Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12

bei uns veröffentlicht am26.03.2013
vorgehend
Amtsgericht Rendsburg, 3 C 65/12, 05.04.2012
Landgericht Kiel, 1 S 80/12, 06.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 53/12
vom
26. März 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sind im Berufungsverfahren
als Streitwert erhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen, soweit
dem Kläger die zugrunde liegende Hauptforderung in erster Instanz aberkannt
worden ist und er sein Begehren mit der Berufung insoweit nicht weiterverfolgt.
BGH, Beschluss vom 26. März 2013 - VI ZB 53/12 - LG Kiel
AG Rendsburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen,
den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 6. August 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 786,60 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkw Kastenwagens Citroen, der am 4. Dezember 2010 bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde. An dem Unfall beteiligt war der Beklagte zu 1 als Fahrer eines bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw. Die anwaltlich vertretene Klägerin nahm ihren Kasko- versicherer in Anspruch, der Ersatz in Höhe von 6.740,28 € leistete. Die Repa- raturkosten belaufen sich ausweislich der Werkstattrechnung, die über einen Betrag von 6.492,47 € lautet, in dem Kosten für ein Ersatzfahrzeug in Höhe von 321,30 € brutto (270 € netto) enthalten sind, auf 6.222,47 € netto. Der merkantile Minderwert beträgt 750 €, die Gutachterkosten belaufen sich auf 747,81 €. In der Fahrzeugversicherung ist der Klägerin im Jahr 2011 durch Rückstufung ein Rabattverlust in Höhe von 103,56 € entstanden. Mit der Klage hat sie Ersatz weiteren Schadens in Höhe von 2.555,46 € begehrt. Darin enthalten ist eine Kostenpauschale von 25 €. Daneben hat sie Ersatz weiterer 693,50 € für die vorgerichtliche Schadensregulierung verlangt, wovon 555,60 € auf Anwaltskosten entfallen, die durch die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers entstanden sind. Das Amtsgericht hat eine Haftung der Beklagten unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 50 % angenommen. Es hat die Beklagten zur Zahlung von 1.314,28 € nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsantrag bezüglich des Anspruchs auf Ersatz des künftigen Rückstufungsschadens zur Hälfte entsprochen. Daneben hat es der Klägerin 156,50 € vorgerichtliche Anwaltskosten für die Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagten nach einem Gegenstandswert von (1.314,28 € + 250 € =) 1.564,28 € zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und ausgeführt, Ansprüche auf Ersatz der (gesondert in Rechnung gestellten) Mietwagenkosten und der Kosten für die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers seien nicht begründet. Für die vorgerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten sei eine 1,3-fache Geschäftsgebühr anzusetzen. Als Kostenpauschale seien nur 20 € zu ersetzen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie - über die ihr vom Amtsgericht zugesprochenen Beträge hinaus - die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Anwaltskosten für die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers (555,60 €) sowie - unter Zugrundelegung eines höheren Gegenstandswerts und unter Ansatz einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr - Ersatz restlicher vorgerichtlicher Anwaltskosten für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten in Höhe weiterer 231 € begehrt.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Es hält das Rechtsmittel für unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Beschwer der Klägerin betrage nur 555,60 €. Die daneben für die außergericht- liche Inanspruchnahme der Beklagten verlangten 231 € würden als Nebenfor- derung geltend gemacht und wirkten sich deshalb nicht auf den Streitwert aus. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn eine Entscheidung des Senats ist jedenfalls zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die von der Klägerin verlangten vorprozessualen Kosten von 231 € für die außergerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
5
a) Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend wirken, wenn dieser Hauptanspruch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiell -rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis be- steht, solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 200/06, Schaden-Praxis 2007, 370; Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06, VersR 2007, 1713 Rn. 6; vom 25. September 2007 - VI ZB 22/07, NJW-RR 2008, 374 Rn. 5 f. und vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, VersR 2008, 557 Rn. 5 ff.; BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06, VersR 2007, 1102 Rn. 7).
6
b) Etwas anderes gilt jedoch, wenn und soweit der geltend gemachte Hauptanspruch nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits ist. In diesem Fall sind geltend gemachte vorprozessuale Anwaltskosten als streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2009 - VI ZB 60/07, VersR 2009, 806, Rn. 4 ff.). Soweit die Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist, etwa weil eine auf die Hauptforderung oder einen Teil der Hauptforderung beschränkte Erledigung erklärt worden ist oder weil der Kläger die Hauptforderung aus anderen Gründen nicht weiterverfolgt, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung "emanzipiert" hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, aaO mwN). Das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem das Amtsgericht der Klägerin einen Teil der ursprünglich geltend gemachten Hauptforderung aberkannt hat und die Klägerin ihr Begehren mit der Berufung insoweit nicht weiterverfolgt.
7
c) Für den Streitfall ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass der Wert des Beschwerdegegenstands nicht nur die im Berufungsverfahren geltend gemachte restliche Hauptforderung von 555,60 € umfasst, sondern durch die daneben für die außergerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten verlangten 231 € auf über 600 Euro erhöht wird. Mithin ist die Berufung zulässig (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
8
3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass eine Erhöhung der Ge- schäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war (Senatsurteile vom 17. Dezember 2012 - VI ZR 195/12, juris Rn. 7 und vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, Rn. 7, zVb; BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff. mwN). Ferner wird darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht der Klägerin bei Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung und der Annahme einer Haftungsquote von 50 % rechnerisch 270 € zu viel zuerkannt hat (zur Schadensberechnung unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Versicherten in der Kaskoversicherung vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 1981 - VI ZR 153/80, BGHZ 82, 338, 341 ff. und vom 12. Januar 1982 - VI ZR 265/80, VersR 1982, 383, 384; Senatsbeschluss vom 29. Januar 1985 - VI ZR 59/84, VersR 1985, 441, 442). Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
AG Rendsburg, Entscheidung vom 05.04.2012 - 3 C 65/12 -
LG Kiel, Entscheidung vom 06.08.2012 - 1 S 80/12 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11

bei uns veröffentlicht am 11.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 323/11 Verkündet am: 11. Juli 2012 Ermel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2007 - X ZB 7/06

bei uns veröffentlicht am 30.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 7/06 vom 30. Januar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 4 Abs. 1; RVG § 23 Abs. 1; GKG § 43 Abs. 1 Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden V

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2007 - VI ZB 73/06

bei uns veröffentlicht am 04.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 73/06 vom 4. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 4 Abs. 1 Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sind als Streitwert erhöhender Hauptanspruc

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2009 - VI ZB 60/07

bei uns veröffentlicht am 17.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 60/07 vom 17. Februar 2009 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06

bei uns veröffentlicht am 15.05.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 18/06 vom 15. Mai 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 4 Abs. 1 Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Haup

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2007 - VI ZR 200/06

bei uns veröffentlicht am 12.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 200/06 Verkündet am: 12. Juni 2007 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - VI ZB 22/07

bei uns veröffentlicht am 25.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 22/07 vom 25. September 2007 in dem Verfahren Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller sowie den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und di
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2019 - III ZR 190/18

bei uns veröffentlicht am 27.06.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 190/18 vom 27. Juni 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:270619BIIIZR190.18.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juni 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrin

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Juli 2016 - 7 U 35/13

bei uns veröffentlicht am 12.07.2016

Tenor Die Zurücknahme der gegen das am 11.01.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (20 O 327/12) eingelegten Berufung hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge. Die Kosten der Berufung hat der Kläger mit Ausnahme der außergerich

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Sept. 2014 - IV ZR 298/13

bei uns veröffentlicht am 10.09.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. August 2013 wird als unzulässig verworfen, soweit er einen Anspruch auf Erstattung vorger

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 28. Aug. 2014 - 13 U 15/14

bei uns veröffentlicht am 28.08.2014

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 20.12.2013 - Az. 4 U 69/13 - wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Dieses Urteil und das angefochtene Urt

Referenzen

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 200/06 Verkündet am:
12. Juni 2007
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 12. September 2006 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte sei in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 2004 auf ihren PKW gefallen und habe diesen dabei beschädigt. Sie beziffert den Sachschaden mit 562,10 €. Daneben verlangt sie Freistellung von dem auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbaren Teil der vorprozessualen Geschäftgebühr ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 47,50 €. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den Streitwert auf 609,60 € festgesetzt. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten verworfen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Berufung sei unzulässig, weil die Berufungssumme von 600 € nicht erreicht werde (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es meint, der Wert des Beschwerdegegenstandes betrage im Streitfall nur 562,10 €. Die daneben verlangten Rechtsanwaltskosten müssten bei der Berechnung des Wertes unberücksichtigt bleiben, da sie als Nebenforderung geltend gemacht würden.

II.

3
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision stand.
4
1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist gemäß § 2 ZPO nach den §§ 3 bis 9 ZPO zu bestimmen. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich die Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach § 4 Abs. 1 ZPO richte.
5
Anders als in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist in der Bemerkung zu Nr. 2303 des Vergütungsverzeichnisses Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718, 788) geregelt, dass eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 (bis zum 30. Juni 2006 Nr. 2400) nur zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird. Ob der nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbare Teil einer Geschäftgebühr streitwerterhö- hend wirkt, wenn er neben der Hauptsache zum Gegenstand der Klage gemacht wird, ist von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilt worden (verneinend : OLG Bamberg, Beschluss vom 20. Oktober 2006 - 5 W 60/06; OLG Celle, Beschluss vom 6. Februar 2007 - 14 W 76/06 -, juris; LG Berlin, MDR 2005, 1318; LG Duisburg, Beschluss vom 23. Februar 2006 - 12 S 4/06; bejahend: LG Hof, Beschluss vom 22. Mai 2006 - 34 O 286/06; AG München, Beschluss vom 12. Januar 2006 - 331 C 32140/05). In der Literatur ist überwiegend die Auffassung vertreten worden, dass dieser Teil der Gebühr als Nebenforderung im Sinne von § 4 ZPO bei der Wertberechnung unberücksichtigt bleibt, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. Enders, JurBüro 2004, 57 f.; Ruess, MDR 2005, 313; Steenbruck, MDR 2006, 423, 424; Tomsen, NJW 2007 267, 269).
6
Dieser Beurteilung hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - ZfS 2007, 284 = FamRZ 2007, 808). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (Senatsbeschluss vom 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06 - z.V.b.). Wird der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis besteht, solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 4 Rn. 12; Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 4 Rd. 16). Dies ist vorliegend der Fall und wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen.
7
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin die Hauptforderung und den nicht anrechenbaren Teil der vorprozessualen Geschäftgebühr ihrer Prozessbevollmächtigten zunächst zusammengefasst und im Mahnantrag als einheitliche Forderung in Höhe von 609,60 € geltend gemacht hat. Für die Frage, ob eine Forderung eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO darstellt, kommt es allein auf die materielle Rechtslage an. Unerheblich ist, ob der geltend gemachte Betrag der Hauptforderung hinzugerechnet oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags ist (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - aaO, m.w.N.). Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht den Beschwerdewert zutreffend auf nur 562,10 € festgesetzt und die Berufung im Hinblick darauf mit Recht als unzulässig verworfen.
8
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 28.04.2005 - 33 C 573/05 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 12.09.2006 - 13 S 168/05 -
6
Anspruchsvoraussetzung des materiell-rechtlichen Kostenersatzbegehrens ist das Bestehen einer sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage, nämlich dass der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung, Verzugs oder sonstigen Rechtsverletzung für den adäquat verursachten Schaden einzustehen hat. Wird der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig, so dass es sich bei dem zur Durchsetzung eines Anspruchs vorprozessual aufgewendeten und unter dem Gesichtspunkt des materiell -rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemachten Geschäftsgebühren um Nebenforderungen im Sinne von § 4 ZPO handelt, solange die Hauptsache - wie hier - Gegenstand des Rechtsstreits ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - Rn. 7 f. m.w.N.). Insoweit liegt der Fall anders als bei vorgerichtlichen Sachverständigenkosten im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess, wenn diese als eine von mehreren Schadenspositionen geltend gemacht werden und der Sache nach als Herstellungskosten anzusehen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2007 - VI ZB 39/06, z.V.b.). Müller Greiner Wellner Stöhr Zoll
5
Einem allgemeinen Grundsatz entsprechend sind die Kosten des laufenden Prozesses bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 1995 - XII ZB 204/94 - NJW-RR 1995, 706, 707), solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (§ 4 ZPO; vgl. BGH Großer Senat, BGHZ 128, 85, 92). Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Rechtsstreits ausgelösten Kosten, sondern grundsätzlich auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05 - NJW-RR 2006, 501; vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - aaO Rn. 6). Soweit derartige Kosten zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehören, können sie im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG geltend gemacht werden (vgl. etwa Senat, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/95 - VersR 2006, 521 f.; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1986 - III ZR 268/85 - WM 1987, 247, 248); soweit derartige Kosten nicht auf diesem Wege festgesetzt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2006 - VII ZB 116/05 - NJW 2006, 2560 f.; Urteil vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - VersR 2007, 1098), können sie auf der Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs Gegenstand einer Klage auf Erstattung dieser Kosten sein.
5
a) Inzwischen ist höchstrichterlich geklärt, dass vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend wirken, wenn dieser Hauptanspruch noch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis besteht , solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - VersR 2007, 1102; Senatsurteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 200/06 - juris Rn. 5 ff. sowie Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06 - BGH-Report 2007, 845, 846 und vom 25. September 2007 - VI ZB 22/07, juris Rn. 5 f.).
7
Anspruchsvoraussetzung des materiellrechtlichen Kostenersatzbegehrens ist das Bestehen einer sachlich-rechtlichen Anspruchgrundlage, nämlich dass der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung, Verzugs oder sonstigen Rechtsverletzung für den adäquat verursachten Schaden einzustehen hat (Stein/Jonas/Bork, aaO, vor § 91 ZPO, Rdn. 16; Belz in Münch.Komm/ZPO, vor § 91 Rdn. 9). Wird der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig, so dass es sich bei den zur Durchsetzung eines Anspruchs vorprozessual aufgewendeten und unter dem Gesichtspunkt des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend gemachten Geschäftsgebühren um Nebenforderungen im Sinne von § 4 ZPO handelt, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 4 Rdn. 12; Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 4 Rdn. 16; Steenbruck, MDR 2006, 423, 424; Tomsen, NJW 2007, 267, 269). Die geltend gemachten Beträge wirken deshalb nicht werterhöhend, solange das Abhängigkeitsverhältnis zur Hauptforderung besteht (Zöller/Herget, aaO, § 4 ZPO Rdn. 13 m.w.N.; Enders, JurBüro 2004, 57 f.; Tomsen, NJW 2007, 267, 269). Durch das Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hat sich daran nichts geändert, da die einschlägigen Wertvorschriften inhaltlich unverändert geblieben sind (zu § 4 ZPO vor Inkrafttreten des RVG vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 4 Rdn. 26; Schwerdtfeger in Münch.Komm/ ZPO, 2. Aufl., § 4 Rdn. 26).
4
a) Der erkennende Senat hat mit seinem Beschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06 - VersR 2008, 557, den das Berufungsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung freilich noch nicht kennen konnte, entschieden, dass die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten als streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen sind, wenn und soweit der geltend gemachte Hauptanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Entsprechendes gilt auch für den hier vorliegenden Fall, in dem sich die nicht anrechenbaren vorprozessualen Anwaltskosten auf einen Teil des ursprünglich geltend gemachten Anspruchs beziehen, der von der Beklagtenseite vorprozessual ausgeglichen wurde und deshalb nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist.
5
a) Inzwischen ist höchstrichterlich geklärt, dass vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend wirken, wenn dieser Hauptanspruch noch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis besteht , solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - VersR 2007, 1102; Senatsurteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 200/06 - juris Rn. 5 ff. sowie Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06 - BGH-Report 2007, 845, 846 und vom 25. September 2007 - VI ZB 22/07, juris Rn. 5 f.).

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

8
1. Gemäß § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG kann eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin "überdurchschnittlich" war (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420 Rn. 6 mwN zu der wortgleichen Vorgängerbestimmung in Nr. 2400). Dementsprechend ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, bei der vom Gericht anzustellenden Schlüssigkeitsprüfung vor Erlass eines Versäumnisurteils zu prüfen, ob eine Überschreitung der "Kappungsgrenze" von 1,3 wegen überdurchschnittlichen Umfangs oder überdurchschnittlicher Schwierigkeit gerechtfertigt ist. Die Kläger haben dazu nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts vorgetragen. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Daher haben die Vorinstanzen zu Recht keine 1,5-fache Gebühr, sondern nur eine 1,3-fache Gebühr für gerechtfertigt gehalten. Denn die Schwellengebühr von 1,3 ist die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, aaO Rn. 8; Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 16; BTDrucks. 15/1971, S. 207).