Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2010 - XII ZB 113/10

bei uns veröffentlicht am27.10.2010
vorgehend
Amtsgericht Ettlingen, 3 F 124/07, 05.02.2009
Oberlandesgericht Karlsruhe, 20 UF 45/09, 22.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 113/10
vom
27. Oktober 2010
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2010 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2010 wird auf Kosten des Beklagten verworfen.

Gründe:


I.

1
Dem Beklagten wurde das der Klage stattgebende Urteil am 18. März 2009 zugestellt.
2
Mit einem beim Oberlandesgericht am 20. April 2009 (Montag) per Fax eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten beantragte der Beklagte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren sowie Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist. In dem Schriftsatz heißt es:
3
"… zeige ich an, dass ich den Beklagten/Berufungskläger auch in dem beabsichtigten Berufungsverfahren vertrete"
4
sowie
5
"Abhängig von der Prozesskostenhilfebewilligung lege ich gegen das … Urteil … Berufung ein. Es werden bereits jetzt folgende Berufungsanträge angekündigt …".
6
Im Anschluss daran folgt in dem vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten unterschriebenen Schriftsatz unter Ziffer I eine kurze Begründung des Prozesskostenhilfeantrages mit den Worten: "Zur Begründung des Prozesskostenhilfeantrags beziehe ich mich … sowie auf die nachstehende Begründung der beabsichtigten Berufung".
7
Unter Ziffer II folgen Ausführungen, die mit dem Satz
8
"Die beabsichtigte Berufung wird wie folgt begründet:"
9
eingeleitet sind.
10
Durch Beschluss vom 11. August 2009, der dem Beklagten am 19. August 2009 zugestellt wurde, gab das Berufungsgericht dem Prozesskostenhilfeantrag statt.
11
Mit einem am 25. Januar 2010 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten beantragte der Beklagte "fürsorglich" Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist, bezogen auf die Frist für die Berufung und Berufungsbegründung.
12
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten durch den angegriffenen Beschluss als unzulässig verworfen und zugleich das Wiedereinset- zungsgesuch zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

13
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 Rn. 7).
14
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eine Entscheidung des Senats ist entgegen der Ansicht des Beklagten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor noch beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem Verstoß gegen den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), noch verletzt sie den Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281).
15
1. Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und die Berufung verworfen, weil die Versäumung der Berufungsfrist auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhe, welches sich der Beklagte gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe mit Schriftsatz vom 20. April 2009 die Einlegung der Berufung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsver- fahren abhängig gemacht. Eine für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegte Berufung sei jedoch unzulässig. Die Ausführungen des Beklagten in dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20. April 2009 könnten auch nicht dahingehend verstanden werden, dass die Berufung unbedingt eingelegt und nur die Durchführung des Berufungsverfahrens von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werde. Anhaltspunkte dafür , dass dem Beklagten Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungs - oder Berufungsfrist gewährt werden könne, seien nicht gegeben.
16
2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats und ergeben keinen Zulassungsgrund. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Beklagte mit dem am 20. April 2009 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz eine von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachte und damit unzulässige Berufung eingelegt hat.
17
a) Eine an die Gewährung von Prozesskostenhilfe geknüpfte Berufungseinlegung ist grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH Beschluss vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 519 Rn. 1; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 519 Rn. 37, 39). Sind jedoch die formalen Anforderungen an eine Berufungsschrift - wie hier - erfüllt, kommt eine Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400; vom 14. März 2007 - XII ZR 235/05 - FamRZ 2007, 895 Rn. 10; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das hier der Fall.
18
b) Der Schriftsatz enthält an mehreren Stellen Formulierungen, die nur dahingehend verstanden werden können, dass die Einlegung der Berufung durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt sein soll. Durch die einleitende Formulierung: "Abhängig von der Prozesskostenhilfebewilligung lege ich gegen das … Urteil … Berufung ein. Es werden bereits jetzt folgende Berufungsanträge angekündigt: …" hat der Beklagte zweifelsfrei schon die Berufungseinlegung an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geknüpft. Zwar ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass in dem Schriftsatz die Berufung nicht ausdrücklich "aufschiebend bedingt" durch die Prozesskostenhilfebewilligung eingelegt wurde. Nach ihrem objektiven Erklärungswert kann die genannte Formulierung aber nur dahin verstanden werden, dass die Berufung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden soll. Gegen eine unbedingt eingelegte Berufung sprechen zudem auch weitere Formulierungen in dem Schriftsatz vom 20. April 2009. So heißt es auf Seite 2 des Schriftsatzes unter Ziffer I weiter: "Zur Begründung des Prozesskostenhilfeantrags beziehe ich mich … sowie auf die nachstehende Begründung der beabsichtigten Berufung …" und unter Ziffer II: "Die beabsichtigte Berufung wird wie folgt begründet : …". Diese Formulierungen sind eindeutig und zeigen, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten selbst davon ausging, mit dem Schriftsatz vom 20. April 2009 die Berufung noch nicht eingelegt zu haben.
19
c) Die genannten Formulierungen in dem Schriftsatz des Beklagten vom 20. April 2009 sind auch nicht mit der in einer Berufungsschrift enthaltenen Erklärung vergleichbar, die Durchführung der Berufung werde von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht, was die Auslegung rechtfertigen kann, der Rechtsmittelführer lege unbedingt Berufung ein und behalte sich lediglich für den Fall der Versagung von Prozesskostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vor (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554).
20
d) Das Oberlandesgericht hatte entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch keine Veranlassung, ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist bzw. die versäumte Frist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gewähren.
21
aa) Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe durch einen Rechtsanwalt beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag wegen Mittellosigkeit als unverschuldet verhindert anzusehen , das Rechtsmittel wirksam einzulegen, sofern er nach den gegebenen Umständen nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen mangelnder Bedürftigkeit rechnen muss (vgl. für den Fall eines mit einer unzulässigen Berufung verbundenen ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeersuchens BGH Beschluss vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823). Nachdem das Oberlandesgericht bereits mit dem Beklagten am 19. August 2009 zugestelltem Beschluss über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden hatte, ist der am 22. Januar 2010 beim Berufungsgericht eingegangene Schriftsatz des Beklagten , mit dem er Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist, bezogen auf die Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung beantragte, nicht mehr rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingegangen.
22
bb) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Berufungs- und die Wiedereinsetzungsfrist deshalb unverschuldet versäumt zu haben, weil das Berufungsgericht ihn nicht auf die Unzulässigkeit seines Rechtsmittels hingewiesen habe. Da der Schriftsatz vom 20. April 2009 objektiv nur als bedingte und damit unzulässige Berufungseinlegung angesehen werden konnte, hatte das Oberlandesgericht nicht die Pflicht, den Beklagten vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist auf die Unzulässigkeit seines Rechtsmittels hinzuweisen (Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZR 235/05 - FamRZ 2007, 895 Rn. 14). Vielmehr durfte es davon ausgehen, auch dem Prozessbevollmächtigten des Be- klagten sei die Unzulässigkeit des Rechtsmittels bewusst, weshalb er nach Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 19. August 2009 innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und die versäumte Prozesshandlung nachholen werde. In dem pflichtwidrigen Verkennen der gesetzlichen Berufungs- und Wiedereinsetzungsfristen liegt ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten, das dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 05.02.2009 - 3 F 124/07 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 22.02.2010 - 20 UF 45/09 (10) -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

7
Die Revision hat keinen Erfolg. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar , weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. OLG Köln FamRZ 2009, 1852 f.; OLG Stuttgart Beschluss vom 22. Oktober 2009 - 18 UF 233/09 - veröffentlicht bei Juris; OLG Schleswig Beschluss vom 21. Oktober 2009 - 2 W 152/09 - veröffentlicht bei Juris und OLG Dresden Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 W 1077/09 - veröffentlicht bei Juris).

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 31/05
vom
20. Juli 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, wann eine Berufung unter der Bedingung der Gewährung von Prozeßkostenhilfe
eingelegt und damit unzulässig ist (im Anschluß an Senatsbeschluß vom
19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553).
BGH, Beschluß vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Januar 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 990 €

Gründe:

I.

Durch Urteil des Amtsgerichts vom 16. August 2004, dem Beklagten zugestellt am 16. November 2004, wurde dieser zur Zahlung von Kindesunterhalt an die Klägerin verurteilt. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2004, der am 14. Dezember 2004 beim Berufungsgericht einging, legte der Beklagte dagegen Berufung ein und begründete sie. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 9. Dezember 2004, der zeitgleich bei Gericht einging, beantragte der Beklagte Prozeßkostenhilfe für das Rechtsmittelverfahren mit dem Hinweis, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werde nachgereicht. Darauf folgt, unmittelbar über der Unterschrift seines Prozeßbevollmächtigten, die Erklärung: "Berufung wird nur für den Fall von Gewährung der Prozeßkostenhilfe erhoben". Diese Zeile steht
für sich allein und ist - ebenso wie der eigentliche Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe - zentriert gedruckt. Seine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse reichte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2004 nach. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden Bedenken, weil diese mit einer Bedingung verknüpft worden sei, erklärte der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 14. Januar 2005, dieser Satz sei nur durch ein Büroversehen in den Schriftsatz geraten. Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe werde zurückgenommen, so daß die Berufung als unbedingt zu gelten habe. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten als unzulässig , weil sie nur bedingt eingelegt worden sei, nämlich "nur für den Fall von Gewährung der Prozeßkostenhilfe". Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, hat jedoch keinen Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. 1. Eine an die Gewährung von Prozeßkostenhilfe geknüpfte Berufungseinlegung ist unzulässig (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713). Sind allerdings die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift - wie hier - erfüllt, kommt eine Deutung, daß der Schrift-
satz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. BGH, Beschluß vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - NJW 2002, 1352 f.). Das ist hier indes der Fall.
a) Zweifel daran, daß die Einlegung der Berufung hier an eine Bedingung geknüpft war, ergeben sich hier - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht schon daraus, daß die Berufungsschrift selbst eine solche Bedingung nicht enthält und diese sich nur aus dem gesondert eingereichten Antrag auf Prozeßkostenhilfe ergibt. Die Zusammengehörigkeit beider Schriftsätze ergibt sich nämlich daraus, daß sie jeweils die vollständigen Parteibezeichnungen enthalten und das Prozeßkostenhilfegesuch sich insoweit auf die eingelegte Berufung bezieht, als es Prozeßkostenhilfe für dieses Rechtsmittelverfahren begehrt. Anhaltspunkte dafür, daß etwa ein weiteres Verfahren der gleichen Parteien in die Rechtsmittelinstanz geraten sein könnte, sind nicht ersichtlich.
b) Die in dem zeitgleich mit der Berufungsschrift eingegangenen Schriftsatz enthaltene Erklärung, Berufung werde nur für den Fall von Gewährung der Prozeßkostenhilfe erhoben, ist eindeutig. Sie ist nicht mit der Erklärung vergleichbar , die Durchführung der Berufung werde von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, was die Auslegung rechtfertigen kann, der Kläger lege unbedingt Berufung ein und behalte sich lediglich für den Fall der Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vor (vgl. BGH, Beschluß vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553 ff.).
c) Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde auf einen Beschluß des BGH vom 22. September 1977 (IV ZB 50/77 - VersR 1978, 181), der indes einen anders gelagerten Einzelfall betrifft. Dort hatte der IV. Zivilsenat die Erklärung "Im übrigen gestatte ich mir den Hinweis, daß die Berufung nur dann
als eingelegt gelten soll, wenn dem Kläger das Armenrecht für die Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils bewilligt wird" in Anbetracht des Gesamtzusammenhangs nicht als Bedingung für die Einlegung der Berufung ausgelegt, weil sie weder im Schriftbild hervorgehoben noch besonders gekennzeichnet war und auch die ihr vom Kläger durch die Einleitung ersichtlich beigemessene Beiläufigkeit einer solchen Auslegung entgegenstand. Derartige besondere Umstände liegen hier nicht vor. 2. Die vom Beklagten nach gerichtlichem Hinweis mit Schriftsatz vom 14. Januar 2005 erklärte Rücknahme des Prozeßkostenhilfegesuchs mit der Klarstellung, die Berufung sei unbedingt eingelegt, vermag daran nichts zu ändern , da sie erst nach Ablauf der Berufungsfrist erfolgte.
a) Zwar kann der Berufungskläger eine nur bedingt eingelegte und deshalb unzulässige Berufung durch Rücknahme der Bedingung zulässig machen. Eine solche Erklärung ist als erneute Berufungsschrift anzusehen (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713 f.). Ist diese erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden, ist auch grundsätzlich von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn der Berufungskläger innerhalb der Berufungsfrist Prozeßkostenhilfe beantragt hatte, weil die der ersten, bedingt eingelegten Berufung beigefügte ordnungsgemäße Berufungsbegründung insoweit auch für die erneute, bedingungslos eingelegte Berufung gilt. Die Wiedereinsetzung hat dann zur Folge, daß der angefochtene Beschluß, durch den die Berufung als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos wird und zur Klarstellung aufgehoben werden kann (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO).
b) Eine solche Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Berufung wäre hier auch nicht an der Rücknahme des Prozeßkostenhilfe-
gesuches gescheitert, wenn der Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hätte rechnen können.
c) Eine Wiedereinsetzung kam hier aber nicht in Betracht, weil der Beklagte innerhalb der Berufungsfrist kein vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht hatte. Weder hatte er die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb dieser Frist eingereicht, noch hatte er vor Ablauf dieser Frist auf die in erster Instanz eingereichten Unterlagen mit der Erklärung Bezug genommen, an seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen habe sich seitdem nichts geändert. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten daher zu Recht als unzulässig verworfen.
Hahne Sprick Wagenitz Fuchs Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 25/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 22. Januar 2004 aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird (§ 8 GKG). Beschwerdewert: 940 €

Gründe:

I.

Die Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2002 begehrte, wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 4. Juli 2003, dem Kläger zugestellt am 10. Juli 2003, zurückgewiesen. Mit am 8. August 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen legte der Kläger hiergegen "Berufung" ein mit dem Zusatz, die Durchführung werde
von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren und legte einen mit der Unterschrift seines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten versehenen Entwurf einer Berufungsbegründung vor. Mit Beschluß vom 27. November 2003, dem Kläger zugegangen am 4. Dezember 2003, bewilligte das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe für eingeschränkte Berufungsanträge. Daraufhin beantragte der Kläger mit einem als Berufung bezeichneten Schriftsatz, der am 19. Dezember 2003 (Freitag) per Fax bei Gericht einging, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete die Berufung zugleich unter Beschränkung seiner Berufungsanträge nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung. Auf einen dem Kläger am 2. Januar 2004 zugestellten Hinweis des Gerichts , die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO sei durch das am 19. Dezember 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch nicht gewahrt, beantragte der Kläger mit am 15. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz vorsorglich Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und machte durch eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten glaubhaft , diese habe versäumt, die Weisung des Prozeßbevollmächtigten zu befolgen , das Wiedereinsetzungsgesuch vom 18. Dezember 2003 noch am gleichen Tage per Fax an das Berufungsgericht zu senden. Das Berufungsgericht sah die am 8. August 2003 eingegangene Berufungsschrift als unbedingt eingelegt an und verwarf die Berufung mangels rechtzeitiger Begründung mit Beschluß vom 22. Januar 2004. Zugleich verweigerte es die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist. Der Kläger hat weder die Berufungsfrist noch die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so daß es einer Wiedereinsetzung nicht bedarf.
a) Das Berufungsgericht hat den am 8. August 2003 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung, die das Gericht der Rechtsbeschwerde uneingeschränkt nachprüfen kann, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berufungsschriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, daß gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht des Klägers Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozeßkostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muß der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt , er wolle eine (künftige) Prozeßhandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozeßkostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - FamRZ 1986, 1987). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, daß der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur
in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, daß "nach Gewährung der Prozeßkostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung

5).

Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Er ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einlegung der Berufung, der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die darin in Bezug genommene, als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift" bezeichnete Begründung jeweils in gesonderten Schriftsätzen eingereicht wurden und die Begründungsschrift mit der Überschrift "Entwurf" versehen wurde, die Berufungsschrift im Gegensatz dazu aber nicht. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach der Erklärung, daß Berufung eingelegt werde, der Absatz folgt "Die Durchführung des Berufungsverfahrens wird von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht“,
so ist dies nicht eindeutig, da diese Erklärung auch dahin verstanden werden kann, daß nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und daß der Kläger sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozeßkostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO.).
b) Zu Unrecht hat aber das Berufungsgericht den dem Berufungsschriftsatz beigefügten Entwurf einer Berufungsbegründungsschrift nicht als solche genügen lassen. Entgegen der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung kann auch die - hier: in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärte - Bezugnahme auf ein eingereichtes Prozeßkostenhilfegesuch zugleich als Berufungsbegründung ausreichen. Dies gilt erst recht, wenn sich die Bezugnahme - wie hier - auf einen zugleich beigefügten gesonderten Entwurf einer Berufungsbegründung erstreckt , der von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben ist und auch sonst allen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entspricht. Da nämlich im allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelfrist verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will, muß im Zweifel angenommen werden, daß ein inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechendes, von dem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnetes Prozeßkostenhilfegesuch auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Rechtsmittelführers erkennbar ist (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00 - NJW-RR 2001, 789 m.N.).
So liegt der Fall auch hier, zumal dem Umstand, daß der gesondert beigefügte "Entwurf" im Prozeßkostenhilfegesuch als "Entwurf der Berufungsbegründungsschrift“ bezeichnet wird, zu entnehmen ist, daß er nicht nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, sondern zugleich auch der Begründung der bereits eingelegten Berufung dienen soll. Der Bezeichnung als "Entwurf" ist jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dieser Schriftsatz nicht schon als Berufungsbegründung dienen, sondern diese erst ankündigen soll. Dagegen spricht bereits die Unterzeichnung des Schriftsatzes, die, wenn der Entwurf nur der Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs dienen soll, nicht erforderlich ist und üblicherweise unterbleibt. Die Bezeichnung als "Entwurf" kann auch bedeuten, daß im Falle einer noch innerhalb der Begründungsfrist ergehenden, die Prozeßkostenhilfe nur teilweise bewilligenden Entscheidung eine Modifizierung der Berufungsanträge und/oder eine weitere Auseinandersetzung mit der Begründung der teilweise ablehnenden Prozeßkostenhilfeentscheidung vorbehalten bleiben soll.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Dieser Antrag ist als nur vorsorglich gestellt anzusehen , da in ihm zugleich ausgeführt wird, daß die Berufung (fristgerecht) am 6. August 2003 eingelegt und ihr "gleichzeitig eine Begründungsschrift beigefügt“ worden sei. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.