Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 18. Mai 2017 - 4 U 194/16
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 10.11.2016 - Az.: 327 O 59/16 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 29.976,42 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 7.818,12 € ab dem 27.03.2013, auf 6.716,33 € ab dem 23.05.2013, auf 7.373,43 € ab dem 22.08.2013, auf 172,01 € ab dem 20.09.2013, auf 4.400,47 € ab dem 18.11.2013, auf 1.217,37 € ab dem 05.01.2015, auf 320,40 € und auf 1.957,68 € ab dem 23.04.2015 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten der I. Instanz tragen die Parteien wie folgt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
Die Kosten der II. Instanz tragen die Parteien wie folgt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1) zu 1/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.976,42 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung anwaltlicher Honorarforderungen.
- 2
Die Klägerin ist eine deutsche Anwaltssozietät. Die Beklagte zu 1) ist eine Gesellschaft dänischen Rechts mit Sitz in Risskov, Dänemark, welche am 27.08.2014 im Rahmen einer Restrukturierung der mittlerweile insolventen ... A/S gegründet wurde. Der Beklagte zu 2) ist ein in Dänemark zugelassener Rechtsanwalt sowie ehemaliges gemeinschaftlich vertretungsberechtigtes Aufsichtsratsmitglied der ... A/S. Daneben war er als Justiziar bei dem Unternehmen ... A/S beschäftigt.
- 3
Der Beklagte zu 2) wandte sich mit E-Mail vom 20.12.2012 (Anlage K 2) an die Klägerin und bat diese um rechtliche Unterstützung im Rahmen einer Streitigkeit um Ausgleichsansprüche der Beklagten zu 1) gegen die deutschen ... GmbH. Darin erklärte er zu Beginn:
- 4
„I am a member of the board of directors in the company ... A/S.“
- 5
Die E-Mail enthielt dem Text folgend eine elektronischen Visitenkarte, welche unter dem Logo „ ... " den Namen des Beklagten zu 2) und den Zusatz „Corporate Legal Counsel - Advocat (H)“ aufwies.
- 6
Im Folgenden vertrat die Klägerin die ... A/S außergerichtlich gegenüber der ... GmbH im Rahmen von Verhandlungen über einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 8.404.470,90 dänischen Kronen.
- 7
Mit E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) setzte der Beklagte zu 2) die Klägerin darüber in Kenntnis, dass aufgrund der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der ... A/S eine neue Gesellschaft gegründet werden sollte. In diesem Zusammenhang führte er aus:
- 8
„Payment of your past costs will be provided by the newco.“
- 9
Zudem teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit E-Mail vom 30.07.2014 (Anlage K 8) mit:
- 10
„Apo DK Aps will be pleased to pay your old invoices to ... and your future fees provided that such payment can be synchronized with a settlement with ... GmbH.“
- 11
Nach entsprechender Bevollmächtigung durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) (Anlage K 6 - Power of Attorney vom 20.11.2014) wurde die Klägerin in der Folgezeit für die Beklagte zu 1) im Zusammenhang mit den von dieser erworbenen Ansprüchen gegen die ... GmbH tätig.
- 12
In einer E-Mail des Beklagten zu 2) an die Klägerin vom 11.12.2014 (Anlage K 4) führte dieser aus:
- 13
„Please send me a short overview of your total costs until now, so that these can be paid.“
- 14
Im Verlauf dieser Vorgänge erstellte und übersandte die Klägerin regelmäßig Rechnungen für ihre Tätigkeit auf Stundensatzbasis (Anlage K 1) über insgesamt 30.691,61 Euro an die ... A/S und sodann an die Beklagte zu 1), von denen am 11.05.2015 eine Teilrechnung in Höhe von 715,19 Euro beglichen wurde. Unter dem 05.05.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine Rechnung über insgesamt 16.503,87 Euro (Anlage K 19), was einer Vergütung nach dem RVG entspricht. Mit E-Mail vom 08.06.2015 (Anlage K 30) wies die Klägerin darauf hin, dass der offene Rechnungsbetrag insgesamt 30.327,88 € betrage.
- 15
Die Klägerin hat insbesondere die Auffassung vertreten, aus dem E-Mail-Verkehr ergebe sich, dass der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) die Übernahme der Honorarforderungen der Klägerin gegen die ... A/S zugesagt habe und damit eine Abrechnung auf Stundenbasis akzeptiert habe. Eine solche Vereinbarung sei nach dänischem Recht formlos möglich. Die Beklagte zu 1) sei anstelle der ... A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten oder habe zumindest deren Schuld übernommen.
- 16
Der Beklagte zu 2) hafte nach Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln für Europäische Rechtsanwälte, bei der es sich um gewohnheitsrechtlich anerkanntes Standesrecht handele. Deren Anwendbarkeit ergebe sich aus Ziffer 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte wegen des Vorliegens einer innereuropäischen grenzübergreifenden Tätigkeit eines dänischen Rechtsanwalts. Diese Vorschrift sei über Art. 17 Rom II-VO beziehungsweise Art. 4 der Richtlinie 77/249/EWG und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/5/EG anwendbar.
- 17
Die Klägerin hat beantragt,
- 18
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 29.976,42 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 7.818,12 € ab dem 27.03.2013, auf 6.716,33 € ab dem 23.05.2013, auf 7.373,43 € ab dem 22.08.2013, auf 172,01 € ab dem 20.09.2013, auf 4.400,47 € ab dem 16.11.2013, auf 1.217,37 € ab dem 04.01.2014, auf 320,40 € und auf 1.957,68 € ab dem 23.04.2015 zu zahlen.
- 19
Die Beklagten haben beantragt,
- 20
die Klage abzuweisen.
- 21
Die Beklagte zu 1) hat die Auffassung vertreten, die Aussagen zu den Zahlungen seien stets vage gewesen, sodass darin keine verbindliche Zusage gesehen werden könne. Zudem hätten die Parteien keine Honorarvereinbarung geschlossen, sodass lediglich eine Vergütung nach dem RVG geschuldet sein könne.
- 22
Der Beklagte zu 2) hat vorgetragen, eine ihn treffende Haftung aufgrund von Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln komme nicht in Betracht, da er nicht als Rechtsanwalt, sondern als Aufsichtsratsmitglied der ... A/S tätig geworden sei. Es fehle zudem an der Qualität der CCBE-Berufsregeln als Anspruchsgrundlage, da diese lediglich Standesrecht seien.
- 23
Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
- 24
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1) mit Urteil vom 10. November 2016 (Az.: 327 O 59/16) zur Zahlung von 16.503,87 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.06.2015 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
- 25
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich ein entsprechender Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus § 611 Abs. 1 BGB ergebe. Diese sei an Stelle der ... A/S unter Übernahme sämtlicher Altforderungen in den Anwaltsvertrag mit der Klägerin eingetreten.
- 26
Der Höhe nach sei gemäß § 612 Abs. 2 BGB eine Vergütung nach dem RVG geschuldet, da keine anderweitige Vereinbarung getroffen worden sei. Der Haftungsumfang der ... A/S sei in dem Schriftverkehr nicht thematisiert worden. Auch sei im Rahmen der Vertragsübernahme durch die Beklagte zu 1) keine Vereinbarung über eine Änderung der Abrechnungsart der Klägerin im Sinne eines Stundensatzhonorars getroffen worden. Den gegenständlichen E-Mails und der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung sei der für ein konstitutives Schuldanerkenntnis erforderliche Rechtsbindungswille nicht zu entnehmen. Für die Annahme eines Anerkenntnisses fehle es zudem an der dafür erforderlichen Interessenlage, da zwischen den Parteien kein Streit oder Ungewissheit über die Forderungshöhe bestanden habe.
- 27
Ein Anspruch gegen den Beklagten zu 2) bestehe nicht, da das anwendbare deutsche Recht keine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte akzessorische Haftung enthalte.
- 28
In Bezug auf die Forderungen, die der Klägerin gegen die ... A/S zugestanden haben, seien die Voraussetzungen der Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln nicht erfüllt gewesen. Der Beklagte zu 2) sei ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied und nicht in als Rechtsanwalt an die Klägerin herangetreten.
- 29
Hinsichtlich der Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nach Vertragsübernahme entfalle eine Haftung, da Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln in Deutschland nicht mehr als Anspruchsgrundlage angewendet werden könne, da es sich nicht um deutsches materielles Zivilrecht handele.
- 30
Wegen der weiteren Ausführungen des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 10. November 2016 verwiesen.
- 31
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil, soweit in diesem der Klageantrag abgewiesen worden ist.
- 32
Zur Begründung trägt sie vor, aus dem vorgelegten Schriftverkehr (Anlagen K 3, K 4 und K 8) gehe hervor, dass die Parteien sich auf eine zeitabhängige Vergütung geeinigt hätten. Aus den dort verwendeten Formulierungen ergebe sich, dass auch die Beklagten nicht von einer Pauschalvergütung, sondern von einer Stundenhonorarvereinbarung ausgegangen seien. Geschuldet sei daher die für zeitaufwandabhängige Rechtsdienstleistungen übliche Vergütung, welche sich vorliegend für eine große und renommierte Kanzlei auf die abgerechneten Stundensätze von 330,00 € netto für Partner und 280,00 € netto für angestellte Rechtsanwälte belaufe. Die Stundenhonorarvereinbarung sei trotz mangelnder Einhaltung der Formanforderungen des § 3a RVG wirksam, weil Art. 11 Abs. 2 Rom-I-VO anwendbar sei. Da es nach dänischem Recht nicht erforderlich sei, eine entsprechende Honorarvereinbarung schriftlich oder in Textform abzufassen, folge daraus auch eine Wirksamkeit aus deutscher Sicht.
- 33
Das Landgericht habe außerdem verkannt, dass der geltend gemachte Anspruch auch aus einem abstrakten Schuldanerkenntnis der Beklagten zu 1) folge. Ein solches sei in der E-Mail vom 17.12.2014 (Anlage K 21) zu sehen. Entscheidend sei, dass der Beklagte zu 2) sich im Namen der Beklagten zu 1) darin ausdrücklich auf die zuvor übermittelte Abrechnung der Klägerin über einen Betrag in Höhe von 28.400,00 € bezogen und deren Zahlung angekündigt habe. Dadurch habe die Beklagte zu 1) die Zahlung des Stundenhonorars zugesichert. Zu diesem Zeitpunkt habe auch Unsicherheit über den eigentlichen Kostenschuldner und die Höhe des geschuldeten Betrags bestanden, sodass alle Voraussetzungen für ein Anerkenntnis gegeben gewesen seien.
- 34
Darüber hinaus habe das Landgericht den Parteivortrag der Klägerin unvollständig und falsch gewürdigt, da es das Vorliegen eines beweiserleichternden Anerkenntnisses zugunsten der Klägerin durch die Anzeige der Erfüllungsbereitschaft seitens der Beklagten zu 1) nicht problematisiert habe. Die widerspruchslose Entgegennahme zahlreicher gleichförmiger Rechnungen auf der Basis von Stundensätzen, die Begleichung einer Teilrechnung und die mehrfache Zusicherung der Zahlung der Gebühren der Klägerin seien zumindest Indizien für das Vorliegen einer entsprechenden stillschweigenden Vergütungsvereinbarung. Dies führe zu einer Beweislastumkehr, sodass den Beklagten der Gegenbeweis für das Bestehen einer anderen Vereinbarung oblegen hätte.
- 35
Das Landgericht habe des Weiteren materielles Recht verletzt, da ein Anspruch gegen den Beklagten zu 2) aus Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln in Verbindung mit Ziffer 4.2 des dänischen Verhaltenskodexes für Rechtsanwälte folge.
- 36
Bei den CCBE-Berufsregeln handele es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts um einen Teil des deutschen Rechts. Dies folge unter anderem aus Art. 4 der Dienstleistungsrichtlinie 77/249/EWG, welcher den Grundsatz der doppelten Standesregelung festlege, sowie aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/5/EG vom 16. Februar 1998.
- 37
Hilfsweise berufe sie sich darauf, dass hinsichtlich der Standesregeln dänisches Recht gelte und die CCBE-Berufsregeln Teil des dänischen Rechts seien. Das anwaltliche Berufsrecht sei eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die nach Art. 1 Abs. 1 Rom-I-VO nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung falle.
- 38
Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht schließlich verkannt, dass die Voraussetzungen der Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln zu jedem maßgeblichen Zeitpunkt erfüllt gewesen seien. Der Beklagte zu 2) habe sich zum Zeitpunkt der Mandatierung der Klägerin in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt an diese gewandt, was durch die Verwendung der Signatur und die Rechtsausführungen in der gegenständlichen E-Mail zum Ausdruck komme. Zudem gelte der 5.7 der CCBE-Berufsregeln auch für Rechtsanwälte, die sich zusätzlich als Aufsichtsratsmitglied gerierten, da diese Stellung einen Rechtsanwalt nicht von der Einhaltung seiner standesrechtlichen Berufsregeln befreie.
- 39
Die Klägerin beantragt,
- 40
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10.11.2016, 327 O 59/16, abzuändern und wie folgt zu tenorieren:
- 41
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 29.976,42 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 7.818,12 € ab dem 27.03.2013, auf 6.716,33 € ab dem 23.05.2013, auf 7.373,43 € ab dem 22.08.2013, auf 172,01 € ab dem 20.09.2013, auf 4.400,47 € ab dem 16.11.2013, auf 1.217,37 € ab dem 04.01.2014, auf 320,40 € und auf 1.957,68 € ab dem 23.04.2015 zu zahlen;
- 42
hilfsweise:
- 43
2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 13.472,55 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten seit dem 09.06.2015 zu zahlen.
- 44
Die Beklagten beantragen,
- 45
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
- 46
Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil. Zur Begründung führen sie aus, das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass eine Stundenhonorarvereinbarung zwischen den Parteien nicht getroffen worden sei. Auch ein diesbezügliches Anerkenntnis seitens der Beklagten sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
- 47
Eine Honorarhaftung des Beklagten zu 2) scheide bereits deshalb aus, weil dieser bei der Auftragserteilung nicht als Anwalt gehandelt habe.
- 48
Zudem weise das anwendbare deutsche Recht keine Regelung für eine entsprechende Haftung auf. Auch bei dem dänischen „Code of Conduct" handele es sich allenfalls um dänisches Standesrecht, welches eine zivilrechtliche Haftung in keinem Fall begründen könne.
- 49
Ergänzend zum Parteivorbringen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 50
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet.
1.
- 51
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich ein Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus § 611 Abs. 1 BGB ergibt.
a)
- 52
Die Höhe des Anspruchs ergibt sich nach der Auffassung des Senats gemäß § 612 Abs. 2 BGB nicht aus den Gebührensätzen des RVG, sondern aus der zeitabhängigen Abrechnung der Klägerin auf Stundenbasis. Eine Vergütungspflicht ergibt sich zunächst aus § 612 Abs. 1 BGB aufgrund des Bestehens einer objektiven Vergütungserwartung für die Tätigkeit der Klägerin. Gemäß § 612 Abs. 2 BGB bestimmt sich die Höhe der geschuldeten Vergütung in der dort festgelegten Reihenfolge entweder nach Vereinbarung, taxmäßiger Vergütung oder üblicher Vergütung.
- 53
Unstreitig haben die Parteien keine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung in Bezug auf die konkrete Höhe des Honorars getroffen. Jedoch ergibt sich aus dem Schriftverkehr zwischen den Parteien, dass diese durch konkludentes Verhalten zumindest eine Vereinbarung dahingehend getroffen haben, dass eine Abrechnung in Abhängigkeit vom Zeitfaktor erfolgen sollte. Zu Recht weist die Berufung darauf hin, dass aus den ausgetauschten E-Mails zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) eindeutig hervorgeht, dass die Parteien übereinstimmend von einer zeitabhängigen Vergütungsvereinbarung ausgingen. Dies ergibt bereits daraus, dass die dort gewählten Formulierungen der Beklagtenseite mit der Annahme einer Pauschalvergütungsvereinbarung nicht in Einklang zu bringen sind.
- 54
Das anwaltliche Gebührenrecht nach dem RVG beruht auf einem System der aufwandunabhängigen Vergütung nach einheitlichen Gebührentatbeständen, welche sich am Gegenstandswert orientieren. Der Zeitfaktor kann für eine entsprechende Abrechnung grundsätzlich nur insoweit Berücksichtigung finden, als dass er im Rahmen der Angemessenheit einer Gebühr die Einstufung innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens beeinflussen kann (vgl. beispielsweise Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. August 2016 - L 5 SF 22/16 E -, juris) . Entsprechend diesem System des einmaligen Gebührenanfalls regelt § 8 Abs. 1 RVG, dass die Vergütung erst fällig wird, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, da sämtliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts pauschal abgegolten werden. Auch aus § 15 Abs. 1 und 2 RVG ergibt sich das dem RVG zugrundeliegende Prinzip der Pauschalierung.
- 55
Aus dem Schriftverkehr zwischen den Parteien ergibt sich jedoch, dass auch seitens der Beklagten nicht von einer solchen Kosteneinheit ausgegangen wurde. Der Beklagte zu 2) verwies im Namen der ... A/S und der Beklagten zu 1) nicht nur allgemein auf die Kosten der Klägerin, sondern schrieb von „past costs", „old invoices", „future fees" und „costs until now" (vgl. Anlagen K 3, K 4, K 8). Die dadurch zum Ausdruck kommende Abhängigkeit der Kosten vom Zeitfaktor widerspricht einer Pauschalvereinbarung zur Vermeidung von Einzelberechnungen. Eine Aufteilung der Kosten in vergangene und künftige ergibt nur vor dem Hintergrund einer zeitabhängigen Vergütungsvereinbarung unter Abwendung von dem Einmalprinzip und der Pauschalierung einen Sinn.
- 56
Aufgrund der Annahme einer zeitabhängigen Vergütungsvereinbarung kann die Höhe der Vergütung nicht nach dem RVG im Sinne einer taxmäßigen Vergütung bestimmt werden, da das RVG keine bestimmten Sätze für Stundenhonorare enthält. Fehlt eine maßgebende Taxe, ist hilfsweise die übliche Vergütung geschuldet. Relevant ist daher die Höhe der Vergütung, die an dem betreffenden Ort in gleichen oder ähnlichen Gewerben oder Berufen für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse bezahlt zu werden pflegt (vgl. Fandel/Kock in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 612 BGB Rn. 25). Welcher Betrag die übliche Vergütung im vergleichbaren Wirtschaftskreis darstellt, ist gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf eine richterliche Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu stützen (BeckOK ArbR/Joussen, 42. Edition 1.12.2016, BGB § 612 Rn. 33). Für die Beurteilung können die in § 14 Abs. 1, Abs. 4 RVG aufgeführten Kriterien, also der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie das Verhältnis zwischen der Leistung, der Verantwortung und dem Haftungsrisiko des Anwalts herangezogen werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 07. Juli 2015 - I-28 U 189/13, BeckRS 2015, 16181). Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass sofern die übliche Vergütung nicht in einem festen Betrag, sondern in einer Bandbreite besteht, der Dienstverpflichtete gemäß §§ 316, 315 Abs. 1 BGB die Höhe der Vergütung innerhalb dieses Spielraums nach billigem Ermessen bestimmt (vgl. Fandel/Kock in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 612 BGB, Rn. 25). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind nach Auffassung des Senats die von der Klägerin geforderten Stundensätze nicht zu beanstanden. Der in Deutschland durchschnittlich gezahlte Stundensatz eines Rechtsanwaltes beträgt etwa 180 Euro (vgl. beispielsweise LG Saarbrücken, Urteil vom 17. Mai 2016 - 14 O 152/15, BeckRS 2016, 09589), wobei je nach den Einzelfallumständen Sätze von 30,00 bis mehr als 500,00 Euro verlangt werden (vgl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 76. Auflage, § 612 BGB Rn. 11). Unter Berücksichtigung der Kriterien der §§ 14 Abs. 1, 4 Abs. 1 S. 2 RVG und der Umstände des Einzelfalls, wie insbesondere der Ausrichtung, Standort, Größe sowie Spezialisierung der Klägerin und der Internationalität des Mandats hat der Senat - unter Berücksichtigung eigener Erfahrungswerte aus ähnlich gelagerten Streitfällen - keine Bedenken, den Stundensatz zwischen 280,00 Euro und 330,00 Euro netto für die Tätigkeit der Klägerin als angemessen und üblich anzusehen. Insbesondere handelt es sich bei der Klägerin um eine international tätige Großkanzlei am Kanzleistandort Hamburg, deren Stundensätze auch unter Einbeziehung der Kostenstruktur aufgrund der teuren Mieten und einem großen und kostspieligen Personalbestand eher im oberen Bereich einzustufen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2011 - I-24 U 192/10, BeckRS 2012, 04346).
- 57
Darüber hinaus hat der Beklagte zu 2) im Namen der Beklagten zu 1) sowohl die Höhe der seitens der Klägerin in Rechnung gestellten Stundensätze, als auch die jeweils hinzukommende Auslagenpauschale in Höhe von 3% der Gebühren deklaratorisch anerkannt. Gleiches gilt auch für den Umfang der Tätigkeit der Klägerin im Sinne der Anzahl der von ihr berechneten Stunden. Durch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis wird eine bereits bestehende Schuld bestätigt und es entfaltet insoweit eine kausale Feststellungswirkung (vgl. Linck in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 16. Auflage 2015, § 59 Rn. 69). Voraussetzung für die Annahme eines solchen Anerkenntnisses ist eine Einigung, die nicht auf die Begründung einer neuen, selbstständigen Forderung, sondern auf Bestätigung der alten gerichtet ist, die auf eine sichere Grundlage gestellt werden soll (vgl. Stadler in: Jauernig, Kommentar zum BGB 16. Auflage 2015, Anmerkungen zu den §§ 780, 781 BGB Rn. 16).
- 58
In seiner E-Mail vom 17.12.2014 (K 21) bezog der Beklagte zu 2) sich ausdrücklich auf die zuvor von der Klägerin als offenen Rechnungsbetrag angegebenen 28.400,00 Euro und machte darauf folgend ein Vergleichsangebot. Abschließend merkte er an, die offenen Abrechnungen noch vor Weihnachten erledigen zu wollen. Dadurch brachte er zum Ausdruck, das grundsätzliche Bestehen der offenen Schuld in der in Bezug genommenen Höhe bestätigen zu wollen. Da der Beklagtenseite durch die regelmäßige Zusendung der Rechnungen durch die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch die Berechnungsgrundlage der Forderungshöhe (Höhe der Stundensätze, Auslagenpauschale von 3% und Umfang der abgerechneten Stunden) bekannt war, ist ein pauschales Bestreiten dieser Punkte nicht möglich und daher als unbeachtlich zu bewerten. Etwas anderes gilt auch nicht für die erst nach der genannten E-Mail in Rechnung gestellten Forderungen. Diese konnten zwar naturgemäß als zukünftige Schuld nicht anerkannt werden, jedoch wirkte die Bestätigung der gleichbleibenden Berechnungsgrundlage der Vergütungsforderungen auch im Hinblick auf diese Forderungen fort.
b)
- 59
Der Annahme einer zeitabhängigen Vergütungsvereinbarung steht auch nicht deren Formunwirksamkeit mangels Textform entgegen. Gemäß Art. 11 Abs. 2 Rom I-VO genügt es im Rahmen von grenzüberschreitenden Distanzgeschäften, wenn alternativ das Geschäftsstatut, die Rechtsordnungen, in dessen Staaten sich die Beteiligten oder deren Vertreter bei Vertragsschluss befinden oder diejenigen des gewöhnlichen Aufenthalts der Parteien den Vertrag für formwirksam erklären (vgl. HK-BGB/Ansgar Staudinger, 9. Aufl. 2017, Rom I Art. 11 Rn. 3). Zwar ist nach deutschem Recht für die Wirksamkeit einer entsprechenden Honorarvereinbarung gemäß § 3a Abs. 1 RVG eine Textform erforderlich, jedoch sieht das dänische Recht ein solches Formerfordernis nicht vor. Grundsätzlich können Anwaltsverträge nach dänischem Recht mündlich oder schriftlich geschlossen werden. Die Ziffern 14 und 15 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte statuieren zwar Preisinformationspflichten gegenüber dem Mandanten, jedoch wird Schriftlichkeit („in written") gemäß Ziffer 15.1 nur dann gefordert, wenn der Mandant Verbraucher ist. Im Gegensatz dazu sieht Ziffer 14.1 als vorliegend relevante Regelung für das Verhältnis eines Rechtsanwalts zu einem Unternehmer als Mandanten ein solches Formerfordernis in Bezug auf die Informationspflicht hinsichtlich der Vergütung nicht vor.
c)
- 60
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 und 3, 288 Abs. 1 und 2 BGB. Bei den Honorarforderungen handelt es sich um nach § 271 BGB fällige Entgeltforderungen. Der Beklagten zu 1) gingen auch diesbezügliche Rechnungen der Klägerin (Anlage K 1) zu, sodass diese wegen Ausbleibens der Zahlungen nach Ablauf von 30 Tagen gemäß § 286 Abs. 3 BGB in Verzug geriet. Nach der Rechtsprechung verlängert sich die Frist, wenn der dreißigste Tag nach Zugang ein Samstag oder Sonntag ist, in (entsprechender) Anwendung von § 193 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 1.2. 2007 - III ZR 159/06, BeckRS 2007, 03613). In Abweichung von dem Antrag der Klägerin datiert der Verzugseintritt daher in Bezug auf die Rechnung vom 17.10.2013 auf den 18.11.2013 und hinsichtlich der Rechnung vom 05.12.2014 auf den 05.01.2015.
2.
- 61
Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung den Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) verneint.
a)
- 62
Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht von einer Berufung deutschen Sachrechts gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO ausgegangen.
- 63
Anknüpfungsgegenstand ist vorliegend die akzessorische Haftung des Beklagten zu 2) für die vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen die ... A/S beziehungsweise die Beklagte zu 1) und damit der zugrundeliegende Dienstleistungsvertrag als maßgebliches Schuldverhältnis.
- 64
Der Einwand der Klägerin, der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung sei gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO nicht eröffnet, da es sich bei dem anwaltlichen Berufsrecht um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit handele, greift nicht durch.
- 65
Unter dem Anknüpfungsgegenstand versteht man einen System- oder Sammelbegriff, der ein umfassendes Bündel von materiell-rechtlichen Fragen zusammenfasst (beispielsweise „Rechtsnachfolge von Todes wegen" oder „Vertrag"). Maßgeblicher Anknüpfungsgegenstand ist vorliegend die Haftung für die Zahlung eines Honorars aus einem Rechtsanwaltsvertrag als zivilrechtliches Schuldverhältnis im Sinne des Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO. Alleine der Umstand, dass im Rahmen dieser Haftung für den vertraglichen Anspruch gegebenenfalls das anwaltliche Berufsrecht relevant wird, macht die Frage nach einer zivilrechtlichen Haftung nicht zu einer verwaltungsrechtlichen Angelegenheit.
- 66
Für die Abgrenzung zum öffentlichen Recht ist wesentlich, wie Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO und Art. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO mit dem Ausschluss von „Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte" verdeutlichen, ob an dem relevanten Rechtsverhältnis ein... Hoheitsträger beteiligt ist, der in Ausübung staatlicher Hoheitsbefugnisse gehandelt hat. Hoheitliches Handeln zeichnet sich dadurch aus, dass eine Seite, in der Regel eine staatliche Institution, in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben agiert und dabei gegebenenfalls Gewalt in Form unmittelbarer Anordnungsbefugnisse auszuüben berechtigt ist, die dem Privaten nicht zu Gebote steht (vgl. Staudinger/Magnus (2016), ROM-I-VO, Art 1 Rom I-VO, Rn. 19-20).
- 67
Vorliegend handelt es sich nicht um ein Schuldverhältnis, das im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse steht und ihr dient. Insbesondere geht es auch nicht um die Ahndung eines Verstoßes gegen das anwaltliche Berufsrecht durch die Rechtsanwaltskammer nach den Vorschriften der BRAO in Form eines berufsrechtlichen Aufsichtsverfahrens oder anwaltsgerichtlichen Verfahrens, sodass ein Subordinationsverhältnis nicht gegeben ist. Gegenstand sind vielmehr etwaige zivilrechtliche Wirkungen im Sinne einer akzessorischen Forderungshaftung, die die Rechtsbeziehung zwischen gleichberechtigten Rechtssubjekten und damit ein Gleichordnungsverhältnis betreffen.
b)
- 68
Hinsichtlich der Forderungen, die der Klägerin gegen die ... A/S zustanden, hat das Landgericht zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen der Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln und damit eine Haftung nach § 29 BORA a.F. verneint. Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts, wonach sich aus der E-Mail vom 20.12.2012 (Anlage K 2) ergibt, dass der Beklagte zu 2) nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt, sondern als Aufsichtsratsmitglied an die Klägerin herangetreten ist. Dies wird dadurch deutlich, dass der Beklagte zu 2) gleich zu Anfang der E-Mail auf seine Stellung als Organ der Gesellschaft hinwies und dies dadurch zur Grundlage der folgenden Mandatierung machte.
- 69
Daran vermag auch der Einwand der Berufung, diese Mitteilung habe lediglich der Einführung in den Streitstand gedient, nichts zu ändern. Vielmehr ist nicht ersichtlich, welche Relevanz die Position des Beklagten zu 2) als Mitglied des Aufsichtsrats für ein Mandat betreffend Ausgleichsansprüche der ... A/S gegenüber der ... GmbH haben sollte.
- 70
Etwas anderes folgt auch nicht unter Berücksichtigung des weiteren Inhalts der E-Mail in Form der Signatur und den enthaltenen Rechtsausführungen. Zwar enthält die elektronische Visitenkarte durch den Zusatz „Corporate Legal Counsel - Advocat (H)“ einen Verweis auf die Eigenschaft des Beklagten zu 2) als Rechtsanwalt. Jedoch ändert dies nichts daran, dass dieser zuvor eindeutig klargestellt hat, dass er als Aufsichtsratsmitglied agiert und nicht als Anwalt der Gesellschaft. Hinzu kommt, dass die elektronische Visitenkarte unter dem Logo „ ... “ einen deutlichen Hinweis auf eine andere Gesellschaft enthält, bei der der Beklagte zu 2) zu diesem Zeitpunkt als Justiziar beschäftigt war. Daran, dass der Beklagte zu 2) jedoch in keinem Fall in der Eigenschaft als Rechtsanwalt für die ... A/S handelte, können keine Zweifel bestehen. Auch aus der Tatsache, dass der Beklagte zu 2) in der gegenständlichen E-Mail Ausführungen machte, die als rechtlich einzustufen sind, ergibt sich keine andere Bewertung. Die Verwendung von juristischen Ausführungen ist nicht Rechtsanwälten Vorbehalten und lässt keine zwingende Schlussfolgerung darauf zu, in welcher Eigenschaft der Beklagte zu 2) auftrat.
- 71
Auch aus der E-Mail des Beklagten zu 2) vom 17.12.2014 (Anlage K 21) ergibt sich nicht, dass dieser bei Vertragsschluss in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt aufgetreten ist. Denn aus dem Inhalt dieser Nachricht lässt sich nur entnehmen, dass er selbst gegenüber der Beklagten zu1) und deren Rechtsvorgängerin auf einen Teil seiner Forderungen verzichten wird. Soweit er in seiner E-Mail den Begriff „fees“ verwendet hat, so lässt sich dieser Begriff nicht zwangsläufig als „Rechtsanwaltskosten“ übersetzen („legal fees“). Vielmehr lässt sich diese Formulierung auch mit „Entgelt“, „Gebühren“ und „Kosten“ im allgemeinen Sprachgebrauch ins Deutsche übertragen. Darüber hinaus lassen die verwendeten Formulierungen in der E-Mail keine Rückschlüsse auf die Umstände bei Beauftragung der Klägerin im Dezember 2012 (Anlage K 2) zu.
- 72
Der Einwand der Klägerin, der 5.7 der CCBE-Berufsregeln gelte auch dann, wenn eine Person, die Anwalt sei, als Aufsichtsrat auftrete, geht fehl. Insofern ist auf den ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift zu verweisen, die voraussetzt, dass es sich um den „beruflichen Verkehr zwischen Rechtsanwälten" handelt. Ein solcher liegt eben nicht alleine deshalb vor, weil eine Person, die das Mandat erteilt, zufällig auch Rechtsanwalt ist. Für die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereiches ist es erforderlich, dass die handelnde Person anlässlich anwaltlicher Berufsausübung tätig wird, was vorliegend aus den zuvor dargelegten Gründen nicht der Fall war. Die Auffassung, dadurch werde eine Gestaltungsmöglichkeit begründet, die es jedem Rechtsanwalt erlaube, sich von dem Standesrecht zu befreien, vermag nicht zu überzeugen. Denn entgegen den Ausführungen der Berufung geht es vorliegend nicht um eine Konstellation, in der der Beklagte zu 2) eine zusätzliche Stellung „irgendwo" eingenommen hat und durch Hinweis darauf von seinen Pflichten befreit ist. Vielmehr war der Beklagte zu 2) Organ gerade der juristischen Person, die das Mandat erteilte. Insofern ist nicht ersichtlich, inwieweit dieses Verständnis eine Missbrauchsmöglichkeit für Rechtsanwälte eröffnen sollte.
c)
- 73
Eine Haftung des Beklagten zu 2) scheidet auch im Hinblick auf die Forderungen, die der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nach der Vertragsübernahme zustehen, aus. Diesbezüglich ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln in Deutschland nicht mehr als Anspruchsgrundlage herangezogen werden kann.
- 74
Die CCBE-Berufsregeln sind entgegen der Auffassung der Berufung nicht mehr Teil des deutschen Rechts. Grundsätzlich handelt es sich bei den CCBE-Berufsregeln um unverbindliches Verbandsrecht einer Anwaltsorganisation (vgl. Schwärzer, in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Auflage 2016, CCBE Rn. 3). Dieses kann auf nationaler Ebene für verbindlich erklärt werden oder in das nationale Recht übernommen werden, vor dieser Umsetzung jedoch keine Wirkungen entfalten. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass mit Aufhebung des § 29 BORA a.F. und der darin enthaltenen Verweisung auf Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln dieser nationale zivilrechtliche Haftungstatbestand entfallen ist. In dem neu aufgenommen § 29b BORA ist die zuvor geregelte Haftungspflicht des Anwalts in eine reine berufsrechtliche Informationspflicht umgestaltet worden. Dies hat zur Folge, dass die Vorschrift keine eigene Anspruchsgrundlage dafür bildet, dass der eingeschaltete Anwalt gegen den anderen Anwalt einen Honoraranspruch hat. Dies ist allein eine Frage des allgemeinen Zivilrechts (vgl. BeckOK BORA/Römermann/Praß, 15. Ed. 01.03.2017, BORA § 29a Rn. 30). Die CCBE-Regeln, auf welche § 29 BORA fur die grenzüberschreitende Anwaltstätigkeit bislang verwies, sind damit nicht mehr Teil des deutschen Berufsrechts (vgl. Eichele/Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Auflage 2014, Vorwort, S. VII). Sie können somit allenfalls Beachtung als Teil einer ausländischen Berufsordnung finden, welche hier jedoch nicht zur Anwendung berufen ist.
- 75
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Berufung vorgelegten Ausdruck der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer (Anlage K 38). Den dort enthaltenen Ausführungen zu dem anwaltlichen Berufsrecht ist nicht zu entnehmen, dass die CCBE-Berufsregeln Teil des deutschen Rechts sind. Der allgemein gehaltene Hinweis darauf, dass der Anwalt bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten innerhalb Europas die Regelungen der CCBE zu beachten habe, lässt keinen entsprechenden Rückschluss zu. Im Gegensatz zu dem ebenfalls enthaltenen Hinweis auf die Geltung des EuRAG, bezieht sich die gegenständliche Passage zu den CCBE-Berufsregeln vielmehr gerade nicht ausdrücklich auf die Tätigkeit ausländischer Rechtsanwälte in Deutschland.
- 76
Auch die von der Klägerin zitierten Kommentare vermögen kein anderes Ergebnis zu begründen. Vielmehr bestätigen diese, dass es sich bei den CCBE-Berufsregeln nicht um deutsches Recht handelt. Die zitierte Fundstelle in Römermann/Praß, Beckscher Onlinekommentar BORA, 13. Auflage, Stand: 01.06.2016, Rn. 55, formuliert ausdrücklich, dass „nach Streichung des § 29 BORA die CCBE-Berufsregeln in Deutschland keine Anwendung mehr finden“. Zudem werden die Unterschiede zwischen dem in Deutschland geltenden Recht und den CCBE-Berufsregeln aufgezeigt. In der aktuellen Auflage der angegebenen Fundstelle wird unter der Überschrift „Abschied von den CCBE-Berufsregeln“ ausgeführt, dass das deutsche Berufsrecht unter Abkehr von den CCBE-Berufsregeln mit den §§ 29a, 29b BORA eigene Regelungen für den grenzüberschreitenden Verkehr geschaffen hat (vgl. BeckOK BORA/Römermann/Praß, 15. Ed. 01.03.2017, BORA § 29a Rn. 6).
- 77
Auch der Kommentar von Schwärzer, in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Auflage 2016, CCBE Rn. 5, bestätigt entgegen der Auffassung der Berufung nicht, dass die CCBE-Berufsregeln in Deutschland gelten. Dort wird vielmehr lediglich darauf hingewiesen, dass die CCBE-Regeln in Einzelfällen zu beachten sein können. Im Folgenden wird dies näher konkretisiert und ausgeführt, dass dies der Fall sein könne, „wenn ein ausländischer Rechtsanwalt mit Bezug auf Deutschland Rechtsdienstleistungen (...) erbringt und in dem ausländischen Staat die CCBE-Regeln gelten“. Zum einen ergibt sich daraus keine Aussage über die Einstufung der CCBE-Berufsregeln als deutsches Recht. Vorangestellt wird vielmehr ausdrücklich klargestellt, dass mit der Aufhebung des § 29 BORA die CCBE-Regeln nicht mehr Gegenstand des deutschen Berufsrechts sind und nunmehr aus deutscher Sicht nur die BORA Anwendung findet. Zum anderen wird deutlich gemacht, dass es sich um Einzelfälle handelt, in denen die CCBE-Berufsregeln über die Geltung in einem ausländischen Staat in Deutschland mittelbar zur Anwendung kommen. Ein solcher Einzelfall liegt jedoch in der streitgegenständlichen Konstellation nicht vor, da nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nur das deutsche Recht nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO berufen ist. Die Verweisung auf Ziffer 5.7 der CCBE-Berufsregeln in Ziffer 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte kann daher als dänisches Recht hier nicht zur Anwendung kommen. Klarstellend wird schließlich die Qualität der CCBE-Berufsregeln als reines Verbandsrecht betont und erläutert, die CCBE-Berufsregeln können „bei Geltung deutschen Sachrechts Zivilrechtsverhältnisse nicht abweichend vom ... BGB gestalten, etwa indem einzelne CCBE-Regeln als Anspruchsgrundlage (...) behandelt werden".
- 78
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass sich eine zivilrechtliche Haftung nach deutschem Recht auch nicht aus Art. 4 der Dienstleistungsrichtlinie 77/249/EWG oder aus Art. 6 Abs. 1 der Niederlassungsrichtlinie 98/5/EG ergibt. Hierbei handelt es sich um Rechtsakte, die zwar für die Mitgliedstaaten verbindlich bezüglich des avisierten Ziels sind. Wie beziehungsweise mit welchen Mitteln dieses erreicht wird, bleibt jedoch den Mitgliedstaaten selbst überlassen, denen daher ein Handlungsspielraum zukommt. Es handelt sich daher bei den Richtlinien bereits nicht um in Deutschland geltendes Recht, welches eine zivilrechtliche Haftung im Sinne einer Anspruchsgrundlage begründen könnte. Die Umsetzung der Richtlinien erfolgte in Deutschland durch das EuRAG, welches keine Regelung in Bezug auf zivilrechtliche Haftungsfragen enthält, sondern bei Verstößen gegen Berufspflichten allenfalls die Durchführung eines Disziplinarverfahrens vorsieht (vgl. § 9 EuRAG). Ein Anspruch aus den danach alleine maßgeblichen zivilrechtlichen Haftungsgrundlagen ist nicht ersichtlich.
d)
- 79
Ein Anspruch auf Zahlung des anwaltlichen Honorars ergibt sich schließlich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29b BORA.
- 80
Eine unmittelbare zivilrechtliche Wirkung entfaltet die BORA nicht. Die Informationspflicht nach § 29b BORA ist nur eine berufsrechtliche Pflicht, die sich aus der Satzungsermächtigung aus § 59b BRAO ergibt (Feuerich/Weyland/Bruggemann, BRAO, 9. Auflage 2016, Rn. 3). § 59b BRAO verleiht keine Kompetenz, zivilrechtliche Beziehungen - auch nicht solche zwischen Rechtsanwälten - zu regeln. Die Bestimmungen der BORA bedeuten weder ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB noch sind sie Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Henssler/Prütting/Busse, BRAO Kommentar, 4. Auflage 2014, § 59b BRAO, Rn. 17und Einl.BORA, Rn. 12.). Mittelbare zivilrechtliche Wirkungen der BORA über die Transportnormen des BGB sind grundsätzlich abzulehnen.
- 81
In Ausnahmefällen kann zwar bei schwerwiegenden Berufsordnungsverletzungen ein Verstoß gegen die guten Sitten nach §§ 138, 826 BGB vorliegen. Ein solcher Ausnahmefall ist aber nur dann zu bejahen, wenn in dem Berufsverstoß zugleich nach allgemeinen Wertvorstellungen eine Verletzung der Rechts- und Sittenordnung liegt, die zum Schutz der Rechtsgemeinschaft nicht hingenommen werden kann. Von einem solchen Ausnahmefall kann hier aber mangels weiterer Anhaltspunkte, die auf ein (verwerfliches) Verhalten des Beklagten zu 2) schließen lassen, nicht ausgegangen werden.
- 82
Da bereits deutsche anwaltliche Standesrichtlinien keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind, kann auch den Standesrichtlinien des dänischen Rechtsanwaltes eine solche Bedeutung nicht zukommen.
3.
- 83
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10,711 ZPO.
4.
- 84
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.
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Urteil einreichenHanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 18. Mai 2017 - 4 U 194/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 16.503,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1) zu 1/4 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin und den Beklagten zu 2) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 29.976,42 € festgesetzt.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung von Rechtsanwaltshonorar.
- 2
Die Klägerin ist eine deutsche Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei mit Sitz in Hamburg. Die Beklagte zu 1) ist ein dänisches Unternehmen mit Sitz in R., Dänemark, das am 27.08.2014 gegründet wurde. Der Beklagte zu 2) ist ein in Dänemark zugelassener Rechtsanwalt. Er war gemeinschaftlich vertretungsberechtigtes Aufsichtsratsmitglied der A. Danmark A/S. Daneben war er bei der S. International A/S und sodann bei der der M. A/S als Justiziar beschäftigt. Eine eigene Anwaltskanzlei betreibt der Beklagte zu 2) seit Oktober 2014.
- 3
Die Klägerin vertrat außergerichtlich ab dem Jahr 2012 zunächst die A. Danmark A/S in einer Streitigkeit über Ausgleichsansprüche mit der A. GmbH mit Sitz in G.. Dazu kam es, nachdem der Beklagte zu 2) sich mit E-Mail vom 20.12.2012 (Anlage K 2) an die Klägerin gewandt hatte. Darin erklärte der Beklagte zu 2):
- 4
„I am a member of the board of directors in the company A. Danmark A/S”
- 5
und bat:
- 6
“Can you or one of your colleagues provide advice and draft a warning/claims letter to A. DE.”
- 7
Der Beklagte unterzeichnete die E-Mail als
- 8
„Corporate Legal Counsel - Advokat (H)“.
- 9
Die Klägerin machte daraufhin für die A. Danmark A/S gegenüber der A. GmbH Ansprüche über insgesamt 8.404.470,90 dänische Kronen geltend (vgl. Anlage K 16).
- 10
Am 17.01.2014 wurde über das Vermögen der A. Danmark A/S in Dänemark das Konkursverfahren eröffnet. Im Februar 2014 entschieden die Gesellschafter der A. Danmark A/S, im Rahmen der Restrukturierung eine neue Gesellschaft zu gründen, die spätere Beklagte zu 1), zu gründen. Der Beklagte zu 2) setzte die Klägerin darüber in einer E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) in Kenntnis. Darin heißt es:
- 11
„Payment of the costs mentioned above [scil. your past costs] will be provided by the newco”.
- 12
Mit E-Mail vom 30.07.2014 (Anlage K 8) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit:
- 13
„ A. DK Aps will be pleased to pay your old invoices to A. Danmark and your future fees provided that such payment can be synchronized with a settlement with A. GmbH.”
- 14
Nach ihrer Gründung erwarb die Beklagte zu 1) den Ausgleichsanspruch der A. Danmark A/S gegen die A. GmbH von der Konkursmasse (Anlage K 5).
- 15
Am 20.11.2014 stellte der Geschäftsführer der Beklagten B.B.N. eine „Power of Attorney“ für die Klägerin aus, damit diese die Beklagte zu 1) gegenüber der A. GmbH vertreten konnte (Anlage K 6). Die Klägerin wurde für die Beklagte zu 1) tätig (vgl. Anlage K 7).
- 16
Mit E-Mail vom 11.12.2014 (Anlage K 4) wurde die Klägerin von dem Beklagten zu 2) darüber informiert, dass die A. GmbH und die Beklagte zu 1) sich auf einen Vergleich geeinigt hatten. Ferner wurde die Klägerin gebeten, einen Entwurf für den ausgehandelten Vergleich zwischen der Beklagten zu 1) und der A. GmbH anzufertigen. Außerdem hieß es in der E-Mail:
- 17
„please send me a short overview of your total costs until now, so that these can be paid.“
- 18
Während dieser Vorgänge übersandte die Klägerin zunächst der A. Danmark A/S und später der Beklagten zu 1) Rechnungen auf Stundensatzbasis gemäß dem Anlagenkonvolut K 1 über insgesamt 29.976,42 € sowie eine weitere Rechnung vom 12.01.2015 über 715,19 €. Unter dem 05.05.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine Rechnung über insgesamt 16.503,87 €, mit der sie eine 1,3-Geschäftsgebühr und eine 1,5-Einigungsgebühr nach dem RVG nach einem Gegenstandwert von 8.404.470,90 dänischen Kronen, umgerechnet 1.126.740,00 €, zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer geltend machte. Ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hatte die Beklagte zu 1) der Klägerin nie nicht mitgeteilt.
- 19
Mit E-Mail vom 05.05.2015 (Anlage K 28) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit:
- 20
„Now, the situation is that A. DK Aps still does not have any financial means, but of course anyway will pay the outstanding of EUR 1.932,56, or rather B. will pay out of his pockets.”
- 21
Am 11.05.2015 wurde die Rechnung der Klägerin vom 12.01.2015 über 715,19 € bezahlt.
- 22
Mit E-Mail vom 08.06.2015 wies die Klägerin darauf hin, dass die Gesamtsumme der offenen Rechnungen 30.327,88 € betrage (Anlage K 30).
- 23
Die Klägerin ist der Ansicht, dass dem E-Mail-Verkehr zu entnehmen sei, dass der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) die Übernahme der Honorarforderungen der Klägerin gegen die A. Danmark A/S zugesagt habe. Die Beklagte zu 1) habe damit auch die Abrechnung auf Stundensatzbasis akzeptiert. Dies sei nach dänischem Recht formlos möglich. Die Beklagte zu 1) sei anstelle der ehemaligen Mandantin A. Danmark A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten, hilfsweise sei zumindest von einer Schuldübernahme auszugehen. Wegen der fehlenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Beklagten zu 1) habe die Klägerin ihr Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen.
- 24
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 2) nach Ziff. 5.7 der CCBE-Berufsregeln für Europäische Rechtsanwälte hafte. Diese fänden über Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte bei innereuropäischen grenzübergreifenden Tätigkeiten eines dänischen Rechtsanwalts Anwendung. Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex sei wiederum über Art. 17 Rom II-VO bzw. Art. 4 der Richtlinie 77/249/EWG und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/5/EG anwendbar. Im Übrigen handle sich bei Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln um gewohnheitsrechtlich anerkanntes Standesrecht.
- 25
Die Klägerin beantragt,
- 26
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 29.976,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz auf 7.818,12 EUR ab dem 27.03.2013, auf 6.716,33 EUR ab dem 23.05.2013, auf 7.373,43 EUR ab dem 22.08.2013, auf 172,01 EUR ab dem 20.09.2013, auf 4.400,47 EUR ab dem 16.11.2013, auf 1.217,37 EUR ab dem 04.01.2014, auf 320,40 EUR und auf 1.957,68 EUR ab dem 23.04.2015 zu zahlen.
- 27
Die Beklagten beantragen
- 28
die Klage abzuweisen
- 29
Die Beklagten rügen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Es stünden hier keine dienstvertraglichen Anspruchsgrundlagen in Rede. Vielmehr gehe es um Ansprüche aus nachträglichen Zahlungszusagen und aus berufsrechtlichen Haftungsgründen.
- 30
Die Beklagte zu 1) meint, dass die Aussagen zu den Zahlungen stets vage gewesen seien. Die E-Mail vom 30.07.2014, wonach die Zahlung mit der Vergleichsvereinbarung zwischen der Beklagten zu 1) und der A. GmbH „synchronisiert“ werde, sei ungenau und jedenfalls keine verbindliche Zahlungszusage. Die Parteien hätten zudem auch keine Honorarvereinbarung geschlossen, so dass nur die Vergütung nach dem RVG geschuldet sein könne, allerdings ohne Umsatzsteuer, da diese bei Tätigkeiten für steuerlich registrierte dänische Unternehmen in Rechnungen nicht auszuweisen sei. Die Klägerin habe im Übrigen zu viele Stunden abgerechnet, da kanzleiinterne Abstimmungen der Klägerin nicht in Rechnung gestellt werden dürften.
- 31
Der Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass er nicht auf Grund von Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln hafte, da er nicht als Rechtsanwalt der A. Danmark A/S tätig geworden sei, sondern als deren Aufsichtsratsmitglied. Im Übrigen fehle es an der Normqualität der CCBE-Berufsregeln in Deutschland und Dänemark. Diese seien lediglich Standesrecht und stellten schon deshalb keine Rechtsregeln dar, die Anspruchsgrundlage bilden könnten.
- 32
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 33
Die Klage ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.
I.
- 34
Das Landgericht Hamburg ist bezüglich beider Beklagter international zuständig.
- 35
1. Die internationale Zuständigkeit in Bezug auf die Beklagte zu 1) ergibt sich aus Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Gemäß Art. 7 Nr. 1 lit. b) zweiter Spiegelstrich Brüssel Ia-VO ist der Erfüllungsort bei der Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, sofern nichts anderes vereinbart worden ist. Ein Anwaltsvertrag stellt einen Vertrag über eine Dienstleistung dar (vgl. Rauscher/Leible, EuZPR/EuIPR, Band I, 4. Aufl., 2016, Art. 7 Brüssel Ia-VO, Rn. 67). Dass der Klägerin die Honoraransprüche gegen die Beklagte zu 1) teilweise erst durch deren Eintreten in den Vertrag bzw. durch eine Schuldübernahme zustehen sollen, hindert die vertragliche Qualifikation nicht. Die Klägerin beruft sich hier in erster Linie auf einen Eintritt der Beklagten zu 1) in den Anwaltsvertrag und macht daher Ansprüche unmittelbar aus diesem geltend. Bei Anwaltsverträgen wird die Dienstleistung dort erbracht, wo die Kanzlei ihren Sitz hat (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rn. 1479). Der Erfüllungsort ist somit der Sitz der Klägerin in Hamburg.
- 36
2. Die internationale Zuständigkeit bezüglich des Beklagten zu 2) ergibt sich ebenfalls aus Art. 7 Nr. 1 lit. b Spiegelstrich 2 Brüssel Ia-VO. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2) wird hier maßgeblich auf Ziffer 5.7 CCBE-Berufsregeln gestützt. Dieser lautet:
- 37
„Haftung für Honorarforderungen unter Kollegen
- 38
Im beruflichen Verkehr zwischen Rechtsanwälten verschiedener Mitgliedstaaten ist der Rechtsanwalt, der sich nicht darauf beschränkt, seinem Mandanten einen ausländischen Kollegen zu benennen oder das Mandat zu vermitteln, sondern eine Angelegenheit einem ausländischen Kollegen überträgt oder diesen um Rat bittet, persönlich dann zur Zahlung des Honorars, der Kosten und der Auslagen des ausländischen Kollegen verpflichtet, selbst wenn Zahlung von dem Mandanten nicht erlangt werden kann. Die betreffenden Rechtsanwälte können jedoch zu Beginn ihrer Zusammenarbeit anderweitige Vereinbarungen treffen. Der beauftragende Rechtsanwalt kann ferner zu jeder Zeit seine persönliche Verpflichtung auf das Honorar und die Kosten und Auslagen beschränken, die bis zu dem Zeitpunkt angefallen sind, in welchem er seinem ausländischen Kollegen mitteilt, dass er nicht mehr haften werde.“
- 39
Aus Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln soll sich demnach eine Mithaftung des Beklagten zu 2) für die vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) bzw. zuvor die A. Danmark A/S. ergeben. Ziffer 5.7 CCBE stellt damit eine Form des Haftungsbeitritts dar und ist folglich als akzessorische vertragliche Haftung zu qualifizieren.
II.
- 40
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Höhe von 16.503,87 € zzgl. Verzugszinsen ab dem 09.06.2015. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
- 41
1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 16.503,87 € ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Höhe nach schuldet die Beklagte zu 1) Rechtsanwaltsgebühren gemäß der Gebührenrechnung nach dem RVG vom 05.05.2015 (Anlage K 19).
- 42
a) Gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO kommt deutsches Sachrecht zur Anwendung, und zwar sowohl bzgl. des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der A. Danmark A/S als auch bzgl. des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Die Klägerin verlangt Honorar aus einem Rechtsanwaltsvertrag und damit einem Dienstleistungsvertrag mit geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO ist daher das Recht des Staates anwendbar, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist hier Deutschland, da die Klägerin ihren Sitz in Hamburg hat.
- 43
b) Unstreitig haben die Klägerin und die A. Danmark A/S einen Dienstvertrag gemäß § 611 BGB bzgl. der anwaltlichen Vertretung der A. Danmark A/S gegenüber der A. GmbH geschlossen. Der Höhe nach schuldete die A. Danmark A/S der Klägerin gemäß § 612 Abs. 2 BGB eine Vergütung nach dem RVG, da die Klägerin und die A. Danmark A/S keine anderweitige Vereinbarung getroffen haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Schriftverkehr. Der Haftungsumfang der A. Danmark A/S wird darin nicht thematisiert
- 44
c) Die Beklagte zu 1) ist an Stelle der A. Danmark A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten.
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aa) Im Fall fehlender Rechtswahl unterliegen bei einer Vertragsübernahme deren Voraussetzungen und Wirkungen analog Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO dem Recht der übertragenen Verbindlichkeit (Rauscher/Freitag, EuZPR/EuIPR, Band III, 4. Aufl. 2016, Art. 14 Rom I-VO, Rn. 52). Damit findet hier insoweit ebenfalls deutsches Recht Anwendung.
- 46
bb) Die Vertragsübernahme ist im BGB nicht geregelt, allgemein aber als einheitliches Rechtsgeschäft, bei dem eine Partei anstelle einer anderen in einen Vertrag eintritt, anerkannt. Dabei müssen die eintretende und die austretende Partei sich einigen und die dritte Partei der Übernahme zustimmen (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 398 Rn. 42). Dass eine solche Einigkeit bestand, ist dem Schriftverkehr zwischen den Parteien zu entnehmen. Gemäß der E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) sollte die Forderung gegen die A. GmbH von der A. Danmark A/S auf die neu zu gründende Beklagte zu 1) übertragen werden, die dann auch die Kosten der Klägerin zahlen sollte. Zu eben dieser Übertragung der Forderung gegen die A. GmbH kam es dann auch. Die A. Danmark A/S hatte demnach kein Interesse mehr an einer Beratung durch die Klägerin. Vielmehr sollte die Klägerin ihre Arbeit nahtlos nunmehr für die Beklagte zu 1) fortsetzen, was die Klägerin auch tat. Zu diesem Zweck stellte die Beklagte zu 1) der Klägerin die Vollmacht gemäß Anlage K 6 aus. Dass die Beklagte zu 1) sämtliche Altforderungen der A. Danmark A/S übernehmen wollte, machte der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) mit der E-Mail vom 11.12.2014 (Anlage K 4) deutlich, worin er um Übersendung einer Übersicht aller bislang angefallenen Kosten der Klägerin bat, damit diese bezahlt werden könnten.
- 47
d) Eine Vereinbarung über eine Änderung der Abrechnungsart der Klägerin ging mit der Vertragsübernahme allerdings nicht einher. Dem Schriftverkehr lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin und die Beklagte zu 1) vereinbart haben, dass die Beklagte zu 1) - anders als noch die A. Danmark A/S - nicht mehr nur die Gebühren nach dem RVG schulden sollte, sondern ein Honorar nach Stundensätzen. In den E-Mails vom 21.02.2014 (Anlage K 3), 30.07.2014 (Anlage K 8) und 11.12.2014 (Anlage K 4) war stets nur allgemein von den „costs“ der Klägerin die Rede. Der Rechtsbindungswille hinsichtlich eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses der Beklagten zu 1), der Klägerin nunmehr Stundensatzhonorare schulden zu wollen, ist dem nicht zu entnehmen. Das gleiche gilt für die Zusage vom 05.05.2015 (Anlage K 28), dass der Geschäftsführer der mittellosen Beklagten zu 1) aus seiner eigenen Tasche 1.932,56 € an die Klägerin zahlen werde. Schließlich ist auch der Bezahlung der Rechnung vom 12.01.2015 über 715,19 € nicht zu entnehmen, dass damit das gesamte Mandat auf Stundensatzbasis abgerechnet werden dürfe. Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des BGH nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen (BGH NJW 2009, 580 Rn. 12). Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGH NJW 2009, 580 Rn. 11). Das war hier nicht der Fall. Ein Streit über die Forderungshöhe bestand seinerzeit nicht, so dass in den Zahlungszusagen oder der Zahlung keine weitergehenden Aussagen zu sehen sind.
- 48
e) Die Klägerin hat ihrer Rechnung vom 05.05.2015 (Anlage K 19) zu Recht einen Gegenstandswert in Höhe von 8.404.470,90 dänischen Kronen, umgerechnet 1.126.740,00 €, zu Grunde gelegt, da dieser Wert der Forderung entsprach, die die A. Danmark A/S gegen die A. GmbH geltend machte (vgl. Anlage K 16). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nach Nr. 7008 VV RVG Umsatzsteuer in Ansatz gebracht hat, denn die Beklagte zu 1) hat der Klägerin unstreitig nie ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt
- 49
2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 und 2 BGB. Die Zinsen stehen der Klägerin ab dem 09.06.2015 zu. Die E-Mail der Klägerin vom 08.06.2015 (Anlage K 30) ist dahingehend auszulegen, dass damit die Zahlung mindestens in Höhe der Vergütung nach dem RVG gemäß der Rechnung vom 05.05.2015 angemahnt wurde.
- 50
3. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) besteht hingegen nicht.
- 51
a) Auch im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten zu 2) findet gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO bzgl. der geltend gemachten akzessorischen Haftung für die vertraglichen Anspruche gegen die A. Danmark A/S bzw. die Beklagte zu 1) deutsches Sachrecht Anwendung.
- 52
b) Das deutsche Recht enthält keine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte akzessorische Haftung.
- 53
aa) Der Beklagte zu 2) haftet nicht nach Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln für die Forderungen, die der Klägerin gegen die A. Danmark A/S zustanden. Zum Zeitpunkt der Mandatierung durch die A. Danmark A/S im Jahr 2012 existierte zwar noch der pauschale Verweis aus § 29 BORA auf die CCBE und somit auch auf Ziff. 5.7 der CCBE. Die Voraussetzungen der Ziff. 5.7 der CCBE-Berufsregeln waren jedoch nicht erfüllt. Ausweislich der Anlage K 2 ist der Beklagte zu 2) seinerzeit nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt an die Klägerin herangetreten um im Sinne von Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln einem ausländischen Kollegen eine Angelegenheit zu übertragen. Der Beklagte zu 2) ist vielmehr ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied tätig geworden. Die Haftung gemäß Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln wird jedoch nicht dadurch ausgelöst, dass jemand, der zufällig auch Rechtsanwalt ist, als Organ einer juristischen Person einem ausländischen Rechtsanwalt für diese juristische Person ein Mandat erteilt.
- 54
bb) Der Beklagte zu 2) haftet auch nicht nach Ziff. 5.7 CCBE für die Forderungen, die der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nach der Vertragsübernahme zustehen. Zwar hat der Beklagte zu 2) der Klägerin insoweit eine Angelegenheit in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt übertragen. Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln konnte in Deutschland jedoch nicht mehr als Anspruchsgrundlage angewendet werden.
- 55
§ 29 BORA wurde im Jahr 2013 aufgehoben. Damit entfiel die Verweisung auf Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln. Der neu eingeführte § 29b BORA enthält lediglich eine rein berufsrechtliche Informationspflichten, normiert aber keine Haftungspflicht mehr (vgl. Eichele/Wolf in Gaier/Wolf/Glöcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 29b BORA Rn. 1).
- 56
Die Verweisung Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln, die sich in Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte findet, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da es sich bei dem dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte nicht um deutsches Recht handelt. Allein dieses ist nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO berufen. Der von der Klägerin bemühte Art. 17 Abs. 2 Rom-II VO ändert daran nichts, da er sich lediglich damit befasst, welche Sicherheits- und Verhaltensregeln im Fall einer deliktischen Haftung zu prüfen sind.
- 57
Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln i.V.m. Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte stellt auch nicht auf Grund von Art. 4 der Richtlinie des Rates vom 22.03.1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (77/249/EWG) oder Art. 6 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage dar. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Richtlinien der Europäischen Union kein „unmittelbar in Deutschland geltendes Recht“, sondern bedürfen der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Diese Umsetzung ist in Deutschland durch das EuRAG erfolgt. Das EuRAG enthält jedoch keine Kollisionsnorm des internationalen Privatrechts, die für Haftungsfragen auf ausländisches Zivilrecht verweist. Sofern man dem EuRAG entnehmen kann, dass ausländische Rechtsanwälte, die in Deutschland tätig werden, auch weiterhin den Standesregeln ihres Herkunftsstaates unterliegen sollen, dann würde dies allenfalls dazu führen, dass sie bei einem Verstoß gegen diese Standesregeln in dem Herkunftsstaat sanktioniert werden können. Für die zivilrechtliche Haftung nach deutschem Recht ergibt sich daraus nichts.
- 58
Aus demselben Grund kann auch dahinstehen, ob es sich bei Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln um gewohnheitsrechtlich geltendes Standesrecht handelt. Selbst wenn dem so wäre, würde es sich eben lediglich um Standesrecht handeln und nicht um materielles Zivilrecht.
III.
- 59
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit den Grundsätzen der Baumbach’schen Kostenformel. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Tenor
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 16.503,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1) zu 1/4 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin und den Beklagten zu 2) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 29.976,42 € festgesetzt.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung von Rechtsanwaltshonorar.
- 2
Die Klägerin ist eine deutsche Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei mit Sitz in Hamburg. Die Beklagte zu 1) ist ein dänisches Unternehmen mit Sitz in R., Dänemark, das am 27.08.2014 gegründet wurde. Der Beklagte zu 2) ist ein in Dänemark zugelassener Rechtsanwalt. Er war gemeinschaftlich vertretungsberechtigtes Aufsichtsratsmitglied der A. Danmark A/S. Daneben war er bei der S. International A/S und sodann bei der der M. A/S als Justiziar beschäftigt. Eine eigene Anwaltskanzlei betreibt der Beklagte zu 2) seit Oktober 2014.
- 3
Die Klägerin vertrat außergerichtlich ab dem Jahr 2012 zunächst die A. Danmark A/S in einer Streitigkeit über Ausgleichsansprüche mit der A. GmbH mit Sitz in G.. Dazu kam es, nachdem der Beklagte zu 2) sich mit E-Mail vom 20.12.2012 (Anlage K 2) an die Klägerin gewandt hatte. Darin erklärte der Beklagte zu 2):
- 4
„I am a member of the board of directors in the company A. Danmark A/S”
- 5
und bat:
- 6
“Can you or one of your colleagues provide advice and draft a warning/claims letter to A. DE.”
- 7
Der Beklagte unterzeichnete die E-Mail als
- 8
„Corporate Legal Counsel - Advokat (H)“.
- 9
Die Klägerin machte daraufhin für die A. Danmark A/S gegenüber der A. GmbH Ansprüche über insgesamt 8.404.470,90 dänische Kronen geltend (vgl. Anlage K 16).
- 10
Am 17.01.2014 wurde über das Vermögen der A. Danmark A/S in Dänemark das Konkursverfahren eröffnet. Im Februar 2014 entschieden die Gesellschafter der A. Danmark A/S, im Rahmen der Restrukturierung eine neue Gesellschaft zu gründen, die spätere Beklagte zu 1), zu gründen. Der Beklagte zu 2) setzte die Klägerin darüber in einer E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) in Kenntnis. Darin heißt es:
- 11
„Payment of the costs mentioned above [scil. your past costs] will be provided by the newco”.
- 12
Mit E-Mail vom 30.07.2014 (Anlage K 8) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit:
- 13
„ A. DK Aps will be pleased to pay your old invoices to A. Danmark and your future fees provided that such payment can be synchronized with a settlement with A. GmbH.”
- 14
Nach ihrer Gründung erwarb die Beklagte zu 1) den Ausgleichsanspruch der A. Danmark A/S gegen die A. GmbH von der Konkursmasse (Anlage K 5).
- 15
Am 20.11.2014 stellte der Geschäftsführer der Beklagten B.B.N. eine „Power of Attorney“ für die Klägerin aus, damit diese die Beklagte zu 1) gegenüber der A. GmbH vertreten konnte (Anlage K 6). Die Klägerin wurde für die Beklagte zu 1) tätig (vgl. Anlage K 7).
- 16
Mit E-Mail vom 11.12.2014 (Anlage K 4) wurde die Klägerin von dem Beklagten zu 2) darüber informiert, dass die A. GmbH und die Beklagte zu 1) sich auf einen Vergleich geeinigt hatten. Ferner wurde die Klägerin gebeten, einen Entwurf für den ausgehandelten Vergleich zwischen der Beklagten zu 1) und der A. GmbH anzufertigen. Außerdem hieß es in der E-Mail:
- 17
„please send me a short overview of your total costs until now, so that these can be paid.“
- 18
Während dieser Vorgänge übersandte die Klägerin zunächst der A. Danmark A/S und später der Beklagten zu 1) Rechnungen auf Stundensatzbasis gemäß dem Anlagenkonvolut K 1 über insgesamt 29.976,42 € sowie eine weitere Rechnung vom 12.01.2015 über 715,19 €. Unter dem 05.05.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine Rechnung über insgesamt 16.503,87 €, mit der sie eine 1,3-Geschäftsgebühr und eine 1,5-Einigungsgebühr nach dem RVG nach einem Gegenstandwert von 8.404.470,90 dänischen Kronen, umgerechnet 1.126.740,00 €, zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer geltend machte. Ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hatte die Beklagte zu 1) der Klägerin nie nicht mitgeteilt.
- 19
Mit E-Mail vom 05.05.2015 (Anlage K 28) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit:
- 20
„Now, the situation is that A. DK Aps still does not have any financial means, but of course anyway will pay the outstanding of EUR 1.932,56, or rather B. will pay out of his pockets.”
- 21
Am 11.05.2015 wurde die Rechnung der Klägerin vom 12.01.2015 über 715,19 € bezahlt.
- 22
Mit E-Mail vom 08.06.2015 wies die Klägerin darauf hin, dass die Gesamtsumme der offenen Rechnungen 30.327,88 € betrage (Anlage K 30).
- 23
Die Klägerin ist der Ansicht, dass dem E-Mail-Verkehr zu entnehmen sei, dass der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) die Übernahme der Honorarforderungen der Klägerin gegen die A. Danmark A/S zugesagt habe. Die Beklagte zu 1) habe damit auch die Abrechnung auf Stundensatzbasis akzeptiert. Dies sei nach dänischem Recht formlos möglich. Die Beklagte zu 1) sei anstelle der ehemaligen Mandantin A. Danmark A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten, hilfsweise sei zumindest von einer Schuldübernahme auszugehen. Wegen der fehlenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Beklagten zu 1) habe die Klägerin ihr Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen.
- 24
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 2) nach Ziff. 5.7 der CCBE-Berufsregeln für Europäische Rechtsanwälte hafte. Diese fänden über Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte bei innereuropäischen grenzübergreifenden Tätigkeiten eines dänischen Rechtsanwalts Anwendung. Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex sei wiederum über Art. 17 Rom II-VO bzw. Art. 4 der Richtlinie 77/249/EWG und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/5/EG anwendbar. Im Übrigen handle sich bei Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln um gewohnheitsrechtlich anerkanntes Standesrecht.
- 25
Die Klägerin beantragt,
- 26
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 29.976,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz auf 7.818,12 EUR ab dem 27.03.2013, auf 6.716,33 EUR ab dem 23.05.2013, auf 7.373,43 EUR ab dem 22.08.2013, auf 172,01 EUR ab dem 20.09.2013, auf 4.400,47 EUR ab dem 16.11.2013, auf 1.217,37 EUR ab dem 04.01.2014, auf 320,40 EUR und auf 1.957,68 EUR ab dem 23.04.2015 zu zahlen.
- 27
Die Beklagten beantragen
- 28
die Klage abzuweisen
- 29
Die Beklagten rügen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Es stünden hier keine dienstvertraglichen Anspruchsgrundlagen in Rede. Vielmehr gehe es um Ansprüche aus nachträglichen Zahlungszusagen und aus berufsrechtlichen Haftungsgründen.
- 30
Die Beklagte zu 1) meint, dass die Aussagen zu den Zahlungen stets vage gewesen seien. Die E-Mail vom 30.07.2014, wonach die Zahlung mit der Vergleichsvereinbarung zwischen der Beklagten zu 1) und der A. GmbH „synchronisiert“ werde, sei ungenau und jedenfalls keine verbindliche Zahlungszusage. Die Parteien hätten zudem auch keine Honorarvereinbarung geschlossen, so dass nur die Vergütung nach dem RVG geschuldet sein könne, allerdings ohne Umsatzsteuer, da diese bei Tätigkeiten für steuerlich registrierte dänische Unternehmen in Rechnungen nicht auszuweisen sei. Die Klägerin habe im Übrigen zu viele Stunden abgerechnet, da kanzleiinterne Abstimmungen der Klägerin nicht in Rechnung gestellt werden dürften.
- 31
Der Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass er nicht auf Grund von Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln hafte, da er nicht als Rechtsanwalt der A. Danmark A/S tätig geworden sei, sondern als deren Aufsichtsratsmitglied. Im Übrigen fehle es an der Normqualität der CCBE-Berufsregeln in Deutschland und Dänemark. Diese seien lediglich Standesrecht und stellten schon deshalb keine Rechtsregeln dar, die Anspruchsgrundlage bilden könnten.
- 32
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 33
Die Klage ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.
I.
- 34
Das Landgericht Hamburg ist bezüglich beider Beklagter international zuständig.
- 35
1. Die internationale Zuständigkeit in Bezug auf die Beklagte zu 1) ergibt sich aus Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Gemäß Art. 7 Nr. 1 lit. b) zweiter Spiegelstrich Brüssel Ia-VO ist der Erfüllungsort bei der Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, sofern nichts anderes vereinbart worden ist. Ein Anwaltsvertrag stellt einen Vertrag über eine Dienstleistung dar (vgl. Rauscher/Leible, EuZPR/EuIPR, Band I, 4. Aufl., 2016, Art. 7 Brüssel Ia-VO, Rn. 67). Dass der Klägerin die Honoraransprüche gegen die Beklagte zu 1) teilweise erst durch deren Eintreten in den Vertrag bzw. durch eine Schuldübernahme zustehen sollen, hindert die vertragliche Qualifikation nicht. Die Klägerin beruft sich hier in erster Linie auf einen Eintritt der Beklagten zu 1) in den Anwaltsvertrag und macht daher Ansprüche unmittelbar aus diesem geltend. Bei Anwaltsverträgen wird die Dienstleistung dort erbracht, wo die Kanzlei ihren Sitz hat (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rn. 1479). Der Erfüllungsort ist somit der Sitz der Klägerin in Hamburg.
- 36
2. Die internationale Zuständigkeit bezüglich des Beklagten zu 2) ergibt sich ebenfalls aus Art. 7 Nr. 1 lit. b Spiegelstrich 2 Brüssel Ia-VO. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2) wird hier maßgeblich auf Ziffer 5.7 CCBE-Berufsregeln gestützt. Dieser lautet:
- 37
„Haftung für Honorarforderungen unter Kollegen
- 38
Im beruflichen Verkehr zwischen Rechtsanwälten verschiedener Mitgliedstaaten ist der Rechtsanwalt, der sich nicht darauf beschränkt, seinem Mandanten einen ausländischen Kollegen zu benennen oder das Mandat zu vermitteln, sondern eine Angelegenheit einem ausländischen Kollegen überträgt oder diesen um Rat bittet, persönlich dann zur Zahlung des Honorars, der Kosten und der Auslagen des ausländischen Kollegen verpflichtet, selbst wenn Zahlung von dem Mandanten nicht erlangt werden kann. Die betreffenden Rechtsanwälte können jedoch zu Beginn ihrer Zusammenarbeit anderweitige Vereinbarungen treffen. Der beauftragende Rechtsanwalt kann ferner zu jeder Zeit seine persönliche Verpflichtung auf das Honorar und die Kosten und Auslagen beschränken, die bis zu dem Zeitpunkt angefallen sind, in welchem er seinem ausländischen Kollegen mitteilt, dass er nicht mehr haften werde.“
- 39
Aus Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln soll sich demnach eine Mithaftung des Beklagten zu 2) für die vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) bzw. zuvor die A. Danmark A/S. ergeben. Ziffer 5.7 CCBE stellt damit eine Form des Haftungsbeitritts dar und ist folglich als akzessorische vertragliche Haftung zu qualifizieren.
II.
- 40
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Höhe von 16.503,87 € zzgl. Verzugszinsen ab dem 09.06.2015. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
- 41
1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 16.503,87 € ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Höhe nach schuldet die Beklagte zu 1) Rechtsanwaltsgebühren gemäß der Gebührenrechnung nach dem RVG vom 05.05.2015 (Anlage K 19).
- 42
a) Gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO kommt deutsches Sachrecht zur Anwendung, und zwar sowohl bzgl. des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der A. Danmark A/S als auch bzgl. des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Die Klägerin verlangt Honorar aus einem Rechtsanwaltsvertrag und damit einem Dienstleistungsvertrag mit geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO ist daher das Recht des Staates anwendbar, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist hier Deutschland, da die Klägerin ihren Sitz in Hamburg hat.
- 43
b) Unstreitig haben die Klägerin und die A. Danmark A/S einen Dienstvertrag gemäß § 611 BGB bzgl. der anwaltlichen Vertretung der A. Danmark A/S gegenüber der A. GmbH geschlossen. Der Höhe nach schuldete die A. Danmark A/S der Klägerin gemäß § 612 Abs. 2 BGB eine Vergütung nach dem RVG, da die Klägerin und die A. Danmark A/S keine anderweitige Vereinbarung getroffen haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Schriftverkehr. Der Haftungsumfang der A. Danmark A/S wird darin nicht thematisiert
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c) Die Beklagte zu 1) ist an Stelle der A. Danmark A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten.
- 45
aa) Im Fall fehlender Rechtswahl unterliegen bei einer Vertragsübernahme deren Voraussetzungen und Wirkungen analog Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO dem Recht der übertragenen Verbindlichkeit (Rauscher/Freitag, EuZPR/EuIPR, Band III, 4. Aufl. 2016, Art. 14 Rom I-VO, Rn. 52). Damit findet hier insoweit ebenfalls deutsches Recht Anwendung.
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bb) Die Vertragsübernahme ist im BGB nicht geregelt, allgemein aber als einheitliches Rechtsgeschäft, bei dem eine Partei anstelle einer anderen in einen Vertrag eintritt, anerkannt. Dabei müssen die eintretende und die austretende Partei sich einigen und die dritte Partei der Übernahme zustimmen (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 398 Rn. 42). Dass eine solche Einigkeit bestand, ist dem Schriftverkehr zwischen den Parteien zu entnehmen. Gemäß der E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) sollte die Forderung gegen die A. GmbH von der A. Danmark A/S auf die neu zu gründende Beklagte zu 1) übertragen werden, die dann auch die Kosten der Klägerin zahlen sollte. Zu eben dieser Übertragung der Forderung gegen die A. GmbH kam es dann auch. Die A. Danmark A/S hatte demnach kein Interesse mehr an einer Beratung durch die Klägerin. Vielmehr sollte die Klägerin ihre Arbeit nahtlos nunmehr für die Beklagte zu 1) fortsetzen, was die Klägerin auch tat. Zu diesem Zweck stellte die Beklagte zu 1) der Klägerin die Vollmacht gemäß Anlage K 6 aus. Dass die Beklagte zu 1) sämtliche Altforderungen der A. Danmark A/S übernehmen wollte, machte der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) mit der E-Mail vom 11.12.2014 (Anlage K 4) deutlich, worin er um Übersendung einer Übersicht aller bislang angefallenen Kosten der Klägerin bat, damit diese bezahlt werden könnten.
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d) Eine Vereinbarung über eine Änderung der Abrechnungsart der Klägerin ging mit der Vertragsübernahme allerdings nicht einher. Dem Schriftverkehr lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin und die Beklagte zu 1) vereinbart haben, dass die Beklagte zu 1) - anders als noch die A. Danmark A/S - nicht mehr nur die Gebühren nach dem RVG schulden sollte, sondern ein Honorar nach Stundensätzen. In den E-Mails vom 21.02.2014 (Anlage K 3), 30.07.2014 (Anlage K 8) und 11.12.2014 (Anlage K 4) war stets nur allgemein von den „costs“ der Klägerin die Rede. Der Rechtsbindungswille hinsichtlich eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses der Beklagten zu 1), der Klägerin nunmehr Stundensatzhonorare schulden zu wollen, ist dem nicht zu entnehmen. Das gleiche gilt für die Zusage vom 05.05.2015 (Anlage K 28), dass der Geschäftsführer der mittellosen Beklagten zu 1) aus seiner eigenen Tasche 1.932,56 € an die Klägerin zahlen werde. Schließlich ist auch der Bezahlung der Rechnung vom 12.01.2015 über 715,19 € nicht zu entnehmen, dass damit das gesamte Mandat auf Stundensatzbasis abgerechnet werden dürfe. Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des BGH nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen (BGH NJW 2009, 580 Rn. 12). Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGH NJW 2009, 580 Rn. 11). Das war hier nicht der Fall. Ein Streit über die Forderungshöhe bestand seinerzeit nicht, so dass in den Zahlungszusagen oder der Zahlung keine weitergehenden Aussagen zu sehen sind.
- 48
e) Die Klägerin hat ihrer Rechnung vom 05.05.2015 (Anlage K 19) zu Recht einen Gegenstandswert in Höhe von 8.404.470,90 dänischen Kronen, umgerechnet 1.126.740,00 €, zu Grunde gelegt, da dieser Wert der Forderung entsprach, die die A. Danmark A/S gegen die A. GmbH geltend machte (vgl. Anlage K 16). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nach Nr. 7008 VV RVG Umsatzsteuer in Ansatz gebracht hat, denn die Beklagte zu 1) hat der Klägerin unstreitig nie ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt
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2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 und 2 BGB. Die Zinsen stehen der Klägerin ab dem 09.06.2015 zu. Die E-Mail der Klägerin vom 08.06.2015 (Anlage K 30) ist dahingehend auszulegen, dass damit die Zahlung mindestens in Höhe der Vergütung nach dem RVG gemäß der Rechnung vom 05.05.2015 angemahnt wurde.
- 50
3. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) besteht hingegen nicht.
- 51
a) Auch im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten zu 2) findet gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO bzgl. der geltend gemachten akzessorischen Haftung für die vertraglichen Anspruche gegen die A. Danmark A/S bzw. die Beklagte zu 1) deutsches Sachrecht Anwendung.
- 52
b) Das deutsche Recht enthält keine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte akzessorische Haftung.
- 53
aa) Der Beklagte zu 2) haftet nicht nach Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln für die Forderungen, die der Klägerin gegen die A. Danmark A/S zustanden. Zum Zeitpunkt der Mandatierung durch die A. Danmark A/S im Jahr 2012 existierte zwar noch der pauschale Verweis aus § 29 BORA auf die CCBE und somit auch auf Ziff. 5.7 der CCBE. Die Voraussetzungen der Ziff. 5.7 der CCBE-Berufsregeln waren jedoch nicht erfüllt. Ausweislich der Anlage K 2 ist der Beklagte zu 2) seinerzeit nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt an die Klägerin herangetreten um im Sinne von Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln einem ausländischen Kollegen eine Angelegenheit zu übertragen. Der Beklagte zu 2) ist vielmehr ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied tätig geworden. Die Haftung gemäß Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln wird jedoch nicht dadurch ausgelöst, dass jemand, der zufällig auch Rechtsanwalt ist, als Organ einer juristischen Person einem ausländischen Rechtsanwalt für diese juristische Person ein Mandat erteilt.
- 54
bb) Der Beklagte zu 2) haftet auch nicht nach Ziff. 5.7 CCBE für die Forderungen, die der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nach der Vertragsübernahme zustehen. Zwar hat der Beklagte zu 2) der Klägerin insoweit eine Angelegenheit in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt übertragen. Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln konnte in Deutschland jedoch nicht mehr als Anspruchsgrundlage angewendet werden.
- 55
§ 29 BORA wurde im Jahr 2013 aufgehoben. Damit entfiel die Verweisung auf Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln. Der neu eingeführte § 29b BORA enthält lediglich eine rein berufsrechtliche Informationspflichten, normiert aber keine Haftungspflicht mehr (vgl. Eichele/Wolf in Gaier/Wolf/Glöcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 29b BORA Rn. 1).
- 56
Die Verweisung Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln, die sich in Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte findet, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da es sich bei dem dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte nicht um deutsches Recht handelt. Allein dieses ist nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO berufen. Der von der Klägerin bemühte Art. 17 Abs. 2 Rom-II VO ändert daran nichts, da er sich lediglich damit befasst, welche Sicherheits- und Verhaltensregeln im Fall einer deliktischen Haftung zu prüfen sind.
- 57
Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln i.V.m. Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte stellt auch nicht auf Grund von Art. 4 der Richtlinie des Rates vom 22.03.1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (77/249/EWG) oder Art. 6 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage dar. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Richtlinien der Europäischen Union kein „unmittelbar in Deutschland geltendes Recht“, sondern bedürfen der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Diese Umsetzung ist in Deutschland durch das EuRAG erfolgt. Das EuRAG enthält jedoch keine Kollisionsnorm des internationalen Privatrechts, die für Haftungsfragen auf ausländisches Zivilrecht verweist. Sofern man dem EuRAG entnehmen kann, dass ausländische Rechtsanwälte, die in Deutschland tätig werden, auch weiterhin den Standesregeln ihres Herkunftsstaates unterliegen sollen, dann würde dies allenfalls dazu führen, dass sie bei einem Verstoß gegen diese Standesregeln in dem Herkunftsstaat sanktioniert werden können. Für die zivilrechtliche Haftung nach deutschem Recht ergibt sich daraus nichts.
- 58
Aus demselben Grund kann auch dahinstehen, ob es sich bei Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln um gewohnheitsrechtlich geltendes Standesrecht handelt. Selbst wenn dem so wäre, würde es sich eben lediglich um Standesrecht handeln und nicht um materielles Zivilrecht.
III.
- 59
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit den Grundsätzen der Baumbach’schen Kostenformel. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
(1) Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für eine Gebührenvereinbarung nach § 34.
(2) In der Vereinbarung kann es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer überlassen werden, die Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen. Ist die Festsetzung der Vergütung dem Ermessen eines Vertragsteils überlassen, so gilt die gesetzliche Vergütung als vereinbart.
(3) Ist eine vereinbarte, eine nach Absatz 2 Satz 1 von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer festgesetzte oder eine nach § 4a für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch, kann sie im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden. Vor der Herabsetzung hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen; dies gilt nicht, wenn der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Vergütung nach Absatz 2 Satz 1 festgesetzt hat. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(4) Eine Vereinbarung, nach der ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine höhere als die gesetzliche Vergütung erhalten soll, ist nichtig. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung bleiben unberührt.
Tenor
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 16.503,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1) zu 1/4 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin und den Beklagten zu 2) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 29.976,42 € festgesetzt.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung von Rechtsanwaltshonorar.
- 2
Die Klägerin ist eine deutsche Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei mit Sitz in Hamburg. Die Beklagte zu 1) ist ein dänisches Unternehmen mit Sitz in R., Dänemark, das am 27.08.2014 gegründet wurde. Der Beklagte zu 2) ist ein in Dänemark zugelassener Rechtsanwalt. Er war gemeinschaftlich vertretungsberechtigtes Aufsichtsratsmitglied der A. Danmark A/S. Daneben war er bei der S. International A/S und sodann bei der der M. A/S als Justiziar beschäftigt. Eine eigene Anwaltskanzlei betreibt der Beklagte zu 2) seit Oktober 2014.
- 3
Die Klägerin vertrat außergerichtlich ab dem Jahr 2012 zunächst die A. Danmark A/S in einer Streitigkeit über Ausgleichsansprüche mit der A. GmbH mit Sitz in G.. Dazu kam es, nachdem der Beklagte zu 2) sich mit E-Mail vom 20.12.2012 (Anlage K 2) an die Klägerin gewandt hatte. Darin erklärte der Beklagte zu 2):
- 4
„I am a member of the board of directors in the company A. Danmark A/S”
- 5
und bat:
- 6
“Can you or one of your colleagues provide advice and draft a warning/claims letter to A. DE.”
- 7
Der Beklagte unterzeichnete die E-Mail als
- 8
„Corporate Legal Counsel - Advokat (H)“.
- 9
Die Klägerin machte daraufhin für die A. Danmark A/S gegenüber der A. GmbH Ansprüche über insgesamt 8.404.470,90 dänische Kronen geltend (vgl. Anlage K 16).
- 10
Am 17.01.2014 wurde über das Vermögen der A. Danmark A/S in Dänemark das Konkursverfahren eröffnet. Im Februar 2014 entschieden die Gesellschafter der A. Danmark A/S, im Rahmen der Restrukturierung eine neue Gesellschaft zu gründen, die spätere Beklagte zu 1), zu gründen. Der Beklagte zu 2) setzte die Klägerin darüber in einer E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) in Kenntnis. Darin heißt es:
- 11
„Payment of the costs mentioned above [scil. your past costs] will be provided by the newco”.
- 12
Mit E-Mail vom 30.07.2014 (Anlage K 8) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit:
- 13
„ A. DK Aps will be pleased to pay your old invoices to A. Danmark and your future fees provided that such payment can be synchronized with a settlement with A. GmbH.”
- 14
Nach ihrer Gründung erwarb die Beklagte zu 1) den Ausgleichsanspruch der A. Danmark A/S gegen die A. GmbH von der Konkursmasse (Anlage K 5).
- 15
Am 20.11.2014 stellte der Geschäftsführer der Beklagten B.B.N. eine „Power of Attorney“ für die Klägerin aus, damit diese die Beklagte zu 1) gegenüber der A. GmbH vertreten konnte (Anlage K 6). Die Klägerin wurde für die Beklagte zu 1) tätig (vgl. Anlage K 7).
- 16
Mit E-Mail vom 11.12.2014 (Anlage K 4) wurde die Klägerin von dem Beklagten zu 2) darüber informiert, dass die A. GmbH und die Beklagte zu 1) sich auf einen Vergleich geeinigt hatten. Ferner wurde die Klägerin gebeten, einen Entwurf für den ausgehandelten Vergleich zwischen der Beklagten zu 1) und der A. GmbH anzufertigen. Außerdem hieß es in der E-Mail:
- 17
„please send me a short overview of your total costs until now, so that these can be paid.“
- 18
Während dieser Vorgänge übersandte die Klägerin zunächst der A. Danmark A/S und später der Beklagten zu 1) Rechnungen auf Stundensatzbasis gemäß dem Anlagenkonvolut K 1 über insgesamt 29.976,42 € sowie eine weitere Rechnung vom 12.01.2015 über 715,19 €. Unter dem 05.05.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine Rechnung über insgesamt 16.503,87 €, mit der sie eine 1,3-Geschäftsgebühr und eine 1,5-Einigungsgebühr nach dem RVG nach einem Gegenstandwert von 8.404.470,90 dänischen Kronen, umgerechnet 1.126.740,00 €, zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer geltend machte. Ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hatte die Beklagte zu 1) der Klägerin nie nicht mitgeteilt.
- 19
Mit E-Mail vom 05.05.2015 (Anlage K 28) teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit:
- 20
„Now, the situation is that A. DK Aps still does not have any financial means, but of course anyway will pay the outstanding of EUR 1.932,56, or rather B. will pay out of his pockets.”
- 21
Am 11.05.2015 wurde die Rechnung der Klägerin vom 12.01.2015 über 715,19 € bezahlt.
- 22
Mit E-Mail vom 08.06.2015 wies die Klägerin darauf hin, dass die Gesamtsumme der offenen Rechnungen 30.327,88 € betrage (Anlage K 30).
- 23
Die Klägerin ist der Ansicht, dass dem E-Mail-Verkehr zu entnehmen sei, dass der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) die Übernahme der Honorarforderungen der Klägerin gegen die A. Danmark A/S zugesagt habe. Die Beklagte zu 1) habe damit auch die Abrechnung auf Stundensatzbasis akzeptiert. Dies sei nach dänischem Recht formlos möglich. Die Beklagte zu 1) sei anstelle der ehemaligen Mandantin A. Danmark A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten, hilfsweise sei zumindest von einer Schuldübernahme auszugehen. Wegen der fehlenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Beklagten zu 1) habe die Klägerin ihr Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen.
- 24
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 2) nach Ziff. 5.7 der CCBE-Berufsregeln für Europäische Rechtsanwälte hafte. Diese fänden über Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte bei innereuropäischen grenzübergreifenden Tätigkeiten eines dänischen Rechtsanwalts Anwendung. Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex sei wiederum über Art. 17 Rom II-VO bzw. Art. 4 der Richtlinie 77/249/EWG und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/5/EG anwendbar. Im Übrigen handle sich bei Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln um gewohnheitsrechtlich anerkanntes Standesrecht.
- 25
Die Klägerin beantragt,
- 26
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 29.976,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz auf 7.818,12 EUR ab dem 27.03.2013, auf 6.716,33 EUR ab dem 23.05.2013, auf 7.373,43 EUR ab dem 22.08.2013, auf 172,01 EUR ab dem 20.09.2013, auf 4.400,47 EUR ab dem 16.11.2013, auf 1.217,37 EUR ab dem 04.01.2014, auf 320,40 EUR und auf 1.957,68 EUR ab dem 23.04.2015 zu zahlen.
- 27
Die Beklagten beantragen
- 28
die Klage abzuweisen
- 29
Die Beklagten rügen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Es stünden hier keine dienstvertraglichen Anspruchsgrundlagen in Rede. Vielmehr gehe es um Ansprüche aus nachträglichen Zahlungszusagen und aus berufsrechtlichen Haftungsgründen.
- 30
Die Beklagte zu 1) meint, dass die Aussagen zu den Zahlungen stets vage gewesen seien. Die E-Mail vom 30.07.2014, wonach die Zahlung mit der Vergleichsvereinbarung zwischen der Beklagten zu 1) und der A. GmbH „synchronisiert“ werde, sei ungenau und jedenfalls keine verbindliche Zahlungszusage. Die Parteien hätten zudem auch keine Honorarvereinbarung geschlossen, so dass nur die Vergütung nach dem RVG geschuldet sein könne, allerdings ohne Umsatzsteuer, da diese bei Tätigkeiten für steuerlich registrierte dänische Unternehmen in Rechnungen nicht auszuweisen sei. Die Klägerin habe im Übrigen zu viele Stunden abgerechnet, da kanzleiinterne Abstimmungen der Klägerin nicht in Rechnung gestellt werden dürften.
- 31
Der Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass er nicht auf Grund von Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln hafte, da er nicht als Rechtsanwalt der A. Danmark A/S tätig geworden sei, sondern als deren Aufsichtsratsmitglied. Im Übrigen fehle es an der Normqualität der CCBE-Berufsregeln in Deutschland und Dänemark. Diese seien lediglich Standesrecht und stellten schon deshalb keine Rechtsregeln dar, die Anspruchsgrundlage bilden könnten.
- 32
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 33
Die Klage ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.
I.
- 34
Das Landgericht Hamburg ist bezüglich beider Beklagter international zuständig.
- 35
1. Die internationale Zuständigkeit in Bezug auf die Beklagte zu 1) ergibt sich aus Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Gemäß Art. 7 Nr. 1 lit. b) zweiter Spiegelstrich Brüssel Ia-VO ist der Erfüllungsort bei der Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, sofern nichts anderes vereinbart worden ist. Ein Anwaltsvertrag stellt einen Vertrag über eine Dienstleistung dar (vgl. Rauscher/Leible, EuZPR/EuIPR, Band I, 4. Aufl., 2016, Art. 7 Brüssel Ia-VO, Rn. 67). Dass der Klägerin die Honoraransprüche gegen die Beklagte zu 1) teilweise erst durch deren Eintreten in den Vertrag bzw. durch eine Schuldübernahme zustehen sollen, hindert die vertragliche Qualifikation nicht. Die Klägerin beruft sich hier in erster Linie auf einen Eintritt der Beklagten zu 1) in den Anwaltsvertrag und macht daher Ansprüche unmittelbar aus diesem geltend. Bei Anwaltsverträgen wird die Dienstleistung dort erbracht, wo die Kanzlei ihren Sitz hat (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rn. 1479). Der Erfüllungsort ist somit der Sitz der Klägerin in Hamburg.
- 36
2. Die internationale Zuständigkeit bezüglich des Beklagten zu 2) ergibt sich ebenfalls aus Art. 7 Nr. 1 lit. b Spiegelstrich 2 Brüssel Ia-VO. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2) wird hier maßgeblich auf Ziffer 5.7 CCBE-Berufsregeln gestützt. Dieser lautet:
- 37
„Haftung für Honorarforderungen unter Kollegen
- 38
Im beruflichen Verkehr zwischen Rechtsanwälten verschiedener Mitgliedstaaten ist der Rechtsanwalt, der sich nicht darauf beschränkt, seinem Mandanten einen ausländischen Kollegen zu benennen oder das Mandat zu vermitteln, sondern eine Angelegenheit einem ausländischen Kollegen überträgt oder diesen um Rat bittet, persönlich dann zur Zahlung des Honorars, der Kosten und der Auslagen des ausländischen Kollegen verpflichtet, selbst wenn Zahlung von dem Mandanten nicht erlangt werden kann. Die betreffenden Rechtsanwälte können jedoch zu Beginn ihrer Zusammenarbeit anderweitige Vereinbarungen treffen. Der beauftragende Rechtsanwalt kann ferner zu jeder Zeit seine persönliche Verpflichtung auf das Honorar und die Kosten und Auslagen beschränken, die bis zu dem Zeitpunkt angefallen sind, in welchem er seinem ausländischen Kollegen mitteilt, dass er nicht mehr haften werde.“
- 39
Aus Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln soll sich demnach eine Mithaftung des Beklagten zu 2) für die vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) bzw. zuvor die A. Danmark A/S. ergeben. Ziffer 5.7 CCBE stellt damit eine Form des Haftungsbeitritts dar und ist folglich als akzessorische vertragliche Haftung zu qualifizieren.
II.
- 40
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Höhe von 16.503,87 € zzgl. Verzugszinsen ab dem 09.06.2015. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
- 41
1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 16.503,87 € ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Höhe nach schuldet die Beklagte zu 1) Rechtsanwaltsgebühren gemäß der Gebührenrechnung nach dem RVG vom 05.05.2015 (Anlage K 19).
- 42
a) Gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO kommt deutsches Sachrecht zur Anwendung, und zwar sowohl bzgl. des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der A. Danmark A/S als auch bzgl. des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Die Klägerin verlangt Honorar aus einem Rechtsanwaltsvertrag und damit einem Dienstleistungsvertrag mit geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO ist daher das Recht des Staates anwendbar, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist hier Deutschland, da die Klägerin ihren Sitz in Hamburg hat.
- 43
b) Unstreitig haben die Klägerin und die A. Danmark A/S einen Dienstvertrag gemäß § 611 BGB bzgl. der anwaltlichen Vertretung der A. Danmark A/S gegenüber der A. GmbH geschlossen. Der Höhe nach schuldete die A. Danmark A/S der Klägerin gemäß § 612 Abs. 2 BGB eine Vergütung nach dem RVG, da die Klägerin und die A. Danmark A/S keine anderweitige Vereinbarung getroffen haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Schriftverkehr. Der Haftungsumfang der A. Danmark A/S wird darin nicht thematisiert
- 44
c) Die Beklagte zu 1) ist an Stelle der A. Danmark A/S in den Anwaltsvertrag eingetreten.
- 45
aa) Im Fall fehlender Rechtswahl unterliegen bei einer Vertragsübernahme deren Voraussetzungen und Wirkungen analog Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO dem Recht der übertragenen Verbindlichkeit (Rauscher/Freitag, EuZPR/EuIPR, Band III, 4. Aufl. 2016, Art. 14 Rom I-VO, Rn. 52). Damit findet hier insoweit ebenfalls deutsches Recht Anwendung.
- 46
bb) Die Vertragsübernahme ist im BGB nicht geregelt, allgemein aber als einheitliches Rechtsgeschäft, bei dem eine Partei anstelle einer anderen in einen Vertrag eintritt, anerkannt. Dabei müssen die eintretende und die austretende Partei sich einigen und die dritte Partei der Übernahme zustimmen (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 398 Rn. 42). Dass eine solche Einigkeit bestand, ist dem Schriftverkehr zwischen den Parteien zu entnehmen. Gemäß der E-Mail vom 21.02.2014 (Anlage K 3) sollte die Forderung gegen die A. GmbH von der A. Danmark A/S auf die neu zu gründende Beklagte zu 1) übertragen werden, die dann auch die Kosten der Klägerin zahlen sollte. Zu eben dieser Übertragung der Forderung gegen die A. GmbH kam es dann auch. Die A. Danmark A/S hatte demnach kein Interesse mehr an einer Beratung durch die Klägerin. Vielmehr sollte die Klägerin ihre Arbeit nahtlos nunmehr für die Beklagte zu 1) fortsetzen, was die Klägerin auch tat. Zu diesem Zweck stellte die Beklagte zu 1) der Klägerin die Vollmacht gemäß Anlage K 6 aus. Dass die Beklagte zu 1) sämtliche Altforderungen der A. Danmark A/S übernehmen wollte, machte der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) mit der E-Mail vom 11.12.2014 (Anlage K 4) deutlich, worin er um Übersendung einer Übersicht aller bislang angefallenen Kosten der Klägerin bat, damit diese bezahlt werden könnten.
- 47
d) Eine Vereinbarung über eine Änderung der Abrechnungsart der Klägerin ging mit der Vertragsübernahme allerdings nicht einher. Dem Schriftverkehr lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin und die Beklagte zu 1) vereinbart haben, dass die Beklagte zu 1) - anders als noch die A. Danmark A/S - nicht mehr nur die Gebühren nach dem RVG schulden sollte, sondern ein Honorar nach Stundensätzen. In den E-Mails vom 21.02.2014 (Anlage K 3), 30.07.2014 (Anlage K 8) und 11.12.2014 (Anlage K 4) war stets nur allgemein von den „costs“ der Klägerin die Rede. Der Rechtsbindungswille hinsichtlich eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses der Beklagten zu 1), der Klägerin nunmehr Stundensatzhonorare schulden zu wollen, ist dem nicht zu entnehmen. Das gleiche gilt für die Zusage vom 05.05.2015 (Anlage K 28), dass der Geschäftsführer der mittellosen Beklagten zu 1) aus seiner eigenen Tasche 1.932,56 € an die Klägerin zahlen werde. Schließlich ist auch der Bezahlung der Rechnung vom 12.01.2015 über 715,19 € nicht zu entnehmen, dass damit das gesamte Mandat auf Stundensatzbasis abgerechnet werden dürfe. Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des BGH nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen (BGH NJW 2009, 580 Rn. 12). Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGH NJW 2009, 580 Rn. 11). Das war hier nicht der Fall. Ein Streit über die Forderungshöhe bestand seinerzeit nicht, so dass in den Zahlungszusagen oder der Zahlung keine weitergehenden Aussagen zu sehen sind.
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e) Die Klägerin hat ihrer Rechnung vom 05.05.2015 (Anlage K 19) zu Recht einen Gegenstandswert in Höhe von 8.404.470,90 dänischen Kronen, umgerechnet 1.126.740,00 €, zu Grunde gelegt, da dieser Wert der Forderung entsprach, die die A. Danmark A/S gegen die A. GmbH geltend machte (vgl. Anlage K 16). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nach Nr. 7008 VV RVG Umsatzsteuer in Ansatz gebracht hat, denn die Beklagte zu 1) hat der Klägerin unstreitig nie ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt
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2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 und 2 BGB. Die Zinsen stehen der Klägerin ab dem 09.06.2015 zu. Die E-Mail der Klägerin vom 08.06.2015 (Anlage K 30) ist dahingehend auszulegen, dass damit die Zahlung mindestens in Höhe der Vergütung nach dem RVG gemäß der Rechnung vom 05.05.2015 angemahnt wurde.
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3. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) besteht hingegen nicht.
- 51
a) Auch im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten zu 2) findet gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO bzgl. der geltend gemachten akzessorischen Haftung für die vertraglichen Anspruche gegen die A. Danmark A/S bzw. die Beklagte zu 1) deutsches Sachrecht Anwendung.
- 52
b) Das deutsche Recht enthält keine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte akzessorische Haftung.
- 53
aa) Der Beklagte zu 2) haftet nicht nach Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln für die Forderungen, die der Klägerin gegen die A. Danmark A/S zustanden. Zum Zeitpunkt der Mandatierung durch die A. Danmark A/S im Jahr 2012 existierte zwar noch der pauschale Verweis aus § 29 BORA auf die CCBE und somit auch auf Ziff. 5.7 der CCBE. Die Voraussetzungen der Ziff. 5.7 der CCBE-Berufsregeln waren jedoch nicht erfüllt. Ausweislich der Anlage K 2 ist der Beklagte zu 2) seinerzeit nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt an die Klägerin herangetreten um im Sinne von Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln einem ausländischen Kollegen eine Angelegenheit zu übertragen. Der Beklagte zu 2) ist vielmehr ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied tätig geworden. Die Haftung gemäß Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln wird jedoch nicht dadurch ausgelöst, dass jemand, der zufällig auch Rechtsanwalt ist, als Organ einer juristischen Person einem ausländischen Rechtsanwalt für diese juristische Person ein Mandat erteilt.
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bb) Der Beklagte zu 2) haftet auch nicht nach Ziff. 5.7 CCBE für die Forderungen, die der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nach der Vertragsübernahme zustehen. Zwar hat der Beklagte zu 2) der Klägerin insoweit eine Angelegenheit in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt übertragen. Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln konnte in Deutschland jedoch nicht mehr als Anspruchsgrundlage angewendet werden.
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§ 29 BORA wurde im Jahr 2013 aufgehoben. Damit entfiel die Verweisung auf Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln. Der neu eingeführte § 29b BORA enthält lediglich eine rein berufsrechtliche Informationspflichten, normiert aber keine Haftungspflicht mehr (vgl. Eichele/Wolf in Gaier/Wolf/Glöcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 29b BORA Rn. 1).
- 56
Die Verweisung Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln, die sich in Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte findet, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da es sich bei dem dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte nicht um deutsches Recht handelt. Allein dieses ist nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO berufen. Der von der Klägerin bemühte Art. 17 Abs. 2 Rom-II VO ändert daran nichts, da er sich lediglich damit befasst, welche Sicherheits- und Verhaltensregeln im Fall einer deliktischen Haftung zu prüfen sind.
- 57
Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln i.V.m. Ziff. 4.2 des dänischen Verhaltenskodex für Rechtsanwälte stellt auch nicht auf Grund von Art. 4 der Richtlinie des Rates vom 22.03.1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (77/249/EWG) oder Art. 6 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage dar. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Richtlinien der Europäischen Union kein „unmittelbar in Deutschland geltendes Recht“, sondern bedürfen der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Diese Umsetzung ist in Deutschland durch das EuRAG erfolgt. Das EuRAG enthält jedoch keine Kollisionsnorm des internationalen Privatrechts, die für Haftungsfragen auf ausländisches Zivilrecht verweist. Sofern man dem EuRAG entnehmen kann, dass ausländische Rechtsanwälte, die in Deutschland tätig werden, auch weiterhin den Standesregeln ihres Herkunftsstaates unterliegen sollen, dann würde dies allenfalls dazu führen, dass sie bei einem Verstoß gegen diese Standesregeln in dem Herkunftsstaat sanktioniert werden können. Für die zivilrechtliche Haftung nach deutschem Recht ergibt sich daraus nichts.
- 58
Aus demselben Grund kann auch dahinstehen, ob es sich bei Ziff. 5.7 CCBE-Berufsregeln um gewohnheitsrechtlich geltendes Standesrecht handelt. Selbst wenn dem so wäre, würde es sich eben lediglich um Standesrecht handeln und nicht um materielles Zivilrecht.
III.
- 59
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit den Grundsätzen der Baumbach’schen Kostenformel. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
Tenor
Die Sache wird wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung des Einzelrichters – Vorsitzender Richter am Landessozialgericht …).
Die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 23. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
- 1
Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Der Erinnerungsführer war der Klägerin in dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde L 6 AS 198/15 NZB vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden (Beschluss vom 1. Februar 2016). Die Beschwerde hatte der Erinnerungsführer am 17. Juli 2015 beim LSG eingelegt und am 2. November 2015 auf zwei Seiten begründet. Ebenfalls mit Beschluss vom 1. Februar 2016 ist die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. April. 2015 in dem Verfahren S 36 AS 536/13 zugelassen worden. In diesem Verfahren geht es um die Vollstreckung von Forderungen des beklagten Jobcenter hinsichtlich des Monats April 2011.
- 2
Mit seiner Kostenrechnung vom 4./8. Februar 2016 hat der Erinnerungsführer für das Beschwerdeverfahren beantragt:
- 3
Verfahrensgebühr Nr. 3511 VV-RVG
370,00 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale
Nr. 7002 VV-RVG20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG
74,10 EUR
Endbetrag
464,10 EUR
- 4
Mit Festsetzungsbeschluss vom 23. Februar 2016 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den beantragten Betrag reduziert, und zwar:
- 5
Verfahrensgebühr Nr. 3511 VV-RVG
185,00 EUR
Pauschale Nr. 7002 VV-RVG
20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG
38,95 EUR
Gesamtbetrag
243,95 EUR
- 6
Zur Begründung hat sie ausgeführt, mit einem zweiseitigen Schriftsatz ohne nachfolgendem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten habe der dokumentierte Zeitaufwand deutlich unter dem gelegen, was in einem sozialgerichtlichen Verfahren anfalle. Gleiches gelte auch für die Dauer des Verfahrens von knapp sechs Monaten. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit entspreche dem Durchschnitt ebenso wie die Bedeutung der Angelegenheit, da es sich um einen Leistungsbetrag in Höhe von 79,06 EUR aus der Vergangenheit (2013) handele. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse lägen deutlich unter dem Durchschnitt. Zusammengefasst sei die Verfahrensgebühr daher in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr als angemessen festzusetzen.
- 7
Gegen den ihm am 26. Februar 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die Erinnerung des Erinnerungsführers, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 1. März 2016. Zur Begründung trägt er vor, maßgebend für die Vergütung sei die Nr. 3511 VV-RVG und nicht die Nr. 3204 VV-RVG. Auch bei der Nr. 3511 VV-RVG handele es sich um eine Rahmengebühr, auf die § 14 RVG Anwendung finde. In den Fällen, in denen eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3511 VV-RVG entstehe, sei dann Maßstab der Arbeitsaufwand, der durchschnittlich für eine Nichtzulassungsbeschwerde anfalle. Nur dieser Maßstab vermöge der gesetzlichen Anordnung zu entsprechen, dass die Betragsrahmen für die unterschiedlichen Verfahren unterschiedlich ausgestaltet seien. Der denkbare alternative Ansatz, hinsichtlich aller Verfahrensgebühren einen einheitlichen Maßstab anzulegen, der sich aus dem Durchschnitt des Arbeitsaufwandes aus sämtlichen sozialgerichtlichen Verfahren ergebe, nivelliere diese gesetzlich angeordnete Unterschiedlichkeit der Betragsrahmen und der Gebührenhöhen in unzulässiger Weise. Der Ablauf einer Nichtzulassungsbeschwerde sei dadurch geprägt, dass die den Rechtsstreit bildenden Sach- und Streitfragen bereits erstinstanzlich umfänglich aufbereitet worden seien. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde sei ausschließlich die Frage nach dem Vorliegen eines Berufungszulassungsgrundes. Das habe zur Folge, dass sich die anwaltliche Tätigkeit auf das Abfassen einer Beschwerdeschrift beschränke. Eine über den Austausch mehrerer Schriftsätze zwischen den Beteiligten erfolgende Diskussion finde im Regelfall nicht statt. Aus diesem Grund entspreche die hier zu beurteilende Tätigkeit durchschnittlichen Anforderungen. Der Kostenprüfungsbeamte irre in seiner Auffassung, dass ein Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde denselben Inhalt habe, wie ein Berufungsverfahren. Hier käme die Frage der Berufungszulassungsgründe ergänzend hinzu. Dies rechtfertige den Gebührenrahmen der Nr. 3511 VV-RVG.
- 8
Der Kostenprüfungsbeamte beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts trägt vor: Der Gesetzgeber habe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde eine gesonderte Gebührenziffer vorgesehen, so dass bei der Ausfüllung des Rahmens auf die Besonderheiten eines solchen Beschwerdeverfahrens abzustellen wäre. Diese Vorgehensweise erscheine jedoch problematisch angesichts der in Nr. 3511 VV-RVG enthaltenen Bestimmung, nach der die Gebühr für das Beschwerdeverfahren auf die Verfahrensgebühr für ein nachfolgendes Berufungsverfahren anzurechnen sei. Aufgrund des gleichen Gebührenrahmens für Beschwerde- und Berufungsverfahren sollten auch keine unterschiedlichen Maßstäbe angelegt werden, zumal das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt werde. Ansonsten würde dieselbe anwaltliche Tätigkeit im Beschwerdeverfahren höher bewertet werden als im Berufungsverfahren. Die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren würde höher ausfallen als die Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren. Eine vollumfängliche Anrechnung wäre nicht möglich. Ob eine derartige Abrechnung der Gebühren vom Gesetzgeber tatsächlich gewünscht sei, erscheine fraglich. Er sei offensichtlich davon ausgegangen, dass die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren grundsätzlich höher ausfalle als die Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren und die Anrechnung daher in vollem Umfang stattfinde.
II.
- 9
Die Entscheidung zur Übertragung der Sache auf den Senat beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG. Danach überträgt der Einzelrichter das Verfahren dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Letzteres ist vorliegend der Fall. Rechtsprechung zu der Bemessung der Gebühr nach der Nr. 3511 VV-RVG unter Heranziehung des § 14 RVG liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. Die Beteiligten streiten um die grundsätzliche Frage, ob Maßstab für die Festlegung der Gebühr die Besonderheiten des Nichtzulassungsverfahrens sind.
- 10
Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet, da der Kostenfestsetzungsbeschluss im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Der Erinnerungsführer hat keinen darüber hinausgehenden Vergütungsanspruch.
- 11
Die Verfahrensgebühr der hier entgegen der Auffassung der Urkundsbeamtin anzuwendenden Nr. 3511 VV-RVG ist in sozialgerichtlichen Streitigkeiten eine Rahmengebühr und beträgt 60,00 bis 680,00 EUR. Die Mittelgebühr liegt mithin bei 370,00 EUR, die auch der Erinnerungsführer in seiner Kostenrechnung zugrunde gelegt hat. Die Verfahrensgebühr deckt das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information ab. Setzt man die Kriterien des § 14 RVG ins Verhältnis zur Rahmengebühr, dann ist die Mittelgebühr immer nur dann angebracht, wenn der zeitliche Aufwand und die Intensität der Arbeit für den Rechtsanwalt einen durchschnittlichen Aufwand erfordert haben und die übrigen Kriterien des § 14 RVG entweder für sich oder zusammen dem Durchschnitt entsprechen. Das ist hier nicht der Fall.
- 12
Allerdings weist der Erinnerungsführer zutreffend darauf hin, dass Maßstab für die Bemessung des Arbeitsaufwands nicht das durchschnittliche Berufungsverfahren ist, sondern das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, denn ein für alle Verfahren genereller Maßstab hätte in der Tat zur Folge, dass die gesetzlich angeordneten unterschiedlichen Betragsrahmen in unzulässiger Weise nivelliert würden. Überdies hätte eine solche Auffassung für die Nr. 3511 VV-RVG zur Folge, dass, da mündliche Verhandlungen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde generell nicht stattfinden, Ermittlungen nicht durchgeführt werden und die Verfahren damit auch regelmäßig eher und mit geringerem Aufwand abgeschlossen sind als ein Berufungsverfahren, die Höchstgebühr grundsätzlich unerreichbar wäre. Der Umstand, dass die Nr. 3511 VV-RVG den identischen Betragsrahmen aufweist wie die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren nach der Nr. 3204 VV-RVG ändert daran nichts. Zum einen kommt im Berufungsverfahren in der überwiegenden Anzahl der Fälle noch die Terminsgebühr nach Nr. 3205 VV-RVG hinzu und darüber hinaus bestimmt die Nr. 3511 VV-RVG im Anschluss, dass diese Gebühr auf die Verfahrensgebühr für ein nachfolgendes Berufungsverfahren angerechnet wird.
- 13
Dieser Umstand der Anrechnung verdeutlicht auch nicht, wie der Kostenprüfungsbeamte meint, dass der Gesetzgeber offensichtlich davon ausging, dass die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren grundsätzlich höher ausfalle als die Verfahrensgebühr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde. Denn der Umstand, dass eine Anrechnung zu erfolgen hat, setzt nicht zwingend voraus, dass eine Anrechnung in vollem Umfange erfolgt. Entsteht etwa aufgrund eines überdurchschnittlichen Aufwandes im Beschwerdeverfahren eine höhere Gebühr, als im anschließenden Berufungsverfahren für die Verfahrensgebühr, was allerdings die Ausnahme sein dürfte s. o.), hätte dies nur eine Teilanrechnung zur Folge, was damit gerechtfertigt ist, dass der Aufwand des Rechtsanwalt für das Beschwerdeverfahren in einem solchen Fall auch ein höherer ist.
- 14
Gleichwohl kommt der Senat zu der Auffassung, dass die Kriterien des § 14 RVG dazu führen, dass eine geringere Gebühr als die Mittelgebühr nach Nr. 3511 VV-RVG festzusetzen ist. Das normale sozialgerichtliche Verfahren im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde läuft so ab, dass der Beschwerdeführer die Beschwerde einreicht, begründet und im Anschluss daran eine Erwiderung durch den Beschwerdegegner erfolgt. Letzteres ist hier nicht der Fall und führt damit zu einer Minderung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit, da eine Auseinandersetzung des Erinnerungsführers mit einer entsprechenden Beschwerdeerwiderung, die nicht notwendig einen weiteren Schriftsatz zur Folge haben muss, nicht notwendig war. Hinsichtlich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gehen die Beteiligten von einem durchschnittlichen Verfahren aus. Entgegen der Auffassung der Beteiligten sieht der Senat die Angelegenheit für die Beschwerdeführerin nicht als durchschnittlich, sondern unterdurchschnittlich an. Denn in einer Vielzahl sozialgerichtlicher Verfahren geht es um Existenzsicherungsleistungen. Gerade solche stellen den Regelfall sozialgerichtlicher Verfahren dar (vgl. Beschluss des Senats vom 17. Januar 2014 – L 5 SF 8/14 E). Dabei handelt es sich sehr häufig bis regelmäßig um fortlaufende Leistungen. Dies gilt auch für den Bereich des SGB XII und des SGB II. In diesem Zusammenhang ist hier zu berücksichtigen, dass sich der Streitgegenstand lediglich auf die Zahlung eines festen Betrages bezieht, und zwar 177,94 EUR, und die Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin wegen Erstattung von Leistungen, die ihr für den Monat April 2011 gewährt worden waren, rechtswidrig war. Dieser Umstand begründet eine unter dem Durchschnitt liegende Bedeutung der Sache für die Beschwerdeführerin. So hat der Senat etwa in seinem Beschluss vom 24. März 2015 (L 5 SF 40/15 B E) die Bedeutung für den Kläger, dessen Klage auf Zahlung von 223,85 EUR nach dem SGB II bezogen war, als unterdurchschnittlich angesehen. Da auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin klar unter dem Durchschnitt liegen, mithin drei Elemente der vier Kriterien als unterdurchschnittlich anzusehen sind, ist die Festsetzung der Gebühr auf die Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Damit ist die Kostenfestsetzung ausweislich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 23. Februar 2016 im Ergebnis nicht zu beanstanden.
- 15
Dieser Beschluss ist nach § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei.
- 16
Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.
(2) Die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren wird gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.
(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.
(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.
(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.
(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.
(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.
(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
Tenor
Auf die Berufungen der Parteien wird das am 11.10.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund (Einzelrichter) abgeändert.
Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 36.229,65 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.03.2012 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits für die erste Instanz trägt die Klägerin 7 % und die Beklagte 93 %. Von den Kosten des Rechtsstreits für die zweite Instanz trägt die Klägerin 8 % und die Beklagte 92 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
G r ü n d e
2A.
3Die klagende Partnerschaft nimmt ihre ehemalige Mandantin, die Beklagte, in der Hauptsache auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Anspruch; die Beklagte verlangt im Wege der (Hilfs-)Aufrechnung bzw der Widerklage Schadensersatz wegen nach ihrer Darstellung pflichtwidriger Interessenwahrnehmung durch die Klägerin.
4Die Klägerin ist eine in Form einer Partnerschaft betriebene Anwaltssozietät.Die Beklagte ist auf dem Gebiet der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung tätig, konkret in den Bereichen Stahl-, Anlagen – und Rohrleitungsbau. Für die bei ihr beschäftigen Arbeitnehmer galt und gilt der jeweils gültige Tarifvertrag der IGZ (Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen).
5Die Klägerin vertrat die Beklagte seit 2006 regelmäßig in verschiedenen Angelegenheiten. Sachbearbeitender Partner auf Seiten der Klägerin war in erster Linie Rechtsanwalt Dr. I2, der seit dem 07.04.2008 auch als Beiratsmitglied bei der Beklagten tätig war. In den von der Klägerin wahrgenommenen arbeitsrechtlichen Angelegenheiten war - jedenfalls ab 2009 - federführende Sachbearbeiterin die bei der Klägerin angestellte Zeugin I; zudem waren weitere angestellte Anwälte der Klägerin mit der Bearbeitung der Angelegenheiten der Beklagten befasst.
6In der Zeit von 2006 bis Ende 2008 wurde die Beratungstätigkeit der Klägerin nach deren unbestrittener Darstellung pauschal abgerechnet. Für in der Zeit ab Januar 2009 erbrachte Beratungsleistungen rechnete die Klägerin abweichend zur früheren Praxis stundenweise ab, wobei sie einen Stundenlohn von 275 € zzgl. USt. in Rechnung stellte. Ob diese Verfahrensweise auf einer mündlichen Absprache zwischen Rechtsanwalt Dr. I2 und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten aus Januar 2009 beruhte, ist streitig. Jedenfalls wurden die die Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2009 betreffenden, auf Stundenlohnbasis erstellten Rechnungen vom 14.07.2009 und vom 31.03.2010 von der Beklagten anstandslos gezahlt.
7Am 06.03.2009 trat das Konjunkturpaket II und mit ihm das Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland ( BGBl. 2009, S. 416) in Kraft.
8Es ermöglichte mit § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG (a.F.) Kurzarbeit auch in der Zeitarbeitsbranche, soweit die Voraussetzungen der §§ 169 SGB III, 170, 421 t SGB III a.F. gegeben waren.
9Die Beklagte hatte bereits im Januar 2009 die Bewilligung von Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit (folgend: BA) beantragt, Kurzarbeit jedoch letztlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeführt. Am 01.03.2009 ordnete die Beklagte dann allerdings für die ersten 10 Arbeitnehmer Kurzarbeit an. Am 02.03.2009 befanden sich bereits 33 Mitarbeiter der Beklagten in Kurzarbeit.
10Außerdem ließ sich die Beklagte am 26.03.2009 von der bei der Klägerin tätigen Zeugin I und Rechtsanwalt Dr. T zur neuen Gesetzeslage beraten.
11Der Inhalt der Beratung ist zwischen den Parteien streitig und Gegenstand des von der Beklagten geltend gemachten Regressanspruchs.
12Insbesondere ist streitig, ob die Anwälte den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten dahin berieten, dass als Voraussetzung für die Beantragung/Bewilligung von Kurzarbeitergeld bestehende positive Mitarbeiterzeitkonten auch nach der neuen Gesetzeslage auf „Null“ abgebaut werden mussten. Weiter ist streitig, ob die Anwälte wegen der noch unklaren neuen Gesetzeslage der Beklagten rieten, sich vor Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld mit der BA in Verbindung zu setzen und ob und wenn, welche Aussagen sie dazu machten, was mit Resturlaub der Arbeitnehmer aus dem Jahr 2008 bzw mit dem Urlaub 2009 im Zusammenhang mit der Beantragung von Kurzarbeitergeld zu beachten sei.
13Im Mai 2010 kam es zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume der Beklagten aus Anlass von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem beantragten Kurzarbeitergeld. Am 12.05.2010 verfügte die Bundesagentur für Arbeit die Einstellung der Zahlung von seitens der Beklagten bereits beantragtem Kurzarbeitergeld; dagegen ließ die Beklagte durch die Klägerin Widerspruch einlegen. Im August 2010 kam es zu einem Gespräch bei der BA in E. Am 16.11. und 22.11.2010 erfolgte eine Betriebsprüfung durch Mitarbeiter der BA bei der Beklagten. Es wurde in Bezug auf das beantragte, aber nicht ausgezahlte Kurzarbeitergeld ein Vergleich ins Auge gefasst, wobei streitig ist, inwieweit die bei der Klägerin tätige Zeugin I in die Vergleichsgespräche einbezogen war.
14Jedenfalls kam es am 13.01.2011 zu dem anvisierten Vergleich zwischen der Beklagten und der BA; die Beklagte verpflichtete sich, bereits beantragtes Kurzarbeitergeld in Höhe von 300.000,-- € nicht mehr geltend zu machen; im Übrigen wurde das von ihr beantragte und bislang einbehaltene Kurzarbeitergeld von der BA aber ausgezahlt.
15Die Klägerin rechnete ihre wechselnde Beratungstätigkeit für den Zeitraum ab Januar 2010 zunächst wie folgt ab, wobei sie jeweils – mit Ausnahme der Vergütung für die von Dr. I2 in den Jahren 2009/2010 erbrachte Beiratstätigkeit - nach Stundensatz abrechnete:
161.) Rechnung vom 02.09.2010, über 25.607,31 €
17Abzgl. geleisteter Zahlungen am 13.09.2010 3.027,06 €
18Abzgl. geleisteter Zahlung am 15.11.10 14.000,00 €
19Rest = (richtig: 8.580,25 €) 8.579,71 €
202.) Rechnung vom 28.04.2011 , über 20.405,29 €
213.) Rechnung vom 20.10.2011, über 2.478,18 €
224.) Rechnung vom 20.10.2011 (Beiratshonorar 2009/2010) 9.520,00 €
23Die Gesamtsumme berechnete die Klägerin mit 40.983,18 € und mahnte diesen Betrag bei der Beklagten mit EMAIL vom 14.11.2011 unter Fristsetzung zum 15.11.2011 an.
24Da keine Zahlung von Seiten der Beklagten erfolgte, hat die Klägerin am 22.11.2011 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von 40.983,18 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten aus den Rechnungsbeträgen mit unterschiedlichen Anfangszeitpunkten gefordert hat.
25Nachdem die Beklagte mit der Klageerwiderung gerügt hat, dass eine wirksame Honorarvereinbarung schon mangels Schriftform nicht vorliege und Anwaltsgebühren allenfalls auf Basis der Vorschriften des RVG verlangt werden könnten, insoweit aber nicht abgerechnet seien, hat die Klägerin hilfsweise ihre Forderung auf eine Abrechnung gemäß RVG gestützt und diese in ihrer Replik vom 28.02.2012 vorgenommen; auf deren Inhalt wird bezüglich der Einzelheiten verwiesen.
26Die Klägerin hat geltend gemacht :
271.
28Die in den Rechnungen vom 02.09.2010,28.04.2011 und 20.10.2011 vorgenommene Abrechnung auf Stundenlohnbasis sei Anfang 2009 von Dr. I2 mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten in den Geschäftsräumen der Beklagten in M vereinbart worden. Man habe sich auf einen Stundensatz von 275 € zzgl. USt geeinigt. Eine schriftliche Vereinbarung fehle unstreitig, sei aber jedenfalls für eine Abrechnung der Beratung nach § 34 RVG nicht nötig. Die Beklagte habe die Abrede im Nachhinein bestätigt, weil sie jedenfalls unstreitig die im Jahr 2009 erbrachte Tätigkeit bezahlt habe. Ein Stundensatz von 275 € zzgl. USt. sei auch angemessen und üblich, wobei allerdings eine Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 34 RVG gar nicht zu erfolgen habe.
29Weil der Anwaltsvertrag mit der Partnerschaft und nicht etwa exklusiv mit Dr. I2 geschlossen sei, hätten alle Anwälte die anfallenden Arbeiten erbringen können, die dann hätten abgerechnet werden dürfen.
30Im Einzelnen seien gemäß Rechnung vom 02.09.2010 im Leistungszeitraum vom 01.01.2010 – 31.08.2010 insgesamt 78,25 Stunden aufgewandt worden, die mit je 275 € netto abgerechnet worden seien. Nach erfolgter Teilzahlung sei ein Restbetrag von 8.579,71 € verblieben, den die Beklagte noch schulde. Gemäß Rechnung vom 28.04.2011 seien im Leistungszeitraum 01.09.2010 – 31.03.2011 weitere Leistungen im Zusammenhang mit der Rückforderung von Kurzarbeitergeld durch die BA erbracht worden. Es seien insgesamt 62 Stunden gearbeitet und abgerechnet worden. Bei einem Stundenlohn von 275 € errechne sich unter Einschluss der Postpauschale und der Mehrwertsteuer der o.a. Betrag. Gemäß Rechnung vom 20.10.2011 über 2.478,18 € seien im Leistungszeitraum vom 01.04.2011 – 30.09.2011 weitere 7,5 Stunden aufgewandt worden, die die Beklagte zu vergüten habe.
31Die Rechnung vom 20.10.2011 über 9.250 € verhalte sich über die Vergütung für von Dr. I2 erbrachte Beiratstätigkeit. Dr. I2 sei – unstreitig - im Jahr 2008 in den Beirat der Beklagten aufgenommen worden. Im Gesellschaftsvertrag sei festgehalten, dass der Beirat seine Vergütung per Beschluss festlegen solle, das sei in der Sitzung vom 08.04.2008 geschehen: Es sei eine jährliche Vergütung von 4.000 € vereinbart worden zzgl. USt., die spätestens bis zum 31.03.des Folgejahres habe gezahlt werden sollen. Für die Jahre 2009 und 2010 seien trotz wahrgenommener Beiratstätigkeit des Dr. I2 in insgesamt 6 Sitzungen keine Zahlungen erfolgt; diese schulde die Beklagte, ebenso wie die Vergütung für die Teilnahme von Dr. I2 an der Sitzung am 24.03.2011. Soweit davon ausgegangen werde, dass Dr. I2 persönlich die Beiratsvergütung zustehe und nicht der Klägerin, werde der Anspruch vorsorglich abgetreten.
32Die Beklagte schulde auch die Verzinsung der Forderungen, weil zuvor gemahnt worden sei und zwar seien bzgl. der Forderung aus der Rechnung vom 02.09.2010 ab dem 15.11.2010, bzgl. der Forderung aus der Rechnung vom 28.04.2011 ab dem 28.05.2011 und bzgl. der übrigen Rechnungen ab Rechtshängigkeit Zinsen geschuldet. Auch vorgerichtliche Anwaltskosten seien iHv 1.530,58 € zu ersetzen.
332.Sollte die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nichtig sein, so sei die gesetzlich geschuldete Vergütung zu zahlen, auf die die Klageforderung hilfsweise gestützt werde und die in der Replik vom 28.02.2012 im Einzelnen für 17 Angelegenheiten abgerechnet worden sei. Soweit die Abrechnung nach dem RVG das aufgrund der Stundenlohnabrede abgerechnete Honorar übersteige, werde nur letzteres im Wege der offenen Teilklage verlangt, ohne dass auf die Mehrforderung verzichtet werde.
34Hinsichtlich der Einzelheiten der von der Klägerin angestellten Berechnung nach dem RVG und der Höhe der Forderungen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 28.02.2012 (Bl. 70 f GA) und vom 04.10.2012 (Bl. 254 f GA) Bezug genommen.
35Die Beklagte hat geltend gemacht :
361.
37Bezüglich des Anwaltshonorars sei zu keiner Zeit eine wirksame Stundenlohnabrede getroffen worden. Dass sie, die Beklagte, die auf Stundenlohnbasis gestellten Rechnungen vom 14.07.2009 und 31.03.2010 gezahlt habe, liege darin begründet, dass sie irrtümlich geglaubt habe, diese seien korrekt.
38Das angesetzte Stundenhonorar sei ohnehin nicht üblich und angemessen.
39Die Klägerin habe für Beratungstätigkeit nur Anspruch gemäß § 34 RVG auf die übliche Vergütung nach § 612 BGB iVm dem RVG (VV 2300), über die sie bis zur Klageerhebung unstreitig nicht abgerechnet habe. Soweit die Klägerin das nachträglich in der Replik nachgeholt habe, seien auch diese Ansprüche überhöht.
40Auch die in Ansatz gebrachten Stunden seien jedenfalls in den Angelegenheiten „BA KUG“ (Ziffer 1. der klägerischen Replik) und „Arbeitnehmerüberlassungsverträge“ (Ziffer 2 der klägerischen Replik) übersetzt; im Übrigen werde nicht (mehr) bestritten, dass die Stunden geleistet worden seien (Bl.227/230 GA). Die Klägerin rechne aber zu Unrecht im Viertelstundentakt ab, das benachteilige die Beklagte unangemessen.
41Zuletzt sei zu monieren, dass immer und ausschließlich Rechtsanwalt Dr. I2 seitens der Beklagten beauftragt worden sei; dieser habe ohne Absprache seinerseits seine Kollegen eigenmächtig „mit ins Boot genommen“ und dadurch vermeidbare Mehrstunden verursacht; diese müsse sie, die Beklagte, nicht zahlen .
422.
43Bezüglich der Beiratsvergütung stehe der Klägerin aus eigenem Recht kein Anspruch zu, sie sei nicht aktiv legitimiert; eine Abtretung durch Dr. I2 werde mit
44Nichtwissen bestritten.
45Die Forderung sei auch übersetzt. Vereinbart worden sei eine Vergütung von 1000 € zzgl. MWST pro Sitzungsteilnahme bei vier Sitzungen pro Jahr. Dr. I2 habe in den Jahren 2009 und 2010 unstreitig nur an je drei Sitzungen teilgenommen. Allenfalls stehe ihm daher eine Vergütung von 6000 € + MWSt = 7.140 € brutto zu.
46Für die einzige Sitzungsteilnahme im Jahr 2011 am 24.03.2011 könne allenfalls ein Betrag von 1.190 € brutto geschuldet sein .
473.
48Zuletzt seien etwaige Ansprüche der Klägerin wegen Schadensersatzansprüchen, mit denen sie, die Beklagte, aufrechne, erloschen. Frau I habe sie - die Beklagte - im März 2009 fehlerhaft beraten.
49Mitte/Ende März 2009 sei bei Frau I nachgefragt worden, ob sie,die Beklagte, aufgrund der seit dem 06.03.2009 geänderten gesetzlichen Bestimmungen erfolgreich die Bewilligung von Kurzarbeitergeld beantragen könne. Dabei sei die Frage aufgeworfen worden, ob sie (auch jetzt noch) zuvor die positiven Arbeitszeitguthaben der Leiharbeitnehmer auflösen und diesen ihren Urlaub gewähren müsse. Weil das Arbeitszeitguthaben der Zeitarbeitnehmer im Februar 2009 (wenigstens) 13.240,29 Stunden betragen habe, was einem Wert von über 130.000 € entspreche und Urlaubsansprüche von 1.370 Tagen zu einem Wert von 95.228,70 € bestanden hätten, sei die Frage sehr wichtig gewesen. Es sei eine verbindliche Bewertung gefragt gewesen.
50Frau I habe versichert, dass für den Zeitraum nach dem 06.03.2009 die Guthaben auf den Arbeitszeitkonten nicht mehr abgebaut werden müssten; außerdem habe sie nicht zwischen den Jahresurlauben 2008 und 2009 unterschieden, sondern gesagt, sie, die Beklagte, müsse ihren Leiharbeitnehmern den ihnen zustehenden Urlaub nicht mehr gewähren. Es sei dann – auf ausdrücklichen Rat der Zeugin I - der Bewilligungsantrag gestellt und Kurzarbeit eingeführt worden. Anfang März habe man zwar schon Kurzarbeitergeld mit den Arbeitnehmern abgerechnet, die Entscheidung, die Bewilligung von Kurzarbeitergeld bei der BA zu beantragen, sei aber erst nach der (Falsch-)Beratung gefallen.
51Die BA habe später die Auffassung der Zeugin I nicht geteilt, diese sei auch falsch gewesen. Letztlich habe wegen der Fehlberatung der Vergleich mit der BA geschlossen werden müssen.
52Das sei nachteilig gewesen: Hätte die Zeugin I zutreffend beraten, hätte sie, die Beklagte, einen Großteil der Zeitarbeitnehmer – namentlich die noch in Probezeit befindlichen 128 Kollegen - entlassen und kein Kurzarbeitergeld beantragt. Die Kündigungsfristen wären mit der Freistellung unter Anrechnung der Plusstunden aus dem Zeitkonto sowie der Resturlaubsansprüche weitgehend kostenneutral verrechnet worden. Die Kündigungen hätten problemlos ausgesprochen werden können. Ihr, der Beklagten wäre dann maximal ein Schaden von 60.119,62 € entstanden. Aufgrund der Falschberatung sei ihr dagegen ein Schaden von 283.320,88 € erwachsen. Werde der Betrag ins Verhältnis zu dem insgesamt von ihr seinerzeit beantragten Kurzarbeitergeld iHv 685.462,63 € gesetzt, errechne sich ein Anteil von rund 41 %. Ein Anteil von 41 % von dem im Vergleichswege von der BA einbehaltenen Kurzarbeitergeld von 300.000 € entspreche einem Betrag von 123.000 €. Subtrahiere man davon den Schaden, der ihr bei richtiger Beratung maximal entstanden wäre (60.119,62 €), bleibe ein Betrag von 62.880,38 € übrig. Damit erkläre sie, die Beklagte, die Aufrechnung gegen eine etwaige Vergütungsforderung der Klägerin.
53Die Klägerin hat in Bezug auf die erklärte Aufrechnung der Beklagten repliziert :
54Ein Regressanspruch bestehe nicht. Eine Falschberatung durch die Zeugin I am 26.03.2009 habe es nicht gegeben.
55Die Zeugin I habe dahin beraten, dass nicht geschützte Guthaben auf Zeitkonten wie bisher auf Null abgebaut werden müssten und sich die Gesetzesänderung nur auf negative Salden beziehe. Über Urlaub 2008 sei nicht gesprochen worden, weil dieser bis Ende März 2009 habe genommen werden müssen, um nicht zu verfallen; dass die Beklagte den Urlaub für 2009 habe gewähren müssen, habe sie gewusst – nur nicht, wann. Das habe nicht vor Beantragung der Kurzarbeit geschehen müssen.
56Im Übrigen sei die angebliche Pflichtverletzung aber auch nicht kausal für den behaupteten Schaden geworden. Dass die Beklagte kein Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen hätte, wenn sie am 26.03.2009 darüber informiert worden wäre, dass ungeschützte Zeitkonten zunächst abzubauen seien und dass Urlaub gewährt werden müsse, werde bestritten. Es werde auch bestritten, dass die Beklagte Arbeitnehmern gekündigt hätte bzw hätte kündigen können/müssen, wenn kein Kurzarbeitergeld beantragt worden wäre; tatsächlich habe die Beklagte vor März 2009 sogar noch Arbeiter eingestellt.
57Wenn die Beklagte tatsächlich kein Kurzarbeitergeld beantragt hätte, dann hätte sie auch keines erhalten – sie habe aber fast 1,5 Mio € erhalten und davon erheblich profitiert. Im Übrigen werde die Berechnung der Beklagten im Einzelnen bestritten, diese sei unschlüssig .
58Das Landgericht hat zu der Frage der Angemessenheit eines Stundensatzes von 275 € zzgl. USt. gemäß § 34 RVG für im Einzelnen konkretisierte Angelegenheiten eine Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer eingeholt, die am 09.01.2013 erstattet und am 15.05.2013 ergänzt wurde. Außerdem hat das Landgericht den Zeugen y im Termin am 17.04.2013 zur Frage der Vergütung der Beiratstätigkeit von Rechtsanwalt Dr. I2 vernommen.
59Mit am 11.10.2013 verkündetem Urteil hat das Landgericht der Klage in Höhe von 32.717,61 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 8.579,71 € seit dem 13.11.2010, aus weiteren 20.405,29 € seit dem 28.05.2011 und aus weiteren 3.732,61 € seit dem 06.12.2011 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
60Zur Begründung hat es ausgeführt :
61Der Klägerin, die Vertragspartnerin der Beklagten geworden sei, stehe gegen die Beklagte für die Interessenwahrnehmung in den Angelegenheiten, die die Klägerin in ihrer Replik bei ihrer Abrechnung nach den Vorschriften des RVG konkretisiert habe, ein Gebührenanspruch in Höhe von 49.744,67 € zu, von dem nach Abzug der unstreitig von der Beklagten geleisteten Zahlungen in Höhe von 17.027,06 € der tenorierte Betrag verbleibe.
62Dabei könne der Vergütungsanspruch der Klägerin allerdings nicht auf eine wirksame Honorarvereinbarung gestützt werden, weil die behauptete mündliche Stundenlohnabsprache wegen Verstoßes gegen § 3 a Abs. 1 RVG unwirksam sei.
63Überwiegend – bis auf drei Angelegenheiten, die nach den Vorschriften des RVG i.V.m. Ziffer 2300 des Vergütungsverzeichnisses abzurechnen gewesen seien, nämlich die Angelegenheit „BA KUG, Ziffer, 1.1.“,die Angelegenheit „K und C N, Ziffer 1.8“ und die Angelegenheit „Bürgschaft, Ziffer 1.13“ – dürfe die Klägerin aber entweder wegen bei reiner Beratungstätigkeit formlos wirksamer Stundenlohnabrede oder aus § 34 RVG i.V.m. § 612 BGB den begehrten Stundensatz abrechnen. Dieser sei entweder vereinbart, jedenfalls aber sei er ortsüblich, was aufgrund der Beurteilung der Rechtsanwaltskammer feststehe. Der jeweils von der Klägerin in Ansatz gebrachte Zeitaufwand sei überwiegend unstreitig, soweit die Beklagte ihn als übersetzt angesehen habe, sei ihr Vortrag unsubstantiiert.
64Bezüglich der Beiratstätigkeit von Dr. I2 habe dieser der Klägerin seinen Anspruch auf Vergütung abgetreten, so dass die Klägerin aktiv legitimiert sei. Der Höhe nach belaufe sich der Honoraranspruch auf jährlich 4.000 € + MWST, unter Einschluss des ersten Quartals 2011 also auf 10.710 €. Es sei ein Jahreshonorar von 4000 € + MWSt vereinbart gewesen; die Anzahl der Beiratssitzungen sei unerheblich gewesen. Die Behauptung der Beklagten, es habe ein Honorar von 1.000 € pro Beiratssitzung abgerechnet werden sollen, habe der Zeuge y letztlich nicht bestätigt.
65Dem Vergütungsanspruch der Klägerin könne kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB entgegengehalten werden. Ob von I am 26.03.2009 eine Pflichtverletzung begangen worden sei, könne dahinstehen, denn dass aus dieser Pflichtverletzung – werde sie unterstellt - ein kausaler Schaden in behaupteter Höhe herrühre, sei von der Beklagten nicht mit Substanz vorgetragen.
66Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Entscheidungsgründe wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
67Gegen das Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsmitteln; die Beklagte beantragt außerdem widerklagend die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 21.897,20 € nebst Zinsen.
68Die Klägerin erhebt – in Bezug auf die widerklagend geltend gemachte Forderung die Einrede der Verjährung und verfolgt im Übrigen ihren Zahlungsantrag aus erster Instanz insoweit weiter, als er abgewiesen worden ist, sie rügt vor allem, dass das Landgericht hinsichtlich der Angelegenheit „Bundesanstalt für Arbeit-Kurzarbeitergeld“ (Ziffer 1.1. der Urteilsgründe) weder die nach dem RVG berechneten Gebühren für das von ihr für die Beklagte geführte Widerspruchsverfahren, noch die Einigungsgebühr für die Mitwirkung von I an der vergleichsweisen Regelung mit der BA zuerkannt habe. Die Klägerin macht insoweit ergänzend geltend :
69Grundsätzlich sei nicht zu beanstanden, dass das Landgericht zu den Angelegenheiten „BA KUG, “ (Ziffer 1.1) und „Bürgschaft“ (Ziffer 1.13) in Ermangelung einer formwirksamen Vergütungsvereinbarung auf die Abrechnung nach dem RVG abgestellt habe.
70Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht ihr, der Klägerin aber in der Angelegenheit „BA-KUG“ die nach dem RVG verdiente Einigungsgebühr für den Vergleich mit der BA nicht zuerkannt. Die Zeugin I habe nach dem Termin mit der BA vom 22.11.2010 den Vergleichstext mit der BA abgestimmt und ihn mit der Beklagten besprochen, wofür Beweis durch das Zeugnis von Frau I angeboten werde. Tatsächlich trage aber nicht sie, die Klägerin, die Beweislast für die Mitwirkung der Anwältin, sondern diese werde vermutet, so dass die Beklagte die Vermutung zu widerlegen habe. Hilfsweise ergebe sich ihr Anspruch auch aus der Vertretung der Beklagten im Widerspruchsverfahren, das eine eigenständig nach dem RVG abzurechnende Angelegenheit darstelle.
71Außerdem habe das Landgericht das Honorar für die Beiratstätigkeit von Rechtsanwalt Dr. I2 nicht korrekt, sondern zu niedrig abgerechnet.
72Gleiches gelte für die Position „Bürgschaft“ (Ziffer 1.13 LGU):
73Soweit das Landgericht ihre Vergütungsforderung als begründet und die Regressforderung der Beklagten als unbegründet angesehen hat, verteidigt die Klägerin das Urteil mit näheren Ausführungen.
74Die Klägerin beantragt,
75abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.983,18 € nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.597,71 € seit dem 13.11.2010, aus 20.405,29 € seit dem 28.05.2011 sowie aus 11.998.18 € seit dem 06.12.2011 sowie 1.530,58 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
76Die Beklagte beantragt,
77die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und
78- auf ihre eigene Berufung hin -
79abändernd, die Klage insgesamt abzuweisen.
80Die Beklagte beantragt außerdem widerklagend,
81die Klägerin zu verurteilen, an sie 21.897,20 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
82Die Klägerin beantragt,
83die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und
84die Widerklage abzuweisen.
85Die Beklagte macht ergänzend geltend :
86Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, sie, die Beklagte, habe in Bezug auf die Rüge des Umfangs der von der Klägerin abgerechneten Stunden keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich der Verstoß der Klägerin gegen die Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung im Rahmen der Mandatsausübung ergebe; deshalb habe es die von ihr angegriffenen Stundenabrechnungen der Klägerin zu Unrecht als unstreitig berücksichtigt.
87Sie, die Beklagte, habe die Zeiterfassung der Klägerin schon erstinstanzlich dahin bemängelt, dass im 15-Minuten-Takt abgerechnet worden sei; außerdem habe sie umfassend dazu vorgetragen, dass nur Rechtsanwalt Dr..I2 beauftragt worden sei und nicht die Sozietät; die nicht überzeugende Begründung des Landgerichts könne insoweit keinen Bestand haben. Die Stunden, die dafür angefallen seien, dass Dr. I2 sich Hilfe seiner Kollegen geholt habe, dürften nicht abgerechnet werden.
88Soweit das Landgericht die Ausführungen der Rechtsanwaltskammer I3 zur Angemessenheit und Üblichkeit der Stundenlohnabrechnung der Klägerin übernommen habe, sei auch das nicht überzeugend; inhaltlich lasse das Urteil jede Auseinandersetzung mit ihrer Stellungnahme der Kammer angreifenden Argumentation vermissen.
89Zudem könne auch die Zuerkennung eines Beiratsjahreshonorars nicht bestehen bleiben; das Landgericht habe die Aussage des Zeuge y insoweit nicht korrekt gewürdigt.
90Zuletzt sei auch ihr Schadensersatzanspruch zu Unrecht abgelehnt worden; das Landgericht habe ihre Berechnung schlicht nicht verstanden und deshalb verfehlt für nicht nachvollziehbar gehalten. Mit der Widerklage werde nunmehr der erstinstanzlich noch nicht durch die Aufrechnung in den Prozess eingeführte Restbetrag von der Klägerin gefordert.
91Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
92Der Senat hat im Termin vom 21.05.2014 Rechtsanwalt Dr. I2 persönlich angehört und die Zeugen I, M und y vernommen.
93Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks Bezug genommen.
94B.
95Die Berufungen der Parteien sind zulässig; in der Hauptsache hat allerdings nur die Berufung der Klägerin teilweise Erfolg; die Berufung der Beklagten führt lediglich zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Nebenforderungen der Klägerin .
96Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus §§ 675,611,612 BGB i.V.m. den Vorschriften des RVG Anspruch auf Zahlung von Anwaltshonorar und aus §§ 675, 611, 398 BGB Anspruch auf Zahlung von Beiratshonorar in Höhe von - noch - 36.229,65 €.
97Der Anspruch ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Denn die Beklagte hat die Voraussetzungen für den zur Aufrechnung gestellten Regressanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 675, 611 BGB i.V. m. § 8 PartGG - insbesondere einen durch eine anwaltliche Schlechtleistung verursachten Schaden - nicht schlüssig dargetan.
98Aus diesem Grund hat auch die ebenfalls auf den reklamierten Regressanspruch gestützte Widerklage keinen Erfolg.
99I.
100Dass die Beklagte Rechtsanwalt Dr. I2 in insgesamt 16 - im Folgenden unter Ziffer III. näher dargelegten - Angelegenheiten in der Zeit ab Januar 2010 mit der anwaltlichen Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt hat, steht zwischen den Parteien nicht in Streit.
101Entgegen der Auffassung der Beklagten ist mit der gegenüber Dr. I2 erfolgten Auftragserteilung ein Anwaltsvertrag mit der klagenden Partnerschaft und kein Einzelmandat mit Dr. I2 geschlossen worden.
102Wer einen einer Anwaltssozietät – sei sie in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder in Form einer Partnerschaft betrieben - angehörenden Anwalt beauftragt, schließt im Zweifel den Vertrag mit der Sozietät ( im Rahmen der Regresshaftung ständige Rechtsprechung des BGH, z.B. in NJW 1988,1299; in NJW 1990,827; vgl. auch Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille: Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Auflage, Rn. 152 (Mennemeyer); Zugehör/G. Fischer/ Vill/ D. Fischer/ Rinkler/ Chab : Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Auflage, Rn. 400 und 424 (Rinkler)). Denn es wird vermutet, dass derjenige, der eine Anwaltssozietät aufsucht und einem dort tätigen Anwalt einen Auftrag erteilt, grundsätzlich das Mandat allen als Mitglieder der Sozietät erscheinenden Anwälten übertragen will. Ebenso ist zu unterstellen, dass der dem Mandanten gegenübertretende Anwalt, der das Mandat annimmt, regelmäßig namens der Sozietät handelt, sich also nicht nur persönlich verpflichten will, sondern auch die mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Kollegen (BGH in NJW 1991,1225).
103Nur ausnahmsweise kann von der Erteilung eines Einzelmandates ausgegangen werden, etwa dann, wenn ein Anwalt einer Sozietät mit außerhalb des Berufsbildes des Rechtsanwaltes liegenden, atypischen Tätigkeiten betraut wird (Zugehör, a.a.O., Rn.400 (Rinkler)). Eine solche oder eine vergleichbare Fallkonstellation ist von der Beklagten im Streitfall nicht vorgetragen. Sonstige Anhaltspunkte, die gegen die Beauftragung der Partnerschaft sprechen könnten, fehlen, so dass diese zu unterstellen ist.
104II.Die Klägerin hat im Zeitraum ab Januar 2010 in den von ihr in der Replik konkretisierten einzelnen Angelegenheiten für die Beklagte anwaltliche Leistungen erbracht, für die sie – was zwischen den Parteien nicht ernsthaft in Streit steht – grundsätzlich eine Vergütung verlangen kann. Wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, kann die Klägerin sich allerdings nicht ohne weiteres auf die nach ihrer bestrittenen Darstellung im Januar 2009 getroffene Honorarvereinbarung als Grundlage für die Abrechnung ihrer Gebühren stützen, wie sie es in ihren der Klageforderung in erster Linie zu Grunde gelegten Rechnungen vom 02.09.2010, 28.04.2011 und 20.10.2011 getan hat.Denn § 3 a Abs. 1 Satz 1 RVG sieht vor, dass anwaltliche Honorarvereinbarungen grundsätzlich der Textform bedürfen. Eine Ausnahme von dem Formerfordernis gilt nur dann, wenn eine reine Beratungs-, Gutachten – oder Mediatorentätigkeit gemäß § 34 RVG Gegenstand der Honorarvereinbarung ist, § 3 a Abs. 1 Satz 4 RVG. Weil die nach Darstellung der Klägerin im Januar 2009 getroffene Stundenlohnvereinbarung sich nicht nur auf reine Beratung, sondern unterschiedslos auf sämtliche nachfolgenden Tätigkeiten der Klägerin beziehen sollte und lediglich mündlich zwischen Rechtsanwalt Dr. I2 und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten getroffenen worden sein soll, entspricht sie der Formvorschrift des § 3 a Abs. 1 Satz 1 RVG nicht.
105Die Nichteinhaltung der gebotenen Form führt allerdings - wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 05.06.2014 (in NJW 2014,2653) entschieden hat - nicht zur Nichtigkeit der Honorarvereinbarung insgesamt. Sie hat lediglich zur Folge, dass die von der Klägerin zu fordernde Vergütung für ihre (eine rein interne Beratung überschreitende) Tätigkeit sich grundsätzlich auf die ihr nach dem Gesetz für die Angelegenheit zustehende Gebühr beschränkt. Wenn die gesetzlich geschuldete Gebühr die auf der Grundlage der behaupteten Honorarvereinbarung geforderte Vergütung überschreitet, dann kann maximal diese verlangt werden, denn der Anwalt, der eine erkennbar formunwirksame Honorarvereinbarung trifft, soll aus der für ihn vermeidbaren Nichteinhaltung der Formvorschriften keine materiellen Vorteile ziehen dürfen (BGH, a.a.O.).
106Mit dieser Maßgabe gilt im Streitfall: Die Klägerin kann für die einzelnen von ihr in der Replik vom 28.02.2012 konkretisierten Angelegenheiten, die sich nicht auf eine reine Beratungstätigkeit beschränken, grundsätzlich Honorar in Höhe der gesetzlichen Gebühren gemäß §§ 13,14 RVG i.V.m. den einschlägigen Ziffern des VV RVG verlangen. Der Höhe nach ist ihre Forderung allerdings auf das Honorar beschränkt, das sie auf der Basis der von ihr behaupteten Honorarvereinbarung für die einzelnen Angelegenheiten berechnet hat, denn dieses unterschreitet – wie im Folgenden noch auszuführen sein wird - in den einzelnen Angelegenheit bis auf die unter Ziffer 1.13 aufgeführte Angelegenheit „Bürgschaft“ die gesetzlichen Gebühren.
107Soweit die Klägerin die Beklagte nur intern im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BGB beraten hat und eine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG deshalb nicht in Betracht kam, durfte die Klägerin hingegen ohne weiteres nach Stundenlohn abrechnen. Insoweit war das berechnete Honorar unabhängig davon, ob die von der Klägerin behauptete, von der Beklagten aber bestrittene Stundenlohnvereinbarung im Januar 2009 tatsächlich getroffen wurde, jedenfalls als üblich anzusehen, §§ 34 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB.
108III.
1091.Zu den die anwaltliche Tätigkeit der Klägerin betreffenden Angelegenheiten im Einzelnen:
1101.1. Angelegenheit Bundesagentur für Arbeit/Kurzarbeitergeld
111Es steht zwischen den Parteien nicht in Streit, dass die Klägerin damit beauftragt worden ist, die Beklagte in der Auseinandersetzung mit der Bundesagentur für Arbeit zu vertreten, die mit der Einstellung der Zahlung weiteren Kurzarbeitergeldes durch Bescheid vom 12.05.2010 bzw. mit der vorangegangenen Prüfungsverfügung vom 10.05.2010 begonnenen hatte. Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffern 2300,1000,7002 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
112Gegenstandswert 1.782.312,05 € |
|
17.240,00 € |
|
1,5 Einigungsgebühr 1000 VV RVG |
10.344,00 € |
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Fahrtkosten |
119,40 € |
Zwischensumme |
27.723,40 € |
19 % Ust |
5.267,45 € |
Summe |
32.990,85 € |
a)Der in Ansatz zu bringende Gegenstandswert bestimmt sich nach dem insgesamt von März 2009 bis Juli 2010 beantragten und bis zum 12.05.2010 gezahlten Kurzarbeitergeld, weil nach dem Inhalt der Prüfverfügung der BA vom 10.05.2010 (Bl. 137 GA) umfassend zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden sollte, ob die Beklagte „Sozialleistungen zu Recht bezogen hatte“. Deshalb war der Gegenstandswert entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur auf den Betrag von rund 685.000 € zu beschränken, der bei Einstellung der Zahlung von Kurzarbeitergeld im Mai 2010 von der Klägerin beantragt, aber noch nicht bewilligt worden war, denn in die Prüfung einzubeziehen war auch eine mögliche Rückforderung bereits gezahlten Kurzarbeitergeldes durch die BA.
114b)Zu Recht hat die Klägerin eine 2,5fache Geschäftsgebühr nach Ziffer 2300 VV RVG in ihrer Rechnung angesetzt. Der von ihr vorgetragene zeitliche Arbeitsaufwand von rund 85,5 in Ansatz gebrachten Stunden, der Umfang der Angelegenheit, bei der rund 600 Arbeitnehmer im Einzelfall in die Prüfung einbezogen werden mussten und bei der umfangreiches Zahlenmaterial auszuwerten war, die überdurchschnittlichen Schwierigkeiten, die die nach geänderter Gesetzeslage ab März 2009 eingetretene, ungeklärte rechtliche Situation bot und zuletzt die Bedeutung der Angelegenheit für die Beklagte, deren Geschäftsführer im ungünstigsten Fall strafrechtliche Konsequenzen drohten und die der Gefahr der Rücknahme der Überlassungserlaubnis wegen Unzuverlässigkeit ausgesetzt war, rechtfertigt gemäß § 14 RVG – wie auch das Landgericht im Anschluss an die Einschätzung der Rechtsanwaltskammer angenommen hat – den Ansatz des höchsten Gebührensatzes.
115Soweit die Beklagte dem in erster Instanz entgegengetreten ist und ohne nähere Begründung gemeint hat, weder dem Umfang, noch der Bedeutung nach sei die Wichtigkeit der Angelegenheit überdurchschnittlich gewesen, so dass nur eine 1,5fache Gebühr gerechtfertigt sei, ist das mit den oben dargestellten, überwiegend unstreitigen Umständen nicht zu vereinbaren.
116c)Die Klägerin hat auch zu Recht – anders als vom Landgericht angenommen – eine Einigungsgebühr (Ziffer 1000 VV RVG) für die Mitwirkung von I am Vergleich der Beklagten mit der BA abgerechnet.
117Das steht nach der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme fest, in der die Klägerin hat beweisen können, dass I eine den Vergleichsschluss fördernde Tätigkeit entfaltet hat.
118Ein Rechtsanwalt wirkt an einem Vergleichsschluss mit, wenn er einen vergleichsfördernder Rat erteilt oder einen Vergleichsvorschlag in die Einigung fördernder Weise prüft und begutachtet; ebenfalls dann, wenn von ihm ein Einigungsvertrag ausgehandelt oder modifiziert wird (Gerold/Schmidt: RVG, 20. Auflage, Rnrn 295,264 zu Ziffer 1000 VV RVG (Müller-Rabe)). Die Zeugin I hat insoweit vor dem Senat glaubhaft bekundet, nicht nur an den im Herbst 2010 stattgefundenen Gesprächen, in denen der Zeuge y der BA den Vergleichsvorschlag unterbreitet hatte, teilgenommen zu haben, sondern im Anschluss wenigstens zwei Mal mit dem zuständigen Mitarbeiter bei der BA, Herrn C, telefoniert und den in Frage kommenden Vergleichstext mit ihm besprochen zu haben, bevor ihr der Vergleichsentwurf dann im Januar 2011 zugesandt wurde. Die Telefonate mit dem Mitarbeiter der BA, aber auch die nach Übersendung des Vergleichstext erfolgte Überprüfung des Entwurfs durch die Zeugin I, die sie ebenfalls glaubhaft geschildert hat, stellen eine Mitwirkungshandlung am Vergleichsschluss dar.
119Der Aussage der Zeugin I stehen die Bekundungen der von der Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugen M und y nicht entgegen. Dabei mag als richtig unterstellt werden, dass die Zeugin - was alle drei Zeugen übereinstimmend angegeben haben – nicht den initial für den späteren Vergleich gewordenen Vorschlag gegenüber der BA unterbreitet hat. Es mag ebenfalls als richtig unterstellt werden, dass der Mitarbeiter der BA, Herr C, vergleichsweise schnell und ohne dass weitere, intensive Gespräche erforderlich wurden, den Vorschlag des Zeugen y aufgriff. Dazu aber, ob die Zeugin im Anschluss an die in „großer Runde“ geführten Gespräche mit Herrn C telefonierte und welchen Inhalt diese Gespräche hatten, konnten die Zeugen y und M naturgemäß nichts aussagen. Gleiches gilt in Bezug auf die Frage, ob die Zeugin I den Vergleichsentwurf vor abschließender Unterschriftsleistung noch einmal – sei es vor oder nach Weiterleitung an die Zeugen y und M – geprüft hat. Insoweit hält der Senat die eine Prüfung bekräftigende Aussage der Zeugin I für insgesamt glaubhaft . Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin sind weder ersichtlich, noch von der Beklagten vorgetragen, so dass die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der Mitwirkung am Vergleichsschluss erbracht hat (zur Beweislast insoweit vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 295 zu Ziffer 1000 VV RVG (Müller-Rabe)).
120Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass der erstmals in zweiter Instanz von der Klägerin mit Benennung der Zeugin I vorgenommene Beweisantritt nicht zuzulassen sei, §§ 529, 531 ZPO. Dass das Landgericht die Klägerin ohne vorherige Hinweiserteilung bezogen auf die Frage der Mitwirkung der Zeugin I am Vergleich als beweisfällig angesehen hat, war insbesondere deshalb als verfahrensfehlerhaft gemäß § 531 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO zu bewerten, weil die Klägerin bereits in ihrer Replik (dort Seite 9/12 = Bl. 78/81 GA) vorgetragen und in das Wissen der Zeugin I gestellt hat, dass die Betriebsprüfung am 22.11.2010, in deren Rahmen der Vergleich abgestimmt worden war, von ihr - der Klägerin - begleitet worden sei. Wenn dem Landgericht dieser Vortrag bzw Beweisantritt nicht ausreichte, um über die Umstände der Vergleichsabstimmung Beweis erheben zu können, hätte es darauf gemäß § 139 ZPO hinweisen müssen. Das ist unterblieben. Dass die Klägerin bei einem entsprechenden Hinweis die Zeugin I explizit schon in erster Instanz nachbenannt hätte, ist angesichts der Benennung der Zeugin in zweiter Instanz als lebensnah zu vermuten.
121d)Nicht zusätzlich verlangen kann die Klägerin die mit ihrer Rechnung vom 28.02.2012 (Rechnungsendnummer 645/12) abgerechnete Geschäftsgebühr nach §§ 13,14 RVG i.V.m. § 2300 RVG in Höhe von 3.928,43 € für die Vertretung der Beklagten in dem sich an den Bescheid der BA vom 12.05.2010 anschließenden Widerspruchsverfahren.
122Die Auffassung des Landgerichts, es handele sich insoweit um eine nicht gesondert abrechenbare Angelegenheit, ist nicht zu beanstanden.
123Eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne (§ 15 RVG) liegt vor, wenn ein (umfassender) Auftrag erteilt wurde, ein einheitlicher Rahmen für die Tätigkeit(en) gegeben ist und ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Tätigkeiten des Anwalts besteht (Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 6 zu § 15 RVG (Mayer)).
124Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf den Komplex „BA-KUG“ einschließlich des nach der Einstellungsverfügung vom 12.05.2010 geführten Widerspruchsverfahrens erfüllt.Die BA ordnete wie schon ausgeführt am 10.05.2010 die Überprüfung des bereits gezahlten und des erst beantragten Kurzarbeitergeldes an und verfügte – im Wege des Realaktes, § 331 SGB III - am 12.05.2010 die vorläufige Einstellung der Auszahlung beantragter Gelder. In dieser Situation wurde die Klägerin mit der umfassenden Wahrnehmung der Interessen der Beklagten aus Anlass dieses massiven Eingriffs der BA beauftragt. Das Ziel der Beklagten und damit der Tätigkeitsrahmen der Klägerin war dabei klar vorgegeben: Eine Rückzahlung von Kurzarbeitergeld sollte möglichst vermieden und die Auszahlung von beantragtem Kurzarbeitergeld sollte bestenfalls vollständig bewirkt werden. Alle erforderlichen, darauf gerichteten Maßnahmen sollte die Klägerin entfalten. Eine dieser Maßnahmen war die Einlegung des Widerspruchs gegen die Einstellungsverfügung; deren innerer Zusammenhang mit dem Grundkomplex „BA KUG“ deshalb ohne weiteres zu bejahen ist.
125Eine gesonderte Abrechnung von gesetzlichen Gebühren für das Widerspruchsverfahren scheidet daher aus.
126e)Im Ergebnis steht der Klägerin für den Komplex „BA KUG“ zwar grundsätzlich ein Zahlungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Gebühr von 32.990,85 € zu, dieser ist aber - wie ausgeführt – der Höhe nach auf die Vergütung beschränkt, die die Klägerin auf der Basis der behaupteten Stundenlohnvereinbarung gefordert hat.
127aa)Soweit die Beklagte in zweiter Instanz in Bezug auf die von der Klägerin erteilte Abrechnung nach Stundensätzen pauschal moniert hat, die von der Klägerin angesetzte Stundenanzahl sei zu hoch bemessen und im Übrigen der Stundensatz von 275 € netto der Höhe nach nicht gerechtfertigt, kann sie das der Vergütungsforderung nicht mit Erfolg entgegenhalten.Weil die Klägerin eigentlich die deutlich höheren gesetzlichen Gebühren beanspruchen könnte, ist schon zweifelhaft, ob es überhaupt noch auf die Einzelheiten der Berechnung ihrer (niedrigeren) Stundenlohnvergütung ankommt. Aber selbst wenn das der Fall wäre, ist die Berechnung der Klägerin nicht zu beanstanden:Dass der in Ansatz gebrachte Stundensatz von 275 € netto angesichts der Umstände des Streitfalles nicht unangemessen hoch, sondern vielmehr als üblich im Sinne von § 612 Abs. 2 BGB anzusehen ist, hat das Landgericht nach Auswertung der von ihm eingeholten Stellungnahme(n) der Rechtsanwaltskammer I3 festgestellt. Das ist von der Beklagten mit Substanz nicht mehr angegriffen worden; den Einwand der Beklagten, die Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer sei nicht ausreichend konkret und zu pauschal, hält der Senat für unbegründet. Die für eine Anwaltstätigkeit übliche Vergütung entspricht dem, was am gleichen Ort in gleichen oder ähnlichen Gewerben für entsprechende Dienstleistungen gezahlt zu werden pflegt (Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 46 zu § 34 RVG (Mayer)). Herangezogen werden für die Beurteilung dürfen die in § 14 Abs. 1, Abs. 4 RVG aufgeführten Kriterien (Palandt: BGB, 74. Auflage, Rn 11 zu § 612 BGB (Weidenkaff)). Die Rechtsanwaltskammer und ihr folgend das Landgericht haben ihrer Einschätzung diese Kriterien zu Grunde gelegt, also den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit berücksichtigt, die Bedeutung der Angelegenheit für die Beklagte bewertet sowie das Verhältnis zwischen der Leistung, der Verantwortung und dem Haftungsrisiko des Anwalts. Die Anwaltskammer hat zudem auf im Einzelnen dargelegte Erfahrungswerte zurückgegriffen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände in Ansehung der Ausrichtung, Größe sowie Spezialisierung der Kanzlei der Klägerin hat der Senat auch – unter Einbeziehung eigener Erfahrungswerte aus ähnlich gelagerten Streitfällen – keine Bedenken, den Stundensatz zwischen 250 € und 300 € netto für die Tätigkeit der Klägerin - durchgängig – als angemessen und üblich anzusehen.
128Auch der Angriff der Beklagten gegen die in der Angelegenheit „BA KUG“ von der Klägerin angesetzte Stundenanzahl verfängt nicht. Er ist im Wesentlichen auf die Annahme der Beklagten gestützt, dass nur der nach Darstellung der Beklagten als Einzelanwalt beauftragte Rechtsanwalt Dr. I2 seine Arbeitsleistung habe berechnen dürfen; dass das schon vom Ansatz her nicht zutrifft, ist oben ausgeführt worden.Soweit die Beklagte in zweiter Instanz daran festhält, die Klägerin habe zu ihrem Nachteil - der Beklagten - im 15-Minuten-Takt abgerechnet, hat die Klägerin darauf schon in erster Instanz erwidert, dass diese Zeiterfassung Ergebnis einer Abrundung der tatsächlich erbrachten Tätigkeit sei. Dem hat die Beklagte nichts mehr entgegengehalten; eine für sie nachteilige Abrechnungsweise ist danach nicht feststellbar.
129bb)Für den Komplex „BA KUG“ hat die Klägerin nach Stundenlohn insgesamt 27.979,87 € (brutto) abgerechnet. Dabei hat die Klägerin allerdings weder in ihrer mit der Replik vom 28.02.2012 erteilten Abrechnung noch in zweiter Instanz die geleisteten Stunden zwischen dem „Grundkomplex BA KUG“ und dem Widerspruchsverfahren aufgeteilt. Die Klägerin hat jedoch in der Replik ausdrücklich bestimmt, dass von dem Betrag in Höhe von 27.979,87 € auf die Vertretung der Beklagten im Widerspruchsverfahren die mit der Rechnung mit der Endnummer 645/12 berechneten 3.928,43 € brutto/3.301,20 € netto entfallen sollen. Das entspricht ausgehend von einem Stundenlohn von 275 € netto einer Arbeitszeit von rund 12 Stunden, die im Verhältnis zum Gesamtaufwand für die Angelegenheit nicht unangemessen hoch erscheint. Weil die Klägerin wie dargestellt auf eine (gesonderte) Vergütung der für das Widerspruchsverfahren entfalteten Tätigkeit keinen Anspruch hat, steht ihr mithin für den Komplex „BA KUG“ nur die Differenz von (27.979,87 € abzgl. 3.928,43 € =) 24.051,44 € zu. Hiervon hat das Landgericht 20.539,40 € zuerkannt, so dass die Berufung der Klägerin in diesem Punkt in Höhe von (nur) 3.512,04 € Erfolg hat.
1301.2. Arbeitnehmerüberlassungsverträge
131Dass die Klägerin damit beauftragt worden ist, die Verträge der Beklagten mit den die Arbeitnehmer entleihenden Firmen zu überarbeiten und hierzu jedenfalls ein Vertragskonzept/-muster zu entwerfen, steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 RVG) zu, der sich wie folgt errechnet
132Gegenstandswert 500.000, € |
|
3.894,80 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
3.914,80 € |
19 % Ust |
743,81 € |
Summe |
4.658,61 € |
Die Überarbeitung von Verträgen bzw das Fertigen eines Vertragsentwurfs ist ausweislich der Vorbemerkung Nr. 2.3. zu Ziffer 2300 VV RVG als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu bewerten und damit keine reine Beratungstätigkeit nach § 34 RVG ( auch Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 14 zu VV 2300 (Mayer)). Entgegen der Auffassung des Landgerichts oblag es der Klägerin deshalb, nach §§ 13,14 RVG i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG abzurechnen. Das hat sie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in ihrer Replik nachgeholt.
134Einwände von Substanz hat die Beklagte der Abrechnung nicht entgegengehalten.Soweit sie gemeint hat, die Klägerin habe „eine Vergütung nach § 34 RVG zu beanspruchen, die üblich und angemessen bei 1.000 € liege“, übersieht die Beklagte, dass eine Geschäftstätigkeit im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG eben nicht nach § 34 RVG, sondern gemäß §§ 13,14 RVG abzurechnen war.
135Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach allerdings beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangt hat, also auf 3.190,68 € . Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl von 9,75 Stunden hat die Beklagte in erster Instanz lediglich bezüglich eines Anteils von 3,25 Stunden mit der Begründung angegriffen, es sei nur die Tätigkeit des als Einzelanwalt beauftragten Dr. I2 abrechenbar (Bl. 226 GA).Dass das schon vom Ansatz her nicht zutrifft, wurde ausgeführt (s. oben Ziffer I.).
1361.3. TAZ - Zulassung
137Dass die Klägerin damit beauftragt worden war, auf ein Schreiben der BA zu reagieren, mit dem diese beanstandet hatte, in einer Tochterfirma der Beklagten, der U2GmbH, seien Fördergelder unzweckmäßig verwendet worden, steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet :
138Gegenstandswert 30.000, € |
|
985,40 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
1.005,40 |
19 % Ust |
191,03 € |
Summe |
1.196,43 € |
Weil die Klägerin nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag die Beklagte nicht nur intern beraten, sondern Besprechungen mit dem Leiter der U2GmbH geführt hat, dessen Ersetzung in Betracht zu ziehen war, ist ihre Tätigkeit als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu werten Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten.
140Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung für 3,5 Stunden verlangt hat, also auf 1.145,37 €. Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt
1411.4. Kapitalaufbringung
142Ebenfalls nicht in Streit steht zwischen den Parteien, dass die Klägerin damit beauftragt worden war, zu überprüfen, ob die bei der Beklagten eingezahlten Kapitaleinlagen von 300.000 € ordnungsgemäß erbracht worden waren und das Ergebnis ihrer Prüfung der Beklagten und einer Gesellschafterin der Beklagten schriftlich mitzuteilen. Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
143Gegenstandswert 300.000, € |
|
2.974,40 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
2.994,40 € |
19 % Ust |
568,94 € |
Summe |
3.563,34 € |
Weil die Klägerin nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag ihre rechtliche Einschätzung zu der Frage der Deckung der Kapitaleinlagen neben den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten auch der dem Gesellschafterkreis zugehörenden Firma N schriftlich mitteilen sollte und mitteilte, trat sie nicht nur intern im Rahmen des Mandatsverhältnisses beratend auf. Ihre Tätigkeit ist deshalb als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu werten Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten.
145Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangt hat, also auf 245,43 € . Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
1461.5. U2Satzung/Geschäftsführerwechsel
147Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin damit beauftragt worden war, eine Satzungsänderung bei der U GmbH und die Möglichkeit der Abberufung des Geschäftsführers zu prüfen. Dass die Klägerin die Prüfung vornahm, die Abberufung des Geschäftsführers empfahl und diese Empfehlung weisungsgemäß auch den weiteren Gesellschaftern der Beklagten unterbreitete, steht ebenfalls nicht in Streit. Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
148Gegenstandswert 30.000, € |
|
985,40 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
1.005,40 € |
19 % Ust |
191,03 € |
Summe |
1.196,43 € |
Weil die Klägerin nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag ihre rechtliche Empfehlung neben den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten auch den dem Gesellschafterkreis der Beklagten zugehörenden Gesellschaftern unterbreiten sollte, trat sie nicht nur intern beratend auf. Ihre Tätigkeit ist deshalb als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu werten Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten.
150Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangt hat, also auf 899,93 € . Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
1511.6. Änderung Gesellschaftsverträge
152Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, die Gesellschaftsverträge der Beklagten, ihrer Komplementärin und der U GmbH zu ändern. Die Klägerin arbeitete die Änderungen aus und besprach die geänderten Verträge mit den Verantwortlichen.
153Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
154Gegenstandswert 750.000, € |
|
4.869,80 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
4.889,80 € |
19 % Ust |
929,06 € |
Summe |
5.818,86 € |
Wie bereits ausgeführt, ist die Überarbeitung von Verträgen bzw das Fertigen eines Vertragsentwurfs ausweislich der Vorbemerkung Nr. 2.3. zu Ziffer 2300 VV RVG als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu bewerten und damit keine reine Beratungstätigkeit nach § 34 RVG ( auch Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 14 zu VV 2300 (Mayer)).
156Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten.
157Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangt hat, also auf 3.272,50 €. Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
1581.7. Beauftragter Arbeitsschutz
159Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, eine kurze Übersicht über die Aufgaben eines „Beauftragten für Arbeitsschutz“ und der „Fachkraft für Arbeitssicherung“ zu erstellen. Für ihre Tätigkeit hat sie keine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG erstellt, sondern die erbrachten 0,25 Stunden mit dem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt. abgerechnet, der nach Darstellung der Klägerin mündlich vereinbart worden war.
160Das ist – wie oben unter Ziffer II bereits ausgeführt – im Ergebnis nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich im Januar 2009 eine Stundenlohnabrede mündlich getroffen wurde: Denn wie oben erläutert entspricht der abgerechnete Stundenlohn jedenfalls der Üblichkeit (§ 34 Abs. 1 RVG i.V. m . § 612 Abs. 2 BGB) und die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
161Im Ergebnis ist daher der klägerseits abgerechnete Betrag von 81,81 € vom Landgericht zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden.
1621.8. K und C N
163Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, die Beklagte gegen zwei ehemalige Mitarbeiter zu vertreten, die von ihrer neuen Arbeitsstelle aus Leiharbeiter der Beklagten abwarben. Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
164Gegenstandswert 50.000, € |
|
1.359,80 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
1.379,80 € |
19 % Ust |
262,16 € |
Summe |
1.641,96 € |
Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten. Soweit sie die Auffassung vertreten hat, es sei wegen „unterdurchschnittlicher Schwierigkeit der Sache“ nur eine Gebühr von 1,0 anzusetzen, hat die Beklagte eine sachlich begründete Erklärung dafür, warum die Angelegenheit unterdurchschnittlich schwierig gewesen sein soll, nicht gegeben. Im Übrigen überstiege der nach Auffassung der Beklagte gerechtfertigte Anspruch in Höhe von 1.268,54 € den von der Klägerin tatsächlich geltend gemachten Anspruch, der sich – wie ausgeführt - der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangen konnte, also auf 981,75 €. Den Betrag hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 227 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
1661.9. Grenzüberschreitende AÜ
167Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, rechtlich zu prüfen, ob und wenn, welche Möglichkeiten sich aufgrund der erweiterten Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern für die Beklagte ergeben könnten.
168Für ihre sich auf eine rein interne Beratung beschränkende Tätigkeit hat die Klägerin keine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG erstellt, sondern die aufgewandten 7 Stunden mit dem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt. abgerechnet, der nach Darstellung der Klägerin vereinbart worden war.
169Das ist – wie oben unter Ziffer II bereits ausgeführt – im Ergebnis nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich im Januar 2009 eine Stundenlohnabrede mündlich getroffen wurde: Denn der abgerechnete Stundenlohn entspricht jedenfalls der Üblichkeit (§ 34 Abs. 1 RVG i.V. m . § 612 Abs. 2 BGB) und die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
170Im Ergebnis ist daher der klägerseits abgerechnete Betrag von 2.290,75 € vom Landgericht zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden.
1711.10. AÜG –Prüfungsankündigung vom 05.01.2011
172Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, nach einer am 05.01.2011 erfolgten Ankündigung einer Prüfung nach dem AÜG durch die Regionaldirektion der BA zu ermitteln, mit welchen Folgen und Maßnahmen die Beklagte eventuell zu rechnen habe. Das Ergebnis ihrer Prüfung teilte die Klägerin der Beklagten mit EMAIl vom 17.01.2011 mit.
173Für ihre sich auf eine rein interne Beratung beschränkende Tätigkeit hat die Klägerin keine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG erstellt, sondern die aufgewandten 0,75 Stunden mit dem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt. abgerechnet, der nach Darstellung der Klägerin vereinbart worden war.
174Das ist – wie oben unter Ziffer II bereits ausgeführt – im Ergebnis nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich im Januar 2009 eine Stundenlohnabrede mündlich getroffen wurde: Denn der abgerechnete Stundenlohn entspricht jedenfalls der Üblichkeit (§ 34 Abs. 1 RVG i.V. m . § 612 Abs. 2 BGB) und die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
175Im Ergebnis ist daher der klägerseits abgerechnete Betrag von 245,43 € vom Landgericht zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden.
1761.11. Schriftformerfordernis AÜ-Verträge
177Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, eine Stellungnahme für die Beklagte zu der Frage zu fertigen, was in den Fällen gelte, wenn keine schriftlichen Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit den Entleihern geschlossen wurden. Das Ergebnis ihrer Prüfung hat die Klägerin der Beklagten in einer EMAIL mitgeteilt.
178Für ihre auf eine rein interne Beratung beschränkte Tätigkeit hat die Klägerin keine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG erstellt, sondern die aufgewandten 0,5 Stunden mit dem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt. abgerechnet, der nach Darstellung der Klägerin vereinbart worden war.
179Das ist – wie oben unter Ziffer II bereits ausgeführt – im Ergebnis nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich im Januar 2009 eine Stundenlohnabrede mündlich getroffen wurde: Denn der abgerechnete Stundenlohn entspricht jedenfalls der Üblichkeit (§ 34 Abs. 1 RVG i.V. m . § 612 Abs. 2 BGB) und die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
180Im Ergebnis ist daher der klägerseits abgerechnete Betrag von 163,62 € vom Landgericht zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden.
1811.12. Holdingfinanzierung
182Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin damit beauftragt wurde, zu überprüfen, ob eventuell stille Reserven aus einer Beteiligung der Beklagten an der U2 GmbH gehoben und für die Beklagte steuerfrei verwendet werden könnten.
183Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
184Gegenstandswert 1.000.000, € |
|
5.844,80 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
5.864,80 € |
19 % Ust |
1.114,31 € |
Summe |
6.979,11 € |
Wie die Klägerin unwidersprochen darstellt, hat sie nach Prüfung der Rechtslage das Ergebnis nicht nur den verantwortlichen Mitarbeitern der Komplementär-GmbH der Beklagten, sondern auch dem weiteren Gesellschafterkreis der Beklagten unterbreitet und trat deshalb nicht nur intern beratend auf. Ihre Tätigkeit ist deshalb als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu werten Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten.
186Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangt hat, also auf 2.536,18 € . Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
1871.13. Bürgschaft
188Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin damit beauftragt worden war, für die Beklagte die S Versicherung aus einer Bürgschaft für Warenlieferungen in Anspruch zu nehmen.
189Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
190Gegenstandswert 50.000, € |
|
1.359,80 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
1.379,80 € |
19 % Ust |
262,16 € |
Summe |
1.641,96 € |
Auf der Basis der behaupteten Stundenlohnvereinbarung hatte die Klägerin in dieser Angelegenheit 1.881,69 € angesetzt (Bl. 431 GA). Weil dieses Honorar die gesetzlich geschuldeten Gebühren von 1.641,96 € übersteigt, kann in Befolgung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.06.2014 nur Letzteres verlangt werden, s.o.
192Soweit die Klägerin bei ihrer Berechnung in erster Instanz zunächst einen Gegenstandswert von 60.000 € angesetzt und Gebühren von 1.761,08 € brutto gefordert hatte, hat sie das mit Schriftsatz vom 04.10.2012 korrigiert. Dass die Bürgschaft sich lediglich auf einen Betrag bis 50.000 € bezog, steht zwischen den Parteien inzwischen auch nicht mehr in Streit. Deshalb hat die Klägerin mit ihrer Berufung keinen Erfolg, soweit sie mit dieser wiederum – irrtümlich, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat – die von einem Gegenstandswert von 60.000 € ausgehenden Gebühren verlangt.
193Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht 1.641,96 € zugesprochen; den mit der Berufung zusätzlich begehrten Differenzbetrag von 119,12 € kann die Klägerin nicht beanspruchen.
1941.14. Kündigung Frau M
195Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, rechtlich zu prüfen, ob eine außerordentliche Kündigung der Zeugin M, die als angestellte Justitiarin bei der Beklagten tätig war und ist, möglich sei, weil dieser hinsichtlich der Bürgschaft bei der S Versicherung (s. oben Ziffer 1.13) eine Fehleinschätzung unterlaufen sei. Für ihre sich auf eine rein interne Beratung beschränkende Tätigkeit hat die Klägerin keine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG erstellt, sondern die aufgewandten 0,5 Stunden mit dem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt. abgerechnet, der nach Darstellung der Klägerin vereinbart worden war.
196Das ist – wie oben unter Ziffer II bereits ausgeführt – im Ergebnis nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich im Januar 2009 eine Stundenlohnabrede mündlich getroffen wurde: Denn der abgerechnete Stundenlohn entspricht jedenfalls der Üblichkeit (§ 34 Abs. 1 RVG i.V. m . § 612 Abs. 2 BGB) und die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
197Im Ergebnis ist daher der klägerseits abgerechnete Betrag von 163,62 € vom Landgericht zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden.
1981.15. Beiratshonorar Dr. I2 für die Sitzung vom 24.03.2011
199In Bezug auf das aus abgetretenem Recht von der Klägerin geltend gemachte Beiratshonorar wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziffer 2.) verwiesen.
2001.16. Jahresabschlusserklärung
201Die Klägerin wurde von der Beklagten unstreitig damit beauftragt, eine Anwaltsbestätigung zur Jahresabschlusserklärung für die Bilanz 2010 abzugeben. Für ihre sich auf eine rein interne Beratung beschränkende Tätigkeit hat die Klägerin keine Abrechnung nach §§ 13,14 RVG erstellt, sondern die aufgewandten 0,25 Stunden mit dem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt. abgerechnet, der nach Darstellung der Klägerin vereinbart worden war.
202Das ist – wie oben unter Ziffer II bereits ausgeführt – im Ergebnis nicht zu beanstanden und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich im Januar 2009 eine Stundenlohnabrede mündlich getroffen wurde: Denn der abgerechnete Stundenlohn entspricht jedenfalls der Üblichkeit (§ 34 Abs. 1 RVG i.V. m . § 612 Abs. 2 BGB) und die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
203Im Ergebnis ist daher der klägerseits abgerechnete Betrag von 81,81 € vom Landgericht zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden.
2041.17. Beteiligungsverkauf
205Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin damit beauftragt wurde, die Beklagte in deren Bemühen um die Veräußerung von Anteilen zum Zwecke der Kapitalgewinnung zu vertreten.
206Für ihre Tätigkeit steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der gesetzlichen Gebühren ( §§ 675,611 BGB i.V.m. Ziffer 2300 VV RVG) zu, der sich wie folgt errechnet:
207Gegenstandswert 1.000.000, € |
|
5.844,80 € |
|
7002 VV RVG Post- u. Telekommunikationsleistungen |
20,00 € |
Zwischensumme |
5.864,80 € |
19 % Ust |
1.114,31 € |
Summe |
6.979,11 € |
Wie die Klägerin unwidersprochen darstellt, hat sie nach Prüfung der Rechtslage das Ergebnis nicht nur mit den verantwortlichen Mitarbeitern der Komplementär-GmbH der Beklagten erörtert, sondern auch mit externen „M&A“ – Beratern („Merchandise & Akquise“); sie trat deshalb nicht nur intern beratend auf. Ihre Tätigkeit ist als „Geschäftstätigkeit“ im Sinne von Ziffer 2300 VV RVG zu werten Die erforderliche Abrechnung nach §§ 13,14 RVG hat die Klägerin im Rahmen ihrer Replik nachgeholt. Einwände von Substanz hat die Beklagte dieser Abrechnung nicht entgegengehalten.
209Der der Klägerin grundsätzlich zustehende Gebührenanspruch ist der Höhe nach beschränkt auf die Vergütung, die die Klägerin auf der Grundlage der von ihr behaupteten Stundenlohnabrechnung verlangt hat, also auf 1.554,43 € . Der Betrag ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als geschuldete Vergütung zugesprochen worden. Die pauschalen Einwände der Beklagten gegen die Höhe des Stundensatzes von 275 € netto verfangen nicht (s.o.). Die klägerseits in Ansatz gebrachte Stundenanzahl hat die Beklagte in erster Instanz ausdrücklich im Schriftsatz vom 21.06.2012 unstreitig gestellt (Bl. 230 GA). Soweit sie in zweiter Instanz davon wieder abrückt, ist ihr Bestreiten unerheblich; eine Begründung dafür, warum die Beklagte die zunächst anerkannten Stunden (doch) nicht mehr als zutreffend ansieht, fehlt.
2101.18.
211Als Zwischenergebnis zu Ziffer 1.) kann festgehalten werden, dass für die vorstehenden 16 Angelegenheiten von der Klägerin ein Anwaltshonorar in Höhe von insgesamt 42.546,71 € verlangt werden konnte; nach Abzug der von der Beklagten unstreitig geleisteten Zahlungen vom 13.09.2010 (3.027,06 €) und vom 15.11.2010 (14.000 €) verbleibt ein Restbetrag von 25.519,65 €.
2122.
213Der Klägerin steht außerdem aus abgetretenem Recht eine Vergütung für die Beiratstätigkeit von Rechtsanwalt Dr. I2 gemäß §§ 675,611,398 BGB in Höhe von 10.710,00 € zu.
2142.1.Dass die Klägerin materiell berechtigt ist, das Honorar für die von Dr. I2 in den Jahren 2009 und 2010 sowie am 24.03.2011 erbrachte Tätigkeit im Beirat der Beklagten zu fordern, ist nach der von ihm am 28.02.2012 erklärten Abtretung der Forderung nicht mehr zweifelhaft. Anhaltspunkte, die gegen die Wirksamkeit der zur Gerichtsakte gereichten Abtretungserklärung sprechen könnten, sind weder ersichtlich, noch vorgetragen.
2152.2.
216Der Höhe nach steht der Klägerin für die in den Jahren 2009 und 2010 erbrachte Beiratstätigkeit ein Honorar von jeweils 4.000 € zzgl. USt und für die am 24.03.2011 erbrachte Tätigkeit ein anteiliges Honorar von 1.000 € zzgl. USt zu; insgesamt ein Betrag von 10.710 € incl. USt.
217a)Die Klägerin hat durch Vorlage eines Auszuges des Gesellschaftsvertrages der Beklagten sowie durch Vorlage des Kurz- und des Langprotokoll der Beiratssitzung vom 07.04.2008 (Bl. 27/182 GA) substantiiert vorgetragen und – der Urkundeninhalt ist unstreitig - belegt, dass die Beklagte den Mitgliedern ihres Beirats eine fixe jährliche Vergütung von 4.000 € zzgl. Umsatzsteuer schuldet und nicht - wie von ihr behauptet - eine vom Umfang der Sitzungstätigkeit abhängige Bezahlung.
218Im Gesellschaftsvertrag der Beklagten – dort in § 6 a Ziffer III, Bl. 187 GA– ist ausdrücklich bestimmt, dass den Beiratsmitgliedern eine jährliche Vergütung gezahlt werden soll, deren Höhe durch einen noch zu fassenden Gesellschafterbeschluss festgelegt werden soll. Dieser Gesellschafterbeschluss wurde in der Sitzung vom 07.04.2008 gefasst; ausweislich des Sitzungsprotokolls erwartete die Beiratsmitglieder bei vier anvisierten Sitzungen pro Jahr ein Salär von – so wörtlich - „4.000 € p.a.“, mithin eine garantierte jährliche Vergütung. Einen protokollimmanenten Widerspruch vermag der Senat im Gegensatz zu der Beklagten nicht zu erkennen: Die Erwähnung der Anzahl der beabsichtigten Sitzungen lässt sich gerade nicht ohne Weiteres so auslegen, dass nur bei Teilnahme an allen vier Sitzungen das in den Blick genommene Honorar verdient sein sollte; darauf hindeutende, weitere Anhaltspunkte fehlen im Text.
219b)Soweit die Beklagte dessen ungeachtet behauptet hat, die Beschlussfassung am 07.04.2008 sei jedenfalls so gemeint gewesen, dass ein Honorar von 1000 € zzgl. USt. für jede vom Beiratsmitglied wahrgenommene Sitzung gezahlt werden sollte, hat sie ihre Behauptung nicht bewiesen. Der von ihr gegen den Wortlaut des Protokolls benannte Zeuge y hat bei seiner Einvernahme vor dem Landgericht nicht bestätigen können, dass bei der Beschlussfassung in der Sitzung am 07.04.2008 sämtliche Stimmberechtigte die Vergütungsregelung so verstanden haben, wie sie die Beklagte nach ihrem Vortrag im vorliegenden Verfahren verstanden wissen will. Der Zeuge hat zwar bestätigt, dass er mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten besprochen habe, dass die Vergütung den Beiratsmitgliedern sitzungsabhängig gezahlt werden solle. Ob diese vom Zeugen y und Herrn P entwickelte Vorstellung aber so auch explizit mit den Stimmberechtigten vor Beschlussfassung am 07.04.2008 besprochen wurde und ob die Stimmberechtigten sich dem bei ihrer Beschlussfassung auch anschlossen haben, konnte der Zeuge y ausweislich des seine Vernehmung vor dem Landgericht betreffenden Protokolls indessen nicht erinnern.
220Folgerichtig hat das Landgericht die fehlende Erinnerung des Zeugen y der Beweisfrage in seinem Urteil festgestellt und seine Aussage als nicht ergiebig angesehen; Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen begründen könnten, zeigt die Beklagte in ihrer Berufung nicht auf.
221Aus diesem Grund bedurfte es der erneuten Einvernahme des Zeugen y diesem Thema vor dem Senat nicht. Darauf wurden die Parteien in der Sitzung vom 21.05.2015 hingewiesen.
222c)In der Summe beläuft sich das Beiratshonorar für die Jahre 2009 und 2010 auf (4.000 € x 2 zzgl. 1.520 € USt =) 9.520,00 €.
223Da Rechtsanwalt Dr. I2 nach Aktenlage im Jahr 2011 nach Teilnahme an nur einer Sitzung aus dem Beirat ausschied, kann er das Jahreshonorar für 2011 lediglich zeitanteilig verlangen – beschränkt auf das erste Quartal des angefangenen Jahres. Das führt zu einem Vergütungsanspruch in Höhe von 1.000 € zzgl. 190 € Ust = 1.190 €. Nicht verlangen kann die Klägerin eine Vergütung der in der Beiratssitzung am 24.03.2011 von Rechtsanwalt Dr. I2 aufgewandten fünf Stunden mit einem Stundensatz von 275 € netto zzgl. USt., wie sie es in ihrer Abrechnung ursprünglich getan hat. Für eine solche Abrechnung fehlt es an einer rechtlichen Grundlage; anwaltlich tätig wurde Rechtsanwalt Dr. I2 in der Beiratssitzung unstreitig nicht.
224Den der Klägerin zustehenden Anspruch in Höhe von 10.710,00 € hat das Landgericht im Ergebnis in vollem Umfang zugesprochen. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung gestützt auf die nach Stundensatz abgerechnete Beiratstätigkeit von Dr. I2 am 24.03.2011 ein höheres Honorar verlangt, bleibt ihr Rechtsmittel ohne Erfolg.
2253.
226Die Gesamtvergütung, die die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht von der Beklagten fordern kann, beläuft sich entsprechend der vorstehenden Ausführungen auf 36.229,65 €. Davon hat das Landgericht 32.717,61 € zuerkannt.
227Die Berufung der Klägerin hat folglich in Höhe von 3.512,04 € Erfolg.
228IV.Die der Klägerin zustehende Vergütungsforderung ist nicht durch die von der Beklagten hilfsweise - weil neben dem in erster Linie erfolgten Bestreiten der anspruchsbegründenden Voraussetzungen und erstmals im Prozess - erklärten Aufrechnung mit einer der Beklagten nach ihrer Auffassung zustehenden Regressforderung erloschen, § 387 ff BGB.
229Der Beklagten steht gegen die Klägerin kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 62.880,38 € aus §§ 280 Abs. 1, 675,611 BGB, 8 PartGG wegen einer schuldhaften Verletzung der der Klägerin obliegenden, anwaltlichen Pflichten zu. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, bedarf es dabei keiner abschließenden Entscheidung, ob die Beklagte – wie sie behauptet - am 26.03.2009 durch die bei der Klägerin angestellte Zeugin I rechtlich unzutreffend und damit pflichtwidrig beraten worden ist. Denn der Beklagten ist es nicht gelungen, die weitere anspruchsbegründende Voraussetzung eines auf der behaupteten Pflichtverletzung beruhenden, ersatzfähigen Schadens schlüssig darzulegen.
230Daran scheitert der geltend gemachte Regressanspruch.
2311.
232Dass zwischen den Parteien ein Anwaltsvertrag gemäß §§ 675,611 BGB, 8 PartGG bestanden hat, noch dessen Inhalt die Klägerin damit beauftragt worden war, die Interessen der Beklagten im Rahmen der von dieser mit der Bundesagentur für Arbeit geführten Auseinandersetzung zu vertreten, wurde bereits dargestellt; auf die Ausführungen unter Ziffer I. wird verwiesen.
2332.Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob der Vorwurf der Beklagten zutrifft, die bei der Klägerin angestellte Zeugin I habe die Beklagte am 26.03.2009 falsch beraten, weil sie zu Unrecht verneint habe, dass nach neuer Rechtslage vor einer Beantragung von Kurzarbeitergeld sowohl die positiven Guthaben auf den Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter aufgelöst, als auch sämtliche bestehenden Urlaubsansprüche der Mitarbeiter realisiert werden müssten.
234Selbst wenn die behauptete Pflichtverletzung als gegeben unterstellt wird, hat die Beklagte es nicht vermocht, schlüssig darzulegen, dass und in welcher Höhe ihr ggfls. aus der angeblichen Falschberatung kausal ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.
235a)Anspruchsbegründende Voraussetzung für eine erfolgreiche Geltendmachung von Regressansprüchen gegen einen Anwalt aus §§ 280 Abs. 1, 675,611 BGB ist u.a., dass die vom Mandanten behauptete Pflichtverletzung ursächlich für den behaupteten Schaden geworden ist. Diese sogenannte haftungsausfüllende Kausalität hat der einen Regressschaden geltend machende Mandant darzulegen und zu beweisen, wobei für die richterliche Überzeugung eine überwiegende, auf gesetzlicher Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit gemäß § 287 ZPO ausreicht (Zugehör, a.a.O., Rnrn.1098 ff. (G. Fischer)).
236Zur haftungsausfüllenden Kausalität zählt dabei auch die Frage, wie sich der eine Falschberatung seines Anwaltes behauptende Mandant bei pflichtgemäßer Beratung des Anwalts hypothetisch verhalten hätte (Zugehör, a.a.O., Rn.1104; Fahrendorf,a.a.O., Rn 755 (Fahrendorf)). Wären mehrere Handlungsalternativen in Betracht gekommen, dann muss der Mandant denjenigen Weg bezeichnen, für den er sich entschieden hätte. Wäre nur eine einzige Verhaltensweise als Reaktion auf die korrekte Beratung durch den Anwalt realistisch in Betracht gekommen, dann spricht eine Vermutung dafür, dass der Mandant diese gewählt hätte.Lässt sich feststellen, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung durch den Anwalt verhalten hätte, war aber die Vermeidung des behaupteten Schadens außerdem von einem bestimmten Verhalten eines Dritten abhängig, dann muss der Mandant auch das für ihn günstige Verhalten des Dritten darlegen und beweisen (Zugehör, a.a.O., Rn.1104 (G. Fischer)).
237Zuletzt hat der Mandant zu berücksichtigen, dass der in Anspruch genommene Rechtsanwalt ihn vermögensmäßig (nur) so zu stellen hat, wie er bei pflichtgemäßer Beratung stünde (Zugehör, a.a.O., Rn.1172 (G. Fischer), m.w.N.). Ersatzfähig gemäß §§ 249 ff BGB ist lediglich die Differenz zwischen der Gesamtvermögenslage des Mandanten, wie sie sich nach dem behaupteten, schädigenden Anwaltsverhalten darstellt und der Gesamtvermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Anwalt pflichtgemäß gehandelt hätte (sogenannte Differenzhypothese). Dabei sind sämtliche von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen Vermögenspositionen in den Blick zu nehmen und ins Verhältnis zu setzen (Zugehör, a.a.O., Rn., a.a.O.)
238b)Den vorstehend dargestellten Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten ungeachtet der schon vom Landgericht erteilten Hinweise nach wie vor nicht.
239aa)
240Ausgehend vom Sachvortrag der Beklagten lässt sich bereits nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass sie – was sie zur richtungsweisenden Grundlage ihrer Schadensberechnung gemacht hat – bei aus ihrer Sicht richtiger Beratung durch die Zeugin I kein Kurzarbeitergeld beantragt, sondern stattdessen 128 Mitarbeiter entlassen hätte.
241Die Beklagte hat nach Aktenlage in den ersten zwei Monaten des Jahres 2009 über 40 neue Mitarbeiter eingestellt, obwohl sie nach eigenem Vortrag zu diesem Zeitpunkt noch nicht davon ausging, Kurzarbeitergeld beantragen zu können. Konnte die Beklagte aber trotz der nach ihrer Darstellung schlechten wirtschaftlichen Situation die finanziellen Mittel für die Einstellung und Beschäftigung neuer Mitarbeiter aufbringen, dann ist ihre Behauptung, sie hätte 128 Mitarbeiter entlassen (müssen), wenn sie nach der Beratung am 26.03.2009 kein Kurzarbeitergeld beantragt hätte, nicht nachvollziehbar.
242Es überzeugt auch nicht, wenn die Beklagte behauptet, sie hätte auf staatliche Unterstützung von über 1,4 Millionen Euro – die sie im hier interessierenden Zeitraum von etwa 1,5 Jahren insgesamt bezogen hat - nur deshalb verzichtet, weil sie vor Beantragung von Kurzarbeitergeld Zeitkonten und Urlaubsansprüche hätte auflösen/abbauen müssen, die sich nach Darstellung der Beklagten auf einen Geldwert von rund 227.000 € (Bl. 284 GA) beliefen. Das muss insbesondere vor dem Hintergrund gelten, dass die Beklagte dann, wenn sie kein Kurzarbeitergeld beantragt, aber Mitarbeiter entlassen hätte, das Risiko eingegangen wäre, mit Kosten in seinerzeit noch unbekannter Höhe für etwaige Kündigungsschutzprozesse belastet zu werden.
243Gegen die Behauptung der Beklagten, sie hätte bei richtiger Beratung kein Kurzarbeitergeld beantragt, spricht auch, dass die Beklagte bereits weit vor dem Beratungsgespräch vom 26.03.2009, nämlich ab Anfang März 2009 erste Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt hatte, ohne dass dem eine rechtliche Beratung über die Vorgehensweise bezüglich der Arbeitszeitkonten und der Urlaubsansprüche vorausgegangen wäre. Ohne die nachfolgende Beantragung von Kurzarbeitergeld und dessen Zahlung wäre die Beklagte mit den schon entstandenen Lohnansprüchen der in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeiter in vollem Umfang belastet worden, ohne dass sie dafür einen Ausgleich erhalten hätte. Dass die Beklagte diesen Nachteil in Kauf genommen hätte, erscheint fernliegend.
244bb)Die Beklagte legt im Übrigen ihrer Schadensberechnung gerade nicht den erforderlichen Gesamtvermögensvergleich zwischen ihrer tatsächlichen finanziellen Situation nach dem behaupteten Anwaltsfehler und der hypothetischen finanziellen Situation ohne diesen zu Grunde.
245Eine umfassende, substantiierte Darstellung aller durch das angebliche Schadensereignis betroffenen Vermögenspositionen fehlt. Diese hätte Angaben dazu erfordert, welchen Umsatz und Gewinn die Beklagte hypothetisch gemacht hätte, wenn sie keine Kurzarbeit eingeführt und kein Kurzarbeitergeld beantragt und erhalten, sondern stattdessen 128 Arbeitnehmer entlassen hätte. In dem Zusammenhang hätte es für jeden einzelnen zu kündigenden Arbeitnehmer der Darlegung bedurft, wie lange er bei der Beklagten beschäftigt war, dass er problemlos innerhalb kurzer Frist hätte gekündigt werden können und welche Kosten insoweit maximal bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses entstanden wären; die von der Beklagten vorgenommene Bezugnahme auf eingereichte Tabellen reicht insoweit nicht. Außerdem hätte die Beklagte unter konkreter Darlegung der von ihr abzuarbeitenden Aufträge im streitigen Zeitraum vortragen müssen, dass ihr nach erfolgter Kündigung von 128 Arbeitnehmern noch eine ausreichende Anzahl an Arbeitnehmern verblieben wäre, die nach ihrer fachlichen Qualifikation, ihrer örtlichen Einsetzbarkeit und ihren zeitlichen Kapazitäten in der Lage gewesen wären, sämtliche vorhandenen Aufträge abzuarbeiten, so dass der Beklagten der tatsächlich erwirtschaftete Umsatz/Gewinn auch bei Entlassung von 128 Mitarbeitern verblieben wäre.
246Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang ohne nähere Konkretisierung darauf verwiesen hat, sie hätte noch 233 produktive Arbeitnehmer behalten, die die vorhandene Arbeit ebenso gut hätten leisten können, wie die tatsächlich nach dem 26.03.2009 weiterbeschäftigten 361 Arbeitnehmer, ist ihre Darlegung nicht überzeugend. Es reicht insoweit nicht aus, nur auf die Stundenanzahl zu verweisen, die die verbliebenen Arbeitnehmer theoretisch ohne Kurzarbeit hätten leisten können; zumal zwischen den nach Darstellung der Beklagten tatsächlich mit allen 361 produktiven, aber Kurzarbeit leistenden Arbeitnehmern erbrachten Stunden (772.798,88 Stunden März 2009 – Juli 2010) und dem Stundenvolumen, das nach Darstellung der Beklagten 233 Arbeitnehmer unter Beachtung der Tarifvorgaben bei voller Arbeitszeit hätten leisten können (582.267 Stunden), eine Lücke von rund 190.000 Stunden klafft.Es hätte vielmehr Vortrag dazu gehalten werden müssen, dass die verbliebenen 233 Arbeitnehmer nach ihren fachlichen Qualifikationen und nach ihrer örtlichen Einsatzfähigkeit überhaupt in der Lage gewesen wären, alle vorhandenen Aufträge an den jeweiligen Einsatzorten zu erfüllen. Auch dazu, wo die verbliebenen Arbeitnehmer ab März 2009 tatsächlich eingesetzt waren und ob sie überhaupt kurzfristig für andere Aufträge hätten abberufen werden können, fehlt substantiierter Vortrag der Beklagten.
247Die Beklagte hat auch nicht konkret vorgetragen, welche Beträge sie tatsächlich nach dem 26.03.2009 – unter Berücksichtigung des an sie gezahlten Kurzarbeitergeldes - erwirtschaftet hat.
248Sie hat sich darauf beschränkt, vorzutragen, welche Kosten ihr bei einer Entlassung von 128 Mitarbeitern maximal entstanden wären ( nach ihrer bestrittenen Darstellung: 60.119,62 €) und hat diese Kosten von dem ihr nach ihrer Behauptung durch die Falschberatung entstandenen Schaden in Höhe von 123.000 € abgezogen. Diesen hat sie allerdings gerade nicht durch einen umfassenden Vermögensvergleich, sondern lediglich pauschal prozentual ermittelt, indem sie von den 300.000 € Kurzarbeitergeld, auf die sie in dem mit der BA geschlossenen Vergleich verzichtet hat, einen Teilbetrag von 280.000 € ins Verhältnis zu dem bei Vergleichsschluss mit der BA in Streit stehenden Kurzarbeitergeld (685.462,63 €) gesetzt hat.
249Damit wird die Beklagte den Anforderungen, die an die Darstellung des ersatzfähigen Schadens zu stellen sind, nicht gerecht. Ein Gesamtvermögensvergleich kann anhand der von der Beklagten vorgetragenen Umstände nicht angestellt werden; dass er überhaupt einen Negativsaldo zu Lasten der Beklagten zum Ergebnis hätte, den sie als durch den behaupteten Beratungsfehler verursachten Schaden ersetzt verlangen könnte, ist nicht feststellbar.
250V.Aus den unter IV. dargestellten Gründen hat auch die von der Beklagten in zweiter Instanz zulässigerweise (§ 533 ZPO) erhobene Widerklage in der Sache keinen Erfolg. Die Frage, ob die Forderung der Beklagten insoweit verjährt ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung durch den Senat.
251VI.
252Der Zinsanspruch der Klägerin ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286, 288 BGB in beantragter Höhe (§ 288 Abs. 2 BGB in der bis zum 22.07.2014 geltenden Fassung) begründet, wobei die Klägerin allerdings Zinsen erst ab dem auf die Zustellung ihrer Replik folgenden Tag (§ 187 BGB) verlangen kann, weil ein früherer Verzugseintritt nicht feststellbar ist: Erst in der Replik hat die Klägerin die von ihr geleisteten Stunden den oben unter Ziffer III. aufgeführten rechtlichen Angelegenheiten zugeordnet und eine - nicht auf die formunwirksame Stundenlohnvereinbarung gestützte - nachvollziehbare Abrechnung (§ 10 RVG) erteilt. Aus den ursprünglich der Klage zu Grunde gelegten Rechnungen nebst Zeiterfassung war eine Zuordnung der geleisteten Stunden zu den einzelnen Angelegenheiten nicht ohne weiteres möglich, so dass auch nicht feststellbar ist, ob die nachträglich spezifizierten Gebührenforderungen für die einzelnen Angelegenheiten bei Stellung der ursprünglichen Rechnungen bereits entstanden/fällig gewesen sind.
253Aus demselben Grund hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten; dass die Klägerin die Beklagte wirksam vor anwaltlicher Geltendmachung/Mahnung ihrer Forderung in Verzug gesetzt hätte, ist nicht ersichtlich.
254Der Senat konnte den Ausspruch des Landgerichts zu den Nebenforderungen der Klägerin zu deren Nachteil abändern, auch wenn die Beklagte hierzu in ihrer Berufungsbegründung nicht ausdrücklich Stellung genommen hat. Ausreichend für die Befassung und Entscheidungsbefugnis des Senats ist aber, dass der zum Hauptanspruch vorgebrachter Berufungsangriff der Beklagten auch den Nebenanspruch zu Fall bringen sollte (BGH, Urteil vom 09.03.2012 in NJW 2012, 2796; in NJW 2007,1534).
255C.
2561.
257Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf den §§ 92,97 ZPO, wobei der Senat unter Berücksichtigung des Wertes der erklärten (Hilfs-)Aufrechnung von einem Gesamtstreitwert in Höhe von 77.212,83 € für die erste Instanz ( Klageforderung in Höhe von 40.983,18 € zzgl. des Teils der zur hilfsweisen Aufrechnung gestellten Forderung (36.229,65 €), über den abschließend entschieden worden ist, § 45 Abs. 3 GKG) und - unter Einschluss der Widerklage - in Höhe von 62.835,38 € für die Berufungsinstanz ausgegangen ist, § 45 GKG.
258Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
2592.
260Die Revision war nicht zuzulassen.
261Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 ZPO).
Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Die Erteilung des Versprechens in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.
(1) Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für eine Gebührenvereinbarung nach § 34.
(2) In der Vereinbarung kann es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer überlassen werden, die Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen. Ist die Festsetzung der Vergütung dem Ermessen eines Vertragsteils überlassen, so gilt die gesetzliche Vergütung als vereinbart.
(3) Ist eine vereinbarte, eine nach Absatz 2 Satz 1 von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer festgesetzte oder eine nach § 4a für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch, kann sie im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden. Vor der Herabsetzung hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen; dies gilt nicht, wenn der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Vergütung nach Absatz 2 Satz 1 festgesetzt hat. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(4) Eine Vereinbarung, nach der ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine höhere als die gesetzliche Vergütung erhalten soll, ist nichtig. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung bleiben unberührt.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Parteien Die sind Telekommunikationsunternehmen. Sie streiten über Zinsansprüche der Klägerin wegen angeblich verspäteter Zahlungen der Beklagten.
- 2
- Die Parteien schlossen 1998 einen seither mehrfach geänderten Vertrag über die Zusammenschaltung ihrer Netze. Die Beklagte erbringt außerdem für die Klägerin aufgrund eines 2001 geschlossenen Fakturierungs- und Inkassovertrages (im Folgenden: F+I-Vertrag) Leistungen im Zusammenhang mit der Rechnungserstellung und dem Einzug von Forderungen gegenüber Dritten.
- 3
- Hinsichtlich der wechselseitigen Ansprüche aus dem F+I-Vertrag enthält Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung (Abrechnung zwischen den Vertragsparteien ) folgende Regelungen: "Der Vertragspartner (= Klägerin) kann jeweils in der Mitte und am Ende eines Kalendermonats in einer Rechnung die von ihm gelieferten und von der D. T. als fakturierbar erkannten Nettoentgelte zu den Leistungsdaten zuzüglich Umsatzsteuer mit der D. T. abrechnen. … Der Rechnungsbetrag muss spätestens am 30. Tag nach dem Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben oder verrechnet sein. … Die D. T. stellt dem Vertragspartner zum Monatsende eine Rechnung über ihre Leistungen. … Der Rechnungsbetrag muss spätestens am 30. Tag nach dem Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben oder verrechnet sein. Fällige Forderungen aus dem Fakturierungsvertrag werden miteinander verrechnet. …"
- 4
- Bezüglich des Entgelts, das die Beklagte für ihre Leistungen von der Klägerin verlangen kann, sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Nummer 4 (Zahlungsbedingungen) weiter Folgendes vor: "Die D. T. stellt dem Vertragspartner ihre Leistungen in Rechnung. Der Rechnungsbetrag ist mit Zugang der Rechnung fällig. Der Rechnungsbetrag muss spätestens am 30. Tag nach Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben sein."
- 5
- Die aufgrund des Zusammenschaltungs- und des F+I-Vertrags jeweils erbrachten Leistungen stellten sich die Parteien wechselseitig in Rechnung. Nach Verrechnung verbleibende Beträge wurden im Bankverkehr überwiesen.
- 6
- In den Jahren 2002 und 2003 kam es teilweise zu verzögerten Zahlungen der Beklagten. Hierfür berechnete die Klägerin Verzugszinsen. Die Beklagte beglich die Zinsforderungen nur teilweise. Sie ist insbesondere der Auffassung , sofern die jeweilige 30-Tages-Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag gefallen sei, habe sich die Zahlungsfrist entgegen der Ansicht der Klägerin gemäß § 193 BGB verlängert.
- 7
- In erster Instanz hat die Klage weitgehend Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgelegt, soweit die Klägerin Verzugszinsen auf Forderungen aus dem Zusammenschaltungsvertrag geltend macht (ZIP 2006, 1986). Hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Zinsen aus dem F+I-Vertrag in Höhe von insgesamt 495.815,20 € hat es die Berufung der Beklagten durch Teilurteil zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
- 8
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat die Zinsforderung der Klägerin aus dem F+IVertrag unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 288 BGB für begründet erachtet. Die Hauptforderungen der Klägerin seien nach den vertraglichen Abreden der Parteien bereits mit Zugang der entsprechenden Rechnungen fällig geworden. Die in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung geregelte 30-Tages-Frist bestimme, ab wann der Verzug der Beklagten mit der Erfüllung der Hauptforderung eintrete. Für eine derartige Frist gelte § 193 BGB nicht. Abweichende Abreden hätten die Parteien nicht getroffen.
II.
- 10
- Dies hält in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin kann von der Beklagten insoweit keine Zinsen auf Forderungen aus dem F+I-Vertrag verlangen, als diese ohne Berücksichtigung von § 193 BGB berechnet wurden.
- 11
- 1. Der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen folgt nicht aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB beziehungsweise für die im Jahr 2002 entstandenen Haupt- forderungen aus § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (Art. 229 § 5 EGBGB), jeweils i.V.m. § 288 BGB. Die Leistungszeit lässt sich nicht, wie es diese Vorschrift voraussetzt , unmittelbar aus dem Kalender bestimmen. Vielmehr hängt sie von einem Ereignis - dem Zugang der Rechnung - ab.
- 12
- 2. Für die ab dem 1. Januar 2003 entstandenen Hauptforderungen ergibt sich auch aus § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 288 BGB ein Anspruch der Klägerin auf Leistung von Verzugszinsen jedenfalls nicht über den eingangs genannten Umfang hinaus. Nach dieser Bestimmung tritt Verzug auch ohne Mahnung ein, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Ereignis im Sinne dieser Bestimmung kann auch der Zugang einer Rechnung sein (MünchKommBGB/ Ernst, 4. Aufl., § 286 Rn. 58; Staudinger/Löwisch (2004), § 286 Rn. 76).
- 13
- Voraussetzung für den Verzugseintritt ist, wie in den anderen Fällen des § 286 Abs. 1 bis 3 BGB auch, dass der Anspruch des Gläubigers fällig ist (siehe § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Hauptforderungen der Klägerin waren jedoch noch nicht an einem Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällig, wenn die 30-Tages-Frist nach Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung rechnerisch an einem dieser Tage ablief. Vielmehr trat die Fälligkeit gemäß § 193 BGB erst am folgenden Werktag ein, so dass sich die Klägerin frühestens ab dem anschließenden Tag in Verzug befinden konnte.
- 14
- a) Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vorinstanzen, nach der Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung dahin auszulegen ist, dass die jeweilige Hauptforderung der Klägerin bereits mit Zugang der Rechnung fällig sein sollte.
- 15
- aa) Der Senat kann den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag selbständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts auslegen. Zwar ist die Interpretation von Verträgen grundsätzlich nur eingeschränkt revisionsgerichtlich nachprüfbar (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 2006 - III ZR 257/05 - NJW 2006, 3642 Rn. 10 m.w.N.). Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung , dass das Revisionsgericht in der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen frei ist, wenn deren Anwendungsbereich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgeht (Senat aaO m.w.N.). Die von der Beklagten gestellten AGB sowie die Leistungsbeschreibung sind zur bundesweiten Verwendung in einer Vielzahl von Fällen bestimmt, so dass die maßgebliche Regelung eine über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgehende Bedeutung für zahlreiche Vertragsbeziehungen hat und damit ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (vgl. hierzu Senat aaO m.w.N.). Da überdies weitere tatsächliche Feststellungen zu Umständen, die für die Auslegung der Leistungsbeschreibung und der AGB von Bedeutung sein können, nicht mehr zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen (vgl. z.B.: BGHZ 121, 284, 289; Senatsurteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 - NJW 2006, 3777 Rn. 12; BGH, Versäumnisurteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 - NJW 1998, 1219 jew. m.w.N).
- 16
- bb) Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (z.B.: Bamberg/Roth/Grüneberg, BGB, § 271 Rn. 2; MünchKommBGB/Krüger, aaO § 271 Rn. 2; Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., § 271 Rn. 1). Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien (Bamberger/Roth/Grüneberg aaO Rn. 5; Palandt/ Heinrichs aaO Rn. 2). Haben diese eine Zeit bestimmt, so ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Das be- deutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (vgl. z.B. Bamberg/Roth/Grüneberg aaO Rn. 23; Palandt/Heinrichs aaO Rn. 11).
- 17
- Nach cc) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Klauseln, die, wie die hier maßgebende, ein Zahlungsziel einräumen, grundsätzlich als eine Leistungszeitbestimmung im Sinne von § 271 Abs. 2 BGB anzusehen und nicht lediglich als ein Verzicht auf die Durchsetzung eines schon früher fälligen Anspruchs oder als die Bestimmung des Verzugsbeginns (z.B. BGHZ 125, 343, 344, 348; BGH, Urteil vom 16. März 1994 - VIII ZR 246/92 - NJW-RR 1994, 880, 881; vgl. auch Senatsurteil vom 16. Januar 1992 - III ZR 197/90 - NJW 1992, 2086; ferner Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., S. 258). Auch das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung lasse sich nicht ohne Hinzuziehung weiterer Gesichtspunkte entnehmen, dass die Forderungen der Klägerin bereits mit Zugang der Rechnung fällig werden sollten.
- 18
- Konkrete dd) Abreden der Parteien, aus denen sich ergibt, dass die 30-Tages-Frist von Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung keine Leistungszeitbestimmung im Sinne von § 271 Abs. 2 BGB darstellt, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung des Land- und des Berufungsgerichts folgt auch aus dem Zusammenhang dieser vertraglichen Regelung mit anderen Vertragsbestimmungen oder aus den sonstigen Umständen nichts hiervon Abweichendes. Vielmehr bestätigen - ohne dass es auf sie im Ergebnis ankommt - gewichtige Gesichtspunkte die Auslegung der vertraglichen 30-Tages-Frist als Fälligkeitsfrist.
- 19
- (1) Insbesondere lässt sich nicht aus Nummer 4 Satz 2 der AGB der Beklagten darauf schließen, dass Ansprüche der Klägerin bereits mit Zugang ihrer Rechnungen fällig sein sollten. Diese Bestimmung, die sich nur auf die Entgelt- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1998 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1998&S=259 - 9 - forderungen der Beklagten gegen die Klägerin bezieht, wird durch die speziellen Regelungen in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung über die Überweisung oder Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche verdrängt.
- 20
- (2) Auch der Vertragsabwicklungspraxis der Parteien ist nicht das Einverständnis der Parteien darüber zu entnehmen, dass die Ansprüche der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Zugangs ihrer Rechnungen bei der Beklagten fällig werden sollten. Das Berufungsgericht hat hierzu als einzige konkrete Tatsache festgestellt, dass sich auf einem Teil der Rechnungen der Klägerin der Aufdruck "Der Rechnungsbetrag wird mit Zugang der Rechnung fällig" befindet.
- 21
- Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass auch die einvernehmliche Praxis der Parteien nach Vertragsschluss grundsätzlich zur Auslegung ihrer Erklärungen und Handlungen herangezogen werden kann. Zwar vermag das nachträgliche Verhalten eines Betroffenen den Inhalt und die rechtliche Qualität des Vertrags nicht mehr zu beeinflussen. Es kann aber für die Auslegung bedeutsam sein, weil es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen der Beteiligten beim Vertragsschluss enthalten kann (z.B.: BGH, Urteile vom 26. November 1997 - XII ZR 308/95 - NJW-RR 1998, 801, 803 und vom 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96 - NJW-RR 1998, 259 jew. m.w.N.). Es ist aber nichts dafür festgestellt oder sonst ersichtlich, dass der Rechnungsaufdruck der Klägerin nicht lediglich auf deren einseitigem Rechtsverständnis beruhte , sondern sich mit der Auffassung der Beklagten deckte. Insbesondere folgt dies nicht daraus, dass sich die Beklagte auf den Standpunkt stellte, ihre Forderungen gegen die Klägerin seien mit Zugang der entsprechenden Rechnungen fällig. Dies kann darauf beruhen, dass sie - unzutreffend - von der Anwendbarkeit der Nummer 4 Satz 2 ihrer AGB ausging.
- 22
- Auch eine nachträgliche Änderung der getroffenen Fälligkeitsregelung für die Forderungen der Klägerin infolge des Rechnungsaufdrucks kommt nicht in Betracht. Eine nach Vertragsschluss abgegebene Erklärung einer Partei kann die Rechtsverhältnisse nur dann ändern, wenn die andere Seite das damit verbundene Angebot auf Modifizierung des Vertrages annimmt. Umstände, aus denen sich ergibt, dass sich die Beklagte mit der Änderung der sich aus der Leistungsbeschreibung ergebenden Fälligkeitsbestimmung zugunsten der Klägerin einverstanden erklärt hat, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
- 23
- Die Vertragsabwicklungspraxis gibt vielmehr einen umgekehrten Anhaltspunkt für die Übereinstimmung der Parteien, dass die Fälligkeit der Forderungen der Klägerin nicht bereits mit Zugang der Rechnungen eintreten sollte. Nach § 353 Satz 1 HGB sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Ansprüche aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu verlangen. Eine solche Forderung hat die Klägerin jedoch erst im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits hilfsweise geltend gemacht, nicht aber während der laufenden Geschäftsbeziehungen. Die Parteien waren sich - wie das Landgericht festgestellt hat - ursprünglich darüber einig, dass eine Verzinsungspflicht erst nach Ablauf der 30 Tage ab Rechnungszugang eintreten sollte; strittig war nur das Fristende. Werden zwischen zwei Kaufleuten für einen bestimmten Zeitraum einvernehmlich keine Zinsen nach § 353 Satz 1 HGB geltend gemacht , ist dies ein - wenn auch nicht zwingender - Anhaltspunkt dafür, dass die betreffende Forderung nach ihrem übereinstimmenden Verständnis noch nicht fällig war.
- 24
- b) Tritt danach die Fälligkeit der Hauptforderung der Klägerin erst nach 30 Tagen ab Zugang der jeweiligen Rechnung ein, richtet sich die Berechnung dieser Frist grundsätzlich nach §§ 186 bis 193 BGB. Insbesondere die letztge- nannte Bestimmung ist, wovon auch die Vorinstanzen ausgehen, - vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen - auf Fristen anzuwenden, die für die Fälligkeit einer Forderung gelten (z.B.: MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl., § 193 Rn. 13; Staudinger/Repgen, BGB (2004), § 193 Rn. 26; vgl. auch BAGE 98, 1, 9; BPatG, Urteil vom 28. März 2003 - 10 W (pat) 705/01 - juris Rn. 12; Bamberger /Roth/Henrich, BGB, § 193 Rn. 9). Fällt der letzte Tag der Fälligkeitsfrist rechnerisch auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag, verschiebt sich dementsprechend der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten und der (frühestmögliche) Eintritt des Verzuges auf den darauf folgenden Werktag (BAG aaO).
- 25
- aa) Nicht zu folgen ist der teilweise vertretenen Ansicht, § 193 BGB verschiebe zwar die Leistungspflicht, nicht aber die Fälligkeit (Palandt/Heinrichs aaO § 193 Rn. 5 möglicherweise in Widerspruch hierzu: Heinrichs aaO § 271 Rn. 4; Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 193 Rn. 6, letzterer meint allerdings , für die Verzugszinsen gelte § 193 BGB; so wohl auch in einem obiter dictum: BGH, Versäumnisurteil vom 10. Mai 2001 - XII ZR 60/99 - NJW 2001, 2324, 2325). Die Differenzierung zwischen der Zeit der Leistungspflicht und dem Fälligkeitstermin ist schon begrifflich kaum möglich (Staudinger/Repgen aaO Rn. 27). Vor allem aber widerspricht der Zweck der Regelung dieser Auffassung. Der gesetzgeberische Grund für § 193 BGB ist der Schutz der Sonnund Feiertage (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) sowie die Rücksichtnahme auf die Wochenend- und Feiertagsruhe der Bevölkerung und auf das allgemeine Ruhen der bürgerlichen Geschäfte an den betreffenden Tagen (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Fristablauf am Sonnabend BTDrucks. IV/3394, S. 3). Ohne diese Bestimmung würden Fristen unangemessen verkürzt, weil zur Vermeidung von Nachteilen Leistungen bereits rechtzeitig vor den Wochenenden und den Feiertagen und damit vorzeitig vorgenommen wer- den müssten (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Fristablauf am Sonnabend aaO). Dieser Gesetzeszweck würde weitgehend leerlaufen, wenn § 193 BGB zwar die Leistungspflicht verschieben würde, nicht aber den Eintritt der Fälligkeit. Insbesondere stellt die hierauf beruhende Verzinsungspflicht für den Schuldner einer Geldforderung eine bedeutsame Konsequenz seiner Nichtleistung dar.
- 26
- bb) Die Parteien haben die Anwendbarkeit von § 193 BGB auch nicht abbedungen. Ausdrückliche Abreden hierzu sind nicht vorgetragen. Das Schreiben der Beklagten vom 23. März 2004 gibt - unbeschadet des für ergänzende Abreden ohnehin bestehenden Schriftformerfordernisses (Nummern 5, 11.2 der AGB) - entgegen der Ansicht der Klägerin keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien schlüssig vereinbarten, die dreißigtägige Frist für die Leistungen der Beklagten solle auch an einem Wochenende oder Feiertag enden können. Zwar ließ die Beklagte bei ihrer dem Schreiben beigefügten Berechnung der Ansprüche der Klägerin § 193 BGB selbst außer acht. Dies kann jedoch auch darauf beruhen, dass ihre mit der Abrechnung betrauten Mitarbeiter sich der Problematik nicht bewusst waren.
- 27
- c) Im Übrigen wäre § 193 BGB auf die zwischen den Parteien vereinbarte 30-Tages-Frist auch dann anzuwenden, wenn bereits der Zugang der Rechnung der Klägerin die Fälligkeit der Forderung bewirkt hätte und die Fristvereinbarung mithin als Regelung des Verzugseintritts aufzufassen wäre. Der Senat folgt insoweit entgegen dem Berufungsgericht der in der Literatur überwiegend vertretenen Meinung (Erman/Hager, BGB, 11. Aufl., § 286 Rn. 53; Jauernig/ Stadler, BGB, 11. Aufl., § 286 Rn. 34; Palandt/Heinrichs, aaO, § 286 Rn. 30; Prütting/Schmidt-Kessel, BGB, § 286 Rn. 20; Staudinger/Löwisch, aaO, § 286 Rn. 104 jeweils zu § 286 Abs. 3 BGB; wohl auch MünchKommBGB/Grothe, aaO § 193 Rn. 13; a.A: Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 286 Rn. 47; Huber JZ 2000, 743, 744 Fn. 8; MünchKommBGB/Ernst, 4. Aufl., § 286 Rn. 88), nach der § 193 BGB auch für die Berechnung der für den Verzugseintritt maßgeblichen Fristen anzuwenden ist. Diese Vorschrift gilt gemäß § 186 BGB unter anderem für sämtliche in Gesetzen und Rechtsgeschäften bestimmten Fristen. Eine Ausnahme für die verzugsbestimmenden Fristen ist nicht vorgesehen. Die Erwägung des Berufungsgerichts, den nach dem Gesetz umfassenden Anwendungsbereich des § 193 BGB zu reduzieren, überzeugt nicht. Die Vorinstanz meint, der Zweck dieser Vorschrift, die Wochenend- und Feiertagsruhe zu schützen, rechtfertige es nicht, dem Schuldner einer bereits fälligen Leistung einen weiteren Aufschub bis zum Eintritt der Verzugsfolgen zu gewähren, da dieser ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Leistung gehabt habe. Dies ist mit dem Sinn der §§ 186 ff BGB nicht zu vereinbaren. Ein solcher teleologischer Ansatz bei der Auslegung der Vorschriften über die Fristen brächte ein beträchtliches Maß an Unsicherheit mit sich, während gerade Fristbestimmungen klar überschaubar und leicht handhabbar sein müssen (Senatsurteil BGHZ 162, 175, 180). Die mit den §§ 186 ff BGB bezweckte Rechtssicherheit würde durch schwer berechenbare und nicht selten erst in einem Rechtsstreit zu klärende, vielfach auf den Einzelfall bezogene Wertungen ersetzt (Senat aaO, m.w.N.). Überdies würden, wäre § 193 BGB nicht sowohl auf verzugsbestimmende Fristen als auch auf Fälligkeitsbestimmungen anwendbar, erhebliche, dem Zweck der §§ 186 ff BGB widersprechende Unsicherheiten bei der Anwendung der weit verbreiteten vertraglichen 30-Tages-Fristen entstehen. Es wäre zur Bestimmung , ob § 193 BGB anzuwenden ist, notwendig, zu ermitteln, ob die Regelung im jeweiligen Einzelfall nur deklaratorisch § 286 Abs. 3 BGB wiedergibt oder ob sie eine Zahlungsfrist im Sinne einer Fälligkeitsregelung enthält.
- 28
- Nicht zu überzeugen vermag auch das Argument, der in § 193 BGB geregelte Fall, dass innerhalb einer Frist eine Leistung zu bewirken sei, liege bei einer nur den Verzug bestimmenden Frist nicht vor, da die Leistung bei Fälligkeit gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort zu bewirken sei (Bamberger/Roth/Grüneberg aaO; Huber aaO). Die Pflicht, die Leistung nach Eintritt der Fälligkeit sofort zu bewirken, schließt nicht aus, dass hierfür (weitere) Fristen gelten. Ist die fällige Forderung noch nicht erfüllt, ist die geschuldete Leistung weiterhin zu bewirken , und zwar zur Vermeidung der Verzugsfolgen innerhalb der für den Verzugseintritt geltenden Frist.
- 29
- 3. Ein Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen in dem verlangten Umfang ergibt sich auch nicht aus § 286 Abs. 3 Satz 1 - beziehungsweise für die im Jahr 2002 entstandenen Hauptforderungen aus dem im wesentlichen inhaltsgleichen § 284 Abs. 3 Satz 1 BGB a.F. (Art. 229 § 5 EGBGB) - i.V.m. § 288 BGB. Tritt die Fälligkeit der Forderung - wie hier (siehe oben Nr. 2 a) - nicht bereits mit Zugang der Rechnung ein, sondern danach, beginnt die 30-Tages-Frist des § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB erst mit der Fälligkeit zu laufen (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts BT-Drucks. 14/6040 S. 147; Bamberger/Roth/Grüneberg, aaO, Rn. 45; Erman/Hager aaO § 286 Rn. 53; MünchKommBGB/Ernst aaO, Rn. 86). Verzug nach dieser Bestimmung konnte deshalb erst 30 Tage nach Ablauf der unter Berücksichtigung von §§ 186 bis 193 BGB zu berechnenden in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung bestimmten Frist eintreten.
- 30
- 4. Schließlich kann die Klägerin die von ihr hilfsweise verlangten Fälligkeitszinsen gemäß § 353 Satz 1 HGB jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe beanspruchen. Aus den vorstehenden Gründen wurden die Forderungen der Klägerin unter Berücksichtigung von § 193 BGB erst am nachfolgenden Werktag fällig, wenn die in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung bestimmte Zahlungsfrist rechnerisch auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fiel. Vorher können dementsprechend keine Fälligkeitszinsen anfallen.
- 31
- 5. Der Senat kann noch nicht selbst abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da die Klägerin, wie sie in ihrer Berufungserwiderung unter Buchstabe A klargestellt hat, geltend macht, auch unter Anwendung von § 193 BGB stünden ihr Fälligkeits- und Verzugszinsen zu, weil bis zu neun Tage zwischen dem rechnerischen Ablauf der 30-Tagefrist ab Rechnungszugang und dem Eingang der Zahlungen der Beklagten verstrichen seien. Insoweit sind noch tatsächliche Feststellungen nachzuholen.
Kapsa Herrmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 01.04.2005 - 11 O 112/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 26.05.2006 - 18 U 78/05 -
(1) Für Zwecke der Prüfung, ob berufsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind, teilt die ermittelnde Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen und vor Einreichung der Anschuldigungsschrift bei dem Anwaltsgericht der zuständigen Stelle des Herkunftsstaates die ermittelten Tatsachen mit, soweit dies aus ihrer Sicht zur Durchführung solcher Maßnahmen erforderlich ist. Die Mitteilung wird durch unmittelbare Übersendung einer Abschrift der Anschuldigungsschrift an die zuständige Stelle des Herkunftsstaates bewirkt.
(2) Für Zwecke der Prüfung, ob berufsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind, sind in anwaltsgerichtlichen Verfahren der zuständigen Stelle des Herkunftsstaates mitzuteilen:
- 1.
die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 2.
die Urteile, - 3.
die Verhängung vorläufiger anwaltsgerichtlicher Maßnahmen, deren Außerkrafttreten und deren Aufhebung, - 4.
die Verteidigungsschriften, - 5.
die Berufungsschriften, - 6.
die Revisionsschriften, - 7.
die Beschwerdeschriften.
(3) Sind personenbezogene Daten, die nach Absatz 1 oder Absatz 2 übermittelt werden dürfen, mit weiteren personenbezogenen Daten des Betroffenen oder eines Dritten so verbunden, dass sie nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können, ist auch die Übermittlung dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen des Betroffenen oder des Dritten an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass eine Verwendung der Daten des Dritten unzulässig ist und die Daten des Betroffenen nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, der in den Absätzen 1 und 2 genannt ist.
(4) In anwaltsgerichtlichen Verfahren hat das Gericht der zuständigen Stelle des Herkunftsstaates Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.