Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 30. Jan. 2015 - 1 Ws (RB) 36/14

bei uns veröffentlicht am30.01.2015

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 14. März 2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Landeskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen des Antragstellers.

3. Der Gegenstandswert wird auf 300,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt ... und nutzt dort mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher.

2

Gemäß der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 – (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme.

3

Nachdem das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) die bisherige Vereinbarung aufgrund der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 – (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) in einem Fall für nichtig erklärt hatte, erließ das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt am 16. Juli 2012 eine Allgemeinverfügung (AZ.: 4544-304.1), nach der mit den Gefangenen erneut öffentlich-rechtliche Individualvereinbarungen nach einem vorbereiteten Muster abzuschließen seien. Für die Berechnung ist der Bruttobezugspreis, inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer, der Anstalt für Strom je Kilowattstunde und die Nennleistung des jeweiligen Gerätes zugrunde zu legen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätes orientiert sich dabei an den Gegebenheiten außerhalb des Strafvollzugs unter Zugrundelegung der Nutzungszeitentabellen der Stromversorger, wobei jedoch die Besonderheiten und Einschränkungen des Freiheitsentzuges, etwa die vermehrte Nutzung von Unterhaltungselektronik im Freiheitsentzug infolge der dort erheblich eingeschränkten Möglichkeiten seine Freizeit eigenständig anders zu gestalten, zu berücksichtigen sind. In der Anlage zur Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 werden 18 unterschiedliche Gerätetypen, von der Nachttischlampe über Wasserkocher und Kaffeemaschine bis zum Plasma-TV-Gerät, mit jeweils unterschiedlicher Nutzungsdauer aufgeführt, die bei der Berechnung des vom Gefangenen zu zahlenden Beitrages mit der ermittelten Nennleistung und dem von der Anstalt zu zahlenden Bruttobezugspreis je Kilowattstunde zugrunde zu legen ist. Hierüber unterrichtete die Justizvollzugsanstalt die Gefangenen am 17. Juli 2012.

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Am 13. September 2012 änderte das Ministerium für Justiz und Gleichstellung die Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 dahingehend ab, dass bei der Berechnung der Kostenbeteiligung der Gefangenen nur noch ein Bruttobezugspreis von 0,1196 Euro/Kilowattstunde anzusetzen sei. Zur Begründung führte das Ministerium an, dass nur noch verbrauchsabhängige Kostenbestandteile in die Berechnung einflössen und die verbrauchsunabhängigen Kosten der Vollzugsanstalt nicht berücksichtigt würden, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich nur um eine Kostenbeteiligung handele. Des Weiteren wies das Ministerium darauf hin, dass bei der Erarbeitung der Nutzungstabelle bewusst von einer Unterscheidung zwischen Arbeitern und Nichtarbeitern Abstand genommen worden sei, weil Nichtarbeiter wesentlich häufiger elektrische Zusatzgeräte (wie z.B. Fernseher, DVD-Player, etc.) in ihren Hafträumen nutzen würden als Arbeiter, andererseits würden sie nur über ein geringeres monatliches Budget an finanziellen Möglichkeiten (Taschengeld) verfügen.

5

Auf der Grundlage der genannten Allgemeinverfügungen legte die Justizvollzugsanstalt dem Antragsteller eine Vereinbarung über die Entrichtung einer Stromkostenpauschale für die Benutzung von elektrischen Geräten vor, die der Antragsteller am 30. Juli 2012 unter Vorbehalt unterzeichnete. Hiernach sollte er für die Nutzung einer Tischlampe 0,02 €, für LCD/LED-Fernseher 1,50 € und für den Wasserkocher 0,68 € monatlich bezahlen. Darüber erklärte sich der Antragsteller mit der monatlich im Voraus zu erfolgenden Einziehung des Gesamtbetrages von seinem Hausgeld-/Eigengeldkonto einverstanden. Soweit die Entrichtung des monatlichen Kostenbeitrages nicht erfolgt, sollte die Berechtigung zur Benutzung der Geräte entfallen.

6

Mit dem am 20. Februar 2013 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 19. Februar 2013 beantragte der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung, mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die gezahlten Stromkosten zurückzubuchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage.

7

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung lediglich auf die ordnungsgemäße Berechnung der Stromkostenpauschale entsprechend der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung vom 16. Juli 2012 hingewiesen.

8

Die Strafvollstreckungskammer hat dem Antrag am 19. Februar 2014 teilweise stattgegeben und die Erhebung des Stromkostenbeitrages ab 01. Juli 2012 gemäß der Verfügung der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2012 aufgehoben, soweit sie eine Kostenerhebung für die Nutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers umfasst und die Antragsgegnerin verpflichtet, den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 30,80 € zurück zu erstatten. Zur Begründung führte die Kammer aus, der Antragsteller habe grundsätzlich keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Jedoch decke die Nutzung des Fernsehers im Haftraum den Grundbedarf des Antragstellers, den die Antragsgegnerin kostenfrei zu stellen habe. Diesen könne die Antragsgegnerin zwar auch durch ein gemeinschaftlich genutztes Fernsehgerät befriedigen. Die Ausgestaltung der Nutzbarkeit des Gemeinschaftsfernsehens durch die Antragsgegnerin decke den Grundbedarf jedoch nicht, soweit diese nur zu den Aufschlusszeiten zugänglich seien. Anhand der von der Antragsgegnerin übermittelten Tagesablaufpläne sei eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens zusammen mit den 45 Mitgefangenen wochentags zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und am Wochenende zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Soweit den Gefangenen so wesentliche TV-Programme vorenthalten würden, werde dies nicht durch das Vorhalten verschiedener Tageszeitungen ausgeglichen. Gleiches gelte für den durch den Antragsteller genutzten Wasserkocher, der auch dem kostenfreien Grundbedarf zuzurechnen sei.

9

Gegen die der Antragsgegnerin am 21. März 2014 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich diese mit ihrer am 03. April 2014 beim Landgericht Stendal eingegangenen Rechtsbeschwerde vom 25. März 2014, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Zur Begründung führt sie aus, in der Justizvollzugsanstalt ... werde der Grundbedarf der Gefangenen an Unterhaltung, Bildung und Information bereits durch die Nutzung der in den jeweiligen Vollzugsabteilungen vorhandenen Fernsehgeräte und die von der Antragsgegnerin vorgehaltenen Tageszeitungen befriedigt. Auch die Nutzung eines Wasserkochers gehöre nicht zum Grundbedarf.

10

Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt ist der Rechtsbeschwerde beigetreten und hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt.

II.

1.

11

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Voraussetzungen einer Kostenbeteiligung des Gefangenen bei der Nutzung von Elektrogeräten im Haftraum sowie zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

12

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Kostenerhebung durch die Antragsgegnerin für die Nutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers aufgehoben. Eine Berechtigung der Antragsgegnerin für die Erhebung einer Kostenbeteiligung des Antragstellers besteht vorliegend nicht.

a)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (Art. 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Danach können neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; ZfStrVo 2006, 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 – zitiert nach juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 05.12.2011, 2 Ws 143/11; Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 11. Aufl., § 19 Rn. 7; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eineBeteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt angesichts des bislang fehlenden Strafvollzugsgesetzes als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der nach der Entscheidung des 2. Senats vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) neu geschaffenen Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2012 in Betracht kommt.

b)

17

Die Erhebung einer Kostenpauschale für die Benutzung eines Fernsehgerätes und eines Wasserkochers kommt in der Justizvollzugsanstalt ... nicht in Betracht. Die Geräte sind dem Grundbedarf des Antragstellers zuzurechnen und die hierfür erforderliche elektrische Energie kostenlos zur Verfügung zu stellen.

aa)

18

Zwar regelt das Strafvollzugsgesetz nicht, welche Gegenstände dem Grundbedarf zuzuordnen sind. Aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergibt sich jedoch ein Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das dem Einzelnen nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe sondern darüber hinaus auch einen verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zugesteht. Dieser erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – zitiert nach juris).

19

Ob eine Leistung an den Gefangenen nach diesen Grundsätzen an den Abschluss eines die Entgeltlichkeit der Leistung begründenden Vertrages geknüpft werden kann oder aber kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss, hängt von dem Charakter der Leistung ab. Eine unentgeltliche Zurverfügungstellung kann nur verlangt werden, wenn die Leistung der effektiven Gewährung des Grundrechtsschutzes entspricht (vgl. OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der allgemeinen Bedürfnisse eines Strafgefangenen deckt die Benutzung eines Gerätes zur Zubereitung von heißem Wasser, etwa Wasserkocher oder Kaffeemaschine, sowie eines Radios und eines Fernsehgerätes über die bereits von der Justizvollzugsanstalt kostenlos zur Verfügung gestellte Nutzung eines Elektrorasierers und einer elektrischen Zahnbürste hinaus den durch das Existenzminimum gesicherten Grundbedarf des Gefangenen. Dem Grundbedarf dienen auch Geräte, bei denen eine dem Grundbedarf zuzurechnende Funktion in ein Multifunktionsgerät integriert ist, etwa bei einer Kompakt- oder Stereoanlage oder den in der Begründung zu § 59 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfes eines Justizvollzugsgesetzbuches Sachsen-Anhalt vorgesehenen Mediensystemen. Hier gebietet es der nur geringfügig höhere Komfort des Multifunktionsgerätes im Vergleich zu einem Gerät, das ausschließlich eine dem Grundbedarf zuzuordnende Funktion hat, nicht, das Gerät nicht mehr dem Grundbedarf des Strafgefangenen zuzuordnen und die Nutzung von der Bezahlung von Stromkosten abhängig zu machen. Alle weiteren Geräte dienen dagegen nicht dem Grundbedarf.

20

Ein Gerät zur Zubereitung von Heißgetränken gehört zu dem im Rahmen des effektiven Grundrechtsschutz zu gewährenden Grundbedarf des Gefangenen, denn die Zubereitung von heißem Wasser deckt bereits das Bedürfnis nach hinreichender und ausgewogener Ernährung des Strafgefangenen, wobei die Wahl, welches Gerät der Gefangene nutzen möchte, diesem obliegt. Der Grundbedarf wird jedoch durch ein Gerät gedeckt, weil hierdurch die Zubereitung von heißem Wasser in ausreichendem Maße sichergestellt wird und der kostenlos zu deckende Grundbedarf des Gefangenen nur unbedingt notwendige Mittel umfasst.

21

Auch die Nutzung von Radio und Fernsehgerät sind der Deckung des Existenzminimums und damit dem Grundbedarf des Gefangenen zuzurechnen. Inzwischen ist Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung zentraler Teil der Freizeitgestaltung geworden. Dabei dient es neben der Unterhaltung auch der Bildung und Information. Gerade im Hinblick auf die Informationsfunktion unterfällt es dem Schutzbereich des Art 5 Abs. 1 GG und sichert so die Teilhabe des Strafgefangenen am politischen und kulturellem Leben. Dem hat der Gesetzgeber auch Rechnung getragen, indem er in § 69 Abs. 2 StVollzG bestimmt hat, dass ein eigenes Fernsehgerät unter den Voraussetzungen des § 70 StVollzG zugelassen werden muss. Gleiches gilt für die Nutzung eines Radios. Soweit sich Fernsehen und Hörfunk hinsichtlich der Informationswiedergabe und –aufnahme völlig unterscheiden, kann nur die Nutzung von Fernsehgerät und Radio eine hinreichende Teilhabe sicherstellen. So ist bereits die Programmgestaltung völlig unterschiedlich und darüber hinaus bietet insbesondere der Hörfunk die Möglichkeit neben anderen Beschäftigungen Informationen aufzunehmen. Auch durch die Bereitstellung von Tageszeitungen durch die Antragsgegnerin kann eine ausreichende Befriedigung des Informationsbedürfnisses der Strafgefangenen nicht sichergestellt werden. Zum Einen haben diese Medien eine andere Art der Informationsvermittlung zum Gegenstand, zum Anderen ist zu berücksichtigen, dass Hörfunk und Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung inzwischen die Hauptquelle für Informationen geworden sind und gerade beim Fernsehen durch die audiovisuelle Darstellung eine andere Wissensvermittlung als beim Lesen von Zeitungen möglich ist.

bb)

22

Die Gewährung effektiven Grundrechtsschutzes gebietet jedoch nicht grundsätzlich die kostenlose Zurverfügungstellung von elektrischer Energie durch die Antragsgegnerin. Diese ist vielmehr berechtigt, sowohl das Bedürfnis nach heißem Wasser oder aber nach Information anderweitig zu befriedigen. Ausreichend ist dabei die Bereitstellung von Gemeinschaftsküchen, die über die Möglichkeit der Entnahme von ausreichend heißem Wasser oder aber Geräten zur Zubereitung von Heißgetränken verfügen, oder aber durch Radio- und Fernsehgeräte in Gemeinschaftsräumen (OLG Celle NStZ 2005, 288, OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; ZfStrVo 2006, 179). Auch die mit der Nutzung eines Gemeinschaftsfernsehgerätes verbundenen Einschränkungen, etwa die Notwendigkeit einer Abstimmung hinsichtlich der Programmwahl, sind dabei hinzunehmen, weil sie das Bildungs- und Informationsbedürfnis jedenfalls nicht so weit einschränken, dass ein effektiver Grundrechtsschutz nicht mehr gewährleistet wäre.

23

Eine solche effektive Gewährung des Grundbedarfs der Strafgefangenen ist dann nicht mehr gegeben, wenn anhand der konkreten Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung von Küchen und Fernsehgeräten durch die Antragsgegnerin festzustellen ist, dass den Gefangenen eine Nutzung nicht in zureichendem Maße möglich ist. Dies ist vorliegend der Fall.

24

Die durch das Landgericht festgestellten Nutzungsmöglichkeiten der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt ... decken den Grundbedarf der Gefangenen nicht, soweit eine Nutzung nur zu den Aufschlusszeiten möglich ist. Diese würden zwar nach Auffassung des Senats zwischen Montag und Freitag ausreichen, soweit eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens hier zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und darüber hinaus eine Küchenbenutzung bereits ab 6:00 Uhr möglich ist. Am Wochenende genügen die Möglichkeiten der Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen jedoch nicht mehr zur Deckung des Grundbedarfs. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist hier eine Küchennutzung nicht uneingeschränkt und nur bis 18:00 Uhr möglich. Auch die Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes ist nur zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Das Landgericht hat hier zu Recht festgestellt, dass diese Zeiträume nicht genügen, den Grundbedarf der Gefangenen effektiv zu decken. Tatsächlich wären die Strafgefangenen bei einer ausschließlichen Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes von wesentlichen Informationsquellen ausgeschlossen, soweit ihnen die Möglichkeit genommen ist, wesentliche Bestandteile des Fernsehprogramms, etwa die Hauptnachrichtensendungen, zu sehen.

25

Gleiches gilt für eine Küchennutzung nur zu den Aufschlusszeiten, soweit die Gefangenen nach den Feststellungen des Landgerichts Mahlzeiten für den jeweiligen Abend und den nachfolgenden Morgen zumindest am Wochenende bereits zum Mittag bekommen und diese dann in den durch die Antragsgegnerin im Haftraum zur Verfügung gestellten Kühlschrank aufbewahren. Eine Beschränkung der Möglichkeit heißes Wasser nach 18:00 Uhr und vor 9:00 Uhr zuzubereiten, schränkt die Gefangenen hier aber über Gebühr ein.

26

Soweit eine ausreichende Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Antragsgegnerin nicht gewährleistet ist, steht den Strafgefangenen jedoch ein Anspruch auf kostenlose Bereitstellung von elektrischer Energie zu, um einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Der Senat weicht hier auch nicht von der Rechtssprechung anderer Oberlandesgerichte ab, so dass es einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 2 GVG nicht bedurfte. In der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (1 Ws 69/04 (StrVollz), NStZ 2005, 288) wurde die Benutzung von Radio, soweit dieses nicht zu einer Stereoanlage gehört, Fernseher und Heißwassergerät bereits durch die Vollzugsanstalt kostenfrei gestattet. Auch die Oberlandesgerichte Jena (1 Ws 111/05, NStZ 2006, 697) und Koblenz (2 Ws 840/05, ZfStrVo 2006, 177; 2 Ws 794/05, ZfStrVo 2006, 179) stellen zwar grundsätzlich auf die mögliche gemeinschaftliche Nutzung von Fernseher oder Heißwassergerät ab, wobei auf eine ausreichende Nutzungsmöglichkeit von Gemeinschaftsgeräten abgestellt wurde, ohne dass Einzelheiten dem jeweiligen Beschluss zu entnehmen sind. Jedenfalls wird auch in den genannten Entscheidungen eine Einzelfallprüfung vorgenommen.

c)

27

Im Hinblick auf die Nutzung weiterer Geräte und die Möglichkeit einer Änderung der Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung durch die Antragsgegnerin weist der Senat bereits jetzt darauf hin, dass die Erhebung einer Stromkostenpauschale durch die Antragsgegnerin auf Grundlage eines mit dem Gefangenen geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages entsprechend der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 2012 rechtswidrig ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist nur eine Kostenbeteiligung und nicht eine vollständige Kostenübernahme durch den Strafgefangenen zulässig (vgl. nur OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 – zitiert nach juris; 2. Senat des OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12). Soweit die Antragsgegnerin den durch den Antragsteller zu bezahlenden Strompreis berechnet, indem sie die konkrete Nennleistung des jeweiligen durch den Gefangenen genutzten Gerätes feststellt und hieraus unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätetyps die tatsächliche Energieaufnahme ermittelt, die sie dann mit dem von der Antragsgegnerin zu bezahlenden Nettopreis je Kilowattstunde multipliziert, beteiligt sie die Gefangenen nicht nur an den Stromkosten, sondern legt alle ihr entstehenden Kosten durch die Nutzung weiterer Geräte durch die Gefangenen auf diese um. Dass sie dabei auf den Nettopreis abstellt, ist unbeachtlich, weil alle Fixkosten auch ohne die Nutzung weiterer Geräte entstanden wären. Es ist auch unbeachtlich, ob der durchschnittliche Strompreis in der Gemeinde, in der sich die Justizvollzugsanstalt befindet, deutlich höher ist, weil allein eine Kostenbeteiligung der Gefangenen an den Stromkosten der Anstalt möglich und damit auch der von dieser zu zahlende Betrag zugrunde zu legen ist. Die Kostenbeteiligung der Gefangenen soll hier gerade nicht die Möglichkeit eröffnen, Gewinne zu erzielen.

28

Die Ausgestaltung der Kostenbeteiligung obliegt dabei zunächst der Antragsgegnerin, wobei sie grundsätzlich berechtigt ist, eine Pauschale für die über den Grundbedarf des Gefangenen hinausgehenden Geräte zu erheben, soweit diese gerade nicht kostendeckend ist. Zulässig ist - zur Vereinfachung der Abrechnung - auch eine Pauschale für die Nutzung mehrerer Geräte. Gegen die Grundsätze der Kostenbeteiligung verstößt etwa nicht eine Pauschale von 1,75 € im Monat bei der Benutzung von drei Geräten (OLG Celle NStZ 2005, 288) oder aber 2,00 € im Monat bei der Benutzung von drei Geräten (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177). Maßgeblich ist hier allein, dass die Pauschale nicht kostendeckend und darüber hinaus für den einzelnen Strafgefangenen nicht unangemessen ist. Auch den Gefangenen, die keiner Tätigkeit nachgehen, muss es möglich bleiben, weitere Geräte zu nutzen, die nicht ihren Grundbedarf decken. Die Grenze der Angemessenheit ist nach Auffassung des Senats jedenfalls erreicht, wenn die pauschale Stromkostenbeteiligung 20 Prozent der monatlichen Einkünfte des Strafgefangenen übersteigt.

29

Zur Erhebung einer Stromkostenpauschale durch die Antragsgegnerin bedarf es jedoch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Strafgefangenen. Diese Vereinbarung muss gemäß § 57 VwVfG LSA schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vertragsschluss durch schlüssiges Handeln kommt, anders als das Landgericht meint, nicht in Betracht. Grundsätzlich sind gesetzliche Formvorschriften aus Gründen der Rechtssicherheit geschaffen und dürfen nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen außer Betracht bleiben (vgl. nur Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 57 Rn 26). Ein entgegen der Formvorschrift abgeschlossener Vertrag ist nichtig (BVerwG, Urteil vom 24.08.1994, 11 C 14/93, BVerwGE 96, 326 – zitiert nach juris) und soweit eine Leistung hierauf erfolgt ist, besteht ein öffentlich-rechtlicher Rückgewähr- und Erstattungsanspruch (vgl. 2. Senat des OLG Naumburg, Beschluss vom 08.06.2012, 2 Ws 96/12; Bonk/Neumann, a. a. O., § 57 Rn 25, 29, § 59 Rn 9ff). Von diesen Grundsätzen kann nur in engen Ausnahmen abgewichen werden, etwa bei einseitigen Verpflichtungen des Bürgers gegenüber der Verwaltung im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge (vgl. BVerwG, a. a. O.), die hier offensichtlich nicht vorliegen.

30

Weigert sich der Strafgefangene eine ordnungsgemäße Pauschale für die Stromkostenbeteiligung nicht zum Grundbedarf gehörender Geräte zu bezahlen oder aber eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, kann die Justizvollzugsanstalt die gemäß § 19 Abs. 1 StVollzG erteilte Erlaubnis zum Besitz der jeweiligen Geräte entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG widerrufen. Danach kommt ein Widerruf der Erlaubnis in Betracht, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich ist. Die Ordnung der Anstalt erfasst hier die Gesamtheit der strukturellen und interaktiven Bindungen und Voraussetzungen des Lebens in der Anstalt. Ausreichend sind nicht Handlungen, die für den Anstaltsablauf nur lästig sind (Callies/Müller-Dietz, a. a. O., § 4 Rn 19). Würde dem Strafgefangenen, der sich weigert eine entsprechende Vereinbarung für Geräte, die nicht zum Grundbedarf gehören, die Nutzungsmöglichkeit bleiben, könnte er den Strom kostenlos beziehen. Dies käme aber einer Aufforderung an alle Gefangenen gleich, sich ebenso zu verhalten, womit die Pflicht zur Entrichtung der Stromkostenpauschale ignoriert und ohne nachteilige Auswirkungen unterlaufen werden könnte. Der Ordnung in der Anstalt scheint dies nicht dienlich, soweit neuen Gefangenen bei einer Weigerung schon keine Erlaubnis zur Einbringung der Geräte erteilt werden würde, während die Gruppe der „Altfälle“ ihre Geräte weiterhin nutzen könnte (vgl. nur OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 179).

31

Mildere Mittel als der Entzug der Geräte stünden in einem solchen Fall auch nicht zur Verfügung, weil im Hinblick auf den im Haftraum befindlichen Kühlschrank ein vollständiges Abschalten der Stromzufuhr nicht möglich ist. Im Übrigen bestünde auch die Möglichkeit, dass der Gefangene Geräte des Grundbedarfs vom Netz trennt und weitere Geräte anschließt oder aber sogar versucht, mit provisorischen Mitteln mehrere Geräte an eine Steckdose anzuschließen, was sowohl eine Brandgefahr als auch eine Gefahr eines Stromschlages für den einzelnen Gefangenen mit sich bringt.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 2 StPO.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG.


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Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 30. Jan. 2015 - 1 Ws (RB) 36/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 30. Jan. 2015 - 1 Ws (RB) 36/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 08. Juni 2012 - 2 Ws 96/12

bei uns veröffentlicht am 08.06.2012

Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen, soweit er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fe
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 30. Jan. 2015 - 1 Ws (RB) 36/14.

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 16. Mai 2018 - 2 BvR 635/17

bei uns veröffentlicht am 16.05.2018

Tenor 1. Die Beschlüsse des Landgerichts Regensburg vom 10. November 2016 - SR StVK 768/16 - und des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Januar 2017 - 1 Ws 544/16, 1 Ws 545/16, 1 Ws 546/16 - verlet

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Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen, soweit er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät und den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher zurück zu buchen.

2. Im Übrigen werden der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. März 2012 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. März 2011 aufgehoben.

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät, den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher und das in seinem Besitz befindliche Radiogerät in Höhe von insgesamt 120,00 € sowie das vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchte Entgelt für einen Kabelanschluss in Höhe von insgesamt 21,00 € zurück zu buchen.

4. Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers in beiden Rechtszügen.

5. Der Gegenstandswert wird auf 169,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt B.. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nutzt er mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum seit September 2010 ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher sowie seit Januar 2011 ein Radio. Vor Erteilung der Erlaubnisse hatte der Antragsteller eine „Belehrung“ unterzeichnet, wonach Gefangene eine monatliche Energiekostenpauschale von jeweils 2,00 € für die Nutzung von Fernsehgeräten, Radios, Kaffeemaschinen usw. zu entrichten haben und der Antrag auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis zugleich das Einverständnis mit der Abbuchung des Geldbetrages beinhalte. Ohne Einverständniserklärung lehnt die Antragsgegnerin die Nutzung von Elektrogeräten in den Hafträumen der Strafgefangenen ab. Seit der Erlaubniserteilung bucht die Antragsgegnerin am 10. eines jeden Monats für jedes Gerät 2,00 € und seit Januar 2011 für den Kabelempfang 1,50 € von Hausgeld des Antragstellers ab.

2

Am 13. März 2011 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Rückbuchung der abgebuchten Stromkostenpauschalen und ferner des Entgelts für den Kabelanschluss. Die Nutzung der drei Geräte zähle zum Grundbedarf eines Strafgefangenen und sei kostenfrei.

3

Den Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21. März 2011 abgelehnt und ihre Entscheidung auf die Allgemeinverfügung (AV) des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) gestützt. Gemäß der AV sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme. Nach Ansicht der Antragsgegnerin zählten die vom Antragsteller betriebenen Geräte nicht zum Grundbedarf. Die Beteiligung sei angemessen. Ausführungen zum Entgelt für den Kabelanschluss enthält der Bescheid nicht.

4

Mit dem am 29. März 2011 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 22. März 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht, mit dem er die Aufhebung der behördlichen Entscheidung und die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die Beträge zurück zu buchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage. Es sei unzulässig, die Erlaubnis zum Besitz von Elektrogeräten von der Einwilligung eines Strafgefangenen in die Zahlung der Stromkosten abhängig zu machen.

5

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung die Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid konkretisiert und vertieft sowie zu dem Kabelanschluss ausgeführt, dass keine Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) erhoben werde.

6

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag am 5. März 2012 als unzulässig verworfen, soweit der Antragsteller die Rückbuchung der Belastungen bis zum März 2010 begehrt hat. Im Übrigen hat die Kammer den Bescheid vom 21. März 2011 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antrag auf Rückbuchung neu zu bescheiden. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Allerdings belegten weder die AV noch der Vortrag der Antragsgegnerin, wie die Pauschale bestimmt worden sei; sie sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Die Pauschale entspräche nicht den eigenen Vorgaben einer angemessenen Kostenbeteiligung. Die Kammer hat für ein Fernseh- und ein Radiogerät sowie einen Wasserkocher aufgrund des von der Antragsgegnerin zu entrichtenden Entgelts von 0,18 Cent je Kilowattstunde Vergleichrechnungen durchgeführt. Danach liegen die monatlichen Stromkosten für die genannten Geräte mit 1,53 € für ein Fernsehgerät, 0,23 € für ein Radiogerät und 1,37 € für einen Wasserkocher deutlich unter den von der Antragsgegnerin veranschlagten 2,00 € je Gerät. Hinsichtlich des Entgelts für den Kabelanschluss sei bei der Neubescheidung zu berücksichtigen, dass dieser nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht erhoben werde.

7

Gegen die ihm am 9. März 2012 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde vom 4. April 2012.

8

In ihrer Gegenerklärung vom 23. April 2012 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass alle entscheidungsrelevanten Tatsachen von der Strafvollstreckungskammer zutreffend gewürdigt worden seien. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt erachtet die Rechtsbeschwerde für unzulässig i.S.d. § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt. Die AV werde gegenwärtig in Anlehnung an die gegenwärtige Rechtsprechung auf Nachvollziehbarkeit und Angemessenheit überprüft.

II.

1.

9

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten für im Haftraum genutzte Elektrogeräte Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

a)

10

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das Fernsehgerät und den Wasserkocher zurück zu buchen.

11

Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen ab Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe eingelegt werden. Ohne schriftliche Bekanntgabe oder bei Erlass eines Realaktes kann in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 3 StVollzG der Antrag nur bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden (OLG Frankfurt/M. NJW 2003, 2843, 2844; OLG Jena bei Matzke NStZ 2001, 414; Schuler/ Laubenthal a.a.O., § 112 Rn. 2; Arloth, StVollzG, 3.Aufl., § 109 Rn. 3; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 112 Rn. 1). Gesonderte schriftliche Bescheide über die Abbuchungen sind nicht ergangen. Ausgehend von der nicht zu beanstandeten landgerichtlichen Feststellung, dass die Abbuchungen jeweils am 10. eines Monats erfolgten, war die Frist bei Antragstellung bis einschließlich März 2010 abgelaufen.

b)

12

Die Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die von seinem Hausgeld im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten zurück zu buchen.

aa)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (§ 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Der rechtliche Ansatz des Landgerichts zur Kostenbeteiligung des Antragstellers entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden können, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; 2006 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; Arloth a.a.O., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz a.a.O., § 19 Rn. 7 m.w.N.; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), auf die der Antragsteller seine Rechtsbeschwerde stützt, folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eine Beteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der AV vom 15. November 2002 in Betracht kommt (Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11).

bb)

17

Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom zum Betrieb eines Fernseh- sowie Radiogerätes sowie eines Wasserkoches habe, weil er seinen Grundbedarf an Information, Bildung und Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVollzG) sowie an Heißgetränken auf andere Weise befriedigen könne. Die Antragsgegnerin sei berechtigt, die Nutzungserlaubnisse von der Zahlung einer gerätebezogenen Stromkostenpauschale abhängig zu machen.

18

Im Ergebnis bedarf es keiner Entscheidung, ob die Nutzung der betreffenden Geräte dem Grundbedarf zuzurechnen ist. Die Vereinbarung über die Stromkostenpauschale entfaltet schon aus anderen Gründen keine Bindungswirkung gegenüber dem Antragsteller.

19

Die von der Antragsgegnerin herangezogene Allgemeinverfügung vom 15. November 2002 lässt nur die Vereinbarung einer angemessenen Kostenbeteiligung, nicht aber eine vollständige Kostenübernahme zu (vgl. Nummer 1 der AV vom 15. November 2002; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; vgl. auch: OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 - zitiert in Juris).

20

Nach den - von der Antragsgegnerin nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden - Feststellungen des Landgerichts entspricht die Höhe der Stromkostenpauschale nicht den Voraussetzungen einer angemessenen Kostenbeteiligung. Mit der aufgrund der AV des Ministeriums der Justiz vereinbarten Pauschale von 2,00 € pro Elektrogerät werden die Stromkosten nicht nur vollständig gedeckt. Die Pauschale übersteigt sogar die der Antragsgegnerin durch den Energieverbrauch entstehenden Kosten beträchtlich, teilweise - für das Radiogerät - um ein Vielfaches. Die Pauschale führt somit zu einer rechtlich unzulässigen mittelbaren Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten. Selbst wenn sich im konkreten Einzelfall die Pauschale bezogen auf ein bestimmtes Gerät mit anderen Nutzungs- und Leistungsparametern als angemessen erweisen sollte, ist die einheitliche Pauschale von 2,00 € je Gerät unangemessen. Eine für alle Elektrogeräte einheitlich geltende Stromkostenpauschale, die sich maßgeblich an den Gerätearten mit dem höchsten Energieverbrauch orientiert, verfehlt den mit einer pauschalen Beteiligung verfolgten Zweck und ist unverhältnismäßig.

21

Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Stromkostenpauschale von 1,75 € (OLG Celle NStZ 2005, 288, 289) oder 2,00 € gebilligt worden ist (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177, 179; 2006, 179, 181), bezog sich die Pauschale auf die Nutzung mehrerer Elektrogeräte.

22

Aufgrund welcher Erwägungen die Stromkostenpauschale festgesetzt wurde, hat die Strafvollstreckungskammer nicht explizit festgestellt. Offenkundig - und insoweit maßgeblich - liegt der Pauschale aber keine Kalkulation zugrunde, mit der gerätebezogen der von den Strafgefangenen tatsächlich verursachte durchschnittliche Elektroenergieverbrauch ermittelt wurde, soweit er über den Grundbedarf hinausgeht (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11). Bereits die absolute Höhe und die unterschiedslos für alle Gerätearten einheitlich festgesetzte Pauschale sprechen dagegen. Die Festsetzung der Stromkostenpauschale auf 2,00 € pro Gerät stellt sich daher als willkürlich und die AV insoweit aus diesem Grund als rechtswidrig dar.

23

Eine Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten über die im Strafvollzugsgesetz geregelten Fälle hinaus ist von der Rechtsordnung nicht gedeckt. Die auf eine willkürlich vorgenommene einseitige Leistungsbestimmung gestützte Vereinbarung über die zu entrichtenden Stromkostenpauschale ist nichtig, denn die vom Antragsteller versprochene Leistung des Antragstellers ist deutlich überhöht und damit unangemessen (vgl. §§ 54 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 2, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

24

Die Antragsgegnerin kann daher aus dieser Vereinbarung keinen Anspruch auf Zahlung einer Stromkostenpauschale ableiten. Die Nichtigkeit umfasst die gesamte Vereinbarung über die vom Antragsteller zu entrichtenden Stromkostenpauschale. Sie ist nicht, wovon das Landgericht dem Anschein nach aber ausgegangen ist, auf die Höhe der Pauschale beschränkt. Anders als in den Strafvollzugsgesetzen der Länder, die eine Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten vorsehen und damit selbst eine Rechtsgrundlage enthalten (vgl. Art. 73 BayStVollzG; § 49 Abs. 3 HambStVollzG; § 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG; § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG), existiert in Sachsen-Anhalt keine gesetzliche Regelung. Dies schließt zwar die Erhebung von Stromkostenpauschalen aufgrund öffentlich-rechtlicher vertraglicher Vereinbarung nicht aus (dazu oben). Da sich indes die einzig als Rechtsgrundlage in Betracht kommende AV vom 15. November 2002 als rechtswidrig und die darauf beruhende Vereinbarung als nichtig erwiesen haben, ist für eine rückwirkende einseitige Vertragsanpassung oder Vereinbarung über die Stromkostenpauschale kein Raum.

cc)

25

Infolge der Nichtigkeit der Vereinbarung besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis, die Antragsgegnerin ist zur Rückgewähr der empfangenen Stromkostenpauschalen verpflichtet (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 59 Rn. 31; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 59 Rn. 65).

26

Die vom Landgericht für den Zeitraum von April 2010 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge von 2,00 € je Gerät ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 120,00 €.

c)

27

Gleichfalls Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, das im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchten Entgelt für den Kabelanschluss zurück zu buchen.

28

Die Abbuchung erfolgte ohne Rechtsgrund. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2011 angegeben, dass „eine separate Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) in keinem Fall erhoben“ werde. Eines Rechtsgrundes für die Erhebung des Kabelentgeltes hat sich die Antragsgegnerin weder im angegriffenen Bescheid vom 21. März 2011 noch in ihrer Antragserwiderung berühmt. Durch ihre Erklärung vom 16. Juni 2011 hat sie vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass ihr kein Rechtsgrund zur Abbuchung des Kabelentgeltes zusteht. Dies hat auch die Strafvollstreckungskammer, wenngleich mit anderer Formulierung, so festgestellt.

29

Das Landgericht hat - von der Antragsgegnerin unangegriffen - ferner festgestellt, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer obigen Erklärung im Zeitraum von Januar 2011 bis zur gerichtlichen Entscheidung jeweils am Monatszehnten vom Hausgeld des Antragstellers 1,50 € abgebucht hat. Die vom Landgericht für den Zeitraum von Januar 2011 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 21,00 €.

30

Der Anspruch auf Rückbuchung des zu Unrecht abgebuchten Entgelts war damit aufgrund der getroffenen Feststellungen bereits bei Erlass der angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entscheidungsreif. Dem Antragsteller steht insoweit ein Anspruch auf Folgenbeseitigung (§ 115 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) zu.

d)

31

Da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 StVollzG), verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin zur Rückbuchung der Belastungsbeträge.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich eines geringen Teils unterlegen ist, erachtet der Senat es für unbillig, ihn mit anteiligen Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen zu belasten.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG und ergibt sich aus der Summe der vom Beschwerdeführer begehrten Rückzahlungen.


(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen, soweit er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät und den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher zurück zu buchen.

2. Im Übrigen werden der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. März 2012 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. März 2011 aufgehoben.

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät, den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher und das in seinem Besitz befindliche Radiogerät in Höhe von insgesamt 120,00 € sowie das vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchte Entgelt für einen Kabelanschluss in Höhe von insgesamt 21,00 € zurück zu buchen.

4. Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers in beiden Rechtszügen.

5. Der Gegenstandswert wird auf 169,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt B.. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nutzt er mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum seit September 2010 ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher sowie seit Januar 2011 ein Radio. Vor Erteilung der Erlaubnisse hatte der Antragsteller eine „Belehrung“ unterzeichnet, wonach Gefangene eine monatliche Energiekostenpauschale von jeweils 2,00 € für die Nutzung von Fernsehgeräten, Radios, Kaffeemaschinen usw. zu entrichten haben und der Antrag auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis zugleich das Einverständnis mit der Abbuchung des Geldbetrages beinhalte. Ohne Einverständniserklärung lehnt die Antragsgegnerin die Nutzung von Elektrogeräten in den Hafträumen der Strafgefangenen ab. Seit der Erlaubniserteilung bucht die Antragsgegnerin am 10. eines jeden Monats für jedes Gerät 2,00 € und seit Januar 2011 für den Kabelempfang 1,50 € von Hausgeld des Antragstellers ab.

2

Am 13. März 2011 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Rückbuchung der abgebuchten Stromkostenpauschalen und ferner des Entgelts für den Kabelanschluss. Die Nutzung der drei Geräte zähle zum Grundbedarf eines Strafgefangenen und sei kostenfrei.

3

Den Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21. März 2011 abgelehnt und ihre Entscheidung auf die Allgemeinverfügung (AV) des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) gestützt. Gemäß der AV sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme. Nach Ansicht der Antragsgegnerin zählten die vom Antragsteller betriebenen Geräte nicht zum Grundbedarf. Die Beteiligung sei angemessen. Ausführungen zum Entgelt für den Kabelanschluss enthält der Bescheid nicht.

4

Mit dem am 29. März 2011 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 22. März 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht, mit dem er die Aufhebung der behördlichen Entscheidung und die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die Beträge zurück zu buchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage. Es sei unzulässig, die Erlaubnis zum Besitz von Elektrogeräten von der Einwilligung eines Strafgefangenen in die Zahlung der Stromkosten abhängig zu machen.

5

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung die Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid konkretisiert und vertieft sowie zu dem Kabelanschluss ausgeführt, dass keine Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) erhoben werde.

6

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag am 5. März 2012 als unzulässig verworfen, soweit der Antragsteller die Rückbuchung der Belastungen bis zum März 2010 begehrt hat. Im Übrigen hat die Kammer den Bescheid vom 21. März 2011 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antrag auf Rückbuchung neu zu bescheiden. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Allerdings belegten weder die AV noch der Vortrag der Antragsgegnerin, wie die Pauschale bestimmt worden sei; sie sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Die Pauschale entspräche nicht den eigenen Vorgaben einer angemessenen Kostenbeteiligung. Die Kammer hat für ein Fernseh- und ein Radiogerät sowie einen Wasserkocher aufgrund des von der Antragsgegnerin zu entrichtenden Entgelts von 0,18 Cent je Kilowattstunde Vergleichrechnungen durchgeführt. Danach liegen die monatlichen Stromkosten für die genannten Geräte mit 1,53 € für ein Fernsehgerät, 0,23 € für ein Radiogerät und 1,37 € für einen Wasserkocher deutlich unter den von der Antragsgegnerin veranschlagten 2,00 € je Gerät. Hinsichtlich des Entgelts für den Kabelanschluss sei bei der Neubescheidung zu berücksichtigen, dass dieser nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht erhoben werde.

7

Gegen die ihm am 9. März 2012 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde vom 4. April 2012.

8

In ihrer Gegenerklärung vom 23. April 2012 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass alle entscheidungsrelevanten Tatsachen von der Strafvollstreckungskammer zutreffend gewürdigt worden seien. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt erachtet die Rechtsbeschwerde für unzulässig i.S.d. § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt. Die AV werde gegenwärtig in Anlehnung an die gegenwärtige Rechtsprechung auf Nachvollziehbarkeit und Angemessenheit überprüft.

II.

1.

9

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten für im Haftraum genutzte Elektrogeräte Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

a)

10

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das Fernsehgerät und den Wasserkocher zurück zu buchen.

11

Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen ab Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe eingelegt werden. Ohne schriftliche Bekanntgabe oder bei Erlass eines Realaktes kann in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 3 StVollzG der Antrag nur bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden (OLG Frankfurt/M. NJW 2003, 2843, 2844; OLG Jena bei Matzke NStZ 2001, 414; Schuler/ Laubenthal a.a.O., § 112 Rn. 2; Arloth, StVollzG, 3.Aufl., § 109 Rn. 3; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 112 Rn. 1). Gesonderte schriftliche Bescheide über die Abbuchungen sind nicht ergangen. Ausgehend von der nicht zu beanstandeten landgerichtlichen Feststellung, dass die Abbuchungen jeweils am 10. eines Monats erfolgten, war die Frist bei Antragstellung bis einschließlich März 2010 abgelaufen.

b)

12

Die Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die von seinem Hausgeld im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten zurück zu buchen.

aa)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (§ 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Der rechtliche Ansatz des Landgerichts zur Kostenbeteiligung des Antragstellers entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden können, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; 2006 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; Arloth a.a.O., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz a.a.O., § 19 Rn. 7 m.w.N.; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), auf die der Antragsteller seine Rechtsbeschwerde stützt, folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eine Beteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der AV vom 15. November 2002 in Betracht kommt (Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11).

bb)

17

Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom zum Betrieb eines Fernseh- sowie Radiogerätes sowie eines Wasserkoches habe, weil er seinen Grundbedarf an Information, Bildung und Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVollzG) sowie an Heißgetränken auf andere Weise befriedigen könne. Die Antragsgegnerin sei berechtigt, die Nutzungserlaubnisse von der Zahlung einer gerätebezogenen Stromkostenpauschale abhängig zu machen.

18

Im Ergebnis bedarf es keiner Entscheidung, ob die Nutzung der betreffenden Geräte dem Grundbedarf zuzurechnen ist. Die Vereinbarung über die Stromkostenpauschale entfaltet schon aus anderen Gründen keine Bindungswirkung gegenüber dem Antragsteller.

19

Die von der Antragsgegnerin herangezogene Allgemeinverfügung vom 15. November 2002 lässt nur die Vereinbarung einer angemessenen Kostenbeteiligung, nicht aber eine vollständige Kostenübernahme zu (vgl. Nummer 1 der AV vom 15. November 2002; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; vgl. auch: OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 - zitiert in Juris).

20

Nach den - von der Antragsgegnerin nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden - Feststellungen des Landgerichts entspricht die Höhe der Stromkostenpauschale nicht den Voraussetzungen einer angemessenen Kostenbeteiligung. Mit der aufgrund der AV des Ministeriums der Justiz vereinbarten Pauschale von 2,00 € pro Elektrogerät werden die Stromkosten nicht nur vollständig gedeckt. Die Pauschale übersteigt sogar die der Antragsgegnerin durch den Energieverbrauch entstehenden Kosten beträchtlich, teilweise - für das Radiogerät - um ein Vielfaches. Die Pauschale führt somit zu einer rechtlich unzulässigen mittelbaren Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten. Selbst wenn sich im konkreten Einzelfall die Pauschale bezogen auf ein bestimmtes Gerät mit anderen Nutzungs- und Leistungsparametern als angemessen erweisen sollte, ist die einheitliche Pauschale von 2,00 € je Gerät unangemessen. Eine für alle Elektrogeräte einheitlich geltende Stromkostenpauschale, die sich maßgeblich an den Gerätearten mit dem höchsten Energieverbrauch orientiert, verfehlt den mit einer pauschalen Beteiligung verfolgten Zweck und ist unverhältnismäßig.

21

Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Stromkostenpauschale von 1,75 € (OLG Celle NStZ 2005, 288, 289) oder 2,00 € gebilligt worden ist (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177, 179; 2006, 179, 181), bezog sich die Pauschale auf die Nutzung mehrerer Elektrogeräte.

22

Aufgrund welcher Erwägungen die Stromkostenpauschale festgesetzt wurde, hat die Strafvollstreckungskammer nicht explizit festgestellt. Offenkundig - und insoweit maßgeblich - liegt der Pauschale aber keine Kalkulation zugrunde, mit der gerätebezogen der von den Strafgefangenen tatsächlich verursachte durchschnittliche Elektroenergieverbrauch ermittelt wurde, soweit er über den Grundbedarf hinausgeht (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11). Bereits die absolute Höhe und die unterschiedslos für alle Gerätearten einheitlich festgesetzte Pauschale sprechen dagegen. Die Festsetzung der Stromkostenpauschale auf 2,00 € pro Gerät stellt sich daher als willkürlich und die AV insoweit aus diesem Grund als rechtswidrig dar.

23

Eine Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten über die im Strafvollzugsgesetz geregelten Fälle hinaus ist von der Rechtsordnung nicht gedeckt. Die auf eine willkürlich vorgenommene einseitige Leistungsbestimmung gestützte Vereinbarung über die zu entrichtenden Stromkostenpauschale ist nichtig, denn die vom Antragsteller versprochene Leistung des Antragstellers ist deutlich überhöht und damit unangemessen (vgl. §§ 54 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 2, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

24

Die Antragsgegnerin kann daher aus dieser Vereinbarung keinen Anspruch auf Zahlung einer Stromkostenpauschale ableiten. Die Nichtigkeit umfasst die gesamte Vereinbarung über die vom Antragsteller zu entrichtenden Stromkostenpauschale. Sie ist nicht, wovon das Landgericht dem Anschein nach aber ausgegangen ist, auf die Höhe der Pauschale beschränkt. Anders als in den Strafvollzugsgesetzen der Länder, die eine Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten vorsehen und damit selbst eine Rechtsgrundlage enthalten (vgl. Art. 73 BayStVollzG; § 49 Abs. 3 HambStVollzG; § 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG; § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG), existiert in Sachsen-Anhalt keine gesetzliche Regelung. Dies schließt zwar die Erhebung von Stromkostenpauschalen aufgrund öffentlich-rechtlicher vertraglicher Vereinbarung nicht aus (dazu oben). Da sich indes die einzig als Rechtsgrundlage in Betracht kommende AV vom 15. November 2002 als rechtswidrig und die darauf beruhende Vereinbarung als nichtig erwiesen haben, ist für eine rückwirkende einseitige Vertragsanpassung oder Vereinbarung über die Stromkostenpauschale kein Raum.

cc)

25

Infolge der Nichtigkeit der Vereinbarung besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis, die Antragsgegnerin ist zur Rückgewähr der empfangenen Stromkostenpauschalen verpflichtet (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 59 Rn. 31; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 59 Rn. 65).

26

Die vom Landgericht für den Zeitraum von April 2010 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge von 2,00 € je Gerät ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 120,00 €.

c)

27

Gleichfalls Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, das im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchten Entgelt für den Kabelanschluss zurück zu buchen.

28

Die Abbuchung erfolgte ohne Rechtsgrund. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2011 angegeben, dass „eine separate Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) in keinem Fall erhoben“ werde. Eines Rechtsgrundes für die Erhebung des Kabelentgeltes hat sich die Antragsgegnerin weder im angegriffenen Bescheid vom 21. März 2011 noch in ihrer Antragserwiderung berühmt. Durch ihre Erklärung vom 16. Juni 2011 hat sie vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass ihr kein Rechtsgrund zur Abbuchung des Kabelentgeltes zusteht. Dies hat auch die Strafvollstreckungskammer, wenngleich mit anderer Formulierung, so festgestellt.

29

Das Landgericht hat - von der Antragsgegnerin unangegriffen - ferner festgestellt, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer obigen Erklärung im Zeitraum von Januar 2011 bis zur gerichtlichen Entscheidung jeweils am Monatszehnten vom Hausgeld des Antragstellers 1,50 € abgebucht hat. Die vom Landgericht für den Zeitraum von Januar 2011 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 21,00 €.

30

Der Anspruch auf Rückbuchung des zu Unrecht abgebuchten Entgelts war damit aufgrund der getroffenen Feststellungen bereits bei Erlass der angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entscheidungsreif. Dem Antragsteller steht insoweit ein Anspruch auf Folgenbeseitigung (§ 115 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) zu.

d)

31

Da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 StVollzG), verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin zur Rückbuchung der Belastungsbeträge.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich eines geringen Teils unterlegen ist, erachtet der Senat es für unbillig, ihn mit anteiligen Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen zu belasten.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG und ergibt sich aus der Summe der vom Beschwerdeführer begehrten Rückzahlungen.


(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.

(2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Gefangene kann am Hörfunkprogramm der Anstalt sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Die Sendungen sind so auszuwählen, daß Wünsche und Bedürfnisse nach staatsbürgerlicher Information, Bildung und Unterhaltung angemessen berücksichtigt werden. Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich ist.

(2) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden unter den Voraussetzungen des § 70 zugelassen.

(1) Der Gefangene darf in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen.

(2) Dies gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstands

1.
mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder
2.
das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde.

(3) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen werden.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen, soweit er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät und den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher zurück zu buchen.

2. Im Übrigen werden der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. März 2012 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. März 2011 aufgehoben.

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät, den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher und das in seinem Besitz befindliche Radiogerät in Höhe von insgesamt 120,00 € sowie das vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchte Entgelt für einen Kabelanschluss in Höhe von insgesamt 21,00 € zurück zu buchen.

4. Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers in beiden Rechtszügen.

5. Der Gegenstandswert wird auf 169,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt B.. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nutzt er mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum seit September 2010 ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher sowie seit Januar 2011 ein Radio. Vor Erteilung der Erlaubnisse hatte der Antragsteller eine „Belehrung“ unterzeichnet, wonach Gefangene eine monatliche Energiekostenpauschale von jeweils 2,00 € für die Nutzung von Fernsehgeräten, Radios, Kaffeemaschinen usw. zu entrichten haben und der Antrag auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis zugleich das Einverständnis mit der Abbuchung des Geldbetrages beinhalte. Ohne Einverständniserklärung lehnt die Antragsgegnerin die Nutzung von Elektrogeräten in den Hafträumen der Strafgefangenen ab. Seit der Erlaubniserteilung bucht die Antragsgegnerin am 10. eines jeden Monats für jedes Gerät 2,00 € und seit Januar 2011 für den Kabelempfang 1,50 € von Hausgeld des Antragstellers ab.

2

Am 13. März 2011 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Rückbuchung der abgebuchten Stromkostenpauschalen und ferner des Entgelts für den Kabelanschluss. Die Nutzung der drei Geräte zähle zum Grundbedarf eines Strafgefangenen und sei kostenfrei.

3

Den Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21. März 2011 abgelehnt und ihre Entscheidung auf die Allgemeinverfügung (AV) des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) gestützt. Gemäß der AV sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme. Nach Ansicht der Antragsgegnerin zählten die vom Antragsteller betriebenen Geräte nicht zum Grundbedarf. Die Beteiligung sei angemessen. Ausführungen zum Entgelt für den Kabelanschluss enthält der Bescheid nicht.

4

Mit dem am 29. März 2011 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 22. März 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht, mit dem er die Aufhebung der behördlichen Entscheidung und die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die Beträge zurück zu buchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage. Es sei unzulässig, die Erlaubnis zum Besitz von Elektrogeräten von der Einwilligung eines Strafgefangenen in die Zahlung der Stromkosten abhängig zu machen.

5

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung die Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid konkretisiert und vertieft sowie zu dem Kabelanschluss ausgeführt, dass keine Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) erhoben werde.

6

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag am 5. März 2012 als unzulässig verworfen, soweit der Antragsteller die Rückbuchung der Belastungen bis zum März 2010 begehrt hat. Im Übrigen hat die Kammer den Bescheid vom 21. März 2011 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antrag auf Rückbuchung neu zu bescheiden. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Allerdings belegten weder die AV noch der Vortrag der Antragsgegnerin, wie die Pauschale bestimmt worden sei; sie sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Die Pauschale entspräche nicht den eigenen Vorgaben einer angemessenen Kostenbeteiligung. Die Kammer hat für ein Fernseh- und ein Radiogerät sowie einen Wasserkocher aufgrund des von der Antragsgegnerin zu entrichtenden Entgelts von 0,18 Cent je Kilowattstunde Vergleichrechnungen durchgeführt. Danach liegen die monatlichen Stromkosten für die genannten Geräte mit 1,53 € für ein Fernsehgerät, 0,23 € für ein Radiogerät und 1,37 € für einen Wasserkocher deutlich unter den von der Antragsgegnerin veranschlagten 2,00 € je Gerät. Hinsichtlich des Entgelts für den Kabelanschluss sei bei der Neubescheidung zu berücksichtigen, dass dieser nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht erhoben werde.

7

Gegen die ihm am 9. März 2012 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde vom 4. April 2012.

8

In ihrer Gegenerklärung vom 23. April 2012 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass alle entscheidungsrelevanten Tatsachen von der Strafvollstreckungskammer zutreffend gewürdigt worden seien. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt erachtet die Rechtsbeschwerde für unzulässig i.S.d. § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt. Die AV werde gegenwärtig in Anlehnung an die gegenwärtige Rechtsprechung auf Nachvollziehbarkeit und Angemessenheit überprüft.

II.

1.

9

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten für im Haftraum genutzte Elektrogeräte Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

a)

10

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das Fernsehgerät und den Wasserkocher zurück zu buchen.

11

Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen ab Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe eingelegt werden. Ohne schriftliche Bekanntgabe oder bei Erlass eines Realaktes kann in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 3 StVollzG der Antrag nur bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden (OLG Frankfurt/M. NJW 2003, 2843, 2844; OLG Jena bei Matzke NStZ 2001, 414; Schuler/ Laubenthal a.a.O., § 112 Rn. 2; Arloth, StVollzG, 3.Aufl., § 109 Rn. 3; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 112 Rn. 1). Gesonderte schriftliche Bescheide über die Abbuchungen sind nicht ergangen. Ausgehend von der nicht zu beanstandeten landgerichtlichen Feststellung, dass die Abbuchungen jeweils am 10. eines Monats erfolgten, war die Frist bei Antragstellung bis einschließlich März 2010 abgelaufen.

b)

12

Die Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die von seinem Hausgeld im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten zurück zu buchen.

aa)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (§ 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Der rechtliche Ansatz des Landgerichts zur Kostenbeteiligung des Antragstellers entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden können, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; 2006 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; Arloth a.a.O., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz a.a.O., § 19 Rn. 7 m.w.N.; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), auf die der Antragsteller seine Rechtsbeschwerde stützt, folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eine Beteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der AV vom 15. November 2002 in Betracht kommt (Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11).

bb)

17

Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom zum Betrieb eines Fernseh- sowie Radiogerätes sowie eines Wasserkoches habe, weil er seinen Grundbedarf an Information, Bildung und Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVollzG) sowie an Heißgetränken auf andere Weise befriedigen könne. Die Antragsgegnerin sei berechtigt, die Nutzungserlaubnisse von der Zahlung einer gerätebezogenen Stromkostenpauschale abhängig zu machen.

18

Im Ergebnis bedarf es keiner Entscheidung, ob die Nutzung der betreffenden Geräte dem Grundbedarf zuzurechnen ist. Die Vereinbarung über die Stromkostenpauschale entfaltet schon aus anderen Gründen keine Bindungswirkung gegenüber dem Antragsteller.

19

Die von der Antragsgegnerin herangezogene Allgemeinverfügung vom 15. November 2002 lässt nur die Vereinbarung einer angemessenen Kostenbeteiligung, nicht aber eine vollständige Kostenübernahme zu (vgl. Nummer 1 der AV vom 15. November 2002; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; vgl. auch: OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 - zitiert in Juris).

20

Nach den - von der Antragsgegnerin nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden - Feststellungen des Landgerichts entspricht die Höhe der Stromkostenpauschale nicht den Voraussetzungen einer angemessenen Kostenbeteiligung. Mit der aufgrund der AV des Ministeriums der Justiz vereinbarten Pauschale von 2,00 € pro Elektrogerät werden die Stromkosten nicht nur vollständig gedeckt. Die Pauschale übersteigt sogar die der Antragsgegnerin durch den Energieverbrauch entstehenden Kosten beträchtlich, teilweise - für das Radiogerät - um ein Vielfaches. Die Pauschale führt somit zu einer rechtlich unzulässigen mittelbaren Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten. Selbst wenn sich im konkreten Einzelfall die Pauschale bezogen auf ein bestimmtes Gerät mit anderen Nutzungs- und Leistungsparametern als angemessen erweisen sollte, ist die einheitliche Pauschale von 2,00 € je Gerät unangemessen. Eine für alle Elektrogeräte einheitlich geltende Stromkostenpauschale, die sich maßgeblich an den Gerätearten mit dem höchsten Energieverbrauch orientiert, verfehlt den mit einer pauschalen Beteiligung verfolgten Zweck und ist unverhältnismäßig.

21

Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Stromkostenpauschale von 1,75 € (OLG Celle NStZ 2005, 288, 289) oder 2,00 € gebilligt worden ist (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177, 179; 2006, 179, 181), bezog sich die Pauschale auf die Nutzung mehrerer Elektrogeräte.

22

Aufgrund welcher Erwägungen die Stromkostenpauschale festgesetzt wurde, hat die Strafvollstreckungskammer nicht explizit festgestellt. Offenkundig - und insoweit maßgeblich - liegt der Pauschale aber keine Kalkulation zugrunde, mit der gerätebezogen der von den Strafgefangenen tatsächlich verursachte durchschnittliche Elektroenergieverbrauch ermittelt wurde, soweit er über den Grundbedarf hinausgeht (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11). Bereits die absolute Höhe und die unterschiedslos für alle Gerätearten einheitlich festgesetzte Pauschale sprechen dagegen. Die Festsetzung der Stromkostenpauschale auf 2,00 € pro Gerät stellt sich daher als willkürlich und die AV insoweit aus diesem Grund als rechtswidrig dar.

23

Eine Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten über die im Strafvollzugsgesetz geregelten Fälle hinaus ist von der Rechtsordnung nicht gedeckt. Die auf eine willkürlich vorgenommene einseitige Leistungsbestimmung gestützte Vereinbarung über die zu entrichtenden Stromkostenpauschale ist nichtig, denn die vom Antragsteller versprochene Leistung des Antragstellers ist deutlich überhöht und damit unangemessen (vgl. §§ 54 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 2, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

24

Die Antragsgegnerin kann daher aus dieser Vereinbarung keinen Anspruch auf Zahlung einer Stromkostenpauschale ableiten. Die Nichtigkeit umfasst die gesamte Vereinbarung über die vom Antragsteller zu entrichtenden Stromkostenpauschale. Sie ist nicht, wovon das Landgericht dem Anschein nach aber ausgegangen ist, auf die Höhe der Pauschale beschränkt. Anders als in den Strafvollzugsgesetzen der Länder, die eine Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten vorsehen und damit selbst eine Rechtsgrundlage enthalten (vgl. Art. 73 BayStVollzG; § 49 Abs. 3 HambStVollzG; § 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG; § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG), existiert in Sachsen-Anhalt keine gesetzliche Regelung. Dies schließt zwar die Erhebung von Stromkostenpauschalen aufgrund öffentlich-rechtlicher vertraglicher Vereinbarung nicht aus (dazu oben). Da sich indes die einzig als Rechtsgrundlage in Betracht kommende AV vom 15. November 2002 als rechtswidrig und die darauf beruhende Vereinbarung als nichtig erwiesen haben, ist für eine rückwirkende einseitige Vertragsanpassung oder Vereinbarung über die Stromkostenpauschale kein Raum.

cc)

25

Infolge der Nichtigkeit der Vereinbarung besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis, die Antragsgegnerin ist zur Rückgewähr der empfangenen Stromkostenpauschalen verpflichtet (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 59 Rn. 31; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 59 Rn. 65).

26

Die vom Landgericht für den Zeitraum von April 2010 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge von 2,00 € je Gerät ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 120,00 €.

c)

27

Gleichfalls Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, das im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchten Entgelt für den Kabelanschluss zurück zu buchen.

28

Die Abbuchung erfolgte ohne Rechtsgrund. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2011 angegeben, dass „eine separate Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) in keinem Fall erhoben“ werde. Eines Rechtsgrundes für die Erhebung des Kabelentgeltes hat sich die Antragsgegnerin weder im angegriffenen Bescheid vom 21. März 2011 noch in ihrer Antragserwiderung berühmt. Durch ihre Erklärung vom 16. Juni 2011 hat sie vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass ihr kein Rechtsgrund zur Abbuchung des Kabelentgeltes zusteht. Dies hat auch die Strafvollstreckungskammer, wenngleich mit anderer Formulierung, so festgestellt.

29

Das Landgericht hat - von der Antragsgegnerin unangegriffen - ferner festgestellt, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer obigen Erklärung im Zeitraum von Januar 2011 bis zur gerichtlichen Entscheidung jeweils am Monatszehnten vom Hausgeld des Antragstellers 1,50 € abgebucht hat. Die vom Landgericht für den Zeitraum von Januar 2011 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 21,00 €.

30

Der Anspruch auf Rückbuchung des zu Unrecht abgebuchten Entgelts war damit aufgrund der getroffenen Feststellungen bereits bei Erlass der angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entscheidungsreif. Dem Antragsteller steht insoweit ein Anspruch auf Folgenbeseitigung (§ 115 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) zu.

d)

31

Da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 StVollzG), verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin zur Rückbuchung der Belastungsbeträge.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich eines geringen Teils unterlegen ist, erachtet der Senat es für unbillig, ihn mit anteiligen Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen zu belasten.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG und ergibt sich aus der Summe der vom Beschwerdeführer begehrten Rückzahlungen.


Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen, soweit er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät und den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher zurück zu buchen.

2. Im Übrigen werden der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. März 2012 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. März 2011 aufgehoben.

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten für das in seinem Besitz befindliche Fernsehgerät, den in seinem Besitz befindlichen Wasserkocher und das in seinem Besitz befindliche Radiogerät in Höhe von insgesamt 120,00 € sowie das vom Hausgeld des Antragstellers im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchte Entgelt für einen Kabelanschluss in Höhe von insgesamt 21,00 € zurück zu buchen.

4. Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers in beiden Rechtszügen.

5. Der Gegenstandswert wird auf 169,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt B.. Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer nutzt er mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum seit September 2010 ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher sowie seit Januar 2011 ein Radio. Vor Erteilung der Erlaubnisse hatte der Antragsteller eine „Belehrung“ unterzeichnet, wonach Gefangene eine monatliche Energiekostenpauschale von jeweils 2,00 € für die Nutzung von Fernsehgeräten, Radios, Kaffeemaschinen usw. zu entrichten haben und der Antrag auf Erteilung einer Nutzungserlaubnis zugleich das Einverständnis mit der Abbuchung des Geldbetrages beinhalte. Ohne Einverständniserklärung lehnt die Antragsgegnerin die Nutzung von Elektrogeräten in den Hafträumen der Strafgefangenen ab. Seit der Erlaubniserteilung bucht die Antragsgegnerin am 10. eines jeden Monats für jedes Gerät 2,00 € und seit Januar 2011 für den Kabelempfang 1,50 € von Hausgeld des Antragstellers ab.

2

Am 13. März 2011 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Rückbuchung der abgebuchten Stromkostenpauschalen und ferner des Entgelts für den Kabelanschluss. Die Nutzung der drei Geräte zähle zum Grundbedarf eines Strafgefangenen und sei kostenfrei.

3

Den Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21. März 2011 abgelehnt und ihre Entscheidung auf die Allgemeinverfügung (AV) des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) gestützt. Gemäß der AV sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme. Nach Ansicht der Antragsgegnerin zählten die vom Antragsteller betriebenen Geräte nicht zum Grundbedarf. Die Beteiligung sei angemessen. Ausführungen zum Entgelt für den Kabelanschluss enthält der Bescheid nicht.

4

Mit dem am 29. März 2011 beim Landgericht Stendal eingegangenen Schreiben vom 22. März 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht, mit dem er die Aufhebung der behördlichen Entscheidung und die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die Beträge zurück zu buchen. Für die Erhebung von Stromkosten bestünde keine Rechtsgrundlage. Es sei unzulässig, die Erlaubnis zum Besitz von Elektrogeräten von der Einwilligung eines Strafgefangenen in die Zahlung der Stromkosten abhängig zu machen.

5

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Erwiderung die Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid konkretisiert und vertieft sowie zu dem Kabelanschluss ausgeführt, dass keine Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) erhoben werde.

6

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag am 5. März 2012 als unzulässig verworfen, soweit der Antragsteller die Rückbuchung der Belastungen bis zum März 2010 begehrt hat. Im Übrigen hat die Kammer den Bescheid vom 21. März 2011 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antrag auf Rückbuchung neu zu bescheiden. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom für die im Haftraum genutzten Geräte. Allerdings belegten weder die AV noch der Vortrag der Antragsgegnerin, wie die Pauschale bestimmt worden sei; sie sei deshalb nicht nachzuvollziehen. Die Pauschale entspräche nicht den eigenen Vorgaben einer angemessenen Kostenbeteiligung. Die Kammer hat für ein Fernseh- und ein Radiogerät sowie einen Wasserkocher aufgrund des von der Antragsgegnerin zu entrichtenden Entgelts von 0,18 Cent je Kilowattstunde Vergleichrechnungen durchgeführt. Danach liegen die monatlichen Stromkosten für die genannten Geräte mit 1,53 € für ein Fernsehgerät, 0,23 € für ein Radiogerät und 1,37 € für einen Wasserkocher deutlich unter den von der Antragsgegnerin veranschlagten 2,00 € je Gerät. Hinsichtlich des Entgelts für den Kabelanschluss sei bei der Neubescheidung zu berücksichtigen, dass dieser nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht erhoben werde.

7

Gegen die ihm am 9. März 2012 zugestellte Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde vom 4. April 2012.

8

In ihrer Gegenerklärung vom 23. April 2012 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass alle entscheidungsrelevanten Tatsachen von der Strafvollstreckungskammer zutreffend gewürdigt worden seien. Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt erachtet die Rechtsbeschwerde für unzulässig i.S.d. § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die kostenfreie Bereitstellung von Strom in seinem Haftraum. Er werde durch die Antragsgegnerin entsprechend dem gesetzlichen Maßstab umfassend versorgt. Die AV werde gegenwärtig in Anlehnung an die gegenwärtige Rechtsprechung auf Nachvollziehbarkeit und Angemessenheit überprüft.

II.

1.

9

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§§ 116 Abs. 1, 118 StVollzG). Sie gibt Anlass, zu den Anforderungen an die Bestimmung einer angemessenen Beteiligung an den Energiekosten für im Haftraum genutzte Elektrogeräte Stellung zu nehmen und die hierzu bereits aufgestellten Leitsätze zu festigen und zu konkretisieren.

2.

a)

10

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, die bis März 2010 von seinem Hausgeld abgebuchten Stromkosten für das Fernsehgerät und den Wasserkocher zurück zu buchen.

11

Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen ab Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe eingelegt werden. Ohne schriftliche Bekanntgabe oder bei Erlass eines Realaktes kann in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 3 StVollzG der Antrag nur bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden (OLG Frankfurt/M. NJW 2003, 2843, 2844; OLG Jena bei Matzke NStZ 2001, 414; Schuler/ Laubenthal a.a.O., § 112 Rn. 2; Arloth, StVollzG, 3.Aufl., § 109 Rn. 3; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 112 Rn. 1). Gesonderte schriftliche Bescheide über die Abbuchungen sind nicht ergangen. Ausgehend von der nicht zu beanstandeten landgerichtlichen Feststellung, dass die Abbuchungen jeweils am 10. eines Monats erfolgten, war die Frist bei Antragstellung bis einschließlich März 2010 abgelaufen.

b)

12

Die Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die von seinem Hausgeld im Zeitraum vom April 2010 bis Februar 2012 abgebuchten Stromkosten zurück zu buchen.

aa)

13

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) werden die Rechte der Strafgefangenen in Sachsen-Anhalt bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes weiterhin durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt (§ 125 a Abs. 1 GG). Das Strafvollzugsgesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten.

14

Auch ohne gesetzliche Regelung oder Ermächtigung ist es grundsätzlich zulässig, Strafgefangene auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages an den Stromkosten für die Nutzung solcher Elektrogeräte zu beteiligen, deren Nutzung nicht zu dem Grundbedarf gehört, der einem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt kostenfrei zu gewähren ist. Der rechtliche Ansatz des Landgerichts zur Kostenbeteiligung des Antragstellers entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach neben den Haftkosten für Unterkunft und Verpflegung für Leistungen der Vollzugseinrichtung, die über den Grundbedarf des Strafgefangenen hinausgehen - wie die Stromversorgung im Haftraum genutzter elektrischer Geräte - Pauschalbeiträge in angemessenem Umfang erhoben werden können, wenn die jeweilige Leistung nicht zur sachgerechten Durchführung des Strafvollzuges erforderlich ist oder ihre kostenfreie Gewährung keinem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entspricht (OLG Celle NStZ 2005, 288; OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177; 2006 179; OLG Jena NStZ 2006, 697; OLG Nürnberg Forum Strafvollzug 2009, 40; OLG Dresden StV 2008, 89; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; Arloth a.a.O., § 50 Rn. 2). Die Geltendmachung von Stromkosten über die Grundversorgung hinaus entspricht auch den grundsätzlichen Prinzipien des Strafvollzugsgesetzes, insbesondere dem Angleichungsgrundsatz des § 3 StVollzG.Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Ansicht (Calliess/Müller-Dietz a.a.O., § 19 Rn. 7 m.w.N.; Kellermann/Köhne in: AK-StVollzG, 6. Aufl., § 19 Rn. 7 und Däubler/Spaniol in AK-StVollzG, § 50 Rn. 13ff.; Köhne NStZ 2009, 130, 133), auf die der Antragsteller seine Rechtsbeschwerde stützt, folgt der Senat nicht.

15

Nicht anderes folgt daraus, dass nunmehr in den Strafvollzugsgesetzen der Länder Bayern (Art. 73 BayStVollzG), Hamburg (§ 49 Abs. 3 HambStVollzG), Hessen (§ 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG) und Niedersachsen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG) eine Beteiligung der Strafgefangenen an den Strom- und Betriebskosten für von ihnen genutzten Elektrogeräte, die über den Grundbedarf hinausgehen, gesetzlich geregelt ist. Die jeweiligen Gesetzgeber haben damit nur die bisherige, durch richterliche Rechtsanwendung geprägte Rechtslage gesetzlich fortgeschrieben.

16

Grundsätzlich ist daher gegen die Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten nichts einzuwenden, wobei in Sachsen-Anhalt als Rechtsgrundlage ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Strafgefangenen auf der Grundlage der AV vom 15. November 2002 in Betracht kommt (Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11).

bb)

17

Das Landgericht ist der Ansicht, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf die unentgeltliche Bereitstellung von Strom zum Betrieb eines Fernseh- sowie Radiogerätes sowie eines Wasserkoches habe, weil er seinen Grundbedarf an Information, Bildung und Unterhaltung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVollzG) sowie an Heißgetränken auf andere Weise befriedigen könne. Die Antragsgegnerin sei berechtigt, die Nutzungserlaubnisse von der Zahlung einer gerätebezogenen Stromkostenpauschale abhängig zu machen.

18

Im Ergebnis bedarf es keiner Entscheidung, ob die Nutzung der betreffenden Geräte dem Grundbedarf zuzurechnen ist. Die Vereinbarung über die Stromkostenpauschale entfaltet schon aus anderen Gründen keine Bindungswirkung gegenüber dem Antragsteller.

19

Die von der Antragsgegnerin herangezogene Allgemeinverfügung vom 15. November 2002 lässt nur die Vereinbarung einer angemessenen Kostenbeteiligung, nicht aber eine vollständige Kostenübernahme zu (vgl. Nummer 1 der AV vom 15. November 2002; Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11; vgl. auch: OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2011, 3 Vollz (Ws) 3/11 - zitiert in Juris).

20

Nach den - von der Antragsgegnerin nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden - Feststellungen des Landgerichts entspricht die Höhe der Stromkostenpauschale nicht den Voraussetzungen einer angemessenen Kostenbeteiligung. Mit der aufgrund der AV des Ministeriums der Justiz vereinbarten Pauschale von 2,00 € pro Elektrogerät werden die Stromkosten nicht nur vollständig gedeckt. Die Pauschale übersteigt sogar die der Antragsgegnerin durch den Energieverbrauch entstehenden Kosten beträchtlich, teilweise - für das Radiogerät - um ein Vielfaches. Die Pauschale führt somit zu einer rechtlich unzulässigen mittelbaren Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten. Selbst wenn sich im konkreten Einzelfall die Pauschale bezogen auf ein bestimmtes Gerät mit anderen Nutzungs- und Leistungsparametern als angemessen erweisen sollte, ist die einheitliche Pauschale von 2,00 € je Gerät unangemessen. Eine für alle Elektrogeräte einheitlich geltende Stromkostenpauschale, die sich maßgeblich an den Gerätearten mit dem höchsten Energieverbrauch orientiert, verfehlt den mit einer pauschalen Beteiligung verfolgten Zweck und ist unverhältnismäßig.

21

Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Stromkostenpauschale von 1,75 € (OLG Celle NStZ 2005, 288, 289) oder 2,00 € gebilligt worden ist (OLG Koblenz ZfStrVo 2006, 177, 179; 2006, 179, 181), bezog sich die Pauschale auf die Nutzung mehrerer Elektrogeräte.

22

Aufgrund welcher Erwägungen die Stromkostenpauschale festgesetzt wurde, hat die Strafvollstreckungskammer nicht explizit festgestellt. Offenkundig - und insoweit maßgeblich - liegt der Pauschale aber keine Kalkulation zugrunde, mit der gerätebezogen der von den Strafgefangenen tatsächlich verursachte durchschnittliche Elektroenergieverbrauch ermittelt wurde, soweit er über den Grundbedarf hinausgeht (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2011, 2 Ws 143/11). Bereits die absolute Höhe und die unterschiedslos für alle Gerätearten einheitlich festgesetzte Pauschale sprechen dagegen. Die Festsetzung der Stromkostenpauschale auf 2,00 € pro Gerät stellt sich daher als willkürlich und die AV insoweit aus diesem Grund als rechtswidrig dar.

23

Eine Finanzierung des Grundbedarfes und der sonstigen Haftkosten über die im Strafvollzugsgesetz geregelten Fälle hinaus ist von der Rechtsordnung nicht gedeckt. Die auf eine willkürlich vorgenommene einseitige Leistungsbestimmung gestützte Vereinbarung über die zu entrichtenden Stromkostenpauschale ist nichtig, denn die vom Antragsteller versprochene Leistung des Antragstellers ist deutlich überhöht und damit unangemessen (vgl. §§ 54 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 2, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

24

Die Antragsgegnerin kann daher aus dieser Vereinbarung keinen Anspruch auf Zahlung einer Stromkostenpauschale ableiten. Die Nichtigkeit umfasst die gesamte Vereinbarung über die vom Antragsteller zu entrichtenden Stromkostenpauschale. Sie ist nicht, wovon das Landgericht dem Anschein nach aber ausgegangen ist, auf die Höhe der Pauschale beschränkt. Anders als in den Strafvollzugsgesetzen der Länder, die eine Beteiligung von Strafgefangenen an den Stromkosten vorsehen und damit selbst eine Rechtsgrundlage enthalten (vgl. Art. 73 BayStVollzG; § 49 Abs. 3 HambStVollzG; § 43 Abs. 5 Satz 1 und 2 HStVollzG; § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NJVollzG), existiert in Sachsen-Anhalt keine gesetzliche Regelung. Dies schließt zwar die Erhebung von Stromkostenpauschalen aufgrund öffentlich-rechtlicher vertraglicher Vereinbarung nicht aus (dazu oben). Da sich indes die einzig als Rechtsgrundlage in Betracht kommende AV vom 15. November 2002 als rechtswidrig und die darauf beruhende Vereinbarung als nichtig erwiesen haben, ist für eine rückwirkende einseitige Vertragsanpassung oder Vereinbarung über die Stromkostenpauschale kein Raum.

cc)

25

Infolge der Nichtigkeit der Vereinbarung besteht zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis, die Antragsgegnerin ist zur Rückgewähr der empfangenen Stromkostenpauschalen verpflichtet (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 59 Rn. 31; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 59 Rn. 65).

26

Die vom Landgericht für den Zeitraum von April 2010 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge von 2,00 € je Gerät ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 120,00 €.

c)

27

Gleichfalls Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt hat, das im Zeitraum vom Januar 2011 bis Februar 2012 abgebuchten Entgelt für den Kabelanschluss zurück zu buchen.

28

Die Abbuchung erfolgte ohne Rechtsgrund. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2011 angegeben, dass „eine separate Gebühr für den Kabelempfang (Satelliten- bzw. Kabelanschluss) in keinem Fall erhoben“ werde. Eines Rechtsgrundes für die Erhebung des Kabelentgeltes hat sich die Antragsgegnerin weder im angegriffenen Bescheid vom 21. März 2011 noch in ihrer Antragserwiderung berühmt. Durch ihre Erklärung vom 16. Juni 2011 hat sie vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass ihr kein Rechtsgrund zur Abbuchung des Kabelentgeltes zusteht. Dies hat auch die Strafvollstreckungskammer, wenngleich mit anderer Formulierung, so festgestellt.

29

Das Landgericht hat - von der Antragsgegnerin unangegriffen - ferner festgestellt, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer obigen Erklärung im Zeitraum von Januar 2011 bis zur gerichtlichen Entscheidung jeweils am Monatszehnten vom Hausgeld des Antragstellers 1,50 € abgebucht hat. Die vom Landgericht für den Zeitraum von Januar 2011 bis Februar 2012 festgestellten monatlichen Abbuchungsbeträge ergeben insgesamt einen zurück zu buchenden Betrag von 21,00 €.

30

Der Anspruch auf Rückbuchung des zu Unrecht abgebuchten Entgelts war damit aufgrund der getroffenen Feststellungen bereits bei Erlass der angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entscheidungsreif. Dem Antragsteller steht insoweit ein Anspruch auf Folgenbeseitigung (§ 115 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) zu.

d)

31

Da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 StVollzG), verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin zur Rückbuchung der Belastungsbeträge.

III.

32

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus §§ 121 Abs. 1 und Abs. 4 StVollzG, 467, 473 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich eines geringen Teils unterlegen ist, erachtet der Senat es für unbillig, ihn mit anteiligen Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen zu belasten.

33

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG und ergibt sich aus der Summe der vom Beschwerdeführer begehrten Rückzahlungen.


(1) Der Gefangene darf seinen Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden ihm belassen.

(2) Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern oder in anderer Weise Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können ausgeschlossen werden.

(1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

(2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind.

(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.

(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.

(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.

(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.

In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.