vorgehend
Landgericht Verden (Aller), 1 O 31/08, 27.03.2008
Oberlandesgericht Celle, 2 U 58/09, 17.06.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 46/09
vom
16. März 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Prozessbevollmächtigter darf mit der Bewilligung einer erstmals beantragten Verlängerung
der Berufungsbegründungsfrist rechnen, wenn er zur Begründung des
Verlängerungsantrags darauf verweist, eine ausreichende Rücksprache mit dem
Mandanten und die notwendige Beschaffung von Unterlagen hätten innerhalb der
Berufungsbegründungsfrist nicht erfolgen können. In der Regel reicht die pauschale
Berufung auf einen dieser Gründe in der Antragsschrift aus; eine weitere Substantiierung
oder Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich.
BGH, Beschluss vom 16. März 2010 - VI ZB 46/09 - OLG Celle
LG Verden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, den Richter Wellner, die Richterin
Diederichsen und den Richter Pauge

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 17. Juni 2009 aufgehoben. Der Klägerin wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 27. März 2009 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Beschwerdewert: 14.190,24 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat mit der beim Landgericht Verden erhobenen Klage die Beklagte auf Schadensersatz wegen des Todes eines Pferdes in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt. Am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist (2. Juni 2009, 16:09 Uhr) hat der Prozess- bevollmächtigte der Klägerin per Telefax Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt, da "bisher nicht alle erforderlichen Unter- lagen vorliegen und eine ausreichende Rücksprache mit der Mandantschaft nicht gehalten werden konnte". Der Senatsvorsitzende hat den Antrag mit Verfügung vom 3. Juni 2009 abgelehnt, weil kein erheblicher Grund im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgetragen sei. Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2009, eingegangen beim Berufungsgericht am selben Tag, hat die Klägerin die Berufung begründet und um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gebeten.
2
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, § 575 ZPO). Sie ist auch begründet. Der angegriffene Beschluss verletzt die Klägerin in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verbürgten Recht auf faire Verfahrensgestaltung. Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht verweigert. Die Klägerin war ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Denn dem Antrag ihres Prozessbevollmächtigten auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hätte stattgegeben werden müssen.
4
1. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung der Wiedereinsetzung wie folgt begründet: Im Streitfall habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht mit einer Fristverlängerung rechnen können, da er erhebliche Gründe für die Fristverlängerung nicht vorgetragen habe. Dass "eine ausreichende Rücksprache mit der Mandantschaft nicht gehalten werden konnte", reiche als Begründung nicht aus. Denn dabei bleibe gänzlich offen, weshalb eine für erforderlich gehaltene ausreichende Rücksprache bislang nicht habe erfolgen können. Der Gesetzgeber sei bei der Regelung in § 520 Abs. 2 ZPO davon ausgegangen, dass eine Berufungsbegründung regelmäßig in der Frist von zwei Monaten ab Zustellung des angefochtenen Urteils erfolgen könne. Es sei das erklärte Ziel des Gesetzgebers, zur Beschleunigung des Verfahrens eine Fristverlängerung nicht nur an das Vorliegen eines Antrags zu knüpfen. Vielmehr sollten - abgesehen vom Fall der Einwilligung des Gegners und des Fehlens einer Verzögerung - nur erhebliche Gründe zu einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist führen. Aus diesem Grunde genüge (für eine Fristverlängerung ) nicht die bloße Angabe, dass eine ausreichende Rücksprache noch nicht habe erfolgen können. Ein erheblicher Grund für die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist könne nur dann vorliegen, wenn sich dem Antrag entnehmen lasse, warum diese Rücksprache nicht in der vom Gesetzgeber grundsätzlich für ausreichend gehaltenen Berufungsbegründungsfrist von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils habe erfolgen können.
5
Gleiches gelte, soweit der Fristverlängerungsantrag darauf gestützt sei, dass noch nicht alle erforderlichen Unterlagen vorlägen. Zwar sei anerkannt, dass Beschaffungsschwierigkeiten bei Beweisurkunden oder Gutachten ebenso erhebliche Gründe für eine Fristverlängerung darstellen könnten wie die Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens. Aber auch hier liege nur dann ein erheblicher Grund vor, wenn dargetan sei, aus welchen Gründen die Urkunden nicht innerhalb der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist hätten beschafft werden können bzw. das Gutachten nicht habe eingeholt werden können. Derartiges lasse sich dem Antrag der Klägerin aber nicht entnehmen.
6
2. Diese Ausführungen sind mit den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof an die Begründung eines erstmaligen Antrags auf Fristverlängerung stellen, nicht vereinbar.
7
a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist keine besonders hohen Anforderungen an die erforderliche Darlegung der erheblichen Gründe für die Notwendigkeit der Fristverlängerung zu stellen. Der Anwalt kann danach grundsätzlich erwarten, dass dem Antrag entsprochen wird, wenn einer der im Gesetz genannten Gründe vorgebracht wird (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1992 - VI ZB 25/92 - VersR 1993, 771 f.; vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05 - VersR 2006, 568). Dies entspricht auch der Rechtsprechung der anderen Senate des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1999 - II ZB 25/98 - NJW 1999, 3051 f.; vom 11. Juli 1985 - III ZB 13/85 - VersR 1985, 972 f.; vom 18. Juli 2007 - IV ZR 132/06 - VersR 2007, 1583 f.; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785; vom 24. Oktober 1996 - VII ZB 25/96 - VersR 1997, 258 f.; vom 9. Juli 2009 - VII ZB 111/08 - NJW 2009, 3100 f.; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - VersR 1999, 1559 f.; vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576 f.; vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97 - NJW-RR 1998, 787 f.; vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - NJW-RR 2008, 76 ff.). Auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung darf der Anwalt vertrauen; die unteren Instanzen dürfen aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nicht zum Nachteil der betroffenen Parteien strengere Maßstäbe anlegen (vgl. BVerfG, NJW 1998, 3703 f.; NJW 2001, 812 ff.; NJW 2007, 3342 f.).
8
b) Das Berufungsgericht weicht in entscheidungserheblicher Weise von dieser Rechtsprechung ab. Seine Auffassung, ein erheblicher Grund sei nur dargelegt, wenn der Anwalt über den allgemein bezeichneten Grund hinaus, warum eine Fristverlängerung benötigt werde, dazu Einzelheiten vortrage, findet in den zitierten Entscheidungen keine Stütze.
9
Zum als "erheblich" anzusehenden Verlängerungsgrund der beruflichen Überlastung ist anerkannt, dass eine ins Einzelne gehende Darlegung dieser Überlastungsgründe beim ersten Verlängerungsantrag nicht verlangt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 1992 - VI ZB 25/92 - aaO; BGH, vom 11. Juli 1985 - III ZB 13/85 - aaO; NJW-RR 1989, S. 1280; BVerfG, NJW 1998, 3703 f.). Der bloße Hinweis auf eine solche Arbeitsüberlastung reicht zur Feststellung eines erheblichen Grundes aus, ohne dass es einer weiteren Substantiierung bedarf (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 1992 - VI ZB 25/92 - aaO; m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 79, 372, 377; BVerfG, NJW 2001, 812, 813; NJWRR 2002, 1007, 1008; NJW 2007, 3342). Ein Prozessbevollmächtigter darf auch mit großer Wahrscheinlichkeit dann mit der Bewilligung einer erstmals beantragten Fristverlängerung rechnen, wenn die noch erforderliche Rücksprache oder Informationsbeschaffung bei der Partei nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgen konnte, wobei auch hier eine weitere Substantiierung oder Glaubhaftmachung in der Regel nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 1994 - VII ZB 5/94 - NJW 1994, 2957, 2958; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - aaO; vom 19. Januar 2000 - XII ZB 22/99 - NJW-RR 2000, 799 f.; vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576, 1577; BVerfG, NJW 1998, 3703 f.). Für die notwendige Beschaffung von Unterlagen gilt nichts anderes. In all diesen Fällen reicht in der Regel die pauschale Berufung auf einen erheblichen Grund aus, ohne dass der Rechtsanwalt dies je nach den Anforderungen, die einzelne Gerichte stellen, mehr oder weniger präzisieren müsste.
10
Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss gereicht es einer Partei auch nicht zum Verschulden, wenn ihr Prozessbevollmächtigter den Antrag auf Fristverlängerung erst am letzten Tag der Frist stellt und sich nicht fernmündlich nach der Entscheidung über den Verlängerungsantrag erkundigt. Eine Partei ist grundsätzlich berechtigt, eine Frist bis zum letzten Tag auszuschöpfen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - aaO; BVerfGE 69, 381, 385; BVerfG, NJW 2001, 812, 813 f.). Wenn mit einer Verlängerung der Frist gerechnet werden kann, besteht keine Notwendigkeit für eine Rückfrage bei Gericht vor Ablauf der Frist (vgl. BGH, aaO; BVerfG, NJW 1998, 3703 f.; NJW 2001, 812, 814). Auf die Hypothesen des Berufungsgerichts , was dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wann hätte bekannt sein müssen und wie er darauf hätte reagieren können, kommt es darum nicht an.
11
3. Danach hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf eine positive Bescheidung seines Fristverlängerungsantrags vertrauen dürfen. Die Klägerin hat die Berufungsbegründungsfrist deshalb ohne ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten versäumt.
Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Wiedereinsetzungsantrag form- und fristgerecht gestellt worden ist, hat der Senat die beantragte Wiedereinsetzung bewilligt. Galke Zoll Wellner Diederichsen Pauge
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 27.03.2008 - 1 O 31/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.06.2009 - 2 U 58/09 -

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(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 52/05
vom
13. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge,
Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 4. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 802,50 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat gegen das seine Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts vom 22. März 2005, das seinem Prozessbevollmächtigten am 24. März 2005 zugestellt worden ist, am Montag, dem 25. April 2005, Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 25. Mai 2005 wies der Vorsitzende der Berufungskammer den Kläger darauf hin, dass die Berufung nicht innerhalb der am 24. Mai 2005 endenden Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei. Mit einem am 6. Juni 2005 bei Gericht eingegangenen Schreiben berief sich der Klägervertreter darauf, dass er am 20. Mai 2005 einen Antrag auf Verlängerung der Beru- fungsbegründungsfrist um einen Monat gestellt habe. Er beantragte außerdem vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches trug er unter anwaltlicher Versicherung vor, dass er am 20. Mai 2005 den Antrag auf Fristverlängerung zusammen mit anderer Geschäftspost zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr in den Briefkasten eingeworfen habe. Der Verlängerungsantrag müsse bei der Post oder im Bereich des Gerichts abhanden gekommen sein. Einer Rückfrage bei Gericht, ob die Verlängerung bewilligt werde, habe es nicht bedurft, da darauf bei einem begründeten ersten Antrag ohne weiteres vertraut werden dürfe. Dem Schreiben war in der Anlage ein Fristverlängerungsantrag vom 20. Mai 2005 beigefügt, in dem der Klägervertreter wegen der derzeitigen Arbeitsüberlastung infolge einer Häufung von Gerichtsterminen und Fristsachen die Verlängerung der am 24. Mai 2005 ablaufenden Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt hat. Die Berufungsbegründungsschrift ging am 8. Juni 2005 beim Landgericht ein.
2
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 4. Juli 2005 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldhafter Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe, nachdem er an einem Freitagabend den Schriftsatz zur Post gebracht habe, gewusst, dass am Montag, dem 23. Mai 2005 eine Sachbearbeitung beim Rechtsmittelgericht faktisch ausgeschlossen sei. Damit sei der vorletzte Tag der Frist erreicht worden. Da gegen Fristende die Sorgfaltspflichten des Anwalts zunähmen, hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers spätestens am Morgen des 24. Mai 2005 beim Prozessgericht nachfragen müssen, ob sein Antrag vorliege und ob er bearbeitet werde. Den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hat das Berufungsgericht mit Verfügung vom 22. Juni 2005 als unzulässig verworfen.
3
Der Beschluss vom 4. Juli 2005 ist dem Klägervertreter am 7. Juli 2005 zugestellt worden. Der Kläger hat dagegen am 3. August 2005 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Monate mit Schriftsatz vom 16. September 2005, eingegangen am 21. September 2005, begründet.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß den §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. §§ 574 ff. ZPO). Sie ist auch begründet und führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO).
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Zugang zu den in den Gerichtsordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise, erschwert werden. Eine solche unzumutbare Erschwerung liegt vor, wenn Gerichte bei der Entscheidung über Verlängerungsanträge und über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Verhalten als schuldhaft ansehen, das nach der Rechtsprechung eines Obersten Bundesgerichts eindeutig nicht zu beanstanden ist. Nur wenn dem betroffenen Rechtsanwalt bekannt sein muss, dass bei dem angerufenen Gericht eine strengere Handhabung von Verfahrensvorschriften zu erwarten ist, kann eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein (BVerfGE 79, 372, 376; BVerfG, NJW 2000, 1634 und NJW 1998, 3703 m.w.N.).
6
2. Im vorliegenden Fall durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Entscheidung über seinen Berufungsbegründungsfristverlänge- rungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlassen , wonach seinem Verlängerungsantrag hätte stattgegeben werden müssen. Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund vorgetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99 - VersR 2000, 1433 und vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576; v. Pentz, NJW 2003, 858, 865; Born, NJW 2005, 2042, 2047). Vorliegend handelte es sich um die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; nach dem Inhalt des Antrags war er nach üblicher Praxis ausreichend mit dem Hinweis auf die Arbeitsüberlastung durch eine Vielzahl von Terminen begründet worden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91 - NJW 1991, 2080, 2081 und vom 5. Juli 1989 - IVb ZB 53/89 - NJW-RR 1989, 1280). Durfte der Klägervertreter hiernach die Bewilligung eines erstmals gestellten und ausreichend begründeten Gesuchs auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erwarten, so ist ihm kein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich nicht innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist erkundigt hat, ob dem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde.
7
Auch im Übrigen traf den Prozessbevollmächtigten keine Erkundigungspflicht , da er auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten vertrauen durfte und deshalb damit rechnen konnte, dass sein Verlängerungsantrag rechtzeitig bei Gericht einging (vgl. Senatsbeschluss vom 30. September 2003 - VI ZB 60/02 - VersR 2004, 354). Über einen rechtzeitig bei Gericht eingegangen Fristverlängerungsantrag kann im Übrigen - was auch das Berufungs- gericht annimmt - auch noch nach Ablauf der Frist entschieden werden (BGHZ 83, 217, 219 ff.), so dass nicht entscheidend ist, ob der Antrag am letzten Tag der Frist tatsächlich bearbeitet worden wäre.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Riedlingen, Entscheidung vom 22.03.2005 - 1 C 392/04 -
LG Ravensburg, Entscheidung vom 04.07.2005 - 6 S 15/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 132/06
vom
18. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Vorsitzende, der eine erste Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
ablehnt, weil dafür kein erheblicher Grund dargelegt worden war, ist grundsätzlich
nicht verpflichtet, diese Entscheidung dem Rechtsmittelführer noch
vor Fristablauf notfalls per Telefon oder Telefax mitzuteilen. Vielmehr hat dieser
sich rechtzeitig bei Gericht zu erkundigen, weil er mit einer Ablehnung des
unbegründeten Antrags rechnen musste.
BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - IV ZR 132/06 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 18. Juli 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. März 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 102.258 €

Gründe:


1
Im I. Rahmen einer Auseinandersetzung der Parteien über den Pflichtteil der Klägerin haben die Beklagten widerklagend beantragt, die Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld, die der Klägerin von der Erblasserin, der Mutter der Parteien, bestellt worden war, für unzulässig zu erklären. Das Landgericht hat der Widerklage mit Teilurteil vom 17. November 2005 stattgegeben, das der Klägerin am 22. November 2005 zugestellt worden ist. Ihr Prozessbevollmächtigter hat Berufung eingelegt und mit einem Telefax vom 18. Januar 2006 ohne jede weitere Erläuterung oder Begründung darum gebeten, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 28. Februar 2006 zu verlängern. Der Senatsvorsit- zende des Berufungsgerichts hat am Freitag, dem 20. Januar 2006 verfügt , die Berufungsbegründungsfrist werde nicht verlängert, weil keine Gründe für die erbetene Verlängerung dargelegt worden seien und das Verfahren durch die Verlängerung verzögert würde (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Mit Telefax vom 24. Januar 2006 hat der Senatsvorsitzende den Klägervertreter auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am Montag , dem 23. Januar 2006, hingewiesen. Nach Anwaltswechsel hat die Klägerin mit Telefax vom 1. Februar 2006 u.a. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Berufungsgericht Das hat diesen Antrag durch das angegriffene Urteil zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Soweit geltend gemacht werde, der Klägervertreter habe die ablehnende Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. Januar 2006 erst nach Fristablauf erhalten, sei die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten versäumt worden, weil dieser rechtzeitig bei Gericht habe nachfragen können. Soweit in der Vergangenheit in vor dem Senat anhängigen Berufungsverfahren Begründungsfristen verlängert worden seien, sei dies regelmäßig nur geschehen, wenn der Berufungskläger hierfür tragfähige Gründe mitgeteilt habe. Unabhängig von der Frage, ob eine zweiwöchige Fristverlängerung für den Senat üblich sei, habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedenfalls nicht darauf vertrauen dürfen, dass einem unbegründeten Gesuch entsprochen werde.
3
Die Klägerin hat rechtzeitig Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Sie rügt u.a. eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG und macht ferner geltend, aus Anlass des vorliegenden Falles müsse zur Rechtsfortbildung die Frage geklärt werden, ob der Antragsteller, der eine Verlänge- rung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, ohne dafür einen Grund anzugeben, auch dann mit einer Zurückweisung seines Antrags wegen Verzögerung des Rechtsstreits rechnen müsse, wenn das Gericht üblicherweise Fristverlängerung gewähre und dafür nur "regelmäßig" eine ausdrückliche Begründung fordere.
4
II. Die Beschwerde ist zulässig; ein Grund, der die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen könnte, liegt aber nicht vor.
5
1. a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Rechtsmittelführer das Risiko zu tragen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens die Verlängerung der Begründungsfrist versagt; er kann daher im Wiedereinsetzungsverfahren grundsätzlich nicht geltend machen, er habe mit der beantragten Fristverlängerung rechnen dürfen. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn es sich um einen ersten Verlängerungsantrag handelt und darin erhebliche, die beantragte Verlängerung rechtfertigende Gründe oder aber eine Einwilligung des Gegners dargelegt werden (vgl. u.a. BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92 - NJW 1993, 134 unter 2 a.; vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03 - NJW 2004, 1742 unter 2; vom 22. März 2005 - XI ZB 36/04 - NJW-RR 2005, 865 unter II 1).
6
Auf eine Einwilligung des Gegners hat sich die Klägerin hier nicht berufen. Ohne dessen Einwilligung kommt eine Verlängerung nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur bis zu einem Monat in Betracht. Darüber ging die hier bis zum 28. Februar 2006 beantragte Verlängerung jedoch hinaus.
7
Soweit damit zugleich ein Antrag auf Verlängerung bis zur gesetzlichen Höchstfrist gestellt worden sein sollte, konnte der Klägervertreter jedenfalls nicht damit rechnen, dass diesem Antrag stattgegeben werden würde, weil er einen erheblichen Grund dafür nicht dargelegt hatte. Anders als die Beschwerde meint, ist eine Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten , der einen solchen Verlängerungsantrag stellt, nicht etwa ohne weiteres als Grund des Antrags zu vermuten. Das gilt insbesondere , wenn es nicht um eine kurzfristige Fristverlängerung geht, sondern die Frist - wie hier - um mehr als fünf Wochen verlängert werden soll. Die Gründe dafür müssen keineswegs immer erheblich sein. Auf die Frage, ob der gestellte Verlängerungsantrag hier tatsächlich durch Arbeitsüberlastung des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerechtfertigt war, kommt es nicht an. Vielmehr musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin damit rechnen, dass der Senatsvorsitzende in einer nicht mit erheblichen Gesichtspunkten begründeten Verlängerung der Frist eine Verzögerung des Rechtsstreits sehen und das Gesuch deshalb ablehnen werde (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 1992 - X ZB 6/92 - NJW 1992, 2426 f.).
8
b) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, wäre es aufgrund dieser Sach- und Rechtslage die Aufgabe des Klägervertreters gewesen, rechtzeitig vor Fristablauf beim Gericht nachzufragen, ob dem Fristverlängerungsantrag gleichwohl stattgegeben worden sei. Insofern hat sich das Berufungsgericht entgegen den Angriffen der Beschwerde durchaus mit der Rüge der Klägerin befasst, der Senatsvorsitzende habe seine ablehnende Entscheidung telefonisch oder per Telefax noch vor Fristablauf mitteilen müssen. Die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. Januar 2006 ist nach dem beigefügten Erledigungsvermerk noch an demselben Tag, einem Freitag, ausgeführt und abgesandt worden. Da- nach hätte mit ihrem Eingang beim Klägervertreter am Montag, dem 23. Januar 2006, dem letzten Tag der Frist, gerechnet werden können. Ob der Brief dem Klägervertreter, wie dieser geltend macht, tatsächlich aber in einem Umschlag, der erst am Dienstag, dem 24. Januar 2006 abgestempelt worden sei, am Mittwoch, dem 25. Januar 2006 zugegangen ist, kann offen bleiben. Jedenfalls war der Senatsvorsitzende bei dieser Sachlage nicht verpflichtet, den Klägervertreter vor Fristablauf außerhalb des üblichen Geschäftsgangs per Telefon oder Telefax zusätzlich zu unterrichten. Vielmehr war es Sache des Klägervertreters, den eine Ablehnung seines unbegründeten Verlängerungsantrags nicht hätte überraschen dürfen, von sich aus bei Gericht rechtzeitig nachzufragen , ob die Frist möglicherweise dennoch verlängert worden war, so dass er notfalls noch vor Fristablauf die Berufungsbegründung oder jedenfalls einen begründeten Verlängerungsantrag hätte einreichen können (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1992 aaO unter 2 c). Für die Versäumung dieser Frist war mithin bei wertender Betrachtung eine eventuell nicht der Klägerin zuzurechnende Verzögerung bei der Zustellung der ablehnenden Verfügung des Senatsvorsitzenden nicht ursächlich.
9
2. Anders läge der Fall nur dann, wenn es einer ständigen Übung des Berufungssenats entsprochen hätte, erstmaligen Gesuchen um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist für eine Dauer von einem Monat auch ohne Darlegung von Gründen zu entsprechen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 1992 aaO; vom 7. Oktober 1992 aaO unter 2 b). Das trägt die Klägerin aber nicht vor. Sie geht vielmehr von der Feststellung im angegriffenen Berufungsurteil aus, in der Vergangenheit seien Berufungsbegründungsfristen "regelmäßig" nur verlängert worden, wenn der Berufungskläger hierfür tragfähige Gründe mitgeteilt habe. Damit hat das Berufungsgericht zwar nicht ausgeschlossen, dass es Ausnahmen gegeben haben mag. Solche Ausnahmen rechtfertigen noch kein Vertrauen darauf, dass grundsätzlich jedem ersten Gesuch um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch ohne Angabe von Gründen stattgegeben werde.
10
Klägerin Die hat auch nicht vorgetragen, dass sie aus anderen Quellen von Verlängerungen der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat auch ohne Darlegung von Gründen erfahren habe. Vielmehr hat ihr Prozessbevollmächtigter in seinem Wiedereinsetzungsantrag lediglich behauptet, telefonische Rückfragen bei Kollegen am Sitz des Berufungsgerichts hätten ergeben, dass mit einer üblichen Fristverlängerung von 14 Tagen zu rechnen sei. Das lässt schon offen, ob sich diese Auskünfte auch auf Gesuche ohne Angabe eines erheblichen Grundes bezogen haben.
11
3. Soweit die Beschwerde noch geltend macht, mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall durch die beantragte Verlängerung keine Verzögerung eingetreten wäre, kann dies auf sich beruhen; eine Anfechtung des Beschlusses, durch den das Gesuch um Verlängerung einer Frist zurückgewiesen ist, findet nicht statt (§ 225 Abs. 3 ZPO).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 17.11.2005 - 9 O 2215/04 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 29.03.2006 - 5 U 156/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 44/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Rich-
terin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 11. Juni 2003 aufgehoben.
Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 2.833,15

Gründe


I.


Mit am 11. März 2003 der Beklagten zugestelltem Urteil vom 7. März 2003 entschied das Amtsgericht K. zum Nachteil der Beklagten. Hierge-
gen legte die Beklagte am 10. April 2003 bei dem Landgericht B. Berufung ein. Am 9. Mai 2003 beantragte die Beklagte, die Berufungsbegründungs- frist über den 12. Mai 2003 hinaus bis zum 28. Mai 2003 zu verlängern. In Erwartung dieser Verlängerung erteilte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten seiner Angestellten die Weisung, die neue Frist und eine Wiedervorlage der Akten auf den 21. Mai 2003 zu notieren, was auch geschah. Die Kammer verlängerte die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 9. Mai 2003, jedoch nur bis zum 20. Mai 2003. Die Verfügung enthielt außer der Verlängerung nur den Hinweis, eine weitere Verlängerung sei nicht zu erwarten; der in dem verwendeten Verfügungsformular auch vorgesehene Hinweis auf eine teilweise Zurückweisung des Antrags war nicht angekreuzt. Diese Verfügung wurde am 13. Mai 2003 ausgeführt und erreichte den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 14. Mai 2003. Dessen Angestellten fiel nicht auf, daß die Frist nur bis zum 20. Mai 2003 verlängert worden war. Die Akten wurden deshalb wie notiert erst am 21. Mai 2003 vorgelegt.
Die Beklagte hat am 28. Mai 2003 die Berufungsbegründung eingereicht und darin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Sie hat vorgetragen, ihr Prozeßbevollmächtigter sei davon ausgegangen, daß die Frist antragsgemäß verlängert werde, zumal ihm die Geschäftsstelle der Kammer erklärt habe, mit der Fristverlängerung dürfte es keine Probleme geben.
Das Landgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


Das Berufungsgericht meint, die Berufungsbegründungsfrist sei nicht ohne Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten versäumt worden. Dieser habe nicht mit einer Bewilligung der Fristverlängerung rechnen dürfen. Denn er habe weder erhebliche Gründe vorgetragen noch eine Zusage der Vorsitzenden der Kammer eingeholt. Daß er sich bei der Geschäftsstelle der Kammer erkundigt habe, sei unerheblich.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Sie hat auch Erfolg, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 20 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt. Die Voraussetzungen für die beantragte Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist liegen vor. Eine Verwerfung der Berufung als unzulässig scheidet deshalb aus.
1. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 69, 381, 385; 88, 118, 123 ff; BVerfG FamRZ 2002, 533). Die Gerichte dürfen daher bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften
die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlaßt haben muß, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannen (BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG NJW 1996, 2857; 2000, 1636; BVerfG FamRZ 2002, 533, 534). Das Landgericht hat die Anforderungen in diesem Sinne überspannt.
2. Die Beklagte hat die Berufungsbegründungsfrist versäumt, weil ihrem Prozeßbevollmächtigten nicht auffiel, daß die Frist nicht bis zum 28., sondern nur bis zum 20. Mai 2003 bewilligt worden war. Das ist unter den hier gegebenen besonderen Umständen weder ihr noch ihrem Prozeßbevollmächtigten oder seiner Angestellten vorzuwerfen. Das Versagen der Fristkontrollmaßnahmen des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten beruht entscheidend darauf, daß das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung über die Fristverlängerung den Erfordernissen eines fairen Verfahrens nicht entsprochen hat.

a) Die Beklagte durfte sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darauf verlassen, daß die Fristverlängerung beim - wie hier - ersten Mal antragsgemäß bewilligt werde (BGH, Beschl. v. 5. Juli 1989, IVb ZB 53/89, BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 3; Beschl. v. 2. November 1989, III ZB 49/89, BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 4; Beschl. v. 23. Juni 1994, VII ZB 5/94 NJW 1994, 2957; Beschl. v. 24. Oktober 1996, VII ZB 25/96, NJW 1997, 400; Beschl. v. 11. November 1998, VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430; Beschl. v. 21. September 2000, III ZB 36/00, BGHR ZPO § 233 Mandatsniederlegung 4; Beschl. v. 28. November 2002, III ZB 45/03, BGH-Report 2003, 459; Senatsbeschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861, 862). Das gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann, wenn sich die Partei nicht um die Zusicherung einer Fristverlängerung durch den Vorsitzenden der Kammer oder des Senats bemüht. Mit der Möglichkeit, daß das Beru-
fungsgericht ihrem Antrag auf Fristverlängerung zwar entsprechen, aber eine deutlich kürzere Frist bestimmen würde, brauchte die Beklagte nicht zu rechnen. Sie hatte nur eine maßvolle Verlängerung der Berufungsgründungsfrist um 16 Tage beantragt. Die Kammer hatte keinen Termin bestimmt. Ein anderer sachlicher Grund, diese Frist zu verkürzen, war nicht ersichtlich. Diesem Vertrauen der Beklagten mußte das Berufungsgericht von Verfassungs wegen auch dann Rechnung tragen, wenn es der ihm zugrunde liegenden Rechtsprechung nicht folgen wollte (BVerfG, FamRZ 2002, 533, 534).

b) Die Beklagte mußte auch nicht damit rechnen, daß das Berufungsgericht die Berufungsbegründungsfrist um einen Zeitraum verlängerte, in dem die geltend gemachten ergänzenden Erkundigungen erkennbar nicht würden eingeholt werden können. Die Verlängerung der Berufungsfrist um nur etwas mehr als eine Woche konnte dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht ausreichen , weil er Ermittlungen dazu anzustellen hatte, welche Abwasseranschlußmaßnahme Gegenstand des Abwasserbeitragsbescheids war, von dem die Beklagte den Kläger freistellen sollte, und ob diese endgültig abgeschlossen war. Das hatte er in seinem Antrag nur kurz umrissen. Mehr war aber auch nicht nötig, weil das Amtsgericht die Beklagte aus eben diesem Grund verurteilt hatte.

c) Ihre Entscheidung hat die Kammer der Beklagten in einer Weise bekannt gemacht, die diese irreleitete. In der Verfügung war nämlich der in dem dafür verwendeten Formular vorgesehene Textblock, mit dem auf die teilweise Zurückweisung des Antrags hingewiesen wird, nicht angekreuzt und darum in die Reinschrift auch nicht aufgenommen worden. So erweckte das Schreiben den Eindruck einer antragsgemäßen Fristverlängerung. Dieser Eindruck wurde
dadurch verstärkt, daß das Schreiben die Ankündigung enthielt, mit weiteren Fristverlängerungen sei nicht zu rechnen. Veranlassung, einen solchen Hinweis aufzunehmen, besteht gewöhnlich nur, wenn die beantragte Verlängerung antragsgemäß bewilligt wird. Bei einer teilweisen Zurückweisung ihres gestellten Antrags käme eine Partei nicht auf den Gedanken, sie könne mit einem weiteren Antrag eine weitergehende Fristverlängerung erreichen. Schließlich sprach auch der Zeitpunkt der Unterrichtung für eine antragsgemäße Verlängerung. Bei Eingang der Verfügung war der Beklagten die Beschaffung der zusätzlichen Unterlagen, um deretwillen sie Fristverlängerung beantragt hatte, praktisch nicht mehr möglich. Das ließ aus ihrer Sicht eine antragsgemäße Fristverlängerung erwarten.

d) Nichts anderes ergibt sich aus dem von dem Berufungsgericht hervorgehobenen Umstand, daß das Vertrauen in die Bewilligung einer Fristverlängerung nur schützenswert ist, wenn auch erhebliche Gründe für die Fristverlängerung vorgetragen werden (BGH, Beschl. v. 16. Juni 1992, X ZB 6/92 VersR 1993, 379). Auf diese Frage kommt es hier nicht an, weil das Berufungsgericht selbst die Gründe als ausreichend angesehen und die Frist zur Begründung der Berufung verlängert hat. Hier geht es allein um die zu verneinende Frage, ob die Beklagte damit rechnen mußte, daß die Frist kürzer als beantragt bewilligt werde.
3. Ist dem Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten stattzugeben, darf ihre Berufung auch nicht als unzulässig verworfen werden.
Tropf Krüger Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 82/07
vom
15. August 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Fc, 520 Abs. 2

a) Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum
verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag,
Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so beginnt der verlängerte Teil der Frist
erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages (Anschluss an BGH Beschluss
vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04 - NJW 2006, 700).

b) Hat das Berufungsgericht die Begründungsfrist hingegen bis zu einem konkret
bezeichneten Tag verlängert, kommt es auf den Beginn der verlängerten
Frist nicht an. Wenn das Berufungsgericht die beantragte Fristverlängerung
nur teilweise bewilligt hat, kommt eine darauf gestützte Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist nur ausnahmsweise
bei einem Verstoß gegen die Anforderungen an ein faires Verfahren
in Betracht (Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003
- V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785).
BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2007 durch die
Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und
den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 4. April 2007 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Beschwerdewert: 650 €.

Gründe:


I.

1
Das Amtsgericht hat die Klage auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auf einen Mietzins abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt. Dagegen legte der Kläger rechtzeitig Berufung ein. Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 beantragte der Kläger, "die am 04.10.2006 ablaufende Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 06. November 2006 zu verlängern". Das Landgericht verlängerte die Begründungsfrist mit Verfügung vom 5. Oktober 2006, die dem Kläger mit Telefax vom 6. Oktober 2006 übermittelt wurde, bis zum 3. November 2006 und führte ergänzend aus: "Eine weitere Fristverlängerung konnte nicht gewährt werden, da die Frist des § 520 II ZPO am 3.11.2006 endet (Zustellung des Urteils am 3.8.2006)."
2
Die Berufungsbegründung ging am 6. November 2006 (Montag) per Telefax beim Berufungsgericht ein. Nachdem der Kläger auf die verspätet eingegangene Berufungsbegründung hingewiesen worden war, beantragte er mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 20. November 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
3
Das Landgericht hat den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beginn einer vom Berufungsgericht verlängerten Frist nicht widerspricht.
6
a) Zwar hätte das Berufungsgericht die Begründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bis zum 4. November 2006 bzw., weil dies ein Samstag war, bis zum 6. November 2006 (Montag) verlängern dürfen, sodass die Berufungsbegründung dann rechtzeitig eingegangen wäre.
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Denn weil das erstinstanzliche Urteil dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt worden war, wäre die Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO am 3. Oktober 2006 abgelaufen, wenn dieser Tag kein gesetzlicher Feiertag gewesen wäre. So aber lief sie nach § 222 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des nächsten Werktages am 4. Oktober 2006 ab. Wenn das Berufungsgericht die Begründungsfrist - wie grundsätzlich nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO möglich - um einen Monat verlängert hätte, hätte der verlängerte Teil der Frist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst mit Ablauf des dem Feiertag folgenden nächsten Werktages, hier also mit Ablauf des 4. Oktober 2006 begonnen (BGH Beschluss vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04 - NJW 2006, 700) und wäre deswegen erst am Montag, dem 6. November 2006 abgelaufen.
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b) Darauf kommt es hier aber nicht an, weil das Berufungsgericht die Begründungsfrist nicht um eine bestimmte Zeitspanne, sondern bis zum Ablauf eines konkret bezeichneten Tages, nämlich des 3. November 2006 (Freitag), verlängert hat. Dann kommt es auf die Rechtsprechung zum Beginn der verlängerten Frist nicht an, weil das Ende der Frist konkret feststeht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts widerspricht deswegen dieser Rechtsprechung nicht. Weil die Berufungsbegründung nicht innerhalb dieser konkret bestimmten Frist bis zum Ablauf des 3. November 2006, sondern erst am 6. November 2006 eingegangen ist, war die Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt.
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2. Auch soweit das Berufungsgericht dem Kläger die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat, vermag die Rechtsbeschwerde keine Zulassungsgründe im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO aufzuzeigen. Die angefochtene Entscheidung überspannt insbesondere nicht die Sorgfaltsanforderungen an die Verpflichtung eines Prozessbevollmächtigten zur Kontrolle laufender Rechtsmittelbegründungsfristen.
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a) Zwar weist die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hin, dass ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat stattgegeben wird, wenn die Voraussetzungen des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO hinreichend vorgetragen sind (BVerfG NJW 1989, 1147; Senatsbeschluss vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97 - NJW-RR 1998, 787, 788; BGH Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785, vom 7. Juni 1999 - II ZB 25/98 - NJW 1999, 3051, 3052, vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - NJW 1999, 430 und vom 17. Dezember 1997 - IV ZR 93/97 - NJW-RR 1998, 1140).
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Dieser Vertrauensschutz gilt aber nur so lange, bis das Gericht über den Verlängerungsantrag entschieden hat. Hat das Berufungsgericht - wie hier - bereits über den Verlängerungsantrag entschieden und ihm nur teilweise stattgegeben , kann die Partei nicht mehr auf eine antragsgemäße Verlängerung vertrauen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag eindeutig ist, aus ihr zweifelsfrei deutlich wird, dass dem weitergehenden Antrag nur teilweise stattgegeben wurde, und noch ausreichend Zeit für die Berufungsbegründung verbleibt. Die Grundrechte des Be- rufungsklägers auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren können allenfalls dann verletzt sein, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag so unbestimmt ist, dass sie geeignet ist, den Berufungsführer in die Irre zu leiten, und die Verlängerung der Frist dadurch ihren Sinn verliert (vgl. insoweit BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785).
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Solches war hier allerdings nicht der Fall, weil der Vorsitzende den Kläger ausdrücklich auf den Tag des Fristablaufs und zusätzlich darauf hingewiesen hatte, dass dem weitergehenden Antrag nicht stattgegeben werde. Die Verfügung des Gerichts vom 5. Oktober 2006 ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch so rechtzeitig zugegangen, dass er sich auf den darin mitgeteilten Fristablauf am 3. November 2006 hinreichend einstellen konnte.
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b) Danach ist die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf ein dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist deswegen - im Gegensatz zur Berufungsfrist - nicht nur durch die Eintragung der Hauptfrist, sondern zusätzlich durch eine ausreichende Vorfrist sicherzustellen (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 2006 - XII ZB 99/06 - NJW 2007, 1455, 1456 m.w.N.).
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Zwar muss der Rechtsanwalt die auf eine Vorfrist vorgelegte Sache nicht stets sofort bearbeiten, weil er grundsätzlich frei darin ist, ob er die Begründungsfrist vollständig ausnutzen möchte (BGH Beschlüsse vom 5. Oktober 1999 - VI ZB 22/99 - NJW 2000, 365, 366 und vom 9. März 1999 - VI ZB 3/99 - NJW 1999, 2048, 2049). Der Rechtsanwalt kann die Handakte deswegen auch zur Wiedervorlage am Tag des Fristablaufs zurückgeben, wenn er sich nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt hat, dass die Rechtsmittelbegründung noch rechtzeitig innerhalb der Frist bei Gericht eingereicht werden kann (BGH Beschluss vom 27. Mai 1997 - VI ZB 10/97 - NJW 1997, 2825, 2826). Die mit der Vorfristanordnung bezweckte Sicherung, dem Anwalt den für die Bearbeitung der Rechtsmittelbegründung erforderlichen Zeitraum zu gewährleisten, verlangt dann keine sofortige Bearbeitung der Sache, sondern gestattet es, sich die Sache für den letzten Tag der sorgfältig geprüften Begründungsfrist erneut vorlegen zu lassen.
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bb) Allerdings erfordert der Zweck der Vorfrist dann eine erneute Prüfung der Begründungsfrist (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696), weil nur so sichergestellt werden kann, dass die Berufungsbegründung rechtzeitig erstellt und dem Gericht übermittelt wird. Das gilt hier schon deswegen, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hatte und deswegen zunächst lediglich eine vorläufige Frist eingetragen werden konnte, die sich aus dem Verlängerungsantrag ergab. In solchen Fällen ist der endgültige Fristablauf nach Gewährung der Verlängerung stets erneut zu überprüfen und neu in den Fristenkalender einzutragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Handakte nicht zu einer hypothetischen, sondern zu einer wirklichen Frist vorgelegt und diese eingehalten wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Fristverlängerung erst am Tag des Ablaufs der regulären Begründungsfrist oder schon einige Zeit zuvor beantragt wird. In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist festgestellt und eingetragen wird (Senatsbeschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663). Diese Pflicht zur Überprüfung der tat- sächlich gewährten Verlängerung der Begründungsfrist hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers schuldhaft nicht erfüllt, was dem Kläger zuzurechnen ist.
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c) Dieses Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist für die Versäumung der Frist ursächlich geworden, so dass es auf ein gerichtliches Mitverschulden bei der Bewilligung der Fristverlängerung nicht entscheidend ankommt (BGH Beschluss vom 6. Mai 1999 - VII ZR 396/98 - VersR 2000, 515).
Sprick Wagenitz Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 01.08.2006 - 29 C 465/05 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.04.2007 - 3 S 173/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 22/99
vom
19. Januar 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick,
Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. Januar 1999 aufgehoben. Dem Kläger wird wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 24. September 1998 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Beschwerdewert: 30.723 DM.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat die auf Zahlung rückständiger Mietzinsen gerichtete Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 26.237 DM nebst Zinsen zu zahlen. Gegen das dem Kläger am 30. September 1998 zugestellte Urteil hat dieser, vertreten durch seine frühere Prozeßbevollmächtigte, am 28. Oktober 1998 Berufung eingelegt. Am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, am Montag, den 30. November 1998, ist
bei dem Oberlandesgericht per Telefax ein Antrag des Klägers, vertreten durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten, auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. Dezember 1998 eingegangen. Zur Begründung hat der neue Prozeßbevollmächtigte des Klägers ausgeführt, er sei erst an jenem Tag mit dessen Vertretung beauftragt worden, der bisherigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers sei das Mandat entzogen worden; für die Einarbeitung in die Sache und die Anfertigung der Berufungsbegründungsschrift benötige er die beantragte Fristverlängerung. Mit Verfügung vom 1. Dezember 1998, dem Kläger zugestellt am 3. Dezember 1998, hat der Senatsvorsitzende den Antrag mit der Begründung abgelehnt, eine Fristverlängerung würde den Rechtsstreit verzögern, der Kläger habe keine hinreichenden Gründe für die beantragte Verlängerung dargelegt; es stehe einer Partei zwar frei, nach Einlegung der Berufung den Anwalt zu wechseln, sie müsse aber sicherstellen, daß der neue Prozeßbevollmächtigte die Berufungsbegründungsfrist einhalten könne. Mit am 11. Dezember 1998 eingegangem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. In dem Antrag auf Wiedereinsetzung hat er unter anderem vorgetragen, sein Anwalt habe bei dem erstmaligen Antrag auf Fristverlängerung darauf vertraut, dem Antrag werde stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.

II.

Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Dem Kläger ist auf seinen rechtzeitig gestellten Antrag (§ 234 ZPO) gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er war ohne eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Er beanstandet mit Recht, daß seinem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht stattgegeben worden ist. 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Grundsätzlich kann der Rechtsmittelführer im Wiedereinsetzungsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen, er habe mit der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Vorsitzenden rechnen dürfen. Er ist vielmehr mit dem Risiko belastet, daß der Vorsitzende in Ausübung seines ihm gemäß § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingeräumten Ermessens eine beantragte Verlängerung auch dann versagt, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Etwas anderes gilt indessen, wenn der Rechtsmittelführer mit großer Wahrscheinlichkeit die Bewilligung der Fristverlängerung erwarten konnte. Das ist regelmäßig bei einem ersten Verlängerungsantrag der Fall, wenn ein ihn rechtfertigender erheblicher Grund im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO geltend gemacht wurde (BGH Beschlüsse vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - MDR 1999, 374; vom 24. Oktober 1996 - VII ZB 25/96 - NJW 1997, 400; vom 12. Juli 1995 - IV ZB 9/95 - BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 12; vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92 - NJW 1993, 134, 135; vom 14. Februar 1991 - VII ZB 8/90 - NJW 1991, 1359).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte der Kläger auf die Bewilligung der Fristverlängerung vertrauen. Zu den Gründen, die in der Gerichtspraxis als erheblich im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO angesehen werden, zählen unter anderem Vergleichsverhandlungen, Krankheit oder Urlaub des Prozeßbevollmächtigten oder der Partei, berufliche Überlastung des Anwalts sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Notwendigkeit einer (weiteren) Rücksprache mit der Partei (BGH, Beschluß vom 11. November 1998 aaO; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 15; MünchKomm ZPO/Rimmelspacher § 519 ZPO Rdn. 14; Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 19; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 12). Einen in diesem Sinne gleichermaßen erheblichen Grund hatte der Kläger zur Rechtfertigung des Fristverlängerungsantrages vorgetragen. Er hatte seiner bisherigen Prozeßbevollmächtigten das Mandat entzogen und seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist mit seiner Vertretung beauftragt. Dieser konnte sich noch an demselben Tag nicht mehr in die Sache einarbeiten und die Berufungsbegründungsschrift anfertigen. Der Kläger durfte deshalb darauf vertrauen, seinem Antrag werde stattgegeben. Mit einer hiervon abweichenden Verfahrenspraxis brauchte er nicht zu rechnen; sie widerspricht rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung (BVerfG NJW 1998, 3703 und 1989, 1147). 2. Es gereicht dem Kläger ferner nicht zum Verschulden, daß er am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist einen neuen Rechtsanwalt mit seiner weiteren Vertretung beauftragt hat. Einer Partei ist es nicht verwehrt, prozessuale Fristen bis zum letzten Tag auszunutzen (st.Rspr., vgl. z.B. BGHZ 9, 118, 119; BGH Beschluß vom 11. Oktober 1989 - IVa ZB 7/89 - VersR 1990,
326, 327; Senatsurteil vom 11. Juli 1990 - XII ZR 55/89 - BGHR ZPO § 233 Postbeförderung 4). Es steht ihr deshalb grundsätzlich auch frei, erst am letzten Tag der Frist einen Rechtsanwalt aufzusuchen. In einem solchen Fall muß die Partei allerdings sicherstellen, daß der Anwalt noch in der Lage ist, an diesem Tag die Frist ordnungsgemäß zu wahren (BGH Beschluß vom 19. September 1995 - VI ZB 10/95 und 11/95 - veröffentlicht bei juris). Aus der Notwendigkeit der Fristwahrung folgt indessen bei Fristen, die - wie die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 519 Abs. 3 Satz 2 ZPO - auf Antrag verlängert werden können, nicht, daß noch an demselben Tag eine Rechtsmittelbegründung bei dem zuständigen Gericht eingereicht werden muß. Der Fristablauf wird vielmehr zunächst auch durch eine Verlängerung der Begründungsfrist vermieden. Die Voraussetzungen hierfür lagen, wie bereits ausgeführt wurde, aufgrund des Antrags des jetzigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 30. November 1998 vor.
Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.