Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 16. Mai 2018 - 2 BvR 635/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20180516.2bvr063517
bei uns veröffentlicht am16.05.2018

Tenor

1. Die Beschlüsse des Landgerichts Regensburg vom 10. November 2016 - SR StVK 768/16 - und des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Januar 2017 - 1 Ws 544/16, 1 Ws 545/16, 1 Ws 546/16 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das Landgericht Regensburg zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer die Hälfte der im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Erhebung einer pauschalierten Kostenbeteiligung unter anderem für den Betrieb privater Fernsehgeräte in der Justizvollzugsanstalt Straubing sowie die Ablehnung eines Einzelrichters wegen Besorgnis der Befangenheit.

I.

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1. Der Beschwerdeführer verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Er verfügt in seinem Haftraum über ein eigenes Fernsehgerät, für dessen Betrieb von der Justizvollzugsanstalt Kosten erhoben werden. Am 27. Juni 2016 gab die Justizvollzugsanstalt schriftlich die Erhebung beziehungsweise Anhebung einer "Betriebs- und/oder Stromkostenbeteiligung" bekannt. Infolge der Inbetriebnahme einer neuen Satellitenempfangsanlage, durch die nunmehr der Empfang einer Vielzahl von Fernseh- und Radioprogrammen ermöglicht werde, werde ab dem 1. Juli 2016 für jedes in der Justizvollzugsanstalt Straubing betriebene Fernsehgerät eine "Strom- und Betriebskostenbeteiligung gemäß Artikel 73 i.V.m. Artikel 71 Absatz 1 Satz 2 BayStVollzG/Artikel 46 Absatz 2 i.V.m. Artikel 53 Absatz Satz 2 BaySvVollzG" erhoben. Diese werde beginnend zum 1. Juli 2016 auf 3 Euro monatlich festgesetzt. Soweit kein Fernsehgerät vorhanden sei, werde für strombetriebene Geräte mit Ausnahme von Wasserkochern eine Stromkostenbeteiligung von 1,50 Euro erhoben. Die maximale Kostenbeteiligung betrage 3 Euro. Die Pauschale werde vom Hausgeld, Taschengeld oder vom freien Eigengeld eingezogen, unabhängig davon, ob die Geräte tatsächlich genutzt würden. Es sei für eine ausreichende Kontodeckung zu sorgen, da andernfalls die Erlaubnis zum Besitz eines Fernsehgeräts erlösche und erst nach Beibringung der offenen Forderungen erneut beantragt werden könne.

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2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 die gerichtliche Entscheidung des Landgerichts Regensburg mit dem sinngemäßen Antrag, die Abbuchung des Energiekostenbeitrags in Höhe von 9 Euro für das 3. Quartal 2016 rückgängig zu machen. Bislang sei quartalsweise lediglich ein Betrag von 4,50 Euro abgebucht worden. Die Erhöhung um 100 % sei wucherähnlich. Sie richte sich weder nach seinem - unveränderten - Konsumverhalten, noch halte die Entwicklung des Taschengelds Schritt, denn dieses sei lediglich um ca. 2,5 % im Vergleich zum Vorjahr angehoben worden. Da eine solche relative Kostensteigerung außerhalb des Justizvollzugs undenkbar sei, sei die neue Pauschale auch nicht mit dem Angleichungsgrundsatz vereinbar. Die monatliche Pauschale entspreche zudem nunmehr 8,7 % seines Taschengelds, die Erhöhung treffe ihn daher empfindlich. Außerdem bereichere sich die Justizvollzugsanstalt in unzulässiger Weise, wenn sie einmalige Investitionskosten für die Beschaffung und den Einbau der neuen Satellitenempfangsanlage, die sich nach spätestens zwei Jahren amortisiert hätten, über unbefristet erhobene Gebühren umlege.

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Mit weiterem Schreiben vom 19. Oktober 2016 lehnte der Beschwerdeführer den zuständigen Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sein Ablehnungsgesuch stützte er auf Entscheidungen des Richters in einer Vielzahl früherer Verfahren. Er führte unter anderem aus, der Richter füge ihm durch seine "Parteilichkeit, Unfähigkeit, Borniert- und Bösartigkeit" absichtlich "schweren Schaden" zu, entscheide "verachtenswert", vereitele seine Rechte vorsätzlich und verhalte sich "rechtsbeugerisch i.S.d. § 339 StGB". Das Ablehnungsgesuch bestand aus einer Aufstellung von Entscheidungen des Einzelrichters in vorherigen fachgerichtlichen Verfahren, welche, dem Vortrag des Beschwerdeführers zufolge, im Ergebnis keinen Bestand gehabt hätten, weil sie rechtsfehlerhaft gewesen seien.

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3. Die Justizvollzugsanstalt trug in ihrer Stellungnahme zum Antrag des Beschwerdeführers unter dem 21. Oktober 2016 vor, die erforderliche "Anpassung der Betriebs- und Stromkostenbeteiligung" beruhe zum wesentlichen Teil auf den Betriebskosten der neuen Satellitenanlage. Rechtsgrundlage sei Art. 73 i.V.m. Art. 71 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe (BayStVollzG). Die neue Anlage sei von den Inhaftierten nachdrücklich gefordert worden, und ihre Inbetriebnahme sei mit erheblichen Investitionskosten verbunden gewesen. In geringerem Ausmaß sei die Anpassung aufgrund des steigenden Stromverbrauchs erforderlich. Dieser sei infolge des verbesserten Senderangebots zu erwarten, das voraussichtlich eine vermehrte Benutzung von Fernsehgeräten durch die Gefangenen nach sich ziehe. So könnten etwa ausländische Gefangene nunmehr auch Fernsehsender aus ihren Heimatländern empfangen. Es sei allen Strafgefangenen, einschließlich der Taschengeldempfänger, zu denen der Beschwerdeführer gehöre, zumutbar, die erhöhte Pauschale zu entrichten. Die Erhöhung sei nicht unverhältnismäßig, sondern liege immer noch unter den "Kosten des durchschnittlichen tatsächlichen Verbrauchs". In anderen bayerischen Vollzugsanstalten, in denen die TV-Versorgung an private Dienstleister übertragen worden sei, würden für die Nutzung der TV-Anlage mit eigenem Gerät etwa 15 EUR monatlich erhoben. Die Erhebung von Energie- und Betriebskosten entspreche auch dem Angleichungsgrundsatz, da sie auf einen Ausgleich der unterschiedlichen Lebensverhältnisse in Freiheit und Vollzug abziele.

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4. Das Landgericht verwarf den Befangenheitsantrag vom 19. Oktober 2016 mit angegriffenem Beschluss vom 27. Oktober 2016 durch den abgelehnten Richter als unzulässig, weil der Beschwerdeführer mit der Ablehnung offensichtlich verfahrensfremde Zwecke verfolge. Er habe in der Vergangenheit bereits wiederholt mit in der Diktion vergleichbaren Schreiben die Ablehnung desselben Richters beantragt. Mit seinen Anträgen bezwecke er lediglich dessen Verunglimpfung.

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5. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2016 lehnte der Beschwerdeführer den Richter erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Diese ergebe sich nunmehr daraus, dass der abgelehnte Richter noch vor der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt übersandt und damit die Wartepflicht des § 29 Abs. 1 StPO verletzt habe.

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In der Sache führte er aus, er bestreite die Angaben der Justizvollzugsanstalt vollumfänglich, soweit er sie nicht explizit bestätige. Das Gericht werde die Anschaffungskosten der Satellitenempfangseinrichtungen zu ermitteln haben. Die neue Anlage solle höchstens 16.000 Euro gekostet haben. Seitdem die vorherige Satellitenanlage im Jahr 2006 eingerichtet worden sei, verlange die Justizvollzugsanstalt von jedem der ca. 850 Gefangenen monatlich 1,50 Euro. Dies ergebe Einnahmen in Höhe von etwa 137.700 Euro zwischen 2007 und 2015. Damit könne die Justizvollzugsanstalt beide Anlagen und die anfallenden Energiekosten mehrfach bezahlen, ohne die Pauschale erhöhen zu müssen, zumal die neue Satellitenanlage weniger Energie verbrauche als die vorherige und sich die Betriebskosten so reduzierten. Es werde daher beantragt zu ermitteln, wie hoch der Energieverbrauch der jeweiligen Anlagen sei, wie hoch die Einnahmen durch die gezahlten Pauschalen seien und beides gegenüberzustellen. Sein TV-Gerät verursache jährlich lediglich ca. 7,75 Euro Stromkosten, zugleich verringerten sich in Deutschland die Energiekosten. Zudem habe die Justizvollzugsanstalt ohnehin erhebliche Einnahmen aus der Gefangenenarbeit, die ohne weiteres genutzt werden könnten, um die Satellitenanlage quer zu subventionieren. Des Weiteren verstoße schon die Erhebung von Pauschalen gegen den Angleichungsgrundsatz. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der individuelle Stromverbrauch infolge der Inbetriebnahme der neuen Anlage steigen werde. Eine intensivere Nutzung sei keine zwingende Folge der nunmehr breiteren Auswahl an TV- und Radiosendern.

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6. Mit dienstlicher Stellungnahme vom 31. Oktober 2016 erklärte der vom Beschwerdeführer erneut abgelehnte Richter hinsichtlich des gerügten Verstoßes gegen die Wartepflicht, er habe die Übersendung der Stellungnahme am 24. Oktober 2016 verfügt, das Ablehnungsgesuch vom 19. Oktober 2016 sei indes erst am 26. Oktober 2016 eingegangen. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs wies die Kammer ohne den abgelehnten Richter das neuerliche Ablehnungsgesuch mit angegriffenem Beschluss vom 9. November 2016 als unbegründet zurück, weil der Vortrag aus dem Ablehnungsgesuch unter Berücksichtigung der dienstlichen Stellungnahme nicht geeignet sei, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

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7. Mit angegriffenem Beschluss vom 10. November 2016 wies das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurück.

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Die Erhöhung der Betriebs- und Stromkostenpauschale gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 73 BayStVollzG sei rechtmäßig gewesen und weise insbesondere keine Ermessensfehler auf. Die Justizvollzugsanstalt habe zu Recht darauf abgestellt, dass die Stromkosten gestiegen seien - dies sei gerichtsbekannt - und die neue Sendervielfalt zu einem erhöhten Fernsehkonsum und somit zu höheren Stromkosten führen könne. Auch die zusätzliche Umlage der Investitionskosten für die neue Satellitenanlage in Form einer Betriebskostenpauschale sei nicht zu beanstanden, weil dem Beschwerdeführer hiermit ein weit über den Grundbedarf hinausgehendes Angebot unterbreitet werde. Sie entspreche zudem dem Angleichungsgrundsatz, weil dem Beschwerdeführer durch die Beteiligung an den Stromkosten verdeutlicht werde, dass die Stromversorgung auch außerhalb der Justizvollzugsanstalt nicht kostenlos sei. Gegen eine pauschale Erhebung sei grundsätzlich nichts einzuwenden, zumal der Justizvollzugsanstalt die konkrete Ermittlung des individuellen Stromverbrauchs der Gefangenen unzumutbar sei. Schließlich stehe das Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht entgegen, weil kein Anspruch auf kostenlose Informationsbeschaffung mittels eines eigenen Fernsehgeräts bestehe.

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8. Gegen die Beschlüsse des Landgerichts legte der Beschwerdeführer am 30. November 2016 Rechtsbeschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ein.

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Hinsichtlich der beanstandeten ersten Ablehnungsentscheidung rügte er insbesondere, die Verwerfung seines Ablehnungsgesuchs durch den abgelehnten Richter sei nicht mit der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke zu rechtfertigen gewesen. Dies folge daraus, dass Beschlüsse des Einzelrichters, mit denen dieser ihn betreffende Ablehnungsgesuche als unzulässig verworfen habe, bereits in drei Verfahren durch das Oberlandesgericht aufgehoben worden seien. Im Rahmen der zweiten Ablehnungsentscheidung habe das Landgericht es unterlassen, die erneut rechtswidrige Verwerfung seines Befangenheitsantrags durch den abgelehnten Richter bei der Beurteilung von dessen Befangenheit zu berücksichtigen.

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Im Hinblick auf die Hauptsache wiederholte und vertiefte der Beschwerdeführer seine bisherigen Ausführungen. Insbesondere habe das Landgericht nicht hinreichend ermittelt, ob die erhöhte Pauschale auch tatsächlich erforderlich und angemessen sei. Es habe unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nicht geprüft, ob es infolge der neuen Programmvielfalt tatsächlich zu einem gesteigerten Stromverbrauch kommen werde. Ebenso habe es die Höhe der Betriebskosten der bisherigen und der neuen Satellitenanlage nicht ermittelt. Zudem sei das Landgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass einmalige Investitionskosten im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der neuen Satellitenanlage zeitlich unbegrenzt umgelegt werden dürften.

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9. In ihrer Stellungnahme vom 8. Dezember 2016 trug die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg vor, die Rechtsbeschwerde sei bereits unzulässig, weil eine Nachprüfung der Entscheidung des Landgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten sei. Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Befangenheitsbeschlüsse wende, sei nur die sofortige Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 StPO statthaft.

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10. Mit angegriffenem Beschluss vom 23. Januar 2017 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet.

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Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich der Ablehnungsentscheidungen des Landgerichts bereits keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen erhoben. Der Senat müsse allein anhand des Rechtsbeschwerdevorbringens feststellen können, ob ein Verfahrensfehler vorliege. Dies sei ihm nicht möglich gewesen, weil der Beschwerdeführer weder die von ihm gestellten Anträge noch die daraufhin ergangenen Entscheidungen ihrem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt habe.

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Auch die Überprüfung des Beschlusses in der Hauptsache habe keine formellen oder sachlichen Fehler aufgezeigt. Der Senat folge der Entscheidung des Landgerichts daher in vollem Umfang. Hinsichtlich der Angemessenheit der angepassten Pauschale in Höhe von monatlich 3 Euro sei lediglich hervorzuheben, dass mit dieser Kostenbeteiligung nicht nur die Betriebs- und Stromkosten für ein Fernsehgerät abgegolten würden, sondern zugleich die Stromkosten für sämtliche weitere Geräte. Die Pauschale liege insofern eher am unteren Rand des rechtlich Zulässigen, zumal die Stromkosten in Bayern gerichtsbekannt angestiegen seien. Der Beschluss ging dem Beschwerdeführer am 30. Januar 2017 zu.

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11. Der Beschwerdeführer beantragte am 1. Februar 2017 privatschriftlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ihn treffe kein Verschulden daran, dass die Verfahrensrüge nicht der gebotenen Form entsprochen habe, weil der für die Aufnahme der Rechtsbeschwerde zuständige Rechtspfleger es pflichtwidrig unterlassen habe, auf eine ordnungsgemäße Erhebung seiner Verfahrensrüge hinzuwirken. In der Sache rügte er, dass sein Vortrag bezüglich der Angemessenheit und Erforderlichkeit der Erhöhung der Kostenpauschale nicht berücksichtigt worden sei. Zudem habe das Oberlandesgericht nicht geprüft, ob die Erhebung von Pauschalen zulässig sei.

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12. Mit Beschluss vom 16. Februar 2017 verwarf das Oberlandesgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung als unzulässig und wies die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers als unbegründet zurück.

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Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung in der Sache wende, sei sein Vorbringen im Schreiben vom 31. Januar 2017 als Anhörungsrüge auszulegen. Diese sei unbegründet, da der Senat das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht verletzt habe. Zu einer vertieften Auseinandersetzung mit seinem Vortrag sei der Senat nicht verpflichtet gewesen, da er die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet (§ 119 Abs. 3 StVollzG) verworfen habe.

II.

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1. Mit seiner am 25. Februar 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte auf Resozialisierung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, auf Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sowie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG und - der Sache nach - Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

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Er wiederholt und vertieft seinen fachgerichtlichen Vortrag und trägt insbesondere vor, die Betriebskosten der Satellitenanlagen sowie die individuellen Stromkosten seien durch das Landgericht nicht ermittelt worden. Das Gericht sei lediglich dem pauschalen Vortrag der Justizvollzugsanstalt gefolgt, die ohne Bezugnahme auf konkrete Zahlen vorgetragen habe, der pauschal erhobene Kostenbeitrag liege unter den durchschnittlichen Kosten des täglichen Verbrauchs. Er habe dies bestritten, hierzu aber nicht substantiierter vortragen können, weil er zu den Zahlen keinen Zugang habe. Das Landgericht habe es außerdem unterlassen zu ermitteln, ob die Anstalt zwischen eigenem Stromverbrauch und dem Stromverbrauch von Gefangenen unterscheide und so von den korrekten Bezugsgrößen ausgehe. Die Erhebung von Stromkosten im Wege von Pauschalen widerspreche dem Angleichungsgrundsatz; in der Freiheit würden keine pauschalen Stromkosten erhoben und die Regelung benachteilige ihn, weil er wenig fernsehe. Überdies sei die Höhe der Pauschale angesichts seiner geringen Einkommensmöglichkeiten als Taschengeldempfänger überzogen. Hinzu komme, dass die Anstalt den Grundbedarf an Information nicht mehr kostenlos gewähre. Entrichtete er die Pauschale nicht, hätte er keinerlei Zugang mehr zu Informationen.

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Hinsichtlich der Behandlung seiner Ablehnungsgesuche rügt der Beschwerdeführer im Kern, dass das von ihm vorgetragene und seines Erachtens die Besorgnis der Befangenheit begründende Verhalten des abgelehnten Richters nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.

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2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat unter dem 9. Februar 2018 zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen. Es konkretisierte die Darlegungen der Justizvollzugsanstalt dahingehend, dass die Stromkostenpauschale in der Justizvollzugsanstalt Straubing seit dem 3. April 2012 stetig bei 1,50 Euro verblieben sei. Betreibe ein Gefangener hingegen ein Fernsehgerät, so werde seit Anfang Juli 2016 zusätzlich eine Betriebskostenpauschale von 1,50 Euro erhoben. Die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt, dass die Anhebung im Wesentlichen auf der erstmaligen Erhebung von Betriebskosten für die Satellitenanlage beruhe, im geringen Maße aber auch den höheren Stromkosten durch vermehrte TV-Nutzung geschuldet sei, sei daher "unscharf".

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Des Weiteren hält das Staatsministerium die Verfassungsbeschwerde für teilweise unzulässig und im Übrigen für unbegründet. Die Erhebung von Strom- und Betriebskosten erweise sich als verfassungskonform. Die neue Satellitenanlage diene der Befriedigung von Informationsinteressen in- und ausländischer Gefangener. Die nunmehr erstmals erhobenen Betriebskosten in Höhe von 1,50 Euro seien nicht höher als ein vergleichbares Angebot außerhalb des Strafvollzugs. Zugunsten der Gefangenen sei ein möglichst kostengünstiger Weg eingeschlagen und auf die Befassung eines externen Unternehmens verzichtet worden, was Betriebskosten in Höhe von 6 bis 7 Euro zur Folge gehabt hätte. Auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Justizvollzugsanstalt bereichere sich mithilfe der Pauschalen auf Kosten der Gefangenen, sei unzutreffend. Der Beschwerdeführer verkenne, dass bis Ende Juni 2016 überhaupt keine Betriebskosten erhoben worden seien, die zu den von ihm behaupteten Einnahmen in Höhe von 137.700 Euro hätten führen können. Die Erhebung der Kostenbeteiligung als Pauschale sei ebenfalls nicht zu beanstanden, weil eine Abrechnung nach individueller Nutzung verwaltungsorganisatorisch nicht zu bewerkstelligen und mit einem unangemessen hohen Aufwand verbunden sei. Die Regelung benachteilige auch Taschengeldempfänger nicht unverhältnismäßig. Schließlich stehe die Informationsfreiheit der Kostenpauschale nicht entgegen. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 GG sei ein Abwehrrecht, aus dem nicht folge, dass der Betrieb eines eigenen Fernsehgeräts für Gefangene kostenfrei möglich sein müsse.

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3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

III.

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Soweit der Beschwerdeführer die Beschlüsse des Landgerichts Regensburg vom 9. November 2016 - SR StVK 768/16 - und vom 27. Oktober 2016 - SR StVK 768/16 - angreift, liegen die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG mangels Erfolgsaussichten nicht vor (vgl. BVerfGE 90, 22 <24>; 96, 245 <248>; BVerfGK 12, 189 <196>). Zum einen ist insoweit der Rechtsweg nicht ordnungsgemäß erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Zum anderen genügt die Verfassungsbeschwerde auch nicht den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.

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Eine Grundrechtsverletzung durch die angegriffenen Entscheidungen über die Befangenheitsanträge des Beschwerdeführers ist weder hinreichend dargetan noch anderweitig ersichtlich. Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der Zuständigkeitsregeln und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, kann nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden; andernfalls müsste jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich als Verfassungsverstoß angesehen werden (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>). Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind aber jedenfalls dann überschritten, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>).

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In Bezug auf den Beschluss vom 9. November 2016 - SR StVK 768/16 - ist eine Grundrechtsverletzung bereits nicht im Ansatz substantiiert vorgetragen.

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Hinsichtlich des Beschlusses vom 27. Oktober 2016 - SR StVK 768/16 - ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die geltend gemachte Grundrechtsverletzung hätte - selbst wenn sie vorläge - jedenfalls kein besonderes Gewicht, denn der Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers enthielt erkennbar lediglich eine völlig ungeeignete Begründung. Ein Ablehnungsantrag, der zwar - rein formal betrachtet - eine Begründung für die angebliche Befangenheit enthält, der aber - ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls - zur Begründung der Besorgnis einer Befangenheit völlig ungeeignet ist, kann rechtlich dem völligen Fehlen einer Begründung gleichgeachtet werden, ohne dass dies verfassungsrechtlicher Beanstandung unterläge (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Februar 2006 - 2 BvR 836/04 -, juris, Rn. 48 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 5 StR 474/96 -, juris, Rn. 4 f.; BGH, Beschluss vom 22. November 2000 - 1 StR 442/00 -, juris; Scheuten, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 26a Rn. 6 f. m.w.N.).

IV.

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1. Soweit der Beschwerdeführer sich gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 10. November 2016 - SR StVK 768/16 - und den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Januar 2017 - 1 Ws 544/16, 1 Ws 545/16, 1 Ws 546/16- wendet, ist die Verfassungsbeschwerde hingegen zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

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a) Art. 19 Abs. 4 GG verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle, das heißt auf eine umfassende Prüfung des Verfahrensgegenstandes (vgl. BVerfGE 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; 129, 1 <20>; BVerfG, Beschluss der 2.Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2017 - 2 BvR 2584/12 -, juris, Rn. 18). Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 9, 390 <395>; 9, 460 <463>; 13, 472 <476>; 13, 487 <493>; 17, 429 <430 f.>; 19, 157 <164>; 20, 107 <112>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2017 - 2 BvR 2584/12 -, juris, Rn. 18).

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Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet zudem nicht nur formal die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern gebietet auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. Der Zugang zum Gericht darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 40, 272 <274 f.>; 77, 275 <284>). Die Beweislastverteilung im gerichtlichen Verfahren darf nicht dazu führen, dass bestehende Rechtspositionen leerlaufen (vgl. BVerfGE 101, 106 <121>). Beweislasten dürfen nicht in einer Weise zugeordnet werden, die es den belasteten Verfahrensbeteiligten faktisch unmöglich macht, sie zu erfüllen (vgl. BVerfGE 54, 148 <157 f.>; 59, 128 <160>). In strafvollzugsrechtlichen Verfahren muss das Beweisrecht der spezifischen Situation des Strafgefangenen und den besonderen Beweisproblemen, die sich daraus ergeben können, Rechnung tragen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Oktober 2007 - 2 BvR 1538/06 -, juris, Rn. 21).

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b) Diesen grundrechtlichen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts vom 10. November 2016 und des Oberlandesgerichts vom 23. Januar 2017, soweit es über die Hauptsache entschieden hat, nicht gerecht.

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aa) Gemäß Art. 71 Abs. 1 BayStVollzG können eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte von Gefangenen zugelassen und den Gefangenen die Betriebskosten auferlegt werden. Nach Art. 73 BayStVollzG können Gefangene zudem in angemessenem Umfang an den Stromkosten, die durch die Nutzung der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände entstehen, beteiligt werden. Entsprechende Regelungen finden sich auch in anderen Landesgesetzen. Dabei ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung weitgehend anerkannt, dass sich die Möglichkeit der Auferlegung von Stromkosten auf die Nutzung von Elektrogeräten bezieht, die über den von den Justizvollzugsanstalten kostenfrei zu gewährenden Grundbedarf hinausgehen (vgl. etwa Hanseat. OLG, Beschluss vom 4. Februar 2011 - 3 Vollz (Ws) 3/11 -, juris, Rn. 24 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. August 2014 - 2 Ws 277/14 -, juris, Rn. 6, 9; OLG Naumburg, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 1 Ws (RB) 36/14 -, juris, Rn. 14 f.; dahingehend auch bereits Thür. OLG, Beschluss vom 11. Juli 2005 - 1 Ws 111/05 -, juris, Rn. 30 ff.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 1. März 2007 - 2 Ws 73/07 -, juris, Rn. 40 f.).

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bb) In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Erhebung von Pauschalen, insbesondere aufgrund der praktischen Probleme einer individuellen Abrechnung, im Grundsatz zulässig ist (stellvertretend Hanseat. OLG, Beschluss vom 4. Februar 2011 - 3 Vollz (Ws) 3/11 -, juris, Rn. 30). Dies begegnet im Ergebnis keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar kann die pauschalierte Abrechnungsweise, etwa im Falle sparsamer Gefangener, zu verfassungsrechtlich relevanten Ungleichbehandlungen führen. Diese sind jedoch der Rechtfertigung zugänglich. Insoweit stellen die Praktikabilitätserwägungen, die eine pauschalierte Abrechnung in der Praxis nahelegen, etwa der große Aufwand einer individuellen Stromkostenerfassung bei Strafgefangenen, sachliche Gründe dar, die grundsätzlich geeignet sind, eine finanzielle Schlechterstellung im Einzelfall zu rechtfertigen.

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Verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnete es indes, wenn mit der Erhebung von Kostenpauschalen auf Grundlage von Eingriffsnormen, die eine Kostenbeteiligung Gefangener an Strom- oder Betriebskosten von Elektrogeräten ermöglichen, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Kostenstruktur einer Justizvollzugsanstalt der von Verfassungs wegen zu gewährleistende Grundbedarf oder anderweitige Haftkosten mittelbar (mit)finanziert würden. Dies wäre jedenfalls der Fall, wenn die Gesamteinnahmen aus den erhobenen Kostenpauschalen die durch die in der Eingriffsgrundlage bezeichneten Geräte verursachten Betriebs- oder Stromkosten überstiegen.

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cc) Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben bei der von ihnen vorgenommenen Prüfung der Voraussetzungen der Art. 71 Abs. 1 Satz 2 und Art. 73 BayStVollzG gegen den Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle verstoßen, indem sie ihren Entscheidungen ungeprüft die nicht näher belegte und durch den Beschwerdeführer bestrittene Behauptung der Justizvollzugsanstalt zugrunde legten, die Einnahmen durch die erhobenen Pauschalen lägen auch nach der Erhebung der neuen Betriebskostenpauschale noch unter den "Kosten des durchschnittlichen tatsächlichen Verbrauchs".

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Aus Art. 71 Abs. 1 Satz 2 und Art. 73 BayStVollzG folgt jedenfalls, dass die Erhebung von Strom- und Betriebskosten ihre Höchstgrenze in dem tatsächlichen Verbrauch findet, denn diese landesrechtlichen Normen dienen dem Zweck, eine Beteiligung der Gefangenen an den Kosten des Vollzugs, die nicht bereits durch den Haftkostenbeitrag abgedeckt sind, zu ermöglichen (vgl. Bayerischer Landtag, Drucksache 15/8101 vom 30. April 2007, S. 46 f., 50, 65). Im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer pauschalierten Kostenerhebung bedeutet dies für Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayStVollzG, dass die Summe der Einnahmen durch von Gefangenen gezahlte Betriebskostenpauschalen die Summe der durch die Nutzung eigener Hörfunk- und Fernsehgeräte verursachten Betriebskosten nicht übersteigen darf. In Bezug auf Stromkosten darf gemäß Art. 73 BayStVollzG die Summe der aus den Stromkostenpauschalen generierten Einnahmen nicht die Summe der durch die Nutzung der in Gefangenenbesitz befindlichen Geräte, für die ein Kostenbeitrag erhoben werden kann, verursachten Stromkosten übersteigen. Ob sich der Wortlaut "beteiligen" dabei gegen eine vollumfängliche Umlage der Stromkosten sperrt, bedarf hier keiner Entscheidung (so etwa Hanseat. OLG, Beschluss vom 4. Februar 2011 - 3 Vollz (Ws) 3/11 -, juris, Rn. 31).

41

Der Beschwerdeführer hat im fachgerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass die tatsächliche Höhe der Strom- und Betriebskosten ungeklärt, aber für die verfahrensgegenständliche Frage relevant sei und die Justizvollzugsanstalt nach den begrenzten, ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnissen mit den von ihr erhobenen Pauschalen Gewinne erwirtschafte. Zudem seien seiner Kenntnis nach die Betriebskosten der neuen Satellitenanlage im Vergleich zu der Vorgängeranlage geringer. Dieser Vortrag hätte das Landgericht dazu veranlassen müssen, ernsthaft zu versuchen, sich Kenntnis über die von den unter Art. 71 Abs. 1 BayStVollzG fallenden Geräten verursachten Betriebskosten in der Justizvollzugsanstalt zu verschaffen, um zu prüfen, ob die Summe der seit dem 1. Juli 2016 über Betriebskostenpauschalen generierten Einnahmen die Summe der durch Nutzung dieser Geräte verursachten Betriebskosten der Justizvollzugsanstalt übersteigt. Jedenfalls hätte das Landgericht seiner Entscheidung nicht ohne Weiteres die durch den Beschwerdeführer zwar pauschal, aber mit Blick auf seine begrenzten Erkenntnismöglichkeiten hinreichend bestrittene Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt, die erhobenen Kosten lägen immer noch unter den Kosten des tatsächlichen Verbrauchs, ungeprüft zugrunde legen dürfen, zumal diese Stellungnahme andeutet, dass der tägliche Verbrauch und die daraus folgenden Kosten von ihr in einer Weise erhoben werden, die eine Überprüfung ermöglicht. Mit diesen Zahlen hätte auch überprüft werden können, ob sich der von der Justizvollzugsanstalt in Bezug genommene tatsächliche Verbrauch auf Geräte bezog, für die nach Art. 71 Abs. 1 und Art. 73 BayStVollzG Kosten umgelegt werden dürfen, oder darüber hinausging.

42

Das Oberlandesgericht hat sich dieser Entscheidung angeschlossen und ausgeführt, die erhobene Pauschale von 3 Euro bewege sich eher am unteren Rand des Zulässigen. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, inwiefern das Oberlandesgericht Kenntnis von der Höhe der tatsächlich entstehenden Kosten hatte, beziehungsweise, wo es die Grenze einer zulässigen Kostenerhebung, auf die es Bezug genommen hat, verortet.

43

2. Da die Beschlüsse des Land- und des Oberlandesgerichts schon wegen des Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG keinen Bestand haben, kann offen bleiben, ob die Beschlüsse weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzen.

44

3. Das Landgericht wird bei seiner erneuten Entscheidung zu klären haben, ob beziehungsweise inwieweit die seit dem 1. Juli 2016 erhobene Pauschale unter Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayStVollzG oder unter Art. 73 BayStVollzG fällt und ob die hieraus generierten Einnahmen die Summe der durch eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte der Gefangenen verursachten Betriebskosten beziehungsweise die Summe der durch im Besitz von Gefangenen befindliche Gegenstände verursachten Stromkosten überschreiten. Hierbei stellt sich auch die Frage, inwiefern Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayStVollzG, der die Auferlegung der Betriebskosten eigener Hörfunk- und Fernsehgeräte erlaubt, auch die teilweise Umlage der - ebenfalls der Höhe nach nicht ermittelten - einmaligen Beschaffungs- und Einbaukosten einer Satellitenempfangsanlage der Justizvollzugsanstalt sowie der Betriebskosten dieser Anlage auf Gefangene ermöglicht. Zudem dürfte bei der Berechnung zu prüfen sein, inwieweit der grundsätzlich von Verfassungs wegen zu gewährleistende Grundbedarf an Information in der Justizvollzugsanstalt unabhängig von der Anbindung an die neue Satellitenanlage, etwa durch Fernsehempfangsgeräte in Gemeinschaftsräumen (vgl. etwa OLG Celle, Beschluss vom 25. Mai 2004 - 1 Ws 69/04 (StrVollz) -, juris, Rn. 9; OLG Naumburg, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 1 Ws (RB) 36/14 -, juris, Rn. 22; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. Juli 2015 - 4 Ws 298/14 -, juris, Rn. 20, 31) oder anderweitige Empfangstechnik (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - 3 Ws 559/17 (StrVollz) -, juris, Rn. 28), sichergestellt ist.

V.

45

Nach § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG sind die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Januar 2017 - 1 Ws 544/16, 1 Ws 545/16, 1 Ws 546/16 - und des Landgerichts Regensburg vom 10. November 2016 - SR StVK 768/16 - aufzuheben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing zurückverwiesen.

VI.

46

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

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Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

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(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93c


(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsb

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(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß

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In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

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(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben. (2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kom

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(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. (2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der

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Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bi

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(1) Der Beschluß, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, ist nicht anfechtbar. (2) Gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig. Betriff

Strafprozeßordnung - StPO | § 29 Verfahren nach Ablehnung eines Richters


(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten. (2) Die Durchführung der Hauptverhandlung gestattet keinen Aufschub; sie findet bis zur Entscheidung über das A

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Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

(2) Die Durchführung der Hauptverhandlung gestattet keinen Aufschub; sie findet bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters statt. Entscheidungen, die auch außerhalb der Hauptverhandlung ergehen können, dürfen nur dann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters getroffen werden, wenn sie keinen Aufschub gestatten.

(3) Über die Ablehnung ist spätestens vor Ablauf von zwei Wochen und stets vor Urteilsverkündung zu entscheiden. Die zweiwöchige Frist für die Entscheidung über die Ablehnung beginnt

1.
mit dem Tag, an dem das Ablehnungsgesuch angebracht wird, wenn ein Richter vor oder während der Hauptverhandlung abgelehnt wird,
2.
mit dem Tag des Eingangs der schriftlichen Begründung, wenn das Gericht dem Antragsteller gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 aufgegeben hat, das Ablehnungsgesuch innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist schriftlich zu begründen.
Findet der übernächste Verhandlungstag erst nach Ablauf von zwei Wochen statt, so kann über die Ablehnung spätestens bis zu dessen Beginn entschieden werden.

(4) Wird die Ablehnung für begründet erklärt und muss die Hauptverhandlung nicht deshalb ausgesetzt werden, so ist ihr nach der Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegender Teil zu wiederholen. Dies gilt nicht für solche Teile der Hauptverhandlung, deren Wiederholung nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich ist.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der Beschluß, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, ist nicht anfechtbar.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig. Betrifft die Entscheidung einen erkennenden Richter, so kann sie nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden.

(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.

(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.

(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.

(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.

(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 442/00
vom
22. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2000 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 17. Juli 2000 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu den Ablehnungsrügen:
1. Das Landgericht hat drei Ablehnungsanträge des Angeklagten als unzulässig
behandelt, weil die dafür vorgebrachten Gründe zur Rechtfertigung
eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet seien (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Das begegnet hier hinsichtlich der abgelehnten berufsrichterlichen Beisitzerinnen
sowie im Blick auf das zweite und dritte Ablehnungsgesuch gegen den
Vorsitzenden der Strafkammer keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken,
wohl aber, soweit der Vorsitzende der Strafkammer bereits mit Schriftsatz vom
15. Juni 2000 abgelehnt worden war.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß solche
zur Ablehnung herangezogenen Umstände, die aus zwingenden rechtli-
chen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet
sind, zur Unzulässigkeit der Ablehnung führen. Eine völlig ungeeignete Begründung
ist rechtlich wie das Fehlen einer Begründung zu behandeln (vgl.
BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2, 7; BGH NStZ 1999, 311). Hier liegt auf
der Hand, daß die benannten Ablehnungsgründe die Ablehnung der berufsrichterlichen
Beisitzerinnen nicht zu begründen vermochten. Gleiches gilt für
die gegen den Vorsitzenden mit den beiden Folgeablehnungen geltend gemachten
weiteren Gründe. Namentlich die Auffassung, es bedürfe bei der Angabe
des Betreffs eines Strafverfahrens neben dem Vor- und Zunamen des
Beschuldigten sowie der Benennung eines der in Rede stehenden Delikte der
Hinzufügung der Anrede "Herr" sowie der Berufsbezeichnung, geht fehl; darauf
eine Richterablehnung stützen zu wollen, ist abwegig. Ebensowenig ist die
Mitwirkung an der Entscheidung über die für unzulässig erachteten ersten beiden
Ablehnungsgesuche für sich genommen als Ablehnungsgrund geeignet;
das gilt selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß diese rechtliche
Bewertung hinsichtlich des ersten gegen den Strafkammervorsitzenden gerichteten
Ablehnungsgesuches rechtlich unzutreffend war (vgl. für den Fall einer
unzutreffenden Rechtsauffassung BGH NStZ 1999, 311).
2. Hinsichtlich der gegen den Vorsitzenden der Strafkammer im ersten
Ablehnungsantrag geltend gemachten zahlreichen Umstände, auf die dessen
Ablehnung gestützt wurde, fehlte der Begründung nicht von vornherein die
Eignung zur Ablehnung. Insoweit kann der Fall dem Fehlen einer Begründung
nicht gleicherachtet werden. Die verfahrensleitenden Maßnahmen und die Behandlung
von Anliegen des Verteidigers, auf die das Gesuch im wesentlichen
gestützt war, vermögen unter bestimmten Umständen in ihrer Summe sehr wohl
die Besorgnis der Befangenheit zu begründen; das mag etwa dann gelten,
wenn ein nachvollziehbarer Grund für sie jeweils nicht erkennbar wäre. Es
kommt bei der Bewertung also stets auf die prozedurale Lage an. Das ist dann
aber eine Frage der Begründetheit des Ablehnungsantrages.
Der bezeichnete Rechtsfehler führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils (§ 338 Nr. 3 StPO). Denn das Ablehnungsgesuch war jedenfalls
sachlich nicht begründet. Das hat der Senat nach Beschwerdegrundsätzen
nachzuprüfen (vgl. BGHSt 23, 265 ff.). Diese Prüfung ergibt, daß der
Angeklagte bei verständiger Würdigung des Sachverhalts keinen Grund hatte,
an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden zu
zweifeln. Die Umstände, auf die das erste Ablehnungsgesuch gestützt war, finden
- soweit sie sich als ablehnungsgeeignet erweisen - in der dienstlichen
Ä ußerung des Vorsitzenden vom 16. Juni 2000 ihre Erläuterung und Erklärung.
Auch die vom Vorsitzenden in seinem Schreiben vom 13. Juni 2000 an den
Verteidiger Rechtsanwalt P. geäußerte Besorgnis, dessen Schreiben vom
8. Juni 2000 "könnte geeignet erscheinen, die Annahme zu begründen, daß es
lediglich um eine Verfahrensverzögerung" gehe, lag hier angesichts des Vorlaufs
nicht neben der Sache. Nichts anderes ergibt sich insoweit, wenn die
rechtlich unzutreffende Beurteilung des ersten, gegen den Vorsitzenden gerichteten
Gesuchs als unzulässig mit in Betracht gezogen wird.
Schäfer Nack Schluckebier
Kolz Schaal

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - F. vom 4. Juli 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert wird auf EUR 9,86 festgesetzt (§§ 65, 60, 52 GKG).

Gründe

 
1. Gegen den Antragsteller wird derzeit aufgrund eines Urteils des Landgerichts H. vom 14.7.1997 die Sicherungsverwahrung in der JVA F. (Antragsgegnerin) vollzogen. In seinem Zimmer betreibt er einen Kühlschrank, eine Kaffeemaschine und einen Wasserkocher. Im Januar 2014 buchte die Antragsgegnerin vom Eigengeldkonto des Antragstellers einen Betrag von EUR 9,86 als (monatliche) Beteiligung an den Stromkosten für diese Geräte ab, und zwar EUR 4,86 für den Kühlschrank und jeweils EUR 2,50 für die Kaffeemaschine und den Wasserkocher. Am 21.1.2014 stellte der Untergebrachte Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er die Aufhebung der Abbuchung der Stromkostenbeteiligung von seinem Eigengeldkonto begehrt.
Durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 4.7.2014 wurde der Antrag des Untergebrachten als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich seine am 23.7.2014 beim Landgericht F. eingegangene Rechtsbeschwerde, mit der die Verletzung des formellen und des materiellen Rechts gerügt wird.
2. Die rechtzeitig und in gehöriger Form (§§ 130, 118 StVollzG) eingelegte Rechtsbeschwerde ist statthaft und hat auch in der Sache insoweit - vorläufigen - Erfolg, als die angefochtene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen war.
a. Es kann offenbleiben, ob die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist, weil es geboten wäre, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG). Über die Zulassungsgründe des § 116 StVollzG hinaus ist nämlich anerkannt, dass eine Zulassung des Rechtsmittels auch dann geboten ist, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung so unzureichend sind, dass das Rechtsbeschwerdegericht nicht nachprüfen kann, ob die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (OLG Hamm, B. v. 3.7.2014 - 1 Vollz (Ws) 135/14 - bei juris; Feest/Lesting-Kamann/Spaniol, StVollzG, 6. Auflage, § 116 Rn. 10 m. w. N.). So verhält es sich hier.
b. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt der Strafvollstreckungskammer, dass als Grundlage für die Erhebung der abgebuchten Beträge im Wesentlichen § 52 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 JVollzGB V in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift können die Untergebrachten an den Kosten für sonstige Leistungen - also solche außerhalb von Unterbringung und Verpflegung (vgl. § 52 Abs. 1 JVollzGB V) - durch Erhebung von Kostenbeiträgen in angemessener Höhe beteiligt werden. Dies gilt insbesondere für Stromkosten, die durch die Nutzung der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände entstehen. Darüber hinaus bestimmt § 9 Abs. 2 JVollzGB I, dass die Gefangenen und Untergebrachten an den Betriebskosten der in ihrem Besitz befindlichen Geräte beteiligt werden können.
Der Senat teilt auch die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer, wonach die genannten Vorschriften im Lichte der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Gewährung eines kostenfreien Grundbedarfs eines jeden Gefangenen - für Untergebrachte gilt nichts anderes - auszulegen sind (sog. sozio-kulturelles Existenzminimum). So bestand auch bereits vor Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1.9.2006 in der obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend Einigkeit, dass eine unentgeltliche Zurverfügungstellung insoweit verlangt werden kann, als die jeweilige Leistung zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges, insbesondere zur Erreichung der Vollzugsziele, erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung einem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (vgl. OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177 ff. und 179 ff.; OLG Jena StV 2006, 593, wohl auch OLG Celle StraFo 2004, 289).
Für alle darüber hinausgehenden Leistungen stand deren kostenfreie Erbringung oder die Erhebung entsprechender Kosten im pflichtgemäßen Ermessen der Anstalt (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177 ff.). Dies entspricht auch nach Inkrafttreten des JVollzGB der Rechtslage in Baden-Württemberg, da sowohl nach § 9 Abs. 2 JVollzGB I als auch nach § 52 Abs. 2 JVollzGB V die Gefangenen bzw. Untergebrachten an den dort bezeichneten Kostenarten beteiligt werden „können“.
c. Bereits aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften ergibt sich indes, dass, wovon auch die Strafvollstreckungskammer ausgeht, mit der Erhebung einer Stromkostenpauschale nur eine Kostenbeteiligung der Untergebrachten an den Stromkosten, nicht hingegen eine vollständige Kostenübernahme - oder gar, was der Antragsteller befürchtet, eine noch darüber hinaus gehende Inanspruchnahme der Untergebrachten - begründet werden darf. Dies folgt bereits daraus, dass die Untergebrachten nach beiden Vorschriften an den Kosten lediglich „beteiligt“ werden können und dass nach § 52 Abs. 2 Satz 1 JVollzGB V diese Beteiligung „in angemessener Höhe“ zu erfolgen hat. Das letztgenannte Tatbestandsmerkmal stellt ersichtlich eine Einschränkung der finanziellen Inanspruchnahme der Untergebrachten dar und wäre nicht erforderlich, wenn das Gesetz ohnehin eine vollständige Kostenübernahme in Bezug auf die Stromkosten beabsichtigt hätte oder eine solche jedenfalls hätte ermöglichen wollen.
d. Aus den von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Feststellungen lässt sich indes nicht nachprüfbar entnehmen, ob die von dem Eigengeldkonto des Antragstellers abgebuchten Beträge die durch die Nutzung der in seinem Besitz stehenden Elektrogeräte tatsächlich entstehenden Stromkosten über- oder unterschreiten. Zwar ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene pauschalierte Form der Kostenerhebung grundsätzlich zulässig, weil eine konkrete Erfassung des Stromverbrauchs ansonsten nur durch kostspielige, mit Blick auf die Höhe der zu erhebenden Pauschalen unverhältnismäßige Installationen von Stromzählern für jedes einzelne Zimmer möglich wäre. Allerdings muss bei der Verwendung von Pauschalen sichergestellt werden, dass nur eine Kostenbeteiligung und nicht eine vollständige Kostenübernahme erfolgen darf. Erst recht darf eine solche Pauschale die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreiten, weil dies zu einer unzulässigen - mittelbaren - Finanzierung des Grundbedarfs des Untergebrachten oder der sonstigen Haftkosten führen könnte (vgl. OLG Naumburg NStZ-RR 2013, 62; OLG Hamburg NStZ-RR 2011, 156).
10 
e. Die Strafvollstreckungskammer führt in dem angefochtenen Beschluss zu der Frage der Rechtmäßigkeit der Höhe der Pauschalen aus, dass die Antragsgegnerin das ihr bei der Festsetzung der Pauschalen eingeräumte Ermessen durch die Übernahme der in der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die Entschädigung für Leistungen der Justizvollzugsanstalten vom 20.11.2013 (VwV-Kostenregelungen Vollzug - VwV-KRVollz) genannten Entschädigungssätze hinreichend ausgeübt und konkretisiert habe. Die Entschädigungssätze differenzierten hinreichend zwischen verschiedenen elektrischen Geräten; auch die den Entschädigungssätzen zugrundeliegenden Berechnungen nach Leistungsaufnahme der einzelnen Geräte bzw. nach dem voraussichtlichen Verbrauch seien nachvollziehbar und sachgerecht. Die in der VwV-KRVollz festgesetzten Entschädigungssätze stellten eine gemäß den gesetzlichen Vorgaben angemessene Kostenbeteiligung dar.
11 
Diese Feststellungen bzw. Wertungen der Strafvollstreckungskammer sind allerdings nicht ausreichend, um eine rechtliche Überprüfung durch den Senat zu ermöglichen.
12 
Zwar trifft es zu, dass in Bezug auf den Kühlschrank die Berechnung des monatlichen Entschädigungsbetrags nachvollziehbar ist: Multipliziert man - ausgehend von der naheliegenden Annahme, dass ein Kühlschrank das ganze Jahr über ununterbrochen in Betrieb ist - den angenommenen Jahresverbrauch von 175 kWh mit dem angesetzten Strompreis von EUR 0,29/kWh und mit dem Faktor 1,15 (Zuschlag für Leitungsvorhaltung etc., zu diesem unter f.) und teilt das Ergebnis durch 12, so erhält man den von der Antragsgegnerin angesetzten monatlichen Entschädigungsbetrag von EUR 4,86. Allerdings stellt diese Berechnungsweise für sich genommen nicht sicher, dass nicht doch eine vollständige Übernahme (oder Überzahlung) in Bezug auf die tatsächlichen Stromkosten eintritt. Der Antragsteller hat unter Bezugnahme auf Stromtarife des in Freiburg ansässigen Anbieters badenova qualifiziert bestritten, dass die der Antragsgegnerin durch den Betrieb der fraglichen Elektrogeräte entstehenden Stromkosten überhaupt in der der Berechnung zugrundeliegenden Höhe entstehen. Es hätte daher zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angesetzten Entschädigungsbetrags konkreter Feststellungen zu den der Antragsgegnerin entstehenden Stromkosten bedurft. Da diese Feststellungen bislang nicht getroffen wurden, kann der Senat nicht überprüfen, ob sich die Antragsgegnerin bei der Festlegung des Entschädigungsbetrags für den Kühlschrank im Rahmen des ihr durch § 52 Abs. 2 JVollzGB V eingeräumten Ermessens gehalten hat.
13 
Hinsichtlich der weiteren Elektrogeräte (Wasserkocher und Kaffeemaschine) sind die Feststellungen der Strafvollstreckungskammer im Ergebnis aus dem gleichen Grund unzureichend. Zwar ist es sachgerecht, dass ausweislich Position 636 der VwV-KRVollz die Entschädigung für andere als in der VwV genannte Elektrogeräte auf der Grundlage des voraussichtlichen Verbrauchs berechnet werden soll; auch ist mit Blick auf die - zulässige (s.o.) - Pauschalierung der Entschädigungsbeträge nicht zu beanstanden, dass in diesem Zusammenhang die Betriebsdauer der Geräte geschätzt werden darf. Allerdings ist bei der Bestimmung der Pauschale nach den Vorgaben der VwV-KRVollz wiederum von dem Strompreis von EUR 0,29/kWh auszugehen, der nach dem Vorgesagten nicht ohne Weiteres von der Antragsgegnerin - und, im Rahmen ihrer Entscheidung, von der Strafvollstreckungskammer - zugrundegelegt werden durfte. Auch in Bezug auf die sich jeweils auf EUR 2,50 belaufenden Entschädigungsbeträge für den Wasserkocher - dieser Betrag ist ersichtlich der VwV-KRVollz entnommen worden, die insoweit allerdings keine nachvollziehbare Berechnung enthält - und für die Kaffeemaschine kann der Senat daher nicht überprüfen, ob sich die Entschädigungsbeträge in dem gesetzlichen Rahmen gehalten haben und ob die Antragsgegnerin insoweit ihr Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat. Hierfür wären Feststellungen zu den tatsächlich entstehenden Stromkosten, zu den Schätzungsgrundlagen und -ergebnissen in Bezug auf die Betriebsdauer der einzelnen Geräte und zu deren Leistungsaufnahme, also zu der Leistung, die dem Stromnetz maximal entnommen wird, erforderlich.
14 
d. Was indes die Auffassung des Antragstellers angeht, die Erhebung eines 15%-igen Zuschlags für Leitungsvorhaltung, Gebühren, Reparaturen und dergleichen sei nicht gerechtfertigt, da es für einen entsprechenden Zuschlag keine gesetzliche Grundlage gebe, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Wie die Strafvollstreckungskammer zutreffend ausgeführt hat, kommt vorliegend nämlich - wenn man diesen Zuschlag nicht bereits unter den Begriff der „Stromkosten“ subsumieren will - ein unbenannter Fall einer Kostenbeteiligung in Betracht, deren Zulässigkeit daraus folgt, dass die in § 52 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 JVollzGB V aufgezählten Leistungs- bzw. Kostenarten dort lediglich beispielhaft genannt werden, wie das Wort „insbesondere“ zeigt. Einer durch diese „Regelbeispielstechnik“ möglichen Ausuferung von Kostenbelastungen der Untergebrachten wird durch das Korrektiv, dass eine Beteiligung nur „in angemessener Höhe“ stattfinden darf, und durch die Regelung des § 52 Abs. 3 JVollzGB V ausreichend begegnet, wonach von der Erhebung von Kostenbeiträgen abzusehen ist, soweit dies notwendig ist, um die Erreichung der Vollzugsziele nicht zu gefährden. In Bezug auf die Anwendung des § 52 Abs. 3 JVollzGB V besteht kein Ermessen der Justizvollzugsanstalt, wie durch die Formulierung „ist abzusehen“ deutlich gemacht wird. Der Hinweis des Antragstellers, dass auch nach Auffassung des OLG Hamburg (a. a. O.) eine Beteiligung nur an den Stromkosten, mithin den reinen Energiekosten, zulässig sei, ist in diesem Zusammenhang unbehelflich, weil der Wortlaut der dortigen Landesnorm ein anderer ist. § 49 Abs. 3 HmbStVollzG lautet nämlich: „Die Gefangenen können in angemessenem Umfang an den Stromkosten beteiligt werden, die durch die Nutzung der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände entstehen.“ Eine lediglich beispielhafte Aufzählung, wie sie in § 52 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 JVollzGB V vorgenommen wurde, enthält das hamburgische Landesrecht hingegen nicht.
15 
Im Übrigen entspräche eine entsprechende Kostenbeteiligung auch dem Angleichungsgrundsatz (§ 2 Abs. 3 Satz 1 JVollzGB V), da es den außerhalb des Vollzugs herrschenden allgemeinen Lebensverhältnissen entspricht, z.B. anfallende Gebühren zu zahlen und für etwa erforderliche Reparaturen Rücklagen zu bilden (ähnlich Arloth, StVollzG, 3. Auflage, Erl. zu § 9 JVollzGB I).
16 
3. Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer war daher aufzuheben und die Sache an diese zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts in Bezug auf die angesprochenen Berechnungsgrundlagen für die streitgegenständlichen Pauschalen zurückzuverweisen. Ob hierfür das von dem Antragsteller beantragte Sachverständigengutachten erforderlich ist oder ob z.B. schlichte Auskünfte der Antragsgegnerin ausreichen, wird die Strafvollstreckungskammer zu beurteilen haben.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 14. März 2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Landeskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen des Antragstellers.

3. Der Gegenstandswert wird auf 300,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt ... und nutzt dort mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher.

2

Gemäß der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 – (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme.

3

Nachdem das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) die bisherige Vereinbarung aufgrund der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 – (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) in einem Fall für nichtig erklärt hatte, erließ das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt am 16. Juli 2012 eine Allgemeinverfügung (AZ.: 4544-304.1), nach der mit den Gefangenen erneut öffentlich-rechtliche Individualvereinbarungen nach einem vorbereiteten Muster abzuschließen seien. Für die Berechnung ist der Bruttobezugspreis, inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer, der Anstalt für Strom je Kilowattstunde und die Nennleistung des jeweiligen Gerätes zugrunde zu legen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätes orientiert sich dabei an den Gegebenheiten außerhalb des Strafvollzugs unter Zugrundelegung der Nutzungszeitentabellen der Stromversorger, wobei jedoch die Besonderheiten und Einschränkungen des Freiheitsentzuges, etwa die vermehrte Nutzung von Unterhaltungselektronik im Freiheitsentzug infolge der dort erheblich eingeschränkten Möglichkeiten seine Freizeit eigenständig anders zu gestalten, zu berücksichtigen sind. In der Anlage zur Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 werden 18 unterschiedliche Gerätetypen, von der Nachttischlampe über Wasserkocher und Kaffeemaschine bis zum Plasma-TV-Gerät, mit jeweils unterschiedlicher Nutzungsdauer aufgeführt, die bei der Berechnung des vom Gefangenen zu zahlenden Beitrages mit der ermittelten Nennleistung und dem von der Anstalt zu zahlenden Bruttobezugspreis je Kilowattstunde zugrunde zu legen ist. Hierüber unterrichtete die Justizvollzugsanstalt die Gefangenen am 17. Juli 2012.

4

Am 13. September 2012 änderte das Ministerium für Justiz und Gleichstellung die Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 dahingehend ab, dass bei der Berechnung der Kostenbeteiligung der Gefangenen nur noch ein Bruttobezugspreis von 0,1196 Euro/Kilowattstunde anzusetzen sei. Zur Begründung führte das Ministerium an, dass nur noch verbrauchsabhängige Kostenbestandteile in die Berechnung einflössen und die verbrauchsunabhängigen Kosten der Vollzugsanstalt nicht berücksichtigt würden, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich nur um eine Kostenbeteiligung handele. Des Weiteren wies das Ministerium darauf hin, dass bei der Erarbeitung der Nutzungstabelle bewusst von einer Unterscheidung zwischen Arbeitern und Nichtarbeitern Abstand genommen worden sei, weil Nichtarbeiter wesentlich häufiger elektrische Zusatzgeräte (wie z.B. Fernseher, DVD-Player, etc.) in ihren Hafträumen nutzen würden als Arbeiter, andererseits würden sie nur über ein geringeres monatliches Budget an finanziellen Möglichkeiten (Taschengeld) verfügen.

5

Auf der Grundlage der genannten Allgemeinverfügungen legte die Justizvollzugsanstalt dem Antragsteller eine Vereinbarung über die Entrichtung einer Stromkostenpauschale für die Benutzung von elektrischen Geräten vor, die der Antragsteller am 30. Juli 2012 unter Vorbehalt unterzeichnete. Hiernach sollte er für die Nutzung einer Tischlampe 0,02 €, für LCD/LED-Fernseher 1,50 € und für den Wasserkocher 0,68 € monatlich bezahlen. Darüber erklärte sich der Antragsteller mit der monatlich im Voraus zu erfolgenden Einziehung des Gesamtbetrages von seinem Hausgeld-/Eigengeldkonto einverstanden. Soweit die Entrichtung des monatlichen Kostenbeitrages nicht erfolgt, sollte die Berechtigung zur Benutzung der Geräte entfallen.

6

Mit dem am 20. Februar 2013 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 19. Februar 2013 beantragte der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung, mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die gezahlten Stromkosten zurückzubuchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage.

7

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung lediglich auf die ordnungsgemäße Berechnung der Stromkostenpauschale entsprechend der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung vom 16. Juli 2012 hingewiesen.

8

Die Strafvollstreckungskammer hat dem Antrag am 19. Februar 2014 teilweise stattgegeben und die Erhebung des Stromkostenbeitrages ab 01. Juli 2012 gemäß der Verfügung der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2012 aufgehoben, soweit sie eine Kostenerhebung für die Nutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers umfasst und die Antragsgegnerin verpflichtet, den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 30,80 € zurück zu erstatten. Zur Begründung führte die Kammer aus, der Antragsteller habe grundsätzlich keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Jedoch decke die Nutzung des Fernsehers im Haftraum den Grundbedarf des Antragstellers, den die Antragsgegnerin kostenfrei zu stellen habe. Diesen könne die Antragsgegnerin zwar auch durch ein gemeinschaftlich genutztes Fernsehgerät befriedigen. Die Ausgestaltung der Nutzbarkeit des Gemeinschaftsfernsehens durch die Antragsgegnerin decke den Grundbedarf jedoch nicht, soweit diese nur zu den Aufschlusszeiten zugänglich seien. Anhand der von der Antragsgegnerin übermittelten Tagesablaufpläne sei eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens zusammen mit den 45 Mitgefangenen wochentags zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und am Wochenende zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Soweit den Gefangenen so wesentliche TV-Programme vorenthalten würden, werde dies nicht durch das Vorhalten verschiedener Tageszeitungen ausgeglichen. Gleiches gelte für den durch den Antragsteller genutzten Wasserkocher, der auch dem kostenfreien Grundbedarf zuzurechnen sei.

9

Gegen die der Antragsgegnerin am 21. März 2014 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich diese mit ihrer am 03. April 2014 beim Landgericht Stendal eingegangenen Rechtsbeschwerde vom 25. März 2014, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Zur Begründung führt sie aus, in der Justizvollzugsanstalt ... werde der Grundbedarf der Gefangenen an Unterhaltung, Bildung und Information bereits durch die Nutzung der in den jeweiligen Vollzugsabteilungen vorhandenen Fernsehgeräte und die von der Antragsgegnerin vorgehaltenen Tageszeitungen befriedigt. Auch die Nutzung eines Wasserkochers gehöre nicht zum Grundbedarf.

10

Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt ist der Rechtsbeschwerde beigetreten und hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt.

II.

1.

11

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Voraussetzungen einer Kostenbeteiligung des Gefangenen bei der Nutzung von Elektrogeräten im Haftraum sowie zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

12

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Kostenerhebung durch die Antragsgegnerin für die Nutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers aufgehoben. Eine Berechtigung der Antragsgegnerin für die Erhebung einer Kostenbeteiligung des Antragstellers besteht vorliegend nicht.

a)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (Art. 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Danach können neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; ZfStrVo 2006, 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 – zitiert nach juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 05.12.2011, 2 Ws 143/11; Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 11. Aufl., § 19 Rn. 7; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eineBeteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt angesichts des bislang fehlenden Strafvollzugsgesetzes als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der nach der Entscheidung des 2. Senats vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) neu geschaffenen Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2012 in Betracht kommt.

b)

17

Die Erhebung einer Kostenpauschale für die Benutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers kommt in der Justizvollzugsanstalt ... nicht in Betracht. Die Geräte sind dem Grundbedarf des Antragstellers zuzurechnen und die hierfür erforderliche elektrische Energie kostenlos zur Verfügung zu stellen.

aa)

18

Zwar regelt das Strafvollzugsgesetz nicht, welche Gegenstände dem Grundbedarf zuzuordnen sind. Aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergibt sich jedoch ein Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das dem Einzelnen nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe sondern darüber hinaus auch einen verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zugesteht. Dieser erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – zitiert nach juris).

19

Ob eine Leistung an den Gefangenen nach diesen Grundsätzen an den Abschluss eines die Entgeltlichkeit der Leistung begründenden Vertrages geknüpft werden kann oder aber kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss, hängt von dem Charakter der Leistung ab. Eine unentgeltliche Zurverfügungstellung kann nur verlangt werden, wenn die Leistung der effektiven Gewährung des Grundrechtsschutzes entspricht (vgl. OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der allgemeinen Bedürfnisse eines Strafgefangenen deckt die Benutzung eines Gerätes zur Zubereitung von heißem Wasser, etwa Wasserkocher oder Kaffeemaschine, sowie eines Radios und eines Fernsehgerätes über die bereits von der Justizvollzugsanstalt kostenlos zur Verfügung gestellte Nutzung eines Elektrorasierers und einer elektrischen Zahnbürste hinaus den durch das Existenzminimum gesicherten Grundbedarf des Gefangenen. Dem Grundbedarf dienen auch Geräte, bei denen eine dem Grundbedarf zuzurechnende Funktion in ein Multifunktionsgerät integriert ist, etwa bei einer Kompakt- oder Stereoanlage oder den in der Begründung zu § 59 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfes eines Justizvollzugsgesetzbuches Sachsen-Anhalt vorgesehenen Mediensystemen. Hier gebietet es der nur geringfügig höhere Komfort des Multifunktionsgerätes im Vergleich zu einem Gerät, das ausschließlich eine dem Grundbedarf zuzuordnende Funktion hat, nicht, das Gerät nicht mehr dem Grundbedarf des Strafgefangenen zuzuordnen und die Nutzung von der Bezahlung von Stromkosten abhängig zu machen. Alle weiteren Geräte dienen dagegen nicht dem Grundbedarf.

20

Ein Gerät zur Zubereitung von Heißgetränken gehört zu dem im Rahmen des effektiven Grundrechtsschutz zu gewährenden Grundbedarf des Gefangenen, denn die Zubereitung von heißem Wasser deckt bereits das Bedürfnis nach hinreichender und ausgewogener Ernährung des Strafgefangenen, wobei die Wahl, welches Gerät der Gefangene nutzen möchte, diesem obliegt. Der Grundbedarf wird jedoch durch ein Gerät gedeckt, weil hierdurch die Zubereitung von heißem Wasser in ausreichendem Maße sichergestellt wird und der kostenlos zu deckende Grundbedarf des Gefangenen nur unbedingt notwendige Mittel umfasst.

21

Auch die Nutzung von Radio und Fernsehgerät sind der Deckung des Existenzminimums und damit dem Grundbedarf des Gefangenen zuzurechnen. Inzwischen ist Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung zentraler Teil der Freizeitgestaltung geworden. Dabei dient es neben der Unterhaltung auch der Bildung und Information. Gerade im Hinblick auf die Informationsfunktion unterfällt es dem Schutzbereich des Art 5 Abs. 1 GG und sichert so die Teilhabe des Strafgefangenen am politischen und kulturellem Leben. Dem hat der Gesetzgeber auch Rechnung getragen, indem er in § 69 Abs. 2 StVollzG bestimmt hat, dass ein eigenes Fernsehgerät unter den Voraussetzungen des § 70 StVollzG zugelassen werden muss. Gleiches gilt für die Nutzung eines Radios. Soweit sich Fernsehen und Hörfunk hinsichtlich der Informationswiedergabe und –aufnahme völlig unterscheiden, kann nur die Nutzung von Fernsehgerät und Radio eine hinreichende Teilhabe sicherstellen. So ist bereits die Programmgestaltung völlig unterschiedlich und darüber hinaus bietet insbesondere der Hörfunk die Möglichkeit neben anderen Beschäftigungen Informationen aufzunehmen. Auch durch die Bereitstellung von Tageszeitungen durch die Antragsgegnerin kann eine ausreichende Befriedigung des Informationsbedürfnisses der Strafgefangenen nicht sichergestellt werden. Zum Einen haben diese Medien eine andere Art der Informationsvermittlung zum Gegenstand, zum Anderen ist zu berücksichtigen, dass Hörfunk und Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung inzwischen die Hauptquelle für Informationen geworden sind und gerade beim Fernsehen durch die audiovisuelle Darstellung eine andere Wissensvermittlung als beim Lesen von Zeitungen möglich ist.

bb)

22

Die Gewährung effektiven Grundrechtsschutzes gebietet jedoch nicht grundsätzlich die kostenlose Zurverfügungstellung von elektrischer Energie durch die Antragsgegnerin. Diese ist vielmehr berechtigt, sowohl das Bedürfnis nach heißem Wasser oder aber nach Information anderweitig zu befriedigen. Ausreichend ist dabei die Bereitstellung von Gemeinschaftsküchen, die über die Möglichkeit der Entnahme von ausreichend heißem Wasser oder aber Geräten zur Zubereitung von Heißgetränken verfügen, oder aber durch Radio- und Fernsehgeräte in Gemeinschaftsräumen (OLG Celle NStZ 2005, 288, OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; ZfStrVo 2006, 179). Auch die mit der Nutzung eines Gemeinschaftsfernsehgerätes verbundenen Einschränkungen, etwa die Notwendigkeit einer Abstimmung hinsichtlich der Programmwahl, sind dabei hinzunehmen, weil sie das Bildungs- und Informationsbedürfnis jedenfalls nicht so weit einschränken, dass ein effektiver Grundrechtsschutz nicht mehr gewährleistet wäre.

23

Eine solche effektive Gewährung des Grundbedarfs der Strafgefangenen ist dann nicht mehr gegeben, wenn anhand der konkreten Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung von Küchen und Fernsehgeräten durch die Antragsgegnerin festzustellen ist, dass den Gefangenen eine Nutzung nicht in zureichendem Maße möglich ist. Dies ist vorliegend der Fall.

24

Die durch das Landgericht festgestellten Nutzungsmöglichkeiten der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt ... decken den Grundbedarf der Gefangenen nicht, soweit eine Nutzung nur zu den Aufschlusszeiten möglich ist. Diese würden zwar nach Auffassung des Senats zwischen Montag und Freitag ausreichen, soweit eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens hier zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und darüber hinaus eine Küchenbenutzung bereits ab 6:00 Uhr möglich ist. Am Wochenende genügen die Möglichkeiten der Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen jedoch nicht mehr zur Deckung des Grundbedarfs. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist hier eine Küchennutzung nicht uneingeschränkt und nur bis 18:00 Uhr möglich. Auch die Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes ist nur zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Das Landgericht hat hier zu Recht festgestellt, dass diese Zeiträume nicht genügen, den Grundbedarf der Gefangenen effektiv zu decken. Tatsächlich wären die Strafgefangenen bei einer ausschließlichen Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes von wesentlichen Informationsquellen ausgeschlossen, soweit ihnen die Möglichkeit genommen ist, wesentliche Bestandteile des Fernsehprogramms, etwa die Hauptnachrichtensendungen, zu sehen.

25

Gleiches gilt für eine Küchennutzung nur zu den Aufschlusszeiten, soweit die Gefangenen nach den Feststellungen des Landgerichts Mahlzeiten für den jeweiligen Abend und den nachfolgenden Morgen zumindest am Wochenende bereits zum Mittag bekommen und diese dann in den durch die Antragsgegnerin im Haftraum zur Verfügung gestellten Kühlschrank aufbewahren. Eine Beschränkung der Möglichkeit heißes Wasser nach 18:00 Uhr und vor 9:00 Uhr zuzubereiten, schränkt die Gefangenen hier aber über Gebühr ein.

26

Soweit eine ausreichende Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Antragsgegnerin nicht gewährleistet ist, steht den Strafgefangenen jedoch ein Anspruch auf kostenlose Bereitstellung von elektrischer Energie zu, um einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Der Senat weicht hier auch nicht von der Rechtssprechung anderer Oberlandesgerichte ab, so dass es einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 2 GVG nicht bedurfte. In der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (1 Ws 69/04 (StrVollz), NStZ 2005, 288) wurde die Benutzung von Radio, soweit dieses nicht zu einer Stereoanlage gehört, Fernseher und Heißwassergerät bereits durch die Vollzugsanstalt kostenfrei gestattet. Auch die Oberlandesgerichte Jena (1 Ws 111/05, NStZ 2006, 697) und Koblenz (2 Ws 840/05, ZfStrVo 2006, 177; 2 Ws 794/05, ZfStrVo 2006, 179) stellen zwar grundsätzlich auf die mögliche gemeinschaftliche Nutzung von Fernseher oder Heißwassergerät ab, wobei auf eine ausreichende Nutzungsmöglichkeit von Gemeinschaftsgeräten abgestellt wurde, ohne dass Einzelheiten dem jeweiligen Beschluss zu entnehmen sind. Jedenfalls wird auch in den genannten Entscheidungen eine Einzelfallprüfung vorgenommen.

c)

27

Im Hinblick auf die Nutzung weiterer Geräte und die Möglichkeit einer Änderung der Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung durch die Antragsgegnerin weist der Senat bereits jetzt darauf hin, dass die Erhebung einer Stromkostenpauschale durch die Antragsgegnerin auf Grundlage eines mit dem Gefangenen geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages entsprechend der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2012 rechtswidrig ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist nur eine Kostenbeteiligung und nicht eine vollständige Kostenübernahme durch den Strafgefangenen zulässig (vgl. nur OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 – zitiert nach juris; 2. Senat des OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12). Soweit die Antragsgegnerin den durch den Antragsteller zu bezahlenden Strompreis berechnet, indem sie die konkrete Nennleistung des jeweiligen durch den Gefangenen genutzten Gerätes feststellt und hieraus unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätetyps die tatsächliche Energieaufnahme ermittelt, die sie dann mit dem von der Antragsgegnerin zu bezahlenden Nettopreis je Kilowattstunde multipliziert, beteiligt sie die Gefangenen nicht nur an den Stromkosten, sondern legt alle ihr entstehenden Kosten durch die Nutzung weiterer Geräte durch die Gefangenen auf diese um. Dass sie dabei auf den Nettopreis abstellt, ist unbeachtlich, weil alle Fixkosten auch ohne die Nutzung weiterer Geräte entstanden wären. Es ist auch unbeachtlich, ob der durchschnittliche Strompreis in der Gemeinde, in der sich die Justizvollzugsanstalt befindet, deutlich höher ist, weil allein eine Kostenbeteiligung der Gefangenen an den Stromkosten der Anstalt möglich und damit auch der von dieser zu zahlende Betrag zugrunde zu legen ist. Die Kostenbeteiligung der Gefangenen soll hier gerade nicht die Möglichkeit eröffnen, Gewinne zu erzielen.

28

Die Ausgestaltung der Kostenbeteiligung obliegt dabei zunächst der Antragsgegnerin, wobei sie grundsätzlich berechtigt ist, eine Pauschale für die über den Grundbedarf des Gefangenen hinausgehenden Geräte zu erheben, soweit diese gerade nicht kostendeckend ist. Zulässig ist - zur Vereinfachung der Abrechnung - auch eine Pauschale für die Nutzung mehrerer Geräte. Gegen die Grundsätze der Kostenbeteiligung verstößt etwa nicht eine Pauschale von 1,75 € im Monat bei der Benutzung von drei Geräten (OLG Celle NStZ 2005, 288) oder aber 2,00 € im Monat bei der Benutzung von drei Geräten (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177). Maßgeblich ist hier allein, dass die Pauschale nicht kostendeckend und darüber hinaus für den einzelnen Strafgefangenen nicht unangemessen ist. Auch den Gefangenen, die keiner Tätigkeit nachgehen, muss es möglich bleiben, weitere Geräte zu nutzen, die nicht ihren Grundbedarf decken. Die Grenze der Angemessenheit ist nach Auffassung des Senats jedenfalls erreicht, wenn die pauschale Stromkostenbeteiligung 20 Prozent der monatlichen Einkünfte des Strafgefangenen übersteigt.

29

Zur Erhebung einer Stromkostenpauschale durch die Antragsgegnerin bedarf es jedoch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Strafgefangenen. Diese Vereinbarung muss gemäß § 57 VwVfG LSA schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vertragsschluss durch schlüssiges Handeln kommt, anders als das Landgericht meint, nicht in Betracht. Grundsätzlich sind gesetzliche Formvorschriften aus Gründen der Rechtssicherheit geschaffen und dürfen nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen außer Betracht bleiben (vgl. nur Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 57 Rn 26). Ein entgegen der Formvorschrift abgeschlossener Vertrag ist nichtig (BVerwG, Urteil vom 24.08.1994, 11 C 14/93, BVerwGE 96, 326 – zitiert nach juris) und soweit eine Leistung hierauf erfolgt ist, besteht ein öffentlich-rechtlicher Rückgewähr- und Erstattungsanspruch (vgl. 2. Senat des OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12; Bonk/Neumann, a. a. O., § 57 Rn 25, 29, § 59 Rn 9ff). Von diesen Grundsätzen kann nur in engen Ausnahmen abgewichen werden, etwa bei einseitigen Verpflichtungen des Bürgers gegenüber der Verwaltung im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge (vgl. BVerwG, a. a. O.), die hier offensichtlich nicht vorliegen.

30

Weigert sich der Strafgefangene eine ordnungsgemäße Pauschale für die Stromkostenbeteiligung nicht zum Grundbedarf gehörender Geräte zu bezahlen oder aber eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, kann die Justizvollzugsanstalt die gemäß § 19 Abs. 1 StVollzG erteilte Erlaubnis zum Besitz der jeweiligen Geräte entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG widerrufen. Danach kommt ein Widerruf der Erlaubnis in Betracht, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich ist. Die Ordnung der Anstalt erfasst hier die Gesamtheit der strukturellen und interaktiven Bindungen und Voraussetzungen des Lebens in der Anstalt. Ausreichend sind nicht Handlungen, die für den Anstaltsablauf nur lästig sind (Callies/Müller-Dietz, a. a. O., § 4 Rn 19). Würde dem Strafgefangenen, der sich weigert eine entsprechende Vereinbarung für Geräte, die nicht zum Grundbedarf gehören, die Nutzungsmöglichkeit bleiben, könnte er den Strom kostenlos beziehen. Dies käme aber einer Aufforderung an alle Gefangenen gleich, sich ebenso zu verhalten, womit die Pflicht zur Entrichtung der Stromkostenpauschale ignoriert und ohne nachteilige Auswirkungen unterlaufen werden könnte. Der Ordnung in der Anstalt scheint dies nicht dienlich, soweit neuen Gefangenen bei einer Weigerung schon keine Erlaubnis zur Einbringung der Geräte erteilt werden würde, während die Gruppe der „Altfälle“ ihre Geräte weiterhin nutzen könnte (vgl. nur OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 179).

31

Mildere Mittel als der Entzug der Geräte stünden in einem solchen Fall auch nicht zur Verfügung, weil im Hinblick auf den im Haftraum befindlichen Kühlschrank ein vollständiges Abschalten der Stromzufuhr nicht möglich ist. Im Übrigen bestünde auch die Möglichkeit, dass der Gefangene Geräte des Grundbedarfs vom Netz trennt und weitere Geräte anschließt oder aber sogar versucht, mit provisorischen Mitteln mehrere Geräte an eine Steckdose anzuschließen, was sowohl eine Brandgefahr als auch eine Gefahr eines Stromschlages für den einzelnen Gefangenen mit sich bringt.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 2 StPO.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 14. März 2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Landeskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen des Antragstellers.

3. Der Gegenstandswert wird auf 300,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt ... und nutzt dort mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher.

2

Gemäß der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 – (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme.

3

Nachdem das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) die bisherige Vereinbarung aufgrund der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 – (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) in einem Fall für nichtig erklärt hatte, erließ das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt am 16. Juli 2012 eine Allgemeinverfügung (AZ.: 4544-304.1), nach der mit den Gefangenen erneut öffentlich-rechtliche Individualvereinbarungen nach einem vorbereiteten Muster abzuschließen seien. Für die Berechnung ist der Bruttobezugspreis, inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer, der Anstalt für Strom je Kilowattstunde und die Nennleistung des jeweiligen Gerätes zugrunde zu legen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätes orientiert sich dabei an den Gegebenheiten außerhalb des Strafvollzugs unter Zugrundelegung der Nutzungszeitentabellen der Stromversorger, wobei jedoch die Besonderheiten und Einschränkungen des Freiheitsentzuges, etwa die vermehrte Nutzung von Unterhaltungselektronik im Freiheitsentzug infolge der dort erheblich eingeschränkten Möglichkeiten seine Freizeit eigenständig anders zu gestalten, zu berücksichtigen sind. In der Anlage zur Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 werden 18 unterschiedliche Gerätetypen, von der Nachttischlampe über Wasserkocher und Kaffeemaschine bis zum Plasma-TV-Gerät, mit jeweils unterschiedlicher Nutzungsdauer aufgeführt, die bei der Berechnung des vom Gefangenen zu zahlenden Beitrages mit der ermittelten Nennleistung und dem von der Anstalt zu zahlenden Bruttobezugspreis je Kilowattstunde zugrunde zu legen ist. Hierüber unterrichtete die Justizvollzugsanstalt die Gefangenen am 17. Juli 2012.

4

Am 13. September 2012 änderte das Ministerium für Justiz und Gleichstellung die Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 dahingehend ab, dass bei der Berechnung der Kostenbeteiligung der Gefangenen nur noch ein Bruttobezugspreis von 0,1196 Euro/Kilowattstunde anzusetzen sei. Zur Begründung führte das Ministerium an, dass nur noch verbrauchsabhängige Kostenbestandteile in die Berechnung einflössen und die verbrauchsunabhängigen Kosten der Vollzugsanstalt nicht berücksichtigt würden, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich nur um eine Kostenbeteiligung handele. Des Weiteren wies das Ministerium darauf hin, dass bei der Erarbeitung der Nutzungstabelle bewusst von einer Unterscheidung zwischen Arbeitern und Nichtarbeitern Abstand genommen worden sei, weil Nichtarbeiter wesentlich häufiger elektrische Zusatzgeräte (wie z.B. Fernseher, DVD-Player, etc.) in ihren Hafträumen nutzen würden als Arbeiter, andererseits würden sie nur über ein geringeres monatliches Budget an finanziellen Möglichkeiten (Taschengeld) verfügen.

5

Auf der Grundlage der genannten Allgemeinverfügungen legte die Justizvollzugsanstalt dem Antragsteller eine Vereinbarung über die Entrichtung einer Stromkostenpauschale für die Benutzung von elektrischen Geräten vor, die der Antragsteller am 30. Juli 2012 unter Vorbehalt unterzeichnete. Hiernach sollte er für die Nutzung einer Tischlampe 0,02 €, für LCD/LED-Fernseher 1,50 € und für den Wasserkocher 0,68 € monatlich bezahlen. Darüber erklärte sich der Antragsteller mit der monatlich im Voraus zu erfolgenden Einziehung des Gesamtbetrages von seinem Hausgeld-/Eigengeldkonto einverstanden. Soweit die Entrichtung des monatlichen Kostenbeitrages nicht erfolgt, sollte die Berechtigung zur Benutzung der Geräte entfallen.

6

Mit dem am 20. Februar 2013 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 19. Februar 2013 beantragte der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung, mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die gezahlten Stromkosten zurückzubuchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage.

7

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung lediglich auf die ordnungsgemäße Berechnung der Stromkostenpauschale entsprechend der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung vom 16. Juli 2012 hingewiesen.

8

Die Strafvollstreckungskammer hat dem Antrag am 19. Februar 2014 teilweise stattgegeben und die Erhebung des Stromkostenbeitrages ab 01. Juli 2012 gemäß der Verfügung der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2012 aufgehoben, soweit sie eine Kostenerhebung für die Nutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers umfasst und die Antragsgegnerin verpflichtet, den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 30,80 € zurück zu erstatten. Zur Begründung führte die Kammer aus, der Antragsteller habe grundsätzlich keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Jedoch decke die Nutzung des Fernsehers im Haftraum den Grundbedarf des Antragstellers, den die Antragsgegnerin kostenfrei zu stellen habe. Diesen könne die Antragsgegnerin zwar auch durch ein gemeinschaftlich genutztes Fernsehgerät befriedigen. Die Ausgestaltung der Nutzbarkeit des Gemeinschaftsfernsehens durch die Antragsgegnerin decke den Grundbedarf jedoch nicht, soweit diese nur zu den Aufschlusszeiten zugänglich seien. Anhand der von der Antragsgegnerin übermittelten Tagesablaufpläne sei eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens zusammen mit den 45 Mitgefangenen wochentags zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und am Wochenende zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Soweit den Gefangenen so wesentliche TV-Programme vorenthalten würden, werde dies nicht durch das Vorhalten verschiedener Tageszeitungen ausgeglichen. Gleiches gelte für den durch den Antragsteller genutzten Wasserkocher, der auch dem kostenfreien Grundbedarf zuzurechnen sei.

9

Gegen die der Antragsgegnerin am 21. März 2014 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich diese mit ihrer am 03. April 2014 beim Landgericht Stendal eingegangenen Rechtsbeschwerde vom 25. März 2014, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Zur Begründung führt sie aus, in der Justizvollzugsanstalt ... werde der Grundbedarf der Gefangenen an Unterhaltung, Bildung und Information bereits durch die Nutzung der in den jeweiligen Vollzugsabteilungen vorhandenen Fernsehgeräte und die von der Antragsgegnerin vorgehaltenen Tageszeitungen befriedigt. Auch die Nutzung eines Wasserkochers gehöre nicht zum Grundbedarf.

10

Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt ist der Rechtsbeschwerde beigetreten und hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt.

II.

1.

11

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Voraussetzungen einer Kostenbeteiligung des Gefangenen bei der Nutzung von Elektrogeräten im Haftraum sowie zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

12

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Kostenerhebung durch die Antragsgegnerin für die Nutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers aufgehoben. Eine Berechtigung der Antragsgegnerin für die Erhebung einer Kostenbeteiligung des Antragstellers besteht vorliegend nicht.

a)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (Art. 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Danach können neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; ZfStrVo 2006, 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 – zitiert nach juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 05.12.2011, 2 Ws 143/11; Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 11. Aufl., § 19 Rn. 7; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eineBeteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt angesichts des bislang fehlenden Strafvollzugsgesetzes als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der nach der Entscheidung des 2. Senats vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) neu geschaffenen Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2012 in Betracht kommt.

b)

17

Die Erhebung einer Kostenpauschale für die Benutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers kommt in der Justizvollzugsanstalt ... nicht in Betracht. Die Geräte sind dem Grundbedarf des Antragstellers zuzurechnen und die hierfür erforderliche elektrische Energie kostenlos zur Verfügung zu stellen.

aa)

18

Zwar regelt das Strafvollzugsgesetz nicht, welche Gegenstände dem Grundbedarf zuzuordnen sind. Aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergibt sich jedoch ein Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das dem Einzelnen nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe sondern darüber hinaus auch einen verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zugesteht. Dieser erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – zitiert nach juris).

19

Ob eine Leistung an den Gefangenen nach diesen Grundsätzen an den Abschluss eines die Entgeltlichkeit der Leistung begründenden Vertrages geknüpft werden kann oder aber kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss, hängt von dem Charakter der Leistung ab. Eine unentgeltliche Zurverfügungstellung kann nur verlangt werden, wenn die Leistung der effektiven Gewährung des Grundrechtsschutzes entspricht (vgl. OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der allgemeinen Bedürfnisse eines Strafgefangenen deckt die Benutzung eines Gerätes zur Zubereitung von heißem Wasser, etwa Wasserkocher oder Kaffeemaschine, sowie eines Radios und eines Fernsehgerätes über die bereits von der Justizvollzugsanstalt kostenlos zur Verfügung gestellte Nutzung eines Elektrorasierers und einer elektrischen Zahnbürste hinaus den durch das Existenzminimum gesicherten Grundbedarf des Gefangenen. Dem Grundbedarf dienen auch Geräte, bei denen eine dem Grundbedarf zuzurechnende Funktion in ein Multifunktionsgerät integriert ist, etwa bei einer Kompakt- oder Stereoanlage oder den in der Begründung zu § 59 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfes eines Justizvollzugsgesetzbuches Sachsen-Anhalt vorgesehenen Mediensystemen. Hier gebietet es der nur geringfügig höhere Komfort des Multifunktionsgerätes im Vergleich zu einem Gerät, das ausschließlich eine dem Grundbedarf zuzuordnende Funktion hat, nicht, das Gerät nicht mehr dem Grundbedarf des Strafgefangenen zuzuordnen und die Nutzung von der Bezahlung von Stromkosten abhängig zu machen. Alle weiteren Geräte dienen dagegen nicht dem Grundbedarf.

20

Ein Gerät zur Zubereitung von Heißgetränken gehört zu dem im Rahmen des effektiven Grundrechtsschutz zu gewährenden Grundbedarf des Gefangenen, denn die Zubereitung von heißem Wasser deckt bereits das Bedürfnis nach hinreichender und ausgewogener Ernährung des Strafgefangenen, wobei die Wahl, welches Gerät der Gefangene nutzen möchte, diesem obliegt. Der Grundbedarf wird jedoch durch ein Gerät gedeckt, weil hierdurch die Zubereitung von heißem Wasser in ausreichendem Maße sichergestellt wird und der kostenlos zu deckende Grundbedarf des Gefangenen nur unbedingt notwendige Mittel umfasst.

21

Auch die Nutzung von Radio und Fernsehgerät sind der Deckung des Existenzminimums und damit dem Grundbedarf des Gefangenen zuzurechnen. Inzwischen ist Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung zentraler Teil der Freizeitgestaltung geworden. Dabei dient es neben der Unterhaltung auch der Bildung und Information. Gerade im Hinblick auf die Informationsfunktion unterfällt es dem Schutzbereich des Art 5 Abs. 1 GG und sichert so die Teilhabe des Strafgefangenen am politischen und kulturellem Leben. Dem hat der Gesetzgeber auch Rechnung getragen, indem er in § 69 Abs. 2 StVollzG bestimmt hat, dass ein eigenes Fernsehgerät unter den Voraussetzungen des § 70 StVollzG zugelassen werden muss. Gleiches gilt für die Nutzung eines Radios. Soweit sich Fernsehen und Hörfunk hinsichtlich der Informationswiedergabe und –aufnahme völlig unterscheiden, kann nur die Nutzung von Fernsehgerät und Radio eine hinreichende Teilhabe sicherstellen. So ist bereits die Programmgestaltung völlig unterschiedlich und darüber hinaus bietet insbesondere der Hörfunk die Möglichkeit neben anderen Beschäftigungen Informationen aufzunehmen. Auch durch die Bereitstellung von Tageszeitungen durch die Antragsgegnerin kann eine ausreichende Befriedigung des Informationsbedürfnisses der Strafgefangenen nicht sichergestellt werden. Zum Einen haben diese Medien eine andere Art der Informationsvermittlung zum Gegenstand, zum Anderen ist zu berücksichtigen, dass Hörfunk und Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung inzwischen die Hauptquelle für Informationen geworden sind und gerade beim Fernsehen durch die audiovisuelle Darstellung eine andere Wissensvermittlung als beim Lesen von Zeitungen möglich ist.

bb)

22

Die Gewährung effektiven Grundrechtsschutzes gebietet jedoch nicht grundsätzlich die kostenlose Zurverfügungstellung von elektrischer Energie durch die Antragsgegnerin. Diese ist vielmehr berechtigt, sowohl das Bedürfnis nach heißem Wasser oder aber nach Information anderweitig zu befriedigen. Ausreichend ist dabei die Bereitstellung von Gemeinschaftsküchen, die über die Möglichkeit der Entnahme von ausreichend heißem Wasser oder aber Geräten zur Zubereitung von Heißgetränken verfügen, oder aber durch Radio- und Fernsehgeräte in Gemeinschaftsräumen (OLG Celle NStZ 2005, 288, OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; ZfStrVo 2006, 179). Auch die mit der Nutzung eines Gemeinschaftsfernsehgerätes verbundenen Einschränkungen, etwa die Notwendigkeit einer Abstimmung hinsichtlich der Programmwahl, sind dabei hinzunehmen, weil sie das Bildungs- und Informationsbedürfnis jedenfalls nicht so weit einschränken, dass ein effektiver Grundrechtsschutz nicht mehr gewährleistet wäre.

23

Eine solche effektive Gewährung des Grundbedarfs der Strafgefangenen ist dann nicht mehr gegeben, wenn anhand der konkreten Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung von Küchen und Fernsehgeräten durch die Antragsgegnerin festzustellen ist, dass den Gefangenen eine Nutzung nicht in zureichendem Maße möglich ist. Dies ist vorliegend der Fall.

24

Die durch das Landgericht festgestellten Nutzungsmöglichkeiten der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt ... decken den Grundbedarf der Gefangenen nicht, soweit eine Nutzung nur zu den Aufschlusszeiten möglich ist. Diese würden zwar nach Auffassung des Senats zwischen Montag und Freitag ausreichen, soweit eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens hier zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und darüber hinaus eine Küchenbenutzung bereits ab 6:00 Uhr möglich ist. Am Wochenende genügen die Möglichkeiten der Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen jedoch nicht mehr zur Deckung des Grundbedarfs. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist hier eine Küchennutzung nicht uneingeschränkt und nur bis 18:00 Uhr möglich. Auch die Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes ist nur zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Das Landgericht hat hier zu Recht festgestellt, dass diese Zeiträume nicht genügen, den Grundbedarf der Gefangenen effektiv zu decken. Tatsächlich wären die Strafgefangenen bei einer ausschließlichen Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes von wesentlichen Informationsquellen ausgeschlossen, soweit ihnen die Möglichkeit genommen ist, wesentliche Bestandteile des Fernsehprogramms, etwa die Hauptnachrichtensendungen, zu sehen.

25

Gleiches gilt für eine Küchennutzung nur zu den Aufschlusszeiten, soweit die Gefangenen nach den Feststellungen des Landgerichts Mahlzeiten für den jeweiligen Abend und den nachfolgenden Morgen zumindest am Wochenende bereits zum Mittag bekommen und diese dann in den durch die Antragsgegnerin im Haftraum zur Verfügung gestellten Kühlschrank aufbewahren. Eine Beschränkung der Möglichkeit heißes Wasser nach 18:00 Uhr und vor 9:00 Uhr zuzubereiten, schränkt die Gefangenen hier aber über Gebühr ein.

26

Soweit eine ausreichende Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Antragsgegnerin nicht gewährleistet ist, steht den Strafgefangenen jedoch ein Anspruch auf kostenlose Bereitstellung von elektrischer Energie zu, um einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Der Senat weicht hier auch nicht von der Rechtssprechung anderer Oberlandesgerichte ab, so dass es einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 2 GVG nicht bedurfte. In der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (1 Ws 69/04 (StrVollz), NStZ 2005, 288) wurde die Benutzung von Radio, soweit dieses nicht zu einer Stereoanlage gehört, Fernseher und Heißwassergerät bereits durch die Vollzugsanstalt kostenfrei gestattet. Auch die Oberlandesgerichte Jena (1 Ws 111/05, NStZ 2006, 697) und Koblenz (2 Ws 840/05, ZfStrVo 2006, 177; 2 Ws 794/05, ZfStrVo 2006, 179) stellen zwar grundsätzlich auf die mögliche gemeinschaftliche Nutzung von Fernseher oder Heißwassergerät ab, wobei auf eine ausreichende Nutzungsmöglichkeit von Gemeinschaftsgeräten abgestellt wurde, ohne dass Einzelheiten dem jeweiligen Beschluss zu entnehmen sind. Jedenfalls wird auch in den genannten Entscheidungen eine Einzelfallprüfung vorgenommen.

c)

27

Im Hinblick auf die Nutzung weiterer Geräte und die Möglichkeit einer Änderung der Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung durch die Antragsgegnerin weist der Senat bereits jetzt darauf hin, dass die Erhebung einer Stromkostenpauschale durch die Antragsgegnerin auf Grundlage eines mit dem Gefangenen geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages entsprechend der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2012 rechtswidrig ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist nur eine Kostenbeteiligung und nicht eine vollständige Kostenübernahme durch den Strafgefangenen zulässig (vgl. nur OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 – zitiert nach juris; 2. Senat des OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12). Soweit die Antragsgegnerin den durch den Antragsteller zu bezahlenden Strompreis berechnet, indem sie die konkrete Nennleistung des jeweiligen durch den Gefangenen genutzten Gerätes feststellt und hieraus unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätetyps die tatsächliche Energieaufnahme ermittelt, die sie dann mit dem von der Antragsgegnerin zu bezahlenden Nettopreis je Kilowattstunde multipliziert, beteiligt sie die Gefangenen nicht nur an den Stromkosten, sondern legt alle ihr entstehenden Kosten durch die Nutzung weiterer Geräte durch die Gefangenen auf diese um. Dass sie dabei auf den Nettopreis abstellt, ist unbeachtlich, weil alle Fixkosten auch ohne die Nutzung weiterer Geräte entstanden wären. Es ist auch unbeachtlich, ob der durchschnittliche Strompreis in der Gemeinde, in der sich die Justizvollzugsanstalt befindet, deutlich höher ist, weil allein eine Kostenbeteiligung der Gefangenen an den Stromkosten der Anstalt möglich und damit auch der von dieser zu zahlende Betrag zugrunde zu legen ist. Die Kostenbeteiligung der Gefangenen soll hier gerade nicht die Möglichkeit eröffnen, Gewinne zu erzielen.

28

Die Ausgestaltung der Kostenbeteiligung obliegt dabei zunächst der Antragsgegnerin, wobei sie grundsätzlich berechtigt ist, eine Pauschale für die über den Grundbedarf des Gefangenen hinausgehenden Geräte zu erheben, soweit diese gerade nicht kostendeckend ist. Zulässig ist - zur Vereinfachung der Abrechnung - auch eine Pauschale für die Nutzung mehrerer Geräte. Gegen die Grundsätze der Kostenbeteiligung verstößt etwa nicht eine Pauschale von 1,75 € im Monat bei der Benutzung von drei Geräten (OLG Celle NStZ 2005, 288) oder aber 2,00 € im Monat bei der Benutzung von drei Geräten (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177). Maßgeblich ist hier allein, dass die Pauschale nicht kostendeckend und darüber hinaus für den einzelnen Strafgefangenen nicht unangemessen ist. Auch den Gefangenen, die keiner Tätigkeit nachgehen, muss es möglich bleiben, weitere Geräte zu nutzen, die nicht ihren Grundbedarf decken. Die Grenze der Angemessenheit ist nach Auffassung des Senats jedenfalls erreicht, wenn die pauschale Stromkostenbeteiligung 20 Prozent der monatlichen Einkünfte des Strafgefangenen übersteigt.

29

Zur Erhebung einer Stromkostenpauschale durch die Antragsgegnerin bedarf es jedoch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Strafgefangenen. Diese Vereinbarung muss gemäß § 57 VwVfG LSA schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vertragsschluss durch schlüssiges Handeln kommt, anders als das Landgericht meint, nicht in Betracht. Grundsätzlich sind gesetzliche Formvorschriften aus Gründen der Rechtssicherheit geschaffen und dürfen nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen außer Betracht bleiben (vgl. nur Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 57 Rn 26). Ein entgegen der Formvorschrift abgeschlossener Vertrag ist nichtig (BVerwG, Urteil vom 24.08.1994, 11 C 14/93, BVerwGE 96, 326 – zitiert nach juris) und soweit eine Leistung hierauf erfolgt ist, besteht ein öffentlich-rechtlicher Rückgewähr- und Erstattungsanspruch (vgl. 2. Senat des OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12; Bonk/Neumann, a. a. O., § 57 Rn 25, 29, § 59 Rn 9ff). Von diesen Grundsätzen kann nur in engen Ausnahmen abgewichen werden, etwa bei einseitigen Verpflichtungen des Bürgers gegenüber der Verwaltung im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge (vgl. BVerwG, a. a. O.), die hier offensichtlich nicht vorliegen.

30

Weigert sich der Strafgefangene eine ordnungsgemäße Pauschale für die Stromkostenbeteiligung nicht zum Grundbedarf gehörender Geräte zu bezahlen oder aber eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, kann die Justizvollzugsanstalt die gemäß § 19 Abs. 1 StVollzG erteilte Erlaubnis zum Besitz der jeweiligen Geräte entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG widerrufen. Danach kommt ein Widerruf der Erlaubnis in Betracht, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich ist. Die Ordnung der Anstalt erfasst hier die Gesamtheit der strukturellen und interaktiven Bindungen und Voraussetzungen des Lebens in der Anstalt. Ausreichend sind nicht Handlungen, die für den Anstaltsablauf nur lästig sind (Callies/Müller-Dietz, a. a. O., § 4 Rn 19). Würde dem Strafgefangenen, der sich weigert eine entsprechende Vereinbarung für Geräte, die nicht zum Grundbedarf gehören, die Nutzungsmöglichkeit bleiben, könnte er den Strom kostenlos beziehen. Dies käme aber einer Aufforderung an alle Gefangenen gleich, sich ebenso zu verhalten, womit die Pflicht zur Entrichtung der Stromkostenpauschale ignoriert und ohne nachteilige Auswirkungen unterlaufen werden könnte. Der Ordnung in der Anstalt scheint dies nicht dienlich, soweit neuen Gefangenen bei einer Weigerung schon keine Erlaubnis zur Einbringung der Geräte erteilt werden würde, während die Gruppe der „Altfälle“ ihre Geräte weiterhin nutzen könnte (vgl. nur OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 179).

31

Mildere Mittel als der Entzug der Geräte stünden in einem solchen Fall auch nicht zur Verfügung, weil im Hinblick auf den im Haftraum befindlichen Kühlschrank ein vollständiges Abschalten der Stromzufuhr nicht möglich ist. Im Übrigen bestünde auch die Möglichkeit, dass der Gefangene Geräte des Grundbedarfs vom Netz trennt und weitere Geräte anschließt oder aber sogar versucht, mit provisorischen Mitteln mehrere Geräte an eine Steckdose anzuschließen, was sowohl eine Brandgefahr als auch eine Gefahr eines Stromschlages für den einzelnen Gefangenen mit sich bringt.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 2 StPO.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.