Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10

bei uns veröffentlicht am17.07.2013
vorgehend
Amtsgericht Göppingen, 6 F 708/07, 21.09.2009
Oberlandesgericht Stuttgart, 15 UF 201/09, 13.04.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 174/10
vom
17. Juli 2013
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2013 durch den Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. April 2010 wird auf Kosten der Klägerin verworfen. Beschwerdewert: bis 22.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Verwerfung ihrer Berufung als unzulässig.
2
Das dem Antrag auf Zahlung von Kindes- und Trennungsunterhalt nur teilweise stattgebende Urteil ist der Klägerin am 28. September 2009 zugestellt worden. Mit einem beim Oberlandesgericht am 27. Oktober 2009 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin Prozesskostenhilfe für die "Durchführung der Berufung" unter Beifügung eines von der Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Entwurfs der Berufung und Berufungsbegründung beantragt. In dem Schriftsatz heißt es: "Die Klägerin beabsichtigt gegen vorgenanntes Urteil Berufung im Hinblick auf Kindes- und Trennungsunterhalt einzulegen. … Die hinreichende Erfolgsaussicht ergibt sich aus dem anliegenden Entwurf der Berufung und Berufungsbegründung, welcher noch er- gänzt wird und noch nicht die endgültige und vollständige Berufungsbegründung darstellt. Die Klägerin/Berufungsführerin beabsichtigt, nach Entscheidung des Senats über die Prozesskostenhilfe einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen."
3
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 15. März 2010 den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Mit einem am 29. März 2010 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin Berufung eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist beantragt.
4
Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und zugleich die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 9).
7
Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eine Entscheidung des Senats ist entgegen der Ansicht der Klägerin zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, noch beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG); auch wird die Klägerin nicht in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 23. März 2011 - XII ZB 51/11 - FamRZ 2011, 881 Rn. 7; vom 6. Oktober 2010 - XII ZB 22/10 - FamRZ 2011, 30 Rn. 5; vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 und vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901).
8
1. Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen, weil die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beruhe.
9
Der Wiedereinsetzung stehe entgegen, dass die von der Klägerin angenommene Mittellosigkeit für die Fristversäumung nicht kausal geworden sei. Denn ihre Prozessbevollmächtigte habe innerhalb der Berufungsfrist eine vollständige Berufungsbegründung - als "Entwurf" gekennzeichnet - erstellt und eingereicht, wobei sich die Vollständigkeit daraus ergebe, dass zusammen mit dem Wiedereinsetzungsgesuch eine vollkommen inhaltsgleiche Begründung vorgelegt worden sei. Die Klägervertreterin habe also ihre Leistung auch ohne vorherige Bewilligung der Prozesskostenhilfe erbracht und hätte deshalb auch unbedingt Berufung einlegen können und müssen.
10
Darüber hinaus könne Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn die Partei vernünftigerweise nicht mit der Versagung der Prozesskostenhilfe habe rechnen können. Dabei reiche es aus, dass ihr anwaltlicher Vertreter habe erkennen können, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Das sei hier der Fall. Die Klägerin sei nach eigenem Vortrag Ende Juni 2009 aus dem Haus in R. ausgezogen, so dass es leer gestanden habe. Es könne somit nicht mehr als Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII angesehen werden und müsse für die Erlangung eines Kredits zur Bestreitung der Prozesskosten verwendet werden. Zwar könne eine Partei, der im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, davon ausgehen, dass ihre Bedürftigkeit bei unveränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auch in zweiter Instanz nicht verneint werde. Der nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe in erster Instanz erfolgte Auszug aus dem Haus stelle jedoch eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse dar.
11
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
12
a) Die Klägerin hat die Berufung nicht rechtzeitig innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingelegt. Zwar hat sie innerhalb der Frist zusammen mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe eine mit vollem Rubrum versehene und unterschriebene Berufungsbegründung eingereicht. Dieser Schriftsatz ist aber nicht zugleich als Berufungsschrift aufzufassen.
13
Nach der Rechtsprechung des Senats wahrt allerdings ein innerhalb der Berufungs- oder der Berufungsbegründungsfrist eingegangener Schriftsatz die erforderlichen Förmlichkeiten, auch wenn er zulässigerweise mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden wurde. Zwar muss der Rechtsmittelführer in solchen Fällen alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künf- tige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig machen. Wenn aber die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt sind und der entsprechende Schriftsatz auch unterschrieben wurde, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554; vom 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04 - NJW-RR 2005, 1586 und vom31.08.2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901). Das ist hier hinsichtlich der Einlegung der Berufung indes der Fall.
14
Der Schriftsatz enthält an mehreren Stellen Formulierungen, die nur dahingehend verstanden werden können, dass die Einlegung der Berufung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig sein sollte. Die Prozessbevollmächtigte führt aus, die Klägerin beabsichtige, Berufung einzulegen und nach Entscheidung des Senats Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. Mit dem Entwurf der Berufung und Berufungsbegründung werde die hinreichende Erfolgsaussicht hinsichtlich der Prozesskostenhilfe dargelegt. Die vorgenannten Formulierungen sind eindeutig und zeigen, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst davon ausgegangen ist, mit dem Schriftsatz vom 27. Oktober 2009 eine Berufung noch nicht eingelegt zu haben.
15
b) Das Oberlandesgericht hat der Klägerin Wiedereinsetzung gegen die versäumte Berufungsfrist bzw. Berufungsbegründungsfrist auch zu Recht versagt.
16
aa) Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag wegen Mittellosigkeit als unverschuldet verhindert gemäß § 233 ZPO anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. März 2011 - XII ZB 51/11 - FamRZ 2011, 881 Rn. 9; vom 27. Oktober 2010 - XII ZB 113/10 - FamRZ 2011, 29 Rn. 21; vom 23. Februar 2005 - XII ZB 71/00 - FamRZ 2005, 789 und bereits Senatsbeschluss vom 27. November 1996 - XII ZB 84/96 - FamRZ 1997, 546 f.). Das ist dann nicht der Fall, wenn die Partei oder ihr anwaltlicher Vertreter (§ 85 Abs. 2 ZPO) erkennen konnte, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht gegeben sind (vgl. BGHZ 148, 66 = NJW 2001, 2720, 2721).
17
bb) Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hätte erkennen können und müssen, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach dem Auszug der Klägerin aus dem Haus in R. Ende Juni 2009 nicht (mehr) gegeben sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte an diesem Haus einen 1/3 Miteigentumsanteil. Dass eine im (Mit-)Eigentum stehende, jedoch nicht selbst bewohnte Immobilie für Prozesskosten verwertet werden muss und nicht unter das sog. Schonvermögen fällt, ergibt sich aus dem Gesetz (§ 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII; vgl. Senatsbeschluss vom 19. Januar 2000 - XII ZB 202/99 - FuR 2001, 138).
18
Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht davon ausgegangen ist, der Klägerin sei eine wirtschaftliche Verwertung ihres Miteigentumsanteils jedenfalls durch dessen Beleihung zur Bestreitung der Prozesskosten möglich und zu- mutbar. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Ausführungen des Oberlandesgerichts in dem Prozesskostenhilfebeschluss vom 15. März 2010 beläuft sich der Wert des Hausgrundstücks nach der von der Klägerin als niedrig betrachteten Bewertung des Beklagten im Rahmen des Zugewinnausgleichs auf 270.000 €, so dass der Wert des Anteils der Klägerin 90.000 € beträgt. Unter Berücksichtigung der Gesamtbelastungen von 88.000 €, die vom Beklagten zurückgeführt werden, verbleibt für die Klägerin ein Wert von über 60.000 €. Dass eine Beleihung des Miteigentumsanteils gleichwohl nicht möglich gewesen wäre, hat die Klägerin in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht nicht dargelegt. Das ergibt sich auch aus der im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Bescheinigung ihrer Bank nicht. Danach war die kontoführende Bank weder mit der Finanzierung noch mit dem Verkauf der Immobilie befasst. Für sie ist demgemäß auch keine Sicherheit eingetragen. Dass eine Kreditaufnahme bei einer anderen Bank, insbesondere derjenigen, bei der die Finanzierung der Immobilie erfolgte und zu deren Gunsten bereits dingliche Sicherheiten bestehen, nicht möglich gewesen wäre, ist dagegen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
19
Soweit die Klägerin geltend macht, die Aufnahme eines Darlehens über 6.000 € zur Bestreitung der Kosten der Verfahren auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt hätte für 72 Monate zu einer monatlichen Belastung in Höhe von 100 € für Zins- und Tilgungsleistungen geführt, die insgesamt den Betrag von 48 Monatsraten überstiegen hätte, weshalb eine Darlehensaufnahme unzumutbar gewesen sei, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. In Rechtsprechung und Literatur wird zwar vertreten, eine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Prozesskosten könne grundsätzlich dann nicht verlangt werden, wenn mit der Tilgung des Kredits Zinszahlungen verbunden seien, die einen solchen Kredit teurer ausfallen ließen als die nach der Tabelle aus dem monatlichen Einkommen gegebenenfalls zu leistenden Monatsraten (Christel NJW 1981, 785, 790; Grunsky NJW 1980, 2041, 2042; Schneider MDR 1981, 1, 2; Zöller /Geimer ZPO 29. Aufl. § 115 Rn. 65). Das ist hier aber nicht der Fall. Wenn ein Darlehen nur zur Überbrückung aufzunehmen ist, bis einsatzpflichtiges Vermögen verwertet werden kann, muss dies nicht mit längerfristigen Zins- und Tilgungsleistungen verbunden sein. In diesem Fall kann eine Darlehensaufnahme deshalb zumutbar sein (Musielak/Fischer ZPO 10. Aufl. § 115 Rn. 50; Zöller/Geimer ZPO 29. Aufl. § 115 Rn. 64).
20
Davon ist auch vorliegend auszugehen. Die im Miteigentum der Parteien befindliche Doppelhaushälfte steht zum Verkauf. Sobald dieser realisiert ist, verfügt die Klägerin über ausreichende Mittel, um ein Darlehen abzulösen. Zinsund Tilgungsleistungen braucht sie deshalb nur bis zu diesem Zeitpunkt aufzubringen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kreditraten nicht auf einen Betrag in Höhe von monatlich 90 € hätten vereinbart werden können, den die Klägerin nach ihrer eigenen Auffassung als Rate im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu zahlen hätte. Im Übrigen hat der Beklagte (erneut) im Rechtsbeschwerdeverfahren auf seine Bereitschaft hingewiesen, die für die Verwertung erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen. Eines rechtlichen Hinweises des Oberlandesgerichts auf eine Zumutbarkeit der Vermögensverwertung bedurfte es nicht, da die Thematik bereits von der Gegenseite in das Verfahren eingeführt worden war.
21
cc) Das Oberlandesgericht hat bei seiner Beurteilung auch nicht verkannt , dass eine Partei, der in erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, grundsätzlich davon ausgehen darf, dass bei unveränderten wirtschaftlichen Verhältnissen ihre Bedürftigkeit auch in der zweiten Instanz bejaht wird (Senatsbeschluss vom 23. Februar 2005 - XII ZB 71/00 - FamRZ 2005, 789). Vorliegend ist aber zu beachten, dass durch den zwischenzeitlichen Auszug der Klägerin aus der Immobilie eine im Prozesskostenhilfeverfahren zu be- rücksichtigende veränderte wirtschaftliche Situation eingetreten ist, die auch der Prozessbevollmächtigten bekannt war. Angesichts dieser Veränderung durfte sich die Klägerin gerade nicht darauf verlassen, dass ihr auch für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt wird.
22
Soweit die Rechtsbeschwerde anführt, die der Klägerin bewilligte Prozesskostenhilfe sei im Scheidungsverfahren nach ihrem Auszug aus dem Haus auf die Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt erstreckt worden, konnte sich hieraus kein entsprechender Vertrauenstatbestand ergeben. Denn die Bewilligung war ohne erneute Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse erfolgt.
23
dd) Danach hat das Oberlandesgericht das Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerin aufgrund ihrer erkennbar fehlenden Bedürftigkeit nach Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu Recht zurückgewiesen. Deshalb bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen anzunehmen ist, dass Mittellosigkeit für die Fristversäumung nicht kausal geworden ist, weil ein Prozessbevollmächtigter bereit gewesen wäre, die Berufung auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 462/11 - FamRZ 2012, 705 Rn. 9; BGH Beschlüsse vom 29. März 2012 - IV ZB 16/11 - NJW 2012, 2041; vom 16. November 2010 - VIII ZB 55/10 - FamRZ 2011, 289 Rn. 19 und vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - FamRZ 2008, 1520). Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Göppingen, Entscheidung vom 21.09.2009 - 6 F 708/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.04.2010 - 15 UF 201/09 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10 zitiert 11 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10 zitiert 12 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04

bei uns veröffentlicht am 19.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 25/04 vom 19. Mai 2004 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dos

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2010 - XII ZB 113/10

bei uns veröffentlicht am 27.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 113/10 vom 27. Oktober 2010 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkha

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Nov. 2010 - XII ZB 197/10

bei uns veröffentlicht am 03.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 197/10 vom 3. November 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 Ga, 85; FGG-RG Art. 111 a) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2010 - VIII ZB 55/10

bei uns veröffentlicht am 16.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 55/10 vom 16. November 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 B, D a) Versäumt eine mittellose Partei die Frist zur Berufungseinlegung und Berufungsbegründung ,

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04

bei uns veröffentlicht am 22.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 34/04 vom 22. Juni 2005 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 234 Abs. 1 Satz 2 A, 520 Abs. 2 Die Berufungsbegründungsfrist ist nach der Rechtslage seit Inkrafttrete

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2005 - XII ZB 116/05

bei uns veröffentlicht am 31.08.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 116/05 vom 31. August 2005 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 117 Abs. 2, 233 B, Hb 517 a) Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Berufungsverfahrens

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2012 - XII ZB 462/11

bei uns veröffentlicht am 08.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 462/11 vom 8. Februar 2012 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2011 - XII ZB 51/11

bei uns veröffentlicht am 23.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 51/11 vom 23. März 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 114, 233 B, 522 Abs. 1 Satz 4 Hat der Berufungsführer vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist Prozesskoste

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2008 - XII ZB 189/07

bei uns veröffentlicht am 02.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 189/07 vom 2. April 2008 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fb, Fd Zur Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels, wenn diese versäumt wurde, weil

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2008 - VI ZB 16/07

bei uns veröffentlicht am 06.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 16/07 vom 6. Mai 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 (D) Versäumt eine mittellose Partei die Frist zur Begründung der Berufung, so kommt eine Wiedereinsetzung i

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2000 - XII ZB 202/99

bei uns veröffentlicht am 19.01.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 202/99 vom 19. Januar 2000 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber -Monecke und

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2005 - XII ZB 71/00

bei uns veröffentlicht am 23.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 71/00 vom 23. Februar 2005 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wag
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - XII ZB 174/10.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2019 - III ZB 104/18

bei uns veröffentlicht am 25.04.2019

Fassung gemäß § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 104/18 vom 25. April 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:250419BIIIZB104.18.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2019 durch den Vorsitzenden

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2019 - XII ZB 120/19

bei uns veröffentlicht am 11.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 120/19 vom 11. September 2019 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 113 Abs. 1, 117 Abs. 5; ZPO §§ 114, 115, 233 Satz 1 B, Hc Begehrt der Rechtsmittelführer Ver

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. Aug. 2017 - 2 WDB 5/17

bei uns veröffentlicht am 14.08.2017

Tatbestand 1 Der frühere Soldat ist mit Urteil des Truppendienstgerichts vom 21. März 2017 wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Leutnants zur See der Rese

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2016 - XII ZB 142/15

bei uns veröffentlicht am 22.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 142/15 vom 22. Juni 2016 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 57 Abs. 1, 567 Abs. 1 Nr. 2 Die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO ist nicht mit de

Referenzen

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

9
Auf das Rechtsmittel findet das bis zum 31. August 2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung, was die Rechtsbeschwerde nicht verkennt. Für ein vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitetes Verfahren ist nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss das seinerzeit geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Aus der Sondervorschrift des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ergibt sich nichts Abweichendes (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 8 mwN; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Rn. 5 mwN).

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

7
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 mwN; s. auch Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2010 - XII ZB 22/10 - FamRZ 2011, 30 Rn. 5).
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff.; 41, 332, 334 ff.; 69, 381, 385; BVerfG NJW 1999, 3701, 3702; NJW 2001, 2161, 2162; BGHZ 151, 221, 227).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 116/05
vom
31. August 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Berufungsverfahrens
sind innerhalb der Berufungsfrist neben der Erklärung über die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse auch entsprechende Belege
beizufügen.

b) Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des
Rechtsmittels Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit
der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen nicht hinreichend nachgewiesener
Bedürftigkeit rechnen musste.

c) Hat eine Partei die Berufungsfrist versäumt, weil sie nach ihren persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung
nicht oder nur teilweise aufbringen kann, ist die Fristversäumung auch dann
unverschuldet, wenn der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist, sondern bis zum Ablauf der
Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO eingegangen ist, und die Fristversäumung
nicht auf einem Verschulden beruht.
BGH, Beschluss vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - OLG Naumburg
AG Halle-Saalkreis
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
1. Den Klägern wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 23. März 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 23. März 2005 aufgehoben, soweit ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert worden ist. Den Klägern wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts HalleSaalkreis vom 18. Januar 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Beklagt e zu tragen.
Wert: 4.323 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über Kindesunterhalt. Die Kläger sind die ehelichen Kinder des Beklagten aus dessen Ehe mit ihrer Mutter. Die Ehe wurde mit Urteil des Familiengerichts Halle-Saalkreis vom 28. Januar 1998 geschieden. Zuvor hatten die Eltern im Scheidungsverbundverfahren einen gerichtlichen Vergleich u.a. über den Kindesunterhalt geschlossen. Mit ihrer am 12. Februar 2004 beim Familiengericht eingegangenen Abänderungsklage begehren die Kläger eine Abänderung des geschuldeten Kindesunterhalts auf die Regelbeträge (Ost). Der Beklagte hat mit seiner Widerklage eine Herabsetzung des Kindesunterhalts beantragt. Das Amtsgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen, weil von den Parteien keine wesentlichen Veränderungen der maßgebenden Verhältnisse dargelegt seien. Das Urteil ist den Klägern am 27. Januar 2005 zugestellt worden. Mit einem am 28. Februar 2005 (Montag) per Fax eingegangenen Antrag haben die Kläger Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil begehrt. Dem Antrag lagen Erklärungen beider Kläger sowie ihrer Mutter über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie eine vollständige und unterzeichnete Berufungsbegründung bei. Weitere Belege waren dem Antrag nicht beigefügt; sie gingen erst mit dem Original des Antrags am 1. März 2005 (Dienstag) ein. Auf einen Hinweis des Gerichts vom 2. März 2005, der bei den Klägern am 7. März 2005 einging, wonach das Prozesskostenhilfegesuch nicht vollständig innerhalb der Berufungsfrist eingegangen sei, haben
die Kläger am 17. März 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass der zuverlässigen Rechtsanwaltsgehilfin W. ihres Prozessbevollmächtigten im Rahmen der allgemeinen Kanzleiorganisation sowie durch weitere konkrete Anweisung aufgegeben worden sei, dem per Fax zu übersendenden Prozesskostenhilfeantrag außer den Vordrucken über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die weiteren Belege beizufügen. Von der sonst stets zuverlässigen Rechtsanwaltsgehilfin sei außerdem eine abschließende Ausgangskontrolle anhand des Fristenkalenders durchzuführen, die sich auch auf die Vollständigkeit der abgegangenen Schriftsätze erstrecke. Eine solche Ausgangskontrolle habe die Rechtsanwaltsgehilfin auch durchgeführt. Allerdings habe sie sowohl bei der Versendung des Telefax als auch bei der späteren Fristenkontrolle übersehen, dass die dem Original bereits beigefügten Anlagen nicht auch per Fax versandt worden seien. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 23. März 2005 die beantragte Wiedereinsetzung abgelehnt und den Klägern deswegen auch Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagt. Der Beschluss wurde den Klägern am 29. März 2005 zugestellt. Mit Schriftsätzen vom gleichen Tag haben die Kläger erneut Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt sowie unbedingt Berufung eingelegt und diese mit weiterem am 29. März 2005 (Dienstag nach Ostern) eingegangenen Schriftsatz erneut begründet. Mit ihrer Rechtsbeschwerde wenden sich die Kläger gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von den Klägern für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung. 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungsfrist.
a) Die Kläger haben die Berufung nicht bereits rechtzeitig innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingelegt. Zwar haben sie am letzten Tag der Berufungsfrist gemeinsam mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe eine mit vollem Rubrum versehene und unterschriebene Berufungsbegründung eingereicht; im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Rechtsbeschwerde ist dieser Schriftsatz aber nicht zugleich als Berufungsschrift aufzufassen.
Nach der Rechtsprechung des Senats wahrt ein innerhalb der Berufungs - oder der Berufungsbegründungsfrist eingegangener Schriftsatz die erforderlichen Förmlichkeiten, auch wenn er zulässigerweise mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden wurde. Zwar muss der Rechtsmittelführer in solchen Fällen alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig machen. Wenn aber die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt sind und der entsprechende Schriftsatz auch unterschrieben wurde, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04 - zur Veröffentlichung bestimmt). Das ist hier hinsichtlich der Einlegung der Berufung indes der Fall. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2005 haben die Kläger Prozesskostenhilfe für "das beabsichtigte Berufungsverfahren" begehrt. Sie haben damit deutlich gemacht, dass die Einlegung der Berufung von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig sein sollte. Die vollständige Berufungsbegründung haben die Kläger lediglich beigefügt, um die Erfolgsaussicht des Antrags auf Prozesskostenhilfe zu belegen. An einer Berufung fehlt es auch deswegen, weil sich aus dem Schriftsatz, der zwar die Förmlichkeiten des § 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfüllt, nicht die Erklärung ergibt, dass gegen das amtsgerichtliche Urteil schon Berufung eingelegt werden sollte (§ 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Partei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann zu gewähren, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch einge-
bracht hat und vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werde (Senatsbeschluss vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Allerdings geht das Berufungsgericht zu Recht von einer Obliegenheit der Kläger zur Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aus. Für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedr. bei Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Ein Antragsteller kann deshalb grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig (vor Ablauf der Rechtsmittelfrist) einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck zu den Akten gereicht hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548; BGH, Beschlüsse vom 26. September 2002 - I ZB 20/02 - FamRZ 2003, 89 und vom 10. November 1998 - VI ZB 21/98 - VersR 1999, 1123). Einen solchen Vordruck hatten sowohl die minderjährigen Kläger (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VO vom 17. Oktober 1994) als auch die sorgeberechtigte Mutter rechtzeitig eingereicht. Auf der Grundlage der am letzten Tag der Berufungsfrist per Fax eingegangenen Unterlagen konnten die Kläger gleichwohl nicht mit einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechnen, weil die Erklärung ihrer Mutter über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig war. Denn auch die sorgeberechtigte Mutter ist den Klägern prozesskostenvorschusspflichtig und ein geschuldeter Vorschuss bildet einsetzbares Vermögen der Kinder im Sinne des § 115 ZPO (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - XII ZA
6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634 f.). Deswegen waren auch die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Mutter vollständig zu belegen, was nach § 117 Abs. 2 ZPO auch die Vorlage entsprechender Belege innerhalb der Berufungsfrist einschließt (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03 - FamRZ 2004, 99 f.). Das war hier schon deswegen erforderlich, weil sich aus der Erklärung der Mutter zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ergab, ob ihr Bankguthaben das sogenannte Schonvermögen überstieg.
c) Den Klägern ist aber trotz der verspätet eingegangenen Anlagen zum Antrag auf Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu bewilligen , weil sie diese Frist schuldlos versäumt und die Wiedereinsetzung fristund formgerecht beantragt haben (§§ 234, 236 ZPO). Sie konnten deswegen gleichwohl - wie schon in erster Instanz - mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechnen. Denn selbst wenn ein vollständiger Prozesskostenhilfeantrag nicht innerhalb der Berufungsfrist eingegangen ist, bleibt es bei einer unverschuldeten Versäumung der Berufungsfrist, sofern auch der verspätete Eingang des Prozesskostenhilfeantrags unverschuldet ist und innerhalb der Frist des § 234 ZPO nachgeholt wird (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01 - NJW 2002, 2180 f.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Als die Kläger mit Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 2. März 2005 davon Kenntnis erlangten, dass dem am letzten Tag der Berufungsfrist per Telefax eingegangenen Antrag auf Prozesskostenhilfe zwar die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht aber die weiteren Anlagen beigefügt waren, waren diese bereits mit dem Originalantrag beim Berufungsgericht eingegangen. Der verspätete Eingang des vollständigen Prozesskostenhilfeantrags ist auch nicht auf ein Verschulden der Kläger zurückzuführen. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trifft sie weder ein
eigenes noch ein ihnen nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Anwaltsverschulden. Ein zurechenbares Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Kläger scheidet aus. Der vollständige Antrag auf Prozesskostenhilfe nebst Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechenden Anlagen lag nach dem Inhalt seiner eidesstattlichen Versicherung schon am 28. Februar 2005 unterzeichnet vor; auch die sofortige Übersendung an das Berufungsgericht hatte er konkret angeordnet. Dafür spricht auch, dass der vollständige Antrag im Original schon am Folgetag bei Gericht eingegangen ist. Den Prozessbevollmächtigten der Kläger trifft auch kein Organisationsverschulden , weil er den rechtzeitigen Zugang des Schriftsatzes nebst allen Anlagen beim Berufungsgericht durch seine allgemeine Büroorganisation und eine weitere konkrete Einzelanweisung hinreichend sichergestellt hatte. Auch die Ausgangskontrolle hat er entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so organisiert, dass anhand des Einzelnachweises eine unvollständige Übermittlung fristgebundener Schriftsätze auffallen musste (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 27/03 - FamRZ 2004, 1549, 1550). Wenn die Rechtsanwaltsfachangestellte des Prozessbevollmächtigten gleichwohl sowohl bei der Übersendung als auch bei der Fristenkontrolle fehlerhaft handelte, was nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen zuvor noch nicht geschehen und deswegen auch nicht zu erwarten war, kann das kein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten begründen. Die Kläger konnten deswegen trotz des ursprünglich unvollständigen Antrags mit der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe rechnen, was als unverschuldete Fristversäumung eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist ermöglicht.
d) Die Kläger haben die Wiedereinsetzung innerhalb der 14-tägigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO seit Versagung der Prozesskostenhilfe beantragt
und mit der Berufung die versäumten Handlungen gleichzeitig nachgeholt (zum Fristbeginn nach Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe vgl. Senatsbeschluss vom 26. Mai 1993 - XII ZB 70/93 - FamRZ 1993, 1428 f.). Hinsichtlich der Berufungsbegründung bedarf es einer Wiedereinsetzung nicht, weil diese rechtzeitig am 29. März 2005 und somit innerhalb der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen ist.

III.

Der Senat weist darauf hin, dass der Beschluss des Berufungsgerichts, soweit Prozesskostenhilfe versagt wurde, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich formelle, aber keine materielle Rechtskraft erlangt (BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03 - FamRZ 2004, 940, 941; Senatsbeschluss vom 10. März 2005 - XII ZB 19/04 - FamRZ 2005, 788). Durch den Beschluss sind die Kläger deswegen nicht gehindert, erneut Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zu beantragen, zumal der frühere Antrag
lediglich mit Hinweis auf die versagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt worden ist.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Vézina Dose

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 34/04
vom
22. Juni 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berufungsbegründungsfrist ist nach der Rechtslage seit Inkrafttreten der ZPOReform
zum 1. Januar 2002 nicht schuldhaft versäumt, wenn der Berufungskläger,
der zwar keine Verlängerung der Begründungsfrist, innerhalb der Begründungsfrist
aber Prozeßkostenhilfe beantragt hatte, die Berufungsbegründung nach der Entscheidung
über den Prozeßkostenhilfeantrag innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist
nachgeholt hat.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04 - OLG Zweibrücken
AG Germersheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 6. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 5. Februar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 9.192 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Kindes- und Trennungsunterhalt. Die Parteien sind getrennt lebende Ehegatten; ihr Scheidungsverfahren ist rechtshängig. Die Klägerin begehrte im Wege der Stufenklage Unterhalt für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder sowie Trennungsunterhalt. Nachdem der Beklagte, der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und daneben geringfügige Erwerbseinkünfte erzielt, Auskunft zu diesen Einkünften und zu weiteren Zinseinkünften erteilt hatte, hat das Amtsgericht die Klage we-
gen fehlender Leistungsfähigkeit des Beklagten insgesamt abgewiesen. Gegen das ihr am 17. Januar 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Februar 2003 Berufung eingelegt. In der Berufungsschrift ist ausgeführt: "Die Einlegung des Rechtsmittels erfolgt zunächst zur Fristwahrung, die Durchführung hängt von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ab." Mit weiterem Schriftsatz vom 17. Februar 2003, der mit "Prozeßkostenhilfeantrag" überschrieben und ebenfalls an diesem Tage eingegangen ist, beantragte die Klägerin Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens und erklärte weiter: "Für den Fall der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird beantragt werden zu erkennen: 1. Das Urteil des Amtsgerichts Germersheim vom 25.11.2002 wird aufgehoben …" In der Begründung dieses vom Klägervertreter unterschriebenen Schriftsatzes heißt es insoweit: "Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das angefochtene Urteil." Nachdem das Berufungsgericht der Klägerin mit einem ihr am 26. Mai 2003 zugestellten Beschluß Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, beantragte sie mit einem am 6. Juni 2003 eingegangenen Schriftsatz, der zugleich eine Berufungsbegründung enthält, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung führte sie aus: "Die Klägerin … war auf die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe angewiesen. Nachdem diese durch Beschluß vom 15.05.2003 im Rahmen des
nachstehend formulierten Antrags bewilligt wurde, kann die Berufung, die mit Schriftsatz vom 17.02.2003 gegen das Urteil … eingelegt wurde, begründet werden." Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht der Klägerin die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Zu Recht geht das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 1299 veröffentlicht ist, allerdings davon aus, daß die Klägerin ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 17. Februar 2003 unbedingt eingelegt und erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit Schriftsatz vom 6. Juni 2003 begründet hat. Nach der Rechtsprechung des Senats wahrt ein innerhalb der Berufungs - oder der Berufungsbegründungsfrist eingegangener Schriftsatz die erforderlichen Förmlichkeiten, auch wenn er zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden wurde. Zwar muß der Rechtsmittelführer in solchen Fällen alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen. Wenn aber die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt sind und der ent-
sprechende Schriftsatz auch unterschrieben wurde, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Das ist hier hinsichtlich des weiteren Schriftsatzes vom 17. Februar 2003 (Prozeßkostenhilfeantrag ), nicht aber hinsichtlich der Berufungsschrift der Fall. Die Berufungsschrift vom 17. Februar 2003 ist ausdrücklich als solche bezeichnet, enthält die nach § 519 ZPO notwendigen Formalien und ist vom Klägervertreter unterschrieben. Zwar wird in der Berufungsschrift darauf hingewiesen , daß diese "zunächst nur zur Fristwahrung" eingelegt werde und die spätere Durchführung von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig sein soll. Das hindert die unbedingte Einlegung des Rechtsmittels aber nicht. Allerdings ist die Berufung durch den weiteren Schriftsatz vom 17. Februar 2003 nicht zugleich begründet worden. In diesem Schriftsatz hat die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß zunächst lediglich Prozeßkostenhilfe beantragt und die Berufung nur für den Fall deren Bewilligung begründet werden soll. Obwohl auch dieser Schriftsatz vom Klägervertreter unterschrieben ist, geht aus dessen Inhalt zweifelsfrei hervor, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt war. Dem entspricht auch die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags der Klägerin vom 5. Juni 2003, in dem sie ausführt, vor Bewilligung der Prozeßkostenhilfe an einer Durchführung der Berufung gehindert gewesen zu sein und diese nunmehr begründen zu wollen. 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Klägerin allerdings die begehrte Wiedereinsetzung in die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt.
Nachdem das Berufungsgericht der Klägerin mit dem am 26. Mai 2003 zugestellten Beschluß vom 15. Mai 2003 Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, hat sie am 6. Juni 2003 und somit innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die versäumte Prozeßhandlung - nämlich die Berufungsbegründung - nachgeholt. Zuvor hatte die Klägerin die Frist zur Berufungsbegründung ohne Verschulden versäumt, weil sie vor Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht in der Lage war, ihr eingelegtes Rechtsmittel zu begründen, und weil sie auch nicht gehalten war, nach Einlegung der Berufung bis zur Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.
a) Allerdings hatte der Bundesgerichtshof zum früheren Prozeßrecht entschieden , daß eine Partei, die unbedingt Berufung eingelegt, diese aber innerhalb der Monatsfrist des § 519 Abs. 2 ZPO a.F. (jetzt § 520 Abs. 2 ZPO) noch nicht begründet hat, sondern die Entscheidung über ihr gleichzeitig eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch abwarten will, durch einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dafür sorgen muß, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig wird (BGH Beschlüsse vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271, vom 30. Juli 1998 - III ZB 19/98 - NJW-RR 1999, 212 und vom 13. Oktober 1992 - XI ZB 12/92 - VersR 1993, 1125). Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Anwaltsprozeß der Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet, durch einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist dafür zu sorgen, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig wird. Dieses galt allerdings schon auf der Grundlage des früheren Prozeßrechts dann nicht, wenn sich der Auftrag , den die Partei ihrem Anwalt erteilt hatte, nicht auf die Stellung eines solchen Verlängerungsantrags erstreckte. Denn der Umfang der Rechte und Pflichten eines Anwalts bestimmt sich nach dem Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seiner Partei. Maßgebend ist deswegen der dem Anwalt von
der Partei erteilte Auftrag. Umfaßte dieser nicht zugleich die Anträge auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, war der Rechtsanwalt weder verpflichtet noch berechtigt, ein solches weiteres Gesuch zu stellen. Dann läge jedenfalls kein der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Anwaltsverschulden vor (BGHZ 38, 376, 378 f.). Auch ein eigenes Verschulden der Partei scheidet in solchen Fällen regelmäßig aus.
b) Diese Rechtslage hat sich durch die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene ZPO-Reform und erneut durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 geändert. Die Berufungsbegründungsfrist wird jetzt nicht mehr durch die Einlegung der Berufung in Lauf gesetzt, sondern beträgt unabhängig davon zwei Monate ab Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils. Zugleich ist die Möglichkeit einer Verlängerung der Begründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO weiter eingeschränkt worden. Ohne Einwilligung des Gegners kann die Frist nur bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Gerichts der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Eine weitergehende Verlängerung ist nur noch mit Einwilligung des Gegners möglich. aa) Damit ist es dem Berufungsführer bei rechtzeitig beantragter Prozeßkostenhilfe für die Durchführung der Berufung jedenfalls nicht mehr zumutbar, über den Ablauf der erstmaligen Verlängerung hinaus eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungfrist zu beantragen. Hat das Berufungsgericht noch nicht über die beantragte Prozeßkostenhilfe entschieden und verweigert der Prozeßgegner die erforderliche Zustimmung zu einer weiteren Fristverlängerung , kann die Versäumung der Begründungsfrist schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht als schuldhaft angesehen werden (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - FamRZ 2003, 1462, 1463 f.). Sonst wäre der Rechtsmittelführer gezwungen, sein Rechtsmittel mangels Verlänge-
rungsmöglichkeit noch vor der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch zu begründen, was ihr nicht zuzumuten ist. Aber auch wenn der Gegner seine Zustimmung zur Verlängerung der Begründungsfrist noch nicht versagt hatte, ist dem Rechtsmittelführer ein weiterer Verlängerungsantrag nicht zumutbar. Für ihn ist nämlich vorab nicht erkennbar , ob der Gegner seine nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO erforderliche Zustimmung zu einer weiteren Verlängerung erteilen wird. Es würde sonst allein vom Wohlwollen des Prozeßgegners abhängen, ob der Rechtsmittelführer (noch) weitere Fristverlängerung beantragen muß oder ob (nach versagter Zustimmung ) eine schuldlose Fristversäumnis vorliegt, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen kann. Wird die Zustimmung erst kurz vor Fristablauf versagt, bliebe dem Rechtsmittelführer auch nur noch eine unzumutbar kurze Frist. Auch das würde die Situation der unbemittelten Partei in unzumutbarer Weise beeinträchtigen (vgl. BGH Beschluß vom 3. Dezember 2003 - VIII ZB 80/03 - FamRZ 2004, 699). bb) Ein Verschulden des Rechtsmittelführers liegt aber selbst dann nicht vor, wenn er schon von einem erstmaligen Verlängerungsantrag abgesehen hatte. Auch dann kann ihm Wiedereinsetzung in die Versäumung der Begründungsfrist gewährt werden, wenn er rechtzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt hatte und nach der Entscheidung über dieses Gesuch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Denn das Gericht wird oft nicht innerhalb der erstmals verlängerten Begründungsfrist entscheiden. Dann beruht die Fristversäumung schon nicht auf der fehlenden erstmaligen Fristverlängerung. Aber auch sonst ist es dem mittellosen Rechtsmittelführer nicht zumutbar , überhaupt eine Fristverlängerung zu beantragen, weil schon bei Eingang des Prozeßkostenhilfegesuchs unsicher ist, ob vor Ablauf der erstmals verlän-
gerten Begründungsfrist über dieses entschieden würde. Dann liefe es auf eine bloße Förmelei mit unzumutbaren Fristenkontrollen hinaus, neben dem rechtzeitig gestellten Prozeßkostenhilfeantrag stets einen erstmaligen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist zu verlangen. Ein Verschulden des Rechtsmittelführers scheidet auch in diesen Fällen aus, weil sowohl der vom Gericht festgelegte Zeitpunkt der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch als auch die von der Zustimmung seines Prozeßgegners abhängige Verlängerung der Begründungsfrist seinem Einfluß entzogen sind. Diese Auffassung liegt auch der Änderung des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz zugrunde. Denn mit der gesetzlichen Neuregelung ist die Wiedereinsetzungsfrist bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einen Monat verlängert worden, ohne danach zu differenzieren , ob das Rechtsmittel selbst schon eingelegt war oder auch dieses von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht ist. Nach der Gesetzesbegründung soll durch die Änderung insbesondere siche rgestellt werden, daß einem Rechtsmittelführer, dem Prozeßkostenhilfe nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, ein Monat Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibt, so daß er nicht schlechter gestellt wird als eine vermögende Partei (BT-Drucks. 15/1508 S. 17). Damit versucht die gesetzliche Neuregelung , die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsprinzip zur weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes umzusetzen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 2003 aaO; BVerfGE 81, 347, 356 m.w.N.; Löhnig FamRZ 2005, 578, 579 f. ).
c) Weil die Klägerin deswegen weder gehalten war, bis zur Entscheidung über ihr Prozeßkostenhilfegesuch fortwährend Verlängerung ihrer Berufungs-
begründungsfrist zu beantragen, und auch sonst kein ihr zurechenbares Verschulden ersichtlich ist, hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand. Das Berufungsgericht wird deswegen über den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden müssen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

7
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 mwN; s. auch Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2010 - XII ZB 22/10 - FamRZ 2011, 30 Rn. 5).
21
aa) Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe durch einen Rechtsanwalt beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag wegen Mittellosigkeit als unverschuldet verhindert anzusehen , das Rechtsmittel wirksam einzulegen, sofern er nach den gegebenen Umständen nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen mangelnder Bedürftigkeit rechnen muss (vgl. für den Fall eines mit einer unzulässigen Berufung verbundenen ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeersuchens BGH Beschluss vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823). Nachdem das Oberlandesgericht bereits mit dem Beklagten am 19. August 2009 zugestelltem Beschluss über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden hatte, ist der am 22. Januar 2010 beim Berufungsgericht eingegangene Schriftsatz des Beklagten , mit dem er Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist, bezogen auf die Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung beantragte, nicht mehr rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingegangen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 71/00
vom
23. Februar 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 11. Zivilsenats und Familiensenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. August 1999 aufgehoben. Dem Antragsgegner wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwäbisch Gmünd vom 23. April 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Beschwerdewert: 4.463 € (= 8.730 DM)

Gründe:

I.

Durch Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsgegner zur Zahlung von Ehegatten- und Kindesunterhalt verurteilt. Mit am 16. Juni 1999 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe zur Einlegung der Berufung gegen das ihm am 17. Mai 1999 zugestellte Urteil zu bewilligen. Durch Beschluß vom 29. Juli 1999, dem Antragsgegner zugestellt am 4. August 1999, hat das Oberlandesgericht die
nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert. Der Antragsgegner legte daraufhin am 16. August 1999 Berufung gegen das Verbundurteil ein (die er später rechtzeitig begründete) und beantragte zugleich, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, da sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei und die beantragte Wiedereinsetzung nicht bewilligt werden könne. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Außerdem war dem Antragsgegner wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. 1. Der Antragsgegner greift mit seinem Rechtsmittel sowohl die Verwerfung der Berufung als unzulässig als auch die - in den Gründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte - Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an. 2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts war dem Antragsgegner nach § 233 ZPO wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung, daß die Partei die Berufungsfrist ohne ihr Verschulden nicht einhalten konnte. Das durch die Bedürftigkeit einer Partei begründete Unvermögen, einen Rechtanwalt mit der Einlegung des
Rechtsmittels zu beauftragen, stellt grundsätzlich ein unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Vorschrift dar. Deshalb ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer Partei nach Ablehnung eines Prozeßkostenhilfegesuchs Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen mußte, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, daß sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozeßkostenhilfe vor Ablauf der Rechtsmittelfrist genügend dargetan habe (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Februar 1996 - XII ZB 157/95 - FamRZ 1996, 933, 934 m.N.). Davon geht auch das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht aus. Seine Auffassung, die vorgenannten Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, hält der rechtlichen Nachprüfung aber nicht stand. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Antragsgegner habe sich nicht mehr für bedürftig im Sinne der §§ 114 ff. ZPO halten dürfen, nachdem ihm bei gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen in dem Parallelverfahren (betreffend Trennungs- und Kindesunterhalt) mit Beschluß vom 19. Mai 1999, zugestellt am 25. Mai 1999, Prozeßkostenhilfe mangels Bedürftigkeit verweigert worden sei. Er habe nach Zugang dieses Beschlusses hinreichend Zeit gehabt, innerhalb der Berufungsfrist zu überlegen, ob er trotz dieser Einschätzung seiner Bedürftigkeit Berufung einlegen wolle. In dem vorgenannten Beschluß war dem Antragsgegner Prozeßkostenhilfe mit der Begründung verweigert worden, das in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angeführte Bausparguthaben reiche bei weitem aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken. In dem Parallelverfahren hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7. Juni 1999, eingegangen am 9. Juni 1999, Gegenvorstellung gegen die Prozeßkostenhilfeverweige-
rung erhoben und u.a. ausgeführt, das Bausparguthaben sei an einen Darlehensgläubiger abgetreten. Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsgegner bereits in seinem Prozeßkostenhilfeantrag entsprechende Angaben gemacht. Auch wenn die Abtretung dem Berufungsgericht gegenüber nicht belegt worden ist, rechtfertigt das nicht die Annahme, der Antragsgegner habe deshalb mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe rechnen müssen. Da aufgrund des im Beschwerdeverfahren eingereichten Belegs von der Abtretung des Bausparguthabens auszugehen ist, durfte der Antragsgegner annehmen, daß dieses der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht entgegenstehen würde. Er durfte darüber hinaus der Auffassung sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hinreichend dargetan zu haben. Denn die Verfügung des Oberlandesgerichts, durch die ihm im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens die Beibringung weiterer Unterlagen aufgegeben worden war, verhielt sich nicht zu einer Bestätigung der angegebenen Abtretung. Demgemäß ist dem Antragsgegner im vorliegenden Verfahren Prozeßkostenhilfe auch nicht wegen der Einsetzbarkeit des Bausparguthabens versagt worden, sondern mit der Begründung , er sei Eigentümer eines 1998 zu einem Neupreis von rund 29.000 DM erworbenen PKW; dieses Fahrzeug stelle kein Schonvermögen im Sinne des § 88 BSHG dar, da der Antragsgegner sich für die Fahrt zur Arbeit mit einem einfacheren Fahrzeug begnügen könne, so daß ihm zuzumuten sei, den neu erworbenen PKW zu veräußern und den Erlös teilweise zur Bestreitung der Prozeßkosten zu verwenden. Mit Rücksicht auf das Bausparguthaben und der dazu abgegebenen Erklärung brauchte der Antragsgegner danach nicht mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit zu rechnen. Das war aber ebensowenig wegen des vorhandenen Fahrzeugs der Fall. Eine Partei, der in erster Instanz Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde, darf nämlich grundsätzlich davon ausgehen, daß bei unveränderten wirtschaftlichen Verhält-
nissen auch in zweiter Instanz ihre Bedürftigkeit bejaht wird (Senatsbeschluß vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387). Da der Antragsgegner den PKW auch in der dem Amtsgericht vorgelegten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angegeben hatte, ihm aber gleichwohl Prozeßkostenhilfe bewilligt worden war, brauchte er insoweit ebensowenig mit einem seiner Bedürftigkeit entgegenstehenden Umstand zu rechnen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 202/99
vom
19. Januar 2000
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber
-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 2. November 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Wert: bis zu 9.000 DM.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. 1. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht nach § 519 b Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil sie nicht rechtzeitig - nämlich innerhalb der am 12. Juli 1999 (Montag) endenden Berufungsfrist - eingelegt worden ist. 2. Im Ergebnis zutreffend hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 233 ZPO ist einer Partei wegen Versäumung (unter anderem) der Berufungsfrist Wiedereinsetzung zu gewähren,
wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozeßkostenhilfe beantragt hat, ist nach Ablehnung ihres Prozeßkostenhilfegesuchs wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung zu gewähren , wenn sie vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen konnte. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
a) Die Klägerin durfte nicht davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozeßkostenhilfe dargetan zu haben: Zwar ist der Klägerin zuzugeben, daß ihr eine Vermietung ihres Hausgrundstücks rechtlich nicht möglich war, da das Grundstück mit einem Wohnrecht zugunsten des Beklagten belastet ist. Der von den Parteien am 29. Juli 1998 vor dem Amtsgericht abgeschlossene Vergleich besagt nicht anderes; denn in ihm wird das Hausgrundstück der Klägerin nur für die Dauer des Getrenntlebens und - wie sich aus dem Sinn der Abrede ergibt - auch nur zur persönlichen Nutzung überlassen. Nach § 115 Abs. 2 ZPO war die Klägerin, wie das Oberlandesgericht zu Recht angenommen hat, jedoch gehalten, das Hausgrundstück zu verwerten, um aus dem Erlös die Prozeßkosten für das Berufungsverfahren zu bestreiten. Seit dem Umzug der Klägerin im Februar 1999 war das Hausgrundstück nicht mehr bewohnt und deshalb nicht länger nach § 115 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG von der Verpflichtung zur Verwertung eigenen Vermögens ausgenommen. Eine solche Verwertung war der Klägerin auch zumutbar: Nach ihrem eigenen Vortrag handelt es sich um ein Wochenendgrundstück, das nur mit einem nicht winterfesten Holzhaus bebaut ist. Ob und in welcher Weise die Klägerin, wie mit der sofortigen Beschwerde geltend gemacht, dieses Grundstück künftig - auch im Hinblick auf
das fortbestehende Wohnrecht des Beklagten - als Einnahmequelle nutzen kann und will, ist nicht ersichtlich. Die Frage, ob es der Klägerin möglich war, das Hausgrundstück nach ihrem Auszug und rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen zu veräußern, kann dahinstehen ; denn die Klägerin hat in ihrem Prozeßkostenhilfegesuch weder geltend gemacht, daß ihr eine solche Verwertung tatsächlich unmöglich war, noch, daß sie eine solche Verwertung auch nur versucht hätte. Erstmals in ihrer Beschwerdeschrift trägt die Klägerin vor, sich vergeblich um eine rechtzeitige Verwertung des Grundstücks bemüht zu haben. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert , zudem verspätet und im übrigen nicht glaubhaft gemacht. Das Wohnrecht des Beklagten hinderte die Klägerin an der ihr abverlangten Veräußerung ihres Grundstücks - auch wirtschaftlich - nicht; denn die Klägerin konnte die Löschung dieses Wohnrechts bewirken: Zwar steht der Klägerin nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich kein Anspruch gegen den Beklagten auf Löschung des Wohnrechts Zug um Zug gegen Zahlung von 50.000 DM zu; vielmehr kann - umgekehrt - nur der Beklagte von der Klägerin Zahlung von 50.000 DM Zug um Zug gegen Löschung des Wohnrechts verlangen. Der Beklagte hat dieses Recht jedoch bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Februar 1999 geltend gemacht und bei seinem Anwalt eine entsprechende Löschungsbewilligung hinterlegt. Der Umstand, daß die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, die Zug um Zug gegen die Aushändigung dieser Löschungsbewilligung an den Beklagten zu leistenden 50.000 DM aufzubringen , steht einer Verwertung nicht entgegen; denn die Klägerin kann, worauf das Oberlandesgericht in seinem die Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß mit Recht hingewiesen hat, diesen Betrag im Hinblick auf den zu erwartenden Verkaufserlös vorfinanzieren oder bei der Gestaltung des abzuschließenden Kaufvertrags für eine Zug um Zug zu bewirkende Löschung Vorsorge treffen.

b) Auch der Umstand, daß das Amtsgericht der Klägerin für die erste Instanz Prozeßkostenhilfe bewilligt hat, rechtfertigt nicht den Schluß, daß die Klägerin sich weiterhin für bedürftig halten und darauf vertrauen durfte, ihr werde auch für den Berufungsrechtszug Prozeßkostenhilfe bewilligt werden. Eine solche Schlußfolgerung wäre nur gerechtfertigt, wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin gegenüber dem für die erstinstanzliche Bewilligung der Prozeßkostenhilfe maßgebenden Zeitpunkt nicht wesentlich geändert hätten. So liegen die Dinge hier aber nicht. Die Klägerin ist erst im Februar 1999, also nach der erstinstanzlichen Bewilligung der Prozeßkostenhilfe , umgezogen. Damit hat sie erstmals die Voraussetzungen geschaffen , die es gestatten, das bislang von ihr bewohnte und nunmehr leerstehende Hausgrundstück bei der Prüfung ihrer Bedürftigkeit nach Maßgabe des § 115 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Das rechtsirrige Vertrauen in eine fortgeltende Verschonung dieses Grundstücks entschuldet die Fristversäumung durch die anwaltlich beratene Klägerin nicht. Für eine tatsächliche Unmöglichkeit , das Grundstück vor Fristablauf zu verwerten, ist - wie ausgeführt - substantiiert und rechtzeitig nichts vorgetragen. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 71/00
vom
23. Februar 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 11. Zivilsenats und Familiensenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. August 1999 aufgehoben. Dem Antragsgegner wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwäbisch Gmünd vom 23. April 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Beschwerdewert: 4.463 € (= 8.730 DM)

Gründe:

I.

Durch Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsgegner zur Zahlung von Ehegatten- und Kindesunterhalt verurteilt. Mit am 16. Juni 1999 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe zur Einlegung der Berufung gegen das ihm am 17. Mai 1999 zugestellte Urteil zu bewilligen. Durch Beschluß vom 29. Juli 1999, dem Antragsgegner zugestellt am 4. August 1999, hat das Oberlandesgericht die
nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert. Der Antragsgegner legte daraufhin am 16. August 1999 Berufung gegen das Verbundurteil ein (die er später rechtzeitig begründete) und beantragte zugleich, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, da sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei und die beantragte Wiedereinsetzung nicht bewilligt werden könne. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Außerdem war dem Antragsgegner wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. 1. Der Antragsgegner greift mit seinem Rechtsmittel sowohl die Verwerfung der Berufung als unzulässig als auch die - in den Gründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte - Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an. 2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts war dem Antragsgegner nach § 233 ZPO wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung, daß die Partei die Berufungsfrist ohne ihr Verschulden nicht einhalten konnte. Das durch die Bedürftigkeit einer Partei begründete Unvermögen, einen Rechtanwalt mit der Einlegung des
Rechtsmittels zu beauftragen, stellt grundsätzlich ein unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Vorschrift dar. Deshalb ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer Partei nach Ablehnung eines Prozeßkostenhilfegesuchs Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen mußte, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, daß sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozeßkostenhilfe vor Ablauf der Rechtsmittelfrist genügend dargetan habe (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Februar 1996 - XII ZB 157/95 - FamRZ 1996, 933, 934 m.N.). Davon geht auch das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht aus. Seine Auffassung, die vorgenannten Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, hält der rechtlichen Nachprüfung aber nicht stand. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Antragsgegner habe sich nicht mehr für bedürftig im Sinne der §§ 114 ff. ZPO halten dürfen, nachdem ihm bei gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen in dem Parallelverfahren (betreffend Trennungs- und Kindesunterhalt) mit Beschluß vom 19. Mai 1999, zugestellt am 25. Mai 1999, Prozeßkostenhilfe mangels Bedürftigkeit verweigert worden sei. Er habe nach Zugang dieses Beschlusses hinreichend Zeit gehabt, innerhalb der Berufungsfrist zu überlegen, ob er trotz dieser Einschätzung seiner Bedürftigkeit Berufung einlegen wolle. In dem vorgenannten Beschluß war dem Antragsgegner Prozeßkostenhilfe mit der Begründung verweigert worden, das in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angeführte Bausparguthaben reiche bei weitem aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken. In dem Parallelverfahren hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7. Juni 1999, eingegangen am 9. Juni 1999, Gegenvorstellung gegen die Prozeßkostenhilfeverweige-
rung erhoben und u.a. ausgeführt, das Bausparguthaben sei an einen Darlehensgläubiger abgetreten. Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsgegner bereits in seinem Prozeßkostenhilfeantrag entsprechende Angaben gemacht. Auch wenn die Abtretung dem Berufungsgericht gegenüber nicht belegt worden ist, rechtfertigt das nicht die Annahme, der Antragsgegner habe deshalb mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe rechnen müssen. Da aufgrund des im Beschwerdeverfahren eingereichten Belegs von der Abtretung des Bausparguthabens auszugehen ist, durfte der Antragsgegner annehmen, daß dieses der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht entgegenstehen würde. Er durfte darüber hinaus der Auffassung sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hinreichend dargetan zu haben. Denn die Verfügung des Oberlandesgerichts, durch die ihm im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens die Beibringung weiterer Unterlagen aufgegeben worden war, verhielt sich nicht zu einer Bestätigung der angegebenen Abtretung. Demgemäß ist dem Antragsgegner im vorliegenden Verfahren Prozeßkostenhilfe auch nicht wegen der Einsetzbarkeit des Bausparguthabens versagt worden, sondern mit der Begründung , er sei Eigentümer eines 1998 zu einem Neupreis von rund 29.000 DM erworbenen PKW; dieses Fahrzeug stelle kein Schonvermögen im Sinne des § 88 BSHG dar, da der Antragsgegner sich für die Fahrt zur Arbeit mit einem einfacheren Fahrzeug begnügen könne, so daß ihm zuzumuten sei, den neu erworbenen PKW zu veräußern und den Erlös teilweise zur Bestreitung der Prozeßkosten zu verwenden. Mit Rücksicht auf das Bausparguthaben und der dazu abgegebenen Erklärung brauchte der Antragsgegner danach nicht mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit zu rechnen. Das war aber ebensowenig wegen des vorhandenen Fahrzeugs der Fall. Eine Partei, der in erster Instanz Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde, darf nämlich grundsätzlich davon ausgehen, daß bei unveränderten wirtschaftlichen Verhält-
nissen auch in zweiter Instanz ihre Bedürftigkeit bejaht wird (Senatsbeschluß vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387). Da der Antragsgegner den PKW auch in der dem Amtsgericht vorgelegten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angegeben hatte, ihm aber gleichwohl Prozeßkostenhilfe bewilligt worden war, brauchte er insoweit ebensowenig mit einem seiner Bedürftigkeit entgegenstehenden Umstand zu rechnen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
9
(2) Allerdings kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit der betroffenen Partei für die Fristversäumung kausal geworden ist (vgl. BGH Urteil vom 27. Oktober 1965 - IV ZR 229/64 - NJW 1966, 203; Beschlüsse vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271 und vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - NJW 2008, 2855 Rn. 4). Denn Rechtsmittelfristen werden nur dann schuldlos im Sinne von § 233 ZPO versäumt, wenn eine Partei sich wegen ihrer Mittellosigkeit außerstande sieht, einen Rechtsanwalt mit der Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels zu beauftragen (vgl. BGH Beschluss vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271 mwN). Entscheidend für die Ursächlichkeit der Mittellosigkeit einer Partei für die Versäumung einer Rechtsmittelfrist oder der Frist zu ihrer Begründung ist, ob der Rechtsanwalt bereit war, das Rechtsmittel auch ohne Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe einzulegen und/oder zu begründen (vgl. BGH Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - NJW 2008, 2855 Rn. 4). Holt die Partei die Verfahrenshandlung nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist, aber vor der Entscheidung über das Verfahrenskostenhilfegesuch nach, so ist, solange sich nichts Gegenteiliges ergibt, davon auszugehen, dass die Mittellosigkeit für die zunächst unterlassene Verfahrenshandlung und sodann für ihre Verspätung ursächlich geworden ist, wobei es einer Darlegung der Gründe, weshalb das Rechtsmittel nicht schon vor Ablauf der Frist unabhängig von der Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe begründet werden konnte, nicht bedarf (vgl. BGH Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - NJW 2008, 2855 Rn. 5 mwN).
19
(1) Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit der betroffenen Partei für die Fristversäumung kausal geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1965 - IV ZR 229/64, NJW 1966, 203; Beschlüsse vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99, NJW 1999, 3271 unter II 3 b cc; vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07, NJW 2008, 2855 Rn. 4). Denn Rechtsmittelfristen werden nur dann schuldlos im Sinne von § 233 ZPO versäumt, wenn eine Partei sich wegen ihrer Mittellosigkeit außerstande sieht, einen Rechtsanwalt mit der Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels zu beauftragen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99, aaO unter II 3 b aa, mwN). Entscheidend für die Ursächlichkeit der Mittellosigkeit einer Partei für die Versäumung der Berufungsfrist oder der Frist zu ihrer Begründung ist, ob der beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe einzulegen und/oder zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07, aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 16/07
vom
6. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Versäumt eine mittellose Partei die Frist zur Begründung der Berufung, so kommt
eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe
nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal
geworden ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der beim Berufungsgericht zugelassene
Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
zu begründen, was der Tatsache entnommen werden kann, dass vor Ablauf
der Frist eine vollständige, allerdings als "Entwurf" bezeichnete Berufungsbegründungsschrift
eingereicht wurde.
BGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2008 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen sowie
die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 2. April 2007 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter ärztlicher Fehlbehandlung in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 1.000 € Schmerzensgeld verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen das ihr am 20. März 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 7. April 2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und angekündigt , die Berufungsbegründung erfolge mit gesondertem Schriftsatz. Auf Antrag der Klägerin wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Juni 2006 verlängert. Mit am 22. Juni 2006 eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Entwurf einer Berufungsbegründung Prozesskostenhilfe und stellte klar, dass die Berufung nur im Umfang der Bewilligung durchgeführt werde; sie beabsichtige nach Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. Dem Schriftsatz lag die vollständige 14-seitige und unterschriebene Berufungsbegründung vom 22. Juni 2006 bei, die mit der Überschrift "Entwurf einer Berufungsbegründung" versehen ist. Das Berufungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen , weil die Berufung als unzulässig zu verwerfen sein werde. Einen Wiedereinsetzungsantrag und einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag hat das Berufungsgericht ebenfalls zurückgewiesen. Die Berufung hat es als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, für die sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt.

II.

2
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen nicht vor, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hier keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
3
1. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht in der gesetzten Frist begründet worden, weil der Entwurf der Berufungsbegründung zwar grundsätzlich den formalen Anforderungen genüge, insbesondere auch unterzeichnet worden sei, der Schriftsatz jedoch offensichtlich nicht zur Begründung der Berufung bestimmt gewesen sei. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dann, wenn die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt sind, die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt sei, gerechtfertigt ist, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f.; BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537; vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - zitiert nach Juris, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht stellt insoweit ohne Rechtsfehler darauf ab, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht nur in seinem Antragsschriftsatz hervorgehoben habe, die Berufung solle noch nicht begründet werden , sondern die Berufungsbegründung auch mit einer entsprechenden Überschrift versehen habe.
4
2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen, weil die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht auf dem wirtschaftlichen Unvermögen der Klägerin beruht habe und daher nicht ohne Verschulden (§ 233 ZPO) eingetreten sei. Versäumt eine mittellose Partei eine Frist, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1965 - IV ZR 229/64 - NJW 1966, 203 f.; Beschluss vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 233 Rn. 45; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 234 Rn. 11). Entscheidend für die Frage der Ursächlichkeit der Mittellosigkeit für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist, ob der beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu begründen (BGH, Beschluss vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - aaO; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, aaO; Stein/Jonas/Roth, aaO).
5
Dass dies hier der Fall war, entnimmt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler dem Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die vollständige - wenn auch als vorläufige bezeichnete - Berufungsbegründung noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gefertigt und bei Gericht eingereicht hat. Zwar steht der Umstand, dass die Berufungsbegründung ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt, der Annahme, dass sie zunächst wegen der Mittellosigkeit der Partei nicht oder später nicht rechtzeitig erfolgt sei, nicht entgegen. Holt die Partei die Prozesshandlung nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist, aber vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch nach, so ist, solange sich nichts Gegenteiliges ergibt, davon auszugehen, dass die Mittellosigkeit für die zunächst unterlassene Prozesshandlung und sodann für ihre Verspätung ursächlich geworden ist, wobei es einer Darlegung der Gründe, weshalb das Rechtsmittel nicht schon vor Ablauf der Frist unabhängig von der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe begründet werden konnte, nicht bedarf (BGH, Beschluss vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - aaO, m.w.N.).
6
Anders verhält es sich indes, wenn der Prozessbevollmächtigte seine Tätigkeit entfaltet, während die Frist noch läuft (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1965 -IVZR 229/64- aaO; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, aaO; Stein/Jonas/Roth, aaO). Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass das wirtschaftliche Unvermögen der Partei und eine Weigerung des Prozessbevollmächtigten , seine Leistung wegen ausbleibender Vorschusszahlung zu erbringen, offenkundig als Ursache der Fristversäumung ausscheiden, wenn die Berufungsbegründung vollständig erstellt und - als "Entwurf" gekennzeichnet - bei Gericht eingereicht wird, der Prozessbevollmächtigte also tatsächlich seine (wegen der Berufungseinlegung vergütungspflichtige) Leistung in vollem Umfang bereits erbracht hat. Mit Recht führt das Berufungsgericht auch aus, das Prozesskostenhilfeverfahren diene der Gleichstellung der armen Partei und nicht dazu, der armen Partei gegenüber der nicht armen Partei eine deutlich verlängerte Berufungsbegründungsfrist zu ermöglichen, wie es hier vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin gehandhabt werde, wenn er das Erforderliche erbringe und zudem seine Arbeit zunächst unabhängig von der Entscheidung des Gerichts über die Prozesskostenhilfe fortsetze.
7
3. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht auch an, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin hinsichtlich der Verkennung dieser Rechtslage ein der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden trifft. Die von dem Prozessbevollmächtigten für die Berechtigung seines Vorgehens genannten Belege sind, wie das Berufungsgericht zutreffend im Einzelnen ausführt, ungeeignet; die Rechtslage ergibt sich ohne Weiteres aus der oben zitierten Rechtsprechung und Kommentarliteratur. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.02.2006 - 9 O 538/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 02.04.2007 - 20 U 55/06 -