Bundesverwaltungsgericht Urteil, 06. Apr. 2017 - 2 WD 13/16

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2017:060417U2WD13.16.0
06.04.2017

Tatbestand

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Entscheidungsgründe

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1. Gegen den früheren Soldaten wurden aufgrund einer Beschwerde der Zeugin Oberleutnant X - geborene ... - vom 25. Juni 2013 am 11. Dezember 2013 disziplinare Vorermittlungen aufgenommen. Das Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt.

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Wegen der Mitgliedschaft des früheren Soldaten im ... übernahm das ...kommando ... die Ermittlungen und beauftragte Oberstleutnant Y mit dessen Vernehmung. Sie erfolgte am 11. Juli 2013, wobei sich der frühere Soldat zu den Vorwürfen nicht äußerte. Nachdem er sich unter dem 19. Juli 2013 zur Beschwerde schriftlich geäußert hatte, wurde er am 22. Juli 2013 erneut vernommen. Er äußerte sich nicht, sondern kündigte an, nach Konsultation eines Rechtsanwaltes Stellung beziehen zu wollen.

13

Am 17. Dezember 2013 verfasste Oberstleutnant Y auf Anforderung der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des ...kommandos (Wehrdisziplinaranwaltschaft) eine Stellungnahme zur Person und zum dienstlichen Verhalten des früheren Soldaten. Sie wurde ihm am 17. Dezember 2013 in Kopie ausgehändigt. Am 23. Dezember 2013 beantragte der Verteidiger des früheren Soldaten erstmals Akteneinsicht.

14

Mit Schreiben vom 10. Januar 2014 beauftragte die Wehrdisziplinaranwaltschaft den Leiter des ... mit der Durchführung der "Anhörung vor Einleitung". Mit Schreiben vom 13. Januar 2014 beantragte der Verteidiger des früheren Soldaten erneut Akteneinsicht.

15

Am 27. Januar 2014 händigte der frühere Disziplinarvorgesetzte dem früheren Soldaten den Entwurf der Einleitungsverfügung aus und belehrte ihn hinsichtlich der Anhörung der Vertrauensperson und seiner eigenen Anhörung.

16

Mit Schreiben vom 26. Februar 2014 teilte die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Verteidiger des früheren Soldaten mit, dass Akteneinsicht erst nach Abschluss der Vorermittlungen und Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gewährt werde. Daraufhin wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 11. März 2014 erneut Akteneinsicht beantragt und zugleich erklärt, dass der frühere Soldat der Anhörung der Vertrauensperson widerspreche.

17

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft teilte dem Verteidiger des früheren Soldaten mit Schreiben vom 17. März 2014 mit, dass über das Akteneinsichtsgesuch erst nach Abschluss der Vorermittlungen entschieden werde. Gleichzeitig wurde dem früheren Soldaten Gelegenheit eingeräumt, sich bis zum 7. April 2014 zu äußern, und darauf hingewiesen, dass von einem Verzicht auf eine Äußerung ausgegangen werde, wenn bis dahin keine Stellungnahme vorliege. Der Verteidiger des früheren Soldaten teilte unter dem 7. April 2014 mit, ohne Akteneinsicht sei keine sachgerechte Stellungnahme möglich.

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2. Mit dem früheren Soldaten am 17. April 2014 ausgehändigter Verfügung des Kommandeurs des ...kommandos vom 8. April 2014 wurde gegen ihn das gerichtliche Disziplinarverfahren eingeleitet und ihm anschließend - durch Schreiben vom 6. Mai 2014 und vom 27. Mai 2014 - Akteneinsicht gewährt.

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Nachdem der frühere Soldat mit Schreiben vom 30. Juni 2014 zum Schlussgehör geladen worden war, erfolgte auf Anregung seines Verteidigers am 3. Juli 2014 die Aufhebung der Ladung; dem früheren Soldaten wurde Gelegenheit gegeben, sich schriftlich zu äußern. Unter dem 8. August 2014 äußerte sich der Verteidiger des früheren Soldaten umfangreich zu den Anschuldigungen.

20

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des ...kommandos hat dem früheren Soldaten mit ihm am 2. Oktober 2014 zugestellter Anschuldigungsschrift vom 22. September 2014 folgenden Sachverhalt als vorsätzlich begangenes Dienstvergehen zur Last gelegt:

"Der Soldat äußerte am Abend des 18. Juni 2013 innerhalb von ca. vier Stunden in mehreren Gesprächen während einer Autofahrt in seinem privaten PKW von ... an den ... und zurück sowie während eines dazwischen liegenden Abendessens gegenüber der dabei stets mit ihm allein anwesenden Frau Oberleutnant X u.a. sinngemäß, dass

- er eines seiner drei Mobiltelefone für seine Sexkontakte nutze,

- er bereits früher eine Frau Oberleutnant mit dem Vornamen '...' gekannt hätte und es zwischen ihm und ihr regelrecht geknistert hätte,

- er das Gefühl hätte, dass junge Frauen es lieber ohne Kondom wollten,

- bei einem seiner früheren Ausbildungsvorhaben sich nachts eine ortsansässige Frau mit großen Brüsten Zugang zur Unterkunft verschafft habe und auf dem ganzen Kompanieflur von Zimmer zu Zimmer gegangen sei,

- eine Frau, mit der er sich regelmäßig zum Sex getroffen hätte und die behauptet habe, sie wüsste schon mit ihrem·Körper umzugehen und er bräuchte sich nicht um Verhütung zu kümmern, plötzlich schwanger gewesen sei,

- sich nicht nur Single-Frauen bei ihm melden würden, sondern auch verheiratete zu ihm kämen, vermutlich fehle diesen etwas,

- es auch Frauen mit einem festen Freund gebe, die diesen heiraten und Kinder mit diesem haben wollten, aber dennoch sexuellen Kontakt mit ihm, dem Soldaten pflegten,

- er froh sei, dass keine hübschen Frauen bei ihm in der Einheit seien, weil ihm sonst der tägliche Dienst schwer fallen würde, weil er ständig auf der Jagd sei.

Obwohl Frau Oberleutnant X, der Ablauf und Thematik der Gespräche zunehmend unangenehmer wurden, in deren Verlauf versuchte, andere Themen aufzubringen, kehrte der Soldat immer wieder auf das Thema 'Sex' zurück. Frau Oberleutnant X fühlte sich durch das zentrale Gesprächsthema sowie seine ständige Wiederkehr belästigt und aufgrund der Tatsache, dass sie der Gesprächssituation vorübergehend nicht entkommen konnte, sehr unwohl."

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3. Die 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat mit Urteil vom 10. Mai 2016 gegen den früheren Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von 36 Monaten in Verbindung mit einer Kürzung seiner jeweiligen Dienstbezüge um ein Zwanzigstel auf die Dauer von 20 Monaten verhängt.

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Als Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der frühere Soldat die angeschuldigten Äußerungen begangen habe. Seine bestreitenden Einlassungen würden dessen Verhalten weder rechtfertigen noch entschuldigen. Dies stehe aufgrund der glaubhaften und widerspruchsfreien Aussagen der Zeugin X sowie teilweise auch durch die Einlassungen des früheren Soldaten fest.

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Der frühere Soldat habe somit vorsätzlich eine sexuelle Belästigung dadurch begangen, dass er der Zeugin X Erzählungen aus seinem Sexualleben aufgedrängt, sie in sein Sexualleben einbezogen und ihr sein Frauenbild vermittelt habe. Dies habe sie in ihrer Würde verletzt. Dadurch habe er zugleich vorsätzlich die Pflicht zum treuen Dienen in Gestalt der Verpflichtung zur Loyalität der Rechtsordnung gegenüber und die Pflicht zur Kameradschaft verletzt. Einher gehe damit auch ein Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht, wobei der frühere Soldat als Vorgesetzter unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG gehandelt habe. Mildernd in der Person des früheren Soldaten seien insbesondere die während seiner langen Dienstzeit tadellos erbrachten Leistungen zu berücksichtigen.

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Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei sexueller Belästigung von Untergebenen durch Vorgesetzte im Dienst sei regelmäßig eine Herabsetzung im Dienstgrad. Dem stehe vorliegend jedoch die Besonderheit gegenüber, dass es sich um keine sexuelle Belästigung im Dienst gehandelt habe und sie nicht unmittelbar auf die Person der Zeugin bezogen gewesen sei, sondern ihre Würde als Frau betroffen habe. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bilde deshalb ein Beförderungsverbot. Wegen der Milderungsgründe und des bevorstehenden Dienstzeitendes des früheren Soldaten sei ein Beförderungsverbot für die Dauer von 36 Monaten ausreichend. Da es sich während der Restdienstzeit des früheren Soldaten nicht mehr auswirke, sei es mit einer Kürzung der monatlichen Dienstbezüge um 1/20 für 20 Monate zu verbinden.

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4. Gegen das Urteil führen sowohl der frühere Soldat als auch die Wehrdisziplinaranwaltschaft Berufung.

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a) Der frühere Soldat beantragt mit der von ihm am 18. Juli 2016 unbeschränkt eingelegten Berufung gegen das ihm am 17. Juni 2016 zugestellte Urteil dessen Aufhebung und seinen Freispruch; hilfsweise beantragt er, die Sache an das Truppendienstgericht zurückzuverweisen.

27

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es seien weitere Zeugen zu laden, weil sie belegen könnten, dass für das gegen ihn betriebene Verfahren kein Grund bestehe. Von der Benennung eines Beweisthemas sehe er indes ab, weil er angesichts der Erfahrungen mit der Wehrdisziplinaranwaltschaft Einflussnahmen auf die Zeugen befürchte. Dies habe sich bereits bei dem Zeugen Y gezeigt. Jener Zeuge dürfe auch nicht vernommen werden, weil er durch denunziatorische Mitteilungen seine Mitwirkung am Verfahren verwirkt habe. Durch das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft gezeigte Verhalten sei er um die Möglichkeit gebracht worden, seine Unschuld beizeiten zu belegen. Daraus ergebe sich ein Verwertungsverbot und die Anschuldigungsschrift sei nichtig.

28

Es habe keine Beschwerde, sondern ein fait accompli gegen ihn als jemanden gegeben, der den Kampf gegen mafiöse Strukturen am Standort ... aufgenommen habe.

29

Der Vorsitzende Richter am Truppendienstgericht sei zudem befangen gewesen, weil er während der Hauptverhandlung seine Entrüstung über die Überflüssigkeit der Ladung des Zeugen Z zum Ausdruck gebracht habe. Darüber hinaus habe dieser Richter in zumindest einem anderen Fall das Beratungsgeheimnis gebrochen, sei deshalb in seiner Funktion nicht mehr tragbar und das Urteil aufzuheben. Darüber hinaus sei die Zeugin X fehlerhaft belehrt worden.

30

Bei der erstinstanzlichen Sitzungsniederschrift bestehe der Eindruck, dass sie nachträglich erstellt worden sei und man sich nicht die Zeit genommen habe, sie der Urteilsschrift anzupassen. Unvoreingenommen könne den Verlauf der erstinstanzlichen Verhandlung nur der Zeuge Oberstleutnant Z schildern.

31

Zudem sei die erstinstanzliche Beweiswürdigung mängelbehaftet, weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Zeugin X falsch bewertet habe. Es sei insbesondere keinen Belastungsmotiven nachgegangen.

32

Auch leide das vorgerichtliche Verfahren an Mängeln. Der Entscheidung der Wehrdisziplinaranwaltschaft seien Niederschriften zu Vernehmungen zu Grunde gelegt worden, anlässlich derer er nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Weiterhin seien für die Anschuldigungsschrift wertende Äußerungen seines wegen seiner Funktion als ... für ihn unzuständigen Disziplinarvorgesetzten Oberstleutnant Y verwendet worden und dies, ohne dass er vorher dazu angehört worden sei.

33

In dem von der Zeugin X initiierten Beschwerdeverfahren sei zwingend auch die für ihn und die Beschwerdeführerin zuständige Vertrauensperson anzuhören gewesen. Da es ohne die Beschwerde kein Disziplinarverfahren gegeben hätte, seien alle im disziplinargerichtlichen Verfahren ergriffenen Maßnahmen, einschließlich der Anschuldigungsschrift, nichtig.

34

Schließlich sei ihm von der Wehrdisziplinaranwaltschaft über lange Zeit ohne Grund Akteneinsicht verwehrt worden.

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b) Die Wehrdisziplinaranwaltschaft beantragt mit ihrer am 20. Juli 2016 beschränkt eingelegten Berufung gegen das ihr am 21. Juni 2016 zugestellte Urteil, eine schwerere Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, etwaige Mängel des Beschwerdeverfahrens seien vorliegend ohne Bedeutung. Im Übrigen könne gegen den früheren Soldaten zwar kein Beförderungsverbot mehr verhängt werden, weil er nunmehr in den Ruhestand getreten sei; gleichwohl sei gegen ihn weiterhin eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme in Form einer Kürzung des Ruhegehalts um 1/10 für 24 Monate auszusprechen.

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Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Da die unbeschränkt eingelegte Berufung des früheren Soldaten weiter reicht als die auf die Anfechtung der Disziplinarmaßnahme beschränkte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft hat der Senat innerhalb des von der Anschuldigungsschrift gezogenen Rahmens eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, sie rechtlich zu würdigen und über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Dabei ist er nicht an das Verschlechterungsverbot gebunden, weil die Wehrdisziplinaranwaltschaft zu Ungunsten des früheren Soldaten Berufung eingelegt hat.

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1. Entscheidungserhebliche Verfahrensmängel von wesentlichem Gewicht bestehen nicht, sodass eine Zurückverweisung an das Truppendienstgericht nach § 121 Abs. 2 WDO nicht veranlasst ist.

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a) Die Rüge, der erstinstanzliche Vorsitzende Richter sei befangen gewesen, ist bereits unstatthaft, weil der frühere Soldat sie ausweislich der erstinstanzlichen Sitzungsniederschrift entgegen § 91 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht spätestens vor seinem letzten Wort geltend gemacht hat.

39

b) Darüber hinaus würde selbst ein etwaiger, vom früheren Soldaten nicht substantiiert dargelegter Verstoß des Vorsitzenden Richters gegen das Beratungsgeheimnis in einem anderen Verfahren weder einen Verfahrensfehler in diesem Verfahren darstellen noch objektiv Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters im vorliegenden Verfahren rechtfertigen.

40

c) Da - anders als vom früheren Soldaten angenommen - das Gesetz kein Aussageverweigerungsrecht der Zeugin X in ihrer Eigenschaft als Opfer des angeschuldigten Verhaltens kennt, liegt auch kein erstinstanzlicher Belehrungsverstoß vor.

41

d) Etwaige Fehler in der Behandlung des von der Zeugin betriebenen Beschwerdeverfahrens sind im vorliegenden disziplinargerichtlichen Verfahren rechtlich irrelevant, weil es sich um rechtlich selbständige Verfahren handelt.

42

e) Auch etwaig unterlassene oder unvollständige Belehrungen des früheren Soldaten über sein Recht, nicht wahrheitsgemäß aussagen zu müssen, oder über sein Recht, einen Verteidiger konsultieren zu können, würden aus mehreren, die vorliegende Entscheidung selbständig tragenden Gründen ebenfalls keinen schweren Verfahrensmangel darstellen.

43

Soweit es das Recht des früheren Soldaten auf Verteidigerkonsultation betrifft, war er sich dieses Rechts ausweislich der von ihm bereits am 22. Juli 2013 abgegebenen Erklärung bewusst. Dort führte er aus, er werde sich nach Konsultation eines Rechtsanwalts äußern. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz vorgerichtliche Aussagen des früheren Soldaten, der sich zudem zur Sache anlässlich keiner Anhörung eingelassen hat, seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte. Ferner hat der frühere, in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung anwaltlich vertretene, Soldat einer irgendwie gearteten Verwertung vorgerichtlicher Aussagen nicht widersprochen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2012 - 2 WD 8.11 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 3 Rn. 22).

44

f) Dass das Truppendienstgericht das Protokoll der Hauptverhandlung erst am 14. Juni 2016 fertiggestellt hat, obwohl das Urteil bereits am 24. Mai 2016 zur Geschäftsstelle gelangte, stellt keinen Verfahrensmangel dar, weil das Protokoll damit gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 273 Abs. 4 StPO noch vor der Zustellung des Urteils am 17. Juni 2016 fertiggestellt war.

45

g) Soweit der frühere Soldat behauptet, die Anschuldigungsschrift sei deshalb verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil sie wertende Äußerungen des damaligen, wegen der Funktion des früheren Soldaten als ... für ihn unzuständigen Disziplinarvorgesetzten Oberstleutnant Y ohne seine vorherige Anhörung verwertet habe, trifft dies zum einen schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Denn ausweislich der aktenkundigen Empfangsbestätigung hat der frühere Soldat am 17. Dezember 2013 Einsicht in diese Stellungnahme erhalten und sie in Ablichtung ausgehändigt bekommen. Zudem schlägt der Einwand auch in rechtlicher Hinsicht nicht durch, weil die Zuständigkeit für die von Oberstleutnant Y gefertigte Stellungnahme nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SBG, § 29 Abs. 1 Satz 3 und § 30 Abs. 1 Nr. 3 WDO gewechselt hat. Jene Normen betreffen lediglich Akte der disziplinaren Ahndung von Dienstvergehen, nicht aber die Erstellung einer Stellungnahme zur Person und ihren Leistungen, für die Kenntnis der Person notwendig ist, über die der nächste Disziplinarvorgesetzte grundsätzlich verfügt.

46

h) Die Rüge des früheren Soldaten, ihm sei rechtswidrig eine frühzeitige Akteneinsicht verwehrt worden, ist zwar berechtigt, begründet jedoch keinen zur Zurückverweisung nach § 121 Abs. 2 WDO führenden schweren Verfahrensmangel.

47

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft hat gegen das dem früheren Soldaten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WDO und damit auch seinem Verteidiger nach § 90 Abs. 3 WDO im selben Umfang zustehende Recht auf Akteneinsicht verstoßen, weil sie dem von seinem Verteidiger mehrfach - mit Schreiben vom 23. Dezember 2013, 13. Januar 2014 und 11. März 2014 - gestellten Antrag auf Akteneinsicht erst im Mai 2014 - mit Schreiben vom 6. Mai 2014 und 27. Mai 2014 - entsprochen hat. Bis zum Erlass der - dem früheren Soldaten am 17. April 2014 ausgehändigten - Einleitungsverfügung des Kommandeurs des ...kommandos vom 8. April 2014 wurde diesem somit rechtliches Gehör verwehrt. Das Akteneinsichtsrecht nach § 90 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WDO ist auch keine bloße Ordnungsvorschrift.

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Es lagen auch keine Umstände vor, die ausnahmsweise dazu berechtigt hätten, gem. § 90 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 WDO Akteneinsicht zu verweigern, weil dies den Ermittlungszweck gefährdet hätte. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass auch nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens keine weiteren Ermittlungen seitens der Wehrdisziplinaranwaltschaft durchgeführt wurden.

49

Der Verfahrensmangel wiegt jedoch deshalb nicht mehr im Sinne einer ermessensreduzierend für eine Zurückverweisung streitenden Weise schwer, weil dem Verteidiger des früheren Soldaten noch vor Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht Akteneinsicht gewährt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - NZWehrr 2017, 77 <79>). Dem früheren Soldaten war es somit noch im Rahmen des Schlussgehörs gemäß § 99 Abs. 1 Satz 3 WDO möglich, sich auf der Grundlage der Aktenkenntnis zu den Anschuldigungen zu äußern, wovon er mit Schreiben vom 8. August 2014 auch umfangreich Gebrauch gemacht hat. Dies konnte die Einleitungsbehörde bei ihrer Entscheidung über die Einreichung der Anschuldigungsschrift auch noch berücksichtigen.

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2. Zur Überzeugung des Senats steht als Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der frühere Soldat die Äußerungen wie angeschuldigt getätigt hat. Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

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a) Die Zeugin X hat den früheren Soldaten vor dem 19. Juni 2013 telefonisch kontaktiert, um sich bei ihm nach einer Unterkunft in ... und der Tagung zu erkundigen, die am 19. Juni 2013 stattfand und deren Gegenstand war, die ...-Fähigkeit am Standort ... zu erhalten. Sie war seinerzeit Oberleutnant und als Vertreterin des ...kommandos ... zu dieser Tagung in ... eingeladen worden und vertrat als Sachbearbeiterin ... Oberstleutnant A. Die Zeugin hatte von dem früheren Soldaten, mit dem sie vorher schon einmal telefoniert haben könnte, keine optische Vorstellung, während dieser aus Beobachtungen bei früheren Veranstaltungen wusste, wer und wie alt sie war.

52

Der frühere Soldat hat die Zeugin anlässlich dieses Telefonats gefragt, ob er für den Vorabend der Tagung - den 18. Juni 2013 - etwas organisieren solle. Die Zeugin hat erklärt, ihr sei es egal. Im Rahmen eines weiteren Telefonats hat sie ihm mitgeteilt, an der Vorabendveranstaltung teilnehmen zu wollen und nachgefragt, ob sie in Zivil oder in Uniform erscheinen solle. Der frühere Soldat teilte ihr mit, sie könne in Zivil erscheinen. Die Zeugin nahm an, dass die Vorabendveranstaltung in der Offizierheimgesellschaft (OHG) mit anderen Tagungsteilnehmern stattfinden und sie der atmosphärischen Einstimmung auf die Tagung (als "Icebreaker") dienen werde. Als sie am Abend des 18. Juni 2013 mit einem den Oberarm bedeckenden T-Shirt, mit Leggings, Jeansrock sowie Turnschuhen oder Ballerinas bekleidet auf den früheren Soldaten bei dessen Pkw traf, wurde ihr gewärtig, dass sie die einzige Tagungsteilnehmerin war, mit der der frühere Soldat den Abend verbringen würde. Um nicht kindisch und unhöflich zu wirken, ging sie auf das Angebot des früheren Soldaten ein, gemeinsam außerhalb der Kaserne zu Abend zu essen. Der frühere Soldat betrachtete das Treffen am Vorabend der Tagung als dienstlich bedingt, weil er damit jedenfalls auch den Zweck verfolgte, die Zeugin dahingehend zu beeinflussen, anlässlich der Tagung die aus seiner Sicht gewünschten Aussagen zu ... zu treffen. Die Tagungsteilnehmer aus ... reisten erst am Tag der Tagung an; der ebenfalls von auswärts angereiste Oberstleutnant B verbrachte den Vorabend gemeinsam mit Oberstleutnant Y in ....

53

Insoweit steht der Sachverhalt aufgrund der insoweit übereinstimmenden Aussagen des früheren Soldaten und der Zeugin weitgehend fest; dies gilt insbesondere für die Motivation des früheren Soldaten, der sich in der Berufungshauptverhandlung dahingehend eingelassen hat, den Vorabend mit der Zeugin jedenfalls deshalb gemeinsam verbracht haben zu wollen, um sie in seiner Weise in einer dienstlichen Angelegenheit (das Vorhaben ... betreffend) zu beeinflussen.

54

Unterschiedlich sind die Aussagen bezogen auf die Behauptung des früheren Soldaten, er habe die Zeugin anlässlich des zweiten Telefonats darauf hingewiesen, dass sie an dem Vorabend der Tagung die einzige Teilnehmerin sei. Die Zeugin hat dies in Abrede gestellt und betont, sie sei an dem Vorabend mit der Vorstellung erschienen, dass noch andere Tagungsteilnehmer in der OHG anwesend sein würden, dann darüber überrascht gewesen, dass dem nicht so gewesen sei, und sie habe in ein Abendessen allein mit dem früheren Soldaten nur deshalb eingewilligt, um diesen nicht zu brüskieren.

55

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der frühere Soldat die Zeugin anlässlich des zweiten Telefonats weder ausdrücklich noch sinngemäß darauf hingewiesen hat, dass sie den Vorabend mit ihm allein verbringen werde und sie sich allein aus Höflichkeit darauf eingelassen hat.

56

Die Aussagen der Zeugin X sind glaubhaft, die des früheren Soldaten unglaubhaft. Er hat erstmals in der Berufungshauptverhandlung behauptet, die Zeugin ausdrücklich darauf hingewiesen zu haben, an dem Vorabend mit ihm allein zu sein. Damit liegt eine Steigerung der Aussagen vor, die bereits erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage begründet. Diese Zweifel steigern sich zur Gewissheit zum einen durch den Eindruck, den der frühere Soldat - aus noch darzulegenden Gründen - dem Senat in der Berufungshauptverhandlung von sich vermittelt und den Eindruck, den der Senat zum anderen von der Zeugin X aus noch darzulegenden Gründen gewonnen hat.

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b) Anders als vom Truppendienstgericht festgestellt, kam es noch nicht auf der Hinfahrt zum ..., die mit dem vom früheren Soldaten gelenkten Pkw erfolgte, zu den angeschuldigten Äußerungen. Dies steht auf der Grundlage der insoweit übereinstimmenden Aussagen des früheren Soldaten und der Zeugin fest. Insbesondere die Zeugin hat betont, während der Hinfahrt habe der frühere Soldat nur schlecht über seine und ihre Vorgesetzten gesprochen, wobei sie sich darüber lediglich gewundert habe. Gewundert habe sie sich auch darüber, dass er ihr von seiner Scheidung erzählt habe.

58

c) aa) Beim Abendessen an der Promenade am ... erhielt das Gespräch auf Veranlassung des früheren Soldaten und ohne dass die Zeugin dazu Anlass gegeben hätte, einen sexuellen Inhalt. Dies setzte sich fort, nachdem beide in ein Café gewechselt waren, in dem der frühere Soldat noch einen Espresso trank und die Zeugin ein Eis aß.

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Auslöser der Äußerungen sexuellen Inhalts war das Klingeln eines Handys des früheren Soldaten, welcher der Zeugin daraufhin erzählte, er besitze 3 Handys, von denen er eines für Sexkontakte nutze. Des Weiteren erzählte er von einer nicht besonders schönen Frau mit großen Brüsten, die anlässlich eines Aufenthalts auf dem Truppenübungsplatz von Zimmer zu Zimmer gegangen sei, um auch von ihm Sex haben zu wollen, und von einer anderen Frau, bei der es zwischen ihm und ihr geknistert habe. Die Frau hieß nach den Erzählungen des früheren Soldaten ebenfalls ... und hatte ebenfalls den Dienstgrad eines Oberleutnants inne. Der frühere Soldat berichtete auch von einer Frau, die er im Dienst kennengelernt und zu der er sexuelle Kontakte gehabt habe. Ferner berichtete er von einer Frau, mit der er eine sexuelle Beziehung gehabt habe und die schwanger geworden sei, weil sie nicht verhütet habe. Der frühere Soldat berichtete, ziemlich viele Frauen gehabt zu haben, jüngere und verheiratete und solche, die später Kinder hätten haben wollen.

60

Im Café erzählte die Zeugin von ihrem Freund, den sie noch von der Kaserne aus anrufen wolle, um dadurch eine zeitnahe Rückfahrt in die Kaserne nach ... zu beschleunigen.

61

Auch während der Rückfahrt zur Kaserne behielten die Äußerungen des früheren Soldaten ihren sexuellen Inhalt. Er berichtete der Zeugin von seinem kühlen Haus, von Präservativen und von Frauen, die einen festen Freund hätten, jedoch gleichwohl sexuellen Kontakt zu ihm suchten. Er äußerte, es sei gut, dass es in seiner Einheit keine hübschen Frauen gebe, denn er sei immer "auf der Jagd" und es falle ihm schwer, junge Frauen in Ruhe zu lassen. Nachdem der frühere Soldat geäußert hatte, dass junge Frauen es nach seiner Erfahrung lieber ohne Kondom wollten, schaute die Zeugin nur noch aus dem Fenster und sprach nicht mehr mit dem früheren Soldaten. Der frühere Soldat nahm davon Kenntnis. Während der Rückfahrt äußerte die Zeugin dem früheren Soldaten gegenüber, dass man Dienst und Privates trennen müsse, worauf jener zustimmte, jedoch erklärte, dies falle ihm aber schwer.

62

Die Zeugin fühlte sich durch die Äußerungen belästigt und befürchtete als Ortsunkundige während der Rückfahrt, der frühere Soldat würde mit ihr zu ihm nach Haus fahren wollen. Sie fühlte sich durch die Schilderungen persönlich angesprochen und gewann den Eindruck, dass der frühere Soldat austesten wollte, wie weit er bei ihr gehen könne.

63

Nach der Rückkehr rief die Zeugin gegen 20, 21 Uhr ihren Vorgesetzten Oberstleutnant A an und beschwerte sich darüber, dass er sie in eine solche Situation gebracht habe. Dieser sagte ihr, sie solle selbst entscheiden, ob sie in ... bleiben wolle. Die Zeugin nahm an der Tagung teil, ging dem früheren Soldaten jedoch aus dem Weg und benahm sich ihm gegenüber patzig, damit er merken sollte, dass sie auf ihn wütend war. Sie stellte während der Tagung nicht die Frage, was ... bedeute.

64

Nach dem Ende der Tagung und anlässlich des Kofferpackens fragte der frühere Soldat die Zeugin, ob sie nicht länger bleiben wolle; er nutze solche Veranstaltungen gerne für eine Verlängerung. Nach der Tagung hat die Zeugin den früheren Soldaten noch 5 - 6 Mal angetroffen, den Kontakt zu ihm jedoch gemieden.

65

bb) Die Abgabe entsprechender Äußerungen steht bereits weitgehend auf der Grundlage der von dem früheren Soldaten selbst - nach mehrfacher Belehrung über sein Einlassungsverweigerungsrecht - getätigten Aussagen fest.

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Der frühere Soldat hat sich zunächst pauschal dahingehend eingelassen, die Zeugin habe die angeschuldigten Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen und sich auf Dinge fokussiert, die ihr unangenehm gewesen seien. Im Konkreten hat er jedoch, abgesehen von der vorgeworfenen Aussage, er nutze eines seiner Mobiltelefone für Sexkontakte und zur Anschuldigung, er sei ständig auf der Jagd gewesen, die sonstigen angeschuldigten Äußerungen der Sache nach eingestanden; er hat sie lediglich in einen anderen Kontext zu stellen versucht. Im Einzelnen:

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Dass es zu Aufdringlichkeiten - angeblich - durch eine ... ihm gegenüber gekommen sei, hat er der Zeugin nach eigener Einlassung berichtet, auch wenn er in der Berufungshauptverhandlung weiter ausgeführt hat, dies seinerzeit nicht als angenehm "knisternd", sondern als aufdringlich empfunden zu haben. Eingeräumt hat er des Weiteren, der Zeugin gegenüber in diesem Zusammenhang wohl auch von Kondomen gesprochen zu haben, wenn auch in der Berufungshauptverhandlung mit dem Hinweis, dies sei eher belehrend im Hinblick auf die Erfahrungen, die er nach seiner Scheidung in dieser Hinsicht gemacht habe, erfolgt. Ausgesagt hat er in der Berufungshauptverhandlung zudem, der Zeugin von einer "voluminösen" Frau berichtet zu haben, die zunächst ihn sexuell angegangen habe und dann von Zimmer zu Zimmer gegangen sei. Diese Äußerung soll von ihm allerdings nur erfolgt sein, um zu demonstrieren, dass nicht nur Frauen - wie von der Zeugin von sich behauptet - belästigt würden, sondern auch Männer. Ebenfalls ausgesagt hat der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung, der Zeugin von einer Frau berichtet zu haben, die ihn zu sexuellen Kontakten aufgesucht habe und dann schwanger geworden sei. Zudem hat er ausgesagt, der Zeugin von Singlefrauen, von verheirateten Frauen und Frauen mit Kindern berichtet zu haben, die trotz ihrer Bindung zu ihm sexuellen Kontakt suchten; dies habe er allerdings "rein sachlich" erzählt.

68

Die unter Spiegelstrich 2 - 7 angeschuldigten Äußerungen stehen damit fest. Soweit der frühere Soldat anmerkt, sie seien nicht in sexualisierender Absicht, sondern sachlich und deskriptiv geäußert worden, stellt dies nicht in Frage, dass sie von ihm wie angeschuldigt tatsächlich und wissentlich sowie willentlich getätigt worden sind, sondern betrifft dies - die davon zu unterscheidende - Rechtsfrage, ob dadurch der Tatbestand einer sexuellen Belästigung ausgeschlossen wird.

69

aaa) Soweit der frühere Soldat die unter dem ersten Spiegelstrich angeschuldigte Äußerung gänzlich und die unter dem achten Spiegelstrich angeschuldigte Äußerung insoweit in Abrede gestellt hat, letztere habe sich - unter anderem - lediglich auf seine diesbezüglichen Onlineaktivitäten bezogen, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass auch sie vom früheren Soldaten wie angeschuldigt geäußert worden sind.

70

Dies folgt in erster Linie daraus, dass nach der glaubhaften Aussage der glaubwürdigen Zeugin der frühere Soldat sämtliche Äußerungen getätigt hat; sie hat sich insbesondere daran erinnert, dass der frühere Soldat zwei Mal von der "Jagd" gesprochen hat und dies bezogen auf seine Haltung hübschen Soldatinnen in seiner Einheit gegenüber. Dadurch sind Zweifel daran, ob der frühere Soldat die angeschuldigten Äußerungen getätigt hat, nur noch theoretischer Natur; ihnen Raum zu geben wäre nach Maßgabe der für die Bildung der richterlichen Überzeugung maßgeblichen Umstände unvernünftig (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2017 - 2 WD 1.16 - Rn. 38 f.).

71

bbb) Die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugin leitet sich daraus ab, dass sie in sich stimmig sind und auch nicht von früheren Aussagen abweichen.

72

Die Aussagen der Zeugin sind hinsichtlich der entscheidungserheblichen Sachverhaltselemente auch detailreich. Dies betrifft vor allem, ob der frühere Soldat sie zuvor darüber informiert hat, mit ihm allein den Vorabend zu verbringen, und die konkreten Äußerungsinhalte sowie den Ort und den Zeitpunkt, zu dem die Äußerungen fielen. Glaubhaft und nachvollziehbar war auch ihre Aussage, sich durch die Äußerungen vor allem deshalb belästigt gefühlt zu haben, weil die Inhalte der sexuellen Äußerungen biografische Parallelen zu ihr aufwiesen; etwa dadurch, dass es sich auch bei ihr um eine junge Frau handelte, sie - wie die Soldatin, von der der frühere Soldat sich belästigt gefühlt haben will - ebenfalls ... heißt, sie ebenfalls den Dienstgrad Oberleutnant inne hatte und auch sie in einer festen Beziehung lebt.

73

Dabei hat die Zeugin Sachverhaltselemente, bei denen sie sich nicht sicher war, offen eingeräumt. Dies betraf etwa die visuelle Wahrnehmung von drei Handys, die angeblich von ihr verwendete Bezeichnung "Schühchen", Fragen des früheren Soldaten nach ihrer früheren Verwendung und zu einer Kameradin, die angeblich aus Trennungsgeldgründen geheiratet habe, missbilligende Äußerungen des früheren Soldaten wegen der Mitnahme des Hundes der Zeugin in die Kaserne, den Genuss von Eis mit alkoholischen Anteilen (Sekt), das Gesprächsthema Fitness und damit verbunden das Heben ihres Armes zu Demonstrationszwecken sowie zur angeblichen Frage des früheren Soldaten, ob es für sie in Ordnung sei, mit ihm einen Ausflug zu unternehmen. Jene Aspekte betreffen jedoch nur Randbereiche des Tatgeschehens und darauf bezogene Unsicherheiten der Zeugin erklären sich zwangslos mit dem Zeitablauf.

74

Die Soldatin hat zudem keinen Belastungseifer erkennen lassen. Sie hat vielmehr - in Fortführung früherer Aussagen - betont, dass der frühere Soldat sie weder angefasst noch angestarrt, sondern "lediglich Dinge gesagt" und sie mit der Meldung auch nicht die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens gegen ihn bezweckt habe, sondern zufrieden gewesen wäre, wenn er erklärt hätte, an jenem Tag einen schlechten Tag gehabt zu haben. Dem entspricht, dass ihre Aussagen in der Berufungshauptverhandlung auch nicht einstudiert wirkten, was sich unter anderem darin ausdrückte, dass sie erst auf gerichtliche Nachfrage die Äußerungen des früheren Soldaten detailliert beschrieb. Dies dann allerdings dezidiert und insbesondere auch zu den entscheidungserheblichen Umständen, wie dazu, ob der frühere Soldat ihr gesagt habe, mit ihm allein den Abend zu verbringen, und welche Aussagen er konkret geäußert hat.

75

Für die Glaubwürdigkeit der differenziert und überlegt aussagenden Zeugin spricht ferner ihre ebenso spontane wie empörte Reaktion auf die Versuche des früheren Soldaten, seine weitgehend eingestandenen Äußerungen darauf zurückzuführen, dass er mit ihr kein gemeinsames militärisches Thema - wie etwa sie nicht interessierende Sprengschächte - gefunden habe. Ihre Reaktion in der Berufungshauptverhandlung, ihn nachhaltig darauf zu verweisen, dass es jenseits des Militärischen und Sexuellen Themen gebe, über die man sich unterhalten könne, war für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar. Die Reaktion des früheren Soldaten darauf war ausweichend. Er reagierte darauf nahezu durchgehend mit Fragenfloskeln (wie "Kann es sein, dass ...") zu entscheidungsunerheblichen Aspekten, etwa zur Frage des Vorgehens, nachdem man in ... festgestellt hatte, dass die zunächst avisierte Lokalität geschlossen war.

76

ccc) Die Versuche des früheren Soldaten, die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern, sind konstruiert, lebensfern und Ausdruck des Versuchs, eigenes Versagen zu kaschieren.

77

(1) Dies folgt schon daraus, dass er erstmals in der Berufungshauptverhandlung Gründe dafür vorgetragen hat, warum die Zeugin ihn mit unwahren Behauptungen belasten sollte. Dazu gehörte, sie habe sich bei ihm revanchieren wollen, weil ihr im Gesprächsverlauf klar geworden sei, warum die Freundin der Zeugin, nicht aber sie bereits verheiratet sei, oder er - der frühere Soldat - ihr Vorhaltungen gemacht habe, weil sie ihren Hund in ihre Heimatkaserne mitnehme. Es liegt fern, dass die Zeugin den früheren Soldaten fälschlich eines gravierenden Versagens bezichtigen würde, weil sie wegen derart geringfügiger Anlässe verärgert gewesen wäre. Auch die früheren Versuche des früheren Soldaten, die Bekleidung der Zeugin am fraglichen Abend so zu beschreiben, dass der Eindruck entstehen könnte, sie habe sich reizvoll in der Annahme gekleidet, einen jüngeren Oberstleutnant anzutreffen, dann aber enttäuscht einen älteren Mann angetroffen, sind konstruiert, zumal sich der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung nunmehr dahingehend relativierend eingelassen hat, die Zeugin habe ordentlich ausgesehen. Die Zeugin hat insoweit glaubhaft dargelegt, sich gerade in Erwartung eines Zusammenseins mit Kameraden (und nach Rücksprache mit einer Freundin) nicht sexuell anregend angekleidet zu haben. In derselben Weise zu bewerten ist auch die Behauptung des früheren Soldaten, die Zeugin habe sich bei der Besprechung unsicher gefühlt und er denke, deswegen zahle sie es ihm heim. Jene Behauptung ist im Kontext mit seiner Behauptung zu sehen, die Zeugin habe auf der Tagung danach gefragt, was ... (eigentlich) sei. Die Zeugin hat bestritten, eine solche Frage gestellt zu haben - was im Hinblick darauf, dass sie im ...kommando ... Sachbearbeiterin war, glaubhaft ist - und auch der Tagungsteilnehmer Oberstleutnant Y hat ausgesagt, eine solche Frage nicht gehört zu haben. Der frühere Soldat hat dem in der Berufungshauptverhandlung nichts anderes als den Einwand entgegenzusetzen gewusst, der Zeuge Y höre möglicherweise nicht mehr gut, was dieser im Hinblick auf eine aktuelle Untersuchung seines Gehörs nachdrücklich bestritten hat.

78

(2) Ein Belastungsmotiv des Zeugen Y ist auch nicht ersichtlich. Seine Stellungnahmen über den früheren Soldaten sind nicht negativ. Dies gilt sowohl für seine Aussage in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung als auch für die von ihm vorgerichtlich abgegebene Stellungnahme vom 17. Dezember 2013 und seine Aussagen in der Berufungshauptverhandlung. Auseinandersetzungen mit dem früheren Soldaten in dessen Eigenschaft als Mitglied des ... sind nach seiner Aussage nicht über das hinausgegangen, was sich aus der Wahrnehmung regelmäßig unterschiedlich akzentuierter Interessen ergab; der Zeuge Y konnte sich nicht an markante Auseinandersetzungen erinnern.

79

Für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin spricht auch, dass es sich dabei ebenfalls um Äußerungen handelt, die wegen ihres sexuellen Inhalts sich thematisch im Rahmen der vom früheren Soldaten im Übrigen eingestandenen Äußerungen bewegen, und zwischen den eingestandenen und den von ihm bestrittenen Äußerungen ein enger räumlicher wie zeitlicher Kontext besteht. Darüber hinaus hat der frühere Soldat zu der Äußerung nach dem ersten Spiegelstrich eingeräumt, tatsächlich über drei Handys zu verfügen und er sich bei der im achten Spiegelstrich angeschuldigten Äußerung dahingehend eingelassen, er habe der Zeugin gegenüber erklärt, es sei für ihn einfacher, wenn sich in seiner Einheit keine hübschen Frauen befänden.

80

3. Der frühere Soldat hat durch seine wissentlich und willentlich getätigten, mithin vorsätzlichen Äußerungen nach § 23 SG ein Dienstvergehen begangen.

81

a) Der frühere Soldat hat durch die Äußerungen nach § 3 Abs. 4 SoldGG vorsätzlich eine sexuelle Belästigung begangen und damit gemäß § 7 Abs. 2 SoldGG seine Dienstpflichten verletzt.

82

aa) Der Anwendungsbereich des SoldGG ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SoldGG eröffnet. Die Äußerungen des früheren Soldaten stellten Maßnahmen dar, die den Dienstbetrieb betrafen. Ein solcher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Handlung einen funktionalen Bezug zur Dienstverrichtung aufweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 2 WD 3.12 - Rn. 46). Er ist nach den getroffenen Feststellungen deshalb gegeben, weil die Zeugin das Zusammentreffen am Vorabend als atmosphärische Einstimmung auf die Tagung und der frühere Soldat es als dienstlich bedingt betrachtet hat, um die Zeugin im Hinblick auf die Tagung zu instruieren. Damit bewegte sich das Zusammentreffen nicht mehr im privaten Raum.

83

bb) Die Äußerungen des früheren Soldaten bildeten - jedenfalls in ihrer Gesamtheit - auch eine sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 SoldGG. Sie verstießen nicht lediglich gegen die sich nach außerrechtlichen Maßstäben zu beurteilenden Grundsätze des guten Geschmacks oder Taktes (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 2 WD 6.07 - Buchholz 449 § 10 SG Nr. 59 Rn. 69 zu § 185 StGB).

84

aaa) Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 SoldGG kann ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten nach der dort beispielhaften Auflistung auch in Bemerkungen sexuellen Inhalts bestehen. Bemerkungen sexuellen Inhalts tätigte der frühere Soldat in einer wegen ihrer Offensichtlichkeit keine weiteren Darlegungen mehr erfordernden Weise dadurch, dass er von der Ausgestaltung seines Sexuallebens und den dabei gemachten Erfahrungen berichtete. Dass er jene Äußerungen vor dem Hintergrund einer durch die - allerdings bereits Jahre zurückliegende - Scheidung noch immer beeinflussten Stimmungslage getätigt haben mag, nimmt ihnen nicht ihren sexuellen Gehalt.

85

bbb) Die Äußerungen waren auch unerwünscht. Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert nicht, dass dem Belästigenden die ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen zuvor aktiv verdeutlicht worden ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780, S. 33, zu Abs. 3, BAG, Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - juris m.w.N.). Maßgeblich ist allein, ob die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war (BAG, Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - juris Rn. 19). Ausreichend ist, dass der Handelnde aus der Sicht eines objektiven Beobachters davon ausgehen kann, dass das Verhalten unter den gegebenen Umständen von der Betroffenen nicht erwünscht oder auch nicht akzeptiert wird (BT-Drucks. 16/1780, S. 33).

Daher kommt es nicht darauf an, dass die Zeugin zu keinem Zeitpunkt verbalisiert hat, der frühere Soldat möge mit dem Thema "Sex" aufhören. Dass die Äußerungen unerwünscht waren, ergibt sich für einen objektiven Beobachter bereits daraus, dass die Zeugin das Thema in der Konversation nicht aufgenommen, vielmehr versucht hat, auf andere Gesprächsfelder abzulenken. Dass sie nach der Äußerung entsprechend dem zweiten Spiegelstrich der Anschuldigung nach dem Nachnamen der vom früheren Soldaten angesprochenen Frau Oberleutnant mit dem Vornamen ... fragte, ist Ausdruck dieses Versuches, von dem unangenehmen Thema "Sex" abzulenken, wollte die Zeugin doch in Erfahrung bringen, ob sie die Person aus ihrer Ausbildung kannte und so die Konversation auf ein anderes Thema überleiten. Die Unerwünschtheit der Äußerungen ergibt sich zudem daraus, dass die Zeugin auf der Rückreise durch den Hinweis auf die notwendige Trennung von Privatem und Dienstlichem signalisiert hat, die Äußerungen des früheren Soldaten für unangemessen zu halten; der frühere Soldat hat zudem auf der Rückfahrt zur Kenntnis genommen, dass sie nur noch aus dem Fenster schaute.

86

ccc) Durch die Äußerungen des früheren Soldaten wurde auch die Würde der Zeugin verletzt, wobei die Würdeverletzung nicht die Qualität einer Würdeverletzung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 GG erreichen muss (BT-Drucks. 16/1780, S. 33, zu Abs. 3). Dass der frühere Soldat der Zeugin seine sexuellen Fantasien aufdrängt und sie darin einbezieht, verletzt sie in ihrer Würde, dokumentiert dieses Verhalten doch die fehlende Achtung vor der Intimsphäre der Geschädigten (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 2 WD 4.13 - juris Rn. 32). So liegt der Fall auch hier, hat der frühere Soldat doch durch die Gesamtheit der festgestellten sexuellen Äußerungen ein sexualisiertes Gesprächsfeld erzeugt und in seinen entsprechenden Äußerungen zunehmend - durch Vornamen, Altersgruppe, Beziehungsstatus - Parallelen zur Person der Zeugin hergestellt, sodass sich für diese wie für einen objektiven Beobachter der Eindruck aufdrängen musste, der frühere Soldat wolle ihre Bereitschaft ausloten, mit ihm im Rahmen eines unverbindlichen sexuellen Abenteuers die Nacht zu verbringen. Durch seine angeschuldigten Äußerungen brachte er auch seine fehlende Achtung vor den Frauen zum Ausdruck, von deren Verhalten er der Zeugin berichtete. Indem er ihr zugleich indirekt ein vergleichbares Verhalten antrug, brachte er zum Ausdruck, dass er sie als "leichtes Mädchen" betrachtete und ihr nicht die Achtung entgegenbrachte, auf die sie als Kameradin und Offizier Anspruch hat. Mit seinen Äußerungen brachte er somit eine Missachtung der Person der Zeugin zum Ausdruck, sodass kein nur geringfügiger Eingriff vorliegt, der von § 3 Abs. 4 SoldGG nicht erfasst wäre (BT-Drucks. 16/1780, S. 33; vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 2 WD 3.12 - Rn. 38).

87

Dabei ist für die Frage der Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung, ob der frühere Soldat dies auch bezweckte. Selbst wenn der Senat in Ermangelung davon abweichender Feststellungen annimmt, dass der frühere Soldat nicht bezweckte, die Zeugin in ihrer Würde zu verletzen, hat er eine solche Verletzung jedenfalls bewirkt und billigend in Kauf genommen. Dies reicht für die Tatbestandsverwirklichung des § 3 Abs. 4 SoldGG aus, der insoweit keinen Vorsatz verlangt (vgl. BT-Drucks. 16/1780, S. 33; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - NZWehrr 2017, 77 <80> = juris Rn. 52).

88

b) Durch das genannte Verhalten hat der frühere Soldat zugleich vorsätzlich seine Pflicht zum treuen Dienen aus § 7 SG verletzt. Zu ihr gehört insbesondere die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung. Zur Rechtsordnung gehört auch die Pflicht aus § 7 Abs. 2 SoldGG, gegen die der frühere Soldat aus den bereits dargestellten Gründen verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - juris Rn. 54 m.w.N.). Aus den dargelegten Gründen hat der Rechtsverstoß Gewicht und steht in Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis.

89

c) Zudem liegt auch eine vorsätzliche Verletzung des § 12 Satz 2 SG vor. Inhalt und bestimmende Faktoren der Pflicht zur Kameradschaft sind das gegenseitige Vertrauen der Soldaten der Bundeswehr, das Bewusstsein, sich jederzeit, vor allem in Krisen- und Notzeiten, aufeinander verlassen zu können, sowie die Verpflichtung zu gegenseitiger Achtung, Fairness und Toleranz. Ein Vorgesetzter, der die Rechte, die Ehre oder die Würde seiner Kameraden verletzt (§ 12 Satz 2 SG), stört den Dienstbetrieb und beeinträchtigt damit letztlich auch die Einsatzbereitschaft der Truppe. Dies ist bei einer sexuellen Belästigung durch einen Vorgesetzten typischerweise der Fall (BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 2 WD 4.13 - juris Rn. 41 und vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - NZWehrr 2017, 77 <80 f.> = juris Rn. 58).

90

d) Der frühere Soldat hat zudem gegen seine Pflicht zur Mäßigung nach § 10 Abs. 6 SG verstoßen, der auch Äußerungen von Offizieren erfasst, die eine sexuelle Belästigung gegenüber Untergebenen darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 2007 - 2 WD 9.06 - BVerwGE 128, 319 Rn. 36 ff.; Walz/Eichen/Sohm, SG, Kommentar, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 110 f.).

91

e) Vorsätzlich verletzt ist auch die Pflicht zu außerdienstlichem Wohlverhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG).

92

Zwar erfolgten die Äußerungen nicht im Dienst, sondern lediglich - wie bereits dargelegt - in funktionalem Zusammenhang mit ihm, sodass kein Fall des § 17 Abs. 2 Satz 1 SG, sondern des (§ 17 Abs. 2) Satz 2 SG vorliegt. Dass der aus dem Verstoß gegen die Rechtsordnung in Gestalt von § 3 Abs. 4, § 7 Abs. 2 SoldGG resultierende Zweifel an der Rechtstreue des früheren Soldaten ernsthafte Zweifel an seiner Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 2 SG begründet, folgt hier nicht erst aus der Höhe einer Sanktionsdrohung. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Fehlverhaltens kann auch aus zusätzlichen Umständen folgen, die einen besonderen Dienstbezug begründen (BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - BVerwG 2 WD 5.13 - BVerwGE 149, 224 Rn. 61). Vorliegend leiten sich die Ernsthaftigkeit des Verstoßes und damit die Disziplinarwürdigkeit des Verhaltens aus dem Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht und dem - bereits dargelegten - funktionalen Bezug ab, der die sexuelle Belästigung begründete. Dass das Verhalten des früheren Soldaten Zweifel an seiner Zuverlässigkeit geweckt hat, dokumentiert die Meldung der Zeugin nachdrücklich.

93

4. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen.

94

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen grundsätzlich schwer, weil es in einer Verletzung zentraler Pflichten gerade auch eines Vorgesetzten besteht. Zudem ergibt sich das hohe Gewicht einer sexuellen Belästigung daraus, dass der Gesetzgeber in § 7 Abs. 2 SoldGG ein solches Verhalten nicht nur ausdrücklich untersagt, sondern es zudem als selbständige Dienstpflichtverletzung qualifiziert.

95

Die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), gegen die der frühere Soldat ebenfalls verstoßen hat, gehört zusätzlich zu den zentralen Pflichten eines Soldaten. Ihre Verletzung ist in der Regel schon deshalb von erheblicher Bedeutung.

96

Die Kameradschaftspflicht in den Streitkräften ist nicht minder bedeutsam. Denn der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht gem. § 12 Satz 1 SG wesentlich auf Kameradschaft. Die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erfordert im Frieden und in noch höherem Maße im Einsatzfalle gegenseitiges Vertrauen sowie das Bewusstsein, sich jederzeit aufeinander verlassen zu können. Ein Vorgesetzter, der die Rechte seines Kameraden verletzt, untergräbt den dienstlichen Zusammenhalt, stört den Dienstbetrieb und kann damit letztlich auch die Einsatzbereitschaft der Truppe beeinträchtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2007 - 2 WD 4.06 - Rn. 46 m.w.N.). Hinzu tritt die Verletzung der Mäßigungspflicht.

97

Auch die Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG) belastet den früheren Soldaten. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (BVerwG, z.B. Urteile vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 29). Vorliegend ist zudem eine Schädigung des Ansehens und des Vertrauens tatsächlich eingetreten.

98

Der frühere Soldat stand zudem aufgrund seines Dienstgrades als Oberstleutnant und somit als Stabsoffizier in einem exponierten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 WD 11.14 - juris Rn. 35) Vorgesetztenverhältnis (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG; vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 WD 2.10 - juris Rn. 30).

99

b) Das Maß der Schuld des früheren Soldaten wird dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Milderungsgründe in den Umständen der Tat sind nicht ersichtlich. Wegen des Handelns über einen mehrstündigen Zeitraum liegt insbesondere keine persönlichkeitsfremde Augenblickstat vor.

100

c) Das Dienstvergehen zeitigte auch nachteilige Auswirkungen auf die belästigte Zeugin und auf den Dienst insofern, als sie den Kontakt zum früheren Soldaten bei späteren dienstlichen Veranstaltungen, insbesondere bei der Tagung, mied.

101

d) Die Beweggründe des früheren Soldaten sprechen gegen ihn. Er hat sich rücksichtslos über die Rechte einer lebens- und dienstjüngeren sowie dienstgradniedrigeren Kameradin hinweggesetzt, um seine sexuellen Neigungen auszuleben. Dieser verwerfliche Beweggrund wird auch nicht dadurch überlagert, dass er den Kontakt zu der Zeugin auch gesucht hat, um sie im Hinblick auf den Verlauf der Tagung beeinflussen zu wollen. Gerade diese Verknüpfung lässt den Beweggrund besonders verwerflich werden.

102

e) Soweit es die Persönlichkeit und die bisherige Führung betrifft, sprechen für den früheren Soldaten seine ihm durch die Beurteilungen und Aussagen der (früheren) Disziplinarvorgesetzten bescheinigten soliden Leistungen. Dabei misst der Senat der von Oberstleutnant Z in der Berufungshauptverhandlung vorgenommenen Einordnung der vom früheren Soldaten zuletzt erbrachten Leistungen mit "7,2", woraus sich im Vergleich zur ebenfalls von ihm erstellten Sonderbeurteilung vom 16. September 2016 mit "6,96" angesichts des Ausscheidens des früheren Soldat aus dem Dienst Ende September 2016 eine Leistungssteigerung binnen der letzten zwei Dienstwochen ergäbe, keine erhebliche Bedeutung bei. Der Disziplinarvorgesetzte hat dies lediglich mit einer "Inflation" (von Noten) begründet. Der vorhergehende Disziplinarvorgesetzte hat die Leistungen des früheren Soldaten am oberen Rand des mittleren Drittels eingeordnet.

103

Unrechtseinsicht ist beim früheren Soldaten ansatzweise erkennbar. In seinem letzten Wort hat er erklärt, falls etwas vorgefallen sein sollte, was nicht korrekt gewesen sei, tue ihm dies leid; auch wenn ein Dienstvergehen vorliege, meine er jedoch, dafür nicht disziplinarisch belangt werden zu müssen.

104

Für ihn spricht seine bislang fehlende disziplinäre und strafrechtliche Vorbelastung, auch wenn diesem Umstand kein großes Gewicht zukommt, da ein Soldat hiermit nur die Mindesterwartungen seines Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt, aber keine Leistung erbringt, die ihn aus dem Kreis der Kameraden heraushebt.

105

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die von der Vorinstanz verhängte Maßnahme zwar insoweit aufzuheben, als gegen den früheren Soldaten ein Beförderungsverbot verhängt wurde, jedoch die erstinstanzlich vorgenommene Kürzung der Dienstbezüge - dem jetzigen Status des früheren Soldaten entsprechend - nun in Form der Kürzung des Ruhegehalts in unverändertem Umfang aufrecht zu erhalten. Damit bleibt auch die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft erfolglos.

106

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 WD 9.09 - juris) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

107

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Dabei bildet bei sexuellen Belästigungen von Untergebenen durch Vorgesetzte im Dienst regelmäßig eine Herabsetzung im Dienstgrad den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2017 - 2 WD 11.16 - m.w.N.).

108

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder eine Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme gebieten. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.

109

cc) Die sexuelle Belästigung bewegt sich vom Spektrum möglicher Belästigungsformen her im unteren Bereich, weil sie sich auf das Verbale beschränkte und sich nur mittelbar gegen die Zeugin gerichtet hat. Bereits deshalb lag ein leichterer Fall vor, der eine Dienstgradherabsetzung nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 WDO als unverhältnismäßige Disziplinarmaßnahme verbot. Eine Herabsetzung des in die Besoldungsgruppe A 14 eingestuften früheren Soldaten in eine niedrigere Besoldungsgruppe kam als Disziplinarmaßnahme deshalb nicht in Betracht, weil er damit das Amt ohnehin in der niedrigsten Besoldungsgruppe innehatte. Da § 58 Abs. 2 WDO auch ein Beförderungsverbot gegen Soldaten im Ruhestand nicht mehr zulässt, ist der Übergang zur Kürzung des Ruhegehalts als nächstmildere und angemessene Disziplinarmaßnahmeart gem. § 58 Abs. 2 Nr. 1 WDO geboten (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 2 WD 4.13 - juris Rn. 75).

110

Die vom Truppendienstgericht verhängte Bezügekürzung, die nunmehr als Kürzung des Ruhegehalts fortwirkt, ist nach Höhe und Dauer tat- und schuldangemessen. Mit der nach § 64 Satz 2 in Verbindung mit § 59 WDO im gesetzlich noch zulässigen Mindestumfang von 1/20 ausgesprochenen Kürzungsquote ist angemessen dem mildernden Umstand Rechnung getragen, dass die Äußerungen des früheren Soldaten bei der Zeugin keine dauerhaften Auswirkungen gezeitigt und sie nur im funktionalen Zusammenhang mit dem Dienst gestanden haben. Mit der sich nicht einmal der Hälfte des gesetzlich Zulässigen nähernden Kürzungsdauer von 20 Monaten - anstelle bis maximal zulässiger fünf Jahre - ist wiederum dem erschwerenden Umstand Rechnung zu tragen, dass die Äußerungen zahlreich waren und sich über mehrere Stunden erstreckten.

111

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2 und 3, § 140 Abs. 5 WDO. Dass das erstinstanzlich verhängte Beförderungsverbot wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Beendigung des Dienstverhältnisses des früheren Soldaten aufzuheben ist, führt zu keiner Änderung der Kostenentscheidung, weil sein insoweit teilweises Obsiegen nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst für ihn ohnehin keine praktische Bedeutung mehr hat. Die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils resultiert allein aus der durch das Dienstzeitende bewirkten Veränderung im dienstlichen Status (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 2 WD 4.13 - juris Rn. 79).

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Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 115 Zulässigkeit und Frist der Berufung


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Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 116 Einlegung und Begründung der Berufung


(1) Die Berufung ist bei dem Truppendienstgericht einzulegen. Die Berufungsfrist wird auch gewahrt, wenn während ihres Laufs die Berufung beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. § 112 gilt entsprechend. (2) In der Berufungsschrift ist das ange

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 140 Notwendige Auslagen


(1) Die dem Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Bund aufzuerlegen, wenn der Soldat freigesprochen oder das gerichtliche Disziplinarverfahren aus anderen als den in § 138 Abs. 2 bezeichneten Gründen eingestellt wird. (2) Die dem ver

Vorgesetztenverordnung - SVorgesV | § 4


(1) In den Kompanien und in den entsprechenden Einheiten sowie innerhalb der Besatzung eines Schiffes steht die Befugnis, im Dienst Befehle zu erteilen, zu 1. den Offizieren gegenüber allen Unteroffizieren und Mannschaften,2. den Unteroffizieren vom

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 139 Kosten bei Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen


(1) Die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels des Soldaten oder des Wehrdisziplinaranwalts, soweit dieser es zu Gunsten des Soldaten eingelegt hat, sind dem Bund aufzuerlegen. Die Kosten eines zu Ungunsten des Soldaten eingelegten und erfolgreiche

Soldatengesetz - SG | § 12 Kameradschaft


Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht un

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 121 Urteil des Berufungsgerichts


(1) Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Berufung für zulässig und begründet hält, hat es das Urteil des Truppendienstgerichts aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Hält das Bundesverwaltungsgericht weitere Aufklärungen für erfor

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 99 Anschuldigung


(1) Stellt die Einleitungsbehörde das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ein, legt der Wehrdisziplinaranwalt eine Anschuldigungsschrift mit den Akten dem Truppendienstgericht vor. Die Anschuldigungsschrift soll die Tatsachen, in denen ein Dienst

Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten


Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 90 Verteidigung


(1) Der Soldat kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers bedienen. Der Vorsitzende der Truppendienstkammer bestellt dem Soldaten, der noch keinen Verteidiger gewählt hat, auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger,

Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz - SBG 2016 | § 14 Stellvertretung


(1) Ruht das Amt der Vertrauensperson oder endet es vorzeitig, so tritt die mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Vertrauensperson an ihre Stelle. Sind keine stellvertretenden Vertrauenspersonen mehr vorhanden, sind für die Dauer der

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 59 Kürzung der Dienstbezüge


Die Kürzung der Dienstbezüge besteht in der bruchteilmäßigen Verminderung der jeweiligen Dienstbezüge um mindestens ein Zwanzigstel und höchstens ein Fünftel für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Hat der Soldat aus einem früheren öffent

Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Die in § 6 genannten Personen dürfen nicht wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt auch, wenn die Soldatin oder der Soldat, die oder der die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 Abs. 1 genannten G

Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde

Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG | § 2 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf 1. Maßnahmen bei der Begründung, Ausgestaltung und Beendigung eines Dienstverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg sowie auf den Dienstbetrieb; hierzu zählen insbesondere Auswahlkriterien und Einstellungsbedi

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 29 Zuständigkeit des nächsten Disziplinarvorgesetzten


(1) Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, übt der nächste Disziplinarvorgesetzte die Disziplinarbefugnis aus. Nächster Disziplinarvorgesetzter ist der unterste Vorgesetzte mit Disziplinarbefugnis, dem der Soldat unmittelbar unterstellt ist. Die

Strafprozeßordnung - StPO | § 91 Untersuchung der Leiche bei Verdacht einer Vergiftung


(1) Liegt der Verdacht einer Vergiftung vor, so ist die Untersuchung der in der Leiche oder sonst gefundenen verdächtigen Stoffe durch einen Chemiker oder durch eine für solche Untersuchungen bestehende Fachbehörde vorzunehmen. (2) Es kann angeor

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 30 Zuständigkeit des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten


(1) Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte ist zuständig, wenn die Tat von dem nächsten Disziplinarvorgesetzten nicht geahndet werden kann, weil 1. dieser selbst an der Tat beteiligt ist,2. die Tat im Fall des § 29 Abs. 3 von einem Dienstgradgleiche

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 06. Apr. 2017 - 2 WD 13/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Juni 2011 - 2 AZR 323/10

bei uns veröffentlicht am 09.06.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Oktober 2009 - 11 Sa 511/09 - aufgehoben.

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(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

(1) Gegen das Urteil des Truppendienstgerichts ist bis zum Ablauf eines Monats nach seiner Zustellung die Berufung an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Befindet sich der Soldat aus dienstlichen Gründen im Ausland, kann der Vorsitzende der Truppendienstkammer die Berufungsfrist durch eine Verfügung, die zugleich mit dem Urteil zuzustellen ist, angemessen verlängern.

(2) Ist in dem von dem Soldaten angefochtenen Urteil ein Unterhaltsbeitrag bewilligt worden, kann die Entscheidung zu seinem Nachteil nur geändert werden, wenn der Bundeswehrdisziplinaranwalt dies bis zum Schluss der Hauptverhandlung beantragt.

(1) Die Berufung ist bei dem Truppendienstgericht einzulegen. Die Berufungsfrist wird auch gewahrt, wenn während ihres Laufs die Berufung beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. § 112 gilt entsprechend.

(2) In der Berufungsschrift ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen und anzugeben, inwieweit es angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden. Die Anträge sind zu begründen.

(1) Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Berufung für zulässig und begründet hält, hat es das Urteil des Truppendienstgerichts aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Hält das Bundesverwaltungsgericht weitere Aufklärungen für erforderlich oder liegen schwere Mängel des Verfahrens vor, kann es das Urteil des Truppendienstgerichts aufheben und die Sache an eine andere Kammer desselben oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Berufung für zulässig und begründet hält, hat es das Urteil des Truppendienstgerichts aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Hält das Bundesverwaltungsgericht weitere Aufklärungen für erforderlich oder liegen schwere Mängel des Verfahrens vor, kann es das Urteil des Truppendienstgerichts aufheben und die Sache an eine andere Kammer desselben oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Liegt der Verdacht einer Vergiftung vor, so ist die Untersuchung der in der Leiche oder sonst gefundenen verdächtigen Stoffe durch einen Chemiker oder durch eine für solche Untersuchungen bestehende Fachbehörde vorzunehmen.

(2) Es kann angeordnet werden, daß diese Untersuchung unter Mitwirkung oder Leitung eines Arztes stattzufinden hat.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Ruht das Amt der Vertrauensperson oder endet es vorzeitig, so tritt die mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Vertrauensperson an ihre Stelle. Sind keine stellvertretenden Vertrauenspersonen mehr vorhanden, sind für die Dauer der restlichen Amtszeit der Vertrauensperson im Sinne des § 10 Absatz 1 zwei stellvertretende Vertrauenspersonen im vereinfachten Wahlverfahren (§ 14 der Wahlverordnung zum Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz) zu wählen. Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn die restliche Amtszeit weniger als zwei Monate beträgt.

(2) Die stellvertretende Vertrauensperson tritt auch ein, wenn die Vertrauensperson an der Ausübung ihres Amtes verhindert ist.

(3) Sind die Vertrauensperson und die stellvertretenden Vertrauenspersonen durch eine besondere Verwendung im Ausland (§ 56 Absatz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes) an der Ausübung ihres Amtes verhindert, wird eine Vertrauensperson mit befristeter Amtszeit im vereinfachten Wahlverfahren gewählt. Die befristete Amtszeit endet mit Ablauf des Tages, an dem die Verhinderung der Vertrauensperson oder einer der stellvertretenden Vertrauenspersonen entfällt.

(1) Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, übt der nächste Disziplinarvorgesetzte die Disziplinarbefugnis aus. Nächster Disziplinarvorgesetzter ist der unterste Vorgesetzte mit Disziplinarbefugnis, dem der Soldat unmittelbar unterstellt ist. Die Zuständigkeit für die disziplinare Ahndung von Dienstvergehen der Vertrauensperson regelt § 15 Absatz 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes.

(2) Wechselt vor Erledigung eines Falles das Unterstellungsverhältnis, wird der neue Disziplinarvorgesetzte zuständig. Dies gilt insbesondere bei Versetzungen oder zeitweiligem Ausscheiden von Truppenteilen aus ihrem Verband sowie bei Kommandierungen, sofern nicht die Dienststelle, die die Kommandierung ausspricht, etwas anderes bestimmt.

(3) In den Fällen einer vorübergehenden Unterstellung kann die Disziplinarbefugnis gegen Dienstgradgleiche und Dienstgradhöhere nicht ausgeübt werden.

(1) Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte ist zuständig, wenn die Tat von dem nächsten Disziplinarvorgesetzten nicht geahndet werden kann, weil

1.
dieser selbst an der Tat beteiligt ist,
2.
die Tat im Fall des § 29 Abs. 3 von einem Dienstgradgleichen oder einem Dienstgradhöheren begangen ist,
3.
die Tat von einer Vertrauensperson begangen worden ist, es sei denn, dass die Voraussetzungen des § 15 Absatz 2 Satz 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes vorliegen,
4.
der nächste Disziplinarvorgesetzte nicht erreichbar ist und die militärische Disziplin ein sofortiges Einschreiten erfordert; solche Fälle sind unverzüglich dem sonst zuständigen Disziplinarvorgesetzten mitzuteilen.

(2) Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte ist weiterhin zur Ahndung der Tat zuständig, wenn der nächste Disziplinarvorgesetzte meldet, dass

1.
seine Disziplinarbefugnis nicht ausreicht (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2),
2.
er persönlich durch die Tat verletzt ist,
3.
er sich für befangen hält.

(3) Der nächste Disziplinarvorgesetzte hat in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 und des Absatzes 2 das Dienstvergehen dem nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten zu melden.

(1) Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Berufung für zulässig und begründet hält, hat es das Urteil des Truppendienstgerichts aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Hält das Bundesverwaltungsgericht weitere Aufklärungen für erforderlich oder liegen schwere Mängel des Verfahrens vor, kann es das Urteil des Truppendienstgerichts aufheben und die Sache an eine andere Kammer desselben oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Der Soldat kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers bedienen. Der Vorsitzende der Truppendienstkammer bestellt dem Soldaten, der noch keinen Verteidiger gewählt hat, auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Ist der Soldat verhandlungsunfähig, durch Abwesenheit an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert oder minderjährig, ist ihm in jedem Fall ein Verteidiger zu bestellen.

(2) Verteidiger vor dem Truppendienstgericht können Rechtsanwälte und andere Personen, welche die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben, sowie Soldaten sein. Als Verteidiger vor dem Bundesverwaltungsgericht sind nur Personen zugelassen, welche die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben.

(3) Dem Verteidiger steht das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, in gleichem Umfang zu wie dem Soldaten.

(1) Stellt die Einleitungsbehörde das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ein, legt der Wehrdisziplinaranwalt eine Anschuldigungsschrift mit den Akten dem Truppendienstgericht vor. Die Anschuldigungsschrift soll die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen erblickt wird, und die Beweismittel geordnet darstellen. Sie darf diese Tatsachen zu Ungunsten des Soldaten nur insoweit verwerten, als ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich dazu zu äußern. Mit dem Eingang der Anschuldigungsschrift ist das Verfahren bei dem Truppendienstgericht anhängig.

(2) Teilt der Wehrdisziplinaranwalt mit, dass neue Pflichtverletzungen zum Gegenstand der Verhandlung gemacht werden sollen, setzt der Vorsitzende der Truppendienstkammer das Verfahren aus, bis der Wehrdisziplinaranwalt nach Ergänzung der Ermittlungen einen Nachtrag zur Anschuldigungsschrift vorlegt oder die Fortsetzung des Verfahrens beantragt.

(3) Verwertet die Anschuldigungsschrift Tatsachen, zu denen sich der Soldat vorher nicht hat äußern können oder leidet das in zulässiger Weise eingeleitete Verfahren an anderen Verfahrensmängeln, kann der Vorsitzende der Truppendienstkammer den Wehrdisziplinaranwalt zur Beseitigung der Mängel auffordern. Absatz 2 gilt sinngemäß.

(1) Der Soldat begeht ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft seine Pflichten verletzt.

(2) Es gilt als Dienstvergehen,

1.
wenn ein Soldat nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt oder gegen das Verbot verstößt, Belohnungen oder Geschenke anzunehmen oder eine Tätigkeit nach § 20a nicht anzeigt oder entgegen einem Verbot ausübt,
2.
wenn sich ein Offizier oder Unteroffizier nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt oder durch unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter erforderlich sind,
3.
wenn ein Berufssoldat nach Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand einer erneuten Berufung in das Dienstverhältnis nicht nachkommt.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regelt die Wehrdisziplinarordnung.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes in besonderer Weise gegenüber anderen Personen benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 Abs. 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das eine der in § 6 genannten Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Die in § 6 genannten Personen dürfen nicht wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt auch, wenn die Soldatin oder der Soldat, die oder der die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Jede Belästigung, sexuelle Belästigung und Anweisung zu einer solchen Handlungsweise ist eine Verletzung dienstlicher Pflichten und Soldatinnen und Soldaten untersagt.

(1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf

1.
Maßnahmen bei der Begründung, Ausgestaltung und Beendigung eines Dienstverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg sowie auf den Dienstbetrieb; hierzu zählen insbesondere Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen sowie die Ausgestaltung des Dienstes,
2.
den Zugang zu allen Formen und Ebenen der soldatischen Ausbildung, Fort- und Weiterbildung und beruflicher Förderungsmaßnahmen einschließlich der praktischen Berufserfahrung,
3.
die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einem Berufsverband oder in einer sonstigen Interessenvertretung von Soldatinnen und Soldaten, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen.

(2) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes in besonderer Weise gegenüber anderen Personen benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 Abs. 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das eine der in § 6 genannten Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Oktober 2009 - 11 Sa 511/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 5. Februar 2009 - 1 Ca 1247/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Möbeleinzelhandels mit mehreren hundert Arbeitnehmern. Die Belegschaft hat einen Betriebsrat gewählt.

3

Der im Jahr 1950 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1976, zuletzt als Einkäufer und Produktmanager bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen betrug 6.558,10 Euro.

4

Am 18. Oktober 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung. Sie warf ihm vor, eine Mitarbeiterin mit einem Schlag auf das Gesäß belästigt zu haben.

5

Am 25. und 26. Juni 2008 war der Kläger in einem Betrieb der Beklagten in K eingesetzt. Gegenüber einer 26-jährigen Einkaufsassistentin der Beklagten machte er an diesen Tagen bei vier Gelegenheiten Bemerkungen sexuellen Inhalts. Die Mitarbeiterin meldete die Vorfälle der Beklagten. Diese hörte den Kläger am 4. Juli 2008 zu den Vorwürfen an.

6

Mit Schreiben vom 7. Juli 2008 leitete die Beklagte das Verfahren zur Anhörung des Betriebsrats ein. Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung mit Schreiben vom 10. Juli 2008 zu.

7

Mit Schreiben vom 11. Juli 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 28. Februar 2009.

8

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Er habe die Mitarbeiterin nicht sexuell belästigt, sondern lediglich „geneckt“. Die Beklagte habe allenfalls mit einer Abmahnung reagieren dürfen. Die ihm zuvor erteilte Abmahnung sei nicht einschlägig. Im Übrigen sei die Anhörung des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte habe den Betriebsrat tendenziös informiert. Insbesondere mit einem Hinweis auf frühere Abmahnungen habe sie in unzulässiger Weise ein negatives Bild von ihm gezeichnet, auch wenn sie zugleich mitgeteilt habe, dass diese früheren Abmahnungen - unstreitig - schon wieder aus seiner Personalakte entfernt worden seien.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose noch durch die fristgerechte Kündigung vom 11. Juli 2008 beendet worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, das Verhalten des Klägers stelle eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG dar. Darauf habe sie mit Blick auf die zuvor erteilte einschlägige Abmahnung von Oktober 2007 mit einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses reagieren dürfen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, es fehle an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung (I.). Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies kann der Senat selbst entscheiden, da die maßgeblichen Tatsachen feststehen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat die außerordentliche Kündigung innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt(II.). Die Kündigung ist nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam (III.). Die Klage gegen die nur hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung bleibt damit ebenfalls ohne Erfolg (IV.).

13

I. Die Kündigung vom 11. Juli 2008 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

14

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21, AP BGB § 626 Nr. 220).

15

2. Das Verhalten des Klägers rechtfertigt „an sich“ eine außerordentliche Kündigung. Er hat eine Mitarbeiterin sexuell belästigt.

16

a) Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet(vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6). Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, ua. von ihrem Umfang und ihrer Intensität (vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - aaO mwN).

17

b) Der Kläger hat mit den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Äußerungen am 25. und 26. Juni 2008 eine Mitarbeiterin der Beklagten an ihrem Arbeitsplatz wiederholt sexuell belästigt. Gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger keine beachtlichen Verfahrensrügen erhoben. Sie sind damit für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, bei den Bemerkungen des Klägers habe es sich um sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG gehandelt, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

18

aa) Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Im Unterschied zu § 3 Abs. 3 AGG können danach auch einmalige sexuell bestimmte Verhaltensweisen den Tatbestand einer sexuellen Belästigung erfüllen(Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 60; Kamanabrou RdA 2006, 321, 326; Kock MDR 2006, 1088, 1089; v. Roetteken AGG § 3 Rn. 375; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 77).

19

Das jeweilige Verhalten muss bewirken oder bezwecken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Relevant ist entweder das Ergebnis oder die Absicht (Nollert-Borasio/Perreng AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 39). Für das „Bewirken“ genügt der bloße Eintritt der Belästigung. Gegenteilige Absichten oder Vorstellungen der für dieses Ergebnis aufgrund ihres Verhaltens objektiv verantwortlichen Person spielen keine Rolle (v. Roetteken AGG § 3 Rn. 352, 383). Auf vorsätzliches Verhalten kommt es nicht an (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 3 AGG Rn. 14). Im Vergleich zu § 2 Abs. 2 des mit Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 außer Kraft getretenen Beschäftigtenschutzgesetzes (BSchG) ist der Begriff der sexuellen Belästigung in § 3 Abs. 4 AGG in Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 76/207/EWG vom 9. Februar 1976 (ABl. EG L 39 vom 14. Februar 1976 S. 40) idF der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 (ABl. EG L 269 vom 5. Oktober 2002 S. 15) weiter gefasst (vgl. Entwurfsbegründung BR-Drucks. 329/06 S. 34; BT-Drucks. 16/1780 S. 33; Nollert-Borasio/Perreng aaO Rn. 36; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 76; v. Roetteken aaO Rn. 375). Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert - anders als noch § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BSchG(vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6) - nicht mehr, dass die Betroffenen ihre ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen aktiv verdeutlicht haben (v. Roetteken aaO Rn. 360; ErfK/Schlachter aaO Rn. 12; AGG/Schleusener 3. Aufl. § 3 Rn. 157; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert aaO Rn. 77a). Maßgeblich ist allein, ob die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war (v. Roetteken aaO Rn. 360; ErfK/Schlachter aaO; Wendeling-Schröder in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 41).

20

bb) Danach lässt die Bewertung der Bemerkungen des Klägers als sexuelle Belästigungen durch das Landesarbeitsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.

21

(1) Alle vier Bemerkungen hatten einen sexuellen Inhalt. Mit der ersten Bemerkung gab der Kläger in anzüglicher Weise der Erwartung Ausdruck, die Mitarbeiterin würde für ihn ihre körperlichen Reize zur Schau stellen. In Bezug auf den Zollstock stellte er einen anzüglichen Vergleich an. Beim Mittagessen sprach er die Mitarbeiterin auf ihr Sexualleben an. Schließlich machte er ihr explizit ein anzügliches Angebot.

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Unerwünschtheit dieser Bemerkungen objektiv und im Übrigen auch für den Kläger erkennbar gewesen sei. Das hat dieser nicht mit beachtlichen Verfahrensrügen angegriffen.

23

(3) Mit den wiederholten Bemerkungen sexuellen Inhalts hat der Kläger iSv. § 3 Abs. 4 AGG die Würde der Mitarbeiterin verletzt. Er hat diese an zwei aufeinander folgenden Arbeitstagen gleich mehrfach mit anzüglichen Bemerkungen verbal sexuell belästigt und damit zum Sexualobjekt erniedrigt. Dadurch entstand für die betroffene Mitarbeiterin zudem ein Arbeitsumfeld, in welchem sie jederzeit mit weiteren entwürdigenden Anzüglichkeiten seitens des Klägers rechnen musste.

24

(4) Der Kläger hat die sexuelle Belästigung der Mitarbeiterin iSv. § 3 Abs. 4 AGG „bewirkt“. Unmaßgeblich ist, wie er selbst sein Verhalten eingeschätzt und empfunden hat oder verstanden wissen wollte.

25

3. Die außerordentliche Kündigung ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt.

26

a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

27

aa) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 227 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 30). Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können berücksichtigt werden (BAG 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 191 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 7). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO).

28

bb) Den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz konkretisiert auch § 12 Abs. 3 AGG(vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 68, BAGE 124, 295; noch zu § 4 Abs. 1 BSchG: BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - zu B II 2 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 189 = BGB 2002 § 626 Nr. 6). Danach hat der Arbeitgeber bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, zu denen auch sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG gehören, im Einzelfall die geeigneten, erforderlichen und angemessenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen. Welche Maßnahmen er als verhältnismäßig ansehen darf, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. § 12 Abs. 3 AGG schränkt das Auswahlermessen jedoch insoweit ein, als der Arbeitgeber die Benachteiligung zu „unterbinden“ hat. Geeignet im Sinne der Verhältnismäßigkeit sind daher nur solche Maßnahmen, von denen der Arbeitgeber annehmen darf, dass sie die Benachteiligung für die Zukunft abstellen, dh. eine Wiederholung ausschließen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 12 Rn. 32; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 12 AGG Rn. 3).

29

b) Dem Berufungsgericht kommt bei der im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist aber möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73). Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es den anzuwendenden Rechtsbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, aaO; 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219).

30

c) Auch unter Beachtung eines in diesem Sinne eingeschränkten Maßstabs hält die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene einzelfallbezogene Interessenabwägung einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, trotz der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 rechtfertige das Fehlverhalten des Klägers keine negative Prognose, ist rechtsfehlerhaft.

31

aa) Die anzustellende Prognose fällt negativ aus, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden muss, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag in Zukunft erneut und in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Ist der Arbeitnehmer wegen gleichartiger Pflichtverletzungen schon einmal abgemahnt worden und verletzt er seine vertraglichen Pflichten gleichwohl erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch weiterhin zu Vertragsstörungen kommen ( BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 64 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 82). Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um identische Pflichtverletzungen handelt (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 40, aaO). Es reicht aus, dass die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 41, aaO; 16. Januar 1992 - 2 AZR 412/91 - zu B I 2 b bb der Gründe, EzA BGB § 123 Nr. 36). Entscheidend ist letztlich, ob der Arbeitnehmer aufgrund der Abmahnung erkennen konnte, der Arbeitgeber werde weiteres Fehlverhalten nicht hinnehmen, sondern ggf. mit einer Kündigung reagieren (HaKo-Fiebig 3. Aufl. § 1 Rn. 233; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 281).

32

bb) Nach diesen Grundsätzen bestand zwischen der der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 zugrunde liegenden Pflichtverletzung und den zur Kündigung führenden Pflichtverstößen ein ausreichender innerer Zusammenhang.

33

(1) Der Kläger war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Schreiben vom 18. Oktober 2007 wegen der Belästigung einer Mitarbeiterin durch einen Schlag auf das Gesäß abgemahnt worden. Die Bewertung dieses Verhaltens als sexuelle Belästigung iSd. § 3 Abs. 4 AGG durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei einem Schlag auf das Gesäß handelt es sich um einen Eingriff in die körperliche Intimsphäre, der objektiv als sexuell bestimmt iSv. § 3 Abs. 4 AGG anzusehen ist(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 55; v. Roetteken AGG § 3 Rn. 378; AGG/Schleusener 3. Aufl. § 3 Rn. 153; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 77a; Wendeling-Schröder in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 45). Auf die Motivation des Klägers kam es nicht an.

34

(2) Mit den zur Kündigung führenden verbalen sexuellen Belästigungen trat eine der körperlichen Belästigung gleichartige Unzuverlässigkeit und Grenzüberschreitung des Klägers zu Tage. Es geht in beiden Fällen um ein die Integrität der Betroffenen missachtendes, erniedrigendes Verhalten. Unerheblich ist, in welcher Form sich die Belästigungen äußerten.

35

(3) Die Warnfunktion der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 war nicht etwa auf körperlich belästigendes Verhalten beschränkt. Die Beklagte hatte zum Ausdruck gebracht, dass sie bei einer erneuten Pflichtverletzung die Kündigung erklären werde. Der Kläger konnte ohne Weiteres erkennen, dass die Beklagte die abermalige Belästigung einer Mitarbeiterin - unabhängig davon, ob diese verbal oder durch körperliche Berührung stattfände - nicht hinnehmen und zum Anlass für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nehmen würde.

36

d) Im Hinblick darauf war der Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Weiterbeschäftigung des Klägers auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar. Eine solche Abwägung durch den Senat selbst ist möglich, weil die des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft ist und alle relevanten Tatsachen feststehen.

37

aa) Die Pflichtverletzung des Klägers wiegt schwer. Er hat eine Mitarbeiterin an zwei Arbeitstagen hintereinander mehrmals sexuell belästigt. Verbale Belästigungen bewegen sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht generell in einem „weniger gravierenden Bereich“ des durch § 3 Abs. 4 AGG aufgezeigten Spektrums. Auch die Intensität verbaler Belästigungen kann vielmehr erheblich sein. So liegt es im Streitfall. Der Kläger hat der Mitarbeiterin mit immer neuen Varianten verbaler Anzüglichkeiten zugesetzt. Die Äußerungen fielen bei unterschiedlichsten Gelegenheiten. Es handelte sich nicht etwa um eine einmalige „Entgleisung“. Die Belästigungen erfolgten fortgesetzt und hartnäckig. Der auf eigene körperliche Merkmale anspielende anzügliche Vergleich hatte zudem, ebenso wie das an die Mitarbeiterin gerichtete anzügliche Angebot, bedrängenden Charakter.

38

bb) Der Kläger kann sich nicht auf einen Irrtum über die Unerwünschtheit seiner Verhaltensweise berufen. Sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG erfordern tatbestandlich kein vorsätzliches Verhalten. Zwar wird es zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein, wenn er sich nachvollziehbar in einem solchen Irrtum befand. Der Kläger setzte aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Belästigungen trotz einer für ihn erkennbar ablehnenden Haltung der Mitarbeiterin fort.

39

cc) Der nochmalige Ausspruch nur einer Abmahnung war kein der Beklagten zumutbares milderes Mittel. Nachdem sich der Kläger die vorhergegangene Abmahnung nicht zur Warnung hatte gereichen lassen, war davon auszugehen, dass dieses Mittel zukünftige Pflichtverletzungen nicht würde verhindern können. Schon aufgrund der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 musste der Kläger für den Fall der erneuten sexuellen Belästigung mit einer Kündigung rechnen. Auch seine langjährige Betriebszugehörigkeit war angesichts dessen nicht mehr geeignet, Erwartungen in seine künftige Zuverlässigkeit zu begründen. Der Umstand, dass sich der Kläger noch vor Ausspruch der Kündigung bei der betroffenen Mitarbeiterin entschuldigt hatte, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Kläger hatte sich dazu erst nach dem Personalgespräch am 4. Juli 2008 und damit unter dem Eindruck einer bereits drohenden Kündigung entschlossen.

40

dd) Der Beklagten war auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten. Die Beklagte hatte gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 AGG die Pflicht, ihr weibliches Personal effektiv vor weiteren sexuellen Belästigungen durch den Kläger zu schützen. Dies konnte sie durch den Ausspruch einer nur ordentlichen Kündigung nicht gewährleisten. Für den Lauf der Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats hätte vielmehr die Gefahr einer Belästigung durch den Kläger - möglicherweise gerade verstärkt durch das absehbare Ende des Arbeitsverhältnisses - fortbestanden. Dessen erst nach dem Personalgespräch erfolgter Entschuldigung kommt auch insoweit kein besonderes Gewicht zu. Trotz seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit und des relativ hohen Alters des Klägers überwog damit das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dessen Interesse an einer Fortsetzung zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist.

41

II. Die Kündigung vom 11. Juli 2008 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam.

42

1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15, AP BGB § 626 Nr. 231 = EzA BPersVG § 108 Nr. 5; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7).

43

2. Danach hat die Beklagte die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die Frist begann am 4. Juli 2008 zu laufen. Nach ihrem vom Kläger nicht bestrittenen Vorbringen hatte die Beklagte an diesem Tag erstmals Kenntnis von den Vorwürfen erlangt. Die Kündigung vom 11. Juli 2008 ist dem Kläger nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten noch an diesem Tag zugegangen.

44

III. Die außerordentliche Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

45

1. Eine Kündigung ist gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach Satz 2 der Vorschrift nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind dabei nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände und Gründe für die Kündigung unterbreitet hat (BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Dagegen führt eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung zu einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - aaO).

46

2. Danach hat die Beklagte den Betriebsrat mit ihrem Schreiben vom 7. Juli 2008 ausreichend informiert. Sie hat ihm mit der Schilderung des belästigenden Verhaltens des Klägers am 25. und 26. Juni 2008 die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die beabsichtigte Kündigung unterbreitet. Darüberhinaus hat sie den Betriebsrat an „die einschlägige Abmahnung vom 18. Oktober 2007 und an die anderen einschlägigen Hinweise und Abmahnungen aus den letzten Jahren (…) erinnert“. Aus ihrer Sicht enthielt dies auch angesichts des Umstands, dass die früheren Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers bereits entfernt waren, keine unrichtige Information.

47

3. Die Beklagte brauchte nicht den Ablauf der Frist von drei Tagen abzuwarten, die dem Betriebsrat gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zur Stellungnahme eingeräumt ist. Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch schon vor Fristablauf aussprechen, wenn der Betriebsrat erkennbar abschließend zu der Kündigungsabsicht Stellung genommen hat. Das Anhörungsverfahren ist dann beendet (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 461/03 - zu B II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 9; 15. November 1995 - 2 AZR 974/94 - zu II 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89). So liegt der Fall hier. Der Betriebsrat hatte mit Schreiben vom 10. Juli 2008, unterzeichnet vom Betriebsratsvorsitzenden, der Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt.

48

IV. Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 11. Juli 2008 beendet hat, bleibt die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 28. Februar 2009 schon deshalb ohne Erfolg.

49

V. Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten von Berufung und Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Dr. Roeckl    

                 

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes in besonderer Weise gegenüber anderen Personen benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 Abs. 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das eine der in § 6 genannten Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Der Soldat hat die Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

(1) Die in § 6 genannten Personen dürfen nicht wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt auch, wenn die Soldatin oder der Soldat, die oder der die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Jede Belästigung, sexuelle Belästigung und Anweisung zu einer solchen Handlungsweise ist eine Verletzung dienstlicher Pflichten und Soldatinnen und Soldaten untersagt.

Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

(1) Der Soldat hat Disziplin zu wahren und die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Dienstes zu achten.

(2) Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Der Soldat darf innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen auch während der Freizeit sein Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies. Außer Dienst hat sich der Soldat außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt.

(3) Ein Offizier oder Unteroffizier muss auch nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die für seine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich sind.

(4) (weggefallen)

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes in besonderer Weise gegenüber anderen Personen benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 Abs. 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das eine der in § 6 genannten Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Die in § 6 genannten Personen dürfen nicht wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt auch, wenn die Soldatin oder der Soldat, die oder der die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Jede Belästigung, sexuelle Belästigung und Anweisung zu einer solchen Handlungsweise ist eine Verletzung dienstlicher Pflichten und Soldatinnen und Soldaten untersagt.

(1) Der Soldat hat Disziplin zu wahren und die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Dienstes zu achten.

(2) Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Der Soldat darf innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen auch während der Freizeit sein Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies. Außer Dienst hat sich der Soldat außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt.

(3) Ein Offizier oder Unteroffizier muss auch nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die für seine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich sind.

(4) (weggefallen)

(1) Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

(2) In der Regel ist mit den milderen Disziplinarmaßnahmen zu beginnen und erst bei erneuten Dienstvergehen zu schwereren Disziplinarmaßnahmen überzugehen.

(3) Disziplinararrest soll erst dann verhängt werden, wenn vorausgegangene erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen ihren Zweck nicht erreicht haben oder die Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung eine disziplinare Freiheitsentziehung gebietet.

(1) Die in § 6 genannten Personen dürfen nicht wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt auch, wenn die Soldatin oder der Soldat, die oder der die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Jede Belästigung, sexuelle Belästigung und Anweisung zu einer solchen Handlungsweise ist eine Verletzung dienstlicher Pflichten und Soldatinnen und Soldaten untersagt.

Der Soldat hat die Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.

(1) Der Soldat hat Disziplin zu wahren und die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Dienstes zu achten.

(2) Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Der Soldat darf innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen auch während der Freizeit sein Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies. Außer Dienst hat sich der Soldat außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt.

(3) Ein Offizier oder Unteroffizier muss auch nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die für seine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich sind.

(4) (weggefallen)

(1) Soldat ist, wer auf Grund der Wehrpflicht oder freiwilliger Verpflichtung in einem Wehrdienstverhältnis steht. Staat und Soldaten sind durch gegenseitige Treue miteinander verbunden.

(2) In das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten kann berufen werden, wer sich freiwillig verpflichtet, auf Lebenszeit Wehrdienst zu leisten. In das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit kann berufen werden, wer sich freiwillig verpflichtet, für begrenzte Zeit Wehrdienst zu leisten. Einen freiwilligen Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement kann leisten, wer sich dazu verpflichtet. Zu einem Wehrdienst in Form von Dienstleistungen kann außer Personen, die in einem Wehrdienstverhältnis nach Satz 1 oder 2 gestanden haben, auch herangezogen werden, wer sich freiwillig zu Dienstleistungen verpflichtet.

(3) Vorgesetzter ist, wer befugt ist, einem Soldaten Befehle zu erteilen. Durch Rechtsverordnung wird bestimmt, wer auf Grund seiner Dienststellung, seines Dienstgrades, besonderer Anordnung oder eigener Erklärung befehlen kann. Auf Grund des Dienstgrades allein besteht keine Befehlsbefugnis außerhalb des Dienstes. Durch eigene Erklärung darf eine Befehlsbefugnis nur zur Hilfeleistung in Notfällen, zur Aufrechterhaltung der Disziplin oder Sicherheit oder zur Herstellung einer einheitlichen Befehlsbefugnis in kritischer Lage begründet werden.

(4) Disziplinarvorgesetzter ist, wer Disziplinarbefugnis über Soldaten hat. Das Nähere regelt die Wehrdisziplinarordnung.

(5) Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist die innerhalb von zwölf Monaten durchschnittlich zu leistende wöchentliche Arbeitszeit.

(1) In den Kompanien und in den entsprechenden Einheiten sowie innerhalb der Besatzung eines Schiffes steht die Befugnis, im Dienst Befehle zu erteilen, zu

1.
den Offizieren gegenüber allen Unteroffizieren und Mannschaften,
2.
den Unteroffizieren vom Feldwebel an aufwärts gegenüber allen Stabsunteroffizieren, Unteroffizieren und Mannschaften,
3.
den Stabsunteroffizieren und den Unteroffizieren gegenüber allen Mannschaften.
An Bord von Schiffen haben die Angehörigen der Besatzung und deren unmittelbare Vorgesetzte in und außer Dienst Befehlsbefugnis nach Satz 1 auch gegenüber Soldaten, die sich nicht im Dienst befinden oder nicht zu bestimmtem Dienst eingeteilt sind, und gegenüber Soldaten, die nicht zur Besatzung gehören.

(2) In Stäben und anderen militärischen Dienststellen gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend, jedoch kann der Kommandeur oder der Leiter der Dienststelle die Befehlsbefugnis auf Untergliederungen des Stabes oder der Dienststelle beschränken.

(3) Innerhalb umschlossener militärischer Anlagen können Soldaten einer höheren Dienstgradgruppe den Soldaten einer niedrigeren Dienstgradgruppe in und außer Dienst Befehle erteilen.

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

(1) Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

(2) In der Regel ist mit den milderen Disziplinarmaßnahmen zu beginnen und erst bei erneuten Dienstvergehen zu schwereren Disziplinarmaßnahmen überzugehen.

(3) Disziplinararrest soll erst dann verhängt werden, wenn vorausgegangene erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen ihren Zweck nicht erreicht haben oder die Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung eine disziplinare Freiheitsentziehung gebietet.

(1) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sind:

1.
Kürzung der Dienstbezüge,
2.
Beförderungsverbot,
3.
Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,
4.
Dienstgradherabsetzung und
5.
Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

(2) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Soldaten im Ruhestand sowie gegen frühere Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten (§ 1 Abs. 3), sind:

1.
Kürzung des Ruhegehalts,
2.
Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,
3.
Dienstgradherabsetzung und
4.
Aberkennung des Ruhegehalts.
Sind sie zugleich Angehörige der Reserve oder nicht wehrpflichtige frühere Soldaten, die noch zu Dienstleistungen herangezogen werden können, dürfen nur die in Satz 1 genannten gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen verhängt werden.

(3) Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen gegen Soldaten in einem Wehrdienstverhältnis nach dem Reservistengesetz, gegen Angehörige der Reserve sowie gegen nicht wehrpflichtige frühere Soldaten, die noch zu Dienstleistungen herangezogen werden können, sind:

1.
Dienstgradherabsetzung und
2.
Aberkennung des Dienstgrades.
Für Soldaten im Ruhestand und frühere Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten (§ 1 Absatz 3), die in ein Wehrdienstverhältnis nach dem Reservistengesetz berufen werden, bleibt Absatz 2 Satz 1 unberührt.

(4) Wegen desselben Dienstvergehens dürfen nur Kürzung der Dienstbezüge und Beförderungsverbot nebeneinander verhängt werden. Sie sollen insbesondere nebeneinander verhängt werden, wenn erkennbar ist, dass ein Beförderungsverbot keine Auswirkungen auf den weiteren dienstlichen Werdegang des Soldaten haben wird; § 16 Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Neben oder anstelle der Kürzung des Ruhegehalts kann auf Kürzung des Ausgleichs (§ 38 des Soldatenversorgungsgesetzes) erkannt werden. Im Übrigen darf wegen desselben Dienstvergehens nur eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme verhängt werden.

(5) Wegen eines Verhaltens, das nach § 17 Abs. 3, § 23 Abs. 2 Nr. 2 Zweite Alternative des Soldatengesetzes als Dienstvergehen gilt, dürfen bei Soldaten im Ruhestand sowie bei früheren Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten, als gerichtliche Disziplinarmaßnahmen nur Dienstgradherabsetzung oder Aberkennung des Ruhegehalts verhängt werden.

(6) Die Wehrdienstgerichte dürfen auch einfache Disziplinarmaßnahmen verhängen.

(7) Die §§ 38 und 39 gelten auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren.

Die Kürzung der Dienstbezüge besteht in der bruchteilmäßigen Verminderung der jeweiligen Dienstbezüge um mindestens ein Zwanzigstel und höchstens ein Fünftel für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Hat der Soldat aus einem früheren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Versorgungsanspruch erworben, bleibt bei dessen Regelung die Kürzung der Dienstbezüge unberücksichtigt.

(1) Die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels des Soldaten oder des Wehrdisziplinaranwalts, soweit dieser es zu Gunsten des Soldaten eingelegt hat, sind dem Bund aufzuerlegen. Die Kosten eines zu Ungunsten des Soldaten eingelegten und erfolgreichen Rechtsmittels des Wehrdisziplinaranwalts trägt der Soldat; sie sind jedoch dem Bund teilweise oder ganz aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten.

(2) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat.

(3) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, hat das Wehrdienstgericht die Kosten teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten.

(4) Hat das Wehrdienstgericht das gerichtliche Disziplinarverfahren eingestellt, weil gegen den Soldaten, der nach Einlegung der Berufung in den Ruhestand getreten ist, ein verwirktes Beförderungsverbot nicht verhängt werden darf, so hat dieser die Kosten des Verfahrens zu tragen. Soweit es unbillig wäre, den Soldaten mit den Kosten des Verfahrens zu belasten, sind sie dem Bund ganz oder teilweise aufzuerlegen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten sinngemäß für die Kosten des Verfahrens, die durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung in den Fällen des § 92 Abs. 4, § 95 Abs. 2, § 98 Abs. 3 Satz 2, § 121a, § 127 Abs. 4 und § 128 oder durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens entstanden sind.

(1) Die dem Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Bund aufzuerlegen, wenn der Soldat freigesprochen oder das gerichtliche Disziplinarverfahren aus anderen als den in § 138 Abs. 2 bezeichneten Gründen eingestellt wird.

(2) Die dem verurteilten Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten. Satz 1 gilt auch, wenn die zur Anschuldigung gestellten Pflichtverletzungen nur zum Teil die Grundlage der Verurteilung bilden oder durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände dem Soldaten besondere Auslagen erwachsen und diese Untersuchungen zu Gunsten des Soldaten ausgegangen sind.

(3) Wird ein Rechtsmittel vom Wehrdisziplinaranwalt zu Ungunsten des Soldaten eingelegt und wird es zurückgenommen oder bleibt es erfolglos, sind die dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen dem Bund aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn ein vom Wehrdisziplinaranwalt zu Gunsten des Soldaten eingelegtes Rechtsmittel Erfolg hat. Hat ein zu Ungunsten des Soldaten eingelegtes Rechtsmittel des Wehrdisziplinaranwalts Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen, die dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsen sind, teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten.

(4) Hat der Soldat das Rechtsmittel beschränkt und hat es Erfolg, sind die notwendigen Auslagen des Soldaten dem Bund aufzuerlegen.

(5) Hat ein Rechtsmittel teilweise Erfolg, gilt § 139 Abs. 3 entsprechend. Bei einem in vollem Umfang erfolglosen Rechtsmittel des Soldaten ist es unzulässig, die notwendigen Auslagen, die diesem im Rechtsmittelverfahren erwachsen sind, ganz oder teilweise dem Bund aufzuerlegen.

(6) Notwendige Auslagen, die dem Soldaten durch schuldhafte Säumnis erwachsen sind, werden dem Bund nicht auferlegt.

(7) Die notwendigen Auslagen des Soldaten werden dem Bund nicht auferlegt, wenn der Soldat die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens dadurch veranlasst hat, dass er vorgetäuscht hat, das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen zu haben. Es kann davon abgesehen werden, die notwendigen Auslagen des Soldaten dem Bund aufzuerlegen, wenn

1.
der Soldat das gerichtliche Disziplinarverfahren dadurch veranlasst hat, dass er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf geäußert hat,
2.
gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme im gerichtlichen Disziplinarverfahren nur deshalb nicht verhängt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht,
3.
das Wehrdienstgericht das Verfahren nach § 108 Abs. 3 Satz 2 einstellt,
4.
die Einleitungsbehörde das gerichtliche Disziplinarverfahren einstellt und eine einfache Disziplinarmaßnahme verhängt.

(8) Zu den notwendigen Auslagen gehören auch

1.
die Entschädigung für eine notwendige Zeitversäumnis nach den Vorschriften, die für die Entschädigung von Zeugen gelten, wenn kein Anspruch auf Dienst- oder Versorgungsbezüge besteht,
2.
die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu erstatten wären, sowie die Auslagen eines sonstigen Verteidigers.

(9) Für die Vorermittlungen nach § 92, die Antragsverfahren nach § 92 Abs. 4, § 95 Abs. 2, § 98 Abs. 3 Satz 2, § 121a, § 127 Abs. 4 und § 128 sowie im Wiederaufnahmeverfahren gelten die Absätze 1 bis 8 sinngemäß.