A.
Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht der A. Ltd. wegen der Beschlagnahme von Presseerzeugnissen geltend.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Endurteil des Landgerichts München I vom 23.01.2013 wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Ergänzend wird festgestellt:
Das OLG München hat mit Beschluss vom 18.02.2013 (Az. 4 VAs 056/12) den Aufhebungsbescheid der Generalstaatsanwaltschaft München vom 10.02.2012 wegen fehlender Anhörung für formell rechtswidrig erklärt. Mit erneuter Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft München vom 30.08.2013 wurde der ursprüngliche Bewilligungsbescheid über EUR 28.744,97 in Höhe von EUR 27.290,19 erneut aufgehoben und in Höhe von EUR 1.454,78 aufrechterhalten (vgl. Schriftsatz Bl. 323 d. A. mit Anlage BK 1). Bezüglich des zweiten Aufhebungsbescheides ist erneut Antrag nach § 23 EGGVG zum Oberlandesgericht München gestellt worden (Bl. 326 d. A.). Dieses hat das Verfahren an das Landgericht München I verwiesen (dortiges Az.: 15 O 9805/14). Eine Rückzahlung des Betrages in Höhe von EUR 28.744,97 bzw. EUR 27.290,19 ist bislang nicht erfolgt.
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 23.01.2013 dem Kläger dem Grunde nach eine Entschädigung aufgrund der Beschlagnahme der Zeitschrift „Zeitungszeugen, Ausgabe Nr. 2, 2009“ auf Grundlage des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 23.01.2009
zugesprochen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Grunde nach stehe dem Kläger ein Anspruch gegen den Beklagten aus enteignendem Eingriff aus abgetretenem Recht zu.
Ansprüche aus §§ 2, 7 StrEG könne der Kläger weder aus eigenem noch abgetretenem Recht geltend machen.
Da die Fa. A. Ltd. keine natürliche Person sei und daher nicht Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren sein könne, stünden ihr keine Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz zu.
Auch aus eigenem Recht habe der Kläger keinen Anspruch. Die erlittenen Gewinneinbußen stellten einen Schaden der Fa. A. Ltd. und damit eines Dritten dar. Der Schaden der Gesellschaft sei nicht gleichzusetzen mit einer unmittelbar im Vermögen des Klägers eingetretenen Einbuße. Zum Zeitpunkt des Schadenseintritts sei er auch nicht Alleingesellschafter der A. Ltd. gewesen, der spätere Erwerb der übrigen Gesellschaftsanteile könne an der Zuordnung der entstandenen Schäden nichts ändern. Außerdem habe das eine mögliche Entschädigung auslösende Ereignis der Beschlagnahme nicht das Eigentum des Klägers selbst, sondern nur der rechtlich selbstständigen Fa. A. Ltd. betroffen. Ihm sei hierdurch allenfalls ein „Reflex-Schaden“ entstanden, der nicht erstattungsfähig sei.
Die Grundentscheidung des Amtsgerichts München vom 04.11.2009 im Strafrechtsentschädigungsverfahren beinhalte keine Aussage dazu, dass dem Kläger tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Diese Prüfung habe erst im Betragsverfahren zu erfolgen.
Ferner stünden dem Kläger weder aus eigenem noch abgetretenem Recht Ansprüche wegen Amtspflichtverletzung zu.
Zwar scheitere ein etwaiger Anspruch nicht am „Spruchrichterprivileg“ des § 839 Abs. 2 S. 1 BGB, da es sich bei dem Beschlagnahmebeschluss nicht um ein Urteil oder ine urteilsvertretende Entscheidung handele.
Sowohl das Handeln des Staatsanwalts als auch des Ermittlungsrichters bei Erlass des Beschlusses sei aber vertretbar und damit nicht amtspflichtwidrig gewesen. Es komme nicht auf die „sachliche Richtigkeit“ der Maßnahmen an, sondern nur auf deren Vertretbarkeit. Ein vertretbares Handeln lasse bereits die Amtspflichtwidrigkeit des Verhaltens entfallen.
Aus den Entscheidungen der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I und des 29. Senats des Oberlandesgerichts München sei zu folgern, dass die Frage des Urheberrechts an den streitgegenständlichen Werken auf den ersten Blick nicht eindeutig und schnell zu klären gewesen sei. Ein Urheberrecht des Beklagten unterstellt, habe der Tatbestand des § 106 UrhG vorgelegen. Im Hinblick auf die bereits erschienenen Druckwerke habe Eilbedürftigkeit bestanden, da jedes weitere Zuwarten die Urheberrechtsverletzung irreversibel hätte werden lassen. Der kurze Entscheidungszeitraum lasse vor dem Hintergrund der komplexen Sach- und Rechtslage keinen Schluss auf eine Unvertretbarkeit zu.
Die Maßnahme sei auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht unvertretbar gewesen.
Soweit der Kläger geltend mache, dass über den Tenor des Beschlusses hinaus nicht nur die Beilage, sondern auch der Zeitungsmantel beschlagnahmt worden sei, fehle es an einem dadurch kausal verursachten Schaden.
Ansprüche aus Aufopferung würden ebenfalls ausscheiden.
Insoweit fehle es an einem Eingriff in durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Rechtsgüter.
Auch aus enteignungsgleichem Eingriff stünden dem Kläger keine Ansprüche zu.
Dieser setze einen rechtswidrigen Eingriff in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition voraus. Da sowohl der Erlass des Beschlagnahmebeschlusses als auch die Beschlagnahme selbst nicht amtspflichtwidrig seien, könnten die Maßnahmen auch nicht rechtswidrig sein.
Der Kläger habe auch keine Ansprüche aus eigenem Recht aufgrund eines enteignenden Eingriffs.
Es fehle an einem unmittelbaren Eingriff in Eigentumsrechte des Klägers selbst. Die Beschlagnahme habe nur das Eigentum der Fa. A. Ltd. betroffen, auf das Vermögen des Klägers hätte sich diese Maßnahme nur indirekt ausgewirkt. Im Übrigen seien insoweit Ansprüche auch wegen der abschließenden Regelungen nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz ausgeschlossen.
Dem Kläger stehe jedoch ein Anspruch aus enteignendem Eingriff aus abgetretenem Recht zu.
Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb stelle eine Rechtsposition im Sinne des Art. 14 GG dar; vom Schutzzweck seien grundsätzlich auch die Kundenbeziehungen umfasst. Die Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen lägen auf der Hand. Dem Kläger stehe eine angemessene Entschädigung für den Substanzverlust zu; dagegen sei der entgangene Gewinn, der einen Schadensersatzanspruch darstelle, regelmäßig nicht umfasst. Der Umfang der Auswirkungen auf den Gewerbebetrieb sei im Betragsverfahren zu klären.
Der Anspruch sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil im Falle der Vertretbarkeit der dienstlichen Handlungen kein Sonderopfer bejaht werden könne. Ein solcher Ausschluss könne allenfalls im Rahmen der spruchrichterlichen Tätigkeit nach § 839 Abs. 2 BGB angenommen werden.
Soweit außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 S. 1 BGB zum Teil die Ansicht vertreten werde, dass bei Vertretbarkeit richterlicher oder auch staatsanwaltschaftlicher Entscheidungen oder Maßnahmen ein entschädigungspflichtiges Sonderopfer bereits auf der Tatbestandsebene ausscheide, könne die Kammer dem nicht folgen. Denn die für die Verneinung eines Sonderopfers herangezogene Begründung der Beschränkung der Wiederaufrollung rechtskräftig erledigter Verfahren gelte für die streitgegenständlichen Handlungen außerhalb des Spruchrichterprivilegs gerade nicht.
Es lägen die Voraussetzungen für ein Grundurteil nach § 304 Abs. 1 ZPO vor, da ein Anspruch in noch festzustellender Höhe mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehe.
Über den Klageantrag Ziffer II müsse die Kammer nicht entscheiden, weil über die Berechtigung dieses Antrags im Rahmen des abgetrennten Verfahrens entschieden werde.
Ergänzend wird Bezug genommen auf das landgerichtliche Urteil vom 23.01.2013.
Gegen das landgerichtliche Urteil, das den Parteien am 28.01.2013 bzw. 30.01.2013 zugestellt wurde, haben sowohl der Kläger mit Schriftsatz vom 28.02.2013, eingegangen per Telefax am gleichen Tage, als auch der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.02.2013, eingegangen am 26.02.2013, Berufung eingelegt. Diese wurden seitens des Klägers mit Schriftsatz vom 23.05.2013 und seitens des Beklagten mit Schriftsatz vom 22.05.2013 begründet.
Der Kläger macht geltend, dass das Landgericht zu Unrecht ein Grundurteil erlassen habe. Das Verfahren sei auch hinsichtlich der Anspruchshöhe entscheidungsreif, so dass ein klagestattgebendes Endurteil hätte erlassen werden müssen. Nach einer bindenden Grundentscheidung im StrEG-Verfahren habe das Landgericht nicht erneut über den Grund entscheiden dürfen. Außerdem habe das Landgericht im Rahmen der Erörterung der Zurechnung des Schadens auch eine Entscheidung hinsichtlich der Höhe des Entschädigungsbetrages getroffen.
Zu Unrecht habe es des Weiteren die übrigen geltend gemachen Rechtsgrundlagen, insbesondere die für den Kläger gegenüber einem Entschädigungsanspruch günstigeren Schadensersatzansprüche, abgelehnt.
Dem Kläger stehe insbesondere ein eigener Anspruch aus §§ 2, 7 StrEG zu. Insoweit bestehe eine Bindungswirkung an die Grundentscheidung des Amtsgerichts München vom 04.11.2009. Das Landgericht habe vor diesem Hintergrund zu Unrecht eine davon divergierende Entscheidung über den Grund getroffen.
Dem Kläger sei entgegen den Ausführungen des Landgerichts auch ein eigener Schaden entstanden.
So habe das Landgericht zum einen die nach §§ 2, 7 StrEG zu erstattenden Anwaltskosten außer Acht gelassen, die dem Kläger selbst als Schaden zu ersetzen seien.
Außerdem könne der Kläger als Alleingesellschafter der A. Ltd. auch den Schaden der Gesellschaft als eigenen Schaden geltend machen. Es genüge insoweit, dass der Gesellschafter durch die Strafverfolgungsmaßnahme persönlich in seinem grundgesetzlich gewährleisteten Recht auf Pressefreiheit unmittelbar betroffen sei. Diese Rechtsverletzung setze sich im Vermögen der Gesellschaft fort. Eine eigene Eigentumsverletzung des Alleingesellschafters sei für die Anwendbarkeit des Rechtsinstituts des gesellschafterfreundlichen Durchgriffs nicht erforderlich. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beschlagnahme nur 50% der Gesellschafteranteile innegehabt habe, stünde dem Anspruch nicht entgegen, da es auf den Zeitpunkt der Anspruchsstellung ankomme. Ungeachtet dessen habe der Kläger auf jeden Fall eine beherrschende Stellung gehabt, so dass er auch deshalb wie ein Alleingesellschafter zu behandeln sei.
Es seien auch Ansprüche aus Amtshaftung nach § 839 BGB begründet.
Das Handeln der Ermittlungsbehörden und des Ermittlungsrichters sei nicht mehr vertretbar gewesen. Sowohl Staatsanwalt als auch Ermittlungsrichter hätten die Frage eines möglicherweise noch bestehenden Urheberrechtes nicht unbeantwortet lassen dürfen, sondern vor Beantragung eines Beschlagnahmebeschlusses bzw. vor dessen Erlass eingehender prüfen müssen. Bereits die vorliegenden Unterlagen seien nicht ausreichend gesichtet, gelesen und ausgewertet worden; insbesondere auf dieser mangelnden Prüfung der Sach- und Rechtslage beruhe die Unvertretbarkeit der Anordnung. Die unterbliebene Prüfung ergebe sich bereits aus den Ermittlungsakten und dem zeitlichen Ablauf; nach Eingang der Anzeige bis zum Erlass des Beschlusses habe keine ausreichende Zeit zur Prüfung bestanden. Der Beklagte komme insoweit bereits der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, so dass die behauptete nicht erfolgte ordnungsgemäße Sichtung und Prüfung als unstreitig zu bewerten sei. Soweit der Tatsachenvortrag als streitig erachtet werde, sei eine Einvernahme der Zeugen Dr. L. und F. durchzuführen.
Die Anordnung der Beschlagnahme sei auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unvertretbar, welcher in § 111 m Abs. 1 StPO verankert sei. Die weitreichenden und schwerwiegenden Folgen der Pressebeschlagnahme für den Kläger hätten sich den Ermittlungsbehörden aufdrängen müssen, zumal es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein Sammelwerk handele. Für dessen wirtschaftlichen Erfolg seien gerade die Erstausgaben entscheidend. Die Beziehungen des Klägers bzw. seiner Gesellschaft zu deren Kunden bzw. Händlern seien durch die Maßnahmen nachhaltig gestört worden.
Der Vorwurf der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß §§ 86 Abs. 3, 86 a StGB sei bereits aufgrund der Aufmachung des Journals nicht in Frage gekommen, da das Gesamtkonzept des Journals klar erkennbar einem rein wissenschaftlichen, aufklärerischem Zweck diente.
Des Weiteren sei die Vollziehung des Beschlusses ebenfalls rechtswidrig gewesen. Die Vollziehung sei über den Wortlaut des Beschlusses hinausgegangen, da zum Teil ganze Ausgaben einschließlich des Zeitungsmantels beschlagnahmt worden seien. Der Mantel sei aber ein eigenständiges Produkt, welches auch ohne die Beilage verkaufsfähig sei. Der Kläger hätte die Händler anweisen können, die Zeitschriften (ohne Beilage) zu einem niedrigeren Preis an die Kunden abzugeben; dann wäre sein Vermögensnachteil geringer ausgefallen.
Zu Unrecht habe das Landgericht Ansprüche aus Aufopferung abgelehnt.
Zu den geschützten Rechtsgütern sei auch die über Art. 5 Abs. 1 GG verbürgte Pressefreiheit zu zählen, was der Bundesgerichtshof jedenfalls noch nicht ausgeschlossen habe. Lediglich im Hinblick auf nach Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit sei entschieden worden, dass Aufopferungsansprüche aus deren Beeinträchtigung nicht abgeleitet werden könnten.
Dem Kläger stünden auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff zu.
Aufgrund des Beschlusses der 2. Strafkammer des Landgerichts München I vom 17.04.2009 stehe fest, dass die Beschlagnahmeanordnung rechtswidrig gewesen sei und daher aufzuheben war. Die Amtspflichtwidrigkeit sei nicht Voraussetzung für einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff, nur im Rahmen der Prüfung der Amtshaftungsansprüche komme es auf die Vertretbarkeit der Maßnahmen an.
Das Sonderopfer sei durch die Unrechtmäßigkeit der Maßnahmen indiziert; die eventuelle Bejahung der Vertretbarkeit spreche nicht gegen das Vorliegen eines Sonderopfers im Rahmen des enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs.
Im Rahmen des enteignungsgleichen Eingriffs bzw. des enteignenden Eingriffs sei in gleicher Höhe wie im Rahmen eines Schadensersatzanspruches finanzieller Ausgleich zu leisten. Die Entschädigung bemesse sich insoweit nach der Ertragsminderung des Gewerbebetriebs aufgrund des Eingriffs, der vorliegend mit dem entgangenen Gewinn identisch sei. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 05.04.2012 Bezug genommen, dort Seite 18 ff.
Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme hätten die Exemplare der Ausgabe 2/2009 noch im Eigentum der Fa. A. Ltd. gestanden, da insoweit ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei. Insoweit sei auch der Substanzschaden in Höhe von 46.800.-€ zu ersetzen (Bl. 349 d. A.).
Das Landgericht hätte auch über den Klageantrag Ziffer 2 entscheiden müssen, da dieser ausdrücklich zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sei und Teil des Betragsverfahrens im StrEG-Verfahren sei. Das Verfahren vor dem OLG München, in welchem über die Aufhebung des Rücknahmebescheids der Generalstaatsanwaltschaft München zu entscheiden sei, betreffe einen anderen Streitgegenstand.
Es bestünde insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis für den Zahlungsanspruch Ziffer 2; das abgetrennte Verfahren, welches die Anfechtung des Aufhebungsbescheides vom 30.08.2013 zum Gegenstand habe, stünde dem nicht entgegen. Der Betrag sei zwar noch nicht zurückgezahlt, könne aber jederzeit vollstreckt werden. Es könne daher nicht von einer Erfüllung ausgegangen werden.
Im Hinblick auf den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft München vom 30.08.2013 haben die Parteien Ziffer 2 des Klageantrags in Höhe von EUR 1.454,78 teilweise für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt, primär aus abgetretenem Recht der A. Ltd., hilfsweise aus eigenem Recht:
Das Urteil des Landgerichts München I vom 23.01.2013 wird teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. er Beklagte wird verurteilt, EUR 2.607.387,33 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
2. er Berufungsbeklagte wird zusätzlich zu dem Klageantrag zu 1) vom 06.05.2011 verurteilt, EUR 27.290,19 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
Hilfsweise für den Fall, dass kein der Klage stattgebendes Endurteil ergehen sollte, beantragt der Kläger die teilweise Abänderung und Neufassung des Urteils des Landgerichts München I wie folgt:
Dem Kläger steht dem Grunde nach eine Entschädigung aufgrund der Beschlagnahme der Zeitschrift „Zeitungszeugen, Ausgabe Nr. 2/2009“ auf Grundlage des Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts München vom 23.01.2009 zu, wobei der Anspruch aus dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (§§ 2, 7 StrEG), aus Amtshaftung (§ 839 BGB), aus der Rechtsfigur der Aufopferung bzw. des aufopferungsgleichen Eingriffs, der Rechtsfigur des enteignungsgleichen Eingriffs sowie der Rechtsfigur des enteignenden Eingriffs aus eigenem und abgetretenem Recht folgt.
Der Beklagte beantragt:
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
2. Das Grundurteil des Landgerichts München I vom 23.01.2013, Az: 15 O 9627/11, wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.
Hierzu beantragt der Kläger:
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte beruft sich darauf, dass das Landgericht zu Recht Ansprüche aus StrEG und Amtshaftung sowie Aufopferung abgelehnt habe.
Die Zuerkennung einer Entschädigung nach den Grundsätzen des enteignenden Eingriffs sei allerdings falsch.
Ein Rückgriff auf die Institute des enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs scheide bereits deshalb aus, weil eine mögliche Entschädigung im Strafrechtsentschädigungsgesetz abschließend geregelt sei.
Außerdem liege kein unmittelbarer Eingriff in eine eigentumsbezogene Rechtsposition vor. Art. 14 GG schütze nur das Erworbene, nicht aber bloße Gewinnchancen und Aussichten. Das Vorenthalten der Möglichkeit, aus den Beilagen des Heftes 2/2009 Gewinn zu erzielen, berühre insoweit allenfalls den Schutzbereich des Art. 12 GG.
Zu Unrecht habe das Landgericht einen Anspruch aus enteignendem Eingriff trotz Vertretbarkeit der Maßnahmen bejaht. Die vorgenommene Beschränkung auf richterliche Entscheidungen im Rahmen des Spruchrichterprivilegs sei nicht
berechtigt, da es auf die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege unter Berücksichtigung der richterlichen Unabhängigkeit gehe.
Es verkenne auch die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sonderopfers. Dieses setze einen evident entschädigungsbedürftigen Extremfall voraus, erfordere also einen schweren und unerträglichen Eingriff. Beim Kläger sei die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Unternehmens auch nicht im Ansatz betroffen, so dass ein Sonderopfer nicht bejaht werden könne. Im Übrigen könne kein Sonderopfer vorliegen, wenn die richterliche Entscheidung oder Maßnahme vertretbar gewesen sei.
Hinsichtlich der Berufung des Klägers bringt der Beklagte ergänzend Folgendes vor:
Ein Grundurteil sei zulässig gewesen, da die Anspruchshöhe nicht entscheidungsreif sei. Die Grundlagen zur Errechnung eines Schadensersatzes seien dezidiert bestritten worden, insbesondere auch der behauptete Umfang des Abbruchs der Kundenbeziehungen und des Rückgangs der Händlerbeziehungen.
Im Rahmen des Grundurteils sei zulässig über den Anspruch nach §§ 2, 7 StrEG entschieden worden. Ein Teilendurteil wäre unzulässig gewesen, da kein selbstständiger Teil zur Entscheidung reif sei.
Die Entscheidung stehe auch nicht im Widerspruch zur Grundentscheidung des Amtsgerichts München im StrEG-Verfahren, da erst im Rahmen des Betragsverfahren geprüft werde, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden sei. Die Frage, ob der Kläger persönlich Gewinneinbußen geltend machen könne, obliege daher dem Betragsverfahren. Insoweit habe das Landgericht zu Recht festgestellt, dass dem Kläger persönlich keine Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz zustehen.
Eine Amtspflichtverletzung des Staatsanwaltes bzw. des Ermittlungsrichters läge nicht vor, da deren Handeln vertretbar gewesen sei. Der Sachverhalt sei
aufgearbeitet und geprüft und die wesentlichen Gesichtspunkte im Beschluss erwähnt worden. Insbesondere sei der zuständige Staatsanwalt mit den Fragestellungen nicht zum ersten Mal befasst gewesen, bereits aus früheren Verfahren sei ihm die Problematik des Urheberrechts bekannt gewesen. Es habe vor Erlass des Beschlusses eine kurze Erörterung zwischen Staatsanwalt und Ermittlungsrichter über Sachverhalt und Rechtslage stattgefunden. Aus dem nachträglich ergangenen Beschluss der 2. Strafkammer des Landgerichts München I könne nicht auf eine Unvertretbarkeit zum Zeitpunkt der Prüfung der Angelegenheit geschlossen werden.
Die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt worden, da insbesondere nur die konkrete Beilage betroffen gewesen sei.
Der Zahlungsanspruch gemäß Ziffer 2 des Klageantrags bestehe nicht. Der genannte Betrag sei bereits an den Kläger ausgekehrt und könne daher nicht nochmals beansprucht werden.
Zur Berufung des Beklagten trägt der Kläger ergänzend im Wesentlichen wie folgt vor:
Ansprüche nach dem Gesetz über Strafrechtsentschädigung würden Ansprüche aus enteignendem Eingriff nicht ausschließen, vielmehr bestünde insoweit Anspruchskonkurrenz.
Der Beklagte verkenne, dass Art. 14 GG auch die geschäftlichen Verbindungen und Kundenbeziehungen schütze. Die ca. 120.000 Einzelhändler, die die Zeitschrift vor der Beschlagnahme bezogen hatten, seien als Kunden in den Gewerbebetrieb der Albertas Ltd. einbezogen und gehörten zu dessen eigentumsrechtlich geschützter Substanz. Die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren gegenüber der bloßen Sozialbindung sei überschritten.
Die Vertretbarkeits-Rechtsprechung betreffe ausschließlich Amtshaftungsansprüche und sei auf Ansprüche aus enteignungsgleichem/enteignendem Eingriff nicht übertragbar. Bei vertretbarem Handeln entfalle der persönliche Schuldvorwurf, der bei enteignungsgleichem/enteignendem Eingriff ohnehin nicht Voraussetzung sei. Selbst wenn man die Vertretbarkeit bereits auf der Ebene der Amtspflichtwidrigkeit ansiedele, führe dies nicht zu einem Ausschluss im Rahmen der Haftungsinstitute des enteignungsgleichen/enteignenden Eingriffs; die Entschädigung werde für das Erfolgsunrecht gewährt und stehe nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Handlungsunrecht nach § 839 BGB.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen Dr. L. und F. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2014 verwiesen ((Bl. 449 d. A.), sowie hinsichtlich der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf das Protokoll vom 17.10.2013 (Bl. 325 d. A.).
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
B.
Sowohl die Berufung des Klägers als auch die des Beklagten sind zulässig; im Ergebnis sind beide Berufungen aber unbegründet und bleiben daher ohne Erfolg.
Der Senat sieht sich lediglich zu einer klarstellenden Fassung des Tenors veranlasst, da die Ansprüche des Klägers auf Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff auf abgetretenem Recht beruhen (Teilerfolg des Hauptantrags), und die Abweisung der Ansprüche des Klägers aus eigenem Recht (Hilfsantrag) und etwaiger Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht (Hauptantrag im Übrigen) auszusprechen war.
(A) Berufung des Klägers
I.Zulässigkeit der Berufung
Soweit sich der Kläger unter Ziffer 1 seiner Berufungsanträge gegen das Grundurteil wendet, obwohl dieses ihm eine Entschädigung dem Grunde nach zuspricht, ist die Berufung zulässig.
Der Kläger ist durch das Grundurteil beschwert, da das Landgericht in den Gründen seines Urteils weitergehende Anspruchsgrundlagen, welche auf Schadensersatz gerichtet sind, als unbegründet abgewiesen hat (Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, §304, Rn.10, 11).
II.
Begründetheit der Berufung
1. Zulässigkeit eines Grundurteils erster Instanz
Der Erlass eines Grundurteils war zulässig. Das Absehen von der Abfassung eines Teilurteils gibt keinen Anlass für eine Aufhebung.
1.1. Der Rechtsstreit ist hinsichtlich der Höhe eines etwaigen Schadensersatzoder Entschädigungsanspruches nicht entscheidungsreif.
Der Beklagte hat bereits in erster Instanz die geltend gemachte Anspruchshöhe und den Vortrag des Klägers dahingehend, dass die Ertragsminderung des Betriebes identisch sei mit dessen Gewinnentgang, bestritten (vgl. Schriftsatz vom 10.12.2012).
Auf dieser Grundlage war das Erstgericht berechtigt, wegen der durchzuführenden Beweisaufnahme zur Höhe, die zur Ermittlung etwaiger Schätzgrundlagen in jedem Fall auch im Rahmen eines Entschädigungsverfahrens erforderlich ist, zunächst ein Grundurteil zu erlassen (Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 304, Rn. 5).
1.2. Das Grundurteil war auch nicht deshalb unzulässig, weil das Landgericht darin über einzelne Anspruchsgrundlagen, insbesondere solche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz, abschließend entschieden hat.
1.2.1.Generell gilt: Ein Grundurteil muss in der Regel sämtliche Anspruchsgrundlagen erledigen, insbesondere wenn die abzulehnenden Anspruchsgrundlagen weitergehend sind als die zu bejahende Anspruchsgrundlage. In diesem Falle hat im Rahmen des Grundurteils die vollständige Ablehnung der weitergehenden Anspruchsgrundlagen als unbegründet zu erfolgen (Vollkommer in Zöller, ZPO, § 304, Rn. 10; BGHZ 72, 36 bei juris Rn. 13; BGH LM Nr. 5).
1.2.2. Auch die vorangegangene Entscheidung des Amtsgerichts im Verfahren nach dem StrEG stand dem Erlass eines Grundurteils nicht entgegen. Zwar steht schon mit der Entscheidung des Amtsgerichts München vom 04.11.2009 (B. 755 der Strafakten) rechtskräftig fest, dass der Kläger nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz dem Grunde nach zu entschädigen ist. An diese Entscheidung war das Landgericht und ist auch der Senat gebunden (BGH NJW 88, 1141, bei juris Rn. 9 m. w. N.).
Mit dieser Entscheidung hat das Amtsgericht München aber keinerlei Entscheidung darüber getroffen, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist (BGH, a. a. O.; Kunz, Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, 4. Auflage, § 8, Rn. 7 mit weiteren Nachweisen). Diese Entscheidung obliegt allein dem Betragsverfahren, welches zunächst im Rahmen eines Justizverwaltungsverfahrens durchzuführen ist. Gegen die dort getroffene Entscheidung kann dann gemäß § 13 StrEG der Zivilrechtsweg beim Landgericht beschritten werden, was der Kläger mit der vorliegenden Klage fristgemäß getan hat.
Zu Recht hat das Landgericht bezüglich der Ansprüche aus StrEG daher eine Entscheidung im Betragsverfahren getroffen.
1.2.3. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass die Teilabweisung der abzulehnenden Anspruchsgrundlagen auch im Tenor zum Ausdruck gebracht werden muss (in diesem Sinne wohl RGZ 131, 343, 346); dies ist so jedoch nicht richtig, was sich auch aus § 301 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO ableiten lässt. Es genügt vielmehr, wenn die Teilabweisung aus den Urteilsgründen deutlich wird (vgl. Zöller, a. a. O.; BGH LM Nr. 5; BGH NJW-RR 2004, 1034, bei juris Rn. 10; Musielak in Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, § 304, Rn. 28).
Der Senat hat die Urteilsformel dennoch zur Klarstellung neu gefasst, um damit deutlich zu machen, dass dem Kläger lediglich Ansprüche auf Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff dem Grunde nach zustehen (vgl. RGZ 131, 343, 346; BGH LM Nr. 5).
1.3. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht stellen zwei unterschiedliche Streitgegenstände dar, da trotz des einheitlichen Klageziels der Antrag auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt wird (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, Einl. Rn. 74; BGH MDR 2014, 980; BGH NJW-RR 2006, 275 bei juris Rn. 15; BGH NJW 2007, 2414 bei juris Rn. 8).
Das Landgericht hat die Ansprüche des Klägers aus eigenem Recht in den Gründen vollumfänglich abgelehnt; wäre nur dieser Teil Gegenstand der Klage gewesen, hätte insoweit ein Endurteil ergehen können.
Auf dieser Grundlage wäre es möglich gewesen, ein Teilendurteil in Verbindung mit einem Grundurteil zu erlassen (BGHZ 72, 34 bei juris Rn. 14; Vollkommer in Zöller, a. a. O., § 301, Rn. 1).
Die Frage des Erlasses eines Teilurteils steht nach h. M. im nicht nachprüfbaren Ermessen des Gerichts, was aus § 301 Abs. 2 ZPO geschlossen wird (Zöller, a. a. O., Rn. 10).
Einen Aufhebungsgrund stellt der unterbliebene Erlass eines Teilendurteils nicht dar.
Der Senat hat den Tenor des Ersturteils auch insoweit durch Ergänzung der Teilabweisung lediglich aus Gründen der größeren Klarheit und besseren Verständlichkeit neu gefasst.
2. Hauptantrag (Klage aus abgetretenem Recht)
2.1. Zulässigkeit der Klage
Die Klage aus abgetretenem Recht ist zulässig.
Der mit Ziffer 2 geltend gemachte Teilbetrag stellt lediglich eine quantitative Erhöhung des zunächst mit Ziffer 1 geltend gemachten Anspruchs dar.
Die Tatsache, dass dieser Teilbetrag an den Kläger persönlich bereits ausgekehrt wurde, kann zu keiner Erfüllung der eigenen Ansprüche der Ltd. führen, so dass insoweit das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegeben ist.
2.2. Begründetheit des Hauptantrags
Dem Kläger stehen aus abgetretenem Recht Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff zu, im Übrigen ist der Hauptantrag unbegründet.
2.2.1. Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz
Soweit das Landgericht Ansprüche des Klägers nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz aus abgetretenem Recht abgelehnt hat, wird auf die zutreffenden Ausführungen Bezug genommen.
Da der Ltd. als juristischer Person und Nicht-Begünstigter der Grundentscheidung selbst keine Ansprüche nach dem StrEG zustehen können, geht insoweit auch die Abtretung ins Leere.
2.2.2. Amtshaftungsansprüche
Ansprüche der Albertas Ltd. aus Amtspflichtverletzung sind nicht gegeben. Das Handeln sowohl des zuständigen Staatsanwaltes als auch des Ermittlungsrichters war zum Zeitpunkt der Beantragung bzw. des Erlasses des Beschlusses vertretbar, so dass die Amtspflichtwidrigkeit der Maßnahmen nicht zu bejahen ist.
2.2.2.1. Mit Beschluss der Staatsschutzkammer vom 17.04.2009 wurde festgestellt, dass die Beschlagnahmeentscheidung vom 23.01.2009 in der Sache objektiv unrichtig war. Den in dem Beschluss aufgeführten Aspekten, welche auf dem Kenntnisstand vom 17.04.2009 beruhen, schließt sich der Senat an.
2.2.2.2. Im Rahmen der Prüfung einer Amtspflichtverletzung bei staatsanwaltlichem oder richterlichem Handeln ist die Frage der Richtigkeit einer getroffenen Maßnahme aber nicht die allein entscheidende.
Das Landgericht gibt die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung, nach der im Amtshaftungsprozess Maßnahmen sowohl eines Richters (außerhalb des Spruchrichterprivilegs nach § 839 Abs. 2 S. 1 BGB) als auch des Staatsanwaltes nicht auf ihre „Richtigkeit“, sondern allein darauf zu überprüfen sind, ob sie vertretbar sind, zutreffend wieder. Auf die dort angeführten Rechtsprechungsnachweise wird Bezug genommen.
Danach darf die Vertretbarkeit nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die betreffende Entscheidung nicht mehr verständlich ist (BGHZ 187, 286, bei juris Rn. 14; BGH NJW 89, 96 bei juris Rn. 23; BGH VersR 97, 1363 bei juris Rn. 11).
Aus dem späteren Beschluss der Staatsschutzkammer des Landgerichts München I ergibt sich insoweit keine Bindungswirkung für die Frage der Vertretbarkeit bzw. Unvertretbarkeit der Entscheidung zum Zeitpunkt der Beantragung und des Erlasses des Beschlagnahmebeschlusses (BGH NJW 1970, 1543; BGH NJW 2003, 3693; OLG Bamberg, VersR 2013, 1263; OLG München Beschl. v. 28.06.2010, 1 W 1548/09). Die Staatsschutzkammer traf ihre Entscheidung unter Berücksichtigung des klärenden Urteils der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I, die erst nach der zu treffenden Entscheidung über eine Beschlagnahme erging und die ein Beleg für die Komplexität der Sach- und Rechtslage ist.
2.2.2.3. Die „Vertretbarkeit“ des staatsanwaltschaftlichen und ermittlungsrichterlichen Handelns ist im Rahmen des Amtshaftungsprozesses bereits auf der Tatbestandsebene des § 839 BGB zu prüfen.
Der BGH nimmt zwar keine klare Zuordnung des Begriffes der „Vertretbarkeit“ staatlichen Handelns auf der Ebene der Amtspflichtwidrigkeit oder der Schuld vor; die hierzu gefundene Rechtsprechung ist insoweit nicht einheitlich (beispielhaft zur Tatbestandsebene: BGH NJW 1989, 96; BGH NJW 2003, 3693; BGHZ 187, 286; zur Schuldebene: BGHZ 155, 306; BGHZ 119, 365; BGH NJW 2007, 224).
Allerdings ist der überwiegenden Anzahl der einschlägigen Entscheidungen zu entnehmen, dass die Prüfung der Vertretbarkeit an die Stelle der Prüfung der Richtigkeit staatsanwaltschaftlichen oder ermittlungsrichterlichen Handelns tritt und damit einem gesonderten, reduzierten Prüfungsmaßstab unterliegen soll (vgl. BGH NJW 1970, 1543; BGH NJW 1989, 96; BGH NJW 1989, 1924; BGHZ 187, 286; BGH NJW 1998, 751; BGH NJW 2003, 3693). Daraus folgt, dass aus der später festgestellten Rechtswidrigkeit der Maßnahme (die gerade die Frage der Richtigkeit einer Maßnahme betrifft, und die im streitgegenständlichen Fall durch die Aufhebung des Beschlagnahmebeschlusses durch die
Staatsschutzkammer festgestellt wurde), nicht zwangsläufig auf die Amtspflichtwidrigkeit der Handlung zum Zeitpunkt deren Beantragung bzw. Erlasses geschlossen werden kann (BGH NJW 1970, 1543; BGH NJW 2003, 3693; OLG Bamberg, VersR 2013, 1263; OLG München Beschl. v. 28.06.2010, 1 W 1548/09).
2.2.2.4. Da die Frage der Vertretbarkeit auf der Tatbestandsebene zu erfolgen hat, obliegt der Klagepartei die Beweislast für die Unvertretbarkeit des staatsanwaltschaftlichen bzw. ermittlungsrichterlichen Handelns (vgl. BGHZ 187, 286 bei juris Rn. 15).
2.2.2.5. Die Vertretbarkeit setzt zum einen eine im Ergebnis zumindest nachvollziehbare, nicht völlig unverständliche und unverhältnismäßige Maßnahme und zum anderen eine dem Einzelfall angemessene und gerecht werdende sorgfältige rechtliche und tatsächliche Prüfung durch den jeweils entscheidenden Amtsträger voraus. Diese zweifache Prüfung ist zwar von der Rechtsprechung insbesondere im Hinblick auf verwaltungsrechtliches Handeln entwickelt worden (Wöstmann in Staudinger, BGB-Neubearbeitung 2012, § 839, Rn. 204; BGHZ 119, 365), gilt aber auch im Rahmen staatsanwaltschaftlichen oder ermittlungsrichterlichen Handelns.
Allerdings können an den zugrunde zu legenden Sorgfaltsmaßstab nicht immer gleich hohe Anforderungen gestellt werden, da die jeweiligen Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Art der zu treffenden Entscheidung zu betrachten sind (vgl. hierzu auch BGHZ 27, 338).
Die maßgebliche Frage ist im vorliegenden Fall, welcher Sorgfaltsmaßstab an das staatsanwaltschaftliche und auch das ermittlungsrichterliche Handeln zu stellen ist. Die Rechtsprechung des BGH zur Vertretbarkeit staatsanwaltschaftlichen oder ermittlungsrichterlichen Handelns beruht auf der zugrundeliegenden Erwägung, dass dieses unter Berücksichtigung der Belange und Würdigung einer „funktionstüchtigen Strafrechtspflege“
betrachtet werden muss (BGH NJW 1989, 96; BGH NJW 2003, 3693; OLG München, Beschluss vom 28.06.2010, 1 W 1548/09).
Im vorliegenden Fall war ohne Zweifel eine Eilentscheidung zu treffen, da die Zeitschriften, die von den Maßnahmen umfasst sein sollten, bereits ausgeliefert waren und bei den Einzelhändlern erworben werden konnten. Mit dem aus Sicht der ermittelnden Personen angestrebten Ziel - nämlich dem raschen Entfernen der Druckwerke aus dem Verkauf, um sowohl weitere Urheberrechtsverletzungen als auch die Verbreitung rechtsradikalen Gedankenguts zu verhindern - war eine zeitaufwändige, endgültige Abklärung der Sach- und Rechtslage nicht zu vereinbaren.
Insbesondere im Rahmen solcher Eilentscheidungen dürfen an die Entscheidungsträger keine überhöhten, unzumutbaren Anforderungen gestellt werden; Eilentscheidungen könnten ansonsten nur schwer getroffen werden, ohne dass sich ein Amtsträger dem Vorwurf einer Amtspflichtverletzung ausgesetzt sehen müsste.
Dennoch müssen auch bei eiligen Entscheidungen die getroffenen Maßnahmen auf einer soliden Tatsachengrundlage beruhen, die zumindest eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage ermöglicht, und es darf keine Anhaltspunkte dafür geben, dass die Entscheidungen ohne sachgemäße Prüfung erfolgt sind oder völlig unverhältnismäßig sind.
Insbesondere vor dem Hintergrund des Richtervorbehalts, der auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahmen durch eine unabhängige und neutrale Instanz abzielt, ist auch vom Ermittlungsrichter eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen. Es ist Aufgabe und Pflicht des Ermittlungsrichters, sich eigenverantwortlich ein Urteil zu bilden und nicht etwa die Anträge der Staatsanwaltschaft einfach gegenzuzeichnen (BVerfG, Urteil v. 12.03.2003, 1 BvR 330/96 bei juris Rn. 90/91; BVerfG, Beschl. v. 01.08.2014, 2 BvR 200/14, bei juris Rn. 18/19; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, § 162 StPO, Rn. 19).
Allein der Zeitfaktor, den der Kläger als maßgebliches Kriterium dafür anbringt, dass eine sorgfältige Prüfung nicht stattgefunden haben kann, lässt einen solchen Rückschluss nicht zu. Aus zügigem Handeln allein kann nicht zwangsläufig auf unvertretbares Handeln geschlossen werden. Genauso wenig wie eine lange Überlegungszeit, die bei Eilmaßnahmen eher ein amtspflichtwidriges Handeln nahelegen könnte, auf sehr sorgfältigem Arbeiten beruhen muss, muss sehr rasches Handeln darauf beruhen, dass unsorgfältig und unvertretbar vorgegangen wurde.
2.2.2.6. Der verfahrensgegenständliche Beschlagnahmebeschluss ist im Ergebnis vertretbar und vor dem Hintergrund des bestehenden Beurteilungsspielraums im Rahmen der anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht unverständlich.
2.2.2.6.1. Sowohl Staatsanwalt als auch Ermittlungsrichter konnten und durften zum Zeitpunkt der von ihnen zu treffenden Entscheidungen annehmen, dass dem Freistaat Bayern ein Urheberrecht an den mit den Beilagen veröffentlichten Zeitungen zustand. Es lag - wie der Kläger selbst mehrfach betont - eine äußerst komplexe und komplizierte Sach- und Rechtslage vor, die durchaus unterschiedlichen Bewertungen zugänglich war. Vor diesem Hintergrund durften sowohl Staatsanwalt als auch Ermittlungsrichter annehmen, der beantragte Beschlagnahmebeschluss sei gerechtfertigt. Auf die diesbezüglichen ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
2.2.2.6.2. Auch die Bejahung eines Anfangsverdachtes hinsichtlich des Straftatbestandes der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen gemäß §§ 86, 86 a StGB war nicht unvertretbar.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Annahme, er identifiziere sich mit dem Inhalt der Beilagen und der darauf gestützte Anfangsverdacht nach § 86 a StGB völlig abwegig gewesen seien, trifft dieser Einwand nicht zu.
Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der Frage der Zielsetzung des § 86 a StGB bereits unterschiedliche Ansichten vertreten werden. So gibt es Meinungen, die der subjektiven Beziehung des Verwenders zu den verwendeten Kennzeichen ohnehin keine Bedeutung beimessen; andere wiederum fordern eine inhaltliche Identifizierung mit dem Gehalt des Kennzeichens und damit eine bekenntnishafte Verwendung (vgl. zum Streitstand Schönke/Schröder, a. a. O., § 86 a StGB, Rn. 1).
Vor dem Hintergrund, dass insoweit bereits die Voraussetzungen des Tatbestandes nicht unstreitig sind und damit ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet ist, erachtet der Senat die Bejahung des Anfangsverdachtes - unabhängig von einer Bewertung der persönlichen Gesinnung des Klägers - zumindest nicht als unvertretbar.
Auch auf der Grundlage, dass die Identifikation des Verwenders mit den Inhalten der Kennzeichen erforderlich sein sollte, vermag der Senat keine völlig unverständliche Bewertung der Sach- und Rechtslage aus der Sicht der Ermittlungsbehörden und des Ermittlungsrichters zu erkennen. Ob ein Bekenntnis zu einer verbotenen Organisation vorliegt, hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalles ab, kann aber gerade bei einem massenhaften öffentlichen Verkauf auch naheliegen (Schönke/Schröder, a. a. O., § 86 a, Rn. 6). Die leichte Trennbarkeit der Beilagen vom Umschlag konnte in diesem Zusammenhang - unabhängig von dessen Inhalten -durchaus den Eindruck entstehen lassen, dass letztlich ein Sprachrohr für die rechtsextreme Szene geschaffen werden sollte und die Verwendung des Mantels nur vordergründig dem Eindruck wissenschaftlicher Aufklärung dienen sollte.
Es war auch vertretbar, die erfolgten Distanzierungen des Klägers als nicht ausreichend zu bewerten. So erscheint zwar auf dem oberen Rand der Beilagen sowie im Impressum ein Hinweis, der auf eine inhaltliche Distanzierung schließen ließe. Im Hinblick auf die Platzierung dieser Hinweise und deren geringer Auffälligkeit im Verhältnis zu den in den Beilagen markant zu erkennenden Hakenkreuzen, müssen diese jedoch nicht zwangsläufig zu einer anderen Bewertung im Rahmen eines bestehenden Beurteilungsspielraums führen.
Die Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 StGB steht der Bejahung eines Anfangsverdachtes der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht entgegen. Danach ist die Verwendung oder Verbreitung nicht tatbestandsmäßig, soweit sie der staatsbürgerlichen Aufklärung oder wissenschaftlichen Zwecken dient.
Allein dieser Definition ist immanent, dass die Subsumtion im Ergebnis ebenfalls einem Beurteilungsspielraum unterliegt, der unterschiedliche Wertungen zulässt.
Zwar befanden sich in dem die Beilagen umschließenden Zeitungsmantel wissenschaftliche Texte, die sich mit den Beilagen kritisch auseinandersetzten.
Dennoch lässt die Tatsache, dass jederzeit die körperliche Trennung des wissenschaftlichen Teils von den Beilagen möglich war, den Schluss zu, dass die Gefahr einer Verwendung ohne den nach § 86 Abs. 3 StGB zu fordernden aufklärerischen Aspekt bestand. Die leichte Trennbarkeit lässt durchaus die Wertung zu, dass die begleitende wissenschaftliche Berichterstattung lediglich einen Vorwand bildete, um in Wahrheit eine Verbreitung der in den Beilagen enthaltenen Texte zu propagandistischen Zwecken zu erzielen (vgl. hierzu Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage, § 86, Rn. 17.)
Vor dem Hintergrund des bestehenden Beurteilungsspielraums ist der den Beschlagnahmebeschluss tragende Verdacht, dass die Zeitschrift „Zeitungszeugen“ als Sprachrohr der NS-Ideologie dienen könnte und es dem Kläger auch darum gehen könne, Kunden aus dem rechten Spektrum anzusprechen, nicht unverständlich und unvertretbar.
2.2.2.6.3. Eine Unvertretbarkeit der Maßnahmen ergibt sich auch nicht aus Verhältnismäßigkeitserwägungen.
Vor dem Hintergrund der vertretbaren Bejahung eines Anfangsverdachtes gemäß §§ 86, 86 a StGB ist nicht ersichtlich, welches mildere Mittel als die unverzügliche Beschlagnahme zur Verfügung gestanden hätte, um die weitere Verbreitung der Zeitungen schnellstmöglich zu verhindern. Im Hinblick auf die Bedeutung des über § 86 a StGB geschützten Rechtsgutes, den Rechtsstaat vor einer Wiederbelebung verfassungswidriger Organisationen und vor ihrer „Verharmlosung“ durch Gewöhnung an bestimmte Kennzeichen zu schützen (Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage, § 86 a, Rn. 1), war auch die Beschlagnahme eines Presseerzeugnisses noch verhältnismäßig. Da gerade im Rahmen der Veräußerung von Presseerzeugnissen im Hinblick auf die mannigfache Vervielfältigung die Verbreitungsgefahr besonders hoch einzustufen ist, kam ein anderes Mittel oder auch ein längeres Zuwarten mit der Entscheidung nicht in Betracht.
Selbst bei bloßem Abstellen auf eine Urheberrechtsverletzung wäre der Beschlagnahmebeschluss nicht als unverhältnismäßig zu bewerten.
Der Klagepartei ist zwar zuzustimmen, dass die Beschlagnahme von Presseerzeugnissen im Hinblick auf das in Art. 5 GG verankerte Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit äußerst sorgfältig zu prüfen und abzuwägen ist. Wie das Landgericht aber zutreffend bereits im Hinweisbeschluss vom 01.02.2012 und auf Seite 16 der Urteilsgründe ausgeführt hat, ist auch dieses Recht nicht schrankenlos zu gewähren. Das Urhebergesetz stellt insoweit eine gesetzliche Beschränkung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG dar.
Die Ansicht des Klägers, dass die Rechte des Beklagten nach dem Urhebergesetz hinter der „überragenden Interessenlage“ des Klägers (Schriftsatz 23.05.2013, dort Seite 17) zurückzutreten haben, teilt der Senat nicht.
Die Zeitungen waren bereits ausgeliefert. Ohne ein schnelles Einschreiten der Verfolgungsbehörden wären die Folgen der angenommenen Verletzung des Urheberrechts nicht mehr revisibel gewesen. Ein Abwarten zivilrechtlicher Entscheidungen war vor diesem Hintergrund nicht geboten.
Es kann auch nicht angenommen werden, dass den Behörden ein im urheberrechtlichen Sinne berechtigtes Interesse an der Verhinderung der Urheberrechtsverletzung fehlte. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, sind Schutzgegenstand des § 106 UrhG die dem Urheber oder seinem Rechtsnachfolger eingeräumten Verwertungsrechte und ausschließlichen Nutzungsrechte; wie der Berechtigte diese im Einzelfall nutzen will, soll gerade seiner alleinigen Entscheidungsgewalt obliegen. Seine Befugnisse umfassen auch ein auf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke gerichtetes Verbotsrecht, welches die widerrechtliche Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke verhindern soll (Dreier/Schulze, UrhG, 2. Auflage, § 11, Rn. 6).
Der Ansicht des Klägers, dass die vermeintlichen Urheberrechte des Beklagten deshalb keinen Schutz genießen könnten, weil sie von einem „der schwersten Verbrecher der Menschheitsgeschichte“ (Schriftsatz vom 21.11.2013) abgeleitet werden würden, kann nicht beigetreten werden. Es geht nicht darum, der Person Adolf Hitler einem ihm nicht zustehenden Schutz zu gewähren oder abzusprechen, sondern darum, dem Beklagten als Rechtsnachfolger im Urheberrecht die Entscheidung zu überlassen, ob und wie in der Form des ursprünglichen „Werkes“ dessen Gedankengut veröffentlicht oder verbreitet werden soll. Vor diesem Hintergrund ist gerade das übergegangene Urheberrecht von herausragender Bedeutung, weil dessen Inhaberschaft und Ausübung ggf. die Verbreitung äußerst angreifbaren und gefährlichen Gedankengutes zumindest einschränken kann.
Es geht auch nicht darum, ob bzw. in welcher Form der Beklagte die angenommenen Nutzungsrechte ggf. hätte verwerten wollen. Im Hinblick auf die Inhalte der streitgegenständlichen Beilagen der Zeitschrift kann das Interesse gerade auch darin begründet sein, die Verbreitung dieser Inhalte in der Form des ursprünglichen Werkes zu verhindern und zu verbieten.
Das soll nicht bedeuten, dass jede Darstellung und Verbreitung beispielsweise im Rahmen von Ausstellungen oder auch durch Abdruck in literarischen bzw. wissenschaftlichen Werken unterbleiben sollte; selbstverständlich gibt es ein Informationsinteresse und Aufklärungsbedürfnis der Öffentlichkeit über die Hintergründe der nationalsozialistischen Vergangenheit, weswegen aufklärende Darstellungen grundsätzlich wünschenswert und zu begrüßen sind.
Dennoch kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die vom Kläger gewählte Form der Darstellung gewisse Risiken in sich barg, die auch vor dem Hintergrund des Interesses an der Veröffentlichung nicht unberücksichtigt bleiben konnten. Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger selbst der Vorwurf der strafrechtlich bewehrten Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen gemacht werden durfte, bestand die Gefahr, dass die losen Beilagen der Zeitschrift, die ohne weiteres vom Mantel getrennt werden konnten, missbräuchlich verwendet werden könnten. Auch die Staatsschutzkammer hat in ihrem Beschluss ausdrücklich ausgeführt, dass beispielsweise ein Durchstreichen der Hakenkreuze auf den Beilagen dem Gesamtkonzept des Projektes sicherlich nicht abträglich gewesen wäre, aber gleichzeitig eine wünschenswerte Distanzierung beinhaltet hätte.
Auch unter Berücksichtigung des in § 111 m Abs. 1 StPO normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, den der Kläger als verletzt erachtet, ergibt sich nichts anderes.
Allein der Umstand, dass die Erstellung des Druckwerkes und der Vertrieb ganz erhebliche Kosten für den Kläger verursachten, begründet für sich genommen nicht die Unverhältnismäßigkeit der Beschlagnahme; finanzielle Nachteile für Verlage/Herausgeber könnten sonst letztlich jeder Maßnahme gemäß § 111 m StPO entgegengehalten werden.
Eine Gefährdung des öffentlichen Interesses an unverzögerter Verbreitung, welche offenbar außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stünde, sieht der Senat nicht. Die als hoch einzuschätzende Bedeutung liegt auch in der beabsichtigten Verhinderung unkontrollierter Verbreitung und Veröffentlichung nationalsozialistischen Gedankengutes in ihrer ursprünglichen Erscheinungsform, die aufgrund der vermeintlichen Verletzung des Urheberrechts möglich erschien.
Dagegen wiegt das Interesse der Öffentlichkeit an unverzögerter Verbreitung nicht so hoch wie beispielsweise im Rahmen der Verbreitung aktueller Tagespresse, die ihre Zweckbestimmung nur aus der zeitnahen Berichterstattung zieht. Das streitgegenständliche Druckwerk beschäftigte sich dagegen gerade nicht mit aktuellen Tagesereignissen, sondern es war eher einer historischen Abhandlung gleichzustellen. Deren Bedeutung hängt aber nicht in erster Linie vom Tag des Erscheinens ab; der Informationswert geht vielmehr auch im Rahmen einer möglichen späteren Verbreitung nicht verloren (vgl. Spillecke in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Auflage, § 111 m, Rn. 5).
Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung konnte man auch nicht erwarten, dass die Beschlagnahme des Heftes 2/2009 die ganze Serie in Frage stellen könnte.
2.2.2.7. Die Beantragung und auch der Erlass des Beschlagnahmebeschlusses sind nach sachgerechter Prüfung und Würdigung des zu beurteilenden Sachverhalts erfolgt, so dass dem Beklagten auch unter diesem Aspekt kein unvertretbares/pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann.
2.2.2.7.1. Den Beklagten trifft hinsichtlich der Umstände der erfolgten Prüfung des Antrages und des Beschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Dies beruht auf der Tatsache, dass der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs bei Beantragung und Erlass des Beschlagnahmebeschlusses stand und hierzu folglich keine näheren Angaben machen kann. Die sekundäre Darlegungslast ändert aber nichts an der dem Kläger obliegenden Beweislast (Greger in Zöller, a. a. O., vor § 284, Rn. 34). Dieser Darlegungslast ist der Beklagte ausreichend nachgekommen; genauere und detailliertere Angaben können von ihm nicht verlangt werden.
Die seitens des Klägers insbesondere im Schriftsatz vom 02.12.2013 geforderten Darlegungen zum genauen Inhalt und Umfang der durch Staatsanwalt und Ermittlungsrichter durchgeführten Prüfung sind im Hinblick auf zu treffende Eilentscheidungen lebensfremd und stellen unzumutbare Anforderungen an die Ermittlungsbehörden. Sollte eine solche Darlegung erforderlich sein, wäre auch im Rahmen von Eilmaßnahmen eine lückenlose Dokumentation der Entscheidungsfindung bei Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter erforderlich, um ggf. Jahre später getroffene Entscheidungen in ihrer Entscheidungsfindung rechtfertigen zu können. Dies wäre mit der vor dem Hintergrund einer funktionsfähigen Strafrechtspflege durchzuführenden Vertretbarkeitsprüfung nicht mehr vereinbar und würde unzumutbare Anforderungen stellen.
2.2.2.7.2. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat ein unvertretbares Handeln des Staatsanwaltes oder des Ermittlungsrichters nicht bestätigt.
Zur Überzeugung des Senats steht folgender Sachverhalt fest:
Der zuständige Staatsanwalt Dr. L. erhielt am 22.09.2009 gegen 13.00 Uhr während seines Besuchs des Neujahrsempfanges des Anwaltsvereins einen Anruf eines namentlich nicht näher bekannten Dienstvorgesetzten. In diesem Telefonat wurde mitgeteilt, dass man die „Zeitungszeugen“ im Visier habe; das Finanzministerium habe etwas gegen die Zeitschrift und werde Anzeige erstatten. Im Raum stünden Verstöße gegen das Urhebergesetz sowie ein Vergehen nach § 86 a StGB. Dr. L. wurde aufgefordert, sich die Zeitung zu besorgen und verließ daraufhin unverzüglich den Empfang. Er besorgte sich die Zeitung umgehend und las sie im unmittelbaren Anschluss im Büro.
Staatsanwalt Dr. L. war als Pressereferent bekannt, dass der Freistaat Bayern an einem Teil des nationalsozialistischen Schriftgutes das Urheberrecht innehatte; insbesondere im Hinblick auf Hitlers „Mein Kampf“. Konkrete Kenntnisse zum „Völkischen Beobachter“ hatte er nicht.
Im Anschluss wurde mit dem damals zuständigen Abteilungsleiter Herrn T. Rücksprache gehalten und es gab mindestens eine Besprechung mit Dienstvorgesetzten, bei der der Generalstaatsanwalt Dr. S. sowie der damalige zuständige Abteilungsleiter der Generalstaatsanwaltschaft N. teilgenommen haben. Eine genaue zeitliche Einordnung des Gesprächs ist nicht mehr möglich; es erfolgte jedenfalls vor dem Eingang der eigentlichen Anzeige.
Bei dieser Besprechung lag bereits ein von Staatsanwalt Dr. L. gefertigter Entwurf eines Beschlagnahmebeschlusses vor, der gemeinsam erörtert und diskutiert wurde. Welchen genauen Inhalt dieser Entwurf hatte, ist nicht mehr feststellbar. Gegenstand der gemeinsamen Besprechung war unter anderem die Sozialadäquanzklausel und die Frage einer Urheberrechtsverletzung. Im Rahmen des Gesprächs wurde Staatsanwalt Dr. L. seitens eines Dienstvorgesetzten mitgeteilt, dass der Freistaat auch das Urheberrecht am Völkischen Beobachter innehabe.
Nach der Besprechung gingen die Beteiligten davon aus, dass der Beschluss zumindest auf der Grundlage des § 86 a StGB beantragt werden würde. Man wollte vor der Antragstellung allerdings den Eingang der Anzeige abwarten, um den Antrag ggf. anpassen zu können und. abzuklären, ob der Antrag überhaupt ergänzend auf eine Verletzung des Urheberrechts gestützt werden sollte. Auch mögliche entlastende Umstände aus der Anzeige sollten abgewartet werden.
Nach dieser Besprechung passte Staatsanwalt Dr. L. den Antrag dem Ergebnis der Besprechung an und zog einschlägige Kommentarliteratur zu Rate; insbesondere beschäftigte er sich erneut mit der Frage der Sozialadäquanz gemäß § 86 Abs. 3 StGB vor dem Hintergrund des Umschlagteils der Zeitung.
Am 23.01.2009, gegen 11.26 Uhr (Blatt 3 der Strafakte) erhielt er die Anzeige erstmals per E-Mail, Anlagen waren hierbei nicht beigefügt. Ein Ausdruck der Anzeige wurde der Strafakte beigefügt. Im Hinblick auf die Anzeige stellte Staatsanwalt Dr. L. erneut Überlegungen dazu an, ob aufgrund der Anzeige die Sach- und Rechtslage anders zu beurteilen sei und ob er die in der Anzeige genannten Anlagen bräuchte. Auf seine Bitte hin wurde ihm seitens der Kanzlei des Anzeigeerstatters gegen 13.24 Uhr die Anlage 16 per Fax zugeleitet. Diese Anlage veranlasste ihn nicht zu einer abweichenden Beurteilung oder einer Änderung seines Antragsentwurfes.
Danach begab er sich nach Ausfüllen des Formblattes zur Antragstellung zum Ermittlungsrichter F., der sich im angrenzenden Gebäude befand. Dieser war vorab über den Vorgang nicht informiert worden. Nach Eintragung eines Geschäftszeichens im Vorzimmer übergab er dem Ermittlungsrichter die Strafakte samt dem Originalheft der Zeitungszeugen sowie dem vorformulierten
Beschlussentwurf. Gleichzeitig erläuterte er ihm, dass es sich um einen ungewöhnlichen Fall handele, insbesondere wegen der beabsichtigten bundesweiten Beschlagnahme.
Der zuständige Ermittlungsrichter äußerte sich im Hinblick auf die auf den Beilagen erkennbaren Hakenkreuze mit den Worten: „Wenn ich das schon sehe.“ Im Verlauf des Gespräches wurde insbesondere über das Thema Sozialadäquanz gesprochen.
Im Beisein des Staatsanwaltes las der Ermittlungsrichter den vorgefertigten Beschluss durch und unterschrieb ihn.
Das gesamte Gespräch zwischen Staatsanwalt Dr. L. und dem Ermittlungsrichter nahm einige Minuten, sicher jedoch nicht mehr als 10 Minuten, in Anspruch. Genauere Feststellungen sind nicht möglich.
Danach ließ Staatsanwalt Dr. L. den Vorgang austragen, die Mehrfertigungen abstempeln und faxte den Beschluss um 13.51 Uhr an das LKA.
Staatsanwalt Dr. L. war nach Einschätzung des Ermittlungsrichters ein äußerst sorgfältiger Staatsanwalt. Es war üblich, dass er Anträge vorher telefonisch ankündigte und der Ermittlungsrichter über einzelne Anträge auch mit ihm diskutierte. Nicht jeder seiner Anträge wurde positiv verbeschieden, es kamen auch Nachbesserungen vor.
Nicht mehr sicher feststellbar, aber auch nicht ausschließbar, sind folgende Umstände:
Die Erörterung weiterer Themen neben der Sozialadäquanz kann nicht ausgeschlossen werden, ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Ermittlungsrichter im Rahmen des Gesprächs Rückfragen stellte.
Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Ermittlungsrichter außer den Beilagen selbst weitere Bestandteilte der Akten angeschaut und teilweise gelesen hat; genauere Feststellungen hierzu konnten nicht getroffen werden.
Obige Feststellungen beruhen auf den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der Zeugen Dr. L. und F.
Der Zeuge Dr. L. hat widerspruchsfrei und plausibel den Ablauf der Geschehnisse geschildert; an seiner Glaubwürdigkeit und -haftigkeit bestehen keinerlei Zweifel. Obige Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf seinen Angaben.
Die Aussage des Zeugen F., sich an den Vorgang in Gänze nicht mehr erinnern zu können, war zwar überraschend. Jedoch kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Geschehen bereits einige Jahre zurückliegt und der Ermittlungsrichter an jedem einzelnen Tag mit zahlreichen Vorgängen aus unterschiedlichsten Bereichen befasst war. Auf eine genaue Anzahl kommt es insoweit nicht an. Auch wenn es sich um einen nicht alltäglichen Fall handelte, kann es gut sein, dass er dem Zeugen nicht so bedeutsam erschien, dass er ihm in Erinnerung geblieben wäre.
Vor diesem Hintergrund bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen sollten.
Auf der Grundlage obiger Feststellungen vermag der Senat ein unvertretbares Handeln des Staatsanwaltes oder des Ermittlungsrichters nicht zu erkennen:
Die Vorgehensweise des zuständigen Staatsanwaltes Dr. L. begegnet keinerlei Bedenken. Seine Angaben lassen erkennen, dass
er sich mit dem Vorgang seit dem frühen Nachmittag des 22.01.2009 bis zum Mittag des 23.09.2009 umfassend auseinandergesetzt hat. Er hat sich eingehend mit Vorgesetzten beraten und sich mit Kommentarliteratur befasst.
Die Tatsache, dass er bereits vor dem Erhalt der Anzeige einen Entwurf des Beschlagnahmebeschlusses gefertigt hatte, steht einer sorgfältigen Prüfung nicht entgegen. Vielmehr belegt diese Vorgehensweise die einer Eilmaßnahme geschuldete schnelle und vorausdenkende Arbeitsweise; es war in jedem Fall vertretbar, für die zu führenden Gespräche bereits eine Arbeitsgrundlage zu schaffen. Die Anzeige selbst und auch deren Anlagen waren hierfür nicht erforderlich; zumal der Schwerpunkt auf der Frage der Bejahung eines Anfangsverdachtes nach § 86 a StGB lag und die Beantwortung dieser Frage insbesondere anhand der vorliegenden Zeitung selbst erfolgen konnte.
Im Übrigen hat sich den Angaben des Zeugen zweifelsfrei entnehmen lassen, dass die Anzeige vor der Beantragung des Beschlusses abgewartet wurde, um etwaige Änderungen vornehmen zu können. Insoweit ist die endgültige Antragstellung ohnehin vor dem Hintergrund der vorliegenden Anzeige erfolgt.
Der Anzeige selbst sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die gegen eine Antragstellung sprechen würden. Insbesondere der Inhalt der Anlage 16 musste keinen Anlass dazu geben, die beabsichtigten Maßnahmen in Frage zu stellen. Das Schreiben mag eine von der Bewertung des zuständigen Staatsanwaltes abweichende Ansicht zu § 86 a StGB und den Voraussetzungen des mutmaßlichen Urheberrechts beinhalten, im Hinblick auf den bestehenden Beurteilungsspielraum war eine Änderung der vorbestehenden Meinung aber dadurch nicht veranlasst. Das Schreiben befasst sich in erster Linie mit der Frage der vom Kläger in Anspruch genommenen Zitierfreiheit, die in der Folge sowohl vom Landgericht München I als auch von der Staatsschutzkammer gerade nicht angenommen wurde. Im Hinblick hierauf erachtet der Senat die Anlage 16 - unabhängig vom Zeitpunkt ihres Vorliegens und ihrer konkreten Kenntnisnahme - ohnehin nicht als relevant.
Die Tatsache, dass Staatsanwalt Dr. L. davon ausging, dass sich das Urheberrecht auch auf die mit den Beilagen vervielfältigten Werke bezog, aber keine konkreten Kenntnisse zum Völkischen Beobachter hatte, macht sein Vorgehen ebenfalls nicht unverständlich. Im Hinblick auf die bereits mehrfach angesprochene komplexe Rechtslage war es zumindest nicht unverständlich, vor dem Hintergrund der Kenntnis zu anderen Werken auch hinsichtlich dieser Werke von der Innehabung des Urheberrechts durch den Freistaat Bayern auszugehen. Staatsanwalt Dr. L. hat sich auch nicht „blind“ auf Angaben des Anzeigeerstatters verlassen; die im Rahmen der zu treffenden Eilentscheidung insgesamt durchgeführte Prüfung war ausreichend.
Seine Bewertungen der Voraussetzungen des § 86 a StGB sind ebenfalls nicht zu beanstanden, da sie sich innerhalb eines vertretbaren Beurteilungsspielraums bewegen. Auf die obigen Ausführungen zum vertretbaren Ergebnis wird Bezug genommen. Daran, dass sich Staatsanwalt Dr. L. im Hinblick hierauf ausreichende Gedanken gemacht hat, die Frage der Verhältnismäßigkeit insgesamt abgewogen und eine sorgfältige Prüfung vorgenommen hat, bestehen im Hinblick auf seine Angaben nicht die geringsten Zweifel.
Das Handeln des Ermittlungsrichters begegnet im Ergebnis keinen so durchgreifenden Bedenken, dass eine Unvertretbarkeit seines Vorgehens zu bejahen wäre.
Es ist zwar zutreffend, dass es einige Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Ermittlungsrichter die Prüfung des Antrages nicht mit der gleichen Sorgfalt und Intensität durchgeführt hat, wie vorher der Staatsanwalt. Notwendige, hinreichende und konkrete Anhaltspunkte dafür, dass keine ausreichende eigenständige richterliche Prüfung stattgefunden hat, ergeben sich für den Senat aber nicht (vgl. hierzu BVerG, Bschl. v. 01.08.2014, 2 BvR 200/14, bei juris Rn. 19).
Die Tatsache, dass er den Antrag des Staatsanwaltes letztlich wörtlich übernommen hat, spricht per se nicht gegen eine durch den Ermittlungsrichter vorgenommene eigene Prüfung (BVerfG, Beschl. v. 17.03.2009, 2 BvR 1940/05; BVerfG, Beschl. v. 01.08.2014, 2 BvR 200/14 bei juris Rn. 19); vielmehr liegt ein für den konkreten Einzelfall begründeter Beschluss und damit ein Text vor, der über eine bloß formelhafte Begründung hinausgeht (BVerfG, a. a. O.). Den Beschluss hat der Ermittlungsrichter vor Leistung seiner Unterschrift gelesen, so dass davon auszugehen ist, dass er den von seiner Unterschrift gedeckten Text geprüft und in seinen Willen aufgenommen hat (BVerfG, a. a. O.). Auch der Umstand, dass der Ermittlungsrichter nicht ausschließbar nur eine grobe Durchsicht der Akten vorgenommen hat und ihm Auskünfte seitens des Staatsanwaltes erteilt wurden (BGH, Urteil v. 29.05.1958, III ZR 38/57, bei juris Rn. 30) spricht nicht gegen eine eigenständige Prüfung. Insbesondere die Äußerung zu den auf den Beilagen befindlichen Hakenkreuzen mag zwar auf eine gewisse „Flapsigkeit“ im Umgang mit der Sache hindeuten, lässt aber dennoch den Schluss auf eine zumindest grobe Durchsicht der Unterlagen und eine eigenständige Willensbildung zu. In welcher Form diese zum Ausdruck gebracht wird, ist insoweit nicht von Belang.
Selbst wenn sich der Ermittlungsrichter bezüglich der Angaben zu den Tatsachengrundlagen und auch den rechtlichen Fragen in gewissem Umfang auf die Angaben des Staatsanwaltes verlassen haben sollte, lässt dies nicht den Schluss zu, dass er keine eigenständige Entscheidung mehr getroffen hat. Bedeutsam war in diesem Zusammenhang die Aussage des Zeugen F., der ausdrücklich darauf hinwies, dass ihm der zuständige Staatsanwalt als sehr sorgfältig bekannt war, er aber dennoch die Vorgänge immer einer eigenen Prüfung unterzogen habe.
Es würde die Anforderungen an einen Ermittlungsrichter überspannen, wenn gefordert würde, dass er jeden der Prüfungsschritte, die der Staatsanwalt bereits durchgeführt hat, wiederholen müsste, um seine Entscheidung zu rechtfertigen. Insbesondere Eilentscheidungen wären dann nur erschwert möglich; unter Berücksichtigung der Belange und Würdigung einer „funktionstüchtigen Strafrechtspflege“ (BGH NJW 1989, 96; BGH NJW 2003, 3693; OLG München Beschluss vom 28.06.2010, 1 W 1548/09), kann eine solche Vorgehensweise nicht in jedem Fall und uneingeschränkt gefordert werden.
Der Senat verkennt hierbei nicht, dass der zur Verfügung stehende Zeitraum von einigen Minuten, sowie die Tatsache, dass der Ermittlungsrichter sich nicht allein mit dem Vorgang befasst hat und sich an diesen nicht mehr erinnern kann, vordergründig gegen eine durch ihn erfolgte eigenständige Prüfung und eigenverantwortliche Entscheidung sprechen.
Insbesondere vor dem Hintergrund der bereits ausgelieferten Presseerzeugnisse kann allerdings auch nicht gefordert werden, dass die Ermittlungsbehörden eine Art „Mindestzeit“ für die erforderliche Prüfung einhalten, um jeglichen Verdacht amtspflichtwidrigen Verhaltens auszuräumen.
Zusammenfassend konnte der Senat im Hinblick auf die dem Kläger obliegende Beweislast bei Abwägung obiger Erwägungen nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Ermittlungsrichter in unvertretbarer Weise eine eigenständige Prüfung und Willensbildung unterlassen hat.
2.2.2.8. Soweit der Kläger eine Amtspflichtverletzung aus dem Vollzug des Beschlagnahmebeschlusses ableiten will, weil zum großen Teil nicht nur die Beilagen, sondern auch die Umschläge selbst beschlagnahmt worden seien, wird auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts unter Ziffer II 4. Bezug genommen.
Auch dem Vorbringen in der Berufung kann nicht entnommen werden, in welcher Form oder Höhe ein abgrenzbarer Schaden durch die zusätzliche Beschlagnahme der Mäntel entstanden sein soll.
Zudem erscheint es dem Senat nicht plausibel, dass der Verkauf der Mäntel der Ausgabe 2/2009 noch allein möglich gewesen wäre, nachdem die Zeitschrift zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits ausgeliefert war und zu einem bestimmten Preis zum Verkauf angeboten wurde. Selbst wenn in Einzelfällen bei den Händlern der Mantel verblieben wäre, ist nicht nachvollziehbar, wie unmittelbar im Anschluss an die Beschlagnahme ein gesonderter Verkauf der Mäntel noch hätte erfolgen können. Das zusätzliche Kosten verursachende und zeitaufwändige Anfertigen und Anbringen von Aufklebern, wie in der Berufungsbegründung angeführt, erscheint fernliegend und bei bereits ausgelieferten Produkten kaum möglich. Rückschlüsse aus der Ausgabe 3/2009 für die Art eines noch möglichen Verkaufs der Ausgabe 2/2009 können nicht gezogen werden, da hinsichtlich der Ausgabe 3/2009 eine Planung im Vorfeld möglich war.
Wie ein Verkauf allein der Mäntel zum gleichen Preis wie mit Beilage hätte erfolgen könne, wie es in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2013 vorgebracht wurde, erschließt sich dem Senat ebenfalls nicht. Insbesondere steht dieser Vortrag im Widerspruch zum Vertrieb des Heftes 3/2009, bei dem nur der Mantel zum reduzierten Preis von 1.- € verkauft wurde.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme unstreitig bundesweit erfolgte. Damit sind die Beschlagnahmemaßnahmen auch durch nichtbayerische Vollzugsbeamte durchgeführt worden, für die den Beklagten keine Verantwortlichkeit trifft. Inwieweit und in welchem Umfang dem Freistaat Bayern daher wegen des über die Formulierung des Beschlusses hinausgehenden Vollzugs überhaupt ein Vorwurf gemacht werden kann, wird vom Kläger nicht konkret vorgebracht. Entsprechende Rückfragen zu den konkret durchgeführten Beschlagnahmen wären dem Kläger entgegen seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 21.11.2013 bei seinen Grossisten möglich gewesen; aus seinem eigenen Vorbringen ergibt sich, dass er von diesen Rückmeldungen erhalten hat.
2.2.3. Ansprüche aus Aufopferung
Allgemeine Aufopferungsansprüche hat das Landgericht zu Recht sowohl aus eigenem wie abgetretenem Recht abgelehnt. Auf die ausführliche Begründung des Landgerichts wird Bezug genommen.
Auch der Senat vermag eine Vergleichbarkeit des Grundrechts auf Pressefreiheit mit den Schutzgütern des Art. 2 GG wie Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit nicht zu erkennen.
Vielmehr stellt die Pressefreiheit einen Teilaspekt der Meinungs- und Äußerungsfreiheit dar und beinhaltet im Wesentlichen das Recht von Rundfunk, Presse und etwaigen anderen Medien auf freie Ausübung ihrer Tätigkeit. Es soll damit in erster Linie das Institut einer freien Presse sichern.
Hierin liegt eher eine Vergleichbarkeit mit dem Recht auf Berufsfreiheit als mit den hochrangigen Rechtsgütern des Art. 2 GG. Für eine mögliche Verletzung der über Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit hat der BGH Ansprüche aus Aufopferung aber gerade ausgeschlossen (BGH NJW 1994, 2229). Für eine Ausdehnung auf die Pressefreiheit sieht der Senat daher keinen Raum.
2.2.4. Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff
Der Senat bejaht einen Entschädigungsanspruch aus abgetretenem Recht aus enteignungsgleichem Eingriff.
2.2.4.1. Ansprüche der A. Ltd. aus diesem Rechtsinstitut sind nicht durch das Strafrechtsentschädigungsgesetz ausgeschlossen (BGHZ 100, 335; BGH VersR 97, 1363, bei juris Rn. 8 Kunz, a. a. O., Einl. Rn. 62,63).
2.2.4.2. Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff setzt voraus, dass von hoher Hand in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition unmittelbar eingegriffen wird, dass also eine rechtswidrige hoheitliche Maßnahme unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt und dem Betroffenen dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit abverlangt wird (BGH NVwZ-RR 2000, 744 bei juris Rn. 15).
2.2.4.2.1. Der Beschlagnahmebeschluss vom 23.01.2009 stellt eine rechtswidrige Maßnahme im Sinne des enteignungsgleichen Eingriffs dar; hierin liegt kein Widerspruch dazu, dass die Vertretbarkeit der Maßnahme bejaht und damit die Rechtswidrigkeit derselben im Rahmen der Prüfung der Amtspflichtverletzung verneint wurde.
Die Fragen der Vertretbarkeit im Rahmen des § 839 BGB und der Rechtswidrigkeit im Rahmen des enteignungsgleichen Eingriffs sind nicht zwangsläufig gleich zu bewerten, da sich die Rechtsinstitute an unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben orientieren. Im Rahmen der Vertretbarkeit kommt ein etwaiger Beurteilungsspielraum, den ein Amtsträger zum Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung auf der Grundlage der ihm bekannten Umstände hatte und haben durfte, stärker zum Tragen; die Frage der eventuell später festgestellten Rechtswidrigkeit bemisst sich dagegen vorrangig nach objektiven Kriterien, die - wie auch im konkreten Fall - ggf. auch erst aufgrund nachträglicher Klärung schwieriger Rechtsfragen Eingang in die später zu treffende Entscheidung der überprüfenden Fachgerichte finden. Wie bereits ausgeführt wurde, bemisst sich die Frage der Vertretbarkeit gerade nicht anhand der objektiven „Richtigkeit“ einer Maßnahme (s.o.); dass die Maßnahme im Nachhinein nicht „richtig“ und damit rechtswidrig war, wurde durch den Beschluss der Staatschutzkammer vom 17.04.2009 aber festgestellt (vgl. hierzu OLG Bamberg, VersR 2013, 1263).
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15.05.1997 (III ZR 46/96) hindert diese Bewertung nicht. Zwar lässt der BGH in dieser Entscheidung anklingen, dass er gegen eine Übertragung der für den Amtshaftungsanspruch entwickelten Grundsätze auf die Beurteilung von Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff grundsätzlich keine Bedenken hat. Allerdings befasst sich der Senat in dieser Entscheidung nicht mit der Frage, wie über die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme im Rahmen etwaiger Entschädigungsansprüche dann zu entscheiden ist, wenn diese Maßnahmen durch ein Fachgericht zwar als rechtswidrig aufgehoben wurden, im Rahmen der Amtspflichtverletzung aber noch als vertretbar angesehen werden.
Im Übrigen lässt sich neueren Entscheidungen des BGH durchaus entnehmen (vgl. bspw. Urteil v. 19.01.2006, III ZR 82/05, bei juris Rn. 10,11), dass dieser sich bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme an der sachlichen Richtigkeit derselben und der Übereinstimmung mit der objektiven Rechtslage orientieren will. Von der Ansicht, die Rechtswidrigkeit nach ähnlichen Gesichtspunkten wie bei der Amtspflichtverletzung zu beurteilen, distanziert sich der BGH in der zitierten Entscheidung ausdrücklich.
2.2.4.2.2. Die Maßnahmen haben zu einem Eingriff in die nach Art. 14 GG geschützten Rechte der A. Ltd. geführt. Hinsichtlich der Voraussetzungen bzw. Inhalte der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (dort Seite 19) Bezug genommen.
Der Beschlagnahmebeschluss stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Inhalt und Voraussetzungen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb werden von keiner der Parteien stichhaltig in Frage gestellt, so dass auch insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen wird (Urteil Seite 20).
Ein entschädigungspflichtiger Eingriff setzt voraus, dass in die Substanz des Betriebes eingegriffen wird, wobei der Betrieb als „Sach- und Rechtsgemeinschaft“ mit seinem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert zu verstehen ist. Der Begriff des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs umfasst insoweit die Betriebsgrundstücke und -räume, die Maschinen und sonstigen Einrichtungsgegenstände, die Warenvorräte, Außenstände und gewerblichen Schutzrechte, daneben auch die geschäftlichen Verbindungen und den Kundenstamm, mithin alles, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zum Wirken in der Wirtschaft befähigt und den wirtschaftlichen Wert des konkreten Betriebes ausmacht (BGH NJW 83, 1663 bei juris Rn. 14).
Entgegen der Ansicht des Beklagten stellt die Beschlagnahme der Beilagen der Ausgabe 2/2009 einen entsprechenden Eingriff in diese Sachgesamtheit dar. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Ausgaben 2/2009 nach Auslieferung an die Grossisten rechtlich noch im Eigentum der Ltd. standen oder nicht, unerheblich ist des Weiteren, dass sie noch nicht an die Endkunden verkauft waren und sich daher ein Gewinn noch nicht realisiert hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Ausgaben vor ihrem Verkauf an die Endkunden, selbst wenn sie bereits an die Grossisten bzw. Einzelhändler ausgeliefert waren, zum Bestand des Betriebes zu rechnen waren und dessen wirtschaftlichen Wert mit ausmachten (vgl. hierzu auch BGH VersR 97, 1363). Diese noch gegebene wirtschaftliche Zugehörigkeit zum Betrieb ergibt sich auch aus dem unbestritten gebliebenen Remissionsrecht des Handels für die Zeitschriften. Auch wenn ein endgültiger Verkauf noch nicht stattgefunden hatte, gehörten die ausgelieferten Zeitungen als zu veräußerndes Produkt der Fa. A. Ltd. zur „Substanz“ des Betriebes als solchem und stellten einen bestehenden, über Art. 14 GG geschützten Wert desselben dar. Durch die Beschlagnahme selbst wurde verhindert, dass diese Produkte gewinnbringend veräußert werden konnten, die Produkte konnten somit ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht mehr zugeführt werden (Wöstmann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, Rn. 440). Es wäre verkürzt, nur auf den zu erwartenden Gewinn abzustellen, der erst durch den endgültigen Verkauf hätte realisiert werden können.
Insoweit steht die Entscheidung des BGH vom 13.07.2000 (NVwZ-RR 2000, 744) entgegen der Ansicht des Beklagten der Bejahung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht entgegen.
Ebenso wenig kommt es vor diesem Hintergrund auf die Frage, wer rechtlich das Eigentum an den bereits ausgelieferten Zeitungen hatte, an. In ihrer wirtschaftlichen Bedeutung waren sie jedenfalls dem Betrieb der Fa. A. Ltd. zuzurechnen.
Inwiefern und insbesondere in welchem Umfang die Beschlagnahme der Zeitschriften zu einer Beeinträchtigung der Substanz des Gewerbebetriebes der A. Ltd. geführt hat, obliegt der Klärung im Betragsverfahren.
2.2.4.3. Eine Entschädigungspflicht setzt das Vorliegen eines „Sonderopfers für die Allgemeinheit“ voraus, welches die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreitet (Bassenge in Palandt, Überbl. v. § 903, Rn. 8).
2.2.4.3.1. Das Sonderopfer wird bereits durch die Rechtswidrigkeit der Maßnahme indiziert (BGH DVBl 1984, 391 bei juris Rn. 37; BGHZ 32, 208; BGHZ 36, 379, bei juris Rn. 19 und Rn. 23).
2.2.4.3.2. Die bei der Prüfung einer Amtspflichtverletzung bejahte Vertretbarkeit der Maßnahme schließt die Annahme eines entschädigungsfähigen
2.2.4.3.1. Sonderopfers nicht generell aus; dies gilt auch dann, wenn man mit dem Landgericht mangels Rechtswidrigkeit der Maßnahmen Ansprüche aus enteignendem Eingriff bejahen würde.
Es bedarf vielmehr einer dem Einzelfall gerecht werdenden Bewertung, ob die Grenze eines zumutbaren Eingriffs überschritten wurde und damit ein Sonderopfer zu bejahen ist.
Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts an, die durch die Angriffe der Berufung des Beklagten nicht entkräftet werden. Die Vertretbarkeit richterlicher Diensthandlungen könnte nur im Rahmen des Eingreifens des Spruchrichterprivilegs nach § 839 Abs. 2 BGB etwaige Ansprüche aus enteignendem/enteignungsgleichem Eingriff ausschließen. Ein weiteres Eingehen auf diese Frage ist entbehrlich, da es vorliegend unstreitig nicht um urteilsersetzende richterliche Handlungen geht.
Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 BGB vermag auch der Senat nicht zu erkennen, weshalb eine Übertragung der Vertretbarkeitsrechtsprechung auf die Frage des Vorliegens eines Sonderopfers in jedem Fall geboten sein sollte.
Die Frage der Vertretbarkeit von Diensthandlungen ist nach ihrer inhaltlichen Ausgestaltung beim „Handlungsunrecht“ anzusiedeln, während die Frage des Vorliegens eines Sonderopfers maßgeblich auf den Erfolg und die Wirkungen einer hoheitlichen Maßnahme abstellt. Bereits aus diesem Grund liegt eine Vergleichbarkeit nicht auf der Hand.
Jedenfalls außerhalb spruchrichterlicher Tätigkeit kann die Vertretbarkeit einer an sich rechtswidrigen Maßnahme die Annahme eines Sonderopfers nicht von vornherein ausschließen, denn sogar bei rechtmäßigen Eingriffen können Ansprüche aus enteignendem Eingriff gegeben sein (vgl. beispielsweise BGH NJW 2013, 1006; Kunz, a. a. O., § 7, Rn. 35).
Die Ausführungen von Wöstmann in Staudinger, § 839 BGB unter Rn. 509, stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Die zitierte Stelle enthält eine allgemeine Aussage ohne Bezug zum vorliegenden konkreten Fall, auf die besondere Sachlage des Eintretens eines Schadens bei einem von einer Strafverfolgungsmaßnahme betroffenen unbeteiligten Dritten wird dort nicht eingegangen.
Die Bewertung steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 22.12.2011 (BtPrax 2012, 69), in welcher ein Rückgriff auf den enteignungsgleichen Eingriff für die Entscheidung eines Rechtspflegers abgelehnt wurde. Diese Entscheidung beruhte auf der Vergleichbarkeit der Entscheidung eines Rechtspflegers mit einer spruchrichterlichen Entscheidung, hat aber keine darüber hinausgehende ausdrückliche Aussage zu richterlichen und staatsanwaltschaftlichem Handeln außerhalb dieses Bereichs treffen wollen.
2.2.4.3.3. Der Eingriff stellt entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch einen nicht hinzunehmenden schweren Eingriff dar. Insoweit kann nicht darauf abgestellt werden, dass die A. Ltd. trotz der Beschlagnahme dennoch einen nicht unerheblichen Gewinn erwirtschaften konnte; es ist auch nicht notwendig, dass der Eingriff existenzgefährdend für den Betrieb ist. Vielmehr ist maßgeblich, dass die bundesweite Beschlagnahme eines Presseerzeugnisses, die sich im Nachhinein als nicht rechtmäßig herausgestellt hat, eine auch nach Überzeugung des Senats nicht hinnehmbare Beeinträchtigung des Betriebes mit erheblichen Auswirkungen darstellte.
2.2.4.4. Der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff (genauso wie aus enteignendem Eingriff) gewährt keinen Schadensersatz, sondern nur eine angemessene Entschädigung.
2.2.4.4.1. Die Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff soll den Substanzverlust für den Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ausgleichen. Grundsätzlich nicht geschuldet ist dagegen Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns. Bei Gewerbebetrieben verschwimmt jedoch diese Differenzierung, da der entgangene Gewinn als Substanzverlust (nämlich als Eingriff in die Ertragsfähigkeit) gedeutet werden kann und die Enteignungsentschädigung dazu bestimmt ist, dem Betroffenen einen materiellen Ausgleich für die erlittenen Einbußen zu geben (BGH, Urteil v. 23.01.1961, III ZR 221/59, BB 196, 349 bei juris Rn. 29). Bei vorübergehenden Eingriffen kann daher - als Form vereinfachter Berechnung - als angemessene Entschädigung die Ertragsminderung, d. h. der Betrag zugesprochen werden, den der Betrieb infolge des zeitlich begrenzten Eingriffs weniger abgeworfen hat, als er ohne den Eingriff abgeworfen hätte (BGH NJW 1983, 1663 bei juris Rn. 13; BGHZ 57, 359, 369).
Die seitens der Klagepartei dargelegte Berechnung dahingehend, dass die entstandene Ertragsminderung identisch sein soll mit dem Gewinnentgang und dieser damit auch Grundlage für die zu gewährende Entschädigung sei, kann vor diesem Hintergrund nicht als offensichtlich unschlüssig bewertet werden. Wie auf Seite 45 dargelegt, bleibt die Frage letztlich im Betragsverfahren zu klären.
2.2.4.4.2. Eine Anrechnung der Leistungen, die bereits an den Kläger persönlich geflossen und im Klageantrag Ziffer 2 enthalten sind, kann nicht erfolgen.
Diese Geldleistungen sind dem Kläger persönlich aufgrund seiner vermeintlichen Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz zuerkannt worden. Die Zahlung bewirkt aber keine Teilerfüllung der Ansprüche der Fa. A. Ltd. als selbstständiger juristischer Person und kann dieser auch bei Geltendmachung aus abgetretenem Recht nicht entgegengehalten werden. Hieran ändert auch die spätere Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides und die geltend gemachte Rückforderung des Beklagten gegen den Kläger nichts (vgl. auch § 719 Abs. 2 BGB).
Ob es im Verlauf des Betragsverfahrens ggf. zu einer Aufrechnungslage kommen kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
2.2.5. Ansprüche aus enteignendem Eingriff
Da bereits Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff aufgrund der zu bejahenden Rechtswidrigkeit der Maßnahmen begründet sind, kommt das Institut des enteignenden Eingriffs nicht zur Anwendung.
3. Hilfsantrag (Klage aus eigenem Recht)
Über den Hilfsantrag war in Bezug auf Ansprüche, die weitreichender sein können als die im Hauptantrag zugesprochenen Entschädigungsansprüche, zu entscheiden.
3.1. Zulässigkeit der Klage
Unzulässig ist die Klage hinsichtlich Ziffer 2 der Berufungsanträge, da beim Kläger persönlich kein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich dieses Teilanspruchs vorliegt.
3.1.1. Der Kläger macht insoweit im Rahmen einer Leistungsklage einen Teilbetrag geltend, der ihm persönlich unstreitig bereits geleistet wurde und den er bislang nicht zurückbezahlt hat.
Die seitens der Justizverwaltung ursprünglich geleisteten Zahlungen sind bei der Zahlung zur Erfüllung der erhobenen Ansprüche geleistet worden, diese Erfüllung steht der nochmaligen Geltendmachung entgegen (Reichhold in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 35. Auflage, Vorbem. § 253, Rn. 26).
Entgegen den Ausführungen des Klägers ist auch von einer Erfüllung auszugehen; die Tatsache, dass die Justizverwaltung nunmehr die bereits geleistete Zahlung als unberechtigt erachtet und zurückfordert, steht der einmal eingetretenen Erfüllungswirkung nicht entgegen. Die vom Kläger im Schriftsatz vom 05.07.2012 zitierte Rechtsprechung des BGH steht dem nicht entgegen. Im Rahmen dieser Entscheidungen ging es um die Frage der Erfüllungswirkung bei Leistungen unter Vorbehalt; im vorliegenden Fall hat der Beklagte aber nicht unter Vorbehalt geleistet, sondern begehrt nachträglich eine Rückzahlung.
3.1.2. Darüber hinaus steht der Zulässigkeit der Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses auch entgegen, dass hinsichtlich des mit Ziffer 2 geltend gemachten Teilbetrages noch kein abgeschlossenes Justizverwaltungsverfahren nach § 10 StrEG vorliegt.
Dieses stellt aber die Voraussetzung für eine zulässige Klage nach § 13 StrEG dar (Kunz, StrEG, 4. Auflage, § 13, Rn. 1; BGH, Beschl. v. 01.07.2004, 4 O 140/04; OLG München OLGR 06, 207).
Bezüglich des mit Ziffer 2 geltend gemachten Betrages ist derzeit noch von einem zusprechenden Bescheid auszugehen, da über die Aufhebung desselben gerade noch nicht abschließend entschieden wurde.
Insoweit ist die Klage daher auch unter diesem Gesichtspunkt als unzulässig zu betrachten (Kunz, a. a. O.; OLG München OLGR 06, 207).
3.1.3. Ob die Zulässigkeit der Klage auch wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abzuweisen wäre, da das Verfahren vor dem Landgericht München I formal den gleichen Streitgegenstand betrifft, bedarf vor dem Hintergrund obiger Begründung keiner weiteren Erörterung.
3.2. Begründetheit der Klage
Der Hilfsantrag ist, soweit über ihn zu entscheiden war, unbegründet. 3.2.1. Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz
Dem Kläger steht kein Anspruch aus §§ 2, 7 StrEG aus eigenem Recht zu. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an, die durch die Berufung nicht in Frage gestellt werden.
3.2.1.1. Die Grundentscheidung vom 04.11.2009 im Verfahren nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz erging gemäß §§ 2, 9 StrEG zugunsten des Klägers.
Grundsätzlich ist ihm daher eine „Entschädigung“ zu gewähren, die mit dem deliktischen Schadensersatz zwar nicht gleichzusetzen ist, sich aber nach dem Begriff des Vermögensschadens im bürgerlichen Recht orientiert. Damit ist auch entgangener Gewinn ersatzfähig (Kunz, StrEG, 4. Auflage, § 7 Rn. 6), so dass der Anspruch im Einzelfall weiter reichen könnte als eine Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs.
Ersatzfähig ist aber in der Regel nur der Schaden, der unmittelbar im Vermögen des Ersatzberechtigten selbst durch die Strafverfolgungsmaßnahme eingetreten ist (BGHZ 106, 313 bei juris Rn. 15 und 17; Kunz, a. a. O., § 7 Rn. 10; OLG Nürnberg, NStZ-R 2003, 62 bei juris Rn. 14).
3.2.1.2. Vor diesem Hintergrund steht dem Kläger kein Anspruch zu, da ihm durch die streitgegenständliche Beschlagnahme kein eigener Vermögensschaden entstanden ist.
Der Kläger war unstreitig nicht Eigentümer der beschlagnahmten Zeitschriften, sondern allenfalls die Ltd. Insoweit ist bei ihm keine unmittelbare Eigentumsbeeinträchtigung eingetreten, welche einen eigenen Vermögensschaden hätte begründen können.
Die geltend gemachten Schäden stellen vielmehr Einbußen der Ltd. selbst dar, die sich in deren Vermögen niedergeschlagen haben. Diese Schäden stellen aber Schäden eines Dritten dar, zu der auch die rechtlich selbstständige, vom Kläger zu unterscheidende Ltd. zu zählen ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts unter Ziffer I 2 b des Urteils mit entsprechenden Rechtsprechungsnachweisen wird vollumfänglich Bezug genommen.
3.2.1.3. Dem Landgericht ist auch darin zuzustimmen, dass eine Zurechnung des Schadens der Gesellschaft nur dann in Frage käme, wenn der Kläger Alleingesellschafter gewesen wäre, durch die strafprozessuale Maßnahmen in seinen Rechten verletzt worden wäre und der Gesellschaft dadurch ein Vermögensschaden entstanden wäre (BGH NJW-RR 91, 551 bei juris Rn. 12; Kunz, a. a. O., § 7 Rn. 48).
Eine solche Konstellation lag nicht vor.
3.2.1.3.1. Unstreitig war der Kläger zum Zeitpunkt der Beschlagnahme nicht Alleingesellschafter, sondern hielt nur 50% der Gesellschafteranteile. Die restlichen Anteile hatte seine Ehefrau inne.
- Von einer nur geringfügigen Beteiligung eines Dritten zum Zeitpunkt der Entstehung des Schadens kann vor diesem Hintergrund nicht gesprochen werden; dies macht auch die Berufung nicht geltend.
- Unerheblich ist, dass der Kläger sämtliche Gesellschaftsanteile in der Folgezeit erworben hat und damit nunmehr Alleingesellschafter ist. Die Ausführungen des Klägers dahingehend, dass es für den „gesellschafterfreundlichen Durchgriff“ darauf ankomme, dass der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung Alleingesellschafter sei, treffen nicht zu.
Es wird insoweit vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Die Ausführungen der Berufung vermögen die hierzu getroffenen Feststellungen nicht in Frage zu stellen. Es sind lediglich ergänzende Bemerkungen veranlasst.
Es ist zwar zutreffend, dass für die Schadensberechnung grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entscheidend ist; darum geht es vorliegend aber nicht. Es geht vielmehr um die Frage, bei wem ein Schaden entstanden ist, wem er zuzurechnen ist und wer ihn geltend machen kann.
Der entstandene Schaden haftet auch nicht den Gesellschaftsanteilen in der Form an, dass er mit diesen auf den Kläger übergehen könnte. Er bleibt vielmehr ein Schaden der Gesellschaft selbst, der mangels Alleingesellschafterstellung des Klägers eben nicht von diesem im eigenen Namen geltend gemacht werden kann. Eine abweichende Beurteilung würde bedeuten, dass jede Gesellschafteranteilsübertragung mit einer damit verbundenen Abtretung eines vorher eingetretenen Schadens der Gesellschaft einhergehen würde, was nicht der Fall ist. Die Abtretung als solche wäre gemäß § 13 Abs. 2 StrEG ohnehin ausgeschlossen.
Die Rechtsprechung des BGH zum gesellschafterfreundlichen Durchgriff wäre als solches vor diesem Hintergrund überflüssig, da die Alleingesellschafterstellung im Nachhinein immer geschaffen werden könnte und somit als Regelfall ein eigener Schaden des Gesellschafters „konstruiert“ werden könnte.
3.2.1.3.2. Entgegen den Ausführungen des Klägers ist auch nicht ersichtlich, dass dem Kläger eine beherrschende Stellung zugekommen sei, welche seine Behandlung wie ein Alleingesellschafter rechtfertigen könnte.
Der Kläger trägt insoweit zwar vor, dass allein steuerrechtliche Gründe der Mitgesellschafterbeteiligung seiner Ehefrau zugrunde gelegen hätten, dieser aber keinerlei Befugnisse eingeräumt worden seien. Dies allein reicht für sich genommen nicht aus, von einer beherrschenden Stellung des Klägers ausgehen zu können. Es mag zwar sein, dass die Ehefrau des Klägers sich diesem in den Entscheidungen freiwillig unterordnet oder sich diesen anschließt. Der Vortrag lässt aber in keiner Weise rechtliche Grundlagen (wie beispielsweise entsprechende Vollmachten oder eingeräumte Stimmrechte) erkennen, welche auf eine rechtlich fundierte beherrschende Stellung schließen ließen.
Aus dem Beschluss des OLG München vom 17.02.2003 (1 U 1599/03; OLGR München 2004, 51) können hierzu keine entgegenstehenden Argumente gewonnen werden. Der Senat hat darin lediglich ausgeführt, wann ggf. eine beherrschende Stellung geprüft werden könnte, ohne abschließende Aussagen zu deren Voraussetzungen zu treffen oder diese bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu bejahen. Der Senat stellt in der Entscheidung ebenfalls auf die jeweiligen „Umstände“ ab.
Im Übrigen schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu dieser Frage an.
3.2.1.3.3. Ungeachtet der Frage einer Alleingesellschafterstellung oder einer beherrschenden Stellung des Klägers scheitert ein eigener Anspruch desselben auch daran, dass das die Entschädigung auslösende Ereignis den Kläger nicht selbst getroffen hat (OLG Nürnberg, a. a. O., bei juris Rn. 22).
Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden, die im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich ergänzender Bemerkungen bedürfen.
Der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass eine Zurechnung des Schadens der Gesellschaft an den Gesellschafter überhaupt nur dann in Betracht komme, wenn der (Allein-)Gesellschafter durch die strafprozessuale Maßnahme persönlich getroffen wurde und sich die wirtschaftlichen Folgen des Ereignisses primär im Vermögen der Gesellschaft auswirken, ist zutreffend (vgl. OLG Nürnberg, a. a. O., bei juris Rn. 22; BGH NJW-RR 1991, 551 bei juris Rn. 12; BGH NJW 1977, 1283; BGHZ 61, 380). Ebenso ist zutreffend, dass der Kläger im konkreten Fall durch die Beschlagnahme gerade nicht in seinem Eigentum verletzt wurde, da allenfalls Eigentumspositionen der rechtlich selbstständigen Fa. A. Ltd. beeinträchtigt wurden.
Die Berufung greift die Ausführungen des Landgerichts insoweit nicht ausdrücklich an. Sie macht vielmehr geltend, dass sich aus der zitierten Rechtsprechung nicht ableiten lasse, dass der Kläger in seinen Eigentumsrechten verletzt worden sein muss; es genüge die persönliche Betroffenheit. Diese ergebe sich vorliegend daraus, dass der Kläger Herausgeber der Zeitschrift sei und somit in seinem Recht auf Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG unmittelbar betroffen sei.
Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen:
Das die Entschädigungspflicht auslösende Ereignis ist die „Beschlagnahme“ der Druckerzeugnisse selbst, die unstreitig nicht beim Kläger erfolgte und ihn nicht unmittelbar betroffen hat. Ob der Kläger hierdurch ggf. in seiner beruflichen Stellung als Herausgeber mittelbar in seinem Recht auf Pressefreiheit beeinträchtigt wurde, kann dahingestellt bleiben und bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn eine Vergleichbarkeit mit den in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, bei denen beispielsweise beim Alleingesellschafter der Führerschein beschlagnahmt wurde oder bei diesem ein Unfall seine Arbeitsunfähigkeit begründete, liegt nicht vor. Die behauptete Verletzung des Rechts auf Pressefreiheit stellt nach Überzeugung des Senats allenfalls eine mittelbare Folge bzw. Begleiterscheinung der Beschlagnahme für den Kläger dar, kann aber nicht mit dem die Entschädigung auslösenden Ereignis selbst gleichgestellt werden.
Es besteht auch nicht der erforderliche zurechenbare Zusammenhang zwischen dem „Ereignis“ Verletzung der Pressefreiheit und dem bei der Ltd. eingetretenen Schaden (vgl. BGHZ 61, 380 bei juris Rn. 11). Eine unterstellte Verletzung des Rechts auf Pressefreiheit beim Kläger war nicht kausal für die bei der Gesellschaft entstandenen Vermögensnachteile, sondern diese beruhen vielmehr auf der sie treffenden Beschlagnahme. Dies wird deutlich, wenn man sich im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel (Grüneberg in Palandt, a. a. O., Vorb. § 249, Rn. 25) die vom Kläger behauptete Verletzung seines Rechts auf Pressefreiheit (als gedachtes auslösendes Ereignis) wegdenkt: Dennoch bliebe der Schaden bei der Ltd. bestehen, da eben nicht die Rechtsverletzung des Klägers, sondern die Eigentumsverletzung der Ltd. einen Vermögensschaden bewirkt hat.
Insoweit vermengt der Kläger die Begrifflichkeiten des entschädigungspflichtigen „Ereignisses“ selbst und dessen rechtlicher und wirtschaftlicher, unmittelbaren und mittelbaren „Folgen“ bzw. Begleiterscheinungen. Es bleibt dabei, dass beim Kläger - wie vom Landgericht zutreffend festgestellt - nur „Reflex-Schäden“ eingetreten sind, die zu keiner Zurechnung des Schadens der Gesellschaft führen (OLG Nürnberg, NStZ-RR 2203, 62 bei juris Rn. 25 m. w. Nachweisen, Schiemann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, Vorbem. § 249254, Rn. 59 und 60).
3.2.1.3.4. Zusammenfassend ist daher in Übereinstimmung mit dem Landgericht festzustellen, dass dem Kläger kein eigener bzw. zurechenbarer Schaden entstanden ist, den er gemäß §§ 2, 7 StrEG als Vermögensschaden geltend machen könnte.
3.2.1.4. Vor diesem Hintergrund stehen dem Kläger entgegen seinen Ausführungen in der Berufung auch bezüglich der Anwaltskosten für die Verteidigung gegen die Beschlagnahme und für das Betragsverfahren nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz keine weiteren Ansprüche zu.
Der Kläger hat insoweit unstreitig gemäß ursprünglichem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft vom 15.02.2011 einen Betrag in Höhe von 1.268,54 € und 1.196,43 € erhalten. Hiervon hat er bislang nichts zurückerstattet.
Mit zweitem Aufhebungsbescheid vom 30.08.2013 hat die Generalstaatsanwaltschaft die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.454,78 € (1.268,54 € für das Ermittlungsverfahren zzgl. 186,24 € für das Betragsverfahren) aufrechterhalten.
Da dem Kläger ein erstattungsfähiger eigener Schaden nicht entstanden ist, sind auch die ihm zu erstattenden Anwaltskosten nicht höher als im Bescheid vom 30.08.2013 festgestellt. Diesen Betrag, bzw. sogar einen darüber hinausgehenden, hat der Kläger bereits vom Beklagten erhalten. Ein Schaden liegt daher nicht mehr vor, da der diesbezügliche Zahlungsanspruch des Klägers bereits erfüllt wurde. In dieser Höhe macht der Beklagte auch keine Rückforderung geltend.
Da kein weitergehender Schaden erkennbar ist, war es entgegen der klägerischen Ansicht (Seite 9 der Berufung) richtig, den Anspruch des Klägers insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
3.2.2. Amtshaftungsansprüche
Hinsichtlich etwaiger Ansprüche aus Amtshaftung aus eigenem Recht kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Da das Handeln der Ermittlungsbehörde und des Ermittlungsrichters als vertretbar zu bewerten war, scheiden entsprechende Ansprüche auch aus eigenem Recht aus.
3.2.3. Auf Ansprüche aus Aufopferung, enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff, die alle auf Entschädigung gerichtet sind, ist nicht weiter einzugehen. Insoweit wurde bereits dem Hauptantrag dem Grunde
3.2.3. nach entsprochen, weitergehende diesbezügliche Ansprüche aus eigenem Recht sind nicht ersichtlich.
(B) Berufung des Beklagten
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Die Angriffe des Beklagten zielen im Wesentlichen darauf ab, dass eine Übertragung der Vertretbarkeitsrechtsprechung auf das Rechtsinstitut des enteignenden/enteignungsgleichen Eingriffs zu erfolgen habe, sowie ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und das Vorliegen eines Sonderopfers nicht bejaht werden könne.
Auf die mit der Berufung des Beklagten vorgebrachten Angriffe wurde im Rahmen obiger Erörterungen (vgl. Ziffer (A) II, 2.2.4.) bereits eingegangen; es bedarf insoweit keiner weiteren Ausführungen.
(C) Prozessuales
I.
Die Neufassung des Tenors erfolgt zur Klarstellung, beinhaltet aber mit Ausnahme der Zuerkennung des Entschädigungsanspruchs auf der Grundlage des enteignungsgleichen statt des enteignenden Eingriffs keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Es wird auf die Ausführungen zur Zulässigkeit des Grundurteils erster Instanz (s. o) Bezug genommen.
II.
Das Gericht hat gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO von der Möglichkeit der Zurückverweisung an das Landgericht zur Entscheidung über das Betragsverfahren Gebrauch gemacht, da die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens in irgendeiner Höhe und damit auch eine zu leistende Entschädigung auf der Grundlage obiger Ausführungen zumindest wahrscheinlich ist (Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, § 304, Rn. 4), die Schadens- bzw. Entschädigungshöhe aber nach wie vor streitig ist (Thomas/Putzo, a. a. O., § 538 ZPO, Rn. 18).
Auch vor dem Hintergrund, dass kein Schadensersatz, sondern nur eine angemessene Entschädigung zu leisten ist, wird die Entscheidung über die Höhe möglicherweise eine weitere Beweisaufnahme erfordern. Die Anknüpfungstatsachen zur Ermittlung der angemessenen Entschädigung bedürfen insoweit weiterer Abklärung.
Die erforderlichen Zurückverweisungsanträge wurden in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2013 durch den Klägervertreter gestellt.
III.
Im Hinblick auf obige Ausführungen ist weder die Berufung des Klägers noch die des Beklagten erfolgreich. Die Bejahung eines enteignungsgleichen statt eines enteignenden Eingriffs beinhaltet als bloße Abänderung der Anspruchsgrundlage keinen Teilerfolg der Berufung des Klägers.
Vor dem Hintergrund der beiderseitigen Berufungszurückweisung wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass in diesem Fall über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden ist (Vollkommer in Zöller, a. a. O., § 304, Rn. 26; BGHZ 20, 397).
Dem Senat erscheint es im vorliegenden Fall allerdings unbillig, bereits im Rahmen des Berufungsurteils eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten der Berufung zu treffen, da dies im Widerspruch zum endgültigen Ausgang des Verfahrens stehen könnte. Die Kostenentscheidung sollte vielmehr dem Schlussurteil vorbehalten bleiben und in Abhängigkeit von der Höhe der zuzusprechenden Entschädigung ergehen (so auch OLG Frankfurt NJW-RR 88, 1213).
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder das Erfordernis, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen, vermag der Senat nicht zu erkennen.