichtliche Pflicht, auf sachdienliche Klaganträge hinzuwirken. Begründeten Anlass zur Änderung ihres Sachantrags hat eine Partei nicht schon dann, wenn die Gegenseite in der Berufungsinstanz das erstrittene Sachurteil wegen seines angeblich unbestimmten Ausspruchs angreift. Denn dieser Angriff wiegt nicht schwerer als das ergangene günstige Sachurteil. Prozessuale Obliegenheiten des Berufungsbeklagten erwachsen deshalb allein aus der gegnerischen Bestimmtheitsrüge im Hinblick auf eine nachträgliche Konkretisierung des Sachantrags noch nicht. Solche Konsequenzen muss der Berufungsbeklagte erst dann erwägen, wenn er durch das Berufungsgericht selbst erfährt, dass es den für ihn günstigen Standpunkt der Vorinstanz insoweit nicht teilt. Ein solcher Hinweis ist nach dem Beschwerdevorbringen hier unterblieben.
7
Die 3. entgegengesetzte Behauptung der Beschwerdegegnerin kann nach § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Der vom Berufungsgericht protokollierte allgemeine Hinweis, dass die Sach- und Rechtslage erörtert worden sei, erlaubt nicht den Beweisschluss, es sei bei dieser Erörterung auf die Behebung des Antragsmangels hingewirkt worden. Die Erörterung kann sich auf die sachlichen Einwände beschränkt haben , welche im Berufungsurteil zur fehlenden Haftung der Klägerin für Tätigkeiten vor dem 1. September 1995 enthalten sind und welche die Klägerin sonst gegen den Vortrag der Widerklage erhoben hat.

III.


8
Für das Verfahren der wiedereröffneten Berufungsinstanz weist der Senat auf Folgendes hin:
9
Durch den konkretisierten Feststellungsantrag, wie er in der Beschwerdeschrift gefasst worden ist, werden die vorherigen Bedenken gegen die Bestimmtheit ausgeräumt. Den Feststellungsantrag alter Fassung hat das Beru- fungsgericht entgegen dem Beschwerdevortrag mit Recht beanstandet, weil zwischen den Parteien gerade streitig war, inwieweit Buchungen und Erklärungen der Klägerin unrichtig gewesen sein sollen. Dieser Streit würde durch die beantragte Feststellung nicht entschieden, selbst wenn zu ihrer Auslegung, wo dies nicht anders möglich ist, der Sachvortrag herangezogen werden kann. Es bedarf zu einer Entscheidung dieses Streits andererseits hier nicht einer Aufgliederung des Urteilsausspruchs für sämtliche einzelnen Buchungen und Vorsteuerabzüge , welche die Klägerin angesetzt hat, weil ihr nicht einzelne Versehen oder Fehlgriffe zur Last gelegt werden, sondern ein Methodenfehler, welcher die gesamte Tätigkeit durchzogen haben soll. Die Feststellung, ob sich dieser Methodenfehler in der Tätigkeit der Klägerin während des gesamten Antragszeitraums findet, gehört zur Sachprüfung der Widerklage. Hierbei wird die Widerklägerin den Steuersachverhalt soweit darzulegen haben, dass das Berufungsgericht imstande ist zu beurteilen, wie dieser seiner Ansicht nach richtigerweise unter Berücksichtigung der damaligen Rechtsprechung und Steuerrichtlinien von Beraterseite zu behandeln gewesen wäre. Die vom Landgericht insoweit angenommene Vermutung, welche sich auf die konkreten Beanstandungen der Finanzverwaltung und das gegen den Geschäftsführer der Widerklägerin geführte Steuerstrafverfahren stützt, ist verfehlt. Im Rahmen dieser Sachprüfung ist dann auch auf die Frage der Passivlegitimation der Klägerin für Tätigkeiten vor dem 1. September 1995 zurückzukommen.
Ganter Raebel Vill
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2004 - 10 O 513/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.12.2005 - 23 U 35/04 -

(1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) unmittelbar anschließen. Andernfalls ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.

(2) Im Haupttermin soll der streitigen Verhandlung die Beweisaufnahme unmittelbar folgen.

(3) Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestands vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 findet Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.