Landessozialgericht NRW Urteil, 28. Sept. 2016 - L 8 R 762/14

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2016:0928.L8R762.14.00
28.09.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.6.2014 geändert und die Klage abgewiesen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5 mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.142,30 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 28. Sept. 2016 - L 8 R 762/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht NRW Urteil, 28. Sept. 2016 - L 8 R 762/14

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht NRW Urteil, 28. Sept. 2016 - L 8 R 762/14 zitiert 45 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 5 Versicherungspflicht


(1) Versicherungspflichtig sind1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht be

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7a Feststellung des Erwerbsstatus


(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsste

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 14 Arbeitsentgelt


(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus de

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 27 Hilfe zur Erziehung


(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe f

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 20 Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung


(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt be

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28h Einzugsstellen


(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht recht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 63


(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben. (2) Zugest

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 64


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung. (2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf

Abgabenordnung - AO 1977 | § 12 Betriebstätte


Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen: 1. die Stätte der Geschäftsleitung,2. Zweigniederlassungen,3. Geschäftsstellen,4. Fabrikations-

Bundeszentralregistergesetz - BZRG | § 30 Antrag


(1) Jeder Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, wird auf Antrag ein Zeugnis über den sie betreffenden Inhalt des Registers erteilt (Führungszeugnis). Hat sie eine gesetzliche Vertretung, ist auch diese antragsberechtigt. Ist die Person geschä

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 616 Vorübergehende Verhinderung


Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhind

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 35 Sozialgeheimnis


(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerha

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 79 Gesamtverantwortung, Grundausstattung


(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. (2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen gewährleisten, dass zur Erfüllu

Bundeszentralregistergesetz - BZRG | § 30a Antrag auf ein erweitertes Führungszeugnis


(1) Einer Person wird auf Antrag ein erweitertes Führungszeugnis erteilt,1.wenn die Erteilung in gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf diese Vorschrift vorgesehen ist oder2.wenn dieses Führungszeugnis benötigt wird füra)eine berufliche oder

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung


(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder

Handelsgesetzbuch - HGB | § 60


(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. (2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gi

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 8 Begriff des Verwaltungsverfahrens


Das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzbuches ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlic

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 69 Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Jugendämter, Landesjugendämter


(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt. (2) (weggefallen) (3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendam

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 72a Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen


(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dürfen für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 18

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 77 Vereinbarungen über Kostenübernahme und Qualitätsentwicklung bei ambulanten Leistungen


(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht NRW Urteil, 28. Sept. 2016 - L 8 R 762/14 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

Landessozialgericht NRW Urteil, 28. Sept. 2016 - L 8 R 762/14 zitiert 18 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R

bei uns veröffentlicht am 24.03.2016

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 18. Nov. 2015 - B 12 KR 16/13 R

bei uns veröffentlicht am 18.11.2015

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 11. Nov. 2015 - B 12 KR 13/14 R

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

Tenor Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 geändert.

Bundessozialgericht Urteil, 11. Nov. 2015 - B 12 KR 10/14 R

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

Tenor Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufgehoben.

Landessozialgericht NRW Urteil, 19. Aug. 2015 - L 8 R 726/11

bei uns veröffentlicht am 19.08.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 15.10.2010 geändert. Die Klagen werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Die ers

Bundessozialgericht Urteil, 29. Juli 2015 - B 12 KR 4/13 R

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Dezember 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Geri

Bundessozialgericht Urteil, 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

Tenor Die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2012 und des Sozialgerichts Kassel vom 9. Februar 2011 werden aufgehoben, soweit sie die Versicherungspflicht des Klägers zu 1

Landessozialgericht NRW Urteil, 22. Apr. 2015 - L 8 R 680/12

bei uns veröffentlicht am 22.04.2015

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.7.2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selb

Bundessozialgericht Urteil, 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R

bei uns veröffentlicht am 31.03.2015

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2014 - B 12 R 13/13 R

bei uns veröffentlicht am 17.12.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. April 2013 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juli 2014 - B 12 KR 16/12 R

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht NRW Urteil, 18. Juni 2014 - L 8 R 1052/12

bei uns veröffentlicht am 18.06.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.10.2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Ra

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - 10 AZR 590/13

bei uns veröffentlicht am 09.04.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. Januar 2013 - 1 Sa 74/12 - wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 03. Apr. 2014 - B 5 RE 13/14 R

bei uns veröffentlicht am 03.04.2014

Tenor Die Revision wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatt

Bundessozialgericht Urteil, 30. Okt. 2013 - B 12 KR 17/11 R

bei uns veröffentlicht am 30.10.2013

Tenor Auf die Revision der Klägerin zu 1. werden das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. August 2011 und der Bescheid vom 31. März 2011 aufgehoben, soweit beide die Klägerin zu 1. be

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2012 - B 12 KR 24/10 R

bei uns veröffentlicht am 25.04.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 28. Sept. 2011 - B 12 R 17/09 R

bei uns veröffentlicht am 28.09.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Juni 2010 - 5 AZR 332/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt.

(4) Mehrere örtliche Träger und mehrere überörtliche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Ländern angehören, zur Durchführung einzelner Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste errichten.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dürfen für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 184j, 184k, 184l, 201a Absatz 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass diese keine Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, hauptamtlich beschäftigen.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass unter ihrer Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe über die Tätigkeiten entscheiden, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass unter deren Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die Tätigkeiten schließen, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(5) Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen von den nach den Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten nur folgende Daten erheben und speichern:

1.
den Umstand der Einsichtnahme,
2.
das Datum des Führungszeugnisses und
3.
die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer der folgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist:
a)
wegen einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat oder
b)
wegen einer nicht in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt.
Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen die gespeicherten Daten nur verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um die Eignung einer Person für diejenige Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, zu prüfen. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person eine Tätigkeit nach Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung einer solchen Tätigkeit zu löschen.

(1) Jeder Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, wird auf Antrag ein Zeugnis über den sie betreffenden Inhalt des Registers erteilt (Führungszeugnis). Hat sie eine gesetzliche Vertretung, ist auch diese antragsberechtigt. Ist die Person geschäftsunfähig, ist nur ihre gesetzliche Vertretung antragsberechtigt.

(2) Wohnt die antragstellende Person innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist der Antrag persönlich oder mit amtlich oder öffentlich beglaubigter Unterschrift schriftlich bei der Meldebehörde zu stellen. Bei der Antragstellung sind die Identität und im Fall der gesetzlichen Vertretung die Vertretungsmacht nachzuweisen. Die antragstellende Person und ihre gesetzliche Vertretung können sich bei der Antragstellung nicht durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Meldebehörde nimmt die Gebühr für das Führungszeugnis entgegen, behält davon zwei Fünftel ein und führt den Restbetrag an die Bundeskasse ab.

(3) Wohnt die antragstellende Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, so kann sie den Antrag unmittelbar bei der Registerbehörde stellen. Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die Übersendung des Führungszeugnisses ist nur an die antragstellende Person zulässig.

(5) Wird das Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde beantragt, so ist es der Behörde unmittelbar zu übersenden. Die Behörde hat der antragstellenden Person auf Verlangen Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren. Die antragstellende Person kann verlangen, daß das Führungszeugnis, wenn es Eintragungen enthält, zunächst an ein von ihr benanntes Amtsgericht zur Einsichtnahme durch sie übersandt wird. Die Meldebehörde hat die antragstellende Person in den Fällen, in denen der Antrag bei ihr gestellt wird, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Das Amtsgericht darf die Einsicht nur der antragstellenden Person persönlich gewähren. Nach Einsichtnahme ist das Führungszeugnis an die Behörde weiterzuleiten oder, falls die antragstellende Person dem widerspricht, vom Amtsgericht zu vernichten.

(6) Wohnt die antragstellende Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, so kann sie verlangen, dass das Führungszeugnis, wenn es Eintragungen enthält, zunächst an eine von ihr benannte amtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zur Einsichtnahme durch sie übersandt wird. Absatz 5 Satz 5 und 6 gilt für die amtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland entsprechend.

(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.

(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen gewährleisten, dass zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch

1.
die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen; hierzu zählen insbesondere auch Pfleger, Vormünder und Pflegepersonen;
2.
die nach Nummer 1 vorgehaltenen Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen dem nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechend zusammenwirken und hierfür verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit aufgebaut und weiterentwickelt werden;
3.
eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung nach Maßgabe von § 79a erfolgt.
Von den für die Jugendhilfe bereitgestellten Mitteln haben sie einen angemessenen Anteil für die Jugendarbeit zu verwenden.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter und der Landesjugendämter einschließlich der Möglichkeit der Nutzung digitaler Geräte zu sorgen; hierzu gehört auch eine dem Bedarf entsprechende Zahl von Fachkräften. Zur Planung und Bereitstellung einer bedarfsgerechten Personalausstattung ist ein Verfahren zur Personalbemessung zu nutzen.

(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.

(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.

(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.

(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,

1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder
2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
Sofern die Absätze 1 bis 5 nicht gemäß Satz 1 anzuwenden sind, gelten für den Verantwortlichen oder dessen Auftragsverarbeiter nur die §§ 81 bis 81c des Zehnten Buches.

(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(1) Jeder Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, wird auf Antrag ein Zeugnis über den sie betreffenden Inhalt des Registers erteilt (Führungszeugnis). Hat sie eine gesetzliche Vertretung, ist auch diese antragsberechtigt. Ist die Person geschäftsunfähig, ist nur ihre gesetzliche Vertretung antragsberechtigt.

(2) Wohnt die antragstellende Person innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist der Antrag persönlich oder mit amtlich oder öffentlich beglaubigter Unterschrift schriftlich bei der Meldebehörde zu stellen. Bei der Antragstellung sind die Identität und im Fall der gesetzlichen Vertretung die Vertretungsmacht nachzuweisen. Die antragstellende Person und ihre gesetzliche Vertretung können sich bei der Antragstellung nicht durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Meldebehörde nimmt die Gebühr für das Führungszeugnis entgegen, behält davon zwei Fünftel ein und führt den Restbetrag an die Bundeskasse ab.

(3) Wohnt die antragstellende Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, so kann sie den Antrag unmittelbar bei der Registerbehörde stellen. Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die Übersendung des Führungszeugnisses ist nur an die antragstellende Person zulässig.

(5) Wird das Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde beantragt, so ist es der Behörde unmittelbar zu übersenden. Die Behörde hat der antragstellenden Person auf Verlangen Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren. Die antragstellende Person kann verlangen, daß das Führungszeugnis, wenn es Eintragungen enthält, zunächst an ein von ihr benanntes Amtsgericht zur Einsichtnahme durch sie übersandt wird. Die Meldebehörde hat die antragstellende Person in den Fällen, in denen der Antrag bei ihr gestellt wird, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Das Amtsgericht darf die Einsicht nur der antragstellenden Person persönlich gewähren. Nach Einsichtnahme ist das Führungszeugnis an die Behörde weiterzuleiten oder, falls die antragstellende Person dem widerspricht, vom Amtsgericht zu vernichten.

(6) Wohnt die antragstellende Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, so kann sie verlangen, dass das Führungszeugnis, wenn es Eintragungen enthält, zunächst an eine von ihr benannte amtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zur Einsichtnahme durch sie übersandt wird. Absatz 5 Satz 5 und 6 gilt für die amtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland entsprechend.

(1) Einer Person wird auf Antrag ein erweitertes Führungszeugnis erteilt,

1.
wenn die Erteilung in gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf diese Vorschrift vorgesehen ist oder
2.
wenn dieses Führungszeugnis benötigt wird für
a)
eine berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder
b)
eine Tätigkeit, die in einer Buchstabe a vergleichbaren Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen.

(2) Wer einen Antrag auf Erteilung eines erweiterten Führungszeugnisses stellt, hat eine schriftliche Aufforderung vorzulegen, in der die Person, die das erweiterte Führungszeugnis von der antragstellenden Person verlangt, bestätigt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen. Im Übrigen gilt § 30 entsprechend.

(3) Die Daten aus einem erweiterten Führungszeugnis dürfen von der entgegennehmenden Stelle nur verarbeitet werden, soweit dies zur Prüfung der Eignung der Person für eine Tätigkeit, die Anlass zu der Vorlage des Führungszeugnisses gewesen ist, erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person die Tätigkeit, die Anlass zu der Vorlage des Führungszeugnisses gewesen ist, nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung der Tätigkeit zu löschen.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dürfen für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 184j, 184k, 184l, 201a Absatz 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass diese keine Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, hauptamtlich beschäftigen.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass unter ihrer Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe über die Tätigkeiten entscheiden, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass unter deren Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die Tätigkeiten schließen, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(5) Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen von den nach den Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten nur folgende Daten erheben und speichern:

1.
den Umstand der Einsichtnahme,
2.
das Datum des Führungszeugnisses und
3.
die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer der folgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist:
a)
wegen einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat oder
b)
wegen einer nicht in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt.
Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen die gespeicherten Daten nur verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um die Eignung einer Person für diejenige Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, zu prüfen. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person eine Tätigkeit nach Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung einer solchen Tätigkeit zu löschen.

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,

1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie
2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
In den Vereinbarungen sind die Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft zu regeln, die insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung tragen. Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dürfen für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 184j, 184k, 184l, 201a Absatz 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass diese keine Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, hauptamtlich beschäftigen.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass unter ihrer Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe über die Tätigkeiten entscheiden, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass unter deren Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die Tätigkeiten schließen, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(5) Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen von den nach den Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten nur folgende Daten erheben und speichern:

1.
den Umstand der Einsichtnahme,
2.
das Datum des Führungszeugnisses und
3.
die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer der folgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist:
a)
wegen einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat oder
b)
wegen einer nicht in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt.
Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen die gespeicherten Daten nur verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um die Eignung einer Person für diejenige Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, zu prüfen. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person eine Tätigkeit nach Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung einer solchen Tätigkeit zu löschen.

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,

1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie
2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
In den Vereinbarungen sind die Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft zu regeln, die insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung tragen. Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dürfen für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 184j, 184k, 184l, 201a Absatz 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass diese keine Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, hauptamtlich beschäftigen.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass unter ihrer Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe über die Tätigkeiten entscheiden, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass unter deren Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die Tätigkeiten schließen, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

(5) Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen von den nach den Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten nur folgende Daten erheben und speichern:

1.
den Umstand der Einsichtnahme,
2.
das Datum des Führungszeugnisses und
3.
die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer der folgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist:
a)
wegen einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat oder
b)
wegen einer nicht in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt.
Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen die gespeicherten Daten nur verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um die Eignung einer Person für diejenige Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, zu prüfen. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person eine Tätigkeit nach Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung einer solchen Tätigkeit zu löschen.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und - im Wege der Widerklage - die Zahlung einer üblichen Vergütung.

2

Der Kläger ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war bei ihm vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Mai 2006 als Versicherungsvertreter tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war ein „Vertretervertrag für hauptberufliche Vertreter (§§ 84 ff. HGB)“ vom 10./16. Januar 2005 (im Folgenden: Vertretervertrag), in dem es auszugsweise heißt:


        

     

                 
Der Vertreter übernimmt im Hauptberuf eine Vertretung für die D. Die Übernahme der Vertretung geschieht unter den nachstehenden Bedingungen sowie gemäß den diesem Vertrag beigefügten und den noch zu erlassenden schriftlichen Geschäftsanweisungen, soweit sie diesem Vertrag nicht zuwiderlaufen.
                 
Die Vertragspartner sind sich einig, dass der Vertreter die Anforderungen des Ausbildungsprogramms zum/zur ‚Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)’ zu erfüllen hat. Steht endgültig fest, dass er diesen Anforderungen nicht genügt, so wird der Vertretervertrag grundsätzlich ordentlich gekündigt.
        
       

                 
Der Vertreter ist als selbstständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 84 ff. HGB) ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln. Über seine Zeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit kann der Vertreter im Wesentlichen frei bestimmen.
                 
Für die Erfüllung seiner sonstigen Verpflichtungen (z. B. Anmeldung seines Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung und Versteuerung seiner Einkünfte) ist der Vertreter selbst verantwortlich.
                 
Der Vertreter ist Vermittlungsagent im Sinne des § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). …
                 
…       
        
       

                 
Der Vertreter erhält nach Maßgabe der beigefügten Provisionsbestimmungen Provisionen, die das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit darstellen. Er ist nicht berechtigt, besondere Gebühren für die Aufnahme des Antrags oder aus anderen Gründen zu erheben.
        
…“   
        
3

Mit gleichem Datum schlossen die Parteien „Besondere Vereinbarungen zum Vertretervertrag vom 1. Februar 2005“ (im Folgenden: Besondere Vereinbarungen), in denen sie ua. regelten:


        

„1.

Zur Gründung und Konsolidierung seiner Existenz als selbständiger Gewerbetreibender nach Maßgabe des § 84 HGB kann der Vertreter für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 eine Aufbauhilfe in Form eines gleichbleibenden Vorschusses in Höhe von € 1900,00 pro Monat, im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.07.2005 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1700,00 und im Zeitraum vom 01.08.2005 bis zum 31.01.2006 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1500,00 von der D bekommen.
        
…       
        
        
3.   

Die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse (offene D-Forderungen) ist während des gesamten Aufbauhilfezeitraumes auf € 15.500,00 begrenzt. Erreicht das Vertreterkonto diesen Forderungsbetrag, endet die Zahlung der Aufbauhilfe ungeachtet des in Ziffer 1 vereinbarten Zeitraumes.
        
4.   

Die Aufbauhilfe wird jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrages erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet.
                 
Ist eine vollständige Verrechnung in einem Monat nicht möglich, wird der sich ergebende Vorschußsaldo vorgetragen und ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit evtl. bestehenden Überschüssen in den Folgemonaten verrechnet. Sofern das Vertreterkonto ausgeglichen ist, werden sich ergebende Überschüsse ausgezahlt.
                 
Der Unterschuß wird bis zur vollständigen Verrechnung bzw. Beendigung des Vertretervortrages vorgetragen.
        
5.   

Etwaige nach Auslaufen der Aufbauhilfe sich ergebende Unterschüsse werden ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit noch anfallenden Provisionen und sonstigen Vergütungen einschließlich Bonifikation verrechnet.
        
6.   

Die Vorschußzahlungen enden sofort mit Ausspruch der Kündigung bzw. bei Abschluß einer Beendigungsvereinbarung. Alle danach noch anfallenden Vergütungen werden auf einen evtl. Unterschuß angerechnet.
        
7.   

Bei Ausspruch der Kündigung des Vertretervertrages bzw. Abschluß einer Beendigungsvereinbarung ist ein noch ausstehender Unterschuß vom Vertreter sofort auszugleichen.
                 
Kündigt der Vertreter, ist, um das Kündigungsrecht des Vertreters nicht zu erschweren, ein etwaiger sich nach Verrechnung mit verdienten Provisionen, Bonifikationen und sonstigen Vergütungen ergebender Unterschuß nach Vertragsbeendigung in 12 gleichen Monatsraten an die D zurückzuzahlen. Die erste Rate ist zum Schluss des auf das Vertragsende folgenden Monats zu zahlen. Die folgenden Raten werden zum Ende der jeweils folgenden Monate zur Zahlung fällig. Nach Vertragsbeendigung noch anfallende Vergütungen werden ebenfalls auf den Unterschuß angerechnet. Der Vertreter paßt die Ratenzahlung entsprechend an (d.h. Verkürzung des Ratenzahlungszeitraums und/oder Reduzierung der letzten Ratenzahlung).
        
…       
        
        
9.   

Der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebietes liegt im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L.“
4

Ebenfalls unter dem 10./16. Januar 2005 trafen die Parteien eine „Bonifikationsvereinbarung zum Vertretervertrag vom 01.02.2005“, nach der der Beklagte zusätzlich zu den Provisionen eine freiwillige Bonifikation iHv. 10.000,00 Euro bei Erreichen von Nettoabschlussprovisionen iHv. 35.266,67 Euro in den ersten 24 Tätigkeitsmonaten oder von 21.050,00 Euro vom 13. - 24. Tätigkeitsmonat erhalten sollte. Vorausgesetzt wurde ferner, dass der Vertretervertrag im 25. Tätigkeitsmonat auf unbestimmte Dauer fortbesteht. Mit dem Inhaber der Agentur L schloss der Kläger mit Datum 10./14. Januar 2005 eine Vereinbarung über die Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L, in der es heißt:


        

„…   
        
1.   

Der Agenturvertreter (V) wird dem Vertreter zugeordnet.
                 
Damit soll eine optimale Kundenbetreuung und eine höhere Bestandsproduktivität erzielt werden.
                 
Der Vertreter stellt dem Agenturvertreter hierfür alle notwendigen Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung.
        
2.   

Das Neukundengeschäft des Agenturvertreters fließt für die Dauer der Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Regelung in Ziffer 4 in den Bestand des Vertreters ein.
        
3.   

Die im Rahmen der Zusammenarbeit erzielte Jahresnetto-Abschlußprovisionen des v.g. Agenturvertreters wird auch bei Ermittlung des erhöhten Abschlußprovisionszuschusses für den Vertreter berücksichtigt.
        
4.   

Sollte die Zusammenarbeit zwischen Vertreter und Agenturvertreter entweder vom Vertreter, vom Agenturvertreter oder von der D nicht mehr gewünscht werden, wird die Vermittler-Zuordnung beendet. Das bis dahin dem Vertreter zugeflossene bestands- bzw. servicevergütungspflichtige Geschäft verbleibt im Bestand des Vertreters.
        
…“   
        
5

Mit einem Nachtrag vom 22./27. Dezember 2005 wurde die Zuordnung des Beklagten zur Agentur L zum 31. Dezember 2005 beendet. Auf seinen Wunsch wechselte er zur Agentur V.

6

Zur Erlangung der Qualifikation „Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ veranstaltet der Kläger in seiner Zentrale in K eine Seminarreihe, bestehend aus sieben Grundseminaren und einem prüfungsvorbereitenden Seminar. Die Seminare dauern in der Regel fünf Arbeitstage und sollen innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten durchlaufen werden. Der Beklagte erhielt regelmäßig Einladungen zur Teilnahme an den Seminaren.

7

Im Rahmen seiner Tätigkeit übermittelte der Beklagte dem für ihn zuständigen Organisationsleiter des Klägers regelmäßig montags bis 12:00 Uhr einen Wochenbericht für die zurückliegende Woche und eine Planung für die folgende.

8

Im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 zahlte der Kläger an den Beklagten gem. Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen unter Verrechnung verdienter Provisionen 10.344,73 Euro.

9

Mit Schreiben vom 30. März 2006 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Mai 2006. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich unter Verrechnung von Stornoreserveguthaben ein Saldo iHv. 9.698,24 Euro zu seinen Lasten.

10

Mit der zunächst zum Landgericht erhobenen und von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger unter Berufung auf Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen den Ausgleich des Negativsaldos begehrt und geltend gemacht, bei der dem Beklagten gewährten Aufbauhilfe habe es sich um Vorschüsse auf(noch) nicht ins Verdienen gebrachte Provisionen gehandelt, zu deren Rückzahlung der Beklagte verpflichtet sei. Der Beklagte sei als selbständiger Versicherungsvertreter entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bei ihm tätig gewesen.

11

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,


        

1.   

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.698,24 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.273,71 Euro seit dem 1. März 2007 sowie aus 2.424,53 Euro seit dem 9. August 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Widerklage abzuweisen.
12

Der Beklagte hat beantragt,


        

1.   

die Klage abzuweisen,
        
2.   

den Kläger zu verurteilen, an ihn 6.565,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 zu zahlen.
13

Der Beklagte hat geltend gemacht, keine Provisionsvorschüsse erhalten zu haben. Die Besonderen Vereinbarungen seien dahingehend auszulegen, dass die Aufbauhilfe als Vergütung während der Startphase garantiert sein solle. Das ergebe sich zumindest bei Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Darüber hinaus benachteilige ihn die Rückzahlungsklausel unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

14

In zweiter Linie hat der Beklagte geltend gemacht, sein Vertragsverhältnis zum Kläger sei als Arbeitsverhältnis einzuordnen, und vorgebracht, er habe seine Tätigkeit nicht frei gestalten und seine Arbeitszeit nicht frei bestimmen können. Die Zuordnung zu den Agenturen L und V hätte ihn örtlich eingeschränkt, zudem sei er an die Bürozeiten der jeweiligen Agentur gebunden gewesen. Auf Anweisung des Klägers habe er mindestens 15 bis 20 Termine pro Woche vereinbaren und wahrnehmen müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden.

15

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Vergütung allein auf Provisionsbasis sei im Arbeitsverhältnis sittenwidrig. Deshalb könne er die übliche Vergütung beanspruchen, die sich aus den Tarifverträgen für das private Versicherungsgewerbe ergebe. Danach habe er für den Zeitraum seiner Tätigkeit beim Kläger insgesamt 28.624,13 Euro brutto zu beanspruchen. Abzüglich erhaltener Zahlungen iHv. 21.893,35 Euro verbleibe ein restlicher Vergütungsanspruch iHv. 6.730,78 Euro brutto.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende und die Widerklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

18

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis eingeordnet. Der Beklagte war sowohl nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 als auch dessen praktischer Durchführung selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 HGB.

19

1. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Falls in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 93, 132; 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 93, 112; 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 95, 324). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe, BAGE 115, 1; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36). Das bedeutet aber nicht, dass die Vertragstypenwahl der Parteien gänzlich bedeutungslos wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

20

2. Unter beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB war der Beklagte in einem für den Selbständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen.

21

a) Das gilt zunächst für die Arbeitszeit.

22

aa) Der Vertretervertrag enthält zu Beginn und Ende einer täglichen Arbeitszeit keinerlei Vorgaben. Der Beklagte hatte keine festen Arbeitszeiten. Aus der Vereinbarung der Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L vom 10./14. Januar 2005 ergibt sich keine verbindliche Festlegung seiner Arbeitszeiten in Anlehnung an die Öffnungszeiten des Agenturbüros. Diese Vereinbarung ist die rechtliche Grundlage für die in Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen getroffene Regelung, der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebiets des Beklagten solle im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L liegen. Damit wurde ein Tätigkeitsbezirk festgelegt, jedoch keine zeitliche Weisungsgebundenheit begründet.

23

bb) Die tatsächliche Durchführung des Vertretervertrags lässt eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht erkennen.

24

Der Beklagte macht zwar geltend, in den Agenturen L und V festen Arbeitszeiten unterworfen gewesen zu sein. Es fehlt aber an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag dazu, wann der Beklagte von welchem Vertreter des Klägers eine Weisung welchen Inhalts erhalten hätte.

25

Der Arbeitszeitsouveränität des Beklagten steht die von ihm behauptete Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Klägers nicht entgegen. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 93, 132).

26

Ebenso wenig führen die vom Beklagten behaupteten Vorgaben des Klägers, pro Woche 15 bis 20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden, zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem Mitarbeiter ein erheblicher Spielraum verbleibt(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 770/98 - zu II 1 b der Gründe, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; 26. Mai 1999 - 5 AZR 469/98 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75). Insoweit fehlt es an Sachvortrag des Beklagten zur zeitlichen Inanspruchnahme der von ihm behaupteten Zahl von Kundenbesuchen und einer damit verbundenen Einengung seines Spielraums zur Bestimmung von Dauer und Lage seiner Arbeitszeit. Im Übrigen liegt es für einen Versicherungsvertreter im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht.

27

b) Der Beklagte war auch bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei.

28

aa) Dem Beklagten war vertraglich kein bestimmter Arbeitsort vorgegeben. Er musste weder die Räumlichkeiten des Klägers noch die der Agenturen L bzw. V aufsuchen, um von dort aus tätig zu werden. Sollte er das gleichwohl getan haben, so lag dem keine entsprechende Verpflichtung durch den Kläger zugrunde. Die bloße „Zuordnung“ zu einer bestimmten Agentur - Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen - begründete keinen Zwang, von dort aus der Vertretertätigkeit nachzugehen. Der Beklagte durfte, musste jedoch nicht auf die Ressourcen der Agenturen zurückgreifen.

29

Durch die Zuordnung zu einer Agentur gem. Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen war dem Beklagten allerdings ein bestimmter Arbeitsbezirk vorgegeben. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises ist jedoch mit dem Status eines selbständigen Handelsvertreters vereinbar. Dies ergibt sich bereits aus § 87 Abs. 2 HGB, in dem eine solche Abrede vorausgesetzt wird. Für den Beklagten als Versicherungsvertreter gilt nichts anderes(vgl. ausf. Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 93, 112). Im Übrigen wird die Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit iSv. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch die Festlegung eines geografischen Bereichs, innerhalb dessen die betreffende Tätigkeit entfaltet werden soll, nicht berührt.

30

bb) Ebenso wenig beeinträchtigen die vom Beklagten vorgetragenen Berichtspflichten seine Freiheit bei der Gestaltung seiner Tätigkeit in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Maße. Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Über diese Berichtspflicht eines selbständigen Handelsvertreters ginge eine dem Beklagten abverlangte Vorlage von Wochenberichten nicht hinaus. Die vorgetragene Weisung, einem Organisationsleiter des Klägers jeweils montags bis 12:00 Uhr eine Planung für die folgende Woche zu übermitteln, vermag die selbstbestimmte Gestaltung der Tätigkeit solange nicht zu beeinträchtigen, wie der Handelsvertreter seine Planung ohne verbindliche Vorgaben des Unternehmers eigenständig vornehmen kann.

31

Entsprechendes gilt für die von dem Beklagten behaupteten Kontrollanrufe bei zwei von ihm besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB abgedeckt(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 95, 324).

32

c) Die Teilnahme des Beklagten an dem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm „zum/zur Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ steht der Annahme eines selbständigen Versicherungsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine verpflichtende tätigkeitsbegleitende Ausbildung zur Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis führen kann. Denn zum einen entspringt die Ausbildung des Beklagten zum Versicherungsfachmann dem berechtigten Interesse des Klägers an einer möglichst effizienten Tätigkeit des Beklagten, der wiederum seinerseits von einer solchen Ausbildung profitieren konnte(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ff der Gründe, BAGE 95, 324). Zum anderen führt der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Umfang der Ausbildung - insgesamt 35 Arbeitstage im Jahr - angesichts des Nutzens für den Beklagten zu keiner übermäßigen Beschränkung der freien Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit.

33

d) Die von der Revision zu Recht als fehlend gerügte Gesamtwürdigung kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst vornehmen. Sie kann nur zu dem Ergebnis führen, dass das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Die Freiheit des Beklagten bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit wurde von dem Kläger nicht in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Umfang eingeschränkt. Da die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters sowohl selbständig - § 92 Abs. 1 HGB in Verb. mit § 84 Abs. 1 HGB - als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - § 92 Abs. 1 in Verb. mit § 84 Abs. 2 HGB - erbracht werden kann, ist bei der Gesamtwürdigung zudem die Vertragstypenwahl der Parteien zu berücksichtigen. Wenn die tatsächliche Handhabung nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, müssen sich die Parteien an dem von ihnen gewählten Vertragstypus festhalten lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien oder eine von ihnen im Geschäftsverkehr gänzlich unerfahren sind. Das ist aber weder bei dem Kläger als Versicherungsunternehmen, noch beim Beklagten der Fall. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Akteninhalt war der Beklagte nach eigenem Vorbringen bereits zuvor als freier Handelsvertreter für verschiedene Unternehmen tätig. Nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 war der Beklagte „ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln“. Dabei wurde er als selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB tätig.

34

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann vom Beklagten die Rückzahlung nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschüsse verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen.

35

1. Nach Ziff. 7 Abs. 1 Besondere Vereinbarungen ist der Beklagte verpflichtet, bei Beendigung des Vertretervertrags nach Maßgabe der Ratenregelung in Abs. 2 einen noch ausstehenden Unterschuss auszugleichen.

36

a) Bei den Regelungen zur Aufbauhilfe in den Besonderen Vereinbarungen handelt es sich nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats(1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von den Parteien nicht angegriffen wird, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB),die vom Kläger für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem Beklagten bei Vertragsschluss gestellt wurden. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (Senat 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

37

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vereinbarte Aufbauhilfe als Vorschuss auf Provisionen zu qualifizieren, der nach Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen bei Vorliegen eines „Unterschusses“ zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zurückzuzahlen ist.

38

aa) Schon der Wortlaut von Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen ist eindeutig. Danach wird die Aufbauhilfe zur Gründung und Konsolidierung der Existenz des Beklagten als selbständiger Gewerbetreibender „in Form eines gleichbleibenden Vorschusses“ nach Maßgabe der dort aufgeführten zeitlichen Staffelung gezahlt. Durch die dreimalige Verwendung des Begriffs „gleichbleibender Vorschuss“ kann die Regelung von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nur als bloße Vorschussregelung verstanden werden, zumal es in Ziff. 4 Vertretervertrag heißt, die Provisionen stellten „das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit“ dar. Die weiteren Regelungen in den Besonderen Vereinbarungen bestätigen, dass die Zahlung eines Vorschusses, nicht aber eines garantierten(Mindest-)Entgelts vereinbart war. So sieht Ziff. 4 vor, dass die Aufbauhilfe jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrags erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet wird. Ziff. 3 begrenzt die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse auf eine bestimmte Summe. In Ziff. 6 heißt es, die Vorschusszahlungen endeten sofort mit Ausspruch einer Kündigung bzw. des Abschlusses einer Beendigungsvereinbarung. Auch der allgemeine Sprachgebrauch schließt ein Verständnis des Begriffs „Vorschuss“ als „Garantieeinkommen“, „Mindestentgelt“ oder „Fixum“ aus.

39

bb) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

cc) Die in Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen vorgesehene Rückzahlungspflicht unterliegt nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung ist, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

41

Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(Senat 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 18, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Beklagte wäre auch ohne Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen verpflichtet, nicht ins Verdienen gebrachte Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen. Ein Vorschuss ist eine vorweggenommene Vergütungstilgung. Entsteht die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurückzugewähren. Wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuss auszugleichen (BAG 25. September 2002 - 10 AZR 7/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 103, 1).

42

dd) Eine hiervon abweichende und damit die uneingeschränkte Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB eröffnende Wirkung erhält Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen nicht dadurch, dass der Beklagte durch die Gewährung von Vorschüssen in einer seine Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigenden Weise an den Kläger gebunden würde(vgl. zu einer Vereinbarung, nach der ein Handelsvertreter dem Unternehmer Schulungskosten anteilig zu erstatten hat BAG 24. Oktober 2002 - 6 AZR 632/00 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 103, 180; zur Bindung eines Arbeitnehmers durch eine Sonderzahlung BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

43

Mit seiner „Aufbauhilfe“ bindet der Kläger den Beklagten zwar insofern an sich, als bei Vertragsschluss damit zu rechnen war, der Beklagte werde als in der Versicherungsbranche Unerfahrener in der Anfangsphase seiner Tätigkeit die Vorschüsse nicht sogleich in voller Höhe ins Verdienen bringen können und sich zunächst bei dem Kläger „verschulden“. Die Vorschüsse lagen aber primär im Interesse des Beklagten, der sie nach Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen beanspruchen konnte, aber nicht musste. Sie gewährleisteten ihm in der Anfangsphase des Vertragsverhältnisses kontinuierliche Einnahmen unabhängig vom Erfolg seiner Vermittlungstätigkeit. Außerdem waren sie zeitlich auf ein Jahr und in der Höhe auf max. 15.500,00 Euro begrenzt. Schließlich mussten die Vorschüsse, sofern sie nicht ins Verdienen gebracht wurden, bei einer Kündigung des Versicherungsvertreters nicht sofort in voller Höhe, sondern in zwölf gleichen Monatsraten zurückgezahlt werden.

44

2. Die Vergütung eines freien Versicherungsvertreters nur auf der von § 92 Abs. 3 HGB vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines - wie auch immer gearteten - Garantieeinkommens(Ziff. 4 Vertretervertrag) ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, unterliegen nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Der eingeschränkten Kontrolle auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 in Verb. mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält die Vergütungsvereinbarung Stand. Ziff. 4 Vertretervertrag regelt klar und verständlich, dass die vereinbarte Provision das volle Entgelt für die Tätigkeit des Beklagten darstellt.

45

3. Die Höhe der nicht ins Verdienen gebrachten Provisionsvorschüsse ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2, § 291 BGB.

46

III. Die Widerklage ist unbegründet.

47

Der Beklagte kann eine übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nicht beanspruchen. Die Höhe der Vergütung ist bestimmt durch die Vergütungsvereinbarung in Ziff. 4 Vertretervertrag. Dass die dort in Bezug genommenen Provisionsbestimmungen unwirksam wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

48

IV. Der Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    Wolf    
                 

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

Das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzbuches ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags ein.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status aufgrund einer Tätigkeit im sog Rackjobbing.

2

Die Klägerin - eine GmbH - präsentierte sich im Zeitraum der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für sie vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 als Dienstleisterin auf dem Retailmarkt. Sie verstand sich als Bindeglied zwischen Herstellern und Retailern von Waren (Einzelhändlern und Wiederverkäufern) und bot ein integriertes Vertriebs-, Merchandising- und Logistikkonzept zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Belieferung von Großmärkten und Warenhäusern an. Teil ihres Angebots war sog Rackjobbing (= Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung). Dieses Angebot umfasste einen Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI (Electronic Data Interchange), die regelmäßige Betreuung der Retail-Filialen/Outlets, die regelmäßige Kontrolle der Bestände, die Regalpflege einschließlich der Regaloptimierung, die Layout-Erstellung für die jeweiligen Sortimente einschließlich der dazugehörigen Planung, Umsetzung und Optimierung jeweils nach Abverkaufszahlen, Neueinrichtungen und generelle Umbauten, fundierte Zahlen für zukünftige Strategien sowie die Steuerung der Sortimente nach Abverkaufszahlen.

3

Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin lag ein mehrseitiger schriftlicher Vertrag vom 1.11.1999 zugrunde, in dem ua - durch Einzelbestimmungen in zahlreichen §§ aufgegliedert - Folgendes vereinbart worden war: Der Beigeladene zu 1. solle als "freier Mitarbeiter" zur selbstständigen Warengestaltung und -darbietung bzw Merchandising tätig werden und werde insbesondere mit der Ausführung folgender Tätigkeiten in den Geschäftsräumen der Kunden der Klägerin beauftragt: Präsentation der Produkte der Klägerin und ihrer Vertragspartner, Sortimentüberwachung, Warendisposition, Warenplatzierung, Preisauszeichnung, Regalservice (Regalaufbauten/Regalumbauten), Layout-Prüfungen und Inventuren. Einzelheiten der Vertragsausführung seien dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1. in eigener Verantwortung auszuführen und dabei zugleich die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen. Er unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Klägerin, habe jedoch deren fachliche Vorgaben zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung zu beachten. Er sei nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet, sondern könne die Vertragspflichten auch durch Erfüllungsgehilfen erfüllen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt sei. Er habe das Recht, einzelne Aufträge ohne Begründung abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu werden; einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfe dies nur, sofern es sich dabei um Wettbewerber der Klägerin handele. Die Bestimmung des Orts der Tätigkeit erfolge in dem jeweiligen Einzelauftrag. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1. ein Stundenhonorar in Höhe von 24 DM zzgl Umsatzsteuer, die Abrechnung habe auf fünf Minuten genau zu erfolgen; die Auftragserfüllung sei wöchentlich auf besonderen Formularen nachzuweisen. Er habe die Kosten für Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und sonstige im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit anfallende Kosten zu tragen. Die Gewährung von Urlaub und Zahlung eines festen Lohns, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Überstunden bzw sonstige Sozialleistungen seien ausgeschlossen. Der Beigeladene zu 1. sei vielmehr verpflichtet, während Urlaub und Krankheit die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen bzw im Verhinderungsfall unverzüglich die Klägerin zu informieren. Für Schäden, die er bzw seine Mitarbeiter im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung der Klägerin zufügten, habe er zu haften. Der Beigeladene zu 1. bestätigte der Klägerin, dass er auch für andere Auftraggeber tätig sei und verpflichtete sich zur Mitteilung, falls dies nicht mehr zutreffe und die Klägerin seine einzige Auftraggeberin geworden sei. Weiter oblag es ihm, der Klägerin zu jedem Quartalsende den prozentualen Anteil der anderen Auftraggeber an seinem Gesamtgewinn mitzuteilen. Er verpflichtete sich des Weiteren, vor Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin eine Gewerbeanmeldung vorzulegen (bereits zum 29.1.1992 hatte er ein Gewerbe als selbstständiger Handelsvertreter angemeldet), seine Selbstständigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers nachzuweisen und seine Steuernummer für die Einkommen- und Umsatzsteuer mitzuteilen. Schließlich war der Beigeladene zu 1. verpflichtet, für den Fall, dass "Scheinselbständigkeit" durch den Sozialversicherungsträger oder die Finanzbehörden festgestellt werde, die daraus für die Klägerin resultierenden Nachforderungen unbeschränkt und zeitlich unbefristet auszugleichen. Ergänzungen und Änderungen des Vertrages bedurften der Schriftform.

4

Nach einem Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich "die Beklagte") mit gleichlautenden Bescheiden vom 18.8.2003 gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem Beigeladenen zu 1. fest, dass dieser seine Tätigkeit im Bereich Regalservice bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.1.2005).

5

Auf die Klage der Klägerin hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei (Urteil vom 20.10.2008). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die vorgenannten Bescheide geändert und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt (Bescheid vom 24.9.2012). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sprechenden Umstände. Anknüpfungspunkt sei zunächst der Vertrag vom 1.11.1999, der als Rahmenvertrag (im Folgenden: RV) die Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstelle und überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Regelungen enthalte. Dem hierin dokumentierten Willen der Vertragsparteien komme indizielle Bedeutung zu. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine formale Vereinbarung gehandelt habe, seien nicht ersichtlich. Tatsächlich sei der Beigeladene zu 1. schon vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin selbstständig und auch während dieser Zeit für mehrere andere Unternehmen tätig gewesen. Deshalb habe er nicht jeden Auftrag der Klägerin ausführen können und Auftragsübernahmen abgelehnt. Die Klägerin habe nicht jederzeit über seine Arbeitsleistung verfügen können, was gegen eine Eingliederung in deren Betrieb spreche. Zudem habe der Beigeladene zu 1. die Aufträge nicht höchstpersönlich ausführen müssen. Zwar habe er mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt, doch sei in zwei Parallelverfahren bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, wobei diese die Differenz zwischen dem ihnen von der Klägerin gewährten Vergütungssatz und dem von ihnen an ihre Subunternehmer bzw Arbeitnehmer gezahlten Entgelt als unternehmerische Vergütung hätten vereinnahmen können. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. habe es sich nicht um klassische Regalauffüllertätigkeiten gehandelt, die typischerweise in abhängiger Beschäftigung ausgeführt würden. Vielmehr seien diese durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente ergänzt worden. So hätten die Auftragnehmer der Klägerin - wie durch Zeugen in Parallelverfahren bestätigt worden sei - über das mechanische Ein- und Ausräumen von Produkten hinaus auch über die Präsentation der Produkte der Vertragspartner der Klägerin zu entscheiden, Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung vorzunehmen gehabt. Die zeitliche Abhängigkeit vom Warenwirtschaftsturnus und Warenabverkauf sei ebenso der Natur der Tätigkeit geschuldet und nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin, wie der Umstand, dass die Tätigkeit in den zu betreuenden Verbrauchermärkten zu erbringen sei. Für eine Beschäftigung spreche demgegenüber die Vergütung mittels Stundenhonorar bei einer auf fünf Minuten genauen Abrechnung sowie der Umstand, dass sich der Beigeladene zu 1. seine jeweiligen Tätigkeitszeiten von den Marktleitern bzw deren Vertretern habe bestätigen lassen müssen. Allerdings rechneten auch viele Selbstständige nach Stundensätzen ab und der Beigeladene zu 1. habe zumindest durch die Auswahl der von ihm zu betreuenden Märkte Einfluss auf die Höhe der Vergütung nehmen können, in dem er über die Anfahrtszeiten seine Vergütung optimiere. Im Ergebnis gehöre der Beigeladene zu 1. als sog Solo-Selbstständiger zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen, deren wirtschaftliche Situation in vielerlei Hinsicht der von Beschäftigten ähnele. Es bestehe zudem auch keine Versicherungspflicht als Solo-Selbstständiger in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, weil der Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei (Urteil vom 14.3.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bei seiner Gesamtwürdigung wesentliche Umstände, aus denen es auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen habe, in ihrer Tragweite verkannt. Insbesondere habe es den RV vom 1.11.1999 im Wortlaut herangezogen, ohne die dahinter liegende Bedeutung zu beachten. Die Möglichkeit, einzelne Aufträge abzulehnen, entspreche der Entschließungsfreiheit eines Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen oder nicht. Das BSG habe bereits klargestellt, dass stets die einzelnen "Einsatzaufträge" zu prüfen seien. Dem Ausschluss von Sozialleistungen als solchem komme eine indizielle Wirkung für eine Selbstständigkeit ebenso wenig zu, wie der Möglichkeit, auch für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Mit der vom LSG festgestellten Ergänzung der Tätigkeit des Regalauffüllers durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente werde die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten" beschrieben, der zumindest im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess fremdbestimmte Arbeit leiste; entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1. nach Annahme eines Einzelauftrags zu den Vertragspartnern der Klägerin gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach deren Vorgaben auszuführen. Zudem habe für ihn kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestanden, da eine Vergütung nach Stunden und keine Umsatzbeteiligung vereinbart gewesen sei. Die eingeräumte Delegationsbefugnis könne ebenfalls keine Selbstständigkeit begründen, da von ihr - anders als in Parallelverfahren - kein Gebrauch gemacht worden sei, weshalb die bloße Befugnis für das vorliegende Vertragsverhältnis nicht prägend gewesen sei.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe das LSG festgestellt, dass ein Auftragsverhältnis auf selbstständiger Basis zwischen dem Beigeladenen zu 1. und ihr (der Klägerin) nicht nur formal vereinbart worden sei. Dem im RV dokumentierten Willen, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme daher ausschlaggebende Bedeutung zu (Hinweis auf BSG Urteile vom 12.10.1979 - 12 RK 24/78 - und vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R). Der Beigeladene zu 1. sei - anders als von der Beklagten unterstellt - nicht als Rackjobber (Regalauffüller), sondern als Merchandiser tätig gewesen. Beide Tätigkeiten seien nicht einander vergleichbar, denn der Merchandiser benötige vielfältige qualifizierte Kenntnisse und habe weitreichende Entscheidungsbefugnisse.

10

Die Beigeladene zu 2. (Bundesagentur für Arbeit) schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass der Beigeladene zu 1. in den Arbeitsprozess der Klägerin eingebunden gewesen sei. Die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber Dienstleistungen zu erbringen, stehe dem nicht entgegen, zumal das LSG nicht festgestellt habe, dass der Beigeladene zu 1. hiervon tatsächlich und "im Wesentlichen" (Hinweis auf BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 15 RdNr 25) Gebrauch gemacht habe. Einen Antrag stellt weder sie, noch ein anderer Beigeladener.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 SGG)begründet.

12

Das Urteil des LSG weist revisionsrechtlich bedeutsame Fehler auf; der Senat kann jedoch nicht abschließend selbst entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das LSG die Berufung der Beklagten gegen das ihren Bescheid vom 18.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2005 vollständig aufhebende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen und den Bescheid vom 24.9.2012 aufgehoben hat, sowie ob und ggf in welchem Umfang diese Bescheide rechtmäßig sind. Das Berufungsgericht hat insbesondere zu Unrecht keine Konsequenzen daraus gezogen, dass eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zur Leistungserbringung überhaupt erst mit der Übernahme des jeweiligen Einzelauftrags entstand. Ob der Beigeladene zu 1. während der Abwicklung der jeweiligen Einzelaufträge versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war, lässt sich aufgrund insoweit fehlender entscheidungserheblicher Tatsachenfeststellungen des LSG derzeit noch nicht endgültig beurteilen.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 24.9.2012. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht bestand) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 24.9.2012 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).

14

2. Soweit das LSG - von den Beteiligten im Revisionsverfahren unbeanstandet gelassen - auch entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

15

3. Die Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) reichen nicht aus, um ausgehend von den dafür rechtlich maßgebenden Umständen und auf der Grundlage der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 bzw während einzelner Zeiträume innerhalb dieses Rahmens abschließend zu beurteilen. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen RV, wonach eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zu entgeltlichen Dienstleistungen für die Klägerin erst mit Annahme eines Einzelauftrags entstand, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Um über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge entscheiden zu können, sind weitere Tatsachenfeststellungen des LSG notwendig (hierzu c). Zugleich hat die vorliegende Vertragskonstruktion Auswirkungen auf die Gewichtung einzelner Umstände im Rahmen der vom LSG erneut vorzunehmenden Gesamtabwägung, was dieses Gericht nach § 170 Abs 5 SGG ebenso zu beachten haben wird, wie die weitere Beurteilung seiner rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Urteil durch den Senat(hierzu d).

16

a) In den Jahren 1999 und 2003, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

17

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - unter II.2.b, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

18

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das LSG - insoweit zutreffend - zunächst vom Inhalt des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. am 1.11.1999 geschlossenen schriftlichen Vertrags ausgegangen und hat geprüft, ob die dort getroffenen Vereinbarungen den tatsächlichen Verhältnissen bei der Durchführung der vom Beigeladenen zu 1. verrichteten Tätigkeit entsprachen. Dabei hat das LSG richtig erkannt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1.11.1999 um einen RV handelte, der die rechtliche Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstellte. Dies folgt insbesondere aus § 1 Abs 2, § 4 und § 6 RV, wonach die Einzelheiten der Vertragsdurchführung sowie die Bestimmung des Orts der Tätigkeit dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten blieben(§ 1 Abs 2, § 6 RV) und dem Beigeladenen zu 1. die - nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angefochtenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG nicht nur theoretische - Möglichkeit eingeräumt war, ihm von der Klägerin angebotene Aufträge ohne Begründung abzulehnen.

19

Nicht ausreichend berücksichtigt hat das LSG hingegen die Konsequenzen dieser Vertragsgestaltung für den Gegenstand der im Hinblick auf eine mögliche Versicherungspflicht vorzunehmenden Prüfung und die Gewichtung bestimmter Umstände hierbei (zum Letzteren unten d). Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht nämlich nicht auf den gesamten vom RV erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 35; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 24; BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27; vgl insbesondere auch das Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R -, das einen einzelnen Projektvertrag über eine Tätigkeit im Rackjobbing zum Gegenstand hatte; zur Bedeutung einer durchgehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19). Dies folgt aus dem Umstand, dass in den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. keinen Auftrag der Klägerin angenommen und durchzuführen hatte, schon keine - die Versicherungspflicht begründende - "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV bestand(zum Inhalt dieser Voraussetzung der Versicherungspflicht vgl BSGE 101, 273 = SozR 4-2400 § 7 Nr 10, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 ff): Vor Annahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1. traf diesen keine - auch keine latente - Verpflichtung, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben. Umgekehrt hatte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. kein Entgelt zu leisten. Ob die gegenseitigen Leistungspflichten jemals (wieder) in Vollzug gesetzt werden würden, war nach der Ausgestaltung des RV vollkommen ungewiss; denn weder war die Klägerin verpflichtet, dem Beigeladenen zu 1. überhaupt Aufträge anzubieten, noch bestand eine Pflicht des Beigeladenen zu 1., einen der ihm von der Klägerin angebotenen Aufträge anzunehmen. Schon hieraus folgt die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf Zeiträume ohne (entgeltliche) Beschäftigung. Die notwendigen Feststellungen dazu, in welchen Zeiträumen Einzelaufträge tatsächlich vorlagen und durchzuführen waren, hat das LSG - von seinem Ansatz her konsequent - jedoch nicht getroffen.

20

c) Ob die Verhältnisse während der Durchführung der einzelnen Aufträge tatsächlich die vom LSG für die gesamte Laufzeit des RV getroffene Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit insgesamt oder zumindest für Teilzeiträume rechtfertigen, kann der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen. Hierfür fehlen neben Feststellungen zu den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. tatsächlich für die Klägerin Einzelaufträge durchführte, auch die erforderlichen konkreten Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung dieser einzelnen Aufträge. Diese Einzelheiten waren nach § 1 Abs 2 des RV ausdrücklich erst den mit dem jeweiligen Einzelauftrag verbundenen Bestimmungen vorbehalten. Ob und ggf in welchem Umfang hierbei Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit (zB bzgl der Besuchshäufigkeit), Dauer (zB tolerierte Höchstdauer der Besuche) und Art der Ausführung (zB Richtlinien oder gar konkrete Anweisungen für die Bestückung einzelner Regale) durch die Klägerin gemacht wurden, hat das LSG im Einzelnen nicht festgestellt. Dies muss es im Rahmen der erneuten Verhandlung nachholen.

21

Zugleich hält es der Senat für geboten, dass das LSG bei dieser Gelegenheit von Amts wegen (vgl § 103 SGG) auch weitere Umstände aufklärt, die Bedeutung für die vorzunehmende Gesamtabwägung haben könnten:

22

So war der Beigeladene zu 1. zwar nach § 9 Abs 2 RV verpflichtet, bei Krankheit und Urlaub die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen, im Verhinderungsfall hatte er die Klägerin unverzüglich zu informieren. Jedoch begründet es Zweifel an der Verbindlichkeit bzw Ernsthaftigkeit der Sicherstellungsverpflichtung des Beigeladenen zu 1., wenn nach dessen - im angefochtenen Urteil wiedergegebenen - Angaben vor dem SG (in der mündlichen Verhandlung am 20.10.2008) die Konsequenz einer längeren Verhinderung lediglich darin bestand, dass der Händler die vorgesehenen Tätigkeiten selbst ausführen musste.

23

Ferner deutet die vom Beigeladenen zu 1. ebenfalls in der mündlichen Verhandlung beim SG gemachte Angabe, der RV sei ua deswegen gekündigt worden, weil er (der Beigeladene zu 1.) nach Auffassung der Klägerin "zu lange gebraucht (habe), um die Arbeiten auszuführen", auf eine zumindest konkludent verabredete zeitliche Vorgabe für die Durchführung eines Einzelauftrags sowie eine über die bloße Bestätigung von Anwesenheitszeiten durch die Marktleiter hinausgehende Überwachung der Auftragsausführung hin.

24

Schließlich wäre es im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, wenn zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1. auch der von der Klägerin angebotene Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI sowie die Erfassung oder Aufbereitung fundierter Zahlen für zukünftige Strategien der Kunden gehört hätten und die hierfür notwendigen Geräte oder Software-Programme ganz oder zumindest teilweise durch die Klägerin gestellt worden wären.

25

d) Die aus der festgestellten Vertragsgestaltung folgende Notwendigkeit einer Prüfung der jeweiligen Einzelaufträge hat zudem materiell-rechtliche Konsequenzen für die Bedeutung einzelner Umstände im Rahmen der - jedenfalls beim Vorliegen relevanter Unterschiede - für jedes Auftragsverhältnis gesondert vorzunehmenden Gesamtabwägung. Gleichzeitig vermag der Senat den rechtlichen Erwägungen des LSG auch aus anderen Gründen nicht in jeder Hinsicht zu folgen.

26

aa) Zutreffend ist das LSG in Würdigung der einzelnen Klauseln des RV zu dem Ergebnis gelangt, dieser dokumentiere den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Willen kommt - wie das LSG ebenfalls zutreffend ausführt - nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht dieses Indizes umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die indizielle Wirkung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr vgl BAG Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Juris RdNr 33).

27

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw zu vermeiden (zB Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen (vgl nämlich § 32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen - insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten - bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und - jedenfalls für das Sozialrecht - das Fehlen der unter II.3.a genannten, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (stRspr, vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 2400 § 2 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332).

28

bb) Nicht gerechtfertigt ist auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch das hohe Gewicht, welches das LSG in seiner auf den RV fokussierten Gesamtabwägung der dem Beigeladenen zu 1. eingeräumten Möglichkeit beigemessen hat, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Anknüpfungstatbestand für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist - wie oben unter II.3.b dargelegt - das einzelne angenommene Auftragsverhältnis. Daher stellte sich - wie von der Beklagten mit der Revision zu Recht geltend gemacht - für den Beigeladenen zu 1. die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Zugleich haben jedenfalls Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen. Ein Werben für seine Tätigkeit hatte der Beigeladene zu 1. aber - wie auch im Urteil des LSG wiedergegeben - im Verwaltungsverfahren gerade verneint.

29

cc) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit auf Selbstständigkeit hindeuten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bzgl der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren. Ob dies vorliegend der Fall ist, hängt in erster Linie vom Inhalt der jeweiligen Einzelaufträge und deren praktischer Durchführung ab, was vom LSG noch weiter aufzuklären ist.

30

Zwar ist die Auffassung des LSG, dass allein aus der zeitlichen und örtlichen Abhängigkeit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom Warenturnus und Warenabverkauf bzw der Belegenheit der zu befüllenden Regale in den jeweiligen Verbrauchermärkten nicht auf ein diesbezügliches einseitiges Direktionsrecht der Klägerin geschlossen werden kann, im Ansatz zutreffend. Allerdings spricht es auch nicht gegen das Vorliegen eines - ggf verfeinerten - Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" (zu diesem Topos vgl zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Die Beiträge Beilage 2004, 154 = USK 2004-25) ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (zB auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt.

31

Ebenso kommt der vom LSG ausführlich beschriebenen besonderen Qualität der Tätigkeit als solcher keine Indizfunktion im Sinne einer Selbstständigkeit zu. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit eines "klassischen" Regalauffüllers mit weiteren, verantwortungsvolleren Aufgaben angereichert und mit größeren Möglichkeiten eigenverantwortlicher Gestaltung bei der Umsetzung des Auftrags bzw der Arbeitsaufgabe versehen wird, spricht noch nicht gegen Beschäftigung. Insoweit vertritt das BSG in ständiger Rechtsprechung, dass allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse selbst eines "leitenden Angestellten" diesen nicht schon zum Selbstständigen machen, solange er in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt (vgl zB BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 20). Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt (vgl bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 16 mwN; BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig ist (zB von Umsatz- und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen, usw), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich - wie nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall - die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet (vgl bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr 32 S 40; BSG SozR 2200 § 165 Nr 51 S 73 f; andererseits für Beschäftigung trotz erfolgsabhängiger Vergütung zB BSG SozR 2200 § 165 Nr 63 S 87 f; BSG SozR Nr 10 zu § 2 AVG Aa 14).

32

Entgegen dem diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren spielt es insoweit keine Rolle, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. noch derjenigen eines Regalauffüllers entspricht, derjenigen eines kaufmännischen Angestellten angenähert ist oder entsprechend den Ausführungen des LSG zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen ("Solo-Selbstständigen") im Wirtschaftsleben ein völlig neues Berufsbild darstellt. Erst recht ist es ohne Belang, mit welchem "Etikett" die am Vertragsverhältnis Beteiligten einer Tätigkeit versehen (vorliegend etwa "Rackjobber" oder "Merchandiser"). Die für das Sozialversicherungsrecht maßgebende Abgrenzung von Versicherungspflicht auslösender Beschäftigung einerseits und Selbstständigkeit andererseits erfolgt vielmehr - wie dargelegt - anhand abstrakter Merkmale (vgl oben II.3.a) und auf Grundlage der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit im Einzelfall und nicht etwa anhand von Berufs- bzw Tätigkeitskatalogen (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20; vgl auch BSG Beschluss vom 27.8.2012 - B 12 R 4/12 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 12 KR 93/12 B - Juris RdNr 16, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Dementsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass bestimmte berufliche Tätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbstständigkeit wahrgenommen werden können und dass es für die Zuordnung insoweit auf die Gesamtschau der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl zB Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; Senatsurteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17, 30 ; Senatsurteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27 ).

33

dd) Dem LSG ist im Ansatz auch darin zuzustimmen, dass eine dem Beigeladenen zu 1. eingeräumte Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, gegen das Vorliegen von Beschäftigung spricht. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen von Beschäftigung typisch, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 22). Auch nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, auch wenn nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat(vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit im Rechtssinne. Sie stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 14; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17 f).

34

Im Rahmen der erneuten Würdigung des Sachverhalts wird das LSG auch zu beachten haben, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen tatsächlich keine Delegation erfolgt ist, die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen kann, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17). Dagegen spricht vorliegend die Feststellung des LSG, der Beigeladene zu 1. habe mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Zugleich kommt es auch hier auf die Verhältnisse während der jeweiligen Auftragsdurchführung an. Insoweit steht die Delegationsbefugnis sogar schon nach dem Vertragstext unter dem Vorbehalt, dass "der jeweilige Auftrag dies gestattet". Bereits aus diesem Grunde kann dem vom LSG gezogenen Schluss, in zwei - den Beigeladenen zu 1. nicht betreffenden - Parallelverfahren sei bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, weshalb auch der Beigeladene zu 1. Dritte habe tatsächlich einsetzen können, nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Vielmehr wird das LSG zu prüfen haben, ob dem Beigeladenen zu 1. nach den Bedingungen des ihm nach Angebotsannahme jeweils obliegenden Auftrags dessen Durchführung mittels Erfüllungsgehilfen gestattet und realistischerweise möglich war.

35

ee) Anlässlich der erneuten Verhandlung wird das LSG auch der Frage weiter nachzugehen haben, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. ein Unternehmerrisiko trug. Im Unterschied zu den vorgehend angesprochenen Umständen sind hierbei nicht nur die Verhältnisse bei Durchführung der einzelnen Aufträge in den Blick zu nehmen. Ein typisches unternehmerisches Risiko kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass vorgreiflich Investitionen (auch) im Hinblick auf eine ungewisse Vielzahl zukünftig am Markt noch einzuwerbender Aufträge getätigt werden.

36

Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl zB BSG SozR 2400 § 2 Nr 19 S 30; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Zudem wird angesichts zunehmender Freiheiten bzgl Arbeitsort und Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S 64 ff; hierzu zB Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331 ff) zu prüfen sein, ob Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft zukünftig nur dann als Indiz für Selbstständigkeit angesehen werden können, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen (zum Gesichtspunkt zeitabhängige versus erfolgsabhängige Honorierung vgl im Übrigen bereits oben cc).

37

Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1. im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt hat. Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im vorgenannten Sinne bestand dabei nicht, da er einen unbedingten Anspruch auf Vergütung seiner für die Durchführung der jeweiligen Aufträge aufgewandten - gegenüber der Klägerin engmaschig, nämlich fünf-Minuten-genau und in spezifischen Firmenvordrucken in bestimmter Weise zu dokumentierenden - Arbeitszeit hatte. Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrags- bzw Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise. Soweit der Beigeladene zu 1. - wie vom LSG im Sachverhalt des Urteils berichtet - gegenüber der Beklagten angegeben hat, für seine Tätigkeit nutze er seinen PKW, seinen Personal Computer sowie ein eigenes Telefax- und Handygerät, lässt dies ebenfalls nicht ohne Weiteres auf ein unternehmerisches Risiko schließen. Voraussetzung dafür wäre es, dass diese Gegenstände gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft, hierfür eingesetzt und das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen wäre. Dies kann jedenfalls bei Gegenständen, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, nicht ohne spezielle diesbezügliche Tatsachenfeststellungen unterstellt werden.

38

ff) Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das LSG ggf schließlich zu prüfen haben, ob trotz bestehender Beschäftigung während der Durchführung der jeweiligen Aufträge Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung iS des § 8 SGB IV vorlag(zu den insoweit zu beachtenden Konstellationen vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27 ff).

39

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

40

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung versicherungspflichtig ist.

2

Die Beigeladene zu 1. betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Unternehmensberatung. Am Stammkapital in Höhe von 100 000 Euro war der Kläger mit 30 000 Euro, sein Mitgesellschafter B mit 70 000 Euro beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag vom 11.9.2006 wurden keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung getroffen. Sowohl der Kläger als auch sein Mitgesellschafter waren als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Am 16.1.2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1. einen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag", den für die GmbH beide Gesellschafter unterzeichneten. Danach erhielt der Kläger für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Wegen der Gründungssituation verzichtete der Kläger bis 1.3.2007 auf sein Monatsgehalt. Darüber hinaus gewährte er der Beigeladenen zu 1. eine Stundung des Gehalts, bis diese einen Umsatz von ca 500 000 Euro erzielte (längstens jedoch bis 31.12.2007). Der gestundete Betrag wurde sodann in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig und mit 5 % pa verzinst. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Die Beigeladene zu 1. konnte den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich fristlos kündigen.

3

Die Beteiligten trafen darüber hinaus eine schriftliche Vereinbarung ua folgenden Inhalts:

        

§ 2 Geschäftsführerbefugnis
[…]

        

(3) Der Geschäftsführer hat ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter.

        

(4) Der Geschäftsführer ist wegen seiner fachlichen Kompetenz für die weitere Entwicklung und den Bestand der Gesellschaft von enormer Bedeutung und erhält daher ein Veto-Recht bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen.

4

Auf den Antrag des Klägers stellte die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund) mit Bescheid vom 28.4.2011 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit 1.3.2007 bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011; Berichtigungsbescheid vom 12.6.2012).

5

Das SG hat die vorgenannten Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit 1.3.2007 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sei (Urteil vom 4.6.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger sei als Selbstständiger für die Beigeladene zu 1. tätig. Er könne als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Zwar habe sein Mitgesellschafter aufgrund seiner höheren Einlage die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Der Kläger verfüge jedoch über ein Veto-Recht bei weiteren Geschäftsführerbestellungen und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen. Dieses Veto-Recht komme einem Stimmbindungsvertrag gleich und erstrecke sich auf alle wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft. Der Kläger sei zudem als Geschäftsführer in seiner Vertretungsbefugnis nicht beschränkt und handele deshalb im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb weisungsfrei (Urteil vom 15.5.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 SGB IV. Der Kläger sei für die Beigeladene zu 1. in abhängiger Beschäftigung tätig gewesen. Die Auffassung des LSG, wonach er alle ihm nicht genehmen Beschlüsse und Weisungen habe abwenden können, stehe nicht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Veto-Recht sei ebenso wie eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene, jederzeit kündbare Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht zu negieren. Die Stimmrechtsvereinbarung greife nicht in Konfliktsituationen, insbesondere nicht im Fall der Abberufung des Minderheitsgesellschafters als Geschäftsführer. Schuldrechtlich vereinbart sei ein Veto-Recht nicht gegen sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, sondern lediglich gegen solche, die die geschäftliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. beträfen. Insbesondere sei die Abberufung von Geschäftsführern vom Veto-Recht nicht erfasst.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

12

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen der Rentenversicherungspflicht des Klägers sowie die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - verneint. Die der Klage stattgebenden gegenteiligen Urteile der Vorinstanzen waren aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil die angefochtenen Bescheide revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

13

1. Auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ist für die Zeit vom 1.3.2007 bis 15.5.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. anzunehmen mit der Folge, dass der Kläger versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

14

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen. Danach enthält der zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger geschlossene Anstellungsvertrag Regelungen, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch sind (dazu a). Eine davon abweichende Beurteilung der Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1. im ersten Jahr seiner Tätigkeit (ab dem 1.3.2007) das ihm geschuldete Monatsgehalt stundete und es dieser als Darlehen gewährte (dazu b). Dem LSG kann allerdings im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass die im Falle des Klägers für eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts sprechenden Indizien aus sonstigen Gründen überwögen; seine Annahme, der Kläger habe als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft deshalb maßgeblich beeinflussen können, trägt nicht, weil der Kläger lediglich über ein ihm in seinem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eingeräumtes Veto-Recht verfügte und deshalb keine vergleichbare Stellung innehatte, wie sie derjenigen eines mit einer gesellschaftsvertraglichen Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht (dazu c).

15

a) In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

17

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

18

Nach diesen allgemeinen rechtlichen Maßstäben sprechen die äußeren Umstände hier für eine abhängige Beschäftigung. Ausgehend von den Feststellungen des LSG enthält der Anstellungsvertrag vom 16.1.2007 zahlreiche Elemente, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch und für das Gesamtbild einer Beschäftigung wesentlich mitbestimmend sind. Der Kläger erhielt danach für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Auch hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor. Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat(vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 27 mwN) - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

19

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger im ersten Jahr seiner Tätigkeit das ihm ab dem 1.3.2007 geschuldete Monatsgehalt der Beigeladenen zu 1. stundete und es ihr als Darlehen gewährte. Aufgrund dieser Umstände ist nicht schon die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger ein Unternehmerrisiko trug, das bei der Beurteilung des Gesamtbildes seiner Tätigkeit in seinem Sinne entscheidend ins Gewicht fiele.

20

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris RdNr 24; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann hinreichendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO).

21

Die Stundung bzw Darlehensgewährung des Klägers begründet kein solches mit seiner vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. verbundenes Unternehmerrisiko. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass auch Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht gänzlich ungewöhnlich, sondern vor allem dann anzutreffen sind, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60; zu einem - im Ergebnis ebenfalls nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit führenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). So verhielt es sich auch hier. Der Beigeladenen zu 1. sollte ausgehend von den Feststellungen des LSG nämlich "wegen der Gründungssituation" Liquidität verschafft werden. Auch sollte das Darlehen nur befristet gewährt werden, solange bis ein Umsatz von ca 500 000 Euro erzielt wurde, längstens bis 31.12.2007. Danach sollte der gestundete Betrag in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig sein und mit 5 % pa verzinst werden. Die Darlehensgewährung war damit gerade nicht fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., sondern diente der Beigeladenen zu 1. als Unterstützung lediglich in der Anfangsphase der Geschäftstätigkeit (anders für den für Arbeitsverträge untypischen Fall, dass ein Darlehen nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschränkt, sondern fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses ist BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60). Unmittelbar im Anschluss daran erhielt der Kläger auch wieder sein monatliches festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz seiner Arbeitskraft.

22

c) Entgegen der Ansicht des LSG lässt sich die Selbstständigkeit des Klägers in seiner streitigen Tätigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. allgemein (dazu im Folgenden aa) noch aus dem ihm in seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer eingeräumten Veto-Recht (dazu bb).

23

aa) Der Kläger verfügte als Minderheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 1. in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein - mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten - Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat.

24

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN; zuletzt BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25).

25

Der Kläger verfügte als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. nur über einen Anteil am Stammkapital von 30 % und damit angesichts seines 70 % der Anteile haltenden Mitgesellschafter B nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Da der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung enthielt, galt § 47 Abs 1 iVm Abs 2 GmbHG, wonach die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgten. Zugleich gaben die Regelungen des Gesellschaftsvertrags keine Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse vor, die dem Kläger als Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität vermittelt hätte.

26

bb) Dass dem Kläger darüber hinaus in seinem Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen zu 1. ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen, eingeräumt wurde, rechtfertigt keine Gleichstellung mit einem mit Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer im Sinne der unter aa) dargestellten allgemeinen Grundsätze.

27

Es kann insoweit dahinstehen, ob dieses Veto-Recht des Klägers im Verhältnis zum Mitgesellschafter B. wirksam vereinbart wurde und - bejahendenfalls - ob das Veto-Recht inhaltlich umfassend ausgestaltet war (dazu <1>). Denn das dem Kläger nur schuldrechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags eingeräumte Veto-Recht teilte das rechtliche Schicksal des Anstellungsvertrags und war insoweit nicht "kündigungsfest" im Sinne uneingeschränkt damit verbundener Einflussmöglichkeiten (dazu <2>). Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich im Übrigen ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV(dazu näher <3>).

28

<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden( zur Zulässigkeit vgl zB BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - NJW 1987, 1890 sowie vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - ZIP 1983, 432; vgl auch Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl 2015, § 3 RdNr 58, § 47 RdNr 38 jeweils mwN ). Allerdings muss eine solche wirksame schuldrechtliche Beschränkung des Stimmrechts regelmäßig durch eine Vereinbarung des Begünstigten mit dem Stimmrechtsinhaber erfolgen (vgl Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl 2002, § 47 RdNr 36 und 38; Roth, aaO, § 47 RdNr 38); der insoweit durch die zusätzlichen Befugnisse des Klägers betroffene Mitgesellschafter B (= Stimmrechtsinhaber) war indessen nicht Vertragspartner des Klägers, vielmehr war das Veto-Recht des Klägers Bestandteil des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als seiner Arbeitgeberin geschlossenen Anstellungsvertrages. Darauf, ob durch die Vereinbarung der Stimmrechtsbindung im Anstellungsvertrag gleichwohl eine wirksame Verpflichtung auch des betroffenen Mitgesellschafters B zustande kam, muss - aus noch unter (2) und (3) darzustellenden Gründen - indessen nicht näher eingegangen werden (vgl ebenso offenlassend für ähnliche Konstellationen BGH Urteil vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - Juris RdNr 8; sowie vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - Juris RdNr 15; zur dabei gebotenen Differenzierung zwischen Anstellungsvertrag und Gesellschaftsvertrag vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 15). Gleichermaßen kann - ginge man hier von der Wirksamkeit der Stimmrechtsvereinbarung allgemein aus - offenbleiben, ob dem Kläger das Veto-Recht des Klägers umfassend oder nur eingeschränkt auf einzelne Beschlussinhalte der Gesellschafterversammlung erteilt wurde (zum Nichtausreichen einer nur auf einzelne Gegenstände beschränkten Rechtsmacht zur Verhinderung von Weisungen der Gesellschafterversammlung für die Annahme selbstständiger Tätigkeit vgl bereits BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8 Leitsatz und S 16).

29

<2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können <2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können (im Ergebnis - allgemein - ebenso: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 81 sowie BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26). Der Anstellungsvertrag des Klägers war vorliegend von der Beigeladenen zu 1. aus wichtigem Grund schon nach § 626 BGB kündbar(zu den Voraussetzungen dafür vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 353/00 - Juris RdNr 7 ff). Zugunsten der Beigeladenen zu 1. war ein solches außerordentliches Kündigungsrecht hier indessen sogar in § 8 Abs 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ausdrücklich vorgesehen. Die Bestellung eines Geschäftsführers kann darüber hinaus aus wichtigem Grund nach § 38 Abs 2 GmbHG widerrufen werden(zur rechtlich unabhängig voneinander möglichen Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnis nach den jeweils dafür geltenden Vorschriften vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 146/02 - Juris RdNr 9; zur dabei zudem ausgeschlossenen Mitwirkung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers an der Beschlussfassung über Abberufung als Geschäftsführer bzw über die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses vgl BGH Urteil vom 21.4.1969 - II ZR 200/67 - Juris RdNr 25; BGHZ 86, 177 f; BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 74/85 - Juris RdNr 10).

30

<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.

31

Ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Statusentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV. Dass eine Kündigung des Veto-Rechts in der streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt wurde, ist deshalb ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre nämlich jedenfalls allein die dem jeweils anderen Gesellschafter aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen wieder eine Weisungsunterworfenheit des Klägers unter die Beigeladene zu 1. bestand. Eine solche Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände aber nicht hinnehmbar. So hat der Senat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet (vgl dazu ausführlich BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

32

Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als im vorliegenden Fall. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind nämlich ungleich höher als bei einer bloßen "einfachen" Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren und diese nicht - insbesondere nicht anlassbezogen - allein schon durch die Ausübung eines fremden Kündigungsrechts wieder verlieren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (zu den dabei sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Erwägungen vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32 mwN).

33

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 geändert.

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Der Klägerin sind für alle Rechtszüge 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten, und zwar für das Klageverfahren von der Beklagten und für das Berufungs- und Revisionsverfahren von der Beigeladenen zu 2.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob die Klägerin wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) versicherungspflichtig ist.

2

Die Klägerin ist seit 1984 bei der beigeladenen GmbH (Beigeladene zu 1.) - einem Unternehmen mit ca 60 Mitarbeitern und vier Filialen, dessen Geschäftsgegenstand die Veranstaltung und Vermittlung von Reisen ist - als gelernte Reiseverkehrskauffrau tätig. Nachdem zunächst der Ehemann der Klägerin Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. war, hielt sie aufgrund eines notariell beurkundeten "Schenkungs- und Übertragungsvertrag(es) GmbH-Anteil" vom 18.12.2008 40 % der Gesellschaftsanteile; ihr Ehemann, der zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist, hielt seither 60 % der Anteile. Nach dem ebenfalls in dieser Form geschlossenen Gesellschaftsvertrag vom selben Tag hat der Ehemann der Klägerin für die Dauer seiner Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter das unentziehbare (Sonder-)Recht, Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. zu sein (§ 14 Ziff 5 Gesellschaftsvertrag). Beschlüsse der GmbH werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst; Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft sowie die Änderung des Unternehmensgegenstandes sind einstimmig zu fassen (§ 15 Ziff 5). In dem später - am 5.1.2009 - abgeschlossenen Anstellungsvertrag, der das "bestehende Arbeitsverhältnis" der Klägerin vertraglich fixieren soll, wird der Klägerin die Aufgabe einer alleinvertretungsberechtigten, mit Prokura ausgestatteten "leitenden Angestellten" in den Tätigkeitsbereichen "Leitung Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung, Leitung Finanzen im Allgemeinen, Vertretung der Geschäftsführung" übertragen. Im Anstellungsvertrag sind ua eine Mindestarbeitszeit von 50 Wochenstunden, eine monatliche Vergütung von 5000 Euro, 30 Tage Jahresurlaub sowie sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart.

3

Am 30.12.2008 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen (einfach-)schriftlichen "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R.". Dieser hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Vorbemerkung …

3.    

Frau G. R. soll aus erbrechtlicher Sicht mindestens 50 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft halten, eine entsprechende Übertragung war im Dezember 2008 aus erbschaftsteuerlicher Sicht jedoch nicht sinnvoll. Gesellschaftsrechtlich soll Frau R. jedoch bereits heute so gestellt werden, als ob sie bereits mit mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt wäre.

…       

        

§ 1

Einheitliche Stimmabgabe

Die Parteien werden ab sofort bei sämtlichen Gesellschafterbeschlüssen der Gesellschaft übereinstimmend mit "Ja" oder mit "Nein" stimmen oder sich übereinstimmend der Stimme enthalten.

§ 2 Pflichten Festlegung des Abstimmungsverhaltens

1.    

Bei jedem - insbesondere auch bei einem gesellschaftsvertragsändernden - Gesellschafterbeschluss hat Frau R. bei der Stimmabgabe die Stimmführerschaft. Herr R. ist verpflichtet, gemäß dem Abstimmungsverhalten von Frau R. die ihm aus den von ihm mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Gesellschaftsanteilen zustehenden Stimmen abzugeben.

2.    

Herr R. bevollmächtigt darüber hinaus Frau R., die ihm aus den von ihm mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Gesellschaftsanteilen zustehenden Stimmrechte bei jedem - insbesondere auch bei einem gesellschaftsvertragsändernden - Gesellschafterbeschluss in seinem Namen und für ihn verbindlich auszuüben.

§ 3 Dauer

1.    

Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit und endet automatisch, sobald Frau R. mit mindestens 50 % Geschäftsanteilen mittelbar oder unmittelbar an der Gesellschaft beteiligt ist; die ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.

…"    

        
4

Mit Bescheiden vom 17.3.2009 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle - nach Abstimmung mit dem regionalen Rentenversicherungsträger - gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. (GmbH) fest, dass die Klägerin in ihrer für die GmbH ausgeübten Tätigkeit ab 18.12.2008 wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht unterliege; sie könne aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung von nur 40 % keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der GmbH ausüben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 zurück.

5

Das SG hat der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben, die vorgenannten Bescheide aufgehoben und in Bezug auf die Klägerin festgestellt, "dass keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht" (Urteil vom 29.5.2013).

6

Das LSG hat die nur vom beigeladenen Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, es werde festgestellt, "dass die Klägerin in ihrer bei der Beigeladenen zu 1. ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitende Gesellschafterin und Prokuristin seit dem 30.12.2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt". Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte, die als Einzugsstelle entscheidungszuständig gewesen sei, habe die Tätigkeit der Klägerin als mitarbeitende Gesellschafterin und Prokuristin ab 30.12.2008 zu Unrecht als Beschäftigung gewertet. Zwar lägen auch Indizien für eine Beschäftigung vor, wie die Vereinbarungen im Anstellungsvertrag zeigten. Jedoch überwögen die für eine Selbstständigkeit der Klägerin sprechenden Gesichtspunkte. Wegen der Stimmbindungsvereinbarung verfüge sie über die "statusrelevante" Rechtsmacht, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen und ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Außerdem trage sie ein Unternehmerrisiko, weil sie wegen der Stimmbindungsvereinbarung Einfluss auf die Gewinnverteilung habe. Stimmbindungsvereinbarungen seien grundsätzlich rechtlich zulässig, insbesondere durch das GmbHG nicht verboten und unterlägen keinen besonderen Formvorschriften. Letzteres gelte, auch wenn es - wie hier - infolge der Stimmbindungsvereinbarung zu einer grundlegenden Verschiebung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht komme. Vereinbarungswidrig zustande gekommene Gesellschafterbeschlüsse seien mangelhaft und anfechtbar, wenn sich alle Gesellschafter der Bindung unterworfen hätten. Aufgrund ihrer Stimmführerschaft könne die Klägerin so nicht nur Weisungen an sich verhindern, sondern auch ihrem Ehemann Weisungen erteilen. Die hier bestehende Rechtsmacht gehe weit über die Einflussmöglichkeiten hinaus, die ein durch Gesellschafterbeschluss erklärter Weisungsverzicht oder eine widerrufliche Stimmbindungsvollmacht begründeten (Urteil vom 11.6.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beigeladene zu 2. eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH ohne Geschäftsführerfunktion, die über eine Kapitalbeteiligung von weniger als 50 % und nicht über eine Sperrminorität verfügten, seien nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig beschäftigt, weil sie nicht über die Rechtsmacht verfügten, Weisungen an sich zu verhindern. So liege der Fall auch hier, wie die die Klägerin betreffenden Teile des Gesellschaftsvertrages und des Anstellungsvertrages zeigten. Der außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene Stimmbindungsvertrag könne hieran nichts ändern, weil er die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Rechtsmachtverhältnisse nicht verschieben könne. Die Klägerin sei wegen gesellschaftsrechtlicher Vorgaben nicht im Stande, unter Hinweis auf den Stimmbindungsvertrag den Entzug ihrer Prokura zu verhindern. Der Stimmbindungsvertrag bewirke allenfalls eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", die für die vorausschauende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend sei. Der Stimmbindungsvertrag könne nachträglich geändert bzw gekündigt werden. Rechtsprechung des BGH stehe einer solchen Sichtweise nicht entgegen, stütze diese vielmehr.

8

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 und des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben, soweit es die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Stimmrechtsvereinbarung sei bei der Statusbeurteilung zu berücksichtigen.

11

Die Beklagte und die Beigeladene zu 3. teilen die Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 2.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beigeladenen zu 2. (= Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

13

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen von Rentenversicherungspflicht der Klägerin wegen Beschäftigung in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - in der noch streitigen Zeit ab 30.12.2008 verneint. Das Urteil des LSG war deshalb zu ändern; auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. musste das dem Begehren der Klägerin entsprechende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden, soweit es die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der GRV betrifft.

14

1. Im vorliegenden Rechtsstreit zu überprüfen sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten nur noch insoweit, als sie die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. in der Zeit ab 30.12.2008 - dem Geltungsbeginn des zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Stimmbindungsvertrages - betreffen. Für den Zeitraum vom 18.12. bis 29.12.2008 hat die Klägerin ihre Klage im Revisionsverfahren zurückgenommen. Zu befinden ist auch nur noch über die Versicherungspflicht der Klägerin in der GRV, nachdem die Beigeladene zu 2. als für diesen Versicherungszweig sachlich zuständiger Versicherungsträger ihre Revision insoweit beschränkt hat. Im Übrigen - hinsichtlich der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung - ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden (vgl § 141 Abs 1 SGG).

15

2. Die Klägerin war in ihrer für die Beigeladene zu 1. ausgeübten - vom LSG so festgestellten (§ 163 SGG)- Tätigkeit als mit Prokura ausgestattete "leitende Angestellte" in den Tätigkeitsbereichen "Leitung Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung, Leitung Finanzen im Allgemeinen, Vertretung der Geschäftsführung" ab 30.12.2008 in der GRV versicherungspflichtig beschäftigt. Die beklagte Krankenkasse war als Einzugsstelle sachlich dafür zuständig, im Verwaltungsverfahren die Versicherungspflicht auch insoweit durch Bescheid festzustellen, weil ein zwingend zur alleinigen Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2. führender Sachverhalt nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV nicht vorlag und dies auch im Rechtsstreit nicht gerügt wird.

16

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (dazu a). Es hat jedoch die in dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich ihrer indiziellen Bedeutung bei seiner Gesamtabwägung rechtlich nicht zutreffend eingeordnet (dazu b).

17

a) Im streitigen Zeitraum ab 30.12.2008 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Rentenversicherungspflicht (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert fortgeltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

18

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 15 mwN und BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - Juris RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 mwN; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff; BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 15). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn Gesellschafter einer GmbH - wie hier - durch familiäre Beziehungen verbunden sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 30 ff mwN).

19

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das LSG als Zwischenergebnis zunächst ohne Rechtsfehler angenommen, dass im Hinblick auf die zu Grunde liegenden vertraglichen Abreden insbesondere im Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2008 und im Anstellungsvertrag vom 5.1.2009 - den von der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Stimmbindungsvertrag vom 30.12.2008 bei der Betrachtung (noch) ausgeklammert - "von einer abhängigen Beschäftigung (der Klägerin) auszugehen" ist. Die Feststellungen des LSG zum Inhalt und zur tatsächlichen Umsetzung des Anstellungs-, des Gesellschafts- und auch des Schenkungs- und Übertragungsvertrages, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), rechtfertigen, was revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, den Schluss des Berufungsgerichts, die Klägerin habe als mit Prokura ausgestattete "leitende Angestellte" ohne Geschäftsführerstellung bei einer Beteiligung an den Geschäftsanteilen der beigeladenen GmbH lediglich als Minderheitsgesellschafterin Weisungen ihres geschäftsführenden Ehemannes nicht verhindern können.

20

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der Anstellungsvertrag, der deren Vertragsverhältnis zur beigeladenen GmbH bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem Inhalt - ua regelmäßiges monatliches Entgelt, wöchentliche Mindestarbeitszeit, Urlaubsansprüche, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - mit seinen typischen Arbeitnehmerrechten und -pflichten ein "Arbeitsverhältnis" iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Gegenstand. Diese rechtliche Bewertung des Berufungsgerichts stellt auch die Klägerin selbst nicht infrage, wenn sie im Revisionsverfahren explizit ausführt, mit ihr als Gesellschafter-Prokuristin sei ein "Arbeitsvertrag" geschlossen worden.

21

Der Klägerin stand nicht etwa als Mitgesellschafterin der beigeladenen GmbH, die sie im streitigen Zeitraum vom 30.12.2008 bis 11.6.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) war, ein maßgebender Einfluss auf die interne Willensbildung ihrer Arbeitgeberin zu, der es ihr (der Klägerin) erlauben würde, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern. Nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Schenkungs- und Übertragungsvertrag - beide vom 18.12.2008 - verfügte sie nämlich lediglich über 40 % der Geschäftsanteile der GmbH, während ihr Ehemann 60 % der Anteile hielt. Dieser bekleidete außerdem die unentziehbare (§ 14 Ziff 5 Gesellschaftsvertrag) - organschaftlich begründete - Stellung eines (Allein-)Geschäftsführers. Ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, besitzt bei einer solchen Minderheitsbeteiligung am Stammkapital nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist das Weisungsrecht gegenüber den Angestellten der GmbH vielmehr Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 12 KR 9/14 R - Juris RdNr 28 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 23; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975). Einschränkungen in den genannten Verträgen, etwa dahingehend, dass die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber der Klägerin allgemein oder im Einzelfall an sich gezogen oder sich vorbehalten hätte (vgl dazu exemplarisch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 58),hat das LSG nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

22

b) An der Eigenschaft der Klägerin als Beschäftigte der Beigeladenen zu 1. iS von § 7 Abs 1 SGB IV ändert sich - entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - auch nichts dadurch, dass sie als Gesellschafterin mit ihrem Ehemann in dessen Funktion als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. einen "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." vom 30.12.2008 abschloss. Mit dieser Vereinbarung wurde der Klägerin im Innenverhältnis zur beigeladenen GmbH keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihr gestattet hätte, Weisungen des Geschäftsführers zu verhindern, die ihr als "leitende Angestellte" nicht genehm waren. Entsprechend trug die Klägerin auch kein Unternehmerrisiko, soweit sie dieses auf den Stimmbindungsvertrag und einen hiermit verbundenen beherrschenden Einfluss auf die von der Gesellschafterversammlung vorzunehmende (§ 15 Ziff 1 Buchst b Gesellschaftsvertrag) Gewinnverteilung zurückführt. Einzig auf diese Gesichtspunkte hat aber das LSG die nach seiner Gesamtschau gewonnene Überzeugung von der Selbstständigkeit der Klägerin zu Unrecht entscheidend gestützt.

23

Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage, wie sie hier durch den schuldrechtlichen Stimmbindungsvertrag erfolgen sollten, sind im Rahmen der nach § 7 Abs 1 SGB IV zu treffenden Abwägungsentscheidung - entgegen der vom LSG vertretenen Meinung - nicht (einfach) uneingeschränkt und voraussetzungslos zugrunde zu legen; sie präjudizieren den oben beschriebenen erforderlichen Abwägungsvorgang nicht, dh prägen ihn nicht zwingend vor, sondern kommen in ihrer Bedeutung über eine bloße Indizfunktion, wie sie jedes relevante Merkmal hat, nicht hinaus (dazu aa). Hiervon ausgehend hatten die für die Klägerin aus dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." folgenden (schuldrechtlichen) Rechte keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Gesamtabwägung entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit (dazu bb). Die zu beurteilende Stimmbindungsvereinbarung verschaffte der Klägerin bereits deshalb nicht die von ihr behauptete Rechtsmacht, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern, weil die Vereinbarung von ihrem Ehemann aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (dazu cc).

24

aa) Wie das BSG bereits in der Vergangenheit ausgeführt hat, sind insbesondere bei Statusentscheidungen (im engeren Sinne) gesellschaftsrechtliche Wertungen und Gestaltungen für die sozialversicherungsrechtliche Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht strikt zu übernehmen. Eine uneingeschränkte Parallelität sozialversicherungsrechtlich - bzw arbeitsrechtlich - und im Gesellschaftsrecht relevanter Beziehungen liegt insofern von vornherein nicht vor (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 21, 26, auch RdNr 30). Zwar fordert das Gebot der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung durchaus die Schaffung von Kohärenz, in seiner schwächeren Erscheinungsform jedenfalls die Herstellung von Konsistenz und (inhaltlicher) Widerspruchsfreiheit (von Teilbereichen) der Gesamtrechtsordnung. Jedoch ist es unabdingbar, den Sonderrechtsbereich, an dessen Begrifflichkeiten, Strukturmerkmale und konstruktive (dogmatische) Eigenheiten in concreto angeknüpft werden soll - hier an das Gesellschaftsrecht -, daraufhin zu untersuchen, an welchen praktischen Bedürfnissen die dortigen Regelungen ausgerichtet sind, und ob für deren Übernahme in das andere Rechtsgebiet - hier das Versicherungsrecht der Sozialversicherung - tragfähige Gemeinsamkeiten oder Überschneidungen in den grundsätzlichen Wertungen bestehen (vgl hierzu im Einzelnen Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551 f). Wie es sozialversicherungsrechtlich zu würdigen ist, wenn eine bestimmte vertragliche Ausgestaltung bereits auf der Grundlage des Gesellschaftsrechts unzulässig ist, braucht der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden; indessen ist - in der umgekehrten Konstellation - nicht all dasjenige, was sich gesellschaftsrechtlich im Rahmen des auf diesem Rechtsgebiet Zulässigen bewegt, auch hinsichtlich mittelbarer sozialversicherungsrechtlicher Folgewirkungen ohne Weiteres hinzunehmen und nahtlos zu übertragen. Im Hinblick hierauf begnügt sich das BSG in seiner Rechtsprechung zu Statusfragen bei Sachverhalten mit gesellschaftsrechtlichem Bezug seit jeher gerade nicht allein mit dem Blick auf die einem Gesellschafter gesellschaftsvertraglich eingeräumte Stellung, sondern orientiert sich hierfür primär an den vom (Sozial-)Gesetzgeber in § 7 Abs 1 SGB IV genannten - richterrechtlich näher ausgeformten - Abgrenzungskriterien(zu Beispielen aus der Rechtsprechung des Senats vgl Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551, 1552 ff). Ob also Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Abwägungsentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung, beurteilt sich damit ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungs-rechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV.

25

bb) Hiervon ausgehend kommt den für die Klägerin aus dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." folgenden (schuldrechtlichen) Rechten keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlich gebotenen Gesamtabwägung von vornherein den Ausschlag gebende, dh entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit zu. Eine unterschiedliche Bewertung von Stimmrechtsvereinbarungen im Gesellschaftsrecht einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits ist nämlich durch die verschiedenen Sachstrukturen der jeweiligen Rechtsbereiche gerechtfertigt (vgl zu diesem Gesichtspunkt Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551, 1555). Mit Recht weist die Beigeladene zu 2. darauf hin, dass die außerhalb des Gesellschaftsvertrages von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung nicht geeignet ist, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden "Rechtsmachtverhältnisse" mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu "verschieben", weil der Stimmbindungsvertrag von jedem Gesellschafter und damit auch von dem Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein schon BSG Beschluss vom 31.3.2014 - B 12 R 53/13 B; wie hier, jedoch unter Hinweis auf eine in solchen Fällen vermutete "Mangelfreiheit" des Gesellschafterbeschlusses LSG Hamburg Urteil vom 7.8.2013 - L 2 R 31/10 - Juris RdNr 28; aA Sächsisches LSG Urteil vom 4.3.2014 - L 1 KR 9/11 - Juris RdNr 44 f); die rechtliche "Machtposition" der Klägerin reichte damit, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, nicht so weit, dass sie sich aus der Weisungsabhängigkeit lösen konnte, oder dass sie sogar ihrerseits - wie das LSG meint - dem geschäftsführenden Ehemann trotz der ihm gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte Weisungen hätte erteilen können.

26

Vorstehendes gilt auch ungeachtet der in der "Vorbemerkung" zum Stimmbindungsvertrag vom 30.12.2008 bekundeten Absicht der Vertragspartner, die Klägerin "aus erbrechtlicher Sicht" gesellschaftsrechtlich so stellen zu wollen, als sei sie "bereits mit mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt" (obwohl sie eine solche Stellung gesellschaftsvertraglich gerade nicht erhalten sollte). Auch dass Kündigungsrechte in der vorliegend zu beurteilenden Zeit tatsächlich nicht ausgeübt wurden, ist im sozialversicherungsrechtlichen Kontext ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen beiden Gesellschaftern der GmbH käme nämlich - durchsetzbar - allein die dem Ehemann der Klägerin aufgrund seines vertraglichen Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit der Klägerin unter die GmbH als Arbeitgeberin bestünde. Eine solche Situation ist indessen mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.

27

Schon in der Vergangenheit hat der 12. Senat des BSG wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten - der Versicherten und der Versicherungsträger - liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet. Daran ist auch für die vorliegende rechtliche Konstellation festzuhalten.

28

cc) Ist die von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung nach ihrem Wortlaut (§ 3 Ziff 1 S 2 Stimmbindungsvertrag), der insoweit zwingenden gesetzlichen Vorgaben folgt, aber (auch) durch den Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund kündbar, so kann der Senat andere, im Hinblick auf den vorliegenden Stimmbindungsvertrag von den Beteiligten aufgeworfene und kontrovers diskutierte Fragen offenlassen.

29

Dahinstehen kann etwa, ob Stimmbindungsverträge zwischen Gesellschaftern, die zivil- bzw gesellschaftsrechtlich grundsätzlich rechtlich zulässig sind (ganz hM; BGHZ 48, 163, 166; BGH NJW 1983, 1910, 1911; BGH NJW 1987, 890, 891; BGHZ 179, 13, 18 f = NJW 2009, 669, 670; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl 2013, § 47 RdNr 113, mwN aus dem Schrifttum), auch dann - wie das LSG meint - ohne Einhaltung der für die Änderung von Gesellschaftsverträgen vorgesehenen notariellen Form möglich und wirksam sind, wenn einem Minderheitsgesellschafter dadurch ein "beherrschender Einfluss gleich einem Alleingesellschafter" eingeräumt wird, oder ob solche Vereinbarungen - wie die Beigeladene zu 2. vertritt - schon gesellschaftsrechtlich nicht zugelassen sind, weil sie "Unterwerfungscharakter" haben, da dadurch unzulässigerweise das Stimmrecht als Kernbestandteil der mitgliedschaftlichen Gesellschafterrechte isoliert übertragen werden würde und hiermit eine Umgehung des Verbots der Stimmrechtsabspaltung im Raum stünde. Nicht entscheiden muss der Senat gleichermaßen, ob Stimmrechtsvereinbarungen eine vom Gesellschaftsvertrag "generell abweichende, stets abgestimmte" Ausübung des Stimmrechts enthalten dürfen. Der Senat kann schließlich ebenso offenlassen, ob eine Stimmabgabe, die einem von allen Gesellschaftern abgeschlossenen Stimmbindungsvertrag widerspricht, den Gesellschafterbeschluss mangelhaft und damit anfechtbar erscheinen oder dessen Wirksamkeit - entgegen dieser vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - wegen seiner bloß schuldrechtlichen Bedeutung unberührt lässt (zu den in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittenen Voraussetzungen der ausnahmsweise in Betracht kommenden Unwirksamkeit von Stimmbindungsvereinbarungen und den Konsequenzen vertragswidriger Stimmabgabe vgl exemplarisch Römermann in Michalski, GmbHG, 2. Aufl 2010, § 47 RdNr 474, 492 ff, 524 ff mwN).

30

Eines Eingehens auf die vorstehend dargestellten Fragen bedarf es vorliegend nicht, weil hier schon andere gesellschaftsrechtliche bzw gesellschaftsvertragsrechtliche Gründe einer sozialversicherungsrechtlichen Relevanz der getroffenen Abreden entgegenstehen.

31

Die Klägerin als Gesellschafterin und ihr Ehemann in seiner Funktion als Gesellschafter legten sich in dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." vom 30.12.2008 wechselseitig im Voraus für jeden Beschlussgegenstand darauf fest, in der Gesellschafterversammlung ihre Stimmen mit übereinstimmendem Inhalt abzugeben (§ 1 Stimmbindungsvertrag). Mit dem Ziel, der Klägerin auf diese Weise trotz Anteilminorität einen (mittelbar) beherrschenden Einfluss auf die beigeladene GmbH zu verschaffen, wurde ihr die Stimmführerschaft bei der Stimmabgabe eingeräumt (§ 2 Ziff 1). Die Stimmbindungsvereinbarung war außerdem auf Dauer und damit für eine unbestimmte Vielzahl von Abstimmungen vorgesehen (§ 3 Ziff 1 S 1). Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl BGHZ 126, 226, 234 = NJW 1994, 2536, 2537 f - "Schutzgemeinschaftsvertrag I"; BGHZ 179, 13, 19 = NJW 2009, 669, 670 - "Schutzgemeinschaftsvertrag II"; Drescher in MüKoGmbHG, 1. Aufl 2012, § 47 RdNr 234 mwN; Römermann in Michalski, aaO, § 47 RdNr 479 f mwN; vgl auch Schröer in MüKoAktG, 2. Aufl 2004, § 136 RdNr 57 mwN). Infolgedessen müssen Stimmbindungsverträge stets die Vorgaben des § 723 BGB beachten(vgl BGHZ 126, 226, 229 ff = NJW 1994, 2536 f; BGHZ 179, 13, 25 = NJW 2009, 669, 672). Sind Stimmbindungsverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, sind sie indessen gesellschaftsrechtlich ohnehin jederzeit ordentlich kündbar (§ 723 Abs 1 S 1 BGB). Ist hingegen eine fixe Zeitdauer vereinbart worden, kann der Stimmbindungsvertrag vor Zeitablauf jedenfalls aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 723 Abs 1 S 2 BGB). Die Ausübung des Kündigungsrechts ist dabei zwar an die Einhaltung bestimmter Modalitäten geknüpft (§ 723 Abs 2 BGB), jedoch könnten die genannten Kündigungsrechte vertraglich nicht abbedungen werden (§ 723 Abs 3 BGB). Soweit der Klägerin und ihrem Ehemann in dem Stimmbindungsvertrag daher jedenfalls ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeräumt war (§ 3 Ziff 1 S 2), entsprach dieses der zwingenden, aus dem BGB folgenden Rechtslage. Das Kündigungsrecht gehörte zu den unentziehbaren Rechten (vgl Schröer, aaO, § 136 RdNr 57), sodass sein Fehlen sogar zur Unwirksamkeit der Stimmbindungsvereinbarung insgesamt geführt hätte. Der außerordentlichen Kündigung ("aus wichtigem Grund") liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass ein Dauerschuldverhältnis mit sofortiger Wirkung gelöst werden kann, wenn einem der Beteiligten - aus welchem Grund auch immer - das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Solches ist etwa anzunehmen, wenn einer der beteiligten Gesellschafter eine ihm nach dem Stimmbindungsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat (vgl zu in der Person eines Gesellschafters liegenden wichtigen Kündigungsgründen stellvertretend Soergel/Hadding/Kießling, BGB, Bd 11/1 2011, § 723 RdNr 38 ff) oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird (§ 723 Abs 1 S 2 Nr 1 BGB). Schon die (bloße) Möglichkeit einer Zerrüttung unter den Gesellschaftern bzw eines Zerwürfnisses mit den sich daraus potenziell ergebenden gesellschaftsrechtlichen Folgen (= Entfallen der Stimmbindung des Ehemannes der Klägerin und der Stimmführerschaft der Klägerin infolge Kündigung des Stimmbindungsvertrages) ist bei einer Statusentscheidung, wie sie hier zu überprüfen ist, wegen des bereits genannten Erfordernisses der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände stets zu berücksichtigen.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

Tenor

Die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2012 und des Sozialgerichts Kassel vom 9. Februar 2011 werden aufgehoben, soweit sie die Versicherungspflicht des Klägers zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1. Mai 2006 bis 17. August 2011 betreffen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat den Klägern 40 vH der notwendigen außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger zu 1. in seiner bei der Klägerin zu 2. ausgeübten Tätigkeit als Vertriebsleiter in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011 wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig ist.

2

Der Kläger zu 1. ist ausgebildeter Diplomkaufmann. Er ist - neben seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2. - Geschäftsführer und Gesellschafter von zwei weiteren Unternehmen (J.
GmbH und L. J. GmbH) und Kommanditist eines vierten Unternehmens (Ha CE L. J. GmbH & Co KG).

3

Bei der Klägerin zu 2. handelt es sich um eine 1998 gegründete GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Vertrieb von Lockenwicklern und Vogelnetzen, die sie von einem der anderen Unternehmen bezieht. Das Stammkapital beläuft sich auf 358 000 Euro. Alleinige Gesellschafterin sowie Geschäftsführerin war ab Oktober 2005 die Ehefrau des Klägers zu 1., eine gelernte Zahnarzthelferin und Bürokauffrau. Gemäß "Anstellungsvertrag" vom 30.4.2006 war der Kläger zu 1. ab 1.5.2006 Vertriebsleiter der Klägerin zu 2. für die Bereiche Netze und Lockenwickler. Seit dem 17.8.2011 ist auch der Kläger zu 1. deren Geschäftsführer und seit dem 13.3.2012 zudem Gesellschafter mit der Hälfte des Stammkapitals. Bereits am 12.4.2001 übernahm der Kläger zu 1. zugunsten der Klägerin zu 2. ua eine Bürgschaft in Höhe von 384 000 Euro, die 2005 auf 375 000 Euro reduziert wurde.

4

Auf Antrag des Klägers zu 1. auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 10.3.2006 stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 27.6.2007 gegenüber den Klägern fest, dass der Kläger zu 1. als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2. seit Aufnahme dieser Tätigkeit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Die hiergegen erhobenen Widersprüche der Kläger wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 21.1.2008 zurück.

5

Nach Klageerhebung hat die Beklagte mit Bescheiden vom 14.12.2009 gegenüber beiden Klägern unter Änderung ihrer früheren Bescheide festgestellt, dass wegen der Vertriebsleitertätigkeit des Klägers zu 1. für die Klägerin zu 2. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In der mündlichen Verhandlung über die verbundenen Klagen hat die Beklagte diese Bescheide wegen des Einkommens des Klägers zu 1. hinsichtlich dessen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgehoben. Das SG hat die Bescheide der Beklagten auch im Übrigen aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers zu 1. als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2. um eine insgesamt sozialversicherungsfreie Tätigkeit handele (Urteil vom 9.2.2011).

6

Das LSG hat die auf die Zeit bis zum 17.8.2011 beschränkte Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Ausnahmsweise liege keine Beschäftigung vor, wenn es bei Familienunternehmen aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts des Arbeitgebers gegenüber dem vermeintlich Beschäftigten völlig mangele. Hiervon könne insbesondere bei demjenigen auszugehen sein, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten könne. Dies sei beim Kläger zu 1. der Fall gewesen. Er sei auch nicht in einem fremden, sondern in seinem eigenen Betrieb tätig gewesen und habe dabei keinen Weisungen unterlegen. Seine Ehefrau sei lediglich aus wirtschaftlichen Erwägungen in die Stellung als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. gerückt, ohne dass sie zu irgendeiner Zeit die Geschicke der Klägerin zu 2. beeinflusst oder gar bestimmt hätte. Sie habe sich vielmehr um die vier Kinder gekümmert und die Unternehmensleitung dem Kläger zu 1. überlassen. Dieser habe durch seine Ausbildung und seine einschlägige Berufserfahrung aufgrund seiner Tätigkeit für die anderen Unternehmen - im Gegensatz zu seiner Ehefrau - die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten gehabt, um die Geschäfte führen zu können. Im Fall eines Konfliktes mit seiner Ehefrau hätte er aufgrund seiner maßgeblichen Stellung in den anderen Unternehmen die Kunden der Klägerin zu 2. abziehen können. Damit hätten dem Kläger zu 1. erhebliche wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten zur Verfügung gestanden. Zudem hätte er maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin zu 2. nehmen und ihm nicht genehme Weisungen abwenden können. Darüber hinaus habe der Kläger zu 1. gegenüber der Klägerin zu 2. eine Bürgschaft über einen Betrag in einer Höhe abgegeben, welche in etwa dem Stammkapital der Klägerin zu 2. entspreche (Urteil vom 22.11.2012).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Auch wenn der Kläger zu 1. - wie in den anderen Unternehmen - unstreitig auch in der Führung der Geschicke der Klägerin zu 2. vollkommen freie Hand gehabt habe und wie ein Alleininhaber habe frei schalten und walten können, habe das LSG gestützt auf die zum Leistungsrecht ergangene Rechtsprechung des 7. und 11. Senats des BSG (Hinweis ua BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1) zu Unrecht Selbstständigkeit angenommen. Entscheidendes Kriterium sei allein, ob der Betroffene rechtlich in der Lage sei, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden (Hinweis auf BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17). Im Falle eines möglichen familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten komme allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen in einem solchen Fall eine Weisungsunterworfenheit bestehen könne. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit" sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar. Auch die Übernahme einer Bürgschaft in beträchtlicher Höhe vermöge an der Statusbeurteilung nichts zu ändern, da es im Wirtschaftsleben üblich sei, die Ehepartner eines Unternehmensinhabers ohne Rücksicht auf deren Stellung im Unternehmen zu Bürgschaften heranzuziehen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2012 aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 9. Februar 2011 die Klage abzuweisen, soweit sie die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1. Mai 2006 bis 17. August 2011 betrifft.

9

Die Kläger beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

11

Die Beigeladene teilt die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen, soweit die Klage die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011 betrifft. Die Bescheide der Beklagten erweisen sich in diesem Umfang als rechtmäßig.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 27.6.2007 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.1.2008, abgeändert durch den nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid vom 14.12.2009.

14

Materiell betrifft der Rechtsstreit nur noch die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG bzw vor dem Senat ihre Bescheide teilweise aufgehoben und ihre Berufung hinsichtlich des Zeitraums ab 17.8.2011 zurückgenommen.

15

2. Das LSG hat das Vorliegen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu Unrecht verneint. Der Kläger zu 1. war in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2. in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011 Beschäftigter, weshalb Versicherungspflicht bestand. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von zu Versicherungspflicht führender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die für die Tätigkeit des Klägers zu 1. für die Klägerin zu 2. maßgebenden vertraglichen Vereinbarungen, welche hier nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigen können, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Besondere Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 1. als selbstständig zuließen, liegen nicht vor. Insbesondere ist Selbstständigkeit des Klägers zu 1. auch nicht deshalb anzunehmen, weil er nach den Feststellungen des LSG faktisch "Kopf und Seele" des Unternehmens war und dieses nach eigenem Gutdünken leitete (hierzu c).

16

a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754 bzw ab 1.1.2007 idF des Gesetzes vom 24.4.2006, BGBl I 926; § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 S 1 SGB III idF des Gesetzes vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen von Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

17

b) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist in Fällen wie dem vorliegenden vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu aa). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu bb). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen(dazu cc). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (hierzu dd) und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen.

18

aa) Der Tätigkeit des Klägers zu 1. lag eine schriftliche, ausdrücklich als "Anstellungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung vom 30.4.2006 zugrunde. Danach wurde der Kläger zu 1. zum 1.5.2006 als Vertriebsleiter für die Bereiche Netze und Lockenwickler - also unterhalb der Ebene eines Geschäftsführers und nur mit einem beschränkten Aufgabengebiet - von der Klägerin zu 2. angestellt. Hierfür erhielt er ein festes monatliches Gehalt von zunächst 6000 Euro bzw 8000 Euro ab dem 1.11.2006. Es wurden Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von drei Monaten sowie ein Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen vereinbart. Der Anstellungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung war nur aus wichtigen Gründen möglich. Eine Beteiligung des Klägers zu 1. an anderen Unternehmen sowie die Mitgliedschaft in Organen fremder Gesellschaften waren anzeigepflichtig.

19

bb) Ausdrückliche Änderungen des schriftlichen Anstellungsvertrags hat das LSG im noch streitigen Zeitraum nicht festgestellt. Erst danach änderte sich die Tätigkeit des Klägers zu 1. in rechtlich anzuerkennender Weise, indem er am 17.8.2011 als weiterer Geschäftsführer der Klägerin zu 2. ins Handelsregister eingetragen wurde und später die Hälfte der Gesellschaftsanteile an der Klägerin zu 2. erwarb. Dem hat die Beklagte durch eine teilweise Rücknahme der Berufung bereits Rechnung getragen.

20

Darüber hinaus ergeben sich - unabhängig vom vereinbarten Schriftformerfordernis - auch keine Anhaltspunkte für eine rechtlich anzuerkennende konkludente Vertragsänderung. Dass der Kläger zu 1. nach den Feststellungen des LSG vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke der Klägerin zu 2. hatte, also faktisch wie deren Geschäftsführer aufgetreten ist und gehandelt hat, ändert an seiner vertraglichen Stellung schon deshalb nichts, weil nach § 6 Abs 3 S 2 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Bestellung der Geschäftsführer entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts des GmbHG(ua im Fall der Führungslosigkeit, hierzu § 35 Abs 1 S 2 GmbHG) erfolgt und nach § 39 Abs 1 GmbHG jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist. Dies ist im noch streitigen Zeitraum nicht erfolgt.

21

cc) Nach den Feststellungen des LSG wurden die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Klägern auch nicht nur zum Schein getroffen. Vielmehr erfolgte die Bestellung der Ehefrau des Klägers zu 1. zur Alleingesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. nach diesen Feststellungen aus wirtschaftlichen Gründen und damit absichtlich. Somit ist davon auszugehen, dass auch die Anstellung des Klägers zu 1. unterhalb der Geschäftsführung von den Beteiligten ganz bewusst so gewollt war, sodass der erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes voraussetzte (vgl hierzu Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 117 RdNr 4 mwN).

22

dd) Die vertraglichen Abreden zwischen den Klägern sind ausgehend von den vom LSG zu deren Inhalt getroffenen Feststellungen (siehe vorstehend aa bis cc) dem Typus der Beschäftigung zuzuordnen. In der ausdrücklich als "Anstellungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung überwiegen die für einen Arbeitsvertrag typischen Elemente, wie zB die Regelungen über ein festes Entgelt, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Jahresurlaub. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die vertragliche Stellung des Klägers zu 1. bei der Klägerin zu 2. noch unterhalb der Stellung eines Geschäftsführers und damit auf der Ebene eines leitenden Angestellten angesiedelt ist. Dagegen spricht nicht die Beschränkung der Kündigung auf wichtige Gründe, die uU auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für beide Seiten vereinbart werden kann (vgl Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 622 RdNr 9).

23

c) Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 1. als selbstständig zuließen, liegen nicht vor: Der Kläger zu 1. übte iS von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung aus und war in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert. Er war in einem fremden Unternehmen tätig (dazu aa). Ohne eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzte, ihm unangenehme Weisungen zu verhindern, schließen auch die von ihm ausgeübten weitreichenden Befugnisse die Annahme von Beschäftigung nicht von vornherein aus, auch wenn er "im Alltag" faktisch bei seiner Tätigkeit keinen Weisungen unterlag (dazu bb). Mangels einer solchen Rechtsmacht rechtfertigt zudem weder eine vermeintliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin zu 2. vom Kläger zu 1. noch die Übernahme einer beträchtlichen Bürgschaft durch diesen ein anderes Ergebnis (dazu cc). Etwas anderes gilt schließlich auch nicht deshalb, weil der Kläger zu 1. "Kopf und Seele" des Unternehmens war und dieses nach eigenem "Gutdünken" führte (dazu dd).

24

aa) Entgegen der Auffassung des LSG war der Kläger zu 1. im streitigen Zeitraum in einem fremden und nicht in seinem eigenen Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Klägerin zu 2., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN) und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 18).

25

bb) Die vom Kläger zu 1. tatsächlich wahrgenommenen weitreichenden Befugnisse führen genauso wenig zur Annahme von Selbstständigkeit, wie die Feststellung des LSG, dass er in seiner Tätigkeit "im Alltag" keinen tatsächlichen Weisungen oder einer Überwachung durch die Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. unterlegen habe. Aus der nur faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts kann schon nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - USK 2012-182, Juris RdNr 25; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23). Gleichzeitig machen weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, diesen nicht zu einem Selbstständigen, selbst wenn diese Umstände auf besonderer Rücksichtnahme innerhalb eines Familienunternehmens beruhen (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 und 30 ff mwN).

26

Entscheidend ist insoweit, dass der Kläger zu 1. im streitigen Zeitraum nicht als Gesellschafter an der Klägerin zu 2. beteiligt war. Damit fehlte es ihm von vornherein an einer im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht (zu deren Bedeutung vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32), die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm uU unangenehme Weisungen von Seiten der Geschäftsführung der Klägerin zu 2., zu verhindern. Zwar nimmt die höchstrichterliche Rechtsprechung regelmäßig Selbstständigkeit an, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft - sei es auch eine Familiengesellschaft - hält, damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist - etwa durch ein seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität - und der Betroffene deshalb rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl hierzu allgemein bereits zB BSGE 38, 53, 57 f = SozR 4600 § 56 Nr 1 S 5; BSGE 42, 1, 3 = SozR 2200 § 723 Nr 1 S 3 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 7, RdNr 25 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 16). Eine solche Konstellation liegt hier aber gerade nicht vor.

27

cc) Mangels einer solchen im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht rechtfertigt zudem weder eine vermeintliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin zu 2. vom Kläger zu 1. noch die Übernahme einer beträchtlichen Bürgschaft durch diesen ein anderes Ergebnis. Dies hat der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits herausgearbeitet (zur Bürgschaft vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26 mwN; zur "faktischen Machtposition" vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 28 f): Zwar können nach der Rechtsprechung des BSG auch wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten beachtenswert sein, soweit sie - was hier nicht der Fall ist - dem Geschäftsführer einer GmbH selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f; vgl auch BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26 mwN). Rechtlich - und vor allem hierauf kommt es an (vgl hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29) - hatte es aber allein die Ehefrau des Klägers zu 1. als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin in der Hand, im Falle eines Zerwürfnisses mit dem Kläger zu 1. auch unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Nachteile beispielsweise den Unternehmenszweck der Klägerin zu 2. zu ändern, eine Neuausrichtung des Unternehmens vorzunehmen oder dieses gar zu liquidieren. Ebenso stand es ihr von Rechts wegen frei, den Kläger zu 1. von seinen Aufgaben zu entbinden, ihm zumindest aus wichtigen Gründen zu kündigen und ihn durch einen anderen Vertriebsleiter zu ersetzen. Dass die Ausübung dieser der Ehefrau des Klägers zu 1. zukommenden Rechte im Hinblick auf dessen Kundenbeziehungen und Fachwissen sowie auf die Bürgschaft möglicherweise höhere Betriebskosten oder gar wirtschaftliche Turbulenzen der Klägerin zu 2. ausgelöst hätte, ändert an der in letzter Konsequenz fehlenden Rechtsmacht des Klägers zu 1., solche Maßnahmen seiner Ehefrau abzuwenden, nichts. Bezüglich der Bewertung wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten ist zudem zu beachten, dass die Übernahme einer Bürgschaft nicht mit der Gewährung eines Darlehens (hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f) zu vergleichen ist, denn bei letzterem hat es der Darlehensgeber durch die Kündigung des Darlehens in der Hand, unmittelbar auf die wirtschaftliche Situation des Darlehensnehmers Einfluss zu nehmen. Daran fehlt es bei der Übernahme einer Bürgschaft, da diese idR nur zur Absicherung weiterer Verbindlichkeiten dient und selbst im Fall ihrer Kündigung bzw Rücknahme allenfalls mittelbare Auswirkungen haben kann.

28

dd) Eine Selbstständigkeit des Klägers zu 1. ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil er nach den Feststellungen des LSG faktisch "Kopf und Seele" des Unternehmens war und dieses nach eigenem Gutdünken leitete.

29

Die für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung von den dafür zuständigen Senaten entwickelte sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht heranzuziehen. Soweit der Senat in der Vergangenheit vereinzelt hierauf zurückgegriffen hat (BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448), wird hieran nicht festgehalten. Nach dieser Rechtsprechung soll für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und ausnahmsweise auch für einen Angestellten unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht kommen, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (Nachweise bei BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 31).

30

Eine solche Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32). Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", die sich ausschließlich daraus ableitet, dass dem Betroffenen in harmonischen Zeiten freie Hand gelassen wird, während im Fall eines Zerwürfnisses dessen Weisungsunterworfenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG aaO). Zugleich verringert das Anknüpfen an die den Beteiligten von Gesetzes oder Vertrags wegen zukommende Rechtsmacht Manipulationsmöglichkeiten bezüglich der Generierung oder Negierung von Sozialversicherungspflicht. Andernfalls stünde es nämlich gerade bei kleinen (Familien-)Unternehmen im freien Belieben der Beteiligten, durch zweckgerichtete Angaben zur tatsächlichen Stellung des Betroffenen im Unternehmen Sozialversicherungspflicht zu begründen oder auszuschließen. Dass gerade bei Familienunternehmen die Feststellung der ggf zur Sozialversicherungspflicht führenden Umstände schwierig ist, hat der Gesetzgeber anerkannt (zusätzliche Meldepflicht bei einer verwandtschaftlichen Beziehung zum Arbeitgeber nach § 28a Abs 3 S 2 Nr 1 Buchst d) SGB IV; obligatorische Antragstellung durch die Einzugsstelle nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV). Schließlich vermeidet das Abstellen auf die dem Beteiligten zukommende Rechtsmacht anderenfalls zwingend auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten zu leitenden Angestellten (dazu oben unter bb).

31

Schließlich trägt diese Sicht der Freiheit der Beteiligten Rechnung, sowohl die rechtliche Verfassung eines Unternehmens als auch Tätigkeits- und Beschäftigungsverhältnisse autonom auszugestalten. Hierbei mögen sie von verschieden Motiven geleitet werden, wie zB dem häufig anzutreffenden Streben nach Steueroptimierung oder wie im vorliegenden Fall unternehmenspolitischen Notwendigkeiten. Gleich welche Motive der gewählten vertraglichen Ausgestaltung eines Unternehmens oder einer Tätigkeit zugrunde liegen, haben die Beteiligten doch stets die hieran geknüpften zwingenden sozialversicherungs- und beitragsrechtlichen Folgen hinzunehmen.

32

An dieser Auslegung des auf das Deckungsverhältnis der Sozialversicherung bezogenen § 7 Abs 1 SGB IV(vgl nur Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 7 SGB IV RdNr 1)sieht sich der Senat durch die Rechtsprechung der für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senate nicht gehindert. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass der Beschäftigungsbegriff kontextabhängig und bereichsspezifisch auszulegen ist (vgl bereits BSG GS Beschluss vom 11.12.1973 - GS 1/73 - BSGE 37, 10 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO, Juris RdNr 21 ff zum Begriff des "versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses") und insbesondere für das Leistungsverhältnis in der Arbeitslosenversicherung ein besonderer leistungsrechtlicher Begriff der Beschäftigung Verwendung findet (vgl § 1 Abs 3 SGB IV und BSG Urteil vom 28.9.1993 - 11 RAr 69/92 - BSGE 73, 126, 127 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 13 f mwN; aus Sicht des Versicherungs- und Beitragsrechts vgl BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 11; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - USK 2009-72, Juris RdNr 15). Einer Anfrage nach § 41 Abs 3 SGG bei anderen Senaten bedurfte es daher nicht.

33

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Es liegt ein Fall subjektiver Klagehäufung bei einem einheitlichen Streitgegenstand vor. Daher ist die Anwendung des Gerichtskostengesetzes und der VwGO bereits ausgeschlossen, wenn nur einer der Kläger - wie vorliegend der Kläger zu 1. - zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört(vgl BSG SozR 4-1500 § 197a Nr 4 RdNr 11, so auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.2.2014 - L 1 KR 271/13 - Juris RdNr 32 mwN).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit das Landessozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2009 hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen von 6656,50 Euro aufgehoben hat. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 27 262,63 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die eine Praxis für Physiotherapie betreibt. Ihre ca 470 qm große Praxis bestand ua aus acht Behandlungsräumen. Sie verfügt über eine Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbringerin und beschäftigte drei Vollzeitkräfte je 38,75 Stunden pro Woche sowie zwei Teilzeitkräfte je 20 Stunden pro Woche. Zudem waren zwei Mitarbeiter an der Anmeldung beschäftigt. Die Beigeladene zu 1. ist ausgebildete Krankengymnastin und Physiotherapeutin. Sie ist seit 2001 als Krankengymnastin tätig und besaß im vorliegend maßgebenden Zeitraum von 2004 bis 2007 keine eigene Krankenkassenzulassung. Sie verfügte weder über eigene Geschäfts- und Behandlungsräume noch beschäftigte sie Arbeitnehmer. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1., die überwiegend in Form von Hausbesuchen bei Patienten erfolgte, wurde in der Weise vergütet, dass die Klägerin aufgrund ihrer Zulassung die Abrechnung der von der Beigeladenen zu 1. an Patienten erbrachten Leistungen gegenüber der Krankenkasse übernahm und von der Krankenkassenvergütung einen prozentualen Abschlag einbehielt. Die Beigeladene zu 1. war freiwillig versichertes Mitglied der zu 2. beigeladenen Krankenkasse und entrichtete Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung. Neben der Tätigkeit bei der Klägerin war die Beigeladene zu 1. für ein Therapiezentrum tätig.

3

Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover führte im August 2008 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung hinsichtlich des Prüfzeitraums 1.1.2004 bis 31.12.2007 durch. Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte von dieser wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. ua Beiträge zur GRV, GKV, sPV, und nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe von 27 262,63 Euro (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 6656,50 Euro) nach (Bescheid vom 12.1.2009). Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.5.2009).

4

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin und Krankengymnastin seit 1.1.2004 nicht in einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin gestanden habe (Urteil vom 2.5.2012). Das LSG hat unter Abänderung des SG-Urteils sowie der Bescheide die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von 6656,50 Euro betrifft; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar lägen zahlreiche Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit vor. Es überwögen aber die typusbildenden Merkmale, die für eine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sprächen. Dies seien insbesondere die rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses, die Eingliederung der Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin, die ihr fehlende eigene Betriebsstätte und das ihr fehlende Unternehmerrisiko. Besonders sei zu berücksichtigen, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. durch die zwingenden Vorgaben des Leistungserbringerrechts des SGB V (§ 124 Abs 1, § 125 Abs 4 SGB V) definiert sei. Es weise der Klägerin als einem zugelassenen Leistungserbringer nach dem Recht der GKV die Verantwortung für die von ihr abgerechneten Leistungen zu. Die rechtlichen Bindungen, die nach dem Zulassungsrecht zu beachten seien, könnten ein Indiz dafür sein, wie die Beziehungen zu den in der Praxis tätigen Mitarbeitern zu regeln seien (Hinweis ua auf BSG SozR 2200 § 165 Nr 96). Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei vorliegend anzunehmen, dass der Klägerin eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen und die Beigeladene zu 1. in die von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen sei. Zu Unrecht habe die Beklagte allerdings Säumniszuschläge erhoben. Die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass sie von ihrer Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen mit Blick auf Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 165 Nr 96), nach der eine Krankengymnastin freie Mitarbeiterin gewesen sei, unverschuldet keine Kenntnis gehabt habe (Urteil vom 24.9.2014).

5

Dagegen wenden sich die Klägerin mit ihrer Revision und die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision.

6

Die Klägerin rügt eine Verletzung von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG Beschäftigung bejaht. Die Beigeladene zu 1. habe im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit für sie die gleiche Stellung wie ein Subunternehmer im werkvertraglichen Bereich gehabt. Die Leistungen der Beigeladenen zu 1. seien ausschließlich von ihr vergütet worden. Zwar treffe sie (die Klägerin) nach außen hin die Haftung und Verantwortung für die von der Beigeladenen zu 1. erbrachten Leistungen und sie müsse sicherstellen, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1. den Anforderungen des Zulassungsrechts entsprächen. Dies habe aber im Rahmen von vertraglichen Absprachen mit der Beigeladenen zu 1. sichergestellt werden können. Jedenfalls könne hieraus kein arbeitsvertragliches Weisungsrecht abgeleitet werden. Das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte der Beigeladenen zu 1. sei irrelevant, weil es gerade um Behandlungen im Rahmen von Hausbesuchen gegangen sei. Die Beigeladene zu 1. habe ein unternehmerisches Risiko getragen, indem sie einen eigenen PKW benutzt und eine eigene Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Auch sei die Beigeladene zu 1. noch für ein mit ihr (der Klägerin) im Wettbewerb stehendes Therapiezentrum tätig gewesen.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 2. Mai 2012 insgesamt zurückzuweisen, ferner, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen, ferner, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Sie rügt mit ihrer Anschlussrevision eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV, soweit das LSG ihre Berufung hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen zurückgewiesen hat. Für die Klägerin habe eine Verpflichtung bestanden, sich bei einer geeigneten Stelle über die Frage der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. aufgrund Beschäftigung zu erkundigen. Nichthandeln könne nicht zu einer unverschuldeten Unkenntnis führen. Im Übrigen verteidigt sie das LSG-Urteil.

10

Die Beigeladenen zu 2. bis 4. teilen die Rechtsauffassung der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens von Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

11

A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

1. Das LSG ist in seinem Urteil zutreffend dazu gelangt, dass die Beklagte gemäß § 28p Abs 1 S 5 SGB IV nach Durchführung einer Betriebsprüfung berechtigt war, durch Bescheid vom 12.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.5.2009 von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Es ist dabei von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Revisionsrechtlich beanstandungsfrei ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin aufgrund Beschäftigung im Zeitraum von 2004 bis 2007 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war (dazu b); die tatsächlichen - das Revisionsgericht nach § 163 SGG bindenden - Feststellungen des LSG reichen jedoch nicht aus, um dieses Ergebnis auch (wie vom LSG vorgenommen) auf eine Berücksichtigung der Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV zu stützen(dazu c). Diesem Ergebnis steht die frühere Rechtsprechung des Senats zur fehlenden Versicherungspflicht einer Krankengymnastin in einem anderen entschiedenen Fall nicht entgegen (dazu d).

13

a) Im Zeitraum 2004 bis 2007, um den es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der GKV, sPV und GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III in den jeweils geltenden Fassungen). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

14

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).

15

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das LSG im Ergebnis beanstandungsfrei das Vorliegen von Beschäftigung bejaht.

16

aa) Das LSG hat die Vertragsbeziehungen zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. und deren Umsetzung in der Praxis gewürdigt. Es hat festgestellt, dass ein schriftlicher, die Rechtsbeziehungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. regelnder Rahmenvertrag nicht geschlossen wurde. Nach den mündlich getroffenen Vereinbarungen sollte die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer selbstständigen, freien Mitarbeit durchgeführt werden. In der Ausübung ihrer Tätigkeit sollte die Beigeladene zu 1. nach dem Willen der Beteiligten frei sein, feste Arbeitszeiten waren nicht vereinbart, Vertretungsregelungen wurden nicht getroffen, eine Bindung an Öffnungszeiten oder eine Anwesenheitspflicht der Beigeladenen zu 1. bestand nicht. Ein fester Stundensatz oder ein monatliches Arbeitsentgelt wurden nicht vereinbart. Die Beigeladene zu 1. konnte frei entscheiden, ob sie die Behandlung von Patienten, die ihr von der Klägerin angetragen wurde, übernahm. Falls die Beigeladene zu 1. einen Patienten übernommen hatte, nahm sie Terminvereinbarungen und -änderungen mit diesem vor. Zur Durchführung ihrer überwiegenden Tätigkeit in Form von Hausbesuchen benutzte sie einen eigenen PKW, dessen Kosten für Betrieb und Unterhaltung sie selbst aufbrachte. Die Beigeladene zu 1. stellte ihre Leistungen der Klägerin monatlich in Rechnung. In einer im Gerichtsverfahren vorgelegten Abrechnung für Januar 2007, die in der SG-Akte enthalten ist, waren Angaben zu den Krankenkassen, den ihnen zugeordneten Leistungen mit Preis und Anzahl, sowie die Namen von Versicherten, bei denen Hausbesuche durchgeführt wurden, enthalten. Von der Summe der Leistungen setzte die Beigeladene zu 1. 15 % ab und addierte sodann einen Betrag für Fahrkosten.

17

bb) Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Angebots (hier: Behandlungsregime eines Patienten) während dessen Durchführung bestehen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 19 mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).

18

cc) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG angenommen, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin die für das Vorliegen von Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Zwar deuten einige vom Berufungsgericht festgestellte Indizien auf Selbstständigkeit (dazu <1>). Die für Beschäftigung sprechenden Merkmale (dazu <2>), und fehlende ins Gewicht fallende Merkmale für unternehmerische Freiheiten bzw ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. (dazu <3>) geben im Rahmen einer Gesamtabwägung indessen den Ausschlag für das Vorliegen von Beschäftigung (dazu <4>).

19

(1) Für Selbstständigkeit sprechen Freiheiten der Beigeladenen zu 1. bei der Ausübung der Tätigkeit: Sie war nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, es bestand keine Anwesenheitspflicht. Sie konnte Terminvereinbarungen mit den Patienten treffen. Sie benutzte zur Durchführung ihrer Tätigkeit, (insbesondere) soweit sie Hausbesuche bei Patienten tätigte, einen eigenen PKW und brachte dessen Basiskosten für Betrieb und Unterhaltung im Ausgangspunkt selbst auf (zur Bedeutung der Fahrkostenerstattung durch die Klägerin siehe unten). Hinzu kommt, dass zwischen den Beteiligten eine feste Arbeitszeit, ein fester Stundensatz oder ein monatliches Arbeitsentgelt nicht vereinbart war.

20

(2) Für Beschäftigung spricht demgegenüber die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1. in die betriebliche Organisation der Klägerin, und zwar auch soweit sie krankengymnastische Leistungen bei Hausbesuchen erbrachte: Der Erstkontakt zu den Patienten fand ausschließlich über die Klägerin statt. Nur die Klägerin trat nach außen hin als verantwortliche Praxisbetreiberin und gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringerin auf. Behandlungsangebote an die Beigeladene zu 1. erfolgten ausschließlich durch die Klägerin. Die Beigeladene zu 1. unterhielt keine eigene Patientenkartei. Sie verfügte - anders als die Klägerin - auch nicht über eigene Betriebsräume bzw über eine eigene Betriebsstätte. Zwar waren diese für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. überwiegend nicht erforderlich, weil sie regelmäßig Hausbesuche erledigte. Für diese Hausbesuche erhielt die Beigeladene zu 1. eine Erstattung ihrer Fahrkosten durch die Klägerin; auch Behandlungskontakte in Form von Hausbesuchen wurden von der Klägerin in der beschriebenen Weise herbeigeführt, finanziell abgewickelt und so organisatorisch wesentlich in die Hand genommen. Wenn Behandlungen in den Räumen der Klägerin stattfanden, bedurften sie stets Absprachen, wenngleich diese auch nach dem Vorbringen der Beteiligten reibungslos erfolgten. Arbeitsmittel wie Massageliegen, Handtücher, Bestuhlung für die Wartezeit und Ähnliches wurden der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Soweit - nach den Ausführungen des SG - im Fall einer Behandlung in den Räumen der Klägerin ein erhöhter Abzugsbetrag von 30 % statt 15 % durch die Klägerin geltend gemacht wurde, fällt dies gegen die dargestellte Einbindung der Beigeladenen zu 1. in die Organisationsstruktur der Klägerin nicht entscheidend ins Gewicht.

21

(3) Unternehmerische Freiheiten der Beigeladenen zu 1. bzw ein sie treffendes Unternehmerrisiko sind ausgehend von den Feststellungen des LSG allenfalls ansatzweise ersichtlich. So war die Beigeladene zu 1. zwar auch für einen anderen Auftraggeber tätig. Auch setzte sie einen eigenen PKW ein, wobei die Feststellungen des LSG schon nicht den Schluss zulassen, dass sie den PKW ausschließlich oder überwiegend gezielt für ihre Tätigkeit angeschafft und eingesetzt hat (vgl insoweit allgemein BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 37 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen). Demgegenüber trat die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der vorliegend allein zu beurteilenden Tätigkeit bei der Klägerin nicht in rechtlich relevantem Maße nach außen unternehmerisch am Markt auf. Vielmehr erbrachte sie ihre Leistungen an Patienten ausschließlich im Namen der Klägerin. Es war für die Patienten nicht wahrnehmbar, dass die Beigeladene zu 1. selbstständige Physiotherapeutin gewesen sein sollte. Die Beigeladene zu 1. beschäftigte ihrerseits kein eigenes Personal. Sie erbrachte ihre Leistung nur in eigener Person und ließ sich nicht durch eigene Mitarbeiter vertreten. Die Beigeladene zu 1. musste kein eigenes Wagniskapital einsetzen. Sie war auch am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis der Klägerin nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen persönlichen Arbeitseinsatzes (der Beigeladenen zu 1.) beteiligt. Allein der Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt noch nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos; einem solchen Risiko müssen vielmehr - um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu können - auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen; auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (vgl zum Ganzen die stRspr des Senats, vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 36 mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).

22

(4) Unter Abwägung aller Merkmale führt das Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin zum Vorliegen von Beschäftigung.

23

Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie der Grad der Einbindung der Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsabläufe und die Organisationsstruktur der Klägerin, und zwar auch, soweit sie Hausbesuche wahrnahm; denn darauf, dass der Betroffene eine Tätigkeit in einer konkreten Betriebsstätte eines Arbeitgebers ausübt, kommt es für die Bejahung von Beschäftigung nicht an, solange die zu beurteilende Tätigkeit im Wesentlichen fremdbestimmt organisiert wird. So verhielt es sich hier: Die Beigeladene zu 1. behandelte im Abrechnungsverhältnis zur Klägerin ausschließlich Patienten, deren Behandlung ihr auch von der Klägerin angetragen wurde. Der erste Kontakt des Patienten zum Leistungserbringer erfolgte ausschließlich über die Klägerin. Dass nach Behandlungsübernahme durch die Beigeladene zu 1. Terminabsprachen zwischen ihr und den Patienten erfolgten, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Nach außen ("am Markt") trat lediglich die Praxis der Klägerin in Erscheinung, lediglich die konkrete Durchführung der Behandlung oblag der Beigeladenen zu 1. Damit beschränkte sich das Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. nicht auf die bloße Abrechnung der Leistungen gegenüber den Krankenkassen, sondern umfasste weitergehende organisatorische Aspekte: So verfügte die Beigeladene zu 1. insbesondere nicht über eine eigene Patientenkartei. Die Fahrkosten, die der Beigeladenen zu 1. entstanden, wurden ihr von der Klägerin erstattet. Die Beigeladene zu 1. verfügte über keine eigenen Behandlungsräume. Bei der durchaus erforderlichen Inanspruchnahme von Räumen der Klägerin ist vor diesem Hintergrund unter dem Blickwinkel des sozialversicherungsrechtlichen Status jedenfalls hinsichtlich der Einbindung in die Organisationsstruktur und in die Arbeitsabläufe der Klägerin kein rechtlich bedeutsamer Unterschied im Vergleich zu den anderen, "festangestellten" Beschäftigten der Klägerin ersichtlich.

24

Dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. neben ihrer Tätigkeit für die Klägerin auch noch für ein Therapiezentrum tätig war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch bei Beschäftigten ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie noch für einen weiteren Arbeitgeber erwerbstätig sind (zB in Form einer Nebenbeschäftigung), ohne dass sich der sozialversicherungsrechtliche Charakter der ersten Tätigkeit deshalb abweichend beurteilen müsste. Über die Frage der Rentenversicherungspflicht als Selbstständiger wegen dauerhafter Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber (§ 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI) ist vorliegend im Übrigen nicht zu entscheiden.

25

Soweit in der aktuellen instanzgerichtlichen Rechtsprechung bisweilen die Selbstständigkeit einer von einer Praxis eingesetzten Physiotherapeutin bejaht wurde (vgl LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - Juris), ist auch daraus für den vorliegenden Rechtsstreit nichts herzuleiten: Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt nämlich nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit erbracht wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen; ferner bereits zB BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 30 ; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13).

26

c) Die Annahme von Beschäftigung kann jedoch - ohne dass sich dies im vorliegenden Fall auf das Ergebnis der Gesamtabwägung zum sozialversicherungsrechtlichen Status auswirken würde - entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auch darauf gestützt werden, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. durch "zwingende" Vorgaben des Leistungserbringerrechts der GKV definiert bzw determiniert sei; es kann nicht angenommen werden, dass der Klägerin hierdurch auch eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen und die Beigeladene zu 1. deshalb in die von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation notwendig eingegliedert gewesen sei. Der Ansicht des LSG, dass Vorgaben des Leistungserbringungsrechts der GKV nicht außer Acht gelassen werden können, ist im Ausgangspunkt zwar zuzustimmen (dazu aa). Allerdings kann weder den Regelungen des Leistungserbringungsrechts per se eine Wirkung in dem von ihm befürworteten Sinne beigemessen werden (dazu bb), noch ergibt sich aus den Feststellungen des LSG zum Vertragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1., dass "Vorgaben des Leistungserbringungsrechts" darin überhaupt rechtlich verbindlich inkorporiert wurden (dazu cc).

27

aa) Zu Recht hat das LSG im Rahmen seiner Gesamtabwägung auch die Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV mit in den Blick genommen. Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Jugendhelfern geprüft, ob und inwieweit aus einer den Jugendhilfeträger treffenden Gesamtverantwortung Rückschlüsse darauf möglich sind, dass die Tätigkeit einer Familienhelferin nur in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werden kann oder nicht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 18). Dieser Gesichtspunkt führt indessen vorliegend nicht schon zwingend zur Annahme von Beschäftigung.

28

bb) Nach § 124 Abs 1 SGB V(in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Der für das Recht der Leistungserbringung in der GKV zuständige Fachsenat des BSG hat dazu für die ab 1989 geltende Rechtslage entschieden, dass diese Bestimmungen sowie die weiteren Regelungen des Leistungserbringerrechts des SGB V (§§ 125 ff SGB V) einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegenstehen (BSG <3. Senat> SozR 3-2500 § 124 Nr 1 S 4 ff). Es ist nicht ersichtlich, dass sich an dieser Rechtslage seither durch Änderungen des SGB V etwas geändert haben könnte. Darüber hinaus betreffen die Regelungen ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse und (zugelassenem) Leistungserbringer (so bereits BSG <12. Senat> SozR 2200 § 165 Nr 96 S 166), vorliegend also das gesetzlich vorgegebene und nach diesen Vorgaben vertraglich konkretisierte Verhältnis der Klägerin zu den Trägern der GKV. Der Regelung des Leistungserbringungsrechts in § 124 Abs 1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV hinausgehende "übergeordnete" Wirkung auch bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage in Bezug auf die konkret tätig werdenden Personen. Denn der Regelung kann keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidende Frage des Vorliegens von Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV entnommen werden(unzutreffend Bayerisches LSG Beschluss vom 13.2.2014 - L 5 R 1180/13 B ER - Juris RdNr 18; wie hier: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - Juris RdNr 56; vgl ähnlich bereits für Familienhelfer iS des SGB VIII BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 19).

29

cc) Unbeschadet der Ausführungen unter bb) folgt aus den Feststellungen des LSG nicht positiv, dass die Regelungen des Zulassungsrechts der GKV für Heilmittelerbringer (§§ 124 f SGB V) in das Vertragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. überhaupt rechtlich verbindlich in dem Sinne inkorporiert wurden, dass hieraus ein diesbezügliches, spezielles Weisungsrecht der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1. entstand. Dies gilt in erster Linie für die zwischen den Beteiligten ausgehandelte Vergütung. Selbst wenn man unterstellt, dass die erbrachten Leistungen der Beigeladenen zu 1. auch in diesem Umfang - abzüglich einer prozentualen Pauschale - von der Klägerin vergütet werden sollten, folgt aus den Feststellungen nicht, dass eine Vergütung durch die Klägerin tatsächlich auch überhaupt nur in dem Umfang erfolgen sollte, wie die Klägerin gegenüber der Krankenkasse (erfolgreich) abrechnen durfte. Dass sich zB Abrechnungsstörungen (ua fehlende Versicherung des von der Beigeladenen zu 1. behandelten Patienten) auf die Vergütung der Beigeladenen zu 1. auswirkten bzw hätten auswirken können (Rückforderung?, "Regress"?, Auf-/Verrechnung?), hat das LSG nicht festgestellt. Seine Ausführungen erlauben insoweit lediglich den Schluss, dass sich die Klägerin und die Beigeladene zu 1. an der abstrakten krankenversicherungsrechtlichen Abrechenbarkeit der Leistungen orientierten, die tatsächliche konkrete Abrechnung bzw Abrechnungsfähigkeit mit der jeweiligen Krankenkasse im Einzelfall dagegen nicht zum Vertragsbestandteil machten.

30

d) Auch frühere Rechtsprechung des 12. Senats des BSG zwingt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hatte der Senat in seinem Urteil vom 14.9.1989 die Selbstständigkeit einer als "freien Mitarbeiterin" eingesetzten Krankengymnastin bejaht (BSG SozR 2200 § 165 Nr 96). Maßgebend für die Beurteilung, ob Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV oder Selbstständigkeit vorliegt, sind jedoch - wie bereits oben unter A. 1. b) cc) (4) am Ende beschrieben - stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. Die Umstände des seinerzeitigen Falles unterscheiden sich vom vorliegend zu entscheidenden Fall bereits wesentlich dadurch, dass die dortige Krankengymnastin "selbst Patienten angenommen" hatte (BSG aaO S 165). Demgegenüber sprechen im vorliegenden Fall - wie dargelegt - gewichtige Umstände dafür, dass die Beigeladene zu 1. in die betriebliche Organisation der Klägerin derart eingebunden war, dass dies nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigt.

31

2. Für Fehler bei der Berechnung der von der Beklagten geforderten Beiträge zu den Zweigen zur Sozialversicherung bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben.

32

B. Die nach § 202 S 1 SGG iVm § 554 ZPO zulässige Anschlussrevision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und der Zurückweisung an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

33

Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zu Unrecht teilweise zurückgewiesen hat. Deshalb ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache insoweit an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen des LSG tragen nicht die von ihm getroffene Entscheidung, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen in den angefochtenen Bescheiden rechtswidrig war.

34

Nach § 24 Abs 1 S 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach Abs 2 der Norm ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er "unverschuldet" keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

35

Das LSG hat seine Auffassung damit begründet, dass im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 14.9.1989 - 12 RK 64/87 (SozR 2200 § 165 Nr 96) zur Versicherungspflicht einer freien Mitarbeiterin in einer krankengymnastischen Praxis die Klägerin hier glaubhaft gemacht habe, dass sie unverschuldet von ihrer Pflicht zur Tragung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen keine Kenntnis gehabt hätte. Anhand dieser Begründung kann allerdings schon nicht revisionsgerichtlich beurteilt werden, auf die Kenntnis welcher konkreten Person - bei der Klägerin handelt es sich um eine GbR - das LSG insoweit abgestellt hat (zum Erfordernis des Abstellens auf den Kenntnisstand einer konkreten, in der betrieblichen Hierarchie verantwortlichen Person vgl näher zuletzt BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - Juris RdNr 66 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Auch kann den Feststellungen nicht entnommen werden, dass die maßgebende Person auch tatsächlich Kenntnis von der genannten Rechtsprechung hatte und welche konkreten Schlüsse diese Person mit welchem Grad der Überzeugung daraus zog und vernünftigerweise ziehen durfte. Zu entsprechenden Ermittlungen hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil sich der Sachverhalt des im Revisionsverfahren in Bezug genommenen früheren Urteils entscheidend von dem Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits unterscheidet: So hatte die dortige Krankengymnastin "selbst Patienten angenommen" (BSG SozR 2200 § 165 Nr 96 S 165). Auch liegt die Frage auf der Hand, warum die maßgebende Person (möglicherweise) zwar Kenntnis von diesem Urteil des BSG hatte, von dem späteren Urteil des BSG zur - umstritten gewesenen - Vereinbarkeit einer freien Mitarbeit mit dem Zulassungsrecht der Heilmittelerbringer in der GKV vom 29.11.1995 (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 1) dagegen (möglicherweise) nicht. Gerade vor dem Hintergrund dieser Entscheidung stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich die maßgebende Person allein gestützt auf das Urteil des BSG aus dem Jahr 1989 und ohne Rückversicherung bei sachkundigen Stellen darauf verlassen durfte, dass auch die konkrete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als selbstständige Tätigkeit anzusehen sein sollte. Bei der notwendigen Prüfung der subjektiven Tatbestandsseite (verschuldet oder unverschuldet?) ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann vorwerfbar sein, soweit es die beitragsrechtlichen Folgen einer Fehlbeurteilung des Betroffenen anbelangt (vgl BSGE 109, 254 = SozR 4-2400 § 14 Nr 13 RdNr 33 mwN). Die notwendigen tatsächlichen Feststellungen zur unverschuldeten oder vorwerfbaren Unkenntnis von der Beitragstragungs-, Beitragsabführungs- und Zahlungspflicht auf Seiten der Klägerin hat das LSG nachzuholen.

36

C. Die Kostenentscheidung - auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens - bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

37

D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 GKG; er entspricht der Höhe der angefochtenen Beitragsforderung.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.10.2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157

Tenor

Auf die Revision der Klägerin zu 1. werden das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. August 2011 und der Bescheid vom 31. März 2011 aufgehoben, soweit beide die Klägerin zu 1. betreffen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2008 wird insoweit zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin zu 1. deren außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren und das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.

2

Die Klägerin zu 1. bot unter einer zentralen Telefonnummer Dienstleistungen in Form von telefonischen Kontakten zu für sie tätigen "telefonischen Gesprächspartnern/Gesprächspartnerinnen" an. Diese führten, wenn sie im Telekommunikationsservice der Klägerin zu 1. "aktiviert" waren, über dieses System gebührenpflichtige Telefonate mit anrufenden Kunden.

3

Die 1970 geborene Klägerin zu 2., die seinerzeit studierte, war in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 als "telefonische Gesprächspartnerin" für die Klägerin zu 1. tätig. Sie arbeitete in dieser Zeit als "telefonische Gesprächspartnerin" auch für die Unternehmen S. GmbH und G. GmbH. Zur Erreichung des Unternehmensziels schlossen die Klägerinnen als "Auftraggeberin" und "Auftragnehmerin" im November 2000 einen "Auftragsvertrag" ua mit folgendem Inhalt:

"§ 3

Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer erhält ihre Vergütung ausschließlich für die Zeiten, in denen sie/er gebührenpflichtige Telefonate mit Anrufen über das System des Telekommunikationsservices geführt hat. Zeiten in dem die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer zwar im System des Telekommunikationsservices aktiviert war, allerdings keine gebührenpflichtigen Telefonate mit Anrufen über dieses System geführt hat, werden nicht vergütet.

…       

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass mit Abrechnung und Ausgleich sämtliche gegenseitigen Ansprüche in voller Höhe abgegolten sind.

§ 4

Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer ist/sind nicht verpflichtet, die Aufträge in Person auszuführen. Sie/er kann sich auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen.

Tritt die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer als Subunternehmer auf, ist dies der Auftraggeberin unverzüglich anzuzeigen.

In diesem Fall hat die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer die dort beschäftigten freien Mitarbeiter auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien aufzuklären und ihre/seine eigenen Mitarbeiter auf Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen mit der Auftraggeberin hinzuweisen.

…       

§ 5

Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer hat das Recht, auch für dritte Arbeitgeber tätig zu sein.

Die Vertragsparteien sind sich bewusst, dass die in § 1 genannten Aufgaben der freien Mitarbeiterin bzw. des freien Mitarbeiters auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erledigt werden könnten.

Von dieser Gestaltungsmöglichkeit haben sie aber bewusst keinen Gebrauch gemacht, sondern in Umgehung gesetzlicher Schutzvorschriften die Form des freien-Mitarbeiter-Vertrages gewählt, um der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter die volle Entscheidungsfreiheit bei Verwertung ihrer/seiner Arbeitskraft zu belassen, soweit diese durch den vorstehenden Vertrag nicht belegt ist.

…       

Vor Aufnahme der Tätigkeit verpflichtet sich die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer ein Gewerbe als Telekommunikationsagentur anzumelden, insbesondere bei dem für sie zuständigen Finanzamt zur Mehrwertsteuer zu optieren, wenn die Mehrwertsteuer ausgezahlt wird…

…       

§ 8

…       

Das gleichzeitige Schalten bei mehreren Firmen ist nicht gestattet, wenn einer der ersten beiden Plätze an die Auftragnehmerin bzw. den Auftragnehmer vergeben wurde. Es steht der Auftragnehmerin bzw. dem Auftragnehmer frei, sich auf hintere Plätze schalten zu lassen, sofern dies mindestens 6 Wochen vorher schriftlich angezeigt wird und keine berechtigten In der Auftraggeberin dem entgegenstehen. Außerhalb der Routingzeit bleibt es der Auftragnehmerin bzw. dem Auftragnehmer überlassen, sich bei anderen Firmen schalten zu lassen.

Für jeden Fall des Verstoßes gegen vorbezeichnete Vereinbarungen wird eine Vertragsstrafe von DM 5000 sofort zur Zahlung fällig…

…       

Das Abwerben von Kunden auf andere gebührenpflichtige Nummern (gleichgültig ob die der Auftragnehmerin bzw. des Auftragnehmers bzw. die anderer Auftraggeber der Auftragnehmerin bzw. des Auftragnehmers) ist verboten. Für den Fall der Zuwiderhandlung ist gleichfalls eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 5000 sofort zur Zahlung fällig.

§ 9

Den Vertragsschließenden ist bekannt, dass der Vertrag nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.06.1998 - Az: XI ZR 192/97) als sittenwidrig und damit nichtig gem. § 138 Abs. 1 BGB angesehen werden kann.

Die Parteien schließen diesen Vertrag in Kenntnis dieser Problematik ab und verzichten wechselseitig auf das Recht, sich gegenüber der anderen Vertragspartei auf die etwaige Sittenwidrigkeit zu berufen.

…"    

4

Die Klägerin zu 2. übte ihre Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" von zu Hause aus und über die eigene Telefonanlage aus, indem sie sich in das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. einwählte und sodann "aktiviert" war. Die Einrichtung der eigenen Telefonanlage wurde durch die Klägerin zu 1. nicht mitfinanziert. Die Klägerin zu 2. teilte der Klägerin zu 1. jeweils im Voraus mit, wann sie zur Entgegennahme von Anrufen bereit sei und wurde sodann nach ihren Vorgaben freigeschaltet; diese Bereitschaftszeiten bestimmte sie selbst und richtete sie an den Anforderungen ihres Studiums aus. Einen verbindlichen Terminplan über die Einsatzzeiten der Klägerin zu 2. gab es nicht; Mindestzeiten der Anwesenheit oder eine Mindestanzahl tatsächlich getätigter Anrufe verlangte die Klägerin zu 1. ebenfalls nicht. Meldete die Klägerin zu 2. weniger Zeit an oder konnte sie angemeldete Bereitschaftszeiten nicht einhalten, sprach die Klägerin zu 1. keine Sanktionen aus. Urlaub zeigte die Klägerin zu 2. der Klägerin zu 1. lediglich an. Ihre Vergütung errechnete sich aus dem ermittelten Zeiteinsatz der Klägerin zu 2. für gebührenpflichtige Telefonate mit Anrufern über den Telekommunikationsservice der Klägerin zu 1. Auf der Grundlage dieser ihr im Folgemonat mitgeteilten Daten erstellte die Klägerin zu 2. ihre Rechnung. Überstundenvergütung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld erhielt die Klägerin zu 2. nicht. Um sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen, ließ sich die Klägerin zu 2. später im Einverständnis mit der Klägerin zu 1. eine zweite, ausschließlich für sie bestimmte Telefonnummer in deren Telekommunikationssystem einrichten, die sie in von ihr bezahlten Zeitungsanzeigen selbst bewarb. Gesprächskunden konnten sie auf diese Weise, nachdem sie sie auf ihre Bereitschaftszeiten hingewiesen hatte, direkt anwählen und wurden bei Abwesenheit nicht an eine andere Gesprächspartnerin vermittelt.

5

Im Juni 2001 beantragte die Klägern zu 2. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte; im Folgenden einheitlich: Beklagte) die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" und stellte sich auf den Standpunkt, dass "ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs 1 SGB IV" nicht vorliege. Mit zwei Bescheiden vom 14.10.2002 stellte die Beklagte gegenüber den Klägerinnen fest, dass die Klägerin zu 2. ihre bei der Klägerin zu 1. ausgeübte Tätigkeit als Telefonistin seit Oktober 2000 (1.10.2000) im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Klägerin zu 2. selbstständig tätig sei; mit Widerspruchsbescheiden vom 24.9.2003 wies die Beklagte ihre Widersprüche zurück.

6

Auf die verbundenen Klagen der beiden Klägerinnen hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 17.9.2008).

7

Die Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt. Nach Ermittlungen zur Höhe der von der Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum erhaltenen Vergütung, insbesondere einer Auswertung von der Klägerin zu 1. übersandter "Honorarrechnungen" der Klägerin zu 2. aus dem Jahr 2001 und beigezogener Einkommensteuerbescheide der Klägerin zu 2. aus den Jahren 2000 bis 2005 hat die Beklagte die ursprünglichen Bescheide mit an die Klägerinnen gerichteten Bescheiden vom 31.3.2011 geändert und festgestellt, dass die Klägerin zu 2. in der von ihr in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 ausgeübten Beschäftigung als Telefonistin sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Tatbestände, die Versicherungsfreiheit begründeten oder Versicherungspflicht ausschlössen, lägen nicht vor. Die Entscheidung zur Versicherungspflicht sei auf der Grundlage allgemeiner Beweislastregeln zu treffen.

8

Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.8.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. wegen einer Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Die Klägerin zu 2. habe sich in das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. einwählen müssen und sei erst damit als telefonische Gesprächspartnerin im Auftrag der Klägerin zu 1. "aktiviert" gewesen. Zwar habe die Klägerin zu 2. von der Klägerin zu 1. keine ins Einzelne gehenden Weisungen erhalten, ihre konkrete Aufgabenstellung habe sich indessen aus dem Vertrag ergeben. Auch sei die Leistungserbringung der Klägerin zu 2. über die Aufzeichnung ihrer aktiven Sprechzeiten durch das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. kontrolliert worden. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, das zur Verfügung gestellte Telekommunikationssystem zu nutzen, reichten diese Umstände für die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit durch Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Gewerbes der Klägerin zu 1. aus. Die Klägerin zu 2. habe auch kein eigenes Unternehmerrisiko getragen, weil sie eigene Betriebsmittel nicht habe einsetzen müssen. Auch die Zuteilung einer zweiten Telefonnummer und die hierfür betriebene Eigenwerbung hätten keine Initiative in Richtung "unternehmerisches Risiko" dargestellt. Der Aufbau eines eigenen Kundenstammes habe nur im Rahmen des Gewerbes der Klägerin zu 1. stattgefunden. Die Klägerin zu 2. habe ihre Vergütung mit den Stammkunden nicht etwa selbst aushandeln können. Da im Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen nicht erweislich sei, ob die Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum geringfügig beschäftigt und deshalb versicherungsfrei gewesen sei, müsse nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast von Versicherungspflicht ausgegangen werden. Diese Beweislast treffe die Klägerinnen, weil sie im Statusfeststellungsverfahren beantragt hätten, dass die Klägerin zu 2. nicht als Beschäftigte sozialversicherungspflichtig sei. Das LSG hat die Revision im Tenor seines Urteils zugelassen, in den Entscheidungsgründen jedoch ausgeführt, dass die Revision nicht zuzulassen sei, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht vorlägen.

9

Mit ihrer Revision rügt (nur) die Klägerin zu 1. eine Verletzung von § 7 Abs 1 und § 7a SGB IV. Die Klägerin zu 2. habe bei ihr eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt. Die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Indizien überwögen bei Weitem. Die Klägerin zu 2. habe die im "Auftragsvertrag" beschriebene und tatsächlich auch so praktizierte Tätigkeit bei voller Entscheidungsfreiheit über die Verwertung ihrer Arbeitskraft in eigenen Räumlichkeiten ohne Kontrolle ausgeübt. Sie habe die Tätigkeit als telefonische Gesprächspartnerin nicht in Person ausführen müssen und für dritte Arbeitgeber tätig sein dürfen. Weder habe sie - die Klägerin zu 1. - bestimmte Mindestzeiten der Anwesenheit verlangt noch eine Mindestanzahl getätigter Anrufe. Die Klägerin zu 2. habe auch ein eigenes Unternehmerrisiko getragen, weil sie mit ihrer Wohnung und Telefonanlage eigene Betriebsmittel eingesetzt habe und über die Anzahl der entgegengenommenen Anrufe und deren Länge den Umfang ihres persönlichen Einkommens bestimmt habe. Unternehmerische Verantwortung zeige sich auch darin, dass sie mittels einer zweiten, von ihr beworbenen Rufnummer eigene Kunden bedient habe. Die Klägerin zu 1. meint darüber hinaus, hinsichtlich der von ihm zu beantwortenden Fragen nach dem Bestehen von Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung/selbstständiger Tätigkeit habe das LSG Beweislosigkeit nicht annehmen dürfen. Die vorgelegten Unterlagen legten es zumindest nahe, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. durchschnittlich nur 270 Euro monatlich verdient habe und deshalb wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei gewesen sei.

10

Mit Beschluss vom 29.11.2011 hat das LSG die Entscheidungsgründe des angefochtenen Berufungsurteils dahin berichtigt, dass es heißen muss: "Die Revision wird gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen."

11

Die Klägerin zu 1. beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. August 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2008 zurückzuweisen.

12

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zu 1. zurückzuweisen.

13

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin zu 1. setze sich mit der Argumentation des LSG nicht hinreichend auseinander. Im Übrigen habe das LSG festgestellt, dass sie - die Beklagte - alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft und die Beweislastregeln rechtsfehlerfrei angewandt habe. Die Berichtigung sei unwirksam, weil der Berichtigungsbeschluss vom 29.11.2011 nicht auf der Urschrift des Urteils und den Ausfertigungen vermerkt worden sei.

14

Auch die Beigeladene zu 3. hält das angefochtene Urteil für zutreffend; sie stellt jedoch keinen Antrag. Die Beigeladenen zu 1. und 2. äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

15

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 165 S 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Klägerin zu 1. ist begründet.

17

1. Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision ist - entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung - statthaft, weil sie in der Entscheidung des LSG zugelassen worden ist (§ 160 Abs 1 SGG).

18

Zwar hat das LSG die Revision im Tenor des Berufungsurteils zugelassen, während in den Entscheidungsgründen - hiermit widersprechend - ausgeführt wird "Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegen." Bei Abweichungen zwischen Urteilstenor und Entscheidungsgründen erweist sich jedoch die Aussage im Urteilstenor als maßgebend; denn die Entscheidungsgründe dienen der Auslegung des Urteilstenors, nicht aber dessen Änderung (vgl BGH NJW 1997, 3447, 3448, mit Nachweisen aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur; auch BGH NJW 2003, 140, 141; ferner Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand der Einzelkommentierung März 2008, § 118 RdNr 4). Das muss jedenfalls dann gelten, wenn der Urteilstenor eindeutig ist und sich ein weiteres Indiz für die Absicht der Revisionszulassung - wie hier - aus der Rechtsmittelbelehrung als eines nach § 136 Abs 1 Nr 7 SGG notwendigen Bestandteils des Urteils ergibt(vgl - bei Divergenzfällen mit in sich widersprüchlichen Entscheidungsgründen und einer Teilübereinstimmung von Entscheidungsgründen mit der Urteilsformel - BGH NJW 1997, 3447, 3448, und BGH NJW 2003, 140, 141). Im Hinblick hierauf muss der Senat die von der Beklagten aufgeworfene Frage nicht beantworten, ob das - von ihr angenommene - Fehlen eines Vermerks des Berichtigungsbeschlusses vom 29.11.2011 auf dem Urteil und den Ausführungen die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses und damit des Eintritts der Berichtigung der Entscheidungsgründe hindert oder nicht (im letztgenannten Sinne jedenfalls BVerwG NJW 1975, 1795, 1796).

19

2. In der Sache hat das LSG das der Anfechtungsklage der Klägerin zu 1. stattgebende Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten hin zu Unrecht aufgehoben und - auf Klage - den während des Berufungsverfahrens an die Klägerin zu 1. gerichteten Bescheid der Beklagten vom 31.3.2011 bestätigt. Der die Klägerin zu 1. betreffende ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 14.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2003 und ihres "abändernden" Bescheides vom 31.3.2011 sind rechtswidrig. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft entschieden, die Beklagte habe darin zutreffend festgestellt, dass die Klägerin zu 2. in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" (Telefonistin) wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.

20

a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin zu 1. gerichtete Bescheid vom 31.3.2011. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 31.3.2011 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).

21

Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob für die Klägerin zu 2. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. nicht festzustellen ist, jedenfalls eine Versicherungspflicht als selbstständig Tätige in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 S 1 SGB VI in Betracht kommt. In dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV sollte (und darf) allein geklärt werden, ob die Klägerin zu 2. bei der Klägerin zu 1. wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war; eine Feststellung des (Nicht)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der (weiteren) Voraussetzungen der § 2 S 1, § 5 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB VI erfordert, ist deshalb vom Streitgegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst(vgl schon BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 14).

22

b) Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt. Die Beklagte hat in ihren an die Klägerin zu 1. gerichteten Bescheiden in dem von der Klägerin zu 2. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32) rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offen lassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 möglicherweise auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen oder die Versicherungspflicht in einem Zweig der Sozialversicherung aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Nicht zu beantworten ist daher auch die im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Beklagte und das LSG hinsichtlich der Voraussetzungen der (Zeit- und/oder Entgelt)Geringfügigkeit Beweislosigkeit und in Anwendung des Grundsatzes objektiver Beweislast Versicherungspflicht der Klägerin zu 2. annehmen durften.

23

aa) In den Jahren 2000 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

24

bb) Im vorliegenden Rechtstreit ist das Berufungsgericht aufgrund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung in revisionsrechtlich zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" bei dieser beschäftigt war. Das LSG hat zwar - ausgehend von (insoweit jedenfalls) zutreffenden allgemeinen rechtlichen Erwägungen - begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen. Es hat sich vor allem darauf gestützt, dass die Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum in die Arbeitsorganisation (des Gewerbes) der Klägerin zu 1. eingegliedert und weisungsunterworfen gewesen sei; ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Klägerin zu 2. hat es demgegenüber verneint. Diese Würdigung des Sachverhalts, insbesondere die Zuordnung der Tätigkeit nach ihrem Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung durch das Berufungsgericht, ist aber zu beanstanden. Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG zum Inhalt des (schriftlichen) "Auftragsvertrags" und die - hiermit übereinstimmende - (tatsächliche) Umsetzung des Vertrags gebieten - in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden konkreten Fall einer "telefonischen Gesprächspartnerin" - vielmehr die Annahme, dass die Klägerin zu 2. bei der Klägerin zu 1. nicht als Beschäftigte tätig war.

25

cc) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit der Klägerin zu 2. ist zunächst, dass der "Auftragsvertrag" nach seinem Gepräge eine Rahmenvereinbarung darstellt, die zwar eine auf Dauer angelegte Geschäftsverbindung eröffnen, dabei jedoch nur (im Voraus) bestimmte Einzelheiten künftig noch abzuschließender Verträge festlegen sollte (vgl zur Struktur von Rahmenverträgen etwa BGH NJW-RR 1992, 977, 978 mwN). Werden aber "unter dem Dach" eines Rahmenvertrags einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse begründet, sind jeweils nur diese einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu bewerten (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff; ferner BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17). Einer solchen Beurteilung zu unterziehen sind hier daher jeweils nur die Phasen der "Aktivierung" der Klägerin zu 2. durch (Frei)Schalten im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. (sog Routingzeit), die die Möglichkeit eröffnete, unter Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit Dritten Gesprächsinhalte auszutauschen. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Ausgangsüberlegungen ferner, dass Personen, die in dem hier in Rede stehenden Tätigkeitsfeld im weiteren Sinne Sprachkommunikationsleistungen erbringen, grundsätzlich sowohl als Beschäftigte als auch aufgrund freier Dienstverhältnisse tätig sein können (vgl etwa zur Möglichkeit der Führung von Bildschirmdialogen sexuellen Inhalts in Form von Frage- und Antwortspielen im Rahmen einer Beschäftigung BSGE 87, 53 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15). Davon, dass die Aufgaben der Klägerin zu 2. alternativ durchaus auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erledigt werden konnten, gingen auch die Klägerinnen aus (vgl § 5 des "Auftragsvertrags").

26

dd) Zutreffend wendet die Klägerin zu 1. ein, dass auch das zwischen ihr und der Klägerin zu 2. bestehende (Rahmen)Vertragsverhältnis - und dessen (tatsächliche) Umsetzung - eine Zuordnung der Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" zum Typus der Beschäftigung nicht gestattet. Wäre also nicht (nur) der jeweilige "Einsatzauftrag", sondern darüber hinaus das Dauerrechtsverhältnis zu bewerten, müsste berücksichtigt werden, dass für die Klägerin zu 2. arbeitnehmertypische Leistungspflichten nicht begründet wurden. Wie das LSG festgestellt hat, verlangte die Klägerin zu 1. von der Klägerin zu 2. weder bestimmte Mindestzeiten der Anwesenheit noch eine Mindestanzahl tatsächlich getätigter Anrufe. Die Klägerin zu 2. konnte ihre Bereitschaftszeiten vielmehr selbst bestimmen und sie sowohl hinsichtlich der zeitlichen Verteilung und Lage sowie hinsichtlich des Umfangs nach ihren eigenen Vorstellungen ausrichten; es stand ihr außerdem frei, sich im Telekommunikationssystem auf "vordere" oder "hintere" Plätze schalten zu lassen (vgl § 8 des "Auftragsvertrags"). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sprach die Klägerin zu 1. schließlich keine Sanktionen aus, wenn die Klägerin zu 2. weniger Zeit anmeldete oder angemeldete Bereitschaftszeiten nicht einhalten konnte. Im Hinblick hierauf ist jedenfalls eine im Einzelnen vereinbarte, zeitlich fixierte Arbeitspflicht der Klägerin zu 2. "unter dem Dach" des Rahmenvertrags nicht anzunehmen. Letztere konnte vielmehr stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigen, einen weiteren "Einsatzauftrag" anzunehmen oder nicht.

27

Den Vereinbarungen im Rahmenvertrag ist Indizwirkung gegen eine Beschäftigung auch deshalb beizulegen, weil die Klägerin zu 2. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Überstundenvergütung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld nicht erhielt, ihr die - selbstständige - Rechnungsstellung oblag, sie die Sprachkommunikation nicht in Person vornehmen musste, sondern sich Erfüllungsgehilfen bedienen oder als Subunternehmer auftreten durfte (vgl § 4 des "Auftragsvertrags"), und einem Vertragsstrafenreglement unterlag, wenn sie Vertragspflichten verletzte (vgl § 8 des "Auftragsvertrags"). Obwohl diese rahmenvertraglichen Abreden - für sich allein betrachtet - keine starken Indizien gegen das Vorliegen einer Beschäftigung sind, ist ihnen indessen in ihrer Gesamtheit (doch) zu entnehmen, dass das wirtschaftliche Ergebnis der Gestaltung ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. die Klägerin zu 2. nach dem Rahmenvertrag unmittelbar selbst treffen sollte.

28

Die Beklagte hat bis in das Berufungsverfahren hinein vorgetragen, den dargestellten rahmenvertraglichen "Optionen" dürfe deshalb keine indizielle Wirkung gegen eine Beschäftigung entnommen werden, weil der Rahmenvertrag gerade unter der "Prämisse" gestanden habe, dass eine Beschäftigung nicht gewollt sei. Die Beklagte sieht hierin einen Zirkelschluss der Klägerin zu 1. und weist darauf hin, dass es bei einer Beurteilung der Tätigkeit als Beschäftigung nach deren tatsächlicher Gestaltung auf die vertraglichen Vereinbarungen nicht ankommen könne. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 21). Zum einen gehören auch die getroffenen Vereinbarungen als rechtlich relevante Umstände zu den tatsächlichen Verhältnissen, nach denen sich das Gesamtbild der Tätigkeit bestimmt (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17 mwN). Zum anderen liegt die von der Beklagten aufgestellte Voraussetzung, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2. im Hinblick auf die tatsächliche Praxis der Rechtsbeziehung als Beschäftigung zu werten ist, hier - wie gerade erörtert wird - nicht vor.

29

ee) Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung war die Klägerin zu 2. bei der Durchführung der - gesondert zu beurteilenden - "Einsatzaufträge" auf der Grundlage des Rahmenvertrags nicht wie eine Beschäftigte in eine von der Klägerin zu 1. vorgegebene betriebliche Ordnung eingegliedert. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation (des Gewerbes) der Klägerin zu 1. zeigt sich nicht schon allein darin, dass sich die Klägerin zu 2. in das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. einwählen musste, um "aktiviert" zu sein. Anders als das LSG meint, reicht es für die Annahme einer Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin zu 1. nicht aus, dass diese mit ihrem Gewerbe erst die Möglichkeit (an)bot, "telefonisch Gespräche mit Frauen zu führen", und die Klägerin zu 2. das zur Verfügung gestellte Telekommunikationssystem (be)nutzte. Die bloße Nutzung eines von anderen vorgehaltenen/betriebenen Systems bzw Netzes (Logistik) durch einen "Systempartner" oder Diensteanbieter ohne Vorliegen weiterer, für eine Einbindung in die organisatorische Einheit des "Systemgebers" oder Netzbetreibers sprechender Umstände zwingt nicht (von vornherein) zu der Annahme, es liege eine arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von anderen vorgegebene betriebliche Ordnung vor, in der die "Systempartner" oder Diensteanbieter fremdbestimmte Arbeit leisteten (vgl etwa zu Handelsvertretern, die sich ein Handelsvertreternetz zunutze machen: BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 8, 13 und 15; zu Franchise-Nehmern, die sich eine Vertriebskette in einem Franchise-System zunutze machen: BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 12; zu Piloten, die sich ein Charterflug-Netz zunutze machen: BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris; zu hauswirtschaftlichen Familienbetreuern, die sich die Dienste einer privaten Pflege-Agentur zunutze machen: BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris).

30

Umstände von Gewicht, die jenseits der (bloßen) Nutzung des Telekommunikationssystems der Klägerin zu 1. für eine Eingliederung der Klägerin zu 2. in deren "Betrieb" sprechen könnten, liegen nicht vor. Das LSG hat vielmehr festgestellt, dass sich die Klägerin zu 2. bei der Durchführung ihrer "Einsatzaufträge" zu Hause und nicht in Betriebsräumen der Klägerin zu 1. aufhielt; sie benutzte jedenfalls teilweise - in der Gestalt ihrer eigenen Telefonanlage - eigene Geräte. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung hat das BSG für einen solchen Fall nicht bereits "deutlich gemacht", dass eine Eingliederung in die betriebliche Ordnung des Netzbetreibers (gleichwohl und allgemein) anzunehmen sei; das BSG hat diese Frage vielmehr bisher unentschieden gelassen (vgl BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15 S 46). Zutreffend weist die Klägerin zu 1. im Übrigen darauf hin, dass die Klägerin zu 2. mit der Zuteilung einer zweiten (individuellen) Rufnummer zwar noch auf das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1., jedoch nicht mehr auf ihr "Verteilersystem" angewiesen war; denn es war nunmehr die Klägerin zu 2. (selbst), die den anrufenden Kunden gegenüber auftrat.

31

Soweit die Klägerin zu 1. gegen die Annahme einer Eingliederung der Klägerin zu 2. in ihren "Betrieb" anführt, dass es einen verbindlichen Terminplan über deren Einsatzzeiten nicht gegeben habe und somit eine ständige Dienstbereitschaft von dieser nicht erwartet worden sei, ist ihr Ansatz allerdings unzutreffend. Denn für die Beurteilung, ob die Klägerin zu 2. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden (vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 22).

32

ff) Die Klägerin zu 2. unterlag nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" auch nicht - wie LSG und Beklagte meinen - einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin zu 1.

33

Das Berufungsgericht räumt selbst ein, dass die Klägerin zu 2. keine Weisungen erhielt, wie sie im Einzelnen ihren "Leistungsauftrag, telefonische Gesprächspartnerin" zu sein, zu erbringen gehabt habe, geht jedoch davon aus, dass (bereits) die "vertragliche Aufgabenstellung", nämlich "die Wünsche der Anrufenden weitmöglichst mittels eines telefonischen Gesprächs zu erfüllen", für die Annahme persönlicher Weisungsunterworfenheit ausreiche. Allein daraus aber, dass gewisse "Eckpunkte" wie etwa der "grobe" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin zu 1. vorgegeben waren und insoweit eine "geminderte Autonomie" bestand, kann nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne geschlossen werden (vgl bereits - mit Hinweisen auf die ältere Rechtsprechung - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 19, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Nach Entgegennahme bzw Herstellung ankommender Telefonverbindungen richtete sich die Tätigkeit der Klägerin zu 2. (allgemein) an den Bedürfnissen und Wünschen der anrufenden Kunden aus. Wie die Gesprächsinhalte im Einzelnen ausgestaltet waren und wie lange die Telefongespräche dauerten, bestimmte sich nach den jeweiligen individuellen Erfordernissen; dies verlangte von der Klägerin zu 2. eine Flexibilität bzw die Fähigkeit zu entsprechender Reaktion beim Austausch von Gesprächsinhalten und beließ ihr einen großen Entscheidungsbereich (zu den Voraussetzungen von Weisungsgebundenheit/Weisungsfreiheit, dh Arbeitnehmereigenschaft/Selbstständigkeit bei Tätigkeiten in einem Nachtclub aus steuerrechtlicher Sicht vgl FG München EFG 2011, 56, 57 ff).

34

Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung war die Klägerin zu 2. auch nicht wegen der Aufzeichnung ihrer aktiven Sprechzeiten im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. weisungsabhängig. Woraus das Berufungsgericht schließt, dass die Ermittlung des Zeiteinsatzes der Klägerin zu 2. für gebührenpflichtige Telefonate der (auch inhaltlichen) Kontrolle ihrer Leistungserbringung diente, nachdem es zuvor festgestellt hat, dass diese (lediglich) für die Errechnung der Vergütung Bedeutung hatte, begründet es nicht. Nach den Feststellungen des LSG zum Inhalt des "Auftragsvertrags" stand der Klägerin zu 1. jedenfalls vertraglich keine (Rechts)Macht zur Kontrolle mit dem Ziel zu, die Klägerin zu 2. zur Optimierung ihrer Dienstleistungen anzuhalten; diese konnte Häufigkeit, Inhalt und Dauer ihrer "Einsatzaufträge" nach der Rahmenvereinbarung vielmehr selbst bestimmen.

35

gg) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, die Klägerin zu 2. habe (überhaupt) kein eigenes, für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko getragen. Zutreffend hat es allerdings daraufhin hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass die Klägerin zu 2. - wie das für Dienstleistungen im Bereich der Individual- bzw Sprachkommunikation typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.

36

Die Annahme eines gewissen Unternehmerrisikos ist gerechtfertigt, weil die Klägerin zu 2. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft bei der Durchführung der "Einsatzaufträge" das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes trug. Nach den Feststellungen des LSG zum Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen (vgl § 3 des "Auftragsvertrags") - und deren (tatsächlicher) Umsetzung - erhielt die Klägerin zu 2. ihre Vergütung nicht dafür, dass sie sich nach "Aktivierung" (wie innerhalb einer festen Arbeitszeit) bereithielt, sondern nur für den auf gebührenpflichtige Telefonate innerhalb der sog Routingzeit entfallenden Zeiteinsatz. Führte sie keine oder weniger Telefonate, etwa weil gebührenpflichtige Anrufe ausblieben oder sie im Telekommunikationssystem auf "hintere" Plätze geschaltet war, erzielte sie keine oder weniger Vergütung; insoweit musste sie auch befürchten, dass sie zeitweise überhaupt nichts verdiente. Der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft nach einer "Aktivierung" war also ungewiss.

37

Dieser Belastung mit dem Ausfallrisiko stand auf der anderen Seite bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft eine größere Freiheit gegenüber; die Klägerin zu 2. konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft nach Annahme eines "Einsatzauftrags" in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern. Zutreffend weist die Klägerin zu 1. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Klägerin 2. durch eine entsprechende Ausgestaltung der Gesprächsinhalte auf die Dauer der gebührenpflichtigen Telefonate und die Anzahl der Anrufe und anrufenden Kunden Einfluss nehmen und so - durch besondere Anstrengungen - ihre Verdienstchancen erhöhen konnte. Letztlich stellt auch die Zuteilung einer zweiten (individuellen) Rufnummer im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. nichts anderes als eine Reaktion darauf dar, dass bei (bestimmten) anrufenden Kunden infolge für sie attraktiver Gesprächsinhalte bei früheren Telefonverbindungen ein Bedürfnis nach unmittelbarer Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu 2. sowie danach entstanden war, nicht (mehr) an eine andere, vom Betroffenen nicht favorisierte "Gesprächspartnerin" vermittelt zu werden. Mit der Heranbildung eines eigenen Kundenstammes nutzte die Klägerin zu 2. die bei den Gesprächseinsätzen bestehenden Optionen und steigerte ihre Verdienstchancen (noch) weiter. Diese Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft ist nicht - wie das Berufungsgericht meint - deshalb ohne Bedeutung, weil diese und die Möglichkeit zur Erhöhung der Gewinnchancen nur "im Rahmen des Gewerbes der Klägerin zu 1." bestanden und die Klägerin zu 2. damit "keine eigenen Betriebsmittel erhalten" hat. Wie bereits erörtert (dazu oben 2 b ee)), schließt allein die (bloße) Nutzung eines von anderen vorgehaltenen/betriebenen Systems/Netzes (Logistik) selbstständige Tätigkeit (bei Verbindung zu diesem System/Netz) nicht von vornherein aus.

38

Zu dem Risiko des Verdienstausfalls, das über dasjenige bei umsatzorientierter Entlohnung in Arbeitsverhältnissen hinausging, trat allerdings nicht deshalb ein Kapitalrisiko der Klägerin zu 2. hinzu, weil sie ihre Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" aus der eigenen Wohnung heraus und über die eigene Telefonanlage ausübte. Zutreffend führt das LSG insoweit aus, dass sie hiermit eigene (sächliche) Betriebsmittel nicht einsetzte, weil eine eigene Wohnung und eine eigene Telefonanlage (vor allem) der allgemeinen Lebensführung dienen und auch von Arbeitnehmern auf eigene Kosten vorgehalten werden. Ein für Arbeitnehmer untypisches (wenn auch geringes) Kapitalrisiko ging die Klägerin zu 2. jedoch ein, als sie die zweite, im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. ausschließlich für sie eingerichtete Telefonnummer in von ihr bezahlten Zeitungsanzeigen selbst bewarb. Soweit das Berufungsgericht ein hierin liegendes Kapitalrisiko mit der Begründung verneint, die Klägerin zu 2. habe ihre Vergütung gleichwohl mit den anrufenden Kunden nicht unmittelbar selbst aushandeln können, berücksichtigt dies zwei Umstände nicht: dass - erstens - im vorliegenden Rechtsstreit nicht die Rechtsbeziehung der Klägerin zu 2. zu ihren Kunden einer sozialversicherungsrechtlichen Bewertung zu unterziehen ist und dass - zweitens - sich die Höhe der Vergütung allgemein und damit auch des gegen die Klägerin zu 1. gerichteten Vergütungsanspruchs der Klägerin zu 2. bei einheitlichen Gebührensätzen (allein) über die Dauer der Telefonate und deren Anzahl (und gerade nicht über variable, etwa leistungsbezogene Entgelte) bestimmte.

39

hh) Der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit der Klägerin zu 2. steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerinnen die Form des freien Mitarbeitervertrags "in Umgehung gesetzlicher Schutzvorschriften" vereinbart hatten (vgl § 5 des "Auftragsvertrags"). Hieraus ergibt sich - trotz der missverständlichen Wortwahl - der Sache nach lediglich, dass die Vertragspartner ihre Rechte und Pflichten als "Auftraggeberin" und "Auftragnehmerin" - was rechtlich zulässig ist (dazu oben 2 b cc)) - den Bindungen eines (alternativ auch möglichen) Arbeitsverhältnisses gerade nicht unterwerfen wollten; dagegen kann daraus nicht gefolgert werden, dass nach dem Willen der Vertragspartner zwar ein Arbeitsverhältnis bestehen sollte, dies aber ohne die gerade für ein solches Rechtsverhältnis geltenden gesetzlichen und ggf tariflichen Bindungen und Mindestbedingungen (vgl auch § 32 SGB I).

40

Keine Bedeutung für die hier vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Beurteilung hat auch, dass der abgeschlossene "Auftragsvertrag" - wie die Klägerinnen damals meinten - im Hinblick auf Rechtsprechung des BGH (vgl BGH NJW 1998, 2895) wegen der Vermittlung und Vermarktung bestimmter Gesprächsinhalte (Telefonsexdienstleistungen) möglicherweise sittenwidrig und nichtig war (vgl allgemein zur Anwendung der Grundsätze zum faktischen Arbeitsverhältnis bei nichtigen Dienstverträgen Selbstständiger BSGE 87, 53, 60 f = SozR 3-2400 § 7 Nr 15 S 50 f). Der BGH hat die von den Klägerinnen zitierte Rechtsprechung im Hinblick auf das am 1.1.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20.12.2001 (BGBl I 3983) ohnehin mittlerweile aufgegeben (vgl BGH NJW 2008, 140, 141; im Übrigen schon BGH NJW 2002, 361).

41

3. Nach alledem war die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" nicht iS von § 7 Abs 1 SGB IV bei dieser beschäftigt, sondern aufgrund eines freien Dienstverhältnisses selbstständig tätig. Das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin zu 2. im vorliegenden Fall entspricht damit dem in der Rechtsprechungspraxis des BGH vorherrschenden Verständnis, wonach (auch) sog (Mehrwert)Diensteanbieter ihren Kunden gegenüber aufgrund eines mit diesen bestehenden eigenen Vertrags (vgl zu den Rechtsverhältnissen grundlegend BGH NJW 2002, 361) regelmäßig als selbstständige Unternehmer - und nicht als Mitarbeiter im Unternehmen des Netzbetreibers - auftreten (vgl etwa zu Telefonsex-Diensteanbietern als Telefonsex-Unternehmern expliziert BGH NJW 2002, 361).

42

Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet allerdings nicht, dass Leistungen der Sprachkommunikation auf dem hier in Rede stehenden Tätigkeitsfeld, wie sie die Klägerin zu 2. erbrachte, im sozialversicherungsrechtlichen Sinne stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wären. Maßgebend für die Beurteilung sind jeweils die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden (vgl § 163 SGG) Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese können bei veränderter Sachlage zu anderen Ergebnissen, das heißt auch zur Annahme von Beschäftigung gelangen.

43

4. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Revisionsverfahrens auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, § 162 Abs 3 VwGO, hinsichtlich des Berufungsverfahrens auf § 193 SGG.

44

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 15.10.2010 geändert. Die Klagen werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Die erstinstanzliche Festsetzung des Streitwerts wird aufgehoben.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. April 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.

2

Die Klägerin ist gelernte Wirtschaftsassistentin, Industriekauffrau, Bilanzbuchhalterin und Herausgeberin eines Buches. Sie hat vier in den Jahren 1990, 2000, 2004 und 2006 geborene Kinder. Zum 1.12.1993 meldete sie ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Büroservice" an. Zur weiteren Erwerbstätigkeit der Klägerin hat das LSG folgende Feststellungen getroffen: Bis Ende März 2001 war sie bei der Beigeladenen zu 1. (einer Versandservice GmbH) als Buchhalterin/Lohnbuchhalterin in Teilzeit im Umfang von 20 Stunden wöchentlich - wie zwischen den Beteiligten außer Streit ist - beschäftigt. Ihre Tätigkeit, die sie zusammen mit einem Auszubildenden erledigte, umfasste die Lohn- und Gehaltsabrechnung, die Bearbeitung von Stempelkarten sowie die Buchhaltung. Anschließend verrichtete sie dieselben Aufgaben in Absprache mit der Beigeladenen zu 1. als "Selbstständige". Ab 2002 mietete sie von ihrem Ehemann unter ihrer Wohnanschrift einen 9 m2 großen Büroraum an (monatliche Warmmiete 87,64 Euro). Bis 2004 hatte sie mehrere Auftraggeber. Aufgrund familiärer Verpflichtungen beendete sie 2004 die übrigen Auftragsverhältnisse und schränkte auch ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. von zuvor 20 auf nunmehr 15 bis 16 Wochenstunden ein. Die von ihr abgegebenen Aufgaben - zB Zahlungserinnerungen, Mahnungen - erledigt seitdem ein bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigter Bürokaufmann, der der Klägerin insoweit zuarbeitet. Zwei- bis dreimal pro Woche - je nach Arbeitsanfall - arbeitet die Klägerin in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. jeweils von ca 9.00 Uhr/9.30 Uhr bis 12.00 Uhr. Dort tauscht sie Belege und Unterlagen aus, bespricht Änderungen und Sonderfälle, besonders im Personalbereich, und erledigt besonders dringende Angelegenheiten. Sie nutzt dort eine auf den Betrieb abgestimmte Buchhaltungssoftware in der jeweils aktuellen Version, ohne selbst über eine aktuelle Version der Buchhaltungssoftware zu verfügen. Mit der Beigeladenen zu 1. rechnet sie vereinbarungsgemäß meist einen monatlichen Pauschalbetrag von 1500 Euro ab. Je nach Arbeitsanfall liegen die Rechnungssummen darüber oder darunter. Abweichende Beträge werden bei Mutterschutz, Urlaub oÄ, oder bei höherem Arbeitsanfall, zB wegen Prüfungen durch das Finanzamt, in Rechnung gestellt. Die Rechnungen stellt sie meist zu Anfang des betroffenen Monats, jedenfalls weit überwiegend in der ersten Hälfte des Monats. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. machte bis 2004 ca 88 % des Gesamtumsatzes der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin aus, 2005: 97,5 %, 2006: 100 %, 2007 bis 2008: 99 %. 2009 akquirierte sie einen neuen Auftraggeber und erledigt seitdem zusätzlich die Buchhaltung ihres Ehemannes, der neben einer Beschäftigung in Vollzeit nebenberuflich auch Landwirtschaft betreibt. Vom 13.2. bis 31.3.2006 beschäftigte die Klägerin Frau D.
K. versicherungspflichtig. Zudem beschäftigte sie Frau C. S. vom 1.1. bis 31.10.2005 geringfügig und vom 1.7.2007 bis 31.10.2008 im Haushaltsscheckverfahren, anfänglich mit Bürotätigkeiten, anschließend im Haushalt. Im II. und III. Quartal 2008 beauftragte die Klägerin den "HK Buchhaltungs- und Büroservice" mit Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1., der ihr am 24.9.2008 für 7,5 Stunden 225 Euro und am 3.10.2008 für 6 Stunden 240 Euro in Rechnung stellte (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer).

3

Am 12.2. und 30.4.2009 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 1. für den Prüfzeitraum 1.1.2005 bis 31.12.2008 durch. In einem an die Beigeladene zu 1. gerichteten Bescheid stellte die Beklagte ua fest, dass die Klägerin beschäftigt und versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in der sozialen Pflegeversicherung (sPV), in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei. Sie forderte Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie die Umlagen U1 und U2 in Höhe von 31 846,36 Euro nach. Den hiergegen von der Beigeladenen zu 1. erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück; das hiergegen von der Beigeladenen zu 1. angestrengte Klageverfahren ruht im Hinblick auf den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits.

4

In einem weiteren, an die Klägerin gerichteten Bescheid vom 23.12.2009 führte die Beklagte aus, "anlässlich der Betriebsprüfung" bei der Beigeladenen zu 1. sei festgestellt worden, dass die Klägerin seit 1.1.2005 als Buchhalterin beschäftigt und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei. Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10.6.2010 zurück.

5

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und - entsprechend dem Begehren der Klägerin - festgestellt, dass sie seit 1.1.2005 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Erhebliche Gründe - die Erziehung der vier Kinder und Mithilfe in der Landwirtschaft des Ehemannes - hätten die Klägerin veranlasst, für die Beigeladene zu 1. die nicht zeitgebundene und im Übrigen weisungsfreie Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin zu verrichten; demgegenüber träten der geringe Kapitaleinsatz, das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und die Vereinbarung einer pauschalen Vergütung zurück; sie sei weder in den Betrieb der Beigeladenen zu 1. eingegliedert noch weisungsgebunden gewesen (Urteil vom 14.4.2011).

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Die Beklagte sei (auch) gegenüber der Klägerin gemäß § 28p Abs 1 SGB IV berechtigt gewesen, deren Versicherungspflicht festzustellen. Die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. sei ausgehend von den Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung des BSG als Beschäftigung zu qualifizieren. Die Klägerin sei in den Betrieb der Beigeladenen zu 1. eingegliedert, verrichte dort dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001 in einem Angestelltenverhältnis, arbeite mit Angestellten der Beigeladenen zu 1. zusammen und verrichte die Tätigkeiten an zwei bis drei Vormittagen pro Woche in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1., wo ihr ein Arbeitsplatz mit einem Personal Computer (PC) zur Verfügung gestellt werde. Nur dort könne sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung der Buchhaltungssoftware in der aktuellen Version erfordere. Der Austausch von Belegen und Unterlagen sowie die Besprechung von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc), erforderten ihre Anwesenheit. Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1. übersteige das bei zB einem Steuerberater Übliche bei Weitem. Nur unter Annahme der notwendigen Anwesenheit vor Ort sei erklärbar, warum die Klägerin trotz großer Entfernung den Betriebssitz mehrmals in der Woche aufsuche. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit außerhalb des Betriebes verrichten könne, stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten auch in abhängiger Beschäftigung bei Bürotätigkeiten nicht unüblich seien. Da die Klägerin regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1. verrichte, sei sie jedenfalls nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führten zu keinem anderen Ergebnis. In der "Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung" trete das Eingebundensein der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1. und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergebe sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin. Die Klägerin trage kein nennenswertes unternehmerisches Risiko und habe nur geringe Betriebsausgaben. An Betriebsmitteln habe sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1. zwingend benötige. Sie habe auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte und erhalte seit Jahren monatlich ca 1500 Euro von der Beigeladenen zu 1., ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhalte das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin trete nicht am Markt auf, erziele ihre gesamten Einkünfte fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. und habe auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1. abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert. Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an Dritte führe zu keiner anderen Beurteilung, weil die Klägerin - wie näher dargelegt wird - nur in geringem Umfang ihre Bilanzbuchhalter-Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt habe und die Weitergabe der Arbeiten an den Buchhaltungs- und Büroservice bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht habe auf Dauer erfolgen können. Das Fehlen vertraglicher Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung, die Vereinbarung selbstständiger freier Mitarbeit, die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb könnten nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit gewertet werden (Urteil vom 19.4.2013).

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses sei, dass die Arbeitsleistung höchstpersönlich geschuldet sei. Zu Unrecht habe das LSG angenommen, dass das Delegieren von Tätigkeiten an Dritte erst dann zu einem anderen Ergebnis führen solle, wenn es einen gewissen zeitlichen Rahmen beanspruche. Entgegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R) habe das LSG die Frage des Direktionsrechts nur im Ansatz geprüft. Nicht geprüft habe es auch, ob die Beigeladene zu 1. Einwendungen gegen die Tätigkeit der herangezogenen Dritten erhoben habe; dies sei nämlich nicht der Fall gewesen. Dass die Heranziehung von Dritten nur in geringem Umfang stattgefunden habe, beruhe lediglich auf "internen Gründen" und habe allein in ihrer (der Klägerin) Entscheidungsmacht gestanden. Es müsse auch gewürdigt werden, dass offensichtlich mehrere - allein aus betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Gründen gescheiterte - Versuche unternommen worden seien, Dritte in die Arbeitserledigung mit einzubeziehen. Dies spreche nach der Rechtsprechung des BAG für eine selbstständige Tätigkeit, ohne dass es auf den zeitlichen Umfang der Delegation ankomme. Nötige Ermittlungen hierzu habe das LSG unterlassen. Die von ihr beschäftigte Frau K. habe während deren Biologiestudium bei ihr im Büro gearbeitet. Sie sei in der Lage gewesen, Konten verlässlich abzustimmen. Frau S. sei Arzthelferin, die schon früher im Rezeptionsbereich eingesetzt worden sei und Abrechnungen erledigt habe; sie sei vom 1.1. bis 31.7.2005 als Aushilfe und erst danach als Haushaltshilfe tätig gewesen. Zu Unrecht habe das LSG angenommen, dass sie (die Klägerin) kein nennenswertes unternehmerisches Risiko getragen habe. Die frühe Rechnungsstellung habe ihr eine "Dauerfristverlängerung" verschafft. In der Regel sei sie "früher mit der Arbeit fertig gewesen" und habe diese auch früher berechnen können; Entsprechendes sei einer angestellten Kraft nicht möglich. Auch habe sie jederzeit Korrekturen ihres Aufwandes geltend machen können. Hiervon sei jedoch nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht worden, da der Umsatz der Beigeladenen zu 1. - und damit auch ihr (der Klägerin) Arbeitsaufwand - keinen größeren Schwankungen unterlegen habe. Sie habe auch selbst über die Buchhaltungssoftware verfügt. Über weite Bereiche hinweg habe sie Datensicherungen von zu Hause aus vorgenommen und bei der Beigeladenen zu 1. eingespielt. Ihr Know-how im Umgang mit der Software übersteige deren Kaufpreis bei Weitem.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. April 2013 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

11

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.

13

Das Urteil des LSG hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand und ist daher aufzuheben. Der Senat selbst kann allerdings wegen Fehlens erforderlicher tatrichterlicher Feststellungen nicht abschließend in der Sache entscheiden, ob das LSG zu Recht das der Klage stattgebende SG-Urteil aufgehoben und die Klage zutreffend in vollem Umfang abgewiesen hat.

14

1. Die Revision der Klägerin ist zulässig.

15

Die Klägerin rügt explizit eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV als Norm des materiellen Bundesrechts iS von § 164 Abs 2 S 3 iVm § 162 SGG. Verfahrensrügen erhebt sie weder ausdrücklich, noch entsprechen sinngemäß als Verfahrensrügen deutbare Ausführungen den hierfür geltenden gesetzlichen Anforderungen. Deshalb sind Ausgangspunkt der nach § 162 SGG vorzunehmenden revisionsrechtlichen Beurteilung die vom LSG in tatsächlicher Hinsicht getroffenen Feststellungen(vgl § 163 SGG).

16

Zwar macht die Klägerin wiederholt geltend, das LSG habe die Qualifikation der ihr eingesetzten Mitarbeiterinnen gewürdigt, "ohne hierzu Detailkenntnisse" zu haben. Für die Rüge einer verfahrensfehlerhaften Beweiswürdigung reicht es jedoch nicht aus, wenn der Revisionsführer - mag dies auch wie vorliegend mit umfangreichem und detailliertem Vorbringen erfolgen - lediglich seine von der Einschätzung des Berufungsgerichts abweichende eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des LSG setzt (vgl zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12c mwN, etwa BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2, RdNr 18; BSGE 99, 1 = SozR 4-3200 § 81 Nr 3, RdNr 26; BSG SozR 4-2700 § 63 Nr 3 RdNr 24). Erforderlich ist insoweit vielmehr etwa die konkrete Darlegung, dass das LSG in entscheidungserheblicher Weise die Grenzen freier Beweiswürdigung überschritten habe oder zu seinen Feststellungen aufgrund von Verstößen gegen das Verfahrensrecht gekommen sei, zB weil es sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 164 RdNr 12 ff mwN). Das ist nicht geschehen. Mit sonstigem neuem bzw von den Feststellungen des LSG abweichendem tatsächlichen Vorbringen im Revisionsverfahren kann die Klägerin daher nicht durchdringen.

17

2. Die danach zulässige Revision der Klägerin ist allerdings (nur) gemäß § 170 Abs 2 S 2 SGG im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.

18

Ausgehend von dem im Revisionsverfahren maßgebenden Streitgegenstand (dazu a) hat das LSG zwar zu Recht entschieden, dass die beklagte DRV Baden-Württemberg auch gegenüber der Klägerin befugt war, Feststellungen zur Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung zu treffen (dazu b). Die vom LSG getroffenen Feststellungen reichen allerdings nicht aus, um die von der Klägerin angefochtene Annahme des Bestehens von Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung beurteilen und mit dem LSG bejahen zu können (dazu c). Deshalb ist das Urteil des LSG insgesamt aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen.

19

a) Den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet der gegenüber der Klägerin ergangene Bescheid der Beklagten vom 23.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.2010, worin die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. in allen Zweigen der Sozialversicherung ab 1.1.2005 festgestellt hat, bis zur letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen am 19.4.2013 (zum insoweit maßgebenden Endzeitpunkt vgl allgemein zB BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 19; Keller in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 54 RdNr 34, § 55 RdNr 21).

20

b) Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die angefochtenen Bescheide nicht schon mangels funktioneller Zuständigkeit der Beklagten zum Erlass eines solchen Verwaltungsakts gegenüber der Klägerin rechtswidrig sind. Die Beklagte war vielmehr gemäß § 28p Abs 1 S 5 SGB IV berechtigt, anlässlich der bei der Beigeladenen zu 1. durchgeführten Betriebsprüfung auch gegenüber der Klägerin als vermeintlich nach § 7 SGB IV Beschäftigter deren Versicherungspflicht festzustellen.

21

Zwar bestimmt § 28p Abs 1 S 5 SGB IV, dass die (bei den Arbeitgebern die ordnungsgemäße Erfüllung von Melde- und sonstigen Pflichten nach dem SGB IV im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag prüfenden) RV-Träger "im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern" erlassen, ferner, dass insoweit § 28h Abs 2 sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 SGB X nicht gelten. Aus den Worten in § 28p Abs 1 S 5 Halbs 1 SGB IV "gegenüber den Arbeitgebern" folgt jedoch nicht, dass die prüfenden RV-Träger damit ausschließlich gegenüber den Arbeitgebern zu Feststellungen über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern durch Verwaltungsakt berechtigt sind und sich die Befugnis zum Erlass entsprechender Verwaltungsakte nicht zugleich auch auf den (vermeintlich bzw potentiell) Versicherten bezieht(vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.8.2005 - L 1 KR 66/02 - Juris; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 1. Aufl 2009, § 10 RdNr 151; Wehrhahn in Kasseler Komm, Stand März 2013, § 28p SGB IV RdNr 6b; aA Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28p RdNr 139). Das folgt aus der Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Vorschrift.

22

aa) Grundsätzlich entscheiden die Krankenkassen als Einzugsstellen gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der GKV, sPV und GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Hiervon macht ua § 28p Abs 1 SGB IV(idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 3. SGBÄndG - vom 30.6.1995, BGBl I 890) seit 1996 eine Ausnahme, indem er die Prüfung bei den Arbeitgebern exklusiv den RV-Trägern zuweist, nachdem diese bis zu diesem Zeitpunkt an den von den Einzugsstellen durchgeführten Prüfungen der Beitragszahlungen lediglich mitwirkten. § 28p Abs 1 S 5 SGB IV nF dehnte die Kompetenz der seither allein prüfenden RV-Träger über die reine Prüfung bei den Arbeitgebern hinaus auch bezogen auf den Erlass entsprechender "Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe" aus. Schon nach dem Wortlaut beider Vorschriften verhält es sich so, dass § 28h Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB IV von Entscheidungen "über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe" spricht und § 28p Abs 1 S 5 SGB IV zu erlassende "Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe" nennt, ohne die Befugnis dazu auf einen bestimmten Adressatenkreis zu beschränken. Nach dem Wortlaut kommt den RV-Trägern im Rahmen von Betriebsprüfungen die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe gegenüber den Arbeitgebern zu. Diese Verwaltungsakte entfalten sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber dem Arbeitnehmer rechtsgestaltende Wirkung (vgl insoweit zB bereits BSGE 55, 160, 161 f = SozR 1300 § 12 Nr 1 S 2; BSGE 64, 145, 147 = SozR 2100 § 5 Nr 3 S 4; BSGE 97, 32 = SozR 4-2600 § 229 Nr 1, RdNr 14). Daher muss grundsätzlich eine Befugnis zum Erlass eines inhaltsgleichen Verwaltungsakts auch gegenüber dem Arbeitnehmer bestehen; zum ganzen vgl Berchtold, NZS 2014, 885, 886 mwN für Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV).

23

bb) Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigen dieses Ergebnis unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien: Die Entwurfsverfasser des § 28p SGB IV stellten im Zuge der Ausdehnung der Krankenkassenwahlfreiheit für alle Versicherten ab 1996 fest, dass es mit Blick darauf zu einem umfassenden Wettbewerb der Krankenkassen um die Mitglieder kam. In diesem Zusammenhang waren die Betriebe ein wichtiges Feld für die Werbung und die Notwendigkeit einer neutralen Prüfung der Arbeitgeber durch die Krankenkassen war damit auf Dauer nicht zu vereinbaren. Gerade deshalb sollte die Aufgabe der Prüfung der Arbeitgeber auf die RV-Träger übergehen, die in diesem Bereich Erfahrungen hatten und nicht im Wettbewerb untereinander standen (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 3. SGBÄndG, BT-Drucks 13/1205 S 6 unter A. Allgemeiner Teil). Satz 5 des neugefassten § 28p Abs 1 SGB IV sollte demgemäß nunmehr die RV-Träger anstelle der Krankenkassen berechtigen, im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungs- bzw Beitragspflicht sowie zur Beitragshöhe zu erlassen(vgl Gesetzentwurf, aaO, S 6 zu Nummer 3 <§ 28p> zu Absatz 1). Die bereits im Entwurf zu Satz 5 enthaltenen Worte "gegenüber den Arbeitgebern" wurden in den Materialien nicht aufgegriffen oder näher - im Sinne einer daraus folgenden Zuständigkeitsbeschränkung - erläutert. Der dann im weiteren Gesetzgebungsverfahren in § 28p Abs 1 S 5 SGB IV eingefügte Zusatz, wonach § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 SGB X insoweit nicht gelten, sollte allein klarstellen, dass im Rahmen der Prüfung durch die RV-Träger Verwaltungsakte nur von diesen erlassen werden(vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung <11. Ausschuss> BT-Drucks 13/1559 S 13 zu Nummer 3 Absatz 1). Aus alledem ist zu schließen, dass hinreichende Anhaltspunkte für eine Beschränkung der RV-Träger im Zusammenhang mit Betriebsprüfungen auf den Erlass von Verwaltungsakten "nur" gegenüber den Arbeitgebern nicht bestehen.

24

c) Ob die Klägerin im streitigen Zeitraum beschäftigt war und deswegen der Versicherungspflicht unterlag, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden. Das LSG ist in seinem Urteil zwar im Kern zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von zu Versicherungspflicht führender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu aa). Es hat jedoch in diesem Rahmen ausreichende Feststellungen zu den der Tätigkeit zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen (dazu bb) und zu den Anhaltspunkten für eine Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV nicht getroffen(dazu cc). Insbesondere hat das LSG die Umstände der Tätigkeit der von der Klägerin beschäftigten Personen sowie des von ihr beauftragten Büroservices in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. nicht in dem rechtlich gebotenen Maße aufgeklärt (dazu dd).

25

aa) Im streitigen Zeitraum ab 1.1.2005 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der GKV, GRV und sPV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 SGB III idF des Gesetzes vom 24.3.1997, BGBl I 594; § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; § 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF des Gesetzes vom 18.12.1989, BGBl I 2261, BGBl I 1990, 1337; § 20 S 1, 2 Nr 1 SGB XI idF des Gesetzes vom 26.5.1994, BGBl I 1014, alle Regelungen in der jeweils bis 19.4.2013 geltenden Fassungen). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit besonders BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

26

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

27

bb) Das angefochtene LSG-Urteil enthält bereits keine hinreichenden Feststellungen zu den der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen. Stattdessen nimmt das LSG vielfach eine Bewertung vor und zieht Schlüsse, ohne zuvor zunächst die hierfür maßgeblichen Tatsachen festzustellen. Auf diese Weise leidet das angefochtene Urteil daran, dass nicht alle nach Lage des Einzelfalls für die zu treffende Abwägungsentscheidung über die streitige Erwerbstätigkeit als Indizien in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände rechtsfehlerfrei festgestellt und in ihrer Tragweite gewichtet ordnungsgemäß gegeneinander abgewogen wurden.

28

So fehlen bereits Feststellungen des LSG zum Vorliegen oder Nichtvorliegen eines schriftlichen Vertrags oder zB einer (schriftlichen) Rahmenvereinbarung über die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. Ebenso fehlen klare Feststellungen zum elementaren Inhalt der zu dieser Tätigkeit getroffenen - ggf mündlichen oder konkludenten - Vereinbarungen, etwa dazu, ob eine Vergütung nach geleisteten Stunden zu einem festen Stundensatz, eine monatlich feste Vergütung unter Festlegung fixer Arbeits- bzw Tätigkeitszeiten oder eine Vergütung nach anderen Grundsätzen vereinbart war. Insoweit hat das LSG nämlich einerseits festgestellt, es sei "vereinbarungsgemäß meist" ein monatlicher "Pauschalbetrag" von 1500 Euro gezahlt worden; andererseits heißt es "je nach Arbeitsanfall" hätten die Rechnungssummen "darüber oder darunter" gelegen: Abweichungen hätten sich bei Mutterschutz, Urlaub oÄ oder bei höherem Arbeitsanfall, zB wegen Prüfungen durch das Finanzamt, ergeben. Konkrete Feststellungen zum Inhalt der monatlichen Abrechnungen - Auflistung von Stunden, Schwankungsbreite der Rechnungshöhe, "Überstundenausgleich" im Folgemonat usw - fehlen ebenso. Zwar legen die Ausführungen des LSG nahe, dass zwischen den Beteiligten wohl eine Abrechnung nach tatsächlich geleisteten Stunden zu einem festen Stundensatz gewollt war und durch eine monatliche individuelle "Rechnungstellung" auch praktiziert wurde. Mit der vom LSG indessen gleichzeitig angenommenen monatlichen Entlohnung "meist" mit einem "Pauschalbetrag" und dem ebenfalls zugrunde gelegten Umstand, dass die Rechnungen "im Voraus" gestellt wurden, ist diese Sachverhaltsbewertung - auch mangels Erkennbarkeit der diesbezüglichen Tatsachengrundlage - nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen.

29

cc) Die Feststellungen des LSG reichen ebenfalls nicht aus, um das Vorliegen der in § 7 Abs 1 S 2 SGB IV als Anhaltspunkte für die Annahme einer Beschäftigung ausdrücklich genannten Merkmale für eine Beschäftigung in Form der Tätigkeit nach Weisungen und in Form der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers - revisionsrechtlich beurteilen zu können.

30

(1) Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch "Dienste höherer Art" im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30 mwN). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der GRV und im Recht der Arbeitsförderung (vgl § 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, obwohl sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen.

31

Hiervon ausgehend hat das LSG zwar zu Recht berücksichtigt, dass fehlende inhaltliche Einzelweisungen an die Klägerin vorliegend für sich genommen jedenfalls noch kein Anhaltspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit darstellen. Soweit das LSG aber angenommen hat, jedenfalls im Hinblick auf ihre Arbeitszeit sei die Klägerin auch nicht vollständig weisungsfrei gewesen, weil sie - jeweils vormittags nach Absprache - einen Teil ihrer Tätigkeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1. verrichtet habe, ist dieser Schluss ausgehend von den festgestellten Tatsachen nicht ohne Weiteres nachvollziehbar; denn das LSG hat offenbar schon die bloße Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1. als Ausfluss eines Weisungsrechts angesehen. Dieser Schluss ist jedoch nicht zulässig, da es für die Frage der Weisungsunterworfenheit nicht auf die Anwesenheit als solche, sondern auf deren rechtlichen Hintergrund ankommt. Für eine tragfähige Bewertung der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1. fehlen daher insbesondere Feststellungen, ob eine Anwesenheit der Klägerin zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Beigeladenen zu 1. im Sinne des Weisungsrechts einer Arbeitgeberin über Zeit und Ort der geschuldeten Tätigkeit eingefordert werden konnte.

32

(2) Auch die Frage einer Eingliederung der Klägerin in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1. kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden.

33

Das LSG stützt seine Beurteilung ausschließlich auf den Umstand der bloßen Anwesenheit der Klägerin im Betrieb des Beigeladenen zu 1. an zwei oder drei Vormittagen in der Woche und darauf, dass eine aktuelle Version der angewandten Buchhaltungssoftware lediglich am betrieblichen Einsatzort vorhanden gewesen sei. Diese (äußeren) Umstände rechtfertigen für sich genommen aber nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit der Klägerin in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1. Hierzu sind weitere Feststellungen zu den konkreten betrieblichen Abläufen mit Bezug auf die Tätigkeit der Klägerin erforderlich.

34

dd) Die Feststellungen des LSG reichen schließlich auch nicht aus, um ausreichend sicher beurteilen zu können, ob die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte vorliegend als für die Tätigkeit prägend angesehen werden kann.

35

Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung nämlich in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 72; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen durchaus berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm dergestalt zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt wiederum die bloße (erlaubte bzw unbeanstandet gebliebene) Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmertypischer) Selbstständigkeit. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Zu Recht rügt die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung daher, dass das LSG - entsprechend der unter aa) dargestellten Rechtsprechung des BSG - auch insoweit zunächst einmal die zwischen der Beigeladenen zu 1. und der Klägerin im Hinblick auf die Einschaltung Dritter geltenden vertraglichen Vereinbarungen hätte feststellen müssen; rechtsfehlerfrei konnten erst daran anschließend die tatsächlich zwischen den Vertragsparteien geübte Praxis sowie die Gründe für den praktizierten Umfang der Einschaltung Dritter gewürdigt werden. Demgegenüber hat das LSG jedwede Feststellungen zu den Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen zu 1. und der Klägerin unterlassen. Zugleich sind die Feststellungen zur Tätigkeit der von der Klägerin beschäftigten Personen sowie des von ihr beauftragten Büroservices, insbesondere im Hinblick auf eine Aufgabenerledigung im Rahmen der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. wenig konkret. All dies lässt eine Beurteilung, ob die Einschaltung Dritter vorliegend (zulässigerweise) im Rahmen einer Beschäftigung der Klägerin erfolgte oder Ausfluss ihrer unternehmerischen Freiheit im Rahmen der Auftragserledigung für die Beigeladene zu 1. war, nicht zu. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist maßgebend dafür, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17 f).

36

3. Das LSG muss nach alledem den Sachverhalt im Hinblick auf die notwendige Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im unter 2. c) bb) bis dd) dargestellten Sinne in tatsächlicher Hinsicht weiter aufklären.

37

Dabei wird das LSG Besonderheiten des Falles mit zu würdigen haben. So machte nach den bisher getroffenen Feststellungen des LSG zwar die Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1. (nur) zwischen 31,25 % und 60 % ihrer "regelmäßigen" wöchentlichen Arbeitszeit aus. Es stellt sich dabei aber bereits die Frage, ob sich die Klägerin nur deshalb in den Betriebsräumen der Beigeladenen zu 1. aufgehalten hat, um zB die nur dort vorhandenen Belege auszuwerten und dazu dort auf Daten im Netzwerk der Beigeladenen zu 1. zugreifen zu können, die ihr ansonsten an ihren eigenen Unternehmenssitz/Wohnort hätten übersandt werden müssen. Denkbar wäre aber auch umgekehrt eine im Rahmen der konkreten Betriebsabläufe notwendige Einbindung der Klägerin in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1., etwa eine von der Beigeladenen zu 1. erwartete und vertraglich/absprachegemäß vorausgesetzte Ansprechbarkeit vor Ort für die ansonsten mit Verwaltungsaufgaben betrauten Mitarbeiter, eine Teilnahme an Besprechungen, Meetings usw, das Vorhandensein eines eigenen, festen Arbeitsplatzes, der nicht von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1. genutzt wird, Pflicht zur Nutzung eines Zeiterfassungssystems der Beigeladenen zu 1., die Zuweisung einer feststehenden Durchwahl im Telefonverzeichnis der Beigeladenen zu 1. usw. Dies führt zu einer auf § 170 Abs 2 S 2 SGG beruhenden Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

38

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. die außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" wegen Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war.

2

Der 1976 geborene Beigeladene zu 1. war bis 30.9.2004 als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) versichert. Seit 1.10.2003 war er auf der Basis eines am 25.9.2003 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (A. GmbH, künftig einheitlich Klägerin) geschlossenen "Projektvertrages" im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" tätig. Durch den Vertrag wurde er "beauftragt", Leistungen in Bezug auf die "Auftragsnummer A 95/002, Projekt D., Dispo und Service bei M." - einer Elektronik-Verbrauchermarktkette - zu erbringen. Nach dem Projektvertrag war der Beigeladene zu 1. in der Wahl des Zeitpunkts zur Leistungserbringung generell frei und vereinbarte selbst den Tag und Zeitpunkt seines Besuchs mit den zuständigen Mitarbeitern des Handels. Im Einzelnen galt nach dem Vertrag weiter ua Folgendes: Der Beigeladene zu 1. konnte die vertraglich geschuldete Leistung auch durch Dritte erbringen lassen. Bei Verhinderung (wie Überlastung, Krankheit oder Urlaub) hatte er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Der Beigeladene zu 1. erhielt einen pauschalen Besuchspreis in Höhe von 15 Euro pro Markt, inklusive Fahrtkosten sowie pro Besuch und nachgewiesener Bestellung ab dem 36. bestellten Produkt eine Stückprämie von 0,40 Euro. Die Abrechnung erfolgte monatlich unter Ausweisung von Mehrwertsteuer und Angabe der Umsatzsteuernummer des Beigeladenen zu 1. Die Vereinbarung war jederzeit mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündbar. Der Beigeladene zu 1. durfte auch für andere, ähnlich geartete Auftraggeber tätig werden. Er haftete für Schäden, die aus der verzögerten Erledigung resultierten, es sei denn, er hatte die Verzögerung oder Verhinderung nicht zu vertreten; in vollem Umfang haftete er auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter, beauftragte Personen, Unternehmen).

3

In Ausführung des Projektvertrages besuchte der Beigeladene zu 1. regelmäßig bestimmte Verbrauchermärkte, um dort Original Handy-Zubehör adäquat zu platzieren. Dazu gehörten ua die Sorge um die Aktualität der Ware, Bestellung und Retourenabwicklung, Personalschulung über Neuerungen sowie Verhandlungen mit den Markt-Abteilungsleitern über Durchführung, Art und Menge der Bestellungen. Gegenüber der Klägerin erstellte er fortlaufend Rechnungen und einen Bericht bei Abschluss der Tätigkeit. Er verfügte an eigenen Arbeitsmitteln ua über einen PKW und einen Laptop sowie eine Büroeinrichtung und Internetanschluss. Vom 1.6. bis 31.12.2004 war der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin für ein weiteres Unternehmen als "Assistant Trainer (Promotion, Abverkauf)" tätig. Insoweit stellte der beklagte Rentenversicherungsträger auf seinen Antrag hin fest, dass er diese Tätigkeit als Selbstständiger ausübe.

4

Der Beigeladene zu 1. beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006 und durch weitere Bescheide gegenüber der Klägerin fest, dass er die Tätigkeit in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 im Rahmen einer Beschäftigung ausübe bzw in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei.

5

Das von der Klägerin dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei (Urteil vom 10.2.2011). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte durch Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 wegen der Tätigkeit für die Klägerin nicht in der GKV und in der sPV versicherungspflichtig war und ein entsprechendes - angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben. Das LSG hat die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen bei dem Beigeladenen zu 1. die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände. Der Projektvertrag enthalte überwiegend Regelungen, die dafür sprächen. Nach den Umständen und Ermittlungen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis nur formal vereinbart worden sei. Es habe sich nicht um bloße untergeordnete Regalauffülltätigkeiten gehandelt, sondern um einen um gestalterische Elementen erweiterten Aufgabenkreis. Die Rahmenbedingungen (Warenwirtschaftsturnus; konkrete Verbrauchermärkte) seien nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei zudem auch für andere Auftraggeber tätig und berechtigt gewesen, Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Betriebliche Sachzwänge, Mitteilungspflichten, die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle durch die Klägerin sowie die Verpflichtung, Interessenkollisionen beim Einsatz Dritter bzw bei weiteren Aufträgen zu vermeiden, relativierten sich dadurch, dass auch klassische Selbstständige ähnlichen Pflichten unterlägen. Insgesamt sei der Beigeladene zu 1. als für mehrere Auftraggeber tätiger "Solo-Selbstständiger" anzusehen (Urteil vom 23.5.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG im Rahmen der Gesamtwürdigung den für die Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen des Projektvertrages, die nur dem Wortlaut nach auf eine selbstständige Tätigkeit zielten, uneingeschränkt Vorrang gewährt. Die tatsächlichen Umstände bei der Durchführung der einzelnen Aufträge, die für eine weitgehende Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sprächen, habe das LSG nur nachrangig berücksichtigt. Die Feststellungen zur Tätigkeit umschrieben letztlich nur die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten". Die Ansicht des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, als nicht abhängige Beschäftigung ausgeübt werden könnte. Der Beigeladene zu 1. sei aber in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert gewesen, indem er nach Annahme eines Einzelauftrags der Klägerin zu deren Vertragspartnern gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach den Vorgaben der Klägerin auszuführen. Hinweise auf ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestünden nicht. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis - von der kein Gebrauch gemacht worden sei - stelle allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit dar. Feststellungen des LSG entsprächen teilweise nicht den Tatsachen, soweit es die Gewährung von Kilometergeld und Fahrkosten für den Besuch weiter entfernter Märkte anbelange. Eine Entlohnung mittels Besuchspauschale und Stückprämie spreche nicht indiziell für eine selbstständige Tätigkeit. Umständen wie Rechnungsstellung, Kündigungsmöglichkeit, oder die Möglichkeit einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber komme ebenfalls keine indizielle Wirkung im Hinblick auf Selbstständigkeit zu.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Beide verteidigen das angefochtene Urteil.

10

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge, die Beigeladenen zu 2., 3. und 6. schließen sich der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers ist unbegründet.

12

Revisionsrechtlich beanstandungsfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund einer Beschäftigung bei der klagenden GmbH als Arbeitgeberin feststellte.

13

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind - nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG durch die Klägerin - der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006, beide wiederum geändert durch die Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010, soweit darin die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" für die Klägerin aufgrund Beschäftigung in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung und danach vom 1.10.2004 bis 24.5.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung feststellte. Der Bescheid vom 2.2.2010 hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 2.2.2010 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt hat (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Zu Recht hat das LSG auch den ausschließlich gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid vom 11.3.2010 als Gegenstand des Revisionsverfahrens angesehen, weil er ausdrücklich als "Bescheid" den früheren Bescheid vom 2.2.2010 änderte, auch wenn dies nur wegen einer teilweisen offensichtlichen Unrichtigkeit erfolgte. Soweit das LSG darüber hinaus - von den Beteiligten unbeanstandet gelassen - entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

14

2. Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht wegen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war.

15

a) In den Jahren 2003 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

16

b) Das LSG hat diese allgemeinen rechtlichen Maßstäbe im Ausgangspunkt zutreffend herangezogen und begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände hier nicht überwiegen, sondern die Abwägung insgesamt zu einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. führt. Die zentralen Feststellungen des LSG zum Inhalt des Projektvertrages (dazu aa), die von der Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wurden, sowie die hierzu nicht in Widerspruch stehende tatsächliche Umsetzung des Vertrages (dazu bb) rechtfertigen in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden Fall die Annahme des LSG, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig war. Anders als Ausführungen der Beklagten und auch des LSG andeuten, geht es vorliegend allerdings nicht darum, eine "allgemeine" sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für ein bestimmtes neues Berufsbild im Rahmen von "Merchandising/Rackjobbing" vorzunehmen (dazu cc). Schließlich ist auch ein Unternehmerrisiko beim Beigeladenen zu 1. anzunehmen (dazu dd).

17

aa) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist zunächst die zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1. bestehende Vertragslage. Hierzu hat das LSG - ohne dass dies zu beanstanden wäre - angenommen, dass der für die vorliegende Tätigkeit maßgebende Projektvertrag nach seinem Gepräge überwiegend Regelungen enthält, die für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnend sind. So war der Beigeladene zu 1. in zeitlicher Hinsicht weitgehend frei, war berechtigt, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen und hatte bei seiner Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen. Als Entlohnung erhielt er eine Kombination aus Besuchspauschale und erfolgsabhängiger Stückprämie, und durfte auch - was teilweise tatsächlich erfolgte - noch für weitere ähnliche Auftraggeber tätig werden. Zwar hat das LSG auch festgestellt, dass die Klägerin über einen Adressenbestand von rund 75 "Lieferanten" verfügte, mit denen häufig sogenannte "Rahmenverträge" bestanden. Die Existenz eines zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. bestehenden Rahmenvertrages hat das LSG hingegen nicht festgestellt.

18

bb) Dem angefochtenen Urteil können auch (gerade noch) hinreichende Feststellungen zur tatsächlichen Umsetzung der Vertragslage entnommen werden. Das LSG hat - insbesondere gestützt auf gerichtliche Anhörungen des Beigeladenen zu 1. im Klage- und Berufungsverfahren - festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die vertraglichen Regelungen nur formal vereinbart worden waren und dass hinsichtlich der Erwerbstätigkeit tatsächlich etwas ganz anderes praktiziert wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung sind damit keine gewichtigen Umstände ersichtlich, die gesamtschauend den Ausschlag für eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV geben könnten.

19

(1) Der Beigeladene zu 1. war nach den Feststellungen des LSG weitgehend weisungsfrei in dem Sinne, dass die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht Ausfluss eines Direktionsrechts - wie im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - waren.

20

(2) Der Beigeladene zu 1. war - unbeschadet des Umstandes, dass er Dienstleistungen im Rahmen eines von der Klägerin mitgetragenen Gesamtvermarktungskonzepts erbrachte - nicht in einem relevanten Maß in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert, was sich ua in seiner vertraglichen Pflicht zeigt, im Falle seiner Verhinderung selbst für eine Vertretung zu sorgen. Er hatte nur auf betriebliche Sachzwänge der Klägerin und deren Kunden Rücksicht zu nehmen und unterlag insoweit lediglich Mitteilungspflichten und Qualitätskontrollen (zum Charakter von - eine Selbstständigkeit nicht ausschließenden - Dokumentationspflichten vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 20). Dem standen weitreichende Freiheiten des Beigeladenen zu 1. beim "Ob und Wie" der Erbringung der Tätigkeit mit eigenen gestalterischen Elementen gegenüber, die etwa über diejenigen eines klassischen Regalauffüllers hinausgingen. Das LSG hat insoweit zB auf Seite 15/16 seines Urteils dargelegt, dass dem Beigeladenen zu 1. - ähnlich wie anderen Vertragspartnern der Klägerin - die Entscheidung über die Präsentation der Produkte oblag, dass er Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung festzulegen hatte. Seine Tätigkeit habe gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente enthalten. Diese Tätigkeit habe sich im Rahmen eines Konzepts vollzogen, dass der Tatsache Rechnung getragen habe, dass Hersteller von Unterhaltungselektronik und IT-Produkten zunehmend dazu übergegangen seien, die Präsentation ihrer Waren nicht mehr den Betreibern von Märkten und Warenhäusern selbst zu überlassen, sondern sie - die Hersteller - es selbst in der Hand hätten, welche Verkaufs- bzw Regalflächen ihnen zur Verfügung gestellt würden. Hierzu bedienten sie sich insoweit spezieller Dienstleister (hier der Klägerin), um ihre Waren zeitnah und umsatzorientiert zu positionieren und möglichst werbewirksam zu präsentieren. In dieses Gesamtkonzept sei dann auch der Beigeladene zu 1. in der beschriebenen Weise eingebunden gewesen.

21

(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. vertraglich berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung einzubeziehen, durfte vom LSG als Indiz für seine selbstständige Tätigkeit gewertet werden, auch wenn davon seitens des Beigeladenen zu 1. tatsächlich kein Gebrauch gemacht wurde.

22

(a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm auf diese Weise zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Vor diesem Hintergrund hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Möglichkeit der Einschaltung Dritter ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist.

23

(b) Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Ausdrücklich rügt die Beklagte - ohne Benennung einer konkreten Verfahrensvorschrift - eine "Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung" durch einen vermeintlichen Rückgriff des LSG auf Erkenntnisse in einem anderen Verfahren. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt die Beklagte aber ebenso wenig wie etwa einen Verstoß des LSG gegen Denkgesetze. Darüber hinaus ist nach der Revisionsbegründung nichts Hinreichendes dafür ersichtlich, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl hierzu allgemein Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, S 467, Kap IX, RdNr 330; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 23 jeweils mwN), dass sich also im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgebenden Indizien das Ergebnis zum Nachteil der Klägerin verschiebt. Die Beklagte bezieht ihre Rüge ausdrücklich nur auf die Feststellungen des LSG zur "Ernsthaftigkeit" der Vertragsregelung bezüglich der Auftragserledigung durch Dritte. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen des LSG zu dem Parallelverfahren auch nur auf den Aspekt der "Ernsthaftigkeit dieser Regelung". Die zugrundliegende Feststellung des Vorliegens einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Möglichkeit der Einschaltung Dritter und die Feststellung ihrer Nichtumsetzung in der Praxis sind hiervon jedoch in keiner Weise betroffen. Vielmehr handelt es sich bei der Frage der vom LSG problematisierten "Ernsthaftigkeit" der Regelung um eine hypothetische Einwendung gegen die zugrundeliegenden Feststellungen zum Vertragsinhalt. Mithin hätte es - jedenfalls bei einem Hinwegdenken der aus dem Parallelverfahren gewonnenen Erkenntnisse - der Beklagten oblegen, darzutun, dass die Vertragsbestimmung nur "formal" bzw zum Schein (vgl § 117 Abs 1 BGB) getroffen wurde, um den vom LSG bejahten indiziellen Charakter der Vertragsbestimmung nachhaltig zu erschüttern. Dem wird das Revisionsvorbringen jedoch nicht gerecht: Die Beklagte führt zum einen lediglich ihre abweichende rechtliche Auffassung an, wonach es sich bei der Vertragsregelung um eine Vertretungsregelung handele. Zum anderen argumentiert sie spekulativ in der Weise, dass sie ausführt, der Beigeladene zu 1. hätte einer Hilfskraft "vermutlich" seine gesamte Vergütung überlassen müssen. Das alles reicht insbesondere nicht aus, um einen entscheidungserheblichen - dh mit Auswirkung auf einen der Beklagten günstigen Urteilstenor - Verstoß gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne von § 128 Abs 1 SGG bejahen zu können(vgl zu den sich insoweit stellenden Anforderungen allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 4 ff mit umfangreichen Nachweisen).

24

(4) Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht formell gerügt, dass das LSG bestimmte im Fall des Beigeladenen zu 1. bedeutsame, als Indizien in Betracht kommende Umstände unzureichend ermittelt oder in ihrer Tragweite in die nötige Gesamtabwägung dazu, ob (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht eingestellt hätte.

25

cc) Die in der Revisionsbegründung der Beklagten aus dem angefochtenen Urteil hergeleitete pauschale Einschätzung, die rechtliche Beurteilung des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nicht in (abhängiger) Beschäftigung ausgeübt werde, erscheint bei alledem nicht gerechtfertigt. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich eine konkrete, durch bestimmte Sachverhaltsgegebenheiten und ein spezifisches vertragliches Regelwerk geprägte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., deren rechtliche Einordnung der Senat nach den Maßstäben des Revisionsrechts zu überprüfen hat. Auch die Annahme der Beklagten, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei letztlich derjenigen eines kaufmännischen Angestellten vergleichbar, trägt im Ergebnis revisionsrechtlich nicht. Die Beklagte weist insoweit zwar zu Recht auf die - nach wie vor aktuelle - Rechtsprechung des BSG hin, wonach auch Dienste höherer Art im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden können, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29 mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist jedoch - wie unter 2 b) bb) dargelegt - nach den Feststellungen des LSG gerade durch eine weitgehende Weisungsfreiheit und ein überwiegendes Nichteingebundensein in die Arbeitsorganisation der Klägerin geprägt. Wenn die Beklagte der nach den Umständen des Falles gewonnenen Überzeugung der Vorinstanzen zu den bestimmenden Elementen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht folgen wollte bzw will, hätte sie insoweit im Revisionsverfahren näher zu spezifizierende Verfahrensrügen anbringen bzw bereits in den Tatsacheninstanzen ggf Beweisanträge dazu stellen müssen. Die Beklagte hat aber zB auch keinen konkreten Ermittlungsbedarf dazu aufgezeigt, dass es sich bei den konkreten vom Beigeladenen zu 1. erledigten Arbeiten um genau solche gehandelt habe, die zuvor bzw gleichzeitig ebenso durch andere Personen in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden (vgl zur insoweit notwendigen Unterscheidbarkeit beider Erwerbsformen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 26).

26

dd) Auch das Vorbringen der Beklagten, es lägen keine Anhaltspunkte für ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. vor, führt schließlich nicht zum Erfolg der Revision.

27

Nach den vom 12. Senat des BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, dh, ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Die Feststellungen des LSG machen die Annahme eines in diesem Sinne verstandenen Unternehmerrisikos revisionsgerichtlich nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft bei der Durchführung des Projektvertrages das Risiko des Ausfalls seines Verdienstes trug. Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen erhielt er nämlich eine pauschale Vergütung sowie zusätzliche umsatz- und damit erfolgsabhängige Stückprämien dafür, dass er Verbrauchermärkte aufsuchte. Der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft war somit insbesondere aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütungsteile im Einzelnen durchaus ungewiss. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen hinsichtlich der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht gleichermaßen anzutreffen sind. Der Beigeladene zu 1. konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern, indem er zB durch die Art und Weise der Arbeitsausführung die Dauer seiner Besuche in den Märkten bestimmen konnte und in der Lage war, durch die ihm obliegende Präsentation der Produkte deren Absatz zu beeinflussen und so seine Verdienstchancen zu erhöhen.

28

3. Nach alledem unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 nicht der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.

29

4. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit das Landessozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2009 hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen von 6656,50 Euro aufgehoben hat. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 27 262,63 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die eine Praxis für Physiotherapie betreibt. Ihre ca 470 qm große Praxis bestand ua aus acht Behandlungsräumen. Sie verfügt über eine Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbringerin und beschäftigte drei Vollzeitkräfte je 38,75 Stunden pro Woche sowie zwei Teilzeitkräfte je 20 Stunden pro Woche. Zudem waren zwei Mitarbeiter an der Anmeldung beschäftigt. Die Beigeladene zu 1. ist ausgebildete Krankengymnastin und Physiotherapeutin. Sie ist seit 2001 als Krankengymnastin tätig und besaß im vorliegend maßgebenden Zeitraum von 2004 bis 2007 keine eigene Krankenkassenzulassung. Sie verfügte weder über eigene Geschäfts- und Behandlungsräume noch beschäftigte sie Arbeitnehmer. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1., die überwiegend in Form von Hausbesuchen bei Patienten erfolgte, wurde in der Weise vergütet, dass die Klägerin aufgrund ihrer Zulassung die Abrechnung der von der Beigeladenen zu 1. an Patienten erbrachten Leistungen gegenüber der Krankenkasse übernahm und von der Krankenkassenvergütung einen prozentualen Abschlag einbehielt. Die Beigeladene zu 1. war freiwillig versichertes Mitglied der zu 2. beigeladenen Krankenkasse und entrichtete Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung. Neben der Tätigkeit bei der Klägerin war die Beigeladene zu 1. für ein Therapiezentrum tätig.

3

Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover führte im August 2008 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung hinsichtlich des Prüfzeitraums 1.1.2004 bis 31.12.2007 durch. Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte von dieser wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. ua Beiträge zur GRV, GKV, sPV, und nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe von 27 262,63 Euro (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 6656,50 Euro) nach (Bescheid vom 12.1.2009). Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.5.2009).

4

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin und Krankengymnastin seit 1.1.2004 nicht in einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin gestanden habe (Urteil vom 2.5.2012). Das LSG hat unter Abänderung des SG-Urteils sowie der Bescheide die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von 6656,50 Euro betrifft; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar lägen zahlreiche Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit vor. Es überwögen aber die typusbildenden Merkmale, die für eine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sprächen. Dies seien insbesondere die rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses, die Eingliederung der Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin, die ihr fehlende eigene Betriebsstätte und das ihr fehlende Unternehmerrisiko. Besonders sei zu berücksichtigen, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. durch die zwingenden Vorgaben des Leistungserbringerrechts des SGB V (§ 124 Abs 1, § 125 Abs 4 SGB V) definiert sei. Es weise der Klägerin als einem zugelassenen Leistungserbringer nach dem Recht der GKV die Verantwortung für die von ihr abgerechneten Leistungen zu. Die rechtlichen Bindungen, die nach dem Zulassungsrecht zu beachten seien, könnten ein Indiz dafür sein, wie die Beziehungen zu den in der Praxis tätigen Mitarbeitern zu regeln seien (Hinweis ua auf BSG SozR 2200 § 165 Nr 96). Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei vorliegend anzunehmen, dass der Klägerin eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen und die Beigeladene zu 1. in die von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen sei. Zu Unrecht habe die Beklagte allerdings Säumniszuschläge erhoben. Die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass sie von ihrer Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen mit Blick auf Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 165 Nr 96), nach der eine Krankengymnastin freie Mitarbeiterin gewesen sei, unverschuldet keine Kenntnis gehabt habe (Urteil vom 24.9.2014).

5

Dagegen wenden sich die Klägerin mit ihrer Revision und die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision.

6

Die Klägerin rügt eine Verletzung von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG Beschäftigung bejaht. Die Beigeladene zu 1. habe im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit für sie die gleiche Stellung wie ein Subunternehmer im werkvertraglichen Bereich gehabt. Die Leistungen der Beigeladenen zu 1. seien ausschließlich von ihr vergütet worden. Zwar treffe sie (die Klägerin) nach außen hin die Haftung und Verantwortung für die von der Beigeladenen zu 1. erbrachten Leistungen und sie müsse sicherstellen, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1. den Anforderungen des Zulassungsrechts entsprächen. Dies habe aber im Rahmen von vertraglichen Absprachen mit der Beigeladenen zu 1. sichergestellt werden können. Jedenfalls könne hieraus kein arbeitsvertragliches Weisungsrecht abgeleitet werden. Das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte der Beigeladenen zu 1. sei irrelevant, weil es gerade um Behandlungen im Rahmen von Hausbesuchen gegangen sei. Die Beigeladene zu 1. habe ein unternehmerisches Risiko getragen, indem sie einen eigenen PKW benutzt und eine eigene Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Auch sei die Beigeladene zu 1. noch für ein mit ihr (der Klägerin) im Wettbewerb stehendes Therapiezentrum tätig gewesen.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 2. Mai 2012 insgesamt zurückzuweisen, ferner, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2014 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen, ferner, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Sie rügt mit ihrer Anschlussrevision eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV, soweit das LSG ihre Berufung hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen zurückgewiesen hat. Für die Klägerin habe eine Verpflichtung bestanden, sich bei einer geeigneten Stelle über die Frage der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. aufgrund Beschäftigung zu erkundigen. Nichthandeln könne nicht zu einer unverschuldeten Unkenntnis führen. Im Übrigen verteidigt sie das LSG-Urteil.

10

Die Beigeladenen zu 2. bis 4. teilen die Rechtsauffassung der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens von Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

11

A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

1. Das LSG ist in seinem Urteil zutreffend dazu gelangt, dass die Beklagte gemäß § 28p Abs 1 S 5 SGB IV nach Durchführung einer Betriebsprüfung berechtigt war, durch Bescheid vom 12.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.5.2009 von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Es ist dabei von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Revisionsrechtlich beanstandungsfrei ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin aufgrund Beschäftigung im Zeitraum von 2004 bis 2007 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war (dazu b); die tatsächlichen - das Revisionsgericht nach § 163 SGG bindenden - Feststellungen des LSG reichen jedoch nicht aus, um dieses Ergebnis auch (wie vom LSG vorgenommen) auf eine Berücksichtigung der Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV zu stützen(dazu c). Diesem Ergebnis steht die frühere Rechtsprechung des Senats zur fehlenden Versicherungspflicht einer Krankengymnastin in einem anderen entschiedenen Fall nicht entgegen (dazu d).

13

a) Im Zeitraum 2004 bis 2007, um den es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der GKV, sPV und GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III in den jeweils geltenden Fassungen). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

14

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).

15

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das LSG im Ergebnis beanstandungsfrei das Vorliegen von Beschäftigung bejaht.

16

aa) Das LSG hat die Vertragsbeziehungen zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. und deren Umsetzung in der Praxis gewürdigt. Es hat festgestellt, dass ein schriftlicher, die Rechtsbeziehungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. regelnder Rahmenvertrag nicht geschlossen wurde. Nach den mündlich getroffenen Vereinbarungen sollte die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer selbstständigen, freien Mitarbeit durchgeführt werden. In der Ausübung ihrer Tätigkeit sollte die Beigeladene zu 1. nach dem Willen der Beteiligten frei sein, feste Arbeitszeiten waren nicht vereinbart, Vertretungsregelungen wurden nicht getroffen, eine Bindung an Öffnungszeiten oder eine Anwesenheitspflicht der Beigeladenen zu 1. bestand nicht. Ein fester Stundensatz oder ein monatliches Arbeitsentgelt wurden nicht vereinbart. Die Beigeladene zu 1. konnte frei entscheiden, ob sie die Behandlung von Patienten, die ihr von der Klägerin angetragen wurde, übernahm. Falls die Beigeladene zu 1. einen Patienten übernommen hatte, nahm sie Terminvereinbarungen und -änderungen mit diesem vor. Zur Durchführung ihrer überwiegenden Tätigkeit in Form von Hausbesuchen benutzte sie einen eigenen PKW, dessen Kosten für Betrieb und Unterhaltung sie selbst aufbrachte. Die Beigeladene zu 1. stellte ihre Leistungen der Klägerin monatlich in Rechnung. In einer im Gerichtsverfahren vorgelegten Abrechnung für Januar 2007, die in der SG-Akte enthalten ist, waren Angaben zu den Krankenkassen, den ihnen zugeordneten Leistungen mit Preis und Anzahl, sowie die Namen von Versicherten, bei denen Hausbesuche durchgeführt wurden, enthalten. Von der Summe der Leistungen setzte die Beigeladene zu 1. 15 % ab und addierte sodann einen Betrag für Fahrkosten.

17

bb) Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Angebots (hier: Behandlungsregime eines Patienten) während dessen Durchführung bestehen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 19 mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).

18

cc) Im Ergebnis zu Recht hat das LSG angenommen, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin die für das Vorliegen von Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen. Zwar deuten einige vom Berufungsgericht festgestellte Indizien auf Selbstständigkeit (dazu <1>). Die für Beschäftigung sprechenden Merkmale (dazu <2>), und fehlende ins Gewicht fallende Merkmale für unternehmerische Freiheiten bzw ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. (dazu <3>) geben im Rahmen einer Gesamtabwägung indessen den Ausschlag für das Vorliegen von Beschäftigung (dazu <4>).

19

(1) Für Selbstständigkeit sprechen Freiheiten der Beigeladenen zu 1. bei der Ausübung der Tätigkeit: Sie war nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, es bestand keine Anwesenheitspflicht. Sie konnte Terminvereinbarungen mit den Patienten treffen. Sie benutzte zur Durchführung ihrer Tätigkeit, (insbesondere) soweit sie Hausbesuche bei Patienten tätigte, einen eigenen PKW und brachte dessen Basiskosten für Betrieb und Unterhaltung im Ausgangspunkt selbst auf (zur Bedeutung der Fahrkostenerstattung durch die Klägerin siehe unten). Hinzu kommt, dass zwischen den Beteiligten eine feste Arbeitszeit, ein fester Stundensatz oder ein monatliches Arbeitsentgelt nicht vereinbart war.

20

(2) Für Beschäftigung spricht demgegenüber die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1. in die betriebliche Organisation der Klägerin, und zwar auch soweit sie krankengymnastische Leistungen bei Hausbesuchen erbrachte: Der Erstkontakt zu den Patienten fand ausschließlich über die Klägerin statt. Nur die Klägerin trat nach außen hin als verantwortliche Praxisbetreiberin und gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringerin auf. Behandlungsangebote an die Beigeladene zu 1. erfolgten ausschließlich durch die Klägerin. Die Beigeladene zu 1. unterhielt keine eigene Patientenkartei. Sie verfügte - anders als die Klägerin - auch nicht über eigene Betriebsräume bzw über eine eigene Betriebsstätte. Zwar waren diese für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. überwiegend nicht erforderlich, weil sie regelmäßig Hausbesuche erledigte. Für diese Hausbesuche erhielt die Beigeladene zu 1. eine Erstattung ihrer Fahrkosten durch die Klägerin; auch Behandlungskontakte in Form von Hausbesuchen wurden von der Klägerin in der beschriebenen Weise herbeigeführt, finanziell abgewickelt und so organisatorisch wesentlich in die Hand genommen. Wenn Behandlungen in den Räumen der Klägerin stattfanden, bedurften sie stets Absprachen, wenngleich diese auch nach dem Vorbringen der Beteiligten reibungslos erfolgten. Arbeitsmittel wie Massageliegen, Handtücher, Bestuhlung für die Wartezeit und Ähnliches wurden der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Soweit - nach den Ausführungen des SG - im Fall einer Behandlung in den Räumen der Klägerin ein erhöhter Abzugsbetrag von 30 % statt 15 % durch die Klägerin geltend gemacht wurde, fällt dies gegen die dargestellte Einbindung der Beigeladenen zu 1. in die Organisationsstruktur der Klägerin nicht entscheidend ins Gewicht.

21

(3) Unternehmerische Freiheiten der Beigeladenen zu 1. bzw ein sie treffendes Unternehmerrisiko sind ausgehend von den Feststellungen des LSG allenfalls ansatzweise ersichtlich. So war die Beigeladene zu 1. zwar auch für einen anderen Auftraggeber tätig. Auch setzte sie einen eigenen PKW ein, wobei die Feststellungen des LSG schon nicht den Schluss zulassen, dass sie den PKW ausschließlich oder überwiegend gezielt für ihre Tätigkeit angeschafft und eingesetzt hat (vgl insoweit allgemein BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 37 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen). Demgegenüber trat die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der vorliegend allein zu beurteilenden Tätigkeit bei der Klägerin nicht in rechtlich relevantem Maße nach außen unternehmerisch am Markt auf. Vielmehr erbrachte sie ihre Leistungen an Patienten ausschließlich im Namen der Klägerin. Es war für die Patienten nicht wahrnehmbar, dass die Beigeladene zu 1. selbstständige Physiotherapeutin gewesen sein sollte. Die Beigeladene zu 1. beschäftigte ihrerseits kein eigenes Personal. Sie erbrachte ihre Leistung nur in eigener Person und ließ sich nicht durch eigene Mitarbeiter vertreten. Die Beigeladene zu 1. musste kein eigenes Wagniskapital einsetzen. Sie war auch am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis der Klägerin nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen persönlichen Arbeitseinsatzes (der Beigeladenen zu 1.) beteiligt. Allein der Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt noch nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos; einem solchen Risiko müssen vielmehr - um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu können - auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen; auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (vgl zum Ganzen die stRspr des Senats, vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 36 mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen).

22

(4) Unter Abwägung aller Merkmale führt das Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin zum Vorliegen von Beschäftigung.

23

Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie der Grad der Einbindung der Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsabläufe und die Organisationsstruktur der Klägerin, und zwar auch, soweit sie Hausbesuche wahrnahm; denn darauf, dass der Betroffene eine Tätigkeit in einer konkreten Betriebsstätte eines Arbeitgebers ausübt, kommt es für die Bejahung von Beschäftigung nicht an, solange die zu beurteilende Tätigkeit im Wesentlichen fremdbestimmt organisiert wird. So verhielt es sich hier: Die Beigeladene zu 1. behandelte im Abrechnungsverhältnis zur Klägerin ausschließlich Patienten, deren Behandlung ihr auch von der Klägerin angetragen wurde. Der erste Kontakt des Patienten zum Leistungserbringer erfolgte ausschließlich über die Klägerin. Dass nach Behandlungsübernahme durch die Beigeladene zu 1. Terminabsprachen zwischen ihr und den Patienten erfolgten, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Nach außen ("am Markt") trat lediglich die Praxis der Klägerin in Erscheinung, lediglich die konkrete Durchführung der Behandlung oblag der Beigeladenen zu 1. Damit beschränkte sich das Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. nicht auf die bloße Abrechnung der Leistungen gegenüber den Krankenkassen, sondern umfasste weitergehende organisatorische Aspekte: So verfügte die Beigeladene zu 1. insbesondere nicht über eine eigene Patientenkartei. Die Fahrkosten, die der Beigeladenen zu 1. entstanden, wurden ihr von der Klägerin erstattet. Die Beigeladene zu 1. verfügte über keine eigenen Behandlungsräume. Bei der durchaus erforderlichen Inanspruchnahme von Räumen der Klägerin ist vor diesem Hintergrund unter dem Blickwinkel des sozialversicherungsrechtlichen Status jedenfalls hinsichtlich der Einbindung in die Organisationsstruktur und in die Arbeitsabläufe der Klägerin kein rechtlich bedeutsamer Unterschied im Vergleich zu den anderen, "festangestellten" Beschäftigten der Klägerin ersichtlich.

24

Dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. neben ihrer Tätigkeit für die Klägerin auch noch für ein Therapiezentrum tätig war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch bei Beschäftigten ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie noch für einen weiteren Arbeitgeber erwerbstätig sind (zB in Form einer Nebenbeschäftigung), ohne dass sich der sozialversicherungsrechtliche Charakter der ersten Tätigkeit deshalb abweichend beurteilen müsste. Über die Frage der Rentenversicherungspflicht als Selbstständiger wegen dauerhafter Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber (§ 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI) ist vorliegend im Übrigen nicht zu entscheiden.

25

Soweit in der aktuellen instanzgerichtlichen Rechtsprechung bisweilen die Selbstständigkeit einer von einer Praxis eingesetzten Physiotherapeutin bejaht wurde (vgl LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - Juris), ist auch daraus für den vorliegenden Rechtsstreit nichts herzuleiten: Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt nämlich nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit erbracht wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - Juris RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 25 vorgesehen; ferner bereits zB BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 30 ; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13).

26

c) Die Annahme von Beschäftigung kann jedoch - ohne dass sich dies im vorliegenden Fall auf das Ergebnis der Gesamtabwägung zum sozialversicherungsrechtlichen Status auswirken würde - entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auch darauf gestützt werden, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. durch "zwingende" Vorgaben des Leistungserbringerrechts der GKV definiert bzw determiniert sei; es kann nicht angenommen werden, dass der Klägerin hierdurch auch eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen und die Beigeladene zu 1. deshalb in die von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation notwendig eingegliedert gewesen sei. Der Ansicht des LSG, dass Vorgaben des Leistungserbringungsrechts der GKV nicht außer Acht gelassen werden können, ist im Ausgangspunkt zwar zuzustimmen (dazu aa). Allerdings kann weder den Regelungen des Leistungserbringungsrechts per se eine Wirkung in dem von ihm befürworteten Sinne beigemessen werden (dazu bb), noch ergibt sich aus den Feststellungen des LSG zum Vertragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1., dass "Vorgaben des Leistungserbringungsrechts" darin überhaupt rechtlich verbindlich inkorporiert wurden (dazu cc).

27

aa) Zu Recht hat das LSG im Rahmen seiner Gesamtabwägung auch die Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV mit in den Blick genommen. Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Jugendhelfern geprüft, ob und inwieweit aus einer den Jugendhilfeträger treffenden Gesamtverantwortung Rückschlüsse darauf möglich sind, dass die Tätigkeit einer Familienhelferin nur in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werden kann oder nicht (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 18). Dieser Gesichtspunkt führt indessen vorliegend nicht schon zwingend zur Annahme von Beschäftigung.

28

bb) Nach § 124 Abs 1 SGB V(in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Der für das Recht der Leistungserbringung in der GKV zuständige Fachsenat des BSG hat dazu für die ab 1989 geltende Rechtslage entschieden, dass diese Bestimmungen sowie die weiteren Regelungen des Leistungserbringerrechts des SGB V (§§ 125 ff SGB V) einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegenstehen (BSG <3. Senat> SozR 3-2500 § 124 Nr 1 S 4 ff). Es ist nicht ersichtlich, dass sich an dieser Rechtslage seither durch Änderungen des SGB V etwas geändert haben könnte. Darüber hinaus betreffen die Regelungen ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse und (zugelassenem) Leistungserbringer (so bereits BSG <12. Senat> SozR 2200 § 165 Nr 96 S 166), vorliegend also das gesetzlich vorgegebene und nach diesen Vorgaben vertraglich konkretisierte Verhältnis der Klägerin zu den Trägern der GKV. Der Regelung des Leistungserbringungsrechts in § 124 Abs 1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV hinausgehende "übergeordnete" Wirkung auch bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage in Bezug auf die konkret tätig werdenden Personen. Denn der Regelung kann keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidende Frage des Vorliegens von Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV entnommen werden(unzutreffend Bayerisches LSG Beschluss vom 13.2.2014 - L 5 R 1180/13 B ER - Juris RdNr 18; wie hier: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - Juris RdNr 56; vgl ähnlich bereits für Familienhelfer iS des SGB VIII BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 19).

29

cc) Unbeschadet der Ausführungen unter bb) folgt aus den Feststellungen des LSG nicht positiv, dass die Regelungen des Zulassungsrechts der GKV für Heilmittelerbringer (§§ 124 f SGB V) in das Vertragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener zu 1. überhaupt rechtlich verbindlich in dem Sinne inkorporiert wurden, dass hieraus ein diesbezügliches, spezielles Weisungsrecht der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1. entstand. Dies gilt in erster Linie für die zwischen den Beteiligten ausgehandelte Vergütung. Selbst wenn man unterstellt, dass die erbrachten Leistungen der Beigeladenen zu 1. auch in diesem Umfang - abzüglich einer prozentualen Pauschale - von der Klägerin vergütet werden sollten, folgt aus den Feststellungen nicht, dass eine Vergütung durch die Klägerin tatsächlich auch überhaupt nur in dem Umfang erfolgen sollte, wie die Klägerin gegenüber der Krankenkasse (erfolgreich) abrechnen durfte. Dass sich zB Abrechnungsstörungen (ua fehlende Versicherung des von der Beigeladenen zu 1. behandelten Patienten) auf die Vergütung der Beigeladenen zu 1. auswirkten bzw hätten auswirken können (Rückforderung?, "Regress"?, Auf-/Verrechnung?), hat das LSG nicht festgestellt. Seine Ausführungen erlauben insoweit lediglich den Schluss, dass sich die Klägerin und die Beigeladene zu 1. an der abstrakten krankenversicherungsrechtlichen Abrechenbarkeit der Leistungen orientierten, die tatsächliche konkrete Abrechnung bzw Abrechnungsfähigkeit mit der jeweiligen Krankenkasse im Einzelfall dagegen nicht zum Vertragsbestandteil machten.

30

d) Auch frühere Rechtsprechung des 12. Senats des BSG zwingt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hatte der Senat in seinem Urteil vom 14.9.1989 die Selbstständigkeit einer als "freien Mitarbeiterin" eingesetzten Krankengymnastin bejaht (BSG SozR 2200 § 165 Nr 96). Maßgebend für die Beurteilung, ob Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV oder Selbstständigkeit vorliegt, sind jedoch - wie bereits oben unter A. 1. b) cc) (4) am Ende beschrieben - stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. Die Umstände des seinerzeitigen Falles unterscheiden sich vom vorliegend zu entscheidenden Fall bereits wesentlich dadurch, dass die dortige Krankengymnastin "selbst Patienten angenommen" hatte (BSG aaO S 165). Demgegenüber sprechen im vorliegenden Fall - wie dargelegt - gewichtige Umstände dafür, dass die Beigeladene zu 1. in die betriebliche Organisation der Klägerin derart eingebunden war, dass dies nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigt.

31

2. Für Fehler bei der Berechnung der von der Beklagten geforderten Beiträge zu den Zweigen zur Sozialversicherung bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben.

32

B. Die nach § 202 S 1 SGG iVm § 554 ZPO zulässige Anschlussrevision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und der Zurückweisung an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

33

Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zu Unrecht teilweise zurückgewiesen hat. Deshalb ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache insoweit an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen des LSG tragen nicht die von ihm getroffene Entscheidung, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen in den angefochtenen Bescheiden rechtswidrig war.

34

Nach § 24 Abs 1 S 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach Abs 2 der Norm ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er "unverschuldet" keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

35

Das LSG hat seine Auffassung damit begründet, dass im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 14.9.1989 - 12 RK 64/87 (SozR 2200 § 165 Nr 96) zur Versicherungspflicht einer freien Mitarbeiterin in einer krankengymnastischen Praxis die Klägerin hier glaubhaft gemacht habe, dass sie unverschuldet von ihrer Pflicht zur Tragung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen keine Kenntnis gehabt hätte. Anhand dieser Begründung kann allerdings schon nicht revisionsgerichtlich beurteilt werden, auf die Kenntnis welcher konkreten Person - bei der Klägerin handelt es sich um eine GbR - das LSG insoweit abgestellt hat (zum Erfordernis des Abstellens auf den Kenntnisstand einer konkreten, in der betrieblichen Hierarchie verantwortlichen Person vgl näher zuletzt BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - Juris RdNr 66 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Auch kann den Feststellungen nicht entnommen werden, dass die maßgebende Person auch tatsächlich Kenntnis von der genannten Rechtsprechung hatte und welche konkreten Schlüsse diese Person mit welchem Grad der Überzeugung daraus zog und vernünftigerweise ziehen durfte. Zu entsprechenden Ermittlungen hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil sich der Sachverhalt des im Revisionsverfahren in Bezug genommenen früheren Urteils entscheidend von dem Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits unterscheidet: So hatte die dortige Krankengymnastin "selbst Patienten angenommen" (BSG SozR 2200 § 165 Nr 96 S 165). Auch liegt die Frage auf der Hand, warum die maßgebende Person (möglicherweise) zwar Kenntnis von diesem Urteil des BSG hatte, von dem späteren Urteil des BSG zur - umstritten gewesenen - Vereinbarkeit einer freien Mitarbeit mit dem Zulassungsrecht der Heilmittelerbringer in der GKV vom 29.11.1995 (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 1) dagegen (möglicherweise) nicht. Gerade vor dem Hintergrund dieser Entscheidung stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich die maßgebende Person allein gestützt auf das Urteil des BSG aus dem Jahr 1989 und ohne Rückversicherung bei sachkundigen Stellen darauf verlassen durfte, dass auch die konkrete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als selbstständige Tätigkeit anzusehen sein sollte. Bei der notwendigen Prüfung der subjektiven Tatbestandsseite (verschuldet oder unverschuldet?) ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann vorwerfbar sein, soweit es die beitragsrechtlichen Folgen einer Fehlbeurteilung des Betroffenen anbelangt (vgl BSGE 109, 254 = SozR 4-2400 § 14 Nr 13 RdNr 33 mwN). Die notwendigen tatsächlichen Feststellungen zur unverschuldeten oder vorwerfbaren Unkenntnis von der Beitragstragungs-, Beitragsabführungs- und Zahlungspflicht auf Seiten der Klägerin hat das LSG nachzuholen.

36

C. Die Kostenentscheidung - auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens - bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

37

D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 GKG; er entspricht der Höhe der angefochtenen Beitragsforderung.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. Januar 2013 - 1 Sa 74/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen und ob es, falls es besteht, nach Besoldungsgruppe W 3 zu vergüten ist.

2

Der 1983 geborene Kläger ist eingeschriebener Student an der Universität Rostock.

3

Nach § 18 ihrer auf der Grundlage der § 2 Abs. 1, § 80 Abs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juli 2002 in der - insoweit unveränderten - Fassung der Bekanntmachung vom 25. Januar 2011 (GVOBl. M-V S. 18; im Folgenden: LHG M-V) beschlossenen Grundordnung in der Fassung vom 25. Juli 2008 wird die Universität Rostock durch ein Rektorat geleitet, zu dessen Mitgliedern auch ein immatrikulierter Studierender gehört. Nach der Wahlordnung der Universität Rostock wird der studentische Prorektor für die Dauer eines Jahres durch das Konzil der Universität gewählt. Die Prorektoren nehmen nach § 20 der Grundordnung die ihnen von dem Rektor zugewiesenen Aufgabenbereiche selbständig und in eigener Verantwortung unter Berücksichtigung der Gesamtverantwortung und Richtlinienkompetenz des Rektors wahr (Ressortprinzip).

4

Am 27. Januar 2010 wählte das Konzil den Kläger erstmalig in das Rektorat. Anschließend bestellte ihn der Rektor durch Schreiben vom 1. März 2010 mit Wirkung zum 15. April 2010 für die Dauer von einem Jahr zum Prorektor für studentische Angelegenheiten. Mit weiterem Schreiben vom 16. März 2010 teilte der Personaldezernent der Universität Rostock dem Kläger mit, ihm werde für die Wahrnehmung der Tätigkeit des studentischen Prorektors für die Dauer der Amtsperiode vom 15. April 2010 bis zum 14. April 2011 eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 800,00 Euro brutto gezahlt; mit der Tätigkeit des studentischen Prorektors werde kein Arbeitsverhältnis begründet.

5

Wegen der Übernahme des Amts als Prorektor für studentische Angelegenheiten ließ sich der Kläger ab 1. April 2010 von seinem Studium beurlauben, was die vorherigen studentischen Prorektoren nicht getan hatten. Der Kläger widmete sich anschließend engagiert und mit großem Zeitaufwand (nach eigenen Angaben 60 - 90 Stunden/Woche) seinem Amt.

6

Der Kläger bezog Leistungen des Hanse-Jobcenters Rostock (Bundesagentur für Arbeit). Nachdem sowohl das „Jobcenter“ als auch die Krankenkasse des Klägers diesem gegenüber die Zulässigkeit der Zahlung eines Betrags von 800,00 Euro als Aufwandsentschädigung in Frage gestellt hatten, wandte sich der Kläger an die Kanzlerin und den Rektor der Universität mit dem Bestreben, einen Arbeitsvertrag für die Tätigkeit als studentischer Prorektor abzuschließen.

7

In der Folgezeit unterbreitete die Universität dem Kläger mehrere Schriftstücke mit Vereinbarungen über die Tätigkeit des Prorektors und ihre Vergütung, darunter zunächst den Entwurf eines „Vertrags über die Tätigkeit als Prorektor für studentische Angelegenheiten“ in der Fassung vom 23. Juli 2010, der eine selbständige nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers mit einer monatlichen Unterstützung von 800,00 Euro für die Dauer der Amtsperiode als studentischer Prorektor vorsah. Der Kläger nahm das Vertragsangebot nicht an. Nach weiteren Verhandlungen bot die Universität dem Kläger am 17. Februar 2011 einen befristeten Arbeitsvertrag (für die Zeit vom 15. April 2010 bis 14. April 2011) für eine Vollzeittätigkeit an bei einer Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 12 TV-L. Der Kläger nahm das Angebot wiederum nicht an. Er war mit der Höhe der dort geregelten Vergütung nicht einverstanden.

8

Bereits am 19. Januar 2011 hatte das Konzil den Kläger für eine weitere Amtsperiode von einem Jahr zum studentischen Prorektor für die Zeit ab 15. April 2011 gewählt. Der Rektor der Universität gratulierte dem Kläger zu seiner Wiederwahl, eine förmliche (erneute) Bestellung zum Prorektor für studentische Angelegenheiten unterblieb, ohne dass hierfür Gründe mitgeteilt worden wären. Dessen ungeachtet nahm der Kläger auch in der Amtsperiode 2011/2012 seine Funktion als studentischer Prorektor wahr.

9

Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 teilte der Kanzler der Universität dem Kläger mit, dass ihm als gewähltem Prorektor für die Amtsperiode 2011/2012 ab dem 15. April 2011 eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 800,00 Euro brutto gewährt werde. Hierzu sei es erforderlich, im Einzelnen genannte Unterlagen beim Landesbesoldungsamt einzureichen. Da der Kläger die geforderten Angaben nicht machte, zahlte die Universität die angekündigte Aufwandsentschädigung in der zweiten Amtsperiode an den Kläger zunächst nicht.

10

Mit seiner Ende Mai 2011 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land zu stehen. Eine Einigung über die Höhe der Vergütung sei zwar nicht erfolgt. Sie sei aber zum Vertragsschluss auch nicht erforderlich. Er habe sich im Anschluss an die Rektoratssitzung vom 19. April 2010 an den Rektor und die Kanzlerin gewandt und beide auf den aus seiner Sicht fehlenden Arbeitsvertrag angesprochen. Die Kanzlerin habe einen Arbeitsvertrag bis zum Ende der Woche zugesagt, der dann habe rückdatiert werden sollen. Er habe erwidert, ihm sei sehr unwohl ohne Arbeitsvertrag. Der Rektor habe gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, er könne schon anfangen zu arbeiten. Diese Aussage des Rektors habe er - auch vor dem Hintergrund, dass in Hochschulgremien bereits in der Vergangenheit über die Notwendigkeit eines Arbeitsvertrags für studentische Prorektoren gesprochen worden sei - nur dahin verstehen können, ihm sei damit der Abschluss eines Arbeitsvertrags angeboten worden. Dieses Angebot habe er durch Aufnahme seiner Tätigkeit auch angenommen. Es liege kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vor. Es habe sich auch nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit gehandelt. Weil die Parteien einen Arbeitsvertrag ohne Einigung über die Höhe der Vergütung vereinbart hätten, habe er Anspruch auf Zahlung der ortsüblichen Vergütung, die sich an der Besoldung der Prorektoren aus dem Kreis der Professoren (Besoldungsstufe W 3) orientieren müsse.

11

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 15. April 2010 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,

                 

sowie hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.,

        

2.    

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 15. April 2010 Vergütung entsprechend der Besoldungsgruppe W 3 der Bundesbesoldungs-Ordnung zu zahlen.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zwischen den Parteien sei entgegen der Ansicht des Klägers kein Arbeitsverhältnis begründet worden. Daran habe sich durch die - vom Kläger im Übrigen auch unzutreffend geschilderten - Gespräche im Frühjahr 2010 und die weiteren Verhandlungen nichts geändert. Zu einem Vertragsabschluss sei es gerade nicht gekommen. Der Kläger habe keines der ihm unterbreiteten Vertragsangebote angenommen, insbesondere mit dem entgegenkommenderweise erfolgten Angebot eines befristeten Arbeitsvertrags Anfang 2011 sei er nicht einverstanden gewesen. Ein Arbeitsverhältnis habe nicht durch die bloße Tätigkeitsaufnahme des Klägers als studentischer Prorektor begründet werden können, da dieser sich bereits mit der Annahme seiner Wahl zur Aufnahme der entsprechenden Tätigkeit bereit erklärt habe. Prägend für das vom Kläger ausgeübte Amt sei nicht die Erbringung einer geschuldeten Dienst- oder Arbeitsleistung, sondern die Vertretung studentischer Interessen in der Hochschulleitung durch ein studentisches Mitglied der Körperschaft Hochschule.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Zwischen den Parteien ist kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

15

I. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis. Die Parteien haben keinen Arbeitsvertrag geschlossen.

16

1. Ein Arbeitsverhältnis wird durch Abschluss eines Arbeitsvertrags begründet. Voraussetzung ist, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber durch privatrechtlichen Vertrag - also den Austausch übereinstimmender Willenserklärungen, §§ 145 ff. BGB - zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 -; vgl. ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 13). Widersprechen einander Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17 mwN; 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 14).

17

2. Die Anwendung dieser Maßgaben erweist, dass die Parteien keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben.

18

a) Ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags im Sinne des § 145 BGB lag nicht in dem Bestellungsschreiben vom 1. März 2010. Der Rektor gratuliert darin dem Kläger zur Wahl zum Prorektor. Gleichzeitig weist er dem Kläger die Aufgaben des Prorektors für studentische Angelegenheiten (PSA) nach § 12 der Geschäftsordnung des Rektorats zu. Soweit sich dem Schreiben rechtliche Wirkungen zumessen lassen, sind diese Wirkungen für den Empfänger erkennbar nicht von seiner Zustimmung abhängig. Vielmehr handelt es sich um die einseitige Zuweisung eines Ressorts.

19

b) Alle weiteren schriftlichen Vertragsangebote des beklagten Landes haben schon deswegen nicht zum Abschluss eines Vertrags geführt, weil der Kläger keines von ihnen angenommen hat.

20

c) Aus dem - im Übrigen vom beklagten Land bestrittenen - Vortrag des Klägers zu den Gesprächen im Anschluss an die Rektoratssitzung vom 19. April 2010 ergibt sich nicht der mündliche Abschluss eines Arbeitsvertrags.

21

aa) Die Kanzlerin hat nach Behauptung des Klägers erklärt, sie werde dem Kläger einen Arbeitsvertrag bis zum Wochenende vorlegen. Darin liegt, auch wenn der Vortrag zutrifft, kein auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtetes Angebot iSd. § 145 BGB. Vielmehr erklärte die Kanzlerin ausdrücklich, sie werde ein solches Vertragsangebot vorlegen. Damit ist zugleich zum Ausdruck gebracht, dass sie - die Kanzlerin - zum Erklärungszeitpunkt davon ausgeht, ein Arbeitsvertrag sei weder abgeschlossen noch auch nur angeboten. Andernfalls hätte ihre Erklärung, sie werde einen „Vertrag“ vorlegen, keinen Sinn.

22

bb) Da die Kanzlerin kein Angebot abgegeben hat, kann der Kläger es durch seine Erklärung, ihm sei unwohl ohne Vertrag, nicht angenommen haben. Ebenso wenig stellt die Äußerung des Klägers ihrerseits ein Angebot dar, zumal sie keinerlei Aussage über einen etwaigen Vertragsinhalt enthält.

23

cc) Auch die Erklärung des Rektors, der Kläger solle sich keine Sorgen machen und schon mal mit der Arbeit beginnen, enthält kein Vertragsangebot. Der Rektor brachte lediglich zum Ausdruck, er sei optimistisch, eine für beide Seiten befriedigende vertragliche Grundlage könne gefunden werden. Irgendwelche inhaltlichen Festlegungen enthielt die Aussage des Rektors nicht.

24

dd) Hinzu kommt, dass dem Kläger bei dem „Rektoratsgespräch“ bereits ein Angebot des beklagten Landes vom 16. März 2010 auf Zahlung einer Aufwandsentschädigung vorlag. Für den Kläger musste damit deutlich genug erkennbar sein, dass das beklagte Land zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls von sich aus keine Regelung durch einen Arbeitsvertrag wollte. Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger die unspezifische Ankündigung, er solle seine Tätigkeit aufnehmen und sich keine Sorgen machen, keinesfalls im Sinne eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags (§§ 133, 157 BGB) verstehen.

25

d) Ein Arbeitsvertrag ist auch nicht durch den Austausch von Realofferte und deren Annahme zustande gekommen. Die Arbeitsaufnahme und die weitere Tätigkeit des Klägers sowie die Entgegennahme der Leistungen durch das beklagte Land erfolgten bei offenem Dissens der Parteien über die Frage, auf welcher Grundlage dies geschehe. In solchen Fällen kann ein Arbeitsvertrag zustande kommen, wenn die praktische Durchführung als Ausdruck einer arbeitsvertraglichen Bindung verstanden werden kann. Das ist hier aber nicht der Fall, weil die Tätigkeit des Klägers auf der Grundlage öffentlichen Rechts erfolgte und daher den Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht voraussetzte.

26

aa) Ein Vertrag kann durch übereinstimmendes schlüssiges Verhalten (Realofferte und deren konkludente Annahme) zustande kommen (vgl. BAG 17. April 2013 - 10 AZR 272/12 - Rn. 13; BGH 22. März 2012 - VII ZR 102/11 - Rn. 11, BGHZ 193, 10). Haben Parteien zB über einen Zeitraum von mehreren Jahren einvernehmlich Dienstleistung und Vergütung ausgetauscht, so kann darin der übereinstimmende Wille der Parteien zum Ausdruck kommen, einander zu den tatsächlich erbrachten Leistungen arbeitsvertraglich verbunden zu sein.

27

bb) Anhaltspunkte für ein solches Verständnis des wechselseitigen Verhaltens bestehen hier jedoch nicht.

28

(1) Die Erklärungen der Parteien während der Amtsausübung durch den Kläger sprechen dagegen. Die Parteien hatten während der gesamten in Frage stehenden Dauer ausdrücklich geäußerte unterschiedliche Auffassungen über die rechtliche Grundlage und Einordnung der Tätigkeit des Klägers. Während das beklagte Land das Rechtsverhältnis teilweise als Ausübung eines Ehrenamts, dann als selbständige Tätigkeit oder als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art ansah, beharrte der Kläger darauf, ein Arbeitsvertrag müsse geschlossen werden oder sei bereits in Vollzug, lehnte aber die vom beklagten Land unterbreiteten Angebote durchweg ab. Bei dieser Lage konnten die Parteien ihr wechselseitiges Verhalten nach §§ 133, 157 BGB nicht im Sinne eines gemeinsamen Einverständnisses mit bestimmten vertraglichen Grundlagen deuten.

29

(2) Auch der objektive Geschäftsinhalt weist nicht auf ein Arbeitsverhältnis hin. Das tatsächliche Geschehen folgte gesetzlichen Vorgaben des öffentlichen Rechts: Der Kläger wurde zum Mitglied der Hochschulleitung durch das Konzil gewählt. Im Anschluss daran bestellte ihn der Rektor zum Prorektor und wies ihm das Ressort der studentischen Angelegenheiten zu. Der Kläger nahm sodann seine Tätigkeit in dem ihm zugewiesenen Bereich der studentischen Angelegenheiten wahr. Rechtsgrundlage aller dieser Handlungen waren die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Landeshochschulgesetzes (§§ 18 ff. LHG M-V), der Grundordnung (§§ 8, 14 ff.) und der Geschäftsordnung des Rektorats (insbesondere § 12), die den betreffenden Personen nach näherer Maßgabe ihrer Bestimmungen Befugnisse zur Ausübung öffentlicher Funktionen zuweisen: Sie berechtigten das Konzil zur Wahl des Klägers, den Rektor zur Bestellung des Klägers, diesen selbst zur Mitwirkung in der Hochschulleitung und den Rektor zur Zuweisung von Aufgaben an den Kläger. Irgendwelcher privatrechtlicher Vereinbarungen hat es nicht bedurft. Dass die Parteien auch in solchen Fällen einen Arbeitsvertrag schließen können, steht außer Frage. Sie müssen es aber nicht. Ergibt ihr Verhalten keinen weiteren Erklärungswert als den, öffentlich-rechtlich gegebene Befugnisse auszuüben, liegt darin nicht die Begründung eines Arbeitsverhältnisses.

30

II. Da der Kläger den Antrag zu 2. nur für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. gestellt hat, ist dieser Antrag nicht zur Entscheidung angefallen.

31

III. Die Kosten der Revision fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    Trümner    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:

1.
die Stätte der Geschäftsleitung,
2.
Zweigniederlassungen,
3.
Geschäftsstellen,
4.
Fabrikations- oder Werkstätten,
5.
Warenlager,
6.
Ein- oder Verkaufsstellen,
7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn
a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.

2

Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.

3

Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.

4

Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

5

Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.

7

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.

11

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.

13

1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.

14

Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.

15

2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.

16

a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

17

b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").

18

c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

19

aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.

20

Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.

21

Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.

22

bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).

23

Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.

24

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.

25

cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.

26

Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.

27

Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.

28

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.

29

3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.

30

Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).

32

Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.7.2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 15.500,00 EUR festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.

2

Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.

3

Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.

4

Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

5

Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.

7

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.

11

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.

13

1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.

14

Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.

15

2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.

16

a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

17

b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").

18

c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

19

aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.

20

Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.

21

Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.

22

bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).

23

Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.

24

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.

25

cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.

26

Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.

27

Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.

28

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.

29

3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.

30

Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).

32

Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. die außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" wegen Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war.

2

Der 1976 geborene Beigeladene zu 1. war bis 30.9.2004 als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) versichert. Seit 1.10.2003 war er auf der Basis eines am 25.9.2003 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (A. GmbH, künftig einheitlich Klägerin) geschlossenen "Projektvertrages" im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" tätig. Durch den Vertrag wurde er "beauftragt", Leistungen in Bezug auf die "Auftragsnummer A 95/002, Projekt D., Dispo und Service bei M." - einer Elektronik-Verbrauchermarktkette - zu erbringen. Nach dem Projektvertrag war der Beigeladene zu 1. in der Wahl des Zeitpunkts zur Leistungserbringung generell frei und vereinbarte selbst den Tag und Zeitpunkt seines Besuchs mit den zuständigen Mitarbeitern des Handels. Im Einzelnen galt nach dem Vertrag weiter ua Folgendes: Der Beigeladene zu 1. konnte die vertraglich geschuldete Leistung auch durch Dritte erbringen lassen. Bei Verhinderung (wie Überlastung, Krankheit oder Urlaub) hatte er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Der Beigeladene zu 1. erhielt einen pauschalen Besuchspreis in Höhe von 15 Euro pro Markt, inklusive Fahrtkosten sowie pro Besuch und nachgewiesener Bestellung ab dem 36. bestellten Produkt eine Stückprämie von 0,40 Euro. Die Abrechnung erfolgte monatlich unter Ausweisung von Mehrwertsteuer und Angabe der Umsatzsteuernummer des Beigeladenen zu 1. Die Vereinbarung war jederzeit mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündbar. Der Beigeladene zu 1. durfte auch für andere, ähnlich geartete Auftraggeber tätig werden. Er haftete für Schäden, die aus der verzögerten Erledigung resultierten, es sei denn, er hatte die Verzögerung oder Verhinderung nicht zu vertreten; in vollem Umfang haftete er auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter, beauftragte Personen, Unternehmen).

3

In Ausführung des Projektvertrages besuchte der Beigeladene zu 1. regelmäßig bestimmte Verbrauchermärkte, um dort Original Handy-Zubehör adäquat zu platzieren. Dazu gehörten ua die Sorge um die Aktualität der Ware, Bestellung und Retourenabwicklung, Personalschulung über Neuerungen sowie Verhandlungen mit den Markt-Abteilungsleitern über Durchführung, Art und Menge der Bestellungen. Gegenüber der Klägerin erstellte er fortlaufend Rechnungen und einen Bericht bei Abschluss der Tätigkeit. Er verfügte an eigenen Arbeitsmitteln ua über einen PKW und einen Laptop sowie eine Büroeinrichtung und Internetanschluss. Vom 1.6. bis 31.12.2004 war der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin für ein weiteres Unternehmen als "Assistant Trainer (Promotion, Abverkauf)" tätig. Insoweit stellte der beklagte Rentenversicherungsträger auf seinen Antrag hin fest, dass er diese Tätigkeit als Selbstständiger ausübe.

4

Der Beigeladene zu 1. beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006 und durch weitere Bescheide gegenüber der Klägerin fest, dass er die Tätigkeit in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 im Rahmen einer Beschäftigung ausübe bzw in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei.

5

Das von der Klägerin dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei (Urteil vom 10.2.2011). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte durch Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 wegen der Tätigkeit für die Klägerin nicht in der GKV und in der sPV versicherungspflichtig war und ein entsprechendes - angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben. Das LSG hat die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen bei dem Beigeladenen zu 1. die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände. Der Projektvertrag enthalte überwiegend Regelungen, die dafür sprächen. Nach den Umständen und Ermittlungen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis nur formal vereinbart worden sei. Es habe sich nicht um bloße untergeordnete Regalauffülltätigkeiten gehandelt, sondern um einen um gestalterische Elementen erweiterten Aufgabenkreis. Die Rahmenbedingungen (Warenwirtschaftsturnus; konkrete Verbrauchermärkte) seien nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei zudem auch für andere Auftraggeber tätig und berechtigt gewesen, Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Betriebliche Sachzwänge, Mitteilungspflichten, die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle durch die Klägerin sowie die Verpflichtung, Interessenkollisionen beim Einsatz Dritter bzw bei weiteren Aufträgen zu vermeiden, relativierten sich dadurch, dass auch klassische Selbstständige ähnlichen Pflichten unterlägen. Insgesamt sei der Beigeladene zu 1. als für mehrere Auftraggeber tätiger "Solo-Selbstständiger" anzusehen (Urteil vom 23.5.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG im Rahmen der Gesamtwürdigung den für die Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen des Projektvertrages, die nur dem Wortlaut nach auf eine selbstständige Tätigkeit zielten, uneingeschränkt Vorrang gewährt. Die tatsächlichen Umstände bei der Durchführung der einzelnen Aufträge, die für eine weitgehende Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sprächen, habe das LSG nur nachrangig berücksichtigt. Die Feststellungen zur Tätigkeit umschrieben letztlich nur die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten". Die Ansicht des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, als nicht abhängige Beschäftigung ausgeübt werden könnte. Der Beigeladene zu 1. sei aber in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert gewesen, indem er nach Annahme eines Einzelauftrags der Klägerin zu deren Vertragspartnern gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach den Vorgaben der Klägerin auszuführen. Hinweise auf ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestünden nicht. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis - von der kein Gebrauch gemacht worden sei - stelle allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit dar. Feststellungen des LSG entsprächen teilweise nicht den Tatsachen, soweit es die Gewährung von Kilometergeld und Fahrkosten für den Besuch weiter entfernter Märkte anbelange. Eine Entlohnung mittels Besuchspauschale und Stückprämie spreche nicht indiziell für eine selbstständige Tätigkeit. Umständen wie Rechnungsstellung, Kündigungsmöglichkeit, oder die Möglichkeit einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber komme ebenfalls keine indizielle Wirkung im Hinblick auf Selbstständigkeit zu.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Beide verteidigen das angefochtene Urteil.

10

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge, die Beigeladenen zu 2., 3. und 6. schließen sich der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers ist unbegründet.

12

Revisionsrechtlich beanstandungsfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund einer Beschäftigung bei der klagenden GmbH als Arbeitgeberin feststellte.

13

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind - nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG durch die Klägerin - der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006, beide wiederum geändert durch die Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010, soweit darin die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" für die Klägerin aufgrund Beschäftigung in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung und danach vom 1.10.2004 bis 24.5.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung feststellte. Der Bescheid vom 2.2.2010 hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 2.2.2010 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt hat (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Zu Recht hat das LSG auch den ausschließlich gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid vom 11.3.2010 als Gegenstand des Revisionsverfahrens angesehen, weil er ausdrücklich als "Bescheid" den früheren Bescheid vom 2.2.2010 änderte, auch wenn dies nur wegen einer teilweisen offensichtlichen Unrichtigkeit erfolgte. Soweit das LSG darüber hinaus - von den Beteiligten unbeanstandet gelassen - entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

14

2. Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht wegen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war.

15

a) In den Jahren 2003 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

16

b) Das LSG hat diese allgemeinen rechtlichen Maßstäbe im Ausgangspunkt zutreffend herangezogen und begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände hier nicht überwiegen, sondern die Abwägung insgesamt zu einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. führt. Die zentralen Feststellungen des LSG zum Inhalt des Projektvertrages (dazu aa), die von der Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wurden, sowie die hierzu nicht in Widerspruch stehende tatsächliche Umsetzung des Vertrages (dazu bb) rechtfertigen in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden Fall die Annahme des LSG, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig war. Anders als Ausführungen der Beklagten und auch des LSG andeuten, geht es vorliegend allerdings nicht darum, eine "allgemeine" sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für ein bestimmtes neues Berufsbild im Rahmen von "Merchandising/Rackjobbing" vorzunehmen (dazu cc). Schließlich ist auch ein Unternehmerrisiko beim Beigeladenen zu 1. anzunehmen (dazu dd).

17

aa) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist zunächst die zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1. bestehende Vertragslage. Hierzu hat das LSG - ohne dass dies zu beanstanden wäre - angenommen, dass der für die vorliegende Tätigkeit maßgebende Projektvertrag nach seinem Gepräge überwiegend Regelungen enthält, die für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnend sind. So war der Beigeladene zu 1. in zeitlicher Hinsicht weitgehend frei, war berechtigt, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen und hatte bei seiner Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen. Als Entlohnung erhielt er eine Kombination aus Besuchspauschale und erfolgsabhängiger Stückprämie, und durfte auch - was teilweise tatsächlich erfolgte - noch für weitere ähnliche Auftraggeber tätig werden. Zwar hat das LSG auch festgestellt, dass die Klägerin über einen Adressenbestand von rund 75 "Lieferanten" verfügte, mit denen häufig sogenannte "Rahmenverträge" bestanden. Die Existenz eines zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. bestehenden Rahmenvertrages hat das LSG hingegen nicht festgestellt.

18

bb) Dem angefochtenen Urteil können auch (gerade noch) hinreichende Feststellungen zur tatsächlichen Umsetzung der Vertragslage entnommen werden. Das LSG hat - insbesondere gestützt auf gerichtliche Anhörungen des Beigeladenen zu 1. im Klage- und Berufungsverfahren - festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die vertraglichen Regelungen nur formal vereinbart worden waren und dass hinsichtlich der Erwerbstätigkeit tatsächlich etwas ganz anderes praktiziert wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung sind damit keine gewichtigen Umstände ersichtlich, die gesamtschauend den Ausschlag für eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV geben könnten.

19

(1) Der Beigeladene zu 1. war nach den Feststellungen des LSG weitgehend weisungsfrei in dem Sinne, dass die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht Ausfluss eines Direktionsrechts - wie im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - waren.

20

(2) Der Beigeladene zu 1. war - unbeschadet des Umstandes, dass er Dienstleistungen im Rahmen eines von der Klägerin mitgetragenen Gesamtvermarktungskonzepts erbrachte - nicht in einem relevanten Maß in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert, was sich ua in seiner vertraglichen Pflicht zeigt, im Falle seiner Verhinderung selbst für eine Vertretung zu sorgen. Er hatte nur auf betriebliche Sachzwänge der Klägerin und deren Kunden Rücksicht zu nehmen und unterlag insoweit lediglich Mitteilungspflichten und Qualitätskontrollen (zum Charakter von - eine Selbstständigkeit nicht ausschließenden - Dokumentationspflichten vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 20). Dem standen weitreichende Freiheiten des Beigeladenen zu 1. beim "Ob und Wie" der Erbringung der Tätigkeit mit eigenen gestalterischen Elementen gegenüber, die etwa über diejenigen eines klassischen Regalauffüllers hinausgingen. Das LSG hat insoweit zB auf Seite 15/16 seines Urteils dargelegt, dass dem Beigeladenen zu 1. - ähnlich wie anderen Vertragspartnern der Klägerin - die Entscheidung über die Präsentation der Produkte oblag, dass er Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung festzulegen hatte. Seine Tätigkeit habe gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente enthalten. Diese Tätigkeit habe sich im Rahmen eines Konzepts vollzogen, dass der Tatsache Rechnung getragen habe, dass Hersteller von Unterhaltungselektronik und IT-Produkten zunehmend dazu übergegangen seien, die Präsentation ihrer Waren nicht mehr den Betreibern von Märkten und Warenhäusern selbst zu überlassen, sondern sie - die Hersteller - es selbst in der Hand hätten, welche Verkaufs- bzw Regalflächen ihnen zur Verfügung gestellt würden. Hierzu bedienten sie sich insoweit spezieller Dienstleister (hier der Klägerin), um ihre Waren zeitnah und umsatzorientiert zu positionieren und möglichst werbewirksam zu präsentieren. In dieses Gesamtkonzept sei dann auch der Beigeladene zu 1. in der beschriebenen Weise eingebunden gewesen.

21

(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. vertraglich berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung einzubeziehen, durfte vom LSG als Indiz für seine selbstständige Tätigkeit gewertet werden, auch wenn davon seitens des Beigeladenen zu 1. tatsächlich kein Gebrauch gemacht wurde.

22

(a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm auf diese Weise zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Vor diesem Hintergrund hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Möglichkeit der Einschaltung Dritter ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist.

23

(b) Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Ausdrücklich rügt die Beklagte - ohne Benennung einer konkreten Verfahrensvorschrift - eine "Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung" durch einen vermeintlichen Rückgriff des LSG auf Erkenntnisse in einem anderen Verfahren. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt die Beklagte aber ebenso wenig wie etwa einen Verstoß des LSG gegen Denkgesetze. Darüber hinaus ist nach der Revisionsbegründung nichts Hinreichendes dafür ersichtlich, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl hierzu allgemein Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, S 467, Kap IX, RdNr 330; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 23 jeweils mwN), dass sich also im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgebenden Indizien das Ergebnis zum Nachteil der Klägerin verschiebt. Die Beklagte bezieht ihre Rüge ausdrücklich nur auf die Feststellungen des LSG zur "Ernsthaftigkeit" der Vertragsregelung bezüglich der Auftragserledigung durch Dritte. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen des LSG zu dem Parallelverfahren auch nur auf den Aspekt der "Ernsthaftigkeit dieser Regelung". Die zugrundliegende Feststellung des Vorliegens einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Möglichkeit der Einschaltung Dritter und die Feststellung ihrer Nichtumsetzung in der Praxis sind hiervon jedoch in keiner Weise betroffen. Vielmehr handelt es sich bei der Frage der vom LSG problematisierten "Ernsthaftigkeit" der Regelung um eine hypothetische Einwendung gegen die zugrundeliegenden Feststellungen zum Vertragsinhalt. Mithin hätte es - jedenfalls bei einem Hinwegdenken der aus dem Parallelverfahren gewonnenen Erkenntnisse - der Beklagten oblegen, darzutun, dass die Vertragsbestimmung nur "formal" bzw zum Schein (vgl § 117 Abs 1 BGB) getroffen wurde, um den vom LSG bejahten indiziellen Charakter der Vertragsbestimmung nachhaltig zu erschüttern. Dem wird das Revisionsvorbringen jedoch nicht gerecht: Die Beklagte führt zum einen lediglich ihre abweichende rechtliche Auffassung an, wonach es sich bei der Vertragsregelung um eine Vertretungsregelung handele. Zum anderen argumentiert sie spekulativ in der Weise, dass sie ausführt, der Beigeladene zu 1. hätte einer Hilfskraft "vermutlich" seine gesamte Vergütung überlassen müssen. Das alles reicht insbesondere nicht aus, um einen entscheidungserheblichen - dh mit Auswirkung auf einen der Beklagten günstigen Urteilstenor - Verstoß gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne von § 128 Abs 1 SGG bejahen zu können(vgl zu den sich insoweit stellenden Anforderungen allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 4 ff mit umfangreichen Nachweisen).

24

(4) Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht formell gerügt, dass das LSG bestimmte im Fall des Beigeladenen zu 1. bedeutsame, als Indizien in Betracht kommende Umstände unzureichend ermittelt oder in ihrer Tragweite in die nötige Gesamtabwägung dazu, ob (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht eingestellt hätte.

25

cc) Die in der Revisionsbegründung der Beklagten aus dem angefochtenen Urteil hergeleitete pauschale Einschätzung, die rechtliche Beurteilung des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nicht in (abhängiger) Beschäftigung ausgeübt werde, erscheint bei alledem nicht gerechtfertigt. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich eine konkrete, durch bestimmte Sachverhaltsgegebenheiten und ein spezifisches vertragliches Regelwerk geprägte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., deren rechtliche Einordnung der Senat nach den Maßstäben des Revisionsrechts zu überprüfen hat. Auch die Annahme der Beklagten, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei letztlich derjenigen eines kaufmännischen Angestellten vergleichbar, trägt im Ergebnis revisionsrechtlich nicht. Die Beklagte weist insoweit zwar zu Recht auf die - nach wie vor aktuelle - Rechtsprechung des BSG hin, wonach auch Dienste höherer Art im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden können, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29 mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist jedoch - wie unter 2 b) bb) dargelegt - nach den Feststellungen des LSG gerade durch eine weitgehende Weisungsfreiheit und ein überwiegendes Nichteingebundensein in die Arbeitsorganisation der Klägerin geprägt. Wenn die Beklagte der nach den Umständen des Falles gewonnenen Überzeugung der Vorinstanzen zu den bestimmenden Elementen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht folgen wollte bzw will, hätte sie insoweit im Revisionsverfahren näher zu spezifizierende Verfahrensrügen anbringen bzw bereits in den Tatsacheninstanzen ggf Beweisanträge dazu stellen müssen. Die Beklagte hat aber zB auch keinen konkreten Ermittlungsbedarf dazu aufgezeigt, dass es sich bei den konkreten vom Beigeladenen zu 1. erledigten Arbeiten um genau solche gehandelt habe, die zuvor bzw gleichzeitig ebenso durch andere Personen in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden (vgl zur insoweit notwendigen Unterscheidbarkeit beider Erwerbsformen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 26).

26

dd) Auch das Vorbringen der Beklagten, es lägen keine Anhaltspunkte für ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. vor, führt schließlich nicht zum Erfolg der Revision.

27

Nach den vom 12. Senat des BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, dh, ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Die Feststellungen des LSG machen die Annahme eines in diesem Sinne verstandenen Unternehmerrisikos revisionsgerichtlich nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft bei der Durchführung des Projektvertrages das Risiko des Ausfalls seines Verdienstes trug. Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen erhielt er nämlich eine pauschale Vergütung sowie zusätzliche umsatz- und damit erfolgsabhängige Stückprämien dafür, dass er Verbrauchermärkte aufsuchte. Der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft war somit insbesondere aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütungsteile im Einzelnen durchaus ungewiss. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen hinsichtlich der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht gleichermaßen anzutreffen sind. Der Beigeladene zu 1. konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern, indem er zB durch die Art und Weise der Arbeitsausführung die Dauer seiner Besuche in den Märkten bestimmen konnte und in der Lage war, durch die ihm obliegende Präsentation der Produkte deren Absatz zu beeinflussen und so seine Verdienstchancen zu erhöhen.

28

3. Nach alledem unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 nicht der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.

29

4. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf § 193 SGG.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin ab dem 18.9.2009 für die Beschäftigung, die sie bei der Beigeladenen zu 1. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Die 1972 geborene Klägerin ist Volljuristin. Die Beigeladene zu 1. betreibt ein Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und Vergütung; ihre Rechtsabteilung besteht ausschließlich aus Volljuristen. Die Beigeladene zu 2. leistet ihren Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung nach Maßgabe ihrer Satzung (Bekanntmachung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.7.1985, JMBl NW 172) und des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW) vom 6.11.1984 (GVBI NW 684).

3

Im Herbst 1999 bewarb sich die Klägerin erfolgreich bei der Beigeladenen zu 1. auf die Stelle einer "Jurist/in in dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung" und nahm am 1.2.2000 in der Rechtsabteilung eine Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" gegen Entgelt auf (Anstellungsvertrag vom 26.1.2000). Als solche ist sie weisungsgebunden, fachlich jedoch unabhängig. Sie betreut und berät versicherungsrechtliche Fragestellungen (Einrichtung, Durchführung und Änderung) der Versorgungs- und Vergütungssysteme rechtlich umfassend, beantwortet sämtliche steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, verhandelt selbständig mit Geschäftspartnern, tritt als Referentin bei Vorträgen auf, bearbeitet anspruchsvolle Grundsatz- und Projektarbeit im Bereich "Betriebliche Altersversorgung und Vergütung" und nimmt an wesentlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen bei steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen teil (Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 und Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2011). Ihrer rechtlichen Bewertung wird im Unternehmen der Beigeladenen zu 1. hohes Gewicht beigemessen. Allerdings trifft sie - wegen des im Unternehmen praktizierten Vier-Augen-Prinzips - Entscheidungen nicht allein, sondern nur im Einvernehmen mit den Vorgesetzten, insbesondere mit ihrem Abteilungsleiter, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Nach § 6 des Anstellungsvertrags vom 26.1.2000 benötigt sie für entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sowie Veröffentlichungen und Vorträge die vorherige schriftliche Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Die Klägerin betrieb ihre Zulassung zur Rechtsanwältin zunächst nicht, weil die Beigeladene zu 1. dies nicht wünschte.

4

Anfang 2009 übernahm die Klägerin den Kundenstamm und die Aufgaben einer Kollegin, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. In einer Freistellungserklärung vom 5.3.2009 erklärte sich die Beigeladene zu 1. unwiderruflich damit einverstanden, dass die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin als Rechtsanwältin arbeiten und während der Dienststunden anwaltliche Termine wahrnehmen dürfe. Denn aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Firmenpolitik sollten auf Wunsch der Beigeladenen zu 1. nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen (ohne Änderung des Anstellungsvertrags) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein.

5

Am 8.7.2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) D. ihre Zulassung als Rechtsanwältin, fügte die Freistellungserklärung vom 5.3.2009 sowie die Stellenbeschreibung vom 7.4.2009 bei und gab an, sie werde ihre Kanzlei in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1. einrichten. Der Vorstand der RAK teilte ihr mit, er habe ihren Antrag "bezüglich der Syndikustätigkeit" bei der Beigeladenen zu 1. geprüft und keine Bedenken geltend gemacht (Schreiben vom 8.9.2009). Am 18.9.2009 wurde die Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, gleichzeitig Mitglied der RAK D. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. deren Pflichtmitglied. Ab diesem Zeitpunkt schloss sie bei der A. Versicherung AG eine Berufshaftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin zu einem Sonderjahresbeitrag von 97 EUR ab, der ihr wegen einer nur nebenberuflich ausgeübten freien Anwaltstätigkeit gewährt wurde. Die Klägerin teilt ihre Büroräume bei der Beigeladenen zu 1. mit einem weiteren Mitarbeiter ("Doppelbüro"), hat dort kein Kanzleischild, das auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin hinweist, und führt auch keine eigenen, der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Rechtsanwaltsakten. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht erzielt.

6

Am 25.11.2009 beantragte die Klägerin, sie wegen ihrer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladene zu 1. erklärte dazu, die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", fertige Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung und für andere Abteilungen und sei im Abstimmungsprozess für die zu treffenden Entscheidungen beteiligt. Nebenberufliche Beschäftigungen bedürften keiner "vorherigen Genehmigung". Die Klägerin dürfe unwiderruflich neben ihrer Tätigkeit als Angestellte eine Anwaltspraxis ausüben und sich zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine ohne Erlaubnis im Einzelfall jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 11.6.2010). Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag ab, weil die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht rechtsentscheidend tätig sei und deshalb keine anwaltliche Tätigkeit ausübe (Bescheid vom 20.7.2010 und Widerspruchsbescheid vom 24.11.2010).

7

Das SG Duisburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 7.5.2013): Sie habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Klägerin sei nicht "wegen" ihrer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung als "juristische Mitarbeiterin" bei der Beigeladenen zu 1. Mitglied der RAK D. und diese Beschäftigung verpflichte sie auch nicht kraft Gesetzes, Mitglied der RAK D. zu sein oder zu werden. Da sie aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis und der Rechtsprechung des BGH damit gerechnet habe, dass ihr die RAK die Rechtsanwaltszulassung gerade wegen der abhängigen Beschäftigung bei einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin versagen würde, habe sie im Zulassungsverfahren lediglich angegeben, den Rechtsanwaltsberuf neben ihrer abhängigen Beschäftigung auszuüben. Damit sei die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen im vorgesehenen Rechtsweg umgangen und de facto versucht worden, die Zulassungsentscheidung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern. Dies verletze das Prinzip von Treu und Glauben und verstoße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Im Befreiungsverfahren habe sie dagegen behauptet, in ihrer abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwältin tätig zu sein, obwohl sie dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet habe (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führe (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergriffen (§ 43a BRAO) und die hauptberufliche Tätigkeit nicht haftpflichtversichert habe (§ 51 Abs 1 BRAO). Damit erfülle sie weder die Berufspflichten noch die Rahmenbedingungen, die der Deutsche Anwaltsverein (DAV) im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" aufgestellt habe. Berücksichtige man schließlich, dass die Klägerin mit der Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin offenbar keine Einnahmen erziele, so liege die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht rechtsmissbräuchlich auf eine Pro-Forma-Zulassung gestützt werde. Dieses Vorgehen werde in der juristischen Literatur als "Mogelpackung" bezeichnet, wobei "Phantasieerklärungen" wie die der Beigeladenen zu 1., die Klägerin werde "in unserer Kanzlei als Rechtsanwalt tätig", zum "Top" der "Zulassungsmogelei" gehörten.

8

Zudem sei die Klägerin nicht "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer. Diese setze eine Tätigkeit voraus, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich ziehe. Als "juristische Mitarbeiterin" benötige die Klägerin keine besondere Zulassung iS von § 3 RDG, weil sie keine "fremden Angelegenheiten" iS von § 2 Abs 1 RDG besorge; in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dürfe sie nicht für die Beigeladene zu 1. tätig werden (§ 46 Abs 1 BRAO).

9

Der enge Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI könne nicht mit Hilfe der sog "Vier-Kriterien-Theorie" erweiternd ausgelegt werden, wonach die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtsberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthalten müsse. Denn diese vagen und praxisuntauglichen Kriterien, die erhebliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme schüfen und zu unvorhersehbaren Entscheidungen führten, erfüllten auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc, während sie angestellte Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern häufig verfehlten. Das SGB VI koordiniere mit der Befreiungsmöglichkeit die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und vermeide eine doppelte Beitragspflicht zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen, auch wenn dies weder primäres Ziel des Gesetzes noch des historischen Gesetzgebers sei, wie bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI folge. Jedenfalls müsse zwischen der berufsspezifischen Tätigkeit, für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werde, und dem Schutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung ein innerer Zusammenhang bestehen. Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folge aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit allein bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genüge. Dessen ungeachtet sei die Klägerin aber auch nicht "rechtsentscheidend" tätig, weil sie für Entscheidungen das Einvernehmen ihrer Vorgesetzten benötige.

10

Die Befreiung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1. gemeinsam mit der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstelle. Da die selbständige Rechtsanwaltstätigkeit von vornherein rentenversicherungsfrei sei, strahle sie weder auf die abhängige Hauptbeschäftigung aus noch könnten beide zu einem einheitlichen Anwaltsberuf verschmelzen, der insgesamt zu einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führe. Vielmehr handele es sich bei der nebenberuflichen selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit und der Beschäftigung als angestellte juristische Mitarbeiterin um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig durch das Berufsausübungsrecht (BRAO einerseits und arbeitsrechtliche Vorschriften andererseits) mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet seien, steuerrechtlich unterschiedlich behandelt würden (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits) und deshalb eine getrennte Betrachtung erforderten (sog Doppelberufstheorie). Gerade deshalb strebe der DAV eine Änderung des § 46 BRAO an. Dass die Beigeladene zu 1. nunmehr (unverständlicherweise) wünsche, dass alle in ihrer Rechtsabteilung tätigen Volljuristen als Rechtsanwälte zugelassen seien, könne daran nichts ändern, weil die Frage, ob ein angestellter Jurist die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfülle, nicht der Disposition des Arbeitgebers unterliegen könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als sich der Charakter der abhängigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert habe. Die Klägerin sei seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin keine sog "Syndikusanwältin" iS des § 46 BRAO und als solche auch nicht per se von der Versicherungspflicht zu befreien. Denn es stehe weder fest noch sei festzustellen, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen sei. Jedenfalls werde die Klägerin für die Beigeladene zu 1. nicht als Rechtsanwältin tätig, wie dies § 46 BRAO erfordere, weil sie diese Tätigkeit bis heute nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausübe. Folgerichtig habe die Beigeladene zu 1. die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auch nicht zur Einstellungsvoraussetzung gemacht. Aber selbst wenn man die Klägerin als "Syndikusanwältin" ansähe, könnte sie für ihre Tätigkeit als "juristische Mitarbeiterin" nicht befreit werden. Dieses Ergebnis stehe mit der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BGH in Einklang.

11

Schließlich könne die Klägerin einen Befreiungsanspruch auch nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 GG herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden seien, ergebe sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Soweit sie beantragt habe, den Präsidenten der RAK D. dazu als Zeugen zu vernehmen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit in Diensten der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin zugelassen worden sei, sei dies nicht entscheidungserheblich und stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

12

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 3 SGB VI) und formellen (§§ 103, 202 SGG, § 548 ZPO)Rechts: Zu Unrecht interpretiere die angefochtene Entscheidung - die in der bisherigen Rechtsprechung eine absolute Alleinstellung aufweise - das Tatbestandsmerkmal "wegen" wortlautgetreu in einem konditionalen Sinn. Ein solches Verständnis sei jedoch nicht zwingend. Bei historischer und teleologischer Interpretation solle die Präposition vielmehr zum Ausdruck bringen, dass die ins Auge gefasste Beschäftigung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer berufsspezifischen Anwaltstätigkeit stehen müsse, die durch Kammermitgliedschaft der besonderen berufsrechtlichen Überwachung und Qualitätssicherung unterliege. Es sei daher nach einer Kriterienformel zu suchen, mit deren Hilfe zwischen anwaltsspezifischer und -unspezifischer, anwaltlicher und nichtanwaltlicher Tätigkeit unterschieden werden könne. Dies leiste die sog Vier-Kriterien-Theorie, die die Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung ziehe, sich in langjähriger Verwaltungspraxis bewährt habe und inhaltlich beschreibe, was das Berufsbild des Anwalts iS der §§ 1 bis 3 BRAO ausmache. Selbst die Beklagte habe die Vierkriterienformel in ihr Merkblatt für nichtanwaltliche Arbeitgeber übernommen; sie sei weder durch eine zwischenzeitliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen überholt noch sei der "Syndikusanwalt" ein neuer, letztlich undefinierbarer Berufsstand. Wende man die Vier-Kriterien-Theorie an, so könne das Kriterium "rechtsentscheidend" vorliegend nicht verneint werden. Denn Unternehmensentscheidungen treffe immer nur der Unternehmer und nicht sein Anwalt. Dieser könne nur durch den richtigen Rat dazu beitragen, dass der Mandant die richtige Entscheidung treffe. Insofern sei jeder Anwalt - wie auch die Klägerin - lediglich in den unternehmerischen Entscheidungsprozess eingebunden. Kein Mandant sei gezwungen, dem anwaltlichen Rechtsrat zu folgen. Dass er beratungsresistent sei, weil andere Gründe (Opportunität, Subjektivität, außerrechtliche Gründe, Starrsinn, Dummheit etc) mehr Gewicht hätten, gehöre zum anwaltlichen Alltag. Auch selbständige Anwälte hätten auf Weisung des Mandanten in einer Weise zu agieren, die ihrem eigenen Vorschlag widerspreche, wenn nur der Mandant hinreichend belehrt und das Tätigwerden nicht gegen Berufsregeln oder Berufsethik verstoße. Denselben Kautelen unterliege der Syndikusanwalt.

13

Aus systematischer Sicht sei § 6 SGB VI keine Ausnahmevorschrift, sondern Kollisionsnorm, die einer extensiven Auslegung zugänglich sei. Andernfalls wären die Anwaltschaft und alle verkammerten freien Berufe von jeglicher Fortbildung ihrer Berufsbilder abgeschnitten, was den Regelungsbereich des Art 12 GG berühre. Verfassungsrechtlich sei eine Gleichstellung der Syndikusanwälte geboten. Soweit sich das LSG auf die sog Doppelberufstheorie des BGH berufe, betreffe sie nur das anwaltliche Berufsrecht, nicht jedoch das Sozialversicherungsrecht. Dasselbe gelte für die Reformüberlegungen des DAV. Etwaige berufsrechtliche Defizite seien sozialrechtlich bedeutungslos. Denn sozialversicherungsrechtlich sei allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend, sodass weite Strecken der Bezugnahme auf Berufsrecht (Haftpflicht, Verschwiegenheit, Kanzleischild) im angefochtenen Urteil an der Sache vorbeigingen. Vor diesem Hintergrund seien die Vorhaltungen und Unterstellungen des LSG mit Nachdruck zurückzuweisen, die Klägerin habe im Wege einer Mogelpackung in kollusivem Zusammenwirken mit der Arbeitgeberin den Weg in die Anwaltschaft und das Befreiungsrecht erschlichen und sei nur eine Art Scheinanwältin. Das LSG übersehe, dass die Beigeladene zu 1. von der erstrebten Befreiung beitragsrechtlich nicht profitiere und angestellte Anwälte für sie nicht "bequemer" als bloße Volljuristen seien. Vielmehr wolle die Beigeladene zu 1. ihre Juristen durch die Anwaltszulassung "auf gleiche Augenhöhe" mit externen Anwälten, aber auch mit Behörden stellen und von der "Reputation" profitieren, die ein Anwalt als Organ der Rechtspflege habe. Vor allem aber habe der unabhängige Rechtsrat unabhängiger Anwälte (§ 3 BRAO) mit vollständiger fachlicher Autonomie für den Arbeitgeber besonderen Wert. Vor diesem Hintergrund sei es unschädlich, dass die Klägerin schon früher für die Beigeladene zu 1. als juristische Mitarbeiterin ohne Anwaltszulassung gearbeitet habe. Denn zwischenzeitlich habe sich die Firmenpolitik der Beigeladenen zu 1. insoweit grundlegend geändert, dass nunmehr alle in der Rechtsabteilung tätigen Volljuristen zur Anwaltschaft zugelassen werden sollten, nebenberufliche Beschäftigungen nicht mehr genehmigungspflichtig seien und die Klägerin (auch inhaltlich) nicht mehr "am engen Direktionszügel geführt" werde. Zu Unrecht habe das LSG schließlich den Beweisantrag übergangen, weil der Präsident der RAK D. bestätigt hätte, dass die Klägerin (auch) "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. als Rechtsanwältin in dem vom LSG für richtig gehaltenen Sinne zugelassen worden sei. Ferner sei die Fünf-Monats-Frist zur Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle überschritten und das Urteil deshalb nicht mit Gründen versehen.

14

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 7. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 18. September 2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

15

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

16

Sie meint, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI sei keine Kollisionsregelung, sondern räume dem Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks im Falle einer Doppelversicherung das Gestaltungsrecht ein, sich durch einen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen, um sich die doppelte Beitragspflicht zu ersparen. Für den befreiungsnotwendigen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit einerseits und den Pflichtmitgliedschaften in der Berufskammer und im berufsständischen Versorgungswerk anderseits komme es entscheidend auf die inhaltliche Ausgestaltung der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Diese müsse einem Volljuristen vorbehalten sein und kumulativ rechtsberatende, -gestaltende, -entscheidende und -vermittelnde Merkmale aufweisen. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsentscheidend tätig. Soweit sie dies bestreite, fehle eine substantielle Begründung. Stattdessen rüge sie lediglich, dass das LSG auf eine Anhörung von Repräsentanten der Anwaltschaft verzichtet und sich daher keinen hinreichenden Einblick in die vielfältige betriebliche Praxis von mehr als 20 000 Unternehmensanwälten verschafft habe. Welche Erkenntnisse aus der vielfältigen Praxis für die Beurteilung der konkreten Beschäftigung der Klägerin zu gewinnen gewesen wären, bleibe aber offen. Für die Ausübung der konkreten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. sei die Zulassung zur Anwaltschaft keine notwendige Voraussetzung gewesen, denn vor und nach der Zulassung seien dieselben Arbeiten ausgeführt worden. Dabei sei unbeachtlich, dass die Beigeladene zu 1. erst keine und später dann doch zugelassene Rechtsanwälte beschäftigen wollte. Denn die Qualifizierung einer Tätigkeit könne nicht von der Disposition des Arbeitgebers abhängen. Das von der Klägerin betriebene Zulassungsverfahren dürfte daher einzig und allein dem Zweck gedient haben, die Altersvorsorge für die von ihr ausgeübte abhängige Beschäftigung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung gestalten zu können. Fehle aber eine berufsrechtlich überwachte und qualitätsgesicherte Berufstätigkeit im Kammerberuf, dann sei der von der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "wegen" in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für ausreichend gehaltene sachliche Zusammenhang zwischen der ausgeübten Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber und der kammerberuflichen Tätigkeit nicht herzustellen.

17

Die Beigeladene zu 2., die keinen Antrag stellt, trägt vor, das angefochtene Urteil sei bereits im Ansatz verfehlt, weil die BRAO keine Beschäftigung definiere, "wegen der" Kammerzugehörigkeit in einer RAK bestehen müsse. Vielmehr stelle jeder Rechtsanwalt seinen Zulassungsantrag ausschließlich für sich selbst. Soweit das LSG rüge, die Klägerin habe ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht wegen ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. betrieben, sei einzuwenden, dass das anwaltliche Berufsrecht eine derartige "Spezialzulassung" überhaupt nicht kenne. Die Klägerin sei richtigerweise zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden; ob ihre Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber als anwaltliche Tätigkeit einzustufen sei, prüfe die RAK nicht. Die Freistellungserklärung stelle lediglich ihre Unabhängigkeit in der Mandatswahrnehmung außerhalb ihres Dienstverhältnisses sicher. Der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit und den Pflichtmitgliedschaften in Kammer und berufsständischer Versorgung sei mit Hilfe der Vier-Kriterien-Theorie zu beurteilen, die die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis anwende, in der Literatur zustimmend aufgenommen worden sei und auch in der sozialgerichtlichen Instanzrechtsprechung Gefolgschaft gefunden habe. BRAK und DAV hätten ebenfalls zustimmende Beschlüsse gefasst. Lehne man die Vier-Kriterien-Theorie ab, müsse die Negativabgrenzung über das Merkmal "berufsfremd" erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege eine berufsfremde Tätigkeit vor, wenn die konkrete Beschäftigung nicht durch schwerpunktmäßig in Ausbildung und Beruf typischerweise gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen geprägt sei. Im Übrigen sei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern eine Kollisions- oder Koordinationsnorm. Sie solle verhindern, dass die betroffenen Berufsgruppen mit einer doppelten Beitragszahlungspflicht belastet werden, und damit zugleich verfassungsrechtlich (Art 12 Abs 1 GG) gewährleisten, dass Volljuristen nicht von der Wahl des Rechtsanwaltsberufes abgehalten werden. Art 12 GG erlaube jedem Rechtsanwalt, Rechtsrat auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages zu erteilen. Wenn dieser "Zweitberuf" die vier Kriterien (Rechtsberatung, -gestaltung, -vermittlung und -entscheidung) erfülle, sei der Rechtsanwalt auch insoweit Rechtsanwalt und nicht in sonstiger Weise tätig. Dagegen sei die Doppelberufstheorie mit einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung im Einzelfall, wie sie § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gebiete, unvereinbar, zumal der Syndikusanwalt einen einheitlichen Beruf ausübe, nämlich den des Rechtsanwalts an zwei Arbeitsstellen. Folglich handele es sich nicht um eine "eigene Berufsgruppe", sondern um einen integralen Teil der Anwaltschaft. Damit sei auch die Behauptung des LSG widerlegt, bei den Syndikusanwälten handele es sich um eine die Sperrwirkung des § 6 Abs 1 S 3 SGB VI auslösende neu entstandene Berufsgruppe. Denn Syndikus-"Anwälte" gebe es schon seit über 125 Jahren. Dass sie ebenso "unabhängig" seien wie "freie" Rechtsanwälte, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Denn beide unterlägen dem anwaltlichen Berufsrecht, das als öffentliches Recht zwingend und damit der Disposition durch die Parteien des Mandats- und Anstellungsvertrags entzogen sei. Mit der unbedingten rechtlichen Verpflichtung auf die Vertretung der wohlverstandenen Interessen ihrer Mandanten, der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, der Vermeidung der Verfolgung widerstreitender Interessen und der unbedingten Verpflichtung auf das Recht unterlägen Syndikusanwälte außerökonomischen Normen, sodass sie ihrer Funktion als "rechtliches Gewissen" des Unternehmens gerecht werden könnten.

18

Die Beigeladene zu 1. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum ab dem 18.9.2009 gegen die Beklagte kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1.

20

1. Allerdings hat die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl § 164 Abs 2 SGG). Gemäß § 164 Abs 2 S 3 SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen kann (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12 mwN).

21

a) Bei einer behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und ggf zu welchen (Leitherer aaO RdNr 12a). Das erfordert neben der Benennung des nach Auffassung des Revisionsführers ungenutzt gebliebenen Beweismittels die konkrete Darlegung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in deren Licht der Beweisgegenstand rechtliche Bedeutung erlangt hätte und regelmäßig die Angabe, zu welchem Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme geführt hätte. Eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Passagen des angegriffenen Urteils fehlt. Die Revisionsbegründung legt auch nicht dar, warum gerade aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine Kenntnis der allgemeinen betrieblichen Praxis bzw der Vorstellungen hiermit vertrauter Amtswalter hiervon unabdingbar der Entscheidungsfindung hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ebenso wird ein voraussichtliches Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gerade nicht behauptet; vielmehr trägt der Prozessvertreter der Klägerin ausdrücklich vor, er wisse nicht, was der Zeuge "wirklich" gesagt hätte.

22

b) Mit ihrer sinngemäß erhobenen Behauptung, das angefochtene Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst unmittelbar vor bzw erst nach Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden und mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt sei, rügt die Klägerin sinngemäß das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 5 und 6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO(idF der Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Ihr Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun. Wird mit der Revision geltend gemacht, ein Urteil sei nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist verspätet abgesetzt und daher nicht mit Gründen versehen, so ist dieser Verfahrensmangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn in der Begründung der Zeitpunkt der Niederlegung des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angegeben ist (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 5 S 7 und SozR 1750 § 551 Nr 8). Ist dieser Zeitpunkt dem Revisionsführer unbekannt, muss zumindest dargelegt werden, dass und mit welchem Ergebnis versucht worden ist, den Inhalt des amtlichen Vermerks über den Zeitpunkt der Urteilsübergabe zu erfahren (BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 6 S 12 und SozR 1750 § 551 Nr 9). Daran fehlt es. Folglich kann die Klägerin ihre Rüge eines Fehlens von Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen. Ebenso wenig zeigt die Revisionsbegründung auf, dass ausnahmsweise trotz Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, weil sich aus den Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Hierfür enthält das Revisionsvorbringen keine konkreten fallbezogenen Anhaltspunkte, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).

23

2. Materiell-rechtlich einschlägig ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Neufassung von Art 1 Nr 3 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1824), der am 1.1.1996 in Kraft getreten und durch Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) ab dem 1.1.2005 (Art 86 Abs 1 aaO) geringfügig modifiziert worden ist. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

24

3. Die Klägerin ist abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vorliegen. Hiernach erbringt die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. als juristische Mitarbeiterin nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff BGB). Ob sie aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung auch (renten-)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, weil insbesondere Feststellungen des Berufungsgerichts zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 SGB IV) fehlen.

25

Dessen ungeachtet war eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) nicht geboten. Für das Ergebnis des Verfahrens ist unerheblich, ob die begehrte Befreiung bereits deshalb zu versagen ist, weil die Klägerin möglicherweise nicht versicherungspflichtig ist und es damit schon am notwendigen Interesse für die Stellung eines zulässigen Befreiungsantrags fehlt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen jedenfalls zur abschließenden Entscheidung über das Fehlen sonstiger notwendiger Tatbestandsvoraussetzungen des Befreiungsrechts.

26

4. Die Klägerin ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab dem 18.9.2009 durch die RAK D. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Noch hinreichend deutlich ist damit vor dem Hintergrund von § 12 Abs 1, § 34 BRAO gleichzeitig festgestellt, dass am selben Tag der entsprechende (begünstigende) Verwaltungsakt(§ 35 S 1 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO), verkörpert in einer von der RAK ausgestellten Urkunde, durch Aushändigung wirksam geworden ist (§ 12 Abs 1 BRAO). Gemäß § 12 Abs 3 BRAO wurde die Klägerin damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden RAK D. (§ 60 Abs 1 S 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt. Der ua für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt (vgl BGH - Senat für Anwaltssachen - Beschluss vom 15.10.2012 - AnwZ (BrfG) 45/12 - NJW-RR 2013, 303, 304 RdNr 7) bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs 2 VwVfG iVm § 32 Abs 1 S 1 BRAO). Das LSG hat derartige Aufhebungs- oder Erledigungstatbestände nicht festgestellt, sodass der Zulassungsverwaltungsakt ungeachtet einer möglichen Rechtswidrigkeit weiterhin wirksam ist. Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob die Klägerin im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Schon aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes kann es zudem nicht zu einer vom LSG - und Teilen der Anwaltschaft - befürchteten treuwidrigen (§ 242 BGB) und widersprüchlichen (venire contra factum proprium) "Umgehung des Rechtswegs" zu den ordentlichen Gerichten und ggf zum BVerfG und/oder EuGH kommen. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist.

27

5. Das LSG hat zudem festgestellt, dass die Klägerin zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden ist. Die Beigeladene zu 2. ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde die Klägerin auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des nichtrevisiblen Landesrechts in § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2. ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2. und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der RAK D.

28

6. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet ist, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege(§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Diese auch in der Literatur erörterten Schwierigkeiten schließen indessen die Anwendbarkeit nicht grundsätzlich aus. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" iS der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden.

29

§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod(sog "doppelte Pflichtmitgliedschaft", Prossliner, NZA 2013, 1384, 1389). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiell-rechtlichen Antrag (§ 6 Abs 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind.

30

Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst.

31

7. Die Klägerin erfüllt indessen auch die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Ihre Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. kann dem Berufsfeld der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Ihre anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es - worauf bereits das LSG zutreffend hingewiesen hat - mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Der erkennende Senat kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem einschlägigen Bundesrecht selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig.

32

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind bereits deshalb rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf das Fehlen von Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen von § 6 Abs 3 Nr 1 SGB VI und auf die rechtliche Bedeutung der dort als Voraussetzung einer Entscheidung der Beklagten über die Befreiung geforderten Bestätigung des "Vorliegens der Voraussetzungen" kommt es unter diesen Umständen vorliegend nicht an(vgl hierzu BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36).

33

Die scheinbare Unvereinbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit "kammerrechtlichen Normen" erlaubt es entgegen der Revision nicht, seinen Wortlaut weitergehend hintanzustellen. Eines systemübergreifenden Verständnisses der Vorschrift bedarf es allein, wenn und soweit das Gesetz notwendig einen identischen Ausgangssachverhalt ("dieselbe Beschäftigung" im Sinne einer potenziell doppelrelevanten Erwerbstätigkeit) erfordert. Kommt es dagegen auf die Voraussetzungen der sich aus dieser Erwerbstätigkeit ergebenden Versicherungspflicht nach dem spezifischen Binnenrecht der jeweiligen Sicherungsform an, beruht die Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht etwa auf der Erfüllung eines einzigen, sondern auf dem kumulativen Vorliegen mehrerer einschlägiger und gesondert zu prüfender Tatbestände. Aus der Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung kann daher ua nicht darauf verzichtet werden, dass die konkret in Frage stehende Erwerbstätigkeit gerade in der äußeren Form einer Beschäftigung (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV) ausgeübt werden kann und andererseits gleichzeitig zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden Systemen erfassten Erwerbstätigkeit genügt daher nicht. Sie ist zwar stets notwendig, doch ist sie ggf rechtlich - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht hinreichend. Andernfalls würde im Wege der "Auslegung" das funktionell unverzichtbare Erfordernis der Doppelrelevanz einer Erwerbstätigkeit aufgegeben und damit der tatbestandliche Anwendungsbereich von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI überhaupt verlassen. Prüfungstechnisch erübrigt sich jedes Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit, wenn bereits aufgrund ihrer äußeren Form ausscheidet, dass sie mehrfach Versicherungspflicht begründen könnte.

34

Der Senat legt seiner Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde. Er sieht auch nach eigener Prüfung keinen Rechtsgrund, hiervon abzuweichen, was grundsätzlich ohnehin erst nach Vorlage an den EuGH (Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), das BVerfG (Art 100 Abs 1 GG) und/oder durch Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG) möglich gewesen wäre. Es fällt auf, dass sich die Revision der anwaltlich vertretenen und ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Klägerin mit diesem überkommenen und gefestigten Bestand des anwaltlichen Berufsrechts allenfalls am Rande befasst. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH, dessen Senat für Anwaltssachen neben dem Präsidenten des BGH sowie zwei Mitgliedern des BGH gerade aus Gründen der berufsspezifischen Sachkunde mit zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzt ist (§ 106 Abs 2 S 1 BRAO).

35

Entgegen der Revision ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung zunächst der rechtliche Sprachgebrauch in der ständigen Rechtsprechung insbesondere des Senats für Anwaltssachen des BGH, dem sich der erkennende Senat auch insofern anschließt, geklärt. Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl exemplarisch BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6).

36

Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in "gefestigter Rechtsprechung" und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 7.11.1960 (AnwZ (B) 4/60 - BGHZ 33, 276, 279 f) heißt es insofern:

        

"Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: 'Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben'."

37

Hieran wird im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 7.2.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs 1 EuRAG) - aktuell wie folgt:

        

"Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. …"

38

In Übereinstimmung hiermit zitiert das BVerfG (Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 294 f) aus der BT-Drucks III/120, S 56 f:

        

"Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. - Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. … "

39

Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl BGH Beschluss vom 22.3.1999 - PatAnwZ 10/98 - EBE/BGH 1999, 150 f, zum Erfordernis einer mindestens halbjährigen Tätigkeit "bei einem Patentanwalt", das nur dann erfüllt ist, wenn der Antragsteller auf dem Gebiet eines Patentanwalts tätig geworden ist und nicht lediglich im Rahmen eines "Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen" bei einem dort ebenfalls angestellten Syndikusanwalt). Soweit der BGH hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erwerb von Fachanwaltsbezeichnungen in begrenztem Umfang Ausnahmen zulässt (vgl BGH Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 mwN, insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt; vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der Fachgerichte, wenn sie Nachweise des Bewerbers über die in seiner Eigenschaft als Syndikusanwalt betreuten Fälle als nicht ausreichend bewerten, BVerfG Beschluss vom 20.3.2007 - 1 BvR 142/07 - NJW 2007, 1945), ist dies für den vorliegenden Zusammenhang erkennbar ohne Bedeutung; im Übrigen sieht der BGH hierdurch seine sonstige Rechtsprechung ausdrücklich als nicht betroffen an.

40

Die Rechtsprechung des BGH wird durch die Materialien zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks 12/4993) bestätigt. Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) vermerkt in der Drucks 12/7656 (Beschlussempfehlung und Bericht) auf S 49 zu Nummer 18a (§ 46 BRAO):

        

"… Nicht aufgegriffen hat der Ausschuß den in der Anhörung am 1. Dezember 1993 von Vertretern der Syndikusanwälte im Deutschen Anwaltverein vorgebrachten Vorschlag, durch eine Änderung des § 46 BRAO dem Syndikusanwalt einzuräumen, daß er auch im Angestelltenverhältnis als Anwalt tätig wird.

        

Eine solche Änderung hätte zur Folge gehabt, daß der Syndikusanwalt, der jetzt im Nebenberuf Rechtsanwalt ist und im Hauptberuf als Angestellter seinen Arbeitgeber in rechtlichen Angelegenheiten berät, auch in seiner Eigenschaft als rechtlicher Berater seines Arbeitgebers Rechtsanwalt mit allen Rechten und Pflichten ist. Der Ausschuß ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das in den §§ 1 bis 3 BRAO normierte Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es sich auch in der Allgemeinheit von ihm als unabhängigem Organ der Rechtspflege gebildet hat, mit der Tätigkeit unvereinbar ist, wenn der Syndikus im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Anwalt auftritt. Bei der Tätigkeit, die der Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, sind dann, wenn der Syndikus persönlich mit der Materie des Einzelfalls befaßt gewesen ist, die durch das Gesetz der freien Advokatur gekennzeichneten typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Rechtsanwalts bestimmen, nicht gegeben. Seine freie und unreglementierte Selbstbestimmung wäre im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, in dem er grundsätzlich dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt, nicht gewährleistet. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 zum anwaltlichen Zweitberuf (1 BvR 79/85 u. a.) spricht zwar einerseits für eine weitgehende Öffnung zum Zweitberuf, wenn durch Berufsausübungsregelungen die Gefahr von Interessenkollisionen vermieden wird. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang aber auch erneut die Gemeinschaftsgüter der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Rechtspflegeorgan und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege anerkannt. Beides steht nach der einhelligen Auffassung des Ausschusses einer Änderung des § 46 BRAO in dem gewünschten Sinn entgegen."

41

Ebenso hat schließlich der EuGH (Urteil vom 14.9.2010 - C-550/07 P - NJW 2010, 3557) entschieden, dass die Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt einer gemeinsamen Tradition der Mitgliedsstaaten entsprechend nur für Schriftwechsel gilt, der von "unabhängigen Rechtsanwälten" ausgeht, dh von Anwälten, die nicht durch einen Dienstvertrag an den Mandanten gebunden sind.

42

8. Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände der Revision greifen nicht durch.

43

a) Ungeachtet möglicher inhaltlicher Übereinstimmungen kommt für das Deckungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht, abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen". Die isolierte Fragestellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit in Gestalt einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und damit grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit eröffnet ist, würde damit gerade verlassen. Die beiden (einzigen) Formen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbständige Tätigkeit und die abhängige Beschäftigung, schließen sich im Übrigen wechselseitig aus. Wo - wie vorliegend - die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in Frage steht, können Gesichtspunkte der selbständigen Erwerbstätigkeit keine Rolle spielen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung des BSG im Rentenversicherungsrecht, dass, wenn nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbständig zu beurteilen ist und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (vgl BSG Urteile vom 4.11.2009 - B 12 R 7/08 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 19 mit Hinweis auf die Rechtslage bereits vor Inkrafttreten des SGB VI, vom 13.9.1979 - 12 RK 26/77 - BSGE 49, 38, 39 f = SozR 2200 § 1227 Nr 29 S 67, 68 f, mwN und vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 - SozR 5800 § 2 Nr 3; s auch - hieran anknüpfend - die Begründung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/4124 S 148).

44

b) Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI fordert - wie dargelegt - nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung. Ihr Vorliegen könnte nicht mehr zu einem Lebenssachverhalt führen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI in vollem Umfang erfüllt.

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein innerer (sachlicher) Zusammenhang der behaupteten Art "theorie-"gestützt begründet wird. Was für den inneren Zusammenhang als solchen gilt, betrifft notwendig auch alle zum Beleg seines Vorliegens benannten Einzelkriterien und "Kriterienformeln", damit auch die sog Vier-Kriterien-Theorie ("rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend") und jedes ihrer Elemente. Erst recht fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, die "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands der Rechtsanwendung zugrunde zu legen und damit die Rechtsfolge des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit der vorliegend in Frage stehenden Fallgruppe zu verbinden, für die sie der hierzu einzig berufene Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen hat. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe. Nur soweit der Gesetzgeber hierfür im Einzelfall Anlass gesehen hat und im Anwendungsbereich der jeweiligen Koordinierungsregelung, kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden. Auch insofern bedarf es schließlich keines näheren Eingehens auf den Theorie-Charakter der "Vier-Kriterien-Theorie" im Sinne der Wissenschaftstheorie bzw einer wissenschaftlich betriebenen Jurisprudenz.

46

c) Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht. Zwar stellt sich aus der Sicht der allein auf einer arbeitsrechtlichen Nebentätigkeit gründenden Zulassung zur Rechtsanwaltschaft umgekehrt die Frage, ob eine daneben ausgeübte Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist und daher ihrer Erteilung nicht entgegensteht (§ 7 Nr 8 BRAO)bzw ihren Widerruf nicht fordert (§ 14 Abs 2 Nr 8 BRAO). Indessen ist die hierzu vorliegend umfangreiche - und seit dem Beschluss des BVerfG vom 4.11.1992 (1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287) im Sinne der Liberalisierung nachhaltig geänderte - Rechtsprechung soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt - selbstwidersprüchlich - auf den Gedanken gekommen, dass eine Unvereinbarkeit schon deshalb nicht vorliegen könnte, weil es sich bei der im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit um einen genuinen Teil des anwaltlichen Berufsbildes handeln könnte. Die oft zitierte Beschäftigung als Taxi-Fahrer steht der anwaltlichen Berufsausübung nicht entgegen, gehört ihr aber evident nicht zu. Dasselbe gilt insbesondere für den Inhalt solcher Beschäftigungen, die Rechtsberatung gegenüber dritten Personen (vgl BGH Beschlüsse vom 3.3.1986 - AnwZ (B) 1/86 - BGHZ 97, 204, 206 und vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084 und die Nachweise bei BGH Beschluss vom 27.5.1991 - AnwZ (B) 4/91 - NJW 1991, 2289) oder die juristische Sachbearbeitung bei einer Rechtsschutzversicherung (BGH Beschluss vom 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94 - NJW 1995, 1031) zum Inhalt haben. Die Vereinbarkeit von Anwaltsberuf und daneben ausgeübter Tätigkeit ist damit zwar notwendig, weil andernfalls eine Zulassung zur Anwaltschaft nicht erfolgen könnte, zur Begründung der für die Anwendung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI notwendig erforderlichen Doppelrelevanz aber nicht hinreichend. Auch alle sonst von § 7 Nr 8, § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO erfassten Tätigkeiten sind gerade solche außerhalb des anwaltlichen Berufsfelds in einem Zweitberuf(vgl exemplarisch BGH vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084).

47

d) Hinweise für eine fehlende Anwendbarkeit von § 46 BRAO auf Fälle der vorliegenden Art fehlen vollständig. Die Vorschrift gehört zu den Berufsausübungsregelungen, die als gegenüber Berufszugangsregelungen (Art 12 Abs 1 GG) der vorstehend erörterten Art weniger schwer wiegender Eingriff das Verhältnis der durch Zulassung eröffneten anwaltlichen Berufstätigkeit zu einer daneben ausgeübten Beschäftigung betreffen. Insofern begründet § 46 BRAO besondere Berufspflichten der Syndikusanwälte und bestätigt im Rückschluss gleichzeitig, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege selbst dann nicht von vornherein entgegensteht, wenn sie anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen und die Arbeitszeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt(vgl BVerfG Beschluss vom 4.11.1992 - 1 BvR 79/85 ua - BVerfGE 87, 287, 297; zur fehlenden Anwendbarkeit von § 46 BRAO bei einem angestellten Rechtsanwalt, der unabhängig und weisungsfrei Mandate bearbeitet, die sein Arbeitgeber oder Dienstherr übernommen hat s im Übrigen BGH Beschlüsse vom 6.3.2006 - AnwZ (B) 37/05 - BGHZ 166, 299 und vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17 insofern in BGHZ 183, 73 nicht abgedruckt). Auch insofern geht es jedoch stets um die Abgrenzung verschiedener rechtsberatender und -besorgender Tätigkeiten (vgl BGH Beschluss vom 19.6.1995 - AnwZ (B) 4/95 - NJW-RR 1995, 1083, 1084) und insbesondere um die Unterscheidung zwischen dem weisungsfreien, unabhängigen Rechtsanwalt und dem Syndikusanwalt, der im Rahmen eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen muss (BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69; BGH Beschlüsse vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130 und vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1520 RdNr 27; Anwaltsgerichtshof Hamburg Beschluss vom 3.9.2002 - II ZU 11/01 - BRAK-Mitt 2002, 283).

48

e) Der von der Revision mit der verbreiteten Bezeichnung "Doppelberufstheorie" bezeichnete rechtliche Umstand gibt unter diesen Umständen der Sache nach die von BGH, BAG, BVerfG und EuGH übereinstimmend gegebene und fortlaufend bestätigte negative Antwort auf die Rechtsfrage wieder, ob der Syndikusanwalt auch in seiner abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt anzusehen ist. Soweit mit der Wortwahl eine geringere Verbindlichkeit im Sinne einer interpretativen "Kleintheorie" (vgl zur Klassifikation in Anlehnung an Ralf Dreier Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl, Köln/München 2008, S 163, 165) behauptet werden soll, steht dem "die fundamentale objektive Bedeutung der seit einem Jahrhundert durchgesetzten freien Advokatur" (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983 - 1 BvR 1078/80 - BVerfGE 63, 266, 282) und das Gewicht einer über Jahrzehnte fortgeführten einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und von deren Bindungswirkung entgegen, die ein formloses Abweichen zugunsten eines anderen gedanklichen Konstrukts zumindest nicht ohne Weiteres erlauben. Weder wird mit einem derartigen Verständnis der BRAO ein "einheitlicher Beruf künstlich aufgespalten" noch führt die Revision nachvollziehbare Hinweise auf eine "Aufweichung" oder "Aufhebung" des mit der Bezeichnung "Doppelberufs- oder Zweitberufstheorie" benannten rechtlichen Sachverhalts auf.

49

f) § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ist als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Die Klägerin gehört als abhängig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung(vgl § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem die Klägerin zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (zB § 1 S 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 - Nr 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung(§ 6 Abs 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16).

50

Nur ausnahmsweise gewinnen daher die von beiden Systemen Erfassten ihre Vorsorgefreiheit (Art 2 Abs 1 GG) durch Befreiungsregelungen begrenzt zurück. Bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI handelt es sich dem Konzept der abgestuften Schutzbedürftigkeit folgend bereits innerhalb der Beschäftigtenversicherung um eine abschließende Ausnahmeregelung, die einer erweiternden oder entsprechenden Anwendung nicht zugänglich ist(vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 20/96 - USK 9733). Sein Ausnahmecharakter wird zudem dadurch weiter bestätigt, dass er auch innerhalb seines Anwendungsbereichs ein Befreiungsrecht keineswegs für alle Fälle der Doppelzugehörigkeit vorsieht. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei ihm um eine "Kollisionsnorm" handele, deren Aufgabe darin liege, zugunsten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen die Anwendbarkeit jeweils nur einer (einzigen) Rechtsmasse sicherzustellen.

51

Kollisionsnormen betreffen die Frage, welches Recht als sog Sachnorm zur Anwendung kommt, wenn der Regelungsgegenstand gleichzeitig von mehreren Rechtsmassen erfasst ist. Sie bestimmen entweder beschränkt auf die Binnensicht nur einer Menge von Rechtssätzen, ob diese Anwendbarkeit beanspruchen, obwohl gleichzeitig andere Normbestände als einschlägig in Betracht kommen (einseitige Kollisionsnorm) oder legen für die Gesamtheit der einschlägigen Rechtsmassen umfassend fest, nach welcher von ihnen sich die rechtliche Beurteilung des Regelungsgegenstandes richtet (mehrseitige Kollisionsnorm). Nur soweit umfassend für alle Fälle des Zusammentreffens einschlägiger Rechtssätze die Anwendbarkeit wenigstens einer der in Frage stehenden Rechtsmassen abschließend abstrakt-generell bestimmt wird, kann ohne Weiteres von einer Kollisionsnorm in diesem Sinne gesprochen werden. Im Blick hierauf handelt es sich bei § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im umfassenden Sinne um eine Koordinationsregelung und entgegen der Behauptung der Klägerin allenfalls in einem sehr beschränkten Sinne um den Sonderfall einer Koordinierung von Systemen durch eine Kollisionsnorm mit Ausschlusswirkung zugunsten der berufsständischen Versorgung. Beides schließt sich damit entgegen dem Einwand der Beigeladenen zu 2. nicht aus. Nur wenn nämlich kumulativ alle objektiven Elemente des umfangreichen mehrgliedrigen Tatbestandes erfüllt sind, insbesondere allen Anforderungen an die Art der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, an die Gleichartigkeit der Beitragserhebung sowie an die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes genügt ist, und die hiernach Berechtigten positiv von dem ihnen eingeräumten "Entschließungsermessen" Gebrauch gemacht haben, kommt es (mittelbar) zum Ausschluss der Rentenversicherungspflicht. Das Gesetz beschränkt sich insofern typisierend auf Fallkonstellationen, bei denen insbesondere gleichermaßen das Bestandsinteresse und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wie der Gesichtspunkt der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes der Betroffenen durch die berufsständische Versorgungseinrichtung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen sind. Handelt es sich demgegenüber um Sachverhalte außerhalb des objektiven Anwendungsbereichs oder betätigt ein Berechtigter sein "Entschließungsermessen" nicht, fehlt es vollständig an einer kollisionsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung und belässt es das Gesetz mit der Folge der Doppelversicherung bei der parallelen Anwendbarkeit der jeweils einschlägigen Rechtssätze. Keineswegs besteht damit nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept für jeden Kollisionsfall auch Bedarf nach einer eindeutigen (Nicht-)Anwendungsregelung und damit ggf einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestands.

52

g) Ebenfalls entgegen der Revision ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 S 1 Nr 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann(vgl BT-Drucks 13/2590, S 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 6 RdNr 22; Horn/Jung, AnwBl 2013 , 420, 421; Horn, NJW 2012, 966, 971; Gürtner in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 6 RdNr 4; Kilger/Prossliner, NJW 2004, 821, 823; Offermann-Burckart, MDR 2013, 1197; Rid, BB-Special 3/2008, 10, 14). Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind.

53

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI hatte bis zum 31.12.1995 folgenden Wortlaut:

"(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.    

Angestellte und selbständig Tätige, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind, wenn für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepaßt werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist, …"

54

Soweit die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) in ihrem "Allgemeinen Teil" metaphorisch von einer "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1) unter "Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme" (BT-Drucks 13/2590 S 18) sprechen, geschieht dies allein im Kontext der beabsichtigten Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und zur Vermeidung der befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung. Belange der Versorgungsträger finden demgegenüber nur insofern Erwähnung, als mit der vorgesehenen Beschränkung des Befreiungsrechts "im Ergebnis die seit langem akzeptierte Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung gefestigt wird." Insbesondere ergibt sich aus den in BT-Drucks 13/2590 niedergelegten Erwägungen nicht andeutungsweise, dass mit der Schaffung der derzeit geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für bestimmte Personengruppen von der Doppelrelevanz einer im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigung ausgeübten Erwerbstätigkeit abgesehen bzw die Alterssicherung für eine lediglich parallel hierzu ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als eigenständiger Befreiungsgrund ausgestaltet werden sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach neuem (insofern seit 1.1.1996 geltendem) Recht erfolgende Befreiungen für alle erfassten Berufsgruppen in gleicher Weise ausgestaltet. Die "Klarstellung", auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22), erfasst daher die Gesamtheit der Normbetroffenen und damit selbstverständlich auch den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis. Ob das bis dahin geltende Recht möglicherweise anders verstanden werden konnte und daher die seit dem 1.1.1996 geltende Neufassung über eine bloße Klarstellung hinaus die Setzung neuen Rechts verkörpert, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung (vgl zur Bedeutung einer gesetzgeberischen "Klarstellung" für die Vergangenheit zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - DB 2014, 634 = NVwZ 2014, 577).

55

h) Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt. Der Gesetzgeber darf zur Bestimmung der Schutzbedürftigen typisierend an den Sachverhalt der Beschäftigung anknüpfen und in Verbindung hiermit Versicherungszwang anordnen. Hiergegen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG Beschlüsse vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f und vom 14.10.1970 - 1 BvR 753/68 ua - SozR Nr 8 zu Art 2 GG; vgl im Übrigen die Nachweise bei BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 29). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verletzt die Betroffenen insbesondere nicht in ihrem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 11 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 25) und berührt mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters nicht den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 27). Ein - von der Klägerin im Übrigen auch nicht gerügter - Eingriff in ihr Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber insbesondere mit der Einführung einer grundsätzlichen Versicherungspflicht für Beschäftigte von seinem weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfG vom 26.6.2007 aaO RdNr 28) in verfassungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat. Insbesondere verletzen die Pflichtmitgliedschaft und die damit ggf einhergehende Pflicht zur Beitragstragung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich auch bei Höherverdienenden, die anderweitig für ihre Alterssicherung Sorge tragen könnten, nicht Art 2 Abs 1 GG. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit eines Versicherungspflichtigen, sondern lediglich den Tatbestand der Beschäftigung voraussetzt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher - auch im Hinblick auf die Alterssicherung - sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfG Beschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 mwN).

56

Bei der ausnahmsweisen Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten zur Beseitigung eines unmittelbar gesetzlich angeordneten Versicherungszwangs darf der Gesetzgeber, der die Vorsorgefreiheit Beschäftigter aus Art 2 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenkenfrei begrenzt hat, erst recht die Leistungsfähigkeit der verbleibenden Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen und insbesondere dem Anliegen, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten, vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erhebliche Bedeutung beimessen; insofern kommt es auf die möglicherweise geringe Zahl der Betroffenen nicht an (vgl BVerfG Beschluss vom 5.5.2008 - 1 BvR 1060/05 ua - SozR 4-2600 § 6 Nr 7 RdNr 16 ff, 19). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl insgesamt die Nachweise bei BSG Urteil vom 9.3.2005 - B 12 RA 8/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 3 RdNr 6). Umgekehrt ist für das berufsständische Versorgungsrecht geklärt, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sich die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk auch auf in der gesetzlichen Angestelltenversicherung pflichtversicherte Berufsangehörige erstreckt (vgl BVerwG Beschluss vom 23.3.2000 - 1 B 15/00 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr 42 und die dortigen Nachweise).

57

Der verfassungsrechtlich damit unbedenkliche öffentlich-rechtliche Eingriff in die Vorsorgefreiheit der betroffenen Versicherten steht umgekehrt für seinen Anwendungsbereich eigenen individuellen Gestaltungen durch privatrechtlichen Vertragsschluss entgegen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73 und die dortigen Nachweise). Das gilt ohne Weiteres auch für die Wahl unter mehreren öffentlich-rechtlich ausgestalteten Sicherungssystemen nach Maßgabe individueller Günstigkeitserwägungen des Beschäftigten bzw der Arbeitsvertragsparteien. Diesen bleibt es im Übrigen zwar grundsätzlich unbenommen, Anknüpfungssachverhalte des Privatrechts, auf die das Gesetz öffentlich-rechtliche Normbefehle tatbestandlich stützt, selbst zu gestalten (vgl exemplarisch BSG Urteil vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 95 ff: Ausgestaltung der Übungsleitertätigkeit wahlweise als Beschäftigung oder als Ausdruck der Mitgliedschaftspflicht). Auch derartige Möglichkeiten der autonomen Gestaltung von Anknüpfungssachverhalten sind indessen versperrt, wo der Gesetzgeber die öffentlich-rechtliche Anordnung von Versicherungspflicht auch tatbestandlich auf zwingendes öffentliches Recht stützt. Soweit er daher in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 1 GG die "Rechtsanwaltschaft" ausgestaltet hat, ist weder für einzelne Normbetroffene - ggf im Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern - noch für berufsständische Organisationen die Möglichkeit eröffnet, selbst über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu disponieren oder das Berufsrecht "fortzuentwickeln". Mangels privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit scheidet insofern auch eine mikroökonomische Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der "win-win-Situation" von vornherein aus. Hiervon unabhängig können die Arbeitsvertragsparteien indessen - wenn auch ohne versorgungsrechtliche Auswirkungen - die Grundlagen für eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben dem Arbeitsverhältnis schaffen, dem Arbeitnehmer auf diese Weise ein zusätzliches Betätigungsfeld eröffnen und den Arbeitgeber am Sozialprestige der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft teilhaben lassen.

58

i) Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis nicht berufen (vgl BVerfG Beschluss vom 17.6.2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54). Außerhalb der vorliegend zur Entscheidung stehenden Fälle, bei denen es jeweils um die erstmalige Befreiung für einen bestimmten Zeitraum geht, weist der Senat hinsichtlich der derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung auf Folgendes hin: Sie haben - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen, das über den Schutz durch die §§ 44 ff SGB X hinausgehen dürfte. Insbesondere haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (wenn auch ohne gesetzliche Grundlage) die "Vier-Kriterien-Theorie" selbst mit befördert und angewandt. Schon weil damit bei der gebotenen typisierenden Betrachtung Lebensentscheidungen über die persönliche Vorsorge nachhaltig mit beeinflusst wurden, kann einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Demgegenüber ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der 12. Senat des BSG bereits in seiner Sitzung vom 9.3.2005 eine der vorliegenden Entscheidung entsprechende Rechtsauffassung angedeutet hatte. Damals war es in den Verfahren B 12 RA 3/04 R, B 12 RA 4/04 R und B 12 RA 11/04 R (Presse-Vorbericht Nr 12/05 vom 23.2.2005) jeweils um die Frage gegangen, ob die Kläger, die jeweils als Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein zugelassen waren und bei unterschiedlichen in Hamburg residierenden Unternehmen beschäftigt waren, für ihre Beschäftigung von der Versicherungspflicht zu befreien waren. Die Revisionen wurden damals in allen drei Verfahren zurückgenommen (vgl Presse-Mitteilung Nr 12/05 vom 10.3.2005).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) begehrt die Feststellung, dass die Beigeladene zu 1. als selbstständige Landwirtin in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) und nicht bei der beklagten AOK versicherungspflichtig ist.

2

Die 1976 geborene Beigeladene zu 1. ist seit 1.6.2005 bei der Beklagten nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V pflichtversichert. Zunächst war sie insoweit bei dem Beigeladenen zu 2. als Landwirtin mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden und einem monatlichen Bruttoentgelt von 1083,30 Euro beschäftigt. Ab 30.7.2007 wechselte sie zum Beigeladenen zu 3.; bei gleicher Arbeitszeit betrug das monatliche Bruttoarbeitsentgelt nunmehr 1050 Euro. Bereits am 1.1.2007 hatte sie daneben als selbstständige Landwirtin den landwirtschaftlichen Betrieb ihres Vaters mit einer Größe von rund 90 ha und einem Bestand an Milch- und Mutterkühen, Kälbern/Färsen sowie Deckbullen von bis zu 232 Tieren (Oktober 2007) übernommen. Auf diesem Hof arbeitete sie selbst in der Regel 15 Stunden wöchentlich, die weiteren notwendigen Arbeiten wurden im Wesentlichen von ihren Angehörigen übernommen. Laut Einkommensteuerbescheid für 2007 erzielte sie aus Land- und Forstwirtschaft einen Gewinn von 4395 Euro und Einkünfte von 12 799 Euro aus nichtselbstständiger Arbeit. Für 2008 wurden Verluste von 29 489 Euro und Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von 12 600 Euro festgestellt. Auch im Wirtschaftsjahr Mai 2009 bis April 2010 entstand ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 29 000 Euro.

3

Im April 2007 zeigte die Rechtsvorgängerin der Klägerin der Beklagten an, ab 1.1.2007 die Krankenversicherung der Beigeladenen zu 1. als landwirtschaftliche Unternehmerin durchführen zu wollen; dem trat die Beklagte entgegen. Das SG hat die daraufhin erhobene, auf Feststellung der Pflichtversicherung der Beigeladenen zu 1. als landwirtschaftliche Unternehmerin gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen: Nur die die Versicherung tatsächlich durchführende Beklagte sei als Einzugsstelle berechtigt, Statusentscheidungen gegenüber den am Versicherungsverhältnis Beteiligten zu treffen; Dritten gegenüber hätten diese eine Tatbestandswirkung, die nicht mittels Feststellungsklage umgangen werden könne (Urteil vom 8.10.2010).

4

Die Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen, weil die Feststellungsklage zwar zulässig, im Ergebnis jedoch unbegründet sei: Die Beigeladene zu 1. sei als Beschäftigte in der allgemeinen Krankenversicherung und nicht in der KVdL versicherungspflichtig. Sie sei nicht iS von § 5 Abs 5 SGB V als landwirtschaftliche Unternehmerin hauptberuflich selbstständig tätig, weil diese Tätigkeit weder in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung noch auf den zeitlichen Aufwand die übrige Erwerbstätigkeit überwiege und somit nicht den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstelle. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei bei dem Vergleich der Erwerbstätigkeiten nicht auf den sich nach § 32 Abs 6 ALG ergebenden Wert abzustellen, sondern auf das Arbeitseinkommen nach § 15 Abs 1 SGB IV, und nur die von der Beigeladenen zu 1. im Rahmen ihrer Unternehmertätigkeit persönlich aufgewandte Arbeitszeit zu berücksichtigen (Beschluss vom 10.8.2011).

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 2 Abs 1 Nr 1, Abs 3 S 1 KVLG 1989 und § 5 Abs 1 Nr 1 sowie Abs 5 SGB V. Für die Beurteilung der "Hauptberuflichkeit" iS von § 5 Abs 5 SGB V bei einer selbstständigen Tätigkeit als Landwirt komme es stets auf das nach § 32 Abs 6 ALG ermittelte Einkommenspotential, den sog korrigierten Wirtschaftswert, an. Dieser sei im Vergleich zu den tatsächlich nachgewiesenen Einkünften, dem reinen Wirtschaftswert oder den Durchschnittssätzen nach § 13a EStG ein objektiverer, gerechterer und der missbräuchlichen "Abwanderung" in die allgemeine Krankenversicherung besser entgegenwirkender Maßstab. Durch die Rechtsprechung des 10. Senats des BSG (SozR 3-5420 § 3 Nr 3) sei nicht entschieden, dass § 32 Abs 6 ALG nur im Falle der Veranlagung eines Landwirts nach § 13a EStG anzuwenden sei. Einer Anwendung des § 32 Abs 6 ALG stehe der Wortlaut des § 15 SGB IV nicht entgegen, da der Rückgriff auf diese Vorschrift lediglich ein Hilfsmittel der nach § 5 Abs 5 SGB V vorzunehmenden Abwägung der wirtschaftlichen Bedeutung mehrerer Tätigkeiten sei und § 15 Abs 1 SGB IV als Maßstab beispielsweise auch bei Mehrheits-Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH versage. Werde § 32 Abs 6 ALG dagegen nicht zur Prüfung der "Hauptberuflichkeit" herangezogen, müsse jedenfalls nach dem Gesetzeszweck bezüglich des Zeitaufwands auch Arbeitszeit von Familienangehörigen und Fremdpersonal mitberücksichtigt werden, um so eine willkürliche Abwanderung landwirtschaftlicher Unternehmer aus der KVdL in die allgemeine Krankenversicherung zu verhindern.

6

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Oktober 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1. seit 1. Januar 2007 als landwirtschaftliche Unternehmerin in der Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig ist.

7

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. verteidigen das angefochtene Urteil. Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

Zu Recht hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das die Klage verwerfende Urteil des SG zurückgewiesen, weil die Klage zwar zulässig (hierzu 1), aber unbegründet ist. Die Beigeladene zu 1. war in dem vom Senat zu beurteilenden Zeitraum 1.1.2007 bis zu dem mit der Revision angefochtenen Beschluss des LSG vom 10.8.2011 (zum insoweit maßgebenden Endzeitpunkt vgl zB BSG SozR 4-2500 § 6 Nr 9 RdNr 9 mwN)nicht als landwirtschaftliche Unternehmerin versicherungspflichtig in der KVdL (hierzu 2).

11

1. Die Revision ist nicht schon deswegen unbegründet, weil bereits die auf Feststellung der Versicherungspflicht in der KVdL - und nicht in der allgemeinen Krankenversicherung - gerichtete Klage unzulässig war, wie es das SG angenommen hat. Nach der stRspr des BSG ist der Streit zwischen zwei Krankenversicherungsträgern über die Zuständigkeit für die Durchführung der Krankenversicherung im Wege der Feststellungsklage vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auszutragen (zB BSGE 18, 190, 193 = SozR Nr 1 zu § 245 RVO; BSG SozR 4-5420 § 3 Nr 1 RdNr 9 mwN; zur Rspr des Senats vgl zB BSG SozR 4-2500 § 175 Nr 2 RdNr 18; SozR 3-2500 § 175 Nr 3 S 14; BSG Urteil vom 9.11.2011 - B 12 KR 3/10 R - USK 2011-161). Insoweit existiert zwar keine ausdrückliche gesetzlichen Regelung. Der Grundsatz der Rechtssicherheit, der Schutz der Versicherten und die Verpflichtung der Träger zu enger Zusammenarbeit gebieten jedoch eine solche Vorgehensweise (BSG SozR 4-5420 § 3 Nr 1 RdNr 9). Daran hält der Senat fest. Das SG hat vernachlässigt, dass auch Status- bzw Mitgliedschaftsfeststellungen nicht nur die Rechte der am festgestellten Versicherungsverhältnis Beteiligten berühren, sondern auch die Rechte des Versicherungsträgers, bei dem die Versicherung kraft Gesetzes oder Wahl durchzuführen ist (in diesem Sinne schon BSGE 18, 190, 193 = SozR Nr 1 zu § 245 RVO). Dem ist durch Gewährung von Rechtsschutz in Form der Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht bzw Mitgliedschaft bei dem betroffenen Träger Rechnung zu tragen. Gleichzeitig hat schon das LSG zutreffend darauf hingewiesen, dass die vom SG als entscheidend angesehene Stellung der Beklagten als Einzugsstelle gerade noch nicht feststeht. Vielmehr ist diese Stellung abhängig von der durch die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit bestrittenen Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in der allgemeinen Krankenversicherung.

12

2. Die Revision ist jedoch unbegründet, weil die Beigeladene zu 1. nicht seit 1.1.2007 als landwirtschaftliche Unternehmerin in der KVdL, sondern weiterhin als Beschäftigte in der allgemeinen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist (hierzu a). Hiervon ist die Beigeladene zu 1. nicht wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit ausgeschlossen (hierzu b).

13

a) Versicherungspflichtig in der KVdL sind nach § 5 Abs 1 Nr 3 SGB V(in bisher unveränderter Fassung) iVm § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989(idF durch Gesetz vom 29.7.1994, BGBl I 1890) - allein dieser Tatbestand kommt vorliegend in Betracht - landwirtschaftliche Unternehmer, deren Unternehmen unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, auf Bodenbewirtschaftung beruht und - was hier der Fall ist - eine bestimmte Mindestgröße erreicht. Nicht nach dem KVLG 1989 versicherungspflichtig ist jedoch, wer nach anderen gesetzlichen Vorschriften versicherungspflichtig ist (§ 3 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 in bisher unveränderter Fassung).

14

Die Beigeladene zu 1. ist als Beschäftigte (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) des Beigeladenen zu 2. bzw ab 30.7.2007 des Beigeladenen zu 3. nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V außerhalb der KVdL in der allgemeinen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Der nach § 3 Abs 2 Nr 1 und Nr 1a KVLG 1989(idF durch Gesetz vom 29.7.1994, BGBl I 1890) in Bezug auf die Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bestehende Vorrang zugunsten der KVdL greift nicht ein: Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und für den Senat daher bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG wurden die Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. bei den Beigeladenen zu 2. und zu 3. jeweils über mehrere Jahre ausgeübt. Auf eine solche, 26 Wochen übersteigende Dauer waren die Beschäftigungen nach den vorliegenden Umständen von vornherein angelegt, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist. Zugleich besteht keine Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. als mitarbeitende Familienangehörige iS des § 2 Abs 1 Nr 3 KVLG 1989.

15

b) Die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. als Beschäftigte (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) ist - anders als die Klägerin meint - nicht nach § 5 Abs 5 SGB V(bisher unveränderte Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477, 2482) ausgeschlossen, weil die Beigeladene zu 1. ihre selbstständige Tätigkeit als landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne dieser Norm etwa hauptberuflich ausübte. Wann eine selbstständige Tätigkeit iSd § 5 Abs 5 SGB V "hauptberuflich" ausgeübt wird, ist weder gesetzlich ausdrücklich bestimmt noch nach dem Wortsinn eindeutig. Jedoch hat das BSG in stRspr unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BT-Drucks 11/2237 S 159 zu § 5 Abs 3 bis 9)Hauptberuflichkeit dann angenommen, wenn die selbstständige Tätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und - ohne dass diesem Merkmal eine eigenständige Bedeutung zukäme (BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3) - den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (zB BSGE 77, 93, 95 = SozR 3-5420 § 3 Nr 1 S 2 f; BSGE 79, 133 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27; BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 14). Diesen Ausgangspunkt teilt auch die Klägerin.

16

Der Klägerin kann jedoch im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass bei dem nach § 5 Abs 5 SGB V anzustellenden gewichtenden Vergleich von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit(vgl dazu allgemein BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 15 mwN) bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung einer Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer stets auf den korrigierten Wirtschaftswert nach § 32 Abs 6 ALG abzustellen sei(hierzu aa). Ebenso wenig ist für den Vergleich des jeweiligen zeitlichen Aufwands die Arbeitszeit von im Unternehmen eingesetzten Familienangehörigen, Arbeitskräften oder Lohnunternehmern dem Unternehmer zuzurechnen (hierzu bb). Vielmehr hat das LSG aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen zu Recht angenommen, dass die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit einer landwirtschaftlichen Unternehmerin unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Arbeitseinkommens und ihrer persönlich aufgewandten Arbeitszeit nicht hauptberuflich ausübte (hierzu cc).

17

aa) Die wirtschaftliche Bedeutung auch einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit bemisst sich bei Prüfung der Hauptberuflichkeit iS des § 5 Abs 5 SGB V grundsätzlich nach dem Arbeitseinkommen iS des § 15 Abs 1 SGB IV(Gesamtnorm inhaltlich zuletzt geändert durch das Agrarsozialreformgesetz 1995 vom 29.7.1994, BGBl I 1890, hier anzuwenden idF der Bekanntmachungen vom 23.1.2006, BGBl I 86, bzw ab 1.9.2009 der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710). Auf den sog korrigierten Wirtschaftswert des § 32 Abs 6 ALG(idF durch Gesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1983) ist nur in den Fällen des § 15 Abs 2 SGB IV bei Landwirten abzustellen, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a EStG ermittelt wird. Dies ergibt sich aus gesetzeshistorischen und systematischen Gesichtspunkten (hierzu <1>) sowie dem Regelungszweck des § 5 Abs 5 SGB V(hierzu <2>), ohne dass dabei den von der Klägerin befürchteten Missbrauchsmöglichkeiten oder begrifflichen Schwierigkeiten bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH entscheidende Bedeutung zukommt (hierzu <3>). Vor allem aber würde dann, wenn man die wirtschaftliche Bedeutung landwirtschaftlicher Tätigkeiten generell auf Grundlage des korrigierten Wirtschaftswerts bestimmen wollte, der gesetzliche Nachrang der KVdL ab einer bestimmten Betriebsgröße in unzulässiger Weise durch einen faktischen Vorrang der KVdL gegenüber anderen Versicherungspflichttatbeständen ersetzt (hierzu <4>).

18

(1) Der in den Materialien zum GRG (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, aaO) verwendete Begriff der "wirtschaftlichen Bedeutung" einer Beschäftigung bzw Tätigkeit knüpft - jedenfalls soweit es um die Abgrenzung von Haupt- und Nebentätigkeit geht - erkennbar an den Beitrag zum Lebensunterhalt des Betroffenen an, der aus der jeweiligen Erwerbstätigkeit erzielt wird. Diesem entspricht das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt bzw das aus der selbstständigen Tätigkeit erzielte Arbeitseinkommen iS der §§ 14, 15 SGB IV. Als Vorschriften des Zweiten Titels "Arbeitsentgelt und sonstiges Einkommen" des Ersten Abschnitts "Grundsätze und Begriffsbestimmungen" des SGB IV bestimmen §§ 14, 15 SGB IV mit Geltungsanspruch ua für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die Alterssicherung der Landwirte(§ 1 Abs 1 SGB IV), was von dem aus Beschäftigung bzw selbstständiger Tätigkeit Erzielten sozialversicherungsrechtlich - insbesondere für die Beurteilung der Versicherungspflicht und der Beitragsberechnung - relevant ist. Der Regelungsinhalt der genannten Bestimmungen gilt insbesondere auch für die KVdL. Diese ist Teil der GKV (§ 21 Abs 2 SGB I). Zugleich greifen deren Rechtsgrundlagen im KVLG 1989 - nach § 68 Nr 6 SGB I ein besonderer Teil des SGB - vielfach auf die Begriffe des Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens iS der §§ 14, 15 SGB IV zurück(zB § 2 Abs 1 Nr 2 Buchst b; § 24 Abs 1 Nr 3; § 31 Nr 3; § 39 Abs 1 Nr 4; § 44 Abs 2 Nr 4; § 45 Abs 1 Nr 3, Abs 2 KVLG 1989). Soweit das KVLG 1989 für die Beitragsbemessung bei Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft von § 15 SGB IV abweichende Regelungen enthält und insbesondere Beitragsklassen für die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Maßstab zu bestimmen sind(§ 40 Abs 1 S 2 KVLG 1989), wird auch hierbei nicht der von der Klägerin für die Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit favorisierte Wert nach § 32 Abs 6 ALG herangezogen. Darüber hinaus bildet der korrigierte Wirtschaftswert nach § 32 Abs 6 ALG - anders als die Regelungen in §§ 14, 15 SGB IV - nicht ab, was dem Betroffen aufgrund der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit im obigen Sinne für seinen Lebensunterhalt tatsächlich (vor Steuern und Sozialbeiträgen) zur Verfügung steht. Der korrigierte Wirtschaftswert nach § 32 Abs 6 ALG repräsentiert vielmehr nur das aus Erfahrungswerten der für den Agrarbericht ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe ermittelte Einkommenspotential eines landwirtschaftlichen Betriebs(Gesetzentwurf der Bundesregierung zum ASRG 1995 , BR-Drucks 508/93 S 77 zu Art 1 § 32 des Entwurfs). Er entspricht somit dem, was bei einer bestimmten Wirtschaftsweise aus dem Betrieb als Einkommen erzielt werden "könnte", nicht aber demjenigen, was einem Betroffenen tatsächlich zum Lebensunterhalt zur Verfügung steht und dadurch seine wirtschaftliche Lage prägt.

19

(2) Zudem spricht - entgegen der Ansicht der Klägerin - der Regelungszweck des § 5 Abs 5 SGB V für die Maßgeblichkeit des Arbeitseinkommens(§ 15 SGB IV) bei der Ermittlung der Hauptberuflichkeit auch bei landwirtschaftlichen Unternehmern. So soll durch § 5 Abs 5 SGB V vermieden werden, dass ein nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger durch Aufnahme einer niedrig vergüteten, aber (schon) versicherungspflichtigen "Nebenbeschäftigung" den umfassenden Schutz der GKV erhält(so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, BT-Drucks 11/2237 S 159 zu § 5 Abs 3 bis 9), obwohl er weder zu dem des Solidarschutzes bedürftigen Personenkreis gehört, noch nach seinem Arbeitseinkommen bzw seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu den Lasten der Solidargemeinschaft beiträgt (vgl BSGE 77, 93, 96 f = SozR 3-5420 § 3 Nr 1 S 3 f). Die Regelung zielt also nicht speziell auf die Zuordnung landwirtschaftlicher Unternehmer, die zugleich eine Beschäftigung ausüben, zur allgemeinen oder landwirtschaftlichen Krankenversicherung. Vielmehr zielt sie vorrangig auf den Ausschluss ansonsten "nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger" aus der GKV. Deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit - die zugleich Anknüpfungspunkt der Beitragsbemessung ist (vgl für die freiwillige Versicherung ausdrücklich § 240 Abs 1 S 2 SGB V) - bemisst sich jedoch, soweit es um die Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit geht, nach dem Arbeitseinkommen iS von § 15 Abs 1 SGB IV. Maßgebend ist insoweit nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit, ermittelt nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts (vgl BSGE 79, 133 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27; BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 14 f).

20

Dem steht nicht entgegen, dass § 5 Abs 5 SGB V - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - auch dem Ziel dient zu verhindern, dass Haupterwerbslandwirte, die in der KVdL versicherungspflichtig sind, wegen einer abhängigen Nebenbeschäftigung in die allgemeine Krankenversicherung, also in ein anderes Sicherungssystem, abwandern(vgl BSGE 77, 93, 96 f = SozR 3-5420 § 3 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3 S 17). Wie vorstehend dargelegt, ist Gegenstand des § 5 Abs 5 SGB V der generelle Ausschluss aller hauptberuflich Selbstständigen und nicht speziell der landwirtschaftlichen Unternehmer von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Krankenversicherung. Soweit in diesem Kontext die wirtschaftliche Bedeutung einer Tätigkeit entscheidend ist, muss deshalb einheitlich auf die alle Selbstständigen betreffenden Regelungen abgestellt werden. Für die Anwendung abweichender Beurteilungsmaßstäbe bezüglich einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit besteht über die Fälle des § 15 Abs 2 SGB IV hinaus in diesem Zusammenhang keine Veranlassung. Dies gilt umso mehr, als durch die Änderung des § 15 SGB IV durch das ASRG 1995 gerade auch für landwirtschaftliche Unternehmer die volle Parallelität zwischen Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht werden sollte(BR-Drucks 508/93 S 92 zu Art 3 Nr 2 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung). Hinzu kommt, dass auch für die Berechnung der Zuschüsse zum Beitrag für die Alterssicherung der Landwirte, die den eigentlichen Gegenstand des § 32 ALG bildet, die Ermittlung des Arbeitseinkommens nach den von der Landwirtschaftlichen Alterskasse festgesetzten Werten(§ 32 Abs 5 und 6 ALG) nur eine Ausnahme darstellt. Regelmäßig maßgebend ist auch in diesem Kontext der nach § 4 Abs 1 oder 3 EStG ermittelte und im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft(§ 32 Abs 4 ALG).

21

(3) Die generelle Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit nach dem Einkommenspotential des Betriebs (korrigierter Wirtschaftswert nach § 32 Abs 6 ALG) ist ebenfalls nicht wegen des von der Klägerin betonten Umstands notwendig, dass der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn (§ 15 Abs 1 SGB IV) durch betriebliche Investitionen oder eine schlechte Wirtschaftsweise willkürlich gemindert werden kann. Auswirkungen solcher kurzzeitiger Effekte auf die Entscheidung über die Versicherungspflicht werden vermieden, wenn - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie beim Zusammentreffen einer Beschäftigung als Arbeitnehmer mit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zB als landwirtschaftlicher Unternehmer vorliegen, auf Grundlage der vorangegangenen Verhältnisse in einer vorausschauenden Betrachtungsweise unter Einbeziehung absehbarer Entwicklungen beurteilt werden (BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3 S 18 f mwN; vgl allgemein zu Prognosen im Zusammenhang mit Statusentscheidungen im Sozialversicherungsrecht BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16 f mit zahlreichen Rspr-Nachweisen).

22

Für die Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit nach § 32 Abs 6 ALG bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals "hauptberuflich" in § 5 Abs 5 SGB V spricht auch nicht der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, dass der Vergleich von Arbeitsentgelt iS des § 14 SGB IV und Arbeitseinkommen iS des § 15 Abs 1 SGB IV bei Personen versage, die neben einer Beschäftigung eine sozialversicherungsrechtlich nicht als Beschäftigung zu bewertende Tätigkeit als Mehrheits-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH(vgl zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 8; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - ZIP 2006, 678 = Die Beiträge Beilage 2006, 149, jeweils mwN) ausüben; dafür könnte sprechen, dass die insoweit erzielten Einnahmen einkommensteuerrechtlich regelmäßig als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) betrachtet werden (vgl BFHE 225, 33, 38 ff mwN). Der Senat braucht vorliegend nicht zu entscheiden, ob in einem solchen Fall stattdessen zB durch eine veränderte Gewichtung von wirtschaftlicher Bedeutung und zeitlichem Aufwand oder durch eine Ausnahme von der Heranziehung des Arbeitseinkommens nach § 15 SGB IV als Maß für die wirtschaftliche Bedeutung der selbstständigen Tätigkeit rechtlich einwandfrei sachgerechte Ergebnisse erzielt werden können. Jedenfalls wäre es aber ausgeschlossen, als Wert für die wirtschaftliche Bedeutung der Geschäftsführertätigkeit auf den Gewinn der Gesellschaft oder gar auf deren Gewinnpotential zurückzugreifen, was dem von der Klägerin gewünschten Rückgriff auf den korrigierten Wirtschaftswert nach § 32 Abs 6 ALG für die wirtschaftliche Bedeutung einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit entspräche. Eine andere Betrachtungsweise würde insbesondere bei "Tätigkeiten" von Gesellschaftern die Rechtspersönlichkeit von juristischen Personen unzulässig hinwegfingieren (zur Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens vgl BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 18 ff).

23

(4) Vor allem aber wäre es mit dem in § 3 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 angeordneten grundsätzlichen Nachrang der KVdL nicht zu vereinbaren, wenn der KVdL durch eine weite Auslegung der Ausschlussregelung des § 5 Abs 5 SGB V - hier infolge des von der Klägerin favorisierten Abstellens auf den korrigierten Wirtschaftswert statt auf den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn - faktisch ein Vorrang eingeräumt würde(so bereits BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 2 S 8). Der Gesetzgeber hat sich, wie in § 3 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 deutlich zum Ausdruck kommt, gerade nicht dafür entschieden, dass alle landwirtschaftlichen Unternehmer ab einer bestimmten Betriebsgröße versicherungspflichtig in der KVdL sind. Dies wäre - von Fällen eines ungewöhnlich hohen Arbeitsentgelts abgesehen - jedoch die Konsequenz, wollte man der Auffassung der Klägerin folgen und die Bestimmung des Hauptberufs allein anhand eines Vergleichs des Arbeitsentgelts aus einer Beschäftigung einerseits und des im korrigierten Wirtschaftswert nach § 32 Abs 6 ALG ausgedrückten Einkommenspotentials eines landwirtschaftlichen Betriebs andererseits vornehmen.

24

bb) Für den Vergleich der jeweils aufgewandten Arbeitszeit für die Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit ist - wiederum entgegen der in der Revisionsbegründung vertretenen Auffassung der Klägerin - dem (landwirtschaftlichen) Unternehmer nicht die Arbeitszeit von im Unternehmen eingesetzten Familienangehörigen, Arbeitskräften oder Lohnunternehmern zuzurechnen. Dieser Rechtsprechung des 10. Senats des BSG (BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3) hat sich der erkennende 12. Senat bereits in seinem Urteil vom 29.2.2012 ausdrücklich angeschlossen (BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 18). Hieran ist festzuhalten: Bereits der Wortlaut des § 5 Abs 5 SGB V - "wer … erwerbstätig ist" - deutet darauf hin, dass es für die Hauptberuflichkeit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit allein auf eine eigene "Tätigkeit" der ausübenden Person ankommt. In diesem Sinne hat das BSG zur Frage des Ausschlusses von der Familienversicherung schon entschieden, dass selbstständig erwerbstätig iS von § 10 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB V nur derjenige ist, der als natürliche Person "selbst" mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit ausübt(BSG, aaO; BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 16; vgl zur Antragspflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung auch BSG SozR 3-2200 § 1227 Nr 8). Auch insoweit gilt es, zwischen der natürlichen Person und der Rechtspersönlichkeit von juristischen Personen zu unterscheiden (zu dieser Unterscheidung vgl BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 18 ff). Der Auffassung der Klägerin zu folgen hieße wiederum, entgegen der gesetzlichen Systematik die Zuordnung zur KVdL ausschließlich von einer bestimmten Betriebsgröße abhängig zu machen und die persönlichen Entscheidungen landwirtschaftlicher Unternehmer zu beruflichen Schwerpunkten und betrieblicher Wirtschaftsweise in unzulässiger Weise zu ignorieren.

25

Dass sich die Klägerin auch in diesem Zusammenhang auf das mit § 5 Abs 5 SGB V verfolgte Ziel der Missbrauchsabwehr(vgl BSGE 77, 93, 96 f = SozR 3-5420 § 3 Nr 1; BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3)beruft und die Gefahr von Manipulationen zB durch den Abschluss von Arbeitsverträgen mit Verwandten sieht, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie bereits oben unter 2 b dargelegt, soll durch § 5 Abs 5 SGB V vermieden werden, dass ein nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger durch Aufnahme einer niedrig vergüteten, aber versicherungspflichtigen "Nebenbeschäftigung" den umfassenden Schutz der GKV erhält(vgl erneut Gesetzentwurf zum GRG, aaO, BT-Drucks 11/2237 S 159 zu § 5 Abs 3 bis 9), was ohne diese Regelung auch bei offensichtlichen Nebenbeschäftigungen, aus denen ein Entgelt nur knapp oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze erzielt wird, der Fall gewesen wäre. Missbrauch durch falsche Angaben und Scheinbeschäftigungen abzuwehren obliegt jedoch seit jeher in erster Linie der Sozialverwaltung und ist typischerweise kein im Rahmen der Gesetzesauslegung als entscheidend heranzuziehender Gesichtspunkt. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) haben die zuständigen Versicherungsträger und Behörden im Verwaltungsverfahren über die Feststellung der Versicherungspflicht ua die Angaben zur aufgewandten Arbeitszeit - hierzu gehört im Übrigen auch die für die notwendige Koordination und Beaufsichtigung der im Betrieb eingesetzten Fremdkräfte sowie der mithelfenden Familienangehörigen und die Verwaltung des Betriebs als solchem aufgewandte Zeit (BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3 S 21) - und die Ernsthaftigkeit von Arbeitsverhältnissen zu prüfen. Im Streitfall obliegt es den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit, die Richtigkeit der insoweit getroffenen Feststellungen zu kontrollieren und ggf ihrerseits den zutreffenden entscheidungserheblichen Sachverhalt mit Hilfe der Beteiligten zu erforschen (§ 103 SGG).

26

Einer Prüfung des Merkmals "hauptberuflich" allein anhand der vom Betroffenen persönlich aufgewandten Arbeitszeit steht schließlich auch das Urteil des 4. Senats des BSG vom 16.11.1995 (BSGE 77, 93 = SozR 3-5420 § 3 Nr 1), auf das sich die Klägerin beruft, nicht entgegen. Zwar hatte das Berufungsgericht im dort entschiedenen Fall für die Prüfung der Hauptberuflichkeit einer selbstständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht allein auf den vom Unternehmer individuell benötigten zeitlichen Aufwand abgestellt, sondern auf den Zeitaufwand, den das Unternehmen erforderte. Hierzu konnte sich der 4. Senat im genannten Urteil jedoch nicht äußern, da er sich seinerzeit revisionsrechtlich an die Feststellungen des LSG zur Arbeitszeit gebunden sah (§§ 163, 164 Abs 2 S 3 SGG).

27

cc) In Anwendung der vorstehend dargelegten Grundsätze ist das LSG im angegriffenen Beschluss aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen ohne Verletzung von Bundesrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit einer landwirtschaftlichen Unternehmerin nicht hauptberuflich ausübte. Gegenüber der wöchentlichen Arbeitszeit der Beigeladenen zu 1. von 25 Stunden im Rahmen ihrer Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 2. und hieran anschließend bei dem Beigeladenen zu 3. betrug ihr Zeitaufwand für die selbstständige Tätigkeit als landwirtschaftliche Unternehmerin lediglich 15 Stunden je Woche; dies ergibt sich aus den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG. Zugleich blieb das aus der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit erzielte Arbeitseinkommen (2007 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft iHv 4395 Euro, 2008 Verluste iHv 29 489 Euro, Mai 2009 bis April 2010 Verluste iHv mehr als 29 000 Euro) deutlich hinter dem Arbeitsentgelt aus den Beschäftigungen (zunächst 1083,30 Euro monatliches Bruttoentgelt, 1050 Euro ab 30.7.2007) zurück. Dass dies auch schon bei Übernahme des Hofes durch die Beigeladene zu 1. so prognostiziert werden konnte, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Umstände, die Anlass für eine Gewichtung der festgestellten Tatsachen geben könnten, die von derjenigen des LSG abweicht, sind weder gerügt worden noch sonst ersichtlich.

28

3. Die Kostenentscheidung folgt, da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 159 S 2, § 162 Abs 3 VwGO.

29

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Dezember 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Feststellung der Versicherungspflicht als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit .

2

Der 1941 geborene Kläger war Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der L.-GmbH, die an drei Standorten mit bis zu 21 Arbeitnehmern Modegeschäfte betrieb. Er verzichtete auf ein Geschäftsführergehalt. Stattdessen wurde ein Gesellschafterdarlehen mit monatlich 1000 Euro getilgt. Bei Jahresumsätzen von mehreren hunderttausend Euro erzielte die GmbH von 2006 bis 2011 lediglich im Jahr 2008 einen Überschuss in Höhe von 64 980,59 Euro, in allen anderen Jahren ergaben sich Fehlbeträge (2006 in Höhe von 30 239,06 Euro; 2007 in Höhe von 917,99 Euro; 2009 in Höhe von 27 000,87 Euro; 2010 in Höhe von 38 526,94 Euro und 2011 in Höhe von 47 848,31 Euro). Laut Einkommensteuerbescheid hatte er Kläger im Jahr 2006 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 33 507 Euro, aus Kapitalerträgen in Höhe von 2729 Euro und aus Renten in Höhe von 8892 Euro.

3

Seit 1966 war der Kläger Mitglied der beklagten Krankenkasse, ab April 2000 wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit nicht mehr als Versicherungspflichtiger, sondern als freiwillig Versicherter. Ab 1.5.2006 bezog er Regelaltersrente und eine Witwerrente. Er beantragte am 16.4.2009, seinen Versicherungsstatus und die Beiträge zu überprüfen. Daraufhin lehnte die Beklagte die Feststellung seiner Versicherungspflicht als Rentner in der GKV ab 1.5.2006 aufgrund hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit und eine Anpassung der Beiträge ab (Bescheid vom 13.7.2009). Auf den Widerspruch des Klägers bestätigte die Beklagte nochmals den Ausschluss dessen von der Versicherungspflicht als Rentner (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2009).

4

Das SG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 1.6.2011). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Eine gewichtete Abgrenzung der Tätigkeiten des Klägers ergebe dessen hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit, weshalb er von der seit 1.5.2006 grundsätzlich bestehenden Krankenversicherungspflicht als Rentner ausgeschlossen sei. Angesichts der Umsätze der GmbH überwiege die wirtschaftliche Bedeutung dieser Tätigkeit die des Rentenbezugs, auch wenn der Kläger als deren Geschäftsführer kein Einkommen beziehe und die GmbH keinen Gewinn erwirtschafte. Auch der zeitliche Aufwand spreche für eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit. Entgegen der eigenen Einschätzung des Klägers, 12 bis 14 Stunden pro Woche für die GmbH zu arbeiten, hätten ihn die Aufgaben im Zusammenhang mit der Verlegung zweier Geschäfte in den Jahren 2009 und 2010 nach der allgemeinen Lebenserfahrung mehrere Tage in der Woche beansprucht. Für eine hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit spreche schließlich auch die Qualität der Tätigkeit. Zu berücksichtigen seien hierbei insbesondere die erwähnten Umsätze, die Zahl der Beschäftigten der GmbH und deren verschiedene Standorte. Ob auch die Vermietung und Verpachtung zum Ausschluss von der Versicherungspflicht führe, könne daneben offenbleiben (Urteil vom 20.12.2012).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 5 Abs 5 SGB V. Bei der Prüfung einer hauptberuflichen selbstständigen Erwerbstätigkeit müsse auch der Zeitaufwand für Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Tätigkeit für die GmbH dürfe nicht auf deren Umsätze abgestellt werden. Zudem verleihe ihr die Anzahl der Arbeitnehmer der GmbH keine besondere Qualität, die für die Hauptberuflichkeit spreche.

6

Der Kläger beantragt,

        

1.    

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Dezember 2012 und des Sozialgerichts Kassel vom 1. Juni 2011 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2009 insoweit, als darin die Feststellung seiner Versicherungspflicht als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung ablehnt wird sowie

        
        

2.    

festzustellen, dass er in der Zeit vom 1. Mai 2006 bis zum 20. Dezember 2012 als Rentner versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung war.

        
7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

10

Der Senat selbst kann nicht abschließend entscheiden, ob das LSG die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen hat. Zwar ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG noch hinreichend, dass beim Kläger die Voraussetzungen für das Bestehen der Versicherungspflicht als Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V(hier anzuwenden idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477, sowie ab 1.4.2007 idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) vorlagen. Allerdings kann der Senat auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger nach § 5 Abs 5 SGB V(idF des GRG vom 20.12.1988, BGBl I 2477) wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit von der Versicherungspflicht ausgeschlossen war. Deshalb ist das Urteil des LSG insgesamt aufzuheben und der Rechtsstreit an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

11

1. Gegenstand des Rechtsstreits in der Revision ist der Bescheid der Beklagten vom 13.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2009 nur noch insoweit, als die Beklagte darin die Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers als Rentner in der GKV ab 1.5.2006 abgelehnt hat. Der entscheidungserhebliche Zeitraum umfasst den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 20.12.2012 (zum insoweit maßgebenden Endzeitpunkt vgl allgemein zB BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 19; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21).

12

2. Ob der Kläger im streitigen Zeitraum nach § 5 Abs 5 SGB V wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit von der Versicherungspflicht als Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V ausgeschlossen war, kann der Senat auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden. Zwar hat das LSG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Kläger in der Tätigkeit als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Loose-Fashion-GmbH selbstständig erwerbstätig war (dazu a). Es kann jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob diese Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt worden ist (dazu b).

13

a) Bei der Tätigkeit des Klägers als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Loose-Fashion-GmbH handelt es sich um eine sozialversicherungsrechtlich relevante Erwerbstätigkeit, die der Kläger selbstständig ausgeübt hat.

14

Die vom Kläger konkret ausgeübte Tätigkeit als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer ist eine sozialversicherungsrechtlich relevante Erwerbstätigkeit. Bei Organwaltern juristischer Personen kann die sozialversicherungsrechtliche Relevanz ihrer gesellschaftsrechtlichen Funktionen ausgeschlossen sein, wenn ein Gesellschafter nicht aktiv im Unternehmen mitarbeitet, sondern allein die mit der gesellschaftsrechtlichen Stellung verbundenen Pflichten wahrnimmt (vgl BSGE 110, 122, 124 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 14; für Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer vgl BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 10 ff). Zugleich kann eine Erwerbstätigkeit nur angenommen werden, wenn die fragliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (dazu BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 16). Nach den Feststellungen des LSG war der Kläger als Geschäftsführer in einem Umfang von mehr als 12 bis 14 Stunden je Woche aktiv leitend für die GmbH tätig und kümmerte sich zB auch um die Verlegung zweier Geschäfte. Dabei hatte er Gewinnerzielungsabsicht, wie sich aus den bestehenden Vergütungsvereinbarungen (dazu BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 16)ergibt. Dass der Kläger auf die Auszahlung des Geschäftsführergehalts verzichtet hat, ist insoweit unschädlich. Es kommt für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht nicht darauf an, dass tatsächlich Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV erzielt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass die Tätigkeit - wie hier - auf die Erzielung positiver Einkünfte gerichtet ist und nicht etwa nur der Liebhaberei dient (vgl BSG SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 10 f). Diese Erwerbstätigkeit übte der Kläger selbstständig aus und nicht etwa als (abhängig) Beschäftigter. Dies folgt schon aus seiner Stellung als Alleingesellschafter der GmbH und der damit verbundenen Rechtsmacht (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 12 mwN).

15

b) Über die Frage der Hauptberuflichkeit der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit kann der Senat nicht abschließend selbst entscheiden.

16

Ob eine Tätigkeit hauptberuflich ist oder nicht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (zB BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3 S 17 ff)in Anknüpfung an die Entwurfsbegründung des GRG zu § 5 Abs 5 SGB V(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Gesundheits-Reformgesetz , BT-Drucks 11/2237 S 159) in vorausschauender Betrachtung (vgl BSG, aaO, S 18 f mwN) danach zu bestimmen, ob diese Tätigkeit in einer Gesamtschau von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt (vgl BSG, aaO, S 18). Dies gilt entsprechend auch im vorliegenden Fall.

17

Insoweit gilt allgemein, dass auch neben dem Bezug von Rente, nur eine "hauptberuflich" ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit zum Ausschluss von der Versicherungspflicht führt (dazu aa). Für eine abschließende Entscheidung über die Frage der Hauptberuflichkeit der selbstständigen Tätigkeit des Klägers fehlen vorliegend ausreichende Feststellungen des LSG zur wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäftsführertätigkeit für den Kläger (dazu bb) und insbesondere zu dessen zeitlichem Aufwand hierfür (dazu cc). Der Qualität der Tätigkeit kommt für die Feststellung der Hauptberuflichkeit - entgegen der Auffassung des LSG - vorliegend keine Bedeutung zu (dazu dd).

18

aa) Auch in der vorliegenden Konstellation, in der neben der selbstständigen Erwerbstätigkeit keine Beschäftigung, sondern nur ein Rentenbezug besteht, führt nur eine "hauptberuflich" ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit zum Ausschluss von der Versicherungspflicht.

19

Dass sich die Bedeutung des Tatbestandselements "hauptberuflich" nicht in der gewichtenden Abgrenzung gegenüber parallel ausgeübten Beschäftigungen erschöpft, hat der Senat zur Frage einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit iS von § 240 Abs 4 S 2 SGB V und iS von § 10 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB V bereits entschieden. So hat er für den Fall einer ausschließlich einen Einzelhandel betreibenden freiwillig in der GKV Versicherten nicht auf die (alleinige) Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, sondern auf deren Umfang abgestellt (BSG Urteil vom 10.3.1994 - 12 RK 3/94 - Die Beiträge 1994, 479). Dem ist der Senat auch in einem Fall gefolgt, in dem es um den Ausschluss einer alleinigen Kommanditistin und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG von der Familienversicherung ging (BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 15 f). In gleicher Weise ist auch das Merkmal "hauptberuflich" iS von § 5 Abs 5 SGB V nicht allein auf die Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit gegenüber einer Beschäftigung bezogen. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, wonach die hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit nicht nur zum Ausschluss von der Versicherungspflicht wegen Beschäftigung nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führt, sondern auch zum Ausschluss von der Versicherungspflicht nach den Nummern 5 bis 12 des § 5 Abs 1 SGB V. Die Vorschrift nimmt gerade auch mit § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V Personen in Bezug, die neben der zu betrachtenden selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht notwendig eine weitere Beschäftigung ausüben. Bezüglich dieser Versicherten, zu denen wegen des Rentenbezugs auch der Kläger gehört, wäre das Merkmal "hauptberuflich" regelmäßig funktionslos, wenn es tatsächlich nur dann zum Tragen käme, soweit neben der selbstständigen Tätigkeit auch eine Beschäftigung ausgeübt würde. Im Hinblick auf eine funktionserhaltende Auslegung des Merkmals "hauptberuflich" kann auch bei diesen Versichertengruppen nicht die bloße Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit zum Ausschluss von der Versicherungspflicht führen, sondern erst deren Hauptberuflichkeit. Gegenteiliges verlangen auch nicht Sinn und Zweck dieser der Missbrauchsabwehr dienenden Vorschrift (dazu Gesetzentwurf zum GRG, BT-Drucks 11/2237 S 159). Zwar sollte insbesondere ausgeschlossen werden, dass ein versicherungsfreier (hauptberuflich) Selbstständiger durch Aufnahme einer - nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V - versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung versicherungspflichtig wird und damit den umfassenden Schutz der GKV erhält(Gesetzentwurf zum GRG, aaO). Dass in Bezug auf andere Versicherungspflichttatbestände als § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V wegen jedweder selbstständigen Tätigkeit ein Ausschluss von der Versicherungspflicht erfolgen sollte, kann daraus nicht gefolgert werden.

20

bb) Aufgrund der Feststellungen des LSG lässt sich bereits die wirtschaftliche Bedeutung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers für diesen nicht abschließend beurteilen. Hierfür ist auf das Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB IV, also auf den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn abzustellen(dazu <1>). Allerdings kann vorliegend nicht uneingeschränkt auf die Feststellungen im Einkommensteuerbescheid 2006 zurückgegriffen werden (dazu <2>).

21

(1) Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Bedeutung einer selbstständigen Tätigkeit ist im Hinblick auf die Frage nach deren Hauptberuflichkeit auf das Arbeitseinkommen des Selbstständigen iS von § 15 SGB IV und - entgegen der Auffassung des LSG - nicht auf den Umsatz des Unternehmens abzustellen, der allerdings ggf für die Frage des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit(dazu cc) relevant sein kann. Dies hat das BSG bereits wiederholt entschieden (BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 2 S 11; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 104). Ebenso kann weder auf den Gewinn noch auf den Verlust der Gesellschaft abgestellt werden. Eine andere Betrachtungsweise würde insbesondere bei "Tätigkeiten" von Gesellschaftern die Rechtspersönlichkeit von juristischen Personen unzulässig hinwegfingieren (zur Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens vgl BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 18 ff; vgl auch BSG SozR 4-5420 § 3 Nr 3 RdNr 22). Vielmehr ist auf das persönliche Arbeitseinkommen des Selbstständigen, also regelmäßig auf den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit (§ 15 Abs 1 SGB IV) abzustellen (vgl BSG, aaO). Dabei ist Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Zwar kann der Gewinn durch betriebliche Investitionen oder sonstige unternehmerische Entscheidungen willkürlich gemindert werden. Dies spricht jedoch - entgegen der Auffassung des LSG - nicht gegen die Anknüpfung an das Arbeitseinkommen. Auswirkungen solcher kurzzeitiger Effekte auf die Entscheidung über die Versicherungspflicht werden vermieden, wenn - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - die tatsächlichen Verhältnisse auf Grundlage der vorangegangenen Verhältnisse in einer vorausschauenden Betrachtungsweise unter Einbeziehung absehbarer Entwicklungen beurteilt werden (vgl nur BSG SozR 4-5420 § 3 Nr 3 RdNr 21 mwN).

22

(2) Vorliegend ist trotz des Verweises des § 15 Abs 1 SGB IV auf das Einkommensteuerrecht für die Ermittlung des Arbeitseinkommens nicht uneingeschränkt auf die Feststellungen im Einkommensteuerbescheid 2006 zurückzugreifen. Eine strikte rechtliche Bindung hieran besteht nicht (dazu ). Das LSG wird daher aufzuklären haben, ob die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung richtig im Einkommensteuerbescheid zugeordnet wurden oder ob eine Zuordnung zum Gewerbebetrieb des Klägers erfolgen muss (dazu ).

23

(a) Eine strikte rechtliche Bindung an Entscheidungen der Finanzbehörden im Sinne einer Feststellungswirkung besteht bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens nicht.

24

Eine eigene Beurteilung der Einkünfte müssen die Sozialversicherungsträger und die Sozialgerichte bei möglicher falscher Einordnung der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid nicht nur dann vornehmen, wenn der Versicherte/Steuerpflichtige gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erhebliche Einwendungen erhebt (zu dieser Fallkonstellation vgl BSG SozR 3-2400 § 15 Nr 4 S 6; BSGE 73, 77 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 9 mwN). Umgekehrt muss dies aber auch dann gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten der Feststellungen bzw Bewertungen des Finanzamtes bestehen und der Versicherte/Steuerpflichtige keine Einwendungen gegen die Einordnung der Einkünfte erhebt, weil die (falsche) Einordnung sich für ihn nicht nachteilig auswirkt bzw sogar günstig ist. Soweit sich hieraus für die Beurteilung der Hauptberuflichkeit iS von § 5 Abs 5 SGB V ein Unterschied zur Anknüpfung an die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids in der Rechtsprechung des Senats zur Ermittlung des Arbeitseinkommens freiwillig in der GKV Versicherter nach § 240 SGB V(vgl zB BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 15 ff; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 20 RdNr 24, jeweils mwN) ergibt, ist dieser durch die besondere Bedeutung gerechtfertigt, die der Gesetzgeber der Abwehr missbräuchlicher Inanspruchnahme günstigen Pflichtversicherungsschutzes durch Selbstständige beimisst (vgl Gesetzentwurf zum GRG, BT-Drucks 11/2237 S 159 zu § 5 Abs 5 SGB V).

25

(b) Vor diesem Hintergrund wird das LSG die Zuordnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Einkommensteuerbescheid zu prüfen und die hierfür maßgeblichen Tatsachen festzustellen haben.

26

Vorliegend gibt es konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Teil der Mieteinnahmen dem Gewerbebetrieb des Klägers hätte zugeordnet werden müssen. Eine solche Zuordnung ist vorzunehmen, wenn die Vermietung als unselbstständiger Teil der selbstständigen Tätigkeit anzusehen und davon nicht zu trennen ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 15 Nr 4; BSGE 58, 277, 280 = SozR 2100 § 15 Nr 8; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 13). Die wegen § 2 Abs 1 Nr 6 Einkommensteuergesetz (EStG) grundsätzlich nicht von dem Begriff des Arbeitseinkommens in § 15 Abs 1 S 1 SGB IV ("Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit") umfassten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung(BSGE 53, 242, 244 = SozR 2200 § 1248 Nr 36; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 243 Nr 7)können im Hinblick auf § 21 Abs 3 EStG dann sozialversicherungsrechtliches Arbeitseinkommen sein, wenn sie ihrerseits den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit zuzuordnen sind(vgl BSG SozR 3-2400 § 15 Nr 4; BSGE 58, 277, 280 = SozR 2100 § 15 Nr 8). Dies hat das BSG bei Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung einem Versicherten gehörender Grundstücke an eine GmbH angenommen, deren Betriebsleiter, Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Versicherte war (vgl BSG SozR 3-2400 § 15 Nr 4 S 6). Anhaltspunkte für eine solche Konstellation ergeben sich vorliegend aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem SG. Danach erzielte der Kläger die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung aus einem Geschäftshaus auf S. und einem in M. Vor dem Hintergrund, dass ein Ladengeschäft der GmbH in S. 2009 geschlossen worden ist und die GmbH ein weiteres Ladengeschäft im Haus des Klägers und seines Sohnes in M. betreibt, wird das LSG hier aufzuklären haben, in welchem Umfang die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung aus Mietverhältnissen mit der GmbH stammen.

27

cc) Einer Entscheidung des Senats über die Frage der Hauptberuflichkeit der Geschäftsführertätigkeit des Klägers steht aber in erster Linie der Mangel an konkreten Feststellungen des LSG zu dem hierfür regelmäßig anfallenden zeitlichen Aufwand entgegen.

28

Die Berücksichtigung des zeitlichen Kriteriums ist auch bei Rentnern sachgerecht (aA Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, K § 5 RdNr 492a, Stand der Einzelkommentierung V/15). Zwar üben Rentner - wie hier der Kläger - üblicherweise keine mit der Selbstständigkeit zeitlich konkurrierende Beschäftigung aus. Jedoch spricht es für Hauptberuflichkeit, wenn neben dem Rentenbezug eine selbstständige Tätigkeit mehr als halbtags ausgeübt wird (BSG Urteil vom 10.3.1994 - 12 RK 3/94 - Die Beiträge 1994, 479; dem folgend Baier in Krauskopf, Gesetzliche Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 240 SGB V RdNr 40; vgl auch Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, K § 10 RdNr 69, Stand der Einzelkommentierung I/10).

29

In welchem regelmäßigen zeitlichen Umfang der Kläger seine Geschäftsführertätigkeit tatsächlich ausgeübt hat, hat das LSG nicht festgestellt. Dem angegriffenen Urteil ist lediglich zu entnehmen, dass das LSG der Selbsteinschätzung des Klägers von 12 bis 14 Arbeitsstunden wöchentlich nicht gefolgt ist und von einem unbestimmt höheren zeitlichen Aufwand ausging. Wie hoch der zeitliche Aufwand des Klägers tatsächlich war, wird das LSG im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits feststellen müssen. Hierbei genügt es, dass das LSG die aufgewandte Arbeitszeit so genau bestimmt, dass es sich im Rahmen der notwendigen Gesamtschau (vgl BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3 S 18)unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäftsführertätigkeit eine sichere Überzeugung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Hauptberuflichkeit bilden kann.

30

Bei seinen Ermittlungen hierzu wird das LSG insbesondere auch den mit der Leitungsfunktion (Direktionsgewalt) bezüglich der abhängig Beschäftigten - vorliegend bis zu 21 - notwendig verbundenen Zeitaufwand berücksichtigen müssen, der anders als deren Arbeitszeit dem Unternehmer zuzurechnen ist (dazu bereits BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3 S 21). Dass eine Hauptberuflichkeit - anders als von der Beklagten im Verwaltungsverfahren vertreten - nicht allein aus der Arbeitgeberstellung als solcher folgt, hat der Senat bereits entschieden (BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 19 ff; beachte ab 23.7.2015 aber § 5 Abs 5 S 2 SGB V eingefügt durch Art 1 Nr 1 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16.7.2015, BGBl I 1211, 1213). Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass die Vermietung als unselbstständiger Teil der selbstständigen Tätigkeit des Klägers für die GmbH zu betrachten ist (so 2.b)bb)<2>), wird zudem der zeitliche Aufwand hierfür zu berücksichtigen sein.

31

dd) Die Qualität der Tätigkeit kann vorliegend nicht zur Begründung der Hauptberuflichkeit herangezogen werden.

32

Soweit der Senat in einer besonderen Fallkonstellation (BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 16)die Qualität einer Tätigkeit angesprochen hat, kann hieraus nichts für die Beurteilung der fraglichen Hauptberuflichkeit der Geschäftsführertätigkeit des Klägers hergeleitet werden. Dies folgt vorliegend schon daraus, dass die vom LSG in diesem Rahmen angesprochenen Umstände (Alleingeschäftsführer, Umsatzzahlen, Beschäftigtenanzahl, Standorte der GmbH und deren Verlegung, Fachkenntnisse, Fähigkeit zu unternehmerischem Handeln, Vergütungsverzicht) sämtlich bereits bei der wirtschaftlichen Bedeutung oder dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit zu berücksichtigen sind.

33

3. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 18 877,06 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. als Familienhelferin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag und ob das klagende Land Berlin für sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat.

2

Die Beigeladene zu 1. ist Diplompädagogin und Diplompsychologin. Sie war von Juli 1995 bis 31.12.1999 als Familienhelferin für den Kläger als Träger der öffentlichen Jugendhilfe tätig, indem sie jugendhilferechtlich leistungsberechtigte Familien regelmäßig in deren Wohnung aufsuchte und diese dort vor Ort unterstützte; ab 1.1.2000 setzte die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit für den Kläger als (abhängig) Beschäftigte eines freien Jugendhilfeträgers fort. Der Kläger legte für die von ihm bis 31.12.1999 als selbstständig angesehene Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. - wie in ähnlichen anderen Fällen auch - einen "Helfervorgang" mit ihren persönlichen Daten auf einem "Personenblatt" mit Nachweisen ihrer bisherigen Ausbildung und Tätigkeiten, Lebenslauf und Führungszeugnis an. Zu der Tätigkeit der Beigeladene zu 1. kam es jeweils nach der Bewilligung von Leistungen nach §§ 27, 31 SGB VIII an die Familien durch den Kläger. Diese Leistungsbewilligung erfolgte auf der Grundlage eines durch einen beim Kläger beschäftigten Sozialarbeiter erstellten Hilfeplans, der den Einsatz einer Familienhelferin vorsah und Aufgaben und Ziele der Hilfen umschrieb. Der Bewilligungsbescheid regelte die Übernahme der Kosten für den Familienhelfereinsatz in einem bestimmten Zeitraum mit einer festgelegten Wochenstundenzahl, benannte die Beigeladene zu 1. als ausführende Person und enthielt den Hinweis, dass seitens des Klägers mit dieser direkt abgerechnet werde. Die Beigeladene zu 1. erhielt Durchschriften der Bescheide und wurde in Anschreiben des Klägers zugleich darüber informiert, dass das "Familienhelfergeld" 26,40 DM je Stunde betrage; wörtlich heißt es in den Anschreiben: "Wir weisen darauf hin, dass die Familienhelfertätigkeit nicht im Rahmen von Rechtsbeziehungen zum Land Berlin ausgeübt wird, insbesondere zum Land Berlin kein Arbeitsverhältnis, freies Dienstvertrags- oder Werkvertragsverhältnis begründet wird". Die Beigeladene zu 1. war berechtigt, die Übernahme einer Betreuung abzulehnen. Für die Abrechnung hatte die Beigeladene zu 1. dem Kläger monatliche Stundenaufstellungen vorzulegen, die von ihr und den betreuten Familien zu unterzeichnen waren. Der Kläger gewährte der Beigeladenen zu 1. neben der beschriebenen Vergütung "Urlaubsabgeltung" sowie laufende monatliche Zuschüsse zu ihrer freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von "6,6 %". Die Beigeladene zu 1. arbeitete pro Betreuungsfall maximal 14 Stunden wöchentlich neben einer Weiterbildung zur Verhaltenstherapeutin; teilweise betreute sie gleichzeitig zwei oder mehrere Familien. Darüber, ob die Hilfebedürftigkeit iS des Jugendhilferechts fortbestand, informierte sie den Kläger in Gesprächen und erstellte Berichte über ihre Tätigkeit.

3

Im Mai 1999 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle die Prüfung, ob sie in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin der Sozialversicherungspflicht unterliege. Die Beklagte stellte daraufhin - nach einem vorangegangenen anderen Rechtsstreit - gegenüber dem Kläger fest, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin vom 1.12.1995 bis 31.12.1999 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe, und forderte vom Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 18 877,06 Euro (Bescheid vom 27.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 14.3.2005).

4

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 24.1.2007). Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Zwar sprächen für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum das fehlende Unternehmerrisiko, das stundenweise gezahlte, in Bezug auf seine Höhe vom Kläger vorgegebene Honorar, die Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung und die Abgeltung von Urlaub; es überwögen jedoch - bei gleichzeitigem Vorliegen einiger "neutraler" Gesichtspunkte - die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale. Diese Merkmale seien der Inhalt der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, die zeitliche Beanspruchung der Beigeladenen zu 1. durch die Tätigkeit und ihre fehlende Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers. So sei die Beigeladene zu 1. nur bei der erstmaligen Übernahme eines Einsatzes sowie bei eventuellen Gesprächen über den Stand der Hilfe in Kontakt mit den Mitarbeitern des Klägers getreten. Auch habe sie im Wesentlichen Ort, Zeit und inhaltliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsleistung unabhängig von Vorgaben des Klägers bestimmen können, wie bereits "aus der Natur der Tätigkeit als Familienhelferin" folge. Dass dem Kläger als Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 79 Abs 1 SGB VIII die Gesamtverantwortung für die von ihm zu erbringenden Leistungen nach dem SGB VIII oblegen habe, lasse keine Rückschlüsse auf eine Tätigkeit der von ihm eingesetzten Personen als Arbeitnehmer zu (Urteil vom 22.9.2010).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung der § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III sowie sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Die Gesamtschau aller Umstände ergebe hier, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für den Kläger beschäftigt und damit versicherungspflichtig gewesen sei. Dafür sprächen neben der Gewährung von Zuschüssen zur Krankenversicherung, der Abgeltung von Urlaub und einem fehlenden Unternehmerrisiko vor allem die Eingliederung der Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsorganisation des Klägers, die aus der Wahrnehmung der ihm obliegenden gesetzlichen Aufgaben im Bereich des Jugendhilferechts, insbesondere seiner Verantwortung nach § 79 Abs 1 SGB VIII und nach § 36 Abs 2 SGB VIII, folge. Zum Ausschluss von Haftungsrisiken habe er die Tätigkeit sowie die Aus- und Fortbildung der von ihm eingesetzten Familienhelfer weitgehend selbst zu kontrollieren. Die gesetzlich vorgeschriebene Verknüpfung von Kontakt- und Berichtspflichten ermögliche eine ständige, die freie Gestaltung der Tätigkeit einschränkende Überwachung der Familienhelfer durch den zuständigen Sozialarbeiter. Das Weisungsrecht des Klägers dokumentiere sich in erstellten und fortgeschriebenen Hilfeplänen, in Rücksprachen sowie in den Berichtspflichten der Beigeladenen zu 1.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 und des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zuschüsse zur Krankenversicherung seien bis zum Ende des Jahres 2003 freien Mitarbeitern, die den Status arbeitnehmerähnlicher Personen gehabt hätten und als sozial schutzbedürftig angesehen worden seien, ohne rechtliche Verpflichtung als freiwillige Leistung gezahlt worden. Aus dem primär auf den Hilfeempfänger bezogenen und für die öffentlich-rechtliche Bewilligung erforderlichen Hilfeplanverfahren könne ein für eine Beschäftigung sprechendes Weisungsrecht nicht hergeleitet werden.

9

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

10

Der zu 3. beigeladene Rentenversicherungsträger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. September 2010 und des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2007 hinsichtlich der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

11

Er schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an. Ergänzend führt er aus, der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei verpflichtet, aufgrund seiner Gesamtverantwortung gemäß § 79 SGB VIII und in Erfüllung seines Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII sicherzustellen, dass der jeweilige Vertragspartner die nach dem SGB VIII und nachgeordneten Regelungen bestehenden Pflichten und Qualitätsanforderungen bei der Leistungserbringung erfülle. Jedenfalls für Leistungen der Jugendhilfe nach § 31 SGB VIII erfordere die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung eine derart enge Anbindung der eingesetzten Mitarbeiter, dass diese in die betrieblichen Abläufe eingegliedert sein müssten. Deshalb könnten diese Tätigkeiten der Familienhilfe - wie sie auch durch die Beigeladene zu 1. erfolgt seien - nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden.

12

Die zu 2. beigeladene Pflegekasse und die zu 4. beigeladene Bundesagentur für Arbeit stellen keinen Antrag. Sie schließen sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der beklagten Krankenkasse ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).

14

Das Urteil, mit dem das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen hat, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand. Das LSG hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig seien, weil die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Familienhelferin nicht als Beschäftigte sozialversicherungspflichtig gewesen sei und der Kläger für sie deshalb keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten habe. Die - aus einer unzureichenden Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. gewonnene - Beurteilung des LSG, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war, erweist sich als rechtsfehlerhaft. Ob die Beklagte deren Versicherungspflicht als Beschäftigte zu Recht festgestellt und die Beiträge in zutreffender Höhe festgesetzt hat, kann der Senat allerdings nicht selbst entscheiden, weil es dazu an erforderlichen weiteren Feststellungen durch das LSG fehlt. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

15

1. Allerdings hat das LSG für sein Urteil einen zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gewählt und dazu im Kern zutreffend die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen - Versicherungspflicht begründender - Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit entwickelten Grundsätze herangezogen.

16

In den Jahren 1995 bis 1999, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 168 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz bzw § 25 Abs 1 S 1 SGB III, jeweils in den seinerzeit maßgebenden Gesetzesfassungen). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, Juris RdNr 16 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG Urteil vom 28.5.2008 -B 12 KR 13/07 R - USK 2008-45; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f; jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).Das kann bei manchen Tätigkeiten - zB in Bereichen, in denen persönliche Zuwendung Gegenstand zu erbringender Dienste ist - dazu führen, dass sie nach den jeweiligen Umständen sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden können (zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, Juris RdNr 17 ; BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN).

17

2. Das LSG hat unter zutreffender Berücksichtigung der im SGB VIII geregelten Familienhilfe (dazu unter a) diese Grundsätze angewandt (dazu unter b). Es hat jedoch nicht alle für und gegen eine Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände aufgeklärt, in ihrer indiziellen Wirkung erkannt und ihnen daher nicht das Gewicht und den Stellenwert beimessen können, der diesen Umständen im Rahmen der Gesamtabwägung der für die Abgrenzung heranzuziehenden Tätigkeitsmerkmale zukommen muss (dazu unter c).

18

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem LSG allerdings darin zuzustimmen, dass nicht schon aus der einen Jugendhilfeträger treffenden Gesamtverantwortung für die Erbringung von Familienhilfe nach dem SGB VIII zu entnehmen ist, die Tätigkeit einer Familienhelferin - wie von der Beigeladenen zu 1. ausgeübt - könne (rechtmäßig) nur in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werden.

19

Den Regelungen des SGB VIII, insbesondere § 79 Abs 1 SGB VIII, aber auch § 31 und § 36 SGB VIII sowie § 8a SGB VIII, kann kein für eine Beschäftigung sprechendes, eine persönliche Abhängigkeit iS von § 7 Abs 1 SGB IV begründendes Weisungsrecht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1. entnommen werden. Entscheidend ist insoweit, dass das SGB VIII schon von seinem Regelungsansatz her keine Aussagen über den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status von Familienhelfern treffen will und trifft, sondern allein die - dann im Einzelnen näher ausgestaltete - staatliche Verantwortung für die Aufgaben der Jugendhilfe im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten im Blick hat (vgl im hier bedeutsamen Zusammenhang § 27 Abs 1 Nr 2 und Nr 4 SGB I, § 2 Abs 1 und Abs 2 Nr 2 und Nr 4 iVm §§ 16 ff, 27 ff SGB VIII). Selbst die Regelungen des SGB VIII über die Leistungserbringung enthalten keine Vorgaben über den sozialversicherungsrechtlichen Status von Mitarbeitern (vgl dagegen zB §§ 72, 72a SGB VIII zu den persönlichen und fachlichen Anforderungen an Mitarbeiter bei Trägern der öffentlichen Jugendhilfe). Zwar tragen nach § 79 Abs 1 SGB VIII die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. Hieraus folgt jedoch keine für eine Beschäftigung typische Weisungsbefugnis eines öffentlichen Jugendhilfeträgers gegenüber einem für ihn zur Aufgabenerfüllung Tätigen. Eine Weisungsbefugnis setzt vielmehr eine entsprechende rechtliche Verankerung, ggf durch vertragliche Vereinbarung, im Verhältnis zu dem Dritten voraus, der zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe herangezogen wird. Zwar hat das BAG in seinem Urteil vom 6.5.1998 (5 AZR 347/97 - BAGE 88, 327 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) die Weisungsabhängigkeit einer Familienhelferin (§ 31 SGB VIII) und deren Eingliederung in den Betrieb des Jugendhilfeträgers angenommen und das Weisungsrecht der den Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 79 Abs 1 SGB VIII treffenden Gesamtverantwortung entnommen. Das BAG ist jedoch in seiner späteren Rechtsprechung (Urteil vom 25.5.2005 - 5 AZR 347/04 -, BAGE 115, 1 = AP Nr 117 zu § 611 BGB Abhängigkeit) hiervon abgerückt. Es stellt nunmehr entscheidend darauf ab, dass aus § 79 Abs 1 SGB VIII und der jedermann treffenden Pflicht, öffentlich-rechtlichen Anordnungen der Aufsichtsbehörde im Jugendhilferecht nachzukommen, keine arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit der zur Erfüllung jugendhilferechtlicher Aufgaben eingesetzten Erwerbstätigen gegenüber dem Jugendhilfeträger abgeleitet werden kann. Dieser überzeugenden jüngeren Rechtsprechung schließt sich der Senat auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung an. Nichts anderes gilt für den den Hilfeplan betreffenden § 36 SGB VIII, weil diese Vorschrift ebenfalls keine Aussage zu dem arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status einer Erwerbstätigkeit zur Erfüllung jugendhilferechtlicher Aufgaben und zur Umsetzung eines Hilfeplans trifft.

20

Die Regelung des § 8a SGB VIII konnte entgegen der Auffassung der Beklagten hier bereits deshalb keine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. begründen, weil sie erst mit Wirkung zum 1.10.2005 (durch Art 1 Nr 4 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe vom 8.9.2005, BGBl I 2729) in das SGB VIII eingefügt wurde und damit im hier streitigen Zeitraum bis Ende 1999 noch nicht galt. Hinsichtlich der von der Beigeladenen zu 3. benannten Vorschriften des Berliner Landesrechts kann offenbleiben, ob ihnen entsprechende Weisungsrechte zu entnehmen waren, weil diese ebenfalls erst nach 1999 in Kraft traten.

21

Ob - wie die Beklagte und die Beigeladenen zu 3. und 4. meinen - die Familienhilfe nach dem SGB VIII "sachgerecht" nur durch Beschäftigte, nicht aber durch Selbstständige erbracht werden kann (vgl hierzu zB Stähr in Hauck/Noftz, SGB VIII, K § 31, RdNr 16 ff, Stand Einzelkommentierung 5/2004), kann hier dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann hieraus jedenfalls nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass auch der Kläger dieser Einschätzung folgen und sie in seiner Praxis bei der Erfüllung jugendhilferechtlicher Leistungsansprüche umsetzen wollte und dies entsprechend getan hat.

22

b) Das LSG hat die unter 1. beschriebenen Grundsätze zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer (abhängigen) Beschäftigung zutreffend zum rechtlichen Ausgangspunkt seiner Erwägungen genommen. Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass eine Bewertung jeweils der einzelnen vom Kläger vergebenen Aufträge am Maßstab der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat; maßgebend sind danach die Verhältnisse nach Annahme - also bei Durchführung - des einzelnen Auftrags (vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - USK 2008-45, Juris RdNr 24 ff).

23

Das LSG hat ausgehend von der Rechtsprechung des Senats zutreffend einige Merkmale der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als Indizien für deren (abhängige) Beschäftigung gewertet, andere Umstände als Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen und dann eine Gesamtbetrachtung der Indizien vorgenommen. Es hat vor allem das fehlende Unternehmerrisiko (vgl dazu zB zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 mwN), das stundenweise gezahlte, vom Kläger der Höhe nach vorgegebene Honorar, die Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung sowie die Abgeltung von Urlaub als für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. sprechende Umstände gewertet und diesen Umständen einige von ihm als "neutral" eingestufte bzw für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte (Inhalt der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen - bei als "befremdlich" erscheinendem Hinweis, dass "keinerlei Rechtsbeziehungen" zwischen Kläger und Beigeladener zu 1. bestünden -, zeitliche Beanspruchung der Beigeladenen zu 1. durch die Tätigkeit, fehlende Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers) gegenübergestellt. Als maßgebend für das Fehlen einer abhängigen Beschäftigung hat es das Fehlen der Ausübung eines "ins Einzelne gehenden Weisungsrechts" angesehen, gleichwohl aber andererseits die "weitgehende Freiheit von arbeitsbezogenen Weisungen" - ähnlich der Sachlage bei Diensten höherer Art - (wiederum) nicht als Beleg für Selbstständigkeit eingestuft. Die Beigeladene zu 1. sei nicht in einer Art und Weise in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen, die auf eine Beschäftigung hindeute, weil sie nur bei der erstmaligen Übernahme eines Einsatzes sowie bei eventuellen Gesprächen über den Stand der Hilfe in Kontakt mit den Mitarbeitern des Klägers getreten sei. Die Beigeladene zu 1. habe auch im Wesentlichen Ort, Zeit und inhaltliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsleistung unabhängig von Vorgaben des Klägers bestimmen können, wie bereits "aus der Natur der Tätigkeit als Familienhelferin" folge. Es hat weiter zugrunde gelegt, dass dem in den schriftlichen Vereinbarungen dokumentierten Willen, keine Beschäftigung zu wollen, dann keine indizielle Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abweichen, und dass dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung tatsächlich praktiziert wurde.

24

c) Das Urteil des LSG kann allerdings trotz seines zutreffend gewählten rechtlichen Ansatzes keinen Bestand haben, weil seine Abwägung der für und gegen eine Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände rechtliche Defizite aufweist und deshalb der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand hält. Wesentliche Umstände, aus denen das LSG auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen hat, sind in ihren Hintergründen und ihrer Tragweite nicht hinreichend aufgeklärt worden, sodass eine nur unzureichende, sich in wesentlichen Punkten nur an der "Oberfläche" bewegende Gesamtwürdigung vorliegt, die die Annahme, die Beigeladene zu 1. sei als Familienhelferin für den Kläger im streitigen Zeitraum selbstständig tätig gewesen, nicht schlüssig und nachvollziehbar trägt.

25

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert - wie oben unter 1. beschrieben - eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, dh für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (vgl zu Abwägungsvorgängen im Sozialrecht, etwa bei der Ursachenbewertung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, zB BSGE 61, 127, 129 f = SozR 2200 § 548 Nr 84 S 235 f; BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15 ff mwN; zu verschiedenen Formen der Abwägung allgemein - in unterschiedlichen Rechtsgebieten und Zusammenhängen - siehe die Beiträge von Koch und Ossenbühl in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Abwägung im Recht, Symposium zur Emeritierung von Werner Hoppe, 1996, S 9 ff, 25 ff; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl 2008, § 82, S 651 ff; zur Abwägung widerstreitender Belange im Planungsrecht zB BVerwGE 45, 309, 314 ff; BVerwGE 64, 270, 271 ff).

26

Um diesen Anforderungen im vorliegenden Zusammenhang zu genügen, muss zunächst den für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit in Betracht kommenden Merkmalen der Tätigkeit nachgegangen und vorab das Vorliegen bzw Nichtvorliegen dieser Merkmale - verfahrensrechtlich beanstandungsfrei auf der Grundlage des Amtsermittlungsprinzips (§ 103 SGG) - festgestellt werden. Für die Prüfung, welche dieser festgestellten Merkmale bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen, sind sodann alle entscheidungserheblichen Merkmale zu berücksichtigen und in ihrer Bedeutung zu gewichten sowie nachvollziehbar gegeneinander abzuwägen. Dem haben die Vorinstanzen bislang nicht hinreichend entsprochen.

27

So hätte zunächst genauer ermittelt und gewürdigt werden müssen, unter welchen rechtlichen Vorgaben Familienhelfer im Land Berlin in der streitigen Zeit bis Ende 1999 überhaupt tätig wurden und wie das Rechtsverhältnis der Beigeladenen zu 1., die gegen eine stundenweise, vom Kläger festgesetzte Vergütung arbeitete, in diesem Zusammenhang nach der im Land Berlin üblichen Praxis einzuordnen ist. Nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten könnten gewichtige Anhaltspunkte bestehen, die deutlicher als vom LSG angenommen für eine Beschäftigung und gegen eine Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechen und im Rahmen der Gesamtschau überwiegen könnten. Das LSG durfte es nicht dabei belassen, dass Vorgaben über die Ausgestaltung der tatsächlichen oder rechtlichen Beziehungen zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger "nicht zu finden" seien und dass die Feststellung, es bestünden "keinerlei Rechtsbeziehungen" zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., "befremdlich" erscheine, und nicht schon darauf seine Abwägung aufbauen. Dies rechtfertigt es, ein relevantes Abwägungsdefizit zu bejahen. Obwohl der vom LSG festgestellte Inhalt der vorhandenen Unterlagen den Schluss zulässt, dass Selbstständigkeit gewollt war, könnte den weiteren Umständen der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1. gleichwohl zu entnehmen sein, dass diese abweichend hiervon als Beschäftigte tätig werden sollte und tatsächlich auch in dieser Weise tätig wurde. So sollte - wie bereits beschrieben - auf der einen Seite der einzelne Einsatz als Familienhelferin und dessen Durchführung allein mittelbar im Bewilligungsbescheid des Jugendamtes gegenüber der leistungsberechtigten Familie seine Grundlage haben und sollten sogar "keinerlei Rechtsbeziehungen zum Land Berlin" begründet und Arbeitnehmerrechte (insbesondere auf Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen) nicht gewährt werden. Im Gegensatz dazu steht die Gewährung typischer Arbeitnehmerleistungen des Klägers an die Beigeladene zu 1. ("Urlaubsabgeltung", was gedanklich einen eingeräumten Urlaubsanspruch voraussetzt; laufende gewährte Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von "6,6 %"). Allerdings wäre insoweit ebenso zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung auch arbeitnehmerähnlichen Personen zustehen kann, was der Senat in der Vergangenheit als Indiz für Selbstständigkeit angesehen hat (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - USK 2004-25, Juris RdNr 25). Zu den Einzelheiten der praktischen Gestaltung der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1. fehlen die erforderlichen Feststellungen.

28

Nicht geprüft und ermittelt hat das LSG auch, ob aufgrund zusätzlicher Absprachen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. - zB in einer ggf mündlichen Rahmenvereinbarung über Einsätze als Familienhelferin, deren Umsetzung sich in den jeweils einzelnen Aufträgen vollzog (vgl zu einer solchen Rahmenvereinbarung zB BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - USK 2008-45, Juris RdNr 18, 22), oder in zusätzlichen ggf mündlichen Abreden zu den einzelnen Einsätzen selbst - weitere Rechte und Pflichten bestanden, die für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. sprechen.

29

Hinzu kommen im vorliegenden Fall Hinweise auf ein gänzlich fehlendes rechtlich relevantes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO). Unter diesem Blickwinkel könnten sich Zweifel an der Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 1. ergeben, falls sich nach Ermittlungen herausstellen sollte, dass die Arbeitsstunden-Vergütung mit 26,40 DM brutto betragsmäßig im Bereich dessen lag, was einer Familienhelferin im Jugendhilfebereich mit der Qualifikation der Beigeladenen zu 1. als Angestellte tariflich oder einzelvertraglich als Vergütung zustand. Aufgeklärt werden müsste auch, ob die Beigeladene zu 1. in einer für Arbeitnehmer allerdings eher untypischen Weise ihre einzelnen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen konnte und vom Kläger ggf aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Familien "zugeteilt" werden konnte (vgl zu diesen Gesichtspunkten BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 27). Vor diesem Hintergrund bleibt bislang offen, ob überhaupt typische Risiken, aber auch höhere Chancen einer vermeintlichen Selbstständigkeit bestanden.

30

Schließlich ergibt sich auch in Bezug auf weitere Abgrenzungsmerkmale Anlass zu einer näheren Betrachtung der Umstände, unter denen die Beigeladene zu 1. tätig wurde. Das LSG hat größere Entscheidungsspielräume der Beigeladenen zu 1., insbesondere eine im Wesentlichen Ort, Zeit und inhaltliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsleistung unabhängig von Vorgaben des Klägers bestimmbare und von Kontrollen des Klägers weitgehend freie Arbeitsleistung, als letztlich entscheidend für die Selbstständigkeit angesehen. Insoweit fehlt es an einem Vergleich mit den Spielräumen, die einer in - ggf befristeten oder projektbezogenen - (Teilzeit-)Beschäftigung erwerbstätigen Familienhelferin für deren Tätigkeit eingeräumt waren. Da das LSG insoweit selbst davon ausgeht, bereits "aus der Natur der Tätigkeit als Familienhelferin" folgten größere Spielräume, kann ein für die Tätigkeit bestehender Spielraum, der in gleicher Weise für eine angestellte, Familien vor Ort betreuende Familienhelferin besteht, kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung selbstständiger Tätigkeit von Beschäftigung sein. Vielmehr ist hierzu zu ermitteln, welche wesentlichen, gerade einer Selbstständigkeit das Gepräge gebenden Freiräume für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bestanden, die einer im öffentlichen Dienst oder bei einem freien Träger beschäftigten Familienhelferin (als solche war die Beigeladene zu 1. ab dem Jahr 2000 für den Kläger eingesetzt) im streitigen Zeitraum nicht zustanden. Insoweit bietet es sich an, auch der Frage nachzugehen, ob höchstpersönliche Leistungspflichten und/oder Vertretungsregelungen bestanden. Diese nach entsprechenden Ermittlungen vorzunehmende Vergleichsbetrachtung ist dann in die erforderliche Gesamtabwägung einzustellen.

31

d) Dem Senat ist nach alledem wegen fehlender hinreichender Feststellungen des LSG keine eigene abschließende Entscheidung darüber möglich, ob die Beigeladene zu 1. bei einer rechtmäßigen, an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Gesamtschau aller Umstände als Familienhelferin in der öffentlichen Jugendhilfe bei dem Kläger (abhängig) beschäftigt oder selbstständig tätig war. Deshalb hat das LSG die vorstehend unter c) beschriebenen, bislang fehlenden erforderlichen weiteren Feststellungen durch entsprechende Ermittlungen - ggf auch persönlicher Anhörung der Beigeladenen zu 1. - nachzuholen. Sodann muss das LSG eine darauf aufbauende neue Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der oben dargelegten Vorgaben vornehmen und gewichtend und abwägend erneut in der Sache entscheiden.

32

3. Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

33

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahrens war gemäß § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG für das Berufungsverfahren festgesetzten, der streitigen Beitragsforderung entsprechenden Betrages von 18 877,06 Euro festzusetzen.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.